Hinter den feindlichen Linien - Season 4

Tyr Svenson
Die Phantom zog ihre Bahnen über Übungsgelände Nr. 1 der Miramar Air Base, östlich der Basis. Die Strahlengeschütze waren gedrosselt, die Raketen würden vom Computer simuliert werden.
Dann erschien ein blauer Punkt auf dem Radar. Es war 0358.
"Wir sind also doch pünktlich", flötete Skunk in sein Kehlkopfmicro.
"Natürlich, normaler weise hätten wir das auch schon vor dem Frühstück erledigen können." Falcon klang sehr selbstsicher
Die schnittige Nighthawk schoss durch die Wolken und stieg über die Phantom.
"Um 0400 geht es los?"
"Yeah", antwortete Skunk und überprüfte noch mal die vier Ammram und die vier Sidewinder. Er blickte zu der Nighthawk auf, konnte leider keine Raketenlast erkennen, da die Raketen der Nighthawk ebenso computersimuliert sein würden wie die eigenen.
Phönix oder keine Phönix, das ist hier die Frage.
Die Uhr sprang auf 04:00. Im selben Moment wechselte der Blip auf dem Radar von blau zu rot. Und nur zwei Sekunden später erklang der Raketenwarner in Skunks Cockpit.
Skunk rollte nach rechts, gab volle Kraft und ließ eine Reihe von Teuschkörper hinter sich fallen.
Nahkampf, Du Sau hast doch bestimmt auf den Nahkampf gesetzt.
Die Nighthawk schwenkte ein und setzte nach und holte schnell auf. Die ersten Schüsse aus den Strahlenkanonen der 'hawk kratzten an Skunks Schilden.
Dieser führte immer enger werdende Kurven durch, doch Falcon hatte sich wie ein Terrier in ihn verbissen.
Falcon feuerte eine Sidewinder.
Skunk riss seine Phantom in eine 9g Kurve und warf zwei Teuschkörper. Die Nighthawk kam nicht ganz mit und Skunk konnte ein paar gute Treffer anbringen.
Falcon verschwand jedoch schnell in den Wolken.
"Pok, pok, poaaaaak!" Stichelte Skunk.
"Fahr zur Hölle!" Die Nighthawk stieß mit flammenden Waffen aus dem Himmel nieder.
Skunk stieß die Drossler nach vorn und sprang sozusagen aus dem Feuersturm und riss die Maschine herum und feuerte zwei Ammrams ab.
Jetzt war es an Falcon zu flüchten, während Skunk ihn mit Geschützfeuer überschüttete.
Der Nighthawkpilot wich den meisten Treffern jedoch elegant aus.
Der tödliche Tanz nahm seinen Lauf, angreifen, schießen und beschossen werden, flüchten und erneut angreifen.
Der Kampf verlagerte sich immer weiter nach Westen und langsam aber sicher gewann Falcon die Oberhand.
Er hatte sich hinter Skunk geklemmt und hämmerte methodisch mit den Strahlenkanonen auf die ältere Phantom ein.
Schließlich erklang der Warnton, dass versucht wurde eine Rakete aufschalten zu lassen.
Skunk wünschte sich, dass er sich kurz den Schweiß aus den Augen wischen könnte, doch zum einen brauchte er beide Hände zum fliegen, zum anderen war da ein Visier im Weg.
Er ließ die Phantom stärker wackeln und war präventiv zwei Teuschkörper.
Die beiden Jäger brachen im Abstand von weniger als 15 Meter durch die Wolkendecke.
Direkt unter ihnen entdeckte Skunk eine Hügelkette.
Er schaltete den Nachbrenner aus, zog die Phantom leicht nach oben und ließ sie in einem halben Looping nach unten fallen. Dabei gab er ihr wieder die Sporen.
Die beiden Rolls Royce Triebwerke jaulten auf. Und wie Apollo in seinem Streitwagen persönlich donnerte Skunk der Erde entgegen.
Falcon musste erst einen Kreis ziehen um seinem Gegner folgen zu können.
In weniger als zehn Metern Höhe jagte Skunk durch die Felsformationen und umrundete einen gut 100 Meter hohen wie eine Säule gebauten Berg.
Direkt vor ihm tauchte Falcon auf. Ohne auf eine Zielerfassung zu warten feuerte Skunk seine letzten drei "Raketen". Die Freund-Feind-Rakete vom Typ Ammram schaltete automatisch auf, ebenso eine der beiden Sidewinder.
Es war ausgerechnet die Sidewinder, die traf. Skunk setzte sofort mit den Strahlengeschützen nach. Der Kampf war entschieden. Die Phantom hatte gewonnen.

Jan Gruber biss genüsslich in den Cheeseburger, den er in den Tower geschmuggelt hatte. Dabei tropfte Soße auf die Ablage zwischen ihm und dem Radarschirm, ebenso fiel ihm eine Tomate auf die Hose und rutschte zwischen die Beine.
"Shitt." Er rieb sich kurz mit der Serviette über die Hose, was aber auch nicht mehr viel half. Schnell blickte er sich um und biss erneut in den Burger, wobei er nicht nur die Augen genüsslich schloss, sondern auch weiteren Ketchup und Soße auf seiner Hose verteilte.
"Ach, Mist!"
"Alles in Ordnung Gruber?" Sein Ausruf hatte die Aufmerksamkeit des Schichtleiters auf sich gezogen.
"Äh, ja, alles klar, hab ja zurzeit nicht viel zu tun", beschwichtigte Gruber.
Wie aufs Stichwort erschienen zwei blaue Blips auf dem Radar. Ja, super.
Schnell fragte er die ID der reinkommenden Jäger ab.
"Reinkommende Jäger in Sektor Grün zwei, Phantom five oh three und Nighthawk two two four, sie weichen von ihrem Flugplan ab. Korrigieren Sie ihren Anflug und schwenken sie auf 002 Grad für 12 Meilen und schwenken Sie dann auf 190 Grand ein zum Anflug auf Miramar über Sektor Rot zwei. Over."
"Hier 'Hawk two tow four, verstanden."
"Hier Phantom five oh three, bitte um Überfluggenehmigung!"
Gruber überprüfte rein aus Gewohnheit den Flugverkehr, hätte jedoch den Überflug auch bei keinem Flugverkehr nicht genehmigen dürfen: "Negativ five oh three, keine Überfluggenehmigung."
"Bitte wiederholen Sie Tower, ich kann habe Sie nicht verstanden?" Kam es von der Phantom.
"Probleme Gruber?" Der Schichtleiter Lieutenant Commander Zoe war herangetreten und hatte den Blick stur auf den Cheeseburger gerichtet.
"Der Pilot der Phantom bat um Überfluggenehmigung und behauptet jetzt meine Ablehnung nicht verstanden zu haben Sir."
Zoe schaltete sein Headset ein: "Okay Cowboy, Du hältst Dich jetzt vermutlich für sehr toll, aber es gibt hier keine Überfluggenehmigung und wenn Du jetzt nicht den Anweisungen des Fluglotsen folgst nagel ich mir Deine Eier über den KAMIn ist das klar?"
Ihm antwortete ein Rebellenschrei.
"Schitt, der hat die Nachbrenner eingeschaltet", kreischte Gruber.
"Drecksverdammt! Aijaga, Higs: Alles abwinken, was einkommt! Frey, Sanchez: Starts abbrechen!" Zoe lief rot an.
"Phantom five oh three: brechen Sie Ihren Überflug ab, hören Sie, Überflug ...."
Zoe verstummte, als in seinem Sichtfeld eine Phantom eine Siegesrolle machte und über den Stützpunkt raste.
"Dich hole ich mir! Ich mach mir Würfel aus Deinen Zähnen! ..." Wütete Zoe ins Mikro. Die Schicht um ihn rum verstummte, starrte den hochroten Lieutenant Commander an. Gruber jedoch ließ so unauffällig wie möglich seinen Burger verschwinden.
Tyr Svenson
Die Phantom zog ihre Bahnen über Übungsgelände Nr. 1 der Miramar Air Base, östlich der Basis. Die Strahlengeschütze waren gedrosselt, die Raketen würden vom Computer simuliert werden.
Dann erschien ein blauer Punkt auf dem Radar. Es war 0358.

"Wir sind also doch pünktlich", flötete Skunk in sein Kehlkopfmicro.
"Natürlich, normaler weise hätten wir das auch schon vor dem Frühstück erledigen können." Falcon klang sehr selbstsicher
Die schnittige Nighthawk schoss durch die Wolken und stieg über die Phantom.
"Um 0400 geht es los?"
"Yeah", antwortete Skunk und überprüfte noch mal die vier Ammram und die vier Sidewinder. Er blickte zu der Nighthawk auf, konnte leider keine Raketenlast erkennen, da die Raketen der Nighthawk ebenso computersimuliert sein würden wie die eigenen.
Phönix oder keine Phönix, das ist hier die Frage.
Die Uhr sprang auf 04:00. Im selben Moment wechselte der Blip auf dem Radar von blau zu rot. Und nur zwei Sekunden später erklang der Raketenwarner in Skunks Cockpit.
Skunk rollte nach rechts, gab volle Kraft und ließ eine Reihe von Teuschkörper hinter sich fallen.
Nahkampf, Du Sau hast doch bestimmt auf den Nahkampf gesetzt.
Die Nighthawk schwenkte ein und setzte nach und holte schnell auf. Die ersten Schüsse aus den Strahlenkanonen der 'hawk kratzten an Skunks Schilden.
Dieser führte immer enger werdende Kurven durch, doch Falcon hatte sich wie ein Terrier in ihn verbissen.
Falcon feuerte eine Sidewinder.
Skunk riss seine Phantom in eine 9g Kurve und warf zwei Teuschkörper. Die Nighthawk kam nicht ganz mit und Skunk konnte ein paar gute Treffer anbringen.
Falcon verschwand jedoch schnell in den Wolken.
"Pok, pok, poaaaaak!" Stichelte Skunk.
"Fahr zur Hölle!" Die Nighthawk stieß mit flammenden Waffen aus dem Himmel nieder.
Skunk stieß die Drossler nach vorn und sprang sozusagen aus dem Feuersturm und riss die Maschine herum und feuerte zwei Ammrams ab.
Jetzt war es an Falcon zu flüchten, während Skunk ihn mit Geschützfeuer überschüttete.
Der Nighthawkpilot wich den meisten Treffern jedoch elegant aus.
Der tödliche Tanz nahm seinen Lauf, angreifen, schießen und beschossen werden, flüchten und erneut angreifen.
Der Kampf verlagerte sich immer weiter nach Westen und langsam aber sicher gewann Falcon die Oberhand.
Er hatte sich hinter Skunk geklemmt und hämmerte methodisch mit den Strahlenkanonen auf die ältere Phantom ein.
Schließlich erklang der Warnton, dass versucht wurde eine Rakete aufschalten zu lassen.
Skunk wünschte sich, dass er sich kurz den Schweiß aus den Augen wischen könnte, doch zum einen brauchte er beide Hände zum fliegen, zum anderen war da ein Visier im Weg.
Er ließ die Phantom stärker wackeln und war präventiv zwei Teuschkörper.
Die beiden Jäger brachen im Abstand von weniger als 15 Meter durch die Wolkendecke.
Direkt unter ihnen entdeckte Skunk eine Hügelkette.
Er schaltete den Nachbrenner aus, zog die Phantom leicht nach oben und ließ sie in einem halben Looping nach unten fallen. Dabei gab er ihr wieder die Sporen.
Die beiden Rolls Royce Triebwerke jaulten auf. Und wie Apollo in seinem Streitwagen persönlich donnerte Skunk der Erde entgegen.
Falcon musste erst einen Kreis ziehen um seinem Gegner folgen zu können.
In weniger als zehn Metern Höhe jagte Skunk durch die Felsformationen und umrundete einen gut 100 Meter hohen wie eine Säule gebauten Berg.
Direkt vor ihm tauchte Falcon auf. Ohne auf eine Zielerfassung zu warten feuerte Skunk seine letzten drei "Raketen". Die Freund-Feind-Rakete vom Typ Ammram schaltete automatisch auf, ebenso eine der beiden Sidewinder.
Es war ausgerechnet die Sidewinder, die traf. Skunk setzte sofort mit den Strahlengeschützen nach. Der Kampf war entschieden. Die Phantom hatte gewonnen.

Jan Gruber biss genüsslich in den Cheeseburger, den er in den Tower geschmuggelt hatte. Dabei tropfte Soße auf die Ablage zwischen ihm und dem Radarschirm, ebenso fiel ihm eine Tomate auf die Hose und rutschte zwischen die Beine.
"Shitt." Er rieb sich kurz mit der Serviette über die Hose, was aber auch nicht mehr viel half. Schnell blickte er sich um und biss erneut in den Burger, wobei er nicht nur die Augen genüsslich schloss, sondern auch weiteren Ketchup und Soße auf seiner Hose verteilte.
"Ach, Mist!"
"Alles in Ordnung Gruber?" Sein Ausruf hatte die Aufmerksamkeit des Schichtleiters auf sich gezogen.
"Äh, ja, alles klar, hab ja zurzeit nicht viel zu tun", beschwichtigte Gruber.
Wie aufs Stichwort erschienen zwei blaue Blips auf dem Radar. Ja, super.
Schnell fragte er die ID der reinkommenden Jäger ab.
"Reinkommende Jäger in Sektor Grün zwei, Phantom five oh three und Nighthawk two two four, sie weichen von ihrem Flugplan ab. Korrigieren Sie ihren Anflug und schwenken sie auf 002 Grad für 12 Meilen und schwenken Sie dann auf 190 Grand ein zum Anflug auf Miramar über Sektor Rot zwei. Over."
"Hier 'Hawk two tow four, verstanden."
"Hier Phantom five oh three, bitte um Überfluggenehmigung!"
Gruber überprüfte rein aus Gewohnheit den Flugverkehr, hätte jedoch den Überflug auch bei keinem Flugverkehr nicht genehmigen dürfen: "Negativ five oh three, keine Überfluggenehmigung."
"Bitte wiederholen Sie Tower, ich kann habe Sie nicht verstanden?" Kam es von der Phantom.
"Probleme Gruber?" Der Schichtleiter Lieutenant Commander Zoe war herangetreten und hatte den Blick stur auf den Cheeseburger gerichtet.
"Der Pilot der Phantom bat um Überfluggenehmigung und behauptet jetzt meine Ablehnung nicht verstanden zu haben Sir."
Zoe schaltete sein Headset ein: "Okay Cowboy, Du hältst Dich jetzt vermutlich für sehr toll, aber es gibt hier keine Überfluggenehmigung und wenn Du jetzt nicht den Anweisungen des Fluglotsen folgst nagel ich mir deine Eier über den Kamin ist das klar?"
Ihm antwortete ein Rebellenschrei.
"Schitt, der hat die Nachbrenner eingeschaltet", kreischte Gruber.
"Drecksverdammt! Aijaga, Higs: Alles abwinken, was einkommt! Frey, Sanchez: Starts abbrechen!" Zoe lief rot an.
"Phantom five oh three: brechen Sie Ihren Überflug ab, hören Sie, Überflug ...."
Zoe verstummte, als in seinem Sichtfeld eine Phantom eine Siegesrolle machte und über den Stützpunkt raste.
"Dich hole ich mir! Ich mach mir Würfel aus Deinen Zähnen! ..." Wütete Zoe ins Mikro. Die Schicht um ihn rum verstummte, starrte den hochroten Lieutenant Commander an. Gruber jedoch ließ so unauffällig wie möglich seinen Burger verschwinden.
Tyr Svenson
Einige der Piloten der „Butcher Bears“ hingen in einem der Besprechungsräume ab. Es waren natürlich nicht alle Piloten der Schwadron. Was man auch immer Positives über den Lt. Com. sagen konnte – ein besonders soziales Verhalten gehörte nicht dazu. Darkness‘ rücksichtslose Ausbildungsmethoden machten ihn geachtet, gefürchtet – aber auf keinen Fall beliebt.
Auch Monty, der XO der Staffel, machte sich nicht mit seinen Kameraden gemein. Er war viel zu reserviert und arrogant, um ein angenehmer Zeitgenosse zu sein. Und Dutch... der Veteran des „Moskau“-Geschwaders blieb immer für sich.
Der Rest – Rekruten und erfahrene Piloten kamen immerhin halbwegs miteinander aus und war gerade damit beschäftigt, sich die Zeit totzuschlagen. Eigentlich warteten sie auf den Staffelkommandanten, der noch irgendwelche Formalitäten für den nächsten Trainingsflug zu klären hatte, einen Langstreckenflug „Richtung Ozean“. Aber Darkness schien sich Zeit zu lassen. Monty war bereits zu seiner Maschine aufgebrochen. Keiner wußte, wo Dutch war.
Die „Alten Hasen“ hatten sich um den einzigen Tisch gruppiert. Mit eher mäßigem Interesse lauschten die Piloten einem Bericht von Viking, der von der vorletzten Feindfahrt der Maryland berichtete.

Kano hörte nur mit halben Ohr zu und beteiligte sich nicht an gelegentlichen launigen Kommentaren, die Fatman und Brawler beisteuerten. Die Prellungen und blauen Flecken, die er sich bei der Prügelei vor ein paar Tagen zugezogen hatte, verblaßten langsam. Es hatte natürlich Fragen gegeben und einige Sticheleien, aber er war einfach bei der Geschichte geblieben, er sei „die Treppe runtergefallen“. Das glaubten ihm aber nicht einmal die Neulinge. Darkness hatte bei seiner Rückkehr von einer kurzen Dienstreise nur einen Blick in Kanos Gesicht geworfen und ihn sofort zum Rapport befohlen. Er hatte dem Piloten gehörig den Kopf gewaschen, bevor Kano die ganze Geschichte erzählen konnte. Der Lieutenant Commander hatte ein paar ziemlich vulgäre Bemerkung über Noname und den Korpsgeist der Navy geäußert. Dann hatte er wie Radio befohlen, die ganze Sache auf sich beruhen zu lassen.

Die neuen Piloten der Schwadron hatten einen eigenen Kreis gebildet, in dem sie ein paar Stühle zusammengestellt hatten. Auch wenn die meisten der „Alten“ sie korrekt behandelten – so ganz dazugehörig waren sie noch nicht und einige der Neuen hatten es gründlich satt, als „Jungfuchs“, „Neuer“ oder „Greenhorn“ bezeichnet zu werden. Das galt besonders für Crusader, Jeanne und La Reine.
Die jungen Piloten diskutierten angeregt die Vorteile der einzelnen Flieger der TSN und Akarii. Natürlich hatte noch keiner von ihnen persönlich mit einer Bloodhawk oder einem Delta gekurbelt. Aber das tat der Diskussion keinen Abbruch. Momentan führte Crusader das Wort: „Wie entkommt man am besten einer Bloodhawk, die in der Sechs hängt?“
La Reine hatte sofort eine Antwort parat. Die hochgewachsene Schwarze zeigte nur selten Anzeichen von Zögern - oder Bescheidenheit: „Das ist doch klar. Mit einer vertikal aufsteigenden Wende von 360°.“
Crusader schüttelte den Kopf: „Aber mein Ausbilder hat erzählt, daß eine Bloodhawk eine Nighthawk immer auskurven kann.“
Keiner der neuen Piloten bemerkte, daß die laut gestellte Frage und Antwort das Interesse der erfahrenen Piloten geweckt hatte – Piloten, die schon mal eine Nighthawk im Kampfeinsatz geflogen hatten oder mit einer Bloodhawk gekurbelt hatten.
La Reine grinste leicht überheblich: „Na vielleicht hat er das gesagt. Aber wenn wir mal so einen Vogel erbeuten, kannst du es ja mal gegen meine Nighthawk versuchen.“
Jetzt mischte sich Viking ein: „Reine – check‘ vorher deinen Anzug und den Schleudersitz! Crusader, laß doch das Mädchen einfach abblitzen – du mußt sie nicht extra auf Eis legen!“
Damit hatte er den Lacher auf seiner Seite, auch Kano mußte grinsen. Immerhin war es allgemein bekannt, daß die Bloodhawk nur von der Typhoon und vermutlich von der Falcon ausgekurvt werden konnte – wenn dieser neue Abfangjäger, von dem man sich Wunderdinge erzählte, überhaupt fertig wurde, bevor der Krieg vorbei war. La Reine wirkte überhaupt nicht amüsiert. Sie vertrug Kritik schlecht und noch schlechter konnte sie mit Spott umgehen. Da die Veteranen schwer angreifbar waren, schoß sie sich auf Crusader ein: „Ich bleibe dabei, egal in welcher Maschine, ich kann dich auskurven.“
Jetzt wurde Crusader auch wütend: „Am Boden kannst du das ja leicht behaupten! Und beim letzten Simulatorflug bist du abgeschossen worden – ich nicht!“
„Und vorher habe ich dich zweimal abgeschossen. Außerdem, Simulatoren, das sind doch nur bessere Spielkonsolen. Wie gut du bist, das merkst du nur im ECHTEN Einsatz. Und da schlage ich dich, ‚Crusader‘.“
„Das wollen wir doch mal sehen! Mit dem Maul schießt du die Akarii ja leicht ab...“
Kano schüttelte leicht den Kopf: ‚War ich auch mal so selbstsicher?‘ Dann grinste er dünn. ‚Natürlich. Ich hätte vielleicht nicht so sehr angegeben, wäre aber felsenfest überzeugt gewesen, spielend im Einsatz beweisen zu können, wie gut ich bin...‘

Der Streit war inzwischen weitergegangen. Umringt von den meist amüsierten Piloten standen sich La Reine und Crusader gegenüber. La Reine überragte Crusader um ein paar Zentimeter und wirkte wie eine ziemlich gutaussehende aber bedrohliche Gewitterwolke.
„Hör mal, Babygesicht! Ich wette, im Einsatz hab ich mein Flight Cross als erster! Gute Noten sind nämlich nicht alles!“
Crusader starrte nicht im geringsten eingeschüchtert zurück: „Gemacht. Wer als erster das Flight Cross hat, hat gewonnen!“ Dann schien ihm erst einzufallen, das noch etwas fehlte: "Um was wetten wir überhaupt?"
La Reine lächelte - ein, es war eher ein Zähneblecken: "Zwei Kasten Bier. Und der Verlierer gibt offen und LAUT bei der Verleihung des Cross zu, daß der Gewinner der bessere Pilot ist."
"Einverstanden!"

„ACHTUNG!“
Die Piloten fuhren zusammen und nahmen reflexartig Haltung an. An der Tür stand Darkness, der die Szenerie mit unbewegter Miene musterte. Was bei ihm in der Regel ein schlechtes Zeichen war. Als er zu reden anfing, war seine Stimme nicht laut, aber nachdrücklich – als wollte er Nägel einschlagen: „Ich werde das nur einmal sagen, also hören Sie mir gut zu, Crusader und La Reine.“ Er blickte kurz auf und erfaßte mit einem Blick den Rest der Staffel. Seine Worte waren zweifelsohne für ALLE bestimmt.
„Es geht nicht darum, wer von Ihnen die meisten Abschüsse erzielt, oder in der kürzesten Zeit. Es geht darum den Auftag zu erfüllen. Und am Leben zu bleiben. Manchmal muß es in dieser Reihenfolge sein. Wenn es notwendig ist.
Dies ist kein Spiel und kein Wettkampf. Dies ist Krieg. Und ich werde nicht dulden, daß Sie ihr Leben wegwerfen, weil Sie das nicht verstehen. Es sind schon genug Leute gestorben, wegen Ihres verdammten Ehrgeiz – oder dem Ehrgeiz eines Vorgesetzten. Übertriebene Selbstsicherheit tötet genauso schnell, wie Feigheit oder Unfähigkeit. Da draußen, Ihr Grünschnäbel, muß man sich in jedem Augenblick der Gefahr gegenwärtig sein, in der man sich befindet. Wer das nicht kapiert, hat die besten Aussichten auf einen Flug in die Ewigkeit - in einem Metallsarg. Ich will niemand in meiner Schwadron haben, der den Feind nicht als das anerkennt, was er ist – eine Gefahr. Die Akarii als bloße Zieldrohnen anzusehen kann töten – noch bevor man in der Lage ist, die eigene Dummheit zu begreifen.
Sie überleben nur, wenn Sie dies verstehen. Wenn Sie Respekt empfinden. Respekt vor Ihren Kameraden. Respekt vor der Aufgabe die sie übernommen haben, der Verantwortung, die Sie wahrnehmen. Doch vor allem, auch Respekt vor dem Feind.
Diese Schwadron muß als Einheit funktionieren. Und dazu verlange ich hundertprozentigen Einsatz und Zusammenarbeit. Ich will keine Primadonnen in meiner Schwadron, keinen Wettkampf auf Kosten der Sicherheit Ich will Soldaten. Die Starallüren und diese idiotischen Machtspielchen überlassen Sie dem Kino. Verstanden?“
Das war eine rhetorische Frage gewesen. Keiner antwortete. Die Piloten musterten ihren Staffelführer mit gemischten Gefühlen. Manche verstanden, was er meinte, andere begriffen es überhaupt nicht. Auch wenn Darkness selten ein Blatt vor den Mund nahm, diese Rede war überraschend gekommen.

Nach ein paar Sekunden Schweigen ergriff Darkness wieder das Wort: „Diese Einheit ist als einsatzbereit eingestuft worden. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, daß wir nicht mehr viel Zeit haben. Die TSN wird keine Nighthawk-Schwadron in der Reserve versauern lassen...“ Er grinste dünn und die meisten Piloten nahmen bei seinen nächsten Worten das Grinsen auf „...sieht man vielleicht von den Starlancern ab. Aber vergessen Sie, daß ich das gesagt habe. Jedenfalls ist der Einsatzbefehl nur noch eine Frage von Tagen, höchstens Wochen. Und egal, wie die Einstufung lautet – wir haben noch viel vor uns und die Zeit dafür wird knapp. Also Schluß damit! In fünf Minuten will ich Sie in den Maschinen haben. WEGGETRETEN!“

Im Stillen hatte Darkness noch immer erhebliche Zweifel an der Einsatztauglichkeit seiner Schwadron. Die einzelnen Leistungen waren guter Durchschnitt bis sehr gut. Aber immer noch haperte die Teamarbeit. Es waren zu viele Piloten aus zu verschiedenen Einheiten und Gruppen. Als XO des Geschwaders hatte er außerdem noch ein zusätzliches Arbeitspensum, was auf Kosten seiner Schwadron ging. Außerdem mußte er ja auch noch ein Extraauge auf Schwadron Rot haben, die mit Radio als XO und solchen Piloten wie Cartmell und Skunk ein Unruhefaktor war der nach Aufsicht verlangte. Manchmal wurde es sogar ihm zuviel.
Und ob seine Piloten begriffen, was er ihnen hatte sagen wollte, war noch abzuwarten. Und ob sie danach handeln würden. Er hatte da so seine Zweifel...

Die „Jungfüchse“ waren die letzten, die den Raum verließen. Als Crusader durch die Tür wollte, fühlte er sich an der Schulter gepackt und zurückgehalten. Es war La Reine. Die dunkelhäutige Pilotin musterte ihn düster, aber ihre Stimme war etwas ruhiger: „Jetzt mal den Sermon außen vor. Steht unsere Wette noch?“
Crusader blickte sich um. Keiner der anderen Piloten blickte zurück, auch sein Flightleader Ohka nicht. Auch wenn ihm bei genauerem Nachdenken die Idee mit der Wette gar nicht mehr so gefiel - La Reine flog wirklich GUT - er konnte jetzt nicht einfach zurückstecken...
„Einverstanden. ICH kneife nicht!“
Tyr Svenson
Donovan Cartmell war müde und eigentlich überhaupt nicht erpicht darauf irgendetwas über die Heldentaten seines Wingcommanders zu hören. Der Hurensohn hatte sich tatsächlich mit einem der Nighthawk-Piloten der Starlancers angelegt. Und gewonnen.
Auch wenn es sich bei seinem Gegner anscheinend nicht um einen Veteranen handelte, so waren die Starlancers immerhin doch als Elite anzusehen.
Und daher war Skunks Leistung – so sehr es Donovan auch wurmte – durchaus eindrucksvoll.

Entsprechend aufgeregt wurde seine Aktion daher auch von allen anderen Piloten der roten Staffel diskutiert. Diese waren alle – mit Ausnahme von Radio und Skunk nun in ihrem Bereitschaftsraum und nutzten die Zeit des Wartens auf ihren stellvertretenden Staffelführer mit dem Schwatzen über diesen Flug. Die rote Staffel hatte gerade einen mehrstündigen Trainingsflug im erdnahen Orbit hinter sich gebracht. Und jetzt saßen sie verschwitzt und erschöpft in ihren Fliegermonturen und warteten.
Skunk indessen war noch nicht hier, um sich gebührend feiern zu lassen. Nachdem er seinen Fight am frühen Morgen absolviert hatte, war er kurz darauf wieder in seine Maschine gestiegen, so als wäre nichts gewesen und hatte an dem Staffeltraining teilgenommen. Er war aber noch kurz bei seinem Jäger zurückgeblieben um mit einem der Techniker über ein kleines Problem mit den Triebwerken zu reden.

Jetzt kam Radio mit einem etwas säuerlichen Gesicht in den Bereitschaftsraum. Auch wenn kein „Achtung“ erschallte, so erstarben langsam aber sicher die lebhaften Diskussionen und die Aufmerksamkeit wendete sich Radio zu.
„Wo ist Skunk?“ fragte dieser, ohne weiter auf die Gruppe einzugehen. Alle Köpfe drehten sich langsam zu Donovan um, der nur teilnahmslos mit den Schultern zuckte.
„Er ist noch bei seiner Maschine, Sir! Irgendein Problem mit den Triebwerken…“ antworte Hacker statt seiner auf die Frage des Commanders, warf dafür Donovan einen giftigen Blick zu und fuhr dann gleich aufgeregt fort „ Ist das nicht cool, Sir! Schiesst eine Nighhawk ab, nimmt dann an einer Staffelübung teil und das mit Problemen am Triebwerk!“ Die Begeisterung des jungen Piloten war ihm eindeutig an den Augen abzulesen, während Donovan leise stöhnte und mit den Augen rollte.
Auch Radio verdrehte die Augen. Hacker, der durch sein aggressives Verhalten sowohl am Boden als auch in der Luft aufgefallen war, Skunk wie ein Hündchen hinterherlief und auch sonst nicht der hellste zu sein schien, verwandelte sich wie es aussah immer mehr zu einem Jünger Skunks.
„Mag sein, Hacker. Aber dann eine Siegesrolle über dem Tower abzuziehen, war keine Glanzleistung. Und seine Triebwerke hätte er auch nach der Einsatzbesprechung prüfen können.“ Radio machte aus irgendeinem Grund nicht den Eindruck wahnsinnig glücklich über Skunks Leistung zu sein.
„Außerdem, wenn ich Du wäre,“ er zeigt provozierend auf Hacker “würde ich mir lieber Gedanken über deine eigenen Leistungen machen. Herrgott, du fliegst derzeit eine solche Scheisse, ich glaube ich sollte schon mal deine Sachen packen und vorsorglich an deine Mami schicken. Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst da draußen deinen Wingcommander nicht aus den Augen verlieren?“
Hacker´s Kopf lief hochrot an als er versuchte sich zu verteidigen. „Sir, einer der gegnerischen Jäger war in einer guten Schussposition, da musste ich einfach…“
„Soso, eine gute Schussposition also? So gut, dass er dich schließlich vom Himmel geholt hat?“
Hacker schaute betreten nach unten und Radio schüttelte nur den Kopf als er merkte, dass der Jungspund darauf keine Antwort haben würde.
„Also gut, lassen wir´s einfach dabei. “ Radio schüttelte den Kopf, verzog erneut sein Gesicht während er einen flüchtigen Blick auf seine Armbanduhr warf. „Shit, also ich muss jetzt wegen diesem Trottel zu einer Standpredigt in Captain Lundeens Büro. Wir verschieben die Einsatzbesprechung auf 1400, also in genau drei Stunden. Macht euch frisch und dann will ich von euch einen schriftlichen Bericht über den Einsatz von vorhin…“ Das Murren der Piloten wischte er mit einer lässigen Handbewegung davon „ und richtet Skunk aus, dass er gefälligst hier ist, wenn ich wieder komme, klar?“

Statt eines „Ja, Sir“ erntete Radio nur ein schwaches Gemurmel, schien aber im Moment andere Sorgen zu haben, als sich darüber Gedanken zu machen.
Als Radio aus dem Besprechungsraum draussen war, standen die meisten Piloten jetzt ebenfalls von ihren Stühlen auf, schnappten sich ihre Helme und andere Ausrüstung und machten sich langsam auf den Weg in die Duschräume. Hier und da bildeten sich Zweier- und Dreier Gruppen, die noch über den vorherigen Einsatz, über Skunks Husarenritt oder über den bevorstehenden Abend oder was auch immer redeten. Donovan interessierte es nicht weiter, da sich auch niemand für ihn interessierte.
Und somit war er auch tief in seine eigenen Gedanken versunken gewesen, als er an einigen Piloten vorbei ging.
Und so registrierte er zunächst auch nicht, als man Ihn ansprach.

„Hey, Ensign! Ich rede mit dir!“
Jetzt erst stoppte Donovan und drehte sich langsam zu Hacker um, der ihn angesprochen hatte.
„Was?“ fragte er gereizt.
„Ist das die Art mit einem ranghöheren Offizier zu reden?“ Hacker´s Tonfall war geprägt von Arroganz und ähnelte der Art und Weise, mit der Skunk ihn mit nervender Regelmäßigkeit beschimpfte.
„Zur Strafe für dein Verhalten, wirst du meinen Helm tragen, verstanden?“
Ein paar der anderen Piloten standen hinter ihm, lächelten gehässig und blickten ihn nun unverhohlen feindselig an. Auch die anderen noch im Raum befindlichen Piloten hatten jetzt ihre Gespräche abrupt beendet und schauten die beiden Piloten gespannt an.

Donovan zwinkerte einen kurzen Augenblick.
Hacker hatte ihm nichts zu sagen, ob er nun ranghöher war oder nicht. Aber darum ging es hier gar nicht, das wussten sie beide. Hacker wollte Dampf ablassen, seine Wut an jemandem anderen auslassen und wer wäre da besser geeignet als Cartmell? Der Pirat, der Parier, der Parasit.
Donovan spielte einen Augenblick mit dem Gedanken einfach nur den Kopf zu schütteln, die Provokation zu ignorieren und zu gehen. Doch sein Stolz ließ das nicht zu. Es war schon schlimm genug, dass Skunk so mit ihm umsprang. Wenn er jetzt zuließ, dass das auch alle anderen Piloten so machten, würde er nie mehr eine ruhige Minute haben. Bei jeder Gelegenheit würden Sie an ihm ihren Ärger auslassen, ob er daran schuld sein würde oder nicht. Er kannte das schon, hatte das schon zwei Mal erlebt. Einmal bei den Piraten und einmal nach seinem „Freispruch“.
Er wußte nicht ob es jetzt klüger wäre, einfach weiter zu gehen, klein beizugeben oder gleich zuzuschlagen. Er hatte das Gefühl, dass es im Grunde nicht viel ausmachte, er würde so oder so verlieren. Also traf er seine Entscheidung.

Er ging zwei Schritte auf Hacker zu, nickte kurz und streckte wortlos seine Hand nach Hackers Helm aus. Über dessen Gesichtszüge huschte erst Überraschung und dann Häme.
„So ist´s recht. Trag mir den Helm schön fein hinterher, dann werde ich es vielleicht bei der Strafe bewenden lassen.“
Als Donovan den Helm nahm, kicherten die hinter Hacker stehenden Piloten und dieser drehte sich mit einem triumphierenden Lächeln zu seinen Kameraden um.
Aber dadurch bekam er nicht mit, wie Donovan den wuchtigen Helm hochhob und ihn dann mit einem lauten Knall auf den Boden warf. Natürlich war der Helm äußerst stabil, musste er doch im Notfall in der Lage sein den Kopf eines Piloten zu retten. Daher hüpfte mit einem lauten Scheppern mehrfach auf, aber ohne irgendwelche äußerlichen Schäden zu nehmen.
„Oooooch, das tut mir aber leid“ erwiderte Donovan sarkastisch „da ist mir der Helm doch glatt aus der Hand gefallen. Wie ungeschickt von mir…“

Doch so robust das Äußere dieser Helme vielleicht auch war, so empfindlich waren auch die internen elektronischen Systeme. Es war gut möglich, dass diese durch so eine Behandlung beschädigt wurden oder neu kalibriert werden mussten. Ein Vorgang der schon etwas Zeit in Anspruch nahm.
Daher war Hackers nächste Reaktion auch vorhersehbar gewesen. „Du Bastard, was fällt dir ein?“ Und noch bevor er fertig gesprochen hatte, setzte er auch bereits zu einem rechten Schwinger an.
Doch nicht nur, dass Donovan mit einem derartigen Angriff gerechnet hatte, zudem war Hacker bei weitem nicht so flink und schlagkräftig wie etwa Skunk oder der Riese, der ihn neulich Nacht überfallen hatte.
Daher konnte Donovan trotz der etwas sperrigen Fliegermontur dem viel zu langsamen angesetzten Schlag mit Leichtigkeit ausweichen und zwei Schritte zur Seite tänzeln.
Hacker setzte sofort zu einem neuen Angriff an und versuchte wieder Donovan zu treffen. Doch auch diesmal wich ihm sein Gegner geschickt aus.
Und dann ging Donovan ansatzlos in den Gegenangriff über, doch statt Hacker seine Faust mit voller Wucht ins Gesicht zu rammen, stoppte er ganz kurz vor dessen überraschten Augen und tänzelte wieder außerhalb der Reichweite.

Hacker schnaubte offensichtlich vor Wut, ging ein drittes Mal zum Angriff über und versuchte es mit einem rechten Aufwärtshaken. Donovan wich auch diesem dritten Versuch aus und täuschte seinerseits erneut einen Schlag an, der wieder getroffen hätte, wenn Donovan es darauf abgesehen hätte.
Jetzt stoppte der vor Wut knallrot angelaufene Hacker. Es musste ihm aufgegangen sein, dass es Cartmell nicht darum ging, ihn zu treffen, sondern ihn vor allen anderen lächerlich zu machen. Donovan fragte sich nur, wie lange es dauern würde bis er aufgab.

Die kleine Kampfpause nutzte Mantis, Hackers Wingcommander um ihn zu beschwichtigen. „Komm schon, Kleiner. Lass mal gut sein, o.k. Die Ratte ist es nicht wert…“
Doch ihr Schlichtungsversuch kam ein bisschen zu spät. Hacker rannte jetzt brüllend auf Donovan zu und wollte ihn anscheinend umrennen. Und diesmal wurde Donovan von dem Angriff an der Schulter gestreift und herumgerissen. Aber er hatte Glück, der Hauptangriff rauschte an ihm vorbei und Hacker rannte mit dem rechten Knie voran in einen der schweren Stühle mit den aufgeschraubten Schreibpulten. Er jaulte kurz laut auf und drehte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder zu Cartmell, der wieder in Verteidigungsstellung gegangen war. Der Zorn in Hackers Bubigesicht flammte auf und Donovan bereitete sich innerlich auf den nächsten Angriffsversuch vor.
Doch dieser blieb aus.

„CARTMELL, was soll der Scheiß schon wieder?“ Skunks Stimme polterte wutentbrannt durch den Besprechungsraum. In der Tür stand Skunk und betrachte mit funkelnden Augen seinen Wingman.
Donovan reagierte zunächst nicht sondern fixierte weiter Hacker in der Erwartung des nächsten Angriffs, doch dieser war schuldbewusst in Habachtstellung gegangen.
„Sir, ich habe mich nur vertei…“
„SCHNAUZE, ich will´s gar nicht wissen. Wie ich sehe hast du deine Fäuste gegen einen deiner Staffelkameraden erhoben, hä? Das zu sehen reicht mir schon. Da du ja allem Anschein nach zu viel Restenergie hast, wirst du die jetzt mit 10 schönen Runden auf dem Trainingsparcour los werden, klar? Und zwar in voller Montur.“
„Sir, ich habe mit dem Ärger nicht…“
„Ich sagte mir sind deine Ausreden scheißegal, klar? Noch ein Wort und ich mach 20 draus.“
Herausfordernd starrte ihn Skunk an und für einen Augenblick juckte es Donovan enorm in den Fingern. Doch er riss sich zusammen, schnaubte schließlich doch nur wütend aus und machte sich auf den Weg zum Trainingsgelände.
Das hämische Grinsen Hackers, der natürlich ohne Strafe davonkam, begleitete ihn auf dem Weg hinaus aus dem Besprechungsraum.
Die Ungerechtigkeit schrie Donovan wieder förmlich ins Gesicht, doch seine Wut hielt sich in diesem Falle in Grenzen.
Sollten Sie ihn doch traktieren wie sie wollten, so leicht würde er nicht unter zu kriegen sein.
Tyr Svenson
Captain Lundeens Büro war überfüllt.
Die Chefin der Luftsicherheit, Commander Annkathrin Jäger marschierte vor seinem Schreibtisch auf und ab. So viel Gift und Galle wie der Commander versprüht hatte war Lundeen seid den Tagen auf Markham Fields nicht mehr zu Ohren gekommen.
Tex stand am Fenster, den Blick starr nach draußen gerichtet und war bei Jägers Rede mehrmals zusammengezuckt.
Darkness der in fester Rührt-Euch-Stellung stand hatte die Zähne fest zusammengebissen. Hinter ihm lehnte Radio betont lässig neben der Tür.

"Also Commander, ich weiß, es ist nicht mein Geschwader, aber mein Stützpunkt", begann nun Lundeen.
"Sir ..."
"Lassen Sie mich ausreden Darkness. Sie geraten mit Ihrer Schwadron an eine Gruppe Marines und verlieren beinahe eine Maschine. Vier Ihrer Piloten laufen rum wie durch den Wolf gedreht." Lundeen bemerkte wie der andere Lieutenant Commander der Angels zusammenzuckte. "Ja, genau und drei von denen gehören in genau Ihre Schwadron. Und um allen die Krone aufzusetzen donnerte einer von Ihren Psychopathen über meine Basis, gefährdet sich selbst, die startenden und landenden Flugzeuge, sowie jeden anderen auf diesem Flughafen. Haben Sie Ihre Leute nicht unter Kontrolle?"

Darkness hätte am liebsten jedem Angel persönlich den Kopf abgerissen, doch das durfte er hier nicht rauslassen, hier musste er als ihr amtierender Kommandant Solidarität zeigen: "Nun Sir, ich weiß für die Vorfälle gibt es keine Entschuldigungen, doch bitte ich Sie zu bedenken, dass die Veteranen von uns direkt von der Front kommen und wir alle uns gewissermaßen schon wieder auf den Weg dahin befinden. Die Neuzugänge und die Leute von der Miliz machen es auch nicht gerade einfacher. Ich denke die Leute haben etwas Milde verdient."
Lundeen atmete tief ein: "Wer war der Stuntpilot?"
"Lieutenant Harvey Jones."
"Skunk?" Der Kommandant der Imperial Starlancers war überrascht.
"Moment mal!" Fuhr Jäger wieder hoch. "Sie werden diesen Wahnsinnigen nicht so einfach davon kommen lassen, egal, wer es ist und wer von den Herren ihm was schuldet!" Sie deutete mit dem Zeigefinger auf Darkness. "Ich rate Ihnen, nageln Sie den Kerl ans Kreuz sonst mache ich Ihnen mehr Ärger als Sie sich denken können."
"Ich bin sicher der Commander wird eine adäquate Bestrafung finden", wandte Lundeen beschwichtigend ein. Er blickte Darkness und Radio an: "Sie können wegtreten."

Nachdem Radio die Tür geschlossen hatte blies er die Luft aus: "Puh, die hat aber Haare auf den Zähnen."
"Sie haben den Captain gehört. Sorgen Sie für eine adäquate Bestrafung." Darkness Stimme war ein wütendes Flüstern.
"Was? Weil diese Rollbahnamazone sich hier aufführt wie eine Wilde? Himmel, jeder von uns wollte schon mal ne Siegesrolle vor dem Tower hinlegen, ich sehe nicht ..."
"Jetzt passen Sie mal auf Mister! Das ist zurzeit Ihre Schwadron. Die Leistungen sind miserabel. Die Leute haben vor Ihnen kein Respekt. Nicht einen Funken! Das haben Sie sich selbst zuzuschreiben. Jetzt haben Sie die letzte Chance die Bande unter Kontrolle zu bringen und eine Schwadron zu formen, ansonsten haben wir einen Haufen Scheiße. Ich dulde keinen Haufen Scheiße in meinem Geschwader also klotzen Sie ran Mann! Und hören Sie auf die Zügel schleifen zu lassen!"
Darkness holte Luft und drehte sich auf dem Absatz um.
"Soll ich ihn vielleicht auch anschreien?" Rief Radio ihm nach und steckte unschlüssig die Hände in die Hosentaschen seiner Uniform.
Er redete noch mal kurz mit Commander Jäger als diese aus dem Büro kam und marschierte dann zu seiner nächsten Einsatzbesprechung mit seiner Schwadron.

Der Besprechungsraum war für ein ganzes Geschwader gedacht, also mehr als genug Platt für 10 Leute, die sich in drei Gruppen aufgeteilt hatten.
Die eine Gruppe war Cartmell, der in der zweiten Reihe ganz links saß. Die zweite Gruppe bestand aus Ace II. und Kali, rechts in der ersten Reihe, der Rest hatte sich um Skunk gescharrt, der in der Mitte der ersten Reihe saß und wild erzählte.
Erneut freute sich Radio, dass Miramar noch altmodische Schwingtüren hatte und keine Automatischen Gleittüren, wie sie auf modernen Stützpunkten seid gut 300 Jahren Mode waren.
Er schmiss die Tür hinter sich zu und blickte seine Schwadron von der Tür aus an.
Seine Schwadron blickte kurz zurück und der Pulk um Skunk setzte sich murrend. Niemand kam auf die Idee "Achtung" zu rufen. Tja, werde ich den Gefallen von Sergeant Harrison doch etwas früher einfordern.

Radio marschierte nach vorne und stellte sich vor das Pult: "Allright Ladies and Gents die gesamte Truppe meldet sich morgen früh um nullfünfhundert bei Sergeant Harrison von den Marines zum Formaldienst. Dort lernen Sie vielleicht richtig Männchen zu machen."
Die gesamte Bande murrte, das interessierte Radio aber nicht, er schlug sich lieber mit diesen zehn herum als mit Darkness und Lone Wolf.
"Und da wäre noch etwas." Er trat auf Skunk zu und hielt ihm die rechte Hand geöffnet hin. "Ihre Schwingen, Lieutenant!"
"Bitte?" Skunk wirkte entgeistert.
"Bitte Sir! Und nun geben Sie mir Ihre verdammten Schwingen!"
Skunk blickte sich um: "Sir ich bin mir nicht ganz sicher ..."
"IHRE SCHWINGEN! Sie werden die nächsten zehn Tage Dienst bei der Flugsicherung versehen. Wenn, aber auch nur WENN Commander Jäger mit Ihrer Arbeit zufrieden ist, können Sie sich die Schwingen danach bei mir abholen. Und jetzt her mit den verdammten Schwingen und dann raus."
"Sir! Aye, aye, Sir!" Skunk öffnete die ersten beiden Knöpfe seiner Uniform und entfernte die goldenen Schwingen über seiner linken Brusttasche.
Während er aufstand knöpfte er sein Hemd wieder zu. Er legte die Schwingen in Radios rechte Hand und ging zum Ausgang. Alle Piloten mieden den Blick des Veteran. Nur Cartmell grinste ihm breit ins Gesicht.
"Lächle Du nur, so lange Du noch all deine schönen weißen Zähne hast, Sparky." Zischt Skunk.
"RAUS!" Donnerte Radio vom Pult aus.
"Allright", wandte sich Radio an die anderen, "Cartmell, Sie fliegen fürs erste mit Hal, Hal führt. Die nächst Woche werden wir damit zubringen von eine Gruppe hübscher Paare zu einer Balletttruppe zu verwachsen und heute gehen wir das erste mal richtig in die Luft, damit ihr mal im real Life seht, wie wichtig Teamplay ist. Also, in 15 Minuten in Hangar drei."
Gott, wie ich die Navy hasse.
Tyr Svenson
Die HEMMINGWAY hatte Glück gehabt, das die erste Salve der beiden Akarii-Fregatten das Kurierschiff nicht zerfetzt hatte.
Zum Glück hatten die Akarii vor der zweiten Salve gemerkt, worauf sie schießen und sich entschieden, dass eine Enterung doch von Vorteil wäre.
Die HEMMINGWAY flüchtete mit maximaler Geschwindigkeit zum Jumppoint.
Commander Olm der Captain des Schiffes hatte jedoch Zweifel, dass sie es schaffen würden.
"Skipper, vor dem Jumppoint hat sich ein Zerstörer der Akarii gelegt!" Meldete der Sensoroffizier.
Verhängnisvolle Stille breitete sich auf der kleinen Brücke aus.
"Mr. Keppler, Ihren Schlüssel!" Olm trat an die Kommandokonsole und öffnete eine Plexiglasscheibe, wo sich zwei Zündschlösser drunter befanden.
Olm steckt seinen Schlüssel in das linke Zündschloss und legte ihn um. Gleich darauf wiederholte der 1. Offizier der HEMMINGWAY die Prozedur mit seinem Schlüssel.
Mit Zwei-Finger-Suchsystem hackte Olm den Kode in den Computer.
Der Selbstzerstörungscountdown zählte von 60 Sekunden brav rückwärts, doch bei Null angekommen blieb die Explosion aus.
"Verflucht! Übernehmen Sie Keppler. Chief Jahnsen, nehmen Sie zwei Pistolen aus dem Waffenschrank und kommen Sie mit!"
Der Chief lud die beiden Pistolen und lief dem Captain hinter her. Als er ihn einholte reichte er eine der Pistolen an den Captain, der sie sich hinten in den Hosenbund steckte: "Wir müssen darauf achten, dass unser Spezi vom Geheimdienst nicht in die Hände der Akarii fällt."
"Aye, Sir." Der Chief überprüfte noch mal seine Pistole.
Vor Rowlands Quartier atmete Olm tief durch: "Warten Sie hier Chief."
Der Captain der HEMMINGWAY tippt in das Panel neben der Tür seinen Überbrückungscode ein.
"Lieutenant Rowland?" Olm trat ein und fand Rowland über seinem Koffer kniend. "Ah, tragen Sie noch mehr Geheimnisse mit sich rum, als die in dem Koffer?"
Rowland lächelte fast schüchtern: "Würden Sie mir ein 'nein' glauben Sir?"
Olm ging auf ihn zu: "Ich wurde informiert, dass Sie eine Giftpille haben. Ich muss darauf bestehen, dass Sie diese jetzt nehmen Lieutenant."
Rowland stand auf und blickte sich unsicher um: "Hören Sie Commander, ich bin mir sicher, dass das nicht nötig ist. Ich geb' mich als Mitglied Ihrer Crew aus und dem Standardverhör halte ich stand. Bestimmt."
Er wollte einen Schritt zurücktreten, wurde jedoch von seinem Stuhl aufgehalten.
In Olms Augen glitzerte Schmerz; "Tut mir leid Lieutenant." Der Captain der HEMMINGWAY zog seine Laserpistole.
Im gleichen Moment fiel die ängstliche Miene von Rowlands Gesicht ab und wurde durch einen harten Ausdruck ersetzt.

Olm war zu nahe herangekommen. Rowland ergriff mit der linken Olms Waffenarm und versetzte ihm mit der rechten einen Handkantenschlag an den Adamsapfel. Nachdem er dem paralysierten Offizier die Waffen entwunden hatte, packte er ihn und brach dessen Genick an der Tischkante.
Im selben Moment ging ein Ruck durch das Schiff und die Stimme des 1. Offiziers dröhnte durch die Lautsprecher: "Achtung! Achtung! Wir werden von einem Akarii-Zerstörer mit einem Traktorstrahl eingefangen. Alle Mann klar machen zur Abwehr von Enterern!"
Rowland konnte nicht anders als lachen. Jedoch empfand er so was wie Respekt vor Olm und seinem 1. Offizier. Pflichterfüllung bis zum letzten. Tut mir schrecklich leid.

Die Tür seiner Kabine öffnete sich erneut und das kurze Summen, welches das Markenzeichen für das Entsichern einer Laserpistole war, drang an sein Ohr.
Der Geheimdienstler und Angehöriger der Sea Earth Air and Space Kommandos der TSN drehte sich geschmeidig wie ein Luchs um und Schoss dem Bosun* der HEMMINGWAY in den Kopf, ehe dieser überhaupt auf ihn angelegt hatte.
Ein zweiter Ruck ging durch das Kurrierschiff, sie hatten am Zerstörer angedockt. Rowland horchte genau. Dann donnerte etwas, die Akarii sprengten sich den Weg ins Schiff frei.
Später erfuhr er, dass die Mannschaft der HEMMINGWAY entgegen den Anweisungen des 1. Offiziers so gut wie gar keinen Widerstand leistete. Nur auf der Brücke leisteten die Menschen gegen die Enterungstruppen Widerstand jedoch mit verschwindend geringen Erfolg.

Rowland legte die Waffe nieder als er auf die schwergerüsteten Akarii stieß: "Rehh take. Rehh take." Rief er sie an. Nicht schießen.
Einer der Akarii wies ihn an die Hände gegen die Wand zu legen und die Beine zu spreizen. Während zwei der Echsen ihre Gewehre auf ihn gerichtet, während ein dritter ihn durchsuchte.
Ihm wurden Fesseln angelegt und er wurde ins Schiffsgefängniss des Akarii-Zerstörer gebracht, wo er die nächsten Tage zusammen mit den überlebenden der HEMMINGWAY verbrachte.

*****

*Bosun: Rangältester Unteroffizier auf einem Raumschiff
Tyr Svenson
„Ich lasse niemanden passieren, dem ich nicht zumute, ein Schiff der Navy sicher für Besatzung und Auftrag zu führen.
Das ist alles, was ich zu Lt. Commander Justus Schneider zu sagen habe.“
Admiral James Fisher nach dem Perisher-Kurs von Lieutenant Commander Justus Schneider, XO TNS D´AVIGNON.

***

Die Arbeit beschäftigte Justine Lacroix bereits eine geraume Zeit. Vor Stunden schon waren sie von der PERSEUS Station aufgebrochen und der Strom der Verletzten auf ihre Krankenstation wollte nicht abreißen. Sie und ihre beiden Sanitäter hatten beide Hände voll zu tun.
Und wären es nicht so einfache Dinge gewesen wie Blutergüsse, gebrochene Nasen, Prellungen, blaue Augen und ausgeschlagene Zähne hätte sie den Skipper längst darum ersucht, ihm Hilfspersonal zu stellen.

„Ich verstehe ja, dass die Männer in Scharen in Ihre Krankenstation kommen, Justine“, kommentierte Justus Schneider, als er die Station betrat, „aber die vielen Frauen geben mir doch zu denken.“
Justine lächelte. Der Captain der KAZE spielte darauf an, dass sie an Bord mehr als einen Verehrer hatte. „Man darf sich auf so einem Schiff eben nicht spezialisieren. Ich behandle eben auch Frauen, wenn sie zu mir kommen, Sir.“
Sie gab ihrer derzeitigen Patientin, Second Lieutenant Jones, einen Klaps auf den Po und damit zu verstehen, dass die Kratzer und Abschürfungen behandelt waren.
Die Pilotin sprang auf, zog ihre Uniformjacke wieder an, salutierte scheu vor Schneider und floh aus dem Raum.
Der nächste in der Runde war Second Lieutenant Johansson, Chef der Marines. Was ihm fehlte war nur zu deutlich zu sehen. Ein wirklich dickes Veilchen machte ihn nicht gerade hübscher.
„Na, was fehlt uns, Lieutenant?“, stellte Doktor Lacroix die Standardfrage jedes Arztes in diesem Universum.
Stumm zog der Offizier seine Uniformjacke und sein Unterhemd aus und bot dem Betrachter einen bunten Regenbogen an Farben auf Brustkorb und Bauch.
„Hm. Das müssen wir röntgen. Sicher ist sicher. Himmel, Carl, mit wem sind Sie denn aneinander geraten?“
„Das würde mich auch interessieren“, bemerkte Schneider spöttisch, der den Hang seiner Leute zu Schlägereien kannte. Sein Schiff wurde gerne als so genannter Abfallort missbraucht. Offiziere und Mannschaften, die sich auf anderen Schiffen nicht oder nur schlecht einfügten oder einfach unangenehm aufgefallen waren, wurden generell auf die älteren Schiffe abgeschoben.
Und die wirklich harten Fälle kamen auf seine KAZE.
Schneider hatte ein Talent dafür, die Menschen zu nehmen. Ihnen gerade soviel reinzureden, dass sie ihre eigene Arbeit noch gut erkannten, ebenso wie die Hand es Captains.
Unter seiner Führung offenbarten die Raumfahrer dann bald ihre Talente, ohne mit ihm wirklich anzuecken.
Was blieb war der schlechte Ruf, der mit der Versetzung zur KAZE verbunden war. Und dies war eigentlich immer, und dann auch noch täglich Grund für eine Schlägerei.
Johansson warf einen unsicheren Blick zu seinem Skipper, bevor er sich erhob und dem Doktor schweigend zum Medicscanner folgte, ohne auf Schneiders Frage geantwortet zu haben.
Schneider senkte den Kopf und kratzte sich am Haaransatz. Er warf einen schrägen Blick zur Seite. Die fünf Besatzungsmitglieder, die hier wie an einer Perlenkette aufgereiht standen und auf einen freien Platz beim Doc oder einen der beiden Sanis warteten, sahen sehr desinteressiert zu Boden. „Ihr könnt mir auch nicht sagen, was los war?“, brummte Schneider.
Verlegenes Schweigen antwortete ihm.
„Na gut, dann nicht.“ Der Captain nickte den beiden Sanis noch mal zu und verließ die Station wieder. Seltsam. Ansonsten sprachen seine Leute doch über eine Schlägerei wie über eine gute Partie Golf. Mit detaillierter Besprechung jedes guten Schlages, inclusive jedes Hole in One.

Vor dem medizinischen Messgerät runzelte Justine Lacroix die Stirn. „Okay, der Skipper ist weg. Sagen Sie mir wenigstens, warum wir fast fünfzig Mann aus dem Knast und weitere dreißig aus diversen Krankenstationen holen mussten?“
Der Marine grummelte nur.
Die Ärztin drückte direkt auf einen besonders schön schillernden Fleck.
Dem Marine trat Schweiß auf die Stirn, aber er behielt jede weitere Reaktion für sich.
„Tut mir leid, aber ich bin so abgelenkt von den Sorgen des Skippers um seine Crew…“
Wieder brummte der Marine nur Unverständliches Zeug.
„Na, dann nicht.“ Sie aktivierte die Apparatur und trat vor die Anzeigen. „Das ist nicht schlecht. Carl Iron Wall Johansson hat tatsächlich zwei angebrochene und fünf geprellte Rippen. Die Schlägerei, in die Sie geraten sind, will ich nicht mal von nahem sehen. Das werden wir gleich mal reparieren.“
Justine machte sich sofort an die Arbeit und legte einen flexiblen Verband an, nachdem sie die Prellungen versorgt hatte.
„Wissen Sie, Johansson, ich finde Sie sind ungerecht. Der Captain deckt Ihnen und Ihren Verrückten immer den Rücken. Als Ausgleich verlangt er nur zu wissen, ob er bald mal wieder zum JAG muss oder nicht. Er nennt das die Leute Spaß haben lassen. Und jetzt sagen Sie ihm nicht mal mehr das. Teufel, kein einziger Crewman war bereit, heute den Mund aufzumachen. Dabei schulden wir alle es dem Captain.“
„Das ist es ja gerade“, brummte Carl leise.
„Was?“ „Das ist es ja, Doc. Es geht um den Captain. Ich bin es gewohnt, dass die anderen Offiziere mich und meine Leute schief ansehen, sobald wir die KAZE verlassen. Ich mag das STARGAZER. Und unser Ruf sorgt dafür, dass wir genügend Gelegenheit bekommen, um diesen eingebildeten Fatzke Lektionen zu erteilen.
Aber diesmal war es persönlich.“
„Was kann persönlicher sein, als dass man Sie als Feigling beschimpft, der nur aus diesem Grund auf der KAZE dient?“
„Da gibt es einen, oh, da gibt es einen.“
Und unter dem beifälligen Gemurmel der anderen Verletzten erzählte der Lieutenant die ganze Geschichte.

**

Auf der Brücke angekommen flegelte sich Schneider wie immer in den Sessel des Captains. Lieutenant Ishihiro hielt ihm bereits einen Becher heißen Kaffees parat. „Hier, Sir.“
„Nanu, womit habe ich denn diesen Service verdient, Haruka?“ Dankbar nahm Schneider die Tasse entgegen. „Wo Sie hier gerade stehen, Lieutenant, können Sie vielleicht mit der Crew reden? Ich kriege aus den Leuten einfach nicht raus, warum sie in der STARGAZER diese Massenschlägerei veranstaltet haben. Wie es aussieht, war ja sogar Eavy darin verwickelt. Und unsere Pilotin ist beileibe kein Hitzkopf.“
„Ist das ein Befehl, Sir?“
„Ach, wo denken Sie hin? Laut dem JAG wird keine Anklage erhoben. Es interessiert mich halt nur. Normalerweise würden Johansson und die Marines gerade laut und deutlich protzen, worum es ging. Es schmerzt mich ein wenig, dass ich derart ausgeschlossen werde.“ Traurig sah Schneider zu Boden.
„Sir… Vielleicht sollten wir es dabei belassen.“
„Ich wills ja nur wissen“, erwiderte Schneider, von einem Moment zum anderen wieder fröhlich. „Sie machen das schon, Haruka.“
Er klopfte dem breit gebauten Waffenoffizier auf die Brust, was der mit einem leisen Stöhnen quittierte.
Schneider hob die Augenbrauen. „Sie auch, Lieutenant? Sie waren auch in die Schlägerei verwickelt?“
Der Skipper erhob sich. Auf der Brücke dienten gerade dreiundzwanzig Personen. „War sonst noch jemand am Debakel der Marines beteiligt?“
Lieutenant Jones senkte den Kopf und stand auf. Lieutenant Li erhob sich vom Platz des Cheforters. Nach und nach erhob sich die gesamte Brückencrew, bis auf Commander Soleil, die bei Schneider an Bord geblieben war.
„Was bitte ist so wichtig, das sich gleich die ganze Crew der KAZE prügelt?“
Justus Schneider erhob sich und sah jedem einzelnen in die Augen. Jeder einzelne sah weg.
„Ach, kommt schon, Leute, schließt mich nicht so aus. Ich bin vielleicht der Alte an Bord, aber bisher haben wir uns aufeinander verlassen können. Wer weiß, vielleicht hätte ich mich diesmal sogar beteiligt. Was war es also?“
„Sir, niemand schließt Sie aus. Es ist nur so… Es ist ihnen allen zu peinlich.“
Ishihiro räusperte sich laut und nachdrücklich. „Justus, Sie sind der Grund.“
Überrascht riss Schneider die Augen auf. „Was?“
Amber Soleil sprang auf. „Was?“
„Wir können alles ertragen“, fügte Lieutenant Li Chun an, „Anfeindungen, Gerüchte, dumme Sprüche… Das kennen wir schon.“
„Aber eine Sache dulden wir nicht“, meldete sich Jones zu Wort. „Niemand, wirklich niemand zieht über unseren Skipper her! Erst Recht kein Haufen Feiglinge von einem Etappenschiff, dass sich beim ersten Anzeichen von Akarii einpisst!“
Die Wangen der Pilotin waren vor Wut gerötet.
Schneider ließ sich in seinen Sessel fallen. „Damit ich das richtig verstehe, die Crewmen eines der neuen Schiffe hat mein Schiff beleidigt, und Ihr habt euch mit ihnen geprügelt?“
„Nicht das Schiff, Skipper. Sie.“
Wieder sah Schneider ins Rund. In allen Gesichtern las er zornigen Trotz und eine Gelassenheit, alle Folgen der Rauferei über sich ergehen zu lassen. Er spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte. „Also“, brummte er, „da wäre ich wirklich gerne dabei gewesen.“
Welcher Captain konnte das schon von sich behaupten? Das sich seine Crew geschlossen bereit war, für ihn zu prügeln? Ein Blick zu Commander Soleil verriet ihm, dass sich sogar diese überkorrekte Offizierin daran beteiligt hätte, wäre sie nicht mit ihm an Bord der KAZE gewesen.
„Weitermachen“, sagte er leise, als er seine Stimme einigermaßen unter Kontrolle hatte.
„Und“, fügte er an, während er seinem Waffenoffizier auf die Schulter klopfte, „ich bin stolz auf euch.“
Tyr Svenson
„Gin Banto, Pilot Erster Klasse!“ „Hier.“ „Vouren Sunh, Navigator Dritter Klasse!“ „Hier.“
„Volle Gahna, Zweiter Offizier!“ „Hier.“ „Ry Hallas, Jagdfliegerpilot Erster Klasse!“ „Hier.“
Der junge Offizier in der khakifarbenen Alltagsuniform der Navy sah von seinem Block auf. „Die genannten Offiziere halten sich bereit, heute um null neunhundert ausgeflogen zu werden. Lieutenant Commander Chun wird den Transport begleiten. Nehmen Sie Bekleidung und Toilettenartikel für zwei Tage mit.
Ziel ist Birmingham. Dort befindet sich das Xenobiologische Labor der Navy. Sie werden, Ihre Kooperation vorausgesetzt, dort die nächsten beiden Tage ein neuartiges Desinfektionsmittel testen dürfen, welches speziell für den Einsatz bei Operationen an Akarii entwickelt wurde. Diese Prozedur ist vollkommen gefahrlos für Sie. Es wird, abgesehen von diversen Hautverträglichkeitstests keine Nebenwirkungen geben.
Und bevor Fragen aufkommen, Sie vier wurden ausgesucht, weil Sie von vier möglichst weit voneinander entfernten Gebieten des Reiches kommen, was eine Untersuchung auf Universalnutzung des Mittels gewährleisten soll.
Andere Fragen? Keine? Gut. Treten Sie weg. Die Offiziere teilen wie immer die Untergebenen für Arbeiten und Training ein.“
Der Second Lieutenant salutierte knapp vor den versammelten Akarii, wartete den Rückgruß ab und verließ das kleine Podest, um durch die Absperrung zu jenem Bereich des Lagers zu gehen, welches den menschlichen Verwaltern und Aufpassern vorbehalten war.

Ry Hallas sah dem jungen Menschen hinterher. „Biologische Tests. So weit ist es also mit uns gekommen“, beschwerte sich Gin Banto leise. „Ich will gar nicht wissen, was die Menschen mit ihren kalten Händen alles anstellen werden.“
Ry schüttelte den Kopf. „Etwas anderes macht mir mehr Sorgen, Archon. Dieser jugendliche Mensch hat fast akzentfreies Sekurr gesprochen. Und jeder scheint das wie als wäre es ein Gesetz hinzunehmen.“
„Sie machen sich zu viele Gedanken, Hallas-Arnat. Sekurr ist eine elitäre Sprache. Das wissen Sie schon, seit Sie sie erlernen mussten, um ein Krieger des Kaisers werden zu können.
Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis auch die Menschen sie erlernen. Und vergessen Sie nicht – bei dem Widerstand, den die Menschen Prinz Jor entgegenstellen, können wir sie ohne Zweifel ebenfalls als Krieger begrüßen.“
„Hört, hört“, ließ sich Man Atarm vernehmen. „Die Glatthäute auf eine Stufe mit uns zu stellen ist aber reichlich gewagt, Archon Banto.“
Der Pilot wandte sich dem anderen Akarii zu. „Haben Sie ein Problem damit, Atarm-Arnat?“
„Ich habe ein Problem damit, dass Sie versuchen, die Menschen auf eine Stufe mit uns zu stellen, Archon“, gestand der andere Offizier unumwunden.
„Gewöhnen Sie sich dran, Arnat. Dieser Krieg ändert vieles. Nicht nur für die Menschen. Auch das Reich wird sich verändern.“
„Ich glaube nicht, dass ich diese Veränderungen akzeptieren kann, Archon.“
„Dann sind Sie so gut wie tot, Atarm-Arnat“, brummte der ehemalige Erste Pilot eines Schweren Kreuzers und ließ den anderen Offizier stehen.

**

Drei Stunden später warteten die vier Akarii wie befohlen mit Bekleidung und dergleichen für zwei Tage Aufenthalt außerhalb des Lagers.
Der Lagerkommandant selbst kam mit einer Eskorte aus vier Marines in den abgesperrten Bereich. Er salutierte knapp vor Gin Banto, dem ranghöchsten Akarii, nahm dessen Gegensalut entgegen und deutete auf das offene Tor der Gefangenenanlage. Auf dem Flugfeld war bereits ein Standardshuttle zu erkennen.
„Wir fliegen sofort ab, Archon“, sagte der Commander. „Ich verlasse mich auf Ihre Ehre als Soldaten, dass Sie nicht versuchen auszubrechen oder einen meiner Untergebenen zu verletzen. Im Gegenzug halte ich die Bewachung auf dem Mindestmaß laut Vorschrift.“
„Sie haben mein Wort, Archon Chun“, erwiderte der Akarii und stufte den Menschen damit auf eine Stufe mit sich selbst ein.
Der registrierte die Ehrenbezeugung mit einem Nicken. „Hier entlang.“
Die Marines nahmen die Akarii in die Mitte, Banto ging neben Chun. In einer ordentlichen Marschreihe gingen sie zum wartenden Shuttle.

Die beiden Piloten starteten ohne Verzögerung. Ry ließ seinen Blick über die Marines gleiten, die ausgelassen in der derben Menschensprache miteinander scherzten und lachten. Ihre Bewaffnung war wirklich nur leicht. Jeder trug eine Handfeuerwaffe.
Allerdings waren Menschen und Akarii zumeist gleich stark. Und es stand sieben gegen vier. Zudem hatte der Archon sein Wort gegeben.
„Ry Hallas. Ich will Sie sprechen.“ Ry sah auf. Vor ihm stand Chun.
„Sie sind eingeladen“, erwiderte er in einer alten Geste der akariischen Gastfreundschaft.
Der Navy-Offizier deutete auf den abgesperrten Heckbereich, de für die Fracht vorgesehen war. Wortlos ging er nach hinten. Ry Hallas stand auf und folgte ihm.
Erst als das Schott hinter ihnen geschlossen war, deutete der Offizier auf zwei Kisten, auf denen sie sich niederlassen konnten.
Wortlos bot er dem Akarii eine Lucky Strike an. Aus einer anderen Kiste zog er Coca Cola Light-Dosen hervor, die sich unter den Akarii in den POW-Cmps zu wahren Rennern entwickelt hatten.
Ry entzündete seine Zigarette und stellte die geöffnete Dose neben sich.
„Ry Hallas“, eröffnete der Commander das Gespräch. „Es freut mich, Sie kennen zu lernen.“
„Gibt es einen besonderen Grund, dass es eine Ehre für Sie ist, Archon?“, fragte der Akarii und blies den blauen Dunst der Zigarette in den Raum.
„Nun, es ist Ihrer und Second Lieutenant Davis´ gemeinsamer Arbeit zu verdanken, dass der Marinegeheimdienst seine Arbeiten über Sekurr abschließen konnte.
Sie erinnern sich an Davis?“
Ry nickte. Mit Wehmut dachte er an die wenigen Tage des Vertrauens fassens und der vielen Gespräche. Der gemeinsamen Zigaretten und der Crickers. „Selbstverständlich. Wissen Sie etwas über seinen Verbleib?“
Chun zögerte kurz. „Er ist tot. Gefallen bei einem Angriff auf einen Geleitzug, der Prinz Jor Truppen und Schiffe nach Mantikor bringen sollte.“
Ry senkte den Blick. In seinem Herzen war Trauer. „Das ist ein Ende, wie es einem tapferen Krieger gebührt. Nicht so erbärmlich, wie mein Schicksal, eingesperrt in diesem Lager.“
Chun lächelte nachsichtig. „Gehen Sie nicht mit sich ins Gericht, Arnat“, sagte er. „So wie das Erbe von Lieutenant Davis die Arbeit am Sekurr ist, so ist Ihr Erbe die hervorragende Arbeit bei der Koordination der Gefangenenlager. Und letztendlich Ihr Beitrag bei der Entwicklung der Medizin für gefangene Akarii. Tausende Ihrer Artgenossen werden Ihnen Ihr Leben verdanken. Und sie werden nach dem Krieg in ihre Heimat zurück kehren können. Lebendig.“
„Das ist ein schwacher Trost. Aber besser als nichts“, erwiderte Ry und rutschte in die Menschensprache. „Reden wir über Clifford Davis. Wie genau ist er gefallen?“
Chun wechselte ebenfalls ins menschliche Idiom. „Soweit ich weiß, rammte er eine Antischiffsrakete, welche seinen Träger ansonsten vernichtet hätte. Das ist in…“
Chun verstummte, als die beiden abgestellten Dosen an ihm vorbei rutschten. Er hieb auf den Kommunikationsschalter. „Chun hier. Was ist los?“
„Sir, der Computer hat soeben Täuschkörper ausgestoßen. Wir orten zwei anfliegende Stinger-Raketen. Der Pilot geht runter, um den Deckschatten der…“
Eine gewaltige Explosion und das Kreischen von Metall erschütterte das Shuttle. „Eine der Raketen ist direkt unter unserem Bug explodiert! Hier ist Shuttle Ecco-Bravo-Juliet-9-9-4! Wir stürzen ab, ich wiederhole, wir stürzen ab! Shuttle Ecco-Bravo-Juliet-9-9-4! Wir stürzen ab!“
„Festhalten!“, blaffte Chun und griff nach den fest montierten Schränken.
Kurz darauf gab es einen heftigen Ruck. Chun verlor den Griff und wurde gegen das Schott geschleudert.
Ry Hallas hatte mehr Glück. Der Aufprall warf ihn herum wie eine Gliederpuppe, aber sein Griff hielt, bis er das Gefühl hatte, der Arm müsse ihm aus der Schulter gerissen werden.

Dann war Stille…

**

Eine Viertelstunde später bettete Ry Hallas die einzigen Überlebenden des Absturzes im Schatten des Wracks nieder. Die Piloten waren beim Aufprall zerschmettert worden. Die meisten Insassen waren durch herumfliegende Trümmer geköpft oder zerrissen worden.
Lediglich er selbst und Chun hatten es im Frachtraum einigermaßen überstanden. Aber es stand schlecht um den Menschen. Soweit Ry es beurteilen konnte, hatte sich der Offizier ein Bein und die rechte Schulter gebrochen.
Der einzige andere Überlebende war Gin Banto.
Der ältere Akarii lauschte atemlos, wie Chun mit stockender Stimme erzählte.
„Es gibt keine Freischärler und auch keine Akarii auf dieser Welt. Das Lager selbst ist ebenso wie seine Position geheim. Ein irrtümlicher Beschuss muss auch ausgeschlossen werden.
Die Flugroute war zudem geheim. Jemand hat uns aufgelauert. Und abgeschossen.“
Der Navy-Offizier sah zu Boden. „Also müssen es Menschen gewesen sein.“
„Das bedeutet, niemand wird uns suchen kommen“, japste der ältere Akarii. „Oder noch schlimmer, die Menschen, die uns abgeschossen haben, werden kommen um nachzusehen, ob jemand überlebt hat.“
Chun lächelte grimmig. „Wenn ich mich richtig erinnere, sind wir in einem Gebiet gelandet, dass sich Death Valley nennt. Eine karge Wüste ohne Ansiedlungen auf hundert Kilometer. Uns wird niemand suchen. Bevor wir eine menschliche Bastion erreichen, sind wir tot. Nein, sie werden uns nicht suchen. Sie wissen, dass wir sterben.
Aber ich denke nicht, dass sie damit gerechnet haben, dass jemand unverletzt bleibt.“
Gin Banto dachte nach. „Artan Hallas.“
„Archon?“ „Sie versuchen es. Nehmen Sie Commander Chun und brechen Sie auf. Gehen Sie Nachts, das schont Ihre Kräfte. Die Notfallausrüstung des Shuttles enthält zwanzig Liter Wasser und menschliche Nahrung für zehn Tage. Damit müssen Sie es schaffen.“
Ry Hallas schüttelte den Kopf. „Ich kann einen Menschen ein oder zwei Kilometer tragen und zwanzig stützen. Aber ich kann Sie nicht beide fort bringen.“
„Das war keine Bitte, Artan. Das war ein Befehl.“ Gin Banto lächelte nachsichtig. „Brechen Sie auf, sobald es dunkel ist.“
„Archon. Was wird mit Ihnen?“ „In dieser Situation bin ich Ihnen nur eine Last. Sie werden mich zurück lassen.“
„Das kann ich nicht akzeptieren. Gehen Sie alleine, Hallas. Ich bleibe und versorge den Archon, bis Sie zurück kommen.“
„Und was ist, wenn die Heckenschützen das Shuttle finden? Dann werden Sie sterben, Archon Chun.“
„Dieses Risiko nehme ich in Kauf“, erwiderte der Offizier trotzig. „Es gibt eine Notbewaffnung im Shuttle.“
„Sie sind unlogisch. Das nützt nicht gegen die Fernwaffen eines Jägers oder auch nur eines Shuttles.“
„Also gut, wir gehen. Wir lassen Ihnen Nahrung und Wasser für drei Tage zurück. Länger werden wir nicht brauchen, um die Zivilisation zu erreichen, Archon Banto.“
„Gut. Falls ich solange überlebe.“
Chun nickte. „Ry Hallas, wir müssen aus den Trümmern zwei Schienen und eine provisorische Krücke basteln. Außerdem müssen wir den Archon versorgen und es ihm so bequem wie möglich machen. Danach brechen wir auf.“
Ry Hallas nickte. „Ich habe meine Befehle.“
„So spricht ein wahrer Akarii“, sagte Ban Ginto leise. „Eine Bitte habe ich noch, entfernen Sie bitte die Toten aus dem Shuttle und begraben Sie sie, Ry Hallas. Der Geruch von Blut und Tod könnte Aasfresser anlocken, denen ich nicht gewachsen bin.“
„Gut mitgedacht“, kommentierte Chun leise. Er stemmte sich mit dem gesunden Bein hoch. „Fangen wir an, Hallas. Graben kann ich auch auf den Knien.“
Tyr Svenson
Der Schrecken der Herrscher

Der Bildschirm zeigte ein weiteres Mal ein wahres Meer von Menschen. Fahnen wurden geschwenkt, zumeist rote mit gelben Sternen, aber auch einige schwarze. Im Hintergrund waren Sprechchöre zu hören. Dann waren wieder lange Reihen von Sicherheitskräften zu sehen, mit Schlagstöcken und Schilden. Die Stimme der Nachrichtensprecherin verkündete im ruhigen Ton: „...gehen derweil die Proteste weiter. Allein in Peking demonstrierte wieder zahllose Menschen vor dem Hauptquartier der Federal Army. Die Schätzungen schwanken zwischen Hunderttausend und einer viertel Million. In zwei Tagen soll hier einer der großen Sternmärsche auf die wichtigsten Städte stattfinden, und die verantwortlichen Stellen gehen davon aus, daß die Zahl der Demonstranten um ein erhebliches größer sein wird.“ Dann wechselte das Bild und zeigte wieder das Studio. Die Frau, die ihren Mitmenschen die Neuigkeiten schmackhaft zu machen hatte, blickte direkt in die Kamera - den Zuschauern in die Augen: „Und in Paris bin ich jetzt verbunden mit Isabella Pavon, Generalsekretärin der IPKP und stellvertretende Sprecherin des ,Pariser Paktes‘“ Auf einer Hälfte des Bildschirms wurde jetzt ihre Gesprächspartnerin eingeblendet. Die Spanierin lächelte leicht, vielleicht ein Versuch, Vertrauen zu erwecken: „Guten Abend.“

„Mrs. Pavon, diese Proteste sind ja zum Gutteil auch Ihr Werk. Sehen Sie Ihre Bewegung - den Pariser Pakt - denn am Ziel?“ Die Generalsekretärin schüttelte entschieden den Kopf: „Nein, natürlich nicht. Es ist nicht unsere Absicht, unser Ziel, Aufsehen zu erregen. Wir wollen auch nicht die Polizeichefs der wichtigsten Großstädte in den Nervenzusammenbruch treiben. Es geht uns darum, eine Wende in einer Politik herbeizuführen, die ansonsten in die Katastrophe führen könnte.“
„Sie beziehen sich damit auf Ihre Forderung nach einem Ende der Kampfhandlungen. Ihnen ist doch sicher klar, daß viele Menschen Ihnen das als Verrat auslegen. Gerade jetzt, da Präsidentin Birmingham zu einer Verdopplung der Anstrengungen aufgefordert hat, sehen viele in Ihrer Haltung Defätismus.“
„Das ist mir durchaus klar. Diese Unterstellung ist natürlich unsinnig - wir wollen keine bedingungslose Kapitulation. Doch erachten wir es als töricht, im Kampf gegen einen Feind, der unsere Freiheit bedroht, diese Freiheit selber zu verschenken. Patriotismus ist nicht nur blinder Kadavergehorsam und Gefolgschaft - die gewählte Regierung hat vor allem die Interessen des Volkes zu wahren, und wenn sich ein immer größer werdender Teil dieses Volkes durch die Politik nicht vertreten fühlt, dann soll und muß er das öffentlich machen können. Aber es geht nicht um die Meinung einiger Fanatiker, die blinden Eifer mit Vaterlandsliebe verwechseln. Es geht darum, daß diese Regierung erkennen muß, daß es töricht ist, den einzigen Ausweg im Krieg zu suchen. Man muß sich bemühen, diesen Konflikt auf eine für alle akzeptable Art und Weise zu Ende zu führen. Es ist unbedingt nötig, diesen Versuch zu wagen. Er wird bei einem Gelingen Hunderttausenden oder gar Millionen das Leben retten.“
„Aber könnten nicht die Akarii darin ein Zeichen von Schwäche sehen? Könnte es nicht sein, daß Ihre Bestrebungen die vereinte Front der Menschen aufzubrechen droht und die Gesellschaft spaltet?“
„Das glaube ich nicht. Die Akarii sind ein Volk, daß Ehre schätzt. Ich denke, die Männer und Frauen an der Front haben dem Imperium bewiesen, daß die Menschen zu kämpfen verstehen. Aber es wäre fatal, jetzt eine Kampf-bis-zum-Endsieg Mentalität zu predigen. Die Akarii würden einen demütigenden Frieden nie akzeptieren, ebensowenig, wie wir uns unterwerfen würden. Wir müssen jetzt, da wir ihre Hoffnungen auf einen schnellen Sieg zerschlagen haben, einen Frieden anbieten, der es beiden Seiten erlaubt, ihr Gesicht zu wahren, anstatt einander in törichtem Stolz zu vernichten. Was die Einigkeit der Menschen angeht - wie weit geht diese denn? Ist es Einigkeit, wenn einige gewaltige Renditen einfahren, während anderen die Möglichkeit genommen wird, gerechte Löhne zu fordern? Ist er Einigkeit, wenn vielleicht alle SAGEN, daß sie hinter dem Krieg stehen, aber ein bestimmter Teil alle Entbehrungen trägt und seine Kinder in die Schlacht schickt, während der andere nur den Nutzen zieht? Wenn diese gewaltige Tragödie dazu genutzt wird, geschäftliche und politische Interessen durchzusetzen und Konkurrenten auszuschalten? Eine solche imaginäre Gemeinschaft ist wertlos.“

Die Sprecherin ließ sich keineswegs anmerken, wie sie zu den Ansichten ihrer Gesprächspartnerin stand. Dazu war sie viel zu professionell. „Mrs. Pavon, glauben Sie, Ihre Bewegung hat die Macht, diese Ziele durchzusetzen?“ Die Spanierin lächelte erneut: „Macht? Wir wollen niemandem drohen. Wir setzen vor allem darauf, daß die Regierung erkennt, daß es auch uns nur um das Beste für die Menschheit geht. Und das die Bevölkerung dies unterstützt. Wenn die Kreise in der Regierung, die nicht allein in militärischen Kategorien denken, sich nicht von den Militärs gängeln lassen, erkennen, daß sie die Unterstützung des Volkes haben, werden sie den Kurs revidieren. Das wäre kein Sieg für mich, kein Sieg für unsere Bewegung - es wäre ein Sieg für die ganze Bundesrepublik.“
„Nur noch eine Frage, Mrs. Pavon, mit einer Bitte um eine kurze Antwort: Ist Ihnen bekannt, daß Sie mit Ihren Auftritten zur Zielscheibe der Kritik geworden sind? Das Puppen von Ihnen und den anderen Leitern des Pariser Paktes öffentlich verbrannt wurden und es Drohungen gegen Sie gibt?“
Die Generalsekretärin nickte: „Durchaus. Ich habe in der Tat einige elektronische Morddrohungen bekommen. Ich habe jedoch für Menschen, deren einzige Antwort auf eine unbequeme Meinung in der Androhungen von Gewalt liegt, nur Mitleid übrig. Solche Personen haben das Prinzip der Demokratie nicht verstanden, und ich bezweifle, daß sie verstehen, daß man die Freiheit nicht dem Patriotismus opfern darf.“
Während das Gesicht der Spanierin ausgeblendet wurde, ertönte wieder die Stimme der Nachrichtensprecherin: „Zum Sport. Bei den…“

Die Generalsekretärin schaltete den Bildschirm aus, sichtlich mit sich selbst zufrieden. Das Gespräch, vor einigen Stunden zustande gekommen, war gerade noch einmal für die Abendnachrichten wiederholt worden. Sie machte sich natürlich wenig Hoffnung, daß es die eingefleischten Kritiker überzeugen würde, aber um die ging es auch nicht. Sie zielte vielmehr auf die eher passive Masse. Wenn diese dazu überging, die Forderungen des Pariser Paktes zumindest zu billigen, war schon viel erreicht. Trotz der inzwischen angelaufenen Gegenpropaganda war das Bündnis der Pazifisten bisher in der Lage gewesen, die meisten Angriffe zu kontern. Auf die letzten Interviews mit Rüstungsvertretern in den Nachrichten hatte man reagiert, indem süffisant die Namen der höheren Führungskräfte genannt wurden, die Angehörige in den Streitkräften hatten. Es waren nicht viele gewesen, wesentlich weniger als im niederen Management und bei den Arbeitern. Verbunden mit der Erinnerung, daß diesen Arbeitern die Möglichkeit genommen werden sollte, für eine Verbesserung ihre Lage einzutreten und daß sie nicht von den hohen Umsätzen profitieren, war damit den patriotischen Beteuerungen etwas die Spitze genommen worden.

Morgen würde sie nach Berlin fliegen. Dort, in der Stadt, in der auch das Haus der Republik zu finden war, würde sie zu den Demonstranten sprechen, die aus dem ganzen ehemaligen deutschen Staatsgebiet und einigen Nachbarstaaten kamen. In zahllosen anderen Zentralen, besonders aber in Peking und New York, würde es ähnliche Demonstrationszüge geben. Und sie würde zu allen sprechen, live oder über große Bildwände. Sie lächelte bei dem Gedanken. Ein so großes Publikum hatte ihr gewiß noch nie so aufmerksam zugehört. Sie gestand sich selber ein, daß dies ihrer Eitelkeit schmeichelte. Endlich fand sie in dem Maße Gehör, in dem die Gedanken, die sie vertrat, es eigentlich verdienten. Und dann würde man sie auch im Parlament nicht einfach unter ferner liefen abtun können, wie bisher. Dann würden die Demokraten und Republikaner, selbstgerecht und träge geworden in den langen Jahren an der Macht, die sie immer nur mit der jeweils anderen Partei teilen mußten, sie und ihre Bewegung zur Kenntnis nehmen müssen.
Sicher, es war nicht ihr alleiniger Triumph - ohne die Hilfe der ganzen anderen Friedensgruppen hätte sie nie so weit kommen können. Sie hatte auch vor, den Pakt, den sie mit ihnen eingegangen war, getreulich zu erfüllen, schließlich deckte er sich mit der Parteilinie. Aber sie würde aus diesen Tagen politische Pfunde erwirtschaften, mit denen sie auch in kommenden Zeiten wuchern konnte. Und darauf kam es natürlich auch an.

Auch Admiral Kimoto und Andreas Ziegler würden sprechen. Sie waren fast eben so wichtig wie Isabella, denn durch sie kamen die gemäßigten und, wie Isabella es spöttisch nannte, rationalpatriotischen Kräfte und die Friedensaktivisten der Grenzwelten zu Worte. Und das würde ebenfalls viele Leute ins Boot holen, die sonst draußen geblieben wären. Alles in allem, sie konnte zufrieden sein. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, daß es schon spät war - und sie mußte morgen früh aufstehen. Mit einem beruhigenden Gefühl, ihre Sache bisher gut gemacht zu haben, ging sie zu Bett. Sie schlief so ruhig und fest, wie es angeblich nur ein Mensch mit einem reinen Gewissen fertigbrachte, ohne sich darum zu kümmern, daß sechzig Prozent der Medien ihr ein solches absprachen.

Am nächsten Morgen war sie schon früh auf den Beinen, und nachdem ein paar letzte Anrufe erledigt worden waren, machte sie sich auf den Weg. Als Vollzeitpolitikerin war sie an ein Nomadenleben gewöhnt und reiste stets mit leichtem Gepäck. Ihre Lebensweise hatte sie davor bewahrt, irgendwo feste Wurzeln zu schlagen - ebenso hatte sie auch darauf verzichtet, eine längerfristige Beziehung einzugehen. Die Arbeit nahm sie vollkommen in Anspruch. Die Spanierin verzichtete wie stets demonstrativ darauf, sich mit einem umfangreichen Stab an Begleitern zu umgeben - Nähe zum einfachen Volke war ein Rezept, mit dem die IPKP auch im 27. Jahrhundert ankam. Nun, zumindest der Anschein von Nähe. Sie mutmaßte, daß man ihr ein Begleitteam mitgeschickt hatte, aber sie verzichtete darauf, sich nach eventuellen „Schatten“ umzuschauen. Seit die Kampagne gegen den Krieg in ihre heiße Phase getreten war, wurde sie ständig von ein paar Reportern beschattet, meist von Leuten weniger wichtiger Medien. An derartige Aufmerksamkeiten war sie inzwischen gewohnt, und die üblichen Klatsch- und Tratschgeschichten empörten sie kaum noch. Manchmal gab die „Yellow Press“ Dinge zum besten, die schon so unsinnig waren, das es direkt erheiternd wirkte. Etwa das Gerücht, sie würde für die Akarii arbeiten, geködert mit dem Posten der Verwalterin für die besetzten Erdgebiete, nach dem Endsieg des Imperiums. Oder, daß man ihr einen hohen imperialen Orden verliehen hätte. Nun, diese meist eher mittelmäßigen Schmierfinken mußten wohl auch ihr Geld verdienen, und sie mußte mit dieser Begleiterscheinung eines gewissen „Popularität“ leben. ,Allerdings‘, dachte sie mit einer gewissen Selbstgefälligkeit: ,wird sich das morgen vielleicht ändern. Dann werde ich vielleicht mit vernünftigen Spitzeln zu tun haben.‘ Sie lachte leise bei dem Gedanken - im Grunde waren natürlich alle Journalisten gleich. Für eine Story waren sie bereit, einen Menschen zugrunde zu richten, und zuckten dabei nicht mit der Wimper. Eine Eigenschaft, die sie sich selber nur zu oft zunutze gemacht hatte.
Und sie war bereit, eine Wette darauf einzugehen, daß auch der Geheimdienst sie observierte. Nun, sollten sie doch...

Am Pariser Hauptbahnhof stellte sie ihr Fahrzeug ab. Sie begab sich zu den Rolltreppen, die zu den gewaltigen Bahnsteigen führten. Durch diese Schleusen liefen die Menschenmassen aus aller Herren Länder, die Tag für Tag diese Station passierten. Einst war Paris ein Zentrum gewesen, aber wie so viele alte Hauptstädte hatte die Stadt an Bedeutung verloren. Allerdings hoffte sie, daß die alte Bedeutung als Hauptstadt der Revolutionen noch immer nachwirkte. Es wäre gut, wenn dies als gutes Omen wirken würde. Von dieser Stadt aus war die Welt mehr als einmal verändert worden, und nicht weniger strebten sie und die anderen Mitglieder des Führungsstabes des Pariser Paktes an.

Es entging Isabella Pavon durchaus nicht, daß sie nicht so unbemerkt und allein war, wie es auf den ersten Blick schien. Drei ihrer „Schatten“ - Reporter weniger wichtiger Magazine - hatte sie ohne Probleme identifiziert. Was ihre geheime Leibgarde anging - nun, auch dafür gab es mögliche Kandidaten, doch hielten sich die Personenschützer, wenn sie denn da waren, im Hintergrund. Und zum Geheimdienst konnte jeder gehören, wenn der sie für wichtig genug hielt, um beschattet zu werden. Außerdem erkannten sie einige der normalen Reisenden, die den Bahnsteig in dichtgedrängt bevölkerten, was Reaktionen zwischen Bewunderung und offener Verachtung hervorrief.
An den Gleisen angekommen, überzeugte die Spanierin sich, daß sie nicht mehr lange zu warten hatte. Sie hatte die Rede entworfen und zu Papier gebracht, die sie am nächsten Tag halten würde. Natürlich würde sie frei sprechen, aber so konnte sie alles in Berlin noch einmal durchgehen. Nach einem Treffen mit den Genossen und den Vertretern der anderen Gruppen. So viel Arbeit und so wenig Zeit...

Sie würde später nie genau sagen können, was es gewesen war, das ihre Aufmerksamkeit geweckt hatte. Obwohl sich die Ereignisse in ihr Gedächtnis einbrennen würden, konnte sie sich später nicht mehr daran erinnern. Vielleicht war es ein überraschter Blick eines der Menschen neben ihr, voller Unverständnis. Oder sie selber hatte aus den Augenwinkeln eine Bewegung erspäht. Vielleicht war es auch einfach nur eine jener geheimnisvollen Vorahnungen, die Menschen manchmal überfielen.
Was es auch war, es brachte sie dazu, ihren Blick von der Zeitangabe abzuwenden und sich halb zur Seite zu drehen. Und in dem Augenblick sah sie ihn.
Der Mann wirkte nicht besonders auffällig - er war weder besonders groß, noch wies sein Gesicht von Natur eine Besonderheit auf. Er war eher konservativ gekleidet, beinahe unauffällig. Anders als sie selbst und viele der Reisenden trug er keine Tasche bei sich. Nichts war an ihm ungewöhnlich. Er konnte ein Geschäftsmann sein, oder sonst etwas, durch nichts von all den anderen verschieden.
Doch sein Gesichtsausdruck war eindeutig. In seinen Augen brannte ein solcher Haß, wie ihn Isabella Pavon bisher noch nie gesehen hatte - und der Umgang mit ihr nicht wohl gesonnenen Menschen war nichts ungewöhnliches für sie. Doch dieser Mann war nicht einfach ein politischer Gegner, oder jemand, der sie aus prinzipiellen Gründen ablehnte - er HASSTE sie, soviel war deutlich zu sehen.
Und während sie noch darüber nachdachte, was das wohl bedeuten könnte, was der Grund dafür seien mochte, sah sie, wie er in seine Jacke griff, und eine Pistole zog.

Die Zeit schien beinahe stillzustehen. Langsam kam die Waffe nach oben - wuchtig, schwarz, todbringend. Auf den Gesichtern der umstehenden Menschen malte sich etwas wie Überraschung, Verwunderung - für Angst war einfach nicht genügend Zeit. Ein erster Schrei schien zitternd in der Luft zu hängen. Die Waffe richtete sich auf ihre Brust - keine zwei Schritte von ihr entfernt. Fast entrückt dachte sie daran, daß er entweder ein schlechter Schütze seien mußte, oder die Menschenmenge hatte ihn dazu veranlaßt, keinen unsicheren Schuß auf große Entfernung zu riskieren, der vielleicht jemanden anderes traf. Ein Mann, der sorgfältig überlegte, was er tat.
Sie war sich nicht dessen bewußt, daß sie selber überhaupt etwas tat. Zum Schreien, zum Wegrennen fehlte ihr einfach die Zeit - sie handelte rein instinktiv.
Im selben Augenblick, da die Waffe fauchend einen Energieblitz ausspuckte, krachte ihre leichte Reisetasche gegen den Arm mit der Pistole. Die Hand des Schützen wurde zur Seite gerissen, und Überraschung ersetzte für einen Augenblick den haßerfüllten Gesichtsausdruck.
Sie spürte einen schwachen Stoß, nicht einmal besonders kräftig - so als hätte sie jemand angerempelt. Da war kein Schmerz, kein Brennen, nichts - und doch fand sie sich auf dem Fußboden wieder. Ihre Beine schienen sie nicht mehr tragen zu können. Irritiert spürte sie etwas Feuchtes, das ihren Bauch herunter lief, spürte den Geruch von etwas Verbranntem. Nichts davon schien sie wirklich zu betreffen.
Jetzt gellten weitere Schreie auf, ringsum drehten die ersten Menschen sich um, um zu fliehen, aber auch das nahm sie nur am Rande wahr. Ihre ganze Aufmerksamkeit war auf den Schützen gerichtet, der sich gerade wieder gefangen hatte. Fast teilnahmslos registrierte sie, daß sie den Arm nicht heben konnte. Diesmal konnte sie ihn nicht aufhalten. Die Waffe bewegte sich schwankend, richtete sich genau auf ihr Gesicht.

Es gab keinen Laut, denn in dem Schreien der Menschen - viele von ihnen wußten überhaupt nicht, warum sie schrien oder wovor sie flohen, doch Angst und Panik waren wie immer ansteckend - übertönten das leise Knistern. Es war auch nicht viel zu sehen. Die schußbereite Pistole erstarrte - dann sackte die Hand mit der Waffe herab. Das Gesicht, das so voller Haß gewesen war, die funkelnden Augen, all das war auf einmal nicht mehr als verbranntes, totes Fleisch. Auch der Brustbereich des Schützen war von einem Augenblick auf den anderen eine einzige Wunde.
In dem Augenblick, in dem der Körper des Attentäters auf dem Boden aufschlug, waren kaum 30 Sekunden vergangen, seit Isabella Pavon sich umgedreht hatte.

Auf einmal waren sie um sie - fast ein halbes Dutzend Männer und Frauen in unauffälliger Kleidung, die Laserpistolen immer noch in den Händen, bereit, auf jeden weiteren Angreifer sofort zu reagieren. Während einige sich um die Frau am Boden bemühten, jagte ein anderer, vielleicht aus Wut oder irrationaler Vorsicht, noch zwei Schüsse in den leblosen Körper des Unbekannten. Die andere sicherten den Ort des Vorfalls.
Ringsum brach endgültig Panik aus, die Menschen stürzten zu den Ausgängen, schreiend, fluchend - und dabei in ihrer Hast fast gefährlicher als der Schütze.
Isabella lag. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, wie das gekommen war, und sie spürte immer noch keinen Schmerz. Aber die Gesichter der Männer und Frauen um sie waren ernst. Jemand redete beruhigend auf sie ein, doch sie hörte ihn nicht einmal. ,Merkwürdig.‘ dachte sie: ,Es muß schlimm um mich stehen, aber warum fühle ich nichts?‘ Scheinbar Banales erschien ihr weitaus deutlicher, als ihr eigener Zustand. Sie sah, wie einer der Wachmänner einen Fotographen die Kamera aus der Hand riß, der nichts besseres zu tun hatte, als ein Bild von der Generalsekretärin zu schießen. Von irgendwo waren Sirenen zu hören, eine Kakophonie von Lauten und Stimmen, die sie einhüllte. Sie spürte, wie sich ihr Gesichtsfeld langsam verändert, die Farben verblaßten. Und noch immer fühlte sie nichts. Mühsam brachte sie ihre Hand dazu, den Mann zu berühren, der neben ihr kniete. Da war etwas, etwas wichtiges. Sie würde ihre große Rede versäumen. Wie ärgerlich, sie hatte sich doch so auf diesen Tag vorbereitet, ihre große Chance. Und jetzt würde nichts daraus werden. Aber dann...
Sie brachte mühsam die Worte hervor und wunderte sich, warum es ihr so schwer fiel, zu sprechen: „Sagen Sie...Kimoto...die Rede...“ Ihre Stimme versagte.
In dem Augenblick, in dem die ersten Sanitäter den Ort des Geschehens erreichten, fiel Isabella Pavon in Ohnmacht. Seitdem sie den unbekannten Mann das erste Mal gesehen hatte, waren genau drei Minuten und fünfundvierzig Sekunden vergangen.

***

Tags darauf, Peking

Die Menschenmenge füllte den ganzen Platz und vermutlich auch viele der Seitenstraßen. Admiral a. D. Omura Kimoto mußte sich selber eingestehen, daß er nicht mit so vielen Leuten gerechnet hätte. Andererseits, Optimismus war etwas, was er sich in seinen lange Jahren in der Flotte gründlich abgewöhnt hatte. Eigentlich hätte er eher in New York, vor dem Flottenhauptquartier, sprechen sollen, aber jetzt war alles anders gekommen. Außerdem - hier hatte er das größte Publikum. Und ob sich die Menschen vor dem Armeehauptquartier oder beim Flottenkommando stauten, die Botschaft blieb die selbe. Offenbar hatten die kommunistischen Parteien, die in einigen asiatischen Ländern wie China, Vietnam und Laos immer noch über einen gewissen Rückhalt verfügten, jeden Mann und jede Frau auf die Beine gebracht. Sie hätten auch sonst vermutlich die Parteilinie getreulich befolgt, doch die letzten Ereignisse hatten daraus eine Grundsatzfrage gemacht.
Fühlte er Zorn? Nun, er und die Generalsekretärin waren nicht direkt befreundet - dazu entstammten sie zu unterschiedlichen Kulturen, Parteien und Generationen. Aber er respektierte sie als Verbündete, und der Anschlag erfüllte ihn mit Wut. Wenigstens hatte der Attentäter den letzten Rest Ehre aufgebracht, sein eigenes Leben zu opfern - wenn er so weit gedacht hatte. Eine Flucht, ein Überleben war bei diesem Vorgehen nahezu unmöglich gewesen, und vielleicht hatte er das gewußt.
Omura hatte für Pavons politisches Lager nie besondere Sympathien oder Antipathien empfunden, aber er wußte eine gute Organisationsleistung zu schätzen. Heute freilich waren auch viele andere Menschen auf der Straße - oft ohne Recht zu wissen, warum.

Er räusperte sich. Es war ihm durchaus klar, wieviel jetzt von ihm abhing. Und wie nervös zahllose Augen auf ihn gerichtet waren. Die falschen Worte, und es mochte leicht sein, daß sich aus den bisher friedlichen Demonstrationen Straßenschlachten entwickelten. Glücklicherweise schien bisher alles auf einen Einzeltäter hinzudeuten - aber Verdächtigungen gegen die Regierung, den Geheimdienst, die Konzerne oder die Colonial Conföderation gediehen in solchen Zeiten prächtig. Nun, er konnte nur das beste daraus machen.

„Mitbürger! Sie alle wissen, warum ich vor Ihnen stehe. Ich stehe hier im Namen einer Sache, der wir uns alle verpflichtet haben - dem Frieden. Wir haben geschworen, dafür einzutreten, was immer auch geschieht.
Sie alle wissen, nicht ich sollte jetzt zu Ihnen sprechen. Die Frau, die sich unermüdlich dafür einsetzte, die ohne Pause für den Frieden arbeitete - sie ist heute nicht hier.
Isabella Pavon wurde um ein Haar Opfer eines Mordanschlages. In diesem Augenblick ringt sie noch mit dem Tode. Einige werden meinen, es wäre respektlos, daß ich hier an ihrer Stelle spreche. Doch ich meine, sie hätte es nicht anders gewünscht - denn mir geht es ebenso wie ihr um das, was uns allen heilig ist. Frieden. Dem galten ihre letzten Worte, bevor sie das Bewußtsein verlor.
Deshalb will ich versuchen, sie hier würdig zu vertreten, so gut ich es vermag, um ihren Mut, ihren Einsatz zu würdigen.
In dieser Stunde des Zorns bitte ich Sie aber auch, die Ruhe zu bewahren. Der Täter ist aller Gerechtigkeit entzogen und hat seine Tat gesühnt. Für jene, die mit heimlichen Verständnis oder Nachsicht an seine abscheuliche Tat denken - und ich weiß, es gibt solche Menschen - habe ich wie Ihr alle nur Verachtung übrig. Ihr Haß ist nicht mehr als Zeichen ihrer Hilflosigkeit.“

Der Admiral betrachtete die wenigen Blätter Papier. Isabella Pavons Rede - vielleicht ihr Vermächtnis. Er hoffte es nicht, aber sie würde selbst unter glücklichen Umständen lange brauchen, sich zu erholen. Dann, mit klarer Stimme, begann er die Rede, die sie für ihren großen Tag verfaßt hatte.
„Meine Mitbürger. Sie alle wissen, wie ernst die Stunde ist...“
Tyr Svenson
Lucas stieg aus dem Transrapid. Schon auf dem Bahnsteig bekam er die stickige Hitze zu spüren. Zügig strebte er dem Ausgänge entgegen, durchlief die beiden Kontrollen problemlos. Während Waco den Sprungatrieb der COLUMBIA testete wollte Lucas sich etwas um sein Geschwader kümmern. Es türmte sich bestimmt schon die Arbeit.
Als er aus dem Bahnhof kam erwischte ihn die knallende Sonne. Es war ein Schock für ihn, der die konstanten 21,5 Grad Celsius eines Raumschiffes gewöhnt war.
Kurz wankte er und griff nach dem Treppengeländer. Schon perlte schweiß auf seiner Stirn und unter den Achselhöhlen wurde es feucht. Bald würde sich auch auf dem Rücken seines khakifarbenen Uniformhemdes ein Schweißfleck befinden.
Als er sich wieder gefangen hatte setzte er die Sonnenbrille auf und schnappte sich seinen Pilotenkoffer. Menschen sind nicht für das Leben auf Planeten geschaffen.

Ihm kam ein Lieutenant entgegen, der zu Lucas Missfallen, viel weniger verschwitzt aussah als er es von rechts wegen sein müsste.
"Commander Cunningham? Cliff Anderson, ich soll Sie zum Stützpunkt bringen." Er schob sich ein Kaugummi in den Mund und nahm Lucas den Pilotenkoffer ab.
Und obwohl Lucas schören könnte, dass sowohl er selbst als auch dieser Anderson Europäer waren, hatten beide eine völlig unterschiedliche Hautfarbe.
"Ich diene in Commander Burrs Goldener Schwadron, mein Callsign ist Andi, ich weiß nicht sehr intelligent, aber meine Generation an Markham Fields hat nicht wirklich durch Originalität geglänzt."
Noch während er den Schwall Worte ohne einmal Luft zu holen herausbrachte, jagte sie mit dem Gravjeep los.
"Konzentrieren Sie sich bitte aufs Fahren Lieutenant."
Anderson klappte zuerst den Mund auf, dann wieder zu: "Aye, Sir."

Auf der Straße zum Stützpunkt donnerten vier Phantome in V-Vormation über sie hinweg.
"Sieht aus, als ob Radio wieder mal ne Sonderschicht einlegt", bemerkte Anderson, was ihm einen zweifelnden Blick von Cunningham einbrachte.
Am Tor der Basis waren die Sicherheitsvorkehrungen um einiges lascher als am Bahnhof und sie kamen schnell durch.
Im halsbrecherischem Stil jagte Anderson über den Stützpunkt und hielt vor dem Hauptverwaltungskomplex.

Dort wartete schon Darkness, der auch recht wenig schwitzte und eine ähnliche Bräune hatte wie Anderson.
Lucas nahm seinen Koffer: "Sie können abtreten, Anderson."
"Yessir."
Darkness wartete bis der Lieutenant verschwunden war und erlaubte dann, dass sich ein kleines feines Lächeln auf seine Züge stahl: "Hallo, Luke."
Die beiden begrüßten sich mit kräftigem Handschlag.
"Okay Jus, lass mich in den Schatten und dann hätte ich gerne in 30 Minuten eine Stabsbesprechung."
"Das wird nicht gehen, Sam Lundeen der hiesige Chef will Dich ASAP sehen."
Lucas warf ihm einen fragenden Blick zu: "Gab es Probleme?" Sein Tonfall implizierte, dass er ein 'Nein' hören wollte.
"Oh ja, einigen der Damen und Herren ist der Krieg nicht bekommen. Wenigstens habe ich Radio jetzt, so weit, dass er Einsatz bei der Führung einer Staffel zeigt."
"Da kommen wir zu Punkt 1. Wieso, wieso um alles in der Welt hast Du mir diesen Schmalspursoldaten als XO für die Rote Schwadron gegeben? Was habe ich Dir getan?"
Darkness grinste: "Ich hatte eigentlich gedacht, dass er sich so am ehesten entwickelt. Auf einem ihm bekannten Jäger, unter einem ihm bekannten Anführer."
Lucas seufzte: "Dann will ich Commander oder Captain Lundeen nicht länger warten lassen."
"Captain", merkte Darkness an.


Als Lucas das Büro von Lundeen betrat erhob sich dieser und reichte seinem Gast die Hand: "Willkommen in Fightertown USA, Samual Lundeen, aber nennen Sie mich Sam, darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?"
"Lucas, angenehm, ein Glas Wasser bitte, bei dieser Hitze würde ich wohl keinen Kaffee runterbekommen."
Lundeen lachte auf: "Kaffee ist bei der Hitze das Beste, was man trinken kann. Ehrlich."
"Ich bleibe lieber beim Wasser."
Der Captain zuckte die Schultern und schenkte Lucas ein Glas Mineralwasser ein während er sich selbst einen Kaffee nahm.
"Ganz ehrlich, ich bin froh, wenn Ihre Bande wieder weg ist", begann Lundeen als er sich wieder setzte.
"Wie darf ich das bitte verstehen?"
"Nun, einer Ihrer Jetjockeys hat einen Überflug gemacht und dabei eine Siegesrolle vor dem Tower vollführt."
Lucas verzog schmerzhaft das Gesicht.
"Das dachte ich auch. Vier Maschinen mussten abgewunken werden beziehungsweise den Start abbrechen. Die Jungs und Mädels von der Flugsicherung sind Amok gelaufen."
"Kann ich mir gut vorstellen, wissen Sie wie er bestraft wurde?"
"Oh ja, dieser Mr. Long war da recht kreativ." Lundeen stockte kurz als sein Gast die Augen verdrehte. "Er steckte den Piloten, Harvey Jones, für 10 Tage in die Flugsicherung, heute ist sein letzter Tag."
"Naja, wenigstens eine vernünftige Strafe."
"Das denke ich auch", stimmte Lundeen zu, "kennen Sie diesen Jones?"
Lucas verneinte.
"Ich bin mal mit ihm zusammen in einem Geschwader geflogen. Ein recht seltsamer Typ. Sie werden wohl noch Schwierigkeiten mit ihm haben, aber ich möchte Ihnen raten, ihm zumindest zuzuhören, wenn er was sagt."
"Also für mich klingt das eher so als wäre unser Mr. Jones doch etwas zu heiß gebadet, aber wenn Sie meinen."
"Da wäre noch eine Sache, dieser Cartmell, ich habe mir seine Akte besorgt, nachdem ich von der Sache hörte. Sie haben mit ihm gedient."
"Ja, Sir." Lucas versteifte sich merklich.
"Glauben Sie das er der Black Bukanier war?"
"Ich ... ähm, also das Gericht hat festgestellt, dass er nicht der Black Bukanier ist."
"Das habe ich nicht gefragt Lucas." Lundeen stützte sein Kinn auf die rechte Faust auf und blickte Lucas direkt ins Gesicht.
Der Kommandant der Angry Angles rutschte unruhig im Stuhl hin und her, räusperte sich: "Nun, ich kannte Cartmell noch nicht sehr lange, als er abgeschossen wurde, ich traue mir nicht zu, in der Sache ein Urteil zu fällen. Ich jedenfalls werde mit ihm im Geschwader leben müssen." Es sei denn die Akarii nehmen mir diese Sorge ab.
"Schlimme Sache", Lundeen zog eine Grimasse, "und wie sieht es da draußen aus?"
"Wie ich die Sache sehe, ziehen die Leute aus den Infos die es über Jollarahn gibt den Schluss, dass es endlich bergauf geht."
Die beiden Geschwaderkommandanten redeten noch eine Weile über den Krieg und dessen Verlauf. Diskutierten einige Taktiken der Akarii und wie man am besten dagegen vorging.
Das Gespräch mit Lundeen sorgte schließlich dafür, dass er wie üblich zu der
Geschwaderbesprechung zu spät kam.
Tyr Svenson
"Pünktlichkeit hat er immer noch nicht gelernt", maulte Raven. Die große Blondine flegelte sich im Sessel direkt vor der Tür.
"Ach das ist seine übliche Art?", fragte Professor Jefferson.
"Ja, das gehört zu ihm wie der Bostoner Akzent", bestätigte Darkness, der in der Runde der Staffelkommandanten etwas auftaute.
Neben den dreien waren ebenfalls die anderen Staffelführer da, Huntres und Lightning die Kommandantinnen der beiden Thyphoon Staffeln, Thunder die von Martell die Griphens geerbt hatte und Radio, der in dieser Runde durch unsicheres Schweigen auffiel, für die Phantome.
Der achte Lieutenant Commander fehlte, wobei keiner wusste, ob es überhaupt eine Nummer 8 gab.
"Ja, eine seiner vielen kleinen Schwächen", maulte Lightning und gähnte Darkness schoss ihr einen giftigen Blick zu.
"Jemand hätte Karten mitbringen sollen." Auch Huntress schien gähnen zu wollen.

Die gesamte Versammlung zuckte zusammen als die Tür energisch geöffnet wurde.
"Guten Tag meine Damen und Herren." Begrüßte Lucas seine Staffelkommandanten. "Ich soll Ihnen Grüße von Murphy ausrichten, er erwartet uns auf der COLUMBIA, aber ich bin sicher, das ein oder andere Gerücht hat sich auch hierhin den Weg gebahnt." Sein Blick streifte Radio.
"Nun, die meisten von Ihnen kenne ich ja bereits", er blickte Jefferson an, "Sie jedoch, Sie müssen Commander David Jefferson sein, Callsign Professor, ungewöhnlich."
"Meine Jungs von der BSF haben mir das Callsign verpasst, nachdem ich als Professor an die Haggertey University of Science auf New Bosten berufen wurde."
"Oh, ein echter Gelehrter." Lucas durchblätterte die Notizen, die Darkness ihm bereit gelegt hatte und verglich die beiden Bombergeschwader, in allen Disziplinen übertrafen Ravens Leute den Professor und die seinigen, außer im Bombenabwurf. Lucas musterte beide kurz.
"Na, los Lone Wolf sagen Sie es schon, der Bombenabwurf", fuhr Raven auf.
"Reine Mathematik, junge Dame", stichelte Professor.
"Glück", schoss sie zurück.

Lucas ging die Kurzfassung des Leistungsberichtes durch, an erster Stelle stand Huntress blaue Schwadron, danach folgte Darkness mit der schwarzen Schwadron, das Schlusslicht bildeten die Phantome, die rote Schwadron.
"Dann wäre da noch die Sache mit diesen vier Piloten, die eines Morgens doch recht ramponiert aussahen." Lucas blickte in die Runde.
"Okha und Kali erzählen, sie seihen die Treppe runtergefallen", meinte Radio
"Aber natürlich", Cuningham schüttelte den Kopf, "in Ordnung Sie können Ihren Jungs und Mädels ausrichten, dass wir auf die COLUMBIA kommen und dass sie das Wochenende Ausgang haben, mit Ausnahme unser vier Aspiranten, Okha, Kano, Cartmell und ähm, dieser Tyr, Einar Haugland."
"Hören Sie Lone Wolf", warf Lightning ein, "alle vier sehen aus wie durch den Wolf gedreht, aber wir wissen nicht was genau gelaufen ist, währ das nicht unfair und unbegründet?"
"Lightning, wir sind beim Militär, wir müssen nicht fair sein. Die vier haben irgendein Ding gedreht und wir machen Ihnen deutlich, dass sie das nächste mal nicht so glimpflich davon kommen."
"Aye Sir." Lightning schnitt eine Grimasse.

Danach ging Lucas die einzelnen Ausbildungsstandards der Staffeln durch.
Schließlich entließ er seine Staffelführer nach knapp zwei Stunden hin und her, bis auf einen.
"Radio. Hätten Sie noch einen Augenblick?"
Radio machte ein Gesicht als hätte er in eine Zitrone gebissen: "Aye, Sir."
Nach dem Darkness die Tür hinter sich geschlossen hatte warf Lucas den Stapel Papiere, den er in der Hand hielt auf den Konferenztisch.
"Okay um es auf den Punkt zu bringen:", begann Lucas, "Der Ausbildungsstand der Roten Schwadron ist immer noch miserabel. Das wird sich ändern."
"Aye Sir, ich..."
"Jetzt hören Sie mir gut zu Freundchen", unterbrach ihn Lucas barsch, "ich nagel Ihren Arsch an die Wand, wenn das so weiter geht. Ich nehme den letzten Haufen von Karriere, den Sie noch besitzen und spüle ihn das Klo runter. Wenn ich mit Ihnen fertig bin werden Sie in dieser Navy nicht mal mehr im Vorzimmer eines Captains Kaffee kochen. Haben wir uns verstanden?"
"Freundchen, hä? Ich werd Ihnen mal was sagen: Mein Vater ist Vizeadmiral und befehligt die INTREPID-Trägergruppe, mein ältester Bruder kommandiert einen Zerstörer. Mein Großvater väterlicher seits war Planungschef im Admiralstab, bevor er Stab. Mein anderer Großvater spielt an den Wochenenden mit Nathan Frost Golf. Das meine Mutter es 'nur' bis zum Commander gebracht hat, liegt daran, dass sie nebenbei noch fünf Kinder groß gezogen hat. Glauben Sie, wenn ich in diesem Affenstall Karriere machen wollte, dann würden SIE da ganz sicher kein Wort bei zu sagen haben, Sir."
Lucas stand wie vom Blitz erschlagen da und blickte sein Gegenüber sprachlos an. Er musste zweimal schlucken um sich zu fangen und einen Wutanfall niederzuringen. Er musste es anders versuchen.
"Thomas Andrews, Wolf Welte, Cliff Davis und Kevin Bowen, diese Namen sagen Ihnen doch sicherlich was." Lucas legte die Hände auf den Rücken und ging kurz auf und ab. "Sie alle sind tot. Sie waren gut ausgebildet, und kannten das Team in dem sie kämpften. Es war ein eingespieltes Team und niemand trägt die Schuld an ihrem Tod."
Er deutete aus dem Fenster: "Aber bei den Jungs und Mädels da draußen wird es anders sein. Und einigen von Ihnen werden nicht zurück kommen, wie wollen Sie dann da stehen? In dem Bewusstsein, keine Schuld am Tod Ihrer Kammeraden gehabt zu haben oder in der Sicherheit, das bestmögliche gamcht zu haben, dass diese Männer und Frauen überleben?"
"Fuck, natürlich will ich nicht das einer stirbt, was meinen Sie, warum ich das alles so hasse. Himmel, warum Suchen Sie sich nicht einen, der es besser kann?" Radio ging nervös auf und ab und fuhr sich mit der rechten durch die Haare.
"Die Navy hat Ihnen einen Job gegeben und nun führen Sie ihn gefälligst nach besten Kräften aus Matrose."
"Sparen Sie sich den Scheiß!"
"Abtreten Commander", entließ ihn Lucas.

***

Radio war wütend und verzweifelt. Was dachte sich die Navy bloß ihm diesen Haufen anzuvertrauen und wie konnte dieses bornierte Arschloch ihm den Tod von Pinpoint unter die Nase reiben. Tom Andrews, den einzigen, den er nicht nur Kameraden und Freund, sondern auch Waffenbruder nennen würde.
Mühsam kämpfte er die Tränen nieder, die ihm in die Augen zu rinnen drohten: "Gott verflucht, ich will nicht für das Sterben verantwortlich sein."
Eine der vorbeikommenden Bürokräfte guckte ihn verwundert an.
Er sandte ihr einen bösen Blick und straffte sich. Er verließ das Hauptquartier und machte sich zum einem der öffentlichen Telefone auf dem Stützpunkt auf.
"Wen wünschen Sie zu sprechen?" fragte eine freundliche Frauenstimme von der Vermittlung.
"Commander George Jamison Long, Lunapolis."
"Ich verbinde Sie."
"Danke." Antwortete Radio, doch er hörte schon das erste Zeichen, dass es am anderen Ende klingelte.
Es klingelte vierzehn oder fünfzehn mal, ehe jemand abhob.

Radio grinste seinen Bruder, den jüngsten seiner drei älteren Brüder und Zwilling seiner einzigen Schwester, frech an: "Hallo Brüderchen."
"Du? Gott Curtis, weißt Du wie spät es hier auf Luna ist?"
Radio zuckte die Schultern: "Sieh es mal so, sonst hättest Du eh verpennt."
"ICH HABE ... ich habe noch nie verpennt."
"Anderes Thema", würgte Radio ab, "Du warst doch mal mit so ner Braut aus der Auswertung für GunCams zusammen oder?"
George hielt seine rechte Hand in die Kamera und deutete auf seinen Ehering: "Ich habe sie vor zwei Jahren geheiratet, Du hattest damals auch ne Einladung erhalten."
"Oh, ähm, ja, Du weißt schon, musste Dienst schieben, groß Karriere machen ..."
Sein Bruder schüttelte den Kopf: "Du und Karriere, Du saßt doch bestimmt ... Moment, zeig mal Deinen Kragen, was glitzert denn da so golden?"
Radio drehte schnell die linke Schulter weg und legte auf das andere Rangabzeichen eine Hand: "Ähm, also die GunCam ..."
"Seh ich da etwas goldenes Eichenlaub glitzern?" Sein Bruder lachte auf. "Weiß Dad schon davon?"
"Nein, und Du hältst gefälligst die Klappe. So und nun hör zu: Ich brauche GunCam-Aufzeichnungen des Trägergeschwaders der TRS REDEMPTION CV 18, nach Möglichkeit viele Abschüsse unserer eigenen Maschinen."
"Du wirst mir auch erzählen, wozu Du das brauchst?" Sein Bruder klang besorgt.
"Ich muss hier ne Staffel kampfbereit bekommen - Du und ich wissen, dass ich dazu ungeeignet bin - dennoch muss ich das tun und ich will ihnen etwas Anschauungsmaterial vorspielen, dass sie wachrüttelt." Und mich hoffentlich auch, fügte er in Gedanken hinzu.
"In Ordnung, ich werde Sie fragen und es Dir zusenden lassen, wo steckst Du zurzeit?"
Radio gab seine Adresse durch und verabschiedete sich: "Wünsche Dir noch ne angenehme Nacht ... und noch mal alles Gute nachträglich, sie muss wirklich ne Klassefrau sein, wenn sie Dich eingefangen hat." Ohne eine Antwort seines Bruders abzuwarten schaltete er das Telefon ab.

***

Später am Abend mischte er sich unter das Geschwader. Ausgang war etwas herrliches. Fast alle Mitglieder der Angry Angles hatten sich für ihre weiße Sommeruniform entschieden, nur er steckt statt in dem weißen Hemd in einem grellbunten Hawaiihemd.
Sein Ziel war eine ehemalige Pilotenbar genannt 'The Black Box'. Diese Bar hatte einige Vorteile. Sie war verrufen, so dass er von Darkness den Befehl erhalten hatte, seine Leute vor diesem einschlägigen Schuppen zu warnen.
Zum anderen war er hier schon bekannt. Er hatte mehrmals seinen Urlaub hier verbracht, also in der Gegend nicht in der Kneipe, obwohl diese dann immer sein Stammlokal war.
Die rauchige Luft tief einatmend trat er durch die Schwingtüren. Jepp, das war Heimat.
Die Gestallt die ihm sofort auffiel, hatte er erwartet hier vorzufinden.
An einem der Ecktische saß Skunk in seiner weißen Uniform, noch beim Abendbrot. Radios geübter Blick teilte ihm sofort mit das Skunk weise genug war den Grillteller des Hauses zu bestellen.

O-beinig wie ein Cowboy marschierte Radio zur Bar. Der Bartender grinste ihn an: "Fuck, was hat Dich denn hierher verschlagen."
"Hoy Berry, der Krieg was sonst. Du gib mir mal zwei Miller in der Flasche und nen Grillteller wäre auch nicht schlecht."
"Kommt sofort Cheef." Radio brachte gar nicht erst darauf aufmerksam zu machen, dass er lieber Folienkartoffel statt Fritten haben wollte.
Er schnappte sich die beiden Miller die Berry auf den Tresen gestellt hatte und drehte sich mit einem "Wir reden später" zu Skunk um.
Dieser schaute auf, als Radio sich vor seinem Tisch aufbaute und hob fragend die Augenbraue.
Radio stellte ihm ein Miller hin: "Darf ich?" Er wartete gar nicht die Antwort ab und setzte sich einfach.
Der andere Pilot guckte ihn kurz an, griff nach dem Miller und drehte den Verschluss ab. Nach einem tiefen Zug wandte er sich wieder seinem verbleibenden Steak zu und aß weiter.
Der unfreiwillige Lieutenant Commander und Ausbilder der Roten Schwadron zuckte mit den Achseln und öffnete sein Miller.

Es dauerte nicht lange da kamen Radios Steaks, zwei von außen fast verkohlte Ribeye-Steaks, in einer feinen BBQ-Soße mariniert. Dazu eine riesige Kartoffel mit Sour Creme übergossen.
Kaum hatten Radio richtig angefangen zu essen war Skunk fertig, doch statt jetzt mit dem Gerede anzufangen wartete dieser höflich bis Radio aufgegessen hatte.
Nachdem Radio einen zufriedenen Rülpser ausgestoßen hatte schüttelte Skunk den Kopf und grinste: "Sie sind wirklich ein Härtefall Commander."
"Teufel, wir sind Piloten und sollten uns duzen." Radio kramte einen Satz goldene Schwingen aus der Hosentasche. "Die hast Du Dir heute nicht abgeholt." Und schob sie zu ihren Besitzer rüber.
Skunk grinste: "Nun, ich glaube Commander Jäger war nicht sehr zufrieden mit mir."
"Das kann sie ihrem Friseur erzählen, wir sind demnächst weg."
Skunk hob die Flasche: "Auf den Krieg, möge es nicht unser letzter sein."
"Möge es mein letzter sein", sprach Radio, zog eine Grimasse, stieß jedoch mit an.
Dem ersten Bier folgten zwei weitere Runden, dann brachte Radio das Gespräch auf die Staffel: "Ich habe ein Problem."
"Ist sie hübsch?"
"Ich mein die Staffel. Man hat mir mittlerweile mehrmals den Kopf gewaschen und heute hat man mir zu Denken gegeben."
Skunk kicherte: "Und wie haben die hohen Herren das geschafft?"
"Mit dem Tod von Kammeraden und Freunden."
Sofort verdunkelten sich Skunks Züge: "Nicht fair, aber dies ist die Navy, Fairness ist nicht die Stärke unseres Vereins."
Radio orderte zwei Bourbon: "Tatsache ist wir müssen die Staffel zusammenschweißen, sonst ... ich brauch es Dir nicht zu erzählen. Aber dafür brauch ich Deine Hilfe."
"Okay." Der ältere Pilot grinste der Kellnerin hinterher. "Und wie hast Du Dir das vorgestellt?"
"Als erstes hör auf Deinen Wingman so zu drangsalieren. Ich hab Deine Art verstanden. So lange niedermachen, bis der andere bereit ist zu arbeiten, zu lernen und zu leisten nur um Dir morgens in den Kaffee zu pissen."
Erneut war von Skunk seine hinterhältige Lache zu hören.
"Das klappt vielleicht in Friedenszeiten, aber jetzt nicht mehr."
"Alles klar, fangen wir ganz von vorn an. Du solltest vielleicht auch ein kleines Stell Dich ein veranstalten, mit Vorstellung und so weiter."
"Darauf das wir diesen Krieg überleben!" Radio erhob sein Glas und Skunk stieß nur allzu gerne mit an.
Tyr Svenson
Captain Sounders betrachtete den Bericht vor sich und schüttelte den Kopf. Warf noch einen Blick auf das Dokument und schüttelte wieder den Kopf.
Endlich sah er auf. Und bemerkte, dass Commander Justus Schneider von seiner zur Schau gestellten Verzweiflung nicht im Mindesten berührt war.
Der Offizier hatte zwar eine Haltung, als hätte er einen Besenstiel verschluckt. Aber seine Miene wies keinerlei Regung auf.
Sounders schluckte seinen Ärger runter und ging in die Offensive.
„Justus, Justus. Was soll ich bloß mit Ihnen machen? Was…soll…ich…mit…Ihnen…machen?“
„Befördern.“
„Das war eine rein rethorische Frage, Commander“, blaffte der Captain.
Er nahm den Bericht und zeigte ihn Schneider. „Hier, ein zehnseitiger Beschwerdebrief des Captains der TAHOMA. Ihre Leute haben fast seine halbe Crew zusammen geschlagen.
Es sieht so aus, das man auf PERSEUS froh war, Ihre rostige KAZE los zu sein und der JAG deswegen kein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Aber dies hier ist Fort LEXINGTON. Und das JAG ist überall.
Nach diesem Bericht bleibt mir eigentlich gar nichts anderes übrig, als Ihnen einen Schreibtisch zum kommandieren zu geben.“
„Erlaubnis, offen sprechen zu dürfen, Sir.“
„Treiben Sie es nicht zu weit. Erlaubnis erteilt.“
„Captain, als Sie mich vor einem Jahr auf die KAZE geschickt haben, wurden meine Missionsparameter klar definiert. Ich sollte den Abort der Flotte in eine Kampfkräftige Einheit verwandeln. Das ist mir gelungen. Unsere Tonnagevernichtung an Kriegsschiffen und Frachtern kann sich sehen lassen. Gerade, weil die KAZE eine veraltete Fregatte der MIDWAY-Klasse ist.“
„Ach, und das soll jetzt für Ihre Leute sprechen, Justus?“
„Nein, Sir, es soll nur erklären, was ich nun sagen will. Gab es Tote auf Seiten der Crew der TAHOMA?“
„Laut Bericht gebrochene Nasen, Rippen, Schürfwunden, Schwellungen, Veilchen… Nichts Gefährliches.“

Schneider öffnete seine Uniformjacke und zog einen gefalteten Umschlag hervor. „Hier, die Schlächterrechung meiner Bordärztin. Wie Sie erkennen werden, hat meine Crew ähnlich gelitten. PERSEUS Station ist Grenzland. Im Allgemeinen ist man dort mit den Besatzungen der Schiffe sehr nachsichtig und belässt solche Vorfälle mit einer Verwarnung und überlässt es dem Skipper, seine Crew zu maßregeln.
Zudem möchte ich anmerken, dass die TAHOMA ein Ticonderoga ist. Die Crewstärke ist wesentlich höher als die der KAZE. Wenn mehr Leute mehr Prügel bezogen als kassiert haben, deutet das auf eine schlecht ausgebildete Mannschaft hin.“
„Das ändert nichts daran, dass ich diese Beschwerde über den Dienstweg empfangen habe. Ich kann eine solche Insubordination nicht dulden.
Die Folgen sollten Ihnen klar sein, Justus. Ihre Offiziere werden degradiert, die Mannschaft wird aufgeteilt und in der Zweiten Flotte verteilt. Die KAZE kommt zur Verschrottung.“
„Sir, es waren nur gut neunzig meiner Leute über gut zehn Bars an den Schlägereien beteiligt. Dazu knapp hundertzwanzig von der TAHOMA. Kann ich damit rechnen, dass der Captain der TAHOMA und seine Crew ebenso behandelt werden?“
„Ihre Leute haben angefangen, Justus.“
„Aber seine haben mitgemacht!“, brüllte der Commander und sprang aus seinem Sessel.
Einige bange Sekunden stand der Skipper der KAZE vor seinem Vorgesetzten und starrte ihn wütend an. Endlich ließ er sich wieder in den Sessel fallen. „Entschuldigen Sie, Sir, aber es ist so, die Crew der TAHOMA hat gegen meine Leute gestichelt. Als das nichts genützt hat, sind sie über die KAZE hergezogen. Über ein Schiff, das letztes Jahr fünf Frachter und drei Kriegsschiffe der Akarii vernichtet hat, während die TAHOMA seit Jahren in der Etappe liegt.
Als dies auch nichts gefruchtet hat, begannen die Crewmen der TAHOMA, den Captain der KAZE zu beleidigen. Ich wette, das steht nicht im Bericht des Captains der TAHOMA.“

Sounders nickte. „Da haben Sie allerdings Recht. Nun gut, ich werde eine entsprechende Anfrage an den Captain der TAHOMA schicken, ob er unter diesen Umständen die Beschwerde zurücknimmt. Aber ich kann Sie so nicht vom Haken lassen, Justus. Sie kennen den Ruf Ihres Schiffes. Entweder wechsele ich die Crew aus, oder ich muss Ihr Schiff eine Zeitlang aus der Schusslinie bringen.“
„Nein, nicht auswechseln. Mein Waffenoffizier hat nur noch elf Monate, bis er auf sein altes Schiff zurückversetzt wird, mein XO ist per Befehl an die KAZE gebunden, mein Chefpilot hat eine Wiederaufnahme des Verfahrens, welches zur Strafversetzung führte in Vorbereitung, Dutzende Crewmen würden auf Schiffen landen, auf denen sie geschnitten werden. Okay, bringen Sie mein Schiff aus der Schusslinie. Wie hoch ist der Preis, den wir bezahlen müssen? Etappe? Erdverteidigung?“
Sounders dachte nach. „Barcelona.“
Schneider sackte in sich zusammen. „Die andere Seite der Republik. Weit weg von den Gefechten. Grenzpatrouille und Piraten jagen.“
„Nein.“ Der Kopf von Schneider ruckte hoch. „Nein?“
„Nein. Wenn ich Sie aus der Schusslinie bringe, dann richtig. Sie erhalten im System von Barcelona ein abschließendes Briefing. Es ist keine Patrouille. Und wenn die Sache funktioniert, haben Sie im schlimmsten Fall ein paar Monate außerhalb der Schusslinie des JAG verbracht. Im besten Fall aber haben Sie den Ruf der KAZE um einiges aufpoliert. Tun Sie Ihr Bestes und enttäuschen Sie mich nicht. Schon jetzt spüre ich das Zerren der Kettenhunde des JAG, wie sie an meiner Uniformhose reißen.“
„Was erwartet uns, Sir?“
„Wir stellen einen Verband aus Schiffen der zweiten Garde zusammen. Es kommt mir ganz gelegen, dass Sie gerade bis zum Hals in der Scheiße stecken, Justus. Denn jetzt kann ich Sie problemlos dem Verband zuordnen. Und es ist wenigstens ein Schiff dabei, das ausreichend Fronterfahrung hat. Sie können wegtreten. Und, Sie schulden mir was, Commander.“

Schneider erhob sich. „Danke, Sir.“
„Ach, eines noch, Justus.“ „Sir?“ „Nur eine Frage, die mich aber brennend interessiert. Die KAZE ist seit Jahren – wie sagten Sie so schön – der Abort der Flotte. Die Unzufriedenen, die Quengler und die Egoisten kommen an Bord. Wie konnten Sie diese unmögliche Crew zusammenschweißen? Zwei andere Commander sind daran gescheitert. Und das war noch in Friedenszeiten.“
„Nun“, erwiderte Schneider lächelnd, „erstens liegt das daran, dass die Dummköpfe und wirklich Faulen im Flottenhauptquartier Karriere machen.“
„Schneider…“
„Und zweitens, Sir, liegt es daran, dass diese Crewmen besser sind als ihr Ruf. Sehr viel besser. Natürlich, ich habe ein ganzes Schiff voller Hitzköpfe, Quengler, Unruhestifter. Aber es sind meine Hitzköpfe, Unruhestifter und Quengler. Meine Leute wissen das. Sie vertrauen mir, weil ich ihnen vertraue. Es hat Monate gedauert, sie auf meine Seite zu ziehen. Und jetzt sind wir wirklich eine Mannschaft. Eine gute Mannschaft.
Deshalb macht es mich so stolz, dass sie bereit waren, sich zu schlagen, als ich beleidigt wurde. In dem Moment wurde mir bewusst, dass sie mich wirklich als Anführer akzeptiert hatten. Mit diesen Leuten kann ich überall hin fliegen.“
Sounders nickte. „Gut. Barcelona-System, in drei Tagen. Und… Kommen Sie wieder, wenn es geht, mit einem Orden.“
„Ja, Sir.“
Tyr Svenson
„Was dauert denn so lange?“, fragte Haruka Ishihiro unsicher und widerstand nur knapp der Versuchung, auf seinen Nägeln zu kauen.
Lieutenant Jones war nicht so beherrscht. Sie knabberte eifrig an ihren.
„Ruhig, Lieutenant, der Skipper ist erst einen halben Tag drüben im Fort.“
Commander Soleil schien die Ruhe selbst zu sein, wie sie im Stuhl des Captains saß und routiniert die Berichte der routinemäßigen Wartungsarbeiten abfragte.
„Ruhig, ruhig, wie soll ich ruhig sein? Der Skipper hat sich vor Captain Sounders zu verantworten. Wegen unserer Schlägerei auf PERSEUS. Wegen unserer Schlägerei!“
Unruhig erhob sich Ishihiro und begann nervös über die Brücke zu laufen. „Diese verdammten Idioten. Was kommen sie auch in unser Stammlokal. Was lästern sie auch über unser Schiff. Was beleidigen sie auch unseren Captain?
Arh, ich hätte der Mannschaft befehlen sollen, geschlossen aufs Schiff zurückzukehren!“
„Hinterher ist man immer schlauer, Haruka. Hinterher ist man immer schlauer. Pilot, Anfrage des Reparaturteams. Für die Wartung der Steuerborddüsen sollen wir abkoppeln und das Schiff drei Grad nach Backbord über die X-Achse gieren.“
„Aye, Ma´am.“
„Ich halte das nicht mehr aus, ich halte das nicht mehr aus! Wegen meiner Dummheit wird der Captain womöglich degradiert. Oder erschossen! Oder beides!“
Johansson betrat die Brücke und hielt dem First Lieutenant eine Flasche hin. „Man hat mir erzählt, dass Sie nervös durch die Gegend laufen. Hier, nehmen Sie einen Schluck.“
„Alkohol während des Dienstes?“, argwöhnte der Waffenoffizier.
„Sie sind nicht im Dienst, Haruka. Im Moment ist Freiwache“, sagte Soleil leise. „Ich und Jones haben Dienst.“
„Nett von Ihnen das zu sagen, aber ich trage die Uniform, und das ist doch bestimmt dieser harte Schwarzgebrannte.“
„NUN TRINKEN SIE SCHON UND WERDEN SIE RUHIGER!“, blaffte Commander Soleil wütend.
Die beiden gestandenen Mannsbilder zuckten zusammen. Die XO neigte dazu, hitzköpfig zu werden. Und wenn das der Fall war, ging man ihr besser aus dem Weg.
Wortlos nahm Ishihiro dem größeren Johansson die Flasche aus der Hand und nahm einen kräftigen Schluck.
„Na, besser?“, kommentierte Amber Soleil leise. Sie konnte den Waffenoffizier ja verstehen. Immerhin war er bei der Schlägerei der ranghöchste Offizier gewesen. Es wunderte sie nur ein wenig, dass sich der Japaner überhaupt nicht bewusst zu sein schien, dass seine Chancen, zurückversetzt zu werden erheblich geschrumpft waren. Nein, ihm ging es nur um den Captain, den er - wie er glaubte – in die Scheiße geritten hatte. „Besser“, erwiderte er.
Johansson nahm die Flasche wieder entgegen und trank ebenfalls einen kräftigen Schluck. Dann bot er Commander Soleil an. „Ist nur Eistee, aber der aus den selbst gezüchteten Zitronen im Maschinenraum.“
„Wer es glaubt“, erwiderte sie grinsend.

„Was wohl mit dem Captain ist…“, brummte Ishihiro leise.
„Fangen Sie schon wieder an, Lieutenant?“
„Nein, nein, Ma´am. Aber ich frage mich, wie sie ihn bestrafen werden.“
Schweigen senkte sich über die Zentrale.
Bis die Tür aufglitt. „CAPTAIN AUF DER BRÜCKE!“, blaffte Ishihiro spontan.
Die Offiziere nahmen Haltung an. Ungewöhnlich für die KAZE.
Schneider betrachtete sich das Schauspiel eine Weile und winkte dann ab. „Schon gut, schon gut.“ Er schlenderte zu seinem Platz. Soleil räumte ihn sofort. Nachdem Schneider es sich bequem gemacht hat sagte er: „Ich habe schlechte Neuigkeiten.“
„Wie schlecht?“, fragte Amber Soleil in die unheilvolle Stille hinein.
„Sehr schlecht. Schlagen Sie der Crew die Gedanken an einen Urlaub auf der Erde aus dem Kopf. Sobald die Wartung an den Triebwerken beendet ist, müssen wir nach Barcelona aufbrechen.“
„Und… Was ist mit Ihnen, Skipper?“, fragte Ishihiro vorsichtig.
„Mit mir? Was sollte mit mir sein?“
„Sie… Werden nicht versetzt, degradiert oder angeklagt?“
„Nein. Sollte ich das?“
„Nein, Sir“, antwortete Haruka erleichtert, „natürlich nicht, Sir.“
Ein ebenfalls erleichtertes Raunen ging durch den Raum.
„Wir haben einen neuen Auftrag“, kommentierte Schneider tonlos. „Ich weiß noch nichts darüber, weil wir erst auf Barcelona gebrieft werden. Aber ich will, dass alle Abteilungen auf alles gefasst sind.“
„Ja, Sir!“, antworteten die Offiziere wie aus einem Mund.
Schneider schmunzelte. Abort der Flotte? Bestimmt nicht sein Schiff. Nicht seine Crew.
Tyr Svenson
Auf dem Flugplatz Miramar war die kurze kalifornische Nacht hereingebrochen. Nur bei den Wachstationen herrschte praktisch die selbe Geschäftigkeit wie am Tage. Die Marinesoldaten spähten wachsam auf ihre Monitore oder durch die Nachtsichtgeräte. Die Bewachung eines Militärstützpunkts war nie völlige Routine, erst recht nichts in Kriegszeiten – auch wenn der Krieg zwischen den Sternen geführt wurde.

Aber die Wachposten waren nicht die einzigen, die noch im Dienst waren. Auch im Büro Commander Cunninghams brannte noch Licht. Lone Wolfe war kürzlich von der Taufe der COLUMBIA zurückgekommen. Jetzt versuchte er mit der Büroarbeit hinterherzukommen, die nun mal mit der Führung eines Geschwaders verbunden war – eine Sisyphusarbeit. Wenn er nicht die Hilfe von Darkness gehabt hätte...
Der ältere Veteran saß seinem Geschwaderchef gegenüber. Mit ausdrucksloser Miene nahm er von Zeit zu Zeit einen Schluck aus dem Glas, das er in seiner Rechten hielt und das einen ziemlich exquisiten Whisky enthielt. Über Cunningham konnte man vieles sagen, einiges negative. Aber er hatte auf jeden Fall einen guten Geschmack. Und er war nicht kleinlich.
Schließlich blickte Lone Wolf von dem Bildschirm auf, den er studiert hatte: „Hm... Das sieht doch gar nicht so schlecht aus. Aber wie ist deine persönliche Meinung?“
Darkness zuckte unverbindlich mit den Schultern: „Die Staffeln sind einsatzfähig.“
„Aber...?“
„Nun ja, du kennst das Problem. Wir haben das Geschwader praktisch neu aufstellen müssen. Wir hatten schließlich fast fünfzig Prozent Verluste. Zusammen mit den zwei Feindfahrten zuvor – das ist kein Geschwader, das sind sieben Staffeln, die teilweise sogar Schwierigkeiten haben als STAFFEL zu funktionieren...“
„Die Leistungen sind doch nicht schlecht...“
„Sie sind guter Durchschnitt. Aber die Angry Angels sind mehr als guter Durchschnitt.“
„Nun es lag bestimmt nicht daran, daß du zu wenig getan hast. Oder die Piloten zuwenig geflogen sind – Oder?“

Auf diese Frage mußte Darkness grinsen. Er war schließlich Geschwader-XO und maßgeblich für die Ausbildung zuständig. Seine Gnadenlosigkeit und hohen Ansprüche waren berüchtigt.
„Vermutlich nicht. Aber das Problem bleibt. Wir haben gute Piloten, einige hervorragende sogar. Aber es hapert immer noch bei der Kooperation. Und du weißt warum. Die Rote Schwadron wurde ziemlich zusammengehauen. Gold und Silber mußten quasi neu aufgestellt werden. Die Grüne Schwadron hat bei den letzten beiden Feindfahrten übel geblutet. Und Schwadron Blau hat zwar bei Jollahran weniger Verluste gehabt – aber denk dran, nach den Verlusten bei Troffen wurde auch diese Staffel praktisch neu aufgebaut, es ist kaum noch jemand von der ersten Garnitur übrig. Und die Griphen... Die mußten nach jeder Feindfahrt Leute abgeben und ihr Staffelführer ist abkommandiert. Und was meine Butcher Bears betrifft na ja... Gutes Rohmaterial, aber nicht aufeinander eingespielt. Also wenn ich etwas zu sagen hätte, dann würde ich dieses Geschwader samt dem Träger den wir ja wohl bekommen sollen an irgendeinen ruhigeren Frontabschnitt schicken und dort die Zusammenarbeit verbessern.“
„Aber diese Zeit haben wir nicht und das weißt du auch. Sie geben uns den neusten Flottenträger – keine Chance auf einen ruhigeren Posten. Es geht los, bald. Und es wird kein Spaziergang werden. Wir müssen mit dem auskommen, was wir haben. Das ist seit Mantikor das Motto der TSN.“
„Ich weiß.“
„Gab es sonst noch etwas, während ich weg war?“
„Nein – oder jedenfalls nichts, was du wissen willst.“

Lone Wolf blickte Darkness an und verzichtete darauf nachzuhaken. Es gab auch so genug andere Probleme: „Noch etwas. In Staffel Blau haben sie einen Zeitungsfritzen? Wo auch Ling ist, der würde dem Typen aber einen Maulkorb verpassen."
„Idee vom Propagandabüro. Vermutlich soll er das Bild der Truppe verbessern. Heimatfront stärken und so. Der Typ gehörte früher zur Miliz.“
„Hm... Na ja, wir werden sehen. Bei Gelegenheit sollten wir dem Affen etwas Zucker liefern. Ein paar Interviews... Sieh mal zu, welcher deiner Leute halbwegs fotogen ist – und auch das richtige sagt. Du weißt schon.“
Darkness nickte knapp und leerte sein immer noch halbvolles Glas mit einem Zug. Er verzog nicht einmal das Gesicht.
„Das ist keine Art, guten Stoff zu kippen. Aber was erzähle ich das einem Schotten... Nun, was die Zusammenarbeit im Geschwader betrifft – da läßt sich vielleicht was machen.“ Cunningham drehte den Bildschirm, so daß Darkness ihn sehen konnte. Der Lieutenant Commander beugte sich vor. Nach ein paar Sekunden fing er an zu grinsen: „Alle Achtung. Wie hast du denn das organisieren können?“
„Zu irgend etwas muß es doch gut sein, daß sie uns bald wieder raushetzen. Die Ausbildung der Angry Angels hat Priorität – da könnte ich noch ganz andere Sachen rausholen.“
„Klingt gut. Apropos – was ist mit der Bomberstaffel, das sie uns schicken wollten? Beim Rest des Geschwaders hapert es vielleicht ein wenig mit der Kooperation, aber wenn sie uns die fliegenden Scheunentore mit Nuklearbewaffnung erst schicken, wenn wir auslaufen, dann kann das eine zienliche Sauerei werden.“
„Keine Chance. Wer weiß, wer da mal wieder geschlampt hat. Na Hauptsache, wir bekommen sie überhaupt. Bei Jollahran hätten wir sie gut gebrauchen können...“ Und dem war nichts mehr hinzuzufügen.

*****

Als Kano an diesem Morgen in die Hauptkantine des Stützpunkt kam, hielt er an der Tür überrascht inne, so daß der Pilot der nach ihm hinein wollte, ihn ungeduldig vorwärts schob.
Die Kantine war voll – es schien, als wenn alle Staffeln, einschließlich der Starlancer, gleichzeitig Essen faßten. Das war nicht eben häufig der Fall und noch ungewöhnlicher war, daß der Geschwaderchef, die verschiedenen Staffelkommandeure und der Stützpunktkommandant einträchtig an einem Tisch saßen.
Etwas nachdenklich suchte sich Kano einen Platz bei den anderen Piloten der Butcher Bears.
„Morgen Kano. Erstaunlich, daß du unserem verlorenen Haufen die Ehre gibst. Ich dachte eigentlich, daß du ‚ne andere Gesellschaft vorziehst...“ das war Jaws. Der Veteran grinste spöttisch. Kanos Beziehung zu Kali war im Geschwader kein Geheimnis geblieben – und Jaws wollte ihn wohl etwas aufziehen.
„Ich weiß nicht, an was du Gefallen findest. Aber wenn ich zwischen dir und ihr zu entscheiden habe, weiß ich, wie ich mich entscheide.“
Jaws grinste weiter, dann legte er die Hand aufs Herz und säuselte „Die hast mich zutiefst getroffen, Süßer.“
Damit hatte er den Lacher auf seiner Seite. Das ermunterte Jaws, weiterzumachen: „War es eigentlich deine Prinzessin, die dich kürzlich so aus dem Bett geschmissen hat, daß du noch drei Tage so runter warst? Tja, diese Inderinnen...“
Kano verzog den Mund, schluckte aber die Antwort runter, die ihm auf der Zunge lag. Wenn Jaws seine „komische“ Phase hatte, konnte er ziemlich nerven. Außerdem hatte er DAS Thema gründlich satt: „Ich sagte doch schon, ich bin...“
„...EINE TREPPE RUNTERGEFALLEN!!“ vervollständigten die Butcher Bears im Chor. Keiner glaubte Kano diese Erklärung für die diversen Quetschungen, Prellungen und blauen Flecke, die er sich vor ein paar Tagen zugezogen hatte. Es war einigen Piloten aufgefallen, daß offenbar auch Noname einige Prügel bezogen hatte. Die, die Kano und seine ziemlich rigide Pflichtauffassung kannten waren zu einer logischen, allerdings falschen Schlußfolgerung gekommen.
Die allgemeine Erwartung wurde erfüllt, als die allgemeine Weisung erging: „Neun Uhr Einsatzbesprechung“.
Auf dem Weg zum Einsatzraum fiel nicht nur Kano auf, daß bei den Flughangars Hochbetrieb herrschte.

Die ca. 120 Männer und Frauen füllten den Besprechungsraum. Es herrschte eine ziemlich lockere Atmosphäre, ganz anders als an Bord eines Raumträgers, im „echten“ Einsatz. Aber gespannt waren die meisten schon.
„ACHTUNG!“ Die Piloten fuhren hoch, als Darkness, Lone Wolf und der Stützpunktkommandant den Raum betraten. Cunningham baute sich vor den Piloten auf. Jeder Zoll seiner hoch aufgerichteten Gestalt schien Dynamik und Energie auszustrahlen. Er wirkte wirklich, wie aus einem TSN-Propagandafilm.
„SETZEN! Ladies und Gentlemen! Sie fragen sich sicherlich, warum diesmal alle Staffeln der Angry Angels – und die Starlancers versammelt wurden. Ich kann Sie beruhigen. Es gibt weder eine Invasionswarnung, noch einen Militärputsch. Ich frage nicht, ob Sie das enttäuscht.“
Das brachte Cunningham einige Lacher ein. Nicht, weil er so witzig war, aber seine Energie mobilisierte – und für die Veteranen der Angry Angels war Lone Wolf der „Alte“, dem sie schon durch die Hölle von Jollahran gefolgt waren.
„Die Staffeln der Angry Angels und die Starlancer werden heute ein Manöver in Geschwaderverband fliegen. Das bedeutet einen Langstreckenflug, Zielflugangriffe und Luftkämpfe. Immerhin, es muß doch zu etwas gut gewesen sein, ein volles Hundert Veteranen und die Besten der Akademie über Wochen und rund um die Uhr in der Luft und am Boden zu drillen. In Miramar wurde die Elite der Luftwaffe ausgebildet. Die Besten der Besten, die Asse der Flotte! Wollt Ihr dazugehören!?“
Cunningham grinste breit, als einige Piloten „Ja“ riefen. Das funktionierte doch immer. Er breitete die Arme aus: „WAS?“
„JAA!“
„Na dann Abmarsch!“
Als die Piloten herausströmten tippte Darkness seinem Geschwaderchef auf die Schulter: „Nette Rede. Aber die würdest du doch wohl kaum im Einsatz halten.“
Cunningham zuckte mit den Schultern: „Wozu fragst du überhaupt. Aber hier kann es jedenfalls nicht schaden. Und wenn wir heute gut abschneiden, dann gibt es den Jungs und Mädels vielleicht etwas Zusammenhaltgefühl.“

Auf dem Rollfeld herrschte das organisierte Chaos eines Starts in Geschwadermaßstab. Jäger und Jagdbomber wurden auf die Startbahnen gezogen. Die Maschinen wurden aufgetankt und mit Zusatztanks ausgerüstet. Natürlich unterblieb die Bestückung mit Raketen – und die Kanonen wurden nicht „scharf“ gemacht. Heute würde nur simuliert geschossen werden. Zwischen den Maschinen und den Wartungscrews eilten die Piloten zu ihren Jägern.
Im Cockpit festgeschnallt wartete Kano auf die Startfreigabe. Selbst auf einem so großen Flugplatz wie Miramar konnten die fast 100 Maschinen nicht ohne Probleme starten. Die Rollbahnen überschnitten sich teilweise, das forderte Konzentration und Routine von Bodenpersonal und Piloten.
„Butcher Bears – START!“ Die zwölf Maschinen rollten an. Über ihnen zogen bereits die Griphen und Phantome der Angry Angels Warteschleifen.
Binnen erstaunlich kurzer Zeit waren die 96 Maschinen der Angry Angels und der Starlancer in der Luft, formierten sich auf Befehl Commander Cunninghams und folgten seinem Jäger. Der Commander grinste kurz. Es war doch wieder ein besonderes Gefühl, ein ganzes Geschwader zu befehligen. Er hatte das in den vergangenen Monaten vermißt. Und bald, sehr bald, würde er wieder ein volles Angriffsgeschwader im Kampf befehligen. Sein Grinsen wurde zu einem Zähnefletschen. Es gab sehr viel, was sie den Akarii heimzuzahlen hatten.
Der Flug ging gen Norden, dem Verlauf der amerikanischen Küste folgend. Mit einem Donnern wie eine Gewitterfront jagten die Maschinen über Wälder, Steppen und Städte hinweg. Die Menschen am Boden mochten ob diesem Lärm aufblicken, vielleicht sogar winken, aber die Piloten bemerkten das natürlich nicht.
Die meisten Piloten hüteten sich davor, es sich allzu bequem zu machen. Darkness Vorliebe für Überraschungen waren im ganzen Geschwader bekannt. Aber die erste, zweite und dritte Stunde vergingen, ohne daß eine von Darkness berüchtigten „Alarmaktionen“ befohlen wurde.
Kano wunderte sich im Stillen, warum nicht bereits die Aufteilung in „Rote“ und „Blaue“ erfolgt war – aber vielleicht planten Lone Wolf und Darkness eine wechselnde Zusammensetzung der Manöverparteien. Aber immerhin wußte er jetzt, wo es hinging: zu einem Übungsgelände in den „Rocky’s“. Das erinnerte ihn unangenehm an diese Erdkampfübung vor einer Woche, bei der sein Flügelmann um ein Haar abgestürzt war.
Im gleichen Augenblick schnitt die Meldung eines Starlancer-Piloten durch seine unangenehmen Erinnerungen:
„KONTAKT! Einkommende Signale aus Zehn Uhr, hoch! Geschätzt zwanzig Maschinen!“ Praktisch sofort fiel Liljas harte Stimme ein: „Anfliegende Maschinen Drei Uhr `hoch! Knapp vierzig!“
Binnen Sekunden sahen sich die Piloten der Angry Angels und Starlancer etwa 60 Jägern gegenüber, die mit einem deutlichen Höhenvorteil heran jagten. In die teilweise ausbrechende Verwirrung dröhnte Cunninghams Stimme: „Das Übungsgelände ist das Ziel der Übung für Staffel Silber und Gold! Sie müssen durchkommen! Griphen und Typhoon – Nahsicherung. Starlancer, Butcher Bears und Staffel Rot – ANGREIFEN UND ZERSPLITTERN!“ Dabei mußte er innerlich grinsen. Die Überraschung war gelungen. Es hatte ihm aber auch einige Zeit gekostet, sich mit den Befehlshabern der Reserve- und Verteidigungsverbände abzustimmen um diese Großübung einzuleiten. Suchend sah er sich um. Es sollten eigentlich noch mehr „Akarii“ sein...

Die Butcher Bears reagierten prompt auf den Befehl. Mit Vollschub flogen sie eine Kurve und folgten Darkness.
Die Maschinen stiegen steil in den Himmel, um eine der „feindlichen“ Gruppen anzunehmen. Aber noch während Kano eine der gegnerischen Maschinen – eine Typhoon der B-Klasse, die sein Zielcomputer als Bloodhawk bezeichnete – anvisierte, bemerkte er ein Signal auf dem Bordradar. ‚Diese gerissenen Hunde!‘
„SIR, anfliegende Maschinen auf Ein Uhr tief!“ Tatsächlich pirschte sich dort eine Staffel an die Mirage der Staffeln Silber und Gold an. Die „Feinde“ klebten förmlich am Boden und waren deshalb nur schwer zu entdecken.
Darkness Reaktion erfolgte so prompt, daß Kano sich sicher war, daß der Staffelführer die „Feinde“ schon lange vor ihm entdeckt hatte: „SEKTION ZWO – ANGREIFEN!“
Dutch, der Chef von Sektion Zwei quittierte mit einem knappen „Verstanden!“ und ließ seine Maschine nach Unten sacken, gefolgt von Terry, Ohka und Crusader.
Die Nighthawk eröffneten den Kampf mit einer Doppelsalve Langstreckenraketen. Dicht am Boden fliegend war die Manövrierfähigkeit der „Gegner“ eingeschränkt und binnen Sekunden fielen drei Maschinen. Der „feindliche Kommandant“ bewies, daß er von der berüchtigten Standfestigkeit der Akarii gehört hatte. Vier Maschinen stiegen auf um die Nighthawk in einen Nahkampf verwickeln zu können, während die restlichen Maschinen unbeirrt auf die Mirage zuhielten.
„Ohka, Crusader – Kümmert euch um die Jäger! Wir bleiben am Rest dran!“
„Verstanden!“
Ohkas Flight und der „gegnerische“ Schwarm feuerten eine Raketensalve aufeinander ab – das Ergebnis war ziemlich enttäuschend, denn dank simulierter Täuschkörper und Ausweichmanöver „traf“ nur eine Rakete – Kanos Maschine verzeichnete einen Schildausfall von 60%.
Über den nun in den Nahkampf gehenden Jägern schossen sich die Angry Angels und Starlancer den Weg frei. Teilweise waren die „Angreifer“ schon im Vorfeld in Gefechte verwickelt worden. Die Griphen, Typhoon und Mirage wehrten die Angriffe derer ab, die zu ihnen durchkamen.
Als die verbliebenen zwanzig Mirage ihre Übungsbomben ausklinkten, hatten die Angry Angesl gesiegt.
„AN ALLE! Gute Arbeit!“ Aus Cunninghams Stimme war eindeutig die Genugtuung zu bemerken.
„Verteidigergeschwader! Danke für’s Mitspielen! Sind Sie an einer Revanche interessiert?“
Eine Frauenstimme antwortete: „Darauf können Sie Gift nehmen!“
„Achtung an Miramar-Flieger! Sammeln in Staffeln – Box-Formation! Auf ein neues!“
Die „Luftkämpfe“ dauerten noch fast zwei Stunden. Insgesamt schnitten die Angry Angels gut ab, auch wenn die meisten Piloten einmal an- oder abgeschossen wurden. Die „Gegner“ erwischte es aber in der Regel noch schwerer. Als die Piloten Cunnignhams Maschine Richtung Miramar folgten, waren die meisten zwar ziemlich geschafft, aber über den Sieg im Manöver erfreut und nicht wenig stolz.

Cunningham hatte einen privaten Kanal zu Darkness geöffnet: „Und, was meinst du jetzt?“
„Sie sind nicht schlecht geflogen. Auch die Zusammenarbeit hat ganz gut geklappt. Die Veteranen haben die Frischlinge ganz gut im Griff und sind selber natürlich schon eingeflogen. Aber du weißt...“
„Ja, letztendlich wird sich Draußen zeigen, wie sie zusammen funktionieren.“
Tyr Svenson
Ein schweres Erbe

Man hatte die GALLILEO samt ihres Geleitschutzes in die Zweite Flotte eingegliedert. Sie hatte ihr natürlich schon vorher, während Operation „Husar“, unterstanden. Aber jetzt erst gehörte sie richtig dazu. Mehr oder weniger...
Der letzte Einsatz des Schiffes hatte dafür gesorgt, daß sein Name einen schlechten Beigeschmack hatte. Offiziell war gar nichts passiert, und die Operation ein voller Erfolg gewesen - hinter vorgehaltener Hand aber kursierten Gerüchte, die den alten Kommandeur und seine Untergebenen als eine Band von Feiglingen diffamierten. Und das war den Männern und Frauen an Bord durchaus klar.
Selbstverständlich wußte auch Captain Mayor Bescheid. Man konnte nicht Kommandeur einen Schiffes sein, wenn man nicht zumindest ein halbwegs gutes Ohr für die Stimmungen der Mannschaft hatte. Und da die Besatzung im großen und ganzen die alte war, trafen die Gerüchte sie natürlich hart. Für die Einsatzmoral der Neulinge - drei der Kampffliegerstaffeln mußten neu aufgestellt werden - waren diese Umstände auch nicht gerade förderlich, vor allem, da die Stammbesatzung ihnen gegenüber zwischen Schuldbewußtsein und trotziger Verteidigung der „Ehre“ des Schifes schwankte. Was schon zu einigen Zwischenfällen geführt hatte, als ein paar der neuen Piloten den Altgedienten den nötigen Respekt verweigerten - und teilweise auf ihre Fehler „hingewiesen“ wurden. Mannschaft wie Offizieren mußte klargemacht werden, daß es weder Respektlosigkeiten noch Prügeleien hinter dem Rücken des Kapitäns geben durfte.
Nur zu deutlich hatte er die prüfenden Blicke der anderen Kapitäne gespürt. Die unausgesprochene Frage war nicht zu übersehen: „Wird der Neue es besser machen?“
Und da die GALLILEO schon vorher nicht gerade als Speerspitze der Navy galt, hing dem ganzen Schiff der Ruf an, ein „feiges“ Schiff zu sein - auch wenn das keiner offen aussprach. Mayor hatte deshalb auch in anderer Hinsicht ein paar Mal streng auf Disziplin achten müssen. Er war, wie viele Kommandeure, ein Mann der alten Schule. Dienst war Dienst und Schnaps war Schnaps - aber ein Soldat mußte maßhalten können. Und Schlägereien mit den Besatzungen anderer Schiffe konnte er nun wirklich nicht gebrauchen.

Vom rein technischen her war das Schiff voll einsatzbereit. Vier kampfstarke Staffeln mit je zwei Ersatzmaschinen gaben der GALLILEO eine beachtliche Schlagkraft. Vor allem, da sie neben den üblichen Maschinen - Typhoon, Griphen und Mirage - auch über eine Nighthawk-Staffel verfügte. Allerdings, wenn man es recht betrachtete - wie tröstlich war es, wenn das eigene Schiff ausnahmsweise ein paar Jäger hatte, die den Akarii ebenbürtig waren?
Die meisten Piloten kamen aus verschiedenen Milizeinheiten, andere waren Neuzugänge von der Akademie oder Piloten, die frisch aus dem Krankenhaus und der Rehabilitation kamen. Mit der Zusammenarbeit haperte es noch etwas. Es wurde besser, aber optimal war es noch lange nicht.
Die ganze Sache roch sowieso nach Provisorium. Früher hatten zu jedem Leichten Träger nicht weniger als 10 Schiffe Begleitung gehört, darunter zwei Achilles-Kreuzer. Und jetzt? Man hatte zwei seiner sechs Begleitschiffe anderen Einheiten zugeteilt. Als Ersatz hatte man ihm zwei Shogun-Korvetten als engere Leibgarde zugeteilt. Die „Tigershark“ und „Manta“ waren zwar einsatzbereit - aber Schiffe dieser Klasse waren alles andere als Modelle der Frontlinie. Der Rest des Begleitgeschwaders bestand aus drei Fregatten der Perry-Klasse, der „Teruel“, „Tarent“ und „Ban Cao“, dazu einem älteren Duquesne-Zerstörer, der „Lothar Arnauld de la Perière“, zumeist liebevoll „Lothar“ oder „LAP“ genannt. Der Name war noch das bemerkenswerteste am Schiff. Es war schon zum Verzweifeln, wenn man bedachte, daß die Gegner nicht ein paar versprengte Piraten waren.
Und dann der Zwischenfall bei der Ankunft. Noch jetzt spürte Captain Mayor einen üblen Beigeschmack, als er daran dachte. Um ein Haar hätte die Frontkarriere der GALLILEO geendet, bevor sie eine Chance erhalten hatte, ihren Namen reinzuwaschen. Einige Besatzungsmitglieder mochten sich fragen, ob nicht vielleicht eine höhere Macht ihnen hier eine letzte Warnung hatte zukommen lassen. Oder ob der Zwischenfall wirklich nur ein Versehen war...
Einige Gedanken konnte man durch ständige Übungen zurückdrängen, einige Befürchtungen zerstreuen. Eine nagende Unsicherheit und Frustration, die teilweise in Wut umschlagen konnte, blieb jedoch.

Captain Schupp hingegen war geradezu guter Laune. So eben war die Untersuchung des Zwischenfalls am Sprungpunkt abgeschlossen worden - ohne das der Schatten eines Verdachtes an ihm klebengeblieben wäre. Die Karriere des Waffenoffiziers des Zerstörers „Gunichi Mikawa“ freilich hatte ein abruptes Ende gefunden. Im günstigen Fall würde der Mann in der Verwaltung enden. An seinem Captain würde ebenfalls ein Makel haften, vielleicht würde auch er eine „ehrenvolle“ Versetzung erhalten - aber all das berührte Schupp wenig. Nicht, daß er sonderlich schadenfroh gewesen wäre, aber wie man so schön sagte: „Den letzten beißen die Hunde.“ Und er war froh, daß er nicht derjenige war. Außerdem hätten diese Idioten die Navy beinahe einen Leichten Träger gekostet, dazu einen gewaltigen Skandal heraufbeschworen - und seine weitere Laufbahn ruiniert.
Er ließ sich seine Emotionen allerdings nicht anmerken, denn das wäre denn doch etwas zuviel gewesen. Das erleichterte Aufatmen mußte warten, bis er in seiner Kabine war. Aber das machte ihm nicht viel aus.

So schritt er also mit angemessen ernster Miene neben den anderen Kapitänen einher. Man hatte die wichtigsten Beteiligten verhört, ehe man das Urteil gefällt hatte. Der Captain des schuldigen Zerstörers fehlte freilich - in solchen Fällen griffen ebenso alte wie erbarmungslose Traditionen. Die weitaus meisten Kollegen und Kameraden würden ihn künftig meiden, als hätte er eine ansteckende Krankheit. Nur nicht den Eindruck erwecken, man habe vielleicht Bedenken gegen das Urteil. Nur nicht sich der Gefahr aussetzen, das etwas vom Pech „haften blieb“. Der Sieg hatte stets viele Väter - die Niederlage bestenfalls einen.

Aber zur Ehre des Kommandanten der Kreuzerschwadron 2. 3. mußte man sagen, daß er keineswegs nur mit dem für ihn so erfreulichen Ausgang der Untersuchung beschäftigt war. Man konnte nicht bis zum Kommandeur einer Flottille aufsteigen, wenn man den Dienst nur von rein egoistischer Warte sah. Freilich hieß es, man könnte auch nie Admiral werden, wenn man den Dienst NICHT unter diesen Gesichtspunkten betrachtete.
„Wenn man das so betrachtet, dann könnte man glatt meinen, es geht bald los.“ meinte Mithel, der sich an der Seite seines Vorgesetzten hielt, emotionslos: „Das Zusammenziehen von Schiffen, die eigentlich für ,Husar‘ bestimmt wären, der Nachschub, der in letzter Zeit eingetroffen ist, die erhöhte Geheimhaltung - wenn das nichts bedeutet, will ich den Rest meiner Tage als Schürfer in einem Asteroidengürtel arbeiten.“
Schupp nickte gedankenvoll. Die Beobachtungen seines Captains deckten sich mit den seinen. Vor allem wenn man berücksichtigte, daß man bei der Ausstattung mit Ersatzmaschinen und Personal der 2. Flotte offensichtlich einen Vorrang einräumte. Sein eigener Verband hatte ebenfalls Verstärkung erfahren. Nicht weniger als vier leichte Kreuzer waren zusätzlich seinem Oberbefehl unterstellt worden. Er wußte, auf der „Tiredless“ wurde schon gewitzelt, ob ihr Captain nicht eines Tages aufwachen würde um festzustellen, daß er über Nacht die Rangtreppe hinaufgefallen war. So viele Schiffe einem „einfachen“ Captain zu unterstellen, war nicht eben üblich. Andererseits hatten Krieg und Verantwortung dafür gesorgt, daß etliche Posten vakant geworden waren.
Die Integration der neuen Schiffe sorgte dafür, daß es weder für Mannschaften noch Offiziere so etwas wie Ruhe gab. Die Executioner unter Captain Jang-Ho Lee, die Annihilator, kommandiert von Captain Nicole Bolton, die Fury unter Captain To-Wei Shen und die Pride, über die Captain Arif bin Coman bin Farid Al-Matari das Kommando hatte, waren also eine überraschende Verstärkung, aber willkommen. Er hätte nur nicht damit gerechnet. Dieser glückliche Umstand konnte natürlich auch daran liegen, daß sie als erstes den Ansturm des Gegners würde begegnen müssen, wenn der eines Tages losschlug. Aber auch andere Flotten kämpften, und das durchaus hart. Wenn die Geheimdienste nicht zuverlässige Meldung hatten, daß der Großangriff der Akarii unmittelbar bevorstand, dann deutete das darauf hin, daß man selber angreifen würde. Und zwar bald.

Schupp blickte sich kurz um. Ein rascher Blick sagte ihm, das hier keine ,Schlapphüte‘ in der Nähe waren. Die hatten sich oft etwas hysterisch, wenn Militärs theoretisierten. Als ob die Akarii HIER einen Spion haben könnten. Nun, wenn man sein Leben lang in Ecken schlich und seinem eigenen Schatten mißtraute, dann hatte man früher oder später die eine oder andere Schraube locker...
„Da mögen Sie Recht haben. Aber mir will nicht in den Kopf, was sie mit uns erreichen wollen. Die Akarii haben ein halbes Dutzend und mehr Flottenträger bei Mantikor eingesetzt - und Sie wissen, wie viele wir hatten und was es uns gekostet hat. Ich weiß beim besten Willen nicht, was wir erreichen sollen. Die feindliche Hauptflotte könnte vermutlich Hackfleisch aus uns machen, allerdings würde sie dabei auch mächtig bluten. Aber wenn wir losmarschieren - wer hält dann hier die Stellung?“

Mithel knurrte unwirsch, nur galt sein Ärger nicht seinem Vorgesetzten: „Hoffen wir, daß die anderen Flotten etwas Druck auf die Echsen ausüben. Dann können sie nicht so schnell Kräfte freimachen.“ Auch er blickte sich um - allerdings nicht auf der Suche nach NIC’lern. Manches was er dachte und sagte, war ebensowenig für die Ohren anderer Flottenoffiziere gedacht: „Ich will bloß wissen, welche Rolle sie uns dabei zudenken.“ Schupp nickte. Mithel hatte das eine oder andere über Jollahran durchschimmern lassen, und außerdem waren ja auch gewisse Gerüchte unterwegs. Der Captain der „RELENTLESS“ machte zum Gutteil die Trägerkapitäne - einen besonders - für gewisse Rückschläge verantwortlich. Und Schupp war geneigt, ihm Recht zu geben: „Ich habe mit den Kommandeuren gesprochen, auch mit den Neulingen. Wenn es zur Schlacht kommt, werden unsere Schiffe sich schon bewähren. In der Mitte die schweren Kreuzer - voraus und achtern sowie an den Flanken die leichten. Und wir haben Feuer auf Feindjäger und ,Vampire‘ geübt. Besser können wir uns nicht vorbereiten. Himmel - zur Not lasse ich die Shuttle aufmunitionieren und schicke sie raus, damit sie kämpfen.“ Er grinste schief: „Wir zeigen den Echsen unsere Flanke - und dann drauf mit allem, was die Stückpforten hergeben. Wie in der alten Zeit. Bleiben Sie nur an meiner Seite, wenn wir das Signal zum Angriff setzen.“ Kreuzerkommandanten waren Traditionalisten, und manche waren schlimmer als andere.

Mithel lachte, doch es klang zum Teil auch bitter: „Ich werde Ihnen folgen, und wenn es gegen die ganze verdammte Akarii-Schlachtflotte geht. Falls nicht so ein... sich etwas einfallen läßt und uns einsetzt, damit wir seinem kostbaren Träger den Arsch retten.“ Schupp begegnete dem Blick des anderen Captains und ahnte die unterdrückte Wut seines Kollegen: „Nun, nicht unter meinem Kommando.“ Der Captain der „RELENTLESS“ salutierte: „Ich weiß, Sir!“ Schupp erwiderte der Gruß. Es mochte ein wenig theatralisch wirken, aber es gab kaum eine Organisation, die den Pathos mehr zu einem Ritual gemacht hatte. Vom ersten Augenblick an prägte man die Kadetten nach den „lebenden Traditionen“ der Marine. Und wer sich dem nicht anpaßte, der hatte Glück, wenn er nur geschnitten und geächtet wurde. Natürlich konnten auch Querdenker und unkonventionelle Köpfe aufsteigen - Leistung vorausgesetzt. Aber sie hatten es schwer gegen die ,Alte Garde‘ - über die böse Zungen das selbe sagten wie über die echte Alte Garde: „Dort hat ein Esel den Rang eines Pferdes.“ Was freilich zu 95 Prozent nicht mehr als böswillige Verleumdung war...
Und mit den Jahren nahmen die Kadetten und jungen Offiziere diese Traditionen auf und führten sie weiter, bis ihnen der ganze Pathos und alle Rituale in Fleisch und Blut übergingen. Alles, was sie dachten und fühlten, geschah im Rahmen dieser Traditionen.
Schupp drehte sich zu den anderen Kapitänen um: „Ich weiß, daß gilt auch für Sie - für alle. Ich verspreche Ihnen, daß wir nicht den Schwanz einkneifen werden. Wir werden unsere Pflicht tun, wohin man uns auch befielt. Ich bin sicher, der Tag ist nicht mehr fern, an dem sie uns in den Kampf schicken. Und wir werden uns bewähren.“ Die Antwort war die einzig mögliche: „Jawohl Sir!“ Lang lebe die Tradition.
Tyr Svenson
Das neue Schwert

Die Anzeichen für ein baldiges Ende der „Schonzeit“ mehrten sich - das bemerkte jeder, der dafür Interesse aufbrachte. Die auf allen Kanälen übertragene Taufe der COLUMBIA war eines dieser Anzeichen. Dazu waren alle Maschinen noch einmal einer Generalüberprüfung unterzogen worden. Dabei hatten die technischen Dienste regelrecht rotiert, war jeder Jäger auf Herz und Nieren geprüft worden - eine ziemliche Schinderei für die Techs, der einen vollen Tag gedauert hatte. Zwar war die allgemein erwartete Bomber- oder Jagdbomberstaffel der Angry Angels noch immer nicht eingetroffen - aber keiner glaubte, daß die COLUMBIA noch lange in der Etappe bleiben würde. Die Rede von Präsidentin Birmingham hatte eine Offensive angekündigt und die selbst ernannten Experten unter den Piloten prognostizierten ihr ein politisches Waterloo, wenn sie diesen Worten nicht Taten folgen ließ. Man erwartete den baldigen Marschbefehl mit einer Mischung aus Ungeduld, Nervosität, stoischen Fatalismus, Pflichtgefühl und Furcht.

Kano marschierte in Richtung des Verwaltungskomplex. Vor zwei Stunden war ihm mitgeteilt worden, daß für ihn ein Paket eingetroffen sei. Das war praktisch unmittelbar vor einer von Darkness geliebten „Alarmübungen“ gewesen, einem Simulatoreinsatz. Es hatte Kano überrascht und etwas aus dem Gleichgewicht gebracht, daß Darkness dabei die „Zweite Schlacht von Troffen“ verwendet hatte - den Überraschungsangriff akariischer Raumjäger, Bomber und Jagdbomber auf den REDEMPTION-Verband. Natürlich war das nur Brawler, Kano und Darkness selber bewußt gewesen. Es war ein seltsames Gefühl gewesen - in diesem Gefecht war sein Jäger ziemlich zusammengeschossen worden. Man hatte Kano schwer verletzt aus dem Cockpit ziehen müssen...
Er wußte nicht, wer ihm ein Paket schicken sollte. Eigentlich kam nur seine Familie in Frage. Seine sonstigen Bekannten oder Freunde schickten nichts - oder waren hier auf Miramar stationiert.
Wenn er dies bedachte, glaubte Kano vermuten zu können, was man ihm da geschickt hatte. Diese Vermutung ließ ihn nervös werden und als er das Gebäude betrat, fühlte Kano, wie sich sein Herzschlag beschleunigte.

Ein Corporal und zwei Soldaten versahen den eher eintönigen, aber bequemen Dienst. Es war natürlich ein offenes Geheimnis, daß jede Poststelle der Streitkräfte, so jedenfalls die Legende, einen Mitarbeiter hatte, der im Dienst des Sicherheitsdienstes stand und Briefe und Sendungen kontrollierte und zensierte. Natürlich galt das gleiche auch für elektronische Botschaften der Soldaten, wenn sie dafür einen Rechner benutzten, der dem Militär gehörte...
„`N Abend Soldat. Na, was führt dich her?“ Der etwas dickliche Corporal war anscheinend eine eher gemütliche Natur.
„Ich bin Second Lieutenant Kano Nakakura. Hier soll ein Paket für mich angekommen sein.“ Kano betonte seinen Rang leicht. Einer der Soldaten stieß seinen Kameraden mit dem Ellbogen an. Der Corporal grinste nur und tat so, als verstände er gar nichts: „Nakakura? Tja, da haben wir tatsächlich was.“ Er winkte locker einem der Soldaten, der ein etwa 1m langes, aber recht schmales Paket herbeibrachte.
„Hier quittieren.“ Der Korporal schob Kano ein elektronisches Klemmbrett rüber. Der junge Pilot unterschrieb und nahm das Paket entgegen. Er fühlte, daß seine Hände feucht waren. Kano hatte Mühe, seine Miene unbeteiligt zu halten. Das Paket kam tatsächlich aus Tokio - von seinen Eltern.
„Na, du hast wohl Geburtstag? Weißt du, was drin ist?“ Der Corporal machte aus seiner Neugier kein Geheimnis, was Kano nun wirklich auf die Nerven ging. Mit einem lakonischen „Ja.“ drehte er sich um und ging. Der Corporal zuckte mit den Schultern: „Diese Schlitzaugen geben sich doch immer, als hätten sie einen Stock verschluckt. Was meint ihr, was da drin war?“ Das war eines der Spiele, um sich die Zeit zu vertreiben. Einer der Soldaten grinste: „Vielleicht `ne aufblasbare Seemannspuppe?“ Danach wurde das Gespräch schweinisch.

Kano war froh darüber, das Crusader zur Zeit nicht in ihrem gemeinsamen Quartier war. Vermutlich war sein Wingman wieder mal in einem Simulatorkampf mit La Reine. Aber Kano wollte jetzt nicht gestört werden. Langsam, sorgfältig wickelte er das Paket aus. Zum Vorschein kam ein hölzerner Kasten und ein Briefumschlag. Kano kämpfte vergeblich gegen ein nervöses Lächeln. Er fühlte sich wie in seiner Kindheit zu Weihnachten. Auch wenn seine Familie sehr traditionalistisch und eher von der buddhistischen und shintoistischen Tradition geprägt war, hatte sich dieses Fest in Japan allgemein durchgesetzt - wohl auch, weil sein christlicher Hintergrund vielfach fast völlig in Vergessenheit geraten war.
Zuerst öffnete Kano den Umschlag. In ihm lagen mehrere Seiten Papier. Der Reihe nach las er die Briefe. Der erste war von seinem Vater.

'Wir haben mit Freude und Stolz deine Nachricht erhalten. Der Dienst in einer Nighthawkstaffel ist eine Ehre. Du wirst den besten Jäger unserer Marine fliegen. Und ich bin sicher, du wirst die in dich gesetzten Erwartungen deiner Offiziere erfüllen und übertreffen. Wir sind der festen Überzeugung, daß das neueste Schiff unser Flotte für dein Geschwader bestimmt ist und das du so Teil der Streitmacht wirst, die den Krieg endlich in das Territorium des verfluchten Feindes bringst.
Du wirst mit einem neuen Jäger, auf einem neuen Träger in den Krieg ziehen. Ich glaube, daß dies ein gutes Zeichen ist. Möge dein neues Schicksal ebenso ehrenvoll sein, wie dein Kriegsdienst in den letzten Monaten - aber noch erfolgreicher. Und ich hoffe, daß unser Geschenk deinem neuen Schicksal entspricht...'


Der zweite Brief war von seiner Mutter. Auch wenn sie ebenso stark in den japanischen Traditionen erzogen und verankert war, spürte Kano zwischen den Zeilen Sorge um ihn, die sie nicht so gut verbergen konnte wie Kanos Vater. Einige andere Zeilen ließen Kano kurz lächeln:
'Wie geht es deiner Freundin? Dein Vater und ich würden uns freuen, Sie auch einmal persönlich kennenzulernen.'
Sie schloß mit den Worten 'Wir beten für deinen Erfolg und Wohlergehen.'
Der letzte Brief war von Kanos jüngerer Schwester Sakura. Sie schrieb, daß in der Schule ziemlich heftige Streitigkeiten mit einigen Anhängern der Friedensbewegung gebe, 'natürlich fast ausschließlich gajin'. Sakura berichtete außerdem, daß sie mit zwei Brüdern beim Militär, einer davon ein Jagdfliegeraß, der Liebling der meisten Lehrer war. Dabei erwähnte sie allerdings nicht ihren Bruder Ioura, der über Mantikor gefallen war. Kano vermutete, das Iouras Tod wohl auch ein Grund für die Einstellung der Lehrer war. Der Jagdfliegerberuf war bei Jungen und Mädchen in der Schule offenbar der beliebteste Karrierewunsch in den Streitkräften. Viele schienen Sakura für die Geschichten zu beneiden, die sie erzählen konnte. Sie schloß damit, Kano viel Glück zu wünschen.

Erst nachdem er die Briefe sorgfältig gelesen und behutsam wieder zusammengefaltet hatte, widmete sich Kano dem Holzkasten. Obwohl er nun sicher war zu wissen, was darin lag, klopfte ihm immer noch das Herz. Vorsichtig löste er die Verschlüsse und öffnete den Kasten.
Darin lag ein japanisches Schwert, etwa einen Meter lang - ein Katana, das Hauptschwert der Samurai. Selbst in der sorgfältig, aber schlicht verzierten Scheide verborgen raubte Kano der Anblick ein paar Augenblicke den Atem, auch wenn er sich sicher gewesen war, daß eine solche Waffe in dem Holzkasten lag. Vorsichtig nahm er das Schwert an sich, zog langsam blank. Die schmale, einschneidige Klinge war leicht gebogen. Auf der Schneide stand auf der einen Seite der Name des Schmiedes, auf der anderen Seite Kanos Name.
Es war natürlich eine neue Klinge. Die „echten“ Samuraischwerter, die bis ins 19. Jahrhundert gefertigt worden waren, waren heutzutage unbezahlbar. Viele waren in Privatbesitz, andere hatte die Regierung gekauft. Selten einmal wurde besonders verdienten Politikern oder Militärs vom Tenno, dem japanischen Kaiser, der wie die anderen Könige der Erde heute hauptsächlich repräsentative Aufgaben hatte, eines dieser Schwerter in einer aufwendigen Zeremonie auf Lebenszeiten verliehen. Nach dem Tod des Trägers ging das Schwert wieder an den Kaiser. Dem Namen der Träger aber wurde weiterhin gedacht.
Dieses Schwert aber war neu, doch zweifelsohne auf die traditionelle Art und Weise hergestellt worden - ohne den Einsatz irgendwelcher Maschinen - mit den Mitteln und Techniken, die seit mehr als einem Jahrtausend überliefert wurden. Es gab immer noch eine Anzahl Schmiede, die solche Waffen fertigten, aber da die Herstellung langwierig und schwierig und die Anforderungen an den Schmied hoch waren, gab es nicht allzu viele und sie waren auch nicht gerade billig.
Kano fühlte, wie seine Kehle eng wurde. Nachdem er sein erstes Schwert beim Untergang der REDEMPTION verloren hatte, hatte er bis jetzt gefürchtet, sich für ein solches Geschenk als unwürdig erwiesen zu haben. Er begriff durchaus die Bedeutung dieses Schwertes. Diese Geschenk versicherte ihm das Vertrauen seiner Eltern, daß er eine eigene, ruhmvolle Tradition schaffen würde, die in der Familie weitergegeben würde.

Hinter Kano flog die Tür auf. Instinktiv fuhr er herum.
Es war Crusader: „Diesmal habe ich dieses Miststück aber...“ Er stoppte mitten im Satz und starrte Kano ziemlich überrascht an. Dann grinste er und pfiff leise durch die Zähne: „Alle Achtung. Gehört das jetzt zur Standardbewaffnung?“
„Es ist ein Geschenk.“
„Darf ich einmal?“
Kano überlegte kurz, dann reichte er das Schwert seinem Flügelmann: „Sei vorsichtig. Es ist sehr scharf.“
Crusader hob die Klinge und betrachtete fasziniert das Spiel der letzten Sonnenstrahlen auf dem Metall: „Es ist wunderschön.“
„Das ist es - und mehr. Es ist auch eine Verpflichtung.“
Crusader gab das Schwert vorsichtig zurück: „Davon verstehe ich nicht viel. Aber ist das nicht auch etwas antiquiert?“
Kano hatte das Schwert bereits wieder in die Scheide geschoben. Jetzt blickte er auf, einen seltsamen, fast amüsierten Ausdruck im Gesicht: „Meinst du? Na das wollen wir doch mal sehen...“ Er drehte sich halb um - wirbelte dann aber plötzlich wieder herum.
Crusader starrte vollkommen perplex auf die Klinge, die einen viertel Meter vor seinem Gesicht aufgetaucht war und die Kano fast ebenso schnell wieder in der Scheide barg. Crusader stieß halb lachend die Luft aus: „Schon gut, schon gut - ich bin überzeugt. Wo hast du das gelernt?“
„Das haben sie uns stundenlang üben lassen. Es kann entscheidend sein, daß du als erster blank ziehst. Und als erster angreifst. Auch als Jagdflieger gewinnst du damit in der Regel den Kampf. Und beim Schwertfechten lernt man Sicherheit mit der Hand, ein Auge für den Gegner zu haben - und schnelle Reflexe. Alles Dinge, die auch ein Pilot braucht. Und hast du schon einmal einen japanischen Schwertkampf gesehen?“
„Nur im Fernsehen. Na ja - und ich habe mal ein Jahr Kendofechten gemacht. Wieso?“
„Gut. Ich habe bisher hier noch keinen mit meinem Hobby. Wir können ja bei Gelegenheit dein Training fortsetzen. Und was das ‚Wieso‘ betrifft... Ein japanischer Schwertkämpfer, ein Samurai war nie so schwer gepanzert, wie einer eurer Ritter. Er trug auch keinen Schild. In unserem Kampfstil ist es vor allem wichtig, schnell mit der Klinge zu sein - und geschickt. Das ist der Schutz des Kriegers. Wie bei einem Jagdflieger. Und diese Schwerter - sie waren auch dann noch Symbol eines wahren Samurai, als Japan bereits in die Moderne eingetreten ist. Mit dem Schwert in der Hand führten Offiziere ihre Soldaten in Sturmangriffe - auch gegen einen überlegenen Feind, und in den Tod. Mit dem Schwert in der Hand versuchten unsere Matrosen feindliche Schiffe zu entern, wenn ihre Kanonen versagten.“
Crusader wußte, worauf Kano jetzt anspielte: „Aber ihr habt diesen Krieg verloren.“
„Ja. Aber es war dieser Geist, der die Kamikaze beseelte. Und dieser Geist konnte nicht besiegt werden - nur mit der größten Vernichtungskraft, die der Mensch in seiner Geschichte geschaffen hat. Und ich glaube, etwas von diesem Kampfgeist müssen wir auch in diesem Krieg beweisen. Siehst du das Stichblatt?“
„Ja. Was sind das - Kirschblüten?“
„Richtig. Ein nationales Symbol Japans. Sie hat nur ein kurzes Leben und ist deshalb ein passendes Symbol für den Samurai, der bereit sein muß, jederzeit sein Leben einzusetzen.“
„Du bist wirklich verrückt!“
Kano schüttelte leicht den Kopf, grinste dann dünn: „Vielleicht ein wenig. Aber wie steht es mit dem Kendofechten?“
„Aber wenn ich dann genauso anfange zu reden wie du - versprich mir, mich bewußtlos zu schlagen und in den Arrest zu stecken!“
Kano erhob sich und legte das Schwert mit großer Sorgfalt in seinen Spindschrank. Als er sich umdrehte lächelte er ironisch: „Ich glaube sowieso nicht, das du das Zeug zum Samurai hast, gajin.“
Crusader verstand diese Stichelei nicht als Beleidigung.
Tyr Svenson
Der Besprechungsraum war voll bis zum Rand. Das gesamte Geschwader der Angry Angels war hier versammelt und wartete mit Spannung auf ihren kommandierenden Offizier.

Donovan war aber nicht voll bei der Sache. Er musste an Skunk denken, dem sie die Schwingen für 10 Tage abgenommen und dann in den Tower gesperrt hatten.. Sein Fight gegen die Nighthawk der Starlancers neulich hatte zwar wieder einmal gezeigt, das er ein außerordentlich guter Pilot war, aber auch gleichzeitig wieder einmal bewiesen, warum er immer noch nur 1st Lieutenant war.
Einige Piloten bewunderten ihn für seine fliegerischen Fähigkeiten, andere hassten ihn wegen seiner Arroganz, Überheblichkeit und seiner aggressiven Art. Und Donovan gehörte eindeutig zu der zweiten Gruppe.
Daher war er mehr als froh gewesen, dass er Skunk zumindest während der Flugübungen nicht ertragen musste. Skunk ließ es sich zwar nicht nehmen, nach seinem Strafdienst noch bei der Staffel vorbei zu schauen und Cartmell regelmäßig vor versammelter Mannschaft runter zu machen. Doch war es für Donovan deutlich ruhiger geworden, da sich Hal, sein derzeitiger Flightleader weniger abweisend verhielt.

Andererseits war es aber auch nicht gut noch weitere 10 Tage mit seinem Wingcommander zu verlieren. Sie waren jetzt schon so weit davon entfernt ein Team zu sein, dass Donovan sich schon fragte, ob es Skunk überhaupt auffallen würde, wenn sie mal nicht nebeneinander fliegen würden.
Donovan hatte es schon einmal mit einem Wingcommander zu tun gehabt, der sich nicht sonderlich darum geschert hatte, was mit seinem Wingman wurde. Und das Resultat davon hatte ihn in die Gefangenschaft geführt.

„ACHtung.“
In diesem Moment trat der Commander Air Group der Angry Angels, Commander Lucas „Lone Wolf“ Cunningham in den überfüllten Raum ein, um endlich seiner Staffel die langersehnte Aufwartung zu machen. Alle Piloten im Raum standen ruckartig auf und gingen in Habachtstellung.
Alle bis auf einen.

Ensign Donovan „Noname“ Cartmell saß mit finsterer Miene und mit auf der Brust verschränkten Armen auf seinem Platz und rührte sich nicht von der Stelle.
Auf diese Weise war ihm zwar die Sicht auf seinen Staffelkommandanten genommen, aber Donovan wusste eh wie dieser aussah. Es war ihm in diesem Augenblick viel wichtiger ein Zeichen zu setzen, wobei er sich unwillkürlich fragte, ob es überhaupt auffallen würde.
Doch als der CAG sein Geschwader zum Setzen aufforderte, drehten sich etliche der um ihn herum sitzenden Piloten zu ihm um, während sie sich wieder auf ihren Plätze niederließen. Also war es wohl doch aufgefallen. Und so wie er sie interne Gerüchteküche kannte, würde es sich innerhalb der nächsten Stunde bereits zu jedem herumgesprochen haben.
Zusätzlich konnte er in den Augen der meisten Piloten erkennen, dass Sie am liebsten einen Bannkreis um Ihn herum errichtet hätten, doch es war zu eng dafür.

Der CAG schnatterte inzwischen ansatzlos weiter, doch Cartmell hörte nicht wirklich hin.
Stattdessen konnte Donovan das erste Mal einen Blick auf seinen früheren Wingcommander und jetzigen Geschwaderkommandanten werfen, wenn auch nur aus einiger Entfernung.
Die Gesichtszüge schienen etwas verhärmter zu sein als in seiner Erinnerung, war aber kein Wunder, denn schließlich war es fast 10 Jahre her, dass Sie sich zuletzt gesehen hatten.
Aber das arrogante, überhebliche Grinsen war immer noch dasselbe. Er schien förmlich vor Energie und Vorfreude zu sprühen. Ganz anders als er selbst.
Und er hatte Karriere gemacht, ohne Frage. Ebenfalls ganz anders als er selbst.

Wut stieg wieder in Ihm auf. Wie so oft seitdem er gehört hatte, dass er wieder unter Cunningham´s Befehl stehen würde. Dem Mann, dem er Mitschuld an seiner heutigen Situation gab.
Donovan versuchte instinktiv Lone Wolf mit eisigen Blicken aufzuspießen, doch es half nichts, es war einfach zu voll. Bei mehr als 100 Anwesenden Piloten hatte es Cunningham mit zu vielen Gesichtern zu tun, um ein einzelnes daraus herauszupicken.
Er war gespannt, wann sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen würden.

Als die Piloten um ihn herum ein lautes „JAA“ herausbrüllten auf Cunningham´s Frage, ob sie zu den Besten der Besten gehören wollten, drehte sich Donovan der Magen um. Wie leicht waren Sie alle doch zu beeinflussen.
Wie eine Herde Schafe auf dem Weg zur Schlachtbank.

Sahen Sie denn nicht, dass Ihr Hirtenhund wie es schon sein Callsign aussagte nicht doch ihr aller Wolf war – und nicht die Akarii.
Tyr Svenson
„Skunk, hol ihn endlich runter verdammt. Da hat sich gleich eine Hawk in unsere Sechs gesetzt.“
Hart riss Donaovan seinen Steuerknüppel herum und folgte seinem Wingleader in eine enge Kehre, während dieser sich in den Rücken einer der simulierten Akarii einnistete.
„Schnauze, gleich habe ich den Penner vor mir, dann hole ich mir den hinter uns.“

Seit fast zwei Stunden fegten Sie nun schon hier über den Nordamerikanischen Kontinent und hatten bereits mehrere Tainingseinsätze hinter sich gebracht.
Im ersten Einsatz hatten Sie eine Gruppe reinkommender Jäger davon abgehalten, ihren Jagdbombern zu nahe zu kommen. Während Donovan dabei erfolgreich Skunks Arsch deckte, hatte sich dieser drei Abschüsse geholt.
Im zweiten Übungseinsatz hatte sich Skunk wieder zwei Skalps geholt, während er abgeschossen worden war. Im dritten Einsatz dasselbe Spiel, nur das es kurz darauf auch Skunk erwischt hatte. Und auch dieses Mal sah es nach derselben Nummer aus.
Skunk holte sich die Abschussmarken, während Donovan hinter ihm die Anstandsdame spielte und nichts weiter tun durfte als diesem Arschloch den Rücken zu decken.

Das mit den Abschüssen war Donovan relativ egal. Da er ohnehin nicht mit dem Flying Cross rechnen konnte, solange er diesen Status hatte, war es auch unerheblich wieviele Abschüsse er schaffen würde.
Das er aber seinen Kopf hinhalten musste für jemandem dem es offensichtlich scheissegal war, was aus ihm werden würde, dass wurmte ihn dagegen gewaltig.

Donovan behielt ihren Heckradar im Auge, Der gegnerische Pilot hatte die letzte Wende genutzt um nun endgültig in ihrem Rücken zu sein. Und prompt ging der Warnhinweis auf eine feindliche Zielerfassung an.
„Skunk!!!“
„Schnauze!“
„Skunk, ich fang hier gleich schon wieder eine Rakete ein!“
„Schnauze, habe ich gesagt…“ Skunk beharkte sein Opfer mit seinen Strahlenkanonen, konnte dessen Schild aber nicht knacken.

Dann meldete Donovans Zielcomputer den Abschuss einer feindlichen Rakete, dicht gefolgt von einer zweiten. Der gegnerische Pilot schien auf Nummer sicher gehen zu wollen.
„Scheisse, Skunk! Ich drehe ab…“ fluchte Donovan durch den Funk. Ein drittes Mal hatte er nicht vor sich für diesen Bastard grillen zu lassen.
„Du bleibst wo du bist…“ brüllte sein Wingleader, doch Donovan hörte nicht auf ihn. Sollte er doch sehen wie er selbst zu Rande kam. Donovan hatte jetzt genug eigene Sorgen. Er ging in eine enge Kehre, gefolgt von einem wilden Ausweichmanöver gekoppelt mit dem Auswurf mehrerer Täuschkörper, die mit Erfolg dafür sorgten, dass beide ihn verfolgenden Raketen die Zielerfassung verloren.
Blitzschnell huschte sein Blick auf seine Radaranzeige. Während er zugesehen hatte, seinen Arsch zu retten, war der zweite Jäger nicht hinter ihm geblieben, sondern hatte sich entschlossen Skunks Maschine zu attackieren, damit dieser wiederum von seinem Kameraden abliess.
Und das schien dieser notgedrungen auch getan zu haben. Die Maschine, die sie gerade noch gejagt hatten, war jetzt im Begriff sich ebenfalls hinter Skunks Maschine zu setzen. Doch Donovan konnte das verhindern. Er setzte den Nachbrenner ein und schloss schnell zu der gegnerischen Maschine auf, die näher an ihm dran war, als Skunk und sein Schatten.
Als die Zielerfassung den Jäger vor ihm zu greifen versuchte, erkannte der Pilot anscheinend, dass nicht Skunk sondern Donovan für ihn im Moment die größere Gefahr darstellte. Er versuchte auszuweichen und Donovans Zielerfassung abzuschütteln und fast wäre es ihm auch gelungen. Doch er hatte sich ein paar Sekunden zu spät dafür entschieden. Donovan jagte ihm zwei Sidewinder in den Rücken und verfolgte genüsslich wie der gegnerische Pilot mit wilden Manövern versuchte den Raketen zu entkommen, wie kurz zuvor er selber.
Eine der simulierten Raketen liess sich tatsächlich beirren. Doch die zweite Rakete reichte zumindest aus, um die bereits von Skunk beschädigten Schilde zum Zusammenbrechen zu bringen. Jetzt war Donovan dicht genug dran um den Gegner mit seinen Strahlenkanonen endgültig zu erledigen.
Aber einfacher gesagt als getan. Der Pilot in dem gegnerischen Jäger entpuppte sich selbst angeschlagen als äußerst zäher Hund. Kein Wunder, dass selbst Skunk solange gebraucht hatte um ihn zu kriegen.
Doch schliesslich konnte sein Opfer nicht länger aushalten und ein simulierter Ausstieg kündete von Donovans Abschuss.

Er atmete einen Augenblick vor Erleichterung aus, nur um sofort darauf wieder in akuten Stress zu verfallen, als erneut eine Zielerfassungswarnung durch sein Cockpit brandete.
Doch sein verwirrter Blick konnte auf der Radaranzeige keinen feindlichen Jäger in seiner Nähe ausmachen. Es dauerte einen Bruchteil einer Sekunde eher er begriff, dass er von der Maschine aufs Korn genommen worden war, die sich direkt hinter ihm befand.
Skunks Maschine.

Donovan war überrascht, dass Skunk anscheinend nicht nur in der Lage gewesen war, seinen Gegner in deutlich kürzerer Zeit rauszunehmen. Sondern auch darüber, dass der Veteran sich dann auch noch unbemerkt in Donovans Rücken gestohlen hatte.
Und bevor er Skunk fragen konnte, was das Ganze sollte, schoss auch schon eine simulierte Sidewinder auf ihn zu und zerplatzte an seinem Heckschild, da Donovan nicht die geringsten Anstalten machte ihr auszuweichen. Zum einen weil er viel zu verdutzt dafür war. Zum anderen, weil er instinktiv verstand, was Skunk mit dieser Aktion bezweckte. Und Donovan dachte nicht daran vor seinem Rottenführer zu kuschen.

„Mach das ja nie wieder.“ Das „, sonst…“ brauchte Skunk gar nicht erst auszusprechen, da seine eisige Stimme keinen Zweifel daran, dass es sich beim nächsten Mal wohl nicht um eine simulierte Rakete handeln würde.
Tyr Svenson
Radio betrat den Bereitschaftsraum der Roten Schwadron. "Bleibt ruhig sitzen!", rief der den aufstehenden Piloten zu.
Er schnappte sich einen Stuhl und stellte ihn mit der Lehne zu den Piloten und setzte sich verkehrt herum drauf, so dass er die Männer und Frauen die er zu einem Kommando formen sollte anguckte.
"Als erstes muss ich mich bei Euch entschuldigen. Es war meine Pflicht Euch auf den Krieg vorzubereiten, doch egal was die Bewertung aussagt, diese Schwadron ist nicht bereit für den Krieg. Und da wir und vier Tagen auf die COLUMBIA verlegt werden, haben wir nicht mehr viel Zeit. Also fangen wir an.
Mein Name ist Curtis Long, aber nennt mich ruhig beim Callsign und lasst das Sie oder Sir weg. Ich werde es auf der COLUMBIA auch sein, an den Ihr Euch wenden könnt, wenn Ihr was Spezielles braucht."
Er grinste Kali und Shaka oder Ace oder auch zum Teufel an. "Japp, ich werde mir wieder den Schwarzmarkt unter den Nagel reißen."
Einige der jüngeren Piloten lachten.

"Und auch wirst Du es sein, der das Unterste nach oben kehrt und die Scheißhausparolen in Umlauf bringst." Kali klang wenig begeistert.
"Wenn Du so was meinst, dass Du mit Okha fummelst, ja, dass soll selbst der jüngste und niedrigste unter den Matrosen wissen." Er zwinkerte der rot anlaufenden Inderin zu. "Zu meinen Hobbys: Wenn ich mich nicht gerade mit dem Alten zoffe…", wie aufs Stichwort erschien Cunningham im Raum und lehnte sich an die Rückwand. Neben Radio schien nur Cartmell seine Ankunft zu bemerken, "…tja, dann Barkeeper ich ein bisschen, spiele Poker und lese."
"Das blättern im Colonial Playboy kann man nicht wirklich lesen nennen", schoss Mantis und erntete Gelächter.

Der Lieutenant Commander deutete auf Ace und Kali.
Ace ließ Kali den Vortritt und stellte sich dann selbst vor. Beide erzählten von Ihren Feindfahrten auf der alten REDEMPTION und Ace ließt jedoch seinen Callsignwechsel aus.
Woraufhin Radio Pops aufforderte sich vorzustellen.
"Das Callsign hatte ich schon auf der Akademie weg, meine gemütliche Art eben. Ich diene seid 12 Jahren in der Navy und bin immer noch zu haben." Er grinste Mantis an. "Sieben Jahre auf Jägern, erst Griphens, dann Phantome, hab schließlich auf Flugsicherungsoffizier umgesattelt und bis vor kurzen die Flugsicherung auf der Melbourne gemacht, mich aber wieder zum Flugdienst gemeldet, als man nach Freiwilligen suchte.
Meine Hobbys: Natürlich auch Poker und Rugby und Billard."
Er klopfte seinem Nachbarn auf den Arm.
"Tja, ich bin Hal Crispin, war bis vor kurzem in der Qualitätskontrolle von Lookhead-Martin tätig und habe für Euch die fertig gestellten Jäger getestet, Griphens, Phantome und Mirages. Und hier bin ich.
Tja, zu haben wär ich auch wieder, seid drei Jahren geschieden, zwei Kinder Paul und Jane. Hobbies wollt Ihr wissen." Er fuhr sich durch die Haare. "Fliegen, fliegen ist einfach das größte, ich weiß nicht, aber ist einer von Euch mal vom Mond gestartet, von der der Erde abgewandten Seite und ist Euch der blaue Ball dann wie die Sonne aufgegangen, es ist wie Magie. Ja, Magie."
Er schüttelte seinen Kopf und klopfte seiner Nachbarin auf die Schultern.
"Mein Name ist Nicole Shaw, ich bin 43 Jahre alt und somit nicht nur Gesichtsältiste. Ich hasse diesen Krieg und wenn ich mich drücken könnte würde ich es tun. Meine älteste Tochter ist schwanger, sprich ich bin werdende Großmutter, sprich im Gegensatz zu Euch Raketenjockeys weiß ich ganz genau, wofür ich kämpfe. Ich diente in der Boston Space Force und bin, war hauptberuflich Architektin.
Mein Gatte ist Arzt mit eigener Praxis. Warren und ich haben zwei Töchter Beverley, die schwangere und Ireen. Nächster!"
Der junge Pilot stand auf, setzte sich jedoch gleich wieder: "Nun ja ... ähm, mein Name ist Entienne Lambert, ich ging zur Navy, weil ich von zu Hause weg wollte, ich kommen von einer Kolonie Namens Calipso. Meine Eltern haben eine eigene Winzerei, aber auf Calipso begeht selbst der Hund Selbstmord, weil es dort so langweilig ist, ich wollte was erleben.
Mein größtes Hobby sind Computer."
"Ich bin Sean Marley", begann der schwarze mit der Rastafrisur, "mein Callsign ist der Vorname eines Urahn von mir, er war seiner Zeit ein berühmter Sänger. Nun Singen kann ich nicht sehr gut, aber ich verstehe mich aufs Grillen, aber Vorsicht, wir auf Jamaika haben da eine besonders scharfe Soße für die Steaks.
Und ansonsten mache ich gerne Musik, ich spiele Gitarre und Mundharmonika."
"Nun ich?" Fragte Goblin. "Ja, also mein Name ist Werner Bach, komme aus Neu Bremen, Mars, mein Callsign, ich weiß nicht wie ich dazu komme, aber es hängt an mir wie Pech. Wie ich hierher komme ist eine recht traurige Geschichte. Also ich hatte mein Studium geschmissen, ich hatte erkannt, dass intergalaktische Politologie einfach scheiße ist, denn, zu wem haben wir bitte diplomatische Beziehungen außer den Kolonisten.
Aber zu Hause wollten sie mich auch nicht sehen. Kann ich ja verstehen, mein Vater hatte sich dumm und dämlich geschuftet um mir das Studium zu finanzieren. Er schmiss mich mit den Worten "Mach gefälligst was aus Deinem Leben" und dem Recrutierungsheft der Navy an die frische Luft." Goblin zuckte die Schultern.
"Als ich mich als Matrose mustern ließ vielen meine guten Reflexe und Hand-Augen-Koordination auf. Nach ein paar mehr Eignungstest bot man mir an auf die Flugschule zu gehen. Als der Berater mir was vom Offiziersgehalt und Flugzulage vorschwallte unterschrieb ich und viola, ich bin hier."
"Armer Junge aber auch," spottete Skunk, "jetzt bin wohl ich. Ich bin der Grund, warum Ihr auf den Mann dort gut aufpassen solltet." Er deutete auf Radio. "Denn wenn er abkratzt, kriege ich seinen Job, und dann wird es Euch dreckig ergehen.
Hobbys: Ich verspeise gerne Marines. Esse gerne gute Steaks und röste mir diese weißgeschuppten Echsenärsche. Dies ist der Krieg auf den ich solange gewartet habe. Dienst in Friedenszeiten ist scheiße, endlich kann ich meinen Job tun. Leute töten."
Alle Augen richteten sich auf Cartmell.
Der starrte zurück: "Ich bin Donovan Cartmell und mich haben sie aus dem Knast rausgeholt um Akarii zu töten. Langt das?"
Goblin hob den Arm: "Es gibt Gerüchte Du wärst ein Pirat namens Black Buccaneer gewesen. Stimmt das?"
Radio antwortete: "Lieutenant hat sich Ensign Cartmell Ihnen gegenüber feindselig verhalten?"
"Nein Sir, ähm Radio."
"Ein Militärgericht unserer Navy hat ihn für unschuldig erklärt. Das reicht, dass wir seine Integrität nicht hinterfragen."
"Also ich würde nicht mit ihm fliegen wollen." Murmelte Bob in seinen nicht verhandenen Bart.
"Hey, es hätte mich schlimmer treffen können", spottete Skunk, "mir hätten sie auch so einen Jungfuchs wie Dich an den Flügel kleben können."
Radio erhob sich: "Sie alle sollten am gleichen Strang ziehen. Sehen Sie sich an. Sehen Sie sich den Mann oder die Frau links und rechts von Ihnen an.
Der ein oder andere von Ihnen wird sterben. Sie werden Kameraden sterben sehen. Seien Sie sich im Klaren, dass diesen Leute hier die einzigen sind, die Sie im Ernstfall vor dem schlimmsten bewahren können. Und jeder von Ihnen sollte bereit sein das Beste, das Allerbeste zu geben um Ihren Flügelmann, Ihren Wingleader, Ihren Staffelkameraden, denjenigen, mit dem Sie noch vor Tagen um dasselbe Mädchen konkurriert, verflucht oder wer der größte Pitcher in der Senior Baseballleague ist gestritten haben vor dem Tod zu bewahren.
Ein kluger Mann sagte mal: Wenn wir jetzt nicht gemeinsam stehen, werden wir später getrennt hängen."
Er rieb sich die Hände. Gott, Du hättest Schauspieler werden sollen, das hätte selbst Rodney Buzz nicht besser hingekriegt. Nur, wieso hast Du es nie geschafft Deinen Dad anzulügen. "Aber ich denke nun möchte der CAG mit uns die Manöverkritik durchgehen."

Lucas stieß sich von der Wand ab und ging ans Rednerpult. Er war nervös und aufgewühlt, wusste es aber gut zu verbergen. Nur jemand der ihn gut kannte wie Darkness hätte es vielleicht erkannt: "Guten Morgen Ladies and Gentlemen. Nachdem Commander McQueen und ich uns das Wochenende um die Ohren gehauen haben um sämtliche Fehler rauszufiltern und Lösungen zu erstellen, wie man es besser machen kann wollen wir Ihnen die Predigten nicht vorenthalten."
"Sir", Mantis hob den rechten Arm, "aber wo wir uns hier alle vorgestellt haben, sollten Sie uns nicht auch etwas über uns erzählen. Ich mein, bevor wir Radio aushorchen?"
Er warf der älteren Frau einen missmutigen Blick zu.
"Ja, Commander, erzählen Sie uns doch etwas über sich", Cartmell beugte sich nach vorne.
"Dann fange ich mal da an, statt wie mein Vater es wünschte Jura zu studieren schrieb ich mich auf der Fliegerschule der Navy ein und verließ sie unter den besten zehn Absolventen, um genau zu sein als Nummer neun meines Jahrgangs. Die ersten Jahre flog ich auf der Galipoli Antipiratenmissionen. Ich war Mister Cartmells Wingleader auf der Mission, auf der er abgeschossen wurde und dann spurlos verschwand."
Lucas zwang sich Cartmell in die Augen zu blicken, was ihm alles andere als leicht viel. Aus dessen Augen stach zuerst Hass, dann verschleierten sich diese.
"Als die Galipoli danach in den Heimathafen einfuhr hörte ich davon, dass die Blue Angles neue Piloten suchten und die Navy ein Tunier austragen ließ um diese neuen Piloten auszuwählen und ich bewarb mich. Den Sprung in die Elite der Navy verdanke ich nur dem Umstand, dass ich den letzten Zweikampf gewann, weil meine Gegnerin nicht antreten konnte. Ich erfuhr später, dass sie durchfall gehabt hatte."
Gekicher stieg vor allen von den jüngeren Piloten auf. Wenn Ihr wüsstet.
"Bis zur Schlacht von Manticore diente ich bei den Angles auf der Enterprise. Wir waren die ersten, die sich gegen die Welle der Akarii warfen."

Seine Stimme stockte. "Wir ... wir waren ihnen nicht gewachsen. Sie durchbrachen unsere Linien und griffen die Enterprise an. In der sechstägigen Schlacht wurde ich erst zum Lieutenant Commander und zwei Starts später zum Commander befördert
Nach der Schlacht wurde ich als CAG der Gettysburgh durch Johann von Richter abgelöst und bekam das Bordgeschwader der REDEMPTION. Unsere letzte Fahrt war die Geleitzugschlacht von Jollarahn und nun bin ich hier um Sie in die Schlacht gegen die Akarii zu führen.
Sie werden die Zeche eintreiben müssen die uns die Akarii schulden."
Lone Wolf guckte in die Runde. Kali, Ace und Radio nic kten, sie konnten durch ihre Erfahrungen von Jollarahn erahnen, wie Manticore gewesen sein musste. Skunk war selbst bei Manticore dabei gewesen.
Die anderen schwiegen peinlich berührt und saßen da wie die Jungfrauen. Außer Cartmell der starrte ihn nur an, die Hände fest um die Stuhllehnen geschlossen, das die Knöchel weiß hervortraten.
"Aber kommen wir zur Manöverkritik ... "
Tyr Svenson
Es war Mittag auf Miramar, Albert hatte sich ein Mittagessen und einen Sitzplatz ergattert.
Nun, eigentlich war das nicht weiter schwer. Immerhin war die Kantine, die dreihundert Menschen aufnehmen konnte, nur zu einem Fünftel gefüllt. Der Geschwaderkampf vom Vortag steckte wohl vielen noch in den Knochen und nicht wenige hatten die Zeit genutzt, um auszuschlafen.
Dementsprechend saß Ace alleine am Tisch und ließ es sich schmecken.
Die Filetspitzen brauchte er nicht einmal zu schneiden, die Sahnesoße war exquisit und der braune Reis dazu hatte ein wunderbares Eigenaroma. Wenn Ace an das Essen auf der REDEMPTION zurück dachte, überlegte er ernsthaft, ob er sich nicht auf einen Bodengebundenen Posten versetzen lassen sollte. Das Essen war definitiv besser.
„Hey, Albert“, erklang es hinter ihm. Kali kam mit einem vollen Tablett heran. „Darf ich mich zu dir setzen?“
Der schwarze Riese nickte. „Nur zu, verbieten kann ich es dir ja nicht.“
„Würde auch nix nützen“, erwiderte die Pilotin keck.
Sie nahm Platz, betrachtete ihren Teller mit einem Seufzen und zog ein kleines Etui hervor.
„Wasn das?“, brummte Ace und deutete auf die kleine Tasche.
„Mein Pfeffer. Fünf Sorten von Zuhause und eine Currymischung. Das habe ich, um den ekligen Fraß etwas aufzupeppen.“
„Du kennst wohl nur zwei Geschmacksrichtungen, was? Scharf und richtig scharf“, erwiderte der Riese.
Bedächtig würzte Kali ihr Essen nach. „Hey, ich bin Inderin, falls dir das was sagt.“
Ace grinste breit.

„Darf ich mich zu Ihnen setzen?“, erklang eine neue Stimme.
Albert sah auf und erkannte Sean Marley, seinen Wingman. Er sah aber nicht ihn, sondern Kali an.
„Ich habe nichts dagegen, Lieutenant“, sagte sie leise.
Marley nickte und nahm neben Ace und damit gegenüber von Kali Platz. Er begann in seinem Essen zu stochern. Und sah nervös zu Helen herüber.
„Nun aber raus mit der Sprache, bevor Sie platzen, Bob“, bemerkte sie schließlich amüsiert.
Der Mann aus der Karibik fasste sich ein Herz. „Ma´am, ich will Ihnen eine Frage stellen. Warum lassen Sie zu, dass dieser Mann das Callsign eines guten Piloten annimmt?“
Albert grinste schief bei diesen Worten. Es war also so weit.
„Warum darf dieser… dieser…“
„Vorsicht, Lieutenant. Wir sind im Dienst. Sagen Sie nichts Falsches“, warnte Kali scharf.
„Verzeihung Ma´am. Aber Sie waren doch mit Lieutenant Davis befreundet.“
„Mehr oder weniger“, erwiderte Kali, die nun auch wusste, in welche Richtung die Bloodhawk ausbrechen würde.
„Ich finde, Shaka hat das Callsign eines tapferen Piloten mit dreizehn bestätigten Abschüssen und einem derart glorreichen Heldentod nicht verdient!“
So, es war heraus. Angespannt und ohne Albert auch nur anzusehen, wartete der Pilot auf eine Antwort.
„Warum?“, stellte Kali eine Gegenfrage. „Warum wollen Sie Lieutenant Mbane nicht das Callsign seines alten Wingleaders zusprechen? Immerhin hat er in der Geleitzugschlacht um Jollahran zwei bestätigte Abschüsse erzielt.
Und glauben Sie mir, Clifford Davis hat auch nur mit Wasser gekocht.“
„Das ist es nicht. Ich glorifiziere den First Lieutenant nicht, Ma´am. Ich stelle nur in Zweifel, dass Second Lieutenant Mbane dieses Erbe antreten darf.“
„So, so… Hm. Wollen Sie deswegen zum CAG oder zur Flotte gehen oder belassen Sie es bei einem Ehrengericht?“, spöttelte sie.
„Ich… Ich…“
„Nun aber raus mit der Sprache. Was passt Ihnen an Lieutenant Mbane nicht?“
Der Jamaicaner senkte den Blick. „Er ist egozentrisch, ichbezogen, beansprucht alle Abschüsse für sich und hält mich an der kurzen Leine. Ich kann fliegen, Ma´am, ich kann richtig gut fliegen! Aber er lässt mich nicht! Und wenn ich dann auf eigene Faust raus gehe, dann…“
„Ich weiß, Bob. Es endet immer damit, dass Sie abgeschossen werden. Ich bin bei den meisten Übungen auch dabei.“
„Und das ist doch nicht richtig. Ich meine, ich bin hier, um Akarii zu töten. Wie soll ich das machen, wenn ich an seinem Flügel versauere? Ich bin sicher, Ace…“
„Ich bin sicher, Sie haben überhaupt keine Ahnung, wer Ace war. Und ich bin sicher, Se tun Lieutenant Mbane mehr als Unrecht. Sie sind sein Wingman. Und was ist die Aufgabe des Wingman?“
„Auf seinen Wingleader zu achten“, quetschte er zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor.
„Und? Sind Sie dieser Aufgabe nachgekommen?“
„Nicht immer, Ma´am.“
„Sehen Sie, ich bin ein Veteran von drei Feindfahrten. Lieutenant Mbane kommt immerhin auf eine Feindfahrt mit zwei Abschüssen. Er hat das schlimmste Gefecht seit Manticor überlebt. Er ist auch ein Veteran. Sie aber kommen frisch von der Akademie.
Meinen Sie nicht auch, dass es noch genügend gibt, was Sie lernen müssen?“
„Ja, Ma´am. Aber es sind doch nur Übungsflüge. Sollte ich nicht wenigstens da mal von der Leine gelassen werden?“
„Wenn Sie nicht einmal bei den Übungsflügen Ihrer Aufgabe nachkommen können, wieso glauben Sie dieser Aufgabe dann in einem realen Gefecht gewachsen zu sein, Bob?“
„Ich… Ich…“
„Hören Sie mir jetzt gut zu, Bob. Ich sage das nur einmal. Sie sind Frischfleisch von der Akademie. Und Sie wurden einem erfahrenen Piloten als Wingman zugeordnet. Sie werden seinen Anweisungen Folge leisten, oder Sie sind schneller in die Etappe versetzt als Sie IFF-Transpondererkennung sagen können. Wir brauchen Piloten da draußen, die mehr Akarii abschießen als von uns Piloten abgeschossen werden und keine toten Helden, die nicht wieder aufsteigen können. Also lieber einen Kampf abbrechen um ihn an anderer Stelle fortzusetzen als das Sie Ihren Abschuss kriegen und dabei draufgehen. Verstanden?“
Marley hatte den Blick gesenkt. „Ja, Ma´am. Ich habe noch viel zu lernen. Und ich weiß, dass Lieutenant Mbane besser ist als ich. Er zeigt es mir ja jeden Tag und lässt meine mittelmäßige Leistung noch schlechter aussehen.“
„Das mache ich vor allem um Ihnen zu zeigen wo Ihre Grenzen sind, Lieutenant Marley“, mischte sich Ace zum ersten Mal in das Gespräch ein. „Ich war genau wie Sie, als ich an die Front kam. Hochbegabt, aber ungeschliffen. Mit tausenden Marotten im Kopf und dem festen Ziel, in meinem ersten Gefecht ein Aß zu werden. Ein junger Pilot, der bereits ein Veteran war, nahm mich unter seine Fittiche, bildete mich aus, trieb mir die Flausen aus und zeigte mir, wie man überlebt und weiterkämpfen kann. Er würde mit uns heute am Tisch sitzen, wenn er nicht entschieden hätte, dass die Antischiffsrakete wichtiger war als sein Leben.
Bleiben Sie an meiner Seite, Sean. Und ich verspreche Ihnen, wenn die Zeit kommt, kriegen Sie Ihren Abschuss.“
Der Jamaicaner sah den Schwarzen an. „Und wann wird das sein… Ace?“
Albert grinste. „Diese Antwort hat mir Ace auf die gleiche Frage gegeben, Bob. Sobald Sie nicht mehr Gefahr laufen, selbst abgeschossen zu werden, kriegen Sie Ihre Chance. Yebo?“
„Ich… entschuldige mich für meine Worte von vorhin. Und ich entschuldige mich für die hinterhältige Art, in der ich mit Kali geredet habe. Ich will besser werden. Und ich will Akarii töten. Aber ich will auch lebend wiederkommen, damit ich wieder aufsteigen kann. Yebo, Ace, yebo.“
„Na dann ist ja alles in Butter“, freute sich Kali und widmete sich ihrem Essen. „Sie werden es schon sehen, die Rote Staffel war mal eine große Familie mit Querschießern, Klatschtanten, einem Papi, der nie Zuhause war und einem Mädchen für alles.
Aber wir haben immer aufeinander geachtet. Die neue Rote Staffel wird ebenso werden. Mit der Zeit. Willkommen dabei, Bob.“
Der Jamaicaner grinste. „Danke, Kali. Danke, Ace.“
„Ich habe lange genug darauf gewartet, diese Worte weitergeben zu können, Bob. Ab Morgen fliegen wir richtig zusammen. Als Wing.“ Ace klopfte dem kleineren Piloten auf die Schulter.

Kali schob ihr Etui zu dem schief grinsenden Jamaicaner herüber. „Lust auf etwas Geschmack?“