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Thema: Chevaliers
Cattaneo

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Hits: 1.577.795
18.06.2023 18:21 Forum: Söldner


Hallo

Ich entschuldige mich, dass ich eine Weile hier nicht vorbeigeschaut habe. Ich hatte in den letzten Monaten beruflich recht viel zu tun und muss mich jetzt zu allem Überfluss wegen einiger Veränderungen Gedanken machen, wie es beruflich weitergeht.

Ich sehe aber zu, dass ich zumindest in Zukunft etwas beisteuern kann.
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

Antworten: 2.018
Hits: 364.665
24.03.2023 18:03 Forum: Kurzgeschichten


So, ich habe jetzt noch einen kleineren Text gepostet. Eher ein Intermezzo, sozusagen...
Thema: Hinter den feindlichen Linien - Season 7 - Zwischen Himmel und Hölle
Cattaneo

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Hits: 133.248
24.03.2023 18:02 Forum: Kurzgeschichten


Auf Abfangkurs

TRS COLUMBIA, Gamma Eridon

Für einen flüchtigen Moment erstrahlte eine zweite Sonne, als die Atomraketen ihr Ziel trafen. Die Schilde und Panzerung des imperialen Truppentransporters widerstanden für Sekundenbruchteile der Zerstörungskraft, dann gaben sie nach. Genährt vom Treibstoff und dem Sauerstoff im Innern des todgeweihten Schiffes expandierte der Feuerball in einem gloriosen wenn auch kurzlebigen Brandopfer, dann triumphierte die eisige Leere des Alls.
Der Bildschirm erlosch und die Computerstimme kündigte das Ende der Simulation an. Lilja reckte sich, dann kletterte sie aus der Kabine. Draußen erwarteten sie andere Angehörige ihrer Staffel und der Butcher Bears. Leider verfügte die COLUMBIA nicht annähernd über genug Simulatorenplätze, um komplette Geschwadereinsätze zu „fliegen“. So war Simulatorzeit ein kostbares Gut, gerade vor einem entscheidenden Einsatz. Da nahezu jeder Staffelchef der Angels in etwa denselben Rang hatte und nahezu alle hochdekorierte Kriegshelden waren, konnte selbst jemand wie Lilja schwerlich eine Vorzugsbehandlung durchboxen. Man musste buchstäblich Strohhalme ziehen oder einen Kuhhandel mit einem anderen Staffelchef abschließen.
Immerhin hatte die Russin sich etwas in den Vordergrund drängen können, indem sie einen speziellen Part des bevorstehenden Einsatzes stillschweigend für sich gekapert hatte – den Einsatz von Arrow-Atomraketen gegen den feindlichen Konvoi. Schließlich war dies ihre Idee gewesen, und auch wenn nicht die Fighting Stallions sondern die Butcher Bears die Arrows in Ziel bringen würden, würden sie Unterstützung benötigen. Wenn der Einsatz abgenickt werden würde – soweit Lilja wusste, hatte Commander Decker immer noch nicht das endgültige OK gegeben – dann musste er auf jeden Fall funktionieren. Und deshalb war Üben angesagt. Andere Piloten hätten sich vielleicht in ihrem Ruhm gesonnt – immerhin hatten Blackhawk und Lilja einiges Lob für ihr Bomber-Duo kassiert. Aber wenn es um das Töten von Akarii ging, war Lilja ein unersättlicher Workaholic.
Alle Feinde, aber auch ein Großteil der Maschinen der Angry Angels in der Simulation wurden vom Computer generiert und folgten eingespeicherten Parametern. Immerhin kam das dem wirklichen Gefecht nahe genug – und die simulierten Gegner flogen in etwa so gut wie die echten, da man üblicherweise erfahrene Piloten zum Vorbild nahm, nicht die Neulinge, die in wachsender Zahl auf beiden Seiten den Moloch Krieg mit ihrem Enthusiasmus und ihrem Blut fütterten.

Inmitten der Butcher Bears ragte Huntress hervor – nicht physisch, wohl aber mit ihrer Präsenz. Sie grinste der Chefin der Grünen etwas boshaft entgegen: „Ihr werdet ja immer besser dabei, uns den Weg in den feindlichen Verband zu sichern. Aber das ist das dritte Mal in einer deiner Simulationen, dass wir unseren Staffelchef verloren haben. Man könnte meinen du legst es darauf an, dass Kali dich NOCH MEHR hasst.“ Kano war nicht mitgeflogen, da er immer noch nicht ganz wiederhergestellt war. Doch es galt als sicher, dass er bis zum vorausberechneten Beginn der Schlacht gerade so eine Startfreigabe erhalten würde. Deshalb wurde das Verhalten seines Jägers anhand von Erfahrungswerten aus seinen vergangenen Simulatorflügen programmiert.
Huntress‘ Worte führten zu einigem genervten Kommentaren. Die Beziehung zwischen Kano und Kali war nicht gerade ein Geheimnis, wie auch die langjährige Antipathie zwischen Kali und der Chefin der Grünen – deren Ursache schon weitaus weniger bekannt war.
Lilja bleckte die Zähne in einer Grimasse, die man nicht wirklich ein Lächeln nennen konnte: „Da will wohl das Ei das Huhn belehren? Erstens, Kano wäre selber der erste, der den Erfolg einer wichtigen Mission über sein eigenes Wohl stellt…“ womit sie zweifellos Recht hatte: „…und zweitens solltest du vielleicht deine Freude über seinen simulierten Abschuss nicht ZU offen zeigen. Sonst bist du es, die sich Kalis Feindschaft zuzieht. An Kanos Stelle würde ich meine Maschine ohnehin gegen Sabotage bewachen lassen.“
Diesmal hatte sie die Lacher auf ihrer Seite – was in einem Schlagabtausch mit jemandem wie Huntress selten genug vorkam. Doch die Russin war natürlich nicht die einzige die bemerkt hatte, wie enthusiastisch Kanos XO ihre Rolle als Ersatz für den Chef der Schwarzen Staffel ausgefüllt hatte.

„Denkst du nicht, du machst uns und euch die Sache etwas zu schwer?“ Huntress hatte unverhofft wieder auf dienstlich geschaltet, und Lilja folgte ihr da ebenso nahtlos wie bereitwillig.
„Ich weiß, ich habe die Abwehr einiges stärker programmiert – von der Qualität wie Quantität – als unsere Aufklärung sie prognostiziert hat. Aber ich wette, die Echsen haben sich irgendetwas überlegt. Ich weiß nicht was, und das macht mich WIRKLICH nervös.“ Und das von einer Pilotin, deren Geringschätzung im Angesicht der Gefahr fast schon legendär war: „Ich meine, sie wissen schließlich, dass wir hier sind, und dass wir sie weit genug sowohl vom Planeten als auch von ihren Springpunkt-Garnisonen abfangen können, so dass sie keine Jäger von einem von beiden Stützpunkten als Unterstützung schicken können. Wir wären dämlich, würden wir nicht genau das tun, was wir tun, und sie wären noch dämlicher, wenn sie ihre Strategie auf unsere Dummheit aufgebaut hätten. Ein einziger Flugdeckkreuzer zur Absicherung vor einem Elitegeschwader wie den Angels ist ein bisschen wenig. Es ist ja nicht der erste, den wir abgetakelt haben. Ich wette also – und wenn du dich unbedingt von deinem unverdienten Reichtum trennen willst, kannst du gerne dagegenhalten – sie haben ein paar zusätzliche Vorkehrungen getroffen. Mehr Flakschiffe mitgeschickt, den Golf mit Jägern überbelegt – ich denke, man kann sicher zu Not eine weitere Staffel reinstopfen – und vor allem wette ich, dass sie welche von ihren beschissenen Schnell- und Kanonenboot-Shuttles dabeihaben. Ähnlich, wie sie es bei Sterntor gemacht haben. Die können ohne Probleme von ihren Truppentransportern mitgeführt werden, und wir kriegen sie erst mit, wenn es zu spät ist. Und deshalb habe ich bei der Simulation noch ordentlich was draufgelegt. Ja, wenn alles glatt geht, dann haben sie das nicht gemacht, oder zumindest nicht alles. Und sie werden sich auch nicht auf die Butcher Bears stürzen wie von mir programmiert, sondern auf die Bomber und Jagdbomber – obwohl sie vermutlich wissen, dass gerade die Nighthawk-Staffeln der Angels einen ziemlich guten Ruf haben, was das Abwracken von Transportschiffen und leichten Kriegsschiffen angeht…
Aber willst du dich darauf verlassen? Also üben wir unter verschärften Bedingungen.“
Sie atmete tief durch: „Wir haben noch eine halbe Stunde, bis wir die Simulatoren an die Blauen und Gelben übergeben müssen. Also nutzen wir die Zeit. Noch eine Runde – und anschließend sprechen wir die Übung.“
„Und wann können wir Pause machen?“, klang es etwas kläglich aus den Reihen.
„Wenn ihr tot seid.“, schnappte die Russin, milderte ihre Worte aber sofort ein Stück weit ab: „Vorzugsweise aber, wenn der GEGNER tot ist.“

*****

CAV-Kreuzer TATANKA YOTANKA, etwa zur selben Zeit

Lieutenant Commander Walentin Michailowitsch Pawlitschenko alias Walja lümmelte in der primären Waffenstation des Kreuzers auf seinem Sessel. Die leisen Gespräche und das gelegentliche Piepen der Sensoren schufen eine nicht hektische, aber doch angespannte Atmosphäre. Sie war nicht zu vergleichen mit dem Chaos mitten in einer Schlacht, doch war allen Anwesenden klar, dass es im Moment ebenfalls um Leben und Tod ging – wenn auch in erster Linie um das des Feindes.
Gespannt beobachtete der junge Offizier die Bildschirme vor ihm, wobei er sich bemühte, die auf ihm lastende Müdigkeit niederzukämpfen. ,Ich werde langsam zum Kaffeejunkie…‘
Die letzten Tage waren ein wahrer Marathonlauf gewesen – wie die anderen Menschen und Nichtmenschen der Waffenabteilung hatte er fast rund um die Uhr geschuftet, hier an den Anzeigen, aber auch im ‚Bauch‘ des Schiffes, in den Werkstätten, und im Shuttlehangar. Nur gelegentlich war der Einsatz unterbrochen worden von kurzen Schlaf- und Essenspausen. Er fragte sich unwillkürlich, wie die Kapitänin das durchhielt. Sie schien weder Ruhe noch Müdigkeit zu kennen.
Dass man ihn so umfassend heranzog war seiner Vergangenheit geschuldet, hatte er doch mehrere ausgedehnte Einsätze weit hinter den feindlichen Linien mitgemacht, auf Schleichfaden unterwegs, um die Nachschubrouten der Imperialen zu verminen. Er hatte auf diesen Missionen gelernt, zu improvisieren. Eine Fähigkeit, die jetzt einmal mehr von Nutzen war.
Auf den Anzeigen, die er so aufmerksam beobachtete, flackerten dutzende Symbole. Da war der feindliche Konvoi, der sich seinen Weg gen Gamma Eridon bahnte, da waren seine Außensicherung aus Shuttles und Jägern – von letzteren freilich nur ein gutes halbes Dutzend, was zweifellos der begrenzten Kapazität des feindlichen Flugdeckskreuzers geschuldet war – und der Verband der COLUMBIA, der sich unaufhaltsam zwischen die Kaiserlichen und ihr Ziel schob. Und da waren die errechneten Flugbahnen der Minen und anderen Überraschungen, welche man dem Feind entgegengeschickt hatte.
„Kette siebzehn driftet aus. Meldung an die Peshten, damit sie die künftige Flugbahn markieren können.“
Der junge Offizier bemühte sich, seine Frustration zu verbergen. Die TSN hatte so ziemliche alle Register gezogen um den feindlichen Konvoi zu schwächen. Sie hatten an Minen auf den Weg geschickt was sie besaßen – plus einige „Geschenke“ von den Peshten und improvisierte „Selbstschussanlagen“, die mit SAMs bestückt waren. Sie hatten aber auch Dummies treiben lassen, im Grunde nicht viel mehr als Schrottklumpen in der Form von Minen, mitunter sorgfältig mit ein wenig nuklearem Material präpariert, damit sie wie echte, wenn auch improvisierte Minen wirkten. Alles in der Hoffnung, der Feind könne so zu Ausweichmanövern gezwungen werden, seine Munition verschwenden oder inmitten der falschen die eingesprenkelten echten Sprengkörper übersehen. Doch viele, viel zu viele ihrer Minen wurden entweder rechtzeitig entdeckt oder kamen ihrem Ziel nicht einmal nahe. Zwar hielt der feindliche Verband im Großen und Ganzen einen konstanten Kurs. Doch selbst kleinere Kursänderungen – die mit Sicherheit wegen der Minengefahr erfolgten – bedeuteten in der dreidimensionalen Weite des Alls oft, dass die Imperialen in ausreichender Entfernung vorbeidampften. Es war ein Ratespiel mit zu vielen Variablen. Nun, zumindest kostete jeder Kurswechsel ein wenig Zeit, und das war etwas, was die Bodentruppen des Imperiums im Moment nicht eben reichlich hatten. Jede Stunde, die sie auf Verstärkung und Nachschub warten mussten, erhöhte die Chancen der Alliierten, auf Gamma Eridon Fortschritte zu machen.

So konzentrierte er seine Hoffnung auf die nächste Kette. Wenn der Gegner nicht erneut zackte…
„Entfernung zwischen Außensicherung und Kette achtzehn 30.000 Kilometer, rasch abnehmend.“ Natürlich bekam man die Ereignisse da draußen an Bord des Kreuzers erst mit einigen Sekunden Verspätung mit, schließlich reisten die Signale mit Lichtgeschwindigkeit – und der Gegner war noch etliche Millionen Meilen entfernt. So wurde das, was eigentlich Präzisionsarbeit sein sollte, zum Ratespiel.
Quälend langsam verrann die Zeit, während die Symbole aufeinander zu krochen. Monoton zählte die Entfernung herunter. Längst schwebte Walja Hand über einem Knopf am Pult. Er beobachtete die feindlichen Maschinen, wie sie manövrierten, versuchte aus den übermittelten Daten über ihre Sensorpeilungen schlau zu werden. Noch nicht, noch nicht…: „ZÜNDUNG!“
Für einen Moment tat sich gar nichts. Das Signal reiste, weckte weit, weit entfernt eine Reaktion… Dann kündete ein leichter Ausschlag auf den Anzeigen von feindlichem Waffenfeuer. Walja, der angespannt gewartet hatte, wollte schon enttäuscht fluchen – mit einmal schlugen die Anzeigen heftig aus: „Einschlag! Wir haben einen Einschlag.“ Es war nicht so, dass lauter Jubel ausbrach, aber die Crew – zumindest die CAV – tauschten beinahe rituell wirkende Handzeichen, zweifellos etwas, was sie von einer der Nichtmenschenrassen der Konföderation übernommen hatten.
Walja studierte die Anzeigen: „Selbstschussanlage ausgeschaltet, konnte aber vorher ihre Waffenlast abfeuern. Keine eindeutige Trefferwirkung, aber Explosion zu punktgenau um nur an Täuschkörpern erfolgt zu sein. Achtung, Kette Neunzehn wird aller Voraussicht nach Ziel verfehlen. Meldung an die Peshten vorbereiten. Und dann wollen wir mal der Brücke Bescheid geben, dass wir zumindest diesmal was getroffen haben. Könnte mir jemand mal im Hangar nachfragen, wie es mit den Werkstätten steht? Uns gehen langsam die Überraschungen für unsere Gäste aus…“

***

TRS COLUMBIA, einige Zeit später

Die Atmosphäre im Konferenzraum des Flottenträgers war zum Schneiden, und das lag nicht etwa daran, dass die Lebenserhaltungssysteme des Schiffes schwächelten.
„Das ist alles ziemlich enttäuschend.“ Vizeadmiral Girad machte aus ihrem Frust keinen Hehl. Commodore Schupp, dem ein Teil der Verärgerung galt, schien sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen zu lassen: „Es war von Anfang an unwahrscheinlich, dass unsere Nadelstiche viel bringen würden. Wir haben den Feind verlangsamt, ihn in Atem gehalten, und er hat einiges an Raketen verschossen. Immerhin gab es drei direkte Minentreffer im Konvoi – Erfolg leider nicht eindeutig zu bewerten. Und unsere Selbstschusssatelliten haben einige Jäger und Shuttles beschädigt oder zerstört, gerade eben hatten wir einen Doppeltreffer mit zwei Sidewindern. Wenn man bedenkt, wie überhastet wir die Operation aufziehen mussten, lässt sich das durchaus sehen.“ Mit dieser Einschätzung schien er freilich recht allein zu sein.
„Das spielt ohnehin keine Rolle. Wir sollten uns lieber auf den eigentlichen Einsatz konzentrieren.“ Manche mochten meinen, dass Commander Decker seine Teilnahme bei den Einsatzbesprechungen zu Kopf gestiegen war. Andere betrachteten diese Streicheleinheit für das Ego des Offiziers insgeheim als den Preis, den man für seine Kooperation in Sachen ,Einsatz der Arrows‘ zahlen musste.
Girad reagierte denn auch im Langmut: „Da der Einsatz der Arrows abgesegnet wurde…“, ihr Insistieren und Deckers wenngleich zögerliche Zustimmung hatten das Oberkommando letztlich überzeugt,: „…haben wir eine erfolgversprechende Option. Leider verfügen wir nicht über ausreichend Raketen um alle Butcher Bears mit ihnen zu bestücken.“
Decker runzelte die Stirn, als überlege er, ob dies eine versteckte Kritik an ihm und ,seinem‘ Projekt war. Mehrere der experimentellen Atomraketen waren bei der letzten Überprüfung sicherheitshalber aussortiert worden, und der technische Dienst der COLUMBIA war sich nicht sicher, ob man sie würde schnell genug einsatzbereit machen können. „Die zehn Raketen, die wir haben, sollten ausreichen.“, versetzte er leicht unterkühlt.
„Da ich kein Spartaner bin, frage ich nicht nur nach dem ,Wo?‘ der Feinde, sondern auch nach dem ,Wie viele?‘“, entgegnete Schupp: „Zehn Arrows sind weniger als mir lieb wären. Weniger als uns allen lieb sein sollten. Vor allem: ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass es sinnvoll wäre, die Peshten endlich über unseren kleinen Joker zu informieren und wenn möglich ihre Hilfe zu rekrutieren, um die ausrangierten Arrows wieder einsatzbereit zu machen.“
„Auf keinen Fall!“ Decker klang etwas zu heftig als angemessen gewesen wäre, wenn man die Rangstufen zwischen ihm und dem Kreuzerkommandeur bedachte: „Nicht nur würde das riskieren, dass etwas über die Existenz unserer neuen Waffe durchsickert, ich will auch nicht, dass die Baupläne der Arrows nächstens auf dem Schwarzmarkt landen!“
„Ich zweifle ja daran, dass die Kaiserlichen einen Spion im Konkordats-Oberkommando haben, der ihnen täglich Bericht erstattet. Außerdem, Krieg ist nun einmal ein Risiko, und ich gehe lieber dieses Risiko ein – das mir kalkulierbar scheint – und erhöhe dafür unsere Chancen in der kommenden Schlacht, die letztlich über den Ausgang des Feldzugs im System entscheiden kann.“
„Diese Diskussion dreht sich im Kreis.“ beendete Girad den – wieder einmal – aufkeimenden Streit: „Ihre Standpunkte sind bekannt, und es gibt für beide Positionen triftige Gründe. Aber das terranische Oberkommando hat uns ohnehin nicht autorisiert, unseren Verbündeten allzu viel zu verraten.“
„Nach den letzten Ereignissen bin ich mir nicht sicher, wie viel wir den Peshten an Bruderschaft-auf-Armeslänge noch zumuten können.“ Schupp vermied es, den Geschwaderchef der Angels direkt anzuschauen, aber Stafford wusste natürlich, worauf der Commodore mit betonter Gleichmut anspielte.
„Es ist nie gut, wenn der Verbündete den Eindruck hat, man würde ihn als Partner zweiter Klasse behandeln, insbesondere wenn man von ihm hohe Opfer erwartet. Es wird sicher keinen Bellum Sociale* geben, noch glaube ich, dass das Konkordat so feige kneift wie Cochrane, aber schließlich erwarten wir von ihnen, dass sie uns tatkräftig in der Schlacht unterstützen. Und spätestens wenn die Arrows zünden, wissen sie ohnehin Bescheid. Manchmal ist es doch besser, wenn man NICHT um Verzeihung bitten muss. Wir sollten ihnen zumindest kurz vor dem Einsatz reinen Wein einschenken.“

Girad unterband Deckers zu erwartenden Protest, indem sie mahnend die Hand hob: „Ich werde diesbezüglich noch einmal nachfragen. Sie haben Recht, Commodore, jetzt, wo wir die Zusagen der Peshten haben, uns zumindest zwei Zerstörer – vier wären mir lieber gewesen, aber wir können nicht wählerisch sein – für unseren Flottenverband sowie zwei Fregatten und einen Hilfsträger für die Distanzsicherung der COLUMBIA zur Verfügung zu stellen, schulden wir ihnen etwas.“
Die Hilfe der Peshten – der Hilfsträger trug immerhin zwei Staffeln der neuen Abfangjäger und hatte zugesichert, die meisten davon zur Verteidigung der Columbia einzusetzen – würde den Kriegsschiffverband der Terraner verstärken und vor allem die Angels erheblich entlasten, so dass sie nahezu alle Maschinen ihres freilich inzwischen etwas ramponierten Geschwaders für den Angriff auf den Konvoi mobilisieren konnten.

Die Admirälin wandte sich an den Geschwaderchef der Angels: „Commander Stafford, es ist Zeit, dass wir uns den Details zuwenden.“
Über die Strategie der kommenden Schlacht war lange debattiert worden. Ursprünglich hatte man einen Angriff einzig mit den Kampffliegern favorisiert, doch hätte dieser dem Gegner die Möglichkeit gelassen, sich auf diese Gefahr zu konzentrieren. So war man schließlich übereingekommen, den Flottenverband auf ca. 250.000 Kilometer an den imperialen Konvoi heranzuführen. Das eröffnete die Möglichkeit, die Raketenartillerie einzusetzen, bot aber ausreichend Spielraum, um einem mörderischen Nahkampf mit den Energiewaffen auszuweichen. Zudem würde die vergleichsweise geringen Entfernungen zwischen den Verbänden es den Angels ermöglichen, zum Träger zurückzukehren und sich zügig für einen erneuten Angriff zu formieren, ohne dass die Piloten durch Langstreckenflüge ausgelaugt und ihre Maschinen leergeflogen waren.
Etwa zeitgleich mit dem einsetzenden Langstreckenbeschuss der alliierten Kriegsschiffe würden die Angels ihren Angriff starten, um die feindliche Abwehr zu zersplittern. Jagdbomber und Bomber sollten nach klassischer Taktik auf die feindlichen Kriegsschiffe zielen, genau das, womit der Gegner vermutlich rechnen würde – doch war dies zugleich als Ablenkung des Angriffs der Butcher Bears gedacht, die sich die schweren feindlichen Landungstransporter vorknöpfen sollten. Wenn es gelang, das Gros der feindlichen Bodentruppen noch im Raum zu vernichten oder zumindest ihre Transporter lahmzuschießen, würde dies einen Schlag für die imperiale Moral bedeuten, der tödlich wirken konnte. Blieb natürlich die Frage, ob man den Feind daran hindern konnte, den COLUMBIA-Verband aus dem Weg zu fegen und mit seinen verbleibenden Kriegsschiffen in die Schlacht um Gamma Eridon einzugreifen…

Stafford war erleichtert, dass nicht die GANZE Verantwortung auf den Schultern der Angels lasten würde. Dennoch hätte er sich insgeheim gewünscht, seine erste größere Schlacht wäre weniger knapp kalkuliert gewesen. Wenn etwas schief ging, bestünde die eigentliche Tragödie in den Verlusten im Raum und am Boden. Aber ebenso sicher war, dass er selbst als Geschwaderkommandeur dann einen kaum mehr haltbaren Stand haben würde. Gemessen an seinen fast schon legendären Vorgängern und konfrontiert mit Untergebenen, von denen etliche ihn bereits jetzt freundlich ausgedrückt als Narr und halben Verräter betrachteten…
Nun, darüber konnte er später nachdenken: „Jawohl, Admiral. Ich will mich kurz fassen. Die Angels werden ihren Angriff wie folgt gliedern…“

Ende

*********

* Der Bellum Sociale oder Bundesgenossenkrieg war ein Konflikt der späten römischen Republik, in dem sich eine Reihe langjähriger Verbündeter gegen Rom erhoben, unzufrieden über zunehmende Eingriffe in ihre inneren Angelegenheiten und die ungleiche Behandlung. Die Römer siegten letztlich mit einer Mischung aus militärischen Erfolgen und politischen Reformen.
Thema: Kritik: Danton Chevaliers Season V
Cattaneo

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Hits: 134.463
13.03.2023 19:29 Forum: Kurzgeschichten


Hallo

Bei mir ist das Hauptproblem die Zeit - da ich bei meinem Job oft Überstunden machen muss und ja auch noch an HdfL schreibe, habe ich Chevaliers etwas schleifen lassen. Ich will aber zusehen, dass ich in den nächsten zwei Wochen oder so mal wieder zum Schreiben komme. Es tut mir leid, dass ich da im Moment so langsam schreibe, aber die Situation ist leider nicht die allerleichteste...

Ach ja, Ace, darf ich dich bitten, an zwei Punkten Änderungen vorzunehmen? Da wäre ich dir sehr dankbar, damit die Texte sich nicht zu sehr beißen.

"Die LSR-Lafette feuerte derweil eine volle Salve auf den aberwitzigen leichten Mech ab und wurde mit mehreren Treffern belohnt. Die Maschine, nun auch vom Partisan unter Beschuss, machte eine Kehrtwende, mitten rein in die Raketensalve und wurde schwer getroffen. Leider rissen die Treffer aber nur Waffen und Panzerung ab. Drei Glückstreffer an den Beinen reichten leider nicht aus, ihn von selbigen zu reißen. Gut getroffen, aber zumindest noch lauffähig verschwand der Sprinter wieder zwischen den Bäumen, während seine eigene größte Leistung das Brandgel der Infernos war, welches auf dem Ontos und zwischen den anderen beiden Panzern brannte. Zum Glück gab es keine Sekundärverluste bei Infanterie oder den Pionieren.
„Der kommt nicht wieder“, stellte Charles fest. „Jedenfalls heute nicht mehr.“
„Dein Wort in Kerenskys Gehör“, spottete jemand.
„Auf jeden Fall hat der Angriff nichts gebracht, außer dass der Pilot beinahe seine Maschine verloren hätte“, fügte Copeland an. Solche Leute hätte er in seiner Einheit nicht geduldet."

Eigentlich war das so geschrieben, dass einer der LSR-Werfer schwer, wenn nicht sogar tödlich getroffen wurde, was sich auch auf die Schlächterrechnung auswirken würde (selbst wenn er nicht zerstört ist, dürfte er erst einmal ausfallen - LSR-Werfer sind ja nicht gerade für ihre Robustheit unter Direktbeschuss bekannt)

Zitat:
Die Pilotin brüllte vor Begeisterung, eine Mischung aus Lachen und halbem Schluchzen, und hämmerte auf die Feuerknöpfe. Wie ein wildgewordener Dämon raste ihre leichte Maschine zwischen den Kampfkolossen einher, teilte nach allen Seiten aus. Mit zwei mittleren Langstrecken und einem leichten Impulslaser und der Zwillings-KSR war ihre Bewaffnung geradezu lachhaft m Vergleich zu der ihrer Gegner, selbst wenn man bedachte, dass sie über Clan-Waffen verfügte. Doch waren gerade die Raketen-Selbstfahrlafetten nicht für den Nahkampf gebaut. Die Strahlenbahnen verwüsteten Panzerplatten und stießen schnell ins Innere vor – dort, wo interne Komponenten, Motoren, Treibstoff, vor allem aber hunderte hochexplosive Raketen lagerten. In dem Durcheinander waren die Panzer sich selbst im Weg, boten sie Spike eine gewisse Deckung.
Natürlich konnte das nicht lange andauern. Spike brauchte IMMER Glück, die Panzer nur ein einziges Mal. Und so begnügte sich die Mechpiloten damit, für ein paar Sekunden Verwüstung zu stiften. Sie registrierte, dass einer der Raketenwerfer offenbar schwer, vielleicht tödlich getroffen war – und getreu ihrem Motto trat sie noch einmal nach, feuerte eine volle Salve auf ihn ab. Das Ergebnis wartete sie nicht erst ab.


"Ein weiteres bewegtes Ereignis wurde eingezeichnet. Der Kriegshammer erhob sich über die Bäume und bildete damit ein perfektes Ziel, zumindest für ein paar Sekunden. Die nutzte er bei einem zweiten Sprung, um beide PPK auf Oni yong abzufeuern. Bei etwas über zwei Kilometern Distanz klar über der Kernschussreichweite dieser Waffen, und dieser Meinung schien auch der Pilot zu sein.
Leider erwies sich die Meinung als falsch. Beide PPK-Blitze trafen, zum Glück nur den Bug und die Flanke, aber es war genug, um eine Menge von der Schnauze der Maschine wegzureißen und den Motor lahm zu legen. Nur mit der Selbstrotation des Hauptrotors stürzte der VTOL mehr als das er flog dem Boden entgegen. Immerhin bedeutete das, der Pilot lebte und war handlungsfähig. Das bedeutete allerdings auch, dass es erst mal keinen zweiten Schlag mit Mittelstreckenraketen geben würde. Verdammt! Schade! Genauso schade und verdammt wie die Erkenntnis, dass der Kreuzritter nicht getroffen worden war, zumindest nicht schwer genug. Die Maschine verschwand wieder zwischen den Bäumen, und der Rechner konnte seine Position nur noch vermuten."


Hier und an anderer Stelle ersetze den Kriegshammer bitte mit einem Marodeur (oder einer Marodeurähnlichen Maschine, so genau kriegt ihr das ja vielleicht nicht mit). Der Mechkommandeur der "Piraten" benutzt so eine (ich weiß gar nicht, ob ein Kriegshammer überhaupt sprungtauglich ist).
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

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08.02.2023 19:51 Forum: Kurzgeschichten


Ich meinte ja auch es waren relativ viele VOR dem Angriff auf Arta'Rijen. Was ihre Gesamtzahl anging, die war nicht riesig, aber dennoch nennenswert.

Beim Angriff auf Arta Rijen denke ich, es waren so viele beteiligt wie

a) relativ schnell gesammelt werden konnten, und
b) tapfer/töricht genug waren, an der Aktion teilzunehmen.

Da jene, die in der ersten Reihe stehen auch zuerst erschossen werden, sind genau diese jetzt stark dezimiert bzw. haben ihre Ausrüstung verbraucht (haben ja nicht unbegrenzt Raketen/Mörsergranaten etc.).
Ein Teil ist auch eingereiht in die Verteidiger und untersteht jetzt den Eingeschlossenen.

Jene, die von Anfang an der Aktion nicht teilnehmen wollten weil es ihnen zu riskant war, werden mit Sicherheit jetzt erst Recht Abstand halten.
Und der Rest der kämpfen will aber nicht im Inneren des Kessels ist, ist mehrheitlich geschwächt.

Bleiben noch jene die ein gutes Stück weiter weg sind. Aber so wie ich es verstanden habe hat das Peshten-Oberkommando die Guerilla nicht so perfekt im Griff (und diese haben sicher auch vielfach nicht ausreichend schnelle Transportmittel) um jetzt in den paar Tagen eine nennenswerte Truppe zusammenziehen zu können.

Gewissermaßen helfen sie auch indem sie bleiben wo sie sind, die Akarii beunruhigen und den Nachschub ausdünnen (wobei einige sogar bessere Chancen haben weil das Hinterland des Feindes langsam wirklich ziemlich truppenleer ist).

Aber das spielt bei der Schlacht erst einmal eher keine große Rolle.
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

Antworten: 2.018
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05.02.2023 20:57 Forum: Kurzgeschichten


Ich würde sagen es war eher anders herum. Die Guerilla hatte eine nicht ganz geringe Zahl (auch wenn sie nicht riesig war), war aber alles andere als gut organisiert. Schließlich war das ein Mischmasch aus Versprengten, ein paar Zivilisten/Paramilitärs, und Commandos/Sabotagegruppen. Das wurde in einem der früheren Texte von Tyr (ich glaube zu Anfang der Offensive der Akarii) ziemlich gut beschrieben. Wobei die Guerilla in den kürzlich besetzten Gebieten natürlich etwas schlechter organisiert ist als jene, die schon längere Zeit im Rücken des Feindes operiert.
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

Antworten: 2.018
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01.01.2023 10:53 Forum: Kurzgeschichten


Linai war ja nicht Tyrs Char. Da es so lange um sie still war, wollte er sie kurz auftauchen lassen, auch um die (unbeabsichtigte) Stille zu erklären und die weiteren Entwicklungen anzulegen.

Da er momentan der einzige ist, der zu den Ereignissen bei den Akarii schreibt (mir liegen die Echsen nicht so sehr) und dementsprechend viele Charaktere und Entwicklungen zu balancieren hat, kommt irgendwas immer zu kurz.
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

Antworten: 2.018
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25.12.2022 10:13 Forum: Kurzgeschichten


Ich wünsche den Lesern und natürlich auch allen gegenwärtigen und ehemaligen Autoren von ganzem Herzen ein frohes Fest, und einen guten Start ins Neue Jahr (das gerne etwas weniger aufregend als 2022 werden könnte...)
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

Antworten: 2.018
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18.12.2022 18:55 Forum: Kurzgeschichten


Danke großes Grinsen

Wobei die Großtanks aber auf Blackhawks Konto gehen (zumindest die zwei die relativ sicher zerstört sind). Ob Liljas Streubomben welche von den anderen geknackt ist eine andere Frage. Sie hat eher Tanklaster massakriert.
Thema: Hinter den feindlichen Linien - Season 7 - Zwischen Himmel und Hölle
Cattaneo

Antworten: 210
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15.12.2022 21:08 Forum: Kurzgeschichten


Zielwechsel III

TRS Columbia, Gamma-Eridon-System

Liljas Schritte waren bedächtig, nahezu voll Andacht, als sie die Runde um ihren Jäger drehte. Sie blendete das akustische und optische Chaos der betriebsamen Hangardecks geradezu reflexartig aus. Dieser Moment gehörte allein ihr und ihrem Jäger.
Wie die meisten Piloten betrachtete sie die Maschine als ihr eigen, obwohl sie natürlich Eigentum der TSN war, und es war gleichfalls selbstverständlich, dass sie wie nahezu alle Veteranen im Laufe der Jahre eine ganze Reihe Maschinen verschlissen hatte. Tatsächlich hätte die Russin Probleme gehabt, die genaue Anzahl auf Anhieb aus dem Gedächtnis anzugeben. Und dennoch war ihr Jäger, jede einzelne ihrer Maschinen etwas Besonderes für sie – durch Dinge wie ihr Symbol unter dem Cockpit, eine weiße Blüte, oder die Abschussmarkierungen, die getreulich auf jeder neuen Maschine angebracht wurden, sobald dazu Zeit war.

Dieser letzte Check-up vor dem Start war für Lilja inzwischen zu so etwas wie ihre zweite Natur geworden, so wie sich ihr Pilotenanzug manchmal wie eine zweite Haut anfühlte. Wenngleich mitunter eine Haut, die zu eng erschien oder fürchterlich juckte…
Doch auch nach all den Jahren wiederholte sie das Mantra, nicht nachlässig zu werden. Und so sehr sie sich auf die Bodencrew verlassen konnte, sie konnte einfach nicht anders als die Maschine vor dem Einsatz noch einmal selbst ins Auge zu nehmen, wann immer eine Minute Zeit blieb. Das war natürlich ebenso abergläubisches Ritual wie handfeste Überprüfung, und das wusste die Russin auch.
Unter Tragflächen und Rumpf hing heute eine gemischte Bestückung – zwei Amraam-Mittelstrecken und zwei wärmesuchende Sidewinder-Kurzstreckenraketen, und dazu sechs Rockeye-Streubombenbehälter. Die Falcon trug „leichte“ Bomben, jede 227 Kilogramm schwer und mit rund hundert Bomblets in ihrem Innern, teils panzerbrechende und teils hochexplosive Sprengkörper. Lilja hatte sich die Mühe gemacht, jeden der Abwurfbehälter eigens mit Inschriften zu verzieren. Es war zwar nicht sehr wahrscheinlich, dass der Gegner sie zu Gesicht bekommen würde, aber man musste die Tradition schließlich würdigen.
Ein Klassiker war natürlich „Sa Rodinu“*, doch sie hatte sich auch etwas individuellere Botschaften ausgedacht – teilweise sogar in zugegebenermaßen recht kruden Akarii-Schriftzeichen. „Gruß vom Narbentod“ spielte natürlich auf ihren Spitznamen bei den Kaiserlichen an, und „Rache für Pa’schuk“ auf die Stadt, deren Bombardierung sie aus der Luft erlebt hatte.
Nachdem Lilja ihre Runde beendet hatte, atmete sie noch einmal tief durch, und kletterte ins Cockpit.

Die Chefin der Grünen konzentrierte sich auf die letzten Handgriffe des Check-ups, prüfte Sensoren und Anzeigen. Alles schien reibungslos zu funktionieren – nun ja, Probleme kündigten sich meistens erst mitten im Einsatz an.
Mit dieser Beschäftigungstherapie unterdrückte Lilja zugleich ihre leichte Unsicherheit, weil Bodenangriffe und generell Atmosphärenflüge nun ausgerechnet die Sorte von Mission waren, die sie während all der Kriegsjahre am seltensten ausgeführt hatte. Selbst Angriffe auf feindliche Frachter und Kriegsschiffe waren häufiger vorgekommen, obwohl sie eigentlich nicht zum Profil von Abfangjägern gehörten. Und dazu kam natürlich Nervosität, weil viel davon abhing, dass sie die Mission nicht vergeigte, einschließlich – selbstverständlich – ihres Lebens.
Ihre Gedanken wanderten zur Einsatzbesprechung zurück…

***

Zwei Stunden zuvor

„Und das ist bestätigt?“ Blackhawks Stimme und Miene drückten gewisse Zweifel aus, was bei seiner Kollegin beinahe zu einem genervten Augenrollen geführt hätte. Sie beherrschte sich dennoch mühselig, denn eigentlich mochte sie Blackhawk, dessen ruhiger Professionalismus eine solide Grundlage für Zusammenarbeit war. Doch war sie sich ziemlich sicher zu wissen, warum sie von den drei anwesenden Offizieren die einzige war, die mit wirklichem Enthusiasmus bei der Sache war.
Stafford schmollte offenbar immer noch, weil ihn die Peshten beinahe dazu verleitet hätten, den feindlichen Oberkommandierenden bei einem Lazarettbesuch zu bombardieren. ,Dieser dämliche Schwanz von einem Arschloch.‘ dachte Lilja, ebenso aufrichtig wie anatomisch unplausibel.
Bei Blackhawk überwogen wohl ganz andere Gründe, die sie weit eher verstand, auch wenn sie diese nicht teilte. Was vor ihnen ausgebreitet wurde, trug buchstäblich die Aufschrift ,Selbstmordmission‘.
„Ace hält die Spezialeinheit, von der die Information kommt, für verlässlich. Er kennt sie von seinem Abstecher zu den Guerillas.“
Lilja nickte andächtig und in einer perfekten Darstellung gläubiger Zustimmung, wobei sie einmal mehr ihre Gedanken sorgsam für sich behielt. Clifford Davis war zweifellos ein guter Pilot, und auch kein schlechter Kerl, aber wie man schon an seiner Freundschaft mit Joystick sah, war es mit seiner Menschenkenntnis nicht weit her. Sie persönlich hatte leise Zweifel, dass man nach 24 bis 48 Stunden gemeinsamen Einsatz jemanden bereits wirklich einschätzen konnte. Aber das hätte sie natürlich niemals laut gesagt, schließlich wollte sie, dass der Einsatz unbedingt stattfand, und zur Hölle, falls die Peshten wieder etwas für den Erfolg der Mission unwichtiges weggelassen hatten. Glücklicherweise konnte sie überzeugend heucheln, wenn es darauf ankam.
Dennoch konzentrierte sie sich lieber auf die praktischen Details: „Wir reden also von gut drei Dutzend Tanklastern und dazu noch einmal ein paar unterirdische Reservoirs, die vermutlich zu einer eroberten Peshten-Anlage gehören und jetzt von den Imperialen genutzt werden. Drei oder vier Stück…, hm, zwei hin, eins im Sinn, ich denke, die Echsen haben da mindestens zwei Millionen Liter Treibstoff zusammengekarrt. Wenn sie das verlieren, bedeutet das eine Menge gestrandete Panzer. Aber das Ganze ist natürlich gesichert von mechanisierter Infanterie.“ Deren Mannschaftstransporter zweifellos über Luftabwehrraketen verfügten.

Stafford nickte: „Korrekt. Wir haben bisher keine bestätigte Sichtung von schweren Luftabwehrpanzern – die brauchen die Echsen zweifellos an der Front. Aber sie werden so ein Ziel auch nicht ungeschützt lassen. Ein paar fahrzeugmontierte Werfer, und einige schultergestützte – und natürlich sehen sie sich vor, dass ihnen die Guerilla nicht auf die Pelle rückt. Was überhaupt der Grund sein dürfte, warum sie relativ dicht beieinander bleiben. Langsam gehen ihnen die Leute aus, um ihren Nachschub abzusichern, vor allem können sie nicht jedem Fahrzeug eine Eskorte mitgeben. Aber dennoch, wir müssen schnell handeln, ehe sie den Treibstoff verteilen können oder die Peshten-Späher entdecken – ein Wunder überhaupt, dass die so dicht herangekommen sind. Und weder wir noch das Konkordat haben die Mittel für einen Großangriff. Der den Gegner sowieso vorwarnen würde. Also müssen zwei Maschinen ran, im extremen Tiefflug. Und der Großeinsatz über Arta’Rijen ist die perfekte Ablenkung.“
„Und Sie wollen wirklich zwei Staffelchefs schicken? Werden die nicht langsam knapp?“ Blackhawks Einwand hatte natürlich Hand und Fuß.
Stafford zuckte mit den Achseln: „Wir brauchen in jedem Fall eine Griphen oder eine andere Maschine mit Lenkbomben. Ginge es nur um Schnelligkeit, würde ich den Einsatz allein von Falcons fliegen lassen. Gegen die unterirdischen Tanks reichen Streubomben aber möglicherweise nicht aus. Wenigstens bekommen wir klare Zielangaben von unseren Leuten am Boden.“ Und natürlich waren die Staffelchefs vielfach die besten Piloten. Und da Ace und Ohka momentan aus dem Rennen waren…
„Die Peshten wollen auch zusehen, ob sie eine zusätzliche Ablenkung organisieren können, aber wer weiß, ob das funktioniert…“
Lilja zuckte mit den Achseln: „Über die Kanne Milch machen wir uns Sorgen, wenn sie vergossen ist, oder aber unserem Gegner an den Kopf geknallt wurde.“
Ihr Kamerad schnaubte: „Du würdest die Mission wohl auch allein fliegen.“
Die Russin lachte: „Natürlich.“ Was nicht einmal gelogen war: „Ich habe eine Menge Sterne an meiner Maschine und an meiner Brust – natürlich all die Abschüsse, und auch mal einen Bronzestern. Aber das hier kann nicht nur einen Silbernen Stern einbringen. Sondern vielleicht sogar einen in Gold. Denjenigen, auf den es WIRKLICH ankommt.“**
Der Kommandeur der Gelben war offenkundig weit weniger begeistert. Doch im Grund spielte es keine Rolle, was Blackhawk dachte, und das war ihm selbst auch klar. Er konnte Bedenken äußern, aber im Zweifelsfall würde er natürlich gehorchen. Zumal er von Lilja keine Rückendeckung gegen die Mission zu erwarten hatte.

***

Gegenwart

Hinter den Piloten lag das Chaos des Luftangriffs auf Arta’Rijen, ein Himmel voller Kampfflieger, Luftabwehrfeuer, Täuschkörper und Energieimpulse. Ein Durcheinander, das hoffentlich die feindlichen Luftbeobachter und Radarstationen ausreichend überlastete, dass sie nicht oder zumindest erst zu spät bemerkten, wie sich zwei Maschinen vom Pulk absetzten.
Blackhawk hatte die Führung übernommen, Liljas Maschine hielt sich ein Stück weiter hinten. Das hatte natürlich nichts mit Rang oder Führungsanspruch zu tun, doch die beiden Piloten hatten sich abgesprochen. Bei Blackhawks Lenkbomben kam es auf Genauigkeit an, während Liljas Streubomben praktisch blind abgeworfen werden konnten, gleichgültig ob Dreck und Rauch die Sicht blockierten. Die Bomblets verteilten sich ohnehin über eine Strecke von mehreren Fußballfeldern.
Die Zielverteilung war klar. Der Chef der Gelben würde versuchen die stationären unterirdischen Tanks auszuschalten, während die Russin die verstreut stehenden Transport bekämpfen würde.
Die Zielfindung für Blackhawk stellte sich freilich etwas kompliziert dar. Es wäre Selbstmord gewesen die Peshten-Kommandos aufzufordern, die Ziele direkt per Laser zu markieren. Viel zu groß war die Gefahr, dass ein Akarii mit seinem Sichtgerät den Laserstrahl entdeckte, und vor allem hätten sie vermutlich so dicht an das Ziel herangemusst, dass die zum Abwurf vorgesehenen Streubomben und die hoffentlich zu erwartende Explosionswolke die Kommandos fast unweigerlich erwischt hätte. Die von den Spähern gelieferten GPS-Koordinaten konnte man für die Programmierung der Lenkwaffen nutzen, doch sie waren keine Garantie für einen Treffer. Denn damit ein solches System funktionierte, brauchte man eine Anzahl Satelliten im Orbit, am besten für den ganzen Planeten. Nur waren selbstverständlich sowohl die Kaiserlichen als auch ihre Gegner bemüht, das Navigationssystem des jeweils anderen zu stören und die Relaissats auszuschalten. Die Genauigkeit schwankte deshalb unweigerlich. Die beiden Angels hatten natürlich gute topographische Karten, die mit ihren Sensoren gekoppelt waren und ihnen sowohl einen voraussichtlich sicheren Kurs selbst in geringster Flughöhe wie auch genaue Zielkoordinaten geben sollte. Die Betonung lag freilich auf ,sollten‘…

Der ältere Pilot atmete tief durch. Er und Lilja hatten nicht viel miteinander gesprochen, seit sie gestartet waren. Blackhawk wälzte düstere Gedanken, und Lilja war sowieso nicht unbedingt für ihre Redseligkeit im Einsatz bekannt. Zudem war es ratsam, Funksprüche auf ein Minimum zu reduzieren. Die waren natürlich verschlüsselt, aber man musste den Gegner ja nicht zusätzlich Gelegenheit geben zu erkennen, dass sich hier ein paar Terraner von der Herde getrennt hatten.
Ein letztes Mal – das wievielte? – kontrollierte Blackhawk die Positionsangaben und Karten, prüfte die Distanz zum Treibstoffdepot. Zwar waren sie noch viele Kilometer vom Ziel entfernt, doch mit ihren schnellen Maschinen war das kein langer Flug. Blieb nur abzuwarten, ob sie wirklich durchkommen würden, und ob sie das Ziel fanden…
Alle düsteren Gedanken verdrängend drückte er seine Maschine nach unten. Das Bodenradar, die gekoppelte Karte und all die anderen Sensoren sollten zusammen mit dem Autopiloten einen sicheren Flug in Baumwipfelhöhe garantieren. Natürlich hatte schon so mancher Flug IN einem Baumwipfel geendet. Sie hatten die Route noch um einige Kilometer verlängert, um jene Stellen zu meiden, bei denen Feindkontakt am wahrscheinlichsten war. Glücklicherweise war das Hinterland der kaiserlichen Front recht leer. Wenn man die Siedlungen und wichtigen Verkehrswege mied, bestand Hoffnung, dass man erst einmal unentdeckt bleiben konnte.
„Be…schleunigung!“
Die beiden Kampfflieger tauchten ab, während ihre Triebwerke aufheulten.

Lilja starrte gebannt auf die Anzeigen, ihre Hände um die Kontrollen gekrampft. So tief wie ihre Maschinen im Moment flogen, waren sie nur schwer zu orten. Und wer sie vom Boden aus sah, hatte wenig Zeit zu reagieren, bevor die Maschinen auch schon vorüber waren – was freilich keine Garantie darstellte, denn die feindlichen Luftabwehrraketen durfte man nicht unterschätzen. Vor allem aber wollte sie sich nicht allein auf den Autopiloten verlassen, wenn es darum ging, eine Bodenberührung zu vermeiden. Zweimal hatte sie bereits hektisch gegensteuern müssen – einmal auf eine knappe Warnung von Blackhawk hin, einmal war sie es, die eine potentielle Gefahr entdeckt hatte.
Wenigstens deutete bisher nichts darauf hin, dass der Feind sie entdeckt hatte – kein direktes ,Anpingen‘ durch Radar, kein überhasteter Beschuss vom Boden, kein Hinweis auf feindliche Flieger. Allerdings verrieten ihr die Sensoren, dass irgendwo vor ihnen feindliches Radar aktiv war, vermutlich sogar von mehreren Stationen, und der Funkscanner der Falcon fing hin und wieder verschlüsseltes Geschnatter des Feindes auf. Automatisch zählte sie die Kilometer herunter, rechnete um, wie viele Minuten, Sekunden noch bis zum Ziel vor ihnen lagen. Es wurde ernst.

***

Kurz darauf

Die Angreifer hatten sich aufgeteilt. Ihr Radar und die exzellente Steuerung erlaubten ihnen einen gefährlichen Tiefflug, nur wenige Meter über den Baumwipfeln. Die gedrungen Silhouetten waren für sich schon bedrohlich, dazu kamen die Waffen unter den Tragflächen. Furcht oder Zögern war ihnen fremd, sie hielten unbeirrt Kurs.
Und doch war diese Drohung zerbrechlich. Der Gegenschlag kam plötzlich und ohne Vorwarnung. Die vorderste Maschine ging unvermutet in Flammen auf, als eine Lenkrakete sie traf. Explodierender Treibstoff und die Gefechtsladung verwandelte die Maschine in einen Feuerball. Die zweite war gerade noch außerhalb des Explosionsradius, wich aus und ging in einen kurzen Steigflug. Sie rüttelte, um ein schlechteres Ziel abzugeben, während sie einzelne Flares ausstieß.
Der Akariijäger zog ebenfalls hoch, dann sprachen die Bordgeschütze. Die Abschussmarkierungen an den Flanken des Hyak – die Terraner wie Peshten nannten diese Maschinen Bloodhawk – wiesen den Piloten als ein Ass aus. Dennoch hatte er Mühe, das Ziel zu erfassen, denn sein Gegner flog so enge Ausweichmanöver, wie sie für einen Piloten gleich welcher Spezies nahezu unmöglich waren.
Wenn die feindliche Maschine das lange genug durchhielt, könnte sie…
Doch in diesem Moment hatte der kaiserliche Pilot ein Muster in den Ausweichmanövern seines Gegners erkannt, und seine nächste Salve lagt dort, wo sein Ziel voraussichtlich sein würde – Volltreffer!
Die zweite Maschine taumelte in als zerschmetterten Wack gen Boden, wo sie einen kurzlebigen Waldbrand entfachte.
Die Akarii drehten noch eine sichernde Runde – doch dann, mit einmal, beschleunigten sie abrupt und rasten einem neuen Ziel entgegen…

***

In einer besseren Welt hätte der Ablenkungsangriff der Peshten – die zwei Gefechtsdrohnen geopfert hatten, um die Kaiserlichen beschäftigt zu halten – den Weg für die terranischen Kampfflieger freigemacht. Und tatsächlich mochte dies geholfen haben. Aber die Akarii hatten trotz der Gefahr durch die Guerilla zumindest ein paar Vorposten im weiteren Umkreis um ihre Treibstoffdepot verteilt, und so hatten sie eine kurze Vorwarnzeit, als Blackhawk und Lilja im Tiefflug herandonnerten.
Die Anzeigen der Jäger wurden förmlich mit Informationen überflutet. Radarerfassungen, momentan noch ungezieltes Abwehrfeuer – vor allem aber versuchten einige der Transporter ihre Motoren zu starten. Das funktionierte natürlich nur, wenn die Fahrer gerade in den Fahrzeugen saßen oder sich nur wenige Meter entfernt aufhielten. Die kaiserlichen Gefechtsfahrzeuge feuerten aus ihren Nebelbechern, um ihren ungepanzerten Kameraden zumindest etwas Sichtschutz zu bieten.

Blackhawk ließ sich davon nicht beirren. Wie Lilja wusste er, dass er gar nicht die Zeit hatte auf Sicht zu zielen. Stattdessen zog er seine Maschine hoch, schoss an Täuschköpern ab, was nur ging, und klinkte seine zwei Lenkbomben aus, programmiert auf die Zielangaben, die ihm die Peshten-Kommandos gegeben hatten. Er hielt eisern Kurs, obwohl seine Maschine unter dem Abwehrfeuer leichter Laserkanonen erbebte. Er konnte nur hoffen, dass die kleinkalibrigen panzerbrechenden Sprengkörper die Lilja hinter ihm abwarf, ausreichen würden, auch die übrigen unterirdischen Tanks zu zerstören oder zumindest zu beschädigen. Dann beschleunigte Blackhawk, wohlwissend, dass die Verzögerungszündung seiner Bomben ihm nicht mehr viel Zeit ließ…
WUMMM!
Eine ganze Kette von Explosionen kündete von Treffern – die beiden Lenkwaffen hatten voll im Ziel gelegen. Die explodierenden Treibstofftanks spuckten Flammen hunderte von Metern in den Himmel. Nur die hohe Geschwindigkeit und starken Schilde der Griphen bewahrten den terranischen Piloten vor dem Schlimmsten. Er nahm sich keine Zeit, das Inferno am Boden zu bewundern. Sofort drückte er seine Maschine wieder näher zum Boden, um der Zielerfassung feindlicher Luftabwehrraketen zu entgehen. Zugleich suchte er auf den Anzeigen nach seiner Begleiterin. Er mochte sich gar nicht ausmalen, was sie gerade durchmachte…

Lilja biss krampfhaft die Zähne zusammen, während ihre Maschine wie wild bockte. Sie musste eine gewisse Mindesthöhe halten, damit die Streubomben sich ausreichend weit verteilen konnten, ehe sie – je nachdem ob es sich um Spreng- oder Splitterbomben handelte – beim Aufprall oder dicht über dem Boden nach Aktivierung des Annäherungszünders detonierten. Das freilich setzte sie dem feindlichen Abwehrfeuer aus. Schilde, Panzerung, Täuschkörper und vor allem die hohe Geschwindigkeit ihres Jägers boten einen gewissen Schutz, doch der erschien kaum ausreichend. Direkt vor ihr pilzte eine wahre Feuerwand auf, das Werk von Blackhawks Lenkbomben. Doch die Pilotin hielt unerbittlich Kurs. Wenigstens blendete das Inferno am Boden auch die feindlichen Schützen – falls sie überhaupt noch am Leben waren.
Warnsignale flackerten auf, während zugleich die Anzeige ihrer Schilde vor rapidem Energieverlust warnte. Fast blind huschten ihre Finger über die Anzeigen, klinkten die Streubomben aus, die nur Sekunden später das Inferno am Boden noch weiter anheizten.
Ein mörderischer Schlag traf ihre rechte Tragfläche – eine Luftabwehrrakete? Ein großes Trümmerstück, emporgeschleudert von einem detonierenden Tanklaster? Sie wusste es nicht, und es spielte auch keine Rolle. Der Jäger wurde nach linke gedrückt durch die Wucht des Einschlags, während ihr Triebwerk für einen schreckenerregenden Moment stotterte. Sie hieb auf die Manöverdüsen, stabilisierte mühsam den Flug, der im Moment eher ein unbeholfenes Taumeln darstellte. Wenn ihr Haupttriebwerk ausfiel…

Doch dann wanderten die Anzeigen wieder ins Grün, das Stottern der Triebwerke wich wieder dem steten Brausen, und mit einem Hieb auf den Nachbrenner raste die Maschine davon. Die Russin wusste, dass sie verschwenderisch mit dem Treibstoff umging, aber sie musste unbedingt Abstand zwischen sich und den Ort des Luftangriffs bringen. Ein sichernder Blick zeigte ihr Blackhawk, zwei Kilometer voraus. Sie atmete tief durch, dann wandte sie sich ihren Sensoren zu. War der Angriff ein Erfolg gewesen?

***

Kurze Zeit darauf

Die zwei terranischen Maschinen beschleunigten, während sie fast senkrecht in den Himmel rasten. Es war nicht ganz ohne Diskussionen abgegangen, denn Lilja hatte sich dafür eingesetzt, einen zweiten Überflug durchzuführen – um die Zerstörungen anhand einer zusätzlichen Serie von Aufnahmen besser bewerten zu können, wenn möglich auch noch erkennbare Ziele zu bekämpfen. Aber diesmal hatte sich Blackhawk mit Verweis auf die Blessuren an den Maschinen durchgesetzt. Zudem war damit zu rechnen, dass der Gegner so schnell wie möglich Jäger herbeirufen würde. Angesichts des Chaos am Boden – die Rauchwolke und Feuerschein waren auch noch in einigen Dutzend Kilometern Entfernung gut zu erkennen – war die Chance, gute Aufnahmen zu machen oder gar unzerstörte Tanklaster identifizieren und bekämpfen zu können, äußerst gering. Lilja, die sonst nicht dazu neigte leichthin nachzugeben, hatte sich diesmal überzeugen lassen. Was vermutlich an dem warmen und flauschigen Gefühl lag, dass sie empfand wenn sie an die Zerstörung dachte, die sie in dem imperialen Nachschubsdepot hinterlassen hatten. ,Eine Menge Echsen kross durchgebraten.‘
„Wie sieht es aus?“ Blackhawks Stimme verriet nichts von seiner Nervosität. Beide Jäger waren beschädigt, und sie verfügten nur über eine deutlich reduzierte Raketenbewaffnung.
„Zwei Kontakte, schließen schnell auf. Eine Minute bis Feuerreichweite.“
Der ältere Pilot warf einen prüfenden Blick auf die Anzeigen. In ihrem Zustand konnten sie sich kaum ein Wettrennen mit den Verfolgern – vermutlich Bloodhawks – liefern. Selbst die Falcon, mehr aber noch seine Griphen waren auch zu ihren besten Zeiten langsamer als die feindlichen Maschinen. Ein Kurvenkampf barg natürlich ebenfalls ein erhöhtes Risiko…
„Wir setzen Nachbrenner ein. Kurs folgt. Und hau raus, was du an Täuschkörpern hast.“

Die Triebwerke heulten auf, als die Jäger rasant beschleunigten. Nicht, dass ihre Feinde dies nicht kontern konnten, doch es würde sie rasch aus der Atmosphäre heraustragen, näher zu den Schiffen der Peshten und Terraner, weiter weg von dem Teil Gamma Eridons, der im Feuerbereich bodengestützter SAM-Batterien der imperialen Streitkräfte lag.
„Sie schließen auf.“ Liljas Stimme verriet keine Unsicherheit oder Panik. Ein Warnton kündigte von feindlicher Raketenerfassung. Noch waren die Gegner zu weit entfernt, um ihre Bordwaffen einzusetzen, doch das würde sich bald ändern. Die Kaiserlichen sparten mit Raketen – vermutlich trugen sie keinen vollen Kampfsatz und wollten nicht riskieren, diese an die Scheinziele zu verlieren, welche die beiden terranischen Jäger großzügig verteilten. Die Triebwerke der Jäger und das Feuerwerk der Täuschkörper boten eine bemerkenswerte Show, die einen fast vergessen ließ, dass es um Leben und Tod ging.
Liljas Finger huschten über die Finger. Sie peilte ihrerseits die feindlichen Jäger mit ihrem Zielsuchradar an. Selbst wenn das den Feind nur eine Sekunde zögern ließ, bedeutete dies ein gutes Stück weiter auf dem Weg in Sicherheit. Natürlich fielen erfahrene Piloten kaum auf so einen Trick herein. Es sei denn natürlich…

Die führende Bloodhawk wich gerade noch im letzten Moment aus und stieß ihrerseits eine Wolke von Täuschkörpern aus. Die zweite Maschine brach abrupt zur Seite weg, um aus dem Gefahrenbereich zu entkommen.
Keine Sekunde zu früh…eine der beiden Sidewinder-Raketen, abgefeuert von Lilja und programmiert eine 180-Grad-Wende zu fliegen, wurde erfolgreich abgelenkt. Die zweite kam ihren Ziel gefährlich nahe, ehe auch sie in einer Explosion verging, welche die Bloodhawk brutal durchschüttelte und ihre Schilde malträtierte. Der kaiserliche Jäger stabilisierte den Flug – und in dem Moment folgten zwei Amraam-Raketen, nur Sekunden nach den ersten beiden Raketen abgefeuert. Der kaiserliche Jäger schien förmlich in einem Flammenball zu verschwinden – Explosionen in der Atmosphäre waren ein beeindruckender Anblick. Als der schlanke Akarii-Jäger wieder sichtbar wurde, war er ein zerschmettertes Wrack. Trudelnd stürzte er zu Boden, erst im letzten Moment barst das beschädigte Cockpit und entließ den Piloten – gefährlich dicht über dem Boden. Die andere kaiserliche Maschinen scannte nach weiteren Raketen, jäh aus dem Verfolgungsmodus herausgerissen und daran erinnert, dass ihre Beute scharfe Zähne hatte.

Lilja Stimme troff förmlich vor Selbstzufriedenheit: „Ja, auch der Adler fliegt nicht höher als die Sonne. Die sehen wir nicht so schnell wieder, denke ich.“ Ihren kompletten Raketenvorrat zu opfern, war riskant, hatte ihnen aber Zeit verschafft. Nicht viel – doch gerade genug, um den Flugvektor der Angry Angels zu kreuzen, die sich auf dem Heimflug von Arta’Rijen befanden. Es sollte den Echsen schwerfallen, schnell genug weitere Jäger heranzubringen. Kein Akarii würde riskieren, gegen eine vielfache Übermacht anzutreten – dafür hatten die Echsen auf Gamma Eridon einfach nicht mehr ausreichend Jäger und vor allem nicht genug gute Piloten übrig. Vor die Alternative gestellt, entweder aufzugeben oder eine wenig erfolgreiche Verfolgung fortzusetzen und wahrscheinlich ohne gute Aussicht auf Erfolge weitere Bloodhawks zu verlieren, hatten ihre Verfolger sich für die sichere Variante entschieden.
Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass die Mission ein Erfolg gewesen war, UND sie beide allem Anschein nach heil, wenn auch nicht unversehrt zurückgekommen waren. In diesem Krieg und auf diesem Schlachtfeld war das ein seltener Glücksfall.
„Was denkst du, Lincoln – wenn wir zu Hause sind, werde ich die Peshten beknien, ob sie uns ein paar Trefferbilder schicken können. Wollen wir doch sehen, was der Zielwechsel gebracht hat.“
Der ältere Pilot schien einfach nur erleichtert, dass er die Mission überstanden hatte: „Alles, was du willst. Lass uns nur die Maschinen nach Hause bringen. Und beten, dass unsere Leute es ebenfalls heil heimgeschafft haben…“

Ende

*****

* „Für die Heimat!“, eine Parole die in den sowjetischen Streitkräften unter anderem während des Terranischen Zweiten Weltkrieges verwendet wurde und auch danach in Gebrauch blieb.

** Aufgemalte Sterne auf Kampffliegern der TSN, Army und des Marine Corps sind eine beliebte Art, Abschüsse des Piloten zu markieren – und stammen schon aus den Zeiten der nationalen Luftwaffen Terras. Bronce Star und Silver Star sind TSN-Auszeichnungen mittleren Ranges. Es gibt keine Auszeichnung, die explizit Golden Star heißt. Doch verwendet sowohl der TSN-Victory Star als auch der für Soldaten wie Lilja bedeutsame Orden des Helden der Sowjetischen Konföderation (der von diesem Teilstaat der FRT weiterhin verliehen wird) einen goldenen Stern als zentrales Element.
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Cattaneo

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15.12.2022 21:06 Forum: Kurzgeschichten


Gewiss. Aber wäre es nicht vorzuziehen, dass die Geschichten sich nicht allzu sehr widersprechen? Ich meine, klar, man muss nicht auf jedes kleine Detail achten, aber da es ja explizit in zwei Texten auftaucht (einem von Tyr und einem von mir)...

Ich poste mal meinen nächsten Text, diesmal wieder zu Lilja...
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

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09.12.2022 20:31 Forum: Kurzgeschichten


Ja und nein.

Viele Panzer auf Gamma Eridon gibt es zweifellos.

Aber um Arta'Rijen gab es bis zum Eintreffen der Akarii-Verstärkung nur sehr wenige. Und als die kamen (und von den Terranern bemerkt wurden), ging es dann auch sehr schnell zu Sache.
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

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08.12.2022 10:22 Forum: Kurzgeschichten


He, DU hast die Panzer bereits sichten lassen bevor du überhaupt losgefahren bist. Augenzwinkern
In "Die Stunde der Elefanten" hatte ich den Zeitrahmen nun einmal recht eng getaktet.

Von daher denke ich, du hast eigentlich schon Glück wenn das Fahrzeug überhaupt dort ankommt, ehe der Angriff richtig losgeht. Geschweige denn Zeit für eine irgendwie geartete Untersuchung und die Rückfahrt.

Ich glaube nicht, dass die Totengräberin ihrem Gegner ausreichend Zeit lässt, sich für ihren Angriff vorzubereiten... Teufel
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Cattaneo

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06.12.2022 21:13 Forum: Kurzgeschichten


Mich freut auch, dass du wieder was schreibst. Und ich werde mich bemühen, auch etwas zu schreiben.

Ich vermute, der feindliche Angriff (der erste Großangriff) würde ziemlich gerade jetzt in deiner Geschichte anfangen. Zumindest hatten wir es so geschrieben, dass sehr kurz nach der Sichtung der Panzer (die man zunächst nicht zuordnen konnte) die Kämpfe eskalierten.
Thema: Chevaliers
Cattaneo

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14.10.2022 18:23 Forum: Söldner


Also was ich sehe ist dass die 1. Kompanie wohl keine Scoutlanze hat (sie hat eine "Hetzlanze")

Kompanie 2 hatte nach der alten Aufstellung

Scoutlanze "Fanatic"
Master Sergeant Miles Sharpe Fanatic TMP-3M Tempest Lanzenführer

Corporal James Campbell Puck Verfolger VR5-R Mechkrieger

Sergeant Simon Moore Zyklon Bushwacker BSW-S2 Mechkrieger

Private 1st Class Tomoko Furukawa ??? END-6Q Enfield Mechkriegerin Thorsten Kerensky


Kompanie 3

Sergeant-Major Rudi Teuteburg Chappi Enforcer III ENF-6T

Mechkrieger
Corporal Betty Rush Green SHD-5M Shadow Hawk

Mechkriegerin
Sergeant Anton Bramert Skyscraper LNX-9Q Lynx

Mechkrieger
OFFEN Blackjack BJ2-OD Mechkrieger
Thema: Chevaliers
Cattaneo

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29.09.2022 17:31 Forum: Söldner


Nun, es liegt auch etwas an mir. Da ich seit gut einem Jahr eine halbe Stelle habe statt wie vorher immer Werkverträge (wobei die Stelle allerdings mehr als nur 50 Prozent der normalen Wochen-Arbeitszeit verlangt) stehe ich beruflich etwas unter Druck, was mich hier etwas einengt.
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

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13.08.2022 10:12 Forum: Kurzgeschichten


So, von mir kommt mal wieder ein Text, diesmal wieder zu den Ereignissen am Boden...
Thema: Hinter den feindlichen Linien - Season 7 - Zwischen Himmel und Hölle
Cattaneo

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13.08.2022 10:12 Forum: Kurzgeschichten


Straße des Lebens und des Todes

Frontlinie Arta’Rijen, Abend des dritten Tages der Operation ,Markat‘

Die Frontlinie verlief inzwischen mitten durch die Stadt, mitunter sogar durch ein und dasselbe Gebäude – obwohl man meistens versuchte, etwas mehr Abstand zu halten. Wenn einmal eine Feuerpause eintrat, wirkten die Straßen geradezu gespenstisch ausgestorben. Scharfschützen machte jede Bewegung im Freien zu einem Spiel um Leben und Tod. Doch nicht alles, was sich bewegte, lebte auch wirklich…

Bei der Drohne, die über eine mit ausgebrannten Fahrzeugwracks blockierte Straße schwebte, handelte es sich offenkundig um eine improvisierte Konstruktion – ein leichtes ziviles Rotormodell, das mit einem behelfsmäßigen Tarnanstrich versehen worden war und dessen Nutzlastmodul man erweitert hatte. Folglich war sie nicht sehr schnell, und die ruckhaften, mitunter fast taumelden Flugmanöver mochten an Überlastung liegen – oder daran, dass der Pilot beziehungsweise die primitive Pseudo-KI,* welche den Flug steuerte, überfordert waren.
Aus ihrem Versteck behielt Corporal Mariza de Menezes Cordeiro ebenso wie ihr Spotter aufmerksam die Szenerie im Blick. Die Soldatin bot einen etwas merkwürdigen Anblick, war ihr Gesicht doch ein Flickenteppich aus natürlicher und Kunsthaut, und über ihrem einen Ohr trug sie eine Art Kopfhörer. Beides war ein Andenken an die Granatexplosion während des ersten feindlichen Großangriffs, die ihr einige Schrammen und ein beschädigten Trommelfell als Andenken hinterlassen hatten. Sie auszufliegen hatte nicht einmal für einen Moment zur Debatte gestanden, und angesichts der Situation hatte der zuständige Arzt entschieden, dass auch Schonung der Verwundeten nicht in Frage kam. Also hatte man die Verletzungen notdürftig behandelt und sie wieder in den Einsatz geschickt.
Die beiden visierten wohlweißlich nicht die Drohne selber an. Denn um die ging es nicht wirklich – es ging darum, ob die Akarii sich verleiten lassen würden, auf den Lockvogel zu schießen und damit ihre Stellung preisgaben.
Denn um einen Lockvogel handelte es sich – eine in einem Elektronikladen erbeutete Drohne, die auf militärisch „aufgemotzt“ worden war, damit sie wie ein Aufklärungs- oder Kampfmodell wirkte. Der Gegner konnte sich schließlich nicht sicher sein, und auf gut Glück darauf zu vertrauen, dass der Flugkörper harmlos war, blieb riskant.
Eigentlich hätte deMeCo sich in Nera’Rijen bei ihrer Einheit aufhalten sollen. Aber da es in der Vorstadt auf dem Nordufer des Rijen bisher relativ ruhig geblieben war, während in der eigentlichen Stadt im wahrsten Sinne des Wortes die Bude brannte, war sie gewissermaßen ,ausgeliehen‘ worden.
Ein Stück weit ein Kompliment – hießt das doch, dass man sie und ihren Beobachter als wertvolle Experten schätzte. Aber zugleich auch ein höchst zweifelhaftes Vergnügen, da schon die Flussüberquerung ein Problem darstellte, seitdem die Kaiserlichen sporadisch die Brücke mit ihrer weitreichenden Raketenartillerie beschossen. So war ihr kleiner Trupp in einem beschlagnahmten Schweber abseits der Brücke über den Rijen gewechselt.

Und nun war sie also hier und spielte einmal mehr mit den Sturmtruppen des Kaisers Katz und Maus. Wobei man sich fragen musste, wer eigentlich die Maus war…
Doch als der Angriff kam, war er so schnell und entschlossen ausgeführt, dass die Scharfschützin nicht rechtzeitig reagieren konnte. Die zweite Drohne tauchte urplötzlich zwischen den rauchgeschwärzten Wänden eines Hochhauses auf. Sie flog weitaus souveräner und zielstrebiger, näherte sich der terranischen Maschine, die unbeholfen auszuweichen versuchte…im nächsten Moment dröhnte bereits die Explosion. Die Sprengladung, welche die imperiale Kamikazedrohne gezündet hatte, war nicht stark, sie entsprach vielleicht einer Handgranate. Aber die Splitterwirkung war enorm. Was von den beiden Drohnen blieb, ließ sich bestenfalls als Elektronikschrott bezeichnen – sehr kleiner Kleinschrott.

Mariza fluchte unterdrückt. Sie fragte nicht einmal, ob ihr Spotter den gegnerischen Operator gesichtet hatte – denn das hätte er ihr natürlich gesagt.
Also ein Misserfolg. Sicher, die Kaiserlichen hatten eine ihrer Drohnen für ein Scheinziel geopfert. Aber sie hatten auch mehr Material und konnten sich Einbußen leisten. Bei den Terranern hingegen waren Einsatzdrohnen so knapp wie schwere Waffen – und was sie in Arta’Rijen gefunden oder erbeutet hatten war wenig wert. Anders als in irgendwelchen dämlichen Filmen stolperte man in einer so verzweifelten Situation wie der ihren normalerweise NICHT genau über das, was man brauchte, um aus Klebeband und ein paar Bauteilen eine Superwaffe zusammenzubasteln. Klar, Notbehelfe wie diese und andere Drohnen und dergleichen mehr halfen. Aber ihre Auswirkung blieb doch sehr begrenzt, leider.
Denn verzweifelt war die Lage wirklich – nun, zumindest entwickelte sie sich in diese Richtung. Die Kaiserlichen hatten es zwar vorläufig aufgegeben, in einem einzigen machtvollen Sturmlauf zum Fluss vorzustoßen. Aber gestützt auf ihre überlegene Feuerkraft – zahlenmäßig waren sie den Terranern wohl nicht oder zumindest nicht sehr überlegen – engten sie den Brückenkopf in Arta’Rijen Schritt um Schritt weiter ein. Die Marines hatten weder die Mittel noch die Leute, um jeden Fußbreit Boden zu verteidigen. Aussichtslose Kämpfe mussten sie abbrechen – doch irgendwann, und zwar sehr bald, würde der Zeitpunkt kommen, an dem sie keinen Boden mehr hatten, den sie aufgeben konnten, ohne zu riskieren, dass Arta’Rijen in mehrere Kessel zerteilt bzw. die Brücke in direkten Feuerbereich der Kaiserlichen kommen würde.
Nicht, dass der Vormarsch der Imperialen ohne Verluste abging – davon konnten deMeCo und ihr Trefferbüchlein Zeugnis ablegen. Über die letzten 24 Stunden hatte sie drei gesicherte Abschüsse und ein ausgeschaltetes Räumfahrzeug hinzufügen können. Nicht schlecht – auch wenn der letzte Versuch den Feind hervorzukitzeln gescheitert war. Nun, es sah nicht so aus, als ob es in der nächsten Zeit an Chancen für weiteren Feindkontakt mangeln würde.

Ihr natürliches Gehör und das künstlich verstärkte des verwundeten Ohrs registrierten, dass das Hintergrundrauschen der Schlacht – sporadisches Schützenfeuer und das gelegentliche Rumpeln der Artillerie, beide Seiten mussten schließlich Munition sparen – geändert hatte. Irgendwo weiter weg heulten Raketenwerfer auf. Besorgt blickte sie gen Himmel. Starteten die Kaiserlichen einen massierten Artillerieschlag?
Doch dann begriff sie, dass der Beschuss offenbar nicht ihnen galt, oder überhaupt einem Ziel am Boden. Denn ein zweites Geräusch mischte sich in das Fauchen der imperialen Salvenwerfer – das Heulen schwerer Triebwerke. Die Angels waren zurückgekehrt!

***

Über Arta‘Rijen

First Lieutenant Ina „Imp“ Richter hatte zwar einen Logenplatz inne, dass sie diesen jedoch genoss konnte man schwerlich sagen. Sie führte eine Sektionen der Stallions an – die restlichen Maschinen des Geschwaders waren zum Schutz des Trägers zurückgeblieben, sah man einmal von Lilja ab, die irgendeine streng geheime Mission aufgebürstet bekommen hatte. Bisher sah es nicht so aus, als ob die Falcon viel bei ihrem Geleitschutzauftrag zu tun bekommen würden. Die Falcons der Fighting Stallions verfügten nicht über Lenkbomben, also konnten sie sich an den Bodenangriffen ohnehin nicht sehr effektiv beteiligen. Doch nichts deutete drauf hin, dass feindliche Kampfflieger im Anmarsch waren.
Genug Action gab es freilich auch so, denn die feindliche Luftabwehr war aktiv genug. Die kaiserlichen Luftabwehrschützen konzentrierten sich zwar auf lohnende Ziele, doch das hieß nicht, dass die Grünen und Blauen aus dem Schneider waren.
Imp flog ihre Maschine deshalb in einem reichlich erratisch wirkenden Zickzackkurs, und feuerte sporadisch Täuschkörper ab. Sie mochte Einsätze in der Atmosphäre nicht. Wenn man als Pilotin in neun von zehn Fällen in der Weite des Weltalls flog und daran gewohnt war, bestand bei aller Erfahrung und Professionalität immer ein Restrisiko, dass einem in Erdnähe eine kleiner, aber möglicherweise fataler Fehler unterlief.

Die Aussicht freilich war beeindruckend, vor allem wenn man ein Faible für solche Bilder wie „Triumph des Todes“ hatte. Am Himmel der surreale Funkentanz aus Laserimpulsen, Flares, Kampfflieger- und Raketentriebwerken, am Boden die dystopische Trümmerlandschaft des umkämpften Arta’Rijen, dazu Bombenexplosionen, lodernde Brände, Rauschwaden und Staubwolken…
Man durfte nur nicht vergessen, dass dort unten, und auch hier oben Menschen (und andere) kämpften und oft auch starben. Eine ferne Explosion kündete vom Tod eines Angel-Jägers, getroffen von einer feindlichen Luftabwehrrakete. Einschläge von Lenkbomben am Boden markierten die Angriffe auf feindliche Luftabwehrstellungen – und tatsächlich schienen die Angels die imperiale Abwehr mehr und mehr niederzuhalten. Es war Zeit für die schweren Koffer:
„Achtung, die Shuttles gehen rein. Stallions, ich will doppelte Wachsamkeit.“ Wenn der Gegner doch noch Kampfflieger sandte, dann wäre JETZT der geeignete Augenblick für eine Blitzattacke gewesen, ähnlich, wie Lilja sie bei ihrer letzten Mission erlebt hatte.
Mit einem Ohr lauschte die XO der Grünen Staffel auf die Meldungen der Blauen Piloten. Ace hatte die Führung seiner Staffel inzwischen wieder übernommen, und er kommandierte die Begleitsektion der Blauen persönlich, während sein XO beim Einsatz zum Schutz des Trägers zurückgeblieben war.
Trotzdem Imp wusste, dass sie voll konzentriert bleiben sollte, wanderten ihre Gedanken für einen Moment zu Lilja. Die Vorgesetzte und Freundin hatte kein Wort über ihre Aufgabe verloren – was typisch für die Russin war. Aber sie hatte Imp eingeschärfte, dass deren Aufgabe keinen Deut weniger wichtig war: „Denkt daran, die Shuttles, das ist unsere Doroga schisni**, unsere Straße des Lebens. Und wir, die wir die Shuttles verteidigen und ihnen den Weg ebnen, wir bauen und beschützen diese Straße. Wenn ihr scheitert, hat auch meine Mission wenig Sinn. Und…pass auf dich auf.“
Imp hatte gelacht: „Ich liebe dich auch, Eisprinzessin.“
Inzwischen wünschte sie sich fast, sie wäre etwas weniger flapsig gewesen…
Doch dann verdrängte sie diesen Gedanken. Die Shuttles schwebten ein, rund ein Dutzend oder so massive Vögel – die aus alles Rohren feuerten und das Chaos und die Verwüstung am Boden noch einmal steigerten.
,Hoffentlich scheißen sich die Echsen da unten so richtig schön ein.‘
„Stallions – wir bleiben an den Shuttles dran. Ein kurzer Stippangriff mit den landenden Shuttles, Zielgebiete folgen. Dann zurück auf Höhe und wieder Distanzsicherung.“
Bereits im Voraus hatten die beiden Falcon-Sektionen untereinander und mit Stafford abgesprochen, wer welchen Stadtabschnitt übernehmen würde, damit sie sich bei ihrem Hochgeschwindigkeitsangriff nicht in die Quere kamen. Ein wenig flexibel musste man natürlich agieren, da bis zuletzt Meldungen vom Boden eingetroffen waren was mögliche Feindstellung wie auch die Luftabwehr betraf: „Ace – was meinst du, teilen wir uns die Ziele wie folgt…“

***

Nera’Rijen

Lieutenant Reyna Nadal zog unwillkürlich den Kopf ein, als sie das ferne Jaulen hörte. Sie erkannte einen imperialen Salvenwerfer, wenn sie ihn hörte – und das Geräusch gehörte zu denen, welche die Soldaten der Kampfgruppe Schlüter fürchten gelernt hatten. Sie war nicht die einzige, der der Schreck in die Glieder fuhr. Mehr als einer der Peshten schaute sich panisch um, einzelne warfen sich gar zu Boden, nur um sich dann wieder aufzurappeln. Aber keiner floh, keiner wollte seinen oder ihren Platz in der Schlange aufgeben, in der Reihe der Wartenden, die sich um die Shuttles drängten, die sie aus der umkämpften Stadt bringen sollten.
Sie hasste dieses Gefühl des Ausgeliefertsein, bei dem jede ferne Explosion, jedes Abschussgeräusch einem in die Glieder fuhr. Aber nein, der feindliche Raketenwerfer feuerte im Moment wohl auf die Angels SAM’s ab, jedenfalls deutete nichts darauf hin, dass die Kaiserlichen im Moment die provisorische Landebahn angreifen würden.

Drei der Shuttles waren auf dem Nordufer des Rijen niedergegangen, und bisher waren sie von gegnerischem Beschuss verschon geblieben.
In fliegender Hast waren die Landungsboote entladen worden, und terranische Soldaten und ihre Verbündeten waren emsig beschäftigt, die Fracht zu verteilen, sie vor möglichem Feindbeschuss in Sicherheit zu bringen. Es war eine bunte Ladung gewesen – Lebensmittel, medizinische Güter, Munition, aber auch höchst improvisierte Frachtstücke, wie etwa zwei 1.000-Pfund-Streubomben, die man den Marines geliefert hatte, damit sie die Bomblets, die zu hunderten in den Stahlzylindern ruhten, zu improvisierten Schützenminen und Sprengfallen umbauen konnten. Oder die klobigen Raketenwerfer, üblicherweise für ungelenkten Beschuss mit Imp-Raketen an den Pylonen von Kampffliegern montiert. Man erwartete wohl, dass die Marines sich daraus eine Art Behelfsartillerie basteln konnten. Es mochte ja gut gemeint sein, aber dergleichen Notbehelfe verdeutlichen nur, wie überhastet das ganze Unternehmen durchgezogen worden war und wie ungenügend die Ausrüstung der Landungstruppen.

Das Sicherungskommando für die Shuttles bestand aus Peshten und Terranern – einerseits handelte es sich um menschliche Maschinen, und natürlich stellten die Terraner auch den Großteil der Truppen in der Stadt. Aber da ein Gutteil der Arbeit darin bestand, mit den peshtischen Arbeitskommandos zu kooperieren und die Evakuierung der Flüchtlinge zu handhaben, war Unterstützung durch Konkordatssoldaten unverzichtbar. Es erschien freilich recht vielsagend, dass die peshtischen Wachsoldaten in erster Linie mit alten Projektilwaffen ausgerüstet waren. Nicht nur, weil die besten Soldaten mit den besten Waffen in der Frontlinie bleiben mussten. Konventionelle Waffen eigneten sich zudem auch wesentlich besser, nötigenfalls panische Zivilisten durch ein paar Warnschüsse in die Luft zurückzuscheuchen. Das Knistern einer Laserwaffe – wiewohl mindestens ebenso tödlich – hatte einfach nicht denselben Effekt wie der peitschende Knall einer konventionellen Pistole…
Und tatsächlich war es mehr als einmal nötig gewesen, die nahezu panischen Zivilisten mit Gewaltandrohung zurückzutreiben. Bereits jetzt ließ sich absehen, dass der Platz nicht für alle reichen würde. Besonders kritisch war die Situation geworden, als eine Handvoll imperialer Gefangener evakuiert werden sollte. Begreiflicherweise war es für die Konkordatsbürger unerträglich, dass ihre Unterdrücker ihnen auch noch den Platz in den Rettungsbooten wegschnappten, umso mehr, als die Kriegsgefangenen aufgrund von Sicherheitsvorkehrungen und dem Umstand, dass ein Teil von ihnen verletzt war, deutlich mehr Platz benötigten…

Nur mühsam ließ sich so etwas wie Ordnung wahren: „Nicht drängeln! Zurück in die Reihe! Identifikationsdokumente bereithalten! Gepäck kann nicht mitgenommen werden, legen Sie es dort drüben ab! Keine Sorge, man wird sich am Zielort um Sie kümmern…“ Solche und ähnliche Anweisungen wurden in verschiedenen Sprachen gebrüllt.
Nadal hatte schon lange gelernt, sich nicht emotional zu sehr zu engagieren. Es ließ sich nichts ändern, wenn die eine Familie für erste zurückstehen musste, um ein Ehepaar vorzulassen, deren Sohn oder Tochter in der kämpfenden Truppe oder einem Arbeitskommando einen Beitrag zur Verteidigung von Arta’Rijen leistete. Und egal wie sehr die Peshten an den wenigen Besitztümern hingen, die sie mit sich gebracht hatten – ob es nun materielle Gründe hatte, emotionale oder spirituelle – es war unmöglich ihnen die Mitnahme zu erlauben. Man musste sein Herz verhärten gegen das Klagen und Betteln, das manchmal so schrecklich…menschlich…wirkte.
,Wer auch immer jemals gedacht hat, Krieg sei etwas ,Sauberes‘ zwischen bewaffneten Kämpfern und nach festen Regeln, ist entweder blind oder blöd.‘ Sie diente lange genug auf diesem geschundenen Dreckklumpen, um das verstanden zu haben.

Selbst mit ihren begrenzten Erfahrungen bezüglich der Peshten-Physiognomie erkannte die Offizierin die Nervosität ihres Kollegen der Konkordatsstreitkräfte. Der Offizier – er trug eine zusammengestückelt wirkende Uniform, wie sie für die befreiten Kriegsgefangenen und Guerillas typisch war – sprach ganz passabel Englisch: „Wir müssen die Geschwindigkeit erhöhen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, bis die Maschinen starten müssen. Oder die Echsen hauen doch noch mit der Artillerie rein.“
Die Terranerin schnaubte: „Sie haben ja Recht, aber wie soll das gehen? Wenn wir die Sperren aufmachen, stürmen die Leute die Shuttles. Wir haben noch wie viel…vielleicht fünfzig, sechzig freie Plätze? Und selbst da müssen wir sie schon mit dem Schuhlöffel reindrücken. Hier stehen fünf- oder sechsmal so viele Leute.“
Die Situation war in Nera’Rijen einiges verzweifelter als im Süden des Flusses. Von den drei gelandeten Shuttles waren nur zwei startbereit, nachdem das dritte während des Landeanflugs einige Flaktreffer abbekommen hatte. Zudem war es unmöglich gewesen, die Zivilisten aus Nera’Rijen auf die andere Flussseite zu schaffen wo das Gros der Shuttles stand, da die Brücke bis vor kurzem noch unter Beschuss gestanden hatte. Jetzt war dafür einfach keine Zeit mehr, außerdem waren die knappen Transportkapazitäten der Belagerten mit militärischen Aufgaben mehr als ausgelastet.
Der Peshte schloss kurz die drei Augen, eine resignierend wirkende Geste: „Wir müssen es einfach drauf ankommen lassen. Wir machen eine Gasse, und lassen die Leute in Fünfer- bis Zehnergruppen durch, eine nach der anderen. Es wird scheußlich werden – aber wir haben keine Wahl.“
Die Marineinfanteristen holte tief Luft. Diskussionen hatten hier ohnehin keinen Zweck. Ihnen lief im wahrsten Sinne des Wortes die Zeit davon. Mit aller Macht ihre schlechten Vorahnungen niederkämpfend, begann sie Befehle zu erteilen.

„ZURÜCK!“ Der vielstimmige Schrei wurde durch einen Pistolenschuss untermalt. Einige Zivilisten duckten sich oder warfen sich gar zu Boden, aber andere drängten dennoch gegen die dünne Sperrlinie. Versuche, die Kette seitlich zu umgehen, waren drastisch geahndet worden – man hatte die Zivilisten ans Ende der wartenden Menge zurückgejagt, was effektiv bedeutete, dass sie nicht ausgeflogen würden. Die menschlichen und peshtischen Soldaten hatten ihre Gewehre umgedreht und schlugen mit den Kolben auf diejenigen Zivilisten ein, die am heftigsten gegen die Postenkette drängten – wenngleich darauf bedacht, eher zu erschrecken als richtige Treffer zu landen.
„Ordnung! Oder wir lassen überhaupt keinen mehr durch!“
Mühsam wurde wieder so etwas wie Ordnung hergestellt.
„Achtung, nächste Gruppe durchlassen!“
Eine Lücke bildete sich in der Postenkette. Sofort drängten die Zivilisten wieder vor, jene an der Spitze der Menge versuchten sich verzweifelt an ihre Angehörigen zu klammern, um in dem Gedränge nicht getrennt zu werden. Einer nach dem anderen ließ man sie durch.
Ein Peshtensoldat zählte laut mit: „Eins, Zwei…Acht, Neun, Zehn – Schluss!“ Im letzten Moment schubste ein Peshte noch ein Kind durch die Lücke.
„Zurücktreten! Ich sagte ZURÜCK!“
Die Kette schloss sich erneut mühsam gegen den Druck.
„Gepäck ablegen – los, los, Beeilung!“
Zwei Soldaten scheuchten die Zivilisten zum Shuttle, ohne sich groß um das Klagen über die verlorenen Habseligkeiten zu kümmern. Selbst Nadal sagte jedoch nichts, als einer ihrer Soldaten aus einem der Stapel zurückgelassener Habseligkeiten eine mechanische Puppe fischte und sie dem Peshtenkind zuwarf, das nur zögernd in der Gruppe mitlief und immer wieder zurück zu seinen Angehörigen schaute, die jenseits der Sperrkette gefangen waren.
Das Landungsboot war bereits mit deutlich mehr Insassen als seiner Normallast von ca. 100 Insassen beladen, aber darauf konnte man keine Rücksicht mehr nehmen.
„Nächste Gruppe.“ Nadal wusste, das war vermutlich die letzte, die sie durchlassen konnten, damit die Shuttles nicht gefährlich überladen und das Gedränge im Frachtraum zu groß wurde.

Diesmal mussten die Peshten gleich mehrere Warnschüsse abgeben, und die Soldaten hieben inzwischen mit voller Wucht mit den Kolben zu, ohne sich sonderlich darum zu kümmern, wen sie wo trafen. Die Verzweiflung und Panik der Zivilisten ließ sich förmlich mit Händen greifen. Doch es gelang noch einmal, die Kette zu schließen, und die zusammengeschmolzene Menge sogar ein paar Schritte zurückzudrängen – es galt um jeden Preis zu verhindern, dass im letzten Moment noch jemand durchbrach und den Startvorgang behinderte.
Das letzte glückliche Grüppchen wurde in Richtung der Shuttles geführt…
Nidal verstand die Worte nicht, die der Peshtensoldat ausstieß, aber sie sah, dass er einen der Zivilisten grob aus der Reihe zerrte. Es handelte sich wohl um eine Frau, die das lange Gewand einer Laienpriesterin einer der eher traditionellen Glaubensrichtungen des Konkordats trug.
„Was zum Teufel ist da los, haben wir nicht genug Probleme?“
Der Marine, der den Konkordatssoldaten begleitete, meldete sich via Funk: „Scheint so, als hätten wir hier einen jungen Kerl, der sich als Nonne verkleidet hat.“
Nadal seufzte. Nicht der erste Versuch, unter einem Vorwand evakuiert zu werden. Es war ja auch ein Stück weit verständlich.
„Können wir ihn nicht trotzdem durchlassen? Ich kann ohnehin keine einzelne Person mehr durchlassen, sonst haben wir einen echten Aufstand.“
Doch so viel Großmut würde es offenbar nicht geben. Der Konkordatssoldat schrie den Verkleideten wütend an, und dann, ebenso überraschend wie schockierend, schlug er ihm mit voller Wucht den Gewehrkolben in den Unterleib. Der Peshte klappte sofort zusammen.
Ohne sich weiter um den Gestürzten zu kümmern scheuchte man die übrigen Zivilisten zum Shuttle. Als die Rampe sich schloss, brachen viele der Zivilisten am Boden in langgezogenes Klagen aus. Allerdings – der Druck auf die Postenkette ließ sofort nach. Offenbar waren die Peshten vernünftig genug um zu erkennen, dass es nichts brachte, weiter in Richtung der Landebahn zu drängen.

Nadal verwehrte es sich, auf die Shuttles zu schauen, während diese sich für den Start bereit machten. Sie wusste, es gab kaum einen Terraner oder Konkordatssoldaten, der sich nicht ebenso heimlich wie sehnsüchtig gewünscht hätte mitzufliegen. Lieber nicht daran denken…
Sie wandte sich an ihren einheimischen Kollegen: „Was war denn da eigentlich los mit dem Verkleidungskünstler?“
Der Peshte legte den Kopf schief: „Ich glaube, mein Mann hält ihn für einen Deserteur aus einem der Arbeitskommando, der erst seine Familie evakuieren ließ und dann versucht hat in Verkleidung selber durchzukommen. Wir haben ein paar Abgänge unter den Arbeitern, und ich hatte die Beschreibung der Flüchtigen ausgegeben. Wenn das stimmt, kann er von Glück reden, wenn wir ihm nur ein paar Schläge verpassen. Es gibt hier keinen Notausgang für Helden.“
Die terranische Offizierin schluckte. Kein Zweifel, die Peshten führten den Krieg entschlossen.
„In Ordnung. Sehen wir zu, dass wir Ordnung in den verlorenen Haufen kriegen, der hierbleiben muss. Ich fürchte, so schnell wird es für die keinen Ausweg aus dem Kessel geben. Wir sollten zusehen, dass wir ihnen helfen so gut es geht.“
,Wenn die Kaiserlichen das nächste Mal angreifen.‘ Bisher war Nera’Rijen von schweren Kämpfen verschont geblieben. Aber das würde sich zweifellos bald ändern. Und ob die Terraner und ihre Verbündeten sich hielten oder nicht – die Zukunft sah düster aus für die Zivilisten, die in der Stadt gefangen waren…

***

Über Arta’Rijen, kurz darauf

Imp ließ ihre Maschine weiterhin Schlangenlinien fliegen und verhinderte so, dass sie die Geschwindigkeit zu stark reduzieren mussten, und doch halbwegs im Zielraum blieb. Die Echsen hatten sich letztlich doch nicht getraut, einen massierten Luftangriff zu fliegen. Die XO der Stallions hätte sich gerne eingebildet, dass dies an ihren Piloten lag – auch ja, die Blauen waren ja auch noch da – die während der ganzen Operation aus der Höhe Deckung gegeben hatte. Aber viel wahrscheinlicher war, dass die Kaiserlichen auf die Schnelle einfach nicht genug Maschinen hatten zusammenkratzen können, um mit Aussicht aus Erfolg gegen gut 50 Terraner anzutreten. Da war es klüger, die Ressourcen zu schonen, schließlich brauchte der Feind seine Maschinen zum Kampf gegen die 4. Sturmdivision und das 30. Korps.
Die Stallions waren abgesehen von einigen leichten Schäden ungeschoren davongekommen – die feindliche Luftabwehr hatte mehr als genug Ziele zu bekämpfen gehabt, und war zudem recht effektiv von den Terranern niedergehalten worden. Imps Staffel hatte freilich auch nicht viel zum Kampf beisteuern können. Da sie auf Höhe bleiben sollten, waren Tiefangriffe mit den Bordwaffen weitgehend ausgefallen. Imp hatte ihre Untergebenen die mitgeführten Streubomben eher auf Verdacht auf feindliche Bereitstellungsräume werfen lassen. Das machte eine Menge Dreck und die Explosionen sahen wirklich beeindruckend aus, aber ohne klare Zielangaben waren die konkreten Auswirkungen auf den Gegner wahrscheinlich doch recht begrenzt geblieben.

„Achtung, Stallions! Shuttles starten – achtet auf feindliche Kampfflieger.“ Imp glaubte nicht wirklich daran, dass der Gegner ausgerechnet jetzt noch einen Angriff versuchte – es wäre effektiver gewesen, die terranische Landungsboote anzugreifen, während sie im Anflug und voller Nachschubgüter waren, oder zumindest während sie entladen wurden und am Boden leichtere Ziele abgaben. Auf dem Abflug, eskortiert von den Angels, wäre ein Angriff riskant und würde auf den Ausgang der Schlacht wohl nur geringe Auswirkungen haben.
Aber natürlich konnte man sich nicht darauf verlassen, dass der Gegner genauso handelte, wie man vermutete oder wie es vernünftig war.
Doch tatsächlich – das Radar meldete keinerlei anfliegende Maschinen im weiten Umkreis.
Das hieß freilich nicht, dass jede Gefahr vorüber war. Die Angels hatten sich Mühe gegeben, die feindliche Flak niederzuhalten. Doch angesichts der Größe des Zielraums war das nicht so leicht.
„Achtung, melde Zielerfassung!“ Knights Stimme klang hörbar nervös: „Radarpeilung aus Südost, Entfernung 15 plus.“ Imp verrenkte unwillkürlich ihren Hals, ehe sie sich darauf besann, dass auf die Anzeigen wohl mehr Verlass war als auf ihre Augen.
Ah ja, natürlich. Dort gab es einiges an Hügeln und Waldstücken, ideales Terrain, wenn man etwa imperiale Schweber tarnen wollte. Gut möglich, dass die Kaiserlichen einen Teil ihrer Artillerie dort verborgen hatten. Und jetzt, da die Terraner im Abrücken waren, wagten sie sich zum Waldesrand in der Hoffnung, mit ihren SAM den einen oder anderen Treffer zu erzielen.
„Knight, du begleitest mich und Bad Luck.“ Sie hatte zwar keine Freigabe für einen Tiefflugangriff, aber sie konnte ja zumindest…

Der Waldrand ging spektakulär in Flammen auf, als ein Dutzend Energiekanonen ihn großzügig abstrichen. Die Entfernung war für Waffen, die im Raum über eine Distanz von tausenden Kilometern feuerten, kein Problem. Zugleich stießen die drei Falcons ganze Schwärme an Täuschkörpern aller Art aus, welche die feindliche Zielerfassung verwirren sollten.
Imp war sich nicht sicher, ob eines der Feuer, die in der Ferne aufloderten, von einem feindlichen Panzerfahrzeug stammte. Nun, man konnte ja träumen…
Doch nur zu schnell wurde sie daran erinnert, dass mehr als eine Gefahr auf die terranischen Maschinen lauerte. Die feindlichen Panzerfahrzeuge in der Stadt, soweit sie nicht im Zuge des Angriffs der Angels zerstört oder beschädigt worden waren, mochten sich fürs erste zurückhalten – angesichts von einigen Dutzend TSN-Kampffliegern über ihren Köpfen zweifelsohne ein weiser Entschluss. Aber das hieß nicht, dass den Kaiserlichen keine Optionen blieben.
Der Äther füllte sich mit dem Geschnatter von Piloten, die sich auf Gefahren aufmerksam machten, als die imperialen Infanteristen schultergestützte SAM-Raketen ins Spiel brachten. Obwohl ihre Durchschlagskraft und Reichweite begrenzt war – der Umstand, dass man sie blitzschnell abfeuern und sofort wieder in Deckung gehen konnte, machte sie zu einer ernsten Gefahr. Und offenbar hatte das feindliche Oberkommando eine mehr als ausreichende Zahl an Werfern verteilt.

„Achtung! Bin getroffen, Triebwerkschaden!“ Die Stimme des Shuttlepiloten klang leicht panisch – und aus gutem Grund. Im Weltall war ein solcher Treffer gefährlich, da er das Shuttle vielfach steuerlos in Richtung seines bisherigen Kurses driften ließ, weg vom Pulk, in die Weite des Alls hinaus. In der Atmosphäre aber, wo die Schwerkraft an der 34-Tonnen-Maschine zerrte…
Es ging viel zu schnell, als dass irgendjemand mit einem genialen oder idiotischen Plan hätte kommen können. Das Shuttle schlingerte, wild feuerten die Manöverdüsen im verzweifelten Versuch, ein wenig zusätzlichen Auftrieb zu verschaffen, um wenigstens so etwas wie eine halbwegs kontrollierte Bruchlandung hinzulegen. Doch wie ein blutender Gigant im Meer Raubfische anzieht, machten die offenkundigen Probleme des Landungsbootes es zur Zielscheibe. Zwei, drei weitere SAMs, abgefeuert aus den Ruinen, erfassten das Ziel – und mindestens eine von ihnen traf. Eine dicke Rauchwolke ausstoßend scherte das Shuttle seitlich aus…

Für einen Augenblick wollte Imp einfach nur die Augen schließen. Sie musste das ja nicht wirklich mit ansehen. Aber dann brachte sie es doch nicht fertig. Wenn sie schon nichts tun konnte um zu helfen, durfte sie doch zumindest nicht einfach wegsehen.
Der Aufprall, direkt außerhalb der Stadtgrenzen, war mörderisch, auch wenn das Shuttle nicht explodierte. Doch die Wucht des Sturzes allein reichte aus, um den Stahlgiganten auseinanderzureißen. Trümmerteile – Ina wollte gar nicht wissen, wie viele der ,Trümmer‘ in Wahrheit Passagiere waren – wurden Dutzende Meter weit geschleudert.
Für einen Moment herrschte betretenes Schweigen. Dann war die Stimme des Geschwaderchefs zu hören: „Angels…Abflug. Enge Sicherung der Shuttles. Grün und Blau, Höhensicherung übernehmen. Wir können uns keinen weiteren Verlust leisten.“
Die Mission mochte ein Erfolg gewesen sein. Sie hatten zweifellos eine Anzahl feindlicher Fahrzeuge und Stellungen zerstört, wichtigen Nachschub nach Arta’Rijen gebracht und neben weit über hundert terranischen und peshtischen Verwundeten eine Anzahl feindlicher Gefangener und tausende Zivilisten evakuiert. Wie ein Sieg fühlte es sich jedoch nicht an – und die „Straße des Lebens“ war zugleich zu einer Straße des Todes geworden.

*****

* Trotz einiger Bemühungen gelang es bisher weder den Terraner, noch den Akarii oder einer anderen Nation im bekannten Raum, eine voll funktionstüchtige autonome KI zu konstruieren (auch wenn es Witzbolde und Verschwörungstheoretiker gibt, die einzelne Spuren untergegangener Zivilisationen auf solch einen „Erfolg“ zurückführen). Semiautonome KIs existieren und werden für Routineaufgaben auch beim Einsatz von Drohnen im Frieden wie Krieg umfassend eingesetzt. Für komplexe Manöver wird aber weiterhin eine direkte Steuerung durch einen Drohnenpiloten benötigt.

** Doroga schisni, Straße des Lebens, war eine inoffizielle Bezeichnung für die Militärstraße 101, eine Eisstraße über den Ladogasee, über welche während des Zweiten Weltkriegs das von der Wehrmacht eingeschlossene Leningrad im Winter durch die sowjetischen Verteidiger versorgt wurde. Aufgrund deutscher Luftangriffe und der natürlichen Gefahren durch Eislöcher und Witterung waren die Verluste an Mensch und Material freilich beträchtlich.
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

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31.07.2022 17:31 Forum: Kurzgeschichten


Na ja, partiell ja. Allerdings wird hier etwas härter verhandelt und etwas weniger geschwollen dahergeschwafelt. Zunge raus
Außerdem ist es nach meinem Eindruck schon etwas langfristig vorbereitet und nicht mal eben so aus dem Knie geschossen großes Grinsen
Was natürlich nicht heißt, dass es klappen muss. Aber vielleicht hat es bessere Chancen.

Ich denke, im Moment wird man mit dem Brechen es von Seiten der Akarii nicht so eilig haben (zumindest so lange die Kriegslage kritisch aussieht - da würde ich mir eher Sorgen um Hardliner bei den T'rr machen, sowohl bei den Loyalisten als auch bei den Rebellen).
Aber es könnte etliche Imperiale geben die ganz klar der Meinung sind, so wie der Krieg mit den Menschen vorbei ist, wird dieser ganze Humbug in Fetzen gerissen und mitsamt den führenden T'rr begraben...

Das mit dem Konkordat stimmt eventuell, es ist aber auch denkbar dass sich jemand von den Prätendenten in Szene setzt und klarmacht, dass er mit den Peshten NIE einen solchen Frieden schließen wird. Nur um Pflöcke einzuschlagen und seine Rivalen schwach aussehen zu lassen.
Thema: Kritik: Hinter den feindlichen Linien
Cattaneo

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03.05.2022 20:47 Forum: Kurzgeschichten


Ace: Ich bitte dich, wenn möglich zwei Änderungen vorzunehmen. Zum einen könntest du die Zahl der Leute im HQ runtersetzen? Über 20 scheint mir doch etwas viel, dann würde es doch etwas sehr beengt zugehen in einem umgebauten Shuttle.
Und bei gerade mal 2.000 Leuten können sich die Marines so einen Wasserkopf eigentlich auch nicht leisten. Ein Dutzend sollte Obergrenze sein.

Und wie mein Bruder bitte ich, dass mit den Panzern der Totengräberin zu streichen. Lass Schlüter eher generell warnen, dass nicht abzusehen ist, wie sich die Lage entwickelt und dass die Landezone unter BEschuss steht und sie mit einer unterbesetzten Brigade eine ganze Stadt kontrollieren und sichern muss.
Sonst widerspräche es auch den früheren Texten.
In dem Text zum Angriff wurde erwähnt dass die Panzer erst gesichtet wurden, als der Angriff unmittelbar bevorstand. Und da waren die Abzeichen sicher noch nicht zu erkennen. Schlüter war in dem Moment auch ganz woanders (nämlich im Depot wie ich in meinem Text geschrieben hatte) und kehrte wohl erst als der Angriff gerade begann zum HQ zurück. Würde deine Geschichte dann spielen, müsste man schon was vom Gefecht mitbekommen, zumindest akustisch.
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