Taras Amaris
Von Natur aus gibt es weder Gutes noch Böses.
Diesen Unterschied hat die menschliche Meinung gemacht.
(Sextus Empiricus, 2. Jahrhundert nach Christus)
Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Feela Ebene auf der Hauptstraße nach Nahatlan
6. Juli 3062
Wie ein anhaltendes Erdbeben erschütterten die donnernden Schritte der tonnenschweren Battlemechs den felsigen Boden der Ebene. Die begleitenden Schweber und Kettenfahrzeuge preschten durch die dichten Staubwolken, welche in der flirrenden Hitze aufgewirbelt wurden. Schemenhaft erschienen ab und an die Umrisse einzelner Infanteristen in dieser Hölle und Wilhelm fragte sich, welches Verbrechen man in der Miliz von Nahatlan verübt haben musste, um neben den Truppentransportern und dem fast einen Kilometer langen Landzug marschieren zu müssen. Dieses gemächlich über den unbefestigten Weg quer durch die Wüstenlandschaft des Planeten kriechende stählerne Ungetüm beförderte in seinem gepanzerten Inneren wertvolle Handelsgüter wie medizinischen Nachschub, mechanische und elektronische Bauteile sowie Konsumgüter für die entlegene Metropole Nahatlan, dem Sitz des kindlichen Regenten.
Ihrer neuen Heimat.
Einmal im Monat verließ der Landzug unter schwerer Bewachung die in einem Gebirge liegende Stadt um Erze und landwirtschaftliche Erzeugnisse in die Hauptstadt zu bringen, welche von einem demokratischen Senat verwaltet wurde.
Er durchquerte dabei in einer zwölf Tage andauernden Fahrt die unwirkliche Wüstenlandschaft des Planeten und war dabei verschiedensten Gefahren ausgesetzt, von denen wohl Rebellen und Piraten die Ernstzunehmensten darstellten.
Und genau aus diesem Grund waren sie vom fernen Galatea, dem Söldnerstern hergekommen. Um dem Schutz des Landzuges sicher zu stellen.
Mit einem kurzen Blick auf die taktische Anzeige seines einhundert Tonnen schweren Charon verschaffte Wilhelm sich einen umfassenden Überblick der Gesamtlage. Dreizehn Battlemechs bildeten eine lose Formation um den Landzug, begleitet von einer Lanze vierbeiniger Sicherheitsmechs der Miliz, welche in einem direkten Schlagabtausch mit einem richtigen Mech wohl keine Chance hatten. Eine Kompanie gepanzerter Fahrzeuge und eine Abteilung auf merkwürdigen Echsen reitender Infanterie vervollständigte das Bild der kleinen Kampfgruppe, denen er und seine verbliebenen Getreuen sich nach der Auflösung seiner eigenen Einheit angeschlossen hatten.
Einen Sekundenbruchteil, bevor er sich wieder dem Studium eines Gefechtsroms einer vergangenen Schlacht der Miliz gegen eine Piratenbande namens Quantrills Raiders widmen konnte, erregte ein hektisch blinkendes rotes Licht auf seiner Kommunikationskonsole seine Aufmerksamkeit.
Seine ehemalige Stellvertreterin Mia erbat eine private Verbindung. Mit einem tiefen Schnauben beendete er die Wiedergabe der Gefechtsaufzeichnung, bestätigte die Gesprächsannahme und spannte seinen Kiefer an um das Comsystem in dem schweren Neurohelm zu aktivieren. Er wusste was sie von ihm wollte. Sie hatten dieses Gespräch bereits etliche Male seit dem Start der Kampfgruppe vor fünf Tagen aus Rutan geführt. Und der Verlauf war in jedem einzelnen Fall derselbe gewesen.
„Dieser Surat ist zu blöd um Scheiße zu führen, Will. Der einzige Ort, an den der uns führt, ist die Hölle! Die Scouts sind viel zu nah an der Hauptstreitmacht. So können die uns erst warnen, wenn es schon zu spät ist. Die Infanterie marschiert direkt zwischen uns und gerade wäre ich fast auf einen unserer eigenen Panzer getreten. Diese Formation ist Wahnsinn!“
Die Stimme der Phoenix Pilotin klang sogar durch das Rauschen der alten Lautsprecher überaus erregt, was Wilhelm wiederrum ein kurzes Lächeln auf die sonst konzentrierten Züge zauberte.
„Beruhige dich, Mia. Ich habe deine Bedenken vernommen und schließe mich deiner Meinung an. Es gibt nur leider nichts, was ich gegen die Situation unternehmen könnte. Unser feiner Davion Lieutnant nimmt meine Vorschläge nicht an und besteht auf seinen Rang sowie auf seine Position als Kommandant dieser Kampfgruppe.“
Wie jedes Mal hielt Wilhelm seine Tonlage neutral, wenn er auch einen Anflug von Verdruss nicht vermeiden konnte. Und wie jedes Mal hatte Mia einen Lösungsvorschlag auf Ihre ganz persönliche Art.
„Dann schleiche ich mich in der nächsten Marschpause in sein Zelt und schneide ihm die Kehle von einem Ohr bis zum anderen auf. Wir schaufeln einfach etwas Sand und ein paar Steinklumpen in das Cockpit seines Marodeur und stellen das Com auf Dauersenden mit Hintergrundrauschen. Den Unterschied merkt keiner!“
Wieder zuckte ein kurzes Lächeln über Wilhelms Gesicht. Der Gedanke war überaus erfreulich. Leider teilte er Mias Einschätzung der Auffälligkeit nicht.
„Negativ, Mia. Dies hier ist seine Einheit, bis wir Nahatlan erreichen. Dort werden die Karten neu gemischt. Gewöhn dich daran, dass wir nun ehrbare Söldner sind, was immer das auch bedeuten mag. Headless Horseman, Ende.“
Mit einer beiläufigen Bewegung deaktivierte er die Comverbindung um weiteren Diskussionen vorzubeugen, die zwangsläufig zu erwarten waren. Er kam jedoch nicht umhin seiner ehemaligen Stellvertreterin in vollem Umfang Recht zu geben. Die Mitglieder der Kampfgruppe und des Landzuges konnten nur hoffen, nicht in ein Gefecht zu geraten, denn mit dieser Führung stand der Ausgang gegen jeden auch nur annähernd ähnlich ausgerüsteten Gegner im Voraus fest.
„Unerfreulich Aussichten!“ murmelte Wilhelm in die leise vor sich hin surrende Geräuschkulisse des beengten Mechcockpits.
Der König hatte seine fast noch kindliche Gattin nach Galatea entsandt um ausschließlich Krieger anzuwerben, welche im Besitz eines eigenen Mechs waren. Dies schränkte die ohnehin schon geringe Auswahl noch weiter ein.
Seit Wolfs Dragoner auf Outreach Ihre Söldnerkommission etabliert hatten, war für den ehemaligen Söldnerstern nur noch der Abschaum und die Ausgestoßenen übrig geblieben.
Und genau so setzte sich die Kampfgruppe auch zusammen. Jahrhunderte alte Kampfmaschinen wie der Ymir von Wyatt Callahan oder die Firebee der Liao Pilotin, welche sich als Li Chang vorgestellt hatte, stellten mit den jungen und unerfahrenen Piloten wie den Hinan Zwillingen, die von den Arkab Welten des Draconis Kombinats stammten, eine gefährliche Mischung dar.
„Einzelgänger und Ausgestoßene in schrottreifen Battlemechs unter einer hirnlosen Führung. Und du und deine Leute mittendrin. Hast du toll gemacht, Wilhelm. Nein, wirklich, dein Vater wäre stolz auf dich.“
Während des kurzen Selbstgespräches sog er an dem Halm in seinem rechten Mundwinkel und ließ einige Tropfen erfrischendes Wasser in seinen Mund strömen. Kurz schloss er die Augen und genoss das Gefühl der kühlen Flüssigkeit, welche seine ausgedörrte Kehle hinab rann, dann konzentrierte er sich wieder auf die Anzeigen seines Battlemechs und die Zweifel verflogen. Er steuerte die schwerste Kampfmaschine der Einheit. Einhundert Tonnen Stahl und Elektronik die nur darauf warteten, einen Gegner zu zerfetzen. Auch seine Maschine hatte ein biblisches Alter von fast dreihundert Jahren, aber im Gegensatz zu den meisten anderen Battlemechs war der Charon in einem hervorragenden Zustand, was einzig und allein Wilhelms MasterTech und dessen Leuten zu verdanken war.
Zumwald war zusammen mit Mia zu seiner Einheit gestoßen und hatte sich seit dieser Zeit als wertvolles Mitglied und treue Seele auch in dunkelsten Zeiten offenbart. Das sein Geisteszustand ab und an nicht den menschlichen Standards genügte, war für Wilhelm nur ein geringer Preis für gut gewartete Battlemechs unter seinem Kommando.
Ein kurzes Rauschen gefolgt von einer nervös klingenden Frauenstimme aus den Lautsprechern seines Coms riss ihn aus seinen Gedankengängen.
„Hauptgruppe von Wild Weasel!“
Schnell hatte der Bordcomputer des Charon den Funkspruch dem einzigen Scouthelicopter der Kampfgruppe zugeordnet, noch bevor Wilhelm den Namen der Milizpilotin aus seinen Erinnerungen kramen konnte.
Er hatte während der kurzen Marschpausen nur einige Worte mit Nancy Hoogan gewechselt, sie aber als kampferprobte Veteranin in den frühen Dreißigern wahrgenommen. Wenn diese junge Frau nervös wurde, musste einiges im Argen liegen.
„Wild Weasel von Alpha. Was gibt es denn?“
Die Stimme von Bram Miller, dem ungeliebten Kommandanten der Einheit, mischte sich nun mit den leisen Störgeräuschen der Verbindung.
„Alpha von Wild Weasel. Starke gegnerische Kräfte schließen aus östlicher Richtung schnell zu Ihnen auf. Ich habe eine Kompanie Mechs erkennen können und jede Menge Fahrzeuge mit aufgesessener Infanterie. Ich konnte nicht näher ran, da ein Kampfschütze mich bereits unter Feuer genommen hat, aber wenn ich die Lackierung richtig gedeutet habe, ist es Quantrill und seine Mordbrenner in voller Starbesetzung. Verbleibende Zeit bis zum Erreichen Ihrer Position liegt bei geschätzten zwanzig Minuten. Vielleicht weniger. Ich erbitte weitere Befehle!“
Einen kleinen Augenblick war es still in der Comverbindung. Die Battlemechs und Fahrzeuge der Einheit waren stehen geblieben und alle Augen blickten nach Osten während die Besatzungen sich über die Konsequenzen der Meldung der Pilotin klar wurden.
Dann brach die Hölle los.
Dutzende Stimmen verwandelten die Frequenz der Kampfgruppe in ein chaotisches, unverständliches Getöse.
Wieder flackerte das rote Licht, welches eine Verbindungsanfrage von Mia darstellte in seinem Blickfeld auf. Noch bevor sie etwas durch die schnell geöffnete Verbindung sagen konnte, schnitt seine kalte Stimme durch den Kanal.
„Ich weiss, Mia!“
Noch bevor sie antworten konnte, schloss er die Vebindung erneut und holte dann ruhig Luft. Als seine schneidende Stimme in das Chaos der Comverbindung der Einheit tönte, war sie befehlsgewohnt, fast herrisch und unterband das Stimmgewirr umgehend.
„Funkdisziplin! Alpha von Headless Horseman! Ihre Befehle!“
Eine eisige Stille breitete sich aus. Sekundenlang beherrschte nur das leise Rauschen der Verbindung die Lautsprecher, bevor Bram Miller sich zu einer Antwort durchgerungen hatte.
„Ich… das ist Quantrill!“
Die Stimmlage des jungen Davion war erfüllt von Unsicherheit mit einem Anflug von Panik und in Wilhelm reifte die Überzeugung, dass Sie dieses Gefecht mit dieser Führung nicht überleben würden.
Quantrills Mordbrenner waren eine gefürchtete Bande von Piraten, Rebellen und Banditen, die dafür bekannt waren, bei einem Überfall die Überlebenden zu Tode zu foltern. Es gab dutzende Gefechtsroms und Berichte über ihre Blutorgien und Massaker. Die Banditen waren im Besitz von Battlemechs aller Gewichtsklassen und schienen aus einer militärischen Einheit entstanden zu sein, denn sie konnten auch damit umgehen.
„Ich… ich muss diese Einheit nach Nahatlan bringen. Rückzug! An alle Abteilungen… wir lassen den Landzug zurück und schlagen uns in kleinen Gruppen nach Nahatlan durch.“
Wilhelm konnte und wollte seinen Ohren nicht trauen. Er hatte gewusst, dass hinter der Fassade des unbesiegbaren Davion Offiziers nicht viel steckte, aber den wertvollen Landzug mit über zweihundert Zivilisten diesen Schlächtern zu überlassen und feige dem Kampf auszuweichen war ein neuer Höhepunkt und übertraf seine Einschätzung noch bei weitem.
Wieder leuchtete das Licht der Comverbindung in seinem Sichtfeld auf und wie in Trance aktivierte er sie.
„Will...!“
Mias Stimme war von Abscheu gezeichnet und fordernd, aber er war unfähig zu antworten, gefangen im Anblick des sich umdrehenden Marodeur von Bram Miller, der kurz darauf mit Höchstgeschwindigkeit nach Westen preschte.
„Will, verdammt…!“
Schon wendeten sich auch andere Mechs und Fahrzeuge der Einheit zur Flucht, vor allem die unerfahrenen Piloten, deren taktisches Verständnis noch nicht weit genug entwickelt war um zu verstehen, dass der Rückzugsbefehl des kommandierenden Offiziers die Unterschrift unter Ihrer aller Todesurteile setzte. Quantrills Mordbrenner würden sie einzeln erwischen, nachdem sie den Landzug geplündert hatten. Durch ihre besseren Kenntnisse der Geografie würden sie die Mitglieder der Einheit aufspüren und töten.
Alle.
Unausweichlich.
Sein Blick wanderte über die in Auflösung begriffene Einheit nach Osten, wo die Ebene sich in ein weitläufiges Tal öffnete. In dem mehrere hundert Meter breiten Talzugang schossen zwei Felsnadeln in gleichmäßigem Abstand aus dem Boden. Dahinter lag unebenes Gelände, das stetig anstieg, bis es auf einem Plateau endete. Dahinter waren bereits die hoch aufsteigenden Staubwolken des anrückenden Gegners zu sehen.
Schon arbeitete sein Hirn auf Hochtouren, rief Erinnerungen an die verschiedenen Gefechtsberichte ab, erstellte eine Aufstellung der ihm zu Verfügung stehenden Truppen.
„WILHELM, bei allen Göttern. Tue etwas!“
Mia´s fast schon über das Com geschriene Worte rissen ihn aus seinen Überlegungen.
Noch einmal atmete er tief durch, aktivierte dann das Com durch Anspannen seiner Kiefermuskulatur und ließ seine Worte dann in schneller Folge über die Einheitsfrequenz rasseln.
„Headless Horseman an alle Abteilungen. Mit sofortiger Wirkung enthebe ich Lieutenant Bram Miller seines Kommandos und übernehme dieses. Ich begründe mein Vorgehen mit der offensichtlichen Tatsache, dass der Lieutenant mit der vorliegenden Situation überfordert ist. Unsere primäre Aufgabe ist der Schutz des Landzuges, seiner Passagiere und seiner Ladung. Aus diesem Grund wiederrufe ich auch den letzten Befehl des Lieutenant. Ich wiederhole, ich wiederrufe den Befehl zum Rückzug!“
Während er sprach flogen Wilhelms Finger über die Eingabekonsole des taktischen Computers des Charon und langsam fing er an, der Einheit eine Überlebenschance einzuräumen.
„Headless Horseman von Landzug, Captain Lesley spricht. Die Königin legitimiert Ihre Kommandoübernahme und drückt Ihren Dank für Ihr Eingreifen aus. Wir hoffen alle, dass Sie diesen Bastarden dieses Mal die Zähne zeigen.“
Die Stimme des alten Mannes, der den Landzug bereits sein ganzes Leben durch die Wüsten Nitos gesteuert hatte verstummte so schnell, wie sie erklangen war und überließ ihn nun offiziell mit dem Kommando.
Auf den taktischen Anzeigen seiner Kampfmaschine verfolgte Wilhelm mit einer gewissen Genugtuung, wie seine Männer und Frauen sich dem Gegner zuwandten.
Mit einer Ausnahme.
Der Marodeur von Lieutenant Miller steuerte noch immer mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Westen.
Gut. Ein Panik verbreitender Offizier wäre der Gefechtsordnung in jedem Fall hinderlich gewesen, auch wenn Wilhelm die fünfundsiebzig Tonnen Kampfmaschine gern in seinen Reihen gewusst hätte.
Aber wie hatte sein verhasster Vater immer gesagt: Nutze das, was du hast und klage nicht über Dinge, die du nicht ändern kannst.
Es wurde Zeit, das Blutgeld zu verdienen, dass der König Ihnen in Aussicht gestellt hatte.
„Raptor, nimm die Firebee, die Milzmechs sowie unsere Estevez Panzer und ein Platoon der schweren Infanterie und grabt euch auf der rechten Seite des Talzugangs ein. Das ist eure Verteidigungszone. Dort werden Sie versuchen, mit Ihren schnellen Einheiten durchzubrechen. Wenn Ihnen das gelingt, sind wir erledigt!“
Noch während er sich den nächsten Schritt seines Plans zurecht legte, stoben die genannten Einheiten mit Mia`s Phoenix an der Spitze in Richtung der zugewiesenen Position.
Mit seiner Stellvertreterin an dieser gefährdeten Position war Wilhelm sich sicher, dass seine Befehle ausgeführt werden würden. Egal wie hoch der Blutzoll auch sei.
„Princess übernimmt mit dem Katapult und dem Schütze das geleitete Artilleriefeuer. Sie beziehen Stellung hier am Landzug und wenn eine unserer Linien zu brechen droht, verlegen Sie dorthin. Wild Weasel baut Direktverbindung zu den Artilleriemechs auf und leitet das Feuer auf Sicht.“
Danielle Andrews war die zweite Pilotin, die Ihm aus seiner alten Einheit nach Nito gefolgt war und mit Ihrem Dragoon eine Expertin für Langstreckenfeuer. Die hübsche Blondine aus der Circinus Föderation hatte mit Ihren präzisen Raketenbombardements schon einige heiße Eisen für Wilhelm aus dem Feuer geholt und er verließ sich darauf, dass Sie dies auch an diesem Tag wieder tun würde.
Schon hatten die Piloten des Katapult und des Schützen Ihre tonnenschweren Kampfmaschinen neben den Dragoon bewegt und die beiden Krieger öffneten die Abdeckungen Ihrer LSR-Werfer um Tod und Verderben auf die angreifenden Banditen regnen zu lassen.
Nun wurde die Sache heikel, da er sein restliches Personal nicht kannte und auch nur schwer einschätzen konnte.
„Gladiator, von Rohr und Toro übernehmen die linke Flanke. Sie werden unterstützt von den drei restlichen Infanterieplatoons und den Randolph Panzerwagen. Ich erwarte auf Ihrer Flanke vornehmlich mittelschwere Gegner und motorisierte Infanterie. Halten Sie die Angreifer auf Entfernung. Sie müssen auf Ihrer Seite keine Entscheidung liefern, nur durchhalten. Sollten Sie Probleme bekommen, geben Sie mir über Alphafrequenz Bescheid und ich werde Ihnen Unterstützung zukommen lassen.
Gardekavallerie hält sich als Eingreifreserve hinter der linken Felsnadel bis weitere Befehle folgen.“
Und wieder überraschten Ihn die Krieger seines vorübergehenden Kommandos. Keine Fragen, keine Proteste oder Einwände erfüllten die Comverbindung. Alle fügten sich in Ihre zugewiesene Rolle und bezogen Ihre Stellungen.
Mit einem kurzen Blick in Richtung des anrückenden Gegners fuhr Wilhelm mit seinen Vorbereitungen fort.
Viel Zeit blieb ihm nicht mehr.
„Ymir, schwarzer Ritter und Headless Horseman halten das Zentrum zwischen den Felsnadeln. Hier werden wir es mit den schweren Brocken des Gegners zu tun bekommen aber wenn wir unser Feuer konzentrieren, sollten wir eine Chance haben den Gegner auf offenem Feld zu stellen. Suchen sie sich geschützte Positionen aus denen Sie Ihre volle Waffenlast zur Geltung bringen können.“
„Verstanden, Headless Horseman. Machen Sie sich keine Gedanken. Die werden sich fühlen, als seien Sie gegen einen Amboss gelaufen!“
Die Stimme von Wyatt Callahan versprühte selbst über das Rauschen der Comverbindung Optimismus und Kampfeslust.
Der Lyraner schien das Gefecht gar nicht erwarten zu können, obwohl sein neunzig Tonnen schwerer Ymir mit über 500 Jahren Dienstzeit der wohl älteste Battlemech auf dem Feld war.
„Keinen Übermut, Lyraner. Gefeiert wird erst, wenn die Schlacht geschlagen ist!“
Die beiden Mechs seines Abschnitts passierten die Position des Charon mit trägen Schritten und er kam nicht umhin erneut die Geschicklichkeit der Pilotin des schwarzen Ritter an den Kontrollen Ihrer Maschine zu bewundern, die ihm schon seit Beginn der Mission aufgefallen war.
Er nahm sich vor, die Frau mit dem Namen Hanna Moreno im Auge zu behalten. Piloten mit einer so hohen Qualifikation mussten nicht am Ende der Galaxie Ihr Leben aufs Spiel setzen.
Es stellte sich ihm also die Frage, warum diese Pilotin mit einer gut erhaltenen Maschine hier war.
Mit einem kurzen Stirnrunzeln schob er den Gedanken beiseite.
Er musste seine volle Aufmerksamkeit der bevorstehenden Schlacht widmen, denn wenn sie in den kommenden Minuten versagten, waren alle zukünftigen Planungen hinfällig.
„Exterminator, wenn ich mich recht entsinne, habe ich auf ihrer Jacke das Emblem der regulanischen Hussaren gesehen. Darf ich also davon ausgehen, dass sie mit ihrer Maschine umgehen können?“
Er hatte das Bild der rothaarigen Mechkriegerin aus dem Fürstentum Regulus vor dem geistigen Auge und konnte sich an das offene, fast schon aggressive Auftreten der jungen Dame während der wenigen Treffen erinnern.
Er konnte nur hoffen, dass er sich in seiner Einschätzung der Pilotin nicht irrte, denn dieser Teil seines Plans würde einen Großteil zum endgültigen Ausgang des Gefechts beitragen.
Als die Antwort der jungen Frau durch die Comverbindung klang, bildete er sich ein, einen Unterton von Trotz herauszuhören, was durch die Verzerrungen und Störgeräusche jedoch auch reine Einbildung sein konnte.
„Davon können Sie ausgehen, Headless Horseman. Ich habe mir diese Maschine hart erkämpfen müssen und bin dabei über nicht wenige Leichen gegangen. Sagen sie mir also, wen ich aus seinem Mech schießen soll und vergessen sie diesen Gegner dann!“
Ein brutales Lächeln umspielte Wilhelms Züge. Das war genau die Art von Antwort, welche er sich erhofft hatte.
„Sie haben mich überzeugt, Exterminator. Hören sie gut zu! Am Ende des Tals auf der rechten Seite befindet sich eine Anhöhe. Wenn Quantrill seine bisherige Taktik beibehält, wird er dort einen Kampfschützen positionieren. Einen erfahrenen Piloten und tödlichen Scharfschützen mit einer ganzen Menge Abschussmarkierungen auf seinen Läufen. Wenn der dort oben auf seiner Premiumposition hemmungslos agieren kann, schießt er uns mit seinen weitreichenden, mittelschweren Autokanonen nacheinander aus dem Gefecht. Außerdem ist er eine massive Gefahr für unseren Helikopter, der das Auge unserer Artilleriemechs darstellt. Dieser Kampfschütze, Exterminator, dieser Gegner ist ihrer. Vor drei Kilometern sind wir an einem Wadi vorbeimarschiert. Es verläuft meinem Kartenmaterial nach zu urteilen parallel zu diesem Tal. Sie umgehen durch dieses Wadi ungesehen die Kampfhandlungen und fallen dem Kampfschützen im richtigen Moment in die Flanke.“
“Eine Mission Marke Selbstmordkommando, Headless Horseman. Auftrag verstanden. Ich mache mich auf den Weg. Nehmen sie den Kampfschützen aus Ihrer Rechnung. Er ist so gut wie tot!“
Die Kälte in Ihrer Stimme beeindruckte ihn tief. Diese Aufgabe war ein fast sicheres Todesurteil. Die Pilotin würde sich hinter den feindlichen Linien einem schwereren Gegner stellen.
Ohne Hoffnung auf Unterstützung.
Ohne eine Rückzugsmöglichkeit.
Stumm nickte er, als der Exterminator sich umdrehte und in die Richtung stampfte, aus der sie gekommen waren.
Schnell schickte Wilhelm ein Stoßgebet an alle Götter, dass Quantrill nicht in der Lage war, Ihre Frequenzen abzuhören. Er hatte keine Möglichkeit besessen, Rufnamen für die Mitglieder seiner Einheit zu verteilen oder richtige Lanzen zu bilden.
Seine Krieger waren nicht aufeinander eingespielt.
Das alles hätte erst in Nahatlan erfolgen sollen.
Aber nun stand ihnen die Feuertaufe unmittelbar bevor.
Viel zu früh für seinen Geschmack.
Mit einem mulmigen Gefühl aktivierte er seine Waffensysteme und fuhr das Kühlsystem des Charon hoch. Der plötzliche frische Luftzug ließ ihn in Shorts und Kühlweste kurz frösteln, aber er hatte gelernt, diese Momente vor dem Kampf zu genießen.
In den nächsten Minuten würde er jede Menge Schweiß und vielleicht auch Blut von sich geben.
Nochmal vergewisserte er sich auf der taktischen Anzeige, dass seine Truppen die befohlenen Positionen eingenommen hatten.
Dann setzte er sein überschweres Monster in Bewegung um sich ebenfalls ein geeignetes Plätzchen für die kommenden Kampfhandlungen aneignen zu können.
Die Staubwolke über der Anhöhe hinter dem Tal zeugte von der Ankunft des Feindes. Wie die dunklen Gewitterwolken eines bösen Omens zog der Staubschleier unaufhaltsam auf den Landzug und seine Beschützer zu.
Quantrill war ein kaltblütiger Veteran dutzender Schlachten. Erst im Dienst des Hauses Marik, dann als Söldner und nun auf eigene Rechnung als Anführer eines Haufens mordender Banditen.
Er war für seine berechnende Art bekannt. Fast hätte man es ein Markenzeichen nennen können.
Aber in Momenten wie diesem konnte er die Bestie in sich kaum zügeln. Wütend schnaubte er erneut in das Mikrofon seines Neurohelms. Er konnte einfach nicht begreifen, wie seine sorgfältig ausgearbeiteter Plan so aus dem Ruder laufen konnte. Zuerst hatte der Helikopter der Miliz seine anrückenden Mordbrenner ausgemacht. Dann hatte die gesamte Feuerkraft seiner Einheit nicht ausgereicht um diesen einen, gottverdammten Störenfried vom Himmel zu holen.
Eine Blamage sonders Gleichen.
Und nun teilten seine Tuareg-Scouts ihm auch noch mit, dass der Landzug stoppte und die Söldner mit Hilfe der Miliz eine Verteidigung im Cullcka-Tal vorbereiteten.
Einem Überaus ungeeigneten Gelände für einen Sturmangriff.
Er hatte also das Überraschungsmoment verloren und musste die Wahl des Geländes ebenfalls dem Gegner überlassen.
An jedem anderen Tag hätte er den Angriff abgebrochen und auf eine günstigere Gelegenheit gewartet, aber in diesem besonderen Fall bot der Sieg über die Schutzmannschaft des wertvollen Landzuges eine zusätzliche, einmalige Gelegenheit, denn die Königin von Nahatlan selbst war als Passagier auf dieser Fahrt gelistet.
Eine Gelegenheit, die man nicht verstreichen lassen durfte.
Zumal der Vorschlag für die Aktion von der Hexenkönigin selbst gekommen war. Der gefürchteten Frau aus dem Kurita Raum, die in der Stadt der Toten über ein Heer von Kriegern gebot und deren Ansinnen man nicht wiedersprach.
Es sei denn man wollte auf äußerst unerfreuliche Weise dieses Leben hinter sich lassen.
Mit einem Schaudern dachte er an die tausenden Sklavenarbeiter, die in den trostlosen Minen um die Stadt ihrer eintönigen und eher früher als später mit Sicherheit tödlichen Arbeit nachgingen.
Im Stillen fragte er sich, wie viele dieser armen Seelen eine gestellte Aufgabe hatten nicht erfüllen können und damit bei ihrer Herrin in Ungnade gefallen waren.
Nein, ihm würde dies nicht wiederfahren.
Er war Quantrill. Der gefürchtetste Bandit auf diesem verdreckten Staubball.
„Quantrill an Alle. Wir ziehen das wie die letzten Male durch. Der Kommandant mit dem Marodeur hat sich schon aus dem Staub gemacht und dabei eine ganze Lanze Mechs mitgenommen. Die holen wir uns, wenn wir den Rest in Stücke gehauen haben. Die Braunhäute sprechen von zwei Lanzen Mechs plus vier Milizmaschinen. Dazu Panzer und Infanterie. Das deckt sich mit den Informationen die wir vorliegen haben. Roy, du nimmst die rechte Flanke. Nimm Fedge und seine Mörderbande von Infanteristen mit. Die sollen sich mal ihren Anteil verdienen. Ruby, du und deine Jungs übernehmen die linke Flanke. Schnell vorstoßen, in die Linie einbrechen und aufmischen. Dann schwenkt ihr ein und helft uns beim Rest. Die Sand Devils und die schnelle Infanterie unterstützen euch dabei. Die Befehlslanze bricht durch das Zentrum. Butcher, du nimmst mit deinem Kampfschützen auf dem Hügel der linken Flanke Aufstellung und bläst alles in die ewigen Jagdgründe, was uns in die Quere kommt. Die denken, sie könnten sich gegen uns zur Wehr setzen. Damit das Ganze keine Nachahmer findet, werden wir diesmal noch brutaler vorgehen. Wir zeigen jedem, dass wir Wiederstand mit aller Härte bestrafen. Keine Gefangenen, keine Sklaven. Ich will nur Leichen sehen, verstanden?“
Ein Chaos an Bestätigungen durchflutete den Einheitskanal und ließ Quantrill zufrieden grinsen.
Nein, er würde nicht in den Minen landen!
Im Gegenteil.
Das würde ein verdammt einträglicher Tag für ihn und seine Bande werden. Und ein überaus schwarzer Tag für das Königshaus von Nahatlan!
Zufrieden registrierte er, wie die Battlemechs seiner Einheit über die Anhöhe in das Cullcka-Tal vorrückten. Die Befehlslanze bestehend aus Kellys Donnerkeil, O´Reilleys Ostwar, Riegers Daboku und natürlich seinem eigenen Brandschatzer traten als letzte der Einheit über die Hügelkuppe.
Nancy Hoogan schluckte hart als sie ihren Wild Weasel Kampfhelikopter mit hoher Geschwindigkeit in niedriger Höhe eine Schleife über dem Tal ziehen ließ. Unter ihr stürmten Quantrills Bastarde in einer dichten Staubwolke auf die Ebene des Cullcka-Tals.
Sie hatte Recht gehabt.
Nun waren die blau-gelben Lackierungen der Battlemechs und Fahrzeuge klar zu erkennen, welche sie bei der ersten Sichtung nur hatte erahnen können.
Reflexartig blickte sie auf die Treibstoffanzeige ihres Hubschraubers.
Wenn Sie jetzt abdrehte, konnte Sie eine ganze Menge Wüste zwischen sich und diese Bestien bringen, bevor ihr der Sprit ausging.
Ein energisches Kopfschütteln brachte sie auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ohne Treibstoff mitten in der Wüste zu landen war für eine Milizpilotin aus Nahatlan die wohl dümmste Idee.
Auch wenn die Tuareg sie nicht aufgriffen und ihr nach mehreren Gruppenvergewaltigungen die Kehle aufschlitzten, würde sie elend an Wassermangel verrecken.
Oder einer der anderen Gefahren der Wüste zum Opfer fallen.
Auf Nito gab es hunderte Möglichkeiten, den Löffel auf äußerst unschöne Art abzugeben.
Mit einem schnellen Zug am Steuerknüppel der agilen Maschine brachte sie das Wild Weasel in einen Steigflug, den sie mit einer perfekten Rolle abschloss.
Nein, dann doch lieber hier im Kampf draufgehen.
„Princess von Wild Weasel. Schnelle gegnerische Verbände rücken auf die der rechten Flanke mit hoher Geschwindigkeit gegen unsere Position vor. Erreichen maximale Schussdistanz von 630 Metern in zehn Sekunden. Sand Devil und Transportschweber mit aufgesessener Infanterie in erster Welle. Dahinter in geringem Abstand Heuschreck, Wespe und Streitross folgend. Auf linker Flanke ebenfalls motorisierte Infanterie, aber wesentlich langsamer. Tomahawk, Vulkan, Krabbe und Centurion sind hier erkannt. Ziele durch diagonale Feuerlinie außer Reichweite. Im Zentrum rücken weitere Feindmaschinen vor, sind durch Staubentwicklung jedoch nicht zu erkennen. Erbitte Zielauswahl für Feuereinweisung.“
Wieder schoss das Wild Weasel über die anrückenden Mordbrenner, während sie auf die Antwort der Mechkriegerin wartete. Niemand schien ihren Helikopter wahr zu nehmen, oder aber er war dem Gegner einfach egal.
Da ihr Kampfhubschrauber nur über ein Maschinengewehr als Offensivwaffe verfügte, war Letzteres wahrscheinlicher.
„Wild Weasel von Princess.“
Die Stimme von Danielle Andrews über die Comverbindung zu hören, ließ sie erleichtert aufatmen. Nancy kannte die Frau kaum, aber die professionelle Art und ruhige Tonlage vermittelten der Milizpilotin ein Gefühl der Sicherheit.
Vielleicht ein trügerisches Gefühl, wenn man an die vorrückende Streitmacht unter ihr dachte, aber besser als Nichts.
„Zuerst mischen wir die rechte Flanke auf. Der Boss hat befürchtet, dass die Banditen dort durchbrechen, also werden wir da zuerst aufräumen. Wir erwarten mit Spannung ihre Zielkoordinaten, Wild Weasel.“
Nun lächelte Nancy Hoogan sogar. Zuversicht durchströmte ihre Gedanken und beflügelte sie in ihrem über das Tal rasenden Hubschrauber. Mit den Söldnern hatte die Miliz endlich eine Chance gegen die Banditen.
„Verstanden, Princess. Zielangabe für LSR Beschuss folgt. Quadrat delta fünnef bis delta sieben. Jetzt 620 Meter. Acht Vorhalte. Korrektur erfolgt nach Einschlagsauswertung.“
Sekundenbruchteile nachdem ihre Worte durch die Kabine klangen, konnte sie in Ihrem rechten Augenwinkel unzählige spiralförmig aufsteigende Langstreckenraketen sehen, die sich immer schneller in den roten Himmel bohrten und dabei weiße Abgasstreifen hinter sich her zogen.
Kurz darauf verwandelte sich der Wüstenabschnitt unter ihr in ein flammendes Inferno aufsteigender Explosionen.
Über hundert herabregnende Raketen schlugen in die Reihen der völlig überraschten und fast ungepanzerten Schweber ein und zerfetzten, was sie trafen. Eine Mauer aus schwarzem Rauch vermischte sich fast umgehend mit dem aufgewirbelten Staub und dem öligen Qualm der brennenden Wracks zu einem fast undurchdringlichen Sichtschutz. Helle Flammen züngelten an einigen Stellen durch das unwirkliche Bild und Sekundärexplosionen erhellten für kurze Augenblicke die Landschaft.
Der letzte Mech der Einheit hatte die Zielvorgaben nicht vollständig eingehalten, so dass ein Teil seiner verschossenen Gefechtsköpfe nur den Sand und einige Gesteinsbrocken hinter den anrückenden gegnerischen Maschinen aufwirbelten.
Zwei Detonationen jedoch blitzten auf der Panzerung des rechten Beines des Heuschreck auf und ließen dessen Piloten seinen Sturmlauf abrupt verlangsamen.
Als der Staub des Angriffs sich langsam legte, schlingerte ein getroffener Sand Devil aus der Wolke. Der Direkttreffer einer LSR hatte seinen Turm abgerissen und aus dem entstandenen Loch schlugen hell lodernd meterhohe Flammen. Der Fahrer versuchte Krampfhaft, das todgeweihte Fahrzeug zum Stehen zu bringen, verlor jedoch seinen Kampf gegen die Zeit, als das Feuer den Treibstoffvorrat erreichten und den leichten Scout-Schweber in einer grellen Detonation verzehrten. Weiß glühende Trümmer regneten noch mehrere Meter entfernt zu Boden und markierten das rauchende Grab der verbrennenden Besatzung.
Nancy wollte jubeln, als ein schriller Alarm sie plötzlich von dem grausamen Anblick ablenkte.
Radarerfassung.
Ein Gegner hatte sich auf sie eingezielt.
Ruckartig riss sie den Steuerknüppel nach links und kippte den Helikopter in eine scharfe Kurve. Keine Sekunde zu früh.
Die donnernden Granaten zweier Autokanonensalven hämmerten in Verbindung mit einem zischenden Laserstrahl durch die Position, welche sie ohne das Manöver nun mit ihrer Maschine eingenommen hätte.
Sie musste nicht raten, welcher Gegner sie auf dem Korn hatte.
Ein kurzer Blick auf den Hügel der rechten Flanke offenbarte die Silhouette des Kampfschützen, der seine langen Armwaffen drohend gen Himmel reckte.
Genau in Ihre Richtung.
„Headless Horseman von Wild Weasel. Ich muss Zielführung der Artilleriemechs einstellen. Gegnerischer Kampfschütze hat vorausgesagte Position erreicht und feuert auf mich. Ziehe mich außer Reichweite seiner Waffen zurück und erwarte weitere Befehle.“
Damit brache sie die Nase ihres Kampfhubschraubers in Richtung der eigenen Linien und drückte den Schubhebel vollständig durch.
Ob sie Angst hatte… natürlich. Jeder Veteran hatte Angst vor dem Tod. Zuviel Mut verhinderte ihrer Ansicht nach, dass man genügend Erfahrung sammelte um ein Veteran zu werden.
Helden starben in den allermeisten Fällen früh.
„Ein Wadi das parallel verläuft! Sie umgehen ungesehen die Kampfhandlungen. Was für ein Idiot!“
Genevre Zavaletta fluchte weitere Verwünschungen in die Einsamkeit ihres Cockpits, während sie den Exterminator durch die engen Windungen der Schlucht steuerte. Ihre Kühlweste versuchte mit einem sonoren Summen die ansteigende Hitze um sie herum auszugleichen, aber schon kurz nach ihrer Trennung von der Haupttruppe hatten sich bedingt durch die hohe Umgebungstemperatur in dem tiefen Wadi und die schnelle Bewegung des Mechs dicke Schweißperlen auf ihrer Haut gebildet.
Die anstrengende Steuerung der Kampfmaschine tat ihr übriges.
Genervt blinzelte die junge Frau von Regulus einen der störenden Schweißtropfen von ihrem linken Augenlid und blickte dann konzentriert auf die taktische Anzeige.
Ohne Kartenmaterial, dass wohl nur ihrem neuen kommandierenden Offizier zur Verfügung stand, musste sie die verbleibende Entfernung bis zu ihrem Ziel schätzen.
Es konnte aber nicht mehr weit sein.
Unversehens musste sie den Exterminator abbremsen, als hinter der nächsten Biegung eine steile, fünfundzwanzig Meter hohe Felswand ihr den Weg versperrte.
Unentschlossen blickte sie die Wand hinauf, als ihr durch die Comverbindung der Notruf der Milizpilotin in den Ohren erklang. Gleichzeitig nahmen die Außenmikrophone ihres Battlemechs das Stakkato abgefeuerter Autokanonen Salven wahr.
Der Kampfschütze musste ganz in ihrer Nähe sein.
Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden löste die Pilotin die Sprungdüsen des Mechs aus.
Es war Zeit zu handeln.
Superheißes Plasma aus dem Fusionsreaktor der Maschine tobte durch die Düsen an den Füßen des Exterminator und katapultierte ihn auf flammenden Säulen in die Höhe, bis Genevre den Rand der Felswand erreicht hatte. Mit einem kurzen Schubmanöver brachte sie sich auf den Rand des Hangs und landete das 65 Tonnen schwere Ungetüm nur dreißig Meter hinter ihrem Ziel.
Der gegnerische Mech ragte vor dem ihren in die Höhe und sein breiter Rücken bot eine grandiose Angriffsfläche. Bereits vor der Landung hatte sie die mit vier mittelschweren Lasern bestückten Arme des Exterminator auf den Kampfschützen ausgerichtet.
Während sie ihre Maschine in eine schnelle Vorwärtsbewegung trieb bewegte sie das Fadenkreuz der Zielerfassung mittig auf die immer größer werdende Gestalt ihres Opfers.
Als das Fadenkreuz von Rot zu einem pulsierenden Gold wechselte, presste sie die Auslöser für die Laser und beobachtete befriedigt, wie alle vier gleißenden Lichtstrahlen sich tief in die spärliche Rückenpanzerung des Kampfschützen bohrten.
Bäche geschmolzenen Stahls ergossen sich über den Sand des Hügels wo sie in surrealen Formen erstarrten, tropften von der internen Struktur und gaben den Blick auf die innen liegenden Bauteile der Kampfmaschine frei.
Zwei der superheißen Strahlen brannten tiefe Narben in die interne Struktur und bahnten sich ihren Weg durch den geschundenen Torso.
Der Pilot der gegnerischen Maschine schien von Genevres Auftauchen völlig überrascht worden zu sein, beherrschte aber sein Handwerk, denn er hielt seinen Battlemech trotz der massiven Treffer in seinem Rücken mit einem kurzen Schritt vorwärts aufrecht.
„Du bist wirklich ein Veteran, Freundchen. Erfahren und tödlich. Aber das bin ich auch! Das bin ich auch!“
Sie flüsterte die Worte zu sich, während ihr Blick auf die steigende Temperaturanzeige des Exterminator fiel. Der ungehemmte Energiewaffeneinsatz in Kombination mit dem kurzen Sprung hatte ihre Maschine massiv aufgeheizt.
Hitzewellen brandeten durch das Cockpit und ließen sie nach Luft ringen.
Im vollen Lauf öffnete sie eine Comverbindung.
„Wild Weasel von Bloodlust. Kampfschütze ist beschäftigt. Ich wiederhole, Kampfschütze ist derzeit keine Gefahr für sie.“
Die Worte entrangen sich ihrer verdörrten Kehle und kamen über die spröden Lippen.
Aber noch war sie hier nicht fertig.
Sie hatte die kurze Distanz zu Ihrem Gegner mit dem Sturmlauf überwunden, welcher sich nun der Gefahr in seinem Rücken zuwenden wollte.
Die tödlichen Geschützläufe der schweren Laser und Autokanonen drehten sich mit dem Torso in ihre Richtung, während der Pilot des schweren Monsters versuchte, seine Ausrichtung zu ändern.
Genevre hatte jedoch nicht vor, ihn zum Abfeuern seiner Waffen kommen zu lassen. Eine Duell mit Waffenfeuer würde sie gegen den schwereren Gegner verlieren.
Aus vollem Lauf riss sie ihr rechtes Bein nach vorne und traf mit dem schweren Fuß ihrer Maschine das Bein des Kampfschützen dort, wo bei einem Menschen die Wade gewesen wäre. Das Kreischen berstenden Metalls steigerte sich zu einer höllischen Katatonie als sie ihre linke Faust vorschnellen und auf die Schulter der rechten Seite des Kampfschützen schmettern ließ.
Die schützende Keramikpanzerung zerbarst an beiden Stellen in einem Regen scharfkantiger Splitter und der Pilot musste einen weiteren Schritt nach vorn tätigen um erneut das Gleichgewicht seines angeschlagenen Battlemechs halten zu können.
Der Butcher klammerte sich krampfhaft an die Kontrollen des Kampfschützen und musste sein gesamtes Können aufbieten, um einen Sturz zu verhindern.
Was hatte er dem Piloten dieses Exterminator getan, dass er mit einer solchen Wildheit auf ihn losging?
Hatte er jemanden aus dessen Familie umgebracht?
Der massige Bandit schob den Gedanken beiseite.
Er hatte bei weiterem wichtigere Probleme zu bewältigen, als dieser Frage nach zu gehen.
Eine Sinfonie aus Warnmeldungen tönte durch die stickige Enge des Cockpits und die Anzeigen in seinem Sichtfeld rangen in gelben und roten Farbtönen um ungeteilte Aufmerksamkeit.
Die Lasertreffer des aus dem Nichts auftauchenden Gegners hatten seine Rückenpanzerung durchschlagen und das Gyroskop sowie den Fusionsreaktor beschädigt und durch die Nahkampfattacken hatte er einen großen Teil Panzerung verloren, was seinen Stahlkoloss zusätzlich aus dem Gleichgewicht brachte.
Der Pilot des Exterminator wusste, was er tat. Das war kein halb ausgebildeter Milizpilot. Er hatte es mit einem hartgesottenen Söldner zu tun.
Er nutzte die höhere Beweglichkeit seiner Maschine um im ständigen Kontakt mit dem Butcher zu bleiben, ließ ihm keine Möglichkeit Abstand zu gewinnen um seine schwerere Bewaffnung ins Spiel bringen zu können.
Und ohne Unterarm- und Handaktivatoren war der Bandit in einem Battlemech-Nahkampf massiv unterlegen.
Auch auf dem restlichen Schlachtfeld sah es für Quantrills Mordbrenner nicht gut aus.
Ruby „Totschläger“ Dalton war mit seiner Truppe auf der linken Flanke in ein massives Feuer aus gut gezielten Langstreckenraketen geraten und erhielt nun weitere Verluste durch mindestens zwei Mechs, Panzer und eingegrabene Infanterie. Der Butcher konnte nur hoffen, dass das Streitross des Totschlägers diesen massiven Beschuss überstand und er in die Linie der Verteidiger einbrechen konnte.
Noch hatte dieser Teil der Truppe jedoch über die Hälfte der Strecke zu überstehen. Und der Helikopter hoch über dem Schlachtfeld, welcher wahrscheinlich das Artilleriefeuer leitete, donnerte gerade erneut über sie hinweg.
Natürlich, er war ja auch nicht mehr in der Lage ihn zu vertreiben, solange dieser Exterminator ihm im Rücken saß.
Auf der rechten Flanke sah es nicht viel besser aus. Hier hielten drei weitere Feindmechs Roy Fullers mittelschwere Lanze zusammen mit der angeschlossenen Infanterie auf Distanz.
Der Centurion der Einheit hatte direkt zu Beginn des Gefechts zwei PPK Treffer erhalten und lag seit diesem Zeitpunkt regungslos auf dem Feld.
Zwar rückte Roys Mannschaft unaufhaltsam vor, aber für Butchers Geschmack viel zu langsam.
In dem Moment, als der dickbäuchige Lyraner, der vor ewigen Zeiten Teil der Sky Rangers gewesen war, sich wieder seinem eigenen Problem widmen wollte, zuckte schweres Feuer durch das Zentrum des Gefechtsfeldes.
Ungläubig registrierte er fünf künstliche Blitzschläge aus Partikel Projektil Kanonen, die über die Sandlandschaft des Tals brandeten.
Genau auf Quantrills vorstürmenden Brandschatzer zu.
Nur zwei der vor todbringender Energie knisternden Entladungen verfehlten die überschwere Kampfmaschine. Der Rest geißelte die Panzerung auf Torso und Armen.
Als dann auch noch zwei massive Nickel-Eisen-Kugeln aus Gaussgeschützen mit Schallgeschwindigkeit in die linke Schulter und die Torsomitte des geschundenen Mechs von Quantrill schlugen und fast zwei Tonnen Panzerung in ganzen Sektionen von dem hoch aufragenden Rumpf rissen, verlor der Anführer der Mordbrenner den Kampf gegen die Schwerkraft und einhundert Tonnen Stahl schlugen in einer dichten Staubwolke auf den harten Boden des Cullcka-Tals.
Der Butcher glaubte, die Erschütterung des Sturzes noch auf seiner Pilotenliege zu spüren, riss sich von dem Anblick des Spektakels jedoch einige Momente vor dem Pilot des Exterminator los.
Exakt die Zeitspanne, die er benötigte.
Mit zwei schnellen Schritten brachte er Abstand zwischen die beiden Battlemechs und drehte dann seine Arme in einer fließenden Bewegung um hundertachtzig Grad in seinen Rückenfeuerbereich.
„Tja, Jungchen. Ein paar Tricks habe ich auch noch drauf. Und mit dem hier hast du wohl nicht gerechnet!“
Seine Stimme hatte einen brutalen Tonfall als die Worte in dem engen Mechcockpit erklangen.
Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck presste er die Auslöser für alle seine Armwaffen, als die Erfassung des Gegners von seinem Zielsystem bestätigt wurde.
„Friss das, du mieser Bastard!“
Augenblicklich schoss die Temperatur in seiner Umgebung auf unerträgliche Werte und er fühlte sich, als würde er im eigenen Saft gebraten, als jede Pore seines fetten Leibes Flüssigkeit absonderte.
Nach Luft japsend konnte der Butcher ein Hochgefühl nicht unterdrücken, als beide Strahlen seiner schweren Laser in den linken Torso des Exterminator einschlugen. Weißglühender Stahl floss in Strömen an der Gestalt des Mechs hinab. Die Granaten der mittelschweren Autokanonen zogen eine Reihe heller Explosionsblitze über den linken Arm und in die Bresche, welche zuvor die Laser gerissen hatten. Teile der interne Struktur verbogen sich unter der Wucht der starken Detonationen und Myomerstränge rissen mit schnalzenden Lauten, als der linke Schulteraktivator aus seiner Verankerung gerissen wurde.
Der Butcher hätte jubeln können, als erst der verkrüppelte Arm seines Gegners kraftlos in eine hängende Position fiel und der Pilot kurz darauf das Gleichgewicht verlor.
Mit einem Schlag auf den Vetoschalter verhinderte er eine automatische Abschaltung seiner Maschine aufgrund der hohen Temperaturentwicklung, war jedoch mehr als nur zufrieden.
Er hatte seine Maschine vielleicht überhitzt, aber dafür lag sein Gegner nun am Boden.
„Und ich stehe noch, du Mistkerl! Siehst du das? Ich stehe noch!“
Mit langsamen Bewegungen der Kontrollen drehte er nun seinen Kampfschützen in Richtung des liegenden Exterminator und brachte die Arme wieder in eine normale Position.
Jetzt würde er ihm den Rest geben.
Eine weitere Markierung auf den Läufen seiner Geschütze.
Und dann würde er dieses Gefecht zu Gunsten der Mordbrenner entscheiden.
Quantrill würde ihn reich belohnen.
Eine Generalüberholung seiner Maschine vielleicht. Oder pures Gold aus den Minen der Hexenkönigin. Oder eine hübsche Sklavin, die ihm alle seine Wünsche erfüllte.
Ein gehässiges Lachen entrann sich seiner Kehle.
„Jetzt bist du erledigt, du Anfänger! Du stehst zwischen mir und meiner Belohnung. Mach dich bereit deinen Schöpfer zu treffen.“
Wilhelm Teufel war bis vor zehn Sekunden noch äußerst zufrieden mit dem Gefechtsverlauf gewesen. Sein Plan hatte besser funktioniert als selbst er es für möglich gehalten hätte.
Auf der linken Flanke hatte eine der Hinan Schwestern das Kommando übernommen und dirigierte konzentriertes Feuer des Toro, von Rohrs und Gladiator gegen die anrückenden Banditen. Die drei PPK`s in Verbindung mit den LSR Lafetten hatten den Centurion des Gegners bereits zu Fall gebracht, während das Antwortfeuer durch den Sturmlauf sehr ungenau und unkonzentriert wirkte.
Der Vulkan hatte mit seiner leichten Autokanone Treffer auf dem Toro gelandet und die Krabbe einen schweren Lasertreffer auf den Gladiator setzen können. Einer der Randolph Panzerwagen der Miliz war von den schweren Geschossen der Autokanone des Tomahawk in Stücke gerissen worden, aber die drei verbliebenen Fahrzeuge und der Zug Infanterie setzten den Kampf mit unverminderter Härte fort.
Die Verluste waren überschaubar und noch in einem militärisch akzeptablen Rahmen.
Bis jetzt.
Im Zentrum der sich entwickelnden Schlacht war seiner Einheit der bisher größte Erfolg beschieden. Als die schwere Lanze des Gegners über die Anhöhe gestürmt war, hatte Wilhelm den markanten Brandschatzer Quantrills ausgemacht, welchen er aus den verschiedenen Gefechtsroms und Berichten kannte.
Ein herausragendes Primärziel für ihn und seine beiden Mitstreiter.
Das Feuer aus fünf PPK`s sowie seinen beiden Gaussgeschützen hatte den Kommandeur der gegnerischen Einheit wie ein Dampfhammer getroffen, auch wenn zwei der künstlichen Blitzschläge ihr Ziel verfehlt hatten.
Noch immer lag der hundert Tonnen schwere Mech bewegungslos am Boden, während helle Rauchschwaden von seiner zerschossenen Panzerung aufstiegen.
Er war sich jedoch sicher, dass sie Quantrill noch nicht aus dem Spiel genommen hatten.
Man bezeichnete Battlemechs nicht ohne Grund als die Könige des Schlachtfeldes. Sie konnten unglaubliche Mengen an Schaden verteilen und auch einstecken, bevor sie kampfunfähig zusammenbrachen, und überschwere Maschinen wie der Brandschatzer waren eine eigene Elite.
Genau wie ihre Piloten.
Durch den zeitgleichen Einsatz seiner beiden PPK`s war der Ymir von Wyatt Callahan massiv überhitzt und nur in der Lage seinen LSR Werfer gegen den anstürmenden Donnerkeil einzusetzen, was dieser mit einer gleichartigen Salve Raketen beantwortete. Während die Gefechtsköpfe des Lyraners allerdings wirkungslos vor dem Gegner in den Sand schlugen und meterhohe Staubfontänen aufwirbelten, platzierte der Bandit acht leuchtende Feuerbälle auf dem rechten Arm und dem rechten Bein des Ymir und sprengte dort einige Panzerplatten von dem ohnehin nur dürftigen Schutz.
Der Daboku wie auch der Ostwar hatten ihn als Ziel Ihres Waffenfeuers auserkoren und deckten den Charon mit leichten Autokanonengranaten, LSR und schwerem Laserfeuer ein.
Wilhelm wurde mehrfach schwer in die Gurte seiner Pilotenliege geworfen und musste mit den Kontrollen seines Mechs ringen, hielt ihn jedoch aufrecht.
Bei diesem Bombardement war jedoch klar, dass sein MasterTech nach diesem Gefecht ein ernstes Wörtchen mit ihm würde reden wollen.
Bei der Vorstellung knirschte er entnervt mit den Zähnen.
Auf der rechten Flanke schlug gerade eine weitere LSR Salve seiner Artilleriemechs zwischen die Schweber der anstürmenden Banditen und zerstörte gleich mehrere der nur leicht gepanzerten Fahrzeuge.
Auch die vierbeinigen Mechs der Miliz sowie die Estevez Panzer hatten endlich in den Kampf eingegriffen und feuerten mit ihren schweren Geschützen in die Reihen der Angreifer.
Mittlerweile war das Gefechtsfeld vor diesem Abschnitt übersät mit brennenden Wracks, die ihre Umgebung mit ölige Qualm erfüllten. Leichen, Verwundete und Sterbende verteilten sich großflächig auf dem Sandboden des Tals und Trupps angreifender Banditen Infanterie irrte durch den dichten Rauch. Hier und da schlug eine Mörsergranate der Miliz zwischen die Wracks oder die Salve eines schweren Maschinengewehrs jaulte durch das Chaos.
Aber die Banditen blieben nichts schuldig.
Die verbliebenen Sand Devils hatten das Feuer auf Mia`s Phoenix eröffnet und vier Strahlen mittelschwerer Laser verunstalteten nun Torso sowie Arme und Beine des mittelschweren Mechs.
Taumelnd wurde seine Stellvertreterin einen Schritt zurück getrieben, bevor sie die Balance wieder fand und die PPK ihrer Kampfmaschine auf den vorrückenden Heuschreck entlud.
Kreischend fuhr der Strahl aufgeladener Partikel durch das Tal und schlug unter ohrenbetäubendem Tosen in das linke Bein des gegnerischen Scoutmechs ein.
Große Brocken verkohlter Panzerung regneten rund um die Maschine nieder als der künstliche Blitzstrahl die Extremität all ihren Schutzes beraubte und sich im Anschluss durch die interne Struktur fraß.
Mitten im seinem ungestümen Sturmlauf wurde der Scout durch ein blockierendes Hüftgelenk völlig aus dem Gleichgewicht gebracht und schlug der Länge nach auf den staubigen Grund des Tals, wo er einen unglücklichen Schweber der Angreifer unter seinen 20 Tonnen zermalmte.
Nur Sekundenbruchteile später verschwand der Anblick des gestürzten Battlemechs in einer dichten Staubwolke und Wilhelms Aufmerksamkeit wurde von den restlichen Geschehnissen des Kampfes in Anspruch genommen.
Mit Sorge blickte er in Richtung der entfernten Anhöhe, auf welcher sich der Kampfschütze nun dem am Boden liegenden Exterminator zu wendete.
Offiziell war es noch gar nicht seine Einheit, aber er hatte nicht vor in seinem ersten Gefecht auf diesem Planeten einen Piloten durch eine Selbstmordmission zu verlieren.
Entschlossen spannte er den Kiefer an und öffnete einen Kanal.
„Wild Weasel von Headless Horseman. Leiten Sie Raketenbeschuss auf den Kampfschützen ein. Gegner ist Primärziel. Verwundbare Rückenpanzerung ist den eigenen Einheiten zugewandt. Nehmt diesen verdammten Killer aus dem Gefecht.“
Die Stimme der Helikopterpilotin klang hell und konzentriert durch das Hintergrundrauschen.
„Headless Horseman von Wild Weasel. Bestätige Zielzuweisung. Position Kampfschütze ist angewiesen. Beschuss aus maximaler Kampfentfernung erfolgt.“
Grimmig nickte Wilhelm auf seiner Pilotenliege, als dutzende Langstreckenraketen auf ihrem feurigen Schweif über seine Position hinweg zogen.
Es wurde Zeit, die Initiative über dieses Gefecht an sich zu reißen.
Es wurde Zeit zu siegen.
„Headless Horseman an die gesamte Kampfgruppe. Gegenangriff! Ich wiederhole: Gegenangriff! Ymir, wir schnappen uns den Ostwar. Schwarzer Ritter schwenkt auf rechte Flanke und unterstützt diese gegen das Streitross. Linke Flanke konzentriert Feuer auf den Vulkan. Gardekavallerie führt Sturmangriff auf anrückende Infanterie durch. Princess, bring deine drei Maschinen auf die rechte Flanke und räumt da auf. Zeigen wir diesen Banditen, dass Sie sich heute den falschen Gegner ausgesucht haben.“
Noch während er die Befehle in das Headset rasselte zog er das Fadenkreuz seiner Waffensysteme über die Silhouette des schweren, fast schon antiken Battlemechs im Zentrum der gegnerischen Formation und presste den Auslöser auf der Steuerung, welcher für einen Alphaschlag vorgesehen war.
Dann trieb er den Charon in einen schnellen Trab, welcher ihn auf das Schlachtfeld führte, während sein gezieltes Waffenfeuer in das Opfer einschlug.
PPK Blitze aus seinen Armmanschetten und die beiden massiven Nikel-Eisen Kugeln seiner Gaussgeschütze verheerten die Panzerung des Ostwar in Zusammenarbeit mit der beiden PPK'S des Ymir, während seine mittelschwere Rotationsautokanone einen stetigen Strom an hochexplosiven Granaten in langen, leuchtenden Bahnen ins Ziel brachte. Grelle Explosionsblitze zuckten über den Torso und den linken Arm des Battlemechs, rissen durch bereits vorhandene Breschen ganze Sektionen an Panzerung vom Rumpf und brandeten durch die interne Struktur.
Ohne weitere Gegenwehr brach der fünfundsechzig Tonnen schwere Gigant tosend in sich zusammen, während der Daboku wie auch der Donnerkeil zum Stehen kamen.
Genevre Zavalotta schüttelte kurz den Kopf um die Schweißperlen aus ihren Augenbrauen zu vertreiben und blickte dann wütend auf die erschütternde Schadensanzeige ihrer Maschine. Der linke Arm ihres Exterminators hing nutzlos herab und sie hatte die Kampfmaschine mit dieser Einschränkung noch nicht wieder in eine stehende Position bringen können, während der Pilot des Kampfschützen siegesgewiss Zeit verschwendete um ihr seine unbeschädigte Vorderseite zu präsentieren. Die tödlichen Läufe seiner Autokanonen und schweren Laser schwenkten zu ihr herum und sie konnte kaum etwas unternehmen außer weiter zu versuchen, eine aufrechte Position einzunehmen. Die Hälfte ihrer Primärwaffen in Form zweier mittelschwerer Laser hatte sie mit dem linken Arm verloren. Den Rest konnte sie nicht einsetzen, da sie den rechten Arm zum Aufstehen benötigte. Für die Langstreckenraketen war die Distanz zu gering und über den leichten Laser sowie das Maschinengewehr würde der Gegner mit seiner starken Frontalpanzerung im Höchstfall lachen können.
In wenigen Sekunden würde der Bandit ihren Exterminator aus kurzer Entfernung zusammenschießen ohne dass sie auch nur die Möglichkeit hatte, etwas dagegen zu unternehmen.
Ein hektisches Blinken in ihrem Augenwinkel signalisierte den Versuch einer Kontaktaufnahme über eine offene Frequenz und sie akzeptierte diese in einer schnellen Handbewegung während sie mit der Steuerung ihres Battlemechs rang.
„Hast du wirklich gedacht, mich mit deinem hinterhältigen Angriff aus meiner Maschine schießen zu können, du Amateur?“
Die Stimme des Banditen klang belegt und spröde durch das Knacken der Funkverbindung. Sie konnte förmlich hören, wie der Krieger unter der enormen Hitze in seinem Cockpit litt.
Nervös biss sie sich auf die Unterlippe, krampfhaft überlegend, was ihre Optionen waren.
„Dein Mech hat mindestens einen Reaktortreffer eingesteckt und die schweren Laser verwandeln deine Wärmetauscher in viele, kleine Öfen. Auf meiner Wärmebildanzeige leuchtet deine Maschine jetzt schon wie eine Glühbirne. Meine Aufgabe war, dich abzulenken, damit der Rest unserer Kampfgruppe deine Meute zerpflücken kann. Ohne deine Luftabwehrgeschütze kann unser Helikopter ungehindert Zielkoordinaten an die LSR Werfer übermitteln. Ohne dein gezieltes Feuer können meine Freunde mit deinen den Boden aufwischen. Selbst wenn du mich jetzt mit deinen Autokanonen zerlegst, bleibt also doch die Frage im Raum, wer von uns beiden der Amateur ist.“
Sie hatte den schwer beschädigten Exterminator in eine kniende Position manövriert und blickte nun genau in die drohenden Geschützläufe des Gegners.
Wieder knackte die Funkverbindung.
„Und frech wird die kleine Schlampe auch noch. Hat dir denn der Papa nicht beigebracht, dass man sich von gefährlichen Spielzeugen fern hält? Na dann muss ich das jetzt wohl nachholen. Sag gute Nacht, kleine Söldnerin.“
Die letzten Worte des Banditen gingen im lauten Kreischen eines Alarms unter, der wohl durch das Cockpit des Kampfschützen schrillte.
Kurz darauf sanken über hundert Langstreckenraketen auf spiralförmigen Flugbahnen auf die Position ihres Gegners herab und verwandelten das Umfeld des Banditenmechs in eine brodelnde Hölle feuriger Explosionsblitze. Unbarmherzig rissen die tödlichen Sprengköpfe Krater in die noch vorhandene Rückenpanzerung, detonierten weit häufiger jedoch im Inneren der weidwunden Kampfmaschine. Unter das Donnern der einschlagenden Geschosse mischte sich ein metallisches Kreischen von berstendem Metall was Genevre davon abhielt, die Augen von dem brutalen Spektakel ab zu wenden. Die letzte Salve einschlagender LSR's wurde von einer rötlichen Staubwolke verdeckt, welche den gesamten Mech einhüllte und nur kurze Lichtblitze ließen erahnen, dass auch ein Großteil dieser Waffenlast ihr Opfer gefunden hatte.
Kurz darauf zuckte eine feurige Bahn aus dem oberen Bereich der Staubwolke, auf welcher sich der gegnerische Pilot mit dem Schleudersitz in Sicherheit brachte. Die Gestalt des völlig zerschossenen Kampfschützen stürzte krachend aus den Staubschwaden zu Boden und blieb qualmend nur wenige Meter vor dem Exterminator liegen während die dichte Staubwolke sich weiter ausbreitete.
Verächtlich blickte sie zu dem gestürzten Mech hinab und verfolgte dann die Flugbahn des Banditen, bevor sie ihre eigene Maschine aus der knienden Position erhob.
„Amateur!“
Sie versuchte die Verachtung aus ihrer Stimme zu vertreiben, nachdem sie das Wort ausgestoßen hatte und öffnete den Befehlskanal der Kampfgruppe.
„Headless Horseman von Exterminator. Befehl ausgeführt. Gegnerischer Mech ist ausgeschaltet. Eigene Maschine schwer beschädigt aber einsatzfähig. Erbitte weitere Anweisungen.“
Mit langsamen Schritten brachte sie Ihren Mech neben das noch immer rauchende Wrack des Kampfschützen und blickte in das Tal hinab, in welchem die Schlacht zwischen den Banditen und Ihrer Kampfgruppe noch immer unvermindert tobte.
Im Zentrum lieferten sich der einhundert Tonnen schwere Mech unbekannter Bauart ihres neuen Kommandeurs zusammen mit dem Ymir einen brutalen Schlagabtausch mit dem Donnerkeil und dem Daboku der Angreifer, in dem sich keine der beiden Seiten etwas schenkte. Die Banditen hatten den überschweren Mech des Kriegers mit dem Rufnamen Headless Horseman wohl zum Primärziel gemacht und deckten diesen mit Autokanonen- und Lasersalven sowie mit einem massiven Raketenbeschuss ein. Unbeeindruckt von dem gewaltigen Feuersturm, welcher über seine Maschine tobte, antwortete der Krieger mit künstlichen Blitzen aus seinen Partikelprojektilkanonen, überschallschnellen Gausskugeln und einem dichten Hagel an Autokanonengranaten. Der Ymir schien eher einem Zuschauer in erster Reihe gleich, obwohl er sich mit seiner vollen Waffenlast an dem Gefecht beteiligte.
Auf der rechten Seite war der Ausgang der Schlacht bereits klar ersichtlich. Während die Wespe der Banditen sich einen ungleichen Schlagabtausch mit der Firebee lieferte, wurde das Streitross von den Milizmechs, dem Phoenix sowie dem Schwarzen Ritter in die Defensive gezwungen. Die begleitenden Panzer der Milizionäre machten mit den leichten Sand Devil Schwebern kurzen Prozess, ganz so wie es auch die Infanterie tat.
Auf der linken Flanke preschte gerade die Gardekavallerie hinter der Felsnadel hervor in die Reihen der noch immer vorrückenden Infanterie der Angreifer und zogen eine blutige Spur durch deren Linien. Auf den schnellen, zweibeinigen Reptilien reitend schwangen die grün uniformierten Gardisten Säbel und Sprengsätze und verbreiteten ein um sich greifendes Chaos.
Die Mechs dieser Seite beharkten sich mit schwerem Feuer und mit Schrecken musste Genevre mit ansehen, wie ein Salve aus der schweren Autokanone des Tomahawk in den Toro einschlug, dessen Frontalpanzerung aufriss und den leichten Mech mit brutaler Gewalt nach hinten umwarf.
„Exterminator von Headless Horseman. Wenn ich mich richtig entsinne, haben sie mir einen Abschuss versprochen bevor der Tanz hier losging. Der Kampfschütze geht aber auf das Konto unserer Langstreckenspezialisten. Damit schulden Sie mir einen am Boden liegenden Banditen. Ich würde es vorziehen, wenn sie mit ihrer Langstreckenbewaffnung auf der linken Flanke aushelfen könnten.“
Die Anspannung des Piloten war klar und deutlich aus seiner Stimme zu hören und wurde in kurzen Abständen von dem Donnern der Abschüsse seiner Autokanone überlagert.
Grimmig nickte Genevre.
Obwohl sie den Mann dafür hasste, so war er mit seinen Worten im Recht.
Sie schuldete der Einheit einen Abschuss.
Konzentriert zog Sie das Fadenkreuz in Ihrem Sichtfeld über den auf der anderen Talseite stehenden Tomahawk und presste den Feuerknopf der Langstreckenraketenlafette in dem Moment, in welchem der Computer die Zielerfassung bestätigte.
„Headless Horseman von Exterminator. Das mit dem Abschuss kann ich nicht versprechen, aber die linke Flanke bekommt Feuerunterstützung.“
Stöhnend erwachte Quantrill aus seiner tiefen Ohnmacht und vertrieb die roten Schleier in seinem Sichtfeld mit mehreren Lidschlägen. Sein Kopf dröhnte vor Schmerzen und er hing in den Gurten seiner Pilotenliege was bedeutete, dass sein geliebter Brandschatzer frontal auf dem Boden des Tals lag. Wie lange war er wohl besinnungslos gewesen? Die gepanzerte Sichtscheibe vor sich war, geschwächt von dem Einschlag des künstlichen Blitzstrahls, durch den Aufschlag wohl gesprungen und heiße, staubige Luft wehte durch die löchrige Panzerung seines Cockpits zu ihm herein. Das Bombardement der Verteidiger war konzentriert auf ihn gerichtet gewesen und er konnte sich erinnern, das nach dem PPK Treffer eine Gaussgeschützkugel direkt unterhalb seiner Position im Torso eingeschlagen war. Ein schneller Blick auf die Schadenanzeige bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen.
Die Kopfpanzerung des Brandschatzers war vollständig verdampft worden und nur noch interne Struktur schützte ihn vor der Gewalt feindlichen Waffenfeuers. Zusätzlich musste der Treffer seine Sensoren beschädigt haben, denn der Monitor der Zielerfassung zeigte nur ein statisches Rauschen. Weitere Schäden an der Panzerung im Bereich des Torsos wie auch der Arme vervollständigten ein katastrophales Bild des Zustandes seiner Maschine.
Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass ein Chaos verschiedener Stimmen durch die Lautsprecher an seine Ohren drang.
Stimmen, die in verschiedenen Abstufungen von gehetzt bis panisch klangen.
„Die brechen durch! Gottverdammt, die brechen hier durch! Ich bekomme jetzt auch noch Feuer von Butchers Position. Wir brauchen Unterstützung!“
Das war Roy, der Führer seiner mittelschweren Lanze. Ein erfahrener Pilot, der jetzt offensichtlich die Nerven verlor.
„Der Butcher ist ausgestiegen, du Lappen. Es kann dir keiner zur Hilfe kommen. Wir müssen uns aus dem Gefecht lösen und zurück ziehen.“
Die restlichen Worte von Ruby „Totschläger“ Dalton gingen in einem gurgelnden Schrei unter, der durch den Verbindungsabriss der Funkverbindung unterbrochen wurde.
Rückzug?
Weshalb?
Quantrill war verwirrt. Wie konnte es sein, dass seine feine Truppe gegen diesen zusammengewürfelten Haufen Söldner kein Land sah.
Entschlossen packte er die Kontrollen und lies seinen Mech aufstehen was dazu führte, dass er mit einem Mal von der Wirklichkeit wie von einem Schlag getroffen wurde.
Das Streitross von Ruby wurde von konzentriertem Feuer zusammen geschossen. Unzähligen Panzergranaten, Laserstrahlen und Raketentreffer konnte die Panzerung der Maschine nicht stand halten. Durch dieses Inferno stürmte plötzlich mit hoher Geschwindigkeit ein Schütze der Söldner durch deren Feuerposition und krachte mit einem mächtigen Rammstoß in die nur noch partiell existierende Frontalpanzerung des überschweren Banditenmechs.
Bis zu seiner Position war das protestierende Kreischen berstender interner Struktur zu hören, dem ein Erdbeben gleicher Aufschlag von 80 Tonnen Stahls folgte, während der Angreifer die Panzerungsschäden einfach weg steckte.
Die bereits schwer angeschlagene Wespe, der letzte auf dieser Flanke verbliebene Mech seiner Mordbrenner nutzte die aufwallende Staubwolke für den Versuch eines Fluchtmanövers, wurde jedoch von einer nahen Firebee gestellt. Dem mittelschweren Laser, welchen der Scoutmech mit einer glühenden Spur geschmolzener Panzerung auf dem rechten Arm des Gegners platzierte wurde mit einem schweren Depandant geantwortet, welches sich durch freiliegende Streben der Struktur brannte und den linken Arm sauber abtrennte.
Ein kläglicher Rest seiner Schweber und Infanteriefahrzeuge befand sich auf der Flucht in Richtung des Talausgangs, durch den Sie vor wenigen Minuten gekommen waren.
Im Zentrum der tobenden Schlacht hielten sich der Donnerkeil wie auch der Daboku tapfer gegen ihre schwereren Gegner, aber Dimitrios Ostwar lag bereits zertrümmert und schwarze Rauchwolken entfesselnd am Boden.
Ein gleißender Lichtblitz ließ seine Aufmerksamkeit zur rechten Flanke zucken, gerade noch rechtzeitig, um das Ableben des Vulkan zu beobachten.
Die Maschinengewehrmunition des Mechs schien einen Treffer erhalten zu haben und detonierte nun im Inneren der Maschine. Die Panzerung blähte sich auf und platzte dann wie in Zeitlupe von dem Mech. An anderen Stellen durchschlugen einzelne Projektile die Außenhülle von Innen. Eine gleißende Detonation am Rücken beendete das Leiden des Battlemechs, ließ den Torso in sich zusammen sacken und das rauchende Wrack in sich zusammen brechen.
Gerade als Qunatrill seine Kiefermuskeln anspannte um einen Com-Kanal zu den verbliebenen Teilen seiner Einheit zu öffnen, stapfte die hoch aufragende Gestalt eines unbekannten Mech Designs durch das Zentrum. Die schwere Panzerung des Gegners war rußgeschwärzt und von Einschlagskratern überzogen. An mehreren Stellen glühte noch immer geschmolzene Panzerung auf dem Rumpf, was den Piloten jedoch nicht daran hinderte, auf den Daboku zu zu marschieren.
Blankes Entsetzen packte Qunatrill, als er mit ansehen musste, wie der gegnerische Mech mit seiner massiv gepanzerten linken Armmanschette ausholte und den brutalen Schlag auf die Torsomitte des Daboku landete. Tonnen an Panzerung zerbarsten unter der Gewalt des Angriffs, während der Bandit durch eine Fehlfunktion der Elektronik auf dem Schleudersitz aus seinem Mech katapultiert wurde.
Wie ein Mahnmal erstarrte der nun führungslose Mech mitten in der Bewegung. Der mattschwarz lackierte, stählerne Alptraum hingegen wendete sich auf der Suche nach einem neuen Opfer ihm zu.
„Quantrill an Alle. Rückzug! Sofort vom Feind lösen und weg von hier.“
Ohne Computer unterstützte Zielerfassung war ein Waffeneinsatz gegen sich bewegende Ziele so gut wie aussichtslos, aber er war ein hochqualifizierter Pilot und hatte ein Talent für Improvisation.
Mit schnellen Bewegungen der Kontrollen richtete er den Torso des Brandschatzers auf den breiten Rücken des Dabokus aus und presste die Auslöser für beide Gausgeschütze, bevor er die Pedale der Sprungdüsen durch trat.
Als seine hundert Tonnen schwere Kampfmaschine sich auf superheißen Plasmasäulen über das Gefechtsfeld erhob und in Richtung des Talausgangs schwebte, schlugen beide Nickel-Eisen-Kugeln in das aufrecht stehende Wrack. Die nur dünn ausgelegte Rückenpanzerung wurde aufgerissen, während die kinetische Energie der Treffer den führungslosen Mech nach vorne kippen ließ.
Genau auf den davor stehenden Söldnermech.
Im Moment der Landung konnte Quantrill beobachten, wie beide Kampfmaschinen inneinander verkeilt zu Boden gerissen wurden.
Dann beschleunigte er seinen überschweren Mech auf Höchstgeschwindigkeit, gefolgt von dem humpelnden Donnerkeil.
Die taktische Anzeige offenbarte das ganze Ausmaß der Tragödie seiner Mordbrenner. Zwar konnte die Wespe auf der linken Flanke der verfolgenden Firebee entkommen, jedoch schlossen von der rechten Flanke nur noch die Krabbe sowie Roy's Tomahawk mit Höchstgeschwindigkeit zu seiner Position auf.
Einige wenige Schweber und Infanteriefahrzeuge vervollständigten das Bild einer chaotischen Flucht.
Damit war klar, dass ein Großteil seiner Einheit auf dem Schlachtfeld zurück blieb.
Großflächige Feuer erfüllten das Tal mit schwarzen Rauchwolken, durch welche die Silhouetten von Verwundeten taumelten.
Aber zumindest verzichteten die Söldner auf eine Verfolgung seiner zusammengeschrumpften Truppe. Für einen Tag schien ihr Blutdurst gestillt, auch wenn noch vereinzelte Salven zwischen seinen Mechs einschlugen.
Slev Selaj konnte ein frohes Seufzen nicht unterdrücken, als er auf seiner Zielerfassung die fliehenden Banditen beobachtete.
Sie hatten es geschafft.
Hatten nicht nur den Angriff der blutrünstigsten Einheit dieses Planeten überlebt, sondern auch ihren Auftrag erfüllt. Der junge Mann mit adligen regulanischen Wurzeln, dessen Familie bereits seit Jahrhunderten die heimatlichen Gefilde nicht mehr gesehen hatte wischte sich eine schweißgetränkte Strähne des schwarzen Haares aus dem Gesicht und lauschte gespannt in die Kommandofrequenz. Nach dem Ausfall Ihres neuen Kommandanten war die Kampfgruppe unschlüssig zum Stehen gekommen und harrte nun bereits einige Sekunden neuer Befehle.
„Headless Horseman von Raptor. Bitte melden. Sollen wir die Verfolgung aufnehmen?“
Die Stimme der jungen Phoenix Pilotin, welche sich bei den wenigen Treffen mit dem Namen Mia Kammerichs vorgestellt hatte wurde nur von einem statischen Rauschen beantwortet. Da ihr Mech im selben mattschwarzen Farbton gehalten war wie der des Kommandanten und der Dragoon von Danielle Andrews, vermutete Slev, dass diese drei Mitglieder seiner neuen Einheit wohl schon länger zusammen kämpften.
Endlich knackte die Verbindung und die belegte Stimme von des Kommandanten erklang.
„ Headless Horseman an Kampfgruppe. Keine Verfolgung. Ich wiederhole: Keine Verfolgung. Unsere primäre Aufgabe ist der Schutz des Landzugs. Außerdem wissen wir nicht, wohin uns der Gegner führt. Wenn sich Ziele noch in Waffenreichweite befinden, haut raus was in den Rohren ist, aber wir gehen keine Gefahr ein, an diesem Tag noch mehr Verluste einstecken zu müssen. Raptor, teilen Sie Perimeterpatroullien ein. Immer zwei Mechs. Wild Weasel, Sie beobachten den Abzug der Angreifer aus sicherem Abstand. Ich will wissen ob sie sich neu formieren, auch wenn ich es nach dieser Abreibung in Zweifel ziehen mag. Und kann mir bitte jemand helfen unter dem Wrack hervor zu kommen! Dieser verdammte Daboku ist selbst nach seinem Ableben noch anhänglich.“
Ohne auf die weiteren Befehle zu achten, prüfte Slev den Status seiner Waffen und die Entfernung zu den fliehenden Zielen. Beide Langstreckenraketenwerfer waren geladen und der gegnerische Tomahawk befand sich in der maximalen Kampfentfernung.
Entschlossen zog er das Fadenkreuz über die entfernte Gestalt des Gegners und wartete, bis seine Zielerfassung das Fadenkreuz in golden, pulsierenden Rhythmus aufblinken ließ.
Dann feuerte er beide Lafetten ab.
Auch der Exterminator feuerte seine LSR-Werfer, wie auch der Dragoon, aber nur wenige der Sprengköpfe detonierten auf dem Rücken des Brandschatzers und des Donnerkeil.
Der Großteil wirbelte in grellen Feuerbällen Staub und Geröll auf oder schlug zwischen die dahin rasenden Fahrzeuge.
Wie auch fast alle seiner Raketen.
Ein einziges Geschoss fand sein Ziel, senkte sich auf den sich schnell bewegenden Tomahawk herab und explodierte mit einem dumpfen Knall am Hinterkopf der Maschine, genau auf dem schwach gepanzerten Verbindungsstück zwischen Kopf und Torso.
Obwohl der sichtbare Schaden fast lachhaft war, erstarrte die getroffene Kampfmaschine mitten in der Bewegung und stürzte dann vornüber zu Boden.
Jubel brandete durch die Kommandofrequenz, begleitet von den aufbrausenden Glückwünschen einiger der Piloten.
Zufrieden lehnte er sich in seiner Liege zurück und entließ die Kontrollen aus seinen verkrampften Händen.
Sein erster Abschuss.
Er war sich sicher, eine Runde geben zu müssen, sobald sie nicht mehr in der Gefechtszone waren, aber das war es wert gewesen.
„Zuallererst möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich wirklich stolz auf jeden hier bin. In unserem Beruf gibt es nur wenige solcher Tage, aber durch ihr engagiertes Verhalten, ihre Standhaftigkeit und den Gehorsam in einer prekären Situation haben wir heute ein gar perfektes Blutwerk verrichtet.“
Wilhelm nahm erneut einen Schluck aus der Wasserflasche, während er in die Runde blickte.
Lächelnde Gesichter.
Die Gardekavallerie hatte seine erschöpften Piloten bei der Umgebungssicherung abgelöst und wurden von dem Ferret dabei unterstützt, was ihnen eine sichere Position und die Möglichkeit zu einer Nachbesprechung des vor wenigen Stunden beendeten Gefechts gab. Die Sonne stand tief und er hatte entschieden, die Nacht an dieser Position zu verbringen auch um den Techs Reparatur- und Bergungsarbeiten zu ermöglichen.
Die Gruppe umringte ihn im Schatten seines Charon und er konnte Stolz in den Augen eines jeden Einzelnen erkennen. Ob nun Söldner, Gardist oder Milizionär, sie alle hatten eine großartige Leistung vollbracht.
„Quantrills Mordbrenner konnten sich nicht sammeln und fliehen unseren Information zufolge noch immer mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung der Steppe. Sie haben einen Großteil Ihrer Kampfkraft eingebüßt und mussten eine ganze Menge Gerät auf dem Schlachtfeld zurück lassen. Ihr Blutzoll war hoch. So hoch, dass ich mir sicher bin, dass wir sie so schnell nicht wieder sehen werden. Und sollten sie uns irgendwann, irgendwo doch noch einmal über den Weg laufen, so wird dann die Angst auf unserer Seite stehen!“
Wieder brandete zustimmender Jubel durch die Reihen.
Dann fasste er den jungen Slev ins Auge.
„Und du bist ein wahrhafter Teufelskerl!“
Zwei schnelle Schritte brachten Wilhelm zu dem jungen, grinsenden Mechkrieger und seine grobe Hand fasste dessen Hinterkopf.
„Fällt mit einer einzigen Rakete eine Maschine. Auf maximaler Kampfentfernung während das Ziel sich mit hoher Geschwindigkeit bewegt. Ein grandioser erster Abschuss, Junge. Den male ich dir persönlich unter dein Cockpit, so wahr ich hier stehe.“
Nun griff Gelächter um sich und der junge Adlige konnte sich vor Schulterklopfen kaum noch retten, während Wilhelm weiter zu dem rothaarigen Lockenkopf ging.
„Und Sie, meine Liebe, Sie schulden mir einen Abschuss. Ich bin nicht nachtragend, aber ich vergesse nie etwas. Ansonsten ein perfektes Timing und eine gute Performance.“
Genevre Zavaletta knirschte niedergeschlagen mit den Zähnen, blickte dann jedoch vom Boden auf, direkt in seine Augen.
„Sie bekommen Ihren Abschuss, Hauptmann. Das verspreche ich.“
Die Stimme der ebenfalls jungen Dame war aufrichtig und er nickte gelassen.
„Das weiss ich, Genevre.“
Damit wand er sich an die beiden jungen Schwestern Tin und Rina Hinan und die verwundete Milizpilotin, deren Arm in einer Schlinge hing.
„Und unser Damenkränzchen auf der linken Flanke wollen wir hier nicht vergessen. Mit Maschinen die so alt sind wie Methusalem einer Übermacht an Mechs und konventionellen Kräften so lange Widerstand zu leisten ist eine hervorragende Leistung die Würdigung bedarf. Zwei Abschüsse bei nur einem eigenen Verlust ist ein gutes Ergebnis.“
Nun blieb er vor Nele Kreese stehen. Die blonde, schlacksige Milizpilotin hatte es sich auf der Fußpanzerung seiner eigenen Kampfmaschine bequem gemacht und blickte aus von Schmerzmitteln getrübten Augen zu ihm hinauf.
„Tut mir leid, Herr Hauptmann. Ich habe noch gesehen, wie der Tomahawk mich ins Visier geholt hat, aber da war nichts mehr zu machen. Mein rechter Hüftaktivator hat ohne Feindeinwirkung blockiert und die Autokanone hat mich voll erwischt.“
Lächelnd sank Wilhelm in die Hocke und fixierte die junge Dame mit seinen stahlgrauen Augen.
„Das passiert selbst dem besten Kriegern, Nele. Du hast aus liegender Position mit einem verletzten Arm den Vulkan aus dem Gefecht geschossen und das ist eine Leistung die ganz und gar zu dem heutigen Sieg passt. Mach dir keine Vorwürfe. Sollten deine Vorgesetzten einer anderen Meinung sein, wirst du in mir deinen stärksten Fürsprecher finden. Mein Wort darauf.“
Der neben der niedergeschlagenen Pilotin stehende Milizoffizier legte der Frau die Hand auf die Schulter.
„Leutnant Kreese war die zweite Ersatzpilotin für den Toro. Ihre Ausbildung ist noch nicht beendet und sie war mit der Maschine nicht vertraut. Ich werde ihre herausragende Leistung während der Kampfhandlungen in meinem Bericht erwähnen und bin mir sicher, dass dies in einer Belobigung enden wird.“
Er ignorierte die Worte genau wie die Träne, welcher der Frau über die Wange kullerte und erhob sich zu voller Größe, bevor er sich wieder dem Rest zu wand.
Der Milizoffizier hatte seine Meldung jedoch noch nicht beendet.
„Garde und Miliz haben 24 Mann verloren, siebzig sind verwundet. Zwei Fahrzeuge wurde völlig zerstört, der Rest ist mehr oder weniger beschädigt, aber gefechtsbereit. Unsere Quadmechs haben ebenfalls einiges einstecken müssen, aber auch hier besteht keine Einschränkung der Gefechtsbereitschaft.“
Aus dem Hintergrund trat der Kommandant der Gardeeinheiten, dessen grüne Uniform und jugendliches Gesicht von rotem Staub bedeckt war.
Seine Hände steckten in den Hosentaschen und der Kavalleriesäbel schlug rythmisch gegen die verdreckten, hohen Lederstiefel.
„Die Mordbrenner haben fast zweihundert ihrer Infanteristen verloren. Dazu fast dreißig Fahrzeuge. Wir haben die Leichen unserer Leute geborgen und in dem Landzug untergebracht. Für den Rest schaufeln wir Massengräber. Neununddreißig Gefangene wurden gemacht, wobei vier davon den morgigen Tag aufgrund der schweren Verletzungen wohl nicht erleben werden. Alles in Allem war dies das erfolgreichste Gefecht unserer Streitkräfte der letzten zehn Jahre. Eine wirklich erstklassige taktische Leistung, Herr Hauptmann. Meinen Glückwunsch.“
Mit einem kurzen Blick über die Schulter und einem schnellen Nicken bestätigte Wilhelm die Meldung und sah sich dann erneut in der Runde um.
„Als nächstes wird unser Mastertech ein paar Worte an euch richten. Für diejenigen, welche ihn noch nicht kennen, sein Name ist Zumwald und er liebt seine Maschinen. Ich bitte darum, ihm seine deutlichen Worte zu vergeben, welche aus eben dieser Liebe resultieren.“
Damit trat der dickbäuchige, klein gewachsene Tech in die Gruppe, dessen Overall mit Kühlmittelflüssigkeit, Ruß und rotem Staub besudelt war. Sein schwarzer Bart war verklebt und strähnig und die Glatze bildete ein Abbild seiner Kleidung.
Nach einem kurzen Blick auf den alten Comblock in seinen Händen, atmete er tief durch und warf dann tödliche Blicke in die Runde.
„So wie euch der Herr Hauptmann gelobt hat, so möchte ich euch für den Umgang mit eurem Arbeitsgerät die Ohren lang ziehen.“
Damit klemmte der Tech den Block unter seinen Arm und steckte die Hände in die Hosentaschen.
„Mit zwei Ausnahmen!“
Aus den Tiefen seiner rechten Tasche zog Zumwald zwei Dosen Bier und warf diese im Anschluss Slev Selaj und Danielle Andrews zu.
Lachend angelten die beiden Piloten die Getränke aus ihrer Flugbahn und öffneten sie unter einer Schaumfontäne sogleich um tiefe Schlucke aus den Dosen zu nehmen.
„Eure Maschinen haben keinen Kratzer erhalten. Im Namen meiner Techs möchte ich euer vorbildliches Verhalten loben und euch danken. Das Bier ist eine Tradition, welche ich aus Wilhelms alter Einheit übernommen habe. Kein Schaden an der Maschine bedeutet Trinkgenuss im Anschluss. Ausufernde Gefechtsschäden hingeben bedeuten einen Anschiss!“
Nun schlenderte der dicke Mann an den Reihen der Krieger vorbei und blickte jedem in die Augen, den er ansprach.
„Hanna Moreno, ihr schwarzer Ritter hat nur Panzerungsschäden davon getragen, obwohl sie in der vordersten Reihe mitgespielt haben. Für ein Bier reicht es nicht, aber zumindest besteht die Hoffnung beim nächsten Mal.“
Die unscheinbare Kriegerin mit den kurzen, braunen Haaren und dem nichtssagenden Outfit ohne Einheitsabzeichen nickte nur.
„Nene Kreese, ihren Toro müssen wir wohl abschreiben. Die Autokanonengranaten haben sich durch die interne Struktur gehämmert und das Gyroskop aus der Verankerung gerissen. Der Reaktor wurde ebenfalls beschädigt. Wir haben das Wrack auf den Landzug geladen. Vielleicht kann ich noch einige Teile ausschlachten, aber sie sind in jedem Fall entrechtet.“
Betroffen nickte die verwundete Frau und schien noch ein wenig mehr in sich zusammen zu sinken.
„Kommen wir zu den Hinan Schwestern und ihren Relikten aus längst vergangenen Tagen. Der von Rohr war schon vor dem Gefecht in einem erbarmungswürdigen Zustand. Nun kommen Schäden an der internen Struktur und ein zerstörter Unterarmaktivator hinzu. Reparaturzeit mindestens sechs Wochen. Der Gladiator war zwar besser in Schuss, hat aber einen Treffer in den Reaktor bekommen und fast die gesamte Panzerung eingebüßt. Acht bis zehn Wochen.“
Die schwarzhaarigen Schönheiten von Akrab bissen sich zeitgleich auf die Lippen und senkten die Blicke um denen des tobenden Mastertechs zu entgehen, dessen Stimme nun an Lautstärke gewann.
„Unser stolzer Lyraner Wyatt Calahan kennt wohl die Grenzen seiner eigenen Maschine nicht. Zu Ihrer Information, Herr Calahan, der Ymir ist alt. Sehr alt und somit sollte er pfleglich behandelt werden. Panzerung ist fast vollständig verdampft, interne Struktur an sieben Punkten beschädigt. Eine PPK zerstört und durch ihren unverantwortlichen Einsatz des Veto-Schalters sind eine ganze Menge Schaltkreise durch Überhitzung geröstet worden. Ebenfalls sechs bis acht Wochen, falls ich die Muße finde, mir die antike Verkabelung im Cockpit zu Gemüte zu führen.“
Der gutaussehende, blonde Sunnyboy schien Einspruch erheben zu wollen, ein warnender Blick von Wilhelm ließ ihn jedoch die Einwände herunter schlucken.
„Mia, dein Phönix hat ebenfalls massive Panzerungsschäden, genau wie die Firebee. Bei dieser kommen auch noch Schäden an zwei Wärmetauschern hinzu. Das bekommen wir jedoch in zwei Wochen wieder hin Pilotin Li Chang.“
Seine Stellvertreterin kannte den Mastertech schon länger als Wilhelm selbst und nickte nur stoisch, während die Muskeln der asiatischen Pilotin schuldbewusst zuckten.
„Genevre Zavaletta, ihr Exterminator hat wohl Zielscheibe für jeden verdammten Angreifer auf dem Feld gespielt. Schulteraktivator, Beinaktivator, Myomer, Panzerung. Zwölf Wochen, und das ohne Garantie.“
Kopfschüttelnd trat Zumwald vor die Pilotin des Schützen.
„Donna Ariella Martinez, ihren Namen merke ich mir. Und wenn ihre Maschine in den nächsten zehn Gefechten keinen Schaden davon trägt. Sie bekommen kein Bier. Sie steuern einen Artilleriemech verdammt. Wie kommen sie auf die blödsinnige Idee, einen überschweren Gegner zu rammen? Macht man das so, da wo sie herkommen? Panzerungsschäden an der Schulter und der Schließmechanismus der Schutzabdeckungen der rechten Lafette ist hin, wodurch den restlichen Marsch über dieser rote Mist in das System eindringen wird. Wir haben eine Plane drüber gespannt, aber viel wird das nicht helfen. Zusätzlich wurde das Ladesystem ziemlich durchgeschüttelt und benötigt nun eine grundlegende Überholung. Tolle Leistung. Vier bis sechs Wochen.“
Die temperamentvolle Kriegerin aus dem Ummayyad Caliphad fluchte auf Spanisch, bevor sie mit den Schultern zuckte.
„Es schien mir eine gute Idee zu sein, Mastertech.“
Mit verständnislosem Blick nickte der Angesprochene.
„Aha. Seien sie sich gewiss, das war es nicht. Das war definitiv keine gute Idee.“
Wilhelm stärkte sich seelisch für das nun bevorstehende, denn die wütend funkelnden Augen von Zumwald fanden zum Abschluss ihn.
Der Charon sah wirklich übel aus.
„Und was unseren großartigen Hauptmann angeht, der den wohl modernsten Mech dieser Schlacht steuerte, welcher über eine überlegenen Feuerkraft verfügt so sehen wir den Gewinner des heutigen Abends. Frontalpanzerung ist praktisch nicht mehr existent, interne Struktur an mehreren Stellen angekratzt, Sensoren schwer beschädigt und dann muss der feine Herr seinen Mech in eine Kneipenschlägerei steuern. Gausgeschütz und PPK in der betreffenden Manschette sind beschädigt. Der Sturz hat dein Gyroskop verstellt. Es muss ausgebaut und neu eingestellt werden. Munitionszuführung der Autokanone... warte, ich zeige es dir.“
Aus der zweiten Hosentasche zog der tobende Mann einen Tuch und schüttete daraus mehrere grobe Metallsplitter auf den roten Sand zu seinen Füßen.
„Du kannst von Glück reden, dass wir den zweiten Munitionsbunker nicht befüllt hatten. Die Rakete hätte die dort lagernde Munition in die Luft gesprengt und deinen Mech gleich mit. Du kannst dir vorstellen, was mit dir in deinem Cockpit passiert wäre, frapos?“
„Ja, Zumwald, ist mir klar.“
Zumindest schien die Antwort den Mastertech ein wenig zu beruhigen.
„Ich schätze, dass du für mindestens drei Monate zu Fuß gehen musst und das auch nur, wenn wir an unserem Ziel einigermaßen gut ausgestattete Wartungsanlagen vorfinden. Ich empfehle allen anwesenden Piloten meine Techs bei den Reparaturarbeiten zu unterstützen um die Zeiten vielleicht zu reduzieren. Außerdem ist es eine gute Lektion für euch besser auf das Spielzeug auf zu passen, wenn ihr es selber reparieren müsst.“
Damit zog er den Comblock wieder unter seiner Achsel hervor und blickte kritisch darauf.
„Was eure Spielkameraden angeht, so können wir den Ostwar und Vulkan wohl nur noch ausschlachten. Den Rest sprengt die Miliz, sobald wir abziehen. Bei dem Daboku bin ich mir noch nicht sicher. Der hat auch einiges einstecken müssen, hat aber Potential. Dasselbe gilt für das Streitross. Centurion, Heuschreck und Tomahawk sind in jedem Fall reparabel. Der Kampfschütze ebenfalls, wenn wir ein passendes Gyroskop finden. Das ist nämlich nur noch Schrott. Wird aber dauern und steht auf der To-Do Liste ziemlich weit hinten. Ich wünsche allen einen schönen Abend und verabschiede mich zurück an meine Arbeit.“
Damit verschwand der dickbäuchige Mastertech grimmig vor sich hin murmelnd in der aufziehenden Dunkelheit und ließ eine niedergeschlagene Gruppe Krieger zurück, di doch eigentlich allen Grund für eine eher ausgelassene Stimmung hatte.
Die ehemalige regulanische Husarin Genevre Zavaletta fand als erstes ihre Stimme wieder.
„Herrje, ist der immer so? Dann lasse ich bei dem nächsten Gefecht meine Maschine zuhause und greife den Gegner mit einem Büchsenöffner an.“
Leises Lachen durchzuckte die Gruppe, bevor Danielle Andrews nach einem Schluck aus der Dose antwortete.
„Ist er. Das ist seine Art. Aber als Tech eine ganz große Nummer. Gibt fast nichts was unsere Jungs nicht wieder zusammenflicken können. Sie murren und knurren dabei zwar aber am Ende haben wir die am besten gewartete Ausrüstung auf dem Feld.“
Nun hakte auch Wilhelm wieder ein.
„Das kann ich nur bestätigen, meine Damen und Herren. Und nun haben wir genug geredet. Einsatzbereitschaft begibt sich zu ihren Maschinen, der Rest holt sich eine Mütze voll Schlaf. Es steht uns noch ein langer Marsch bevor und es ist nicht gesagt, dass dies die letzte Konfrontation war. Und Danielle, für einen Schluck von deinem Bier wäre ich wirklich dankbar.“
Kurz starrte die Pilotin aus der Circinus Föderation auf die Dose in ihrer Hand, während die Versammlung sich aufzulösen begann.
„Tja, da muss der Herr Hauptmann das nächste Mal wohl besser auf seinen Mech achten. Tschuldigung, aber dieses Bier hier ist ganz allein für meinen Luxuskörper reserviert.“
Damit wendete sich die die ehemalige Piratin mit den langen blonden Haaren ab und stolzierte bewusst provozierend davon.
Was den jungen Slev Selaj in den Fokus von Wilhelm brachte.
„Krieger Selaj, möchten sie den Siegestrunk vielleicht mit ihrem kommandierenden Offizier teilen?“
Auch der Pilot des Katapult schien nur kurz über die Frage nachdenken zu müssen.
„Ich denke nicht, Herr Hauptmann. Aber Wasser ist eh gesünder als Bier.“
Das schallende Gelächter von Genevre Zavaletta begleitete die düsteren Gedankengänge von Wilhelm, während die Frau den Arm um ihren jungen Kollegen legte und mit ihm die immer kleiner werdende Gruppe verließ.
Schlussendlich befanden sich nur noch er und Mia am Fuß des Charon.
„Was denkst du, Wilhelm?“
Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte über das Tal, in dem unzählige Techs gerade starke Scheinwerfer über einigen der Wracks aufbauten um Bergungsarbeiten auch während der Nacht durchführen zu können.
„Sind ein paar feine Mädels und Burschen, Mia. Ob wir die zu einer Einheit geformt bekommen wird sich zeigen müssen. Was mich stört ist die Tatsache, dass ich schon wieder die Verantwortung trage. Genau das wollte ich eigentlich vermeiden.“
Fast konnte er das Lächeln auf den Zügen seiner Stellvertreterin sehen, welche hinter ihm stand. Es schien aus ihren Worten wie die nun aufflackernde Helligkeit der ersten Scheinwerfer.
„Mach dir nichts vor, Will. Dafür bist du geboren. Das ist dein Platz. Alles andere wäre eine Verschwendung.“
Damit wand sich auch seine langjährige Vertraute ab und ließ ihn mit seinen Gedanken allein.
Diesen Unterschied hat die menschliche Meinung gemacht.
(Sextus Empiricus, 2. Jahrhundert nach Christus)
Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Feela Ebene auf der Hauptstraße nach Nahatlan
6. Juli 3062
Wie ein anhaltendes Erdbeben erschütterten die donnernden Schritte der tonnenschweren Battlemechs den felsigen Boden der Ebene. Die begleitenden Schweber und Kettenfahrzeuge preschten durch die dichten Staubwolken, welche in der flirrenden Hitze aufgewirbelt wurden. Schemenhaft erschienen ab und an die Umrisse einzelner Infanteristen in dieser Hölle und Wilhelm fragte sich, welches Verbrechen man in der Miliz von Nahatlan verübt haben musste, um neben den Truppentransportern und dem fast einen Kilometer langen Landzug marschieren zu müssen. Dieses gemächlich über den unbefestigten Weg quer durch die Wüstenlandschaft des Planeten kriechende stählerne Ungetüm beförderte in seinem gepanzerten Inneren wertvolle Handelsgüter wie medizinischen Nachschub, mechanische und elektronische Bauteile sowie Konsumgüter für die entlegene Metropole Nahatlan, dem Sitz des kindlichen Regenten.
Ihrer neuen Heimat.
Einmal im Monat verließ der Landzug unter schwerer Bewachung die in einem Gebirge liegende Stadt um Erze und landwirtschaftliche Erzeugnisse in die Hauptstadt zu bringen, welche von einem demokratischen Senat verwaltet wurde.
Er durchquerte dabei in einer zwölf Tage andauernden Fahrt die unwirkliche Wüstenlandschaft des Planeten und war dabei verschiedensten Gefahren ausgesetzt, von denen wohl Rebellen und Piraten die Ernstzunehmensten darstellten.
Und genau aus diesem Grund waren sie vom fernen Galatea, dem Söldnerstern hergekommen. Um dem Schutz des Landzuges sicher zu stellen.
Mit einem kurzen Blick auf die taktische Anzeige seines einhundert Tonnen schweren Charon verschaffte Wilhelm sich einen umfassenden Überblick der Gesamtlage. Dreizehn Battlemechs bildeten eine lose Formation um den Landzug, begleitet von einer Lanze vierbeiniger Sicherheitsmechs der Miliz, welche in einem direkten Schlagabtausch mit einem richtigen Mech wohl keine Chance hatten. Eine Kompanie gepanzerter Fahrzeuge und eine Abteilung auf merkwürdigen Echsen reitender Infanterie vervollständigte das Bild der kleinen Kampfgruppe, denen er und seine verbliebenen Getreuen sich nach der Auflösung seiner eigenen Einheit angeschlossen hatten.
Einen Sekundenbruchteil, bevor er sich wieder dem Studium eines Gefechtsroms einer vergangenen Schlacht der Miliz gegen eine Piratenbande namens Quantrills Raiders widmen konnte, erregte ein hektisch blinkendes rotes Licht auf seiner Kommunikationskonsole seine Aufmerksamkeit.
Seine ehemalige Stellvertreterin Mia erbat eine private Verbindung. Mit einem tiefen Schnauben beendete er die Wiedergabe der Gefechtsaufzeichnung, bestätigte die Gesprächsannahme und spannte seinen Kiefer an um das Comsystem in dem schweren Neurohelm zu aktivieren. Er wusste was sie von ihm wollte. Sie hatten dieses Gespräch bereits etliche Male seit dem Start der Kampfgruppe vor fünf Tagen aus Rutan geführt. Und der Verlauf war in jedem einzelnen Fall derselbe gewesen.
„Dieser Surat ist zu blöd um Scheiße zu führen, Will. Der einzige Ort, an den der uns führt, ist die Hölle! Die Scouts sind viel zu nah an der Hauptstreitmacht. So können die uns erst warnen, wenn es schon zu spät ist. Die Infanterie marschiert direkt zwischen uns und gerade wäre ich fast auf einen unserer eigenen Panzer getreten. Diese Formation ist Wahnsinn!“
Die Stimme der Phoenix Pilotin klang sogar durch das Rauschen der alten Lautsprecher überaus erregt, was Wilhelm wiederrum ein kurzes Lächeln auf die sonst konzentrierten Züge zauberte.
„Beruhige dich, Mia. Ich habe deine Bedenken vernommen und schließe mich deiner Meinung an. Es gibt nur leider nichts, was ich gegen die Situation unternehmen könnte. Unser feiner Davion Lieutnant nimmt meine Vorschläge nicht an und besteht auf seinen Rang sowie auf seine Position als Kommandant dieser Kampfgruppe.“
Wie jedes Mal hielt Wilhelm seine Tonlage neutral, wenn er auch einen Anflug von Verdruss nicht vermeiden konnte. Und wie jedes Mal hatte Mia einen Lösungsvorschlag auf Ihre ganz persönliche Art.
„Dann schleiche ich mich in der nächsten Marschpause in sein Zelt und schneide ihm die Kehle von einem Ohr bis zum anderen auf. Wir schaufeln einfach etwas Sand und ein paar Steinklumpen in das Cockpit seines Marodeur und stellen das Com auf Dauersenden mit Hintergrundrauschen. Den Unterschied merkt keiner!“
Wieder zuckte ein kurzes Lächeln über Wilhelms Gesicht. Der Gedanke war überaus erfreulich. Leider teilte er Mias Einschätzung der Auffälligkeit nicht.
„Negativ, Mia. Dies hier ist seine Einheit, bis wir Nahatlan erreichen. Dort werden die Karten neu gemischt. Gewöhn dich daran, dass wir nun ehrbare Söldner sind, was immer das auch bedeuten mag. Headless Horseman, Ende.“
Mit einer beiläufigen Bewegung deaktivierte er die Comverbindung um weiteren Diskussionen vorzubeugen, die zwangsläufig zu erwarten waren. Er kam jedoch nicht umhin seiner ehemaligen Stellvertreterin in vollem Umfang Recht zu geben. Die Mitglieder der Kampfgruppe und des Landzuges konnten nur hoffen, nicht in ein Gefecht zu geraten, denn mit dieser Führung stand der Ausgang gegen jeden auch nur annähernd ähnlich ausgerüsteten Gegner im Voraus fest.
„Unerfreulich Aussichten!“ murmelte Wilhelm in die leise vor sich hin surrende Geräuschkulisse des beengten Mechcockpits.
Der König hatte seine fast noch kindliche Gattin nach Galatea entsandt um ausschließlich Krieger anzuwerben, welche im Besitz eines eigenen Mechs waren. Dies schränkte die ohnehin schon geringe Auswahl noch weiter ein.
Seit Wolfs Dragoner auf Outreach Ihre Söldnerkommission etabliert hatten, war für den ehemaligen Söldnerstern nur noch der Abschaum und die Ausgestoßenen übrig geblieben.
Und genau so setzte sich die Kampfgruppe auch zusammen. Jahrhunderte alte Kampfmaschinen wie der Ymir von Wyatt Callahan oder die Firebee der Liao Pilotin, welche sich als Li Chang vorgestellt hatte, stellten mit den jungen und unerfahrenen Piloten wie den Hinan Zwillingen, die von den Arkab Welten des Draconis Kombinats stammten, eine gefährliche Mischung dar.
„Einzelgänger und Ausgestoßene in schrottreifen Battlemechs unter einer hirnlosen Führung. Und du und deine Leute mittendrin. Hast du toll gemacht, Wilhelm. Nein, wirklich, dein Vater wäre stolz auf dich.“
Während des kurzen Selbstgespräches sog er an dem Halm in seinem rechten Mundwinkel und ließ einige Tropfen erfrischendes Wasser in seinen Mund strömen. Kurz schloss er die Augen und genoss das Gefühl der kühlen Flüssigkeit, welche seine ausgedörrte Kehle hinab rann, dann konzentrierte er sich wieder auf die Anzeigen seines Battlemechs und die Zweifel verflogen. Er steuerte die schwerste Kampfmaschine der Einheit. Einhundert Tonnen Stahl und Elektronik die nur darauf warteten, einen Gegner zu zerfetzen. Auch seine Maschine hatte ein biblisches Alter von fast dreihundert Jahren, aber im Gegensatz zu den meisten anderen Battlemechs war der Charon in einem hervorragenden Zustand, was einzig und allein Wilhelms MasterTech und dessen Leuten zu verdanken war.
Zumwald war zusammen mit Mia zu seiner Einheit gestoßen und hatte sich seit dieser Zeit als wertvolles Mitglied und treue Seele auch in dunkelsten Zeiten offenbart. Das sein Geisteszustand ab und an nicht den menschlichen Standards genügte, war für Wilhelm nur ein geringer Preis für gut gewartete Battlemechs unter seinem Kommando.
Ein kurzes Rauschen gefolgt von einer nervös klingenden Frauenstimme aus den Lautsprechern seines Coms riss ihn aus seinen Gedankengängen.
„Hauptgruppe von Wild Weasel!“
Schnell hatte der Bordcomputer des Charon den Funkspruch dem einzigen Scouthelicopter der Kampfgruppe zugeordnet, noch bevor Wilhelm den Namen der Milizpilotin aus seinen Erinnerungen kramen konnte.
Er hatte während der kurzen Marschpausen nur einige Worte mit Nancy Hoogan gewechselt, sie aber als kampferprobte Veteranin in den frühen Dreißigern wahrgenommen. Wenn diese junge Frau nervös wurde, musste einiges im Argen liegen.
„Wild Weasel von Alpha. Was gibt es denn?“
Die Stimme von Bram Miller, dem ungeliebten Kommandanten der Einheit, mischte sich nun mit den leisen Störgeräuschen der Verbindung.
„Alpha von Wild Weasel. Starke gegnerische Kräfte schließen aus östlicher Richtung schnell zu Ihnen auf. Ich habe eine Kompanie Mechs erkennen können und jede Menge Fahrzeuge mit aufgesessener Infanterie. Ich konnte nicht näher ran, da ein Kampfschütze mich bereits unter Feuer genommen hat, aber wenn ich die Lackierung richtig gedeutet habe, ist es Quantrill und seine Mordbrenner in voller Starbesetzung. Verbleibende Zeit bis zum Erreichen Ihrer Position liegt bei geschätzten zwanzig Minuten. Vielleicht weniger. Ich erbitte weitere Befehle!“
Einen kleinen Augenblick war es still in der Comverbindung. Die Battlemechs und Fahrzeuge der Einheit waren stehen geblieben und alle Augen blickten nach Osten während die Besatzungen sich über die Konsequenzen der Meldung der Pilotin klar wurden.
Dann brach die Hölle los.
Dutzende Stimmen verwandelten die Frequenz der Kampfgruppe in ein chaotisches, unverständliches Getöse.
Wieder flackerte das rote Licht, welches eine Verbindungsanfrage von Mia darstellte in seinem Blickfeld auf. Noch bevor sie etwas durch die schnell geöffnete Verbindung sagen konnte, schnitt seine kalte Stimme durch den Kanal.
„Ich weiss, Mia!“
Noch bevor sie antworten konnte, schloss er die Vebindung erneut und holte dann ruhig Luft. Als seine schneidende Stimme in das Chaos der Comverbindung der Einheit tönte, war sie befehlsgewohnt, fast herrisch und unterband das Stimmgewirr umgehend.
„Funkdisziplin! Alpha von Headless Horseman! Ihre Befehle!“
Eine eisige Stille breitete sich aus. Sekundenlang beherrschte nur das leise Rauschen der Verbindung die Lautsprecher, bevor Bram Miller sich zu einer Antwort durchgerungen hatte.
„Ich… das ist Quantrill!“
Die Stimmlage des jungen Davion war erfüllt von Unsicherheit mit einem Anflug von Panik und in Wilhelm reifte die Überzeugung, dass Sie dieses Gefecht mit dieser Führung nicht überleben würden.
Quantrills Mordbrenner waren eine gefürchtete Bande von Piraten, Rebellen und Banditen, die dafür bekannt waren, bei einem Überfall die Überlebenden zu Tode zu foltern. Es gab dutzende Gefechtsroms und Berichte über ihre Blutorgien und Massaker. Die Banditen waren im Besitz von Battlemechs aller Gewichtsklassen und schienen aus einer militärischen Einheit entstanden zu sein, denn sie konnten auch damit umgehen.
„Ich… ich muss diese Einheit nach Nahatlan bringen. Rückzug! An alle Abteilungen… wir lassen den Landzug zurück und schlagen uns in kleinen Gruppen nach Nahatlan durch.“
Wilhelm konnte und wollte seinen Ohren nicht trauen. Er hatte gewusst, dass hinter der Fassade des unbesiegbaren Davion Offiziers nicht viel steckte, aber den wertvollen Landzug mit über zweihundert Zivilisten diesen Schlächtern zu überlassen und feige dem Kampf auszuweichen war ein neuer Höhepunkt und übertraf seine Einschätzung noch bei weitem.
Wieder leuchtete das Licht der Comverbindung in seinem Sichtfeld auf und wie in Trance aktivierte er sie.
„Will...!“
Mias Stimme war von Abscheu gezeichnet und fordernd, aber er war unfähig zu antworten, gefangen im Anblick des sich umdrehenden Marodeur von Bram Miller, der kurz darauf mit Höchstgeschwindigkeit nach Westen preschte.
„Will, verdammt…!“
Schon wendeten sich auch andere Mechs und Fahrzeuge der Einheit zur Flucht, vor allem die unerfahrenen Piloten, deren taktisches Verständnis noch nicht weit genug entwickelt war um zu verstehen, dass der Rückzugsbefehl des kommandierenden Offiziers die Unterschrift unter Ihrer aller Todesurteile setzte. Quantrills Mordbrenner würden sie einzeln erwischen, nachdem sie den Landzug geplündert hatten. Durch ihre besseren Kenntnisse der Geografie würden sie die Mitglieder der Einheit aufspüren und töten.
Alle.
Unausweichlich.
Sein Blick wanderte über die in Auflösung begriffene Einheit nach Osten, wo die Ebene sich in ein weitläufiges Tal öffnete. In dem mehrere hundert Meter breiten Talzugang schossen zwei Felsnadeln in gleichmäßigem Abstand aus dem Boden. Dahinter lag unebenes Gelände, das stetig anstieg, bis es auf einem Plateau endete. Dahinter waren bereits die hoch aufsteigenden Staubwolken des anrückenden Gegners zu sehen.
Schon arbeitete sein Hirn auf Hochtouren, rief Erinnerungen an die verschiedenen Gefechtsberichte ab, erstellte eine Aufstellung der ihm zu Verfügung stehenden Truppen.
„WILHELM, bei allen Göttern. Tue etwas!“
Mia´s fast schon über das Com geschriene Worte rissen ihn aus seinen Überlegungen.
Noch einmal atmete er tief durch, aktivierte dann das Com durch Anspannen seiner Kiefermuskulatur und ließ seine Worte dann in schneller Folge über die Einheitsfrequenz rasseln.
„Headless Horseman an alle Abteilungen. Mit sofortiger Wirkung enthebe ich Lieutenant Bram Miller seines Kommandos und übernehme dieses. Ich begründe mein Vorgehen mit der offensichtlichen Tatsache, dass der Lieutenant mit der vorliegenden Situation überfordert ist. Unsere primäre Aufgabe ist der Schutz des Landzuges, seiner Passagiere und seiner Ladung. Aus diesem Grund wiederrufe ich auch den letzten Befehl des Lieutenant. Ich wiederhole, ich wiederrufe den Befehl zum Rückzug!“
Während er sprach flogen Wilhelms Finger über die Eingabekonsole des taktischen Computers des Charon und langsam fing er an, der Einheit eine Überlebenschance einzuräumen.
„Headless Horseman von Landzug, Captain Lesley spricht. Die Königin legitimiert Ihre Kommandoübernahme und drückt Ihren Dank für Ihr Eingreifen aus. Wir hoffen alle, dass Sie diesen Bastarden dieses Mal die Zähne zeigen.“
Die Stimme des alten Mannes, der den Landzug bereits sein ganzes Leben durch die Wüsten Nitos gesteuert hatte verstummte so schnell, wie sie erklangen war und überließ ihn nun offiziell mit dem Kommando.
Auf den taktischen Anzeigen seiner Kampfmaschine verfolgte Wilhelm mit einer gewissen Genugtuung, wie seine Männer und Frauen sich dem Gegner zuwandten.
Mit einer Ausnahme.
Der Marodeur von Lieutenant Miller steuerte noch immer mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Westen.
Gut. Ein Panik verbreitender Offizier wäre der Gefechtsordnung in jedem Fall hinderlich gewesen, auch wenn Wilhelm die fünfundsiebzig Tonnen Kampfmaschine gern in seinen Reihen gewusst hätte.
Aber wie hatte sein verhasster Vater immer gesagt: Nutze das, was du hast und klage nicht über Dinge, die du nicht ändern kannst.
Es wurde Zeit, das Blutgeld zu verdienen, dass der König Ihnen in Aussicht gestellt hatte.
„Raptor, nimm die Firebee, die Milzmechs sowie unsere Estevez Panzer und ein Platoon der schweren Infanterie und grabt euch auf der rechten Seite des Talzugangs ein. Das ist eure Verteidigungszone. Dort werden Sie versuchen, mit Ihren schnellen Einheiten durchzubrechen. Wenn Ihnen das gelingt, sind wir erledigt!“
Noch während er sich den nächsten Schritt seines Plans zurecht legte, stoben die genannten Einheiten mit Mia`s Phoenix an der Spitze in Richtung der zugewiesenen Position.
Mit seiner Stellvertreterin an dieser gefährdeten Position war Wilhelm sich sicher, dass seine Befehle ausgeführt werden würden. Egal wie hoch der Blutzoll auch sei.
„Princess übernimmt mit dem Katapult und dem Schütze das geleitete Artilleriefeuer. Sie beziehen Stellung hier am Landzug und wenn eine unserer Linien zu brechen droht, verlegen Sie dorthin. Wild Weasel baut Direktverbindung zu den Artilleriemechs auf und leitet das Feuer auf Sicht.“
Danielle Andrews war die zweite Pilotin, die Ihm aus seiner alten Einheit nach Nito gefolgt war und mit Ihrem Dragoon eine Expertin für Langstreckenfeuer. Die hübsche Blondine aus der Circinus Föderation hatte mit Ihren präzisen Raketenbombardements schon einige heiße Eisen für Wilhelm aus dem Feuer geholt und er verließ sich darauf, dass Sie dies auch an diesem Tag wieder tun würde.
Schon hatten die Piloten des Katapult und des Schützen Ihre tonnenschweren Kampfmaschinen neben den Dragoon bewegt und die beiden Krieger öffneten die Abdeckungen Ihrer LSR-Werfer um Tod und Verderben auf die angreifenden Banditen regnen zu lassen.
Nun wurde die Sache heikel, da er sein restliches Personal nicht kannte und auch nur schwer einschätzen konnte.
„Gladiator, von Rohr und Toro übernehmen die linke Flanke. Sie werden unterstützt von den drei restlichen Infanterieplatoons und den Randolph Panzerwagen. Ich erwarte auf Ihrer Flanke vornehmlich mittelschwere Gegner und motorisierte Infanterie. Halten Sie die Angreifer auf Entfernung. Sie müssen auf Ihrer Seite keine Entscheidung liefern, nur durchhalten. Sollten Sie Probleme bekommen, geben Sie mir über Alphafrequenz Bescheid und ich werde Ihnen Unterstützung zukommen lassen.
Gardekavallerie hält sich als Eingreifreserve hinter der linken Felsnadel bis weitere Befehle folgen.“
Und wieder überraschten Ihn die Krieger seines vorübergehenden Kommandos. Keine Fragen, keine Proteste oder Einwände erfüllten die Comverbindung. Alle fügten sich in Ihre zugewiesene Rolle und bezogen Ihre Stellungen.
Mit einem kurzen Blick in Richtung des anrückenden Gegners fuhr Wilhelm mit seinen Vorbereitungen fort.
Viel Zeit blieb ihm nicht mehr.
„Ymir, schwarzer Ritter und Headless Horseman halten das Zentrum zwischen den Felsnadeln. Hier werden wir es mit den schweren Brocken des Gegners zu tun bekommen aber wenn wir unser Feuer konzentrieren, sollten wir eine Chance haben den Gegner auf offenem Feld zu stellen. Suchen sie sich geschützte Positionen aus denen Sie Ihre volle Waffenlast zur Geltung bringen können.“
„Verstanden, Headless Horseman. Machen Sie sich keine Gedanken. Die werden sich fühlen, als seien Sie gegen einen Amboss gelaufen!“
Die Stimme von Wyatt Callahan versprühte selbst über das Rauschen der Comverbindung Optimismus und Kampfeslust.
Der Lyraner schien das Gefecht gar nicht erwarten zu können, obwohl sein neunzig Tonnen schwerer Ymir mit über 500 Jahren Dienstzeit der wohl älteste Battlemech auf dem Feld war.
„Keinen Übermut, Lyraner. Gefeiert wird erst, wenn die Schlacht geschlagen ist!“
Die beiden Mechs seines Abschnitts passierten die Position des Charon mit trägen Schritten und er kam nicht umhin erneut die Geschicklichkeit der Pilotin des schwarzen Ritter an den Kontrollen Ihrer Maschine zu bewundern, die ihm schon seit Beginn der Mission aufgefallen war.
Er nahm sich vor, die Frau mit dem Namen Hanna Moreno im Auge zu behalten. Piloten mit einer so hohen Qualifikation mussten nicht am Ende der Galaxie Ihr Leben aufs Spiel setzen.
Es stellte sich ihm also die Frage, warum diese Pilotin mit einer gut erhaltenen Maschine hier war.
Mit einem kurzen Stirnrunzeln schob er den Gedanken beiseite.
Er musste seine volle Aufmerksamkeit der bevorstehenden Schlacht widmen, denn wenn sie in den kommenden Minuten versagten, waren alle zukünftigen Planungen hinfällig.
„Exterminator, wenn ich mich recht entsinne, habe ich auf ihrer Jacke das Emblem der regulanischen Hussaren gesehen. Darf ich also davon ausgehen, dass sie mit ihrer Maschine umgehen können?“
Er hatte das Bild der rothaarigen Mechkriegerin aus dem Fürstentum Regulus vor dem geistigen Auge und konnte sich an das offene, fast schon aggressive Auftreten der jungen Dame während der wenigen Treffen erinnern.
Er konnte nur hoffen, dass er sich in seiner Einschätzung der Pilotin nicht irrte, denn dieser Teil seines Plans würde einen Großteil zum endgültigen Ausgang des Gefechts beitragen.
Als die Antwort der jungen Frau durch die Comverbindung klang, bildete er sich ein, einen Unterton von Trotz herauszuhören, was durch die Verzerrungen und Störgeräusche jedoch auch reine Einbildung sein konnte.
„Davon können Sie ausgehen, Headless Horseman. Ich habe mir diese Maschine hart erkämpfen müssen und bin dabei über nicht wenige Leichen gegangen. Sagen sie mir also, wen ich aus seinem Mech schießen soll und vergessen sie diesen Gegner dann!“
Ein brutales Lächeln umspielte Wilhelms Züge. Das war genau die Art von Antwort, welche er sich erhofft hatte.
„Sie haben mich überzeugt, Exterminator. Hören sie gut zu! Am Ende des Tals auf der rechten Seite befindet sich eine Anhöhe. Wenn Quantrill seine bisherige Taktik beibehält, wird er dort einen Kampfschützen positionieren. Einen erfahrenen Piloten und tödlichen Scharfschützen mit einer ganzen Menge Abschussmarkierungen auf seinen Läufen. Wenn der dort oben auf seiner Premiumposition hemmungslos agieren kann, schießt er uns mit seinen weitreichenden, mittelschweren Autokanonen nacheinander aus dem Gefecht. Außerdem ist er eine massive Gefahr für unseren Helikopter, der das Auge unserer Artilleriemechs darstellt. Dieser Kampfschütze, Exterminator, dieser Gegner ist ihrer. Vor drei Kilometern sind wir an einem Wadi vorbeimarschiert. Es verläuft meinem Kartenmaterial nach zu urteilen parallel zu diesem Tal. Sie umgehen durch dieses Wadi ungesehen die Kampfhandlungen und fallen dem Kampfschützen im richtigen Moment in die Flanke.“
“Eine Mission Marke Selbstmordkommando, Headless Horseman. Auftrag verstanden. Ich mache mich auf den Weg. Nehmen sie den Kampfschützen aus Ihrer Rechnung. Er ist so gut wie tot!“
Die Kälte in Ihrer Stimme beeindruckte ihn tief. Diese Aufgabe war ein fast sicheres Todesurteil. Die Pilotin würde sich hinter den feindlichen Linien einem schwereren Gegner stellen.
Ohne Hoffnung auf Unterstützung.
Ohne eine Rückzugsmöglichkeit.
Stumm nickte er, als der Exterminator sich umdrehte und in die Richtung stampfte, aus der sie gekommen waren.
Schnell schickte Wilhelm ein Stoßgebet an alle Götter, dass Quantrill nicht in der Lage war, Ihre Frequenzen abzuhören. Er hatte keine Möglichkeit besessen, Rufnamen für die Mitglieder seiner Einheit zu verteilen oder richtige Lanzen zu bilden.
Seine Krieger waren nicht aufeinander eingespielt.
Das alles hätte erst in Nahatlan erfolgen sollen.
Aber nun stand ihnen die Feuertaufe unmittelbar bevor.
Viel zu früh für seinen Geschmack.
Mit einem mulmigen Gefühl aktivierte er seine Waffensysteme und fuhr das Kühlsystem des Charon hoch. Der plötzliche frische Luftzug ließ ihn in Shorts und Kühlweste kurz frösteln, aber er hatte gelernt, diese Momente vor dem Kampf zu genießen.
In den nächsten Minuten würde er jede Menge Schweiß und vielleicht auch Blut von sich geben.
Nochmal vergewisserte er sich auf der taktischen Anzeige, dass seine Truppen die befohlenen Positionen eingenommen hatten.
Dann setzte er sein überschweres Monster in Bewegung um sich ebenfalls ein geeignetes Plätzchen für die kommenden Kampfhandlungen aneignen zu können.
Die Staubwolke über der Anhöhe hinter dem Tal zeugte von der Ankunft des Feindes. Wie die dunklen Gewitterwolken eines bösen Omens zog der Staubschleier unaufhaltsam auf den Landzug und seine Beschützer zu.
Quantrill war ein kaltblütiger Veteran dutzender Schlachten. Erst im Dienst des Hauses Marik, dann als Söldner und nun auf eigene Rechnung als Anführer eines Haufens mordender Banditen.
Er war für seine berechnende Art bekannt. Fast hätte man es ein Markenzeichen nennen können.
Aber in Momenten wie diesem konnte er die Bestie in sich kaum zügeln. Wütend schnaubte er erneut in das Mikrofon seines Neurohelms. Er konnte einfach nicht begreifen, wie seine sorgfältig ausgearbeiteter Plan so aus dem Ruder laufen konnte. Zuerst hatte der Helikopter der Miliz seine anrückenden Mordbrenner ausgemacht. Dann hatte die gesamte Feuerkraft seiner Einheit nicht ausgereicht um diesen einen, gottverdammten Störenfried vom Himmel zu holen.
Eine Blamage sonders Gleichen.
Und nun teilten seine Tuareg-Scouts ihm auch noch mit, dass der Landzug stoppte und die Söldner mit Hilfe der Miliz eine Verteidigung im Cullcka-Tal vorbereiteten.
Einem Überaus ungeeigneten Gelände für einen Sturmangriff.
Er hatte also das Überraschungsmoment verloren und musste die Wahl des Geländes ebenfalls dem Gegner überlassen.
An jedem anderen Tag hätte er den Angriff abgebrochen und auf eine günstigere Gelegenheit gewartet, aber in diesem besonderen Fall bot der Sieg über die Schutzmannschaft des wertvollen Landzuges eine zusätzliche, einmalige Gelegenheit, denn die Königin von Nahatlan selbst war als Passagier auf dieser Fahrt gelistet.
Eine Gelegenheit, die man nicht verstreichen lassen durfte.
Zumal der Vorschlag für die Aktion von der Hexenkönigin selbst gekommen war. Der gefürchteten Frau aus dem Kurita Raum, die in der Stadt der Toten über ein Heer von Kriegern gebot und deren Ansinnen man nicht wiedersprach.
Es sei denn man wollte auf äußerst unerfreuliche Weise dieses Leben hinter sich lassen.
Mit einem Schaudern dachte er an die tausenden Sklavenarbeiter, die in den trostlosen Minen um die Stadt ihrer eintönigen und eher früher als später mit Sicherheit tödlichen Arbeit nachgingen.
Im Stillen fragte er sich, wie viele dieser armen Seelen eine gestellte Aufgabe hatten nicht erfüllen können und damit bei ihrer Herrin in Ungnade gefallen waren.
Nein, ihm würde dies nicht wiederfahren.
Er war Quantrill. Der gefürchtetste Bandit auf diesem verdreckten Staubball.
„Quantrill an Alle. Wir ziehen das wie die letzten Male durch. Der Kommandant mit dem Marodeur hat sich schon aus dem Staub gemacht und dabei eine ganze Lanze Mechs mitgenommen. Die holen wir uns, wenn wir den Rest in Stücke gehauen haben. Die Braunhäute sprechen von zwei Lanzen Mechs plus vier Milizmaschinen. Dazu Panzer und Infanterie. Das deckt sich mit den Informationen die wir vorliegen haben. Roy, du nimmst die rechte Flanke. Nimm Fedge und seine Mörderbande von Infanteristen mit. Die sollen sich mal ihren Anteil verdienen. Ruby, du und deine Jungs übernehmen die linke Flanke. Schnell vorstoßen, in die Linie einbrechen und aufmischen. Dann schwenkt ihr ein und helft uns beim Rest. Die Sand Devils und die schnelle Infanterie unterstützen euch dabei. Die Befehlslanze bricht durch das Zentrum. Butcher, du nimmst mit deinem Kampfschützen auf dem Hügel der linken Flanke Aufstellung und bläst alles in die ewigen Jagdgründe, was uns in die Quere kommt. Die denken, sie könnten sich gegen uns zur Wehr setzen. Damit das Ganze keine Nachahmer findet, werden wir diesmal noch brutaler vorgehen. Wir zeigen jedem, dass wir Wiederstand mit aller Härte bestrafen. Keine Gefangenen, keine Sklaven. Ich will nur Leichen sehen, verstanden?“
Ein Chaos an Bestätigungen durchflutete den Einheitskanal und ließ Quantrill zufrieden grinsen.
Nein, er würde nicht in den Minen landen!
Im Gegenteil.
Das würde ein verdammt einträglicher Tag für ihn und seine Bande werden. Und ein überaus schwarzer Tag für das Königshaus von Nahatlan!
Zufrieden registrierte er, wie die Battlemechs seiner Einheit über die Anhöhe in das Cullcka-Tal vorrückten. Die Befehlslanze bestehend aus Kellys Donnerkeil, O´Reilleys Ostwar, Riegers Daboku und natürlich seinem eigenen Brandschatzer traten als letzte der Einheit über die Hügelkuppe.
Nancy Hoogan schluckte hart als sie ihren Wild Weasel Kampfhelikopter mit hoher Geschwindigkeit in niedriger Höhe eine Schleife über dem Tal ziehen ließ. Unter ihr stürmten Quantrills Bastarde in einer dichten Staubwolke auf die Ebene des Cullcka-Tals.
Sie hatte Recht gehabt.
Nun waren die blau-gelben Lackierungen der Battlemechs und Fahrzeuge klar zu erkennen, welche sie bei der ersten Sichtung nur hatte erahnen können.
Reflexartig blickte sie auf die Treibstoffanzeige ihres Hubschraubers.
Wenn Sie jetzt abdrehte, konnte Sie eine ganze Menge Wüste zwischen sich und diese Bestien bringen, bevor ihr der Sprit ausging.
Ein energisches Kopfschütteln brachte sie auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ohne Treibstoff mitten in der Wüste zu landen war für eine Milizpilotin aus Nahatlan die wohl dümmste Idee.
Auch wenn die Tuareg sie nicht aufgriffen und ihr nach mehreren Gruppenvergewaltigungen die Kehle aufschlitzten, würde sie elend an Wassermangel verrecken.
Oder einer der anderen Gefahren der Wüste zum Opfer fallen.
Auf Nito gab es hunderte Möglichkeiten, den Löffel auf äußerst unschöne Art abzugeben.
Mit einem schnellen Zug am Steuerknüppel der agilen Maschine brachte sie das Wild Weasel in einen Steigflug, den sie mit einer perfekten Rolle abschloss.
Nein, dann doch lieber hier im Kampf draufgehen.
„Princess von Wild Weasel. Schnelle gegnerische Verbände rücken auf die der rechten Flanke mit hoher Geschwindigkeit gegen unsere Position vor. Erreichen maximale Schussdistanz von 630 Metern in zehn Sekunden. Sand Devil und Transportschweber mit aufgesessener Infanterie in erster Welle. Dahinter in geringem Abstand Heuschreck, Wespe und Streitross folgend. Auf linker Flanke ebenfalls motorisierte Infanterie, aber wesentlich langsamer. Tomahawk, Vulkan, Krabbe und Centurion sind hier erkannt. Ziele durch diagonale Feuerlinie außer Reichweite. Im Zentrum rücken weitere Feindmaschinen vor, sind durch Staubentwicklung jedoch nicht zu erkennen. Erbitte Zielauswahl für Feuereinweisung.“
Wieder schoss das Wild Weasel über die anrückenden Mordbrenner, während sie auf die Antwort der Mechkriegerin wartete. Niemand schien ihren Helikopter wahr zu nehmen, oder aber er war dem Gegner einfach egal.
Da ihr Kampfhubschrauber nur über ein Maschinengewehr als Offensivwaffe verfügte, war Letzteres wahrscheinlicher.
„Wild Weasel von Princess.“
Die Stimme von Danielle Andrews über die Comverbindung zu hören, ließ sie erleichtert aufatmen. Nancy kannte die Frau kaum, aber die professionelle Art und ruhige Tonlage vermittelten der Milizpilotin ein Gefühl der Sicherheit.
Vielleicht ein trügerisches Gefühl, wenn man an die vorrückende Streitmacht unter ihr dachte, aber besser als Nichts.
„Zuerst mischen wir die rechte Flanke auf. Der Boss hat befürchtet, dass die Banditen dort durchbrechen, also werden wir da zuerst aufräumen. Wir erwarten mit Spannung ihre Zielkoordinaten, Wild Weasel.“
Nun lächelte Nancy Hoogan sogar. Zuversicht durchströmte ihre Gedanken und beflügelte sie in ihrem über das Tal rasenden Hubschrauber. Mit den Söldnern hatte die Miliz endlich eine Chance gegen die Banditen.
„Verstanden, Princess. Zielangabe für LSR Beschuss folgt. Quadrat delta fünnef bis delta sieben. Jetzt 620 Meter. Acht Vorhalte. Korrektur erfolgt nach Einschlagsauswertung.“
Sekundenbruchteile nachdem ihre Worte durch die Kabine klangen, konnte sie in Ihrem rechten Augenwinkel unzählige spiralförmig aufsteigende Langstreckenraketen sehen, die sich immer schneller in den roten Himmel bohrten und dabei weiße Abgasstreifen hinter sich her zogen.
Kurz darauf verwandelte sich der Wüstenabschnitt unter ihr in ein flammendes Inferno aufsteigender Explosionen.
Über hundert herabregnende Raketen schlugen in die Reihen der völlig überraschten und fast ungepanzerten Schweber ein und zerfetzten, was sie trafen. Eine Mauer aus schwarzem Rauch vermischte sich fast umgehend mit dem aufgewirbelten Staub und dem öligen Qualm der brennenden Wracks zu einem fast undurchdringlichen Sichtschutz. Helle Flammen züngelten an einigen Stellen durch das unwirkliche Bild und Sekundärexplosionen erhellten für kurze Augenblicke die Landschaft.
Der letzte Mech der Einheit hatte die Zielvorgaben nicht vollständig eingehalten, so dass ein Teil seiner verschossenen Gefechtsköpfe nur den Sand und einige Gesteinsbrocken hinter den anrückenden gegnerischen Maschinen aufwirbelten.
Zwei Detonationen jedoch blitzten auf der Panzerung des rechten Beines des Heuschreck auf und ließen dessen Piloten seinen Sturmlauf abrupt verlangsamen.
Als der Staub des Angriffs sich langsam legte, schlingerte ein getroffener Sand Devil aus der Wolke. Der Direkttreffer einer LSR hatte seinen Turm abgerissen und aus dem entstandenen Loch schlugen hell lodernd meterhohe Flammen. Der Fahrer versuchte Krampfhaft, das todgeweihte Fahrzeug zum Stehen zu bringen, verlor jedoch seinen Kampf gegen die Zeit, als das Feuer den Treibstoffvorrat erreichten und den leichten Scout-Schweber in einer grellen Detonation verzehrten. Weiß glühende Trümmer regneten noch mehrere Meter entfernt zu Boden und markierten das rauchende Grab der verbrennenden Besatzung.
Nancy wollte jubeln, als ein schriller Alarm sie plötzlich von dem grausamen Anblick ablenkte.
Radarerfassung.
Ein Gegner hatte sich auf sie eingezielt.
Ruckartig riss sie den Steuerknüppel nach links und kippte den Helikopter in eine scharfe Kurve. Keine Sekunde zu früh.
Die donnernden Granaten zweier Autokanonensalven hämmerten in Verbindung mit einem zischenden Laserstrahl durch die Position, welche sie ohne das Manöver nun mit ihrer Maschine eingenommen hätte.
Sie musste nicht raten, welcher Gegner sie auf dem Korn hatte.
Ein kurzer Blick auf den Hügel der rechten Flanke offenbarte die Silhouette des Kampfschützen, der seine langen Armwaffen drohend gen Himmel reckte.
Genau in Ihre Richtung.
„Headless Horseman von Wild Weasel. Ich muss Zielführung der Artilleriemechs einstellen. Gegnerischer Kampfschütze hat vorausgesagte Position erreicht und feuert auf mich. Ziehe mich außer Reichweite seiner Waffen zurück und erwarte weitere Befehle.“
Damit brache sie die Nase ihres Kampfhubschraubers in Richtung der eigenen Linien und drückte den Schubhebel vollständig durch.
Ob sie Angst hatte… natürlich. Jeder Veteran hatte Angst vor dem Tod. Zuviel Mut verhinderte ihrer Ansicht nach, dass man genügend Erfahrung sammelte um ein Veteran zu werden.
Helden starben in den allermeisten Fällen früh.
„Ein Wadi das parallel verläuft! Sie umgehen ungesehen die Kampfhandlungen. Was für ein Idiot!“
Genevre Zavaletta fluchte weitere Verwünschungen in die Einsamkeit ihres Cockpits, während sie den Exterminator durch die engen Windungen der Schlucht steuerte. Ihre Kühlweste versuchte mit einem sonoren Summen die ansteigende Hitze um sie herum auszugleichen, aber schon kurz nach ihrer Trennung von der Haupttruppe hatten sich bedingt durch die hohe Umgebungstemperatur in dem tiefen Wadi und die schnelle Bewegung des Mechs dicke Schweißperlen auf ihrer Haut gebildet.
Die anstrengende Steuerung der Kampfmaschine tat ihr übriges.
Genervt blinzelte die junge Frau von Regulus einen der störenden Schweißtropfen von ihrem linken Augenlid und blickte dann konzentriert auf die taktische Anzeige.
Ohne Kartenmaterial, dass wohl nur ihrem neuen kommandierenden Offizier zur Verfügung stand, musste sie die verbleibende Entfernung bis zu ihrem Ziel schätzen.
Es konnte aber nicht mehr weit sein.
Unversehens musste sie den Exterminator abbremsen, als hinter der nächsten Biegung eine steile, fünfundzwanzig Meter hohe Felswand ihr den Weg versperrte.
Unentschlossen blickte sie die Wand hinauf, als ihr durch die Comverbindung der Notruf der Milizpilotin in den Ohren erklang. Gleichzeitig nahmen die Außenmikrophone ihres Battlemechs das Stakkato abgefeuerter Autokanonen Salven wahr.
Der Kampfschütze musste ganz in ihrer Nähe sein.
Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden löste die Pilotin die Sprungdüsen des Mechs aus.
Es war Zeit zu handeln.
Superheißes Plasma aus dem Fusionsreaktor der Maschine tobte durch die Düsen an den Füßen des Exterminator und katapultierte ihn auf flammenden Säulen in die Höhe, bis Genevre den Rand der Felswand erreicht hatte. Mit einem kurzen Schubmanöver brachte sie sich auf den Rand des Hangs und landete das 65 Tonnen schwere Ungetüm nur dreißig Meter hinter ihrem Ziel.
Der gegnerische Mech ragte vor dem ihren in die Höhe und sein breiter Rücken bot eine grandiose Angriffsfläche. Bereits vor der Landung hatte sie die mit vier mittelschweren Lasern bestückten Arme des Exterminator auf den Kampfschützen ausgerichtet.
Während sie ihre Maschine in eine schnelle Vorwärtsbewegung trieb bewegte sie das Fadenkreuz der Zielerfassung mittig auf die immer größer werdende Gestalt ihres Opfers.
Als das Fadenkreuz von Rot zu einem pulsierenden Gold wechselte, presste sie die Auslöser für die Laser und beobachtete befriedigt, wie alle vier gleißenden Lichtstrahlen sich tief in die spärliche Rückenpanzerung des Kampfschützen bohrten.
Bäche geschmolzenen Stahls ergossen sich über den Sand des Hügels wo sie in surrealen Formen erstarrten, tropften von der internen Struktur und gaben den Blick auf die innen liegenden Bauteile der Kampfmaschine frei.
Zwei der superheißen Strahlen brannten tiefe Narben in die interne Struktur und bahnten sich ihren Weg durch den geschundenen Torso.
Der Pilot der gegnerischen Maschine schien von Genevres Auftauchen völlig überrascht worden zu sein, beherrschte aber sein Handwerk, denn er hielt seinen Battlemech trotz der massiven Treffer in seinem Rücken mit einem kurzen Schritt vorwärts aufrecht.
„Du bist wirklich ein Veteran, Freundchen. Erfahren und tödlich. Aber das bin ich auch! Das bin ich auch!“
Sie flüsterte die Worte zu sich, während ihr Blick auf die steigende Temperaturanzeige des Exterminator fiel. Der ungehemmte Energiewaffeneinsatz in Kombination mit dem kurzen Sprung hatte ihre Maschine massiv aufgeheizt.
Hitzewellen brandeten durch das Cockpit und ließen sie nach Luft ringen.
Im vollen Lauf öffnete sie eine Comverbindung.
„Wild Weasel von Bloodlust. Kampfschütze ist beschäftigt. Ich wiederhole, Kampfschütze ist derzeit keine Gefahr für sie.“
Die Worte entrangen sich ihrer verdörrten Kehle und kamen über die spröden Lippen.
Aber noch war sie hier nicht fertig.
Sie hatte die kurze Distanz zu Ihrem Gegner mit dem Sturmlauf überwunden, welcher sich nun der Gefahr in seinem Rücken zuwenden wollte.
Die tödlichen Geschützläufe der schweren Laser und Autokanonen drehten sich mit dem Torso in ihre Richtung, während der Pilot des schweren Monsters versuchte, seine Ausrichtung zu ändern.
Genevre hatte jedoch nicht vor, ihn zum Abfeuern seiner Waffen kommen zu lassen. Eine Duell mit Waffenfeuer würde sie gegen den schwereren Gegner verlieren.
Aus vollem Lauf riss sie ihr rechtes Bein nach vorne und traf mit dem schweren Fuß ihrer Maschine das Bein des Kampfschützen dort, wo bei einem Menschen die Wade gewesen wäre. Das Kreischen berstenden Metalls steigerte sich zu einer höllischen Katatonie als sie ihre linke Faust vorschnellen und auf die Schulter der rechten Seite des Kampfschützen schmettern ließ.
Die schützende Keramikpanzerung zerbarst an beiden Stellen in einem Regen scharfkantiger Splitter und der Pilot musste einen weiteren Schritt nach vorn tätigen um erneut das Gleichgewicht seines angeschlagenen Battlemechs halten zu können.
Der Butcher klammerte sich krampfhaft an die Kontrollen des Kampfschützen und musste sein gesamtes Können aufbieten, um einen Sturz zu verhindern.
Was hatte er dem Piloten dieses Exterminator getan, dass er mit einer solchen Wildheit auf ihn losging?
Hatte er jemanden aus dessen Familie umgebracht?
Der massige Bandit schob den Gedanken beiseite.
Er hatte bei weiterem wichtigere Probleme zu bewältigen, als dieser Frage nach zu gehen.
Eine Sinfonie aus Warnmeldungen tönte durch die stickige Enge des Cockpits und die Anzeigen in seinem Sichtfeld rangen in gelben und roten Farbtönen um ungeteilte Aufmerksamkeit.
Die Lasertreffer des aus dem Nichts auftauchenden Gegners hatten seine Rückenpanzerung durchschlagen und das Gyroskop sowie den Fusionsreaktor beschädigt und durch die Nahkampfattacken hatte er einen großen Teil Panzerung verloren, was seinen Stahlkoloss zusätzlich aus dem Gleichgewicht brachte.
Der Pilot des Exterminator wusste, was er tat. Das war kein halb ausgebildeter Milizpilot. Er hatte es mit einem hartgesottenen Söldner zu tun.
Er nutzte die höhere Beweglichkeit seiner Maschine um im ständigen Kontakt mit dem Butcher zu bleiben, ließ ihm keine Möglichkeit Abstand zu gewinnen um seine schwerere Bewaffnung ins Spiel bringen zu können.
Und ohne Unterarm- und Handaktivatoren war der Bandit in einem Battlemech-Nahkampf massiv unterlegen.
Auch auf dem restlichen Schlachtfeld sah es für Quantrills Mordbrenner nicht gut aus.
Ruby „Totschläger“ Dalton war mit seiner Truppe auf der linken Flanke in ein massives Feuer aus gut gezielten Langstreckenraketen geraten und erhielt nun weitere Verluste durch mindestens zwei Mechs, Panzer und eingegrabene Infanterie. Der Butcher konnte nur hoffen, dass das Streitross des Totschlägers diesen massiven Beschuss überstand und er in die Linie der Verteidiger einbrechen konnte.
Noch hatte dieser Teil der Truppe jedoch über die Hälfte der Strecke zu überstehen. Und der Helikopter hoch über dem Schlachtfeld, welcher wahrscheinlich das Artilleriefeuer leitete, donnerte gerade erneut über sie hinweg.
Natürlich, er war ja auch nicht mehr in der Lage ihn zu vertreiben, solange dieser Exterminator ihm im Rücken saß.
Auf der rechten Flanke sah es nicht viel besser aus. Hier hielten drei weitere Feindmechs Roy Fullers mittelschwere Lanze zusammen mit der angeschlossenen Infanterie auf Distanz.
Der Centurion der Einheit hatte direkt zu Beginn des Gefechts zwei PPK Treffer erhalten und lag seit diesem Zeitpunkt regungslos auf dem Feld.
Zwar rückte Roys Mannschaft unaufhaltsam vor, aber für Butchers Geschmack viel zu langsam.
In dem Moment, als der dickbäuchige Lyraner, der vor ewigen Zeiten Teil der Sky Rangers gewesen war, sich wieder seinem eigenen Problem widmen wollte, zuckte schweres Feuer durch das Zentrum des Gefechtsfeldes.
Ungläubig registrierte er fünf künstliche Blitzschläge aus Partikel Projektil Kanonen, die über die Sandlandschaft des Tals brandeten.
Genau auf Quantrills vorstürmenden Brandschatzer zu.
Nur zwei der vor todbringender Energie knisternden Entladungen verfehlten die überschwere Kampfmaschine. Der Rest geißelte die Panzerung auf Torso und Armen.
Als dann auch noch zwei massive Nickel-Eisen-Kugeln aus Gaussgeschützen mit Schallgeschwindigkeit in die linke Schulter und die Torsomitte des geschundenen Mechs von Quantrill schlugen und fast zwei Tonnen Panzerung in ganzen Sektionen von dem hoch aufragenden Rumpf rissen, verlor der Anführer der Mordbrenner den Kampf gegen die Schwerkraft und einhundert Tonnen Stahl schlugen in einer dichten Staubwolke auf den harten Boden des Cullcka-Tals.
Der Butcher glaubte, die Erschütterung des Sturzes noch auf seiner Pilotenliege zu spüren, riss sich von dem Anblick des Spektakels jedoch einige Momente vor dem Pilot des Exterminator los.
Exakt die Zeitspanne, die er benötigte.
Mit zwei schnellen Schritten brachte er Abstand zwischen die beiden Battlemechs und drehte dann seine Arme in einer fließenden Bewegung um hundertachtzig Grad in seinen Rückenfeuerbereich.
„Tja, Jungchen. Ein paar Tricks habe ich auch noch drauf. Und mit dem hier hast du wohl nicht gerechnet!“
Seine Stimme hatte einen brutalen Tonfall als die Worte in dem engen Mechcockpit erklangen.
Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck presste er die Auslöser für alle seine Armwaffen, als die Erfassung des Gegners von seinem Zielsystem bestätigt wurde.
„Friss das, du mieser Bastard!“
Augenblicklich schoss die Temperatur in seiner Umgebung auf unerträgliche Werte und er fühlte sich, als würde er im eigenen Saft gebraten, als jede Pore seines fetten Leibes Flüssigkeit absonderte.
Nach Luft japsend konnte der Butcher ein Hochgefühl nicht unterdrücken, als beide Strahlen seiner schweren Laser in den linken Torso des Exterminator einschlugen. Weißglühender Stahl floss in Strömen an der Gestalt des Mechs hinab. Die Granaten der mittelschweren Autokanonen zogen eine Reihe heller Explosionsblitze über den linken Arm und in die Bresche, welche zuvor die Laser gerissen hatten. Teile der interne Struktur verbogen sich unter der Wucht der starken Detonationen und Myomerstränge rissen mit schnalzenden Lauten, als der linke Schulteraktivator aus seiner Verankerung gerissen wurde.
Der Butcher hätte jubeln können, als erst der verkrüppelte Arm seines Gegners kraftlos in eine hängende Position fiel und der Pilot kurz darauf das Gleichgewicht verlor.
Mit einem Schlag auf den Vetoschalter verhinderte er eine automatische Abschaltung seiner Maschine aufgrund der hohen Temperaturentwicklung, war jedoch mehr als nur zufrieden.
Er hatte seine Maschine vielleicht überhitzt, aber dafür lag sein Gegner nun am Boden.
„Und ich stehe noch, du Mistkerl! Siehst du das? Ich stehe noch!“
Mit langsamen Bewegungen der Kontrollen drehte er nun seinen Kampfschützen in Richtung des liegenden Exterminator und brachte die Arme wieder in eine normale Position.
Jetzt würde er ihm den Rest geben.
Eine weitere Markierung auf den Läufen seiner Geschütze.
Und dann würde er dieses Gefecht zu Gunsten der Mordbrenner entscheiden.
Quantrill würde ihn reich belohnen.
Eine Generalüberholung seiner Maschine vielleicht. Oder pures Gold aus den Minen der Hexenkönigin. Oder eine hübsche Sklavin, die ihm alle seine Wünsche erfüllte.
Ein gehässiges Lachen entrann sich seiner Kehle.
„Jetzt bist du erledigt, du Anfänger! Du stehst zwischen mir und meiner Belohnung. Mach dich bereit deinen Schöpfer zu treffen.“
Wilhelm Teufel war bis vor zehn Sekunden noch äußerst zufrieden mit dem Gefechtsverlauf gewesen. Sein Plan hatte besser funktioniert als selbst er es für möglich gehalten hätte.
Auf der linken Flanke hatte eine der Hinan Schwestern das Kommando übernommen und dirigierte konzentriertes Feuer des Toro, von Rohrs und Gladiator gegen die anrückenden Banditen. Die drei PPK`s in Verbindung mit den LSR Lafetten hatten den Centurion des Gegners bereits zu Fall gebracht, während das Antwortfeuer durch den Sturmlauf sehr ungenau und unkonzentriert wirkte.
Der Vulkan hatte mit seiner leichten Autokanone Treffer auf dem Toro gelandet und die Krabbe einen schweren Lasertreffer auf den Gladiator setzen können. Einer der Randolph Panzerwagen der Miliz war von den schweren Geschossen der Autokanone des Tomahawk in Stücke gerissen worden, aber die drei verbliebenen Fahrzeuge und der Zug Infanterie setzten den Kampf mit unverminderter Härte fort.
Die Verluste waren überschaubar und noch in einem militärisch akzeptablen Rahmen.
Bis jetzt.
Im Zentrum der sich entwickelnden Schlacht war seiner Einheit der bisher größte Erfolg beschieden. Als die schwere Lanze des Gegners über die Anhöhe gestürmt war, hatte Wilhelm den markanten Brandschatzer Quantrills ausgemacht, welchen er aus den verschiedenen Gefechtsroms und Berichten kannte.
Ein herausragendes Primärziel für ihn und seine beiden Mitstreiter.
Das Feuer aus fünf PPK`s sowie seinen beiden Gaussgeschützen hatte den Kommandeur der gegnerischen Einheit wie ein Dampfhammer getroffen, auch wenn zwei der künstlichen Blitzschläge ihr Ziel verfehlt hatten.
Noch immer lag der hundert Tonnen schwere Mech bewegungslos am Boden, während helle Rauchschwaden von seiner zerschossenen Panzerung aufstiegen.
Er war sich jedoch sicher, dass sie Quantrill noch nicht aus dem Spiel genommen hatten.
Man bezeichnete Battlemechs nicht ohne Grund als die Könige des Schlachtfeldes. Sie konnten unglaubliche Mengen an Schaden verteilen und auch einstecken, bevor sie kampfunfähig zusammenbrachen, und überschwere Maschinen wie der Brandschatzer waren eine eigene Elite.
Genau wie ihre Piloten.
Durch den zeitgleichen Einsatz seiner beiden PPK`s war der Ymir von Wyatt Callahan massiv überhitzt und nur in der Lage seinen LSR Werfer gegen den anstürmenden Donnerkeil einzusetzen, was dieser mit einer gleichartigen Salve Raketen beantwortete. Während die Gefechtsköpfe des Lyraners allerdings wirkungslos vor dem Gegner in den Sand schlugen und meterhohe Staubfontänen aufwirbelten, platzierte der Bandit acht leuchtende Feuerbälle auf dem rechten Arm und dem rechten Bein des Ymir und sprengte dort einige Panzerplatten von dem ohnehin nur dürftigen Schutz.
Der Daboku wie auch der Ostwar hatten ihn als Ziel Ihres Waffenfeuers auserkoren und deckten den Charon mit leichten Autokanonengranaten, LSR und schwerem Laserfeuer ein.
Wilhelm wurde mehrfach schwer in die Gurte seiner Pilotenliege geworfen und musste mit den Kontrollen seines Mechs ringen, hielt ihn jedoch aufrecht.
Bei diesem Bombardement war jedoch klar, dass sein MasterTech nach diesem Gefecht ein ernstes Wörtchen mit ihm würde reden wollen.
Bei der Vorstellung knirschte er entnervt mit den Zähnen.
Auf der rechten Flanke schlug gerade eine weitere LSR Salve seiner Artilleriemechs zwischen die Schweber der anstürmenden Banditen und zerstörte gleich mehrere der nur leicht gepanzerten Fahrzeuge.
Auch die vierbeinigen Mechs der Miliz sowie die Estevez Panzer hatten endlich in den Kampf eingegriffen und feuerten mit ihren schweren Geschützen in die Reihen der Angreifer.
Mittlerweile war das Gefechtsfeld vor diesem Abschnitt übersät mit brennenden Wracks, die ihre Umgebung mit ölige Qualm erfüllten. Leichen, Verwundete und Sterbende verteilten sich großflächig auf dem Sandboden des Tals und Trupps angreifender Banditen Infanterie irrte durch den dichten Rauch. Hier und da schlug eine Mörsergranate der Miliz zwischen die Wracks oder die Salve eines schweren Maschinengewehrs jaulte durch das Chaos.
Aber die Banditen blieben nichts schuldig.
Die verbliebenen Sand Devils hatten das Feuer auf Mia`s Phoenix eröffnet und vier Strahlen mittelschwerer Laser verunstalteten nun Torso sowie Arme und Beine des mittelschweren Mechs.
Taumelnd wurde seine Stellvertreterin einen Schritt zurück getrieben, bevor sie die Balance wieder fand und die PPK ihrer Kampfmaschine auf den vorrückenden Heuschreck entlud.
Kreischend fuhr der Strahl aufgeladener Partikel durch das Tal und schlug unter ohrenbetäubendem Tosen in das linke Bein des gegnerischen Scoutmechs ein.
Große Brocken verkohlter Panzerung regneten rund um die Maschine nieder als der künstliche Blitzstrahl die Extremität all ihren Schutzes beraubte und sich im Anschluss durch die interne Struktur fraß.
Mitten im seinem ungestümen Sturmlauf wurde der Scout durch ein blockierendes Hüftgelenk völlig aus dem Gleichgewicht gebracht und schlug der Länge nach auf den staubigen Grund des Tals, wo er einen unglücklichen Schweber der Angreifer unter seinen 20 Tonnen zermalmte.
Nur Sekundenbruchteile später verschwand der Anblick des gestürzten Battlemechs in einer dichten Staubwolke und Wilhelms Aufmerksamkeit wurde von den restlichen Geschehnissen des Kampfes in Anspruch genommen.
Mit Sorge blickte er in Richtung der entfernten Anhöhe, auf welcher sich der Kampfschütze nun dem am Boden liegenden Exterminator zu wendete.
Offiziell war es noch gar nicht seine Einheit, aber er hatte nicht vor in seinem ersten Gefecht auf diesem Planeten einen Piloten durch eine Selbstmordmission zu verlieren.
Entschlossen spannte er den Kiefer an und öffnete einen Kanal.
„Wild Weasel von Headless Horseman. Leiten Sie Raketenbeschuss auf den Kampfschützen ein. Gegner ist Primärziel. Verwundbare Rückenpanzerung ist den eigenen Einheiten zugewandt. Nehmt diesen verdammten Killer aus dem Gefecht.“
Die Stimme der Helikopterpilotin klang hell und konzentriert durch das Hintergrundrauschen.
„Headless Horseman von Wild Weasel. Bestätige Zielzuweisung. Position Kampfschütze ist angewiesen. Beschuss aus maximaler Kampfentfernung erfolgt.“
Grimmig nickte Wilhelm auf seiner Pilotenliege, als dutzende Langstreckenraketen auf ihrem feurigen Schweif über seine Position hinweg zogen.
Es wurde Zeit, die Initiative über dieses Gefecht an sich zu reißen.
Es wurde Zeit zu siegen.
„Headless Horseman an die gesamte Kampfgruppe. Gegenangriff! Ich wiederhole: Gegenangriff! Ymir, wir schnappen uns den Ostwar. Schwarzer Ritter schwenkt auf rechte Flanke und unterstützt diese gegen das Streitross. Linke Flanke konzentriert Feuer auf den Vulkan. Gardekavallerie führt Sturmangriff auf anrückende Infanterie durch. Princess, bring deine drei Maschinen auf die rechte Flanke und räumt da auf. Zeigen wir diesen Banditen, dass Sie sich heute den falschen Gegner ausgesucht haben.“
Noch während er die Befehle in das Headset rasselte zog er das Fadenkreuz seiner Waffensysteme über die Silhouette des schweren, fast schon antiken Battlemechs im Zentrum der gegnerischen Formation und presste den Auslöser auf der Steuerung, welcher für einen Alphaschlag vorgesehen war.
Dann trieb er den Charon in einen schnellen Trab, welcher ihn auf das Schlachtfeld führte, während sein gezieltes Waffenfeuer in das Opfer einschlug.
PPK Blitze aus seinen Armmanschetten und die beiden massiven Nikel-Eisen Kugeln seiner Gaussgeschütze verheerten die Panzerung des Ostwar in Zusammenarbeit mit der beiden PPK'S des Ymir, während seine mittelschwere Rotationsautokanone einen stetigen Strom an hochexplosiven Granaten in langen, leuchtenden Bahnen ins Ziel brachte. Grelle Explosionsblitze zuckten über den Torso und den linken Arm des Battlemechs, rissen durch bereits vorhandene Breschen ganze Sektionen an Panzerung vom Rumpf und brandeten durch die interne Struktur.
Ohne weitere Gegenwehr brach der fünfundsechzig Tonnen schwere Gigant tosend in sich zusammen, während der Daboku wie auch der Donnerkeil zum Stehen kamen.
Genevre Zavalotta schüttelte kurz den Kopf um die Schweißperlen aus ihren Augenbrauen zu vertreiben und blickte dann wütend auf die erschütternde Schadensanzeige ihrer Maschine. Der linke Arm ihres Exterminators hing nutzlos herab und sie hatte die Kampfmaschine mit dieser Einschränkung noch nicht wieder in eine stehende Position bringen können, während der Pilot des Kampfschützen siegesgewiss Zeit verschwendete um ihr seine unbeschädigte Vorderseite zu präsentieren. Die tödlichen Läufe seiner Autokanonen und schweren Laser schwenkten zu ihr herum und sie konnte kaum etwas unternehmen außer weiter zu versuchen, eine aufrechte Position einzunehmen. Die Hälfte ihrer Primärwaffen in Form zweier mittelschwerer Laser hatte sie mit dem linken Arm verloren. Den Rest konnte sie nicht einsetzen, da sie den rechten Arm zum Aufstehen benötigte. Für die Langstreckenraketen war die Distanz zu gering und über den leichten Laser sowie das Maschinengewehr würde der Gegner mit seiner starken Frontalpanzerung im Höchstfall lachen können.
In wenigen Sekunden würde der Bandit ihren Exterminator aus kurzer Entfernung zusammenschießen ohne dass sie auch nur die Möglichkeit hatte, etwas dagegen zu unternehmen.
Ein hektisches Blinken in ihrem Augenwinkel signalisierte den Versuch einer Kontaktaufnahme über eine offene Frequenz und sie akzeptierte diese in einer schnellen Handbewegung während sie mit der Steuerung ihres Battlemechs rang.
„Hast du wirklich gedacht, mich mit deinem hinterhältigen Angriff aus meiner Maschine schießen zu können, du Amateur?“
Die Stimme des Banditen klang belegt und spröde durch das Knacken der Funkverbindung. Sie konnte förmlich hören, wie der Krieger unter der enormen Hitze in seinem Cockpit litt.
Nervös biss sie sich auf die Unterlippe, krampfhaft überlegend, was ihre Optionen waren.
„Dein Mech hat mindestens einen Reaktortreffer eingesteckt und die schweren Laser verwandeln deine Wärmetauscher in viele, kleine Öfen. Auf meiner Wärmebildanzeige leuchtet deine Maschine jetzt schon wie eine Glühbirne. Meine Aufgabe war, dich abzulenken, damit der Rest unserer Kampfgruppe deine Meute zerpflücken kann. Ohne deine Luftabwehrgeschütze kann unser Helikopter ungehindert Zielkoordinaten an die LSR Werfer übermitteln. Ohne dein gezieltes Feuer können meine Freunde mit deinen den Boden aufwischen. Selbst wenn du mich jetzt mit deinen Autokanonen zerlegst, bleibt also doch die Frage im Raum, wer von uns beiden der Amateur ist.“
Sie hatte den schwer beschädigten Exterminator in eine kniende Position manövriert und blickte nun genau in die drohenden Geschützläufe des Gegners.
Wieder knackte die Funkverbindung.
„Und frech wird die kleine Schlampe auch noch. Hat dir denn der Papa nicht beigebracht, dass man sich von gefährlichen Spielzeugen fern hält? Na dann muss ich das jetzt wohl nachholen. Sag gute Nacht, kleine Söldnerin.“
Die letzten Worte des Banditen gingen im lauten Kreischen eines Alarms unter, der wohl durch das Cockpit des Kampfschützen schrillte.
Kurz darauf sanken über hundert Langstreckenraketen auf spiralförmigen Flugbahnen auf die Position ihres Gegners herab und verwandelten das Umfeld des Banditenmechs in eine brodelnde Hölle feuriger Explosionsblitze. Unbarmherzig rissen die tödlichen Sprengköpfe Krater in die noch vorhandene Rückenpanzerung, detonierten weit häufiger jedoch im Inneren der weidwunden Kampfmaschine. Unter das Donnern der einschlagenden Geschosse mischte sich ein metallisches Kreischen von berstendem Metall was Genevre davon abhielt, die Augen von dem brutalen Spektakel ab zu wenden. Die letzte Salve einschlagender LSR's wurde von einer rötlichen Staubwolke verdeckt, welche den gesamten Mech einhüllte und nur kurze Lichtblitze ließen erahnen, dass auch ein Großteil dieser Waffenlast ihr Opfer gefunden hatte.
Kurz darauf zuckte eine feurige Bahn aus dem oberen Bereich der Staubwolke, auf welcher sich der gegnerische Pilot mit dem Schleudersitz in Sicherheit brachte. Die Gestalt des völlig zerschossenen Kampfschützen stürzte krachend aus den Staubschwaden zu Boden und blieb qualmend nur wenige Meter vor dem Exterminator liegen während die dichte Staubwolke sich weiter ausbreitete.
Verächtlich blickte sie zu dem gestürzten Mech hinab und verfolgte dann die Flugbahn des Banditen, bevor sie ihre eigene Maschine aus der knienden Position erhob.
„Amateur!“
Sie versuchte die Verachtung aus ihrer Stimme zu vertreiben, nachdem sie das Wort ausgestoßen hatte und öffnete den Befehlskanal der Kampfgruppe.
„Headless Horseman von Exterminator. Befehl ausgeführt. Gegnerischer Mech ist ausgeschaltet. Eigene Maschine schwer beschädigt aber einsatzfähig. Erbitte weitere Anweisungen.“
Mit langsamen Schritten brachte sie Ihren Mech neben das noch immer rauchende Wrack des Kampfschützen und blickte in das Tal hinab, in welchem die Schlacht zwischen den Banditen und Ihrer Kampfgruppe noch immer unvermindert tobte.
Im Zentrum lieferten sich der einhundert Tonnen schwere Mech unbekannter Bauart ihres neuen Kommandeurs zusammen mit dem Ymir einen brutalen Schlagabtausch mit dem Donnerkeil und dem Daboku der Angreifer, in dem sich keine der beiden Seiten etwas schenkte. Die Banditen hatten den überschweren Mech des Kriegers mit dem Rufnamen Headless Horseman wohl zum Primärziel gemacht und deckten diesen mit Autokanonen- und Lasersalven sowie mit einem massiven Raketenbeschuss ein. Unbeeindruckt von dem gewaltigen Feuersturm, welcher über seine Maschine tobte, antwortete der Krieger mit künstlichen Blitzen aus seinen Partikelprojektilkanonen, überschallschnellen Gausskugeln und einem dichten Hagel an Autokanonengranaten. Der Ymir schien eher einem Zuschauer in erster Reihe gleich, obwohl er sich mit seiner vollen Waffenlast an dem Gefecht beteiligte.
Auf der rechten Seite war der Ausgang der Schlacht bereits klar ersichtlich. Während die Wespe der Banditen sich einen ungleichen Schlagabtausch mit der Firebee lieferte, wurde das Streitross von den Milizmechs, dem Phoenix sowie dem Schwarzen Ritter in die Defensive gezwungen. Die begleitenden Panzer der Milizionäre machten mit den leichten Sand Devil Schwebern kurzen Prozess, ganz so wie es auch die Infanterie tat.
Auf der linken Flanke preschte gerade die Gardekavallerie hinter der Felsnadel hervor in die Reihen der noch immer vorrückenden Infanterie der Angreifer und zogen eine blutige Spur durch deren Linien. Auf den schnellen, zweibeinigen Reptilien reitend schwangen die grün uniformierten Gardisten Säbel und Sprengsätze und verbreiteten ein um sich greifendes Chaos.
Die Mechs dieser Seite beharkten sich mit schwerem Feuer und mit Schrecken musste Genevre mit ansehen, wie ein Salve aus der schweren Autokanone des Tomahawk in den Toro einschlug, dessen Frontalpanzerung aufriss und den leichten Mech mit brutaler Gewalt nach hinten umwarf.
„Exterminator von Headless Horseman. Wenn ich mich richtig entsinne, haben sie mir einen Abschuss versprochen bevor der Tanz hier losging. Der Kampfschütze geht aber auf das Konto unserer Langstreckenspezialisten. Damit schulden Sie mir einen am Boden liegenden Banditen. Ich würde es vorziehen, wenn sie mit ihrer Langstreckenbewaffnung auf der linken Flanke aushelfen könnten.“
Die Anspannung des Piloten war klar und deutlich aus seiner Stimme zu hören und wurde in kurzen Abständen von dem Donnern der Abschüsse seiner Autokanone überlagert.
Grimmig nickte Genevre.
Obwohl sie den Mann dafür hasste, so war er mit seinen Worten im Recht.
Sie schuldete der Einheit einen Abschuss.
Konzentriert zog Sie das Fadenkreuz in Ihrem Sichtfeld über den auf der anderen Talseite stehenden Tomahawk und presste den Feuerknopf der Langstreckenraketenlafette in dem Moment, in welchem der Computer die Zielerfassung bestätigte.
„Headless Horseman von Exterminator. Das mit dem Abschuss kann ich nicht versprechen, aber die linke Flanke bekommt Feuerunterstützung.“
Stöhnend erwachte Quantrill aus seiner tiefen Ohnmacht und vertrieb die roten Schleier in seinem Sichtfeld mit mehreren Lidschlägen. Sein Kopf dröhnte vor Schmerzen und er hing in den Gurten seiner Pilotenliege was bedeutete, dass sein geliebter Brandschatzer frontal auf dem Boden des Tals lag. Wie lange war er wohl besinnungslos gewesen? Die gepanzerte Sichtscheibe vor sich war, geschwächt von dem Einschlag des künstlichen Blitzstrahls, durch den Aufschlag wohl gesprungen und heiße, staubige Luft wehte durch die löchrige Panzerung seines Cockpits zu ihm herein. Das Bombardement der Verteidiger war konzentriert auf ihn gerichtet gewesen und er konnte sich erinnern, das nach dem PPK Treffer eine Gaussgeschützkugel direkt unterhalb seiner Position im Torso eingeschlagen war. Ein schneller Blick auf die Schadenanzeige bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen.
Die Kopfpanzerung des Brandschatzers war vollständig verdampft worden und nur noch interne Struktur schützte ihn vor der Gewalt feindlichen Waffenfeuers. Zusätzlich musste der Treffer seine Sensoren beschädigt haben, denn der Monitor der Zielerfassung zeigte nur ein statisches Rauschen. Weitere Schäden an der Panzerung im Bereich des Torsos wie auch der Arme vervollständigten ein katastrophales Bild des Zustandes seiner Maschine.
Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass ein Chaos verschiedener Stimmen durch die Lautsprecher an seine Ohren drang.
Stimmen, die in verschiedenen Abstufungen von gehetzt bis panisch klangen.
„Die brechen durch! Gottverdammt, die brechen hier durch! Ich bekomme jetzt auch noch Feuer von Butchers Position. Wir brauchen Unterstützung!“
Das war Roy, der Führer seiner mittelschweren Lanze. Ein erfahrener Pilot, der jetzt offensichtlich die Nerven verlor.
„Der Butcher ist ausgestiegen, du Lappen. Es kann dir keiner zur Hilfe kommen. Wir müssen uns aus dem Gefecht lösen und zurück ziehen.“
Die restlichen Worte von Ruby „Totschläger“ Dalton gingen in einem gurgelnden Schrei unter, der durch den Verbindungsabriss der Funkverbindung unterbrochen wurde.
Rückzug?
Weshalb?
Quantrill war verwirrt. Wie konnte es sein, dass seine feine Truppe gegen diesen zusammengewürfelten Haufen Söldner kein Land sah.
Entschlossen packte er die Kontrollen und lies seinen Mech aufstehen was dazu führte, dass er mit einem Mal von der Wirklichkeit wie von einem Schlag getroffen wurde.
Das Streitross von Ruby wurde von konzentriertem Feuer zusammen geschossen. Unzähligen Panzergranaten, Laserstrahlen und Raketentreffer konnte die Panzerung der Maschine nicht stand halten. Durch dieses Inferno stürmte plötzlich mit hoher Geschwindigkeit ein Schütze der Söldner durch deren Feuerposition und krachte mit einem mächtigen Rammstoß in die nur noch partiell existierende Frontalpanzerung des überschweren Banditenmechs.
Bis zu seiner Position war das protestierende Kreischen berstender interner Struktur zu hören, dem ein Erdbeben gleicher Aufschlag von 80 Tonnen Stahls folgte, während der Angreifer die Panzerungsschäden einfach weg steckte.
Die bereits schwer angeschlagene Wespe, der letzte auf dieser Flanke verbliebene Mech seiner Mordbrenner nutzte die aufwallende Staubwolke für den Versuch eines Fluchtmanövers, wurde jedoch von einer nahen Firebee gestellt. Dem mittelschweren Laser, welchen der Scoutmech mit einer glühenden Spur geschmolzener Panzerung auf dem rechten Arm des Gegners platzierte wurde mit einem schweren Depandant geantwortet, welches sich durch freiliegende Streben der Struktur brannte und den linken Arm sauber abtrennte.
Ein kläglicher Rest seiner Schweber und Infanteriefahrzeuge befand sich auf der Flucht in Richtung des Talausgangs, durch den Sie vor wenigen Minuten gekommen waren.
Im Zentrum der tobenden Schlacht hielten sich der Donnerkeil wie auch der Daboku tapfer gegen ihre schwereren Gegner, aber Dimitrios Ostwar lag bereits zertrümmert und schwarze Rauchwolken entfesselnd am Boden.
Ein gleißender Lichtblitz ließ seine Aufmerksamkeit zur rechten Flanke zucken, gerade noch rechtzeitig, um das Ableben des Vulkan zu beobachten.
Die Maschinengewehrmunition des Mechs schien einen Treffer erhalten zu haben und detonierte nun im Inneren der Maschine. Die Panzerung blähte sich auf und platzte dann wie in Zeitlupe von dem Mech. An anderen Stellen durchschlugen einzelne Projektile die Außenhülle von Innen. Eine gleißende Detonation am Rücken beendete das Leiden des Battlemechs, ließ den Torso in sich zusammen sacken und das rauchende Wrack in sich zusammen brechen.
Gerade als Qunatrill seine Kiefermuskeln anspannte um einen Com-Kanal zu den verbliebenen Teilen seiner Einheit zu öffnen, stapfte die hoch aufragende Gestalt eines unbekannten Mech Designs durch das Zentrum. Die schwere Panzerung des Gegners war rußgeschwärzt und von Einschlagskratern überzogen. An mehreren Stellen glühte noch immer geschmolzene Panzerung auf dem Rumpf, was den Piloten jedoch nicht daran hinderte, auf den Daboku zu zu marschieren.
Blankes Entsetzen packte Qunatrill, als er mit ansehen musste, wie der gegnerische Mech mit seiner massiv gepanzerten linken Armmanschette ausholte und den brutalen Schlag auf die Torsomitte des Daboku landete. Tonnen an Panzerung zerbarsten unter der Gewalt des Angriffs, während der Bandit durch eine Fehlfunktion der Elektronik auf dem Schleudersitz aus seinem Mech katapultiert wurde.
Wie ein Mahnmal erstarrte der nun führungslose Mech mitten in der Bewegung. Der mattschwarz lackierte, stählerne Alptraum hingegen wendete sich auf der Suche nach einem neuen Opfer ihm zu.
„Quantrill an Alle. Rückzug! Sofort vom Feind lösen und weg von hier.“
Ohne Computer unterstützte Zielerfassung war ein Waffeneinsatz gegen sich bewegende Ziele so gut wie aussichtslos, aber er war ein hochqualifizierter Pilot und hatte ein Talent für Improvisation.
Mit schnellen Bewegungen der Kontrollen richtete er den Torso des Brandschatzers auf den breiten Rücken des Dabokus aus und presste die Auslöser für beide Gausgeschütze, bevor er die Pedale der Sprungdüsen durch trat.
Als seine hundert Tonnen schwere Kampfmaschine sich auf superheißen Plasmasäulen über das Gefechtsfeld erhob und in Richtung des Talausgangs schwebte, schlugen beide Nickel-Eisen-Kugeln in das aufrecht stehende Wrack. Die nur dünn ausgelegte Rückenpanzerung wurde aufgerissen, während die kinetische Energie der Treffer den führungslosen Mech nach vorne kippen ließ.
Genau auf den davor stehenden Söldnermech.
Im Moment der Landung konnte Quantrill beobachten, wie beide Kampfmaschinen inneinander verkeilt zu Boden gerissen wurden.
Dann beschleunigte er seinen überschweren Mech auf Höchstgeschwindigkeit, gefolgt von dem humpelnden Donnerkeil.
Die taktische Anzeige offenbarte das ganze Ausmaß der Tragödie seiner Mordbrenner. Zwar konnte die Wespe auf der linken Flanke der verfolgenden Firebee entkommen, jedoch schlossen von der rechten Flanke nur noch die Krabbe sowie Roy's Tomahawk mit Höchstgeschwindigkeit zu seiner Position auf.
Einige wenige Schweber und Infanteriefahrzeuge vervollständigten das Bild einer chaotischen Flucht.
Damit war klar, dass ein Großteil seiner Einheit auf dem Schlachtfeld zurück blieb.
Großflächige Feuer erfüllten das Tal mit schwarzen Rauchwolken, durch welche die Silhouetten von Verwundeten taumelten.
Aber zumindest verzichteten die Söldner auf eine Verfolgung seiner zusammengeschrumpften Truppe. Für einen Tag schien ihr Blutdurst gestillt, auch wenn noch vereinzelte Salven zwischen seinen Mechs einschlugen.
Slev Selaj konnte ein frohes Seufzen nicht unterdrücken, als er auf seiner Zielerfassung die fliehenden Banditen beobachtete.
Sie hatten es geschafft.
Hatten nicht nur den Angriff der blutrünstigsten Einheit dieses Planeten überlebt, sondern auch ihren Auftrag erfüllt. Der junge Mann mit adligen regulanischen Wurzeln, dessen Familie bereits seit Jahrhunderten die heimatlichen Gefilde nicht mehr gesehen hatte wischte sich eine schweißgetränkte Strähne des schwarzen Haares aus dem Gesicht und lauschte gespannt in die Kommandofrequenz. Nach dem Ausfall Ihres neuen Kommandanten war die Kampfgruppe unschlüssig zum Stehen gekommen und harrte nun bereits einige Sekunden neuer Befehle.
„Headless Horseman von Raptor. Bitte melden. Sollen wir die Verfolgung aufnehmen?“
Die Stimme der jungen Phoenix Pilotin, welche sich bei den wenigen Treffen mit dem Namen Mia Kammerichs vorgestellt hatte wurde nur von einem statischen Rauschen beantwortet. Da ihr Mech im selben mattschwarzen Farbton gehalten war wie der des Kommandanten und der Dragoon von Danielle Andrews, vermutete Slev, dass diese drei Mitglieder seiner neuen Einheit wohl schon länger zusammen kämpften.
Endlich knackte die Verbindung und die belegte Stimme von des Kommandanten erklang.
„ Headless Horseman an Kampfgruppe. Keine Verfolgung. Ich wiederhole: Keine Verfolgung. Unsere primäre Aufgabe ist der Schutz des Landzugs. Außerdem wissen wir nicht, wohin uns der Gegner führt. Wenn sich Ziele noch in Waffenreichweite befinden, haut raus was in den Rohren ist, aber wir gehen keine Gefahr ein, an diesem Tag noch mehr Verluste einstecken zu müssen. Raptor, teilen Sie Perimeterpatroullien ein. Immer zwei Mechs. Wild Weasel, Sie beobachten den Abzug der Angreifer aus sicherem Abstand. Ich will wissen ob sie sich neu formieren, auch wenn ich es nach dieser Abreibung in Zweifel ziehen mag. Und kann mir bitte jemand helfen unter dem Wrack hervor zu kommen! Dieser verdammte Daboku ist selbst nach seinem Ableben noch anhänglich.“
Ohne auf die weiteren Befehle zu achten, prüfte Slev den Status seiner Waffen und die Entfernung zu den fliehenden Zielen. Beide Langstreckenraketenwerfer waren geladen und der gegnerische Tomahawk befand sich in der maximalen Kampfentfernung.
Entschlossen zog er das Fadenkreuz über die entfernte Gestalt des Gegners und wartete, bis seine Zielerfassung das Fadenkreuz in golden, pulsierenden Rhythmus aufblinken ließ.
Dann feuerte er beide Lafetten ab.
Auch der Exterminator feuerte seine LSR-Werfer, wie auch der Dragoon, aber nur wenige der Sprengköpfe detonierten auf dem Rücken des Brandschatzers und des Donnerkeil.
Der Großteil wirbelte in grellen Feuerbällen Staub und Geröll auf oder schlug zwischen die dahin rasenden Fahrzeuge.
Wie auch fast alle seiner Raketen.
Ein einziges Geschoss fand sein Ziel, senkte sich auf den sich schnell bewegenden Tomahawk herab und explodierte mit einem dumpfen Knall am Hinterkopf der Maschine, genau auf dem schwach gepanzerten Verbindungsstück zwischen Kopf und Torso.
Obwohl der sichtbare Schaden fast lachhaft war, erstarrte die getroffene Kampfmaschine mitten in der Bewegung und stürzte dann vornüber zu Boden.
Jubel brandete durch die Kommandofrequenz, begleitet von den aufbrausenden Glückwünschen einiger der Piloten.
Zufrieden lehnte er sich in seiner Liege zurück und entließ die Kontrollen aus seinen verkrampften Händen.
Sein erster Abschuss.
Er war sich sicher, eine Runde geben zu müssen, sobald sie nicht mehr in der Gefechtszone waren, aber das war es wert gewesen.
„Zuallererst möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich wirklich stolz auf jeden hier bin. In unserem Beruf gibt es nur wenige solcher Tage, aber durch ihr engagiertes Verhalten, ihre Standhaftigkeit und den Gehorsam in einer prekären Situation haben wir heute ein gar perfektes Blutwerk verrichtet.“
Wilhelm nahm erneut einen Schluck aus der Wasserflasche, während er in die Runde blickte.
Lächelnde Gesichter.
Die Gardekavallerie hatte seine erschöpften Piloten bei der Umgebungssicherung abgelöst und wurden von dem Ferret dabei unterstützt, was ihnen eine sichere Position und die Möglichkeit zu einer Nachbesprechung des vor wenigen Stunden beendeten Gefechts gab. Die Sonne stand tief und er hatte entschieden, die Nacht an dieser Position zu verbringen auch um den Techs Reparatur- und Bergungsarbeiten zu ermöglichen.
Die Gruppe umringte ihn im Schatten seines Charon und er konnte Stolz in den Augen eines jeden Einzelnen erkennen. Ob nun Söldner, Gardist oder Milizionär, sie alle hatten eine großartige Leistung vollbracht.
„Quantrills Mordbrenner konnten sich nicht sammeln und fliehen unseren Information zufolge noch immer mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung der Steppe. Sie haben einen Großteil Ihrer Kampfkraft eingebüßt und mussten eine ganze Menge Gerät auf dem Schlachtfeld zurück lassen. Ihr Blutzoll war hoch. So hoch, dass ich mir sicher bin, dass wir sie so schnell nicht wieder sehen werden. Und sollten sie uns irgendwann, irgendwo doch noch einmal über den Weg laufen, so wird dann die Angst auf unserer Seite stehen!“
Wieder brandete zustimmender Jubel durch die Reihen.
Dann fasste er den jungen Slev ins Auge.
„Und du bist ein wahrhafter Teufelskerl!“
Zwei schnelle Schritte brachten Wilhelm zu dem jungen, grinsenden Mechkrieger und seine grobe Hand fasste dessen Hinterkopf.
„Fällt mit einer einzigen Rakete eine Maschine. Auf maximaler Kampfentfernung während das Ziel sich mit hoher Geschwindigkeit bewegt. Ein grandioser erster Abschuss, Junge. Den male ich dir persönlich unter dein Cockpit, so wahr ich hier stehe.“
Nun griff Gelächter um sich und der junge Adlige konnte sich vor Schulterklopfen kaum noch retten, während Wilhelm weiter zu dem rothaarigen Lockenkopf ging.
„Und Sie, meine Liebe, Sie schulden mir einen Abschuss. Ich bin nicht nachtragend, aber ich vergesse nie etwas. Ansonsten ein perfektes Timing und eine gute Performance.“
Genevre Zavaletta knirschte niedergeschlagen mit den Zähnen, blickte dann jedoch vom Boden auf, direkt in seine Augen.
„Sie bekommen Ihren Abschuss, Hauptmann. Das verspreche ich.“
Die Stimme der ebenfalls jungen Dame war aufrichtig und er nickte gelassen.
„Das weiss ich, Genevre.“
Damit wand er sich an die beiden jungen Schwestern Tin und Rina Hinan und die verwundete Milizpilotin, deren Arm in einer Schlinge hing.
„Und unser Damenkränzchen auf der linken Flanke wollen wir hier nicht vergessen. Mit Maschinen die so alt sind wie Methusalem einer Übermacht an Mechs und konventionellen Kräften so lange Widerstand zu leisten ist eine hervorragende Leistung die Würdigung bedarf. Zwei Abschüsse bei nur einem eigenen Verlust ist ein gutes Ergebnis.“
Nun blieb er vor Nele Kreese stehen. Die blonde, schlacksige Milizpilotin hatte es sich auf der Fußpanzerung seiner eigenen Kampfmaschine bequem gemacht und blickte aus von Schmerzmitteln getrübten Augen zu ihm hinauf.
„Tut mir leid, Herr Hauptmann. Ich habe noch gesehen, wie der Tomahawk mich ins Visier geholt hat, aber da war nichts mehr zu machen. Mein rechter Hüftaktivator hat ohne Feindeinwirkung blockiert und die Autokanone hat mich voll erwischt.“
Lächelnd sank Wilhelm in die Hocke und fixierte die junge Dame mit seinen stahlgrauen Augen.
„Das passiert selbst dem besten Kriegern, Nele. Du hast aus liegender Position mit einem verletzten Arm den Vulkan aus dem Gefecht geschossen und das ist eine Leistung die ganz und gar zu dem heutigen Sieg passt. Mach dir keine Vorwürfe. Sollten deine Vorgesetzten einer anderen Meinung sein, wirst du in mir deinen stärksten Fürsprecher finden. Mein Wort darauf.“
Der neben der niedergeschlagenen Pilotin stehende Milizoffizier legte der Frau die Hand auf die Schulter.
„Leutnant Kreese war die zweite Ersatzpilotin für den Toro. Ihre Ausbildung ist noch nicht beendet und sie war mit der Maschine nicht vertraut. Ich werde ihre herausragende Leistung während der Kampfhandlungen in meinem Bericht erwähnen und bin mir sicher, dass dies in einer Belobigung enden wird.“
Er ignorierte die Worte genau wie die Träne, welcher der Frau über die Wange kullerte und erhob sich zu voller Größe, bevor er sich wieder dem Rest zu wand.
Der Milizoffizier hatte seine Meldung jedoch noch nicht beendet.
„Garde und Miliz haben 24 Mann verloren, siebzig sind verwundet. Zwei Fahrzeuge wurde völlig zerstört, der Rest ist mehr oder weniger beschädigt, aber gefechtsbereit. Unsere Quadmechs haben ebenfalls einiges einstecken müssen, aber auch hier besteht keine Einschränkung der Gefechtsbereitschaft.“
Aus dem Hintergrund trat der Kommandant der Gardeeinheiten, dessen grüne Uniform und jugendliches Gesicht von rotem Staub bedeckt war.
Seine Hände steckten in den Hosentaschen und der Kavalleriesäbel schlug rythmisch gegen die verdreckten, hohen Lederstiefel.
„Die Mordbrenner haben fast zweihundert ihrer Infanteristen verloren. Dazu fast dreißig Fahrzeuge. Wir haben die Leichen unserer Leute geborgen und in dem Landzug untergebracht. Für den Rest schaufeln wir Massengräber. Neununddreißig Gefangene wurden gemacht, wobei vier davon den morgigen Tag aufgrund der schweren Verletzungen wohl nicht erleben werden. Alles in Allem war dies das erfolgreichste Gefecht unserer Streitkräfte der letzten zehn Jahre. Eine wirklich erstklassige taktische Leistung, Herr Hauptmann. Meinen Glückwunsch.“
Mit einem kurzen Blick über die Schulter und einem schnellen Nicken bestätigte Wilhelm die Meldung und sah sich dann erneut in der Runde um.
„Als nächstes wird unser Mastertech ein paar Worte an euch richten. Für diejenigen, welche ihn noch nicht kennen, sein Name ist Zumwald und er liebt seine Maschinen. Ich bitte darum, ihm seine deutlichen Worte zu vergeben, welche aus eben dieser Liebe resultieren.“
Damit trat der dickbäuchige, klein gewachsene Tech in die Gruppe, dessen Overall mit Kühlmittelflüssigkeit, Ruß und rotem Staub besudelt war. Sein schwarzer Bart war verklebt und strähnig und die Glatze bildete ein Abbild seiner Kleidung.
Nach einem kurzen Blick auf den alten Comblock in seinen Händen, atmete er tief durch und warf dann tödliche Blicke in die Runde.
„So wie euch der Herr Hauptmann gelobt hat, so möchte ich euch für den Umgang mit eurem Arbeitsgerät die Ohren lang ziehen.“
Damit klemmte der Tech den Block unter seinen Arm und steckte die Hände in die Hosentaschen.
„Mit zwei Ausnahmen!“
Aus den Tiefen seiner rechten Tasche zog Zumwald zwei Dosen Bier und warf diese im Anschluss Slev Selaj und Danielle Andrews zu.
Lachend angelten die beiden Piloten die Getränke aus ihrer Flugbahn und öffneten sie unter einer Schaumfontäne sogleich um tiefe Schlucke aus den Dosen zu nehmen.
„Eure Maschinen haben keinen Kratzer erhalten. Im Namen meiner Techs möchte ich euer vorbildliches Verhalten loben und euch danken. Das Bier ist eine Tradition, welche ich aus Wilhelms alter Einheit übernommen habe. Kein Schaden an der Maschine bedeutet Trinkgenuss im Anschluss. Ausufernde Gefechtsschäden hingeben bedeuten einen Anschiss!“
Nun schlenderte der dicke Mann an den Reihen der Krieger vorbei und blickte jedem in die Augen, den er ansprach.
„Hanna Moreno, ihr schwarzer Ritter hat nur Panzerungsschäden davon getragen, obwohl sie in der vordersten Reihe mitgespielt haben. Für ein Bier reicht es nicht, aber zumindest besteht die Hoffnung beim nächsten Mal.“
Die unscheinbare Kriegerin mit den kurzen, braunen Haaren und dem nichtssagenden Outfit ohne Einheitsabzeichen nickte nur.
„Nene Kreese, ihren Toro müssen wir wohl abschreiben. Die Autokanonengranaten haben sich durch die interne Struktur gehämmert und das Gyroskop aus der Verankerung gerissen. Der Reaktor wurde ebenfalls beschädigt. Wir haben das Wrack auf den Landzug geladen. Vielleicht kann ich noch einige Teile ausschlachten, aber sie sind in jedem Fall entrechtet.“
Betroffen nickte die verwundete Frau und schien noch ein wenig mehr in sich zusammen zu sinken.
„Kommen wir zu den Hinan Schwestern und ihren Relikten aus längst vergangenen Tagen. Der von Rohr war schon vor dem Gefecht in einem erbarmungswürdigen Zustand. Nun kommen Schäden an der internen Struktur und ein zerstörter Unterarmaktivator hinzu. Reparaturzeit mindestens sechs Wochen. Der Gladiator war zwar besser in Schuss, hat aber einen Treffer in den Reaktor bekommen und fast die gesamte Panzerung eingebüßt. Acht bis zehn Wochen.“
Die schwarzhaarigen Schönheiten von Akrab bissen sich zeitgleich auf die Lippen und senkten die Blicke um denen des tobenden Mastertechs zu entgehen, dessen Stimme nun an Lautstärke gewann.
„Unser stolzer Lyraner Wyatt Calahan kennt wohl die Grenzen seiner eigenen Maschine nicht. Zu Ihrer Information, Herr Calahan, der Ymir ist alt. Sehr alt und somit sollte er pfleglich behandelt werden. Panzerung ist fast vollständig verdampft, interne Struktur an sieben Punkten beschädigt. Eine PPK zerstört und durch ihren unverantwortlichen Einsatz des Veto-Schalters sind eine ganze Menge Schaltkreise durch Überhitzung geröstet worden. Ebenfalls sechs bis acht Wochen, falls ich die Muße finde, mir die antike Verkabelung im Cockpit zu Gemüte zu führen.“
Der gutaussehende, blonde Sunnyboy schien Einspruch erheben zu wollen, ein warnender Blick von Wilhelm ließ ihn jedoch die Einwände herunter schlucken.
„Mia, dein Phönix hat ebenfalls massive Panzerungsschäden, genau wie die Firebee. Bei dieser kommen auch noch Schäden an zwei Wärmetauschern hinzu. Das bekommen wir jedoch in zwei Wochen wieder hin Pilotin Li Chang.“
Seine Stellvertreterin kannte den Mastertech schon länger als Wilhelm selbst und nickte nur stoisch, während die Muskeln der asiatischen Pilotin schuldbewusst zuckten.
„Genevre Zavaletta, ihr Exterminator hat wohl Zielscheibe für jeden verdammten Angreifer auf dem Feld gespielt. Schulteraktivator, Beinaktivator, Myomer, Panzerung. Zwölf Wochen, und das ohne Garantie.“
Kopfschüttelnd trat Zumwald vor die Pilotin des Schützen.
„Donna Ariella Martinez, ihren Namen merke ich mir. Und wenn ihre Maschine in den nächsten zehn Gefechten keinen Schaden davon trägt. Sie bekommen kein Bier. Sie steuern einen Artilleriemech verdammt. Wie kommen sie auf die blödsinnige Idee, einen überschweren Gegner zu rammen? Macht man das so, da wo sie herkommen? Panzerungsschäden an der Schulter und der Schließmechanismus der Schutzabdeckungen der rechten Lafette ist hin, wodurch den restlichen Marsch über dieser rote Mist in das System eindringen wird. Wir haben eine Plane drüber gespannt, aber viel wird das nicht helfen. Zusätzlich wurde das Ladesystem ziemlich durchgeschüttelt und benötigt nun eine grundlegende Überholung. Tolle Leistung. Vier bis sechs Wochen.“
Die temperamentvolle Kriegerin aus dem Ummayyad Caliphad fluchte auf Spanisch, bevor sie mit den Schultern zuckte.
„Es schien mir eine gute Idee zu sein, Mastertech.“
Mit verständnislosem Blick nickte der Angesprochene.
„Aha. Seien sie sich gewiss, das war es nicht. Das war definitiv keine gute Idee.“
Wilhelm stärkte sich seelisch für das nun bevorstehende, denn die wütend funkelnden Augen von Zumwald fanden zum Abschluss ihn.
Der Charon sah wirklich übel aus.
„Und was unseren großartigen Hauptmann angeht, der den wohl modernsten Mech dieser Schlacht steuerte, welcher über eine überlegenen Feuerkraft verfügt so sehen wir den Gewinner des heutigen Abends. Frontalpanzerung ist praktisch nicht mehr existent, interne Struktur an mehreren Stellen angekratzt, Sensoren schwer beschädigt und dann muss der feine Herr seinen Mech in eine Kneipenschlägerei steuern. Gausgeschütz und PPK in der betreffenden Manschette sind beschädigt. Der Sturz hat dein Gyroskop verstellt. Es muss ausgebaut und neu eingestellt werden. Munitionszuführung der Autokanone... warte, ich zeige es dir.“
Aus der zweiten Hosentasche zog der tobende Mann einen Tuch und schüttete daraus mehrere grobe Metallsplitter auf den roten Sand zu seinen Füßen.
„Du kannst von Glück reden, dass wir den zweiten Munitionsbunker nicht befüllt hatten. Die Rakete hätte die dort lagernde Munition in die Luft gesprengt und deinen Mech gleich mit. Du kannst dir vorstellen, was mit dir in deinem Cockpit passiert wäre, frapos?“
„Ja, Zumwald, ist mir klar.“
Zumindest schien die Antwort den Mastertech ein wenig zu beruhigen.
„Ich schätze, dass du für mindestens drei Monate zu Fuß gehen musst und das auch nur, wenn wir an unserem Ziel einigermaßen gut ausgestattete Wartungsanlagen vorfinden. Ich empfehle allen anwesenden Piloten meine Techs bei den Reparaturarbeiten zu unterstützen um die Zeiten vielleicht zu reduzieren. Außerdem ist es eine gute Lektion für euch besser auf das Spielzeug auf zu passen, wenn ihr es selber reparieren müsst.“
Damit zog er den Comblock wieder unter seiner Achsel hervor und blickte kritisch darauf.
„Was eure Spielkameraden angeht, so können wir den Ostwar und Vulkan wohl nur noch ausschlachten. Den Rest sprengt die Miliz, sobald wir abziehen. Bei dem Daboku bin ich mir noch nicht sicher. Der hat auch einiges einstecken müssen, hat aber Potential. Dasselbe gilt für das Streitross. Centurion, Heuschreck und Tomahawk sind in jedem Fall reparabel. Der Kampfschütze ebenfalls, wenn wir ein passendes Gyroskop finden. Das ist nämlich nur noch Schrott. Wird aber dauern und steht auf der To-Do Liste ziemlich weit hinten. Ich wünsche allen einen schönen Abend und verabschiede mich zurück an meine Arbeit.“
Damit verschwand der dickbäuchige Mastertech grimmig vor sich hin murmelnd in der aufziehenden Dunkelheit und ließ eine niedergeschlagene Gruppe Krieger zurück, di doch eigentlich allen Grund für eine eher ausgelassene Stimmung hatte.
Die ehemalige regulanische Husarin Genevre Zavaletta fand als erstes ihre Stimme wieder.
„Herrje, ist der immer so? Dann lasse ich bei dem nächsten Gefecht meine Maschine zuhause und greife den Gegner mit einem Büchsenöffner an.“
Leises Lachen durchzuckte die Gruppe, bevor Danielle Andrews nach einem Schluck aus der Dose antwortete.
„Ist er. Das ist seine Art. Aber als Tech eine ganz große Nummer. Gibt fast nichts was unsere Jungs nicht wieder zusammenflicken können. Sie murren und knurren dabei zwar aber am Ende haben wir die am besten gewartete Ausrüstung auf dem Feld.“
Nun hakte auch Wilhelm wieder ein.
„Das kann ich nur bestätigen, meine Damen und Herren. Und nun haben wir genug geredet. Einsatzbereitschaft begibt sich zu ihren Maschinen, der Rest holt sich eine Mütze voll Schlaf. Es steht uns noch ein langer Marsch bevor und es ist nicht gesagt, dass dies die letzte Konfrontation war. Und Danielle, für einen Schluck von deinem Bier wäre ich wirklich dankbar.“
Kurz starrte die Pilotin aus der Circinus Föderation auf die Dose in ihrer Hand, während die Versammlung sich aufzulösen begann.
„Tja, da muss der Herr Hauptmann das nächste Mal wohl besser auf seinen Mech achten. Tschuldigung, aber dieses Bier hier ist ganz allein für meinen Luxuskörper reserviert.“
Damit wendete sich die die ehemalige Piratin mit den langen blonden Haaren ab und stolzierte bewusst provozierend davon.
Was den jungen Slev Selaj in den Fokus von Wilhelm brachte.
„Krieger Selaj, möchten sie den Siegestrunk vielleicht mit ihrem kommandierenden Offizier teilen?“
Auch der Pilot des Katapult schien nur kurz über die Frage nachdenken zu müssen.
„Ich denke nicht, Herr Hauptmann. Aber Wasser ist eh gesünder als Bier.“
Das schallende Gelächter von Genevre Zavaletta begleitete die düsteren Gedankengänge von Wilhelm, während die Frau den Arm um ihren jungen Kollegen legte und mit ihm die immer kleiner werdende Gruppe verließ.
Schlussendlich befanden sich nur noch er und Mia am Fuß des Charon.
„Was denkst du, Wilhelm?“
Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte über das Tal, in dem unzählige Techs gerade starke Scheinwerfer über einigen der Wracks aufbauten um Bergungsarbeiten auch während der Nacht durchführen zu können.
„Sind ein paar feine Mädels und Burschen, Mia. Ob wir die zu einer Einheit geformt bekommen wird sich zeigen müssen. Was mich stört ist die Tatsache, dass ich schon wieder die Verantwortung trage. Genau das wollte ich eigentlich vermeiden.“
Fast konnte er das Lächeln auf den Zügen seiner Stellvertreterin sehen, welche hinter ihm stand. Es schien aus ihren Worten wie die nun aufflackernde Helligkeit der ersten Scheinwerfer.
„Mach dir nichts vor, Will. Dafür bist du geboren. Das ist dein Platz. Alles andere wäre eine Verschwendung.“
Damit wand sich auch seine langjährige Vertraute ab und ließ ihn mit seinen Gedanken allein.