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Autor Beitrag
Thema: Kritik: Lüge und Verrat
Taras Amaris

Antworten: 6
Hits: 2.893
20.07.2020 10:48 Forum: Kurzgeschichten


Hallo Maro,

vielen Dank für dein Lob und das du die Geschichte gelesen hast.

Um ehrlich zu sein bin ich an dem zweiten Text schon wieder am schreiben, dass wird aber noch eine Weile dauern.

Bis dahin

Taras aka Dirk
Thema: Kritik: Lüge und Verrat
Taras Amaris

Antworten: 6
Hits: 2.893
14.07.2020 12:12 Forum: Kurzgeschichten


Hallo Zaubberer,

also erstmal vielen Dank dafür, dass du die Geschichte überhaupt bis zum Ende gelesen hast und vor allem für deine ausführliche Kritik. Gerade solche Rückmeldungen helfen mir, meinen Schreibstil zu entwickeln und vielleicht irgendwann mal so gut wie Ace oder Cunningham zu werden (auch wenn ich daran schon seit Jahren arbeite Augenzwinkern ).

Wegen dem Khopesh muss ich mich entschuldigen. Eigentlich gibt es zu dem Buch einen Indexteil wie in den alten BT-Büchern, den ich hoffentlich irgendwann noch fertig bekomme und dann anhänge. Da ist die Maschine dann ausführlich beschrieben.

Was die ungewöhnlichen Mechs angeht, so liebe ich die Designs ohne den neumodischen Kram, weshalb ich auch diese Zeitschiene gewählt habe. Nur muss man dann natürlich ohne moderne Designs auskommen. Also habe ich in den alten Zeitlinien gestöbert.

Was deine Anmerkung zu dem Verlauf angeht, so war mein Bestreben, einen Agenten-Roman im BT-Universum zu schreiben... vielleicht bin ich da über das Ziel hinausgeschossen...

Und ja, es war eigentlich eine Triologie geplant, an dessen zweitem Teil ich gearbeitet hatte. Nachdem ich aber sehr durchwachsene Beurteilungen der Testleser des ersten Teils erhalten habe, hatte ich das auf Eis gelegt.

Liebe Grüße


Taras aka Dirk
Thema: 4 Jahre und ich bräuchte wieder Hilfe bei meinem Account
Taras Amaris

Antworten: 6
Hits: 6.309
14.07.2020 11:49 Forum: Kritik, Fehlermeldungen & Verbesserungsvorschläge


Hallo Dennis,

vielen Dank für deine Hilfe.
Es hat alles funktioniert und ich habe meinen Account wieder.

Beste Grüße


Taras aka Dirk
Thema: Ein Landungsschiff für meine neue Geschichte wird gesucht...
Taras Amaris

Antworten: 30
Hits: 19.207
10.06.2018 10:24 Forum: Innere Sphäre


@Marodeur74
@Ace Kaiser
Also ich habe meiner besseren Hälfte versprochen, die Geschichte erst mal einem Verlag an zu bieten. Sollte der nein sagen, stelle ich es natürlich hier rein.
Mein Testleser lässt sich nur gerade ein wenig Zeit mit dem Lektorat, sonst wäre ich schon weiter.
Ich halte euch aber in jedem Fall auf dem Laufenden.

Das Czar soll wirklich so alt sein, aber bereits die modernere Variante mit Andockring smile
Aber in jedem Fall ein Seelenverkäufer XD

Ich wünsche euch allen einen schönen Sonntag.

Gruß

Taras Amaris
Thema: Ein Landungsschiff für meine neue Geschichte wird gesucht...
Taras Amaris

Antworten: 30
Hits: 19.207
24.05.2018 15:16 Forum: Innere Sphäre


Also in jedem Fall einen schönen Dank an alle die hier geantwortet haben.
Letztendlich habe ich mich für ein sehr, sehr altes Czar entschieden, dass von seinem Besitzer umgebaut wurde.
Die Ideen dafür hatte ich von den Umbauvarianten, welche einige hier vorgeschlagen haben.

Da das erste Buch nu fertig gestellt ist, habe ich eine weitere Frage...

Weis jemand von euch wie man einen Battletech-Roman zur eventuellen Veröffentlichung einreichen kann?
Früher war ja Heine der Verlag für Battletech. In Deutschland habe ich nun Ulisses Spiele ausgemacht, aber machen die überhaupt noch etwas im Classic Bereich?


In jedem Fall nochmals Danke an Alle.

Gruß

Taras Amaris
Thema: Ein Landungsschiff für meine neue Geschichte wird gesucht...
Taras Amaris

Antworten: 30
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14.05.2018 11:05 Forum: Innere Sphäre


Danke an Proud und Wotan,

@Proud
Die Sektion in Sarna.net hatte ich bereits komplett durchsucht und war auch auf das Lion gestoßen. Da werden jedoch keine Jäger und keine Infanterie erwähnt.
Ob ein Umbau auf so große Lebenserhaltungssysteme (wir sprechen hier ja von über einhundert Mann) möglich ist, muss ich dann wohl doch mal nachschlagen.

@Wotan
An das ehrwürdige Union hatte ich ebenfalls gedacht, aber selbes Problem...
Ist ein Umbau auf den Transport von so großen Personengruppen möglich?

In jedem Fall danke für die Antworten.

Taras
Thema: Ein Landungsschiff für meine neue Geschichte wird gesucht...
Taras Amaris

Antworten: 30
Hits: 19.207
Ein Landungsschiff für meine neue Geschichte wird gesucht... 12.05.2018 11:23 Forum: Innere Sphäre


Hallo zusammen,
für meine neue Geschichte suche ich ein passendes Landungsschiff.
Es sollte acht Mechs aufnehmen können.
Eine volle Kompanie Infanterie (1 Zug motorisiert, der Rest zu Fuß) sowie einige Fahrzeuge und Fracht.
Außerdem sind noch zwei L/R Jäger unter zu bringen.
Und jetzt der Knackpunkt... das Schiff muss bereits 3025 oder davor verfügbar sein.
Btw. betrieben wird es durch eine Söldnereinheit, also sollten die Unterhalts- und Betriebskosten nicht ganz so hoch ausfallen.


Bis jetzt habe ich eine Festungsklasse eingebaut, aber dass passt von mehreren der vorgenannten Punkte nicht:
-zu hohe Kosten im Unterhalt
-kann keine L/R Jäger aufnehmen
-unpassender Hintergrund, da es durch einen Waffenschmuggler betrieben werden soll

Vielleicht könnt ihr mir ja helfen. Ich wäre in jedem Fall dankbar.

Liebe Grüße

Taras Amaris
Thema: Kritik: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

Antworten: 13
Hits: 8.185
06.08.2016 18:03 Forum: Kurzgeschichten


Es tut mir leid, Cattaneo,

ich befürchte unsere Ansichten über diese Zeit und den Senat zu Rom sind zu unterschiedlich um zu einem Konsens zu gelangen.

Ich gebe nach, indem ich den Vergleich mit dem römischen Senat zurück nehme und hoffe, diesen Diskurs damit zu beenden.

Btw.: Ein neuer Part ist geschrieben, mit dem ich mich in den Urlaub verabschiede, von dem ich hoffe, mit einem weiteren Part zurück zu kehren.

Taras
Thema: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

Antworten: 5
Hits: 7.687
06.08.2016 17:54 Forum: Kurzgeschichten


Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Mitten im Nirgendwo der großen Sandwüste

25. Juli 3062

Was für ein dumme Idee.
Jeffrey Thompson nahm einen weiteren Schluck des lauwarmen Wassers aus der Plastflasche und verstaute diese dann wieder im Handschuhfach des Aeon Geländewagens.
Das von ihm über das Fahrzeug gespannte Tarnnetz spendete zumindest ein wenig Schatten während er sich von der nächtlichen Fahrt ausruhte, trotzdem war die sengende Hitze der Wüste schier unerträglich für einen Menschen, der die Annehmlichkeiten eines klimatisierten Büros gewohnt war.
Das leichte, kurzärmelige Hemd, welches er für die Reise ausgewählt hatte, war mittlerweile mit seinem Schweiß vollgesogen und klebte förmlich an seinem Körper.
Entspannt lehnte er sich über die beiden Vordersitze liegend zurück und schloss wieder die schmerzenden Augen.
Eine Fahrt in der Dunkelheit war doch eine andere Sache als mit hoher Geschwindigkeit über Sand- und Staubdünen zu rasen.
Wie lange er vor sich hin gedöst hatte, konnte er nicht sagen, als seine Sinne plötzlich Alarm schlugen.
Zuerst konnte er die Geräusche nicht zuordnen, dann jedoch realisierte sein Gehirn, dass es sich um das Feuer automatischer Waffen und das Dröhnen schwerer Motoren handelte.
Und beides kam schnell näher!
Schnell griff Jeffrey sein großkalibriges Jagdgewehr mit dem Zielfernrohr vom Rücksitz und sprang dann aus dem Wagen. Der Sprint die Sanddüne hinauf war kraftraubend und ließ ihn völlig außer Atem auf deren Kuppe nach Luft ringen, bevor er sich flach hinlegte und die Gegend durch die Zielvorrichtung absuchte.
Fast sofort entdeckte er den über die Wüste preschenden J. Edgar, dessen Antrieb wohl beschädigt worden war, da er eine dichte Rauchwolke hinter sich her zog.
Die Panzerung und Schürze des Luftkissenpanzers war von Geschossen völlig durchlöchert worden, aber der Turm drehte sich noch immer in Richtung der Angreifer und der Schütze feuerte die beiden Maschinengewehre und das leichte, rückstoßfreie Gewehr ohne Unterlass.
Zwei Geländewagen der Tuareg, kaum mehr als einige grob verschweißte Stahlstreben mit Sitzen, einem Motor und einem auf dem Dach montierten, in alle Richtungen schwenkbaren MG verfolgten den Schweber, wobei ihre durchdrehenden Reifen den roten Sand meterhoch in die Luft wirbelten.
Lange Stichflammen zuckten aus den Maschinengewehren zu dem waidwunden Schwebepanzer und schlugen Funken sprühend in dessen Panzerung ein, wo die schweren Geschosse weitere Löcher hinterließen.
Gebannt beobachtete er, wie einer der Geländewagen sich neben den J. Edgar rangierte und den immer langsamer fahrenden Schweber abzudrängen begann.
Noch einmal heulten die Motoren des Schwebepanzers auf und er beschleunigte kurzzeitig, was den Fahrer des Geländewagens dazu bewog, das Heck seines Opfers unter ohrenbetäubendem Kreischen berstender Panzerung zu rammen.
Schlingernd verlor der Fahrer des Schwebers die Kontrolle über den Panzer, welcher nach einigen Metern gegen einen aus dem Sand ragenden Felsen prallte und sich mehrfach überschlug.
Erst an der Düne, auf welcher Jeffrey lag, kam das völlig demolierte Wrack rauchend und auf dem Dach liegend zur Ruhe, während die Geländewagen in wenigen Metern Abstand zum stehen kamen.
Ängstlich senkte er den Kopf weiter in Richtung des Sandes, bis sein Kinn den roten Staub berührte, als aus jedem der beiden Fahrzeuge drei Tuareg mit den für sie typischen blauen Kopfbedeckungen und Gesichtsschleiern ausstiegen.
Würden sie ihn nun entdecken, war er so gut wie tot.
Auch im Wrack des Panzers regte sich noch Leben, als die Fahrerluke aufgestoßen wurde und ein weiterer Tuareg blutüberströmt hinaus fiel.
Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen beobachtete Jeffrey, wie zwei der Angreifer den Verwundeten unter schrecklichem Stöhnen auf die Füße zerrten und gegen die Seitenwand des Panzers warfen, während ein weiterer eine Pistole zog.
Erst als einer der Tuareg dem Verwundeten den Gesichtsschleier vom Kopf gerissen hatte, feuerte der andere zwei Schuß aus kurzer Entfernung in dessen Brust.
Ohne einen weiteren Laut brach der Getroffene in sich zusammen und die beiden widmeten sich der geöffneten Fahrerluke.
Ein Stimmgewirr aus für ihn unverständlichen Worten der Sprache der Tuareg klang die Düne hinauf, dann hallte das laute Bellen einer Pistole über den Wüstensand und einer der Angreifer fiel mit einem Loch im Kopf aus dem Wrack des Schwebepanzers heraus.
Kurz schien ein Handgemenge in dem rauchenden Wrack zu entstehen, dann wurde die Gestalt einer jungen Frau heraus geschleudert, gefolgt von dem verbliebenen, offensichtlich laut vor sich hin fluchenden Tuareg.
Mit langsamen Bewegungen prüfte Jeffrey den Ladezustand der beiden übereinander gelegenen Läufe seines Jagdgewehres und stellte beruhigt fest, dass jeder davon eine der schweren 7,62 Millimeter Patronen enthielt. Zehn weitere Patronen steckten in der Tasche am Kolben der Waffe.
Der Tuareg mit der Pistole hatte die Frau, welche ebenfalls die Kleidung der Wüstenbewohner trug, an den langen, schwarzen Haaren auf die Beine gezerrt, was diese mit keifenden und kreischenden Worten bedachte.
Einige kurze Worte des Mannes folgten, dann schlug er der Frau den Pistolengriff in das wunderschöne Gesicht, was sie erneut zu Boden stürzen ließ.
Hilflos schloss Jeffrey die Augen.
Noch immer umringten fünf Angreifer die wimmernd am Boden liegende Frau und er hatte nur ein zweischüssiges Jagdgewehr um ein zu greifen.
Es hatte all seinen Mut gekostet, dieses Unternehmen zu beginnen und wenn er sein Leben verlor, weil er sich in interne Streitigkeiten der Tuareg einmischte, war alles umsonst gewesen.
Er kannte diese Frau nicht und wusste auch nicht, worum es ging.
Als er die Augen wieder öffnete, hatten die Männer einen Kreis um die Frau gebildet und sie torkelnd auf die Beine gestellt.
Brutale Schläge und Tritte ließen das Opfer von einer Seite des Kreises zur anderen taumeln, begleitet von wüsten Beschimpfungen und dunklem Lachen.
Hin und her gerissen, zwischen seinen Gefühlen beobachtete er die Szenerie von seiner Position auf der Düne aus als sein Gewissen sich gegen die Vernunft durch setzte.
Einer der Tuareg hatte die fremde Frau nun bei den Haaren gepackt und presste sie mit dem Oberkörper auf die heiße Oberfläche der Motorhaube eines der Wüstenjeeps, während er ihre leichte Stoffhose mit seinem Dolch zu zerschneiden begann.
Jeffrey hätte viel ertragen können, aber eine bevorstehende Vergewaltigung weigerte er sich hin zu nehmen. Nicht, solange er in der Lage zu helfen und bewaffnet war.
Sorgfältig richtete er das Jagdgewehr aus und schloss das linke Auge um mit dem rechten durch das Zielfernrohr zu blicken.
Auf eine Entfernung von nur wenigen Metern eine unnötige Handlung, aber er war kein Soldat.
Das Fadenkreuz zitterte über dem breiten Rücken des Tuareg, welcher dabei war, sein Opfer zu entkleiden und Jeffrey musste etwas nach links korrigieren, um die junge Frau nicht zu gefährden.
Noch einmal atmete er tief durch, dann zog er den Abzug des teuren Gewehres durch und der Kolben ruckte mit Macht gegen seine Schulter.
Brüllend verließ das schwere Geschoss auf einer Feuerlanze den Lauf der Waffe und schlug wenig später in die rechte Schulter des Zieles ein, was dieses herumwirbeln und zu Boden gehen ließ.
Schmerzerfüllt brüllte der Mann, während seine linke Hand das große Loch in der Schulter bedeckte, was das massenhaft ausströmende Blut jedoch nur kläglich zurück halten konnte.
Die anderen Wüstenbewohner hatten seine Position ausgemacht, schienen jedoch unschlüssig, bis einer der Männer mit schnellen Schritten auf eines der Fahrzeuge zu sprintete.
Nur Sekundenbruchteile später folgten auch die anderen Tuareg seinem Beispiel, bis auf einen, der den Verwundeten in eines der Fahrzeuge zerrte.
Als einer der Angreifer im kreisrunden Ausschnitt des Daches erschien und das Maschinengewehr durchlud, feuerte Jeffrey erneut, diesmal in die Brust seines Opfers, welches ungläubig auf die große Wunde und den schnell größer werdenden Blutfleck blickte und dann in das Innere des Fahrzeuges zurück sank.
Nun traten die Fahrer der Geländefahrzeuge die Gaspedale durch und die Motoren heulten unter der plötzlichen Belastung laut auf.
Meterhoch wirbelten die durchdrehenden Reifen den Staub und Sand der Wüste, dann preschten die Jeeps in die Richtung, aus der sie vor wenigen Minuten erschienen waren.
Noch immer war Jeffrey dabei, sein Gewehr mit zitternden Händen nach zu laden.
Zwei mal entglitten die schweren Patronen seinen Fingern und er fluchte lauthals als er sie aus dem heißen Sand fischen musste und mit kurzem Pusten vom Staub befreite.
Dann klappte er die Jagdbüchse wieder zu und blickte durch das Zielfernrohr den flüchtenden Tuareg hinterher. Diese schienen keine Anstalten zu machen, zurück zu kehren und so entschied er sich dagegen, erneut ab zu drücken.
Mit vor Anspannung zitternden Beinen erhob er sich und eilte dann die Sanddüne hinab, auf die Gestalt der im Sand liegenden Frau zu, das Gewehr schussbereit in seinen Händen.
„Hey, Miss. Kommen sie bitte. Stehen sie auf. Wir müssen uns beeilen. Die werden schon bald merken, dass es nur einen Schützen gab und dann hacken sie uns beide in Stücke.“
Stolpernd kam er neben dem bebenden Körper der jungen Frau zum stehen und kam sich äußerst dumm vor, die Worte gesagt zu haben.
Tuareg sprachen ihre eigene Sprache. Für sie waren seine Sätze wahrscheinlich genau so unverständlich wie es die Worte der Angreifer für ihn gewesen waren.
Ruckhaft setzte sich die junge Frau auf und blickte ihn aus funkelnden braunen Augen an. Tränen, schimmernde blaue Flecken und ein Rinnsal Blut aus der aufgeplatzten Lippe verunstalteten das ansonsten makellose Gesicht.
Irritiert musterte sie seine rötliche Safari-Hose, das kurzärmelige Hemd in gleicher Farbe und den Sonnenbrand, welchen er sich auf den freien Flächen seiner Haut zugezogen hatte, wobei sie bei dem Krummdolch in seinem Hosenbund hängen blieb.
„Woher hast du den Jambia, Bleichgesicht?“
Verblüfft starrte er sie nun an.
Das Deutsch, welches auf Nito die verbreitetste Sprache darstellte klang etwas holprig, jedoch klar verständlich über ihre Lippen.
„Von einer Freundin. Aber wenn wir uns nicht beeilen, wird er uns nicht helfen können. Gegen zwei Maschinengewehre bin ich machtlos!“
Sie folgte seinem Blick in die Ferne, wo die Staubwolken der dahin rasenden Jeeps langsam kleiner wurden und nickte verstehend.
Mit einem beherzten Griff half er ihr auf die Beine, bevor er die Düne wieder hinauf sprintete. Erst als er bei der Hälfte angekommen war realisierte Jeffrey, dass sie ihm nicht folgte.
„Komm schon! Du kannst deinen Freunden nicht mehr helfen!“
Ein kurzer Blick über die Schulter hatte ihm gezeigt, dass die junge Wüstenbewohnerin neben dem erschossenen Fahrer zu Boden gegangen war.
Er wollte noch mehr Worte brüllen um die Dringlichkeit einer sofortigen Flucht zu unterstreichen, als sie sich erhob und zu der zweiten Leiche lief, die im Sand vor dem Panzerwrack lag. Als er, schwer atmend, die Kuppe der Düne erreichte, hatte sie sich erneut erhoben und verschwand nun im Inneren des auf dem Turm liegenden J. Edgar.
Grimmig hetzte er zu seinem Aeon und zog mit schnellen Griffen das Tarnnetz von dem Jeep um es eilig zusammen zu knüllen und dann im Kofferraum zu verstauen.
Gerade als er die Haube des Stauraums ins Schloss knallte sprintete auch die Tuareg über die Kuppe, eine Rorynex Maschinenpistole über der Schulter und einen großen Rucksack mit angeknüpftem Wasserbeutel auf dem Rücken. In den Händen trug sie einen großen Stoffballen, den Jeffrey bei genauerer Betrachtung als Kleidungsstücke der Toten identifizierte.
„Denen kann ich nicht mehr helfen, aber vielleicht dir, Bleichgesicht.“
Schnell warf sie den Ballen auf den Rücksitz und ließ den schweren Rucksack folgen, bevor sie konsterniert vor dem Oldtimer stehen blieb.
„Damit wagst du dich in die Wüste, Fremder? Bis eben wusste ich nicht genau, ob du mutig oder dumm bist. Die Waagschale neigt sich jetzt jedoch definitiv in Richtung Dummheit.“
Jeffrey schnaubte wütend, während er auf den Fahrersitz sprang.
„Sollte dieses Gefährt euren hohen Ansprüchen nicht genügen, Miss, so bin ich mir sicher, dass die beiden Jeeps bald zurückkehren werden. Ich kann jedoch garantieren, dass meine Gesellschaft nicht ganz so aufdringlich sein wird.“
Röhrend startete der schwere Motor des Aeon, was die Tuareg dazu bewog, murrend auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen.
Noch bevor sie die niedrige Tür ins Schloss ziehen konnte, trat er das Gaspedal durch und die vier durchdrehenden Reifen wirbelten Staub und Sand in die Höhe.
Mit einem kurzen Lenkmanöver brachte er den schnell beschleunigenden Geländewagen wieder aus der Dünenlandschaft hinaus auf die vor Hitze flimmernde, weitläufige Ebene. Ein Gefühl der relativen Sicherheit breitete sich in ihm aus und seine Muskeln entkrampften sich ein wenig, bis er einen Blick auf die sich im roten Bereich befindende Tankanzeige warf.
„Verdammt! Ich wollte vor dem Aufbruch noch den Reservekanister in den Tank füllen. Bevor du und deine Verfolger aufgetaucht seid.“
Die Worte waren ihm einfach herausgerutscht, aber trotz des tosenden Fahrtwindes schien seine Begleiterin ihn gehört zu haben, denn sie beugte sich neugierig zu den Instrumenten herüber.
„Wie weit kommen wir damit noch?“
Mit schnellen Bewegungen Band sie sich das blaue Tuch wieder um den Kopf und vor das Gesicht, bis nur noch die Augen heraus stachen.
„Ich schätze um die dreißig Kilometer. Vierzig wenn wir langsamer fahren. Im Handschuhfach ist noch eine Staubschutzbrille, die kannst du dir nehmen. Durch das fehlende Dach und die niedrige Scheibe kommt ziemlich viel Wüste während der Fahrt hier rein.“
Dankbar nickte die Frau und durchwühlte dann das Staufach, bis sie die besagt Brille gefunden hatte.
„So etwas kann auch nur Menschen aus der Stadt einfallen. Ein Auto ohne Dach als Schutz vor der sengenden Sonne und mit einer Scheibe, die so niedrig ist, dass der Sand darüber hinweg genau in das Gesicht geweht wird. Aber wenigstens Allradantrieb und ein starker Motor. Fahr da rüber, die Oase Hadsch ist nicht weit entfernt und da treffen wir wahrscheinlich auch nicht auf meine Landsleute. Dort kannst du ruhen, den Tank auffüllen, was immer du willst. Vor allem aber kannst du da deinen Sonnenbrand kühlen.“
Kritisch blickte er in die angegebene Richtung und schüttelte dann vehement den Kopf.
„Das liegt nicht in meiner Richtung.“
Die bleierne Müdigkeit in Verbindung mit der trockenen Hitze trieb ihn fast in den Wahnsinn und der Adrenalinrausch der vergangenen Minuten neigte sich seinem Ende zu. Er würde rasten müssen, das war ihm bewusst, aber ihm war nicht wohl bei dem Gedanken daran, dies in der Nähe einer Tuareg tun zu müssen.
Die Wüstenbewohnerin schien seine Gedanken erraten zu haben und blickte ihn aus blutunterlaufenen Augen an, welche hinter den verspiegelten Gläsern der Staubschutzbrille kaum zu erkennen waren.
„Mein Name ist Sheila, Bleichgesicht und du hast mir das Leben gerettet. Diese Söhne räudiger Raptoren hätten mir die Kehle durchschnitten, natürlich nach der Stillung ihrer Gelüste an mir. Wir Tuareg nennen das eine Lebensschuld, die damit zwischen uns besteht. Du hast nichts von mir zu befürchten. Ich gebe dir mein Wort darauf.“
Träge klangen die Worte durch sein Gehirn, während er einen Gang zurück schaltete, um den Aeon die Steigung eines leichten Hügels bewältigen zu lassen.
Da sie keine Reaktion von Jeffrey erhielt, blickte sie wieder über die vorbei huschende Landschaft aus rötlichen Sanddünen und gleichfarbiger Steppe.
„Natürlich kannst du auch weiter mit Vollgas durch die große Wüste preschen, bis du einen Sonnenstich bekommst oder der Sekundenschlaf dich übermannt. Mach dir keine Gedanken, ich werde in jedem Fall bei dir sein.“
Murrend kam er zu dem Entschluss, dass seine Begleiterin mit ihren Einwänden wohl Recht hatte. Nur wenige Stunden unruhigen Schlafes ließen seine Reaktionen langsam werden und die schleichende Kopfschmerz wurde auf Dauer unerträglich.
Er durfte seine Mission nicht durch stures Festhalten an einer Planung riskieren, welche bereits kurz nach seiner Abreise durch Patrouillen der Senatsarmee undurchführbar geworden wurde.
„Also gut, wie weit ist diese Oase? Ich habe noch nie davon gehört!“
Mit einer kurzen Lenkbewegung ließ er den Aeon in die angegebene Richtung fahren und beschleunigte erneut.
„Nicht weit. In einer Stunde könne wir dort sein. Und das du noch nie davon gehört hast, liegt wohl daran, dass du ein Bleichgesicht bist. Wie oft warst du schon in der Wüste? Zwei mal zu Safaris und Jagten auf wilde Raptorenrudel? Immer in Begleitung einer Schutztruppe der Senatsarmee und bezahlten Tuareg?“
Mit routinierten Bewegungen packte sie die Rorynex Maschinenpistole und kontrollierte das gut gefüllte Magazin.
„Öfter. Fünf oder sechs Mal waren es bestimmt. Allerdings nie so weit hier draußen!“
Bedächtig nickte sie und wand sich dann wieder ab.
Er konnte nur hoffen, dass es die richtige Entscheidung war, der Frau zu trauen.
Wenn er sich irrte, hing sein Leben an einem seidenen Faden, der schnell von einem Scimitar durchtrennt werden konnte.

Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Methranar Gebirge
Runefels, Hauptstadt des Reiches der Medici

Urak Medici lehnte sich entspannt in dem bequemen Sessel zurück und blickte auf den Monitor, welches das wütende Gesicht der Hexenkönigin zeigte.
Der über achtzig Jahre alte Adlige faltete die Hände vor dem Bauch und überlegte sich seine folgenden Worte genau. Die momentane Situation bot die Möglichkeit die Macht der Medici massiv aus zu bauen und unglaubliche Gewinne mit dem Verkauf der von Ihren Unternehmen hergestellten Militärtechnik zu erwirtschaften, aber genau so gut konnte es das Ende seiner Linie bedeuten.
„Ich verstehe die Dringlichkeit eurer Anfrage nur zu gut, Mylady. Leider kann ich eurem Ersuchen nicht meine Zustimmung erteilen. Seht ihr, die Bedrohung durch die Söldner des Regenten haben Anfragen aus allen Ecken des Planeten bei uns eintreffen lassen und unsere Fabriken sind restlos ausgelastet mit der Bearbeitung dieser Aufträge. Was die zusätzliche Lieferung von Granaten und Raketen sowie Kühlflüssigkeit angeht, so bin ich sicher das wir euch als unserem treusten Kunden zusätzliche Ressourcen in einem vertretbaren Rahmen anbieten können. Ich werde meine Werksleiter anweisen, die normale Lieferung aufzustocken. Was jedoch den Ankauf gefechtstauglicher Fahrzeuge angeht, so muss ich euch dies zum momentanen Zeitpunkt leider verwehren.“
Mit steigendem Unbehagen registrierte er die funkelnden Augen der Asiatin, ließ sich jedoch von ihrem Blick nicht einschüchtern. Dutzende Warlords, Adlige und sogar der Senat von Ruthan hatten in der letzten Woche seit dem Sieg der Söldner über Qunatrills Raiders den Kontakt zu seinen Verkaufsbüros gesucht und auch die Schwarzmarktgeschäfte mit den Tuareg und Banditengruppen liefen auf Hochtouren.
Die Angestellten der Werke von Runefels, der Stadt in den tiefen Canyons der Methranar Gebirge, arbeiteten im Drei-Schicht-Betrieb um den so plötzlich angestiegenen Bedarf zu decken und spülten dabei Millionen an Werten in seine bereits gut gefüllte Schatulle.
Leider waren die Kapazitäten der herstellenden Fabriken endlich und nicht jeder seiner Kunden so gelassen, einen Platz auf der langen Warteliste zu akzeptieren.
Urak Medici befürchtete, dass die Hexenkönigin eine solche Kundin darstellte, bestand der geschäftliche Kontakt zwischen ihnen doch schon seit ihrer Landung auf Nito.
„Und dafür soll ich Ihnen dann auch noch dankbar sein, Urak? Ich benötige zusätzliche Waffen um die Bedrohung durch das Kind und seine angeheuerten Söldner beseitigen zu können. Die Munition und das Kühlmittel sind ein Anfang, aber ich erwarte im Sinne unserer geschäftlichen Beziehungen und deren eher delikate Hintergründe an eine etwas größere Beteiligung der Familie Medici. Es wäre doch zu schade, wenn unsere bisher für beide Seiten so lukrative Zusammenarbeit an die Öffentlichkeit dringen würde. All die Karawanen voller Nachschub für die Banditen und Rebellen, welche auf ihrem Weg durch die große Sandwüste auch von meinen Ronin gesichert werden. Die tausende an Tonnen günstigen Erzes aus meinen Minen, die euch eure Produktionszahlen erst ermöglichen. Eure indirekten Interventionen in verschiedenen Konflikten zwischen Adelshäusern des Planeten um die Kampfhandlungen in die Länge zu ziehen, damit ihr alle Parteien weiter beliefern könnt. Was wären das für interessante Gesprächsthemen auf der Konferenz von Layall.“
Wie in fast jedem der zurückliegenden Gespräche blieb die Stimme seiner Geschäftspartnerin fast emotionslos, aber er glaubte in den Augen einen Funken Freude zu erkennen.
Er atmete schwer aus und überdachte seinen eher geringen Handlungsspielraum die offene Drohung zu beantworten.
Wurden seine Machenschaften bekannt, würde er den Rückhalt einiger wichtiger Kunden verlieren und natürlich auch deren Kaufkraft. Zwar gab es nicht viele Produzenten hochwertiger militärischer Hardware auf dem Planeten, aber eine gewisse Konkurrenz war natürlich vorhanden.
Ganz zu schweigen von dem Sicherheitsaspekt welcher in einem solchen Szenario zum tragen kam.
Ruthan und Layall würden wegen des öffentlichen Drucks gezwungen sein, sich von seinem Haus abzuwenden, ganz zu schweigen von den kleineren Staatsgebilden.
Das Volk würde verlangen, dass die Medici entmachtet wurden und das konnte er nicht zulassen.
„Nun gut, meine Liebe, ich kann euren Argumenten schwerlich etwas entgegen setzen. Was also verlangt ihr?“
Sein gespielt versöhnlicher Gesichtsausdruck wurde auf gleiche Art erwidert, was seinen bereits beträchtlich strapazierten Geduldsfaden weiter beanspruchte.
„Seht ihr, Urak, es gibt keine Problematik, die man unter Verbündeten oder gar Freunden nicht zu überwinden vermag. Ihr werdet die Menge an Munition und Kühlflüssigkeit meiner normalen Lieferung verdoppeln und wie immer erwarte ich Ware bester Qualität. Nicht den Ramsch, welchen ihr an die Warlords verscherbelt.“
Mit einem unheilvollen Knurren notierte er sich den Punkt handschriftlich auf einem kleinen Stück Papier, obwohl ein brandneuer Comp nur wenige Zentimeter daneben auf seinem Schreibtisch lag.
Er hatte die digitalen Helferlein schon immer verachtet, kam aber nicht umhin, seinem Alter Tribut in Form geschriebener Erinnerungshilfen zu zollen.
„Weiter?“
Nun lächelte die Hexenkönigin auf ihre brutale Art und Weise, von der er wusste, dass sie kaum etwas Gutes zu bedeuten hatte.
„Eine Kompanie eurer mittelschweren Tiger Kampfpanzer sowie eine weitere Sand Devil Schwebepanzer. Mir ist durchaus bewusst, dass ihr dieses Material nicht auf Halde lagert, aber ich begnüge mich auch mit gebrauchtem Material aus euren Streitkräften, sofern die Besatzungen mitgeliefert werden.“
Das Lächeln war aus seinem Gesicht entwichen und er blickte den Monitor, welcher ihr Bild zeigte, einen Moment lang völlig irritiert an.
„Seit ihr völlig wahnsinnig? Von den Kosten dieser Menge an Ausrüstung einmal ganz abgesehen, ist die Gefahr, sie zu mir zurück verfolgen zu können enorm. Wenn auch nur einer der Soldaten von der Gegenseite gefangen genommen wird und unter Folter die Zugehörigkeit zu meinem Haus gesteht bin ich geliefert. Vergesst das lieber ganz schnell.“
Urak bereute seine Worte fast sofort, waren sie doch überdeutlich aus seinem vor Erregung verzerrten Mund geflossen. Seine sonst neutrale und diplomatische Art war aufgrund dieser Forderung völlig von ihm abgefallen.
Die Reaktion seiner Geschäftspartnerin schien dafür um so emotionsloser, fast schon einem nebensächlichen Gespräch gleich.
„Macht euch keine Gedanken, Medici. Ich versichere euch, dass es niemanden geben wird, der Gefangene machen könnte. Und selbst wenn, so verbreitet ihr, dass es desertierte Einheiten sind, mit denen ihr nichts zu schaffen habt. Soll erst einmal jemand das Gegenteil beweisen. Was die Kosten betrifft, so bucht es einfach unter einem Freundschaftsdienst und Investition in eine goldene Zukunft. Wenn meine Ronin mit den Söldnern fertig sind, wird die Nachfrage nach euren Rüstungsgütern schwindelerregende Höhen erreichen. Ihr werdet verlangen können, was immer ihr wollt und tief sitzende Angst wird die Käufer jeden auch noch so überzogenen Preis zahlen lassen!“
Mit einem kurzen Nicken akzeptierte Urak die Bedingungen, war er doch schon zu weit gegangen um jetzt einen Rückzieher zu machen.
„Ich werde sehen, welche Halsabschneider ich in den Gefängnissen von Runefels finden kann. Es wird schon einige geben, die sich gut in eure Mörderbande einzupassen vermögen. Eine grundlegende Ausbildung dürften wir in einem Monat hinbekommen und dann schicke ich euch die Galgenvögel zusammen mit der aufgestockten, regulären Lieferung.“
Erneut kratzte die Feder des Füllers über das Papier, während er konzentriert seine Notizen vervollständigte.
„Dann sind wir uns ja einig, Urak. Einen letzten Wunsch müsst ihr mir jedoch noch gewähren.“
Mitten in der Bewegung erstarrte die Feder und der Adlige schloss entnervt die Augenlider. Es dauerte einen kurzen Moment bis seine resignierende Stimme durch das Büro klang.
„Was noch?“
„Wie ihr wisst, sind Quantrills Raiders bei dem Gefecht um den Landzug ziemlich zusammen geschossen worden und kaum noch einsatzfähig. Der minderbemittelte Idiot hat zwei Drittel seiner Mechs verloren und der Rest hat teilweise schwere Schäden davon getragen. Seine Dependance aus dem Norden ist bereits auf dem Weg hierher, aber deren Maschinen sind eher zweite Wahl und müssten vollständig gewartet werden. Ich muss euch wohl nicht sagen, wie sehr ich auf diese Truppen angewiesen bin um die Söldner sicher nieder zu kämpfen. Meine Wartungsanlagen sind mit der Überholung der Maschinen der Ronin voll ausgelastet, ich wäre euch also zutiefst verbunden, wenn ihr Quantrills Bande übernehmen könntet.“
Erneut nickte er nur stoisch.
„Das dürfte kein Problem darstellen. Sagt ihm, er soll seine Mechs wie beim letzten Mal in kleineren Gruppen von zwei bis drei Maschinen durch die westliche Passage bringen. Meine Techs werden die Kennzeichung der Senatsarmee anbringen, damit das ganze einen Schein der Rechtmäßigkeit erhält. Die Kosten für die Wartung setze ich mit den üblichen Zinsen auf seine offene Rechnung. War das dann alles?“
Noch immer hatte das Lächeln das Gesicht der Hexenkönigin nicht verlassen, was darauf schließen ließ, dass noch nicht alle Forderungen gestellt waren.
Innerlich stählte er sich für eine erneute Frechheit, aber auf die folgenden Worte war er nicht gefasst.
„Nur noch eines, Urak Medici. Sobald Quantrill bei euch eingetroffen ist, übergebt ihr ihm das Ergebnis eures Hyperion Projektes. Damit sollten wir sicher stellen können, dass genügend Feuerkraft vorhanden ist um die Söldner zu ihren Vorfahren zu schicken.“
Sein Mund war mit einer überfallartigen Plötzlichkeit trocken und er konnte die Überraschung in seinem Blick nicht verbergen.
„Projekt Hyperion? Waren eure bisherigen Forderungen schon dreist, so giert ihr nun nach dem Unmöglichen! Ist euch eigentlich klar, welche Unsummen es verschlungen hat, dieses Vorhaben zu realisieren? Zudem stehen wir erst am Anfang. Drei Viertel der Einzelteile sind ungetestete Prototypen! Sündhaft teure und von Hand gebaute Einzelanfertigungen. Wir müssen noch unendlich viele Probeläufe absolvieren, bevor auch nur daran zu denken ist, das Versuchsexemplar einzusetzen. Bildet euch nicht ein, dass ihr einen Anspruch darauf hättet, nur weil ich euch gestattet habe, einige Komponenten im Feld zu testen.“
Seine wütenden Worte trafen auf eine sich verfinsternde Mine der Hexenkönigin.
Als diese seinen Ausbruch beantwortete, war ihr Tonfall kalt wie Eis.
„Es ist mir egal, wie viel es euch gekostet hat und auch eure Bedenken um die Einzelteile scheren mich nicht, Medici. Sorgt dafür, dass Quantrill das Projekt mit in die Schlacht führen kann oder ich schwöre euch, dass ich meine Ronin als erstes gegen euer Gebiet führe. Es steht außer Frage, dass der Prototyp im Kampf getestet wird, lediglich den Gegner könnt ihr wählen, Urak. Aber wählt weise, alter Mann, denn eine Fehlentscheidung wird euer Ende bedeuten!“
Danach erlosch der Bildschirm mit einem Flackern und ließ einen völlig perplexen Adligen zurück, der mit solch unverhohlenen Drohungen nicht umzugehen verstand.
Bedächtig legte er den Füllfederhalter zur Seite und starrte weiter auf den schwarzen Bildschirm.
„Du willst ihr doch nicht wirklich nachgeben, Vater? Hyperion wird das Vermögen unserer Familie bis in ferne Zukunft sichern. Es dieser Hexe in den Rachen zu werfen wäre eine Torheit.“
Tharun, sein ältester Sohn löste sich aus dem Schatten der Wand vor dem Schreibtisch und setzte sich in den durch die langen Jahrzehnte abgewetzten Bürostuhl gegenüber seines Vaters.
„Glaubst du wirklich, dass ich mich so lange als Oberhaupt dieser Familie gehalten hätte, wenn mir diese Tatsache nicht selbst klar wäre? Leider haben wir nicht die geringste Möglichkeit, dieses Opfer zu umgehen. Runefels hat nicht die Verteidigungsanlagen, die Nahatlan aufzubieten hat und unsere Panzer sind so gut wie machtlos gegen die Battlemechs der Hexenkönigin. Wenn wir nicht nachgeben, wird sie hierher kommen und sich holen, was sie begehrt. Wenn sie zuvor die Machenschaften publik werden lässt, welche die Basis unserer Macht darstellen, dann stehen wir alleine und werden unter gehen.“
Verdrossen blickte der alte Mann zu seinem Sohn, der sich beiläufig das mit Rüschen verzierte Hemd in hellblauer Farbe zurecht zupfte.
„Dann müssen wir unsere Verbündeten von unserer Unschuld überzeugen. Und auch davon, dass ein Bündnis mit uns zu ihrem Vorteil gereicht. Wenn wir Zweifel über die Glaubwürdigkeit der Informationen säen können stehen einige davon vielleicht trotz allem an unserer Seite.“
Energisch schüttelte Urak den Kopf, wobei eine Strähne des langen, grauen Haares in sein Gesicht rutschte.
„An unserer Seite stehen? Gegen die Hexenkönigin? Das ist lachhaft! Ruthan ist im Geheimen mit ihr verbündet und Layall so neutral wie klares Wasser. Der Rest würde keinen Unterschied machen, selbst wenn jeder Warlord und niedere Adlige des Planeten uns unterstützen würde. Und seien wir ehrlich, drei Viertel davon haben wir in Konflikten beliefert. Wenn bekannt wird, dass wir alle Seiten versorgt haben, werden die nicht erfreut sein.“
Tharun hatte das Zupfen an seiner Kleidung beendet und sah zu seinem Erzeuger herüber.
„Dann bleibt noch immer Nahatlan, Vater. Wenn wir unsere Truppen mit denen des Regenten verbünden würden, könnten wir die Hexe besiegen, genau wie jeden anderen Gegner auf Nito.“
Die Reaktion des alten Adligen kam so plötzlich und mit einer solchen Heftigkeit, dass Tharun zusammen zuckte und erschrocken die Augen aufriss.
Urak Medici sprang aus seinem Bürosessel auf die Beine, hämmerte beide Fäuste mit Macht auf die Tischplatte und brüllte seine Erwiderung mit Speicheltropfen in das Gesicht seines Sohnes.
„Mit diesem Kind verbünden? Lieber reiße ich alles mit meinen eigenen Händen ein, was diese hier in Jahrzehnten aufgebaut haben. Lieber sehe ich zu, wie die Früchte meiner Arbeit verbrennen, als sie mit einem Bastard zu teilen, dessen Eltern mit ihrem Pazifismus unsere Familie fast in den Ruin getrieben hätten. Sollte ich noch einmal nach Nahatlan zurückkehren, dann nur mit einer Waffe in der Hand und der festen Absicht, das Magazin in die Brust des Regenten zu entleeren!“
Wütend wand sich der alte Adlige von seinem Sohn ab und ging mit nervösen Schritten in dem großen Arbeitszimmer auf und ab. Immer wieder blieb sein Blick auf der überdimensionalen Karte des Planeten hängen, welche eine ganze Wand des Büros zierte.
„Nein, es muss einen anderen Weg geben. Eine Möglichkeit den Status Quo wieder her zu stellen.“
Nachdenklich legte er die Stirn in Falten, als ein Plan sich in seinem Gehirn zu entwickeln begann. Er stand nun direkt vor der Weltkarte und blickte konzentriert auf die einzelnen, farbig markierten Regionen.
„Tharun, wie ist der Status unserer Lieferungen?“
Der junge Medici brauchte keinen Blick auf den Comp in seiner Tasche zu verschwenden, er kannte seine Zahlen und all die dazu gehörenden Statusberichte auswendig.
„Wir haben zwei Karawanen auf dem Weg. Eine in das Herzogtum derer zu Wallis mit Fahrzeugen und Munition, die andere zu einer kleineren Banditengruppe in der großen Sandwüste. Ist ebenfalls mit Munition, Schwebepanzern und auch Kühlmittel sowie Ersatzteilen für Mechs beladen. Eine Bergungscrew im Grenzgebiet von Ruthan hat wohl sein Schmiergeld an die Senatsarmee nicht entrichtet, was dazu führte, dass die Position des Camps sowie die Patrouillenrouten an die Banditen verkauft wurde. Wir erhalten den gesamten Gewinn der Aktion, bis die Lieferung abbezahlt ist. Wenn die Angaben der Banditen stimmen, so könnte das ein lohnendes Geschäft für uns werden. Eine weitere Karawane verlässt morgen Runefels Richtung Ularena um Warlord Gregoris mit schweren Waffen für seinen Angriff auf die umliegenden Gebiete zu versorgen. Eine ganze Lanze schwerer Tiger Panzer sollte ihm die Überlegenheit im Angriffskorridor sichern. Im Gegenzug erhalten wir die Schürfrechte für einige ergiebige Goldminen in den eroberten Regionen, für welche wir bereits Lizenzen an Subunternehmen vergeben haben. Die Fahrzeuge dreier weiterer Karawanen stehen in den Verladehallen bereit und werden für kommende Reisen fertig gemacht. Eine davon ist für die Hexenkönigin bestimmt.“
Noch immer konzentriert auf die Karte starrend nickte Urak Medici bedächtig und schätzte dabei die Gefahren seines Planes ein.
Es würde ein gefährliches Spiel werden, aber die Möglichkeiten, profitable Geschäfte ab zu schließen überwogen diese bei weitem.
„Perfekt! Die Lieferung für Gregoris wird wie geplant durchgeführt. Es hängt zu viel an diesen Schürfrechten um hier eine Verzögerung zu riskieren. Der Fürst von Wallis ist ein ebenso wichtiger Verbündeter. Und er zahlt immer im Voraus. Biete ihm für die nächste Karawane einen Rabatt von zehn Prozent für seine Treue an und wenn er darauf eingeht, dann leite die Karawane für die Banditen zu ihm um. Dass sollte uns sein Wohlwollen sichern. Diese Wüstenhalunken sind mir egal und wenn sie wirklich wertvolles Bergungsgut erbeuten, so können wir noch immer mit ihnen verhandeln. Fürs Erste wird es keine Lieferungen an Banditen oder Rebellen geben, ausgenommen die erweiterte Karawane für die Ronin und die Versorgung von Quantrills Bastarden. Wenn sie von uns keinen Nachschub bekommen, werden die kleineren Einheiten gierige Blicke auf die Nachschubdepots der Warlords und Adelshäuser werfen und das sollte eine ganze Reihe von Angriffen provozieren.“
Mit gemessenen Schritten kehrte Urak Medici zu seinem Schreibtisch zurück und ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer in den gemütlichen Sessel fallen, während sein Sohn ihn mit verständnislosem Blick betrachtete.
„Und welche Besserung unserer Situation erwartest du in einem Klima der allgemeinen Kampfhandlungen? Wie soll uns das helfen, Vater?“
Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf das Gesicht des greisen Adligen und er legte die Fingerspitzen beider Hände vor seinem Gesicht aufeinander, wobei die Kuppen der Zeigefinger seine Lippen berührten.
„Das werde ich dir sagen, mein Sohn. Während wir unsere Verbündeten mit Waffen ausstatten, erzeugen wir eine Atmosphäre der allgemeinen Angst vor Banditenangriffen. Ob es nun die Einheiten der Hexenkönigin sind oder auch nicht ist völlig unerheblich. Gleichzeitig wirst du an der Versammlung des Adels in Layall teilnehmen, an der Seite des siegreichen Gregoris und dem Abgesandten von Wallis. Du wirst die Gerüchteküche über eine mögliche Gefahr der Banditen anheizen und uns einige vertrauenswürdige Verbündete verschaffen. Ködere sie mit zusätzlichen Waffenlieferungen oder bestich sie mit Geld wenn es sein muss. Sobald diese schlitzäugige Wüstenhexe die Söldner von Nahatlan mit den zusätzlichen Waffen und Projekt Hyperion vernichtet hat, werden die Adligen etwas unternehmen müssen, weil sie die Gefahr dann nicht mehr leugnen können. Wir werden das Bündnis anführen, welches die vom Kampf geschwächten Ronin zerschlägt und dann wird man ihrer Anführerin auch keinen Glauben mehr schenken, egal welche Wahrheiten sie Preis gibt. Danach etablieren wir einen etwas weniger machthungrigen Banditen als König der Wüste um die beständige Bedrohungslage aufrecht zu erhalten. Ruthan verliert einen seiner mächtigsten Verbündeten, der Regent sitzt wieder alleine und hilflos in Nahatlan fest, wir zerschlagen die Gefahr der Hexenkönigin und im Anschluss das von uns geschaffene Bündnis, in dem wir Intrigen innerhalb der Adelshäuser spinnen und beliefern in den aufflammenden Konflikten jeden mit Waffen und Munition, der es sich leisten kann, wobei Projekt Hyperion uns vor all zu gieriger Opposition schützt.“
Tharun Medici betrachtete seinen Vater mit Argwohn, dessen Augen noch immer mit fiebrigem Glanz in die Ferne blickten.
„Wenn wir diesen Plan in die Tat umsetzen, so bedeutet das Krieg für den gesamten Planeten und für eine sehr, sehr lange Zeit.“
Seine warnenden Worte verhallten in der Stille des Arbeitszimmers.
„Dieser Plan bedeutet viel mehr, mein Junge. Er bedeutet Unmengen an Geld und Einfluss, Innovation und Fortschritt begleitet von dem Dank unserer treuen Kunden. Wir werden das mächtigste Adelshaus auf Nito sein!“
Thema: Kritik: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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29.07.2016 21:26 Forum: Kurzgeschichten


Hallo Cattaneo,

also wenn dass nicht hierher gehört Augenzwinkern

Ich beziehe mich auf genau deine Worte: ...keine "netten" Leute in unserem heutigen Verständnis...
"Ceterum censeo Carthaginem esse delendam"
"Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss!"
Ein Ausspruch Cato des Älteren, mit dem er das Grab für eine ganze Stadt schaufelte (der war übrigens eher von der gemäßigten Fraktion).

Der römische Senat bestand lange Zeit nur aus Patriziern, die ihre eigene Macht anhäufen wollten, denen es um Ansehen und Einfluss ging. Dabei erging es ihnen nicht schlecht und ein Großteil feierte verschiedenen Quellen zufolge genau solche Orgien, wie ich sie beschrieben habe (samt Kampf bis zum Tod und Lustsklaven (männlich wie weiblich)...

Das spinnen von Intriegen gehörte genau so zum guten Ton wie Meuchelmord an Gegenspielern (in besonders extremen Fällen nannte man das einfach vom Tyrannen befreien - übersetzt... mehrere Senatoren lächeln einem der Ihren ins Gesicht und stoßen ihm dann Dolche in den Rücken...)

Es mag sein, dass es auch saubere Vertreter dieses Standes gab... die gibt es bei mir auch... aber die wirklich großen Leute, die sich ihre Sporen da verdient haben, waren danach wirklich mit Blut besudelt!

Erobern konnten die Römer ihr Weltreich, weil ihre Taktiken und das Kriegsgerät sowie die Organisation des Nachschubs fortschrittlich waren.
Verwalten konnten Sie es durch Bündnisse mit besiegten einheimischen Völkern und ein System sesshaft werdender römischer Bürger und ehemaliger Legionäre.
Die Erfolge des römischen Imperiums beruhten auf seinem Zusammenhalt und einzelnen, herausragenden Persönlichkeiten.

Weder konnte der Senat große militärische Erfolge verbuchen, noch konnte er schwere Verfehlungen verhindern (zum Beispiel Nero an der Macht).

Sorry, aber meinen Recherchen zufolge war der Senat von Rom genau das, was ich beschrieben habe. Ein Haufen machtgeiler, intriganter und nach Blut & Gold schreiender Sadisten (mit wenigen Ausnahmen).

Taras
Thema: Kritik: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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28.07.2016 21:36 Forum: Kurzgeschichten


Hallo Thorsten,

es freut mich wirklich, so viele "alte" Gesichter hier wieder zu "sehen".
Ich hoffe, dass die zwei Tage Ablenkung nicht zuviel deiner Kreativität gefressen haben. Ich bin noch immer ein fleissiger Leser der Chevaliers.

Danke für dein Lob, was die militärischen Aktionen und den Erzählstil angeht und auch, dass du dir die Mühe gemacht hast, diese ausführliche Bewertung ab zu geben.

Was deine Kritikpunkte angeht, so hatte Wilhelm noch nicht genügend Chancen, seine bösen Seiten zu zeigen und eigentlich dachte ich, dass der Name von Strang bereits genug Unmut ausbrechen lassen würde.

Die Senatoren von Nahatlan sind genau so geworden wie ich sie mir gewünscht hatte, ein Abbild des römischen Senats mit einigen wenigen gemäßigten Köpfen. Überzogen... auf jeden Fall... unglaubwürdig... würde ich so nicht unterschreiben.

Die Kooperation mit der Hexenkönigin könnte den restlichen Adel des Planeten gegen Ruthan aufbringen und so zu Bündnissen führen, die nicht gewünscht sind. Auch wirtschaftliche Nachteile müssen ja berücksichtigt werden.

Nach einem eingehenden Lesen des Textes kann ich deine Kritik an den verführerisch schönen Frauen nicht nachvollziehen. Nur drei werden überhaupt als schön bezeichnet.
Das es allerdings eine ganze Menge sind... nun ja... da gebe ich dir Recht.

Das Regentenpaar ist dann wieder so eine Sache. Hier werde ich mich mit deiner Kritik in mein stilles Kämmerlein zurückziehen und einige grundlegende Wesenszüge überdenken müssen.
Vielen Dank für den Hinweis.

Und toll, dass du an der Geschichte der Kürassiere dranbleiben willst. Das fordert mich immens, sie weiter zu schreiben. Ich werde mich anstrengen, versprochen.

Taras
Thema: Kritik: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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26.07.2016 12:45 Forum: Kurzgeschichten


So, ein neuer Part ist on.

Viel Spaß beim lesen.

Gruß

Taras Amaris
Thema: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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26.07.2016 12:44 Forum: Kurzgeschichten


Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Nahatlan im Telai Gebirge
Hauptquartier von Des Teufels Kürassiere
Büro Syntagmatarchis Wilhelm von Strang

23. Juli 3062

Wilhelm saß gedankenverloren in dem bequemen Sessel hinter dem massiven Schreibtisch aus dunklem Hartholz, welcher sein neues Büro im Stabsgebäude der Kürassiere dominierte. Das in einen dicken Verband gehüllte Bein hatte er auf der Tischplatte abgelegt und starrte auf das Bild seines Vorfahren, welches er neben der hohen Eingangstüre hatte anbringen lassen.
Wie im Flug war die letzte Woche seit ihrer Ankunft in Nahatlan vergangen und die kurzen Momente der Besinnung spärlich gesät.
Und was das für eine Woche gewesen war.
Die Begegnung mit der Vergangenheit seiner Familie und der Anschlag auf den Regenten waren lediglich die Höhepunkte gewesen und wurden von langwierigen Besprechungen mit den verschiedenen Vertretern des Militärs des Regenten abgelöst. Ab Tag vier hatten seine Kürassiere dann ihren Ausbildungsauftrag wahr genommen und zusammen mit der Miliz und der königlichen Garde trainiert.
Und die Zusammenarbeit stand ganz oben auf seiner persönlichen Liste der erfreulichen Ereignisse.
Die Soldaten von Nahatlan waren lernwillig und hatten in weiten Teilen einen bereits hohen Ausbildungsgrad. Ihre Ausrüstung wurde von den Techs der Waffenwerke perfekt in Schuss gehalten und Wilhelm zweifelte nicht an der Tatsache, dass jeder Angreifer es mit diesen Verteidigern schwer haben würde.
Einzig die fehlende Kampferfahrung war die Achillesferse der Truppen.
Und einer der Gründe warum er hier war.
Die Sicherung des Reiches des Regenten wurde im Umland des Gebirges entschieden, das bis jetzt Rebellen, Banditen und den Tuareg beherrschten. Eine untragbare Situation, lähmte sie doch den freien Handel zwischen den Gebieten und bot sichere Aufmarschgebiete für interessierte Invasoren.
Die Lösung schien einfach.
Sicherung des Gebietes unter Einsatz militärischer Mittel.
Dies stellte ihn jedoch vor schwerwiegende Probleme.
Seine Kürassiere waren eine Sturmkompanie, ausgerüstet mit größtenteils schweren und überschweren Battlemechs, die mit Ihrer niedrigen Höchstgeschwindigkeit keine Chance hatten, die flinken Einheiten der Gegner zu stellen. Selbst seine Scoutlanze bestand aus mittelschweren Maschinen die nur leidlich dieser Aufgabe gewachsen waren.
Durch die fehlende Satellitenaufklärung war es fast unmöglich, den Gegner zu verfolgen und die zahlreichen Helikopter hatten nur eine begrenzte Reichweite und mussten während der unregelmäßig auftretenden Sandstürme sofort Notlanden.
Und doch hatte Wilhelm einen Weg gefunden, die Initiative in diesem Krieg auf seine Seite zu bringen, ohne die Verteidigung Nahatlans entscheidend zu schwächen.
Wenn sein Plan aufging, hatten sie große Chancen, die Steppe von gegnerischen Truppen zu säubern und dabei entscheidendes Material zu erbeuten.
Außerdem schwächte jede geschlagene Banditeneinheit die Hexenkönigin, basierte ein Großteil Ihrer Macht doch auf den verbündeten Schurken auf.
Ein kurzes Klopfen hallte von der Tür durch den hohen Raum und riss ihn aus seinen düsteren Überlegungen.
„Herein, wenn es gute Nachrichten gibt. Sonst scheer dich zum Teufel!“
Unter großen Schmerzen hievte er das verletzte Bein von der Tischplatte mit ihrer feinen Maserung als die Tür bereits geöffnet wurde.
„Welch eine unrühmliche Begrüßung für deine treuen Untergebenen, die sich lediglich nach deinem Zustand erkundigen möchten.“
Zumwald stapfte, in einen völlig verdreckten Overall gekleidet, in das Büro, eine große Box frittierten Raptorenfleisches unter dem Arm und ein Sixpack Bier in der Hand, gefolgt von Mia und Major Fitzgerald, welcher die Tür hinter sich wieder schloss.
„Ich würde mich freuen, wenn diese Aussage den Tatsachen entspräche, aber Aufgrund deiner Ausstattung gehe ich jedoch eher davon aus, dass ihr nur das gleich beginnende Manöver von meinem Holotank aus beobachten wollt.“
Mit gespieltem Erstaunen blieb der dickbäuchige Mastertech vor dem Schreibtisch stehen und stellte die Snacks wie auch das Bier darauf ab.
„Es gibt ein Manöver? Wirklich? Na dann schalte ich besagtes Gerät doch gleich mal ein. Gut, dass du uns daran erinnert hast!“
Mit einem fröhlichen Lied auf den pfeifenden Lippen marschierte Zumwald zu dem Zugang des altehrwürdigen, röhrenförmigen Gefechtsdarstellungssystems, welches an eine Wand des Büros grenzte und begann sofort damit, gut gelaunt auf den Eingabefeldern herum zu tippen.
Der säuerliche Blick von Wilhelm schien ihn nicht im geringsten bei seinem Tun zu stören.
„Rührt deine schlechte Laune noch von der Verletzung her oder von dem Papierkram, der sich hier stapelt?“
Mia trug wie gewohnt die schwarz-rote Ausgehuniform der Kürassiere und hatte sich auf das bequeme Sofa gelümmelt, welches für Besucher vorgesehen war und gegenüber dem Zugang des Holotanks stand.
Der Gardist stand neben ihr, lässig an die Wand gelehnt und gluckste nur schadenfroh über die Worte und den weiterhin giftigen Blick des Angesprochenen.
„Es könnte natürlich auch daran liegen, dass er seit Tagen nicht in der Nähe seines Mechs war. Für Menschen, die eine Kriegsmaschine als Verlängerung des Genitals sehen, ist eine solche Situation natürlich im Hinblick auf den Gemütszustand fatal.“
Die Worte des noch immer konzentriert auf die Anzeigen blickenden Mastertechs brachten schallendes Gelächter aus der Richtung der Couch hervor, was nicht dazu angetan war, seine Gemütslage auch nur um ein Quäntchen zu bessern.
„Ich trete dir gleich meinen Stiefel so tief in den fetten Hintern, dass du auf den Mandeln herumkauen kannst, Zumwald. Mia, nimm deine dreckigen Stiefel von meiner Couch. Das ist eine fast 300 Jahre alte Antiquität, an der du gerade den Staub und Dreck des Paradeplatzes abstreifst. Und Major Fitzgerald, es gibt genügend Sitzgelegenheiten in diesem Traum eines Büros. Von mir aus pflanzen sie ihren Arsch auf den polierten Parkettboden, aber nehmen sie mit Ihrer Schulter Abstand von der historischen Wandmalerei.“
Den ruhig gesprochenen Worten folgte eine fast greifbare Stille, während sich Fitzgerald schuldbewusst auf der Couch nieder ließ und Mia züchtig die Beine vor sich stellte.
„Verdammte Banausen! Einmal gibt man mir eine schöne Umgebung für meine Arbeit und ihr verhaltet euch als wären wir im Feld.“
Mit einer routinierten Bewegung angelte er sich eine Flasche des kühlen Bieres, setzte den Rand des Deckels an der Kante des Schreibtisches an und schlug dann darauf, bevor sich die Aktion in den Windungen seines Gehirns manifestiert hatte.
Das ploppende Geräusch des fort springenden Deckels mischte sich unter das protestierende Knirschen des alten Holzes und er schloss entnervt die Augen.
Verdammt!
„Nicht ein Wort! Wenn ich auch nur ein leises Lachen vernehme landet ihr alle vor dem nächsten Erschießungskommando!“
Noch bevor er eine Antwort auf die Aussage erhalten konnte, klopfte es erneut leise an der Tür.
„Herrje, ist das hier ein Kino oder ein Bahnhof? Wer will jetzt was?“
Aufgebracht erhob er sich trotz der Schmerzen in dem Bein aus dem Sessel und stützte die Fäuste auf den Schreibtisch.
Sein Zorn verflog jedoch augenblicklich, als die schlanke Gestalt des Regenten durch die sich erneut öffnende Tür trat.
Die beiden Offiziere auf der Couch sprangen sofort auf und nahmen Haltung an, wie auch Zumwald, der gerade den Holotank summend zum Leben erweckt hatte.
„Na na, Syntagmatarchis von Strang. Von meinem Offizierskorps erwarte ich einwandfreie Manieren und Umgangsformen außer im Umgang mit Gegnern. Nehmen sie sich ein Beispiel an ihrer Stellvertreterin und meinem Gardisten.“
Lachend durchquerte der in eine Uniform der Garde gehüllte Adlige den Raum und schüttelte Wilhelm freundlich die Hand, bevor er ein längliches Päckchen auf dem Schreibtisch ablegte.
„Ich wollte ihnen den Säbel und die Laserpistole vorbei bringen. Beides kommt direkt aus der Abteilung für Dekontamination und sie können es nun ohne Bedenken wieder verwenden.“
Dankbar nickte er und begann, die beiden Waffen aus dem Stoff zu wickeln, in den sie von fürsorglichen Händen verpackt worden waren.
„Außerdem wollte ich es mir nicht nehmen lassen, die Fortschritte ihres Trainingsprogramms von einem Holotank aus zu bewundern. Mein Thronsaal ist ja leider noch nicht vollständig von den giftigen Rückständen des Gases befreit und wie ich sehe, haben sie bereits für eine dem Anlass entsprechende Verpflegung gesorgt.“
Von der irrealen Situation völlig überrumpelt fand Wilhelm keine Worte, was der junge Adlige erneut mit einem Lächeln quittierte.
„Ich darf mich bedienen?“
Gerade als der Regent nach einer der Bierflaschen griff, entfuhr Zumwald ein ächzendes Stöhnen, was wiederum die Aufmerksamkeit des Jugendlichen erregte.
„Kann man Ihnen helfen, Mastertech?“
Die Gedankengänge waren förmlich in den Augen des dicken Techs zu sehen, genau wie auch die Frage, wie er sich aus dieser brenzligen Situation befreien konnte.
„Das Bier, Exzellenz. Auf dem Etikett steht, dass der Genuss alkoholischer Getränke Personen vorbehalten ist, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben.“
Ein kurzes Stirnrunzeln begleitete die konzentriert lesenden Augen des Regenten, dann erschien wieder das bekannte Lächeln auf seinen Gesichtszügen.
„Oh, ihr habt Recht, Mastertech. Darf ich eure Aufmerksamkeit jedoch auf den Absatz darunter lenken, welcher besagt, dass der Genuss zu Fettleibigkeit führen kann? Da ihr offensichtlich bereits seit Jahren diese Warnung außer Acht lasst, werde ich mir erlauben, das von euch angesprochene und von mir persönlich verfasste Gesetz für den heutigen Tag und innerhalb dieses Raumes außer Kraft zu setzen.“
Damit fischte sich der Adlige ein Stück des frittierten Fleisches aus der Box und öffnete unter lautem Zischen die Flasche, gefolgt von einem tiefen Schluck der goldgelben Flüssigkeit.
„Aaah. Viel besser. Irgendeinen Vorteil muss diese Position ja haben, wenn man schon von Kommandosoldaten gejagt und mit Giftgas beworfen wir. Und jetzt lasst uns doch sehen, wie meine Truppen sich in einem spannenden Manöver schlagen, meine Herren. Meine Dame.“
Mit einer jugendlichen Leichtigkeit passierte der Adlige den perplexen Tech und marschierte in den Holotank, in dessen Inneren sich bereits das computergenerierte Schlachtfeld aufgebaut hatte.
Mit einem leichten Kopfschütteln folgte auch Wilhelm seinem Dienstherren wie auch Fitzgerald es tat.
Zuletzt ging Mia lächelnd an dem Mastertech vorbei. Ihre Stimme war nur ein Flüstern in dem hübschen Gesicht.
„Fettleibigkeit, Zumwald. Das bedeutet, dass du ein fetter Lappen bist.“
Der Ellenbogenstoß war leicht, erzeugte jedoch ein wütendes Funkeln in den Augen des Techs.
„Ich bin fett, du bist hässlich. Ich kann abnehmen und was kannst du?“
Seine Worte verfehlten nicht ihre Wirkung.
Schnell wandte sie sich zu ihm um und funkelte nun ebenfalls aus verführerischen Augen.
„Es ist merkwürdig, wie du um eine Niederlage gegen mich im Kreis der Gleichen bettelst, Tech. Aber solltest du das wirklich wünschen, so werde ich deiner Bitte gern nachkommen!“
Sekundenbruchteile herrschte Stille zwischen den beiden, dann zuckte Zumwald mit den Achseln.
„Nein, Mia, dafür kennen wir uns zu lange. Ich möchte dir nicht weh tun. Aber denke daran, wer deine Cockpitluke verschließt, bevor du in ein Gefecht ziehst. Das bin ich. Dann denke daran, wer in der Lage wäre, das Belüftungssystem deiner Maschine zu sabotieren, so dass es nur die Luft um dich herum umwälzt. Genau, das bin ebenfalls ich. Und nun darfst du drei Mal raten wessen fetten Arsch du als letztes sehen wirst, während dieser ausgiebig in deine Kanzel furzt, kurz bevor die Luke geschlossen ist.“
Damit nahm der dicke Mastertech die Box wie auch das restliche Bier von dem Schreibtisch und stolzierte siegesgewiss in den Holotank.
„Mir wird gerade schlecht! Das würdest du elender Stravag nicht wagen. Oder? Oder?“
Ein ermahnender Blick Wilhelms brachte die beiden Streithähne zum schweigen, gerade rechtzeitig als ein alter Lautsprecher knackend die Arbeit aufnahm und die ruhige Stimme eines Techs durch die geräumige Röhre plärrte.
„Kontrollzentrum Garde, alle Systeme online. Datenverbindung zu den einzelnen Schulungseinrichtungen hergestellt. Wild Weasel in Position. Hetzer-Gruppe in Position. Computer startet Szenario in einer Minute!“
Erneut musste er die technische Ausrüstung der Streitkräfte von Nahatlan bewundern. Da der größte Teil der Täler dicht bebaut und besiedelt war, würde das Manöver auf den Weiten des stillen Meeres statt finden, dem hunderte Quadratkilometer großen Wasserreservoir des Reiches.
Möglich wurde dies durch ein ausgeklügeltes Computersystem aus den Tagen vor dem Amaris-Putsch, welches die Kommandozentrale der Garde mit den einzelnen Akademien verband, die über Trainingssimulatoren für Battlemechkrieger verfügten.
Für die Piloten in den Simulatoren würde es aussehen, als steuerten sie Ihre Maschinen durch die sandige Wüstenlandschaft Nitos, während spezielle Helmdisplays diesen Eindruck auch bei den Besatzungen der eingesetzten Schweber erzeugten.
Mit dem Unterschied, dass diese mit hoher Geschwindigkeit über die Wassermassen rasten.
Die drei Lanzen Harasser Schwebepanzer hatte Wilhelm beim Studium der Ausrüstungslisten gefunden, versteckt und verstaubt in den hintersten Winkeln eines Depots der Miliz, welche sie vor Jahrzehnten dort eingelagert und dann vergessen hatte.
Seinerzeit waren die schnellen und gut bewaffneten Scouts angeschafft worden, um Patrouillendienst in den Wüstenregionen zu schieben, aber als die Position der Streitkräfte des Regenten immer weiter in die Defensive gepresst worden war, hatte man diese Pläne aufgegeben und in besser für die Verteidigung ausgelegte Kettenfahrzeuge investiert.
Nach einer kurzen Grundüberholung und Ausschreibung für die Bewerbung von Crews innerhalb der Miliz und Garde waren die Fahrzeuge nun Kern seiner Strategie.
Einer Strategie die sich heute in diesem Manöver würde beweisen müssen.
Da weder Infanterie noch langsame Kettenfahrzeuge oder Kavallerie in seinen Planungen eine übergeordnete Rolle spielten, war ihre Teilnahme nicht vorgesehen.
Schon bewegten sich die nahezu durchsichtigen Nachbildungen der leichten Schwebepanzer von der Küste weg, hinaus in die Wüstenlandschaft, welche eigentlich ein ruhiges Gewässer war. Hoch über ihnen zogen vier Kampfhubschrauber aufgeteilt in zwei Gruppen langsam Kreise.
„Es geht los! Können die Herren vielleicht wenigstens so tun als wären Sie gespannt auf die kommende Schlacht?“
Der Regent schien von den Geschehnissen völlig gebannt zu sein, obwohl noch kein einziger Schuss gefallen war. Trotz seines erwachsenen Auftretens und der harten, adligen Schale versteckte sich in der schmucken, grünen Gardeuniform zweifelsohne ein gerade heranwachsender Jugendlicher.
„Da kommen unsere Mechs, eure Exzellenz!“
Major Fitzgerald deutete an eine Stelle, etwas von den nun Geschwindigkeit aufnehmenden Schwebern entfernt, an der sich die Silhouetten einer verstärkten Battlemechkompanie abzeichnete.
Die auseinandergezogene Formation war Teil seiner Planung und Wilhelm stellte erfreut fest, dass bis jetzt alles nach Vorschrift verlief.
Bis auf seinen Charon und Mia's Phoenix waren die Kürassiere vollständig auf der holographischen Darstellung vertreten, wobei seine Position von einer Königskrabbe der Garde eingenommen wurde und die seiner Stellvertreterin von einem Dunkelfalken der Miliz.
Li Chang, die Pilotin der Firebee hatte seinen Vorschlag, auf den erbeuteten Tomahawk umzusteigen aufgegriffen wie auch Wyatt Callahan, der das Streitross statt seinem Ymir steuerte. Nele Kreese stapfte mit der Darstellung eines Kampfschützen über die flimmernde Landschaft und er war froh zu sehen, dass die unerfahrene Pilotin mit dem schweren Mech zurecht zu kommen schien.
Als hätte er seine Gedanken erraten spülte Zumwald einen Bissen Raptorenfleisches mit einem Schluck Bier hinunter und legte dann seine Stirn in Falten.
„Der Tomahawk ist so gut wie einsatzfähig. Es fehlen nur noch einige Monitore und technische Installationen die bei dem Raketeneinschlag zu Bruch gegangen sind. Die Techs von Miles leisten herausragende Arbeit. Im Drei-Schicht-Betrieb ackern sie mit unserer Unterstützung an den Maschinen. Der Kampfschütze ist ebenfalls fast wieder kampfbereit. Vielleicht noch drei Tage. Das Streitross ist und bleibt unser Sorgenkind. Der Reaktor ist hin, genau wie die Panzerung und ein Großteil der Elektronik. Kühlsystem, Aktivatoren, Myomerstruktur, dass alles wurde in den letzten Jahren von dem Vorbesitzer ziemlich vernachlässigt. Alles völlig verlottert und reparaturbedürftig. Wir haben uns zu einem vollständigen Stripping entschieden, dem ein Neuaufbau folgen wird. Wenn wir damit fertig sind, wirst du ihn nicht wieder erkennen. 1A5 Modell mit einer Mammutkanone. Im Nahbereich ein echter Zuwachs für die Kampflanze. Den Heuschreck, Centurion sowie die Reste des Daboku haben wir an die Garde abgegeben, genau wie die Beutestücke des Vulkan. Im Gegenzug haben wir das gut erhaltene Wrack eines Ostroc erhalten, welches wir mit den Teilen aus dem Ostwar wieder zum Laufen bringen können. Der von den Milizionären abgekaufte Derwisch steht wieder ganz gut da, aber die restlichen beiden Wracks, welche du dir an Stelle der Kopfgelder für die erlegten Banditen ausgesucht hast bereiten mir und meinen Techs einiges an Kopfzerbrechen. Es hatte einen Grund, warum die ungenutzt in den Lagerhallen vor sich hin gerottet haben, Will. Beide stammen aus der Zeit des SBVS Angriffs auf den Planeten und haben hunderte von Jahren unter dem Sand und Staub der Wüste geschlafen. Wenn du mich fragst, hätte man das auch so belassen sollen. Es wird Wochen dauern, bis der Pirscher wieder bewegungsfähig ist und bei dem Cestus bin ich mir gar nicht sicher ob wir das überhaupt hin bekommen.“
Nachdenklich nickte er, ohne die Geschehnisse auf dem simulierten Schlachtfeld aus den Augen zu lassen.
„Die beiden werden einiges an Arbeitsstunden fressen, dass war mir von vornherein klar, Zumwald. Wenn wir uns aber mit dem halben Planeten anlegen, dann brauche ich Maschinen die austeilen und einstecken können. Mit der zusätzlichen Lanze hätten wir genug Feuerkraft und Standhaftigkeit im Gefecht um einen Feldzug gegen die Hexenkönigin zu starten. Also tut was ihr könnt, du und deine Jungs. Ihr bekommt das schon hin.“
Das Murren des wieder mampfenden Mastertechs ging in einer Meldung aus dem Lautsprecher fast unter.
„Truppen haben Zielgebiet erreicht. Computer generiert gegnerische Einheiten.“
Endlich ging es los.

Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Nahatlan im Telai Gebirge
Akademie der königlichen Garde
Simulatorenkammer

23. Juli 3062

Tin Hinan strich sich eine Locke ihres langen, schwarzen Haares aus dem Gesicht, welche unter dem schweren Neurohelm hervor ragte, bevor sie die abgenutzten Kontrollen der Simulatorkanzel wieder ergriff.
„Persien von Rage, Schwesterherz, unsere schweren Jungs fallen wie geplant zurück. Die Schweber machen vor uns das Licht an. Ich denke es ist an der Zeit einen Zahn zu zu legen.“
Die Stimme ihre Schwester Rina klang hell durch den Funkkanal und ließ ein Lächeln erscheinen. Ihr Blick zuckte kurz zu der Projektion des neben ihr stampfenden von Rohr und dann auf die andere Seite, wo sie den Tomahawk und den Dunkelfalken erblickte.
Ihre eigene Lanze.
Vielleicht nur auf Zeit, bis dieses Manöver beendet war und Mia Kaemmerichs das Kommando wieder übernahm, aber immerhin.
Seit ihrer Kindheit auf Arkab war dies einer der sehnlichsten Wünsche gewesen. Ein Wunsch, den Ihr Vater, ein wohlhabender Händler, mit einer arrangierten Heirat hatte zunichte machen wollen.
Seit ihrer Flucht hatte sie sich Vorwürfe gemacht, aber nun merkte sie, dass die Entscheidung richtig gewesen war.
Hier gehörte sie her. An die Spitze ihrer Einheit und nicht in die Pflichten der braven Hausfrau gepresst.
„Verstanden, Rage. Sun, schließen Sie zu Rage auf. Ihr beiden sichert die Außenlinie. Pal, wir geben bei Bedarf Unterstützungsfeuer.“
„Verstanden, Persien.“
„Roger, Leader.“
Rinas von Rohr schwenkte in die angegebene Richtung ab, gefolgt von dem Tomahawk der geheimnisvollen Li Chang.
Mehrfach hatte sie schon darüber nachgedacht, das Gespräch mit der zierlichen Asiatin zu suchen, die so elegant mit ihrem Mech umzugehen verstand, sich aber nie getraut den offensichtlichen Veteran anzusprechen.
Auch das nun ausgeführte Manöver zeugte von einiger Gefechtserfahrung im Gegensatz zu Rinas holprigen Steuermanövern, die Zeugnis von der Ausbildung bei einer planetaren Miliz ablegten.
Der Dunkelfalke des Gardisten mit dem Rufzeichen Pal rückte unaufgefordert zu ihrer Position auf, was auch für seine Qualifikation sprach.
Alles in allem eine feine Truppe, welcher sich die beiden Schwestern angeschlossen hatten, auch wenn die Enthüllung des Familiennamens ihres Kommandanten für einige Aufregung gesorgt hatte.
Wilhelm von Strang schien ein kaltblütiger Stratege zu sein aber das würden die kommenden Gefechte noch zeigen müssen. Der Sieg über Quantrills Raiders war eher Glück gewesen.
„Persien von Wild Weasel. Gegnerische Einheiten erkannt. Leichte bis mittelschwere Mechs in Lanzengröße. Dazu schnelle Rad- und Schwebepanzer. Position ist drei Kilometer westlich von Ihnen. Speedfreaks sind bereits auf dem Weg.“
Der ruhige, professionelle Tonfall der Helikopterpilotin Nancy Hoogan färbte auf die junge Arkab ab, aber bei der Erwähnung des Rufnamens der Schwebepanzer musste sie krampfhaft ein Auflachen unterdrücken.
Speedfreaks war für die Jungs und Mädels, welche aus der Garde wie auch der Miliz rekrutiert worden waren mehr als nur zutreffend. Viele von Ihnen kamen von Kavallerieeinheiten oder Aufklärungsverbänden und hatten sich die Handhabung der wendigen Schweber schnell angeeignet.
Auf dem Kasernengelände waren diese Verrückten für waghalsige Manöver und haarsträubende Geschwindigkeiten berüchtigt.
„Wild Weasel von Persien, habe verstanden. Wir rücken vor.“
Mit leichtem Druck auf die Pedale ließ Tin ihren Gladiator mit Höchstgeschwindigkeit über das simulierte Gelände preschen und verfolgte in der 360 Grad Rundumsicht, wie auch die anderen Maschinen der Lanze Ihrem Beispiel folgten.
Der Simulator rang ihr einiges an Arbeit ab, als sie versuchte, eine Sanddüne hinauf zu steigen, aber der Anblick, welcher sich ihr auf dem Kamm bot, entschädigte sie für die Strapaze.
Mit einem kurzen Anspannen der Kiefer öffnete sie den generellen Gefechtskanal der Kampfgruppe.
„Speedfreaks von Persien. Haben ihre Position erreicht und schneiden dem Gegner die Rückzugsmöglichkeit nach Westen ab.“
Tin musste nur Sekunden auf die erregt klingende Antwort eines der jungen Lanzenführer der Schweberabteilung warten.
„Verstanden, Persien. Den Norden haben wir dicht gemacht.“
Zeitgleich mit den Worten des jungen Offiziers stiegen dutzende KSR's auf spiralförmigen Flugbahnen auf und senkten sich dann auf einen gegnerischen Jenner herab, der versucht hatte, in die angegebene Richtung zu entkommen.
Verschwommene Detonationsblitze leuchteten vielfach in Ihrer Wahrnehmung auf und der feindliche Mech strauchelte, ohne jedoch zu stürzen.
Es wurde Zeit in den Kampf ein zu greifen.
Mit grimmiger Entschlossenheit zog sie das Fadenkreuz über einen der Sand Devil Schweber und löste die Partikel-Projektil Kanone aus, sobald die Zielvorrichtung golden pulsierte.
Die sofort sprunghaft ansteigende Temperatur im Inneren der Simulatorkapsel nahm ihr fast den Atem, konnte die Freude über den Treffer des gleißenden, künstlichen Blitzstrahles jedoch nur dämpfen.
Augenblicklich verschwand das getroffene Fahrzeug in einer grellen Explosion und ließ die restlichen Gegner einen anderen Fluchtkurs einschlagen.
Neben ihr traten nun auch die restlichen Mitglieder ihre Lanze auf den Kamm der Sanddüne und brachten ihre Waffen zum Einsatz, bevor sie den Hügel hinab stürmten.
Der erste Teil des Plans ihres Kommandanten hatte funktioniert.
In den kommenden Minuten würde sich zeigen, ob auch der Rest umsetzbar war.

„Warum steht dieser Bandit bitte noch? Was ist das für eine Maschine? Das ist doch Betrug. Der hätte von den ganzen Raketentreffern doch zerrissen werden müssen!“
Aufgebracht wandte sich der Regent an Fitzgerald, welcher wiederum nur mit den Achseln zucken konnte.
„Der Jenner ist eine grundsolide Konstruktion, eure Exzellenz und die Kurzstreckenraketen sind zwar in der Lage großflächigen Schaden hervor zu rufen, haben aber keine durchschlagende Wirkung. Die Chancen für den Mech wurden durch den Computer errechnet auf Basis des Könnens eines durchschnittlichen Piloten. Es war kein Betrug. Eher Pech.“
Bedauernd blickte der Gardist zu dem noch immer aufgebrachten Adligen hinab.
„Durchschnittlicher Pilot, von wegen. Ihr habt da wahrscheinlich Grayson Death Charlyle hinein programmiert. Oder Justin Xiang Allard. Vielleicht eine Kombination aus beiden. Wer ist noch Teil der Gegner? Jaime Wolf und Natascha Kerensky? Ist doch Mist!“
Schnell nahm der Regent einen weiteren Schluck des Bieres und spülte damit seine Verärgerung hinunter, während Wilhelm und Mia sich auf die sich entwickelnde simulierte Schlacht konzentrierten.
„Tin Hinan macht sich gut als Lanzenführerin. Gutes taktisches Verständnis, klare Anweisungen. An den Fertigkeiten für die Kontrollen müsste man noch arbeiten, aber an sich gutes Material. Begeistert bin ich von den Speedfreaks. Die haben ihre Rolle voll verinnerlicht. Noch kein einziger der Harasser ist auch nur getroffen worden.“
Mia hatte die Fäuste in die Hüfte gestemmt und blickte auf das Gewühl der Bodenfahrzeuge hinab, durch dass sich die Angriffe der Schwebepanzer Nahatlans wie feurige Adern zogen.
„Ich möchte es eigentlich gar nicht aussprechen, damit dein Ego nicht wieder durch die Decke schießt, Will, aber das könnte wirklich funktionieren. Sie haben dem Gegner zwei Rückzugsmöglichkeiten genommen und treiben sie jetzt nach Osten.“
Noch während seine Stellvertreterin sprach flammten die LSR-Werfer der entfernt stehenden Artillerielanze in einem feurigen Inferno auf und eine dichte Wolke von Raketen senkte sich vor den gegnerischen Einheiten herab.
Kurz vor dem Aufschlag zerfielen die Raketen in mehrere Teile und verschwanden dann im Sand der holografischen Wüste.
„Was war das den jetzt schon wieder. Viel zu weit vor dem Gegner und dann nicht mal Feuerwerk. So wird das aber nichts, Syntagmatarchis von Strang.“
Pure Enttäuschung klang aus den Worten des Regenten und ein vorwurfsvoller Blick versuchte, Wilhelm zu strafen, der jedoch lächelnd auf die fliehenden Gegner fokussiert war.
„Abwarten, mein Regent. In einem Gefecht ist das wenigste so wie es scheint!“
Ein schnelles Radfahrzeug passierte als erstes das Gebiet, in dem die Raketen nieder gegangen waren und wurde mit einem Mal von einer gewaltigen Explosion in die Höhe geschleudert. Sich mehrfach überschlagend, prallte das Fahrzeug mehrfach über den Sand, bis eine weitere Explosion den Rahmen vollständig zerriss.
Mit großen Augen folgte der junge Adlige dem grausigen Schauspiel.
„Donner Langstreckenraketen!“
Zumwalds tiefe Stimme erfüllte die Röhre des Holotanks während der Regent die Worte mit offener Neugierde aufsog.
„Sie erzeugen in der Gegend des Einschlags ein Minenfeld, welches Fahrzeugen und Mechs schwerste Schäden zufügen kann. Damit wird die Durchquerung des Gebietes zu einem Unterfangen, dass den Gegner teuer zu stehen kommen kann.“
„Womit auch dieser Fluchtweg für die Banditen versperrt ist!“ Folgerte Phillip Selim.
„Womit auch der Fluchtweg in östlicher Richtung dem Gegner verwehrt bleibt, mein Regent. Es verbleibt den Banditen nur noch die Flucht nach vorn, nach Süden.“
Wie gebannt starrte Wilhelm auf die Darstellungen der Mechs seiner Scoutlanze und der Harasser Schwebepanzer, welche nun die Banditen vor sich her trieben.
Er hatte die Aufstellung der computergenerierten Kräfte des Gegners seiner Einheit selbst vorgenommen und sich dabei auf Gefechtsberichte zurückliegender Kämpfe und Sichtungen gestützt.
Im Gegensatz zu Quantrills Streitmacht, welche auch schwere und überschwere Kaliber beinhaltet hatte, waren die überaus meisten Banditen- und Rebelleneinheiten mit leichten Fahrzeugen und maximal mittelschweren Battlemechs ausgestattet.
Dem Jenner standen eine Wespe, ein Attentäter sowie eine Cicada zu Seite, womit seine Scoutlanze in Bezug auf die Tonnage klar überlegen war. Dem standen die zahlreichen Rad- und Luftkissenfahrzeuge gegenüber, welche jedoch von den Kurzstreckenraketensalven der Harasser bereits massiv dezimiert worden waren.
In diesem Manöver ging es nicht darum gegen einen gleichstarken Gegner zu gewinnen, sondern einen wesentlich beweglicheren Feind zu stellen und an der Flucht zu hindern.
Ein wesentlich schwierigeres Unterfangen, wie Wilhelm bei der Ausarbeitung hatte feststellen müssen.
Während das Groß der Banditen nun nach Süden schwenkte und unter Höchstgeschwindigkeit das Weite suchte, brachen zwei Sand Devil Schweber aus der Formation aus um über eine Sanddüne hinweg zu entkommen.
„Da, die beiden da möchten die Party wohl vorzeitig verlassen, Syntagmatarchis. Ihr engmaschiges Netz hat wohl ein Loch!“
Der Regent spazierte durch die holografische Projektion der Landschaft und blickte böse zu den dahin rasenden Schwebern herab.
Kaum hatte er seinen Satz beendet, stießen zwei der Comanche Helikopter mit heulenden Rotoren vom Himmel herab in Richtung der flüchtenden Sand Devil Panzer.
Die Maschinengewehre in den Kinntürmen der beiden Hubschrauber blitzten in schneller Folge auf und zogen jeweils eine Spur von Sandfontänen hinter den flüchtenden Fahrzeugen her. Dann öffneten die Waffensystemoffiziere die Abdeckungen der vier Kurzstreckenraketenlafetten an den Stummelflügeln und ließen einen massiven Hagel der tödlichen Flugkörper auf die Gegner regnen.
Über dreißig Detonationen wirbelten den holografischen Sand in die Höhe und versperrten die Sicht auf die Sand Devils, aber schwarze Rauchfahnen und Sekundärexplosionen kündeten vom eindeutigen Ableben der Fahrzeuge.
Die Helikopter hingegen rasten über die brennenden Wracks hinweg und gewannen schnell wieder an Höhe.
„Die Kampfvariante des Comanche Hubschraubers.“
Stolz blickte Fitzgerald auf die beiden Silhouetten, welche sich der restlichen Staffel wieder anschlossen.
„Sie besitzen zwar keine Transportmöglichkeit für Luftlandeinfanterie und ist etwas langsamer als das Original, aber dafür unter jedem Flügel mit gleich zwei vierrohrigen Abschusssystemen für KSR's ausgestattet. Absolut tödlich für Fahrzeuge und selbst Battlemechs können sie gefährlich werden.“
Die Aufmerksamkeit der Anwesenden wurde nun wieder von den in südlicher Richtung flüchtenden Banditen in Anspruch genommen.
Die leichten Scoutmechs deckten den Rückzug der Schweber, indem sie Wilhelms Lanze immer wieder einzelne Laserstrahlen und Raketensalven entgegen schleuderten und dann Haken schlagend dem Antwortfeuer entgingen.
Ein tödliches Katz und Maus Spiel, das in dem Moment sein Ende fand, als die beiden plötzlich auftauchenden, improvisierten Kampflanzen der Einheit auch den letzten Fluchtweg versperrten.
Mit einem donnernden Schritt trat die schwer gepanzerte Silhouette der Königskrabbe um eine hohe Sanddüne, gefolgt von dem schwarzen Ritter von Hanna Moreno, während auf der anderen Seite Wyatt Callahan in seinem Streitross und der Exterminator von Genevre Zavaletta erschienen.
Auf den Flanken dieser breiten Front marschierten in Folge noch der Kampfschütze von Nele Kreese sowie der Ostroc auf, welcher von einem Wilhelm nicht bekannten Milizpiloten gesteuert wurde.
Das folgende, kurze Gefecht konnte mit Fug und Recht als Massaker beschrieben werden.
Eine Salve Langstreckenraketen der Artillerie-Lanze fuhr mit feurigen Detonationen zwischen die abbremsenden Banditen, dann schlug die volle Breitseite der schweren Lanzen ein.
Heiße Laserstrahlen und donnernde Autokanonengranaten, aufgeladene Partikelblitze und Kurzstreckenraketen zerrissen die gegnerischen Kräfte im einem Chaos aus zuckenden Explosionen und berstendem Metall.
Den Abschuss des letzten noch stehenden Gegners, einer bereits fast vollständig entpanzerten Wespe, beanspruchte Li Chang für sich, als die asiatische Pilotin ihren Tomahawk auf den feurigen Säulen ihrer Sprungdüsen neben diesem auf den Sand aufsetzte und das dem Mech seinen Namen gebenden Kampfbeil in der internen Struktur des Torsos versenkte.
Mit einem lauten Kreischen fiel die Maschine in sich zusammen, woraufhin die Simulation und damit auch das Manöver endete.
„Wow! Das war genau die Art von Feuerwerk, welche ich die ganze Zeit vermisst habe, Syntagmatarchis. Genau davon habe ich gesprochen.“
Nonchalant stocherte der Regent einen Fetzen des schmackhaften Raptorenfleisches mit einem Fingernagel zwischen den Zähnen hervor und spülte es dann mit einem letzten Schluck aus der fast geleerten Bierflasche herunter.
„Ich bin äußerst zufrieden mit dem Ausgang dieses Manövers und den Fortschritten, welche Ihre Truppe in der kurzen Zeit gemacht hat.“
Schnelle Schritte brachten den Jugendlichen wieder in das Arbeitszimmer von Wilhelm, wo er sich auf dem bequemen Sofa nieder ließ.
Die restlichen Anwesenden folgten seinem Beispiel und verteilten sich im Raum, während dass allgegenwärtige Summen des Holotanks verstummte.
Wilhelm, der wieder hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte, blickte grübelnd auf seine gefalteten Hände und biss sich auf die Lippen.
„Das war nur ein Manöver, mein Regent. Aufschlussreich ohne Frage, aber nicht wirklich aussagekräftig. Kleine, aber unter gewissen Umständen gefechtsentscheidende Gegebenheiten wurden nicht berücksichtigt. Ganz klar ist hier die wesentlich bessere Aufklärungslage der Gegner zu nennen. Wenn die Banditen einige Tuareg als Späher einsetzen, wird es für unsere Jungs und Mädels wesentlich schwerer werden die Falle zuschnappen zu lassen.“
Selbstsicher sah ihn nun der junge Adlige von seinem Sitzplatz aus an.
„Firlefanz! Ich bin mir sicher, dass ihr auch diese Problematiken werdet lösen können, mein lieber von Strang. Ihr habt mein vollstes Vertrauen und werdet jede Unterstützung erhalten, die Nahatlan euch bieten kann.“
Bedauernd hantierte der Regent mit der leeren Bierflasche, bevor er sie auf dem Holzparkettboden vor der Couch ab stellte, was einen kurzen, Ausdruck des Missfallens auf Wilhelms Zügen auslöste.
Noch bevor der Adlige zu ihm herüber sah, hatte Wilhelm sich wieder unter Kontrolle.
„Außerdem werde ich euch die Möglichkeit geben, die Fertigkeiten eurer Truppe in Bezug auf die Sicherung wertvoller Güter und die Zusammenarbeit mit der königlichen Garde noch vor dem nächsten Landzugtransport zu trainieren.“
Er konnte fast spüren, wie das Interesse an dieser Aussage eine Anspannung durch den Raum zog, hielt es jedoch für besser, nicht direkt darauf an zu springen.
„Ich denke, dass es für eine militärische Aktion noch zu früh ist, eure Exzellenz. Wir stehen gerade mit der Ausbildung noch am Anfang und auch unsere Ausrüstung ist nicht vollständig einsatzbereit. Die Kürassiere mögen neben den Ronin und der Senatsarmee eine der stärksten Einheiten auf Nito sein, aber wir sind noch nicht aufeinander eingespielt. Welche wertvollen Güter sollen wir denn sichern?“
Nun lehnte sich der Regent zurück und setzte ein verschwörerisches Lächeln auf.
„Mich, Syntagmatarchis von Strang. Eure Kürassiere sollen mich vor dem Zugriff durch gegnerische Kräfte schützen!“
Thema: Kritik: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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26.07.2016 10:54 Forum: Kurzgeschichten


Hallo Nathan,

es freut mich, dass dir der Kampf so gut gefällt.
Leider ist es noch immer so, dass ich Kämpfe relativ gut schreiben kann und die restliche Story dann einfach abflacht... ich versuche mich zu bessern, versprochen.
Das mit dem Exterminator und Kampfschützen... mea culpa... das hatte ich wohl nicht mehr richtig in Erinnerung. Werde ich beim nächsten Update korrigieren.
Danke für den Hinweis.

Was die weiteren Kapitel angeht, so wollte ich mit den wirklich bösen Gegenspielern der Söldner einen Ausgleich zu dem Kriegsverbrecher-Hintergrund derer von Strang schaffen und natürlich auch derer von Selim (sein Vorfahre wurde von Amaris persönlich mit der Verteidigung und Verwaltung der RWR betraut, nachdem Terra erobert war).

Was die Kürassiere angeht so ist nur Wilhelm ein Nachfahre von Adligen der RWR... und das wusste er. Der Königin ist es erst bei Kontrolle der Backrounds aufgefallen. Den Plan dies auszunutzen hat der Regent ausgeheckt als er von dieser Tatsache erfuhr (bei der Landung der Truppe auf Nito).

Der Charon... nun ja... ist eine Eigenkonstruktion auf der Basis des Matar.

Charon CRN-005 Prototyp

Mass: 100 tons
Chassis Config: Biped
Battle Value: 2.871

Chassis: Matar Prototype Mod. III Endo-Steel
Power Plant: Starfire 300 XL
Walking Speed: 32,4 km/h
Maximum Speed: 54,0 km/h
Jump Jets: Fokker PT MK I
Jump Capacity: 90 meters
Armor: Valiant Lamellor Standard Armor
Armament:
2 Thunderstroke Series 2b Gauss Rifle
1 Illegal Clon Mydron Model RC General Motors Rotary AC/5
2 Stolz Harbinger 2 Krauss-Lieman Incorporated PPCs
Manufacturer: Amaris Arms Corporation
Primary Factory: Terra
Communications System: Olmstead 840
Targeting and Tracking System: Nirasaki Death Eye & Tacticon B-2000

===========================================================================
=====
Equipment Type Rating Mass
---------------------------------------------------------------------------
-----
Internal Structure: Endo-Steel 152 points 5,00
Internal Locations: 2 HD, 9 LT, 1 RT, 1 LL, 1 RL
Engine: XL Engine 300 9,50
Walking MP: 3
Running MP: 5
Jumping MP: 3 Standard
Jump Jet Locations: 1 CT, 1 LL, 1 RL 6,00
Heat Sinks: (IS) Double Heat Sink 12(24) 2,00
Gyro: Standard 3,00
Cockpit: Small 2,00
Actuators: L: SH+UA+LA R: SH+UA+LA
Armor: Standard Armor AV - 307 19,50

Internal Armor
Structure Factor
Head 3 9
Center Torso 31 47
Center Torso (rear) 15
L/R Torso 21 32
L/R Torso (rear) 10
L/R Arm 17 34
L/R Leg 21 42

===========================================================================
=====
Equipment Location Heat Critical Mass
---------------------------------------------------------------------------
-----
(IS) Rotary AC/5 RT 1 6 10,00
(IS) PPC RA 10 3 7,00
(CL) Gauss Rifle RA 1 6 12,00
(CL) Gauss Rifle LA 1 6 12,00
(IS) PPC LA 10 3 7,00
@Gauss Rifle (cool CT - 1 1,00
@Gauss Rifle (cool RT - 1 1,00
@Rotary AC/5 (40) RT - 2 2,00
@Gauss Rifle (cool LT - 1 1,00
Free Critical Slots: 0

Vielen Dank für dein Interesse und vor allem für deine Kritik. Ich werde versuchen, die schwarz-weiß Schwäche etwas zu revidieren.

Gruß


Taras Amaris
Thema: Kritik: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

Antworten: 13
Hits: 8.185
22.07.2016 18:04 Forum: Kurzgeschichten


Hallo Cattaneo,

also zuallererst nehme ich sachliche Kritik grundsätzlich nicht übel smile
Im Gegenteil, dass ist eine Möglichkeit, meinen Schreibstil zu entwickeln.

Was die Stereotype Beschaffenheit der Gegenspieler angeht, so sollen sie einen Gegenpol zu dem nicht-stereotypen Bösewicht aus der Familie der Kriegsverbrecher schaffen.

Wilhelm wird unter keinen Umständen ein strahlender Held werden. So viel kann ich garantieren. Er wird an der Rolle der Bestie noch zu knabbern haben.

Und an diesen Fronten stehen nur Bösewichter, welche Grenzen überschreiten... versprochen.

Taras
Thema: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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Hits: 7.687
22.07.2016 09:16 Forum: Kurzgeschichten


Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Senatsstadt Ruthan, Halle des Senats

21. Juli 3062

Senator Ian Mc Heel blickte grimmig vom Rednerpult in der Mitte des Halbkreises an Sitzmöglichkeiten auf seine versammelten Kollegen herab.
„Da bin ich ein einziges Mal nicht in der Stadt und direkt trefft ihr eine Entscheidung, welche uns die beste Spezialeinheit kostet und fast zur Katastrophe wird, weil man den dilettantischen Angriff in den Senat von Ruthan zurück verfolgen kann.“
Er musste all seine Beherrschung aufbringen um seine Wut nicht hinaus zu brüllen, konnte sie jedoch nicht aus seinen funkelnden Augen verbannen.
„Ist euch eigentlich klar was geschehen kann, wenn man unser Zutun bei diesem Anschlag beweisen könnte? Wenn der Regent von Nahatlan es schafft, die Adligen gegen uns zu vereinen? Unsere Bevölkerung würde uns aufknüpfen. Und wenn wir schon davon sprechen, wer kam bitte auf die wahnwitzige Idee, die Senatsarmee gegen friedlich protestierende Zivilisten aufmarschieren zu lassen? Dafür haben wir eine Geheimpolizei, ihr Schwachmaten. Die hätte die Rädelsführer festgesetzt und in der Wüste verscharrt. Ohne Aufsehen, ohne lästige Fragen. Aber nein, wir lassen ja lieber hunderte Unbewaffneter durch Battlemechs und Kampfpanzer zusammen schießen. Medienwirksam! Live auf allen Nachrichtensendern des Planeten!“
Kein Wort des Widerspruchs war zu hören und nur betretenes Schweigen beherrschte den Raum trotz der fast hundert Anwesenden.
Er nahm einen Schluck aus dem Glas, gefüllt mit kühlem Eiswasser, welches auf dem Rednerpult bereit stand und genoss es, wie die Flüssigkeit seine verdorrte Kehle hinab rann.
Den zur Wortmeldung aufstehenden Senator Fisher, einen alten Freund und Geschäftspartner, blickte er nur böse an.
„Beruhige dich, Ian. Wir haben eine einmalige Chance gesehen, dieses Kind vom Thron zu stoßen und haben gehandelt. Die Entscheidung über die Aktion war einstimmig und wäre sie geglückt, hätten wir der Schlange den Kopf abgeschlagen. So gibt es keine Beweise gegen uns und der Anschlag kann jeder extremistischen Fraktion angelastet werden. Passend dazu haben wir den Angriff auf den Palast des Regenten in einem öffentlichen Kommuniqué auf das Schärfste verurteilt. Zudem hat unsere Geheimpolizei dafür gesorgt, dass die Medien die Bevölkerung mit Verdächtigungen und Mutmaßungen überfluten und die Niederschlagung der Proteste an den Wahrnehmungsrand gedrängt wird.“
Der aufkommende Applaus wurde mit besänftigenden Gesten von Fisher beendet, bevor er sich lächelnd wieder setzte.
Aber noch hatte Ian sein Pulver nicht verschossen.
„Senator Fisher, vielleicht ist es eurer geneigten Aufmerksamkeit entgangen, aber Nahatlan verfügt seit der Ankunft der Händlerflotte über eine ganze Kompanie frischer Söldner. Wir haben diese Bedrohung angesichts der eher veralteten Ausrüstung niedrig eingestuft, aber spätestens mit dem Sieg über Quantrills Raiders sollten wir unseren Standpunkt überdenken. Mit diesen zusätzlichen Truppen kann der Regent Angriffsoperationen durchführen, ohne sein Reich von Verteidigern zu entblößen. Es wäre ihm also möglich Ruthan zu belagern oder gar ein zu nehmen und ich mache mir ehrlich gesagt keine großen Hoffnungen auf die Fähigkeiten der Senatsarmee dieser Bedrohung entgegen zu treten. Die Söldner haben wesentlich schwerere Maschinen und bewiesen, dass sie damit umzugehen verstehen. Der Regent hat es also nicht mehr nötig, auf die Interessen anderer Reiche des Planeten Rücksicht zu nehmen. Er könnte einfach zum Gegenschlag ausholen und uns vernichten!“
Nachdem Ian geendet hatte, brandeten aufgebrachte Rufe durch den Senat, die er jedoch mit einem lauten Schlag der flachen Hand auf das Rednerpult zum Schweigen brachte.
Jetzt waren die Senatoren genau in der Position, in welcher er sie bringen wollte.
Wie leicht es doch war, Politiker zu manipulieren.
„Wir müssen auf diese Zunahme der Gefahr für unsere Demokratie reagieren, geehrte Mitsenatoren. Mitte nächsten Monats findet die Versammlung von Layall statt und alle Reiche dieses Planeten werden Vertreter dorthin entsenden. Es sollte für einen erfahrenen Senatoren wie Fisher kein Problem darstellen, dort Verbündete für uns zu finden, zumal Nahatlan bereits seit dem gewaltsamen Tode des Regentenpaares nicht mehr Teil genommen hat.“
Zustimmendes Gemurmel flutete durch die große Halle was ein zufriedenes Lächeln auf Ian's Gesicht zauberte.
Nun wurde es Zeit für den Show Down.
„Desweiteren habe ich während meiner Reise mit der Hexenkönigin einen Pakt geschlossen, der uns das Problem des Adels von Nahatlan für immer vom Hals schaffen wird. Sobald der nächste Landzug die Stadt in den Bergen verlässt wird sie sich mit mehreren Banditen verbünden und diese Streitmacht mit den mächtigen Ronin an ihrer Spitze wird die Söldner ausschalten. Im Anschluss wird unsere schlitzäugige Freundin die verteidigenden Bollwerke der Stadt aushebeln und das Königreich erobern. Eine Verwaltung des Gebietes durch Ihre Person habe ich in unserem Namen bereits zugesagt.“
Kurz herrschte eine Grabesstille im großen Senat der mächtigen Stadt Ruthan, dann brach ein Tumult aus, der selbst die hitzigsten vergangenen Debatten bei weitem übertraf.
„Seit ihr völlig wahnsinnig, Mc Heel? Ihr könnt dieser Schlächterin doch keine Millionenmetropole überlassen. Die Industrieanlagen und Waffenwerke, die Erzlieferungen. Wir machen doch den Bock zum Gärtner. Was würde sie davon abhalten, im Anschluss gegen uns vor zu gehen. Ich möchte nicht in einer ihrer Minen enden, eine Kette um den Hals und den Rest meines eher kurzen Lebens Steine mit einem Hammer zerkleinern.“
Senator Gorch aus dem eher gemäßigten Teil des Senats war aufgesprungen und hatte seine Stimme über die allgemeinen Unmutsäußerungen erhoben.
Womit Ian Mc Heel jedoch gerechnet hatte.
Er hasste den Kerl abgrundtief. Leider besaß dieser zu viel politische Macht und mächtige Freunde um ihn einfach beseitigen zu können.
Seine Veredelungsanlagen verarbeiteten fast zwei Drittel der angelieferten Erze und waren damit einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren von Ruthan.
„Senator Gorch, es trifft mich zutiefst, dass ihr denkt ich würde auch nur eine Sekunde darüber sinnieren, Nahatlan der Hexenkönigin zu überlassen. Nein, werter Kollege, ich will nur, dass die Dame für uns die Dreckarbeit verrichtet. Nach den Kämpfen gegen die Söldner und die Verteidiger von Nahatlan werden ihre Truppen am Ende sein und genau zu diesem Zeitpunkt werden wir die Senatsarmee entsenden um ihr den Gar aus zu machen. Der Regent wird tot sein, die Hexenkönigin schalten wir aus, Nahatlan wird uns gehören und als Krönung können wir uns der Bevölkerung als die Retter präsentieren, die sie vor dem Terror der Banditen erretteten. Das sollte uns auch die Möglichkeit geben den restlichen Adel aus zu schalten. Wir gewinnen also ohne große Verluste und maximieren den Ertrag. Und das sollte doch in dem Interesse eines jeden Mannes in diesem Senat sein.“
Zustimmendes Murren griff innerhalb der Senatoren um sich, aber Gorch schien noch nicht vollständig überzeugt zu sein.
„Selbst wenn wir die Senatsarmee entsenden, nachdem die Hexenkönigin Nahatlan erobert hat, wird der Vorgang alleine tausende von Menschen das Leben kosten.“
Die Worte des Senators zogen eine beunruhigende Stille nach sich und auch Ian musste seine nächsten Schritte gut überlegen.
„Das die Kämpfe um Nahatlan große Verluste unter der Zivilbevölkerung mit sich bringen werden ist unbestritten. Setzt man diese Verluste jedoch in Relation mit den wirtschaftlichen Gewinnen, welche in der Zukunft aus dem Ergebnis resultieren, so bleibt uns gar keine andere Möglichkeit, als diese Chance zu ergreifen. Denken sie nur an die Millionen Konsumenten, denen wir eine demokratisch gewählte Regierung geben werden. Denken sie an die wertvollen Anlagen und reichen Erzminen, an das leicht zugängliche Wasser. Nahatlan ist eine verschlossene Schatztruhe und das Schloss ist der Regent. Wir haben die einmalige Möglichkeit, dieses Schloss mit einer Brechstange zu öffnen und die Reichtümer an uns zu reißen. Zum Wohle von Nito. Zum Wohle der Demokratie!“
Frenetischer Applaus brandete durch die Halle des Senats und fast alle Senatoren erhoben sich von den Plätzen um ihre Zustimmung für die diabolischen Pläne zu bekunden, während Ian Mc Heel sich lächelnd im Glanz des Ruhmes sonnte.
Die Abstimmung würde eine klares Ergebnis zeigen.
Er hatte gewonnen und die Inschrift in den Grabstein von Nahatlan gemeißelt.

Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Senatsstadt Ruthan, Residenz des Senators Mc Heel

Später am selben Abend

„Und so habe ich diese Orgie für euch, meine Freunde im Senat geplant, die eine neunzig Prozentige Zustimmung für meine Pläne erst ermöglicht haben. Ich möchte euch hiermit für das Vertrauen danken, welches ihr mir entgegen bringt und verspreche, dass unsere Gewinne unermesslich sein werden.“
Gehüllt in eine weiße Toga im römischen Stil stand er an dem Ende der geschwungenen Treppe, eine Position welche ihm einen grandiosen Überblick über den wohl gefüllten, großen Wohnbereich ermöglichte.
Dutzende Senatoren gingen dort ausgelassenen Vergnügungen nach, welche in ihrer Art vielfältig und in einigen Fällen durchaus auch per geltendem Recht verboten waren.
Es wunderte ihn nicht, dass seine Danksagung in dem Spektakel der Orgie unterging, hatte er sich doch alle Mühe gegeben, ein guter Gastgeber zu sein.
Mit gemessenen Schritten wandelte er die Treppenstufen hinab auf der Suche nach der hübschen, minderjährigen Prostituierten, welche er sich reserviert hatte.
Bevor er sie jedoch finden konnte, nahm er Senator Gorch wahr, der am Fuß der Treppe auf ihn zu warten schien.
Ein verächtliches Schnauben entrang sich seiner Nase, bevor er seine Züge wieder unter Kontrolle hatte.
„Senator, welch eine Freude euch in meiner bescheidenen Behausung begrüßen zu dürfen. Es ehrt mich und meine Familie, dass ihr der Einladung gefolgt seid.“
Zwei professionelle Lächeln trafen aufeinander, so wie es nur sein konnte, wenn Politiker miteinander sprachen. Keiner der Gesichtszüge erreichte auch nur annähernd den Bereich der Augen.
„Eure Orgien haben einen legendären Ruf, Mc Heel. Wie könnte ich einer solchen Aufforderung eine Absage erteilen. Außerdem bietet sich hier die Möglichkeit einige offene Worte zu wechseln ohne die Aufmerksamkeit des Senats auf sich zu ziehen.“
Innerlich stöhnte Ian auf. Natürlich war Gorch hier um zu politische Angelegenheiten zu klären.
Kannte dieser Mann denn den Begriff der Zerstreuung nicht?
„Dann lasst uns ein wenig durch die Weiten meines Anwesens streifen, Senator Gorch. Ich lausche gespannt euren Worten.“
Er hatte seinen Gesprächspartner erreicht, der ebenfalls eine der weißen Togen trug, welche er für solche Anlässe vorgeschrieben hatte und ging mit ihm in Richtung des Gartens, in dem laute Schreie des Schmerzes und Anfeuerungsrufe sich abwechselten.
Zwei junge Frauen kämpften hier mit bloßen Fäusten gegeneinander in einer tiefen Grube, deren Wände aus grauem Beton gegossen waren.
Die laute Umgebung war ein perfekter Ort für eine Unterredung, deren Wortlaut im Verborgenen bleiben sollte.
Außerdem war der Kampf auf Leben und Tod gerade in eine spannende Phase über gegangen.
„Habt ihr von dem tragischen Ende von Senator Thompson gehört?“
Ian nickte beiläufig und nahm einen Schluck teuren Weines aus dem goldenen Becher, welchen er sich von dem Tablett eines vorbei eilenden Bediensteten geangelt hatte.
Gerade als ein schneller Schlag seiner Favoritin mit den blonden Haaren ihre dunkelhaarige Gegnerin zu Boden warf antwortete er auf Gorchs Frage.
„Natürlich, Senator. Wer hat das nicht. Der arme Teufel ist in seinem Haus verbrannt. Eine furchtbare Tragödie!“
Ein Fußtritt der Blondine gegen die Rippen ließ ihre Gegnerin schmerzerfüllt aufstöhnen und das zahlreiche Publikum in einen Freudentaumel verfallen.
„Ja, wirklich tragisch. Senator Thompson war Mitglied meiner Fraktion im Senat und hat als einer der wenigen eurem Plan eine Absage erteilt. Wie ich war auch er ein Gegner eurer eher extremen Politik, wenn ihm auch die Macht fehlte, diesen Standpunkt zu verteidigen. Der Zeitpunkt seines Todes legt zumindest für mich die Vermutung nahe, dass ihr eure Finger im Spiel hattet, Mc Heel.“
Die Blondine ließ von ihrem Opfer ab und torkelte einige Schritte zurück um zu Atem zu kommen. Ein taktischer Fehler, denn die dunkelhaarige Frau sprang wieder auf die Beine und stürmte sofort auf die nach Luft ringende Kontrahentin zu.
Mit einem klatschenden Geräusch prallten die nackten Körper aufeinander und beide Frauen gingen zeitgleich zu Boden.
Nach einem kurzen Applaus wand Ian sich Gorch zu.
„Senator, ich schwöre euch, dass der Tod von Thomson nicht auf meine Rechnung geht. Sicher, er war ein Mitglied eurer Fraktion, aber seine Stimme gab keinen Ausschlag. Er war bei dem Volk beliebt und solche Menschen bringt man nicht um. Man zieht sie auf die eigene Seite. Wie ich bereits erwähnte, sein Tod ist eine Tragödie!“
Gorch nahm die Erklärung scheinbar hin und blickte wieder in die Grube, wo gerade schmerzhafte Faustschläge von grölendem Jubel begleitet wurden.
„Ich möchte euren Worten Glauben schenken, Senator Mc Heel. Es würde mir in meinem Bestreben danach jedoch helfen, wenn ein Senator nach meiner Wahl auf den Platz des verschiedenen Thompson folgen würde. Vielleicht Friedrichs aus der Technologiebranche.“
Nun nickte Ian bedächtig.
Darum ging es Gorch also.
Friedrichs war ein Anhänger der gemäßigten Fraktion und mit seinem Unternehmen ein wichtiger Machtfaktor.
„Oh, Senator Gorch, wie ihr wisst, ist der Senat von Ruthan eine demokratische Institution. Vom Volk gewählt und bemächtigt in seinem Sinne zu handeln. Wie könnte ich euch wohl helfen, einen sicherlich geeigneten Kandidaten wie Friedrichs in die heiligen Hallen zu bringen?“
Einen kurzen Moment schwiegen beide Männer, dann brachen sie in schallendes Gelächter aus.
„Wir mögen in verschiedenen Fraktionen sitzen, Mc Heel, aber die Qualität euer Späße will ich anerkennen. Nun sagen wir einmal, dass ich mir sicher bin, dass eure Fraktion die Wünsche des Volkes mit einer Spende in Höhe von 150.000 C-Noten besser erfüllen könnte, meint ihr nicht auch?“
Ian wischte sich eine Träne aus dem Auge und folgte dann dem nahenden Ende des Kampfes in der Grube.
Die dunkelhaarige Schönheit hatte die Blondine an den langen Haaren gefasst und setzte nun einen Kniestoß nach dem anderen in deren Rippen, was mit lautem Stöhnen beantwortet wurde.
Von dem Anblick gefesselt fieberten die Anwesenden dem Ende entgegen und unterstützten die Kämpferinnen mit Zurufen.
„Ich dachte eher an 300.000 C-Noten. Außerdem könnte ich eure Unterstützung bei den Verhandlungen mit den Gewerkschaften um die Lohnsenkungen im Metallverarbeitungsbereich benötigen, wie auch bei den Abstimmungen über die Steuererhöhungen im Nahrungsmittel- und Wassersektor.“
Nun lächelte auch Gorch einvernehmlich.
„Ich sehe, Senator, dass wir die gleiche Sprache sprechen. Seid euch der uneingeschränkten Unterstützung meiner Fraktion in diesen Belangen gewiss, sobald die Wahlen zu Gunsten meines Mannes ausgefallen sind.“
Ein kurzes Nicken beendete das Gespräch und Ian trat an den Rand der Grube, an dessen Boden nun die dunkelhaarige Kämpferin über ihrem am Boden liegenden Opfer stand.
Die Blondine blutete aus mehreren Platzwunden und kroch wimmernd über den kalten Betonboden in Richtung einer der Wände.
Starke Arme seiner Sicherheitskräfte halfen der Siegerin aus der Grube und führten sie in Richtung des Herrenhauses, wo ihre Verletzungen versorgt werden würden.
„Wie immer im Leben, gibt es auch hier einen Gewinner und einen Verlierer, meine Freunde. Der Gewinner streicht seinen wohl verdienten Lohn ein und der Unterlegene, tja, den fressen die Hunde!“
Mit einem kurzen Wink, gab er seinem Personal ein Zeichen und die Meute blutrünstiger Hunde wurde knurrend und bellend in die Grube entlassen.
Entsetzliche Schreie klangen zu den Zuschauern herauf, die bei dem Anblick des blutigen Schauspiels in eine Art Extase gerieten.
Die junge Frau hatte kleine Chance gegen die ausgehungerten Bestien und wurde langsam bei lebendigem Leib von diesen zerrissen.
„Den Unterlegenen fressen die Hunde!“
Seine gemurmelten Worte klangen noch lange in seinen Gedanken nach, trafen sie doch nicht nur auf das entsetzliche Leiden der Frau zu.
„Den Unterlegenen fressen die Hunde!“

Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
einige Meilen außerhalb der Senatsstadt Ruthan

Etwa zur selben Zeit

Jeffrey Thompson parkte den Aeon I, einen sportlichen Geländewagen aus ruthanischer Produktion, neben den beiden anderen Fahrzeugen, welche im Lichtkegel seiner Scheinwerfer mitten auf der staubigen Ebene aufgetaucht waren.
Kurz atmete er durch und stieg dann mit zittrigen Händen aus dem sandfarbenen Jeep um dann langsam auf die bereits wartende Gruppe zu zu marschieren.
Kelly Gabriel stieß einen kurzen Aufschrei der Freude aus und umarmte ihn dann heftig, während Pasqual Mendez ihm freundschaftlich die Hand reichte.
„Zum Glück hast du es geschafft, Jeffrey! Wir waren voller Sorge, als wir von dem Feuer hörten, dass dein Haus zerstörte.“
Die Senatorin aus dem Lager der Gemäßigten entließ ihn aus ihren Armen und er musste verschmitzt lächeln.
„Es ging nicht anders, Kelly. Mein Wachhund von der Geheimpolizei hat meine Reisevorbereitungen bemerkt und hätte mit seiner Meldung unsere Pläne zunichte gemacht. Er hat mich angegriffen und im Handgemenge ist er rückwärts die Treppe hinunter gefallen und hat sich sein Genick gebrochen. Ich habe seine Leiche auf die sabotierte Gastherme gelegt und den Sicherungskasten so modifiziert, dass der Funkenschlag das ausströmende Gemisch zur Explosion brachte, kurz nachdem ich die Stadt verlassen hatte. Wenn etwas von seinem Körper übrig geblieben ist, wird es für eine Identifizierung nicht ausreichen. Offiziell bin ich nun also tot!“
Betroffen blickten ihn die beiden anderen Senatoren an.
Ihr durchaus gefährlicher Plan hatte eine andere Vorgehensweise beinhaltet, aber sich ändernde Gegebenheiten erforderten auch Anpassungen in jede Richtung.
„Nun ja, dann ist dies wohl das erste Opfer im Kampf um die demokratische Selbstbestimmung von Ruthan. Deine Frau und deine Töchter sind sicher bei deinem Stiefvater in Layall eingetroffen und haben unsere Nachricht erhalten. Du musst dir keine Sorgen machen. Der alte Griesgram wird auf die drei achten.“
Pasqual Mendez, ein Senator aus dem konservativen Lager von Ian Mc Heel überreichte ihm einen unscheinbaren Aktenkoffer noch während er sprach.
„Sechzehn Speicherchips. Gefüllt mit vertraulichen Informationen über die Machenschaften des Senats, von den Aufzeichnungen über die Zusammenarbeit mit der Hexenkönigin über zahlreiche manipulierte Wahlen bis hin zu Beweisen über die Verstrickung in das Attentat an dem Regentenpaar. Das dürfte reichen, um neunzig Prozent der Senatoren aus dem Spiel zu nehmen. Zusätzlich sind die Kommandocodes für die Satellitenüberwachung und die Aufstellung der Senatsarmee enthalten. Das sollte Phillip Selim alle Werkzeuge in die Hand geben um sein Reich zu schützen und uns zu helfen. Ich habe zwei Dokumente angefügt, die für Kelly und mich um eine Generalamnesie ersuchen und uns der Gnade des Regenten ausliefern. Sollten diese Schriftstücke in die Hände des Senats gelangen sind wir so gut wie tot. Mehr kann ich nicht tun, Jeffrey. Es tut mir leid, aber ich habe nicht deine Jugend und auch nicht deinen Mut, die Wüste zu durchqueren und dies alles nach Nahatlan zu bringen. Ich kann dir nur sagen, dass meine Gedanken bei dir sein werden, während die Bürde dieser schweren Last auf deinen Schultern lagert. Du hältst die Zukunft von Ruthan und damit von unserem Planeten in deinen Händen. Viel Glück, mein Freund.“
Damit wendete sich der Verschwörer von der Gruppe ab und stiefelte zu seinem Fahrzeug. Ein Mann, der in den letzten Jahren für seine Position über Leichen gegangen war und nun alles riskierte, weil sein Gewissen es ihm befahl.
So erging es auch Kelly und Jeffrey.
Sie alle waren in Ruthan mächtige Personen mit eigenen Unternehmen und hatten ebenfalls eine Menge Schmiergeld bezahlt um die Position innerhalb des Senats durch fingierte Wahlen zu erreichen, aber die jüngsten Entwicklungen zwangen sie, ihre Einstellungen zu überdenken.
Jeffrey konnte nicht tatenlos zusehen, wie tausende Menschen geopfert wurden um ein politisches Kalkül zu erfüllen. Geopfert im Namen einer Demokratie, die bereits seit ihrer Gründung keine mehr war.
Die von Individuen kontrolliert wurde, denen der Profit wichtiger war als das Wohlergehen ihres Volkes.
Die blutigen Aktionen gegen friedliche Demonstranten, die fürchterlichen Taten der Geheimpolizei, gerichtet gegen Kritiker am Senat und jetzt der Plan eine Millionenmetropole den Banditen zu überlassen und sei es auch nur für einen kurzen Zeitraum.
Das alles hatte den kleinen Kreis der hier Anwesenden dazu bewegt, einen Pakt zu schließen.
Einen Pakt zum Wohle der Bewohner von Nito.
Er konnte nur hoffen, dass Phillip Selim ein besserer Monarch war als das, was in Ruthan derzeit regierte.
Entschlossen packte er den Griff des Aktenkoffers fester und nickte Kelly noch einmal kurz zum Abschied zu.
Die Senatorin hielt ihn jedoch mit einer Berührung am Arm nochmals auf.
„Du musst die Patrouillen der Senatsarmee weiträumig umfahren. Das wird dich Zeit kosten. Ruhe dich am Tag aus und mache in der Nacht Fahrtstrecke gut. Während meiner Zeit als Reporterin habe ich einige Jahre bei den Tuareg verbracht und dies von Ihnen gelernt. Solltest du auf sie treffen, so stehen deine Chancen das zu überleben nicht gut und es gibt nicht viel, was ich dir mitgeben kann.“
Ihre mitfühlende Stimme wurde von einem Griff in die Jackentasche begleitet, aus der sie einen reich verzierten Jambia, einen Krummdolch der Tuareg zog.
„Dies erhielt ich von einem mächtigen Stammesfürsten, mit dem mich eine tiefe Freundschaft verband. Vielleicht rettet er dir das Leben, vielleicht ist er auch nur eine letzte Gelegenheit einem Leben als Sklavenarbeiter in einer Mine der Hexenkönigin zu entgehen. Ich hoffe, dass wir uns wieder sehen und du unseren Plan zum Erfolg führst, Jeffrey.“
Sie drückte ihm die Waffe in die freie Hand und im Anschluss einen leichten Kuss auf die Wange, bevor sie sich ebenfalls zu ihrem Fahrzeug umwandte und in der Dunkelheit verschwand.
Erneut atmete er tief durch, aber es gab kein zurück mehr.
Eilig begab er sich zu dem Aeon und sprang auf dessen Fahrersitz. Der Koffer landete auf dem Platz des Beifahrers und den Dolch steckte er vor in seinen Hosenbund.
Als die beiden anderen Autos den Platz ihres konspirativen Treffens verließen, startete auch er den summenden Elektromotor und zog aus dem Handschuhfach des verdecklosen Jeeps seine Handschuhe aus Raptorenleder und die Staubschutzbrille.
Bereits viele Male hatte er sich mit dem von ihm selbst restaurierten Fahrzeug in die Wüste getraut, jedoch immer mit einer Abordnung der Senatsarmee oder der Geheimpolizei in seiner Nähe.
Sein Weg würde ihn nun mutterseelenallein viel tiefer in die Einöde führen als er je gekommen war.
Kurz umspielte ein Lächeln seine Lippen.
„Was für ein Abenteuer!“
Dann trat er das Gaspedal voll durch. Ihm blieben nur noch wenige Stunden, bis die Sonne am Horizont erscheinen würde und er wollte bis dahin einiges an Fahrtstrecke hinter sich gebracht haben.
In einer dichten Staubwolke stob der Aeon davon.
Hinaus in die schier unendlichen Weiten der Wüste.
Thema: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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22.07.2016 09:12 Forum: Kurzgeschichten


Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Nahatlan im Telai Gebirge

15. Juli 3062

Nach den Strapazen des fast zweiwöchigen Marsches durch die Wüstenlandschaft von Nito genoss Wilhelm die Fahrt an Bord des Zuges, der sich langsam das Gebirge hinauf quälte. In den ersten Ausläufern des Gebirgszüge hatte man den Landzug auf Schienen rangiert und auf zusätzlichen Wagen die Mechs und Fahrzeuge verladen. Starke Triebwagen zogen den nun über einen Kilometer langen Zug hinter sich her, durch lange Tunnel und steile Abhänge hinauf.
Langsam wurde ihm klar, wie das Königreich sich so lange gegen seine Feinde hatte behaupten können. Die Passagen zwischen den hohen Bergen mit ihren teilweise bis in die Stratosphäre reichenden Gipfeln waren schmal und gut zu verteidigen.
Immer wieder konnte er von seinem Sitzplatz aus verdeckte Verteidigungsanlagen und Bunkersysteme ausmachen, die eine Eroberung der Stadt so gut wie unmöglich machten.
Während der bereits vierstündigen Fahrt hatte sich das Gelände, welches der Zug passierte massiv verändert. Die rote Sandlandschaft war erst grauen Felsen gewichen, die nun immer mehr grün zeigten. Erst einzelne Büsche und Sträucher zeigten sich in dem unwegsamen Gelände, dann erschienen dicht bewaldete Berghänge.
Und das auf fast 2000 Metern über Normal Null.
„Als die SBVS nach dem Amaris-Putsch in die Randwelten einfiel waren die Soldaten von Rachedurst getrieben. Sie benötigten Nachschubbasen und wollten die Rückzugsräume der Unterstützer eliminieren. Der größte Teil unserer Truppen kämpfte auf dem Gebiet des einstigen Sternenbundes aber die zurück gebliebenen Einheiten leisteten erbitterten Widerstand. Fast ein Jahr lang wurde die Hauptstadt des Planeten umkämpft und dabei völlig zerstört. Millionen starben, zumeist unschuldige Zivilisten. Irgendwann wurde dann Agent Blue in hoher Konzentration in die Atmosphäre des Planeten entlassen. Das Entlaubungsmittel zerstörte innerhalb weniger Monate fast die gesamte Vegetation. Wälder, Nutzplantagen einfach alles. Der Wind trug es über den ganzen Planeten und verschont wurden nur wenige Regionen, die höher im Gebirge lagen oder sehr abgelegen waren.“
Major Fitzgerald von der Gardekavallerie leistete ihm während der Fahrt als Sitznachbar Gesellschaft und schien seinen verwunderten Gesichtsausdruck richtig gedeutet zu haben.
Die grüne Uniform des Offiziers war nun wieder tadellos gereinigt und auch die Stiefel glänzten mit den goldenen Knöpfen um die Wette.
Nachdenklich rührte er in der vor ihm auf dem kleinen Klapptisch stehenden Teetasse und fuhr dann fort.
„Selbst die entstehende Hungersnot konnte unsere Vorfahren nicht zur Besinnung bringen. Sie leisteten weiter Widerstand und fügten den Invasionstruppen erhebliche Verluste zu. Irgendwann hatte die Führung der SBVS genug und bezweifelte den Nutzen des Planeten in Relation zu den aufgewendeten Ressourcen. Es wird gemunkelt, dass der Befehl zu den folgenden Aktionen aus dem Büro von Kerensky persönlich kam. Auf jeden Fall wurden die größten Städte Ziel schwerster Orbitalbombardements an deren Ende vier nukleare Einschläge mit jeweils etwa 50 bis 60 Megatonnen Sprengkraft standen. Der Todesstoß für den Planeten. Erdbeben und Vulkanausbrüche, begleitet von radioaktivem Niederschlag und einem Absinken des Meeresspiegels um mehrere Meter. Das überhaupt jemand diese Apokalypse überlebt hat kann einen verwundern.“
Nachdem sich der Zucker am Boden der Tasse vollständig aufgelöst hatte, legte der Gardist den silbernen Löffel beiseite und tropfte etwas Milch aus einem kleinen Kännchen hinterher.
Interessiert beobachtete Wilhelm die Wolken, welche die Milch in dem Tee bildete.
„Die rötlichen Wüstenlandschaften sind das, was Agent Blue und die radioaktive Vulkanasche von einst grünen Ebenen und Wäldern zurückgelassen hat. Die Wüste ist durch die starken Winde in ständiger Bewegung. Das was heute noch eine sandige Dünenlandschaft ist, kann schon morgen ein Jahrhunderte altes Schlachtfeld mit wertvoller Beute entblößen. Am nächsten Tag ist es dann wieder eine Düne. Was die SBVS uns jedoch nicht nehmen konnte sind die gewaltigen Bodenschätze. Eisenerz, Germanium, dass alles bringen die Minen des Planeten in großen Mengen hervor. Wir veredeln diese Rohstoffe und bringen sie dann zum letzten betriebsfähigen Raumhafen des Planeten, nach Ruthan. Jedes Jahr trifft dort ein Händler ein, der uns die Erze abkauft.“
Vorsichtig schlürfte Fitzgerald an dem heißen Tee und schien den Geschmack zu genießen, bevor er fortfuhr.
„Ruthan wird seit dem Sturz der regierenden Adelsfamilie vor einigen Jahren von einem Senat regiert, der mehr oder weniger demokratisch gewählt wurde. Eine Verbrecherbande sondersgleichen. Sie haben die Elendsviertel gesehen. Ein Menschenleben zählt dort nur soviel wie sein Geldbeutel. Die Senatoren sind allesamt Industrielle die ihre eigenen Interessen zu schützen wissen und die Lieferungen aus den Provinzen mit hohen Zöllen und Abgaben belegen. Die Eltern des Regenten wollten diese Praxis beendet und einen Bund zwischen den einzelnen Adeslhäusern des Planeten schmieden um einen Freihandel zu erreichen oder einen zweiten Raumhafen zu reaktivieren, aber sie kamen bei einem Bombenanschlag ums Leben. Es steht außer Frage, dass der Senat da seine Finger im Spiel hatte, aber beweisen kann man nichts. Kurz darauf übernahm die Hexenkönigin mit ihrer draconischen Söldnerbande die Stadt der Toten, die Ruinen unserer ehemaligen Hauptstadt. Seit dem herrschen Terror und Krieg auf Nito. Sie hält ein Heer von Sklaven in Ihrer Gewalt, welche in den Minen um die Stadt unter unvorstellbaren Bedingungen schuften müssen, bis diese armen Teufel vor Erschöpfung sterben. Ruthan dementiert, dass sie die Erzeugnisse ankaufen, aber da es sonst keinen Absatzmarkt gibt, ist diese Aussage eher zweifelhaft. Sie unterhält eine Privatarmee in Regimentsgröße, welche sich aus den ehemaligen draconischen Kriegern rekrutiert, die sich selbst die Ronin nennen. Außerdem hat sie unter den Adligen der östlichen Gebiete einige Verbündete. Die Zahlreichen Rebellen und Banditengruppen sollte man auch nicht vergessen. Zudem hat sie die Tuareg zu einer Zusammenarbeit bewegen können. Die Braunhäute sind die Bewohner der Wüstenregionen und damit ortskundige Scouts für ihre Raubzüge.“
Der Zug war vor einigen Minuten in einen langen Tunnel eingefahren und als er diesen nun verließ erblickte Wilhelm ein gigantisches Tal, welches von hohen Bergen umschlossen wurde.
Die Schönheit des Anblicks verschlug ihm die Sprache. Der Boden des Tals war bedeckt von Gebäuden, welche sich bis an die Berghänge fortsetzten. Breite Alleen mit riesigen Bäumen und ausgedehnte Parks mit Seen ließen ihn glauben, den Planeten verlassen zu haben.
„Herzlich willkommen in meiner Heimat, Hauptmann Teufel. Herzlich willkommen in Nahatlan, dem Reich des kindlichen Regenten. Dies ist nur eines von sechs Nebentälern, welche in etwa sternförmig in das Haupttal münden. Dort befindet sich die verbotene Stadt, der Amtssitz unseres Regenten wie auch der stille See, ein Binnenmeer und der Wasserspeicher für fast acht Millionen Einwohner. Ich kann die traumhaften Sandstrände nur empfehlen, sollten sie einmal ausspannen wollen. Trotz der Höhenlage haben wir hier fast durchgängig 23 Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Früher nannte man Nito die Perle der Randwelten. Und dies hier war neben der Hauptstadt das Zentrum. Wir konnten unseren Status erhalten, während der Rest im Chaos versank.“
Beeindruckt nickte er zu den voller Stolz gesprochenen Worten des Gardisten.
Der Zug fuhr nun bergab in das Tal hinein und erreichte die ersten Gebäude, die Wilhelm an weiß getünchte, herrschaftliche Wohnsitze erinnerten.
An der gesamten Bahnlinie hatten sich Menschen in großen Gruppen versammelt und winkten dem vorbeifahrenden Zug zu. Es herrschte offensichtlich eine ausgelassene Feierstimmung.
„Die sind wegen Ihnen hier, Hauptmann. Der Bericht von Ihrem Sieg über Quantrills Raiders hat sich überall herum gesprochen. Für diese Leute hier sind sie Helden, deren Ankunft eine bessere Zukunft auch für den Rest des Planeten bedeutet. Man setzt einige Hoffnungen in Sie.“
Stumm nickte er.
Genau dies hatte er befürchtet. Seine schlimmsten Vorahnungen wurden mit der Einfahrt in dieses Paradies bestätigt.

Weitere vier Stunden und tausende jubelnder Bewohner später hatte der Zug das Quartier der Söldner erreicht. Das Kasernengelände lag direkt an dem großen Meer des Haupttals und bestand aus mehreren großen, alten Unterkufts- und Verwaltungsgebäuden, deren weiße Farbe gerade frisch aufgetragen worden zu sein schien, einem riesigen Paradeplatz sowie einer alles umschließenden, drei Meter hohen Mauer aus gebrannten Ziegeln, die nur von dem Gleiszugang des kleinen Bahnhofes auf dem Gelände unterbrochen wurde.
Einen Mechhangar suchte Wilhelm jedoch vergebens.
Major Fitzgerald trat neben ihn, während der Rest seiner Söldner die Wagons verließen und eine große Menge Miliztechs unter den gebrüllten Befehlen ihrer Vorgesetzten ausschwärmte um die militärische Hardware abzuladen.
„Klein, aber fein, Herr Hauptmann. Ihre neue Basis bietet einige Vorzüge, die vielleicht nicht auf den ersten Blick offensichtlich werden. Vor ihnen war dies ein kaum genutzter Stützpunkt der Garde, errichtet vor hunderten von Jahren als Kaserne für das Militär der Randwelten. Es wurde natürlich alles renoviert und modernisiert um ihrer Einheit die langen Ruhephasen zwischen den Erztransporten so angenehm wie möglich zu gestalten.“
Noch bevor er antworten konnte, schob sich die massive Gestalt von Zumwald zwischen sie und der Mastertech schien nicht gerade begeistert zu sein.
„Keine Hangars, Wilhelm. Nicht mal ein armseliger Lagerschuppen. Sollen meine Jungs eure Mechs auf dem Paradeplatz einrüsten und warten?“
Das aufbrausende Gemüt wurde von einem schallenden Lachen des Gardeoffiziers gebremst was wütende Blicke nach sich zog.
Langsam ging Fitzgerald durch das breite Eingangstor und schwenkte dann auf den Paradeplatz ein, dessen betonierte Oberfläche in regelmäßigen Abständen von großen Stahlflächen unterbrochen wurde.
Die Söldner folgten seinen Schritten in einer großen Traube, wobei aufgebrachtes Gemurmel um sich griff.
Mechkrieger und Techs hatten ihr Gerät gern in der näheren Umgebung, was den Gedanken an entfernt stehende Wartungsanlagen beunruhigend wirken ließ.
Mitten auf einer der Stahlplatten blieb der Gardeoffizier plötzlich stehen, drehte sich zu Wilhelm und seinen Leuten um und wartete, bis auch der letzte zu ihm aufgeschlossen hatte.
Dann winkte er in Richtung eines am Rande des Platzes stehenden, niedrigen Gebäudes, durch dessen Fenster ein Milizionär die Geste erwiderte und dann geschäftig zu arbeiten begann.
„Vor dem Coup des Stefan Amaris durchlief das Militär der Randwelten eine unglaubliche Aufrüstungsphase, die natürlich vor den Geheimdiensten des Sternenbundes wie auch dem Rest des Universums geheim gehalten werden musste. Offensichtliche Wartungsanlagen für unzählige Battlemechs erregen unvermeidliches Aufsehen, weshalb man sich in Nahatlan für eine andere Lösung entschied.“
Mit einem plötzlichen Ruck setzte sich die zehn auf zehn Meter große Metallplatte abwärts in Bewegung was überraschte Rufe aus der Gruppe von Wilhelms Leuten auslöste.
Schnell sank die Metallplatte durch einen dunklen Schacht geschätzte dreißig Meter in die Tiefe, bevor sich eine der steingrauen Wände in die Weite einer gigantischen Halle öffnete.
Nur wenige Lampen verbreiteten ein diffuses Licht, in welchem an den Wänden der Halle Wartungsgerüste und Gänge in der Größe eines Battlemechs erkennbar wurden.
„Diese Anlage ist Teil der Verteidigungssysteme von Nahatlan und unterirdisch mit den verschiedenen Stützpunkten der Miliz und Garde verbunden. Von hier aus gelangen sie ungesehen in alle Bereiche der Stadt ohne auf zivile Infrastruktur Rücksicht nehmen zu müssen.“
Die Worte von Fitzgerald hallten durch die riesenhafte Halle und die Gedanken der tief beeindruckten Söldner. Lediglich Hanna Moreno, die Pilotin des schwarzen Ritters schien bei dem Anblick gelassen zu bleiben, was Wilhelm seiner Liste der Merkwürdigkeiten der Frau hinzufügte.
„Die vier Hebebühnen der Anlage können Mechs jeder Gewichtsklasse befördern und es existieren insgesamt 24 Wartungsgerüste sowie Platz für ein ganzes Bataillon hier unten. Munitionsbunker, Ersatzteillager sowie schweres Gerät für ausufernde Reparaturarbeiten stehen ganz zu Ihrer Verfügung. Wenn sie es wünschen, Mastertech, können Sie die Wartungsarbeiten natürlich auch auf dem Paradeplatz durchführen, aber ich würde dazu raten, diese Anlage zu nutzen.“
Der Angesprochene strich sich mit großen Augen durch den schwarzen Bart und nickte zustimmend.
„Ich gebe es wirklich nicht gern zu, Major Fitzgerald, aber es ist das erste Mal in meinem Leben, dass die Worte eines Mannes mir eine Erektion beschafft haben! Dies hier ist der Kern meiner zukünftigen, feuchten Träume.“
Gelächter brandete durch die Gruppe, als ein Schatten sich aus der Dunkelheit der Halle löste und auf sie zusteuerte.
Ein Mann in schwarzem Anzug begleitet von zwei offensichtlichen Techs in gelben Overalls blieb mit freundlichem Ausdruck auf dem Gesicht vor der Gruppe stehen und begrüßte zuerst Major Fitzgerald per Handschlag.
„Anton, mein Lieber. Wen bringst du denn da in die gute Stube?“
Der Gardist wendete sich wieder den Söldnern zu und gab damit den Weg für den hoch gewachsenen, braun gebrannten Geschäftsmann frei.
„Hauptmann Teufel, ich darf Ihnen Garry Miles vorstellen. Hauptaktionär und Vorstandsvorsitzender der Miles Maschinenwerke, dem führenden Hersteller von Rüstungsgütern hier in Nahatlan. Seine Vorfahren übernahmen nach dem Abzug der SBVS die örtliche Niederlassung der Weigel Armory and Munitions Werke und stellten sie auf zivile Produkte um. So konnte der Bergbau wie auch der Wiederaufbau der Stadt wesentlich schneller in Angriff genommen werden als in anderen Gebieten des Planeten.“
Der Handschlag von Garry Miles war beeindruckend stark, seine Augen ehrlich und das Lachen das eines zufriedenen Menschen.
„Außerdem führt mein Unternehmen die jährlichen Generalüberholungen an so gut wie alle Fahrzeuge der Miliz und auch der königlichen Garde durch, fertigt Ersatzteile von Aktivatoren über Myomerstränge bis hin zu Reaktoren als Einzelstücke an und baut jedes Gefechtsfahrzeug welches bei unseren Truppen im Einsatz ist. Die Estevez Kampfpanzer und Randolph Schützenpanzer wie auch die vierbeinigen Sicherheitsmechs der Zulu Klasse haben sie ja bereits im Einsatz gesehen. Außerdem haben wir eine Fertigungsstraße für Helikopter wie auch für alle gängigen Munitionsarten.“
Auch dem Rest der Söldner schüttelte der Firmenbesitzer die Hände, ließ sich über Namen und Rang aufklären und drückte seine Freude wie auch seinen persönlichen Dank darüber aus, dass Nahatlan nun vernünftig verteidigt werden würde.
„Als bekannt wurde, dass Ihre Einheit diese Anlage als Basis erhalten würde, haben wir uns bereit erklärt, die seit Jahrzehnten eingestaubten Wartungsgerüste und Werkzeuge zu reaktivieren. Die meisten meiner Mitarbeiter haben sich freiwillig für unbezahlte Überstunden gemeldet und Tage hier unten verbracht um rechtzeitig fertig zu werden. Es ist leider noch nicht perfekt, aber das Beste, was wir in der kurzen Zeitspanne erreichen konnten.“
Auf ein kurzes Nicken des Geschäftsmannes hin begann einer seiner Techs auf dem Comblock herumzutippen und nur Sekunden später flackerten hunderte Lampen und Scheinwerfer in der Halle auf und badeten diese in grell-weißem Licht.
Erst jetzt wurde auf der fast zwanzig Meter hohen, gegenüberliegenden Wand der aufgemalte Totenkopf sichtbar, dessen Mund mit den verlängerten Reißzähne zu einem stummen Brüllen aufgerissen war.
„Ist das das Wappen der Einheit welche hier stationiert war? Wer zur Hölle war das?“
Interessiert machte Wilhelm einige Schritte auf die Wand zu und studierte die kunstvolle Malerei eingehend.
Zwei gekreuzte Kavalleriesäbel unter dem Totenkopf vervollständigten das Bild einer militärischen Kennzeichnung.
„So ist es, Herr Hauptmann. Zumindest was die Vorbesitzer dieser Anlage angeht treten sie in große Fußstapfen. Das ist das Zeichen der 1. Randwelten Kürassiere, den letzten Verteidigern von Nito. Alle angehörenden der kämpfenden Truppe verloren bei der Verteidigung gegen die SBVS ihr Leben. Die Garde hat es wohl aus sentimentalen Gründen nicht entfernt und wir kamen noch nicht dazu. Es sollte aber kein Problem darstellen diese Wand zu tünchen.“
Entschieden schüttelte er den Kopf, ganz im Bann des brüllenden Schädels.
„Nein, meine Herren. Ich finde das überaus passend. Wir sind hier um diese Stadt und die Landzüge, welche sie versorgen, zu verteidigen. Die Republik der Randwelten existiert vielleicht nicht mehr, aber wir werden schon einen passenden Namen für unseren Haufen finden. Irgendetwas, das zu diesem Wappen passt, dass Angst in die Gedanken unserer Feinde säät, dass Sie erzittern lässt, sobald der Name erklingt.“
Die Stimme der am hinteren Ende stehenden Hanna Moreno war nur ein Flüstern, das jedoch zu allen Anwesenden durchdrang.
„Wir sind des Teufels Kürassiere, Herr Hauptmann.“

Einige Stunden später bestiegen Wilhelm und Mia in Begleitung von Zumwald einen mit laufenden Rotoren wartenden Helikopter, welcher zuvor auf dem Paradeplatz gelandet war. Im Gegensatz zu dem Ferret, welcher Ihnen bei der Schlacht gegen Quantrills Raiders als Artilleriebeobachter gedient hatte, war dieses Modell wesentlich größer, bulliger und mit mehreren Kurzstreckenraketenlafetten und einem Kinnturm mit schwerem Maschinengewehr auch weitaus besser bewaffnet.
Zudem bot der geräumige Innenraum Platz für bis zu zehn vollständig ausgerüstete Soldaten, die sich durch die große Seitenluke auch abseilen konnten.
Die drei Söldner wurden bereits von Major Fitzgerald erwartet, der seine tadellose Uniform mit mehreren Auszeichnungen und Bändern geschmückt hatte.
Das bevorstehende Treffen mit dem Regenten von Nahatlan schien den erfahrenen Offizier nervös zu machen, was sich in einem beständigen Nesteln an den breiten Gurten zeigte.
„Ist das ihr erstes Zusammentreffen mit dem Regenten, Fitzgerald?“
Über das Heulen der anlaufenden Turbinen hinweg musste Wilhelm brüllen, damit der Gardeoffizier ihn überhaupt verstand.
Mit einem kurzen Nicken bestätigte der Mann seine Vermutung und deutete dann auf ein Headset, welches in Kopfhöhe neben den Sitzen hing.
Schnell griff Wilhelm danach und stülpte es sich über die Ohren, was das Tosen des nun startenden Hubschraubers sofort auf ein leises Flüstern reduzierte.
„Kampf- und Unterstützungshubschrauber der Baureihe Hornisse. Wird ebenfalls von Miles für die Miliz hergestellt. Mir haben diese Witzbolde erst nach Wochen und zwei Entzündungen der Stimmbänder von den Headsets erzählt.“
Die Anmerkung und die Tatsache, dass Fitzgerald nicht im Geringsten auf seine eigentliche Frage einging sprachen Bände.
Auch Mia hatte das Headset angelegt und blickte nun dem Major hinüber.
„Mir ist aufgefallen, dass es hier nur Bodenfahrzeuge und Helikopter gibt, aber ich konnte noch kein einziges Flugzeug ausmachen, geschweige denn Landbahnen oder Flughäfen. Woran liegt das?“
Der Gardist deutete aus der offen stehenden Luke, durch die einer der hohen Gebirgszüge zu erkennen war, die das Tal einschlossen.
„Das liegt an der Thermik des Planeten. Hier in Nahatlan können die plötzlich auftretenden Stürme bis zu hundert Stundenkilometer erreichen. Das zwingt jedes Fluggerät zu einer raschen Landung. Mit einem Hubschrauber können sie das in so gut wie jedem Gelände bewerkstelligen und nachdem sich der Sturm gelegt hat auch wieder starten. Für Flugzeuge benötigen sie Landebahnen oder zumindest Pisten. Außerhalb der Gebirgsmassen sind die Stürme noch schlimmer. Dort reduziert der aufgewirbelte Sand und Staub die Sichtweite innerhalb von wenigen Minuten auf Null. Die Triebwerke saugen den Mist an und dieser verfestigt sich durch die hohen Temperaturen im Inneren. Unsere Piloten nennen diesen Vorgang einen Stein backen. Dann gibt es nur noch eine Richtung. Abwärts!“
Mia nickte verstehend, während sich Zumwalds Gesichtsfarbe von einem gesunden rot in aschfahles Weiß änderte.
„Ich möchte mich höflichst für ihre Bemühungen bedanken, uns ihre Heimat näher zu bringen, Herr Major. Aber ich wäre ihnen überaus dankbar, solche Details für sich zu behalten. Zumindest während ich in einer dieser Kisten sitze!“
Die Stimme des Mastertechs zeigte einen Anflug von Panik, was wiederum ein Lächeln auf Fitzgeralds Gesicht zauberte.
Noch bevor dieser jedoch etwas erwidern konnte, erklang die fröhliche Stimme der Pilotin in den Headsets.
„Keine Angst, bei mir sind sie alle in guten Händen. Herzlich willkommen an Bord von Wild Weasel. Wie sie wissen, ist mein Name Nancy Hoogan, ich bin Leutnant im Flugdienst der Miliz von Nahatlan und Ihre Pilotin auf diesem Ausflug durch die malerische Gebirgslandschaft unserer Heimat. Wir haben die vorgesehene Reisehöhe von 3.000 Metern erreicht und werden unser Ziel, die Residenz des Regenten oder auch die verbotene Stadt, innerhalb weniger Minuten erreichen. Im Moment donnern wir mit etwa dreihundert Stundenkilometern über das stille Meer und wenn sie aus den Backbord Fenstern sehen, können sie die Skyline des Rune-Tals erkennen, des Bevölkerungsstärksten Gebietes der zusammengewachsenen Stadt. Durch die Ausstiegsluke an Steuerbord sehen sie das Ryhad-Gebirgsmassiv, welches direkt an das Meer anschließt. In einem der Nebentäler befindet sich unser Ziel.“
Wie zur Bestätigung schwenkte der Helikopter auf die dunkle Masse eines gigantischen, zerklüfteten Berges zu.
Wilhelm war froh, dass er die beachtlichen Flugkünste der Milizpilotin bereits während der Schlacht hatte bewundern können, so fiel es ihm nun leichter, Ruhe zu bewahren als kurze Zeit später der überraschend wendige Helikopter in eine breite Spalte zwischen zwei senkrechten Felsspalten eintauchte.
„Olympus von Wild Weasel. Sind im Anflug auf ihre Position. Genehmigter Transport von vier Passagieren zur Audienz. Erbitte Landeerlaubnis.“
Hinter der Felsspalte öffnete sich ein breites Tal, dass von einem ummauerten, prächtigen Gebäudekomplex in arabischem Stil dominiert wurde, dessen Mittelpunkt ein großer Kuppelbau darstellte.
„Der Palast des Regenten wurde in der Frühzeit der Republik der Randwelten als Domizil des ersten Konsuls errichtet. Es war jedoch nie jemand der Familie Amaris auf dem Planeten. Die Eltern des Regenten führten die Staatsgeschäfte von den Regierungsgebäuden in der Stadt aus, aber der Thronfolger wählte die unnahbare Abgeschiedenheit dieses Ortes, was zumindest für seine Sicherheit ein Segen ist. Angreifer müssten sich durch das gesamte Tal kämpfen um hierher zu gelangen und seine Leibwache besteht aus handverlesenen Soldaten und Offizieren der Garde und Miliz. Die umliegenden Berggipfel sind mit weitreichenden Ortungsanlagen gespickt, und die einzigen beiden Zufahrtsstraßen werden schwer bewacht, womit dieses Gebiet neben den Zugängen zu Nahatlan zu den am besten gesicherten Orten des Königreiches gehört. Der Senat von Ruthan würde so einiges dafür geben, den letzten Regenten zu töten und wir werden alles dafür tun, um dies zu verhindern. Er ist unsere einzige Chance, den alten Adel des Planeten zu vereinen und die Tyrannen hinweg zu fegen. Er ist unsere letzte Chance für eine friedliche Zukunft in Freiheit. Seine Eltern hatten einen Traum, einen Traum für alle Menschen auf Nito, aber sie wurden feige ermordet.“
Verbitterung klang aus den Worten von Fitzgerald und ließ die zuhörenden Söldner lediglich nicken.
Mit einem kurzen Ruck landete der schwere Helikopter auf einer freien Betonfläche, abseits des Palastes, an deren Rand bereits ein Trupp schwer bewaffneter Gardisten auf die Neuankömmlinge wartete.
Schwere Automatikgewehre und Körperpanzerung sowie Vollschutzhelme zeigten jedem, dass diese Soldaten bereit waren, für Ihren Regenten zu kämpfen und notfalls auch zu sterben.
Fitzgerald hatte sich als erster von den Gurten befreit und sprang elegant aus der Seitenluke, gefolgt von Wilhelm und seinen beiden Begleitern.
Kurz sah er sich nochmals zu der Pilotin um, die ihn angrinste.
„Danke für den informativen Flug, Leutnant Hoogan. Ich darf doch hoffen, dass Sie uns auch wieder zurück bringen?“
Die Augen der erfahrenen Pilotin leuchteten unter dem abgedunkelten Visier ihres Helmes auf, bevor sie antwortete.
„Natürlich, Herr Hauptmann. Ich werde genau hier auf Sie warten.“
Zufrieden mit der Antwort folgte auch Wilhelm dem Gardisten, der mittlerweile den Trupp seiner Kollegen erreicht hatte und zackig vor dem grimmig dreinschauenden Unteroffizier salutierte.
„Der Regent erwartet sie bereits, Major Fitzgerald. Sie sind spät dran!“
Damit wand sich der ältere Mann von der Gruppe ab und stampfte in Richtung des Palastes davon.
Wilhelms konsternierte Blicke beantwortete der Gardist mit einem Lächeln.
„Die Leibgarde ist, na sagen wir mal eine eigene Elite innerhalb unserer Streitkräfte. Etwas exzentrisch aber absolut loyal und zuverlässig. In der Nähe des Regenten haben nur sie das Sagen. Mein Rang ist hier nicht von Bedeutung.“
Den Rest des etwa zehn Minütigen Fußweges durch blühende Gärten und gepflasterte Innenhöfe brachten Sie schweigend hinter sich.
Erst als ein großes Stahltor sich unter lautem Knarren öffnete um sie auf den Hauptplatz zu lassen, platzte die Überraschung aus Zumwald heraus.
Das etwa hundert Meter hohe Gebäude war an sich bereits beeindrucken, die langen Reihen schwarzer Statuen in Form von Battlemechs in Originalgröße toppten diesen Anblick jedoch bei Weitem.
Wie grimmige Wächter standen die massiven Skulpturen über den Platz verteilt und schienen nur auf einen Einsatz zu warten. Manche von Ihnen zeigten Gefechtsschäden, andere schienen in einem nagelneuen Zustand festgehalten worden zu sein. Die Detailtreue war jedoch in jedem Fall atemberaubend.
„Wilhelm! Das muss eine ganze Kompanie sein. Da drüben ist ein Jackrabbit und dort vorne eine Königskrabbe. Der Greif da links scheint einen Treffer in das Gyro bekommen zu haben, denn er steht etwas zur Seite gebeugt. Das Design am Eingang kenne ich gar nicht. Scheint eine Art Kampfschütze zu sein. Das ist eine ganz wunderbare Steinmetzarbeit.“
Während sie staunend durch die langen Reihen der stummen, steinernen Wächter marschierten, setzte Fitzgerald zu einer Erklärung an.
„Dieses Mahnmal erinnert an die Schlacht in der Hauptstadt und soll die letzten 13 Verteidiger darstellen, welche von den angreifenden Sternenbundlern nieder gemacht wurden. Es gibt keine genauen Aufzeichnungen mehr, aber die Statuen müssen kurz nach der Schlacht entstanden sein und man erzählt sich, dass in Ihnen die Leichen der Krieger einbetoniert wurden. Der Name des Künstlers ist uns mit Leon Teggle überliefert. Er entwarf in der Nachkriegszeit einige der bedeutensten Gebäude von Nahatlan, von denen viele auch heute noch erhalten sind.“
Auf ihrem Weg durch das Innere des Palastes öffneten sich immer neue, meterhohe Türen zu immer prächtigeren Räumen, bis eine mit Gold überzogene Flügeltür, welche von zwei Gardisten aufgezogen wurde, den Zugang zu einem riesigen Thronsaal frei gab.
Die über vierzig Meter hohe Kuppel wurde an den Seitenwänden von mächtigen Marmorsäulen gestützt und war mit bunten Malereien verziert. Auf einer Empore stand ein goldener Thron, welcher von zwei hoch aufragenden, baugleichen Battlmechs bewacht wurde, deren Design auch Wilhelm gänzlich unbekannt war, jedoch stark an einen primitiven Prototypen des bekannten Marodeurs erinnerte.
„Immer wenn ich diesen Saal betrete, wird mir klar, wie klein wir Menschen doch sind. Wie unbedeutend unser Schicksal in Anbetracht der Größe des Universums.“
Verwirrt von dem leeren Thorn blickte sich Wilhelm zu dem Sprecher um, der nun ebenfalls durch die große Flügeltür in den Saal trat.
Der Regent von Nahatlan war für seine 14 Jahre groß gewachsen, trug eine smaragdgrüne, lange Robe und musterte ihn mit freundlichen, aber misstrauischen Augen. Die unverkennbar arabische Herkunft seiner Familie zeigte sich in einer etwas dunkleren Hautfarbe und dem tiefschwarzen, langen Haar, das zu einem Zopf gebunden über seine linke Schulter hing.
Seine zwei Jahre ältere Gattin, welche Wilhelm bereits von den Kontraktverhandlungen kannte, zeigte erneut das geheimnisvolle Lächeln, welches er nicht zu deuten mochte.
Schnell ließen sich die Söldner und Fitzgerald auf das rechte Knie sinken und blickten zu Boden, ganz wie es die Etikette des Planeten vorgab.
Wieder überraschte der jugendliche Regent mit seinem eher unkonventionellem Verhalten.
„Nein, ich bitte euch, liebe Freunde. Erhebt euch. Dank eures heldenhaften Eingreifens ist meine geliebte Gemahlin wieder an meiner Seite und der für unsere Wirtschaft so wichtige Landzug sicher in Nahatlan angekommen. Ihr seid zu unserer Rettung erschienen und so müsste ich mich vor euch verneigen.“
Völlig irritiert erhoben sich die Angesprochenen und erwiderten das herzliche Handschütteln, welches der Regen ihnen auf zwängte.
„Ihr habt uns angeworben, um genau diese Aufgabe zu erfüllen, mein Regent. Ein Dank ist also nicht notwendig.“
Mit einer kurzen Bewegung rückte Wilhelm seinen Waffengurt zurecht und zog die schwarze Dragonerjacke gerade, während er dem Regenten langsamen Schrittes folgte, welcher in Richtung des Throns schlenderte.
„Ich habe euren Werdegang sehr genau studiert, Hauptmann von Strang und möchte euch versichern, dass meine Gattin euch bei der Auswahl der kommandierenden Position nicht in Betracht zog, weil die Unterlagen von Bram Miller ihn in ein wirklich gutes Licht rückten. Nun, wie wir gesehen haben, ist Papier geduldig, meint ihr nicht auch?“
Wie angewurzelt war Wilhelm bei der Nennung seines Nachnamens stehen geblieben und starrte mit Entsetzen in den Augen zu dem Regenten, der dies wohl bemerkt hatte und sich ihm zu wand.
Seine Gedanken überschlugen sich, konnten aber in der kürze der Zeit keinen klaren Satz fassen.
„Oh, ihr seid überrascht, dass ich eure wahre Identität kenne, Hauptmann? Den Familiennamen eurer Mutter an zu nehmen mag desinteressierte planetare Gouverneure und niederen Adel täuschen, aber tiefer gehende Recherchen zeigen schnell eure wahre, durchaus tragische Geschichte. Wilhelm von Strang, letzter Überlebender Träger dieses Namens, der eine Abstammung von Colonel Gunthar von Strang, Kommandeur der 18. Amaris Chasseurs nachweisen kann. Vor dreizehn Jahren eroberten die Jadefalken den Planeten, welchen eure Familie Heimat nannte und ermordeten in blinder Wut euren Vater, Stephan von Strang. Die Leiche sollen sie an einem Fahnenmast aufgehängt haben. Euer Glück war, dass ihr auf einem Raubzug und nicht in der Nähe wart. Seit diesen Tagen irrt ihr durch die Reiche der Inneren Sphäre, getrieben von der Suche nach Etwas, dass ihr nicht hättet benennen können. Ihr habt Schlachten gegen die Clans geschlagen, aber eure Einheit wegen der schweren Verluste nicht zusammen halten können. Und nun seid Ihr hier. An einem Ort, der euch vorbestimmt ist. Es immer war. Eure Suche ist nun beendet, Wilhelm von Strang, denn hier werdet ihr nicht wegen eures Namens verfolgt. Niemand wird euch der Taten eures Vorfahren wegen verachten, denn wir haben gelernt, die Vergangenheit ruhen zu lassen und einen Mann oder eine Frau nach ihren eigenen Taten im Hier und Jetzt zu beurteilen. Ihr seid nicht länger der schäbige Nachfahre eines Kriegsverbrechers sondern ein Krieger, dessen Name durch die Vergangenheit wie auch die Gegenwart klingt. Eure Vorfahren haben Stefan Amaris geholfen, das mächtigste Sternenreich zu besiegen, dass die menschliche Geschichte jemals gesehen hat. Meine Forderungen an euch sind indess wesentlich geringer, Hauptmann.“
Der Regent war die niedrigen Stufen der Empore hinauf gestiegen und ließ sich mit einem Seufzer auf dem Thron nieder, während seine Frau neben ihn trat.
Noch immer schockiert von der Tatsache, dass sein so wohl gehütetes Geheimnis mit einem Mal gelüftet war, folgte Wilhelm dem Jugendlichen nur mit dem Blick.
„Ich bin mir nicht sicher ob ich verstehe, worauf ihr hinaus wollt, eure Majestät. Der von uns unterzeichnete Kontrakt sieht den Schutz des Landzuges während der regelmäßigen Fahrten durch die Wüste vor, sowie die Ausbildung der königlichen Garde und Milizeinheiten.“
Ein fröhliches Lachen brandete ihm entgegen und der junge Regent schien sich köstlich über seinen Einwurf zu amüsieren.
„Ich bitte euch, Hauptmann. Die Rolle des Bürokraten und Rechtsverdrehers steht euch nicht gut zu Gesicht. Ein altes Sprichwort in den Randwelten besagt, dass große Namen auch große Schatten werfen. Und der Schatten eures Namens hat sich mit dem Sieg über Quantrills Raiders wie ein Leichentuch über die gelegt, die Nito seit Jahren ausbeuten und meine Bevölkerung terrorisieren. Die Familie von Strang ist in eurer Person mit einem Paukenschlag in die Randwelten zurück gekehrt um die hinweg zu fegen, welche sich dem Wohl des Planeten in den Weg stellen. Ihr marschiert an der Spitze einer Gruppe von Kriegern, die man mit Fug und Recht als Ausgestoßene bezeichnen kann. Ich habe die Lebensläufe der Männer und Frauen unter eurem Kommando eingehend studiert und kann euch sagen, dass dies das Blut ist, aus dem die Republik der Randwelten einmal bestand. Genau das Blut, welches dieser Planet benötigt, um wieder geeint zu werden. Meine Miliz ist bei der Sicherung der Verteidigungsanlagen von Nahatlan fast vollständig gebunden und wird zusätzlich durch die regulären Aufgaben wie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gefordert. Die königliche Garde unterstützt die Verteidigung, hat aber nicht genug freie Kapazitäten um den verschiedenen Bedrohungen aktiv entgegen treten zu können.“
Auf ein kurzes Nicken des Regenten hin, griff ein abseits stehender Milizionär zu einem langen Stab mit rundem Ende und hieb mit einem ausholenden Schlag gegen einen mannshohen bronzenen Gong.
Der entstehende Ton hallte dumpf durch den hohen Kuppelbau des Thronsaals und eine große Tür knapp neben dem Regenten öffnete sich lautlos.
Hindurch schlenderte Garry Miles in seiner bekannt legeren Art, gefolgt von einigen hohen Offizieren der Garde und Miliz, sowie zwei einfachen Soldaten, welche einen mit weißem Tuch verdeckten Gegenstand auf einem Rollbrett hinein schoben.
„Guten Abend, Hauptmann von Strang. Die Leutnants Kaemmerichs und Zumwald und natürlich mein lieber Anton. Ich freue mich, sie alle schon so schnell wieder zu sehen.“
Lachend ging der Gardist dem Geschäftsmann entgegen und die beiden schüttelten sich die Hände, bevor sie ebenfalls zu der kleinen Gruppe hochrangiger Offiziere stießen, welche etwas Abseits des Thorns Aufstellung bezogen hatte.
Damit standen nun Wilhelm und seine beiden Begleiter allein vor dem beeindruckenden Thron und blickten zu dem lächelnden Regenten auf.
Noch nie hatte er sich so sehr in das Innere seines Battlemech-Cockpits gewünscht wie jetzt.
Er fühlte sich so unendlich verwundbar und hilflos.
Unentschlossen nestelte er an der obersten, silbernen Münze herum, welche seine schwarzen Hosenbeine über dem roten Streifen zierten.
Jede einzelne davon stand für einen Battlemechabschuss, ganz in der Tradition seiner ehemaligen Einheit, die dies wiederum von den 18. Amaris Chasseurs übernommen hatte.
Bevor er jedoch das Wort ergreifen konnte, fuhr der Regent in der ihm eigenen, ruhigen Stimmlage fort.
„Euer Kontrakt, Hauptmann von Strang, beinhaltet eine optionale Klausel für lukrative Kampfeinsätze während der Ruhephasen der Einheit zwischen den Eskorten der Landzüge unter der Voraussetzung, dass der Ausbildungsauftrag nicht darunter leidet. Sehr ihr, es gibt vier Ernst zu nehmende Einheiten auf Nito, welche in der Lage sind, eine kampfentscheidende Menge an Battlemechs ins Feld zu führen. Die Senatsarmee von Ruthan besteht aus einem Rudel angeheuerter Söldner, verstärkt durch die privaten Streitkräfte der einzelnen Senatoren. Zusammen genommen etwa eine Kompanie Kampfmaschinen. Für die Ronin der Hexenkönigin gilt nach allgemeinen Schätzungen in etwa dasselbe, aber durch verschiedene Banditeneinheiten wie Quantrills Raiders, mit denen sie zusammenarbeitet, kann sich dies noch massiv erhöhen. Die Streitkräfte des Fürstentums Layall, aus deren Familie meine Gattin stammt, verfügt über zwei Lanzen, wobei eine davon aus Relikten wie denen hinter diesem Thron besteht. Primitive Technik, die im direkten Schlagabtausch mit modernen Mechs nicht die geringste Chance hat. Es waren die ersten Versuche der Miles Maschinenwerke, kampftaugliches Gerät für eine Schlacht her zu stellen, nachdem die Fabriken seit Jahrhunderten nur eine zivile Produktion aufrecht erhalten hatten. Nicht sehr erfolgreich und durch ihre geringe Geschwindigkeit nur zur Verteidigung zu gebrauchen. Aufgrund dieser Tatsachen und der abgeschiedenen Lage von Layall hat mein Schwager die Regentin bei Übernahme der Macht zur Unperson erklärt um nicht in einen Krieg hinein gezogen zu werden. Das Fürstentum war ein starker Verbündeter meiner Eltern, jetzt stehen wir alleine. Zusammen können Miliz und die Garde von Nahatlan eine Kompanie Mechs in einen Kampf werfen, wovon etwa zwei Drittel rund erneuertes Material von den alten Schlachtfeldern Nitos ist. Der Rest besteht ebenfalls aus veralteter Technologie. Die vierbeinigen Sicherheitsmechs mögen eine Berechtigung im Kampf gegen Fahrzeuge und Infanterie haben oder Unterstützungsfeuer liefern, aber mitrechnen kann man sie nicht. Hinzu kommt, dass unseren Piloten die Kampferfahrung fehlt. Dies hat sich in schmerzhaften Niederlagen gegen die Hexenkönigin und verschiedene Banditeneinheiten immer wieder gezeigt.“
Auf ein Nicken des Regenten hin trat ein grauhaariger, hagerer Offizier in der Uniform der Garde aus dem Pulk der Wartenden und übernahm die Erklärung in einem fast beiläufigen Tonfall.
Gleichzeitig verschob sich lautlos eine der schweren Marmorplatten am Boden und gab den Blick auf einen Holoprojektor frei, der kurz darauf summend seine Arbeit aufnahm und ein durchscheinendes, flirrendes Abbild des roten Planeten mehrere Meter über den Köpfen der Anwesenden formte.
„Meine Damen, meine Herren, mein Name ist General Heroen Kanaris. Ich habe die Position des kommandieren Offiziers des militärischen Abschirmdienstes der Garde inne und habe die Ehre, sie über die allgemeine Situation auf Nito zu informieren. Zuerst möchte ich mich für das veraltete Kartenmaterial entschuldigen, welches die Grundlage dieses Briefings bildet, aber da sich die Kontrollstation der wenigen aktiven Satelliten in Ruthan befindet, sind unsere Aufklärungsmöglichkeiten auf den Einsatz von Scouts und Hubschraubern beschränkt. Dies ist auch der Grund, warum wir Truppenbewegungen potentieller Gegner außerhalb unseres Territoriums nicht verfolgen können.“
Ruckartig zoomte die Ansicht des Planeten heran und verwandelte sich dann in eine schwebende, dreidimensionale Karte, deren Mittelpunkt das ausgedehnte Gebirgsmassiv um Nahatlan bildete.
Interessiert legte Wilhelm den Kopf in den Nacken um die rot pulsierenden Punkte in Augenschein zu nehmen, welche mit Namen für die symbolisierten Städte versehen waren. Die Auflösung war nicht so gut wie in den ihm bekannten Holotanks, reichte für eine taktische Analyse jedoch durchaus.
Schon fuhr General Kanaris mit seiner eintönigen Stimme fort.
„Wie sie bereits bemerkt haben, ist dass Nahatlan Gebirgsmassiv in jede Richtung von Wüste umgeben. Im Osten liegt Ruthan, im Norden das Fürstentum Layall, jedoch wesentlich weiter entfernt. Im Süden schließen sich einige kleinere Reiche an, deren Adlige und Warlords mit Kämpfen um Wasser- und Abbaurechte untereinander in Blutsfehden liegen. Westlich der Gebirgszüge beginnt die Einöde der großen Sandwüste. Tausende Quadratkilometer nichts als Sanddünen und schroffe Felslandschaft, bewohnt nur von den Tuareg, hunderter großteils nomadisch lebender Stämme, die sich vor einiger Zeit mit der Hexenkönigin verbündet haben und seit dem Überfälle begehen und der Herrscherin über die Stadt der Toten wie auch anderen Banditen und Rebellen als ortskundige Scouts dienen. Es gibt Geschichten von einer Felsenstadt namens Agadez in diesem Gebiet, welche das Zentrum der Macht der Tuareg sein soll, aber sollten diese Informationen korrekt sein, so haben wir sie noch nicht ausfindig machen können. Die Haupteinnahmequelle der Wüstenbewohner ist der Handel mit Sklaven, welche an die Hexenkönigin verschachert werden und in Ihren Erzminen unter unvorstellbaren Bedingungen arbeiten müssen. Die Braunhäute sind eine Pest, aber sie beherrschen die Wüstenregionen mit ihren schnellen Fahrzeugen.“
Der bisher neutrale Tonfall des alten Offiziers war bei der Erwähnung der Nomaden von Wut erfüllt und Wilhelm war nicht sicher, ob nicht eine persönliche Tragödie hinter der Fassade des kühlen Taktikers verborgen lag. Ihm wurde mehr und mehr bewusst, dass bereits seit langer Zeit zwischen den Parteien auf Nito ein blutiger Konflikt köchelte.
Nachdenklich steckte er die Hände in seine Hosentaschen und lief eine Runde um das dreidimensionale Hologramm der Karte, welches er dabei nicht aus den Augen ließ.
„Verfügen die Tuareg über Battlemechs oder anderes schweres Gerät?“
Seine interessierte Stimme hallte durch den Thronraum, was General Kanaris professionellen Gesichtsausdruck zurück kehren ließ.
„Nein, Hauptmann von Strang. Ihre militärische Stärke beruht gänzlich auf schnellen Schwebern und Radfahrzeugen. Sie tauchen absolut unerwartet an einer Stelle auf, schlagen dort hart und schnell zu und verschwinden im Anschluss ungesehen in den Weiten der Wüste.“
Wilhelm war stehen geblieben und starrte nun auf einen pulsierenden, roten Punkt hinter dem weitläufigen Sandmeer.
„Dann darf ich annehmen, dass dort, hinter der großen Sandwüste, die Stadt der Toten liegt, General?“
Vorsichtig nickte der alte Gardist und trat nun ebenfalls näher an das Hologramm.
„Das ist richtig, Hauptmann. Die ehemalige Hauptstadt von Nito liegt seit den Angriffen der SBVS in Trümmern, Ihren Straßenzügen sind zu den Grabstädten der Gebeine hunderttausender Zivilisten geworden. Vor etwa zehn Jahren landete die Hexenkönigin an der Spitze ihrer Ronin auf dem Planeten und wurde von einer Koalitionsstreitmacht unter Führung der Eltern des Regenten und hohen Verlusten zurück geschlagen, konnte jedoch einen Großteil Ihrer Truppen vor der totalen Vernichtung bewahren. Sie zog sich in die Ruinen der Stadt zurück und baut seitdem Ihre Macht beständig aus. Es war unser Fehler, ihr unter dem Eindruck der schweren Verluste nicht nach zu setzen, der sie zu einer wirklichen Bedrohung hat werden lassen. Wir haben ihre Ambitionen damals völlig unterschätzt.“
Niedergeschlagen wand sich der alte Mann ab und trat langsam zurück in die Gruppe seiner Offizierskollegen.
Wilhelms Gehirn hingegen arbeitete auf Hochtouren. Er war so abgelenkt, dass ihm einen kurzen Moment lang nicht auffiel, wie jeder der Anwesenden seiner Reaktion harrte.
Erst als der Regent sich von seinem Thron erhob, die Treppen der Empore hinunter ging und neben ihn trat wurde er sich der unangenehmen Stille gewahr, welche sich über die Halle gelegt hatte.
„Der Planet besteht aus mehr als diese Karte zeigt, eure Exzellenz. Wie sieht es in den anderen Regionen aus? Habt ihr dort Verbündete? Oder Feinde? Existieren vielleicht Reiche mit ähnlichen Interessen?“
Ein kurzes Schnauben ließ seinen Blick zu dem jungen Adligen wandern, welche weiterhin zu dem Hologramm hinauf blickte.
„Die Ländereien des Hauses Medici grenzen an die der Hexenkönigin. Armselige, von Inzucht geschwächte Krämer, nur noch die Überreste eines einst stolzen Adels. Wir gehen davon aus, dass sie die Banditen mit Waffen und Fahrzeugen unterstützen, so wie auch die Tuareg. Ihr Militär ist auf konventionelle Truppen beschränkt, aber davon haben sie eine ganze Menge. Dann gibt es noch die Amar. Einen quasi religiösen Orden der das gebirgige Gebiet zwischen Ruthan und Layall für sich beansprucht. Ihre Interessen liegen im Verborgenen aber sofern man nicht ihr Territorium betritt, verhalten sie sich neutral. Der Rest gestaltet sich wie im Süden. Kleinere Reiche von verschiedenen Adelshäusern und Stadtstaaten, Warlords und lose Zusammenschlüsse von Siedlungen oder einzelnen Oasen und Minen zu Schutzgemeinschaften. Keine Struktur und kein Frieden, so weit das Auge schweift, Hauptmann. Ein Großteil der Adligen würden mich unterstützen, aber sie haben Angst. Angst vor der Rache der Hexenkönigin und den Sanktionen des Senats von Ruthan. Also kuschen sie und beschränken sich auf die Abwehr von Banditen und Rebellen.“
Noch immer die Hände in den Hosentaschen versenkt nickte Wilhelm bedächtig.
„Das Böse triumphiert allein dadurch, dass gute Menschen nichts unternehmen! Ihr befindet euch in einer isolierten Lage, umgeben und bedroht von Feinden, Regent.“
Nun war es an dem Jugendlichen, nachdenklich zu nicken.
„Das ist der Grund für euren Kontrakt, Hauptmann. Mit euren Battlemechs und erfahrenen Piloten verfügt mein Reich über einen entscheidenden, militärischen Vorteil. Endlich müssen wir nicht mehr aus der Defensive agieren, sondern können aktiv in das Geschehen eingreifen. Nun müssen wir uns nicht mehr hinter den Verteidigungsanlagen der Stadt verstecken, sondern können unsere territorialen Ansprüche ausweiten. Die Macht der weitaus meisten unserer Gegner basiert auf der Angst, die der Rest der Bevölkerung vor ihnen hat. Den Terror, welchen die Hexenkönigin verbreitet, die Panik welche mit dem Einmarsch der Senatsarmee einher geht. Blutrünstige Monster beherrschen diesen Planeten. Beherrschen meinen Planeten und bis zu dem heutigen Tag konnte ich nur den Mut aufrechter Männer und Frauen dieser Angst entgegen stellen.“
Der Regent hatte sich von dem Anblick der dreidimensionalen Karte los gerissen und ging nun mit langsamen Schritten um Wilhelm herum, der mit finsterem Blick vor sich hin brütete.
Er wusste genau, worauf der jugendliche Adlige hinaus wollte, dessen Worte klar und deutlich durch seinen Verstand brandeten.
„Bis heute hatten wir keine Chance, aus diesem Konflikt siegreich hervor zu gehen, denn seit Anbeginn der Zeit gilt für solche Situationen genau eine Regel: Blutrünstige Monster bekämpft man mit kaltblütigen Bestien!“
Ein unruhiges Flüstern ging durch die Reihen der wartenden Offiziere und aus den Augenwinkeln konnte Wilhelm sehen, dass auch seine Stellvertreterin unruhig zu werden schien.
Selbst die Regentin hatte ihren Platz neben dem Thron verlassen, aber eine herrische Geste des Adligen ließ alle Bewegung in dem Saal sofort erstarren.
Eine Grabesstille erfüllte die riesenhafte Halle, durchbrochen nur von der fordernden Stimme von Phillip Selim, der auch weiterhin langsame Kreise um ihn zog.
„Bestien, Hauptmann von Strang. Was ich brauche um diesen Krieg zu gewinnen und mein Volk aus der Tyrannei zu befreien sind blutrünstige, gewalttätige Bestien, deren geflüsterter Name alleine genügt, um die Herzen meiner zahlreichen Feinde mit Angst zu erfüllen.“
Auf ein Nicken des Regenten hin zogen die beiden einfachen Soldaten innerhalb der Gruppe von Offizieren das weiße Laken von dem Gestell und brachten damit ein übergroßes Ölgemälde zum Vorschein, bei dessen Anblick Wilhelm scharf die Luft einsog.
Er kannte das Bildnis aus den Tagen seiner Kindheit, aus hunderten Aufzeichnungen, die sein Vater ihn hatte studieren lassen.
Von dem Bild starrten die kalten Augen von Gunthar von Strang auf ihn herab, Colonel der 18. Amaris Chasseurs. Der hochgewachsene Mann teilte die Merkmale seiner Familie, die sich bis in Wilhelms Gene durchgesetzt hatten.
Eine bleiche Hautfarbe, scharfe Gesichtszüge und eine hagere Gestalt zusammen mit den pechschwarzen Haaren und dem Bart bildeten ein Ebenbild seines Nachfahren.
Das er die Uniform seiner Einheit nach dem Vorbild der Chasseurs gewählt hatte, verstärkte den Eindruck der Ähnlichkeit noch.
Die schwarze Dragonerjacke mit blutroten Ärmelaufschlägen und dem Stehkragen in selber Farbe, die schwarze Hose mit den roten Seitenstreifen auf denen die silbernen Münzen als Zeichen der besiegten Gegner glänzten.
Selbst die hohen, schwarzen Schaftstiefel aus glänzendem Leder und der Kavalleriesäbel glichen sich, was zumindest in Bezug auf die Blankwaffe kein Wunder war. Das Relikt längst vergangener Tage stellte eines der wertvollsten Besitztümer der Familie von Strang dar, welches immer vom Vater auf den Sohn oder auch die Tochter übertragen worden war.
Wilhelm hatte den Säbel nach seinem ersten Abschuss erhalten.
„Ich habe dieses Gemälde auf Basis einer digitalen Fotografie in den alten Bibliotheken Nahatlans anfertigen lassen als ich erfuhr, dass ihr unter den Söldnern seid, die uns im Kampf unterstützen würden. Leider ist nicht überliefert worden, wo und wann es entstanden ist.“
Im Gegensatz zu allen anderen Anwesenden, die mit großen Augen auf das Bild starrten, behielt der Regent Wilhelm in seinem Blick.
Eine Erwiderung blieb er nicht schuldig.
Mit belegter Stimme trat er an das Gemälde heran und berührte den goldenen Rahmen.
„Es ist ein Ausschnitt eines größeren Bildes, welches ihn mit verschiedenen hochrangigen Offizieren der Streitkräfte der Randwelten auf dem Hof des Palastes des ersten Lords des Sternenbundes in Unity City auf Terra zeigt. Etwa ein Jahr nach dem Massaker im Thronraum.“
Er sah das Lächeln auf dem Gesicht des Regenten nicht, war gebannt von dem Anblick des Abbildes seines Vorfahren, der augenscheinlichen Ähnlichkeit und der Frage, ob diese auch in seiner Seele herrschte.
„Wir sind uns gleich in der Situation, Hauptmann von Strang. Wir sind die letzten Überlebenden von Familien mit großen Namen, deren Vorfahren den Worten eines Wahnsinnigen Glauben schenkten und sich blenden ließen. Amaris überließ die Kontrolle über die Republik der Randwelten meiner Familie in der Gewissheit, dass die SBVS das ungeschützte Reich verwüsten würden. Dieser Planet, auf dessen Oberfläche wir stehen, war einer der letzten Steine dieser Bürde. Als der Senat von Ruthan meine Eltern feige ermorden ließ, erbte ich diese Verantwortung. Die Verantwortung für jeden einzelnen Bürger. Ich bin nicht Stephan Amaris. Alles was ich will ist Frieden und eine lebenswerte Zukunft für die Menschen, zu deren Schutz mein Vorfahre sich verpflichtete. Zu deren Schutz ich verpflichtet bin.“
Nun trat der Jugendliche neben ihn, blickte mit ernstem Gesicht zu Wilhelm herauf.
„Ich bin kein Soldat, Hauptmann. Ich war es nie und werde es wohl auch nie werden. Ich benötige einen Bluthund an meiner Seite, welcher meinen Feinden die Kehlen zerreißt und in Ihrem Blut badet. Eine Bestie, kaltblütig und brutal wie euer Vorfahre es war und mir ist durchaus bewusst, dass ihr seid eurer Kindheit versucht, diese Wesenszüge zu unterdrücken. Werdet ihr mir helfen, Nito in die Freiheit zu führen, Hauptmann? Werdet ihr zum Alptraum meiner Feinde und zum Retter meines Volkes? Eures Volkes! Ihr seid ein Sohn der Randwelten, wart es immer! Dies hier ist nicht nur meine Heimat, es ist ebenso auch die eure! Ich frage euch also erneut, nein, ich flehe euch an! Werdet ihr meine Bestie sein?“
Die bedrückende Stille in dem Thronsaal ließ die Anspannung fast greifbar erscheinen und noch immer fesselte der Anblick des Bildes seine Sinne.
War dies seine Bestimmung?
War seine Suche nun beendet?
War es nicht die bessere Entscheidung, das Angebot ab zu lehnen und schnellstens das Weite zu suchen?
In einiger Entfernung hallten eine Reihe von Schüssen und dumpfen Explosionen durch das Tal, in welchem sich der Palast befand, was eine plötzliche Unruhe unter den Anwesenden zur Folge hatte.
Dann stürzte ein Soldat durch die sich öffnenden Flügel der großen Eingangstür.
„Mein Regent, der Palast wird angegriffen. Mehrere Hubschrauber haben eine wartungsbedingte Lücke in der Luftüberwachung ausgenutzt und feindliche Infanterie in der Nähe abgesetzt. Der Verteidigungsperimeter wurde durchbrochen.“
Aufgeregtes Geschnatter der Offiziere brandete nun auf, Befehle wurden gebrüllt und Mia wie auch Zumwald blickten erwartungsvoll zu Wilhelm herüber, der noch immer keine Regung zeigte.
Auch der Regent schien sich von der hektischen Meldung nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Lediglich sein Tonfall wurde fordernder.
„Hauptmann! Sie kommen um ihr Werk zu beenden. Um meine Familie und damit die einzige Hoffnung dieses Planeten aus zu löschen. Euer Sieg hat sie nervös gemacht. Er hat ihnen gezeigt, dass auch sie verwundbar sind. Wie ist eure Antwort, Hauptmann?“
Mit leerem Blick drehte er den Kopf in Richtung des Jugendlichen während um ihn herum das Chaos ausbrach.
„Ich schwöre euch Treue, Regent. Ich werde die Bestie sein, die ihr fordert, so lange dies nötig ist. Bis eure Feinde erschlagen auf den Schlachtfeldern liegen und Ihre Gebeine in der Sonne verbleichen. Eure Worte sollen meine Befehle sein, im Leben wie auch im Tode. Bei meiner Seele, das schwöre ich!“
Entschlossen wand er sich von dem Bild wie auch dem Regenten ab zu seinen beiden Begleitern, denen sich Fitzgerald und Garry Miles angeschlossen hatten.
„Major, wie sieht es mit der Einsatzbereitschaft dieser beiden Antiquitäten hinter dem Thron aus?“
Sichtlich überfragt blickte der Gardist zu dem Unternehmer, welcher verächtlich mit den Schultern zuckte, bevor er auf die Frage antwortete.
„Keine Chance, Hauptmann. Die sind seit Jahren nicht bewegt worden. Das ist reine Dekoration. Die Reaktoren sind herunter gefahren und die Munitionsbunker der Kanone leer. Selbst wenn wir die Energieversorgung hochfahren könnten wüsste ich nicht einmal in welchem Zustand das Kühlsystem ist. In den Biestern werden die Piloten bei ausuferndem Energiewaffeneinsatz förmlich gekocht und müssen aus diesem Grund einen speziellen Anzug tragen. Eine Kühlweste reicht bei weitem nicht.“
Zweifelnd blickte Miles zu den stählernen Ungetümen empor, als sich aus der Gruppe der Offiziere der Mann löste, welcher sie bereits auf dem Landefeld so rüde begrüßt hatte.
„Das ist nicht ganz richtig, Herr Miles. Der holographische Projektor ist vor Jahren von der Energieversorgung des Palastes getrennt worden, wahrscheinlich bei einer der Renovierungsarbeiten. Um nicht den gesamten Boden des Thronsaales aufreißen zu müssen haben wir den Reaktor des linken Mechs hochgefahren um genügend Energie für die Versorgung zu erhalten. Ob das für einen Kampf ausreicht kann ich nicht sagen, aber Saft hat die Maschine! Die Kabel vom Reaktor zu dem Projektor führen an der Rückseite des Mechs herunter und dann in einen Wartungsschacht unter dem Boden. Da liegt auch noch eine ganze Menge Werkzeug weil dieser Zustand eigentlich nur für die Dauer der Audienz beibehalten werden sollte. Ich befürchte allerdings, dass ich keine Techs hierher bekomme. Die Leibgarde ist vollständig mit der Abwehr der Angreifer beschäftigt. Wir brauchen da draußen jede verfügbare Waffe!“
Nur ein kurzer Augenkontakt zwischen Miles und Zumwald genügte um die beiden Männer entschlossen auf besagten Mech zurennen zu lassen.
„Wie lange?“
Seine Stimme erklang laut und deutlich, hallte scharf durch den Thronsaal und ließ Miles kurz stoppen.
„Wenn wir den Reaktor per Notverfahren ankurbeln und nur die nötigsten Tests durchführen, zehn Minuten. Vielleicht acht, wenn alles glatt läuft.“
Mit einem Nicken entließ Wilhelm den Unternehmer und blickte dann zu seiner Stellvertreterin, während er die massige, verchromte Laserpistole aus dem Holster an seinem Gürtel zog und die Energiezelle prüfte.
„Sobald die beiden dieses Ungetüm zum Laufen gebracht haben, brauche ich dich als Pilotin. Bis dahin verteidigst du das Regentenpaar und die Offiziere mit deinem Leben, Mia.“
Wie in den meisten Fällen nickte seine beste Mechpilotin nur kurz und griff dann ebenfalls zu Ihrer schweren Automatikpistole.
Von den Geschehnissen der letzten Augenblicke völlig überrumpelt mischte sich nun wieder der Regent in das Gespräch ein.
„Hauptmann von Strang, was habt ihr vor? Meine Leibgarde wird mich schützen. Ihr seid für uns zu wertvoll um bei einem Anschlag wie diesem euer Leben auf das Spiel zu setzen!“
Ein brutales Lächeln umspielte seine Züge als er die Worte des Adligen revue passieren ließ.
„Eure Exzellenz, ich habe vor mir da draußen ein wenig Streit zu suchen. Ihr wolltet eine Bestie, wie mein Vorfahre eine gewesen ist und besonders ein Satz ist unserer Familie von Gunthar von Strang überliefert. So etwas wie ein Leitsatz seines Lebens. Wenn du wirklich willst, dass eine wichtige Aufgabe erledigt wird, dann kremple die Ärmel hoch und tue es selbst!“
Damit ging er auf den Unteroffizier der Leibgarde zu.
„Ihr habt gesagt, dass dort draußen jede Waffe benötigt wird. Nun gut, meine ist geladen und entsichert und ich versichere euch, dass ich mit ihr umgehen kann.“
Auch Major Fitzgerald hatte seinen Revolver gezogen und schloss sich dem Unteroffizier an, der zufrieden in das Mikrophon seines Helmes grunzte.
„Entsatztruppe, drei Mann Verstärkung kommen aus dem Thronsaal in Richtung der südlichen Gärten um sich anzuschließen. Beta Gruppe, durchhalten, wir sind auf dem Weg.“

Als Wilhelm mit dem Unteroffizier und Fitzgerald an der Spitze eines Zuges der Leibgarde durch die schmale Pforte den großflächigen, nächtlichen Garten des Palastes betrat, wurden sie von den bellenden Salven mehrerer Sturmgewehre begrüßt, was sie hinter den hoch aufragenden Säulen des an das Gebäude angrenzenden Ganges in Deckung zwang.
„Ausschwärmen und das Feuer erwidern. Treibt diese Bastarde zurück!“
Die Stimme des Unteroffiziers ging in einem Feuerstoß seines eigenen Sturmgewehres fast unter, aber die hochwertige Ausbildung der Soldaten der Leibgarde des Regenten ließ diese die gebrüllten Befehle umgehend ausführen.
Routiniert verteilten sich die Männer und Frauen in ihren schweren Körperpanzern über die Umgebung.
Ein kurzer Blick um die ihm Schutz gewährende Säule zeigte Wilhelm das ganze Ausmaß des Angriffs. Auf dem Rasen vor dem Zugang zu den Gebäuden lagen Dutzende toter oder verletzter Soldaten der eigenen Seite, während er nur wenige der in Tarnanzüge gehüllten Angreifer ausmachen konnte.
Der Einschlag eines schweren Geschosses in die Säule ließ seinen Kopf wieder zurück zucken.
„Scharfschütze, hundertfünfzig Meter, elf Uhr.“
Major Fitzgerald neben ihm nickte beiläufig, schwang sich dann um die Säule herum und feuerte in schneller Folge alle sechs Schuss aus seinem Revolver in die Dunkelheit, bevor er sich im Angesicht der tödlichen Antwort wieder in Deckung begab.
„Zu weit für mich!“
Eine hinter ihnen vorbei hetzende Soldatin wurde von einem Geschoss in den Hals getroffen und brach nach zwei taumelnden Schritten zusammen. Das Gewehr war ihren Händen entglitten, die nun nach der Wunde griffen, aus welcher dunkles Blut sprudelte.
Fitzgerald beendete das Laden seines Revolvers und sah dann zu der schwer verwundeten Frau hinüber, welche nur zwei Schritte von einer schützenden Säule entfernt zu Boden gegangen war.
In dem Chaos nach einem Sanitäter zu brüllen war sinnlos.
Wilhelm fasste die Laserpistole mit beiden Händen, als er den Versuch des Gardisten vorausahnte.
„Ich gebe Deckung, aber beeilen sie sich. Der Scharfschütze versteht sein Handwerk!“
Damit trat er um die Säule herum, sank auf ein knie und brachte die Laserpistole an ausgestreckten Armen in Anschlag.
Konzentriert betätigte er den Abzug und beobachtete den kurzen, roten Lichtblitz, welcher von der Waffe zu den Angreifern zuckte, während Fitzgerald zu der verwundeten Soldatin hechtete und dabei aus seinem Revolver ebenfalls einige ungezielte Schüsse in dieselbe Richtung abgab.
Der Kavallerieoffizier der Garde brachte die letzten drei Schritte rutschend hinter sich, nachdem einige Geschosse jaulend um ihn herum durch die Luft pfiffen, packte die Körperpanzerung der Verwundeten und zog sie dann schnell in Deckung.
Währenddessen feuerte Wilhelm weiter in die Nacht.
Einen Angreifer, der seine Stellung wechselte, wohl um eine bessere Schussposition zu erlagen, fällte er mit zwei weiteren Lichtblitzen aus seiner Waffe und traf den Scharfschützen am Helm, was diesen zwar nicht verletzte, aber in die Deckung eines mit niedrigen Büschen bewachsenen Erdhügels zwang.
Nach zwei weiteren, eher ungezielten Schüssen welche nur Büsche in Brand setzten, war die Energiezelle seiner Pistole erschöpft und er zog sich ebenfalls in Deckung zurück.
Gehetzt blickte er zu Fitzgerald hinüber und nahm betroffen wahr, wie der Gardist die gebrochenen Augen der Soldatin mit einer schnellen Bewegung schloss.
Als der Major seines Blickes gewahr wurde, schüttelte dieser nur traurig den Kopf.
Mit routinierten Bewegungen ließ Wilhelm die verbrauchte Zelle aus dem Griff der Laserpistole gleiten und ersetzte es durch seine Reserve.
Er musste von nun an sparsam sein.
Jedes der Packs verfügte über genug Energie für zehn Schuss und da er nicht auf einen Kampf vorbereitet gewesen war, hatte er nur dieses eine Reservepack mit genommen als er das Kasernengelände in Richtung der Audienz verlassen hatte.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er einen in seine Richtung rollenden Gegenstand, welcher in Sekundenbruchteilen seinen Instinkt aktivierte.
„Granate!“
Zwei schnelle Schritte, die er mit einem Hechtsprung beendete brachten ihn aus dem Säulengang hinaus auf die Grünfläche, wo er schmerzhaft Bekanntschaft mit dem grasbewachsenen Boden machte. Gerade als er die Hände schützend hinter Kopf und Nacken verschränkte, detonierte die Handgranate mit einem grellen Feuerball und lautem Donnern.
Die Druckwelle der nahen Explosion presste ihm die Luft aus den Lungen und ließ bunte Lichter vor seinen Augen tanzen. Kurzzeitig verstummte der Gefechtslärm um ihn herum und wurde durch ein lautes Klingeln ersetzt, welches er jedoch mit einem schnellen Schütteln des Kopfes vertrieb.
Bewegungslos versuchte er in kurzen Atemstößen Sauerstoff in seine geschundenen Lungenflügel zu pressen und durch die immer dunkler werdenden Schatten in seinem Sichtfeld nahm er Gestalten wahr, die sich rennend seiner Position näherten.
Durch sein linkes Bein brandeten Wellen heißen Schmerzes und vernebelten zusätzlich seine Sinne, aber es war ihm klar, dass die sich nähernden Gestalten zu den Angreifern gehörten.
Die Laserpistole hatte er bei seinem Sprung verloren, also tastete er sich mit der rechten Hand zu dem Heft des großen Bowie-Messers vor, welches in seiner Scheide neben dem Säbel ruhte.
Dann waren die Gegner heran, wohl in der Annahme, dass er noch immer kampfunfähig war.
Ein fataler Fehler, den er sie würde bereuen lassen.
Der vordere Angreifer passierte ihn und ging nur einen Schritt entfernt auf ein Knie hinab um einen Feuerstoß aus dem Sturmgewehr auf die Angehörigen der Leibgarde ab zu geben, der zweite jedoch trat an ihn heran um ihm aus nächster Nähe mit aufgesetzter Mündung den Rest zu geben.
Blitzschnell ergriff Wilhelm den Lauf des Sturmgewehres, wobei der durch die vielen Schüsse aufgeheizte Stahl die Haut seiner linken Handfläche verbrannte, was jedoch nichts gegen den Schmerz war, der von seinem Bein ausgehend durch seinen Verstand brandete, während er sich an der Waffe in die Höhe zog.
Den ersten Stich des breiten Bowie-Messers setzte er in der Aufwärtsbewegung in den Oberschenkel des Gegners, was dieser mit einem lauten Brüllen beantwortete, den zweiten Angriff der breiten Klinge versenkte er in die Genitalien seines Opfers.
Als er in die aufgerissenen Augen des Angreifers blickte, stach er abschließend seitlich von unten in die Kehle und beendete damit das Leiden des Mannes.
In einer fließenden Bewegung wirbelte er zu dem noch immer knienden Schützen, packte von hinten den Helm und riss daran kraftvoll den Kopf zurück um mit einem fließenden Schnitt die Luftröhre zu durchtrennen.
Das blutig gurgelnde Zusammenbrechen ignorierend, drehte er sich nun in Richtung der anstürmenden Angreifer, packte das Messer an der Klinge und schleuderte es einem weiteren, völlig überraschten Mann in die Brust, wo es bis zum Heft versank.
Die niedersten Instinkte hatten die Kontrolle über seinen Körper übernommen und leiteten ihn in einem blutbesudelten Rausch, der ihn seine Verletzungen für den Moment vergessen ließ.
Als letzte Waffe zog Wilhelm den Säbel und parierte damit den Schlag eines Gewehrkolbens, den die zierliche Gestalt einer Frau gegen ihn führte.
Seinen Gegenangriff blockte die Angreiferin mit dem Mittelteil ihres Sturmgewehres, sah aber seine linke Faust erst zu spät auf sich zukommen.
Der heftige Schlag brachte sie aus dem Gleichgewicht und ließ sie einen Schritt zurück taumeln, wobei Wilhelm ihr nach setzte und die schwere Automatikpistole aus ihrem Gürtelholster zog.
Sein rechter Arm schlang sich um ihren Hals und zog sie in die Schusslinie drei weiterer anstürmender Gegner. Eine Vielzahl von Einschlägen großkalibriger Geschosse ließen ihren Körper ekstatisch zucken und im Anschluss erschlaffen, aber er hielt seinen sterbenden Schutzschild mit eisernem Griff aufrecht vor sich.
Die Pistole in seiner Hand ruckte mit Macht an seinem Gelenk, als er immer und immer wieder den Abzug der grobschlächtigen Waffe durchdrückte und das ganze Magazin in die drei Gegner entlud.
Erst als auch der letzte Schatten vor ihm zusammen brach, entließ er den toten Körper aus seinem Griff. Bleierne Müdigkeit legte sich auf seine Sinne und sein Körper folgte dem der Angreiferin. Säbel und Pistole entglitten seinen nun kraftlosen Händen und nur am Rande der eintretenden Ohnmacht wurde ihm das Getöse bewusst, welches aus Richtung des Palastes über den Garten hallte.
Kurz bevor seine Sinne schwanden, erblickte er den alten Battlemech, welcher durch die zusammen brechende Wand stampfte und dabei Mauerwerk und Staub in alle Richtungen verteilte.
Ein durch die Nacht zuckender Strahl des schweren Lasers aus der massiv gepanzerten rechten Armmanschette des Mechs verbrannte zwei sich zur Flucht wendende Angreifer unter infernalischen Schreien zu Asche.
Die donnernden, langsamen Schritte der Maschine wurden von dem Gebrüll der nun zu Gegenangriff ausschwärmenden Leibgarde begleitet und Wilhelm sah Fitzgerald auf sich zu sprinten.
Dann umfing ihn eine wohlige Dunkelheit.

„Raubvogel von Schatten drei! Raubvogel, bitte melden. Die Mission ist gescheitert, wir konnten nicht in den Palast vordringen. Liegen unter schwerem Beschuss durch feindliche Infanterie und einen Battlemech. Ich wiederhole, der Gegner verfügt über einen Battlemech. Ich schätze das zwei Drittel unserer Leute gefallen sind, darunter fast alle Führungsoffiziere. Der Rest befindet sich auf dem Rückzug. Gegen die Panzerung von dem Mech haben wir mit unseren leichten Waffen keine Chance. Das Flugfeld ist ebenfalls verloren. Der dort stehende Kampfhubschrauber lässt gerade die Rotoren warm laufen. Sobald der in der Luft ist, sind wir am Arsch. Raubvogel, verdammt noch mal, melden sie sich!Wir krepieren hier!“
Mit einem langen Fluch auf den Lippen ließ Sergeant Garett Timber den Sendeknopf am linken Ohrstöpsel seines Headsets unter dem Helm los und wartete auf eine Antwort der Hubschrauberstaffel, welche sie in dem Tal abgesetzt hatte.
Wie hatte diese Aktion nur so schief gehen können?
Ganz nach Planung waren die acht Helikopter im Tiefflug durch die zerklüfteten Felsen des Gebirges gepflügt und hatten die Angehörigen seiner Söldnereinheit nur wenige hundert Meter von den Umrissen des Palastes entfernt abgesetzt, bevor sie sich wieder in sichere Entfernung begeben hatten.
Sie hatten die Verteidiger vollständig überrascht und sich innerhalb nur weniger Minuten bis zu den Mauern des Sitzes des Regenten von Nahatlan vor gearbeitet.
Wohl gemerkt ohne eigene Verluste.
Die Soldaten der Leibwache waren gefallen wie die Fliegen.
Die Männer und Frauen unter seinem Kommando waren Spezialisten auf ihrem Gebiet und verdeckte Operationen gehörten zu ihren Lieblingsaufgaben.
Dann war der Sturm durch den Ziergarten zu einem Blutbad ausgeartet.
Die Leibgarde hatte sich in dem säulenumfassten Eingang fest gebissen und seine Leute an dem weiteren Vordringen gehindert.
Explosionsartig waren die Verlustzahlen in die Höhe geschnellt und der erneute Versuch eines Sturmangriffs durch seine Stellvertreterin Inga Stralewsky hatte in einem Desaster geendet.
Für Inga und ihren Trupp mit tödlichem Ausgang.
Kurz darauf hatte die Leibwache im Kampf um das Landefeld die Oberhand gewonnen, als die Pilotin den Kinnturm mit dem schweren Maschinengewehr zum Einsatz hatte bringen können.
Wenige Augenblicke später brach der Battlemech durch die Wand des Palastes und hüllte das Massaker in eine Wolke aus aufwallendem Staub und Schutt.
Dieser massiven Feuerkraft hatten seine Söldner nichts entgegen zu setzen.
Geschosse aus Sturmgewehren prallten jaulend von der dicken Panzerung des Ungetüms ab und die Explosionen der Sprengsätze tragbarer Granatwerfer hinterließen nur rußgeschwärzte Stellen auf dem polierten Stahl.
„Frank, unsere Jungs sollen Aufhören auf den Mech zu ballern. Konzentriert das Feuer auf die Infanterie, verdammt.“
Sein verbliebener Corporal nickte und begann dann Befehle in verschiedene Richtungen zu brüllen.
Noch immer keine Antwort von den Helikoptern.
So langsam verlor er die Geduld mit diesen Vögeln.
„Raubvogel, gottverdammt, melden Sie sich. Beschießen sie den Mech mit Infernoraketen. Ich wiederhole: Beschuss des Hartziels mit Infernoraketen einleiten. Zwei dürften reichen, dann steht der nur noch als Lichtspender in der Gegend rum. Wir errichten im Anschluss eine sichere Zone, von der ihr uns ausfliegen könnt. Aber gebt auf diesen verfluchten Kampfhubschrauber acht.“
Wieder wurde seine Aufmerksamkeit von zwei Lichtblitzen abgelenkt, welche die Nacht für Sekundenbruchteile hell erleuchtete.
Der Mech hatte die Stellung des letzten, leichten Maschinengewehrs ausgemacht und fackelte die dort kämpfenden Söldner nun mit seinen todbringenden Waffen ab.
Chancenlos!
Erleichtert vernahm Garret Timber das Knacken des Headsets als die bekannte Stimme des Staffelführers der Helikopter durch den Lautsprecher in seinem Ohr drang.
„Schatten drei von Raubvogel. Haben verstanden. Halten sie Ihre Position. Angriff erfolgt in Kürze.“
Ein schmales Lächeln flog über die Lippen des alten Sergeants als die Umrisse zweier schnell und tief fliegender Hubschrauber sich an dem dunklen Nachthimmel abzeichneten.
Es erstarb sofort, als die dunklen Schatten ganze Salven an Raketen abfeuerten, die zwischen seinen eigenen Soldaten nieder gingen. Statt greller Explosionen wallten an den Einschlagsorten nach einem lauten Knall dichte Wolken eines chemischen Gases auf, welches einen eigenartigen Geruch nach Campher oder Eukalyptus verbreitete.
Die Wolken verdichteten sich schnell zu einem alles überdeckenden Nebel, welcher durch das gesamte Tal waberte und die Kampfhandlungen zwischen den Söldnern und der Leibgarde sofort zum erliegen brachte.
Der etwas vor ihm stehende Corporal wurde zuerst von den dichten Nebelschwaden umhüllt und krümmte sich sofort unter schwersten Krämpfen und Hustenanfällen am Boden zusammen.
Von völligem Entsetzen ergriffen, musste der Söldner mitansehen, wie sein Kamerad vor Atemnot japsend, sich am Boden mehrfach erbrach und schließlich nur noch wimmernd zuckte.
Nervengas!
Diese Bastarde hatten das ganze Tal mit Nervengas überflutet.
Während die giftigen Wolken immer näher kamen und er das elende Leiden seiner Leute in der Umgebung hörte, entschloss Garrett Timber sich für einen leichteren Weg.
Mit zitternden Händen zog er die schwere Automatikpistole aus dem Holster und richtete den Lauf gegen seine Schläfe, nachdem er die Waffe durchgeladen und entsichert hatte.
„Verdammt!“
Als er den scharfen Geschmack des Gases auf den Lippen spürte, zog er den Abzug der Waffe durch und beendete damit selbst sein Leben.
Der Schuss hallte klar und deutlich durch das Tal voller in Agonie sterbender Männer und Frauen der Leibwache wie auch der Söldner.
Das Gas machte vor keinem halt, unterschied nicht zwischen Gegner und Verbündetem. Es tötete alles Leben, egal ob menschlich, tierisch oder pflanzlich und hinterließ eine vernebelte Szenerie, die aus der Hölle selbst hätte stammen können.

Innerhalb des großzügigen Schutzraumes hinter dem Thronsaal drängten sich dutzende Menschen, während endlich die Schutzsysteme des Palastes aktiviert wurden und leistungsstarke Gebläse einen Überdruck im gesamten Gebäude erzeugten, der das Gas außerhalb der Mauern an einem Eindringen hinderte.
„Keine Überlebenden, mein Regent! Alles was sich jetzt noch außerhalb der Schutzzone befindet ist unwiederbringlich verloren.“
Der Gardeoffizier blickte fassungslos auf die Anzeigen des alten Computers, vor dem er Platz genommen hatte um die Verteidigungsanlagen gerade noch rechtzeitig zu aktivieren.
„Der Thronraum war durch die durchbrochene Wand nicht zu retten, aber die restlichen Innenräume sind nun sicher. Das eingesetzte Gas ist der chemischen Analyse zufolge Soman. Ein äußerst tödliches Nervengift in hoher Konzentration. Die Alpha Gruppe der Leibgarde im Palastgarten war gerade im Gegenangriff und wurde vollständig ausgelöscht. Wir haben Kontakt zu der Söldnerpilotin im Mech. Sie ist in Sicherheit. Beta und Gamma Gruppen waren ebenfalls im Kampf, aber es konnten sich einige der Soldaten in den Palast retten, bevor die Gaswolke sie erreichte. Delta Gruppe wurde während des Feuergefechts um das Landefeld mit den Angreifern ziemlich dezimiert. Die Überlebenden haben sich in den Helikopter von Leutnant Hoogan gerettet und sichern nun die Umgebung des Palastes aus der Luft bis die Unterstützung eintrifft.“
Der Regent stand, seine nicht viel ältere Gattin tröstend in den Armen, in der Mitte des Raumes und nickte betroffen zu der Meldung.
„Wer auch immer das war, er hat mit dieser Tat in vollem Bewusstsein und mit Vorsatz gegen die Ares Konvention verstoßen. Ohne Rücksicht auf seine eigenen Truppen zu nehmen. Ein ungeheuerlicher Vorgang. Auf diesem Planeten ist wirklich alles außer Kontrolle geraten.“
Die Stimme von Zumwald zitterte vor Zorn und seine Hände waren zu Fäusten geballt, so krampfhaft, dass die Knöchel weiß unter der Haut hervor traten.
Ein Tech der Miliz mischte sich nun in das Gespräch ein, während er von seiner Com-Konsole aufblickte.
„Regent, zwei Staffeln Kampfhubschrauber sind von Nahatlan City auf dem Weg hierher. Zwei weitere aus dem Fyoro Tal und drei kommen von den Aufklärungsstationen im Gebirge herunter. Insgesamt 28 Maschinen. Das sie die Angreifer jedoch einholen ist eher unwahrscheinlich. Diese fliehen mit Höchstgeschwindigkeit durch die Renam Passage. Leutnant Hoogans Helikopter wäre der einzige Vogel, der ihnen nachsetzen könnte, aber sie hat kaum noch Treibstoff und mehrere Verletzte an Bord. Sie erbittet weitere Befehle.“
Kurz wurde es still in dem Schutzraum, aber der Regent schien nicht lange überlegen zu müssen.
„Für den heutigen Tag sind genügend Menschen gestorben. Auf beiden Seiten. Leutnant Hoogan soll nach Nahatlan City zurückkehren. Informieren sie die Kommandantur dort. Ich will das an dem Landefeld die Med-Techs warten und behalten sie die Angreifer auf den Sensoren, so lange es irgendwie möglich ist. Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass ich weiss, wer hinter diesem Angriff steckt und welche Ziele verfolgt wurden, aber ich will nicht dass sie es sich im letzten Moment anders überlegen und umdrehen um dieses Teufelszeug über meinem Reich abzuwerfen.“
Kurz bestätigte der Milizionär die Anweisungen seines obersten Befehlshabers und begann dann hektisch in verschiedene Funkverbindungen zu sprechen.
Der Regent hingegen blickte seiner Frau mit festem Blick in die Augen.
„Wir sind sicher, meine Liebe. Beruhige dich und bereite bitte eine Regierungserklärung vor. Ich muss mich dem Volk zeigen und erklären, was hier vorgefallen ist. Wir dürfen nicht zulassen, dass Angst und Panik um sich greifen.“
Noch immer heftig schluchzend nickte sie eifrig und begab sich sogleich zu ihrem eigenen Stab, welcher aus Spezialisten für Medien und Stimmungsmachern bestand.
Wie immer würde sie sich in Ihre Arbeit stürzen und dies würde sie von den Geschehnissen der letzten Minuten ablenken.
Phillip Selim war jung, aber seit seiner frühesten Kindheit auf Situationen wie diese vorbereitet worden. Es gab nur wenig, was ihn aus der Ruhe brachte, wobei ein Anschlag mit Kampfgas auf sein Leben durchaus dazu gehörte.
Innerlich kochte er vor Wut, aber er ließ nicht zu, dass seine Getreuen seinen Gemütszustand erkannten. Er dürfte keine Schwäche zeigen, sich nicht reizen lassen. Er war der Regent von Nahatlan.
Mit einigen gemessenen Schritten begab er sich zu den wenigen Verletzten, welche durch die Sanitäter der Leibgarde in Sicherheit gebracht worden waren und nun eine ganze Seitenwand des Schutzraumes in Beschlag nahmen.
Jedem Einzelnen sprach er seinen persönlichen Dank für seinen Einsatz aus und erkundigte sich bei den behandelnden Sanitätern nach dem Zustand.
Schließlich erreichte er Wilhelm von Strang, welcher mittlerweile aus seiner tiefen Ohnmacht erwacht war und dessen tiefe Beinwunde von einem Sanitäter mit einem schneeweißen Verband versorgt wurde.
Die trüben Augen des Söldners ließen auf eine hohe Dosis an Schmerzmitteln schließen, so dass der Regent sich an Major Fitzgerald wand, der besorgt auf den Verletzten hinab blickte.
„Vielen Dank für euren Einsatz, Major. Eine mutige Tat!“
Der Offizier der königlichen Garde hatte die Arme vor seiner Brust verschränkt und atmete tief durch, bevor er antwortete.
„Nicht halb so kühn wie seine Aktion, eure Exzellenz. Wir können froh sein, dass er auf unserer Seite kämpft. Eine schwere Gehirnerschütterung, mehrere angebrochene Rippen und ein Schrapnell im Oberschenkel haben ihn nicht davon abgehalten, sechs Angreifer zu töten. Mit einem Messer und seinem Säbel. Meiner Meinung nach verfügt er über alle Voraussetzungen um euch ein Bluthund zu sein und euren Feinden ein Alptraum.“
Ein kurzes Lächeln huschte über die Züge des Regenten, bevor er sich wieder mit ernster Mine zu dem Verletzten Söldner hinab kniete.
„Hauptmann, könnt ihr mich hören?“
Die trüben Augen des Mannes suchten kurz nach der Quelle der Worte, fixierten dann jedoch den Regenten. Ein kaum merkliches Nicken folgte.
„Ihr werdet nicht sterben, Hauptmann. Eure Aufgabe hier ist noch lange nicht erledigt. Sie fängt gerade erst an! Nun habt ihr am eigenen Leib erfahren, gegen welche Art von Feinden ich mich erwehren muss.“
Erneut nickte der Söldner schwach.
Seine spröden Lippen formten Laute und Phillip Selim musste sein Ohr an den Mund führend um das Wort verstehen zu können, das erneut ein Lächeln auf sein Gesicht zauberte.
„F-E-I-G-L-I-N-G-E!“
Thema: Kritik: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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Kritik: Des Teufels Kürassiere 21.07.2016 19:17 Forum: Kurzgeschichten


Dem geneigten Leser sei Dank gesagt, dass er seine Aufmerksamkeit meiner Geschichte schenkte.

Gern lese ich Kommentare und auch sachliche Kritik und möchte mich im Voraus für die vielleicht etwas schludrige Schreibweise entschuldigen, aber nach Jahren der Abstinenz vom kreativen Schreiben will ich es einfach mal wieder versuchen.

Ich wünsche euch viel Spaß mit Wilhelm und seinen Kürassieren.

Ein besonderer Gruß geht an meine ehemaligen Mitautoren der Chevaliers. Ich habe eure Geschichten immer gern gelesen und bleibe euch auch weiterhin treu.

Die Geschichte der Kürassiere ist im Übrigen bereits weiter geschrieben, muss nur noch durch die Probelesung, bevor ich sie poste um die gröbsten Verfehlungen ausmerzen zu können.

Edit: So, es sind nun fast alle bis jetzt getippten Teile eingestellt.

Liebe Grüße

Taras Amaris
Thema: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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21.07.2016 19:11 Forum: Kurzgeschichten


Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Die Stadt der Toten

9. Juli 3062

Senator Ian Mc Heel der demokratischen ruthanischen Regierung war Geschäftsmann durch und durch. Er hatte in seinem langen Leben die Familiengeschäfte mit harter Hand geführt und war dabei auch über nicht wenige Leichen gegangen.
Er fühlte weder Mitleid noch Bedauern für die Hundertschaften an ausgemergelten Sklavenarbeiter, die unter beständigen Peitschenhieben Schwerstarbeit in der von ihm besichtigten Mine verrichteten.
Lediglich der aufgewirbelte, rote Staub, welcher sich auf seinem sündhaft teuren Anzug ablegte, fand den Unmut des grauhaarigen Mannes mit den harten Gesichtszügen.
„Ich denke, dass wir nun wirklich genug gesehen haben. Ich bin überzeugt, dass Sie die vereinbarten Liefermengen fristgemäß abliefern können und werde dies dem Senat mitteilen.“
Mit spitzen Fingern angelte der Politiker ein weißes Tuch aus der Innentasche seines Sakkos und tupfte damit seine schweißnasse Stirn trocken, wobei der Stoff eine rötliche Färbung annahm.
Unter seiner Position auf einem Hügel über dem Zugang der Mine brach einer der Arbeiter, der einen schweren Flechtkorb mit Staub und Steinen auf seiner Schulter trug, stolpernd zusammen, was die Aufmerksamkeit von gleich zwei grobschlächtigen Aufsehern erregte.
Auch mehrere, sicherlich schmerzhafte Peitschenhiebe, die auf den abgemagerten Körper des Mannes einprasselten, konnten ihn nicht zum Aufstehen bewegen. Genauso wenig wie die gebrüllten Beleidigungen der beiden Folterknechte.
Schließlich kniete sich einer der beiden zu dem schwer atmenden Mann hinab, zog dessen Kopf an den Haaren zurück und beäugte kritisch den Zustand.
Einen Augenblick zögernd blickte er blinzelnd zu der kleinen Gruppe auf dem Abraumhügel hinauf.
Dort hinauf, wo die Hexenkönigin stand, Herrin der Stadt der Toten und Befehlshaberin der Ronin.
Die zierliche Frau starrte mit kalten Augen auf die Szenerie hinab und fuhr sich dann mit der Hand durch das im Wind wehende, pechschwarze Haar.
Ihr roter Kampfanzug war bis in das kleinste Detail auf die Umgebung abgestimmt, selbst die hölzernen Scheiden des Katana und Wakazashi, des Zeichen der Samurai, glänzten in diesem Farbton.
Mit einem kurzen Nicken gab sie dem Aufseher zu verstehen, damit fortzufahren, was dieser begonnen hatte und mit Schrecken beobachtete der Senator den Griff zu einem schweren Stein.
Fast schon beiläufig schlug der Vorarbeiter seinem Opfer mit mehreren, gezielten Schlägen den Schädel ein, stand dann auf und wandte sich mit gebrüllten Worten an die verängstigt weiter arbeitenden restlichen Sklaven.
Eine sich von der Leiche kaum ausbreitende Blutlache wurde von dem roten Sand aufgesogen.
„Haben Sie von Quantrills Niederlage gegen die Verteidiger des Landzuges gehört, Senator?“
Noch immer wie gebannt vom Anblick des im Todeskampf zuckenden Kadavers nickte Mc Heel zögerlich.
„Die Königin hat von ihrer Reise wirklich Söldner mitgebracht. Fast eine Kompanie Battlemechs mit angeschlossener Techeinheit. Das ist ein anderes Kaliber als die Milizionäre und Gardisten aus Nahatlan. Muss ein fürchterliches Massaker gewesen sein, aber Quantrill selbst ist entkommen.“
Erneut tupfte er die Schweißperlen von seiner Stirn als die Frau in den späten Vierzigern sich zu ihm drehte. Ihre kalten, asiatischen Augen musterten ihn, aber auf ihren Zügen lag keine Gefühlsregung.
„Söldner, Senator. Söldner die Gefechte für Nahatlan gewinnen. Wenn wir eines nicht gebrauchen können, dann ein Erstarken der Macht dieses Kindes auf dem Thron. Hätte ich die Möglichkeit, so würde ich meine Ronin aussenden um diese Eindringlinge ans Kreuz zu nageln. Leider ist der Landzug zu weit entfernt und Quantrills zweite Einheit schaffte es ebenfalls nicht rechtzeitig um sie vor dem Eintreffen in den Bergen erneut zu attackieren.“
Er musste der ehemaligen Draconierin Recht geben. Von der Stadt der Toten waren es mindestens zwei Wochen Marsch nach Nahatlan und es bestand immer die Möglichkeit, in einen der Tage dauernden Sandstürme zu geraten, was das Eintreffen zusätzlich verzögern würde.
Nein, diese Chance, die Königin zu ergreifen und den Landzug, die Lebensader der Stadt auszuschalten, war vertan.
„Das ist wirklich bedauerlich, Werteste. Aber es wird andere Chancen geben, die wir ergreifen können. Am Ende werden wir triumphieren.“
Diese Antwort schien die Hexenkönigin, deren wahrer Name in der Finsternis der vergangenen Jahre begraben lag, nicht zu befriedigen.
„Phillip Selim ist nach dem Ableben seiner Eltern der letzte Mensch auf diesem Staubball, der einen legitimen Anspruch auf den Thron hat. Der Letzte, unter dessen Flagge sich die Adligen versammeln könnten. Der Letzte, der seiner Bevölkerung einen Schimmer von Hoffnung geben kann. Und Hoffnung ist für unser Pläne gefährlich, Senator.“
Nun schien der Zorn die Hexenkönigin von Innen heraus zu verzehren. Wütend stapfte sie zu dem großen Geländewagen, vorbei an den grimmigen Gestalten ihrer persönlichen Leibwache in roten Rüstungen im Stil der alten Samurai von Terra mit Gesichtsmasken und Schwertern.
Mc Heel stapfte hinterher, wobei er bereute, seine besten Lederschuhe angezogen zu haben. Diese würden nach dieser Behandlung ruiniert sein.
„Ihr habt natürlich Recht, Hexenkönigin. Wir müssen aber vorsichtig sein. Wenn man die Allianz zwischen Ruthan und euch beweisen könnte, wäre das ein Grund für die Adelshäuser sich gegen uns zu verbünden.“
Umständlich kletterte der Senator in den geräumigen Innenraum des klimatisierten Jeeps und warf dann das mittlerweile rot eingefärbte Taschentuch hinaus, bevor eine der Wachen die Tür lautlos schloss.
Die Anführerin der Ronin blickte gedankenverloren aus dem Fenster in die trostlose Wüstenlandschaft, an deren Horizont sich die Ruinen Ihres Reiches abzeichneten. Verfallene Wolkenkratzer ragten skelettartig in den rötlichen Himmel und schienen ein direktes Tor in die Hölle zu symbolisieren.
„Haltet mich nicht für einfältig, Mc Heel. Mir ist durchaus bewusst, dass euer Senat nur mit mir arbeitet, weil er jemanden benötigt, der gewillt ist, sich die Hände schmutzig zu machen. Wenn dies zu meinem Vorteil gereicht, dann spiele ich euren Bluthund, aber ich will dafür bezahlt werden, sonst könnte ich irgendwann die Hand beißen, die so sparsam mit dem Futter umgeht. Geht also zurück in euer Wüstenloch und sagt dem Senat, dass die Ronin in den Krieg ziehen. Den nächsten Landzug, der Nahatlan verlässt werde ich zusammen mit Quantrill angreifen und vernichten. Kein Söldner wird das überleben. Ich werde jeden unter der Flagge des Regenten in seinem eigenen Blut ertränken, bevor ich weiter ziehe und die Stadt selbst erobere. Die Rauchwolken werden bis Ruthan sichtbar sein und die verzweifelten Schreie der Bewohner über die Wüste hallen. Jedem Adelshaus des Planeten werde ich ein Stück des Körpers des Regenten senden als Warnung für Jene, die sich mir widersetzen. Dann können wir eine offizielle Allianz schmieden, wenn ich die reichen Minen des Gebirges mein Eigen nenne und niemand es wagt, sich gegen uns zu verbünden.“
Der Senator nickte zu den grimmigen Worten der Hexenkönigin.
Dies würde den Todesstoß für Nahatlan bedeuten, egal ob sie ihren wahnsinnigen Plan in die Tat umsetzen konnte oder auch nicht.
Und wenn sie ihre Truppen in einem Kampf gegen die Verteidiger aufgerieben hatte, wer wusste schon, ob eine Allianz wirklich die beste Variante für den Senat war.
Vielleicht konnte man sich auch als strahlender Held positionieren.
So oder so.
Ruthan würde gewinnen.
Dessen war er sich sicher.
Thema: Des Teufels Kürassiere
Taras Amaris

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Des Teufels Kürassiere 21.07.2016 19:09 Forum: Kurzgeschichten


Von Natur aus gibt es weder Gutes noch Böses.
Diesen Unterschied hat die menschliche Meinung gemacht.

(Sextus Empiricus, 2. Jahrhundert nach Christus)

Planet Nito
Tiefe Peripherie in den Regionen
der ehemaligen Republik der Randwelten
Feela Ebene auf der Hauptstraße nach Nahatlan

6. Juli 3062

Wie ein anhaltendes Erdbeben erschütterten die donnernden Schritte der tonnenschweren Battlemechs den felsigen Boden der Ebene. Die begleitenden Schweber und Kettenfahrzeuge preschten durch die dichten Staubwolken, welche in der flirrenden Hitze aufgewirbelt wurden. Schemenhaft erschienen ab und an die Umrisse einzelner Infanteristen in dieser Hölle und Wilhelm fragte sich, welches Verbrechen man in der Miliz von Nahatlan verübt haben musste, um neben den Truppentransportern und dem fast einen Kilometer langen Landzug marschieren zu müssen. Dieses gemächlich über den unbefestigten Weg quer durch die Wüstenlandschaft des Planeten kriechende stählerne Ungetüm beförderte in seinem gepanzerten Inneren wertvolle Handelsgüter wie medizinischen Nachschub, mechanische und elektronische Bauteile sowie Konsumgüter für die entlegene Metropole Nahatlan, dem Sitz des kindlichen Regenten.
Ihrer neuen Heimat.
Einmal im Monat verließ der Landzug unter schwerer Bewachung die in einem Gebirge liegende Stadt um Erze und landwirtschaftliche Erzeugnisse in die Hauptstadt zu bringen, welche von einem demokratischen Senat verwaltet wurde.
Er durchquerte dabei in einer zwölf Tage andauernden Fahrt die unwirkliche Wüstenlandschaft des Planeten und war dabei verschiedensten Gefahren ausgesetzt, von denen wohl Rebellen und Piraten die Ernstzunehmensten darstellten.
Und genau aus diesem Grund waren sie vom fernen Galatea, dem Söldnerstern hergekommen. Um dem Schutz des Landzuges sicher zu stellen.
Mit einem kurzen Blick auf die taktische Anzeige seines einhundert Tonnen schweren Charon verschaffte Wilhelm sich einen umfassenden Überblick der Gesamtlage. Dreizehn Battlemechs bildeten eine lose Formation um den Landzug, begleitet von einer Lanze vierbeiniger Sicherheitsmechs der Miliz, welche in einem direkten Schlagabtausch mit einem richtigen Mech wohl keine Chance hatten. Eine Kompanie gepanzerter Fahrzeuge und eine Abteilung auf merkwürdigen Echsen reitender Infanterie vervollständigte das Bild der kleinen Kampfgruppe, denen er und seine verbliebenen Getreuen sich nach der Auflösung seiner eigenen Einheit angeschlossen hatten.
Einen Sekundenbruchteil, bevor er sich wieder dem Studium eines Gefechtsroms einer vergangenen Schlacht der Miliz gegen eine Piratenbande namens Quantrills Raiders widmen konnte, erregte ein hektisch blinkendes rotes Licht auf seiner Kommunikationskonsole seine Aufmerksamkeit.
Seine ehemalige Stellvertreterin Mia erbat eine private Verbindung. Mit einem tiefen Schnauben beendete er die Wiedergabe der Gefechtsaufzeichnung, bestätigte die Gesprächsannahme und spannte seinen Kiefer an um das Comsystem in dem schweren Neurohelm zu aktivieren. Er wusste was sie von ihm wollte. Sie hatten dieses Gespräch bereits etliche Male seit dem Start der Kampfgruppe vor fünf Tagen aus Rutan geführt. Und der Verlauf war in jedem einzelnen Fall derselbe gewesen.
„Dieser Surat ist zu blöd um Scheiße zu führen, Will. Der einzige Ort, an den der uns führt, ist die Hölle! Die Scouts sind viel zu nah an der Hauptstreitmacht. So können die uns erst warnen, wenn es schon zu spät ist. Die Infanterie marschiert direkt zwischen uns und gerade wäre ich fast auf einen unserer eigenen Panzer getreten. Diese Formation ist Wahnsinn!“
Die Stimme der Phoenix Pilotin klang sogar durch das Rauschen der alten Lautsprecher überaus erregt, was Wilhelm wiederrum ein kurzes Lächeln auf die sonst konzentrierten Züge zauberte.
„Beruhige dich, Mia. Ich habe deine Bedenken vernommen und schließe mich deiner Meinung an. Es gibt nur leider nichts, was ich gegen die Situation unternehmen könnte. Unser feiner Davion Lieutnant nimmt meine Vorschläge nicht an und besteht auf seinen Rang sowie auf seine Position als Kommandant dieser Kampfgruppe.“
Wie jedes Mal hielt Wilhelm seine Tonlage neutral, wenn er auch einen Anflug von Verdruss nicht vermeiden konnte. Und wie jedes Mal hatte Mia einen Lösungsvorschlag auf Ihre ganz persönliche Art.
„Dann schleiche ich mich in der nächsten Marschpause in sein Zelt und schneide ihm die Kehle von einem Ohr bis zum anderen auf. Wir schaufeln einfach etwas Sand und ein paar Steinklumpen in das Cockpit seines Marodeur und stellen das Com auf Dauersenden mit Hintergrundrauschen. Den Unterschied merkt keiner!“
Wieder zuckte ein kurzes Lächeln über Wilhelms Gesicht. Der Gedanke war überaus erfreulich. Leider teilte er Mias Einschätzung der Auffälligkeit nicht.
„Negativ, Mia. Dies hier ist seine Einheit, bis wir Nahatlan erreichen. Dort werden die Karten neu gemischt. Gewöhn dich daran, dass wir nun ehrbare Söldner sind, was immer das auch bedeuten mag. Headless Horseman, Ende.“
Mit einer beiläufigen Bewegung deaktivierte er die Comverbindung um weiteren Diskussionen vorzubeugen, die zwangsläufig zu erwarten waren. Er kam jedoch nicht umhin seiner ehemaligen Stellvertreterin in vollem Umfang Recht zu geben. Die Mitglieder der Kampfgruppe und des Landzuges konnten nur hoffen, nicht in ein Gefecht zu geraten, denn mit dieser Führung stand der Ausgang gegen jeden auch nur annähernd ähnlich ausgerüsteten Gegner im Voraus fest.
„Unerfreulich Aussichten!“ murmelte Wilhelm in die leise vor sich hin surrende Geräuschkulisse des beengten Mechcockpits.
Der König hatte seine fast noch kindliche Gattin nach Galatea entsandt um ausschließlich Krieger anzuwerben, welche im Besitz eines eigenen Mechs waren. Dies schränkte die ohnehin schon geringe Auswahl noch weiter ein.
Seit Wolfs Dragoner auf Outreach Ihre Söldnerkommission etabliert hatten, war für den ehemaligen Söldnerstern nur noch der Abschaum und die Ausgestoßenen übrig geblieben.
Und genau so setzte sich die Kampfgruppe auch zusammen. Jahrhunderte alte Kampfmaschinen wie der Ymir von Wyatt Callahan oder die Firebee der Liao Pilotin, welche sich als Li Chang vorgestellt hatte, stellten mit den jungen und unerfahrenen Piloten wie den Hinan Zwillingen, die von den Arkab Welten des Draconis Kombinats stammten, eine gefährliche Mischung dar.
„Einzelgänger und Ausgestoßene in schrottreifen Battlemechs unter einer hirnlosen Führung. Und du und deine Leute mittendrin. Hast du toll gemacht, Wilhelm. Nein, wirklich, dein Vater wäre stolz auf dich.“

Während des kurzen Selbstgespräches sog er an dem Halm in seinem rechten Mundwinkel und ließ einige Tropfen erfrischendes Wasser in seinen Mund strömen. Kurz schloss er die Augen und genoss das Gefühl der kühlen Flüssigkeit, welche seine ausgedörrte Kehle hinab rann, dann konzentrierte er sich wieder auf die Anzeigen seines Battlemechs und die Zweifel verflogen. Er steuerte die schwerste Kampfmaschine der Einheit. Einhundert Tonnen Stahl und Elektronik die nur darauf warteten, einen Gegner zu zerfetzen. Auch seine Maschine hatte ein biblisches Alter von fast dreihundert Jahren, aber im Gegensatz zu den meisten anderen Battlemechs war der Charon in einem hervorragenden Zustand, was einzig und allein Wilhelms MasterTech und dessen Leuten zu verdanken war.
Zumwald war zusammen mit Mia zu seiner Einheit gestoßen und hatte sich seit dieser Zeit als wertvolles Mitglied und treue Seele auch in dunkelsten Zeiten offenbart. Das sein Geisteszustand ab und an nicht den menschlichen Standards genügte, war für Wilhelm nur ein geringer Preis für gut gewartete Battlemechs unter seinem Kommando.
Ein kurzes Rauschen gefolgt von einer nervös klingenden Frauenstimme aus den Lautsprechern seines Coms riss ihn aus seinen Gedankengängen.
„Hauptgruppe von Wild Weasel!“
Schnell hatte der Bordcomputer des Charon den Funkspruch dem einzigen Scouthelicopter der Kampfgruppe zugeordnet, noch bevor Wilhelm den Namen der Milizpilotin aus seinen Erinnerungen kramen konnte.
Er hatte während der kurzen Marschpausen nur einige Worte mit Nancy Hoogan gewechselt, sie aber als kampferprobte Veteranin in den frühen Dreißigern wahrgenommen. Wenn diese junge Frau nervös wurde, musste einiges im Argen liegen.
„Wild Weasel von Alpha. Was gibt es denn?“
Die Stimme von Bram Miller, dem ungeliebten Kommandanten der Einheit, mischte sich nun mit den leisen Störgeräuschen der Verbindung.
„Alpha von Wild Weasel. Starke gegnerische Kräfte schließen aus östlicher Richtung schnell zu Ihnen auf. Ich habe eine Kompanie Mechs erkennen können und jede Menge Fahrzeuge mit aufgesessener Infanterie. Ich konnte nicht näher ran, da ein Kampfschütze mich bereits unter Feuer genommen hat, aber wenn ich die Lackierung richtig gedeutet habe, ist es Quantrill und seine Mordbrenner in voller Starbesetzung. Verbleibende Zeit bis zum Erreichen Ihrer Position liegt bei geschätzten zwanzig Minuten. Vielleicht weniger. Ich erbitte weitere Befehle!“
Einen kleinen Augenblick war es still in der Comverbindung. Die Battlemechs und Fahrzeuge der Einheit waren stehen geblieben und alle Augen blickten nach Osten während die Besatzungen sich über die Konsequenzen der Meldung der Pilotin klar wurden.
Dann brach die Hölle los.
Dutzende Stimmen verwandelten die Frequenz der Kampfgruppe in ein chaotisches, unverständliches Getöse.
Wieder flackerte das rote Licht, welches eine Verbindungsanfrage von Mia darstellte in seinem Blickfeld auf. Noch bevor sie etwas durch die schnell geöffnete Verbindung sagen konnte, schnitt seine kalte Stimme durch den Kanal.
„Ich weiss, Mia!“
Noch bevor sie antworten konnte, schloss er die Vebindung erneut und holte dann ruhig Luft. Als seine schneidende Stimme in das Chaos der Comverbindung der Einheit tönte, war sie befehlsgewohnt, fast herrisch und unterband das Stimmgewirr umgehend.
„Funkdisziplin! Alpha von Headless Horseman! Ihre Befehle!“
Eine eisige Stille breitete sich aus. Sekundenlang beherrschte nur das leise Rauschen der Verbindung die Lautsprecher, bevor Bram Miller sich zu einer Antwort durchgerungen hatte.
„Ich… das ist Quantrill!“
Die Stimmlage des jungen Davion war erfüllt von Unsicherheit mit einem Anflug von Panik und in Wilhelm reifte die Überzeugung, dass Sie dieses Gefecht mit dieser Führung nicht überleben würden.
Quantrills Mordbrenner waren eine gefürchtete Bande von Piraten, Rebellen und Banditen, die dafür bekannt waren, bei einem Überfall die Überlebenden zu Tode zu foltern. Es gab dutzende Gefechtsroms und Berichte über ihre Blutorgien und Massaker. Die Banditen waren im Besitz von Battlemechs aller Gewichtsklassen und schienen aus einer militärischen Einheit entstanden zu sein, denn sie konnten auch damit umgehen.
„Ich… ich muss diese Einheit nach Nahatlan bringen. Rückzug! An alle Abteilungen… wir lassen den Landzug zurück und schlagen uns in kleinen Gruppen nach Nahatlan durch.“
Wilhelm konnte und wollte seinen Ohren nicht trauen. Er hatte gewusst, dass hinter der Fassade des unbesiegbaren Davion Offiziers nicht viel steckte, aber den wertvollen Landzug mit über zweihundert Zivilisten diesen Schlächtern zu überlassen und feige dem Kampf auszuweichen war ein neuer Höhepunkt und übertraf seine Einschätzung noch bei weitem.
Wieder leuchtete das Licht der Comverbindung in seinem Sichtfeld auf und wie in Trance aktivierte er sie.
„Will...!“
Mias Stimme war von Abscheu gezeichnet und fordernd, aber er war unfähig zu antworten, gefangen im Anblick des sich umdrehenden Marodeur von Bram Miller, der kurz darauf mit Höchstgeschwindigkeit nach Westen preschte.
„Will, verdammt…!“
Schon wendeten sich auch andere Mechs und Fahrzeuge der Einheit zur Flucht, vor allem die unerfahrenen Piloten, deren taktisches Verständnis noch nicht weit genug entwickelt war um zu verstehen, dass der Rückzugsbefehl des kommandierenden Offiziers die Unterschrift unter Ihrer aller Todesurteile setzte. Quantrills Mordbrenner würden sie einzeln erwischen, nachdem sie den Landzug geplündert hatten. Durch ihre besseren Kenntnisse der Geografie würden sie die Mitglieder der Einheit aufspüren und töten.
Alle.
Unausweichlich.
Sein Blick wanderte über die in Auflösung begriffene Einheit nach Osten, wo die Ebene sich in ein weitläufiges Tal öffnete. In dem mehrere hundert Meter breiten Talzugang schossen zwei Felsnadeln in gleichmäßigem Abstand aus dem Boden. Dahinter lag unebenes Gelände, das stetig anstieg, bis es auf einem Plateau endete. Dahinter waren bereits die hoch aufsteigenden Staubwolken des anrückenden Gegners zu sehen.
Schon arbeitete sein Hirn auf Hochtouren, rief Erinnerungen an die verschiedenen Gefechtsberichte ab, erstellte eine Aufstellung der ihm zu Verfügung stehenden Truppen.
„WILHELM, bei allen Göttern. Tue etwas!“
Mia´s fast schon über das Com geschriene Worte rissen ihn aus seinen Überlegungen.
Noch einmal atmete er tief durch, aktivierte dann das Com durch Anspannen seiner Kiefermuskulatur und ließ seine Worte dann in schneller Folge über die Einheitsfrequenz rasseln.
„Headless Horseman an alle Abteilungen. Mit sofortiger Wirkung enthebe ich Lieutenant Bram Miller seines Kommandos und übernehme dieses. Ich begründe mein Vorgehen mit der offensichtlichen Tatsache, dass der Lieutenant mit der vorliegenden Situation überfordert ist. Unsere primäre Aufgabe ist der Schutz des Landzuges, seiner Passagiere und seiner Ladung. Aus diesem Grund wiederrufe ich auch den letzten Befehl des Lieutenant. Ich wiederhole, ich wiederrufe den Befehl zum Rückzug!“
Während er sprach flogen Wilhelms Finger über die Eingabekonsole des taktischen Computers des Charon und langsam fing er an, der Einheit eine Überlebenschance einzuräumen.
„Headless Horseman von Landzug, Captain Lesley spricht. Die Königin legitimiert Ihre Kommandoübernahme und drückt Ihren Dank für Ihr Eingreifen aus. Wir hoffen alle, dass Sie diesen Bastarden dieses Mal die Zähne zeigen.“
Die Stimme des alten Mannes, der den Landzug bereits sein ganzes Leben durch die Wüsten Nitos gesteuert hatte verstummte so schnell, wie sie erklangen war und überließ ihn nun offiziell mit dem Kommando.
Auf den taktischen Anzeigen seiner Kampfmaschine verfolgte Wilhelm mit einer gewissen Genugtuung, wie seine Männer und Frauen sich dem Gegner zuwandten.
Mit einer Ausnahme.
Der Marodeur von Lieutenant Miller steuerte noch immer mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Westen.
Gut. Ein Panik verbreitender Offizier wäre der Gefechtsordnung in jedem Fall hinderlich gewesen, auch wenn Wilhelm die fünfundsiebzig Tonnen Kampfmaschine gern in seinen Reihen gewusst hätte.
Aber wie hatte sein verhasster Vater immer gesagt: Nutze das, was du hast und klage nicht über Dinge, die du nicht ändern kannst.
Es wurde Zeit, das Blutgeld zu verdienen, dass der König Ihnen in Aussicht gestellt hatte.
„Raptor, nimm die Firebee, die Milzmechs sowie unsere Estevez Panzer und ein Platoon der schweren Infanterie und grabt euch auf der rechten Seite des Talzugangs ein. Das ist eure Verteidigungszone. Dort werden Sie versuchen, mit Ihren schnellen Einheiten durchzubrechen. Wenn Ihnen das gelingt, sind wir erledigt!“
Noch während er sich den nächsten Schritt seines Plans zurecht legte, stoben die genannten Einheiten mit Mia`s Phoenix an der Spitze in Richtung der zugewiesenen Position.
Mit seiner Stellvertreterin an dieser gefährdeten Position war Wilhelm sich sicher, dass seine Befehle ausgeführt werden würden. Egal wie hoch der Blutzoll auch sei.
„Princess übernimmt mit dem Katapult und dem Schütze das geleitete Artilleriefeuer. Sie beziehen Stellung hier am Landzug und wenn eine unserer Linien zu brechen droht, verlegen Sie dorthin. Wild Weasel baut Direktverbindung zu den Artilleriemechs auf und leitet das Feuer auf Sicht.“
Danielle Andrews war die zweite Pilotin, die Ihm aus seiner alten Einheit nach Nito gefolgt war und mit Ihrem Dragoon eine Expertin für Langstreckenfeuer. Die hübsche Blondine aus der Circinus Föderation hatte mit Ihren präzisen Raketenbombardements schon einige heiße Eisen für Wilhelm aus dem Feuer geholt und er verließ sich darauf, dass Sie dies auch an diesem Tag wieder tun würde.
Schon hatten die Piloten des Katapult und des Schützen Ihre tonnenschweren Kampfmaschinen neben den Dragoon bewegt und die beiden Krieger öffneten die Abdeckungen Ihrer LSR-Werfer um Tod und Verderben auf die angreifenden Banditen regnen zu lassen.
Nun wurde die Sache heikel, da er sein restliches Personal nicht kannte und auch nur schwer einschätzen konnte.
„Gladiator, von Rohr und Toro übernehmen die linke Flanke. Sie werden unterstützt von den drei restlichen Infanterieplatoons und den Randolph Panzerwagen. Ich erwarte auf Ihrer Flanke vornehmlich mittelschwere Gegner und motorisierte Infanterie. Halten Sie die Angreifer auf Entfernung. Sie müssen auf Ihrer Seite keine Entscheidung liefern, nur durchhalten. Sollten Sie Probleme bekommen, geben Sie mir über Alphafrequenz Bescheid und ich werde Ihnen Unterstützung zukommen lassen.
Gardekavallerie hält sich als Eingreifreserve hinter der linken Felsnadel bis weitere Befehle folgen.“
Und wieder überraschten Ihn die Krieger seines vorübergehenden Kommandos. Keine Fragen, keine Proteste oder Einwände erfüllten die Comverbindung. Alle fügten sich in Ihre zugewiesene Rolle und bezogen Ihre Stellungen.
Mit einem kurzen Blick in Richtung des anrückenden Gegners fuhr Wilhelm mit seinen Vorbereitungen fort.
Viel Zeit blieb ihm nicht mehr.
„Ymir, schwarzer Ritter und Headless Horseman halten das Zentrum zwischen den Felsnadeln. Hier werden wir es mit den schweren Brocken des Gegners zu tun bekommen aber wenn wir unser Feuer konzentrieren, sollten wir eine Chance haben den Gegner auf offenem Feld zu stellen. Suchen sie sich geschützte Positionen aus denen Sie Ihre volle Waffenlast zur Geltung bringen können.“
„Verstanden, Headless Horseman. Machen Sie sich keine Gedanken. Die werden sich fühlen, als seien Sie gegen einen Amboss gelaufen!“
Die Stimme von Wyatt Callahan versprühte selbst über das Rauschen der Comverbindung Optimismus und Kampfeslust.
Der Lyraner schien das Gefecht gar nicht erwarten zu können, obwohl sein neunzig Tonnen schwerer Ymir mit über 500 Jahren Dienstzeit der wohl älteste Battlemech auf dem Feld war.
„Keinen Übermut, Lyraner. Gefeiert wird erst, wenn die Schlacht geschlagen ist!“
Die beiden Mechs seines Abschnitts passierten die Position des Charon mit trägen Schritten und er kam nicht umhin erneut die Geschicklichkeit der Pilotin des schwarzen Ritter an den Kontrollen Ihrer Maschine zu bewundern, die ihm schon seit Beginn der Mission aufgefallen war.
Er nahm sich vor, die Frau mit dem Namen Hanna Moreno im Auge zu behalten. Piloten mit einer so hohen Qualifikation mussten nicht am Ende der Galaxie Ihr Leben aufs Spiel setzen.
Es stellte sich ihm also die Frage, warum diese Pilotin mit einer gut erhaltenen Maschine hier war.
Mit einem kurzen Stirnrunzeln schob er den Gedanken beiseite.
Er musste seine volle Aufmerksamkeit der bevorstehenden Schlacht widmen, denn wenn sie in den kommenden Minuten versagten, waren alle zukünftigen Planungen hinfällig.
„Exterminator, wenn ich mich recht entsinne, habe ich auf ihrer Jacke das Emblem der regulanischen Hussaren gesehen. Darf ich also davon ausgehen, dass sie mit ihrer Maschine umgehen können?“
Er hatte das Bild der rothaarigen Mechkriegerin aus dem Fürstentum Regulus vor dem geistigen Auge und konnte sich an das offene, fast schon aggressive Auftreten der jungen Dame während der wenigen Treffen erinnern.
Er konnte nur hoffen, dass er sich in seiner Einschätzung der Pilotin nicht irrte, denn dieser Teil seines Plans würde einen Großteil zum endgültigen Ausgang des Gefechts beitragen.
Als die Antwort der jungen Frau durch die Comverbindung klang, bildete er sich ein, einen Unterton von Trotz herauszuhören, was durch die Verzerrungen und Störgeräusche jedoch auch reine Einbildung sein konnte.
„Davon können Sie ausgehen, Headless Horseman. Ich habe mir diese Maschine hart erkämpfen müssen und bin dabei über nicht wenige Leichen gegangen. Sagen sie mir also, wen ich aus seinem Mech schießen soll und vergessen sie diesen Gegner dann!“
Ein brutales Lächeln umspielte Wilhelms Züge. Das war genau die Art von Antwort, welche er sich erhofft hatte.
„Sie haben mich überzeugt, Exterminator. Hören sie gut zu! Am Ende des Tals auf der rechten Seite befindet sich eine Anhöhe. Wenn Quantrill seine bisherige Taktik beibehält, wird er dort einen Kampfschützen positionieren. Einen erfahrenen Piloten und tödlichen Scharfschützen mit einer ganzen Menge Abschussmarkierungen auf seinen Läufen. Wenn der dort oben auf seiner Premiumposition hemmungslos agieren kann, schießt er uns mit seinen weitreichenden, mittelschweren Autokanonen nacheinander aus dem Gefecht. Außerdem ist er eine massive Gefahr für unseren Helikopter, der das Auge unserer Artilleriemechs darstellt. Dieser Kampfschütze, Exterminator, dieser Gegner ist ihrer. Vor drei Kilometern sind wir an einem Wadi vorbeimarschiert. Es verläuft meinem Kartenmaterial nach zu urteilen parallel zu diesem Tal. Sie umgehen durch dieses Wadi ungesehen die Kampfhandlungen und fallen dem Kampfschützen im richtigen Moment in die Flanke.“
“Eine Mission Marke Selbstmordkommando, Headless Horseman. Auftrag verstanden. Ich mache mich auf den Weg. Nehmen sie den Kampfschützen aus Ihrer Rechnung. Er ist so gut wie tot!“
Die Kälte in Ihrer Stimme beeindruckte ihn tief. Diese Aufgabe war ein fast sicheres Todesurteil. Die Pilotin würde sich hinter den feindlichen Linien einem schwereren Gegner stellen.
Ohne Hoffnung auf Unterstützung.
Ohne eine Rückzugsmöglichkeit.
Stumm nickte er, als der Exterminator sich umdrehte und in die Richtung stampfte, aus der sie gekommen waren.
Schnell schickte Wilhelm ein Stoßgebet an alle Götter, dass Quantrill nicht in der Lage war, Ihre Frequenzen abzuhören. Er hatte keine Möglichkeit besessen, Rufnamen für die Mitglieder seiner Einheit zu verteilen oder richtige Lanzen zu bilden.
Seine Krieger waren nicht aufeinander eingespielt.
Das alles hätte erst in Nahatlan erfolgen sollen.
Aber nun stand ihnen die Feuertaufe unmittelbar bevor.
Viel zu früh für seinen Geschmack.
Mit einem mulmigen Gefühl aktivierte er seine Waffensysteme und fuhr das Kühlsystem des Charon hoch. Der plötzliche frische Luftzug ließ ihn in Shorts und Kühlweste kurz frösteln, aber er hatte gelernt, diese Momente vor dem Kampf zu genießen.
In den nächsten Minuten würde er jede Menge Schweiß und vielleicht auch Blut von sich geben.
Nochmal vergewisserte er sich auf der taktischen Anzeige, dass seine Truppen die befohlenen Positionen eingenommen hatten.
Dann setzte er sein überschweres Monster in Bewegung um sich ebenfalls ein geeignetes Plätzchen für die kommenden Kampfhandlungen aneignen zu können.
Die Staubwolke über der Anhöhe hinter dem Tal zeugte von der Ankunft des Feindes. Wie die dunklen Gewitterwolken eines bösen Omens zog der Staubschleier unaufhaltsam auf den Landzug und seine Beschützer zu.

Quantrill war ein kaltblütiger Veteran dutzender Schlachten. Erst im Dienst des Hauses Marik, dann als Söldner und nun auf eigene Rechnung als Anführer eines Haufens mordender Banditen.
Er war für seine berechnende Art bekannt. Fast hätte man es ein Markenzeichen nennen können.
Aber in Momenten wie diesem konnte er die Bestie in sich kaum zügeln. Wütend schnaubte er erneut in das Mikrofon seines Neurohelms. Er konnte einfach nicht begreifen, wie seine sorgfältig ausgearbeiteter Plan so aus dem Ruder laufen konnte. Zuerst hatte der Helikopter der Miliz seine anrückenden Mordbrenner ausgemacht. Dann hatte die gesamte Feuerkraft seiner Einheit nicht ausgereicht um diesen einen, gottverdammten Störenfried vom Himmel zu holen.
Eine Blamage sonders Gleichen.
Und nun teilten seine Tuareg-Scouts ihm auch noch mit, dass der Landzug stoppte und die Söldner mit Hilfe der Miliz eine Verteidigung im Cullcka-Tal vorbereiteten.
Einem Überaus ungeeigneten Gelände für einen Sturmangriff.
Er hatte also das Überraschungsmoment verloren und musste die Wahl des Geländes ebenfalls dem Gegner überlassen.
An jedem anderen Tag hätte er den Angriff abgebrochen und auf eine günstigere Gelegenheit gewartet, aber in diesem besonderen Fall bot der Sieg über die Schutzmannschaft des wertvollen Landzuges eine zusätzliche, einmalige Gelegenheit, denn die Königin von Nahatlan selbst war als Passagier auf dieser Fahrt gelistet.
Eine Gelegenheit, die man nicht verstreichen lassen durfte.
Zumal der Vorschlag für die Aktion von der Hexenkönigin selbst gekommen war. Der gefürchteten Frau aus dem Kurita Raum, die in der Stadt der Toten über ein Heer von Kriegern gebot und deren Ansinnen man nicht wiedersprach.
Es sei denn man wollte auf äußerst unerfreuliche Weise dieses Leben hinter sich lassen.
Mit einem Schaudern dachte er an die tausenden Sklavenarbeiter, die in den trostlosen Minen um die Stadt ihrer eintönigen und eher früher als später mit Sicherheit tödlichen Arbeit nachgingen.
Im Stillen fragte er sich, wie viele dieser armen Seelen eine gestellte Aufgabe hatten nicht erfüllen können und damit bei ihrer Herrin in Ungnade gefallen waren.
Nein, ihm würde dies nicht wiederfahren.
Er war Quantrill. Der gefürchtetste Bandit auf diesem verdreckten Staubball.
„Quantrill an Alle. Wir ziehen das wie die letzten Male durch. Der Kommandant mit dem Marodeur hat sich schon aus dem Staub gemacht und dabei eine ganze Lanze Mechs mitgenommen. Die holen wir uns, wenn wir den Rest in Stücke gehauen haben. Die Braunhäute sprechen von zwei Lanzen Mechs plus vier Milizmaschinen. Dazu Panzer und Infanterie. Das deckt sich mit den Informationen die wir vorliegen haben. Roy, du nimmst die rechte Flanke. Nimm Fedge und seine Mörderbande von Infanteristen mit. Die sollen sich mal ihren Anteil verdienen. Ruby, du und deine Jungs übernehmen die linke Flanke. Schnell vorstoßen, in die Linie einbrechen und aufmischen. Dann schwenkt ihr ein und helft uns beim Rest. Die Sand Devils und die schnelle Infanterie unterstützen euch dabei. Die Befehlslanze bricht durch das Zentrum. Butcher, du nimmst mit deinem Kampfschützen auf dem Hügel der linken Flanke Aufstellung und bläst alles in die ewigen Jagdgründe, was uns in die Quere kommt. Die denken, sie könnten sich gegen uns zur Wehr setzen. Damit das Ganze keine Nachahmer findet, werden wir diesmal noch brutaler vorgehen. Wir zeigen jedem, dass wir Wiederstand mit aller Härte bestrafen. Keine Gefangenen, keine Sklaven. Ich will nur Leichen sehen, verstanden?“
Ein Chaos an Bestätigungen durchflutete den Einheitskanal und ließ Quantrill zufrieden grinsen.
Nein, er würde nicht in den Minen landen!
Im Gegenteil.
Das würde ein verdammt einträglicher Tag für ihn und seine Bande werden. Und ein überaus schwarzer Tag für das Königshaus von Nahatlan!
Zufrieden registrierte er, wie die Battlemechs seiner Einheit über die Anhöhe in das Cullcka-Tal vorrückten. Die Befehlslanze bestehend aus Kellys Donnerkeil, O´Reilleys Ostwar, Riegers Daboku und natürlich seinem eigenen Brandschatzer traten als letzte der Einheit über die Hügelkuppe.

Nancy Hoogan schluckte hart als sie ihren Wild Weasel Kampfhelikopter mit hoher Geschwindigkeit in niedriger Höhe eine Schleife über dem Tal ziehen ließ. Unter ihr stürmten Quantrills Bastarde in einer dichten Staubwolke auf die Ebene des Cullcka-Tals.
Sie hatte Recht gehabt.
Nun waren die blau-gelben Lackierungen der Battlemechs und Fahrzeuge klar zu erkennen, welche sie bei der ersten Sichtung nur hatte erahnen können.
Reflexartig blickte sie auf die Treibstoffanzeige ihres Hubschraubers.
Wenn Sie jetzt abdrehte, konnte Sie eine ganze Menge Wüste zwischen sich und diese Bestien bringen, bevor ihr der Sprit ausging.
Ein energisches Kopfschütteln brachte sie auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ohne Treibstoff mitten in der Wüste zu landen war für eine Milizpilotin aus Nahatlan die wohl dümmste Idee.
Auch wenn die Tuareg sie nicht aufgriffen und ihr nach mehreren Gruppenvergewaltigungen die Kehle aufschlitzten, würde sie elend an Wassermangel verrecken.
Oder einer der anderen Gefahren der Wüste zum Opfer fallen.
Auf Nito gab es hunderte Möglichkeiten, den Löffel auf äußerst unschöne Art abzugeben.
Mit einem schnellen Zug am Steuerknüppel der agilen Maschine brachte sie das Wild Weasel in einen Steigflug, den sie mit einer perfekten Rolle abschloss.
Nein, dann doch lieber hier im Kampf draufgehen.
„Princess von Wild Weasel. Schnelle gegnerische Verbände rücken auf die der rechten Flanke mit hoher Geschwindigkeit gegen unsere Position vor. Erreichen maximale Schussdistanz von 630 Metern in zehn Sekunden. Sand Devil und Transportschweber mit aufgesessener Infanterie in erster Welle. Dahinter in geringem Abstand Heuschreck, Wespe und Streitross folgend. Auf linker Flanke ebenfalls motorisierte Infanterie, aber wesentlich langsamer. Tomahawk, Vulkan, Krabbe und Centurion sind hier erkannt. Ziele durch diagonale Feuerlinie außer Reichweite. Im Zentrum rücken weitere Feindmaschinen vor, sind durch Staubentwicklung jedoch nicht zu erkennen. Erbitte Zielauswahl für Feuereinweisung.“
Wieder schoss das Wild Weasel über die anrückenden Mordbrenner, während sie auf die Antwort der Mechkriegerin wartete. Niemand schien ihren Helikopter wahr zu nehmen, oder aber er war dem Gegner einfach egal.
Da ihr Kampfhubschrauber nur über ein Maschinengewehr als Offensivwaffe verfügte, war Letzteres wahrscheinlicher.
„Wild Weasel von Princess.“
Die Stimme von Danielle Andrews über die Comverbindung zu hören, ließ sie erleichtert aufatmen. Nancy kannte die Frau kaum, aber die professionelle Art und ruhige Tonlage vermittelten der Milizpilotin ein Gefühl der Sicherheit.
Vielleicht ein trügerisches Gefühl, wenn man an die vorrückende Streitmacht unter ihr dachte, aber besser als Nichts.
„Zuerst mischen wir die rechte Flanke auf. Der Boss hat befürchtet, dass die Banditen dort durchbrechen, also werden wir da zuerst aufräumen. Wir erwarten mit Spannung ihre Zielkoordinaten, Wild Weasel.“
Nun lächelte Nancy Hoogan sogar. Zuversicht durchströmte ihre Gedanken und beflügelte sie in ihrem über das Tal rasenden Hubschrauber. Mit den Söldnern hatte die Miliz endlich eine Chance gegen die Banditen.
„Verstanden, Princess. Zielangabe für LSR Beschuss folgt. Quadrat delta fünnef bis delta sieben. Jetzt 620 Meter. Acht Vorhalte. Korrektur erfolgt nach Einschlagsauswertung.“
Sekundenbruchteile nachdem ihre Worte durch die Kabine klangen, konnte sie in Ihrem rechten Augenwinkel unzählige spiralförmig aufsteigende Langstreckenraketen sehen, die sich immer schneller in den roten Himmel bohrten und dabei weiße Abgasstreifen hinter sich her zogen.
Kurz darauf verwandelte sich der Wüstenabschnitt unter ihr in ein flammendes Inferno aufsteigender Explosionen.
Über hundert herabregnende Raketen schlugen in die Reihen der völlig überraschten und fast ungepanzerten Schweber ein und zerfetzten, was sie trafen. Eine Mauer aus schwarzem Rauch vermischte sich fast umgehend mit dem aufgewirbelten Staub und dem öligen Qualm der brennenden Wracks zu einem fast undurchdringlichen Sichtschutz. Helle Flammen züngelten an einigen Stellen durch das unwirkliche Bild und Sekundärexplosionen erhellten für kurze Augenblicke die Landschaft.
Der letzte Mech der Einheit hatte die Zielvorgaben nicht vollständig eingehalten, so dass ein Teil seiner verschossenen Gefechtsköpfe nur den Sand und einige Gesteinsbrocken hinter den anrückenden gegnerischen Maschinen aufwirbelten.
Zwei Detonationen jedoch blitzten auf der Panzerung des rechten Beines des Heuschreck auf und ließen dessen Piloten seinen Sturmlauf abrupt verlangsamen.
Als der Staub des Angriffs sich langsam legte, schlingerte ein getroffener Sand Devil aus der Wolke. Der Direkttreffer einer LSR hatte seinen Turm abgerissen und aus dem entstandenen Loch schlugen hell lodernd meterhohe Flammen. Der Fahrer versuchte Krampfhaft, das todgeweihte Fahrzeug zum Stehen zu bringen, verlor jedoch seinen Kampf gegen die Zeit, als das Feuer den Treibstoffvorrat erreichten und den leichten Scout-Schweber in einer grellen Detonation verzehrten. Weiß glühende Trümmer regneten noch mehrere Meter entfernt zu Boden und markierten das rauchende Grab der verbrennenden Besatzung.
Nancy wollte jubeln, als ein schriller Alarm sie plötzlich von dem grausamen Anblick ablenkte.
Radarerfassung.
Ein Gegner hatte sich auf sie eingezielt.
Ruckartig riss sie den Steuerknüppel nach links und kippte den Helikopter in eine scharfe Kurve. Keine Sekunde zu früh.
Die donnernden Granaten zweier Autokanonensalven hämmerten in Verbindung mit einem zischenden Laserstrahl durch die Position, welche sie ohne das Manöver nun mit ihrer Maschine eingenommen hätte.
Sie musste nicht raten, welcher Gegner sie auf dem Korn hatte.
Ein kurzer Blick auf den Hügel der rechten Flanke offenbarte die Silhouette des Kampfschützen, der seine langen Armwaffen drohend gen Himmel reckte.
Genau in Ihre Richtung.
„Headless Horseman von Wild Weasel. Ich muss Zielführung der Artilleriemechs einstellen. Gegnerischer Kampfschütze hat vorausgesagte Position erreicht und feuert auf mich. Ziehe mich außer Reichweite seiner Waffen zurück und erwarte weitere Befehle.“
Damit brache sie die Nase ihres Kampfhubschraubers in Richtung der eigenen Linien und drückte den Schubhebel vollständig durch.
Ob sie Angst hatte… natürlich. Jeder Veteran hatte Angst vor dem Tod. Zuviel Mut verhinderte ihrer Ansicht nach, dass man genügend Erfahrung sammelte um ein Veteran zu werden.
Helden starben in den allermeisten Fällen früh.

„Ein Wadi das parallel verläuft! Sie umgehen ungesehen die Kampfhandlungen. Was für ein Idiot!“
Genevre Zavaletta fluchte weitere Verwünschungen in die Einsamkeit ihres Cockpits, während sie den Exterminator durch die engen Windungen der Schlucht steuerte. Ihre Kühlweste versuchte mit einem sonoren Summen die ansteigende Hitze um sie herum auszugleichen, aber schon kurz nach ihrer Trennung von der Haupttruppe hatten sich bedingt durch die hohe Umgebungstemperatur in dem tiefen Wadi und die schnelle Bewegung des Mechs dicke Schweißperlen auf ihrer Haut gebildet.
Die anstrengende Steuerung der Kampfmaschine tat ihr übriges.
Genervt blinzelte die junge Frau von Regulus einen der störenden Schweißtropfen von ihrem linken Augenlid und blickte dann konzentriert auf die taktische Anzeige.
Ohne Kartenmaterial, dass wohl nur ihrem neuen kommandierenden Offizier zur Verfügung stand, musste sie die verbleibende Entfernung bis zu ihrem Ziel schätzen.
Es konnte aber nicht mehr weit sein.
Unversehens musste sie den Exterminator abbremsen, als hinter der nächsten Biegung eine steile, fünfundzwanzig Meter hohe Felswand ihr den Weg versperrte.
Unentschlossen blickte sie die Wand hinauf, als ihr durch die Comverbindung der Notruf der Milizpilotin in den Ohren erklang. Gleichzeitig nahmen die Außenmikrophone ihres Battlemechs das Stakkato abgefeuerter Autokanonen Salven wahr.
Der Kampfschütze musste ganz in ihrer Nähe sein.
Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden löste die Pilotin die Sprungdüsen des Mechs aus.
Es war Zeit zu handeln.
Superheißes Plasma aus dem Fusionsreaktor der Maschine tobte durch die Düsen an den Füßen des Exterminator und katapultierte ihn auf flammenden Säulen in die Höhe, bis Genevre den Rand der Felswand erreicht hatte. Mit einem kurzen Schubmanöver brachte sie sich auf den Rand des Hangs und landete das 65 Tonnen schwere Ungetüm nur dreißig Meter hinter ihrem Ziel.
Der gegnerische Mech ragte vor dem ihren in die Höhe und sein breiter Rücken bot eine grandiose Angriffsfläche. Bereits vor der Landung hatte sie die mit vier mittelschweren Lasern bestückten Arme des Exterminator auf den Kampfschützen ausgerichtet.
Während sie ihre Maschine in eine schnelle Vorwärtsbewegung trieb bewegte sie das Fadenkreuz der Zielerfassung mittig auf die immer größer werdende Gestalt ihres Opfers.
Als das Fadenkreuz von Rot zu einem pulsierenden Gold wechselte, presste sie die Auslöser für die Laser und beobachtete befriedigt, wie alle vier gleißenden Lichtstrahlen sich tief in die spärliche Rückenpanzerung des Kampfschützen bohrten.
Bäche geschmolzenen Stahls ergossen sich über den Sand des Hügels wo sie in surrealen Formen erstarrten, tropften von der internen Struktur und gaben den Blick auf die innen liegenden Bauteile der Kampfmaschine frei.
Zwei der superheißen Strahlen brannten tiefe Narben in die interne Struktur und bahnten sich ihren Weg durch den geschundenen Torso.
Der Pilot der gegnerischen Maschine schien von Genevres Auftauchen völlig überrascht worden zu sein, beherrschte aber sein Handwerk, denn er hielt seinen Battlemech trotz der massiven Treffer in seinem Rücken mit einem kurzen Schritt vorwärts aufrecht.
„Du bist wirklich ein Veteran, Freundchen. Erfahren und tödlich. Aber das bin ich auch! Das bin ich auch!“
Sie flüsterte die Worte zu sich, während ihr Blick auf die steigende Temperaturanzeige des Exterminator fiel. Der ungehemmte Energiewaffeneinsatz in Kombination mit dem kurzen Sprung hatte ihre Maschine massiv aufgeheizt.
Hitzewellen brandeten durch das Cockpit und ließen sie nach Luft ringen.
Im vollen Lauf öffnete sie eine Comverbindung.
„Wild Weasel von Bloodlust. Kampfschütze ist beschäftigt. Ich wiederhole, Kampfschütze ist derzeit keine Gefahr für sie.“
Die Worte entrangen sich ihrer verdörrten Kehle und kamen über die spröden Lippen.
Aber noch war sie hier nicht fertig.
Sie hatte die kurze Distanz zu Ihrem Gegner mit dem Sturmlauf überwunden, welcher sich nun der Gefahr in seinem Rücken zuwenden wollte.
Die tödlichen Geschützläufe der schweren Laser und Autokanonen drehten sich mit dem Torso in ihre Richtung, während der Pilot des schweren Monsters versuchte, seine Ausrichtung zu ändern.
Genevre hatte jedoch nicht vor, ihn zum Abfeuern seiner Waffen kommen zu lassen. Eine Duell mit Waffenfeuer würde sie gegen den schwereren Gegner verlieren.
Aus vollem Lauf riss sie ihr rechtes Bein nach vorne und traf mit dem schweren Fuß ihrer Maschine das Bein des Kampfschützen dort, wo bei einem Menschen die Wade gewesen wäre. Das Kreischen berstenden Metalls steigerte sich zu einer höllischen Katatonie als sie ihre linke Faust vorschnellen und auf die Schulter der rechten Seite des Kampfschützen schmettern ließ.
Die schützende Keramikpanzerung zerbarst an beiden Stellen in einem Regen scharfkantiger Splitter und der Pilot musste einen weiteren Schritt nach vorn tätigen um erneut das Gleichgewicht seines angeschlagenen Battlemechs halten zu können.

Der Butcher klammerte sich krampfhaft an die Kontrollen des Kampfschützen und musste sein gesamtes Können aufbieten, um einen Sturz zu verhindern.
Was hatte er dem Piloten dieses Exterminator getan, dass er mit einer solchen Wildheit auf ihn losging?
Hatte er jemanden aus dessen Familie umgebracht?
Der massige Bandit schob den Gedanken beiseite.
Er hatte bei weiterem wichtigere Probleme zu bewältigen, als dieser Frage nach zu gehen.
Eine Sinfonie aus Warnmeldungen tönte durch die stickige Enge des Cockpits und die Anzeigen in seinem Sichtfeld rangen in gelben und roten Farbtönen um ungeteilte Aufmerksamkeit.
Die Lasertreffer des aus dem Nichts auftauchenden Gegners hatten seine Rückenpanzerung durchschlagen und das Gyroskop sowie den Fusionsreaktor beschädigt und durch die Nahkampfattacken hatte er einen großen Teil Panzerung verloren, was seinen Stahlkoloss zusätzlich aus dem Gleichgewicht brachte.
Der Pilot des Exterminator wusste, was er tat. Das war kein halb ausgebildeter Milizpilot. Er hatte es mit einem hartgesottenen Söldner zu tun.
Er nutzte die höhere Beweglichkeit seiner Maschine um im ständigen Kontakt mit dem Butcher zu bleiben, ließ ihm keine Möglichkeit Abstand zu gewinnen um seine schwerere Bewaffnung ins Spiel bringen zu können.
Und ohne Unterarm- und Handaktivatoren war der Bandit in einem Battlemech-Nahkampf massiv unterlegen.
Auch auf dem restlichen Schlachtfeld sah es für Quantrills Mordbrenner nicht gut aus.
Ruby „Totschläger“ Dalton war mit seiner Truppe auf der linken Flanke in ein massives Feuer aus gut gezielten Langstreckenraketen geraten und erhielt nun weitere Verluste durch mindestens zwei Mechs, Panzer und eingegrabene Infanterie. Der Butcher konnte nur hoffen, dass das Streitross des Totschlägers diesen massiven Beschuss überstand und er in die Linie der Verteidiger einbrechen konnte.
Noch hatte dieser Teil der Truppe jedoch über die Hälfte der Strecke zu überstehen. Und der Helikopter hoch über dem Schlachtfeld, welcher wahrscheinlich das Artilleriefeuer leitete, donnerte gerade erneut über sie hinweg.
Natürlich, er war ja auch nicht mehr in der Lage ihn zu vertreiben, solange dieser Exterminator ihm im Rücken saß.
Auf der rechten Flanke sah es nicht viel besser aus. Hier hielten drei weitere Feindmechs Roy Fullers mittelschwere Lanze zusammen mit der angeschlossenen Infanterie auf Distanz.
Der Centurion der Einheit hatte direkt zu Beginn des Gefechts zwei PPK Treffer erhalten und lag seit diesem Zeitpunkt regungslos auf dem Feld.
Zwar rückte Roys Mannschaft unaufhaltsam vor, aber für Butchers Geschmack viel zu langsam.
In dem Moment, als der dickbäuchige Lyraner, der vor ewigen Zeiten Teil der Sky Rangers gewesen war, sich wieder seinem eigenen Problem widmen wollte, zuckte schweres Feuer durch das Zentrum des Gefechtsfeldes.
Ungläubig registrierte er fünf künstliche Blitzschläge aus Partikel Projektil Kanonen, die über die Sandlandschaft des Tals brandeten.
Genau auf Quantrills vorstürmenden Brandschatzer zu.
Nur zwei der vor todbringender Energie knisternden Entladungen verfehlten die überschwere Kampfmaschine. Der Rest geißelte die Panzerung auf Torso und Armen.
Als dann auch noch zwei massive Nickel-Eisen-Kugeln aus Gaussgeschützen mit Schallgeschwindigkeit in die linke Schulter und die Torsomitte des geschundenen Mechs von Quantrill schlugen und fast zwei Tonnen Panzerung in ganzen Sektionen von dem hoch aufragenden Rumpf rissen, verlor der Anführer der Mordbrenner den Kampf gegen die Schwerkraft und einhundert Tonnen Stahl schlugen in einer dichten Staubwolke auf den harten Boden des Cullcka-Tals.
Der Butcher glaubte, die Erschütterung des Sturzes noch auf seiner Pilotenliege zu spüren, riss sich von dem Anblick des Spektakels jedoch einige Momente vor dem Pilot des Exterminator los.
Exakt die Zeitspanne, die er benötigte.
Mit zwei schnellen Schritten brachte er Abstand zwischen die beiden Battlemechs und drehte dann seine Arme in einer fließenden Bewegung um hundertachtzig Grad in seinen Rückenfeuerbereich.
„Tja, Jungchen. Ein paar Tricks habe ich auch noch drauf. Und mit dem hier hast du wohl nicht gerechnet!“
Seine Stimme hatte einen brutalen Tonfall als die Worte in dem engen Mechcockpit erklangen.
Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck presste er die Auslöser für alle seine Armwaffen, als die Erfassung des Gegners von seinem Zielsystem bestätigt wurde.
„Friss das, du mieser Bastard!“
Augenblicklich schoss die Temperatur in seiner Umgebung auf unerträgliche Werte und er fühlte sich, als würde er im eigenen Saft gebraten, als jede Pore seines fetten Leibes Flüssigkeit absonderte.
Nach Luft japsend konnte der Butcher ein Hochgefühl nicht unterdrücken, als beide Strahlen seiner schweren Laser in den linken Torso des Exterminator einschlugen. Weißglühender Stahl floss in Strömen an der Gestalt des Mechs hinab. Die Granaten der mittelschweren Autokanonen zogen eine Reihe heller Explosionsblitze über den linken Arm und in die Bresche, welche zuvor die Laser gerissen hatten. Teile der interne Struktur verbogen sich unter der Wucht der starken Detonationen und Myomerstränge rissen mit schnalzenden Lauten, als der linke Schulteraktivator aus seiner Verankerung gerissen wurde.
Der Butcher hätte jubeln können, als erst der verkrüppelte Arm seines Gegners kraftlos in eine hängende Position fiel und der Pilot kurz darauf das Gleichgewicht verlor.
Mit einem Schlag auf den Vetoschalter verhinderte er eine automatische Abschaltung seiner Maschine aufgrund der hohen Temperaturentwicklung, war jedoch mehr als nur zufrieden.
Er hatte seine Maschine vielleicht überhitzt, aber dafür lag sein Gegner nun am Boden.
„Und ich stehe noch, du Mistkerl! Siehst du das? Ich stehe noch!“
Mit langsamen Bewegungen der Kontrollen drehte er nun seinen Kampfschützen in Richtung des liegenden Exterminator und brachte die Arme wieder in eine normale Position.
Jetzt würde er ihm den Rest geben.
Eine weitere Markierung auf den Läufen seiner Geschütze.
Und dann würde er dieses Gefecht zu Gunsten der Mordbrenner entscheiden.
Quantrill würde ihn reich belohnen.
Eine Generalüberholung seiner Maschine vielleicht. Oder pures Gold aus den Minen der Hexenkönigin. Oder eine hübsche Sklavin, die ihm alle seine Wünsche erfüllte.
Ein gehässiges Lachen entrann sich seiner Kehle.
„Jetzt bist du erledigt, du Anfänger! Du stehst zwischen mir und meiner Belohnung. Mach dich bereit deinen Schöpfer zu treffen.“

Wilhelm Teufel war bis vor zehn Sekunden noch äußerst zufrieden mit dem Gefechtsverlauf gewesen. Sein Plan hatte besser funktioniert als selbst er es für möglich gehalten hätte.
Auf der linken Flanke hatte eine der Hinan Schwestern das Kommando übernommen und dirigierte konzentriertes Feuer des Toro, von Rohrs und Gladiator gegen die anrückenden Banditen. Die drei PPK`s in Verbindung mit den LSR Lafetten hatten den Centurion des Gegners bereits zu Fall gebracht, während das Antwortfeuer durch den Sturmlauf sehr ungenau und unkonzentriert wirkte.
Der Vulkan hatte mit seiner leichten Autokanone Treffer auf dem Toro gelandet und die Krabbe einen schweren Lasertreffer auf den Gladiator setzen können. Einer der Randolph Panzerwagen der Miliz war von den schweren Geschossen der Autokanone des Tomahawk in Stücke gerissen worden, aber die drei verbliebenen Fahrzeuge und der Zug Infanterie setzten den Kampf mit unverminderter Härte fort.
Die Verluste waren überschaubar und noch in einem militärisch akzeptablen Rahmen.
Bis jetzt.
Im Zentrum der sich entwickelnden Schlacht war seiner Einheit der bisher größte Erfolg beschieden. Als die schwere Lanze des Gegners über die Anhöhe gestürmt war, hatte Wilhelm den markanten Brandschatzer Quantrills ausgemacht, welchen er aus den verschiedenen Gefechtsroms und Berichten kannte.
Ein herausragendes Primärziel für ihn und seine beiden Mitstreiter.
Das Feuer aus fünf PPK`s sowie seinen beiden Gaussgeschützen hatte den Kommandeur der gegnerischen Einheit wie ein Dampfhammer getroffen, auch wenn zwei der künstlichen Blitzschläge ihr Ziel verfehlt hatten.
Noch immer lag der hundert Tonnen schwere Mech bewegungslos am Boden, während helle Rauchschwaden von seiner zerschossenen Panzerung aufstiegen.
Er war sich jedoch sicher, dass sie Quantrill noch nicht aus dem Spiel genommen hatten.
Man bezeichnete Battlemechs nicht ohne Grund als die Könige des Schlachtfeldes. Sie konnten unglaubliche Mengen an Schaden verteilen und auch einstecken, bevor sie kampfunfähig zusammenbrachen, und überschwere Maschinen wie der Brandschatzer waren eine eigene Elite.
Genau wie ihre Piloten.
Durch den zeitgleichen Einsatz seiner beiden PPK`s war der Ymir von Wyatt Callahan massiv überhitzt und nur in der Lage seinen LSR Werfer gegen den anstürmenden Donnerkeil einzusetzen, was dieser mit einer gleichartigen Salve Raketen beantwortete. Während die Gefechtsköpfe des Lyraners allerdings wirkungslos vor dem Gegner in den Sand schlugen und meterhohe Staubfontänen aufwirbelten, platzierte der Bandit acht leuchtende Feuerbälle auf dem rechten Arm und dem rechten Bein des Ymir und sprengte dort einige Panzerplatten von dem ohnehin nur dürftigen Schutz.
Der Daboku wie auch der Ostwar hatten ihn als Ziel Ihres Waffenfeuers auserkoren und deckten den Charon mit leichten Autokanonengranaten, LSR und schwerem Laserfeuer ein.
Wilhelm wurde mehrfach schwer in die Gurte seiner Pilotenliege geworfen und musste mit den Kontrollen seines Mechs ringen, hielt ihn jedoch aufrecht.
Bei diesem Bombardement war jedoch klar, dass sein MasterTech nach diesem Gefecht ein ernstes Wörtchen mit ihm würde reden wollen.
Bei der Vorstellung knirschte er entnervt mit den Zähnen.
Auf der rechten Flanke schlug gerade eine weitere LSR Salve seiner Artilleriemechs zwischen die Schweber der anstürmenden Banditen und zerstörte gleich mehrere der nur leicht gepanzerten Fahrzeuge.
Auch die vierbeinigen Mechs der Miliz sowie die Estevez Panzer hatten endlich in den Kampf eingegriffen und feuerten mit ihren schweren Geschützen in die Reihen der Angreifer.
Mittlerweile war das Gefechtsfeld vor diesem Abschnitt übersät mit brennenden Wracks, die ihre Umgebung mit ölige Qualm erfüllten. Leichen, Verwundete und Sterbende verteilten sich großflächig auf dem Sandboden des Tals und Trupps angreifender Banditen Infanterie irrte durch den dichten Rauch. Hier und da schlug eine Mörsergranate der Miliz zwischen die Wracks oder die Salve eines schweren Maschinengewehrs jaulte durch das Chaos.
Aber die Banditen blieben nichts schuldig.
Die verbliebenen Sand Devils hatten das Feuer auf Mia`s Phoenix eröffnet und vier Strahlen mittelschwerer Laser verunstalteten nun Torso sowie Arme und Beine des mittelschweren Mechs.
Taumelnd wurde seine Stellvertreterin einen Schritt zurück getrieben, bevor sie die Balance wieder fand und die PPK ihrer Kampfmaschine auf den vorrückenden Heuschreck entlud.
Kreischend fuhr der Strahl aufgeladener Partikel durch das Tal und schlug unter ohrenbetäubendem Tosen in das linke Bein des gegnerischen Scoutmechs ein.
Große Brocken verkohlter Panzerung regneten rund um die Maschine nieder als der künstliche Blitzstrahl die Extremität all ihren Schutzes beraubte und sich im Anschluss durch die interne Struktur fraß.
Mitten im seinem ungestümen Sturmlauf wurde der Scout durch ein blockierendes Hüftgelenk völlig aus dem Gleichgewicht gebracht und schlug der Länge nach auf den staubigen Grund des Tals, wo er einen unglücklichen Schweber der Angreifer unter seinen 20 Tonnen zermalmte.
Nur Sekundenbruchteile später verschwand der Anblick des gestürzten Battlemechs in einer dichten Staubwolke und Wilhelms Aufmerksamkeit wurde von den restlichen Geschehnissen des Kampfes in Anspruch genommen.
Mit Sorge blickte er in Richtung der entfernten Anhöhe, auf welcher sich der Kampfschütze nun dem am Boden liegenden Exterminator zu wendete.
Offiziell war es noch gar nicht seine Einheit, aber er hatte nicht vor in seinem ersten Gefecht auf diesem Planeten einen Piloten durch eine Selbstmordmission zu verlieren.
Entschlossen spannte er den Kiefer an und öffnete einen Kanal.
„Wild Weasel von Headless Horseman. Leiten Sie Raketenbeschuss auf den Kampfschützen ein. Gegner ist Primärziel. Verwundbare Rückenpanzerung ist den eigenen Einheiten zugewandt. Nehmt diesen verdammten Killer aus dem Gefecht.“
Die Stimme der Helikopterpilotin klang hell und konzentriert durch das Hintergrundrauschen.
„Headless Horseman von Wild Weasel. Bestätige Zielzuweisung. Position Kampfschütze ist angewiesen. Beschuss aus maximaler Kampfentfernung erfolgt.“
Grimmig nickte Wilhelm auf seiner Pilotenliege, als dutzende Langstreckenraketen auf ihrem feurigen Schweif über seine Position hinweg zogen.
Es wurde Zeit, die Initiative über dieses Gefecht an sich zu reißen.
Es wurde Zeit zu siegen.
„Headless Horseman an die gesamte Kampfgruppe. Gegenangriff! Ich wiederhole: Gegenangriff! Ymir, wir schnappen uns den Ostwar. Schwarzer Ritter schwenkt auf rechte Flanke und unterstützt diese gegen das Streitross. Linke Flanke konzentriert Feuer auf den Vulkan. Gardekavallerie führt Sturmangriff auf anrückende Infanterie durch. Princess, bring deine drei Maschinen auf die rechte Flanke und räumt da auf. Zeigen wir diesen Banditen, dass Sie sich heute den falschen Gegner ausgesucht haben.“
Noch während er die Befehle in das Headset rasselte zog er das Fadenkreuz seiner Waffensysteme über die Silhouette des schweren, fast schon antiken Battlemechs im Zentrum der gegnerischen Formation und presste den Auslöser auf der Steuerung, welcher für einen Alphaschlag vorgesehen war.
Dann trieb er den Charon in einen schnellen Trab, welcher ihn auf das Schlachtfeld führte, während sein gezieltes Waffenfeuer in das Opfer einschlug.
PPK Blitze aus seinen Armmanschetten und die beiden massiven Nikel-Eisen Kugeln seiner Gaussgeschütze verheerten die Panzerung des Ostwar in Zusammenarbeit mit der beiden PPK'S des Ymir, während seine mittelschwere Rotationsautokanone einen stetigen Strom an hochexplosiven Granaten in langen, leuchtenden Bahnen ins Ziel brachte. Grelle Explosionsblitze zuckten über den Torso und den linken Arm des Battlemechs, rissen durch bereits vorhandene Breschen ganze Sektionen an Panzerung vom Rumpf und brandeten durch die interne Struktur.
Ohne weitere Gegenwehr brach der fünfundsechzig Tonnen schwere Gigant tosend in sich zusammen, während der Daboku wie auch der Donnerkeil zum Stehen kamen.

Genevre Zavalotta schüttelte kurz den Kopf um die Schweißperlen aus ihren Augenbrauen zu vertreiben und blickte dann wütend auf die erschütternde Schadensanzeige ihrer Maschine. Der linke Arm ihres Exterminators hing nutzlos herab und sie hatte die Kampfmaschine mit dieser Einschränkung noch nicht wieder in eine stehende Position bringen können, während der Pilot des Kampfschützen siegesgewiss Zeit verschwendete um ihr seine unbeschädigte Vorderseite zu präsentieren. Die tödlichen Läufe seiner Autokanonen und schweren Laser schwenkten zu ihr herum und sie konnte kaum etwas unternehmen außer weiter zu versuchen, eine aufrechte Position einzunehmen. Die Hälfte ihrer Primärwaffen in Form zweier mittelschwerer Laser hatte sie mit dem linken Arm verloren. Den Rest konnte sie nicht einsetzen, da sie den rechten Arm zum Aufstehen benötigte. Für die Langstreckenraketen war die Distanz zu gering und über den leichten Laser sowie das Maschinengewehr würde der Gegner mit seiner starken Frontalpanzerung im Höchstfall lachen können.
In wenigen Sekunden würde der Bandit ihren Exterminator aus kurzer Entfernung zusammenschießen ohne dass sie auch nur die Möglichkeit hatte, etwas dagegen zu unternehmen.
Ein hektisches Blinken in ihrem Augenwinkel signalisierte den Versuch einer Kontaktaufnahme über eine offene Frequenz und sie akzeptierte diese in einer schnellen Handbewegung während sie mit der Steuerung ihres Battlemechs rang.
„Hast du wirklich gedacht, mich mit deinem hinterhältigen Angriff aus meiner Maschine schießen zu können, du Amateur?“
Die Stimme des Banditen klang belegt und spröde durch das Knacken der Funkverbindung. Sie konnte förmlich hören, wie der Krieger unter der enormen Hitze in seinem Cockpit litt.
Nervös biss sie sich auf die Unterlippe, krampfhaft überlegend, was ihre Optionen waren.
„Dein Mech hat mindestens einen Reaktortreffer eingesteckt und die schweren Laser verwandeln deine Wärmetauscher in viele, kleine Öfen. Auf meiner Wärmebildanzeige leuchtet deine Maschine jetzt schon wie eine Glühbirne. Meine Aufgabe war, dich abzulenken, damit der Rest unserer Kampfgruppe deine Meute zerpflücken kann. Ohne deine Luftabwehrgeschütze kann unser Helikopter ungehindert Zielkoordinaten an die LSR Werfer übermitteln. Ohne dein gezieltes Feuer können meine Freunde mit deinen den Boden aufwischen. Selbst wenn du mich jetzt mit deinen Autokanonen zerlegst, bleibt also doch die Frage im Raum, wer von uns beiden der Amateur ist.“
Sie hatte den schwer beschädigten Exterminator in eine kniende Position manövriert und blickte nun genau in die drohenden Geschützläufe des Gegners.
Wieder knackte die Funkverbindung.
„Und frech wird die kleine Schlampe auch noch. Hat dir denn der Papa nicht beigebracht, dass man sich von gefährlichen Spielzeugen fern hält? Na dann muss ich das jetzt wohl nachholen. Sag gute Nacht, kleine Söldnerin.“
Die letzten Worte des Banditen gingen im lauten Kreischen eines Alarms unter, der wohl durch das Cockpit des Kampfschützen schrillte.
Kurz darauf sanken über hundert Langstreckenraketen auf spiralförmigen Flugbahnen auf die Position ihres Gegners herab und verwandelten das Umfeld des Banditenmechs in eine brodelnde Hölle feuriger Explosionsblitze. Unbarmherzig rissen die tödlichen Sprengköpfe Krater in die noch vorhandene Rückenpanzerung, detonierten weit häufiger jedoch im Inneren der weidwunden Kampfmaschine. Unter das Donnern der einschlagenden Geschosse mischte sich ein metallisches Kreischen von berstendem Metall was Genevre davon abhielt, die Augen von dem brutalen Spektakel ab zu wenden. Die letzte Salve einschlagender LSR's wurde von einer rötlichen Staubwolke verdeckt, welche den gesamten Mech einhüllte und nur kurze Lichtblitze ließen erahnen, dass auch ein Großteil dieser Waffenlast ihr Opfer gefunden hatte.
Kurz darauf zuckte eine feurige Bahn aus dem oberen Bereich der Staubwolke, auf welcher sich der gegnerische Pilot mit dem Schleudersitz in Sicherheit brachte. Die Gestalt des völlig zerschossenen Kampfschützen stürzte krachend aus den Staubschwaden zu Boden und blieb qualmend nur wenige Meter vor dem Exterminator liegen während die dichte Staubwolke sich weiter ausbreitete.
Verächtlich blickte sie zu dem gestürzten Mech hinab und verfolgte dann die Flugbahn des Banditen, bevor sie ihre eigene Maschine aus der knienden Position erhob.
„Amateur!“
Sie versuchte die Verachtung aus ihrer Stimme zu vertreiben, nachdem sie das Wort ausgestoßen hatte und öffnete den Befehlskanal der Kampfgruppe.
„Headless Horseman von Exterminator. Befehl ausgeführt. Gegnerischer Mech ist ausgeschaltet. Eigene Maschine schwer beschädigt aber einsatzfähig. Erbitte weitere Anweisungen.“
Mit langsamen Schritten brachte sie Ihren Mech neben das noch immer rauchende Wrack des Kampfschützen und blickte in das Tal hinab, in welchem die Schlacht zwischen den Banditen und Ihrer Kampfgruppe noch immer unvermindert tobte.
Im Zentrum lieferten sich der einhundert Tonnen schwere Mech unbekannter Bauart ihres neuen Kommandeurs zusammen mit dem Ymir einen brutalen Schlagabtausch mit dem Donnerkeil und dem Daboku der Angreifer, in dem sich keine der beiden Seiten etwas schenkte. Die Banditen hatten den überschweren Mech des Kriegers mit dem Rufnamen Headless Horseman wohl zum Primärziel gemacht und deckten diesen mit Autokanonen- und Lasersalven sowie mit einem massiven Raketenbeschuss ein. Unbeeindruckt von dem gewaltigen Feuersturm, welcher über seine Maschine tobte, antwortete der Krieger mit künstlichen Blitzen aus seinen Partikelprojektilkanonen, überschallschnellen Gausskugeln und einem dichten Hagel an Autokanonengranaten. Der Ymir schien eher einem Zuschauer in erster Reihe gleich, obwohl er sich mit seiner vollen Waffenlast an dem Gefecht beteiligte.
Auf der rechten Seite war der Ausgang der Schlacht bereits klar ersichtlich. Während die Wespe der Banditen sich einen ungleichen Schlagabtausch mit der Firebee lieferte, wurde das Streitross von den Milizmechs, dem Phoenix sowie dem Schwarzen Ritter in die Defensive gezwungen. Die begleitenden Panzer der Milizionäre machten mit den leichten Sand Devil Schwebern kurzen Prozess, ganz so wie es auch die Infanterie tat.
Auf der linken Flanke preschte gerade die Gardekavallerie hinter der Felsnadel hervor in die Reihen der noch immer vorrückenden Infanterie der Angreifer und zogen eine blutige Spur durch deren Linien. Auf den schnellen, zweibeinigen Reptilien reitend schwangen die grün uniformierten Gardisten Säbel und Sprengsätze und verbreiteten ein um sich greifendes Chaos.
Die Mechs dieser Seite beharkten sich mit schwerem Feuer und mit Schrecken musste Genevre mit ansehen, wie ein Salve aus der schweren Autokanone des Tomahawk in den Toro einschlug, dessen Frontalpanzerung aufriss und den leichten Mech mit brutaler Gewalt nach hinten umwarf.
„Exterminator von Headless Horseman. Wenn ich mich richtig entsinne, haben sie mir einen Abschuss versprochen bevor der Tanz hier losging. Der Kampfschütze geht aber auf das Konto unserer Langstreckenspezialisten. Damit schulden Sie mir einen am Boden liegenden Banditen. Ich würde es vorziehen, wenn sie mit ihrer Langstreckenbewaffnung auf der linken Flanke aushelfen könnten.“
Die Anspannung des Piloten war klar und deutlich aus seiner Stimme zu hören und wurde in kurzen Abständen von dem Donnern der Abschüsse seiner Autokanone überlagert.
Grimmig nickte Genevre.
Obwohl sie den Mann dafür hasste, so war er mit seinen Worten im Recht.
Sie schuldete der Einheit einen Abschuss.
Konzentriert zog Sie das Fadenkreuz in Ihrem Sichtfeld über den auf der anderen Talseite stehenden Tomahawk und presste den Feuerknopf der Langstreckenraketenlafette in dem Moment, in welchem der Computer die Zielerfassung bestätigte.
„Headless Horseman von Exterminator. Das mit dem Abschuss kann ich nicht versprechen, aber die linke Flanke bekommt Feuerunterstützung.“

Stöhnend erwachte Quantrill aus seiner tiefen Ohnmacht und vertrieb die roten Schleier in seinem Sichtfeld mit mehreren Lidschlägen. Sein Kopf dröhnte vor Schmerzen und er hing in den Gurten seiner Pilotenliege was bedeutete, dass sein geliebter Brandschatzer frontal auf dem Boden des Tals lag. Wie lange war er wohl besinnungslos gewesen? Die gepanzerte Sichtscheibe vor sich war, geschwächt von dem Einschlag des künstlichen Blitzstrahls, durch den Aufschlag wohl gesprungen und heiße, staubige Luft wehte durch die löchrige Panzerung seines Cockpits zu ihm herein. Das Bombardement der Verteidiger war konzentriert auf ihn gerichtet gewesen und er konnte sich erinnern, das nach dem PPK Treffer eine Gaussgeschützkugel direkt unterhalb seiner Position im Torso eingeschlagen war. Ein schneller Blick auf die Schadenanzeige bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen.
Die Kopfpanzerung des Brandschatzers war vollständig verdampft worden und nur noch interne Struktur schützte ihn vor der Gewalt feindlichen Waffenfeuers. Zusätzlich musste der Treffer seine Sensoren beschädigt haben, denn der Monitor der Zielerfassung zeigte nur ein statisches Rauschen. Weitere Schäden an der Panzerung im Bereich des Torsos wie auch der Arme vervollständigten ein katastrophales Bild des Zustandes seiner Maschine.
Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass ein Chaos verschiedener Stimmen durch die Lautsprecher an seine Ohren drang.
Stimmen, die in verschiedenen Abstufungen von gehetzt bis panisch klangen.
„Die brechen durch! Gottverdammt, die brechen hier durch! Ich bekomme jetzt auch noch Feuer von Butchers Position. Wir brauchen Unterstützung!“
Das war Roy, der Führer seiner mittelschweren Lanze. Ein erfahrener Pilot, der jetzt offensichtlich die Nerven verlor.
„Der Butcher ist ausgestiegen, du Lappen. Es kann dir keiner zur Hilfe kommen. Wir müssen uns aus dem Gefecht lösen und zurück ziehen.“
Die restlichen Worte von Ruby „Totschläger“ Dalton gingen in einem gurgelnden Schrei unter, der durch den Verbindungsabriss der Funkverbindung unterbrochen wurde.
Rückzug?
Weshalb?
Quantrill war verwirrt. Wie konnte es sein, dass seine feine Truppe gegen diesen zusammengewürfelten Haufen Söldner kein Land sah.
Entschlossen packte er die Kontrollen und lies seinen Mech aufstehen was dazu führte, dass er mit einem Mal von der Wirklichkeit wie von einem Schlag getroffen wurde.
Das Streitross von Ruby wurde von konzentriertem Feuer zusammen geschossen. Unzähligen Panzergranaten, Laserstrahlen und Raketentreffer konnte die Panzerung der Maschine nicht stand halten. Durch dieses Inferno stürmte plötzlich mit hoher Geschwindigkeit ein Schütze der Söldner durch deren Feuerposition und krachte mit einem mächtigen Rammstoß in die nur noch partiell existierende Frontalpanzerung des überschweren Banditenmechs.
Bis zu seiner Position war das protestierende Kreischen berstender interner Struktur zu hören, dem ein Erdbeben gleicher Aufschlag von 80 Tonnen Stahls folgte, während der Angreifer die Panzerungsschäden einfach weg steckte.
Die bereits schwer angeschlagene Wespe, der letzte auf dieser Flanke verbliebene Mech seiner Mordbrenner nutzte die aufwallende Staubwolke für den Versuch eines Fluchtmanövers, wurde jedoch von einer nahen Firebee gestellt. Dem mittelschweren Laser, welchen der Scoutmech mit einer glühenden Spur geschmolzener Panzerung auf dem rechten Arm des Gegners platzierte wurde mit einem schweren Depandant geantwortet, welches sich durch freiliegende Streben der Struktur brannte und den linken Arm sauber abtrennte.
Ein kläglicher Rest seiner Schweber und Infanteriefahrzeuge befand sich auf der Flucht in Richtung des Talausgangs, durch den Sie vor wenigen Minuten gekommen waren.
Im Zentrum der tobenden Schlacht hielten sich der Donnerkeil wie auch der Daboku tapfer gegen ihre schwereren Gegner, aber Dimitrios Ostwar lag bereits zertrümmert und schwarze Rauchwolken entfesselnd am Boden.
Ein gleißender Lichtblitz ließ seine Aufmerksamkeit zur rechten Flanke zucken, gerade noch rechtzeitig, um das Ableben des Vulkan zu beobachten.
Die Maschinengewehrmunition des Mechs schien einen Treffer erhalten zu haben und detonierte nun im Inneren der Maschine. Die Panzerung blähte sich auf und platzte dann wie in Zeitlupe von dem Mech. An anderen Stellen durchschlugen einzelne Projektile die Außenhülle von Innen. Eine gleißende Detonation am Rücken beendete das Leiden des Battlemechs, ließ den Torso in sich zusammen sacken und das rauchende Wrack in sich zusammen brechen.
Gerade als Qunatrill seine Kiefermuskeln anspannte um einen Com-Kanal zu den verbliebenen Teilen seiner Einheit zu öffnen, stapfte die hoch aufragende Gestalt eines unbekannten Mech Designs durch das Zentrum. Die schwere Panzerung des Gegners war rußgeschwärzt und von Einschlagskratern überzogen. An mehreren Stellen glühte noch immer geschmolzene Panzerung auf dem Rumpf, was den Piloten jedoch nicht daran hinderte, auf den Daboku zu zu marschieren.
Blankes Entsetzen packte Qunatrill, als er mit ansehen musste, wie der gegnerische Mech mit seiner massiv gepanzerten linken Armmanschette ausholte und den brutalen Schlag auf die Torsomitte des Daboku landete. Tonnen an Panzerung zerbarsten unter der Gewalt des Angriffs, während der Bandit durch eine Fehlfunktion der Elektronik auf dem Schleudersitz aus seinem Mech katapultiert wurde.
Wie ein Mahnmal erstarrte der nun führungslose Mech mitten in der Bewegung. Der mattschwarz lackierte, stählerne Alptraum hingegen wendete sich auf der Suche nach einem neuen Opfer ihm zu.
„Quantrill an Alle. Rückzug! Sofort vom Feind lösen und weg von hier.“
Ohne Computer unterstützte Zielerfassung war ein Waffeneinsatz gegen sich bewegende Ziele so gut wie aussichtslos, aber er war ein hochqualifizierter Pilot und hatte ein Talent für Improvisation.
Mit schnellen Bewegungen der Kontrollen richtete er den Torso des Brandschatzers auf den breiten Rücken des Dabokus aus und presste die Auslöser für beide Gausgeschütze, bevor er die Pedale der Sprungdüsen durch trat.
Als seine hundert Tonnen schwere Kampfmaschine sich auf superheißen Plasmasäulen über das Gefechtsfeld erhob und in Richtung des Talausgangs schwebte, schlugen beide Nickel-Eisen-Kugeln in das aufrecht stehende Wrack. Die nur dünn ausgelegte Rückenpanzerung wurde aufgerissen, während die kinetische Energie der Treffer den führungslosen Mech nach vorne kippen ließ.
Genau auf den davor stehenden Söldnermech.
Im Moment der Landung konnte Quantrill beobachten, wie beide Kampfmaschinen inneinander verkeilt zu Boden gerissen wurden.
Dann beschleunigte er seinen überschweren Mech auf Höchstgeschwindigkeit, gefolgt von dem humpelnden Donnerkeil.
Die taktische Anzeige offenbarte das ganze Ausmaß der Tragödie seiner Mordbrenner. Zwar konnte die Wespe auf der linken Flanke der verfolgenden Firebee entkommen, jedoch schlossen von der rechten Flanke nur noch die Krabbe sowie Roy's Tomahawk mit Höchstgeschwindigkeit zu seiner Position auf.
Einige wenige Schweber und Infanteriefahrzeuge vervollständigten das Bild einer chaotischen Flucht.
Damit war klar, dass ein Großteil seiner Einheit auf dem Schlachtfeld zurück blieb.
Großflächige Feuer erfüllten das Tal mit schwarzen Rauchwolken, durch welche die Silhouetten von Verwundeten taumelten.
Aber zumindest verzichteten die Söldner auf eine Verfolgung seiner zusammengeschrumpften Truppe. Für einen Tag schien ihr Blutdurst gestillt, auch wenn noch vereinzelte Salven zwischen seinen Mechs einschlugen.

Slev Selaj konnte ein frohes Seufzen nicht unterdrücken, als er auf seiner Zielerfassung die fliehenden Banditen beobachtete.
Sie hatten es geschafft.
Hatten nicht nur den Angriff der blutrünstigsten Einheit dieses Planeten überlebt, sondern auch ihren Auftrag erfüllt. Der junge Mann mit adligen regulanischen Wurzeln, dessen Familie bereits seit Jahrhunderten die heimatlichen Gefilde nicht mehr gesehen hatte wischte sich eine schweißgetränkte Strähne des schwarzen Haares aus dem Gesicht und lauschte gespannt in die Kommandofrequenz. Nach dem Ausfall Ihres neuen Kommandanten war die Kampfgruppe unschlüssig zum Stehen gekommen und harrte nun bereits einige Sekunden neuer Befehle.
„Headless Horseman von Raptor. Bitte melden. Sollen wir die Verfolgung aufnehmen?“
Die Stimme der jungen Phoenix Pilotin, welche sich bei den wenigen Treffen mit dem Namen Mia Kammerichs vorgestellt hatte wurde nur von einem statischen Rauschen beantwortet. Da ihr Mech im selben mattschwarzen Farbton gehalten war wie der des Kommandanten und der Dragoon von Danielle Andrews, vermutete Slev, dass diese drei Mitglieder seiner neuen Einheit wohl schon länger zusammen kämpften.
Endlich knackte die Verbindung und die belegte Stimme von des Kommandanten erklang.
„ Headless Horseman an Kampfgruppe. Keine Verfolgung. Ich wiederhole: Keine Verfolgung. Unsere primäre Aufgabe ist der Schutz des Landzugs. Außerdem wissen wir nicht, wohin uns der Gegner führt. Wenn sich Ziele noch in Waffenreichweite befinden, haut raus was in den Rohren ist, aber wir gehen keine Gefahr ein, an diesem Tag noch mehr Verluste einstecken zu müssen. Raptor, teilen Sie Perimeterpatroullien ein. Immer zwei Mechs. Wild Weasel, Sie beobachten den Abzug der Angreifer aus sicherem Abstand. Ich will wissen ob sie sich neu formieren, auch wenn ich es nach dieser Abreibung in Zweifel ziehen mag. Und kann mir bitte jemand helfen unter dem Wrack hervor zu kommen! Dieser verdammte Daboku ist selbst nach seinem Ableben noch anhänglich.“
Ohne auf die weiteren Befehle zu achten, prüfte Slev den Status seiner Waffen und die Entfernung zu den fliehenden Zielen. Beide Langstreckenraketenwerfer waren geladen und der gegnerische Tomahawk befand sich in der maximalen Kampfentfernung.
Entschlossen zog er das Fadenkreuz über die entfernte Gestalt des Gegners und wartete, bis seine Zielerfassung das Fadenkreuz in golden, pulsierenden Rhythmus aufblinken ließ.
Dann feuerte er beide Lafetten ab.
Auch der Exterminator feuerte seine LSR-Werfer, wie auch der Dragoon, aber nur wenige der Sprengköpfe detonierten auf dem Rücken des Brandschatzers und des Donnerkeil.
Der Großteil wirbelte in grellen Feuerbällen Staub und Geröll auf oder schlug zwischen die dahin rasenden Fahrzeuge.
Wie auch fast alle seiner Raketen.
Ein einziges Geschoss fand sein Ziel, senkte sich auf den sich schnell bewegenden Tomahawk herab und explodierte mit einem dumpfen Knall am Hinterkopf der Maschine, genau auf dem schwach gepanzerten Verbindungsstück zwischen Kopf und Torso.
Obwohl der sichtbare Schaden fast lachhaft war, erstarrte die getroffene Kampfmaschine mitten in der Bewegung und stürzte dann vornüber zu Boden.
Jubel brandete durch die Kommandofrequenz, begleitet von den aufbrausenden Glückwünschen einiger der Piloten.
Zufrieden lehnte er sich in seiner Liege zurück und entließ die Kontrollen aus seinen verkrampften Händen.
Sein erster Abschuss.
Er war sich sicher, eine Runde geben zu müssen, sobald sie nicht mehr in der Gefechtszone waren, aber das war es wert gewesen.

„Zuallererst möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich wirklich stolz auf jeden hier bin. In unserem Beruf gibt es nur wenige solcher Tage, aber durch ihr engagiertes Verhalten, ihre Standhaftigkeit und den Gehorsam in einer prekären Situation haben wir heute ein gar perfektes Blutwerk verrichtet.“
Wilhelm nahm erneut einen Schluck aus der Wasserflasche, während er in die Runde blickte.
Lächelnde Gesichter.
Die Gardekavallerie hatte seine erschöpften Piloten bei der Umgebungssicherung abgelöst und wurden von dem Ferret dabei unterstützt, was ihnen eine sichere Position und die Möglichkeit zu einer Nachbesprechung des vor wenigen Stunden beendeten Gefechts gab. Die Sonne stand tief und er hatte entschieden, die Nacht an dieser Position zu verbringen auch um den Techs Reparatur- und Bergungsarbeiten zu ermöglichen.
Die Gruppe umringte ihn im Schatten seines Charon und er konnte Stolz in den Augen eines jeden Einzelnen erkennen. Ob nun Söldner, Gardist oder Milizionär, sie alle hatten eine großartige Leistung vollbracht.
„Quantrills Mordbrenner konnten sich nicht sammeln und fliehen unseren Information zufolge noch immer mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung der Steppe. Sie haben einen Großteil Ihrer Kampfkraft eingebüßt und mussten eine ganze Menge Gerät auf dem Schlachtfeld zurück lassen. Ihr Blutzoll war hoch. So hoch, dass ich mir sicher bin, dass wir sie so schnell nicht wieder sehen werden. Und sollten sie uns irgendwann, irgendwo doch noch einmal über den Weg laufen, so wird dann die Angst auf unserer Seite stehen!“
Wieder brandete zustimmender Jubel durch die Reihen.
Dann fasste er den jungen Slev ins Auge.
„Und du bist ein wahrhafter Teufelskerl!“
Zwei schnelle Schritte brachten Wilhelm zu dem jungen, grinsenden Mechkrieger und seine grobe Hand fasste dessen Hinterkopf.
„Fällt mit einer einzigen Rakete eine Maschine. Auf maximaler Kampfentfernung während das Ziel sich mit hoher Geschwindigkeit bewegt. Ein grandioser erster Abschuss, Junge. Den male ich dir persönlich unter dein Cockpit, so wahr ich hier stehe.“
Nun griff Gelächter um sich und der junge Adlige konnte sich vor Schulterklopfen kaum noch retten, während Wilhelm weiter zu dem rothaarigen Lockenkopf ging.
„Und Sie, meine Liebe, Sie schulden mir einen Abschuss. Ich bin nicht nachtragend, aber ich vergesse nie etwas. Ansonsten ein perfektes Timing und eine gute Performance.“
Genevre Zavaletta knirschte niedergeschlagen mit den Zähnen, blickte dann jedoch vom Boden auf, direkt in seine Augen.
„Sie bekommen Ihren Abschuss, Hauptmann. Das verspreche ich.“
Die Stimme der ebenfalls jungen Dame war aufrichtig und er nickte gelassen.
„Das weiss ich, Genevre.“
Damit wand er sich an die beiden jungen Schwestern Tin und Rina Hinan und die verwundete Milizpilotin, deren Arm in einer Schlinge hing.
„Und unser Damenkränzchen auf der linken Flanke wollen wir hier nicht vergessen. Mit Maschinen die so alt sind wie Methusalem einer Übermacht an Mechs und konventionellen Kräften so lange Widerstand zu leisten ist eine hervorragende Leistung die Würdigung bedarf. Zwei Abschüsse bei nur einem eigenen Verlust ist ein gutes Ergebnis.“
Nun blieb er vor Nele Kreese stehen. Die blonde, schlacksige Milizpilotin hatte es sich auf der Fußpanzerung seiner eigenen Kampfmaschine bequem gemacht und blickte aus von Schmerzmitteln getrübten Augen zu ihm hinauf.
„Tut mir leid, Herr Hauptmann. Ich habe noch gesehen, wie der Tomahawk mich ins Visier geholt hat, aber da war nichts mehr zu machen. Mein rechter Hüftaktivator hat ohne Feindeinwirkung blockiert und die Autokanone hat mich voll erwischt.“
Lächelnd sank Wilhelm in die Hocke und fixierte die junge Dame mit seinen stahlgrauen Augen.
„Das passiert selbst dem besten Kriegern, Nele. Du hast aus liegender Position mit einem verletzten Arm den Vulkan aus dem Gefecht geschossen und das ist eine Leistung die ganz und gar zu dem heutigen Sieg passt. Mach dir keine Vorwürfe. Sollten deine Vorgesetzten einer anderen Meinung sein, wirst du in mir deinen stärksten Fürsprecher finden. Mein Wort darauf.“
Der neben der niedergeschlagenen Pilotin stehende Milizoffizier legte der Frau die Hand auf die Schulter.
„Leutnant Kreese war die zweite Ersatzpilotin für den Toro. Ihre Ausbildung ist noch nicht beendet und sie war mit der Maschine nicht vertraut. Ich werde ihre herausragende Leistung während der Kampfhandlungen in meinem Bericht erwähnen und bin mir sicher, dass dies in einer Belobigung enden wird.“
Er ignorierte die Worte genau wie die Träne, welcher der Frau über die Wange kullerte und erhob sich zu voller Größe, bevor er sich wieder dem Rest zu wand.
Der Milizoffizier hatte seine Meldung jedoch noch nicht beendet.
„Garde und Miliz haben 24 Mann verloren, siebzig sind verwundet. Zwei Fahrzeuge wurde völlig zerstört, der Rest ist mehr oder weniger beschädigt, aber gefechtsbereit. Unsere Quadmechs haben ebenfalls einiges einstecken müssen, aber auch hier besteht keine Einschränkung der Gefechtsbereitschaft.“
Aus dem Hintergrund trat der Kommandant der Gardeeinheiten, dessen grüne Uniform und jugendliches Gesicht von rotem Staub bedeckt war.
Seine Hände steckten in den Hosentaschen und der Kavalleriesäbel schlug rythmisch gegen die verdreckten, hohen Lederstiefel.
„Die Mordbrenner haben fast zweihundert ihrer Infanteristen verloren. Dazu fast dreißig Fahrzeuge. Wir haben die Leichen unserer Leute geborgen und in dem Landzug untergebracht. Für den Rest schaufeln wir Massengräber. Neununddreißig Gefangene wurden gemacht, wobei vier davon den morgigen Tag aufgrund der schweren Verletzungen wohl nicht erleben werden. Alles in Allem war dies das erfolgreichste Gefecht unserer Streitkräfte der letzten zehn Jahre. Eine wirklich erstklassige taktische Leistung, Herr Hauptmann. Meinen Glückwunsch.“
Mit einem kurzen Blick über die Schulter und einem schnellen Nicken bestätigte Wilhelm die Meldung und sah sich dann erneut in der Runde um.
„Als nächstes wird unser Mastertech ein paar Worte an euch richten. Für diejenigen, welche ihn noch nicht kennen, sein Name ist Zumwald und er liebt seine Maschinen. Ich bitte darum, ihm seine deutlichen Worte zu vergeben, welche aus eben dieser Liebe resultieren.“
Damit trat der dickbäuchige, klein gewachsene Tech in die Gruppe, dessen Overall mit Kühlmittelflüssigkeit, Ruß und rotem Staub besudelt war. Sein schwarzer Bart war verklebt und strähnig und die Glatze bildete ein Abbild seiner Kleidung.
Nach einem kurzen Blick auf den alten Comblock in seinen Händen, atmete er tief durch und warf dann tödliche Blicke in die Runde.
„So wie euch der Herr Hauptmann gelobt hat, so möchte ich euch für den Umgang mit eurem Arbeitsgerät die Ohren lang ziehen.“
Damit klemmte der Tech den Block unter seinen Arm und steckte die Hände in die Hosentaschen.
„Mit zwei Ausnahmen!“
Aus den Tiefen seiner rechten Tasche zog Zumwald zwei Dosen Bier und warf diese im Anschluss Slev Selaj und Danielle Andrews zu.
Lachend angelten die beiden Piloten die Getränke aus ihrer Flugbahn und öffneten sie unter einer Schaumfontäne sogleich um tiefe Schlucke aus den Dosen zu nehmen.
„Eure Maschinen haben keinen Kratzer erhalten. Im Namen meiner Techs möchte ich euer vorbildliches Verhalten loben und euch danken. Das Bier ist eine Tradition, welche ich aus Wilhelms alter Einheit übernommen habe. Kein Schaden an der Maschine bedeutet Trinkgenuss im Anschluss. Ausufernde Gefechtsschäden hingeben bedeuten einen Anschiss!“
Nun schlenderte der dicke Mann an den Reihen der Krieger vorbei und blickte jedem in die Augen, den er ansprach.
„Hanna Moreno, ihr schwarzer Ritter hat nur Panzerungsschäden davon getragen, obwohl sie in der vordersten Reihe mitgespielt haben. Für ein Bier reicht es nicht, aber zumindest besteht die Hoffnung beim nächsten Mal.“
Die unscheinbare Kriegerin mit den kurzen, braunen Haaren und dem nichtssagenden Outfit ohne Einheitsabzeichen nickte nur.
„Nene Kreese, ihren Toro müssen wir wohl abschreiben. Die Autokanonengranaten haben sich durch die interne Struktur gehämmert und das Gyroskop aus der Verankerung gerissen. Der Reaktor wurde ebenfalls beschädigt. Wir haben das Wrack auf den Landzug geladen. Vielleicht kann ich noch einige Teile ausschlachten, aber sie sind in jedem Fall entrechtet.“
Betroffen nickte die verwundete Frau und schien noch ein wenig mehr in sich zusammen zu sinken.
„Kommen wir zu den Hinan Schwestern und ihren Relikten aus längst vergangenen Tagen. Der von Rohr war schon vor dem Gefecht in einem erbarmungswürdigen Zustand. Nun kommen Schäden an der internen Struktur und ein zerstörter Unterarmaktivator hinzu. Reparaturzeit mindestens sechs Wochen. Der Gladiator war zwar besser in Schuss, hat aber einen Treffer in den Reaktor bekommen und fast die gesamte Panzerung eingebüßt. Acht bis zehn Wochen.“
Die schwarzhaarigen Schönheiten von Akrab bissen sich zeitgleich auf die Lippen und senkten die Blicke um denen des tobenden Mastertechs zu entgehen, dessen Stimme nun an Lautstärke gewann.
„Unser stolzer Lyraner Wyatt Calahan kennt wohl die Grenzen seiner eigenen Maschine nicht. Zu Ihrer Information, Herr Calahan, der Ymir ist alt. Sehr alt und somit sollte er pfleglich behandelt werden. Panzerung ist fast vollständig verdampft, interne Struktur an sieben Punkten beschädigt. Eine PPK zerstört und durch ihren unverantwortlichen Einsatz des Veto-Schalters sind eine ganze Menge Schaltkreise durch Überhitzung geröstet worden. Ebenfalls sechs bis acht Wochen, falls ich die Muße finde, mir die antike Verkabelung im Cockpit zu Gemüte zu führen.“
Der gutaussehende, blonde Sunnyboy schien Einspruch erheben zu wollen, ein warnender Blick von Wilhelm ließ ihn jedoch die Einwände herunter schlucken.
„Mia, dein Phönix hat ebenfalls massive Panzerungsschäden, genau wie die Firebee. Bei dieser kommen auch noch Schäden an zwei Wärmetauschern hinzu. Das bekommen wir jedoch in zwei Wochen wieder hin Pilotin Li Chang.“
Seine Stellvertreterin kannte den Mastertech schon länger als Wilhelm selbst und nickte nur stoisch, während die Muskeln der asiatischen Pilotin schuldbewusst zuckten.
„Genevre Zavaletta, ihr Exterminator hat wohl Zielscheibe für jeden verdammten Angreifer auf dem Feld gespielt. Schulteraktivator, Beinaktivator, Myomer, Panzerung. Zwölf Wochen, und das ohne Garantie.“
Kopfschüttelnd trat Zumwald vor die Pilotin des Schützen.
„Donna Ariella Martinez, ihren Namen merke ich mir. Und wenn ihre Maschine in den nächsten zehn Gefechten keinen Schaden davon trägt. Sie bekommen kein Bier. Sie steuern einen Artilleriemech verdammt. Wie kommen sie auf die blödsinnige Idee, einen überschweren Gegner zu rammen? Macht man das so, da wo sie herkommen? Panzerungsschäden an der Schulter und der Schließmechanismus der Schutzabdeckungen der rechten Lafette ist hin, wodurch den restlichen Marsch über dieser rote Mist in das System eindringen wird. Wir haben eine Plane drüber gespannt, aber viel wird das nicht helfen. Zusätzlich wurde das Ladesystem ziemlich durchgeschüttelt und benötigt nun eine grundlegende Überholung. Tolle Leistung. Vier bis sechs Wochen.“
Die temperamentvolle Kriegerin aus dem Ummayyad Caliphad fluchte auf Spanisch, bevor sie mit den Schultern zuckte.
„Es schien mir eine gute Idee zu sein, Mastertech.“
Mit verständnislosem Blick nickte der Angesprochene.
„Aha. Seien sie sich gewiss, das war es nicht. Das war definitiv keine gute Idee.“
Wilhelm stärkte sich seelisch für das nun bevorstehende, denn die wütend funkelnden Augen von Zumwald fanden zum Abschluss ihn.
Der Charon sah wirklich übel aus.
„Und was unseren großartigen Hauptmann angeht, der den wohl modernsten Mech dieser Schlacht steuerte, welcher über eine überlegenen Feuerkraft verfügt so sehen wir den Gewinner des heutigen Abends. Frontalpanzerung ist praktisch nicht mehr existent, interne Struktur an mehreren Stellen angekratzt, Sensoren schwer beschädigt und dann muss der feine Herr seinen Mech in eine Kneipenschlägerei steuern. Gausgeschütz und PPK in der betreffenden Manschette sind beschädigt. Der Sturz hat dein Gyroskop verstellt. Es muss ausgebaut und neu eingestellt werden. Munitionszuführung der Autokanone... warte, ich zeige es dir.“
Aus der zweiten Hosentasche zog der tobende Mann einen Tuch und schüttete daraus mehrere grobe Metallsplitter auf den roten Sand zu seinen Füßen.
„Du kannst von Glück reden, dass wir den zweiten Munitionsbunker nicht befüllt hatten. Die Rakete hätte die dort lagernde Munition in die Luft gesprengt und deinen Mech gleich mit. Du kannst dir vorstellen, was mit dir in deinem Cockpit passiert wäre, frapos?“
„Ja, Zumwald, ist mir klar.“
Zumindest schien die Antwort den Mastertech ein wenig zu beruhigen.
„Ich schätze, dass du für mindestens drei Monate zu Fuß gehen musst und das auch nur, wenn wir an unserem Ziel einigermaßen gut ausgestattete Wartungsanlagen vorfinden. Ich empfehle allen anwesenden Piloten meine Techs bei den Reparaturarbeiten zu unterstützen um die Zeiten vielleicht zu reduzieren. Außerdem ist es eine gute Lektion für euch besser auf das Spielzeug auf zu passen, wenn ihr es selber reparieren müsst.“
Damit zog er den Comblock wieder unter seiner Achsel hervor und blickte kritisch darauf.
„Was eure Spielkameraden angeht, so können wir den Ostwar und Vulkan wohl nur noch ausschlachten. Den Rest sprengt die Miliz, sobald wir abziehen. Bei dem Daboku bin ich mir noch nicht sicher. Der hat auch einiges einstecken müssen, hat aber Potential. Dasselbe gilt für das Streitross. Centurion, Heuschreck und Tomahawk sind in jedem Fall reparabel. Der Kampfschütze ebenfalls, wenn wir ein passendes Gyroskop finden. Das ist nämlich nur noch Schrott. Wird aber dauern und steht auf der To-Do Liste ziemlich weit hinten. Ich wünsche allen einen schönen Abend und verabschiede mich zurück an meine Arbeit.“
Damit verschwand der dickbäuchige Mastertech grimmig vor sich hin murmelnd in der aufziehenden Dunkelheit und ließ eine niedergeschlagene Gruppe Krieger zurück, di doch eigentlich allen Grund für eine eher ausgelassene Stimmung hatte.
Die ehemalige regulanische Husarin Genevre Zavaletta fand als erstes ihre Stimme wieder.
„Herrje, ist der immer so? Dann lasse ich bei dem nächsten Gefecht meine Maschine zuhause und greife den Gegner mit einem Büchsenöffner an.“
Leises Lachen durchzuckte die Gruppe, bevor Danielle Andrews nach einem Schluck aus der Dose antwortete.
„Ist er. Das ist seine Art. Aber als Tech eine ganz große Nummer. Gibt fast nichts was unsere Jungs nicht wieder zusammenflicken können. Sie murren und knurren dabei zwar aber am Ende haben wir die am besten gewartete Ausrüstung auf dem Feld.“
Nun hakte auch Wilhelm wieder ein.
„Das kann ich nur bestätigen, meine Damen und Herren. Und nun haben wir genug geredet. Einsatzbereitschaft begibt sich zu ihren Maschinen, der Rest holt sich eine Mütze voll Schlaf. Es steht uns noch ein langer Marsch bevor und es ist nicht gesagt, dass dies die letzte Konfrontation war. Und Danielle, für einen Schluck von deinem Bier wäre ich wirklich dankbar.“
Kurz starrte die Pilotin aus der Circinus Föderation auf die Dose in ihrer Hand, während die Versammlung sich aufzulösen begann.
„Tja, da muss der Herr Hauptmann das nächste Mal wohl besser auf seinen Mech achten. Tschuldigung, aber dieses Bier hier ist ganz allein für meinen Luxuskörper reserviert.“
Damit wendete sich die die ehemalige Piratin mit den langen blonden Haaren ab und stolzierte bewusst provozierend davon.
Was den jungen Slev Selaj in den Fokus von Wilhelm brachte.
„Krieger Selaj, möchten sie den Siegestrunk vielleicht mit ihrem kommandierenden Offizier teilen?“
Auch der Pilot des Katapult schien nur kurz über die Frage nachdenken zu müssen.
„Ich denke nicht, Herr Hauptmann. Aber Wasser ist eh gesünder als Bier.“
Das schallende Gelächter von Genevre Zavaletta begleitete die düsteren Gedankengänge von Wilhelm, während die Frau den Arm um ihren jungen Kollegen legte und mit ihm die immer kleiner werdende Gruppe verließ.
Schlussendlich befanden sich nur noch er und Mia am Fuß des Charon.
„Was denkst du, Wilhelm?“
Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte über das Tal, in dem unzählige Techs gerade starke Scheinwerfer über einigen der Wracks aufbauten um Bergungsarbeiten auch während der Nacht durchführen zu können.
„Sind ein paar feine Mädels und Burschen, Mia. Ob wir die zu einer Einheit geformt bekommen wird sich zeigen müssen. Was mich stört ist die Tatsache, dass ich schon wieder die Verantwortung trage. Genau das wollte ich eigentlich vermeiden.“
Fast konnte er das Lächeln auf den Zügen seiner Stellvertreterin sehen, welche hinter ihm stand. Es schien aus ihren Worten wie die nun aufflackernde Helligkeit der ersten Scheinwerfer.
„Mach dir nichts vor, Will. Dafür bist du geboren. Das ist dein Platz. Alles andere wäre eine Verschwendung.“
Damit wand sich auch seine langjährige Vertraute ab und ließ ihn mit seinen Gedanken allein.
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