Geschrieben von Andai Pryde am 21.12.2005 um 19:49:
noch ein kleiner Heißmacher von ironheart

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An Bord der SKULLCRUSHER im Abflug an den Nadir-Sprungpunkt
Bryant, Chaos-Marken
??. Mai 3065
Die Lagerhalle der SKULLCRUSHER lag in relativer Dunkelheit, vor allem in der hinteren Ecke, in der Denny auf einer kleinen Truhe saß und auf eine Reihe von Särgen starrte. Er wusste nicht, wie lange er hier schon saß, aber es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor. Und seine Gedanken kreisten immer und immer wieder um dieselben Gedanken. Wie hatte er nur so versagen können? Welcher Teufel hatte ihn geritten, das Leben seiner Leute aufs Spiel zu setzen? Egal was Danton und die anderen sagten, er hatte viele Menschen auf dem Gewissen. Hätte er sich nicht den Peilsender unterjubeln lassen, wären sie vermutlich unbeschadet durch diese Mission gekommen und gute, fähige Männer und Frauen wie Sagrudson hätten nicht mit ihrem Leben für diesen Einsatz gezahlt, oder wären verkrüppelt oder schwer verletzt worden wie Doc Doolittle oder Sergeant Caprese. Und was noch schwerer wog, sein bester und einziger Freund wäre nicht gestorben. Gestorben für einen Klumpen Metall. Gestorben, weil er seiner Sucht nicht hatte widerstehen können. Wie sollte er es Hanks Frau sagen? Wie sollte er es seiner kleinen Tochter beibringen, die ihren Vater nicht wieder sehen würde, nie wieder?
Dennys Blick wanderte von Hanks Sarg zu seinen Füßen, dann zu seinen Händen. Wie in Trance griff er nun zu seiner Beretta, die in seinem Holster steckte. Dann zog er die Waffe und betrachtete das Familienerbstück mit dem im Griff eingearbeiteten Wappen und wog die Pistole in seinen Händen. Schliesslich entsicherte er die Waffe und hielt sie sich in den Mund. Ein paar Sekunden verharrte er und zog sie dann doch wieder raus, weil er würgen musste. Wut brandete in ihm hoch. Nicht mal das bekam er noch hin.
„Und was ist jetzt?“
Dennys Kopf flog zu dem Mann hinüber, der aus dem Schatten eines Containers trat. Decius Metellus hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte ihn aus kalten Augen an. „Gibst du deinem jämmerlichen Leben endlich ein Ende oder nicht?“
Denny antwortete nicht, sondern starrte stattdessen wieder zurück zu den Särgen seiner gefallenen Kameraden. Zum Sarg seines Freundes, für dessen Tod er sich verantwortlich fühlte.
„Du würdest uns allen einen Gefallen tun, Dukic. Du bist arrogant, überheblich und bist eine Gefahr für jeden unter deinem Kommando. Mach ein Ende, dann werden wir es alle einfacher haben. Sonst kommst du vielleicht noch eines Tages wieder und der Major in seiner unermesslichen Güte wird dir eine zweite Chance geben, die du nicht verdient hättest. Beende es hier, mach Schluss, keiner wird dich vermissen!“
Denny blickte auf die Waffe in seinen Händen. Es war so leicht, Mund auf, Waffe rein und abdrücken und er wäre alle seine Probleme los. Sein schlechtes Gewissen, seine Versagensängste, seine Schuldgefühle - all das wäre ein für alle Mal vorbei.
Doch etwas hinderte ihn, ein simpler Gedanke ließ sich nicht abschütteln. `Willst du SO sterben?` fragte er sich selbst.
Und dann stand er abrupt auf, streckte den Rücken durch und die Beratte wieder in sein Schulterholster. Mit zwei schnellen Schritten war er ganz nah an dem Sergeant Major..
„Geh´ zur Hölle“ war das einzige, was er dem Marianer zuraunte. Dann ging er an ihm vorbei zu seinem Quartier. Er musste sich seinen Ängsten stellen, er musste Hanks sterbliche Überreste überführen lassen.
Und dann würde man sehen.
Als er sich mit schnellen Schritten von Decius Metellus entfernte, sah er nicht, wie dieser die Arme vor der Brust kreuzte und zufrieden lächelte.
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Charles Decaroux und seine Kommando-Platoon trainierten im großen Hangar der ROSEMARIE um in Form zu bleiben. Er beobachtete die vierzig Männer und Frauen, die ihm nach Bryant geblieben waren, als sich der Kommandeur der Chevaliers an seine Seite stellte.
„Was kann ich für dich tun, Germaine?“
„Ich wollte mit dir über Evander Povlsen reden, Charly. Ich habe ihn meinem Stab zugewiesen und plane ihn für die Gegenspionage einzusetzen. Du hast bei der letzten Einheitsbesprechung nichts dazu gesagt und ich wollte deine Meinung dazu hören. Also, was hältst du davon?“ Auch wenn Charles Decaroux vom Range her nur ein First Sergeant war, und das auch erst seit kurzem, band ihn Danton in viele seiner Entscheidungen ein. Zumal er als Leiter der Kommandos gerade in dieser Sache mitreden sollte.
Doch Decaroux verschränkte nur die Arme vor der Brust und presste ein „Mach was du willst hervor.“
Danton runzelte die Stirn. „Er könnte sehr nützlich für uns werden, glaubst du nicht auch?“
„Er könnte uns bei der ersten Gelegenheit verlassen, auf Nimmerwiedersehen verschwinden und untertauchen.“
Germaine Danton schüttelte den Kopf. „Nein, wo sollte er sonst hin? Die Spinne war mit ihm dermaßen unzufrieden, dass sie eine offizielle Beschwerde bei der Söldnerkommission aufgegeben hat. Inklusive eines Tipps an die Dragoner, wer für den Ärger in der letzten Silvesternacht verantwortlich gewesen ist. Natürlich hat Evander ohne die Zustimmung der Bryanter gehandelt, wenn Du verstehst.“ Danton zuckte mit den Schultern als er fortfuhr. „Ich denke nicht, dass Povlsen je wieder einen Fuß auf Outreach setzen kann, geschweige denn dort einen neuen Kontrakt finden würde.“
„Ich traue ihm nicht, Germaine. Er ist ein Ex-LNC-Agent, wie du weißt und ich bin überzeugt davon, dass er nur eine Rolle spielt. Alleine schon sein Verhalten, als wir ihn in Leipzig aufgegriffen haben. Glaubst du wirklich ein so hartgesottener Agent verhält sich so?“
„Er hat eine harte Zeit durchgemacht, seinen Partner verloren…“
„Ach was, die Aufnahmeprüfungen als Agent sind schon härter, als das was er in Leipzig durchgemacht haben soll. Und Leute wie Povlsen haben keine Partner. Er wird uns bei der erstbesten Gelegenheit verraten und dann bliebe ihm immer noch Galatea oder er könnte doch wieder zurück in den Bürgerkrieg.“
„Beides nicht gerade die besten Aussichten, oder?“ Danton verzog sein Gesicht zu einem Grinsen, in der Hoffnung, dass sein Chef der Spec-Ops es ihm nachmachen würde. „Komm schon, Charly, natürlich weiß ich, dass dieser Povlsen nicht mit offenen Karten spielt. Aber wir können nach Bryant nicht mehr allzu wählerisch sein, oder? Ich lasse jemanden wie ihn lieber für mich arbeiten, als gegen mich. Und du mußt zugeben, dass sein Einsatz in der Kaserne und die anschließende Flucht ein ganz schöner Husarenritt gewesen ist.“
Decaroux blickte ihn aus wütenden Augen an. „Genau darum geht es, Germaine. In dieser Nacht sind Kameraden von uns gefallen und verletzt worden, falls du das vergessen haben solltest?“
Jetzt war es an Germaine wütend zu werden. Eiskalt erwiderte er: „Denke ja nicht daran, dass ich auch nur einen von Ihnen vergessen hätte: Sergeant Terry Koczarek und Private Malcolm Grady sind in Erfüllung ihrer Pflicht gefallen. Soll ich dir ihre Dienstnummern nennen, oder vielleicht die Namen der Hinterbliebenen?“ Dantons Stimme war sehr scharf geworden, schärfer als es bei Freunden sein musste.
„Und was ist mit Leipzig? Mit all den Männern und Frauen, die dort ihr Leben verloren haben? Wirst du auch bei deren Hinterbliebenen vor sie treten und Ihnen sagen: Oh, es tut mir leid, dass eure Angehörigen tot sind. Und ach übrigens, einer der Hauptverantwortlichen tut jetzt Dienst bei den Chevaliers.“
„Povlsens Peilsender hat uns dort die Carters Crusaders auf den Hals gehetzt, aber sowohl Dvensky als auch Blakes Wort hätten unseren Standort dort so oder so herausgefunden. Vergiß nicht den Aufklärer, der unsere Position ebenfalls verraten hat. Du kannst Povlsen nicht die Schuld für die Kampfhandlungen in Leipzig in die Schuhe schieben. Er hat nur einen Auftrag ausgeführt. Verflucht Charly, man möchte meinen, dass Du ein persönliches Problem damit hast.“
„Natürlich habe ich ein persönliches Problem damit, Germaine. Greta Caprese wird vielleicht nie mehr einen Einsatz haben, ich habe eine Menge gute Leute verloren…“
„Umso wichtiger, dass wir einen Ersatz kriegen, oder? Povlsen kann seine Schuld an den Chevaliers auf sinnvolle Art und Weise abarbeiten statt das sich einige Leute nur ihre Rachegelüste befriedigen können.“
„Ausgerechnet du mußt mir Rachegelüste vorwerfen? Hah…“ Decaroux lachte bitter auf und auch Danton erkannte seinen Fehler. Hatte ihn seine Rache nicht auch zu vielem getrieben? Doch Decaroux war mit seiner Standpauke noch nicht fertig. „Germaine, ein guter Kommandeur muß vor allem auch die Stimmung in der Truppe wahrnehmen. Bei den Chevaliers ist nicht nur alles Friede und alle sind Freunde. Frag dich doch mal, warum uns so viele freiwillig verlassen haben, häh? Doolittle, Dukic, Trent, Ferrow und noch einige mehr.“ Germaine setzte zu einer Antwort an, doch Charles Decaroux ließ ihn nicht ausreden. „Da wo ich herkomme, Germaine, kommt erst das Corps, dann der Rest. Ein guter Kommandeur muß auch mal harte Entscheidungen zum Wohle der Einheit treffen.“
Bei jedem anderen Menschen wäre Dantons Zorn hervorgebrochen, doch Decarouxs Worte machten ihn nachdenklich. „Du weißt, dass das verdammt unfair ist, oder?“
„Nun Germaine, darum bin ich nie Offizier geworden. Es ist dein Job, diese Sache zu entscheiden. Nimmst du ihn auf, ohne dass die Leute zu ihrer Genugtuung zu kommen, verlierst du vielleicht alte Freunde. Lieferst du ihn an diejenigen aus, die noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen haben, wie z.B. Dvensky oder die Wolfs Dragoner mußt du das mit deinem Großmut und deinem Gewissen vereinbaren.“ Decaroux zuckte mit den Schultern, jetzt nachdem er sich die Sache von der Seele geredet hatte anscheinend deutlich beruhigt. „Du bist nicht um diese Entscheidung zu beneiden, alter Freund.“
Mit diesen Worten ging der grossgewachsene Kommando-Soldat und ließ einen nachdenklichen und schweigsamen Major hinter sich, der noch eine Weile vor sich hinstarrte und an einer schweren Entscheidung zu knabbern hatte. Doch es dauerte nicht lange, als sich sein Gesicht aufhellte und er mit einem entschlossenen Gesicht davon stampfte.
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Wird fortgesetzt...