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Geschrieben von Masclan am 30.05.2017 um 14:58:

  Keine Chance

Keine Chance

Planet Porthos, neu im Besitzt des Clan Geisterbären
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Schmerz, es hörte nicht auf zu schmerzen. Sadi hatte aufgehört zu versuchen den Schmerz zu lokalisieren. Ihre Haut schien zu brennen, ihre Glieder schienen aus glühendem Metall zu bestehen und ihre Muskeln verkrampften sich in einer Art wie sie es noch nie erlebt hatte. Der Aufprall auf den Boden hatte sie vor dem Feuer gerettet das im Cockpit ihres Hermes Mechs ausgebrochen war, nachdem sie den Mech wegen Überhitzung und Systemversagen stilllegen musste. Sie war um die Häuserecke mit ihrem Dreißigtonner gesprintet und direkt in eine Salve von Langstreckenraketen hineingeraten. Der Wucht der Einschläge und der Explosionen hatten den Mech augenblicklich gegen die einstmals makellose Fassade des Parlamentsgebäudes geschleudert wo der Mech in aufrechter Stellung verharrte. Warum die Panzerungsbrüche und die schwer getroffene interne Struktur des Mechs nicht augenblicklich zur Zerstörung oder zur Reaktorexplosion geführt hatten würde Sadi für immer ein Rätsel bleiben. Alle nur möglichen Warnlampen waren aufgeleuchtet und ebenso schnell wieder erloschen nachdem der Mech wie durch eine Götterfaust erfasst wurde. Sadi war minutenlang ohnmächtig gewesen und ihr geschundener Leib musste durch die geborstene Cockpitverglasung, die vor wenigen Minuten noch wie Augen im Kopf des Mechs gewirkt hatten, nicht mehr im entferntesten als lebendes Wesen identifiziert worden sein. Ihre Kühlweste war vollkommen zerfetzt und ihre nackte Haut war von kleinen scharfkantigen Schrapnellen geritzt worden aus dessen Wunden es blutete. Der Pilot im Cockpit des gegnerischen Mechs hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht sein Werk zu vollenden und war ohne weitere Verzögerung an dem Hermes vorbei gestapft um eine neuerliche Raketensalve auf einen fliehenden Wespen Mech abzufeuern der es geschafft hatte sich den unbekannten Feinden zu entziehen. Die minimale Panzerung konnte das Vernichtungswerk jedoch nicht aufhalten und der Reaktor blühte förmlich auf als der Mech explodierte und eine Schockwelle auslöste.
Die Hitze des Feuers hatte Sadi erwachen lassen, mit größter Mühe hatte sie die Reste ihrer Anschnallgurte lösen können und war dann vor den immer weiter auf sie zu leckenden Flammen durch das linke geborstene Auge ihres ehemals stolzen Mechs geklettert, den schon ihr Großvater geführt hatte. Ohne zu bedenken, dass der Kopf des Mechs fast fünf Meter über dem Erdboden war, stürzte sie auf die Überreste eines Schwebers dessen Wrack ihren Aufprall auf den Boden teilweise gebremst hatte. Sie war wieder ohnmächtig geworden und als sie erwachte war es bereits Nacht und sie hörte aus der Entfernung Sirenen heulen. Sie machte sich keine Gedanken darüber ob es noch eine intakte Feuerbekämpfungseinheit gab um die unzähligen Brände in der Stadt zu löschen, Sadi kannte nur einen Gedanken, Schmerz.
Mit ihrer linken Hand schaffte sie es die Überreste ihrer Kühlweste die beim Sturz über ihr Gesicht gerutscht war so weit an ihren Augen vorbei zu schieben, dass sie freie Sicht auf ihre Umgebung bekam. Im Cockpit ihres Mechs brannte es immer noch und Sadi war sich mehr als bewusste das dieser Mech so schnell nicht wieder ihr zu Hause werden würde. Ihre Beine lagen verdreht aber scheinbar intakt in den Himmel gestreckt und ihr Oberkörper lag auf einer Stützstrebe des Schwebers der ihren Fall aufgefangen hatte. Ihre unzähligen Wunden hatten aufgehört zu bluten aber diese grauenvollen Schmerzen ließen sich nicht lindern. Mit größter Kraftanstrengung schaffte sie es sich soweit zu konzentriere, dass sie ihren linken Arm noch einmal zum Kopf und darüber hinaus auf eine weitere Stützstrebe legen konnte und sich leicht abstieß. Der Schmerz verebbte nicht vollständig aber er ließ stark nach und Sadi dreht sich leicht nach links. Nach einigen langen Atemzügen die ihre Lungen mit kalter Luft fluteten, drehte sie sich weiter und es gelang ihr die Beine anzuziehen und in eine leicht fötale seitliche Liegeposition zu gelangen. Mit einem vorsichtigen Blick sah sie den Ursprung ihrer noch bis vor wenigen Sekunden bestehenden Schmerzen. Sadi war mit ihrem Becken auf den geborstenen Luftverteiler des Schwebers gefallen und hatte sich nicht nur das Becken schwer geprellt, sondern auch eine nicht unerhebliche Schnittwunde an ihrer linken Körperseite zugezogen über das ein Teil der Kühlflüssigkeit der Weste geflossen war. Zwar war die Kühlflüssigkeit nicht tödlich, dennoch verursachte sie auf offenen Wunden eine kaum zu ertragene Schmerzwelle wenn sie wie im Fall von Sadi langsam aus der Weste tropfte und die offene Wunde traf.
Nach einigen weiteren Atemzügen hatte Sadi so viel Kraft gesammelt das sie es wagen konnte sich vorsichtig kniend aufzurichten. Sie brauchte einige Zeit um zu verstehen das nicht nur die Dunkelheit daran Schuld war das sie kaum etwas sah, sondern auch ihr Blut das getrocknet war und ihre Augenlieder teilweise verklebte. Außer dem Geräusch von berstendem Schaumplastik, dass durch das Feuer in ihrer Umgebung abbrannte und den Schleier der Still unterbrach, konnte Sadi keine weiteren Geräusche vernehmen. Auf dem einstmals belebten Platz vor dem Parlament, auf dem noch am Vortag tausende Menschen den sonnigen Tag genossen hatten, war niemand anzutreffen. Sie waren geflohen nachdem der Parlamentssprecher die Evakuierung der Stadt verkündet hatte. Einzig und alleine Sadi und ihre Einheit, welche zur Verteidigung der Stadt eingeteilt waren, hatten Position bezogen. Scheinbar war Sadi aber die einzige Angehörige der Planetaren Miliz die das Massaker an den Rächer von Porthos überlebt hatte. Auch wenn es kaum Opfer unter der Zivilbevölkerung gab, war der militärische Schutz des Planeten, der am Rand des bewohnten Lebensraumes innerhalb der Sternenkonstellation welche auch Innere Sphäre genannt wurde, von den Angreifern die sich selber Geisterbären nannten ohne nennenswerte Gegenwehr beiseite geschoben worden. Woher diese Krieger in ihren scheinbar unbesiegbaren Mechs kamen war nicht bekannt. Was jedoch traurige Gewissheit war, dass nicht nur Sadis Familien Hermes Mech Schrottwert besaß, sondern auch die Panther Mechs, die beiden Wespen Mechs, die drei Heuschrecken Mechs, der flinke Jenner Mech, der Quasimodo von Sadi Vorgesetzten, und sogar der Pirscher Mech sowie der Steppenwolf des Kompanieführers um die Gebietshauptstadt herum verteilt auf dem Boden lagen. Nach Sadis letzten Wissensstand hatte keiner ihrer Kameraden, dass brutale Waffenfeuer der fünf Angreifer in ihren unbekannten Mechs überlebt. Der Pirscher war trotz seiner imposanten Panzerung von den Waffen eines scheinbar nur halb so schweren Mechs quasi zerfleischt worden, die Einschläge der Gausskugeln die den Steppenwolf fällten waren selbst im Cockpit des Hermes für Sadi aus fast dreihundert Meter Entfernung noch zu vernehmen gewesen. Nachdem auch der Quasimodo von der Breitseite zweier PPK´s gefällt worden war, hatte Sadi und der Rest Einheit nur noch eines im Kopf gehabt, Flucht. Die PPK´s waren aus einer für nicht möglich gehaltenen Entfernung abgefeuert worden und der Schaden den sie anrichteten stellte alles in den Schatten was man auf Porthos je gesehen hatte. Dies war kein Kampf, dass war ein Schlachtfest bei dem es nie um einen Kampf auf Augenhöhe ging, selbst wenn die Angreifer mehr als zwei zu eins unterlegen waren.
Noch hatte Sadi nicht die Kraft sich zu erheben, aber Kälte der Nacht kroch an ihren Schmerzen vorbei und löste neuerliche Angstschübe aus. Auf Händen und Knien suchte sie einen Weg aus den Trümmern des Schwebers und vorbei an den Gesteinsbrocken der herabgestürzten Fassade. Ihre gesamte Überlebensausrüstung war im Cockpit ihres Hermes aber dieses war für sie unerreichbar. Sie ob vorsichtig den Kopf als sie ein Geräusch hörte und sah eine Ratte in wenigen Metern an sich vorbei huschen. Ihr Blick fiel auf die zerstörte Auslage eines Designergeschäftes mit lokaler Mode das sich weniger als fünfzig Meter von ihr entfernt befand. Fünfzig Meter, vier Schritte mit ihrem Mech, doch für Sadi eine Entfernung die ihr utopisch weit erschien. Ein Stock, abgebrochen von einem der Palu Bäume die überall in der Stadt standen, lag in greifbarer Nähe und sie zog ihn zu sich heran. Mit zusammengebissenen Zähnen schaffte sie es sich aufzurichten aber ihre Beine schienen ihr den Dienst zu quittieren als sie versuchte sich weiter zu bewegen. Die Schmerzen in ihrem Becken raubten ihr fast den Verstand und es grenzte an ein Wunder das Sadi nicht augenblicklich wieder auf den Boden stürzte. Ihre Nacktheit kümmerte sie nicht, sie war stolz auf ihren Körper gewesen, selbst mit über vierzig Jahren hatte sie kein Gramm Fett am Körper. Sie lief jeden Morgen vor Dienstbeginn sechs Meilen vom Haus ihres verstorbenen Vaters, gleich neben der Garnison, zum nahe gelegenen Wald hin und zurück. Doch das zählte jetzt nicht mehr, jetzt wollte sie nur einen einzigen Schritt tun und beim zweiten Versucht wehrten sich ihre Beine nicht mehr. Unendlich langsam schob sie sich durch den Schutt in Richtung ihres Ziels und als sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich im verwüsteten Verkaufsraum des Geschäftes stand, fiel ihr Blick auf eine Reihen von Overalls die mit Blumenmustern bestickt waren und den Ausgehoveralls der Garnisoneinheiten im Schnitt nicht unähnlichen waren. Sadi lachte kurz auf als sie darüber nachdachte wie sie wohl eines dieser Kleidungsstücke mit ihren Verletzungen anziehen sollte aber ihr war kalt und bevor sie weiter als bis zur nächsten Stunde denken wollte brauchte sie etwas zum Anziehen. Sie angelte sich eine Art Top aus einem Regal und zog es über ihren Kopf. Ihre kleinen straffen Brüste schienen aber schon jetzt ein unüberwindbares Hindernis darzustellen als die versuchte das mit trockenem Blut verschmierte neue Kleidungsstück weiter über ihren Oberkörper zu ziehen. Schweiß brach aus ihren Poren und sie verspürte unbändigen Durst, vorher musste sie sich jedoch um den Overall kümmern. Der ihr etwas zu groß geschnittene Einteiler ließ sich jedoch einfacher überstreifen als sie geglaubt hatte. Das Blumenmuster das sich vom linken Arm über den Oberkörper bis zum Kragen erstreckte, hätte sie nicht einmal als Teenager für eines ihrer Kleidungsstücke ausgewählt, aber Sadi war froh als das Zittern das ihren Körper erfasst hatte langsam nachließ. Sie fand eine Tür zum hinteren Teil des Geschäftes und hätte fast geweint als sie einen Medizinschrank erblickte. Mit verkrampften Händen öffnete sie ihn und erblickte nicht nur leichtes Verbandsmaterial, sondern auch Schmerzmittel und ein Notfallfunkgerät wie es auf dem Planten überall gab. Noch nie war Sadi so froh gewesen ein Funkgerät zu sehen und sie stellte es auf den kleinen Tisch neben sich. Sie nahm sich eine Flasche Wasser und öffnete sie umständlich, die Dosis an Schmerztabletten die sie schluckte hätte wahrscheinlich zwei erwachsene Männer glücklich machen können aber Sadi war am Ende ihrer Kräfte. Sie setzte sich auf eine Art Sofa und ließ sich einfach nur nach hintern fallen. Nach noch einem langen Schluck aus der Flasche schloss sie ihre Augen als der wohltuende Schleier der Umnachtung der schnell wirkenden Schmerzmittel sie erfasste.

Ein Geräusch ließ Sadi aufschrecken und ihr ruckartiges aufrichten ließ ihr sofort den Atem stocken. Sie konnte nicht sagen was das Geräusch verursacht hatte aber sie war hellwach. Jahrelanger Drill hatten ihre Spuren hinterlassen und auch wenn sie von Schmerzen gepeinigt wurde waren ihre Sinne in Funktion. Noch war es dunkel aber sie hätte nicht sagen können wie lange sie geschlafen hatte. Sie lehnte sich zurück und ihre Gedanken schafften es das erste Mal durch die Stockstarre der vergangen Stunden in ihr Bewusstsein vorzudringen. Was war nur passiert, dass aus ihrem heilen Leben plötzlich ein Chaos entstanden war das sich wie die Hölle auf Erden anfühlte. Ihr Kameraden waren nicht mehr am Leben, alleine dieser Gedanke formte in ihr einen so dumpfen, hässlichen Ort, dass sie sich weigerte diesen mit ihren Erinnerungen an die letzten Stunden zu betreten. Wer waren diese Angreifer, diese Frage stellte sich primär vor ihr inneres Auge und sie fand keine Antwort. Sie hatte noch nie von einer Söldnereinheit oder einer Piratenbande, noch nicht einmal von einer Einheit aus dem verhassten drakonischen Reich gehört die diesen Namen trug. Noch rätselhafter war ihr gebaren als sie die Übergabe des Planeten forderten und lediglich fünf Mechs einen Kampf beginnen wollten. Die einstige stolze Panzerlanze bestehend Skorpion Panzern und leichten Gabriel Luftkissenaufklärern war von maschinenartig anmutenden Menschenwesen in ihre Einzelteile auseinander genommen worden, was schon beim ersten Anblick allen das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der kurz darauf erteilte Angriffsbefehl der gesamten Mechkompanie der Miliz, gegen eine zur Hauptstadt vordringenden kleinen Mecheinheit der unbekannten Feinde, funktionierte auch nur wegen jahrelang geübter Automatismen die nicht nur Sadi halfen überhaupt zu funktionieren. Gerade als sich die Aufklärungslanze der Feindeinheit von der Seite nähern wollte, wurden ein Panther und ein Wespen Mech neben Sadi von Geschützfeuer erfasst, dass zwei dem Hermes Mech ähnlichen Mechs entfesselten hatten aber über eine Zerstörungskraft verfügten die sie bisher noch nicht erlebt hatte. Der Panther Pilot schaffte es gerade noch seine PPK auf die Angreifer abzufeuern um im Gegenzug von einer Salve aus selbstsuchenden Kurzstreckenraketen förmlich filetiert zu werden. Der Wespen Mech hingegen hörte einfach auf zu existieren als zuerst eine Gausskugel den Torso traf um hinten wieder auszutreten und um gleich darauf von unzähligen Kleinstkugeln getroffen zu werden die aus einer Waffe abgegeben wurde die einer herkömmlichen AK-5 Kanone zumindest äußerlich ähnlich sah. Der Wespen Mech platzte einfach auseinander als Reaktor explodierte und mit der Druckwelle auch Sadis Hermes zu Boden schickte. Ohne das Eintreffen des Kompanieführers in seinem Steppenwolf Mechs und seines Stellvertreters im überschweren Pirscher Mech, wäre der Hermes mit Sicherheit das nächste Ziel der Schlächter geworden.
Der Befehl sich sofort zurück zu ziehen hatte Sadi noch versucht zu ignorieren, aber als selbst der Pirscher Mech nach kaum einer Minute zu Boden ging packte Sadi die blanke Angst. Sie richtete den Mech auf und verließ den Kampfplatz aber nur um mitzuerleben wie zwei Heuschrecken Mechs links von ihr von Salven aus Langstreckenraketen mitten im Lauf einfach pulverisiert wurden. Sie wusste dass die Stadt evakuiert worden war und wollte einfach nur weg und wählte einen Weg mitten hindurch. Kaum hatte sie die ersten Häuser erreicht und war auf dem Weg in Richtung Süden, als sie hinter einer Häuserecke aufgespießt worden.
Sadi hatte keine Tränen ihren Augen als sie in die Dunkelheit starrte, der Schock saß zu tief. Sie hatten nie eine Chance gehabt, weder ihre Kameraden noch sie selber aber dieser Gedanke war das erste was sich durch ihre seelische Starre gefressen hatte. Sie war alleine, die letzte Soldatin ihrer Einheit dessen Aufgabe es gewesen wäre die Menschen dieser Stadt und des Planeten zu beschützen.
Vorsichtig zog sie die Füße zu sich heran und spürte weit weniger Schmerz als noch vor wenigen Augenblicken als sie aus ihrem Schlaf geschreckt war. Sie richtete sich auf und war erstaunt das auch dies funktionierte, auch der gewagte Versuch sich zu erheben glückte nur um sofort von einem Anfall von Übelkeit überfallen zu werden. Ihr Mageninhalt drängte nach oben durch ihren Mund und schmerzverkrampft beugte sie sich nach vorne.
Sadi hatte sich vorsichtig wieder durch den Verkaufsraum geschleppt und sah immer noch keine Menschen auf dem Platz. Das Notfallfunkgerät hatte sie auf geringste Lautstärke gestellt und hoffte auf diesem Weg nicht nur unentdeckt zu bleiben, sondern auch etwas mehr über die momentane Situation zu erfahren. Ihr Blick fiel trotz der Dunkelheit auf einen weißen Simca Krankentransporter, der mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Mitglied des Katastrophenschutzes verlassen wurde und unter einem der Palu Bäume abgestellt war. Noch immer weigerte sich Sadi alles um sich herum zu akzeptieren aber der Gedanke an Flucht ließ sie Hoffnung schöpfen. Sie horchte in die Dunkelheit und unter Aufbietung aller Kräfte, schaffte sie es mit kleinen wohldosierten Schritten in Richtung ihres Ziels zu gelangen. Ihr Becken schmerzte höllisch aber noch einmal eine so große Dosis an Tabletten wollte sie nicht einnehmen, sie brauchte ihren klaren Verstand. Der Simca war wie erwarte unverschlossen und das schwach beleuchtete Display akzeptierte den Überbrückungscode der jedem Mitglied der Miliz bekannt war. Der kleine Leistungsstarke Elektroantrieb erwachte zum Leben und Sadi dachte das erste Mal daran was sie eigentlich vor hatte zu tun. Wo sollte sie hin, was wollte sie erreichen, gab es überhaupt einen Ort an dem sie sicher war. Ihre Gedanken wurden je unterbrochen als gleichzeitig ihr Funkgerät und der Sprechfunkempfänger des Simca ansprang. Der melodische Signalton ließ eine ankommende Meldung erwarten und Sadi blieb unbeweglich auf dem Fahrersitz sitzen. Eine leicht nasale aber dennoch tief brummende Stimme ertönte und Sadi wusste sofort wer der Sprecher war. Seit ihrer Kindheit hatte es nur einen Präfekten auf Porthos gegeben, Giko Haramatsi und dieser sprach nun zu allen Bewohnern der nördlichen Präfektur des Planeten. Sadi dachte jedoch ihren Ohren nicht trauen zu können, kein Aufruf zum Widerstand, keine Durchhalteparolen, keine Anweisungen an die Miliztruppen oder den Katastrophenschutz. Der Präfekt rief hingegen zur Ruhe und Ordnung auf und versprach im Namen der neuen Herren des Planeten, die sich selber Geisterbären nannten, dass alle Bürger in ihren Unterkünften und Häusern zu bleiben haben. Eine Ausgangssperre verbot jeglichen Aktivitäten auf den Straßen für die nächsten zweiunddreißig Stunden und alle noch lebenden Mitglieder der Milizeinheiten hätten sich umgehend in der Garnison einzufinden. Die Geisterbären würden lediglich alle noch vorhandenen Waffen einsammeln und nach einer Frist von weiteren zwei Tagen sollte jeder der sich registrieren lassen hat, als freier Bürger nach Hause gehen dürfen. Sollte diesen Anweisungen nicht entsprochen werden, würde die Ausgangssperre so lange bestehen bleiben, bis die Forderungen der Geisterbären erfüllt würden.
Kein Widerstand, kein Aufruf an die Moral der Menschen, nichts was auch nur annähernd nicht wie das Eingeständnis einer Niederlage klang. Sadi schüttelte angewidert den Kopf, sie hatte ihre Kameraden sterben sehen ohne die geringste Chance wirkungsvolle Gegenwehr zu leisten und jetzt sollte sie sich einfach so ergeben, niemals. Sie überdachte ihre Optionen und sie hatte nur einen Gedanken, sie musste mehr über diese Geisterbären erfahren. Sie bemerkten den anbrechenden Morgen und entschied sich trotz der Gefahr einer Entdeckung den Simca Krankentransporter vorerst nutzen zu wollen. Der Transporter hüpfte vorwärts und Sadi suchte in ihrem Kopf den besten Weg um ungesehen zur Garnison zu gelangen.
Ihr Weg führte sie entlang der altehrwürdigen Stadtmauern und durch die Tunnel eines Parkhauses der sie nur wenige hundert Meter bis an die Zufahrtsstraße zum Eingangstor der Garnison brachte. Sie kletterte ungelenk aus dem Simca und kroch eine schräge Mauer herauf um sich von dort einen Überblick zu verschaffen.
Fast hätte sie aufgeschrien als sie einen ersten Blick gewagt hatte. Im Schimmer der aufgehenden Sonne erkannte sie Rauchschwaden über den südlichen Gebäuden des Milizstützpunktes und erschrak als sie die beiden patrouillierenden Mechs erblickte die kaum einhundert Meter von ihr entfernt standen und ihre Waffen auf eine Ansammlung von zwei dutzend uniformierten Menschen hielten die im Schneidersitz auf dem Betonboden vor dem Eingangstor zur Garnison saßen. Einige Meter davon entfernt rauchten die Überreste eines Wohnhauses das Sadi erneut erstarren ließ. Ihr Elternhaus war nur noch ein Trümmerhaufen und lediglich die nördliche Wand des seit dreihundert Jahren in Familienbesitz befindlichen Hauses stand noch. Dieses Haus hatten ihre Vorfahren mit eigenen Händen erbaut, in ihm wurde Sadi geboren, ihre Mutter starb dort vor drei Jahren und ihr Vater lag schwer krank im südlichen Zimmer des Haues in seinem Bett als Sadi am Vormittag des vergangenen Tages das Haus verlassen hatte um zum Dienst in der Garnison zu erscheinen, in der ihr Vater über drei Jahrzehnte als Cheftechniker gearbeitet hatte. Sadi sackte in sich zusammen und stützte ihren Kopf auf den kalten Beton. Leise, fast sanft begann sie zu weinen. Ein röchelnder Laut entfuhr ihrem Mund und sie vergas jede Vorsicht. Gerade als sie laut schreien wollte schob sie ihre Hand vor ihren Mund und biss sich in den Handballen bis sie den metallischen Geschmack ihres eigenen Blutes schmeckte. Sie hatte ihre Zähne so tief in ihre Haut geschlagen das sie es noch nicht einmal gespürt hatte. Sadi dreht sich auf den Rücken und wischte sich mit der sauberen Hand die Tränen und den Staub vom Gesicht. Ein leises Wummern durchfuhr den Betonsockel auf dem sie lag und ein schneller Blick zeigten ihr einen weiteren Mech der sich über die noch intakte Außenmauer des Stützpunktes bis zum Innenhof schleppte. Es schien also doch Widerstand gegeben zu haben, zumindest hatte das ihr immer noch unbekannte Monstrum Panzerschäden und zumindest einige defekte Gelenkpuffer die ihm das Laufen erschwerten. Ein zweiter vogelartig aussehender Mech mit riesigen übergroßen Raketenlafetten links und rechts des Cockpits, ähnlich dem Mech der Sadis Hermes ausgeschaltet hatte, gesellte sich zum abgestellten Monster und ließ seinen Reaktor runter fahren. Ein Schauer von Faszination, Ekel, und blankem unbändigem Hass durchströmte Sadis Herz. Nie hatte sie vorher etwas ähnliches gesehen und eines wusste sie genau, dass waren weder Lyraner noch Kombinats Truppen, Söldner oder sonst ihr bekannte Einheiten, aber eines wusste sie in diesem Augenblick auch, auch wenn sie unüberwindlich schien, stiegen Menschen aus den Cockpits dieser Monster und auch deren Panzerung war verletzbar. Sadi hob ihren Kopf noch einige Zentimeter höher und konnte Wortfetzen aus Richtung Menschenansammlung hören, zu der sich zusätzlich auch zwei dieser hünenhaften Maschinenmenschen stellten, die wie kleine Kopien ihres eigenen Mech aussahen aber wesentlich gefährlicher wirkten. Sie schaute an dem Pulk vorbei nach Westen und erblickte zwei verschont gebliebene Gebäude, in diesem Augenblick wusste was sie tun wollte und nichts auf der Welt würde sie davon abhalten.
Der Krankentransporter würde sie nur behindern und so setzte Sadi ihren Weg unbeobachtet durch einen Graben zur Straße fort und versuchte ihre Schmerzen im Becken mittels flacher Atemschüben unter Kontrolle zu behalten. Noch war der Morgen nicht gänzlich angebrochen und so kroch sie ungesehen durch einen Abflusskanal unter der Straße durch. Sie kannte sich hier besser aus als jeder andere Mensch. Hier hatte sie als Kind mit ihren Freunden gespielt, sich vor ihrem Vater versteckt wenn sie in der Nähe ihres Haues spielten und er sie suchen musste. Der Zaun der Garnison war kein Hindernis, auch weil es einen weiteren Zugangstunnel gab der den Infanteristen als Übungstunnel diente bei ihrer Ausbildung und Sadi ungesehenen Zutritt auf das Gelände verschaffte. Sie keuchte als sie sich durch den Rohrausgang zwängte und freute sich über die kühle Luft die sie am Ausgang empfing. Sie rollte sich vorsichtig in den Schatten eines abgestellten Containers und versuchte ihre Atmung zu beruhigen und die Übelkeitsschübe weg zu atmen. Ein Blick auf die nahe gelegene Garage der Panzereinheit, ließ den Blick auf die leeren Stellplätze zu und Sadi wusste dass diese Plätze nie wieder besetzt werden würden und dass so viele Freunde die sie in dieser Einheit gehabt hatte bereits seit Stunden nicht mehr am Leben waren. Sie kauerte sich zusammen um Kraft zu sammeln und kam langsam auf die Beine. Ein schneller Blick um die Ecke und sie hatte die Gewissheit die einzige Person zu sein die sich auf diesem Teil des Geländes befand. Am Container vorsichtig entlang schleichend nahm sie all ihre Kraft zusammen und überquerte den ungeschützten Weg zum Hintereingang der Panzergarage ohne gesehen zu werden. Die Tür war offen und Sadi schlüpfte hindurch. Der Geruch von altem Öl und abgelegten schweißgetränkten Techniker Overalls empfing sie, ein Geruch den sie seit ihrer Kindheit kannte und lieben gelernt hatte in den vielen Stunden bei dem sie ihrem Vater dabei zugesehen hatte wie er an den Panzern oder den Luftkissentransportern umher geschraubt hatte. Ihr Blick fiel auf den alten abgerüsteten Horndämon Panzer der schon seit vielen Jahren keine Waffen mehr trug und als Munitionstransporter der Einheit genutzt wurde. Der Angriff der Geisterbären war zu überraschend gekommen als dass Nachschub hätte benötigt werden können und so stand der Horndämon immer noch voll bestückt im Hangar. Sadi schlich vorsichtig zum Fenster und konnte so die kaum hundert Meter entfernt abgestellten Mechs erkennen um die sich eine Traube von Technikern gesellt hatte und zwei Hebebühnen in Position gebracht wurden. Leise ging sie in den Nebenraum mit den verschlossenen Munitionsschränken und öffneten nacheinander jeden mit ihrem universal Zugangscode den ihr Vater ihr vor langer Zeit bereits einmal verraten hatte. Im vorletzten Schrank fand sie was sie gesucht hatte und sie machte sich ans Werk.
Kaum eine Stunde hatte sie gebraucht um alles vorzubereiten, Drähte waren gespannt, Zünder und Sprengstoff waren verlegt und Sadi saß im Fahrerhaus des Horndämon und schaute durch die Sichtschlitze für den Fahrer. Sie beobachtete zwei der Maschinenmenschen wie sie scheinbar mit einem Vorgesetzen am Fuße der abgestellten Mechs sprachen und sie sah wie eine Gruppe ihrer Kameraden gefesselt über den Platz geführt wurden um in die Unterkunftsbaracke gebracht zu werden. Niemand war der Garage bisher nahe gekommen und Sadi schloss ein letztes Mal ihre Augen und atmete tief durch. Bilder vom Vortag glitten an ihrem inneren Augen vorbei, Bilder von ihrer Mutter wie sie als Sadi klein war morgens Frühstücksbrote bereitete und von ihrem Vater wie er mit ihr Angeln war aber auch der Gedanke an die verschmorten Leichen die sie gesehen hatte und der Aufprall des Steppenwolfes als er fiel. In ihr war kein Platz mehr für weitere Gedanken, ihr Verstand weigerte sich an etwas zu denken das sich nicht wie Vergeltung oder Rache anfühlte. Sie startete den schweren Verbrennungsmotor und legte sofort den schnellsten Vorwärtsgang ein. Der Motor heulte auf und durchbrach das geschlossene Garagentor als er nach vorn schnellte. Sadi kannte nur eine Richtung und diese stand in Form zweier übergroßer Monster keine hundert Meter entfernt von ihr. Ihre Feinde waren schnell und schon nach kaum dreißig Metern schlugen leichte Laser in den altersschwachen Horndämon ein, doch diese konnten ihn nicht bremsen. Sadi gestattete sich einen letzten Gedanken an ihr nun zerstörtes Elternhaus und hielt dennoch weiter auf ihr Ziel zu. Eines der Ungetüme dreht sich zu ihr und richtet die Armwaffen aus aber dies geschah alles zu langsam. Der Horndämon krachte gegen die vogelhaften Beine und Sadi löste den Totmannschalter in ihrer Hand aus, ein Impuls lief durch die Leitungen und ließ die gesamte im Horndämon gelagerte Munition gleichzeitig explodieren. Der Bluthund Mech, wie er in den Reihen der Geisterbären genannt wurde, wurde augenblicklich zerrissen und der Nattern Mech mit der in jedem Arm verbauten Clan ER PPK, hörte Millisekunden später auch auf zu existieren. Niemand im Umkreis von hundert Metern konnte diese Explosion überleben, niemand hatte eine Chance.


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