Thorsten Kerensky
Prolog 1
Im Jahre 2359 besiedelt die Menschheit mehrere hundert Welten rings um Terra. Die interstellare Raumfahrt hat überlichtschnelles Reisen und überlichtschnelle Kommunikation ermöglicht und die Menschheit ist im Besitz von Hochtechnologie, die viele Probleme des frühen 21. Jahrhunderts gelöst hat.
Wer nun denkt, dass der Wohlstand auch Frieden gebracht hat, irrt.
Von Terra aus hat sich die Terranische Föderation ausgebreitet, die sich selber für den legitimen Nachfolger der Vereinten Nationen hält. Viele Kolonien wurden entweder direkt von ihr gegründet oder aber später eingegliedert. Manche schlossen sich freiwillig an und hofften auf Stärke und Profit durch den Weltenbund. Wieder andere wurden unterworfen und unter das Banner der Föderation gezwungen.
Neben diesem mächtigen Zentralstaat haben sich an den Rändern des menschlichen Ausbreitungsgebiet kleinere Staatenbünde gebildet, allen voran die Äußere Allianz. Diese Bündnisse versprechen ihren Mitgliedern Schutz vor den hegemonialen Ansprüchen der Föderation.
Nur wenige Ränder der mächtigen Föderation sind nicht in direkter Nachbarschaft zu anderen Staatsgefügen.
New Ireland ist ein Planet in so einem Gebiet. Der Planet ist Hauptwelt des gleichnamigen Raumsektors und weist nahezu erdgleiches Klima auf. Lediglich die Niederschlagshäufigkeit ist etwas höher, was durch die größere Konzentration an Wasser, 85% der Planetenoberfläche, zu erklären ist. Die Zentralwelt versorgt die umliegenden Planeten mit Wasser und importiert im Gegenzug Nahrungsmittel. Mit Ausnahme der Sektorverwaltung hat der Planet beinahe keine Bedeutung und aufgrund des fortlaufenden Krieges mit der Äußeren Allianz hat die Föderation ihre Truppenstärke auf einige wenige Einheiten reduziert.
Zum Sektor gehören neben New Ireland auch Lohner, eine Agrarwelt mit geringer Population, die Bergwerkswelt Moria, die beiden Siedlungswelten Heimdall und Baldur, sowie Seven Forges, eine Rüstungswelt, die Waffen und anderes militärisches Gerät für die Streitkräfte der Terranischen Föderation herstellt.
Die Siedler auf diesen sechs Welten waren nicht unzufrieden mit ihrer Nebenrolle im Theaterstück der Großmächte, aber seit Beginn des Krieges mit der Allianz hatte die Föderation ein ums andere Mal die Steuern erhöht, junge Männer zum Kriegsdienst eingezogen und andere Opfer verlangt.
Für einen Sektor, der im Grunde autark war und weit entfernt jeder Frontlinie lag, waren diese Forderungen immer ein bisschen unverständlicher und bitterer geworden.
Die letzten Erhöhungen der Abgaben hatten dazu geführt, dass Medikamente und Treibstoffe im New Ireland-Sektor knapp wurden und es hatte einen bedauerlichen Todesfall aufgrund dieser Verknappungen gegeben.
Unterm Strich aber kamen die Welten in diesem Konflikt gut weg. New Ireland war nicht wichtig in oder für die Terranische Föderation.
Bis jetzt…
Prolog 2
Freitag, 16.01.2359, 22:17 Uhr Ortszeit
Irgendwo in der Nähe von Ulster Falls
New Ireland
Es war schneidend kalt draußen auf den Feldern, als Daniel O’Brian seinen Luftkissen-Wagen auf einem offenen Feld abstellte. Schnee lag knöchelhoch über den kurzen Getreidestoppeln.
Der junge Mann, er war gerade erst neunzehn geworden, war mit seiner Freundin hierhergefahren, um einen romantischen Abend mit ihr zu verbringen.
Sara Douglas war achtzehn Jahre jung und bildhübsch. „Eisprinzessin“ nannte Daniel sie manchmal scherzhaft, wenn sie ihm wieder einmal die kalte Schulter zeigte.
Heute aber war sie bester Laune und zeigte sich von seinem überraschenden Picknick gerührt.
Sie klappten die Rücksitze um und breiteten ihre Sachen auf der nun recht geräumigen Ladefläche des Fahrzeuges aus.
Sie hatten noch nicht angefangen zu essen, als ein zweiter Schwebermotor von der Ankunft eines weiteren Wagens kündete.
„Wir haben ja ein Glück“, seufzte Sara. „Vermutlich ist es der Bauer, dem das Feld gehört.“
Es klopfte an der Fahrertür und Daniel öffnete das Fenster. „Ja, bitte?“
„Dürfte ich ihren Ausweis sehen?“, erkundigte sich der junge Mann vor dem Wagen. Daniel erkannte, dass noch zwei weitere Männer in dicken Jacken an seinem Schweber lehnten und genüsslich Zigaretten rauchten.
„Ja, natürlich. Warten sie.“ Er wühlte seinen Ausweis aus dem Handschuhfach und hielt ihn dem Fremden hin.
„Sie sind Soldat?“
„In der Ausbildung, ja.“
„Wie lange schon?“
„Zwei Monate.“
Der Fremde lächelte. „Ihnen ist klar, dass sie hier nicht parken dürfen?“
„Es war eine Überraschung für meine Freundin. Entschuldigen sie, ich werde sofort abhauen.“
„Nicht nötig. Wir drücken nochmal ein Augen zu. Wir gehen dann jetzt, Mr. O’Brian.“
Die beiden jungen Männer verabschiedeten sich und Daniel kletterte wieder zu Sara zurück.
„Das ging ja nochmal gut“, sagte sie. „Scheinbar mag er Soldaten.“
Zwei Sekunden später zerfetzten Kugeln aus drei Sturmgewehren die Seite des Luftkissenfahrzeuges und trafen auch die beiden jungen Menschen auf der Ladefläche.
Daniel O’Brian war sofort tot.
Sara Douglas hatte mehr Pech. Sie litt noch mehrere Minuten an schrecklichen Schmerzen, ehe sie das Bewusstsein verlor und schließlich verblutete.
Prolog 3
Sonntag, 08.02.2359, 17:32 Uhr Ortszeit
Friedenspark Neu-Moskau
Terra
Militärisch anmutende Kleidung war der letzte Schrei auf Terra. Die braven Bürger der Wiege der Föderation brachten damit ihre Verbundenheit mit den Soldaten und ihre Unterstützung des Angriffskrieges zum Ausdruck.
Die beiden Männer, die sich am späten Nachmittag im verschneiten Friedenspark trafen, fielen in ihren Uniformen jedenfalls nicht weiter auf. Sie trugen schwere schwarze Schnallen-Stiefel und unter den langen, schwarzen Mänteln konnte man ebenfalls schwarze Kampfhosen im Ansatz erkennen.
Beide trugen Lederhandschuhe und verspiegelte Sonnenbrillen. Der jüngere, die Dienstradabzeichen auf seiner Schulter wiesen ihn als Hauptmann aus, trug einen schwarzen Cowboy-Hut und lange, schwarze Haare, sowie einen gepflegten kurzen Vollbart.
Der ältere hatte die ergrauten Haare militärisch kurz, war glattrasiert und trug seine Schirmmütze unter dem linken Arm. Auf seinen Schultern glänzte das Gold der Generalität.
Der jüngere Soldat erreichte den General und salutierte zackig. „Herr General, Hauptmann Steiner meldet sich wie befohlen.“
Der ältere erwiderte den Gruß und bedeutete Steiner dann, sich ihm auf seinem Spaziergang anzuschließen. „Lassen wir die Förmlichkeiten, Steiner. Wir sind nicht auf militärischem Gelände.“
Die Neu-Moskauer Militärakademie und die nächste Kaserne waren zwar nur fünf Minuten Fußmarsch entfernt, aber der Friedenspark in der Mitte war in der Tat frei zugänglich. „Wie sie wünschen, Herr General.“
„Nennen sie mich ruhig bei meinem Nachnamen, dafür habe ich ihn ja“, lächelte der ältere Mann.
Steiner nickte. „Danke, Herr von Witzleben.“
„Immerhin sind wir beinahe Verwandte, nicht wahr, Steiner?“
Der jüngere Offizier deutete kurz Unwissenheit an und zuckte dann nur hilflos mit den Schultern. „Ich denke nicht, dass es in nächster Zeit soweit kommt.“
„Aber sie haben doch eine Affäre mit meiner Nichte, nicht wahr? Dient sie nicht zufällig in ihrer Einheit, Steiner?“
Dem Hauptmann war die Unsicherheit anzumerken. Er war zwar noch nicht ganz dreißig Jahre alt, hatte aber als Teil der elitären schwarzen Reiterei schon vieles gesehen und erlebt. Aber dass ein hochdekorierter General ihn so formlos zu sich bestellt, um nun über seine Nichte zu plaudern, schien ihn zu verwirren.
„Kein Grund, das Sprechen zu verlernen“, grinste von Witzleben. „Ich weiß, wie gut meine Nichte aussieht und bin ganz froh, dass sie sich wenigstens einen aus unserer Truppe ausgesucht hat. Aber deswegen sind sie auch gar nicht hier.“
„Nicht? Das beruhigt mich“, gestand Steiner.
„Ich habe Marschbefehl für ihre Einheit. Alle ihre Maschinen sind Luft- und Raumkampfgeeignet, nicht wahr?“
„Ja, Sir. Wir sind die Besten der Besten, wenn ich das so bescheiden sagen darf. Kein anderes Geschwader hat in der schwarzen Reiterei so viele Auszeichnungen erhalten.“
„Von meiner alten Einheit abgesehen“, fügte der General mit einem Zwinkern an.
„Natürlich. Ich bin aber optimistisch, ihren Rekord noch zu überbieten.“
„Gut, ich mag ehrgeizige Offiziere. Hauptmann Steiner, ihr Geschwader wird der gemischten Einsatzgruppe von Oberstleutnant Nguyen zugeteilt. Der Oberstleutnant ist war ein Panzerfahrer, aber ein kompetenter Mann. Ich habe Unterlagen über ihn und die anderen Einheiten, die sie begleiten werden, dabei. Ein kleiner Bonus innerhalb der Elite, sozusagen.“
„Warum liegt das Kommando nicht bei der Raumflotte, Sir?“
Der General seufzte. „Weil sie nicht an die Front fliegen, Steiner. Ihr Ziel ist New Ireland.“
„Was? Wo ist New Ireland und was sollen wir da?“
„Genau das habe ich die Admiralität auch gefragt. Es steht alles in ihren Unterlagen. Und bevor sie mich fragen: Ich weiß, wie sinnlos es ist, eine Truppe wie ihre von der Front fernzuhalten. Sie und ihre Männer gehören auf ein Schlachtschiff und dann dorthin, wo es knallt.“
„Stattdessen schickt man uns … wohin genau, um was zu tun?“
„An den entlegensten Winkel der Föderation, um Aufstände zu verhindern. Sie sind eine bewaffnete Polizeitruppe. Ein Zeichen von militärischer Stärke, während wir jeden verdammten Mann an der Front brauchen. Dummerweise ist die Führung der Meinung, dass wir uns keine Unruhen leisten können und dass wir statt regulären Luftwaffenverbänden die schwarze Reiterei schicken müssen.“
„Was für Unruhen überhaupt? Ich habe noch vor einer Stunde Nachrichten gesehen und dort war keine Rede von Unruhen.“
Der General deutete ein Kopfschütteln an. „Es sind noch nicht einmal wirkliche Unruhen. Ein paar Überfälle auf Milizeinrichtungen, ein paar Morde an Soldaten und Armeeangehörigen. Alles in Allem ein Fall für die planetare Polizei, aber der Gouverneur vor Ort befürchtet Schlimmeres und hat Terra um Hilfe ersucht. Sie werden also mit Nguyen dorthin verlegen, werden dort Ruhe und Ordnung wieder herstellen und ich sorge dafür, dass sie als Belohnung direkt im Anschluss einen echten Auftrag bekommen.“
„Versprochen?“
„Junger Mann, bloß weil sie mit meiner Nichte schlafen, können sie sich mir gegenüber nicht Alles herausnehmen“, tadelte der General mit einem schiefen Grinsen. „Im Ernst, Hauptmann. Ich kann ihnen nichts versprechen, aber ich gebe mein Bestes. Im Gegenzug erwarte ich von ihnen das Gleiche. Geben sie ihr Bestes, auch wenn der Auftrag lächerlich erscheint. Und nutzen sie die viele Freizeit, um ihr Geschwader in Topform zu halten!“
Die Sonne kam hinter den Wolken hervor und warf einen roten Schein über Schnee und kahle Bäume, als sie am Horizont versank.
„Natürlich, Sir. Schwarze Reiter geben immer zweihundert Prozent.“
Der ältere Offizier griff in seine Manteltasche und reichte Steiner dann einen Datenträger. „Hier, das sind ihre Befehle, die Aufstellung des Kampfverbandes, einige Dossiers über wichtige Offiziere und sogar ein paar Geheimdienstberichte. Lassen sie sich mit diesen Daten nicht erwischen und sehen sie es als Entschädigung für die drohende Langeweile. In einer Woche rücken sie aus. Nutzen sie die letzten Tage auf Terra.“
„Danke, Sir.“ Steiner ließ das brisante Stück Technik in seinem Mantel verschwinden und setzte dann die Sonnenbrille ab. Dahinter kamen zwei eisblaue Augen zum Vorschein.
Generalmajor Eduard von Witzleben tat es ihm gleich und blieb dann stehen. „Sie dürfen wegtreten, Hauptmann Steiner. Und bitte… ohne militärisches Protokoll.“
Im Jahre 2359 besiedelt die Menschheit mehrere hundert Welten rings um Terra. Die interstellare Raumfahrt hat überlichtschnelles Reisen und überlichtschnelle Kommunikation ermöglicht und die Menschheit ist im Besitz von Hochtechnologie, die viele Probleme des frühen 21. Jahrhunderts gelöst hat.
Wer nun denkt, dass der Wohlstand auch Frieden gebracht hat, irrt.
Von Terra aus hat sich die Terranische Föderation ausgebreitet, die sich selber für den legitimen Nachfolger der Vereinten Nationen hält. Viele Kolonien wurden entweder direkt von ihr gegründet oder aber später eingegliedert. Manche schlossen sich freiwillig an und hofften auf Stärke und Profit durch den Weltenbund. Wieder andere wurden unterworfen und unter das Banner der Föderation gezwungen.
Neben diesem mächtigen Zentralstaat haben sich an den Rändern des menschlichen Ausbreitungsgebiet kleinere Staatenbünde gebildet, allen voran die Äußere Allianz. Diese Bündnisse versprechen ihren Mitgliedern Schutz vor den hegemonialen Ansprüchen der Föderation.
Nur wenige Ränder der mächtigen Föderation sind nicht in direkter Nachbarschaft zu anderen Staatsgefügen.
New Ireland ist ein Planet in so einem Gebiet. Der Planet ist Hauptwelt des gleichnamigen Raumsektors und weist nahezu erdgleiches Klima auf. Lediglich die Niederschlagshäufigkeit ist etwas höher, was durch die größere Konzentration an Wasser, 85% der Planetenoberfläche, zu erklären ist. Die Zentralwelt versorgt die umliegenden Planeten mit Wasser und importiert im Gegenzug Nahrungsmittel. Mit Ausnahme der Sektorverwaltung hat der Planet beinahe keine Bedeutung und aufgrund des fortlaufenden Krieges mit der Äußeren Allianz hat die Föderation ihre Truppenstärke auf einige wenige Einheiten reduziert.
Zum Sektor gehören neben New Ireland auch Lohner, eine Agrarwelt mit geringer Population, die Bergwerkswelt Moria, die beiden Siedlungswelten Heimdall und Baldur, sowie Seven Forges, eine Rüstungswelt, die Waffen und anderes militärisches Gerät für die Streitkräfte der Terranischen Föderation herstellt.
Die Siedler auf diesen sechs Welten waren nicht unzufrieden mit ihrer Nebenrolle im Theaterstück der Großmächte, aber seit Beginn des Krieges mit der Allianz hatte die Föderation ein ums andere Mal die Steuern erhöht, junge Männer zum Kriegsdienst eingezogen und andere Opfer verlangt.
Für einen Sektor, der im Grunde autark war und weit entfernt jeder Frontlinie lag, waren diese Forderungen immer ein bisschen unverständlicher und bitterer geworden.
Die letzten Erhöhungen der Abgaben hatten dazu geführt, dass Medikamente und Treibstoffe im New Ireland-Sektor knapp wurden und es hatte einen bedauerlichen Todesfall aufgrund dieser Verknappungen gegeben.
Unterm Strich aber kamen die Welten in diesem Konflikt gut weg. New Ireland war nicht wichtig in oder für die Terranische Föderation.
Bis jetzt…
Prolog 2
Freitag, 16.01.2359, 22:17 Uhr Ortszeit
Irgendwo in der Nähe von Ulster Falls
New Ireland
Es war schneidend kalt draußen auf den Feldern, als Daniel O’Brian seinen Luftkissen-Wagen auf einem offenen Feld abstellte. Schnee lag knöchelhoch über den kurzen Getreidestoppeln.
Der junge Mann, er war gerade erst neunzehn geworden, war mit seiner Freundin hierhergefahren, um einen romantischen Abend mit ihr zu verbringen.
Sara Douglas war achtzehn Jahre jung und bildhübsch. „Eisprinzessin“ nannte Daniel sie manchmal scherzhaft, wenn sie ihm wieder einmal die kalte Schulter zeigte.
Heute aber war sie bester Laune und zeigte sich von seinem überraschenden Picknick gerührt.
Sie klappten die Rücksitze um und breiteten ihre Sachen auf der nun recht geräumigen Ladefläche des Fahrzeuges aus.
Sie hatten noch nicht angefangen zu essen, als ein zweiter Schwebermotor von der Ankunft eines weiteren Wagens kündete.
„Wir haben ja ein Glück“, seufzte Sara. „Vermutlich ist es der Bauer, dem das Feld gehört.“
Es klopfte an der Fahrertür und Daniel öffnete das Fenster. „Ja, bitte?“
„Dürfte ich ihren Ausweis sehen?“, erkundigte sich der junge Mann vor dem Wagen. Daniel erkannte, dass noch zwei weitere Männer in dicken Jacken an seinem Schweber lehnten und genüsslich Zigaretten rauchten.
„Ja, natürlich. Warten sie.“ Er wühlte seinen Ausweis aus dem Handschuhfach und hielt ihn dem Fremden hin.
„Sie sind Soldat?“
„In der Ausbildung, ja.“
„Wie lange schon?“
„Zwei Monate.“
Der Fremde lächelte. „Ihnen ist klar, dass sie hier nicht parken dürfen?“
„Es war eine Überraschung für meine Freundin. Entschuldigen sie, ich werde sofort abhauen.“
„Nicht nötig. Wir drücken nochmal ein Augen zu. Wir gehen dann jetzt, Mr. O’Brian.“
Die beiden jungen Männer verabschiedeten sich und Daniel kletterte wieder zu Sara zurück.
„Das ging ja nochmal gut“, sagte sie. „Scheinbar mag er Soldaten.“
Zwei Sekunden später zerfetzten Kugeln aus drei Sturmgewehren die Seite des Luftkissenfahrzeuges und trafen auch die beiden jungen Menschen auf der Ladefläche.
Daniel O’Brian war sofort tot.
Sara Douglas hatte mehr Pech. Sie litt noch mehrere Minuten an schrecklichen Schmerzen, ehe sie das Bewusstsein verlor und schließlich verblutete.
Prolog 3
Sonntag, 08.02.2359, 17:32 Uhr Ortszeit
Friedenspark Neu-Moskau
Terra
Militärisch anmutende Kleidung war der letzte Schrei auf Terra. Die braven Bürger der Wiege der Föderation brachten damit ihre Verbundenheit mit den Soldaten und ihre Unterstützung des Angriffskrieges zum Ausdruck.
Die beiden Männer, die sich am späten Nachmittag im verschneiten Friedenspark trafen, fielen in ihren Uniformen jedenfalls nicht weiter auf. Sie trugen schwere schwarze Schnallen-Stiefel und unter den langen, schwarzen Mänteln konnte man ebenfalls schwarze Kampfhosen im Ansatz erkennen.
Beide trugen Lederhandschuhe und verspiegelte Sonnenbrillen. Der jüngere, die Dienstradabzeichen auf seiner Schulter wiesen ihn als Hauptmann aus, trug einen schwarzen Cowboy-Hut und lange, schwarze Haare, sowie einen gepflegten kurzen Vollbart.
Der ältere hatte die ergrauten Haare militärisch kurz, war glattrasiert und trug seine Schirmmütze unter dem linken Arm. Auf seinen Schultern glänzte das Gold der Generalität.
Der jüngere Soldat erreichte den General und salutierte zackig. „Herr General, Hauptmann Steiner meldet sich wie befohlen.“
Der ältere erwiderte den Gruß und bedeutete Steiner dann, sich ihm auf seinem Spaziergang anzuschließen. „Lassen wir die Förmlichkeiten, Steiner. Wir sind nicht auf militärischem Gelände.“
Die Neu-Moskauer Militärakademie und die nächste Kaserne waren zwar nur fünf Minuten Fußmarsch entfernt, aber der Friedenspark in der Mitte war in der Tat frei zugänglich. „Wie sie wünschen, Herr General.“
„Nennen sie mich ruhig bei meinem Nachnamen, dafür habe ich ihn ja“, lächelte der ältere Mann.
Steiner nickte. „Danke, Herr von Witzleben.“
„Immerhin sind wir beinahe Verwandte, nicht wahr, Steiner?“
Der jüngere Offizier deutete kurz Unwissenheit an und zuckte dann nur hilflos mit den Schultern. „Ich denke nicht, dass es in nächster Zeit soweit kommt.“
„Aber sie haben doch eine Affäre mit meiner Nichte, nicht wahr? Dient sie nicht zufällig in ihrer Einheit, Steiner?“
Dem Hauptmann war die Unsicherheit anzumerken. Er war zwar noch nicht ganz dreißig Jahre alt, hatte aber als Teil der elitären schwarzen Reiterei schon vieles gesehen und erlebt. Aber dass ein hochdekorierter General ihn so formlos zu sich bestellt, um nun über seine Nichte zu plaudern, schien ihn zu verwirren.
„Kein Grund, das Sprechen zu verlernen“, grinste von Witzleben. „Ich weiß, wie gut meine Nichte aussieht und bin ganz froh, dass sie sich wenigstens einen aus unserer Truppe ausgesucht hat. Aber deswegen sind sie auch gar nicht hier.“
„Nicht? Das beruhigt mich“, gestand Steiner.
„Ich habe Marschbefehl für ihre Einheit. Alle ihre Maschinen sind Luft- und Raumkampfgeeignet, nicht wahr?“
„Ja, Sir. Wir sind die Besten der Besten, wenn ich das so bescheiden sagen darf. Kein anderes Geschwader hat in der schwarzen Reiterei so viele Auszeichnungen erhalten.“
„Von meiner alten Einheit abgesehen“, fügte der General mit einem Zwinkern an.
„Natürlich. Ich bin aber optimistisch, ihren Rekord noch zu überbieten.“
„Gut, ich mag ehrgeizige Offiziere. Hauptmann Steiner, ihr Geschwader wird der gemischten Einsatzgruppe von Oberstleutnant Nguyen zugeteilt. Der Oberstleutnant ist war ein Panzerfahrer, aber ein kompetenter Mann. Ich habe Unterlagen über ihn und die anderen Einheiten, die sie begleiten werden, dabei. Ein kleiner Bonus innerhalb der Elite, sozusagen.“
„Warum liegt das Kommando nicht bei der Raumflotte, Sir?“
Der General seufzte. „Weil sie nicht an die Front fliegen, Steiner. Ihr Ziel ist New Ireland.“
„Was? Wo ist New Ireland und was sollen wir da?“
„Genau das habe ich die Admiralität auch gefragt. Es steht alles in ihren Unterlagen. Und bevor sie mich fragen: Ich weiß, wie sinnlos es ist, eine Truppe wie ihre von der Front fernzuhalten. Sie und ihre Männer gehören auf ein Schlachtschiff und dann dorthin, wo es knallt.“
„Stattdessen schickt man uns … wohin genau, um was zu tun?“
„An den entlegensten Winkel der Föderation, um Aufstände zu verhindern. Sie sind eine bewaffnete Polizeitruppe. Ein Zeichen von militärischer Stärke, während wir jeden verdammten Mann an der Front brauchen. Dummerweise ist die Führung der Meinung, dass wir uns keine Unruhen leisten können und dass wir statt regulären Luftwaffenverbänden die schwarze Reiterei schicken müssen.“
„Was für Unruhen überhaupt? Ich habe noch vor einer Stunde Nachrichten gesehen und dort war keine Rede von Unruhen.“
Der General deutete ein Kopfschütteln an. „Es sind noch nicht einmal wirkliche Unruhen. Ein paar Überfälle auf Milizeinrichtungen, ein paar Morde an Soldaten und Armeeangehörigen. Alles in Allem ein Fall für die planetare Polizei, aber der Gouverneur vor Ort befürchtet Schlimmeres und hat Terra um Hilfe ersucht. Sie werden also mit Nguyen dorthin verlegen, werden dort Ruhe und Ordnung wieder herstellen und ich sorge dafür, dass sie als Belohnung direkt im Anschluss einen echten Auftrag bekommen.“
„Versprochen?“
„Junger Mann, bloß weil sie mit meiner Nichte schlafen, können sie sich mir gegenüber nicht Alles herausnehmen“, tadelte der General mit einem schiefen Grinsen. „Im Ernst, Hauptmann. Ich kann ihnen nichts versprechen, aber ich gebe mein Bestes. Im Gegenzug erwarte ich von ihnen das Gleiche. Geben sie ihr Bestes, auch wenn der Auftrag lächerlich erscheint. Und nutzen sie die viele Freizeit, um ihr Geschwader in Topform zu halten!“
Die Sonne kam hinter den Wolken hervor und warf einen roten Schein über Schnee und kahle Bäume, als sie am Horizont versank.
„Natürlich, Sir. Schwarze Reiter geben immer zweihundert Prozent.“
Der ältere Offizier griff in seine Manteltasche und reichte Steiner dann einen Datenträger. „Hier, das sind ihre Befehle, die Aufstellung des Kampfverbandes, einige Dossiers über wichtige Offiziere und sogar ein paar Geheimdienstberichte. Lassen sie sich mit diesen Daten nicht erwischen und sehen sie es als Entschädigung für die drohende Langeweile. In einer Woche rücken sie aus. Nutzen sie die letzten Tage auf Terra.“
„Danke, Sir.“ Steiner ließ das brisante Stück Technik in seinem Mantel verschwinden und setzte dann die Sonnenbrille ab. Dahinter kamen zwei eisblaue Augen zum Vorschein.
Generalmajor Eduard von Witzleben tat es ihm gleich und blieb dann stehen. „Sie dürfen wegtreten, Hauptmann Steiner. Und bitte… ohne militärisches Protokoll.“