The World of BattleTech
Registrierung Kalender Mitgliederliste Teammitglieder Suche Häufig gestellte Fragen Zur Startseite

The World of BattleTech » BattleTech Foren » Kurzgeschichten » Alexander Luvon - A Mercenaries Tale » Hallo Gast [Anmelden|Registrieren]
Letzter Beitrag | Erster ungelesener Beitrag Druckvorschau | Thema zu Favoriten hinzufügen
Neues Thema erstellen Antwort erstellen
Zum Ende der Seite springen Alexander Luvon - A Mercenaries Tale
Autor
Beitrag « Vorheriges Thema | Nächstes Thema »
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Alexander Luvon - A Mercenaries Tale Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Nagelring Militärakademie
Tharkad, Vereinigtes Commonwelth
8. März 3055


„Kadett Alexander Luvon, erheben Sie sich.
Diese Kommission hat festgestellt, dass durch ihr fahrlässiges Verhalten der Kadett Peter Tallbot bei einer Gefechtsübung mit scharfer Munition zu Tode kam. Ihnen konnte jedoch seitens der Kommission kein Vorsatz nachgewiesen werden. Ferner haben wir ihr Bedauern und ihre Reue zur Kenntnis genommen.
Dennoch sehen wir uns gezwungen, Sie der Militärakademie Nagelring zu verweisen und unehrenhaft zu entlassen. Ihr Battlemech wird beschlagnahmt und zur Entschädigung der Familie von Kadett Tallbot übergeben oder versteigert.
Die Anhörung ist hiermit beendet.“
Das Donnern das Gerichtshammers unterstrich das Gottesurteil.
Meine Karriere war tot. Genauso tot wie mein bester Freund. Ich weiß nicht, wie lange ich nach dem Urteil regungslos da stand, bis schließlich mein Verteidiger mir die Hand auf die Schulter legte.
„Alles in Ordnung, Mr. Luvon?“
Ich schüttelte den Kopf: „Nein.“
„Seien sie versichert, dass war das beste, was wir raus schlagen konnten.“ Er klang fast beschwörend.
Ja, wirklich das Beste. Wenn ich über meinen Vater noch politisch Einfluss nehmen würde, dann hätten wir einen schönen Skandal. Aber das meinte ich nicht. Erneut schüttelte ich meinen Kopf und murmelte ein paar Dankesworte.
Langsam drehte ich mich und schickte mit an, den Saal zu verlassen. An der Tür warteten meine Eltern. Mein Vater Charles Edward Luvon hatte den Ausdruck eines Totengräbers im Gesicht. Ich würde mir noch einiges von ihm anhören müssen. Meine Mutter schien recht glücklich zu sein, war ich doch frei. Beides berührte mich nicht sonderlich.
Im Zuschauerabteil erhoben sich gerade Peters Eltern. Sein Vater, Hauptmann Bruce Tallbot, war bleich im Gesicht, die Kiefer hatte er zornig zusammengepresst. Die rot geweihnten Augen von Peters Mutter brachen mir das Herz.
Ich blieb bei ihnen stehen, unfähig beiden in die Augen zu sehen: „Mrs. Tallbot, Hauptmann Tallbot, ich finde keine Worte um ...“
„Dann halten sie einfach den Mund, Luvon.“ Sein kalter Zorn marschierte über mein bisschen Mut wie eine Kompanie Assaultmechs, trampelte ihn nieder und ersäuft ihn im dreckigen Schlamm unseres kleinen Schlachtfeldes. Angst, nein Scham übermannte mich. Meine schmalen Schultern sackten weiter hinab. Ich brauchte keinen Spiegel um zu wissen, dass mein ohnehin schon heller Teint nun käsig, ja fast kreideweiß war.
Mit meinen hellblonden Haaren musste ich den Eindruck eines Albinos vermitteln.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und blinzelte die Tränen weg, die aufzusteigen drohten. Es gab nichts mehr zu sagen. Sie wollten nichts hören und ich, ich wusste nichts zu sagen.
Selbst das Nicken zum Abschied brachte ich kaum zustanden. Dann drehte ich mich und ging zu meinen Eltern.
Vater sagte nichts. Er blickte mich nur unheilvoll an. Mutter nahm mich in den Arm. Wir gingen. So hatte ich mir meinen Abschied vom Nagelring nicht vorgestellt.
Mein Ziel hatte darin bestanden als Jahrgangs bester mit Auszeichnung zu bestehen, den Frühlingsball des Archons zu besuchen und einer glänzenden Karriere bei den Streitkräften des Vereinigten Commonwelth entgegen zu sehen.
Lanzenführer in einer der Elitetruppen der Lyran oder Donnegal Guards. In zwei Jahren zum Hauptmann, mit spätestens achtundzwanzig Oberst, die Brust voller Orden und haufenweise hübsche Töchter des tarkardschen Hochadel zu unseren Füßen.
Das hatten Peter und ich uns ausgemalt.
Nun schlich ich wie ein geprügelter Hund davon. Vater würde morgen einen Diener schicken, der meine Sachen zusammenpackte und abholte, sowie meine Uniform abgab.





Landsitz der Familie Luvon
Kontinent Bremen, Tharkad, Vereinigtes Commonwelth
17. März 3055


„Gut das du kommst.“ Hörte ich meine Mutter meinen Onkel Richard begrüßen. Katharina-Elisabeth Luvons Stimme war von Sorge gequält. „Er schließt sich seit ... seitdem er Nagelring verlassen musste in seinem Zimmer oder der Bibliothek ein. Mehrfach hat er sich auch betrunken.“
„Ich wetten Charles ist sehr diplomatisch auf Alex zugegangen oder?“ Onkel Richard trockener Sarkasmus war wie Musik in meinen Ohren.
„Du weißt doch genau, wie beide sind.“ Jammerte Mutter. „Charles so auf brausend und ...“
„Und verletzend?“ Half Richard aus.
Eine Mischung aus Seufzen und Stöhnen antwortete ihm: „Du bist doch immer so gut mit Alex ausgekommen. Könntest du nicht versuchen mit ihm zu reden, ihm zu helfen.“
„Genau aus diesen Gründen bin ich doch in diesem Haus nicht gern gesehen.“ Onkel Richard klag verletzt. Ich war überrascht. Ja, mein Vater und sein kleiner Bruder konnten nicht miteinander, aber wegen mir? Das war neu.
„Alex: Komm runter!“
Wenn sie ihren Befehlston anschlugen konnte man die beiden Luvon Brüder glatt verwechseln. Missmutig schlurfte ich die Marmortreppe hinunter, die mich ins Foyer führte.
Die Hände in den Hosentaschen, den Oberkörper zu einem Fragezeichen zusammen gekrümmt. Etwas spät für eine rebellische Phase; aber wenn nicht jetzt, wann dann?
Richard Luvon hatte wie wir alle hellblondes, fast sandfarbenes Haar. Er war muskulöser und trainierter als sein Bruder. Körperlich war er eindeutig die größere Präsenz.
Rhetorisch war er Vater unterlegen und auch vom Temperament. Ihm gingen die feinen Bewegungen ab, mit denen Charles Luvon durch die Büros und Paläste glitt. Jede Geste, jede Regung überlegt.
Richard war Soldat. Jede Bewegung präzise, wie bei einer Parade. Koordination dem Handwerk angemessen. Schneidig und in Kontext zur Uniform durchaus elegant.
So auch jetzt der Fingerzeig zur Bibliothek: „Wir haben zu reden.“
Fast Automatisch hätte ich mich in Bewegung gesetzt. Aber ich war kein Soldat mehr: „Ach, haben wir?“
Er packte mich am Arm: „Oh ja, haben wir. Der Mech, den du verloren hast. MEIN Vater zog mit ihm in die Schlacht und vor ihm sein Vater. Also abmarsch.“
Ich wurde in Richtung Bibliothek gedrückt. Dabei erhaschte ich ein Blick auf das unglückliche Gesicht meiner Mutter. Einen Augenblick sah sie so als ob sie sagen wollte, dass alles wieder gut werden.
Vor vier Tagen hatte ich ihr dafür die Tür vor der Nase zugeschlagen.
In der Bibliothek ließ er mich los und schloss die Tür: „Setzt dich bitte.“
Kurz überlegte ich erneut zu protestieren, aber diesmal war es kein Befehl. Es war eine einfache Bitte, der ich folgte.
„Es ist verdammt schade um den alten Thunderbolt.“ Er setzte sich mir gegenüber und musterte mich. „Du schläfst zur Zeit wenig und schlecht, oder?“
Ich nickte.
„Betäubst dich vorher.“
„Es hilft nicht.“ Antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Dann lass es bleiben und vor allem, wenn du dich betrinken willst, nimm nicht den guten Stoff, kauf was billiges.“
Gegen meinen Willen musste ich leicht schmunzeln. Onkel Dicks Ratschläge für ein abenteuerliches Leben.
„Und sonst?“ Fragte er und ehe ich irgendetwas antworten konnte fuhr er fort: „Er war dein Freund oder?“
„Ja.“ Brachte ich erstickt hervor.
„Deine Mom macht sich große Sorgen um dich und dein Vater sicherlich auch.“
Ich deutete zur Tür: „Sie verstehen es nicht, sie glauben, dass es weiter geht, das es besser wird. Sie sagen ich muss nach vorne blicken, aber das geht nicht. Ich habe meine Perspektive verloren, alles worauf ich Jahre lang hin gearbeitet habe ist in Rauch aufgegangen. Und dabei ist es so was von Unwichtig. Ich ... ich sollte Peters Trauzeuge werden. Er wollte in drei Monaten heiraten und er wollte Kinder haben. Doch ...“, ich schluckte, „doch nun ist er tot. Ich habe ihn getötet. Bei einer Übung und ich habe nicht mal eine Erklärung dafür, wie es dazu kommen konnte.
Ich stehe vor den Trümmern zweier Leben und ich weiß nicht warum. Ich weiß nicht weiter.“ Ich schluchzte jämmerlich. „Ich bin alleine in der Dunkelheit und es ist kein Licht mehr da ...“
Er stand von seinem Sessel auf, setzte sich zu mir aufs Sofa und nahm mich in den Arm. Ich weinte. Wie lange; ich weiß es nicht.
„Eine der ersten Lektionen“, sagte er schließlich als ich mich langsam wieder beruhigte, „als Soldat war, dass Menschen sterben. Sie sterben auf dem so genannten Feld der Ehre. Die wenigsten haben dass was wir einen Heldentod nennen. Und obwohl es schlimmeres als den Tod gibt, gibt es für Leute wie uns, wie Dich und mich nur zwei Möglichkeiten. Entweder leben wir oder wir sind tot. Wenn du den Tod suchst Alex, dann solltest du dir eine Waffe nehmen, dir ein schönes Stück Wald suchen und Schluss machen.
Du änderst damit jedoch nichts. Du machst damit nichts besser, du machst damit nichts wieder gut. du bringst nur Unglück über jene, die dich lieben.
Oder du lebst. Du gehst jeden verdammten Tag bis an dein Ende durchs Leben, hoch erhobenen Hauptes und trägst die Last die dir das Leben auf bürdet. Denn das einzige was zählt, ist dass man sich jeden Morgen im Spiegel noch selbst in die Augen blicken kann.“
„Das kann ich aber vielleicht nicht mehr.“
„Nein, vielleicht nicht. Zumindest im Moment, aber das ändert sich möglicherweise auch wieder. Vielleicht und es wird nicht einfach und die Chance zu scheitern ist groß. Auf dem Weg zu scheitern ist keine Schande. Den Weg gar nicht erst zu beschreiten schon.“
„Kein 'Es wird alles wieder gut'?“
„Ich weiß es nicht Alex. Es liegt an Dir es herauszufinden. Peter Tallbot ist tot und egal, was du machst, ihn wird es nicht mehr berühren. Er hat das einfachere Los gezogen.“
Ich starrte meinen Onkel entgeistert an.
„Würdest Du ihm etwa wünschen jetzt an Deiner Stelle zu stehen?“
„Nein, natürlich nicht, aber wesentlich besser hat er es wohl nicht getroffen.“
„Nein, sicherlich nicht. Und was willst du nun machen? Möchtest du eine Pistole haben oder eine Perspektive?“
„Welche Perspektive außer einer Pistole habe ich denn? Die FedCom-Armee sicherlich nicht mehr. Große politische Aussichten hier auf Tharkad?“
„Du hast eine fast abgeschlossene militärische Ausbildung.“
„Oh ja, ich könnte mich in der Liga Freier Welten bewerben. Kampferfahrung, ein Abschuss.“
„Alex! Klinge ich auch so, wenn ich sarkastisch bin?“ Er sah mich verwundert an.
„Ja ein wenig.“
„Dann sollte ich weniger sarkastisch zu deinem Vater sein. Aber nein, das reguläre Militär wird dich nicht mehr nehmen und auf Outreach wird man sich dein Führungszeugnis auch sehr genau angucken. Es gebe da noch Galatea.“
Richard musste über meinen Blick lachen: „Tja, wenn einem nichts mehr bleibt, bleibt einem Galatea und wenn du dir wegen einem Mech sorgen machst. Du hast die eine Hälfte des Erbes Deines Großvaters schon verprasst, da kann ich dir auch noch zweite Hälfte hinterher werfen.“

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 20.08.2010 07:57.

25.07.2010 19:37 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Sörensen Private Mechbarracks
Kontinent Bremen, Tharkad, Vereinigtes Commonwelth
19. März 3055


„Er ist alt“, merkte Alex an.
Sein Onkel nickte: „Ja, über zweihundert Jahre.“
„Und er ist kaputt.“
„Er ist nicht kaputt, er ist reparaturbedürftig und nach zweihundert Jahren würde es dir nicht anders ergehen.“
Die beiden Luvons standen vor einem etwa elf Meter hohen Orion. Der fünfundsiebzig Tonnen schwere Battlemech wirkte heruntergekommen. Teile der Bewaffnung fehlten, was vor allem am fehlenden Geschützrohr der Autokanone sichtbar wurde.
Die nicht entfernte Panzerung zeigte das Muster der Lyran Guards.
„Wo hast du den her? Und warum steht er hier rum?“
„Den hab ich mir geschossen. Gehörte sechs Generationen von Kurita-Samurais. Er ging von den Vater auf den Sohn über. Dieser Mech hat Geschichte Alex. Das solltest du zu schätzen wissen. Eigentlich sollte er aufgerüstet werden, dann bekam ich vom Oberkommando einen neuen zugewiesen. Einen neuen Mech zum testen, dieser hier ist also frei.“
„Was hast du denn für einen bekommen?“
Onkel Richard grunzte amüsiert: „Das darf ich dir nicht sagen.“
Es war auch etwas sentimentales in der Stimme meines Onkels und ich realisierte, wie viel dieser Mech ihm bedeutete.
Seine nächsten Worte waren als hätte er meine Gedanken gelesen: „Dies ist mein wertvollster Besitz. Du kannst ihn haben, für eine zweite Chance.“
Ein Ziehen machte sich in meiner Magengegend breit. Ich war gerührt. Den es war intensiver als an dem Tag, als ich den Thunderbolt meines Großvaters bekommen hatte. Dem Tag, als ich am Nagelring aufgenommen wurde.
Weder den einen noch den anderen hatte ich mir verdient. Da mein Vater und nicht mein Großvater mir den 'Bolt überreicht hatte, wurde mir damals nicht klar gemacht, welches Stück Familienhistorie auf mich überging.
Der Orion war vielleicht fünf Jahre im Besitz meines Onkels und wenige Minuten jetzt in meinem Besitz: „Ich werde versuchen dich nicht zu enttäuschen.“
„Unsinn Alex, sieh zu, dass du dich selbst nicht enttäuscht.“ Er legte mir den Arm über die Schultern und blickte zu dem Orion hoch.
„Er hat mich durch den Clankrieg gebracht. Die AK ersetzen wir durch eine anständige LBX. Dann bleibt ne Tonne übrig, die gedenke ich in ein Artemis Feuerleitsystem zu investieren. Die Wärmetauscher sind schon durch welche mit doppelter Kapazität ersetzt worden.“
„Kann ich mir die Pilotenkanzel ansehen?“
„Klar, er gehört ja schon so gut wie dir.“
Wir gingen zu dem Aufzug des Wartungsgerüstes, welches den Fünfundsiebzigtonner umgab. Während der Lift und nach oben beförderte versuchte ich so viele Details wie nur möglich von dem Orion einzufangen.
Beulen, Kratzer und Abschürfungen. Kleinigkeiten, die einem Mech Charakter gaben.
Viele Menschen glauben, dass man früher zu Zeiten des Sternenbundes eins mit seinem Battlemech werden konnten. Unter Mechkriegern ging die Legende um, dass es in ihren Reihen Krieger gab, denen es heute noch gelang. Jene Männer und Frauen, die Gegenstand unserer heutigen Legenden und Sagen sind. Gray Norton von Solaris, Justin Xiang-Allard und Morgan Kell um nur die herausragendsten unter ihnen zu nennen.
Aber wir alle, die wir einen Mech steuern, wissen, dass jede Maschine ihre Persönlichkeit hat. Geformt durch die Jahre im Dienste ihrer verschiedenen Herren. Vielleicht verstümmelt und bockig durch die Ersatzteile, die aus vielen verschiedenen Mechs stammten.
Manche vielleicht noch nicht ganz gereift, wie es bei Mechs frisch aus der Fabrik nun mal so war.
Eine Freundin, eine Studentin an der Universität von Tharkad hatte mich für diese Märchen wie sie es nannte ausgelacht.
Ich halte mich für einen gebildeten, modernen und aufgeklärten Menschen, soweit eine Aristokratie es zuließ, halte glaubte fest an diese Geschichten.
Sie waren Teil meiner Erziehung gewesen. Ein Battlemech war mehr als nur ein Ding.
Oben angekommen ließ ich Onkel Richard den Vortritt und folgte ihm zum Einstieg des Orion. Auf der linken Seite des Kopfes prangte ein Wappen. Eine goldene Harfe, deren Hauptsäule eine vollbusige Meerjungfrau war auf einem steinerblauen Wappenschild mit einem Motto: Courage ‡ Desteny ‡ Fortune.
„Sind die nicht ein bisschen groß?“ Ich wölbte mit den Händen ein paar Brüste nach.
„Du kannst Dir ans Cockpit pinseln was Du willst und wenn es ein nackter Adonis ist.“ Er öffnete die Einstiegsluke und deutete mir an voraus zugehen.
Vorsichtig stieg ich an ihm vorbei. Die Pilotenkanzel des Orion war Geräumiger als die des Thunderbolts meines Großvaters. Dafür wirkte sie weniger ordentlich verarbeitet. Nicht, dass ich den Finger darauf legen könnte, woran das nun lag.
Die Pilotenliege war alt und sehr gebracht. Mindestens dreimal neu bezogen und dennoch speckig.
Ein Teil der Konsolen musste ausgewechselt worden sein, denn sie wiesen original deutsche Beschriftungen vor. Die Übrigen alten japanischen Beschriftungen waren sauber mit deutschen überklebt worden.
Natürlich war auch der übliche Battlemech-Geruch vorhanden. Jener Schweißgeruch, den selbst langes lüften, desinfizieren, putzen und Duftbäume nicht vertrieben. Jener Geruch der sich festsetzte, wenn über Jahre hinweg Piloten im Innern des Cockpits im wahrsten Sinne des Wortes im eigenen Schweiß gesotten wurden.
„Sets dich mal hin Alex, dann komme ich rein und erkläre Dir die Besonderheiten.“ Onkel Richard zwängte sich zu mir in die für zwei Mann enge Kanzel.
Er bediente ein paar Schalter und die Computerkonsole erwachte zum Leben.
„Wie Du siehst, das meiste ist wie üblich: Dreihundertsechzig-Grad-Ansicht auf hundertachtzig gepresst, Waffenhauptkontrolle, Statusdisplay, Hilfsmonitor.“
Ja-ja, alles wie gehabt, die Einweisung dauerte dennoch drei Stunden. Aber das war zu erwarten gewesen, jeder Mech ist einzigartig.
Als Onkel Richard die Konsolen wieder abschaltete erhaschte ich einen Blick auf den Ausdruck in seinen Augen. Ich las Wehmut in den ansonsten so lebendigen Augen.
„Soll ich euch für einen Augenblick allein lassen?“
Mein Onkel blickte mich etwas verwundert an: „Hä?“
„Du möchtest Dich doch sicherlich verabschieden.“ Ich stieg von der Pilotenliege und zwängte mich an ihm vor bei auf das Wartungsgerüst hinaus.
Es dauerte eine Weile, bis mein Onkel mir folgte und so studierte ich den Mech erneut von außen. Wenn man mit ihren Legenden aufgewachsen ist, kann man sich an einem Mech gar nicht satt sehen.





Landsitz der Familie Luvon
Kontinent Bremen, Tharkad, Vereinigtes Commonwelth
4. April 3055


Es war der Abend vor meine Abreise von Tharkad. Die Umbauten an meinem Orion waren endlich beendet und die Reise nach Galatea war auch gebucht.
Die Stimmung war gedrückt. Mutter hatte dem Koch frei gegeben, um mir persönlich meine Lieblingsspeise zu zubereiten. Es gab also an diesem Abend Eierpfannkuchen nach dem Rezept meiner Großmutter mit Erdbeermarmelade.
Rolf war sicherlich nicht beleidigt, er wusste, dass ich seine Kochkunst sehr zu schätzen wusste, doch Pfannkuchen nach dem Rezept meiner Oma, die bekam er nicht hin.
Meine Mutter hingegen tat sich in der Küche unheimlich schwer und die Mädchen mussten dann unheimlich schuften um das Chaos wieder in Ordnung zu bringen, damit Rolf am nächsten Tag wieder vernünftige wirken konnte.
Wie häufig war Vater nicht zum Abendessen zugegen, irgendwelche Termine oder geschäftlichen Krisen waren ihm wohl dazwischen gekommen.
Mutter und ich aßen überwiegend schweigend. Ihre Fragen zum Zustand meines Mechs und zu Galatea beantwortete ich einsilbig.
Auch ihre Fragen zeugten nicht von großem Interesse. Wir beide hingen unseren eigenen Gedanken nach.
Nach dem Essen zog ich mich in die Bibliothek zurück und meine Mutter ins Wohnzimmer.
Ich bediente mich zwar am Whiskey meines Vaters, fand heute jedoch kaum Geschmack an dem guten Stoff.
Peter war vor nicht einer Woche beerdigt worden. Er war Postum zum Leutnant befördert worden und Nagelring hatte ihm alle militärischen Ehren zukommen lassen.
Ich war zwei Tage nach seiner Beerdigung zum Friedhof gegangen. Seine Eltern, seine Schwester und meine anderen ehemaligen Kameraden hatte mich sicherlich nicht sehen wollen oder sich gar durch meine Präsenz beleidigt gefühlt.
Wurde die Tür zur Bibliothek geöffnet. Die Grelle Flurbeleuchtung viel in das Zwielicht und ich musste Blinzeln.
„Du bist noch wach?“ Wollte mein Vater wissen.
„Bin zu aufgekratzt.“
Seine Antwort bestand aus einem Grunzen. Er schenkte sich ebenfalls ein Glas Whiskey ein und begann dann in den Regalen seiner Bibliothek zu suchen.
Es war mir fast unbegreiflich, wie jemand wie mein Vater, Mr. Penibel persönlich in seiner Bibliothek keine Ordnung hatte.
Ich nippte an meinem Whiskey und beobachtete ihn schweigend.
Schließlich fand er wohl was er suchte und setzte sich mir gegenüber. Er trank einen Schluck und stelle dann sein Glas beiseite.
„Hier, für dich.“ Er reichte mir das Buch: Dr. Ezrin Hipps - Handbook of Commercial Business.
Ich nahm das Buch und bedachte ihn mit einem fragenden Blick.
„Ach der Söldner an und für sich ist ein Geschäftsmann. Manche mehr, manche weniger. Vielleicht hilft es Dir auf Galatea.“
Ein Abschiedsgeschenk? „Danke.“
„Ich bin nicht einverstanden, dass Du nach Galatea gehst.“, begann er trocken, „Der Nagelring war eine Sache, viele Luvons hatten ihr Leben dem Militärdienst verschrieben. Aber Söldnertum, nein. Ich weiß, dass ich Dich nicht halten kann. Du bist nicht der Mann um in einer meiner Firmen anzufangen oder in die Politik zu gehen. Ich weiß, dass ich Deine Entscheidung akzeptieren muss. Und als dein Vater fühle ich mich verpflichtet, dir einen möglichst reibungslosen Start in dein neues Leben zu ermöglichen.“
Er reichte mir eine Plastiketui. Darin befand sich eine Kreditkarte der Lyranischen Handelsbank und ein Comstar-Kreditbrief.
„Du hast fast Dein gesamtes Geld für den Transfer nach Galatea ausgegeben. Dies sollte dir ermöglichen, dort alle Chancen abzuwägen und dir die Freiheit geben, dass du dich nicht gleich dem erstbesten Halunken an den Hals schmeißt.
Ich betrachtete den Inhalt des Etui ausgiebig. Es war kein Liebesdienst von ihm, es war für ihn väterliche Pflicht. Irgendwie hatte dieses Geschenk einen schalen Beigeschmack für mich. Ganz anders als das blöde Buch.
„Danke sehr, ich Danke dir vielmals. Ich werde dir das Geld bis zur letzten Krone zurückzahlen.“
Er schüttelte den Kopf: „Deine Mutter würde mich umbringen, wenn ich von dir das Geld zurück nähme.“
Ja, das würde sie wohl.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 20.08.2010 07:57.

25.07.2010 19:40 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
27. April 3055


Es war wie wenn man auf einen Menschen trifft, ihm die Hand gibt und sofort weiß: Den mag ich nicht. Man weiß häufig keinen Grund, aber es ist so.
Als ich die Rampe des Landungsschiffes Cecille herunter ging und meinen linken Fuß auf das Landefeld des Raumhafens von Galatea stellte wusste ich, dass ich diesen Planeten hassen würde.
Die warme Luft hatte mir die Kehle ausgetrocknet. Es war stickig und ich war binnen weniger Minuten klitschnass geschwitzt.
Sie schwitzen Sir -. Jemand von meinem Stand schwitzt nicht, er transpiriert. Und ich transpiriere nicht! Ja, genau.
Die Sonne stach mir in die Augen und es war als würde ich gegen eine Wand laufen.
Galatea, der Söldnerstern. Einst ein florierender Freihafen und Handelsort für die meist gefragte Ware in der gesamten Inneren Sphäre: Kampfgestählte, professionelle Berufssoldaten.
Söldner, ob in kleinen Verbänden von Lanzen oder Kompanien bis hin zu großen Einheiten wie Regimenter und ganzen Battlemechbrigaden hatten sich von Galatea in alle Himmelsrichtungen eingeschifft um unter fremder Flagge Krieg zu führen.
Dieser Planet war in den letzten dreihundert Jahren einer der reichsten im ganzen Lyranischen Commonwelth. Seit Jahrzehnten war das Geschäft auf Galatea rückläufig.
Nicht, dass niemand mehr Söldner brauchte aber die Hauptsäule des Söldnergewerbes war nun auf Outreach, jenem Planeten, den die berühmten Wolfs Dragoner von Hanse Davion zugesprochen bekamen.
Mit einem Ächzen warf ich mir meine Reisetasche über die Schulter und stapfte zum wartenden Bus. Der erste Blick machte klar, dass auch dieser keine Linderung von der Wärme entsprach.
Mein Mech würde auf einen Transportschlepper verladen und in eine Lagerhalle gebracht werden. Alles ganz unbürokratisch aber teuer.
Der Bus fuhr mich und die anderen Passagiere zum Raumhafenterminal, wo wir durch die Zollabfertigung mussten. Im Vergleich zu den Planeten, die ich bisher besucht hatte, war der Zoll auf Galatea ein Witz.
Das Interesse an meinem Mech war natürlich groß, nur komisch erweise eher von privater Seite, als irgendwie zoll- oder sicherheitstechnisch.
Der Zöllner versicherte mir, dass ich mit einem upgegradeten Orion keinerlei Schwierigkeiten haben werde hier auf Galatea eine Anstellung zu bekommen.
Zum Glück konnte ich vor dem Raumhafen ein Taxi mit Klimaanlage ergattern und bat den Fahrer mich zum Pera Palas Hotel zu fahren.
Während der Fahrt hörte ich dem Fahrer mit seiner Mischung aus Englisch und schottischem Gällisch nur mit einem Ohr zu und achtete lieber auf die Straße.
Die Menschenmassen, die sich in Galaport herum trieben erstaunten mich doch etwas. Die Geschichten über Galatea deuteten an, dass das Söldnergewerbe hier seit Jahren rückläufig sein sollte. Da stellte sich mir die Frage, was war hier nur früher los?
Die meisten Leute, Männer wie Frauen, liefen in paramilitärischer Kleidung herum. Meist waren nur einzelne Kleidungsstücke, entweder Hose, Hemd oder Jacke, in Tarnmustern gehalten. Dazu kam eine bunte Ansammlung von Einheitsabzeichen.
Uniformen in welcher Art und Weise auch immer waren selten. Räuberzivil war eindeutig in Mode, dieses Jahr auf Galatea.
Genauso wie jede Menge an Handfeuerwaffen. Es schien als wenn jeder, wirklich jeder auf den Straßen Galaports eine Waffe mit sich führte, mindestens eine Pistole.
Ich blickte auf das Namensschild meines Fahrers: „Hey, MacCullom!“
„Aye?“
„Kennen Sie ein vernünftiges Waffengeschäft hier?“
„Aye, soll ich da vorbeifahren?“
„Ja, bitte.“
Je mehr ich von Galatea sah, desto mehr freute ich mich, dass ich das gescheiterte Experiment 'Verwegener Vollbart' rechtzeitig vor Galatea abgebrochen hatte.
Bei all den düsteren Gestalten hätte sich das bisschen Pfirsichflaum, das sich auf der dreiwöchigen Reise von Tharkad her gebildet hatte, als äußerst lächerlich erwiesen.
Wir hielten in einer schmalen Gasse vor einem unscheinbaren Geschäft, über dessen Fensterfront in schlichten aber eleganten Lettern der Name Seidel stand.
Ich drückte dem Fahrer zwanzig Kronen in die Hand: „Warten Sie bitte.“
„Aye, Ladd.“
Der Laden war altertümlich eingerichtet und eine Glocke läutete, als ich die Tür öffnete und hinter mir schloss.
Eine hufeisenförmige Theke dominierte das Geschäft. Dahinter waren verschlossene Schränke, die verschiedene Gewehre und auch große Klingenwaffen beinhalteten.
Die Auswahl reichte von Schrotflinten über Jagdgewehre bis hin zu Sturmgewehren. Es hingen Katanas neben Paradesäbeln. Die Theke besaß eine Glasoberfläche, unter der Pistolen und Revolver verschiedenster Fabrikationen lagen.
„Einen Augenblick bitte“, hörte ich hinter einem Vorhang, der den Verkaufsraum von weiteren Räumlichkeiten abtrennte.
Ich brauchte wirklich nicht lange zu warten, da schob ein älterer Mann vom Typ Buchhalter den Vorhang beiseite und kam in den Verkaufsraum. Hinter dem Vorhang wurde kurz eine Werkstatt sichtbar.
„Guten Tag junger Mann“, begrüßte mich der Verkäufer und musterte mich interessiert, „sie suchen etwas für die Jagd?“
„Nein, eher etwas Marke Ordonnanzwaffe.“
Er nickte: „Ja, verstehe. Etwas einfaches oder etwas ausgefallenes? Projektil oder Laser?“
„Etwas zuverlässiges, schnörkellos, hum ... aber elegant.“ Ich betrachtete die Pistolen unter der Glasdecke der Theke.
Der Verkäufer öffnete eine der Schubladen und legte vor mir ein paar Waffen aus: „Der Mauser und Gray Nadler ist eine hervorragende Waffe, sehr zuverlässig und auf kurze Entfernung sehr wirkungsvoll gegen ungepanzerte Ziele. Darf ich fragen in wie weit sie schon Erfahrung im schießen haben?“
„Die einfache Grundausbildung“, antwortete ich, „ganz anständig auf fünfundzwanzig Meter.“
Er nickte: „Sie kommen vom Tharkad richtig? Nun, ich denke, dann wird die M&G Service ihnen sicherlich vertraut sein, Mylord.“
Ich nahm die standard Dienstwaffe der Lyranischen Streitkräfte in die Hand, zielte über den Lauf hinweg: „Haben sie etwas leichteres? Eventuell mit mehr Munition aber genauso zuverlässig?“
„Mylord, nichts ist so zuverlässig wie die Service. Aber ich habe vielleicht etwas was ihrem Geschmack entspricht.“ Die Revolver verschwanden wieder in die Vitrine.
„Sofern sie auf keinen Nachbau aus der Präraumfahrtzeit bestehen, wie sie heute bei vielen Söldnern in Mode ist, könnte ich ihnen die 3022er Arlington Executive Action empfehlen.“ Er legte eine lang läufige Pistole auf den Tresen.
Die Arlington war in einfaches schwarz gehalten, die Griffschalen waren aus dunkelbrauner Furillo Eiche. Sie hatte einfach das bestimmte Etwas, was bei mir sofort klack machte. Diese Pistole wollte ich haben.
„Sechzehn Schuss, bester Argyle Stahl, Magnaportierung um den Rückstoß zu dämpfen, fast so zuverlässig wie die M&G Service. Statistisch gesehen alle zweihundert fünfzig Schuss eine Ladehemmung, die sich durch einfaches zurückziehen das Schlittens beheben lässt.“
Er reichte mir die Arlington. Im ungeladenen Zustand war sie tatsächlich leichter als die Service. Die zusätzliche Munition würde dies sicherlich wieder weg machen.
„Wie viel soll sie kosten?“
„Siebenhundert zweiundachtzig Kronen. Im Preis inbegriffen ist ein Pflegeset. Für weitere zweihundert Kronen lege ich ihnen ein Satz Holster, zwei Magazine und fünfzig Schuss Munition mit rauf“, sein Blick wurde etwas verschwörerisch, „sie werden kaum eine bessere Waffe erhalten Mylord.“
Ich hob die Augenbraue: „Ein Satz Holster?“
„Ja, Mylord, ein militärisches Seitenholster mit Verschlusskappe und ein Schulterholster mit Trageriemen.“
Ich versuchte desinteressiert zu wirken: „Kann ich mit ihr Probeschießen?“
Der Verkäufer straffte sich etwas: „Selbstverständlich, Mylord, die Firma Seidel ist bei aller Bescheidenheit stolz auf ihren Service und auf die Qualität ihrer Produkte.“
Er führte mich in den Keller auf eine Schießbahn. Die Treppe hinunter sah ich einige Bilder von dem Verkäufer mit einigen seiner Kunden.
Erstaunt blieb ich vor einem stehen: „Der eine ist doch Morgan Kell.“
„Richtig“, erwiderte er, „der andere ist sein Bruder Patrick. Beide haben sie den Mauser & Gray Nadler bevorzugt. Eine Waffe für den extremen Nahkampf.“
Ich blickte ihn erstaunt an. Ich war über sieben oder mehr Ecken mit den Kellbrüdern verwandt, aber dieser Mann KANNTE sie: „Die haben hier eingekauft?“
Ich wurde keiner Antwort gewürdigt, er hielt mir nur die Tür zur Schießbahn auf.
Dort prüfte er die Arlington, lud sie und reichte sie mir, nachdem ich mir den Gehörschutz aufgesetzt hatte. Ich wartete, bis er sich ebenfalls Gehörschutz besorgt hatten.
Dann visierte ich das Ziel an. Erst auf zwanzig Meter.
Als er die Scheibe näher holte bestaunte ich mein Ergebnis. Die Trefferausbeute konnte sich sehen lassen. Zumindest für meine Verhältnisse.
Dann verschoss ich ein ganzes Magazin auf auf fünfundzwanzig Meter. Das Ergebnis war für mich phänomenal. Mit der G&M Service hatte ich am Nagelring nie so gut abgeschnitten.
„Sie sehen erstaunt aus, Mylord.“
„In der Tat“, antwortete ich, „eine wirklich feine Waffe.“
„Dann nehme ich an, sie möchten diese erwerben, Mylord?“
„Ja, sehr gerne“, ich wog die Arlington ehrfürchtig in den Händen.
„Möchten Sie noch irgendwelche Extras, Mylord? Vielleicht eine Gravur?“
Ich schüttelte den Kopf und gab ihm die Waffe zurück.
Wir gingen zurück in den Verkaufsraum. Dort legte er die Arlington in einen Koffer, der auch das Pflegeset beinhaltete. Anschließend kramte er in einem Schrank herum, der Waffenzubehör enthielt. Er breitete vor mir eine Auswahl an Holstern aus.
Er hielt das erste hoch: „Dies wäre die Standardausführung, für die ich wie gesagt zweihundert Kronen verlangen würde aber ich habe da noch etwas anderes für sie. Das Seitenholster aus bestem Rangerbullenleder von Gallisto. Ein Import aus der Liga Freier Welten, äußerst robust, sehr weich, fühlen sie, Mylord.“
Ich nahm das Holster entgegen und prüfte es. Die Verarbeitung war exzellent und wie er versprochen hatte sehr weich.
Natürlich nahm ich das bessere Holster und ließ mir dazu noch ein Schulterholster, eine Magazintasche und einen passenden Gürtel verpassen. Magazine und hundert Schuss Munition. Alles in allem wurde ich über tausend Kronen los. Aber ich fühlte mich nun angemessen gerüstet um auf den Straßen von Galatea zu überleben.

Als ich zurück ins Taxi stieg schlief mein Fahrer tief und fest und lieferte sich ein Lautstärkeduell mit dem Radio. Das Taxameter hatte schon astronomische Höhen erreicht.
„Hey, aufwachen.“
Der Taxifahrer grunzte und schmiegte sich verschlafen in seinen Sessel: „Na, fündig geworden Ladd?“
„Ja, eine hervorragende Beratung und nun zum Hotel.“
„Aye“, er ließ den Motor an und fuhr los.
„Wussten sie, dass dort die Gebrüder Kell eingekauft haben?“
„Klar“, antwortete MacCullom, „wo sollten die sonst einkaufen? Seidel ist das erste Haus am Platz, was Handfeuerwaffen angeht. Seine Spezialanfertigungen sind auf dem ganzen Planeten bekannt. Es ist ein Wunder, dass der alte noch nicht nach Outreach umgezogen ist. Nicht mehr viele können sich heut zu tage noch seine Preise leisten. Soweit ich weiß gibt es ein Foto vom alten Georg und den beiden Kellbrüdern.“
„Ja, aber er macht kein großes Aufhebens darum.“
Er blickte mich erstaunt über den Rückspiegel an: „Der alte Georg Seidel hat sie persönlich bedient? Man ich muss ja eine echte Berühmtheit im Taxi haben.“
Ich schüttelte den Kopf: „Er war heute wohl allein im Laden.“
„Wenn sie es sagen.“
Das Pera Palas Hotel zählte auch unter die Kategorie erstes Haus am Platz. Trotz der hitze stand ein Portier in voller Uniform und schwarzem Zylinder vor der Tür. Mit schnellen Schritten aber ohne jegwelche Eile zu erkennen zu geben war er beim Taxi und öffnete mir die Tür.
„Willkommen im Pera Palas, Mylord.“
Ein Page war schon dabei mein Gepäck aus dem Kofferraum zu räumen.
MacCullom knöpfte mir eine unerhörte Summe für die Taxifahrt ab.
„Na, dann lass Dich hier mal ordentlich windeln, Ladd“, war seine Verabschiedung.
Der Portier öffnete mir die Tür und übergab mich unauffällig an die Concierge des Hauses.
Sie war eine gut aussehende mittdreißigerin, die mit Sicherheit ein brutales Regiment über die Heerschar an Pagen ausübte. Sie begrüßte mich mit einem warmherzigen, verbindlichen Lächeln: „Lord Alexander, herzlich willkommen im Pera Palas. Ich bin Theresa, die Concierge des Hauses. Bitte kommen sie doch eben an den Empfang, ich verspreche ihnen das einchecken wird nicht viel Zeit in Anspruch nehmen.“
Der Ruf dieses Hotels war wirklich gerechtfertigt. Die große Empfangshalle war luxuriös aber nicht protzig eingerichtet. Alles war in harmonierenden Farben gehalten. Exotische Hölzer dominierten das Bild. Ich wurde empfangen wie der Archon persönlich. Das Pera Palas hatte natürlich mit meiner Reservierung ein Bild von mir erhalten und ich würde tausend Kronen gegen Sand wetten, dass jeder Angestellte des Hotels zu jeden einzelnen Gast den Namen wusste.
Die Formalitäten am Empfang waren minimal und Theresa begleitete mich persönlich auf meine Räume.
Zimmer zweiunddreißig war meins. Hinter dieser unscheinbaren Bezeichnung verbarg sich eine Art kleines Appartement aus einem Wohn- und Arbeitszimmer, einem Schlafzimmer mit einer himmelbettartigen Spielwiese und einem Badezimmer, welches sowohl eine Dusche als auch eine Badewanne mit Luftdüsen beinhaltete. Dazu kam ein großer Balkon zu den Gartenanlagen des Palas hin.
Theresa zeigte mir noch das Computerterminal im Wohnzimmer und erkundigte sich nach meinen Wünschen.
Kurz bevor sie sich zurückzog warf sie noch einen Blick auf meine Einkaufstasche von Seidel: „Mylord, hier auf Galatea ist es für uns selbstverständlich, dass einige unsere Gäste Waffen tragen aber ich möchte darum bitten, von ihrem Gebrauch in unserem Hause abzusehen.“
„Ich werde mich bemühen keinen der anderen Gäste zu erschießen“, murmelte ich der geschlossenen Tür zu und wanderte durch meine Zimmer. Der Blick zum Computer ließ mich aufstöhnen und ich beschloss die Arbeitssuche auf morgen zu verschieben und mich erstmal zu akklimatisieren.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 20.08.2010 07:58.

26.07.2010 07:26 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
2. Mai 3055


Arbeitssuche, ein Problem welches sich mir bis vor kurzem nicht erschloss. Das MercNet auf Galatea zeigte mir mehr als hundert Einheiten, die zur Zeit auf der Welt waren und sich neu gruppierten, formierten oder einfach auf Arbeitssuche waren.
Die meisten davon bestanden aus einer, manchmal auch zwei Kompanien oder sogar weniger. Für mich waren erstmal die größeren von Interesse. Jenseits der Battailonsgröße waren zur Zeit nur fünf Einheiten auf Galatea.
Ich hatte mich bei allen gemeldet und um ein Vorstellungsgespräch gebeten. Die ersten die sich interessiert zeigten waren Crawforts Chargers und ich erhielt die Einladung zu einem Treffen mit Colonel Eris Crawfort.
Wie trete ich nun dem Colonel gegenüber auf, war die Frage, die mich quälte. Sollte ich einen Anzug tragen? Ich entschied mich dagegen. Aber mich künstlich auf Söldner zu trimmen, erschien mir auch nicht der richtige Weg. Ich ließ also die Tarnklarmotten im Schrank.
Eine einfach Jeans würde es auch tun. Dazu ein möglichst helles Hemd, dass sich nicht so aufheizte. Vor allem, da ich die lederne Fliegerjacke wählte, die ich mir gestern im Hotelshop gekauft hatte.
Ich zog die Arlington aus dem Holster und überprüfte die Waffe. Danach wanderte sie zurück ins Holster, welches ich am Gürtel der Hose befestigte.
Anschließend bereitete ich zwei weitere Magazine vor, die in die dafür vorgesehene Tasche kamen.
Ein paar Springerstiefel vervollständigten das Bild.
Ich betrachtete mich im Spiegel: „Fasching mein Junge.“
In der Halle des Para Pales schien gerade Hauptverkehrszeit zu sein. Zwei Pagen rollten mit einem Wagen voller Koffer an mir vorbei.
Am Empfangstresen nickte ich Christian zu, dem dienst habenden Portier: „Ist mein Taxi schon gekommen?“
„Noch nicht, Mylord, aber es wird nicht länger als fünf Minuten dauern.“
„Gut, ich werde so lange in einigen der Zeitungen stöbern.“
„Sehr wohl, Mylord.“
Ich sah mich in einer Sitzecke nach einer geeigneten Zeitung um. Das Soldiers of Fortune Magazine erregte mein Interesse. Rhonda Snord auf auf dem Cover. Hmmm!
Bevor ich richtig zum Lesen kam erschien ein Page: „Euer Taxi ist da, Mylord.“
Ich schnippte ihm ein Trinkgeld zu und ging vor die Tür.
Der Portier an der Tür öffnete für mich das Taxi.
„Ehrich-von-Kleiber-Kaserne bitte.“
„Wird gemacht, Mista.“
Wir fuhren durch die überfüllten Straßen von Galaport. Mein Fahrer schien nicht von der gesprächigen Sorten zu sein. Ein man von dunklem Teint mit ungepflegtem Vollbart. Aus dem Radio drang laute Musik, eine Vergewaltigung für meine Ohren.
Ich konzentrierte mich auf die Stadt, die im grellen Sonnenschein an mir vorbeizog.
Wir umfuhren das Stadtzentrum mit den Hauptanwerbehallen und der Verwaltung, von dem aus sich in alle Himmelsrichtungen die schier endlosen Amüsierbetriebe, Lokale, Kneipen und Clubs ausbreiteten. Vereinzelt versetzt mit Tätovierstudios, Waffengeschäften und Erotikshops.
Der Ring um das Zentrum von Galaport schien das Lasterhafte Herz der Inneren Sphäre zu sein.
Im Norden der Stadt war der riesige Raumhafen, dem Galaport seinen Namen verdankte. Dem alten Verkehrsaufkommen im System angemessen umfasste er mehrere Hektar.
Größere Raumhäfen fand man wohl nur auf den inneren Kernwelten der Reiche und auch da nur spärlich. Im Osten, durch eine Umgehungsstraße mit dem Raumhafen verbunden befanden sich die großen Kasernen. Jene Gegend, die heute fast verwaist war, aber in den Goldenen Zeiten Galateas nur so von Militäreinheiten bevölkert war.
Dort lag mein Ziel.
Die Kasernen waren entweder nach namenhaften Söldnern benannt oder nach lyranischen Generälen. Wobei ich Erich von Kleiber in keiner der beiden Branchen unterbringen konnte.
Der Taxifahrer hielt am Haupttor. Mein Trinkgeld schien ihm zu wenig zu sein, er fuhr los, kaum dass ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.
Die Kaserne war ein einfach umzäuntes Gelände. Das Tor durch einen einfachen Fallbaum gesichert. Als ich mich dem Wachhäuschen näherte traten mehrere Uniformierte hinaus.
Sie trugen schlichte Olivfarbene Uniformen und Rangabzeichen des Sternenbundes. Alle drei hatten große dunkle Holster an der Hüfte hängen und einer trug ein Sturmgewehr in Vorhalte.
„Guten Tag, mein Name ist Alexander Luvon“, stellte ich mich vor, „Ich habe heute ein Vorstellungsgespräch.“
„Einen Augenblick bitten“, der Sergeant wandte sich an einen vierten im Wachhaus, „gib mir mal das Klemmbrett, Charly.“
„Luvon. Luvon, klingt irgendwie bekannt. Ah, hier haben wir sie. Ich lasse einen Wagen rufen und ... hm, ihre Waffe müssen sie abgeben.“
Ich nickte und trat ans Wachhäuschen heran. Die drei Wachen fächerten weiter auseinander.
Statt ihm meine Pistole zu geben öffnete ich einfach meinen Waffengurt und übergab ihm diesen komplett.
Man entspannte sich sichtlich: „Schon Kampferfahrung?“
Es war der mit dem Sturmgewehr, der fragte.
Ich schüttelte den Kopf: „Keine ernsthafte und sie?“
„Nicht in letzter Zeit“, entgegnete der Sergeant, „Seit den Clans ist es an den Grenzen der Häuser recht still geworden.“
„Wir haben auf Farpoint als letztes ein paar Schmuggler hoch genommen“, schloss sich derjenige aus dem Wachhäuschen an.
Die vier schienen über etwas Abwechslung sehr erfreut und wir plauderten bis mein Wagen eintraf. Man schien sich aus meiner Unerfahrenheit nichts zu machen.
Mich holte ein einfacher Jeep in dem gleichen Oliv der Uniformen ab. Auf der Motorhaube prangte das Einheitsabzeichen der Charger: Ein schwarzer Pferdekopf mit gekreuzten Säbel darunter auf einem gelben Wappenschild.
Wir fuhren durch ein Labyrinth von Manschaftsquartieren und Hangarbauten. Die Von-Kleiber-Kaserne war darauf ausgelegt mehrere Tausend Mann zu beherbergen.
„Brauchen Sie all die Unterkünfte?“
Mein Fahrer verneinte: „Wir haben nur knapp siebenhundert Mann aber die Kaserne war recht günstig anzumieten.“
Einige der Wartungshangar waren geöffnet und erlaubten mir einen Einblick in die Ausrüstung der Charger. Es überraschte mich nicht, dass die meisten Mechs die ich zu sehen bekam aus der mittleren Gewichtsklasse kamen.
„Uns war es wichtig vor allem ein eigenes Flugfeld für die Jäger zu haben“, ergänzte mein Fahrer.
Er trug die Abzeichen eines Corporals, schien aber gut Bescheid zu wissen. Das sprach für eine recht laxe Kommunikation innerhalb der Einheit. Oder eben für eine sehr gute.
Das Hauptgebäude stand am Nordrand des Paradeplatzes, schaffte es aber nicht angesichts der vielen Hangare die Kaserne zu dominieren. Es war wie alle anderen Wohn- und Arbeitsgebäude zweistöckig, besaß jedoch ein schräges Ziegeldach.
In der Mitte des Paradeplatzes stand ein Flaggenmast, an dem das Banner der Einheit wehte – nun heute eher schlaff im Wind hing.
Wir hielten links neben dem Hauptgebäude und mein Fahrer parkte den Jeep auf einen Parkplatz der mit Fahrbereitschaft gekennzeichnet war.
„Folgen Sie mir bitte.“
Drei mal drei Stufen hinauf und er öffnete die Tür, hielt diese jedoch nicht für mich auf, sondern ging als erster hinein. Noch bevor er das Foyer des Hauptgebäudes betreten hatte riss er sich sein Schiffchen vom Kopf und steckte es unter die linke Schulterklappe.
Er führte mich die Treppe hinauf, an verschiedenen Büros vorbei. Diese waren mit Schildern versehen, die Angaben, wem das Büro gehörte und welche Funktion er hatte.
Bei den Battailonskommandanten war noch jeweils das Einheitssymbol neben der Tür angebracht.
Es war keine große Betriebsamkeit, Chargers unterhielten sich, warfen mir abschätzende Blicke zu, ein paar grüßten meinen Fahrer.
Die Führung endete in einem großen Vorzimmer zu einem Büro. Bevor ins Vorzimmer traten klopfte der Corpral zweimal schwungvoll und trat ein: „Ich bringen Ihnen Mr. Luvon, Ma'am.“
Er sprach zu einer energisch wirkenden Frau hinter einem Schreibtisch. Sie trug die Rangabzeichen eines Lieutenant.
„Bitte nehmen Sie noch einen Augenblick platz, Mr. Luvon“, sie deutete auf einen Stuhl in einer Sitzecke, die wie das Wartezimmer in einer Arztpraxis anmutete, „das wäre dann erstmal alles, Corporal.“
„Ma'am.“ Mein Fahrer war verschwunden.
Nun musste ich doch eine ganze Weile warten und die Herrin des Vorzimmers schien sich nicht um mich zu kümmern, sondern arbeitete wie eine Biene ihren Aktenstapel ab.
Nervös blätterte ich einige alte Zeitschriften durch, die auslagen.
Die Tür zum Büro öffnete sich und zwei Leute kamen heraus. Der eine, in Uniform, war ohne jeden Zweifel Eris Crawfort. Der andere war ein Zivilist.
Sie verabschiedeten sich freundlich von einander, dann wandte sich der Colonel mir zu: „Guten Tag, Mr. Luvon, richtig?“
Ich erhob mich: „Das ist richtig, Sir.“
Er bot mir die Hand: „Kommen sie bitte herein und entschuldigen sie, dass ich sie warten ließ aber dieses Gespräch war sehr wichtig.“
„Natürlich, kein Problem, Sir.“
Er ließ mich vor in sein Büro: „Kate, könnten wir noch eine Kanne Kaffee bekommen? Sie trinken doch Kaffee oder?“
„Ja, sehr gerne, Sir.“
„Sehr wohl, Sir“, hörte ich Kate noch antworten, dann schloss Crawfort die Tür hinter uns.
Er deutete auf eine Sitzgelegenheit, bestehend aus einer großen und einer kleinen Couch sowei zwei Sesseln, die um einen niedrigen Tisch gruppiert waren.
Das Büro war geräumig und wurde von einem massiven Schreibtisch dominiert. Es war mit persönlichen Gegenständen und einigen militärischen Reliquien geschmückt.
Ins Auge stachen sowohl die Regimentsflagge, die hinter dem Schreibtisch drapiert war und drei Klingenwaffen die auf einem draconischen Schwertständer im Regal lagen: Ein Säbel, ähnlich denen im Einheitsabzeichen der Chargers, etwas was entweder ein Katana oder ein Dao war und ein europäisches Schwert, was an das Davionschwert erinnerte.
Ebenso viel ein Davion Sonnenbanner in Gold auf.
„Bitte setzen wir uns doch.“
Während ich auf einem der Sessel Platz nahm ging er noch einmal zu seinem Schreibtisch und holte sich eine Akte, aus der er meine Bewerbungsmappe hervor zog.
Ich deutete auf das Sonnenbanner: „Darf ich fragen, woher ...“
„Das ist nur ein altes Familienerbstück, mein Großvater hat es im dritten Nachfolgekrieg erhalten“, erwiderte Crawfort ungezwungen, „aber zu meinen Fragen. Luvon, sind sie zufällig irgendwie verwandt mit ...“
„Ja, zufällig, über acht oder neun ecken.“
Der ältere Söldner hob verwundert die rechte Augenbraue: „Ich hätte darauf gewettet, dass sie nein sagen. Aber gut, was macht ein Verwandter der Archon und des ersten Prinzen in meinem bescheidenen Büro.“
Er hatte also meine Akte noch gar nicht gelesen: „Ich such Arbeit, Sir. Sie möchten aber sicher eine erschöpfendere Antwort. Ich bin unter wenig rühmlichen Umständen des Nagelrings verwiesen worden. Eine Karriere bei den Streitkräften des Vereinigten Commonwealth kommt für mich nicht mehr in Frage.“
„Und was verschlägt sie nach Galatea? Mit ihren Beziehungen müsste doch ein Posten bei den Kell Hounds drin sein oder einer anderen Einheit die fest beim FedCom angestellt ist. So ehrenrührig ist ein Rauswurf aus dem Nagelring auch wieder nicht.“
Ich senkte meinen Blick und schluckt: „Das kommt immer auf den Grund des Rauswurfes an.“
Jetzt blickte er doch noch in meine Akte und las. Das Gesicht verfinsterte sich merklich.
Er beachtete seine Vorzimmerdame gar nicht, als sie den Kaffee reinbrachte. Dieser blieb unangerührt.
„Sagen sie Mr. Luvon, warum haben sie das Urteil der Kommission beigeheftet? Sie hätte mir doch irgendwelchen Scheiß erzählen können.“
„Ja, das hätte ich wohl tun können“, gab ich zu, „aber es würde doch wohl eh irgendwann herauskommen und dann wäre jegliches Vertrauensverhältnis, egal zu welcher Tiefe es gereift wäre, zerbrochen.“
Crawfort musterte mich eine ganze Weile. Mir wurde dabei unwohl und mir war klar, dass er sich ein Urteil über mich bildete.
„Ich kann ihnen keinen Job geben, Mr. Luvon“, begann Crawfort, „denn dieses Untersuchungsergebnis lässt mir zwei Möglichkeiten offen: Entweder sie haben ihren Freund eiskalt umgelegt und davon gekommen, dann haben sie einiges auf dem Kasten und werden sicherlich hier eine Anstellung finden. Aber nicht in meiner Einheit. Oder aber sie haben nicht mal das Zeug an einer Übung mit scharfer Munition teil zu nehmen, dann kann ich einfach nicht erlauben, dass sie mit meinen Jungs und Mädels in die Schlacht ziehen.“
Ich wollte ihm etwas antworten, doch er kam mir zuvor: „Sie machen zwar auf mich weder den einen noch den anderen Eindruck, aber ich kann diesen Bericht der Akademie nicht außer acht lassen. Es tut mir leid.“
Ihm war anzusehen, dass er die Wahrheit sprach. Ich erhob mich und er folgte meinem Beispiel und geleitete mich zur Tür: „Kate, die Fahrbereitschaft soll Mr. Luvon wieder zum Tor bringen und wenn sie ihm bitte ein Taxi rufen würden.“
An mich gewandt: „Ich wünsche ihnen trotzdem alles gute.“
Ich nickte und ging.

Den heutigen Abend verbrachte ich in der Tower Bar das Pera Pales. Ich ging gleich nach dem Abendessen hin. Es war zwar sehr exquisit, doch weder das Steak von einem einheimischen Pseudorind noch der Eisbecher zum Nachtisch halfen mich aufzubauen.
Ich begab mich zum hintersten Platz am Tresen, nahm mir die Schale mit dem Knabberkram und begann Erdnüsse in mich hinein zustopfen.
„Was darf ich ihnen bringen, Mylord?“ Es war ein Mann mit deutlich asiatischem Einschlag, der hinter der Bar stand. Das Namensschild auf der roten Weste wies ihn als Chow aus.
Ich betrachtete das Regal an der Wand hinter der Bar. Es war eine beeindruckende Sammlung von Alkoholika, aber wenn man dass vor hatte, was ich vorhatte gab es eine ganz klare Regel: Verschwende nicht dein Geld für guten Stoff.
„Ein Glas und eine Flasche von ihrem billigsten Whiskey.“
„Von unserem billigsten, Mylord?“
„Ja, ich glaube das sagte ich eben.“
Chow nickte und kam kurze Zeit später mit einem Whiskeybecher aus Kristall und einer Flaschen Glengarry Red Label wieder: „Darf es sonst noch etwas sein, Mylord?“
„Die Erdnüsse sind alle.“
„Sehr wohl, Mylord.“
Ich war weder so trinkfest wie einige meiner Kameraden von Nagelring oder gar wie mein Onkel Richard und so brauchte ich den ganzen Abend für die Flasche.
Ich war strahlungstechnisch jenseits von Andromeda angekommen, als die Falsche leer war und ich das Glas umgedreht auf die Theke stellte.
Niemand hatte mich den Abend über belästigt und Chow hatte fleißig immer die Erdnüsse nachgefüllt. Ich konnte mich also nicht beschweren. Abgesehen von dem Seegang der nun die Tower Bar heimsuchte.
Dies war mein erstes Bewerbungsgespräch und Eris Crawfort schien ein wohlwollender und aufschlussreicher Mann zu sein. Die Ablehnung traf mich hart.
Ich stand auf und wäre beinahe zusammengesackt. Beherzt griff ich nach dem Tresen, stolperte seitwärts und stieß zwei Barhocker um.
„T'schuldigung, Chow.“
Der Barkeeper sagte etwas, aber ich hörte nicht mehr hin. Mit langsamen, bedächtigen und ausschwenkenden Schritten verließ ich die Bar.
Ich wusste zwar nicht, wie ich mein Zimmer wiederfinden sollte, doch niemals die Hoffnung aufgeben. Und getreu diesem Motto würde ich mich morgen oder wohl eher übermorgen wieder an die Arbeitssuche machen.
Hätte ich geahnt, dass die nächsten Wochen weiterhin mit Absagen gespickt wären, wäre ich wohl zur Bar zurück gekrochen und hätte mich an der zweiten Flasche Whiskey ersoffen.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 20.08.2010 07:58.

28.07.2010 18:33 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
23. Mai 3055


Major Jack Kelly hob den Feldstecher an die Augen. Er und sein Stellvertreter standen auf einem Beobachtungsposten der Schießbahnen von Galaport. Schon früh in seiner Karriere als Söldner hatte er begriffen, dass er hier die besten Kandidaten finden konnte.
Die Schießbahnen waren ein weitläufiges Areal, an den sich noch mehr Trainingsgelände anschloss. Trotz des sich immer mehr abzeichnenden Niedergangs von Galatea waren die Trainingsgelände noch stark in Benutzung.
„Und Boone, was meinst Du?“
Der angesprochene, Captain Malcolm Boone war ein schlanker, Mann mit dunklen Haaren und Augen. Ein guter Mechkrieger und noch bessere Stratege und Taktiker. Der einzige Grund, warum Kelly ihn neben sich duldete war die absolute Ambitionslosigkeit des Feddies.
„Du meinst den Burschen in dem Orion, der durch Bahn Nummer 3 marschiert wie der Zorn Gottes?“
„Jepp“, erwiederte Kelly, „genau den meine ich.“
„Habe ich mir fast gedacht“, antwortete sein XO lakonisch, „heißt Alexander Luvon, ist vor gut drei Wochen hier eingetroffen. Hat am Nagelring studiert und ist dort rausgeworfen worden.“
„Interessant. Der Mech und der Junge wären sicherlich eine gute Verstärkung für die Commandos.“
„Glaube ich nicht“, meinte Boone.
Kelly nahm den Feldstecher herunter und blickte seine XO an: „Wie meinst Du das?“
„Er schein nicht vom Kalliber zu sein, das wir ansonsten anwerben, Skipper.“
„Was hast Du an Infos für mich?“
„Stammt von DEN Luvons ab, ist also stinkend reich. Er residiert im besten Hotel der Stadt.“
Kelly grinste böse: „Und, die Gerüchteküche abgecheckt? Natürlich nicht. Der ist geflogen, weil er einen Klassenkameraden umgelegt hat. Der Knabe ist von ganz oben gefallen, sonst wäre er nicht hier auf Galatea gelandet, bei uns im Morast. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in Mister stinkend reich genau den richtigen Kadidaten für uns haben. Außerdem bringt er einen Orion mit, eine gute Verstärkung für unsere Kampflanzen.“
Boone machte sich die geistige Notiz sich noch besser über Luvon zu informieren.
„Wie dem auch sei“, fuhr Kelly fort, „ich will mich mit dem kleinen treffen. Sieh mal zu, dass Du ein Treffen im Marauder Bill's arrangeiren kannst.“
„Klar Boss, für wann?“
„Keine Ahnung, morgen oder übermorgen. Heute abend habe ich noch was vor.“
Boone grinste wissend: „Ich werd ihn dann mal im Hangar besuchen.“

Langsam, fast bedächtig machte ich mit dem fünfundsiebzigtonnen schweren Mech den letzten Schritt zurück in die Wartungsbucht, die ich angemietet hatte.
„Galaport-Shootingrange-Controll, hier Guntrain zwo-null-drei, stehe jetzt in meiner Bucht und fahre den Reaktor herunter. Übung beendet. Wiederhole: Übung beendet.“
„Verstanden Guntrain zwo-null-drei, bestätige Übung beendet. War eine andächtige Show, die sie geliefert haben. Hat sich für mich gelohnt. Controll ende.“
Ich schüttelte den Kopf und begann den Reaktor abzuschalten. Es schien für die Leute in der Kontrolle Tradition zu sein, zu wetten, wie die Mechkrieger auf den Schießbahnen abschnitten.
Naja, mir sollte es recht sein, ich hatte endlich geschafft die Autokanone meines Orion zu justieren und nicht mehr nur noch Luftlöcher zu schießen.
Der Hilfsmonitor übertrug die Bilder der Außenkameras und die zeigten, dass sich die Wartungscrew schon über meinen Orion hermachte. Die Techs auf Galatea waren gut in Form und überprüften natürlich zuerst die Beine meines Mechs.
Ich hingegen schnallte mich los und streckte meine Gliedmaßen. Ich war durchgeschwitzt, drei Stunden im Mech hatten eindeutig ihren Tribut gefordert.
Obwohl ich auf dem Nagelring schon länger in einem Cockpit gesessen hatte, war dies anderes gewesen. Keine Ausbilder die mir über die Schulter blickten, keine strengen Sicherheitsvorschriften. Natürlich gab es für die Shootingrange Regeln, aber verglichen mit den Operations- und Einsatzrichtlienien vom Nagelring waren sie gerade zu lax.
Und noch nie hatte ich die Waffen meines Mechs so oft abgefeuert. Jeder Schuss war auf der Akademie zu protokollieren gewesen. Zu jeder Übung durfte nur die vorgeschreibene Anzahl von Schüssen abgegeben werden.
Hier hatte ich alle meine Waffen dreimal leer geschossen, gut die Munition würde mich ein kleines Vermögen kosten, aber egal.
Den Tip mich hier auf der Range quasi zur Anwerbung anzubieten hatte ich von einem Barkeeper in der Innenstadt erhalten, nachdem der Söldnermajor, mit dem ich mich getroffen hatte wieder von dannen gezogen war.
Nach und nach entfernte ich die Sensorpflaster von den Beinen und Armen, hängte die Kühlweste an ihren Platz und nahm den Neurohelm ab.
Ich war wirklich kaputt, schnappte mir meinen Seesack und kletterte aus der Luke auf das Wartungsgerüst, um mir erst dort meinen Overall überzuziehen.
Es war der graue Mechkriegerkadettenoverall, den wir auf dem Nagelring bekommen hatten.
Auf dem Wartungsgerüst wartete schon einer der Seniortechs der Schießbahn.
Sie war groß und schlank, überragte mich ein wenig und musterte mich mit sichtlichem Interesse, während ich mich vor ihr quasi umzog.
„Gute Trefferausbeute, Jockey.“
Ich nahm das Kompliment mit einem Nicken zur Kenntnis und nahm von ihre das Klemmbrett engegeben.
„Wir sehen uns die Beingelenke mal etwas genauer an“, begann sie ihren Wartungsplan vorzustellen, „die Waffen werden natürlich auch gesäubert. Die Kühlflüssigkeit ist noch relativ neu, vom Austausch der Wärmetauscher, da brauchen wir nicht ran. Aber einer der Hydraulikschleuche im rechten Oberarm macht mir sorgen, ist Ihnen da etwas aufgefallen?“
Ich überlegte kurz: „Ja, der hat etwas träge reagiert, tauschen sie ihn am besten aus.“
„Gut, dann machen wir uns mal an die Arbeit. Ich nehme an, dass soll vom Kundenkonto abgebucht werden?“
„Wie immer.“ Damit verabschiedete ich mich und kletterte das Wartungsgerüst hinunter.
„Na Kid, hast ordentlich die Fetzen fliegen lassen?“
Unten neben dem linken Fuß meines Orion wartete Willard Kean, mein Nachbar hier im Hangar. Der alte Veteran hatte wieder an seinem Scorpion herumgeschraubt.
„Wie hat sich der Junge denn geschlagen?“
Bei der zweiten Frage tätschelte er sachte das Bein meines Mechs.
„Woher wollen sie wissen, das mein Mech ein er ist?“
Er lauchte auf: „Na, ich bin schon lange genug dabei um Junge von Mädchen zu unterscheiden. Dieser hier ist eindeutig ein Junge.“
Ich blieb vor ihm stehen und schüttelte leicht den Kopf. Er sprach wieder mit dieser Überzeugung in der Stimme, die einen davon abhielt mit ihm zu diskutieren. Er wurde dann immer lauter und man hatte fast das Gefühl man läge im Streit mit dem alten Knaben.
„Hat er denn schon einen Namen“, wollte Willard wissen.
„Tja, eigentlich wollte ich ihn Hope nennen, aber jetzt wo er eine Junge ist, passt das ja nicht mehr.“
Wieder stieß er dieses bellende Lachen aus: „Doch, doch, Hope ist ein toller Name für einen Mech, auch für einen jungen.“
Ich schaute weg, damit er meinen mitleidigen Blick nicht mitbekam.
„Sind sie Luvon?“
Wir drehten uns beide um. Ich erblickte einen schlanken, hochgewachsenen Mann. Seine Aura hatte etwas bedrohliches. Er trug einfache Kleidung und dunklen Tönen, darüber eine Army-Jacke mit einem Einheitsabzeichen, dass von einer Streitaxt dominiert wurde.
Rechts trug er eine Autopistole, die tief am Oberschenkel hing, so dass der ausgestreckte Arm direkt über den Kolben baumelte.
„Ich geh dann mal wieder an Abby arbeiten“, verabschiedete sich Kean.
„Ja und sie sind?“
Er trat einen Schritt auf mich zu: „Mein Name ist Boone, mein CO möchte sie treffen.“
„Ihr CO will mich sprechen?“
„Japp, haben sie morgen oder übermorgen Zeit? Sie suchen doch nach einem Job?“
„Ja, klar und ich habe weder morgen noch übermorgen was vor.“
„Wunderbar“, sagte Boone, „dann treffen wir uns übermorgen im Marauder Bill's, ist nicht zu verfehlen, in der Allstadt.“
„Wenn sie mir jetzt nur noch sagen, von welcher Einheit sie sind und wer ihr CO ist.“
Der Kerl liebte es dramatisch.
Er tippte sich auf das Patch: „Ich bin von Kelly's Commandos und mein CO ist demnach Major Jack Kelly. Dann bis übermorgen.“
„Und wann?“
„Am späten Abend“, mit diesen Worten drehte er sich um und marschierte aus dem Hangar.
Ich packte meine sieben Sachen auch zusammen und ging in die andere Richtung davon. Nickte beim vorbeigehen nochmal Willard zu und machte mich auf zum Hotel.
Vielleicht hatte dieser Nachmittag was gebracht.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 20.08.2010 07:59.

29.07.2010 07:23 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
25. Mai 3055


Das Marauder Bill's war in der Tat nicht schwer zu finden. Ein Spassvogel hatte jedoch das B aus dem Neonschild zerschossen, so das der Laden jetzt Marauder 'ill's hieß.
Ich grinste und ging hinein.
Es war eine Kaschemme übelster Sorte und meine Mutter hätte sicherlich einen Schlaganfall bekommen, wenn sie wüsste, dass ich in solchen Läden verkehre. Oder sie hätte mir einen guten und vor allem teuren Therapeuten besorgt.
Ich beschloss also diese Seite meines Selbst vor meiner Mutter geheim zu halten.
Während ich mich nach Boone umguckte schlenderte ich zum Tresen. Dessen Oberfläche war verschmiert und es stank im ganzen Lokal nach Schweiß und verschüttetem Alkohol.
Der Barmann musterte mich kritisch: „Was solls sein, ne Milch?“
„Nur wenn sie ein sauberes Glas finden, ansonsten ein Bier aus der Flasche.“
Der Kerl neben mir kicherte los und der Barkeepber grunzte böse, holte mir jedoch eine Flasche Bier.
Unverschämte vier Kronen wechselten den Besitzer. Wenigstens war die Plörre kalt.
Langsam nippte ich an dem Bier und hielt nach Boone Ausschau, doch von dem Söldneroffizier fehlte noch jede Spur.
Also entschloss ich mich einfach an der Bar zu warten, allerdings sah ich soch meine Schwierigkeiten, mich lange an diesem Gesöff lange festzuhalten und ob ich etwas von dem anderen Zeug haben wollte, was hier so ausgeschenkt wurde, konnte ich beim besten Willen nicht sagen.
Ich stand scho eine ganze Weile an der Bar, da machte ich hinten an einem Tisch jemanden aus, der das gleiche Einheitsabzeichen an der Jacke trug wie Boone.
„Hey Barkeeper, nochmal zwei Bier.“
„Was ist kleiner, wollen wir es heute wissen?“
Wortlos schob ich ihm einen Zehner rüber und ging mit den beiden Flaschen zu dem Söldner, der anscheinend zu Kelly's Commandos gehörte.
Er guckte mistrauisch hoch, als ich an den Tisch kam: „Was willste kleiner?“
„Ich warte auf Boone.“
„Tja, ich bin nicht Boone“, antwortete er und linste auf die beiden Bier, „aber das wird sicherlich warm sein, wenn der hier eintrifft.“
„Darf ich mich setzen“, fragte ich und reichte ihm eine der Flaschen.
Er deutete auf den Platz gegenüber von ihm und nahm einen langen Zug von seinem Bier.
„Mein Name ist Alexander Luvon“, stellte ich mich vor.
Seine Antwort war ein unverständliches Grunzen. Er blickte zu einer Gruppe Damen, obwohl sie dieses Prädikat sicherlich nicht verdienten, hinüber und trank nochmal von seinem Bier und spühlte mit seinem eigenem Getränk nach.
Gut, dann eben nicht. Ich lehnte mich zurück und nippte ebenfalls an meinem Bier.
Mein neuer Freund und ich wir schwiegen uns noch eine ganze Zeit an, dann trafen zwei weitere Commandos einn.
Die beiden plauderten kameradschaftlich und der kleinere der beiden schien schon einiges intus zu haben, wenn ich seinen Gang richtig deutete. Sie kamen an unseren Tisch.
„Nabend Luvon, schön dass Sie gekommen sind“, begrüßte mich der kleinere, „darf ich mich vorstellen, Major Jack Kelly, Kelly's Commandos.“
Ich erhob mich und ergirff Kellys dargebotene Hand.
„Komm Rusty“, sagte gößere der beiden Neuankömmlinge zu dem Commando der mir bis eben Gesellschaft gleistet hatte, „der Skipper will sicherlich eben allein mit Mr. Luvon reden.“
Rusty brummte erneut und die beiden Commandos verzogen sich an die Bar.
Kelly nahm mir gegenüber Platz und orderte zwei Scotch on the Rocks. Nach meiner Bekanntschaft mit dem hiesigen Bier, würden die Rocks den so genannten Scotch auch nur aufwerten.
„Wir, das heißt Boone und ich, haben Sie auf dem Schießplatz beobachtet. Hat uns mächtig beeindruckt, was Sie da so gerissen haben.“
„Das war zwar Sinn der Sache aber trotzdem danke. Aber was ist mit Captain Boone, wollte der nicht auch dabei sein.“
Kelly war von mittlerer Größe und hatte ein breites Kreuz. Ein Bart umrahmte den Mund und war sauber getrimmt. Seine braunen Augen huschten hin und her, als würde er etwas suchen oder etwas verbergen. Die hellbraunen Haare waren in bester Mechkriegermarnier kurz geschnitten, die Schläfen waren ausrasiert.
Weder sein großes Messer, dass er rechts trug, noch die schwere Pistole, die an seiner linken Hüfte in einem Crossdraw-Holster steckte waren mir verborgen geblieben.
Der Mann rechnete mit Schwierigkeiten, selbst in der Kneipe, die er ausgesucht hatte.
Seine Kleidung war paramilitärisch gehalten.
Der Scotch kam und er erhob das Glas: „Der hatte dann heute doch noch was anderes vor. Auf uns Mechkrieger.“
„Auf uns.“
Er verzog das Gesicht, vielleicht einen Tick zu stark: „Hören Sie Luvon, ich glaube Sie und ihr Orion wären eine gute Verstärkung für meine Commandos.“
Oh, ein Jobangebot, endlich: „Was haben denn ihre Commandos zu bieten?“
„Wir sind ein kleines Battailon“, antwortete er, „mit etwas Panzerunterstützung und Infanterie. Wir sind hauptsächlich auf kleinere Raids spezialisiert. Rein und wieder raus. Dabei den Widerstand so gut es geht beschäftigen, unsere Ziele zu erledigen, vielleicht noch etwas abstauben und eviola ab zum nächsten Job.“
Ich nickte, während er sein Glas mti dem zweiten Zug leerte und ein weiteres für sich oderte: „Und was ist in Sachen bezahlung drin?“
„Ich kann Sie natürlich nicht als Offizier einstellen, Sie fangen ganz unten an. Bis zu ihrem ersten Kampfeinsatz erhalten sie siebzig Prozent des Tariefs, wenn Sie sich dann bewährt haben, erhalten Sie den vollen Tarif. Ich denke, das klingt fair.“
Ich nippte an meinem Scotch. Wie ein Schluck Entlaubungsmittel brannte der Fusel meine Kehle hinunter. Jetzt wusste ich, womit ich mich das nächste mal zukippen würde, wenn mir danach war mich zu betrinken: „Gut, damit kann ich leben. Wie steht es mit Aufstigesmöglichkeiten?“
„Es bleiben immer ein paar auf der Stecke, deren Posten dann neu besetzt werden müssen. Kämpfen Sie gut, dann werden Sie auch irgendwann nachrücken“, er nahm von der Bedienung das zweite Glas Scotch entgegen und ließ das Eis ein wenig herumwirbeln, „ich bin sicher, ihre Ausbildung wird Ihnen dabei zum Vorteil gereichen.“
„Und wie steht es um die Instandhaltung meiner Maschine“, wollte ich wissen.
„Darum kümmern sich die Techs, Gefechtsschäden werden entsprechend repariert und dem Auftraggeber in Rechnung gestellt. Schäden aus einem Duell oder so sind ihre Sache. Ich garantiere keine neue Maschine falls Sie ihre in den Sand setzen.“
Ich nickte: „Und wenn ich eine Maschine schieße?“
„Dann gibt es eine Prämie“, sein Scotch war schon wieder halb leer, „und sollten Sie tatsächlich ihre Maschine verlieren, würde ich sie weiterbeschäftigen. Wir haben einige entrechtete Mechkrieger in unseren Reihen. Die meisten Arbeiten als Techs oder als Spezialisten in anderen Bereichen.“
„Verstehe.“
„Und für Sie vielleicht am wichtigsten, Luvon, wir stellen nicht allzuviele Fragen.“
Ich überlegte kurz: „Wie meinen Sie denn das?“
Kelly schnaufte Amüsiert: „Sie wissen sicher von den Gerüchten, die um sie die Runde machen. Aber ob Sie jetzt ihren Kumpel gekillt haben oder nicht, ist für uns nicht wichtig. Ebensowenig wie das warum.“
Der Kerl wollte mich tatsächlich in seiner Einheit haben. Eigentlich sollte ich doch jetzt innerlich jubel aber diese Einstellung, weder das ob nund das warum interessierten ihn.
Tja, diejenigen, die sich Gedanken nach dem warum gemacht haben, hatten mich abgelehnt.
Doch wenn man sich irgendwann wieder in den Spiegel sehen will! Ich erhob mich: „Ich glaube, wir passen da nicht so ganz zusammen Herr Major aber danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.“
Er blinzelte überrascht und seine jovale Art schwand wie ein in den Strand gemalter Name, wenn das Meer darüber schwappte: „Du hälst Dich wohl mächtig für was besseres, Kleiner!“
Ich blickte auf ihn hinab: „Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht, ob ich etwas besseres bin als sie aber ganz ehrlich, möchte ich es auf den Versuch nicht ankommen lassen und mir die Entteuschung ersparen.“
Was dann gescha hätte ich nie vermutet. Wahrscheinlich wäre ich auch ansonsten sofort gegangen, statt seine Frage zu beantworten. Auch wenn ich, wie ich mir absolut sicher bin, eher deprimiert als herausfordernd geklungen hatte.
Kelly stand auf und schmiss mit der linken Hand den Tisch zwischen uns um und zog mit der rechten sein Messer.
Die Gläser und Flaschen flogen im hohen Bogen zur Erde. Eine der Bierflaschen zersplitterte, die andere wie auch die Gläser rollten davon. Krachend kam der Tisch auf der Platte auf.
Der Söldnerführer trat einen schritt an mich heran und versuchte das Messer in einer ausholdenden Bewegung von rechts nach links über meinen Brustkorb zu ziehen.
Adrenalin durchflutete meinen Körper. Ich wich einen halben Schritt zurück, damit er mich nicht erwischte.
Ehe ich wirklich realisiert hatte was hier geschah, griff ich mit rechts seine Messerhand und mit links packte ich das Ellbogengelenk.
Ich umfasste seine Faust und somit den Griff seines Messers. Den linken Daumen drückte ich in die Innenseite des Ellbogengelenks, während ich mit rechts das Messer kräftig in Richtung seines Oberkörpers drückte.
Ich schien den entsprechenden Druckpunkt, wie es das Kyusho Jitsu lehrt, exakt getroffen zu haben. Sein rechter Arm knickte ein und mit einem leisen Schmatzen fuhr sein Messer ihm in den Brustkorb.
Kelly riss erschrocken die Augen auf. Er schien innerhalb von Sekunden wieder nüchtern zu sein. Ich blickte ihm direkt in die Augen, als ich ihn los ließ und einen weiteren halben Schritt zurück wich. Er selbst stolperte auch nach hinten und versuchte sich mit links an dem Stuhl festzuhalten, auf dem er vor einigen Sekunden noch gesessen hatte.
Seine Beine gaben nach und er viel nach hinten über. Der Stuhl dessen Armlehne er fest umklammert hielt viel polternd um.
Es war still geworden in der Bar. Mein Blick wanderte zu den anderen beiden Commandos gegenüber. Der größere, der mit Kelly gekommen war hatte noch sein Bier in der Rechten und starrte erstaut auf seine Kommandeur. Rustys Blick wanderte langsam zu mir. Es arbeitete ungläubig in seinem Gesicht.
Ich zog meine Pistole und legte auf Rusty an, dessen Hand auch eben gerade den Kolben seiner Waffe erreicht hatte.
Der Major der Commandos kommentierte dies mit einem gurgelnden Laut.
In meinen Ohren hörte ich das Rauschen meines Pulses, untermauert durch das resslufthammerartige Dröhnen meines Herzen. An der Bar rückten die umstehenden von den beiden Commandos ab und auch hinter mir wurde Platz gemacht. Die Besucher des Bill's rechneten damit, dass noch mehr Blut floss. Ich kann es ihnen nicht verdenken, wenn Rusty sich auch nur noch ein Stückchen rührte, auch zur zuckte war er ein toter Mann.
Der mir unbekannte Commando schien komplett überrumpelt. Er war rechtshänder und trug seien Waffe am rechten Oberschenkel. Die Flasche Bier hatte er ebenfalls in der rechten Hand.
Wir drei standen keine fünf Meter voneinander entfernt.
Wenn ich erst Rusty erschoss, würde ich sicherlich auch mit dem großen fertig werden.
Rusty atmete schwer und in seinem Gesicht stand Wut geschrieben, in einem schlechten Holovid würde er versuchen mich zu erschießen. Der andere würde nach rechts springen und ebenfalls seine Waffe gegen mich erheben.
Der am Boden liegende Kelly röchelte und keuchte auf. Sein linkes Bein zuckte etwas und mit rechts versuchte er nach seinem Holster zu tasten, griff dabei jedoch immer wieder daneben.
Es war der große Commando der als erster die Stimme wiederfand: „Ich würde mir das gut überlegen, Rusty, der kleine hat eben Kelly mit dessen eigenem Messer abgestochen.“
Ich wollte darauf hinweisen, dass Kelly mich angegriffen hatte. Wollte er mich provozieren oder verunsichern?
Er legte Rusty die freie Hand auf den Waffenarm: „Lass das mal lieber.“
Langsam, ganz langsam entsprannte sich Rusty und der große stellte sein Bier auf die Theke, Griff in die Brusttasche und legte ein Bündel Kronen neben das Bier: „Ich schlage daher vor, Rusty und ich nehmen jetzt die Leiche unseres Kommandeurs und verdrücken uns einfach und Sie, Luvon verzichten darauf uns einfach so über den Haufen zu knallen.“
Irgendwie hing das nicht ausgesprochene 'wie Kelly' wie dicker Zigarrenqualm in der Luft.
Mein Blick wanderte zu dem Mann hinter dem Tresen, der eine doppelläufige in den Händen hielt und sowohl die beiden Commandos als auch mich argwönisch musterte.
Ich trat einen Schritt weiter zurück und nickte: „Okay.“
Die beiden Commandos hoben ihren ehemaligen Kommandeur auf. Rusty zog ihm das Messer aus der Brust. Dabei kam ein Schwall Blut mit. Ich musst auf mein Abendessen aufpassen.
Angespannt sah ich den beiden nach, wie sie ihren Kommandeur zwischen sich zum Ausgang trugen und holsterte Meine Pistole wieder, als sie den draußen waren.
Der Wirt blickte mich finster an und ich fischte ein Bündel Kronen aus meiner Hosentasche. Ich zählte dreihundert ab, entschied mich jedoch anders und legte das gesammte Bündel zu dem von dem mir immer noch unbekannten Commando auf die Theke und wollte dann ebenfalls zur Tür hinaus.
„Vielleicht gehen Sie hinten raus“, meinte ein schwarzer Hühne, der an der Bar gestanden hatte und die ganze Szene abschätzig gemustert hatte, „kenne genügend Leute, die jetzt einfach draußen auf Sie warten würden.“
Ich blickte den Wirt an, der gerade dabei war sein Schmiergeld abzuzählen.
„Hinter den Toiletten links, gehts nach hinten raus“, nuschelte er.
„Danke“, sagte ich eher an den schwarzen gewandt als an den Wirt und ging nach hinten hinaus.

David Hawk nippte an seinem Cuba Libre, während der junge Kerl, den sie mit Luvon angsprochen hatte nach hinten verschwand.
Das war ein wirklich interessantes Spektakel gewesen. Als der blonde Knabe herreingekommen war, hatte Hawk ihn als Möchtegern abgetan. Als reiches Bübchen auf der Suche nach dem Thrill der Nacht.
Der große Schwarze hatte schon viel gesehen. Kneipenschlägerein waren ihm alles andere als fremd. In seiner früheren Einheit war es quasi eine Art Volkssport gewesen.
Sein ehemaliger Lanzenführer hatte mal gesagt: „Ich brauche keine Pistole. Ich gehe zu einer Kneipenschlägerei, ich brauche ein Messer.“
Als der ältere sein Messer gezogen hatte, war Hawk sich sicher gewesen, dass der kleine seinen Thrill bekommen würde, um sich dann die schwarzen Verpflegungsmarken abzuholen.
So kann es gehen, nicht schlecht für einen grünen Burschen. Wobei Hawk sich sicher war, dass dieser Luvon alles andere als ein geübter Kämpfer war, trotz der guten Reflexe.
Da war etwas anderes. Etwas was viele Mechkrieger und Soldaten erst nach und nach auf dem Feld lernten. Ein seltenes Talent, ja eine Gabe: Killerinstinkt.
Er musste schmunzeln, wenn dieser Knabe die nächsten Jahre überlebte und das Rohmaterial in der Schule des Lebens zur Waffe geschmiedet werden würde ... illusorisch, der musste erstmal diese Nacht überleben.
Hawk stieß sich von der Bar ab und ging an eines der Fenster der Forderfront. Er brauchte nicht lange zu suchen. Die beiden Commandos hatten sich in die Dunkelheit zurückgezogen und warteten nur darauf, dass der kleine vorne herauskam.
Ihren Boss hatten sie auf einer nahen Bank palziert. Solche Aktionen waren auch schon in die Hose gegangen und man hatte einfach den falschen umgelegt.
„Stehen die beiden dort draußen“, wollte einer der anderen Gäste wissen. Es war noch relativ still im Bill's. Der Wirt stellte gerade wieder den umgeworfenen Tisch auf und moppte das Blut weg.
„Jepp“, antwortete Hawk.
„Selten so einen Stunt gesehen, hätte meinen Derwisch darauf verwettet, dass das Milchgesicht Gesichte ist.“
„Ich zu Anfang auch“, murmelte Hawk und ging zum Tresen zurück. Er zahlte seine Zeche und verschwand zum Hinterausgang raus.
Eisen schmiedet sich ja nun auch nicht von selbst.

Die restliche Nacht stromerte ich durch die Straßen von Galaport. Noch stundenlang ging mein Puls wie eine Dampflock. Ich hatte Kelly einfach so getötet. Ohne darüber nachzudenken. Das schien mir in letzter Zeit öffters zu passieren.
Drei JahreAusbildung schienen in der Tat an mich verschwendet. Ich hatte alle Regeln für den Nahkampf vergessen. Feldwebel Markus Höckner hätte mir mächtig Feuer unter dem Hintern gemacht. Der alte Nahkampfausbilder hatte uns eingeschärft, wenn jemand mit einem Messer auf dich losgeht: Hau ab! Lauf!
Natürlich hatte er uns die wichtigen Druckpunkte des Kyusho Jitsu gelehrt. Aber immer wieder, jedesmal hatte er darauf hingewiesen, sowas nicht bei einem bewaffneten Gegner auszuprobieren. Er und ein anderer Unteroffizier hatte uns natürlich ein paar der wirklich fortgeschrittenen Techniken vorgeführt, wenn jemand mit einem Messer auf einen los geht oder mit einer Holzlatte. Ich war damals das Testobjekt mit der Holzlatte gewesen und hatte die rudimentäre Selbstverteidgungskurse der Grundausbildung hinter mir. Höckner hatte mich innerhalb von Sekunden entwaffnet und am Boden.
Der Feldwebel praktizierte diese Form des Kampfes länger als ich lebte. Er hatte uns, wenn wir uns dafür interessieren täten die Werke eines gewissen Chris Crudelli empfohlen. Die Skipiste war für mich irgendwie verlockender gewesen.
Wäre Kelly nicht betrunken oder zumindest angetrunken gewesen, wäre ich jetzt wahrscheinlich tot.
Erst gegen halb sieben morgens war ich wieder im Pera Palas. Es hatte lange gedauert, bis ich wieder runter gekommen war, jetzt war ich einfach nur noch fertig.
Langsam hatte ich es satt wie ein Bittsteller bei irgendwelchen Cretins vorzusprechen. Tja, wenn morgen die Polizei vor der Tür steht, hat sich das Problem wohl aber erstmal erledigt.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 2 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 20.08.2010 07:59.

30.07.2010 07:39 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
26. Mai 3055

Ich erwachte am frühen Nachmittag, kurz nach zwei Uhr. Ich fühlte mich matschig, schlimmer als nach einer durchzechten Nacht. Zum Glück stand keine Polizei vor der Tür. Zumindest noch nicht.
Die nächsten Stunden zappte ich mich durch die Holovidkanäle. Auf keinem war etwas von von einer Messerstecherei im Marauder Bill's zu sehen.
Als wenn der gestrige Abend nie stattgefunden hätte. Sportmeldungen der Arenakämpfe, ähnlich denen auf Solaris, dominierten die Nachrichten.
Schließlich wandte ich mich nach Stunden des Müßigganges wieder meiner Arbeitssuche zu.
Es gab noch dutzende von Söldnereinheiten, die ich abklappern konnte.
Aber was würde es bringen, viele versuchten sich ihre ordentliche Reputation zu erhalten oder sich eine zu erringen. Bei diesen war ich nicht gern gesehen.
Dann waren da noch jene, die nur den Orion sahen und mich ohne weiteres einstellen würden. Eine Bande von Schakalen, die mich dann wohl aus der nächstbesten Luftschleuse stoßen würden, nur um sich dann beim Streit um meine Habseligkeiten gegenseitig umzubringen.
Da wären Kelly's Commandos noch eine vernünftige Alternative gewesen.
Frustiert war ich die Unterlagen vom Bett und streckte mich aus. Die Hände hinter dem Kopf gefaltet blickte ich lange an die Decke.
Von weiteren Absagen hatte ich wirklich die Nase voll. Vielleicht sollte ich mich tatsächlich bei einem der anderen Häuser bewerben, nur was hatte ich vorzuweisen außer einer fast beendeten Ausbildung? Ja, genau, einen Orion. Ich schnaufte amüsiert. Klar, das Kombinat und die Konföderation würden sich gegenseitig in Grund und Boden bieten, nur um mich einstellen zu dürfen.
Was hatte ich denn nun wirklich großartige vorzuweisen? Einen uralten Orion, meine Ausbildung am Nagelring, dessen verwiesen zu werden keine große Schande sei wie man hier so sagt und einen hochtrabenden Namen. Und das kleine Vermögen, welches mein Vater mir mitgegeben hatten verprasste ich allein schon durch meine Unterkunft.
Aber, so hatten doch meine beiden Onkel auch hier angefangen, kaum älter als ich.
Ich schnappte mir meine Jacke und mein Holster. Auf dem Weg zum Lift hätte ich beinahe einen Kellner umgerannt. Eilig kritzelte ich Notizen in einen Block.
Unten in der Halle angekommen hätte ich beinahe einen anderen Gast, einen streng wirkenden Geschäftsmann, umgerannt. Hechelnd kam ich an der Rezeption zum stehen.
Die Concierge des Hauses Theresa empfing mich mit einem warmen Lächeln: „Lord Alexander, einen angenehmen Tag wünsche ich Ihnen oder sollte ich etwa guten Morgen wünschen? Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Guten Tag“, ich holte tief Luft, „zum einen ich brauche ein Taxi.“
Sie nickte dem Portier rechts von sich zu, der sich sofort um ein Taxi für mich bemühte.
„Dann habe ich hier eine Liste zusammengestellt, mit Informationen und Unterlagen, die ich benötige. Es war sehr eilig, bitte entschuldigen Sie das Gekritzel.“
„Keine Ursache, Mylord“, wiegelte sie dienstbeflissen ab, „ich werde mich um alles kümmern. Gehe ich recht in der Annahme, dass die Gegenstände auf der Liste eilig sind?“
„Morgen Nachmittag oder übermorgen früh, sollte vollkommen reichen.“
„Sehr wohl Mylord. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“
Ich überlegte einen Moment, ob ich sie zum Essen einladen sollte, so hieß es doch in der Fachwelt, dass das Wort Nein im Sprachschatz eines Concierge nicht vorkam: „Nein, vielen Dank, das wäre erst mal alles.“
„Sehr wohl, ich glaube Ihr Taxi ist gerade vorgefahren Mylord“, sie deutete zum Eingang.
„Sehr gut, vielen Dank.“
„Einen angenehmen Tag, Mylord.“

Mein Ausflug führte mich zum großen Übungsgelände, wo ich auch meinen Orion geparkt hatte. Es war später Nachmittag und die Betriebsamkeit des Geländes nahm ab.
Zumindest außerhalb des Wartungshangars. Innerhalb ging die Arbeit für die Techs gerade erst los.
Gegenüber von meinem Stellplatz wurde gerade eine ganze Kompanie Mechs heruntergefahren und den Technikern der Halle zur Kontrolle und Wartung übergeben. Die Trebuchet, die bis gestern noch meinem Orion gegenüber gestanden hatte, war extra in die linke Nachbarbucht umgelegt geworden.
Ein Mann südländischen Typs in einem Overall der Streitkräfte der Liga Freier Welten besprach sich gerade mit einem AsTech und deutete mehrmals auf die Raketenlafette im Arm seines fünfzig Tonnen schweren Unterstützungsmechs.
Wie ich mir gedacht hatte war auch Willard Kean im Hangar. Wie so oft begutachtete er die Mechs der anderen Söldner und ich sah ihm an, dass er kurz davor war sich in das Gespräch des Südländers mit dem AsTech einzumischen.
Ich passte ihn keine drei Meter von den beiden entfernt ab: „Will, können wir einen Augenblick reden?“
Er blickte einen Augenblick überrascht: „Klar, ich will den beiden nur eben noch helfen.“
Der Blick des AsTechs zeugte von Verzweiflung, der des Ligristen von Ärger.
„Die kommen schon klar, aber ich hatte gestern das Treffen mit Jack Kelly, er hat mir auch einen Job angeboten ...“
„Hat sich schon rumgesprochen“, antwortete Kean amüsiert, „klang nach einer mächtig aufregenden Diskussion zwischen Kelly und dir. Aber mach Dir mal keine Sorgen, die Commandos dürften jetzt zu sehr mit sich selbst beschäftigt sein, um sich zu irgendwelchen Racheaktionen hinreißen zu lassen.“
Ich schluckte trocken. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie der Ligrist mich mit sichtlichem Interesse musterte.
„Aber ich glaube, noch ein Jobangebot von Typen wie Kelly kannst Du Dir in die Haare schmieren, kleiner.“
„Ja, dass habe ich mir auch schon gedacht“, gestand ich ein, „und weiter den größeren nachzulaufen, habe ich jetzt nach einem Monat hier nicht mehr die Lust zu. Ich bin am überlegen, ob ich nicht meinen eigenen Haufen gründe.“
„Haben Sie denn die finanziellen Mittel, um das länger als ein Jahr durchzustehen“, mischte sich der Ligrist ein. Als er meinen wütenden Blick bemerkte deutete er auf die Wartungsbucht und fügte hinzu: „Sie stehen hier in meiner Box und besprechen ihr Vorhaben.“
Ich versuchte ihn einzuschätzen, er war sicherlich einige Jahre Älter als ich, wahrscheinlich mehr als zehn und schon jenseits der dreißig. Er hatte den abgeklärten Blick eines Veteranen, wie ich ihn von meinen Ausbildern kannte. Sein Auftreten dem AsTech gegenüber und das Selbstvertrauen in der Stimme ließ mich ihn als Offizier klassifizieren.
„Am Geld sollte es nicht mangeln, Mister?“
„Cortez, Ramon Cortez“, er bot mir die Hand, „und Sie sind wirklich ein Sprössling der Luvonsippe?“
Ich nahm die Hand und nickte bedächtig.
„Dann sollte der finanzielle Aspekt wirklich keine Rolle spielen“, er sah mir tief in die Augen, „sollten Sie wirklich eine Einheit gründen, ich hätte Interesse.“
Kean warf ihm einen misstrauischen Blick zu und stieß mich dann an und grinste: „Teufel auch Junge, ich wäre auch dabei. Ähnlich muss es bei den Kell Hounds auch angefangen haben.“
„Du hältst das für eine gute Idee Will?“
„Klar doch“, bestätigte er, „wenn man den nötigen finanziellen Backround hat, kann man hier auf Galatea immer noch eine formidable Einheit aufstellen aber sicher.“
„Gut“, ich blickte zu Cortez und reichte ihm noch mal die Hand, „ich werde mich bei Ihnen melden.“
„Das will ich hoffen.“

Malcolm Boone schlug mit der flachen Hand auf die Theke und Fluchte ausgiebig. Da hatte sich dieser Idiot einfach von einem Jungfuchs kalt machen lassen. Und den Geschichten nach, die im Umlauf wahren hatte sich Jack einfach so und ohne ersichtlichen Grund auf diesen Luvon gestürzt.
Und hier im Marauder Bill’s hatte er eben gerade die Bestätigung vom Wirt erhalten, dass es sich genau so zugetragen hatte.
„Und jetzt“, wollte Joe Garner von ihm wissen. Der ältere Mechkrieger hielt ein Glass mit beiden Händen umschlossen. Boone hatte seinen alten Kameraden immer weiter verfallen sehen. Der letzte Versuch diesen vom Alkohol loszubekommen war kläglich gescheitert. Aber zum Glück konnte man sich im Kampf immer noch auf Garner verlassen. Noch!
„Ich wette die ersten Commandos sind schon desertiert, wenn wir zurück sind“, knurrte Boone frustriert. Er wusste dass er die Commandos nicht würde zusammenhalten können. Die beiden Kumpels von Jack würden schon dafür sorgen. Rusty intrigierte bestimmt schon gegen ihn um den Kommandeursposten. Außerdem wollte er diesen Korb an faulen Äpfeln gar nicht erben. Einzig die Schulden, die er Jack gegenüber gehabt hatte waren dafür verantwortlich, dass er in den Commandos diente. Das und die Verantwortung den harmloseren Elementen der Einheit gegenüber, wie dem zwanzigjährigen Harry Perkins etwa.
„Tja, vielleicht ist es jetzt auch an uns weiterzuziehen. Wir hauen auch ab, lassen Rusty mit dem Rest vergammeln und gründen unseren eigenen Haufen. Du bekommst das schon hin als Kommandeur.“
Boone blickte seinen Kameraden an, als sei dieser nicht ganz dicht: „Und von welchem Geld? Wie soll ich die Leute bezahlen, die Kaserne anmieten, für den Munition, Essen und Scheißhauspapier aufkommen?“
Garner zuckte die Achseln und nahm einen tiefen Zug von seinem Drink: „Naja, vielleicht sollten wir dann mit den Jungs woanders anheuern. Wenn wir mit acht, neun Mechs auf der Matte stehen, wird uns schon wer nehmen. Oder nich’?“
„Heuert doch bei dem Typen an, der Euren Boss kalt gemacht hat“, meinte der Wirt und stellte ein neues Glas vor Garner ab.
„Luvon heuert an?“
Boone drehte sich zu der neuen Stimme um. Der tiefe Bass gehörte einem mindestens zwei Meter großen Schwarzen, der am Tresen stand.
„Jepp“, bestätigte der Wirt, „ein Kumpel von mir aus dem Mechhangar, wo der kleine seine Orion untergestellt hat, rief gerade an und hat mir die Story brühwarm aufgetischt.“
„Haben Sie etwa Interesse“, wollte Boone von dem Schwarzen wissen.
Dieser musterte ihn kritisch: „Wäre das ein Problem für Sie?“
Der Captain der Commandos bemerkte, wie Garner sich links von ihm versteifte und eine Hand unter den Tresen wandern ließ. Gut.
„Nein, mich würde nur interessieren, warum. Immerhin ist der Knabe keine zwanzig Jahre alt, vom Nagelring geflogen und so.“
Der Schwarze nickte bedächtig: „Er hatte immer noch genug Selbstachtung, um sich nicht mit jemanden wie Jack Kelly einzulassen. Ohne das jetzt persönlich meinen zu wollen. Und genug Instinkt um gegen diesen am Leben zu bleiben.“
„Kein Problem“, meinte Boone, „aber so wie ich es hörte hatte Jack ganz schön was getankt.“
„Und? Hätten Sie dem kleinen zugetraut es mit ihrem Boss aufzunehmen?“
„Schenken Sie ihm noch mal nach“, der Captain deutete auf das Glas seines neuen Gesprächspartners.
Dieser blickte ihn fragend an.
„Ja, ich möchte eine kleine Gefälligkeit. Wenn Sie bei Luvon vorstellig werden, fragen Sie ihn, ob er ein Problem damit hätte, ein paar ehemalige Commandos einzustellen.“
„In Ordnung.“

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 20.08.2010 08:00.

31.07.2010 08:56 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
29. Mai 3055


Theresa hatte mir alle nötigen Unterlagen für die Gründung einer Söldnereinheit besorgt. Es war nicht viel. Galatea hatte schon immer vom Export von Söldnern gelebt und dementsprechend war es sehr einfach hier eine Truppe zu gründen. Man kontaktierte die Hiring Hall, nannte den Namen der Söldnereinheit, den eigenen Namen und Rang, ich hatte mich selbst zum Oberst befördert, zahlte eine kleine Gebühr und man wurde in die Liste aufgenommen. Man meldete sich entweder als Einsatzbereit oder als in Ausrüstung befindend an und ob man noch Leute sucht. Über die Hiring Hall konnte man auch eine Kaserne anmieten. Die MRBC von Outreach war noch nicht vertreten aber man konnte über ComStar zu dieser Kontakt aufnehmen.
Die wenigsten Söldnertruppen auf Galatea waren bei der MRBC registriert.
Als ich meine eingetragenen Einheit begutachtete stieß mir das Oberst auf, aber eine Änderung kostete natürlich erneut Gebühren und nun hieß es mit dem Geld haushalten. Ich beschloss so schnell wie möglich aus dem Pera Palas in die Kaserne umzuziehen. Zu meinem wie auch Theresas größten Bedauern.
Meine beiden ersten Mechkrieger waren Willard Kean von Donegal aus dem alten Lyranischen Commonwealth und mit vollen Namen Ramon Pauolo Esteban Cortez III. von Oriente aus der Liga Freuer Welten. Mehr wollte Cortez von sich nicht Preis geben und ich beließ es erst mal dabei.
Der nächste, der bei mir vorstellig wurde war David Hawk, der schwarze Hüne, der durch seinen Tipp mit der Hintertür wohl vor drei Tagen das Leben gerettet hatte. Ohne viele Fragen stellte ich ihn ein und da sowohl Kean als auch Cortez keinerlei Ambitionen auf einen Offiziersposten hatten wurde Hawk fürs erste mein Stellvertreter im Range eines Oberleutnant. Im Stillen rechnete ich immer noch damit, dass ich nach der endgültigen Formierung meiner Truppe mich angemessener weise zum Hauptmann herunterstufen würde oder besser sollte.
Hawk brachte eine kampfgezeichnete Wolverine mit in unsere Truppe. Wie auch Cortez gab er sich schweigsam was seine Herkunft anbelangte.
Bei Kean hingegen hatten wir das exakte Gegenteil, nach einem gemeinsamen Abendessen mit meinen neuen Leuten wussten wir übrigen fast alles über unseren Alterspräsidenten, über seine drei in die Brüche gegangenen Ehen (Margarete und den beiden Schwester Sally und Deborah), wo er aufgewachsen war (Knoxmore auf Donegal), was er am liebsten aß (Pfannkuchen mit Ahornsirup), wogegen er allergisch war (Tierhaare und Erdnüsse) und seine liebsten Hobbys (Poker und Golf).
Es war Hawk, der mich an dem Abend überraschte, er sprach für Malcolm Boone vor und ob in der Truppe Platz für ein paar ehemalige von Kelly’s Commandos war.
Nach einigem hadern und einem Meinungsaustausch mit allen dreien stimmte ich zu, mich mit Boone auf neutralem Boden zu treffen.

Die Aufregung war groß. Die Mechkrieger und Techs, die Malcolm Boone um sich gescharrt hatte, hatten allesamt die Schnauze voll von den Commandos und wollten ganz sicher nicht unter dem Kommando von Ronnald „Rusty“ Payson dienen.
„Du meinst allen ernstes, wir sollten uns bei diesem Luvon bewerben“, wollte Antonia 'Toni' Lombardi wissen.
„Hört mal Leute“, meinte Boone und blickte die zwanzig Leute an, Mechkriger, Techs und Medics, „ich weiß ihr seid skeptisch und das mit recht und ich glaube auch nicht, dass dieser Luvon ein Allheilmittel darstellt. Aber die Vorteile liegen auf der Hand: Er stammt von den Luvons an, DEN Luvons, d.H. er ist stinkreich, kann sich also eine Söldnertruppe leisten, er hat beste Kontakte, verdammt, er ist ein Neffe Morgan Kells, er hat bestimmt Zugang zur Ire Battlemechfabrik auf Arc Royal und somit keine Nachschubsorgen. Ich wette der bekommt einfach so einen netten kleinen Garnisionskontrakt. Wir werden die nächsten Jahre keine Kampfeinsätze haben und von allen Vorteilen des Burschen profitieren. Unsere Maschinen werden überholt, wir bekommen die nötige Auszeit zum trainieren und erholen. Und nach Ende des ersten Kontraktes, wer weiß wenn es uns nicht gefällt, ziehen wir wieder von dannen.“
„Aber ein oder zwei Jahre unter so einem Hampelmann dienst tun“, jammerte Damon Halcyon.
Bevor Halcyon sich in seine Beschwerden reinsteigern konnte wurde er unterbrochen: „Mal, Du alter Fuchs. Du willst doch nur an den Bengel rankommen um ihn zu entführen.“
Der Sprecher war Gerome Hutch, ein Phönix Hawk Pilot und Schwätzer: „Du willst seine Eltern ganz eiskalt abkochen und uns vor vollendete Tatsachen stellen. Das ist genial. Anheuern, entführen und Reibach machen. Darum wollte Kelly den kleinen doch auch einstellen, richtig?“
„Hutch.“
„Man, dass ich nicht sofort darauf gekommen bin, als Kelly mit dem Kerl anfing ...“
„Hutch!“
„Und jetzt wo Rusty den starken Mann machst, denkst Du dir, den Reibach zu vergrößern, durch Verkleinerung der Einheit, Du Genie Du.“
„HUTCH!“
Endlich verstummte der Phönix Hawk Pilot und blickte Boone erstaunt an: „Was'n?“
„Ich habe kein Bock mehr auf Kelly's krumme Touren, also werde ich die Chance nutzen und wieder ein vernünftiger Söldner werden. Wenn Dir das nicht passt, kannst Du ja gerne zu Rusty gehen.“
„Was? Zu dem Spinner“, Hutch schüttelte den Kopf, „der is' voll Gaga. Der war kurz davor Grace umzulegen, weil die ihn wohl verkehrt angeguckt hat. Was meinst Du wohl, warum Grace schon den Schuh gemacht hat.“
„Also, kann ich für uns gemeinsam bei Luvon vorsprechen oder will wer einen anderen Weg einschlagen oder hat wer einen anderen Vorschlag?“
Nach und nach schüttelten seine Leute um ihn herum den Kopf oder verneinten.
„Gut“, Boone richtete sich auf, „dann werden wir uns also für mindestens einen Auftrag bei dem kleinen verpflichten, falls er ehemalige Commandos haben will.“
„Glaubst Du denn er könnte ablehnen“, wollte Halcyon wissen.
„Wenn ich ihn neun Mechkrieger und elf Mann Unterstützungspersonal anbiete, wohl kaum. So einen dämlichen Eindruck hat er auf mich nicht gemacht.“


Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
2. Juni 3055


Ich betrat das O'Bannons Kitchen, ein kleines rustikales Restaurant in der Allstadt von Galaport.
Es war recht ansprechend eingerichtet. Eine lange hölzerne Theke, runde Tische und Ecknieschen. Die Bilder an den Wänden zeigten zu meist Soldaten. Es waren Angehörige von O'Bannons Ironskins, deren Regimentsflagge über dem Thresen hing.
In einer der hinteren Ecken sah ich Hawk zusammen mit Malcolm Boone und einem weiteren Mann sitzen. Weder Boone noch der andere trugen irgendwelche Abzeichen die darauf hindeuteten, dass sie jemals bei Kelly's Commandos gedient hatten.
Als sie auf mich aufmerksam wurden, fing der Unbekannte an zu reden: „Verdammt Boone, das kann nicht dein Ernst sein. Der Bengel sollte noch die Schulbank drücken und nicht Söldner ins Gefecht führen. Gottverflucht, ich habe Kinder, die sind älter als der.“
Ich blieb vor dem Tisch stehen und musterte den dritten. Seine Erscheinung war ungepflegt: Die Haare struppig, das Kinn unrasiert und unter den Fingernägel hatte sich Dreck festgesetzt.
„Darf ich vorstellen, Oberst Alexander Luvon“, mit Boones Davionakzent klang das Oberst verdammt witzig, „dies ist George Riker, ehemaliger Mastertech der Commandos.“
„Herr Riker.“
Hawk rutschte auf der Bank ein Stück weiter und ich setzte mich Boone gegenüber: „Kommen wir zum Kern der Sache, warum sollte ich Sie anheuern, Captain Boone?“
„Acht weitere kampferfahrene Mechkrieger, sieben Techniker unter einem Genie wie George hier und vier Medics, die mich begleiten wollen. Und bevor Sie fragen, ja ich habe schon darüber nachgedacht meine eigene Einheit zu gründen. Mir mangelt es an Liquidität. Das ist bei Ihnen nicht der Fall.“
Riker sah so aus, als wolle er noch was sagen, beließ es dann aber bei einem geflüsterten 'Fuck'.
„Sie können sich doch sicherlich denken, dass ich nicht gerade positive Gefühle gegenüber den Commandos hege.“
„So geht es verdammt nochmal allen, Kleiner“, brach es aus dem Mastertech hervor.
Ich blickte ihn unverwand an.
„Sie sollten nich' den Scheißfehler machen, uns alle in den gleichen Jauchtopf zu stecken. Vor allem nich' mit so einem Dreckstück wie Jack Kelly“, Riker war dabei sich in Rage zu reden, „seit der kleine Basdard die Truppe von seinem Alten geerbt hatte, ging es mit den Commandos Berg ab. Der da“, er deutete auf Boone, „brachte zumindest temporäre Besserung in die Truppe. Bessere Taktik und Ausbildung der Mechkompanien. Will gar nich' wissen, wann es uns zerrissen hätte, wenn der Scheißdavie nich' irgendwie in Jacks Schuld gelandet wär.“
„Lassen Sie mich ehrlich zu Ihnen sein, Junge“, Boone faltete die Hände wie bei einem Gebet, „wenn Sie uns anheuern, bekommen Sie sicherlich keine Engel. Die meisten von uns zwanzig haben was auf dem Kerbholz. Haben uns mit den falschen Leuten eingelassen oder anderweitig Mist gebaut. Mein Abschied bei den AFFC war alles andere als ehrenvoll. Ich kenne nicht mal von allen die richtigen Namen. Wie Kelly zu Ihnen gesagt haben soll, die Commandos stellten nicht allzuviele Fragen. Wer kämpfen konnte wurde genommen und so hat sich immer mehr Abschaum angesammelt und manch krummes Ding ist gelaufen. Aber der Tod von Jack Kelly gibt nun zumindest einigen von uns die Möglichkeit neu anzufangen. Lange werde ich diese Truppe nicht mehr zusammenhalten können, dann wird jeder auf seine Art versuchen, aus dem Morast zu kommen oder tiefer drin versinken.“
„Und jetzt versuchen Sie mir hier Schuldgefühle einzuimpfen?“
Boone schüttelte den Kopf: „Nein, ich versuche meine Schäfchen zusammenzuhalten und Sie scheinen die Möglichkeit zu sein, dass wir alle gemeinsam wo unterkommen.“
„Und dann habe ich Kelly's alten Sumpf an den Hacken.“ Ich gab der Bedienung ein Zeichen, dass ich ein Bier wollte.
„Die ganz üblen Drecksäcke hat Boone schon aussortiert“, mischte sich Riker ein, „keine Engel aber auch keine Dämonen.“
„Werden die Leute auf mich hören?“
Die beiden ehemaligen Commandos sahen sich an, dann antwortete Boone: „Wird anfangs sicherlich etwas schwierig, aber ich werde die Jungs und Mädels schon bei der Stange halten.“
Ich überlegte einen Augenblick: „Welchen Dienstgrad hatten Sie beim regulären Militär?“
„Ich war Captain bei der Deneb Light Cavalry“, antwortete Boone, „Kompaniechef und stellvertretender Batailloncommander.“
„Und wo Captain Boone, sind sie zur Akademie gegangen?“
„Ich war an der Point Barrow Military Academie.“
Riker schnaufte amüsiert: „Sie müssen wissen Junge, unser Boone hier ist so ein heimlich Gebildeter.“
Ich musterte die beiden erneut skeptisch und nippte langsam an meinem Bier um Zeit zu gewinnen.
Bis eben hatte sich Hawk aus dem Gespräch herausgehalten: „Sagen Sie Boone, würden Sie für jeden Ihrer Leute die Hand ins Feuer legen?“
Man sah Boone an, dass er mit sich rang: „Nein, dass kann ich nicht. Und sie Oberleutnant Hawk, würden sie für den Oberst oder einen der anderen fünf, sechs Mechkrieger, die der Oberst bis jetzt angeheuert hat, die Hand ins Feuer legen? Sowas ist sehr selten der Fall. Ich bin mit hunderten von Leuten in die Schlacht gezogen, und gerade für eine Hand voll lebender Mechkrieger könnte ich die Hand ins Feuer legen. Es ist immer leicht dahergesagt, jemand stünde über jeden Zweifel erhaben. Doch selbst wenn jemand einem schon mal das Leben gerettet hat, kennt man ihn in diesem Gewerbe häufig nicht gut genug, um ihm blindlings zu vertrauen.“
Verstohlen sah ich aus den Augenwinkeln zu Hawk hinüber. Der große Schwarze nickte.
„Sie halten die Leute bei der Stange?“
„Ja, ich werde die Leute bei der Stange halten“, antwortete Boone.
„Es ist meine Einheit, ich bin der Anfang der Befehlskette.“
Die beiden ehemaligen Commandos nickten. Boone schien zu ahnen, dass noch was kommen würde. Riker hingegen fing an zu grinsen.
„Ich werde Hilfe bei der Führung der Truppe brauchen und Sie scheinen die meiste Erfahrung zu haben, Mr. Boone.“
„Jede Hilfe, die sie haben wollen.“
Ich nickte: „Gut, übermorgen werden wir in unsere Kaserne ziehen. Sie haben meine Truppe gerade verdoppelt, aber Platz dürfte genug vorhanden sein. Sehen Sie zu, dass Sie pünktlich sind. Ich habe einen straffen Plan, wenn wir uns erstmal formieren.“
„Jawohl, Herr Oberst.“
Irgendwie klang der Rang immer noch wie ein schlechter Witz. Vor allem bei Boones Akzent.




Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
14. Juni 3055

Seit der Einstellung von Boone hatte sich einiges getan. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich ein Bataillon auf die Beine gestellt. Dazu hatten mehrere Faktoren beigetragen: Als erstes und wohl Maßgeblichstes waren die kursierenden Gerüchte über meinen schon fast legendären Kampf gegen Jack Kelly, der den unrühmlich Verstobenen als drei Meter große Bestie darstellte und mich als kleinen David. Nun, aus meiner persönliche Erinnerung an den Abend, gar nicht mal so unangemessen, aber sachlich betrachtet um ein vielfaches übertrieben.
Diesen Aspekt beeinflusste die Massendesertation von Commandos in mein Lager. Dies sorgte für einen beträchtlichen Anstieg meines unverdienten Rufes.
Dann hatte binnen kürzester Zeit mein Verwandtschaftsverhältnis zu Morgan Kell die Runde gemacht und das Gerücht meiner finanziellen Unabhängigkeit. Da die ursprüngliche Gründung der Kell Hounds auf Galatea stattgefunden hatte, und hier noch immer eine viel erzählte Sage war, wurden bei mir alle möglichen Söldner vorstellig, die sich erhofften ebenfalls Teil einer ähnlichen Sage zu werden.
Die Uniformen, mit denen meine Leute nach kürzester Zeit rumliefen schien gerade letztere Aspekte der Geschichte zu bestätigen. Ich hatte schon immer einen Faible für Uniformen gehabt, und so hatte weder Boones abraten noch Hawks unglückliches Gesicht mich daran gehindert aus den Vollen zu schöpfen.
So stand ich nun am 14. Juni vor dem Spiegel meines Büros und bewunderte mich selbst in der Paradeuniform meiner Einheit. Eine schwarze Husarenjacke mit mitternachtblauen Stehkragen und Aufschlägen an den Ärmeln, auf denen der Doppeldiamant eines lyranischen Oberst steckten. Die Hose war ebenfalls mitternachtblau und hatte einen silbernen Zierstreifen.
Links trug ich eine blau/silberne Fangschnur. Über der linken Brusttasche fehlten irgendwie die Kampagnenbänder. Der Zähne fletschende Wolf, den ich als Einheitssymbol gewählt hatte erinnerte ebenfalls an die Kell Hounds.
Es klopfte an der Tür und ehe ich den Besucher herein bitten konnte riss Ray Valetta die Tür auf und trat herein. Wie ich trug auch er die neue Paradeuniform. Ray war eigentlich Mechkrieger, jedoch entrechtet und tat so als meine Ordnonnaz und Fahrer dienst. Es gab noch nichtmal einen Wagen, in dem er mich hätte fahren können.
Ray salutierte andeutungsweise und in seinen haselnussbraunen Augen blitzte der Schalk. Der knapp ein Meter fünfundsechzig große Davionist war ein spritziger und humorvoller Mann und er schien wenige Dinge wirklich ernst zu nehmen. Jedoch hatte er eine Art, die es wirklich schwierig machte ihm etwas übel zu nehmen. Und so gab er mir nicht das Gefühl, auch wenn er sich scheinbar köstlich über mich amüsierte, dass er sich über mich lustig machte.
„Das Bataillon ist angetreten, Herr Oberst“, er klopfte auf die dreieckige Holzkiste unter der linken Schulter, „und ich habe dann auch alles vorbereitet.“
Ich war noch einen Blick in den Spiegel und zuckte mit den Schultern. Dann setzte ich mein Barett auf: „Dann wollen wir mal, Ray.“
Er nahm Haltung an und öffnete mir die Tür: „Herr Oberst.“
Nachdem ich noch einmal durchgeatmet hatte setzte ich mich mit entschlossen in Bewegung.
Die Truppe war in Form eines U angetreten. Die Mitte stellten die beiden Kompanien Mechkrieger zu je vier Lanzen. Kompanie A. unter meinem Befehl, und Kompanie B. unter dem Kommando von Kommandanthauptmann Malcolm Boone.
Den linken Schenkel bildete die C-Kompanie unter dem Befehl von Hauptmann Jean Gordon, unsere Unterstützungskompanie aus zwei Panzer- und zwei Infanteriezügen.
Der rechte Schenkel stellte sich aus der Techcrew unter Oberleutnant George Riker und der medizinischen Abteilung unter Leutnant Henrique Falk sowie dem weiteren Hilfspersonal zusammen.
Die gesamte Truppe hatte die volle Paradeuniform angelegt. Unterschiede gab es lediglich bei den Pistolenkoppeln der Mechkrieger und der Panzerbesatzungen, sowie den Technikern. Stab und Sanitätsabteilung waren unbewaffnet. Selbst die beiden Infanteriezüge hatten verschiedene Waffen. Ich machte mir eine geistige Notiz, dass mit den beiden Zugführern zu besprechen.

Boone kam auf mich zu und salutierte nach Davionart mit nach außen zeigender Handfläche. Ich erwiderte den Gruß durch einfaches Handanlegen.
Mein Stellvertreter sah in der Paradeuniform schneidig aus. Der altgediente Veteran wirkte, als wäre er in Uniform geboren. Er erweckte Vertrauen und vermittelte schlichte und doch unumschränkte Kompetenz.
„Herr Oberst, melde gehorsamst, Bataillon vollständig angetreten und bereit zur Inspektion.“
„Danke Herr Kommandanthauptmann“, erwiderte ich, dann woll’n wir mal.“
Ich wandte mich nach rechts und wir begannen mit dem Stab, der Sanitätstruppe und dem Techcorps. Während sowohl der Stab als auch die Reinlichkeit gewohnten Sanitätssoldaten die Musterung ohne Beanstandung hinter sich brachten, begann Ray, der den Holzkasten gegen ein Klemmbrett ausgetauscht hatte, beim Techcorps meine Anmerkungen und Rüffel zu notieren. Riker schien nicht viel von Etikette zu halten und trotz der neuen Uniformen sah seine Truppe einfach nur schlampig aus.
Die ersten Augenblicke nahm er den Schwall meiner Beschwerden ungerührt hin. Irgendwann jedoch schien es ihm zu bunt zu werden und aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie er aus der Reihe ausscheren wollte um zu mir zu kommen.
Weit kam er jedoch nicht, da Malcolm Boone sofort vor ihm auftauchte und ihn unwirsch in die Reihe zurück schubste: „ACHTUNG STILLGESTANDEN! Die Augen geradeaus und die Hände an die Hosennaht, Mister.“
Riker lief rot an und schnappte nach Luft, doch der etwas korpulente Mastertech rührte sich keinen Milimeter. Ich hingegen hätte beinahe ebenfalls Haltung angenommen, als Boone die Stimme angehoben hatte. Und nicht nur auf mich hatte der Davion-Offizier Eindruck gemacht, auch das Techcorps stand auf einmal gerader als zuvor.
Während ich meine Musterung der Techs abbrach trat Boone noch einmal dichter an Riker heran und sagte etwas zu diesem, was ich nicht verstand, was aber auf den älteren Mann ziemlich Eindruck zu machen schien.
Boone, Ray Valetta und ich gingen weiter zu den Mechkriegern, wo sich in Sachen Garderobe Licht und Schatten trafen. David Hawke schien sich alle Mühe gegeben zu haben, doch sah man ihm deutlich an, dass diese Uniform mehr als ungewöhnlich für ihn war. Feldwebel Cortez trug die Uniform mit dem gleichen Selbstverständnis wie Boone.
Die Panzerfahrer unterschieden sich nicht sonderlich von den Mechkrigern und als letztes kamen die Infanteristen.
Selbstverständlich waren die Uniformen in bester Ordnung, die Gewehre sahen vom weiten aus, wie geleckt, die Haltung war ausgezeichnet. Dennoch blieb ich wie vom Schlag getroffen stehen. Statt die Halbschuhe zu tragen, wie sie zur Paradeuniform gehörten, hatten ausnahmslos alle Infanteristen ihre, wenn auch auf Hochglanz polierten, Kampfstiefel an. Darüber hinaus steckten die Hosen in den Stiefeln.
Während ich das betrachtete trat Boone von hinten an mich heran und flüsterte: „Das ist Tradition.“
„Wie bitte?“
„Das ist bei den Luftlandetruppen des Davionmilitärs Tradition, dass die Hosen in die Stiefel gesteckt werden. Unser gesamter erster Zug stammt aus dem Davionraum. Der zweite hat sich einfach angeschlossen.“
„Ach wirklich?“ Ich ging los und musterte jeden einzigen Infanteristen. Ließ mir jedes Gewehr zeigen und inspizierte jedes Bajonett, sofern vorhanden.
Man hätte mich als Chef zumindest fragen können, ob das so in Ordnung wäre. Jetzt wollte ich auch hier eine Ungenauigkeit finden. Wahrscheinlich war ich bei der Infanterie mit der Inspektion, welche bei den anderen Truppenteilen recht oberflächlich war, länger beschäftigt als beim Rest. Schließlich stand ich hinter der letzten Linie der Infanterie und war ratlos. Ganz vorne bebten beim rangältesten Infanterieunteroffiziers die Schultern, während er krampfhaft ein Lachen unterdrückte und immer noch im ‚still gestanden‘ dastand.
Am Nagelring hatte ich mal gehört, wie einer der Unteroffiziere gesagt hatte, wenn er mal bei einer Inspektion nichts fand, dann produzierte er den Verstoß selbst. Doch in diesem Moment war ich einfach ratlos und ich hatte mich vor aller Welt lächerlich gemacht. Wenn der Infanteriefeldwebel nicht gleich schallend loslachte und ich ihn zumindest dafür zur Sau machen konnte, würde mich dieser Tag wohl für immer vorfolgen.
Doch es war wieder Boone, der für mich einsprang. Er kam durch die Reihen der Infanterie auf mich zu und stellte sich vor mich. Er fuhr mit der rechten Hand unter den Aufschlag seines linken Ärmels und zupfte einmal kurz. Zum Vorschein kam ein kleiner blauer Faden, den er mir so reichte, dass kein anderer es sehen konnte. Dann drehte er sich leicht zur Seite und deutete mit einer Kopfbewegung auf den Unteroffizier, der kurz davor stand vor Lachen zu explodieren.
Ich nickte, ging durch die Reihen der Infanterie wieder nach vorne und blieb neben dem Oberfeldwebel stehen. Dann berührte ich ihn am Rangabzeichen auf seinem rechten Oberarm und hielt ihm den blauen Faden vors Gesicht.
Auf den schwarzen Jacken hatten die Rangabzeichen die gleiche blaue Farbe wie die Aufschläge.
Tobias Kent wurde kreideweiß im Gesicht und das Zucken seiner Schultern hörte abrupt auf.
Seine gerade Haltung behielt er jedoch bei.
Demonstrativ steckte ich den Faden in meine Hosentasche und ging zum Rednerpult. Boone und Ray Valetta folgten mir.
„Rühren, stehen sie bitte bequem“, begann ich, nachdem ich mich hinter dem Pult aufgestellt hatte.
Dies war meine Premiere. Ich stand vor fast dreihundert hartgesottenen Söldnern und hatte mich, so Gott wollte nicht ganz und gar zum Idioten gemacht. Alle waren sie älter als ich und mein Auftreten war entscheidend für meine Stellung als ihr Kommandeur und ich wusste nicht, ob ich mit meiner Erfahrung vom Nagelring, die ich heute angewandt hatte, nicht doch zu weit gegangen war. Doch wenn ich zu lax auftreten würde, würde man sicherlich denken ich nähme meine Position nicht allzu ernst. Aber den Blick, den ich von vielen erntete sagte mir deutlich, dass ich heute zu militärisch gewesen war.
„Nicht jeden von ihnen konnte ich persönlich begrüßen und von nicht einmal der Hälfte von Ihnen weiß ich, warum sich gerade bei mir angeheuert haben.
Ich sehe eine Truppe erfahrener Söldner und jeder von Ihnen hat schon reale Kampferfahrung und sie, sie sehen hier wahrscheinlich einen kleinen Jungen, der gerne Soldat spielt. Ich entstamme einer langen Ahnenreihe von Soldaten. Von verdienten Offizieren und auch von Generälen. Während meiner Zeit am Nagelring gehörte ich immer zu den besten fünf Prozent meines Jahrgangs und von klein auf an wurde ich dazu erzogen und darauf vorbereitet Soldaten in die Schlacht zu führen.“
Das stimmte sogar, da während mein Vater sich um die familiären Finanzen kümmerte und meine Mutter den gesellschaftlichen Umgang pflegte, war es meinem Großvater vergönnt mich zu erziehen und zu prägen. Und für Christian Luvon hatte es stets nur eine Möglichkeit gegeben, sein Enkel würde Offizier in den LCAF werden.
„Und was immer sie auch jetzt denken mögen oder gedacht haben, als sie sich in dieser Einheit verpflichtet haben: Ich bin nicht nur Ihr Arbeitgeber sondern auch Ihr kommandierender Offizier. Ich werde befehlen und sie werden gehorchen. Ich führe, sie folgen. In der Kaserne und auf dem Schlachtfeld.
Ich bin mir bewusst, dass ich mir ihr Vertrauen und ihre Loyalität erst verdienen muss und dass dies mehr von mir verlangt als den Gehaltsscheck zu unterschreiben.“
Irgendwer in meiner Nähe murmelte, dass das schon mal ein guter Anfang wäre.
„Aber dies bedarf auch Investition von ihrer Seite: Geduld, Hilfe und Verständnis. Und vielleicht werden wir dann eines Tages in einem Atemzug wie die berühmten Kell Hounds genannt, aber diese Vision soll uns vorerst nicht interessieren. Wir müssen uns erst mal selbst finden und die ersten Jahre überstehen.
Aber, solange ich Ihnen ihren Sold zahle, erwarte ich, dass sie meinen Befehlen im Rahmen ihrer Pflichten nachkommen. Ich erwarte von Ihnen, dass sie die Kriegskonventionen achten und ich erwarte von ihnen, dass sie die militärische Organisation, die eine Einheit dieser Größe verlangt beachten.
Und um mit ein paar Gerüchten aufzuräumen: Ja Morgan Kell ist mein Onkel und ich habe den Oberst kennen gelernt. Ich war damals noch kein Jahr alt und habe dem berühmten Morgan Kell auf die Uniform gespuckt. Danach kühlte die Beziehung dann etwas ab.“
Höfliches Gelächter erscholl. Einige andere blickten kritisch.
„Zu Ihrer Uniform: Sie bilden jetzt eine Einheit und ich erwarte, dass sie das durch korrektes Tragen der Uniform kenntlich machen. Etwaige Verfehlungen heute ziehen keine Konsequenzen nach sich. Feldwebel Valetta zerreißen Sie ihre Notizen.“
Ray machte ein erschrecktes Gesicht: „Aber, Sir …“
„Zerreißen, Ray.“
„Jawohl, Herr Oberst“, mein Fahrer nahm seine Notizen, zerriss sie und steckte sich die Schnipsel in die Hosentaschen.
„Wenn die Herrschaften von der Infanterie eine Extrastellung einnehmen möchten“, fuhr ich fort, „dann werden sie sich diese verdienen müssen. Aber kommen wir zum Höhepunkt der heutigen Parade. Feldwebel Valetta, wenn ich bitten dürfte, die Fahne.“
Ray schnappte sich die dreieckige Holzkiste und ging zum Flaggenmast. Zwei Soldaten aus dem Stab scherten aus der Formation aus und gingen ebenfalls zum Flaggenmast.
Dann erklang Musik aus den Lautsprechern das Hauptgebäudes.
„ACHTUNG STILLGESANDEN“, befahl Boone, „präsentiert das GEWEHR!“
Die Infanteristen hoben das Gewehr senkrecht vor die Brust und alle anderen salutierten.
Da die Lyraner in meiner Einheit in der Minderzahl wahren, ich aber schon viele lyranische Einflüsse mit hineingebracht hatte war der Marsch, zu dem die Fahne aufgezogen wurde ein alter Sternenbund Marsch: Der Light Horse Parade March.
Er war einigermaßen Schmissig und dank der Leichten Eridanie Reiterei relativ bekannt.
Als der schwarze Wolfskopf auf blauem Schild über meinen Paradeplatz wehte wurde mir warm ums Herz. Auf dem Nagelring war eine der ersten Lektionen, die man uns lehrte: Das Symbole etwas bedeuteten. Fahnen, Banner, die Uniform, selbst Maskottchen.
All diese Sachen waren mir wichtig und dies war meine Fahne. Dies war die Fahne meiner Truppe. In diesem Moment wurde mir als Anführer meine Verantwortung bewusst und ich schwor mir, alles zu tun, um ein guter Kommandeur zu werden, ich schwor mir, dass diese Flagge niemals fallen würde und wenn es mein Leben kosten würde.
Dies war meine Fahne und so lange sie hoch erhoben wehen würde, solange würde es meine Truppe geben und so lange es meine Truppe geben würde, solange konnte ich aufrecht durchs Leben gehen. Ich hatte meinen Weg aus der Dunkelheit hinaus gefunden.
„Kommandanthauptmann Boone“, krächste ich mit belegter Stimme, „übernehmen Sie.“
„Zu Befehl, Herr Oberst“, antwortete Boone zackig, ganz im Gegensatz zu seinem sonstigen Auftreten, „Lanzen- und Zugführer, übernehmen sie ihrer Einheiten und teilen sie die Dienstpläne ein. Bataillon WEGGETRETEN!“

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 6 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 24.08.2010 13:17.

02.08.2010 07:50 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
21. Juni 3055

Die Monate auf Galatea hatten mir auf eine bestimmte Art nicht gut getan. Ich hatte zu gut und zu viel gegessen. Bier und Whiskey waren meine ständigen Abendbegleiter geworden.
Und auch wenn die Küche meiner Jäger keine Haute Cuisine war, so gab es doch viel und vor allem reichlich.
Darüber hinaus fehlte mir dann doch der tägliche Sport, der zum Lehrplan auf dem Nagelring gehörte. Letztlich übermannte mich mein schlechtes Gewissen und ich kramte eines meiner Erinnerungsstücke der Militärakademie heraus: Meinen Trainingsanzug, der ebenso wie mein Mechkriegeroverall nicht zurückverlangt wurde.
Um fünf Uhr machte ich mich also auf zum Sportplatz und begann dort meine Runden zu drehen. Schnell hatte ich meinen Trott gefunden, obwohl ich schon Monate lang keinen Sport mehr gemacht hatte und ihn auch nicht vermisste.
Auf Tharkad hatte ich natürlich viel Wintersport betrieben und auch den Alpinenlehrgang der Akademie absolviert.
Als ich bei meiner dritten Runde war, tauchte David Hawk auf dem Trainingsplatz auf und dehnte sich kurz.
Der schwarze Hüne trug eine kurze Hose und ein Unterhemd. Seine deutlich ausgeprägten Muskeln kamen sehr zur Geltung. Nachdem ich an mir heruntergesehen hatte musterte ich den geheimnisvollen Mechkrieger mit einem neidischen Blick.
Nachdem er mit seinen Aufwärmübungen fertig war, begann auch Hawk zu laufen.
Mit donnernden Schritten überholte er mich schnell und ehe ich zwei weitere Runden geschafft hatte überholte er mich erneut.
Als er mich zum dritten Mal einholte verlangsamte er und passte spielend seine Geschwindigkeit der meinigen an. Während ich schnaufte, ging sein Atem gleichmäßig und ruhig. Es war nur wenig Schweiß zu sehen.
„Sie sollten an Ihrer Atmung arbeiten, Sir.“
Ich grunzte: „Laufen, eigentlich nicht meine Sportart aber versuchen Sie mal hier eine Schneepiste zu finden.“
„Ich suche noch einen Boxpartner.“
Abschätzig blickte ich zu ihm hinüber: „Aber nicht in mir, ich kann mir besseres vorstellen, als von Ihnen durch den Ring geprügelt zu werden.“
Er lächelte und seine perlweißen Zähne kamen zum Vorschein: „Ach, bei Ihnen müsste ich von Grund auf an mit dem Training beginnen.“
„Ich habe schon einige Erfahrung im unbewaffneten Nahkampf. Jack Kelly sei mein Zeuge.“
Hawk lachte auf: „Ich rede hier von sportlichen Boxen, da geht es um Bewegung, Atmung, Technik.“
Ohne aus dem Takt zu kommen machte er ein paar schwungvolle Boxbewegungen, die wenn sie mich getroffen hätten sicherlich auf die Bretter geschickt hätten: „Würde Ihnen sicherlich Spaß machen, Herr Oberst, außerdem hätten Sie dann Sport unter Anleitung, statt hier unkoordiniert herumzulaufen und bei dem ein oder anderen würde es sicherlich Eindruck hinterlassen, wann Sie sich mit Kampfsport beschäftigen.“
„Ich werde es mir überlegen.“
„Gut“, Hawk beschleunigte wieder und ich sah nur noch seinen breiten Rücken, wie er sich von mir entfernte.
Ich hingegen lief nur noch diese Runde zu Ende und ging dann in mein Quartier zurück um mich zu duschen und für den Tag zu Recht zu machen. Boxen, ja klar, als ob ich nicht schon genug zu tun hatte.

Als ich in einfacher Dienstuniform den kleinen Bürokomplex betrat sah ich zu meinem Erstaunen, dass alle Tische verwaist waren. Irgendwer hatte angefangen Kaffee zu kochen, doch die Maschine war noch nicht richtig gefüllt und die Dose mit dem Kaffeepulver war offen.
Aus dem Gemeinschaftsraum klang eine gedämpfte Stimme, die ich dem Holovid zuordnen konnte.
Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften hockten gleichsam vor der Glotze und blickten gespannt hinein.
Zuerst wollte ich meine Leute zur Ordnung rufen, doch dann erfasste ich, was der Moderator berichtete: „… die Explosion verwüstete den gesamten Bankettsaal und die genaue Anzahl der Opfer ist noch unbekannt. Zurzeit ist nur bekannt, dass neben Archon Melissa Steiner-Davion auch Persönlichkeiten wie Morgan Kell und seine Frau Salome anwesend waren.
Im Moment gibt es von den offiziellen Stellen der Sicherheitskräfte noch keinerlei Aussage, ob es sich hierbei um einen Anschlag handelte oder um einen Unfall handelt. Aus inoffiziellen Kreisen wissen wir jedoch, dass man davon ausgeht, dass es sich hierbei um einen Bombenanschlag handelt.“
Der Sprecher drehte sich um und die Kamera wanderte zu einem ernst aussehenden Offizier der Lyranischen Streitkräfte.
Im Hintergrund sah man Lösch- und Bergungstrupps, die bei einem riesigen, verwüsteten Gebäude hin und her eilten.
Eine Horde von Reportern stürzte auf den Offizier ein und am unteren Rand wurde er als General-Leutnant Georg Brinkmann, LNC ausgewiesen.
„Meine Damen und Herren“, setzte sich Brinkmann gegenüber den Reportern durch, „ich habe eine offizielle Verlautbarung bekannt zu geben.“
Blitzlichter flackerten auf, Mikrophone wurden dem General entgegengestreckt und Brinkmann schien einen Augenblick mit sich selbst zu Hadern: „Gestern Nachmittag, am 19. Juni 3055, um sieben Uhr einundzwanzig gab es eine Bombenexplosion im Bankett-Saal.
Der General des Lyranischen Nachrichten Corps stockte kurz. „Es ist unzweifelhaft bestätigt, dass Archon Melissa Steiner-Davion, diesem schrecklichen Attentat zum Opfer fiel.
Die Sprengkörper waren in unmittelbarer Nähe zum Archon postiert worden und es gab für die Rettungskräfte keine Möglichkeit, sie zu retten.“
Vor laufender Kamera brach der Offizier in Tränen aus und die Reporter verzichteten darauf Fragen zu stellen. Es war vielen anzusehen, dass diese Nachricht auch sie vollkommen überrumpelte.

Ich selbst wusste nun auch nicht, was ich davon halten sollte. War ich schockiert? Archon Melissa war im Volk des gesamten Vereinigten Commonwealth sehr beliebt. Ich selbst hatte sie zwei- oder dreimal persönlich gesehen, während Jahresabschlussparaden auf der Militärakademie.
Sie war eine bewundernswerte Frau … gewesen. Eine Herrscherin, wie man es sich nur wünschen konnte. Sie war mit ihrem Mann, Hanse Davion, die Architektin etwas großen gewesen.
„Voll krass“, kommentierte Jerome Hutch, „die bringen das auf allen Kanälen.“
„Ach, wirklich“, ätzte ein anderer, „die eine Hälfte der Menschheit hat ihre Herrscherin verloren. Natürlich wird das überall gesendet.“
„Das mein‘ ich doch gar nicht, die haben die Ermordung übertragen“, Hutch schaltete mehrfach um, bis eine Szene aus einem Saal mit großer Tafel im Vid erschien.
Fasziniert betrachtete ich die letzten Augenblicke meines Archons. Als vor laufender Kamera die Szenerie explodierte zuckte ich erschrocken zusammen.
„Krass nicht wahr?“ Hutch erblickte mich, „Hey, Boss, Sie waren doch mit ihr Verwand, erben sie jetzt was?“
Alle im Raum blickten sich zu mir um und irgendjemand verpasste Hutch einen Schlag in den Nacken.
Ich schluckte und atmete tief durch. Was sollte ich jetzt dazu sagen? Wie waren meine persönlichen Gefühle jetzt. Schließlich blieb mein Blick auf Valetta haften: „Ray, setzen Sie die Fahne auf Halbmast und der Rest von Ihnen geht wieder an die Arbeit.“
Ich verließ den Aufenthaltsraum und rief über die Schulter zurück: „Und irgendwer soll Kaffee machen.“
Dabei wäre ich beinahe mit George Riker kollidiert. Mein Mastertech hatte schon seine Arbeitsklamotten an und sah wieder aus wie ein schmuddeliges etwas: „Können wir reden?“
Ich blinzelte: „Äh … ja, kommen Sie.“
Er folgte mir in mein Büro und ließ sich in einen der Besucherstühle fallen, ehe ich mich gesetzt hatte.
„Hören Sie, Archon Melissa ist vor wenigen Tagen ermordet worden …“
Riker blinzelte überrascht: „Ja, und?“
„Der Archon und ich … äh, also … also worum geht es?“
„Um Ihre große Show bei der Musterung. Ich bin hier ihr Mastertech und sie haben mich und meine Leute nich‘ eingestellt um für Sie hier die Modepüpchen zu spielen. Sie haben meine ganze Truppe vor versammelten Haufen bloß gestellt. Wie wir in diesen Affenjäckchen raumlaufen sagt nix über unsere Qualifikation als Techs aus.“
„Habe ich mit einem Wort an ihrer Qualifikation als Techs gezweifelt?“
„Was?“
Beinahe hätte ich geantwortet ‚Das heißt wie bitte‘, faltete jedoch die Hände auf der Arbeitsfläche meines Schreibtisches: „Also Herr Riker, ich fragte ob ich an der Qualität Ihrer Arbeit gezweifelt habe.“
Er schüttelte den Kopf und wollte erneut zum sprechen ansetzen, doch ich unterbrach ihn: „Habe ich Ihnen in Ihren Arbeitsbereich reingeredet?“
„Das wär ja noch schöner gewesen“, war seine schnoddrige Antwort.
Ich überlegte, wie ich das Gespräch fortsetzen sollte. Innerlich war ich fast soweit, ihn aus meinem Büro zu werfen, dass würde aber nichts klären. Natürlich konnte ich mich darauf verlassen, das Boone ihn weiter unter Kontrolle hielt, aber Riker war mein Mastertech und ich musste mit ihm auskommen oder mir einen anderen suchen.
Die Arbeit, die ich von ihm bisher gesehen hatte, erschien mir als durchweg gut. Auch hatte ich bemerkt, dass er mehr als nur einfach engagiert war. Bis spät in der Nacht hatte er an einem Problem an Ramon Cortez‘ Trebuchet gearbeitet und der anspruchsvolle Ligist hatte sich über das Ergebnis sehr positiv geäußert.
Vom fachlichen wollte ich Riker nicht verlieren, was außerdem Probleme mit Boone nach sich ziehen könnte. Möglicherweise.
„Gut, lassen wir uns also mal annehmen, dass ich mit Ihrer Arbeit als Mastertech und mit der Arbeit meines Techstabes soweit zufrieden bin. Was mir nicht gefallen hat, war das Auftreten Ihrer Truppe beim Apell.“
„Mir Ihres auch nicht.“
Ich nickte: „Das kann ich mir vorstellen, aber wenn ich mit dem Erscheinungsbild der Truppe beim Apell zufrieden gewesen wäre, glauben Sie allen Ernstes, ich hätte angefangen ihre Leute so herunterzuputzen?“
„Aber wir sind hier nich‘ als Modepüppchen angestellt.“
„Sie sind hier als Soldaten angestellt und ich erwarte, dass bei Apellen, Musterungen und Paraden ihre Uniformen im tadellosen Zustand sind. Wie Ihr Hangar und die Werkstätten aussehen interessiert mich ehrlich gesagt einen Scheißdreck, solange Sie und ihre Leute weiterhin gute Arbeit leisten.
Aber wenn sich diese Einheit repräsentiert, was sie früher oder später vor einem Auftraggeber machen muss, werde ich genauso wenig Schlamperei dulden, wie sie es bei der Arbeit ihrer Astechs tun.“
Im Gesicht des älteren Mannes arbeitete etwas und ich glaubte, bei ihm durchgedrungen zu sein. Er hatte schon beim ersten Treffen den Eindruck auf mich gemacht ein sehr gradliniger Mensch zu sein, der das offene Wort mehr machte als die komplizierte Umschreibung.
„Hm, Schlamperei“, knurrte er, „ich denke ich hab‘ verstanden. Dennoch haben Sie ziemlich übertrieben, dass hat den Jungs nich‘ gut getan.“
„Ich habe Ray die Notizen zerreißen lassen“, erinnerte ich ihn.
Er grummelte irgendwas unverständliches, nickte aber.
„Sonst noch etwas?“
„Nein, ich will mich dann mal wieder an die Arbeit machen, Hawks Wolverine ist in einem absolut beschissenen Zustand, da sind Gelenke eines Shadow Hawks mit der Verstrebung eines Vindicators als Flickwerk verbaut worden, wie er damit inne Schlacht ziehen will is‘ mir’n Rätzel.“
Ich nickte und er erhob sich und ging zur Tür.
„Noch etwas Riker“, rief ich ihm nach, als er die Tür öffnete, „in Zukunft werden Sie mich mit Herr Oberst anreden. Zumindest wenn wir nicht allein sind.“
„Wird gemacht … Herr Oberst. Wenn der Herr Oberst dann öffentlich weniger Arschloch sein wird, wird der Herr Oberst auch als Herr Oberst betitelt.“
„Hauen Sie ab und reparieren Sie die Wolverine.“
Er salutierte andeutungsweise, ehe er die Tür schloss.
Ich musste lächeln, langsam gefiel mir der Klang Herr Oberst, vor allem in den breiten Davionakzent, den sowohl Boone als auch Riker an den Tag legten.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


22.08.2010 22:12 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
25. Juni 3055

Geldsorgen: Ein Problem, welches mir bis vor kurzem nicht bekannt war. Nun wo ich eine Söldnertruppe mein Eigen nenne, sieht es ganz anders aus.
Das Geld scheint einem durch die Finger zu rinnen. Sold, Verpflegung, Miete, Munition, Schmiermittel und Gebühren sind nur einige Beispiele, wofür plötzlich das Geld verpufft.
Die Ausbildung regelte sich fast von selbst. Sowohl Boone als auch Cortez schienen viel Erfahrung darin zu haben Truppen auf den Einsatz vorzubereiten.
David Hawks hingegen schien ein exzellenter Praktiker zu sein, doch militärische Taktiken und Verhaltensweisen schienen ihm vollkommen fremd zu sein.
Aber das war zurzeit nicht das Problem. Ein Arbeitgeber musste her, doch woher nehmen und nicht stehlen?
Meine ersten Planungen hätten fast dazu geführt, mich total lächerlich zu machen.
Ein schummriges, etwas schmutziges Hinterzimmer, in einer heruntergekommenen Bar. Dazu ein brauner Trenchcoat mit hochgeklappten Kragen und Schlapphut.
Ich musste mich schütteln, als ich an diese Vorstellungen dachte.
Es war Jean Gordon, die mich von dieser Schnapsidee abbrachte und mich kurzerhand fragte, was ich dem Auftraggeber verkaufen wollte.
Die Antwort war einfach: Uns. Und wir machten weitaus mehr Eindruck als ich.
Jean schien eh überall gleichzeitig zu sein. Die gestandene Panzerfahrerin leitete als zweiten Hut das Hauptquartier der Jäger. Nebenher schien sie mich auch ein wenig zu bemuttern.
So wurde Cordel Yossarián wie ein Staatsgast in unserer Kaserne empfangen.
Als der dunkle GM Clinton DeLuxe vor dem Hauptgebäude vorfuhr pfiff Valetto anerkennend. Das einheimische Nummernschild machte jedoch deutlich, dass der Wagen nur gemietet worden war.
Ein Chauffeur stieg vorne links aus, eilte um das Heck des Wagens herum und öffnete die rechte Hintertür. Auf der Vorderseite stieg rechts ein breitschultriger Mann im gepflegten Maßanzug aus.
„Leibwächter“, hauchte mir Boone ins Ohr, der links von mir Aufstellung genommen hatte.
Aus dem Fonds des Wagens stieg ein dunkelhäutiger Mann im dunklen Geschäftsanzug. Aufgrund der ziemlich beschränkten Garderoben meines Vaters konnte ich sofort erkennen, dass es sich um ein beliebtes Modell für Geschäftsleute im oberen Management lyranischer Konzerne handelte.
Vermutlich ein Rochford aus der letztjährigen Kollektion.
Zusammen mit der zwar dezenten aber eleganten Armbanduhr, den blank gewichsten Markenschuhen, dem Seidenhemd und der einfarbigen Krawatte aus tharkadscher Produktion hatte Cordel Yossarián mehr Geld am Leib, als die meisten meiner Leute je gesehen hatten.
Yossarián folgte eine bleiche Blondine in zwar teurer Geschäftskleidung, die jedoch hinter Yossarián Aufzug weit zurückstecken musste.
Auf einen diskreten Schubs von Boone setzte ich mich in Bewegung und trat unserem Besucher entgegen.
„Herr Yossarián“, ich reichte ihm die Hand, „darf ich mich vorstellen, Oberst Alexander Luvon, Kommandeur von Luvons Jägern.“
Sein Händedruck war angemessen stark, ohne eine Herausforderung zu sein: „Cordel Yossarián, sehr erfreut. Darf ich Ihnen meine Sekretärin vorstellen, Annegret Beck.“
Beck, die links eine Handtasche Schulterte und rechts einen Aktenkoffer trug beließ es bei einem Nicken: „Herr Oberst.“
„Frau Beck“, während ich bei ihr einen ganz klaren Arkturusakzent erkannte, sprach Yossarián mit einem übertrieben aufgesetzten Akzent von Tharkad, den viele Geschäftsleute pflegten um sich mit mehr Nobles zu umgeben oder Leute, die mehrere Jahre auf Tharkad gelebt hatten zu eigen machten.
Zwei Jahre lang hatte ich damit einen Klassenkameraden von mir aufgezogen, bis er auf mich los war um mich zu verprügeln.
Zu meinem Glück war Corbin Finley genauso ein Fan des unbewaffneten Nahkampfes wie ich und so hatten wir uns eine gleichwertige und lange Rauferei geliefert, bis wir quasi vor den Füßen von Hauptmann Krüger gelandet waren und den Rest der Woche in der Waffenkammer aushelfen ‚durften‘.
„Darf ich Ihnen meinen Stab vorstellen“, ich deutete auf meine angetretenen Offiziere und führte Yossarián hin, „Kommandanthauptmann Malcolm Boone, mein Stellvertreter.“
Der dunkelhäutige Geschäftsmann gab ihm die Hand: „Mr. Boone.“
„Sir.“
„Meine Stabscheffin und Kommandeurin meiner dritten Kompanie, Hauptmann Jean Gordon.“
„Madame“, Yossarián verbeugte sich vor ihr und begrüßte sie per Handkuss. Natürlich berührten seine Lippen nicht die Hand von Gordon, jedoch brachte er damit ‚unsere Mutter‘ ziemlich aus der Fassung.
Ein Seitenblick zu Beck zeigte mir, dass seine Sekretärin alles andere als Begeistert war.
„Mein Adjutant, Oberleutnant Hawk.“
Der Hüne musterte den Leibwächter, der Yossarián im diskreten Abstand folgte: „Sir.“
Unser Potentieller Arbeitgeber wirkte etwas eingeschüchtert von dem großen Schwarzen: „Oberleutnant.“
Ich deutete auf die Tür: „Vielleicht wollen wir hineingehen und uns setzen.“
Ray Valetta riss mit für ihn ungewohnter militärischer Präzision die Tür auf.
„Gern.“
Drinnen zeigte ich kurz unsere Verwaltungsbüros, bevor wir im Konferenzraum Platz nahmen.
„Dürfen wir Ihnen etwas anbieten, Herr Yossarián? Kaffee? Tee oder Mineralwasser?“
„Gern, wenn Sie hätten einen starken Kaffee, wäre ich nicht abgeneigt“, er blickte fragend zu Beck hinüber.
„Mineralwasser, bitte.“
„Starker Kaffee, haben Sie gehört, Ray.“
„Natürlich, Herr Oberst und Sie?“
Ich blickte meine Offiziere an: „Wir trinken natürlich einen mit.“
„Zu Befehl.“
„Kommen wir also zum geschäftlichen, Herr Yossarián“, begann ich, „welches Problem sollen wir für Sie lösen?“
Der Geschäftsmann lächelte unverbindlich: „Bitte, Herr Oberst, ich möchte ehrlich zu Ihnen sein. Dies ist nur ein Sondierungsgespräch, es gibt noch andere Einheiten hier auf Galatea, die mein Interesse geweckt haben.
Ich brauche eine Truppe, die für meine Firma Sicherheitsdienste übernimmt.“
„Sicherheitsdienste?“
„Ja, Sicherheitsdienste“, er lachte auf, offenbar machte ich ein etwas ungläubiges Gesicht, „nun nein, sie sollen nicht mit Taschenlampen in der Hand um unsere Lagerhallen herum strolchen. Seitdem die Clans weite Teile des nördlichen, so sagt man doch, Teils der Inneren Sphäre erobert haben, hat sich viel Piratenaktivität an die Grenzregion des Commonwealth zur Liga Freier Welten verlagert in Peripherie-Nähe verlagert.
Das FedCom hat viele Truppen dort abgezogen und an die Clangrenze verlegt, so dass wir diese Bedrohung fast hilflos ausgeliefert sind und unsere zuvor friedlichen Nachbarn und Mitbewerber aus der Liga blicken auf einmal über ihren Tellerrand und betrachten unsere Aktivitäten mit neidvollen Augen.“
Ich nickte: „Haben Sie eher an offensive Anti-Piraten-Aktionen gedacht oder an Garnisionsdienst?“
Beck antwortete für Yossarián: „Vornehmlich möchten wir auf abschreckende Präsenz setzen, allein schon um unsere Kosten gering zu halten. Sollte dies aber den ein oder anderen nicht abhalten, würden wir natürlich eine Jagd befürworten.“
„Wir besitzen zwei überbesetzte Mechkompanien“, schaltete sich Boone ein, „das sollte für die durchschnittlichen Piraten Abschreckung genug sein und jeden, der sich davon nicht beeindrucken lässt können wir sicherlich die Stirn bieten oder aufspüren und vernichten und haben dazu die Möglichkeit eine Garnison vor Ort zu lassen.
Die Panzer und Infanterie aus Hauptmann Gordons Kompanie geben uns die Möglichkeit eine effektive Schutztruppe zu stellen. Kontrollpunkte zu errichten und Einrichtungen zu bewachen.“
Yossarián fixierte mich: „Haben Sie aber auch die nötige Erfahrung um mit Piraten fertig zu werden?“
„Mit nötiger Erfahrung meinen sie mich oder meine Einheit?“
„Eigentlich stelle ich beide Fragen“, gab der Geschäftsmann lächelnd zurück.
Ich lächelte trocken: „Ihnen müsste doch schon bevor Sie mich kontaktiert haben, dass meine persönliche Felderfahrung reichlich begrenzt ist.“
„Nicht vorhanden, möchten Sie wohl sagen“, warf Beck spitz ein.
Ich breitete die Hände aus und nickte ihr zu: „Was meine Einheit jedoch betrifft, so haben meine Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten die unterschiedlichsten Erfahrungen im Laufe ihrer Dienstzeit gesammelt. Ich versichere ihnen, dass ich zusammen mit meinem Stab in der Lage bin, ihre Firmeneinrichtungen zu schützen und es mit jeden Piraten aufzunehmen, der dumm genug ist sich mit uns anzulegen.“
Ihr Lächeln war frostig: „Starke Worte, wenn sie nicht eingehalten werden können, Herr Oberst.“
Meine Antwort wurde von Feldwebel Valetta unterbrochen, der den Kaffee brachte.
Er verteilte Tassen, stellte ein Gedeck aus Milchkännchen und Zuckerdose auf den Tisch und schenkte jedem nur so viel ein, dass man sich den Kaffee nach Belieben verfeinern konnte. Hinzu kamen zwei Flaschen Mineralwasser und genügend Gläser für die Anwesenden.
Yossarián trank seinen Kaffee schwarz und seufzte genießerisch.
„Herr Valetta“, hielt er Ray an der Tür kurz auf, „allein Ihr Kaffee machte diesen Besuch zu einem Erfolg. Dabei rühmt sich Galatea eigentlich für seinen starken Kaffee.“
„Danke, Sir“, er schloss die Tür hinter sich.
Meine Begeisterung für Ray’s Kaffee hielt sich allerdings in Grenzen, neben Milch musste ich fünf Löffel Zucker hinein rühren um ihn einigermaßen genießbar zu bekommen.
„Weiter im Text“, ich öffnete auf dem in den Konferenztisch eingelassenen Bildschirm eine aktuelle Einheitsaufstellung, „dies ist die Schlagkraft, die wir ins Feld führen können. Nachher kann ich sie beide gerne durch unsere Hangars führen, damit sie sich von der Bereitschaft unserer Maschinen selbst überzeugen können. Wie sie sehen, verfügen wir über keine Transportkapazitäten, wären also auf sie als Auftraggeber angewiesen.“
Die Besprechung dauerte noch gut eine dreiviertel Stunde und die anschließende Führung durch die Mechhangars nahm ebenfalls noch weitere anderthalb Stunden in Anspruch.
Während Yossarián sich alles anhörte und höflich kommentierte und Fragen stellte fand Annegret Beck immer etwas zu bemängeln.
Zuwenig Infanterie, unnötige Panzerlanzen, der Transport wäre so teuer und so weiter und so fort. Am Ende der Besprechung stellte ich mir vor, wie ich mit meinem Orion ihr sicherlich teures Haus plattwalzen würde. Mit ihr kreischend eingesperrt in einen Wandschrank, voller überteuerter Kleidungsstücke.

Als die beiden dann gegangen waren, Yossarián hatte sich äußerst höflich verabschiedet und bekannt gegeben, dass man sich melden würde sobald die Entscheidung gefallen wäre, ließ ich mich erleichtert und bedrückt zugleich in meinen Bürostuhl fallen: „Das war wohl nichts.“
Boone und Gordon setzten sich in die Besucherstühle und feixten sich eins.
„Was?“
„Der kommt wieder“, meinte Boone seine Beine streckend, „seine Bürobiene Schrägstrich Geliebte Schrägstrich Ablenkung hat viel zu viel gemosert. In zwei, höchstens drei Tagen stehen die hier wieder auf der Matte. Werden uns sagen, dass wir personell die am besten geeignete Truppe für den Job sind, aber ja sooooo teuer wären. Dann wird man fragen, was man wegen dem Geld machen könnte. Die werden versuchen uns um zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent zu drücken, jedoch bei fünfzehn Prozent werden sie zuschlagen.“
„Besser wäre zwölf“, warf Gordon ein, „mehr habe ich als Verhandlungsspielraum nicht eingerechnet. Bei fünfzehn Prozent werden wir gerade so die Kosten decken und keine Rücklagen bilden können.“
„Die beiden kommen wieder?“
„Oh ja“, Gordon grinste über beide Ohren, „und Blondie wird ihrem Chef in den Ohren liegen, wie viel besser die letzte Einheit wäre, die sich besucht hätten und dass die personell vollkommen ausreichen würde und dort gäbe es keine überteuerten, unnützen Panzer.“
„Und ich soll nicht mehr als zwölf Prozent vom Preis nachlassen?“
„Besser wären zehn.“
Ich stutzte: „Eben sagten Sie noch zwölf.“
„Richtig“, bestätigte Gordon, „aber zehn sind besser als zwölf.“
„Und haben Sie auch eine Idee wie ich das machen soll?“
Meine Panzerkommandantin schüttelte enttäuscht den Kopf: „Haben Sie auf Tharkad denn nichts gelernt? Und ich dachte Ihr Vater wäre im Aufsichtsrat der Lyranischen Handelsbank.“
„Mein Großvater hat mich überwiegend erzogen und der war Soldat.“
„Alle Lyraner sind Händler, auch die Soldaten“, scherzte Boone.
„Das Kommandanthauptmann“, ich legte energisch meinen Zeigefinger auf ihn an, „ist eine Boshafte Unterstellung. Ich sollte Sie wegen Verleumdung verklagen.“
Meine beiden Senioroffiziere lachten auf und erhoben sich.
„Ich will mir noch die Nachbesprechung der Simulatorübung von Süttow und Cortez anhören. Unsere Melanie ist ein Hitzkopf und wenn Cortez sie, wie ich glaube abgezogen hat, dann werden da einige Fetzen fliegen.“
Ich verabschiedete Gordon mit einem Nicken, bedeutete Boone jedoch noch einen Augenblick zu bleiben.
„Ich habe da eine Beobachtung gemacht und dazu möchte ich Ihre … Einschätzung hören“, begann ich, „Es geht dabei um Joe Garner.“
Boones Gesicht verfinsterte sich: „Hören Sie, Herr Oberst, Joe ist ein guter Mechkrieger und ein feiner Soldat.“
„Ich habe ihn jetzt zweimal mit einer starken Fahne erlebt und einmal gesehen, wie er sich gleich nachdem er aus dem Mechcockpit gestiegen ist nach dem Flachmann gegriffen hat.“, entgegnete ich.
Mein Stellvertreter nickte bedächtig: „Ich weiß, Joe hat Probleme. Schon seit Jahren und abseits des Schlachtfeldes ist die Flasche sein ständiger Begleiter. Er muss Dinge gesehen haben, die man nicht so einfach verkraftet. Wissen Sie, er war ein Naturtalent auf dem Mech, er hat mehr Abschüsse als sonst jemand, den ich kenne. Auf Sudeten soll er mit seinem alten Whitworth zwei Claner im Alleingang abgeschossen haben aber seit er aus den Clankriegen zurück ist, ist er nicht mehr der Selbe. Wenn er zu viel Zeit hat, abseits des Feldes, dann kämpft er mit seinen Dämonen, dann muss er sie betäuben.
Aber glauben sie mir, im Gefecht finden sie keinen feineren Kameraden.“
Ich war recht Beeindruckt. Die Berichte über die Claninvasion gehört hatte, hatten mir Gänsehaut verpasst. Die Geschichten meines Onkels Richard waren erschreckend gewesen. Die Clans waren jenes Schreckgespenst mit dem uns die Ausbilder auf der Akademie zum zuhören brachten, wenn mit uns die Pferde durchgingen. Wenn wir wieder glaubten wir wären die größten und könnten es mit der ganzen Welt aufnehmen.
„Wie kam er denn zu den Commandos?“
„Ich schäme mich fast es zuzugeben“, Boone blickte zu Boden, „aber er kam über mich zu dem Haufen. Ich fand ihn in einer Kneipe hier auf Galatea. ComStar hatte gerade den Clans auf Tukkayyid besiegt und ich schlug ihm vor dort anzuheuern. Wir hatten zuvor bei der Deneb Light Cavalry gedient und waren damals sehr gute Freunde gewesen, bevor er über das Austauschprogramm zu den Lyran Guards kam. Ich wollte ihm helfen und wollte ihn in meiner Nähe haben.“
„In Ordnung, Boone aber ich will ihn nicht besoffen im Dienst erwischen oder mit einer Fahne. Dann reiße ich nicht nur ihm den Arsch auf.“
Der ältere Mechkrieger lächelte mich dankbar an: „Ist angekommen, Herr Oberst, ich kümmer mich darum.“
„Gut, danke.“
„Dann will ich mal nicht zu spät zu der Nachbesprechung kommen“, Boone erhob sich und salutierte.
Ich erwiderte den Gruß und versuchte dabei so formlos zu sein, wie es die ranghöheren Offiziere immer waren, die ich bei Manövern und Übungen der Akademie beobachten durfte.
Als Boone gegangen war entdeckte ich eine ComStar-Botschaft auf meinem Schreibtisch mit heutigem Eingangsstempel. Der Absender war meine Mutter.
Ich lächelte verschmilzt und beschloss die Nachricht mir zum Abschluss des Tages anzusehen.
Was meine potentiellen Klienten anging, so sollten Gordon und Boone recht behalten, beide tauchten vier Tage später wieder auf und mit einem effektiven Preisnachlas von zehneinhalb Prozent wurden Luvons Jäger zum ersten Mal angeworben.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 24.08.2010 13:17.

23.08.2010 21:50 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Fargrove Falls, FedCom
27. Juni 3055

Die taktische Anzeige meines Orion wurde mit unterschiedlichsten Symbolen überflutet. Tatsächlich war die schiere Anzahl von Symbolen mehr als nur verwirrend. Dabei war es doch alles ganz klar: Blaue Dreiecke waren Freunde, die Spitze zeigte dahin, wo bei ihnen Vorne war. Genauso bei den roten Dreiecken.
Die Zeile unter den blauen waren Lanzenname und Nummer, Geschwindigkeit, genaue Position.
Es gab vier verschiedene Hauptfunkkanäle: Je einen pro Kompanie und einen der an alle ging, der bei allen Mechs, Panzern und Infanteristen auf Empfang aber nicht auf senden eingestellt war, so dass er als CO allgemeine Durchsagen machen konnte.
Dann gab es die Nebenfunkkanäle zu jeden Lanzenführer. Insgesamt achtundzwanzig Leitungen.
Alles im allem eine Schwemme von Informationen, wenn man zu sehr ins Detail geht.
Die Schwierigkeit, war das wichtige herauszufiltern und zu verwerten. Gut, eigentlich sollte nur wichtiges über die Kanäle kommen, doch selbst auf dem Nagelring hatten wir Kadetten geschnattert wie blöde.
Jetzt am oberen Ende der Nahrungskette wurde mir erst klar, wie Hinderlich zusätzliches Gerede über die Funkkanäle war.
„Pathfinder 1 für Wolf 1“, die Meldung der Scoutlanze war wichtig, „zähle zwei Lanzen Mechs, vorwiegend schweres Gerät. Sind direkt zu uns auf dem Weg. Wollen wohl unsere Linie sprengen.“
„Verstanden Pathfinder 1, ziehen Sie sich vierhundert Meter zurück und nehmen Sie ursprüngliche Position ein.“
„Roger, Wolf 1.“
Zwei Lanzen Mechs, damit war der Gegner im zwei zu eins unterlegen, doch wo war der Rest? Waren dies nur die Aufklärer, die über uns gestolpert waren?
„Wolf 1 für Anvil 1, haben Sie irgendwelche Feindaktivität mitbekommen?“
„Negativ Wolf 1“, meldete sich Boone, „hätte mich ansonsten schon gemeldet, aber ich verstehe ihre Irritation Wolf 1. Wenn der Feind nicht jetzt angreifen will, wann dann.“
Ich hatte meine Truppe in bester Schulbuchmanier aufgestellt. Alpha als Zentrum, Boones Befehlslanze und dessen Feuerlanze als linke Flanke, Sturmlanze und Scoutlanze der B. Kompanie als rechte Flanke.
Panzer und Infanterie, C. Kompanie, als Reserve fünfundsiebzig Meter weiter hinten.
Boone hatte mich bei dieser Aufstellung nicht korrigiert
„Pathfinder 4, zieh dich endlich zurück!“, erklang Tanja Kovacs, die Chefin meiner eigenen Scoutlanze energisch befehlend.
„Einen Augenblick noch Tanja, ich bekomme gerade eine Identifikation“, gab John Perkins, Pathfinder 4 zurück, „wow, ein Battlemaster und ein Warhammer, Flankiert von einem Thunderbolt und einem Orion, etwas weiter rechts, ein weiterer Thunderbolt, ein Rifleman, ein Centurion und ein Hunchback.“
Die letzten Meldungen waren vom statischen Rauschen überlagert.
„Scheiße, der Battlemaster hat das Feuer eröffnet!“
„Pathfinder 4! Johnny! Sieh zu, dass Du Land gewinnst!“
Etwas mehr statisches Rauschen, dann meldete sich Kovacs wieder bei mir und riss mich aus den Gedanken über die gegnerischen Lanzen: „Wolf 1 hier Pathfinder 1, Battlemaster und Warhammer haben Pathfinder 4 ausgeschaltet, die müssen ER-Waffen haben. Anweisungen?“
„Pathfinder 1: Zurück … zurück in die Formation!“ meine Stimme überschlug sich etwas. Verdammt, die acht Mechs konnten Alpha echt gefährlich werden.
„Wolf 1, wir haben verstanden“, in der Stimme der Lanzenführerin hatte sich Unwille hineingeschlichen. Ich konnte ihr das nicht verdenken, sie hatte wohlmöglich gerade einen Mann verloren.
„Wolf 1 für Anvil 1, wir holen uns jetzt die acht Scheißkerle, bevor die Unterstützung bekommen! Zangenbewegung, Sie von rechts und links, ich führe meine Kompanie direkt rein!“
„Wolf 1, ich denke …“, das wäre auch wichtig gewesen, doch ich bekam nur ganz am Rande mit, dass Boone noch was sagen wollte und schaltete schon auf die Frequenz meiner Kompanie um: „Wolf 1 an Alpha: Vorwärts, holen wir sie uns!“
„Yeah, rock’n’roll“, zwitscherte es von Gerome Hutch fröhlich, „wird auch Zeit für etwas Action!“
Ich legte die LSR und die Autokanone auf einen Feuerleitkreis und nahm das beste, größte Ziel ins Visier: Den Battlemaster, der Herrschaftlich auf dem Hübel verharrte und das Feuer auf Erik Magnussens Marauder eröffnete.
„Friss das Du Spasti“, ertönten über Funk und Henk Evereld aus meiner Befehlslanze ließ zwei Salven LSR auf den Gegner los, ebenfalls auf den Battlemaster.
Nur Sekunden später feuerte ich und die Position des fünfundachtzig Tonnen schweren Sturmmechs Explodierte in einer riesigen Rauchwolke.
Ein Hochgefühl überkam mich und ich war drauf und dran in Jubel auszubrechen, da machte der Battlemaster einen Schritt aus dem Rauch und feuerte erneut seine PPK. Sein Partner der Warhammer trat neben ihn und eröffnete gleichfalls das Feuer.
Ich befand mich im vollen Sturmlauf und hätte fast die Kontrolle über seinen Mech verloren, als die beiden azurblauen Energieblitze mich trafen. Na warte, DAS kann ich auch! Augenblicklich wechselte ich das Ziel und feuerte erneut die Raketen und die Autokanone. Die beiden anderen Mechkrieger aus meiner Befehlslanze, David Hawk und Jörg Borer, hatten ebenfalls den Warhammer als Ziel auserkoren. Diesmal zeigte der Beschuss tatsächlich Wirkung und der siebzig Tonnen schwere Gegner geriet ins Wanken. Unverständlicherweise viel er aber nicht um, sondern knickte nur auf dem rechten Knie ein und feuerte trotz des schweren Beschusses weiter mit beiden PPKs.
Na warte Freundchen. Auf Maximalentfernung für meine Laser angekommen fügte ich diese meinem nächsten Angriff hinzu, verfehlte jedoch mit beiden Strahlern, während Raketen und Granaten weitere Panzerung von meinem Gegner sprengten.
Die Lampe für den Funk blinkte wie wild und der Warner für feindliche Zielerfassung sprang an. Was zum Teufel? Der Battlemaster war herangekommen und eröffnete mit PPK, Lasern und Raketen das Feuer. Der Battlemaster! Wie hatte ich denn nur den Battlemaster vergessen können? Idiot! Idiot! Idiot!
Der Einschlag des feindlichen Feuers war verheerend: Der Orion machte einen Ruck und ich wurde fest in die Gurte geschleudert, das mir für einen Augenblick die Luft wegblieb. Wie durch ein Wunder konnte ich Hope aufrecht halten. Jedoch nur so lange, bis der Warhammer ebenfalls auf mich schoss und seine beiden PPKs sich in meine linke Seite versenkten, da musste ich der Schwerkraft den angemessenen Tribut zollen.
Die konzentrieren ihr Feuer obwohl sie zwei zu eins unterlegen sind, auf MICH!
Los, wieder hoch, nichts wie wieder hoch. Mit aller Gewalt riss ich an den Kontrollen, doch der gegnerische Battlemaster schien nicht geneigt mich wieder hochkommen zu lassen.
Eine weitere Breitseite schickte mich erneut zu Boden. Wieder schnitten die Sicherheitsgurte sich in mein Fleisch und ich schmeckte Blut im Mund.
„Wolf 1! Wolf 1, hier Anvil, wir werden hier überrannt! Zwei Kompanien! Hammer und Rabbit werden auf der rechten Flanke gebunden! Alpha brecht durch! Wolf 1, hören Sie mich?“
„Anvil, hier Wolf 1 …“, ich brach ab, als mein ganzes System ausfiel und es in der Kanzel dunkel wurde. Die Kontrollen schalteten sich ab. Scheiße. Dann erwachte der Hilfsmonitor zum leben und teilte mir in mit, dass ich tot und die Übung für mich beendet war.
Wütend schlug ich gegen die Konsolen und schluckte das Blut herunter. Toll, ich habe mir auf die Zunge gebissen. Ich war in die Falle gelaufen. Sowas durfte mir nicht passieren, ich sollte meine Männer führen, befehligen und ihnen nicht voran in die Falle laufen.
Verbittert schaltete ich die taktische Karte wieder an und ließ die Lautsprecher den Sprechfunk ausgeben. Die Jungs, HA Jungs, meine Leute hörten sich immer hektischer an. Boone koordinierte tatsächlich noch einen Ausbruch der Alpha Kompanie. Und in kurzer Folge wurden der Battlemaster und der Warhammer „getötet“.
David Hawk ging allein einen der beiden Thunderbolts an und wurde dabei jedoch recht schnell ausgeschaltet.
Antonia Lombardi erledigte ziemlich schnell hintereinander sowohl den gegnerischen Centurion als auch den Hunchback. Einzig unterstützt von Simon L’Carn, der sich anschließend umdrehte und dem Rest der Alpha Kompanie den Rückzug deckte, als die beiden Kompanien, die Boone überrannt hatten im Rücken von Alpha auftauchten.
Die Panzer und Infanterie der Jäger wurden fast im Vorbeigehen beiseite gewischt.
Da der Funk der anderen Seite jetzt auch für ihn frei gegeben war, schaltete er um, um mal zu hören, was das erste Bataillon von Crawforts Charger so sprach.
Die Stimme des gegnerischen Bataillonskommandeurs war ruhig und professionell. Nur einmal schien Jules Nashsmith Stimme die Fassung zu verlieren, als er seinen Leuten den Befehl gab diesen „gottverdammten“ Centurion auszuschalten.
Nach Boones Ausfall, der zwar den Durchbruch der A. Kompanie erkauft hatte, schafften es weder Magnussen noch der ebenfalls entkommene Cortez die Jäger erneut zu organisieren.
Oh man, da werde ich mir von Boone aber was anhören dürfen und dabei sollte doch ICH den Anschiss verteilen, als Chef.

Schließlich entschied ich mich dafür, dass ich mich nicht ewig im Simulator würde verstecken können und öffnete das Kanzeldach. Zu meiner eigenen Verwunderung erwartete mich Eris Crawfort neben meiner Simulatorkanzel.
Wollte sich der Colonel am Sieg seiner Leute erfreuen? Ich wurde mir des undeutbaren Blickes gewahr, mit dem mich Crawfort maß. Es war jedenfalls keine Schadenfreude.
„Was überlegen Sie Colonel?“
Er grinste schnaubend: „Ich überlege, ob Jules Sie über- oder unterschätzt hat.“
„Wie meinen Sie denn das?“ fragte ich scharf.
Crawfort reichte mir eine Flasche Saft: „Sehen Sie, er hat Ihnen eine Falle gestellt und Sie sind ihm direkt rein gelaufen. Kopf Runter und drauf. Dafür hat er mit Ausnahme seiner Bataillons-Befehlslanze seine beiden schwersten Lanzen eingesetzt.
Mit welchem Ergebnis?“
„Seine beiden schwersten Lanzen sind vernichtet.“
„Sehen Sie, Jules hat wohl nicht geglaubt, dass Sie so scharf an diese beiden Lanzen ran gehen, entweder er hat sie für zu Klug dafür gehalten oder für zu zaghaft. Niemand sollte seine Sturmlanzen als Köder einsetzen.“
„Das werde ich mir merken, Colonel“, ich seufzte, „sonst noch irgendwelche Tipps.“
„Natürlich, Herr Oberst“, schon wieder dieser Davion-Akzent und auch hier war kein Spot zu hören, „Sie sollten ihrem XO länger zuhören, der wollte Sie warnen. Ein bemerkenswerter Mann, der zwei Kompanien mit zwei Lanzen lange genug aufhalten konnte, damit ihre Kompanie durchbrechen kann. Sie sollten ihn nur im realen Leben nicht in eine solche Situation bringen. Weil anschließend ist er entweder tot oder desertiert.“
Er wollte sich schon abwenden, doch dann reicht er mir ein Datapad: „Wenn Sie mit ihrer eigenen Schlächterrechnung fertig sind, sollten Sie sich das hier durchlesen. So sieht ein Sieg aus, Sie werden feststellen, der Unterschied ist nicht ganz so groß, wie man denken mag. Um Sie vorzubereiten, auf das reale Schlachtfeld.“
„Danke, Colonel.“
„Viel Glück, der da scheint darauf aus zu sein, Ihnen den Kopf abzureißen“, verabschiedete sich Crawfort von mir und ging davon.
Mir schwante, wer hinter mir stand und langsam drehte ich mich zu Malcolm Boone um und wäre fast einen Schritt zurück gewichen. Ich könnte schwören, dass in den Augen meines Stellvertreters Mordlust zu sehen war.
„HERR Oberst, was zur Hölle nochmal haben Sie sich dabei gedacht? Die Falle nicht zu sehen ist ja eine Sache, mich aber im Funkspruch abzuwürgen, als ich ihnen meine Bedenken mitteilen wollte, ich denke ich soll Ihnen bei der Führung der Einheit helfen?“
„Ähhh“, tolle Antwort Alex, wirklich schlagfertig, „ich wollte … die beiden Lanzen erledigen, Himmel wer setzt bitte zwei schwere Lanzen als Köder ein.“
Ich senkte den Blick, verdammt, ich sollte nicht so kleinlaut sein, ich war sein Boss.
„Es ist nicht Ihre Aufgabe Abschüsse zu machen, sie sollen niemanden erledigen, dafür sind die einfachen Soldaten da!“
Natürlich, so sehr er damit recht hatte, in meinem Fall hatte er damit Unrecht: „Aber ich muss mich doch beweisen! Genauso wie Perkins oder Läufer, eher noch mehr.“
„Alex“, er gebrauchte zum ersten Mal meinen Vornamen, „das kann ich verstehen. Aber das geht nicht. Sie sind noch nicht erfahren genug, um sich ins Getümmel zu stürzen und den Überblick zu behalten. Niemand kann das wirklich. Sie sind der Kommandeur oder wollen es zumindest sein. Führen von vorne ist eine feine Sache und bei Grayson Carlyle mag das klappen. Sie jedoch können sich nicht gleichzeitig als Mechkrieger beweisen und ein Bataillon führen.“
„Dann soll ich also nur zur Zierde in meinem Orion durch die Gegend laufen?“ Trotz machte sich in mir breit.
„Es ist kaum vermeidbar, dass Sie ins Gefecht hineingezogen werden, dennoch müssen Sie sich als Chef so lange raushalten wie möglich. Greifen Sie da ein, wo es unvermeidlich ist, geben Sie Unterstützungsfeuer auf weite Entfernung. Am liebsten würde ich Alpha an Magnussen übergeben und ihre Befehlslanze solo laufen lassen.“
Ich verschränkte die Hände vor der Brust und sah ihn düster an: „Und das wird den Respekt in der Truppe steigern.“
Er seufzte: „Nein, natürlich nicht, zumindest nicht anfangs. Aber Sie müssen noch viel lernen, Sir, sehr viel und in ihrer Position müssen Sie schnell lernen und trotzdem dürfen wir dabei keine Schritte machen, die letztlich zu groß sind. Wäre dies unser erstes reales Gefecht gewesen, wäre Sie tot, ich tot und mit uns siebzig Prozent IHRER Leute. Luvons Jäger hätten kein Jahr überstanden.“
Das saß. Ich senkte meinen Blick: „Gut, fangen wir mit kleinen Schritten an.“

Die Nachbesprechung verlief einiger maßen glimpflich. Meine Einleitung: „Trotz der Niederlage können wir die Übung als Erfolg verbuchen, denn zumindest Euer Chef hat gelernt, wie es nicht geht.“
Das hatte für etwas Gelächter gesorgt und die düsteren Mienen ein wenig aufgehellt.
Den Rest der Nachbesprechung hatte Boone geleitet, der wirklich jeden einzelnen Fehler ansprach und analysierte.
Ich machte mir eine Menge Notizen, vor allem als er meine Fehler ansprach. Das zauberte bei einigen ein hämisches Grinsen aufs Gesicht, bei anderen erntete ich Anerkennung, dass ich diese Fehleranalyse klaglos über mich ergehen ließ und mir meine Fehler zu Herzen nahm.
Ich nehme an, es waren die wichtigeren Jäger, Ramon Cortez, Oberleutnant Magnussen, der Chef von Alphas Kampflanze und Jean Gordon.
Gerome Hutch schien auch zum ersten Mal seit ich ihn kennen gelernt habe so etwas wie ein Profi zu sein. Letztlich kannte er Boone länger als mich und wusste wohl bei ihm, wann er besser die Klappe hielt.
Selbst Toni Lombardi entkam der Kritik nicht, obwohl sie fast im Alleingang zwei Gegner erledigt hatten. Als einzige nahm sie Boones Anmerkungen mit gelassenem grinsen hin.
Mit ihrer braun gebrannten Haut und ihrer Stupsnase sah sie sehr ausgesprochen frech aus und das Funkeln in den Augen besagte deutlich ‚Du kannst mich mal, alter Mann‘.
Ausdrücklich gelobt wurden Cortez und Magnussen führ ihr Engagement sowie Simon L’Carn für seine ‚Heldentod‘ für die Alpha Kompanie.

Auf der Rückfahrt zur Kaserne war ich dann ziemlich schweigsam und brütete vor mich hin. Ich hörte auch nicht so richtig zu, was Ray sagte. Eigentlich hatte ich auch keine große Lust mich mit ihm zu unterhalten. Warum hatte ich eigentlich kein Führersein? Ich durfte einen Mech führen, da sollte doch ein Jeep kein Problem sein.
Ray bremste stark und hupte einen Luftkissentransporter an, der ihn schnitt: „Du hast doch Tomaten auf den Augen!“
„Was sagten Sie gerade?“
„Ich meinte nicht Sie, Herr Oberst“, beeilte er sich, „sondern den Idioten da vorne!“
„Das meine ich nicht, das da vor“, wollte ich wissen. Warum sollte ich mich nicht mit Ray unterhalten. Er war sicherlich immer einer von den coolen Typen gewesen, auf der Schule, der Akademie und in den Truppen wo er vorher gedient hatte.
Außerdem war er mein Fahrer, mit ihm konnte ich mich verbrüdern.
„Ich habe mich nur gefragt, warum dieser Jeep ein Funkgerät hat, mit dem wir bis in die äußere Atmosphäre funken können, aber nicht mal das billigste Radio? Ich mein, was wär‘ jetzt geiler als ein wenig Rockmusik, während wir mit offenen Fenster durch die Straßen von Galatea crusen?“
Er setzte sich eine abscheuliche Sonnenbrille auf.
„Sie dürfen gerne singen, Ray.“
„Wirklich, Sir?“
Ich blickte zur Rückbank, wo Boone wild und ablehnend mit der rechten Hand wedelte. Hawk der neben ihm saß zog nur die Stirn kraus.
Ich kuschelte mich in den abgewetzten Ledersitz, so das Boone mein böses Grinsen nicht sehen konnte: „Singen Sie, Ray, wann immer Sie wollen.“
Der Feldwebel trommelte kurz auf dem Lenkrad herum: „Kennen Sie Kiss of Death von den Fortune Hunters?“
„Ja klar“, natürlich kannte ich die Rockband von Donnegal, die wie eine Söldnereinheit auftraten und rockige Kriegsballaden sagen.
„One silent night at Dragon Land’s Border …“, intonierte Ray.
Zuerst begann ich im Takt mitzuklopfen und beim zweiten Refrain sang ich dann mit. Ray sang zwar nicht perfekt, aber doch annehmbar gut. Weit besser als ich. Wahrscheinlich wer mein Klopfen nicht mal richtig im Takt aber was soll’s.
So fuhren wir durch die staubigen Straßen von Galaportm, singend, wie die coolen Dudes. Ich würde mir wohl eine Sonnenbrille kaufen müssen.

In der Kaserne angekommen ließ Ray uns vor dem Hauptgebäude aussteigen um anschließend den Jeep im Fuhrpark abzuliefern.
Boone schüttelte resigniert, amüsiert den Kopf: „Sie und Ray geben ja ein echt feines Duett ab.“
„Mögen Sie keine Musik, Kommandanthauptmann?“
„Doch ich liebe Musik, darum werde ich zukünftig auch in einem der LKWs mitfahren.
Meine übrigen Truppen kletterten gerade aus dem Kleinbus und den beiden LKW, die zusammen mit drei weiteren Jeeps und einem Schwertransporter unseren Fuhrpark bildeten.
„Herr Oberst“, begrüßte mich einer meiner Stäbler, Grayham Flint, ein ernster Knabe Mitte Zwanzig, ein entrechteter Mechkrieger, der nichts sehnlicher täte als wieder ins Cockpit zu steigen, „da sind zwei Herrschaften für Sie gekommen. Bestanden darauf Sie persönlich zu sprechen. Beide warten schon seit fast drei Stunden. Er sieht aus wie ein Buchhalter, sie nicht schlecht aber ziemlich ernst.“
„Seit drei Stunden?“ ich nahm zwei Stufen auf einmal.
Tatsächlich saß vor meinem Büro ein älterer Knabe, den auch ich als Buchhalter eingestuft hätte. Eine spindeldürre Gestalt in einem etwas aus der Mode gekommenen Geschäftsanzug blickte mich über den Rand seiner Lesebrille an.
Er erhob sich, zog sein Jackett glatt und bot mir die Hand: „Gebhard Stegen, haben Sie einen Augenblick Zeit für mich?“
„Der OG, berichtete, dass zwei Personen auf mich warten würden.“
„Der OG?“
„Obergefreite“, erklärte ich und blickte mich um.
„Oh, Jutta musste ganz dringend mal für, naja Sie wissen schon. Wobei“, er blickte auf die Uhr, „ das bei ihr länger dauern könnte.“
Stegen zuckte entschuldigend mit den Schultern.
„Na gut, kommen Sie rein.“
Ich hielt meinem Gast die Tür auf und nahm hinter meinem Schreibtisch Platz. Stegen wartete bis ich mich gesetzt hatte, dann nahm auch er Platz.
„Was kann ich für Sie tun, Herr Stegen“, begann ich unser Gespräch.
„Ah, Sie kommen gleich zum Punkt, nun ja angenehm“, er rutschte etwas unruhig im Sessel hin und her, „nun ja, eigentlich wollte ich etwas für Sie tun, Herr Oberst, My Lord?“
„Herr Oberst genügt völlig“, wie großkotzig Alex. Tatsächlich gefiel es mir, ‚Herr Oberst genügt völlig‘ wiederholte ich geistig.
„Nun, Herr Oberst, ich wollte Ihnen und Ihrer Einheit meine Dienste als Jurist anbieten.“
„Als Jurist? Um uns hier auf Galatea zu vertreten. Nun, um ehrlich zu sein Herr Stegen, eigentlich habe ich nicht vor, hierher zurück zu kommen. Von daher, bitte nehmen Sie mir das nicht übel, hoffe ich keine Repräsentanz hier zu benötigen.“
Stegen lächelte unsicher: „Nun, eigentlich wollte ich Ihnen hier keine Repräsentanz anbieten, sondern Sie begleiten.“
„Sie sind kein Militäranwalt oder?“
„Woher … ach, weil ich die Abkürzung, OG war es, nicht kannte“, er ließ seine Schultern etwas fallen, „in der Tat, ich bin Zivilanwalt.“
„Und warum wollen Sie von Galatea weg?“
Er blinzelte etwas überrascht, vielleicht auch ertappt: „Wie kommen Sie denn darauf?“
„Naja, so ganz blöd bin ich ja nun nicht, Herr Stegen, Sie kommen als Zivilist zu einer Militäreinheit, sehen gar nicht aus, wie ein Abendteurer und zufälligerweise verlassen wir im Laufe der Woche diesen Planeten.“
„Sagen wir so, ich habe ein Problem, mit einigen Einflussreichen Personen in Galaport und hatte gehofft, dass ich mit Ihnen hinausschlüpfen könnte.“
„Aha!“
„Hören Sie, ich würde auch die Passage abarbeiten, vielleicht kann ich auch Geld auftreiben um diese zu bezahlen, ich glaube einfach nicht, dass ich über den zivilen Raumhafen ungeschoren davon komme.“
„Wenn das so mächtige und einflussreiche Leute sind, vielleicht will ich mich dann gar nicht mit denen einlassen“, war meine Antwort. Der Knabe druckste für meinen Geschmack zu viel herum.
„Ich …“, er verstummte, blickte zu Boden, dann wanderte sein Blick durch mein kahles nichtssagendes Büro, „dann nehmen Sie bitte Jutta mit.“
„Wie bitte?“
„Meine Sekretärin, Jutta Henschel, ich habe die Sache verbockt und sie ungewollt mit hineingezogen. Wenn die Herren sie in die Finger bekommen, darf sie noch mit büßen. Für meine Fehler. Bitte, nehmen Sie sie mit, ich werde das Geld für die Passage irgendwie aufbringen.“
„Herrje, wie verzweifelt sind Sie, dass Sie sich an mich wenden? Sie kennen mich nicht einmal. Und wenn ich richtig vermute stecken Sie ziemlich tief in der hiesigen Unterwelt drin, dass Sie Freunde haben müssten, die sie vom Planeten runter schaffen könnten. Wen haben Sie verärgert?“
Ich versuchte den kleinen Mann erneut einzuschätzen. Er war so nichts sagend.
„Ich war Vermögensverwalter für einige hm … Firmen, die letztlich und über einige Umwege der Calanori Familie, die mächtigste Mafiafamilie in Galaport, gehören.
Ich hatte einige Summen beiseite geschafft. Naja, so ein paar Milliönchen waren es schon.“
„Damit sollten sie doch locker hier weg kommen.“
„Naja“, gab er zu, „wenn ich mich denn noch an wen wenden könnte oder noch etwas Geld übrig wäre, an das ich ran käme. Es gab da ein paar Investitionen, die sich in Rauch aufgelöst haben. Sie erinnern sich an die Schließung von Kilbourne Military Supplies?“
Natürlich, Kilbourne sollte vornehmlich Wärmetauscher für die Lyranische Armee liefern, konnte aber die nötigen Standards nicht halten. Letztlich stellte sich heraus, dass die Geschäftsführung vorsätzlich mangelhafte Materialien zur Gewinnmaximierung einkaufte.
„Einer der größeren Beteiligten war Ferguson & Son Interstellar Investments von Solaris VII. Ich war Ferguson und auch Fergusons Sohn. Ich habe mich selbst übers Ohr hauen lassen. Nun ist Don Ricardo hinter mir her, seit er herausgefunden hat, woher ich mir das Geld geborgt hatte.
Werden Sie Jutta mitnehmen?“
Er bettelte aber nicht um sich. Er sah aus, wie jemand der seit geraumer Zeit Todesangst verspürte und doch bettelte er mich an, zumindest seine Sekretärin mitzunehmen.
„Wie lange entziehen Sie sich ihm?“
„Seit knapp drei Wochen.“
„Ich nehme Sie mit.“
„Danke, ich danke Ihnen, dann ist wenigstens sie sicher.“
Ich schüttelte den Kopf: „Ich nehme Sie beide mit aber keiner von Ihnen wird bis zum Abflug die Kaserne mehr verlassen.“
„Sie werden es nicht bereuen“, beteuerte er und wahrscheinlich meinte er es in genau diesem Moment sogar noch ernst, „das versichere ich Ihnen, Herr Oberst.“
Ich rief im Verwaltungsbüro an.
„Valetta! Was kann ich tun, Herr Oberst?“
„Sie können vor meinem Büro zwei Leute abholen und in die Stammrolle aufnehmen, Ray. Einjahresverträge, niedrigste Soldstufe. Frau Henschel als Schreibkraft und Herrn Stegen als Regimentsjurist. Sehen Sie bitte zu, dass Sie für Herrn Stegen ein paar der wichtigen Militärgesetzestexte bekommen.“
„Zu Befehl, Her Oberst.“
Ich legte auf und blickte Stegen an: „Sie können wegtreten.“
„Oh, natürlich“, er erhob sich und führte einen ungeschickten Salut aus, „vielen Dank nochmal.“
Hatte ich eine Schwäche für gescheiterte Existenzen entwickelt? War ich nicht auch eine gescheiterte Existenz?
Jetzt hatte ich einen Regimentsjuristen und eine zusätzliche Schreibkraft mehr, dabei fehlten mir zehn anständige Astechs und ich bezweifelte das Stegen in der Lage war einen Myomerspanner zu bedienen.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 19.10.2010 23:01.

18.10.2010 23:02 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Galaport
Galatea, Vereinigtes Commonwealth
30. Juni 3055

Es war unser letzter Abend auf Galatea. Unser gesamtes Gerät war weitestgehenst in die drei Landungsschiffe verladen und die Kaserne war so gut wie geräumt.
Vor dem Aufbruch gewährte ich meinen Leuten nochmal allgemeinen Ausgang. Einzig Gebhard Stegen und meine von ihm geerbte Sekretärin Jutta Henschel hatten es vorgezogen sich schon auf einem der Lander zu verkriechen.
Der Rest der Einheit wollte noch eine Nacht drauf machen und ihren ersten Sold unters Volk bringen.
Natürlich waren wir noch keine große Familie, so dass die Einheit gemeinsam los zog. Man verabschiedete sich in Gruppen, Infanteristen, einzelne Panzerbesatzungen, Cortez und Hawk zogen allein los. Willard Kean schnappte sich sein eigenes Werkzeug, das George Riker schon neugierig begutachtet hatte, schlich sich in die Nero, einen der angemieteten Union-Klasse Transporter und machte sich daran noch etwas an seinem Scorpion zu schrauben.
Joe Garner verließ die Kaserne gar nicht mehr, er war schon gegen zwanzig Uhr stockbesoffen kollabiert und in sein Bett gefallen.
Bis in die späten Abendstunden wusste ich eigentlich nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Mir auch eine Bar suchen und mich einfach voll laufen lassen? Trinken nur um des trinken willens? Oder um des Betrunkenseins? Oder schick essen gehen? Allein?
Es war schon recht spät und ich hatte mich für ein wirklich exquisites Abendessen im besten Restaurant des Pera Palace entschieden, da klopfte es nochmal an meiner Bürotür.
Auf meine Bitte trat Malcolm Boone ein. Mein Stellvertreter trug die komplette Paradeuniform mit allem Schmuck, den er noch zusätzlich aufbieten konnte.
Überhaupt waren viele meiner Leute in Paradeuniform ausgegangen. Jean Gordon hatte es mir wie folgt erklärt: Die Mädchen und Jungen wollte nochmal richtig feiern gehen, bevor es in den nächsten Einsatz ging. Und dafür wurde natürlich das Beste angezogen, was in der Garderobe vorhanden war, und für die meisten war das nun einmal die Uniform gewesen.
„Was kann ich für Sie tun, Kommandanthauptmann?“
„Wollte mich eigentlich nur abmelden.“ Er betrachtete mich kurz mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln. „Stoßen Sie im Killarney nachher noch zu uns? Ist ein kleiner gemütlicher Pub in der Von-Sauer-Straße.“
„Ich denke, ich werde vorbeikommen“, versuchte ich meine Freude über die Einladung nicht zu offensichtlich darzustellen.

Spät am Abend, nach einem mehr als reichlichem fünf Gänge Menü im Pera Palace betrat ich das Killarney. Es war wie Boone gesagt hatte ein ziemlich gemütlicher Pub, nach alter donegalischer Tradition eingerichtet.
Die Möbel und das Interieur waren aus einheimischen Hölzern gefertigt. In der Mitte des Schankraums stand ein grün bespannter Billardtisch, die Rückwand wurde von einer langgezogenen Bar dominiert. Dahinter waren Regale mit einer ansehnlichen Sammlung von Alkoholika an der Wand angebracht. Obwohl mir eine Mischung aus Schweiß, verschüttetem Alkohol und Zigarettenqualm entgegenkam fehlte dieser Kneipe die heruntergekommene Aura, welche das Marauder Bill’s ausgezeichnet hatte.
Scheinbar wurde das Publikum von meinen Leuten beherrscht. Auch die meisten nicht Uniformierten gehörten meiner Truppe an.
An einem runden Tisch, der als Stammtisch ausgewiesen wurde, links von der Eingangstür zelebrierten Infanteristen und Panzerfahrer ein obskures Trinkspiel.
Natürlich wurde meine Anwesenheit alsbald zur Kenntnis genommen. Nachdem ich mich nochmal im Raum umgeblickt hatte knöpfte ich langsam die Uniformjacke meiner Paradeuniform auf und hängte sie an die Garderobe.
Ich war mir nicht ganz sicher, welche Botschaft ich damit übermitteln wollte, aber das anerkennende Nicken von Boone sagte mir, dass ich richtig gehandelt hatte.
Entspannt, meine Hände in die Hosentaschen verstaut, schlenderte ich zur Bar und stellte mich zu George Riker, der sich angeregt mit einem seiner Techs unterhielt.
Riker wirkte wie ein bunter Hund, unrasiert und in lässigen Zivilklamotten wirkte er gar nicht wie ein abgehärteter Söldnerveteran. Seine schwieligen Hände und der Dreck, der sich an diesen festgesetz hatte, verrieten seine Profession als hart arbeitender Mechaniker.
Er unterbrach sein Gespräch, blickte mich an und nickte mir grüßend zu: „N'Abend, Boss.“
„N'Abend, George.“
Er blinzelte überrascht, wahrscheinlich hatte er damit gerechnet dass ich ihn mit Herr Riker oder mit Oberleutnant ansprechen würde.
Tatsächlich hatte ich mir den halben Abend den Kopf zerbrochen, wie ich privat mit meinen Leuten umgehen wollte. Ich hatte mich letztlich dafür entschieden etwas zu experimentieren. Diese Leute waren nicht nur Soldaten, das hatte mir George Riker deutlich zu verstehen gegeben, diese Leute waren Individuen, und das wohl um vieles mehr als die Soldaten, die ich kennen gelernt hatte.
Wahrscheinlich waren die Lehren meines Großvaters im Umgang mit ihnen nicht immer die richtigen.
„Was darf‘s denn sein?“, fragte der Barkeeper. Das "Junge" war zwar nicht gesagt, hing jedoch zwischen uns in der Luft.
Ich blickte kurz über sein Whiskeysortiment: „Geben Sie mir ein Donegal Export und einen Glengarry Black Label. Möchten Sie noch etwas?“
Riker leerte schnell noch sein Bier: „Ich nehme das Gleiche wie der Oberst.“
Er schien den abschätzenden Blick des Wirts so interpretiert zu haben, dass dieser überlegte, ob er mir überhaupt Alkohol ausschenken durfte.
Ich blickte zu dem Techniker rechts von Riker: „Und Sie …?“
„Gray, Travis Gray. Nein, ich hab noch, danke … Herr Oberst.“ Der Mann, sommersprossig und mit einem offenen Gesicht hielt sein noch fast volles Bier hoch.
„Nach allem, was ich gehört habe“, nahm Riker das Gespräch wieder auf, „wird das eine recht simple Aufgabe, ein wenig Palastwache für so ne komische Firma, Easy-going.“
„Na ja, ich selbst muss eingestehen, dass ich mir doch etwas Action gewünscht hätte, aber so geht es wohl allen am Anfang. Für die Truppe erscheint mir dieser Kontrakt aber doch passender. So haben wir mehr Zeit uns aneinander zu gewöhnen, uns kennen zu lernen und zu trainieren.“
In einer der hinteren Ecken wurde es etwas lauter, Karten wurden auf den Tisch geknallt und Geld an sich gerafft. Einige beschwerten sich lauthals, andere spotteten.
„Einige will man vielleicht gar nicht enger kennen lernen“, meinte Riker lakonisch und sein Blick blieb auf Gerome Hutch hängen, der Zigarre rauchend anfing die Karten zu mischen und dabei verschmitzt grinste.
Ich sah meinen Mastertech fragend an, doch bevor er irgendetwas erläutern konnte wurden unsere Getränke gebracht.
„Auf eine erfolgreiche Verlegung“, erhob Riker sein Bier und ich stieß mit ihm und Travis Gray an.
„Aber haben Sie keine Angst, das Willard nicht gerade alles wieder durcheinander bringt?“
Riker verzog das Gesicht: „Das ist auch so eine Kanallie. Aber dem habe ich kräftig Bescheid gestoßen, wie ich die Hangars morgen vorfinden möchte.“
„Und Erfolg gehabt?“
Der ältere Mann machte ein nachdenkliches Gesicht: „Ich WEISS es ehrlich gesagt nicht. Ist eine ganz schön komische Type, der Knabe. Obwohl er als Mechkrieger und als Tech einiges zu bieten hat, wie mir scheint. Wenn nur diese Rechthaberei nicht wäre, dann könnte ich den tatsächlich in der Truppe gebrauchen.“
„Aber er nimmt Ihnen doch Arbeit ab.“
Widerstrebend nickte Riker.

Der Abend plätscherte so dahin und ich unterhielt mich mit vielen meiner Leute, mit denen ich ansonsten noch kaum ein Wort gewechselt hatte.
Schließlich blieb ich an einem Tisch mit jüngeren Mechkriegern hängen. John Perkins, der nächstjüngere Jäger versuchte meine Anwesenheit cool zu nehmen, doch es gelang ihm nicht. Aus irgendeinem Grund schien ich ihn nervös zu machen.
Er wirkte verkrampft und konnte mir kaum ins Gesicht sehen. Ich glaubte zu wissen warum: Er folgte Malcolm Boone wie ein Hündchen, und so wie dieser mich behandelte musste ich für Perkins wie ein olympischer Gott erscheinen. Zum Glück waren die anderen am Tisch nicht genauso.
Jörg Borer aus meiner Befehlslanze war ganz natürlich, er hatte auch schon bei diversen Manövern mit mir zu tun gehabt und schien mich soweit akzeptiert zu haben.
Die von Tikonov stammende Führerin meiner Scoutlanze, Tanja Kovacs, wirkte unbefangen, ebenso Simon L’Carn, der für seine dreiundzwanzig Jahre recht abgebrüht daherkam.
Um die Gruppe abzurunden saß neben mir Antonia Lombardi, die munter daher plauderte. Mit ihrer braun gebrannten Haut, dem braunen zu einem locker gebundenen Zopf, perlweißen Zähnen und funkelnden Augen gehörte sie an und für sich genau in mein Beuteschema.
Und dem traumhaften Lächeln nach, dass sie mir immer wieder zuwarf, ich ihn ihres.
„… geben Sie mir ein Ziel und ich lege es um“, sagte sie gerade und ließ wieder ihre Zähne aufblitzen. „So war das schon immer, seit ich im Mech sitze. Seit sechs Jahren bin ich im Gewerbe und habe schon einige Schlachten erlebt, und bislang bin ich ohne einen Kratzer davon gekommen. Keine Verwundung, keine Narben, obwohl mein kleiner Centurion schon einiges einstecken musste.“
Ihre Uniformjacke hing über der Lehne ihres Stuhls, und so konnte sie sich über ihren makellosen Arm fahren. Sie war leicht muskulös, eindeutig sportlich, ohne durchtrainiert zu sein.
„Ach Schätzchen“, mischte sich eine ältere Frau von jenseits des Tisches ein, „noch nichts erlebt, aber mächtig am angeben.“
Ich lehnte mich etwas zurück, damit Toni Lombardi richtig gucken konnte.
„Wie meinen Sie denn das … Frau Leutnant?“
Der Tonfall der jungen Centurion-Pilotin wurde schnippisch.
Melanie Süttow, die Kommandeurin der Kampflanze von Boones B. Kompanie, knöpfte ihr Uniformhemd auf und ihre muskulösen Arme wurden sichtbar. Ein dunkles Tanktop spannte sich über ihrem Oberkörper: „Andenken, Gefreite!“
Sie deutete auf die verschiedenen Narben: „Benford Ridge, direkter Kopftreffer. Münster Ebene auf Van Diemen IV, Scharfschütze. Diese hier am Hals, Granatsplitter auf Hassad.“
Toni beugte sich vor und lächelte Süttow frech an. Dabei legte sie ihre Hand auf meinen Arm, was ich gelinde gesagt elektrisierend fand: „Wenn man sich nicht schnell genug ducken kann, muss man damit rechnen solche Andenken mit sich rumtragen zu müssen.“
Die ältere Mechkriegerin biss die Zähne zusammen und beugte sich knurrend vor.
Ich öffnete den Mund um, ja was sollte ich jetzt sagen, dass die Geschichte nicht weiter eskaliert? Mein alkoholgeschwängertes Hirn versuchte auf Touren zu kommen.
„Wenn wir jetzt etwas Schlamm oder Pudding hätten, könnte das richtig amüsant werden, Ladies“, Gerome Hutch stand etwa einen Meter hinter mir und beobachtete die Szene mit amüsiert vorfreudigem Grinsen. „Möchten Sie eine Zigarre, Oberst?“
Ich betrachtete den mir dargebotenen ‚Kotzbalken‘ misstrauisch: „Der wird doch nicht explodieren, wenn ich ihn mir anstecke, oder?“
Die etwas aus der Bahn geratene Stimmung hellte sich wieder auf.
„Nein, so was gibt es doch gar nicht“, versicherte mir Hutch.
„Besser nicht, aber vielen Dank, Hutch.“
„Später vielleicht.“
„Später vielleicht“, bestätigte ich.

Später unterhielt ich mich mit Ray Valetta und Grayham Flint, beides entrechtete Mechkrieger, die bei mir angeheuert hatten. Wobei die Sache bei Ray wohl endgültig war und er sich beim Ausstieg aus seinem Shadow Hawk eine üble Verletzung im Innenohr zugezogen hatte, die es ihm wohl unmöglich machte jemals wieder einen Mech zu führen.
Flint blickte hinüber zu dem später eingetroffenen David Hawk, der sich an einem Bier festhaltend in eine Ecke des Killarney verzogen hatte: „Was ich schon seit einiger Zeit los werden wollte… Herr Oberst, also ich mache diesen Schreibtischjob notgedrungen schon eine ganze Weile. Ich glaube ich bin recht gut darin, ich brauche da keinen Hirtenhund.“
Ich war etwas überrascht und folgte seinem Blick: „Wie meinen?“
„Na ja, der Große blickt mir immer über die Schulter. Ich kann nicht mal ein Blatt Papier abheften, ohne das er mich beobachtet.“
Ich zuckte mit den Schultern und wollte ihm gerade sagen, dass ich davon nichts wusste, da wurde die Tür des Pubs aufgestoßen.
Herein kamen zwei schmierige Typen in teuren Anzügen. Der größere von beiden trug einen dunkelblauen Anzug, hatte braun gebrannte Haut und seine schwarzen Haare nach hinten gegelt.
Der kleinere hatte eine Glatze und einen cremefarbenen Anzug, sowie stahlblaue Augen.
„Wer ist hier der Boss?“, fragte der Große.
Fast rechnete ich damit, dass Boone vortreten würde, doch von dem war nichts zu sehen. Okay, wir waren zwanzig zu eins in der Überzahl, auch wenn die Infanterie schon lange unter dem Tisch lag, zusammen mit den Panzerfahrern, die es geschafft hatten sich unter selbige zu trinken. Infanterie, wenn man sie einmal braucht. Aber was zur Hölle wollten diese Affen von uns oder besser gesagt von mir?
Nach kurzem Zögern trat ich zum Billardtisch und somit in die Mitte des Raums: „Das bin ich.“
So wie der Raum schwankte musste ich entweder etwas angetrunken sein, oder Galatea hatte Probleme mit seinem Sonnenorbit.
Wie aufs Stichwort reichte mir einer meiner Leute, es war dieser verdammte Hutch, meine Jacke.
Während ich gleichzeitig versuchte am Billardtisch einen sicheren Stand zu bekommen, zog ich meine Jacke wieder an. Etwas umständlich und langsam.
Ich lächelte die beiden Anzugträger freundlich an, als wollte ich sie auffordern zu sprechen.
„Wir wollen den Anwalt!“, knurrte der große.
„Wenn Sie einen Anwalt brauchen, sollten Sie sich einen suchen, und hier sind Sie dafür sicherlich falsch.“ Ich verstand nicht ganz, was sie wollten.
„Jetzt hör mal zu, du Fatzke“, drohte der Kahlköpfige, „wir wollen Stegen, capiche?“
Catfish? Ich blinzelte, um den Kopf wieder klar zu bekommen, ah, klar: „Sagen Sie Ihren Boss: Stegen ist Pleite, er hat kein Geld mehr, er konnte sich nicht mal eine Passage auf einem Frachttransporter leisten.“
Ich selbst bemerkte erst gar nicht, dass es in der Bar ganz still geworden war. Die beiden Mafiosi schien das nicht im Geringsten zu beeindrucken.
Der Größere, derjenige mit den gegelten Haaren, trat auf mich zu, halb um den Billardtisch herum: „Okay, Du Milchgesicht, damit wir uns richtig verstehen, das interessiert mich alles nicht. Mein Boss will die Ratte haben, also bekommt er sie! Ich frage zum letzten Mal: Wo ist Stegen?“
Ich wollte ihm eine freche Antwort geben. Um nichts auf der Welt würde ich mich so vor meinen Leuten behandeln lassen. Doch um seine Aussage zu unterstreichen schubste er mich etwas. Zum Glück war George Riker hinter mich getreten und verhinderte so, dass ich wie ein Käfer auf dem Rücken landete.
Was dann geschah war für meine Alkoholbenebelten Sinne viel zu schnell: David Hawk war in einem großen Satz an dem großen Mafiosi dran, schlug ihn in die Rippen, setzte einen Hebel und schlug dessen Kopf auf den Spieltisch. Anschließend brachte er ihn mit einem geübten Polizeigriff unter Kontrolle.
Der kleinere versuchte eine Waffe zu ziehen, jedoch hielt er mitten in der Bewegung inne, als Gerome Hutch mit einer flüssigen Bewegung seine Sunbeam Laserpistole zog und auf ihn anlegte.
Als die Waffen gezogen wurden, durchflutete Adrenalin meinen Körper und ich war binnen Sekunden nüchtern. Meine rechte Hand zuckte zu meiner Hüfte, doch ich hatte ja keine Waffe dabei. Ich weiß nicht, ob ich schneller gewesen wäre als Hutch, aber eins weiß ich: Ich hätte geschossen.
Der auf dem Tisch festgenagelte Mafiosi keuchte und schnaufte: „Du weißt gar nicht mit wem du dich anlegst, also nimm deine PFOTEN weg, Nigger!“
Es knackte einmal und der Knabe riss die Augen auf, während er gleichzeitig aschfahl wurde und die Lippen zusammenpresste. Hawk hatte ihm einfach den kleinen Finger gebrochen, sagte aber nichts.
Hutch ging um den Tisch herum, entwaffnete den Kahlköpfigen und streichelte ihn dabei mit dem Lauf der Sunbeam im Gesicht.
Ich trat zu Hawk und seinem Opfer und stützte mich mit beiden Händen auf dem Tisch ab: „Ich weiß nicht, ob ich zu doll gelallt habe, aber Herr Stegen ist pleite. Morgen wird er Galatea mit uns verlassen und niemals wieder zurückkehren. Sagen Sie das Ihrem Boss.“
„Glaubst Du wirklich so einfach kommst du davon, Bengel?“, giftete er, und Hawk nahm ihn fester in den Hebel.
„Haben Sie mich verstanden?“ Ich beugte mich etwas näher an ihn heran.
„Fick dich s …“
Weiter kam er nicht, denn Hawk brach ihm einen weiteren Finger und er japste diesmal etwas. Es war erstaunlich wie gut er das wegsteckte. Hawk beugte sich etwas zu ihm herunter: „Der Herr Oberst hat dich etwas gefragt!“
Es war im leisen Tonfall gesagt, so dass ich Gänsehaut bekam. Nun war auch Hutch bei ihm, während Ray Valetta den anderen Mafiosi im Auge behielt.
„Du solltest froh sein, dass sich Hawk um dich kümmert“, schnurrte Hutch, während er den Großen filzte, „weil beim Herrn Oberst müsste man für dich schon längst eine Beerdigung arrangieren. Hörst wohl nicht viel von der Gerüchteküche.“
Hutch förderte einen M&G Nadler zu Tage und eine Klammer mit Kronen. Alles Hunderter.
Er drückte dem Mafiosi die Sunbeam ins Ohr: „Was sollen wir mit ihnen machen? Soll ich ihm das Hirn vaporisieren, oder soll Hawk ihm erst noch ein paar Knochen brechen?“
Mein Mund wurde trocken. Auf meinen Befehl hin würden sie die beiden Kerle einfach so töten, nur was wäre damit erreicht? Wir hätten bis morgen Ruhe und morgen wären wir dann weg, aber die Calanori Familie wäre wohl richtig stinkig auf mich und meine Leute.
Wenn wir sie einfach rauswarfen, würden sie wann mit mehr Leuten wiederkommen: In zwei Stunden?
Boone kam gerade von Toilette zurück und betrachtete die Szene überrascht.
Ich blickte von einem Mafiosi zum anderen: „Als erstes sollten wir unseren Gästen was zu trinken anbieten.“
Ich ging an die Bar zurück, orderte eine Literflasche Wodka und zwei Gläser. Diese stellte ich auf den Billardtisch und befüllte sie mit Schnaps: „Trinken!“
Die beiden zögerten so lange, bis Hawk sich bereit machte dem Größeren erneut einen Finger zu brechen. Als die ersten beiden Shooter leer waren, füllte ich neu auf: „Weiter trinken! Die ganze Flasche!“
Unter Zwang leerten die beiden innerhalb einer halben Stunde die erste Flasche und anschließend noch eine zweite Flasche Wodka.
Sturzbesoffen, ohne Geld, Waffen und Kommunikatoren wurden sie vor die Tür geschubst.
Hutch reichte mir den M&G Nadler: „Die erste Beute für Sie, Herr Oberst.“
„Danke. Wissen Sie was? Jetzt nehme ich doch eine Zigarre.“
Boone, der inzwischen erfahren hatte was vorgefallen war, zeigte sich einigermaßen beeindruckt von meiner gewaltarmen Lösung, wirkte nichtsdestotrotz ziemlich besorgt.

Etwa eine weitere Stunde später saß ich auf Toilette, hatte Dünnpfiff und Schweißausbrüche. Ich verfluchte Hutch und wusste jetzt warum ich mich all die Jahre vom Tabak fern gehalten hatte, was ich schwor auch in Zukunft zu tun.
Als sich mein Darm wieder soweit beruhigt hatte, dass er nur noch grummelte und ich nichts mehr darin hatte, was ich hätte ausscheiden können, waren die Jäger auch schon dabei en Masse aufzubrechen. Es dämmerte schon in Galaport. In kaum sechs Stunden würden wir mit unseren Landungsschiffen abheben. Unserem ersten Auftrag entgegen.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


31.10.2010 08:50 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Finley City
Cavanaugh II, Vereinigtes Commonwealth
15. September 3055

Ich kam! Ich sah! Ich traute meinen Augen nicht! Nach fast elf Wochen eingesperrt in einem Landungsschiff standen wir vor unserer neuen Kaserne.
Mit verschränkten Armen stand ich vor meinem Jeep: „Das ist ein Containerdorf!“
Der windige kleine Konzernangestellte, der sich mir als Fabian Schulte vorgestellt hatte nickte eifrig: „Selbstverständlich Herr Oberst, die Wohncontainer bieten allen nur erdenklichen Komfort. Darüber hinaus ist der Sch … der Mechhangar der einzige Ort, wo wir ihr Bataillon unterbringen können.“
Er deutete auf ein Gebäude, das vor langer Zeit ein Zwischenlager für Battlemechs gewesen war, als auf Cavanaugh II. noch produziert worden war. Heute kaum besser als eine Baracke, an dessen Südseite in Form eines großen E Wohncontainer aufgestellt worden waren.
Es gab keinen Zaun und kein Tor. Dennoch wirkte es wie ein Flüchtlingslager.
„Jetzt hören Sie mal gut zu, Schulte, ich will eine Kaserne!“
„Ähhh … wir, ähhh, haben keine. Das letzte Fort was hier war, haben die Mariks im ersten Nachfolgekrieg zusammen mit der Produktionsanlage von TherHes atomisiert. Das strahlt heute noch nach, ist aber weit genug entfernt, darüber müssen sie sich keine Sorgen machen, Herr … ähm Oberst.“
Ich versuchte den Kerl niederzustarren, und so wie er den Kopf einzog schien es mir ganz gut zu gelingen.
„Also ich hab schon schlechter geschissen“, kommentierte Hutch, der sich an die Seite des Jeeps gelehnt hatte, „sieht doch recht heimelig aus.“
Mit Mühe verkniff ich mir einen launischen Kommentar: „In Ordnung, Leutnant, kehren Sie zu den Landungsschiffen zurück und informieren Sie Kommandanthauptmann Boone, dass wir in die … Basis einrücken. Er soll das Bataillon marschbereit machen.“
Hutch‘ Salut lag irgendwo zwischen Insubordination und lässig: „Zu Befehl, Herr Oberst.“
Ich hingegen klopfte zweimal auf die Motorhaube des Jeeps: „Dann schauen wir uns unser Camp mal etwas genauer an, Ray.“
„Irgend ein besonderer Musikwunsch, Sir?“
Ich schwang mit auf den Beifahrersitz. „Haben Sie einen Trauermarsch auf Lager?“
„Leider nicht, Skipper.“ Er ließ den Motor an und wartete lange genug, bis Schulte eingestiegen war.

Die Kaserne, unsere Basis, das Camp war tatsächlich nichts anderes als ein schlechter Scherz. Der Mechhangar war tatsächlich groß genug, um das Bataillon aufzunehmen. Er war früher ein Zwischenlager für gerade fertig gestellte Battlemechs gewesen, die am Rande des Raumhafens auf die Verschiffung gewartet hatten. Unsere Behausungen waren tatsächlich vierzig Fuß-Container, die in der Regel für die Unterbringung von sechzehn Soldaten je Container eingerichtet waren.
Meine Leute mussten in vierstöckigen Etagenbetten übernachten. Drei Container waren als Offiziersunterkünfte hergerichtet worden, drei zusammenhängende für die Küche. Eine gespannte Zeltplane überdachte den Bereich zwischen den Küchencontainern, und bildete so den Messebereich. Es blieb zu hoffen, dass es auf dieser Welt niemals Winter werden würde, oder Gott bewahre regnen und stürmen. Natürlich hatten wir auch Bürocontainer.
Am Ende der Führung wagte es Schulte nicht mal mehr mich anzusehen. Da Yossarian nicht da war, musste er meinen Unmut über sich ergehen lassen.
Natürlich war das noch nicht alles. Kurz bevor Schulte sich wegschleichen konnte, kam Harvey O’Rourke auf mich zu. Der Oberleutnant war stellvertretender Kommandeur meiner C-Kompanie und ranghöchster Infanterist der Jäger.
Wie Boone und Riker kam auch er aus den ehemaligen Vereinigten Sonnen. Sein Auftreten hatte zum einen die Arroganz eines Profis, der wusste was er tat, andererseits ordnete er sich mir ohne irgendwelche Schwierigkeiten unter.
„Herr Oberst-“ er salutierte andeutungsweise „-wir haben im Mechhangar zwei Aufzüge gefunden, die zu einem Verbindungstunnel zum Raumhafen führen. Ich schlage vor, diese zu erkunden und zu sichern.“
„Wie groß sind diese Tunnel?“ Bei diesen Worten blickte ich Schulte durchdringend an.
„Gr… groß genug für Mechs der Sturmklasse, Herr Oberst“, gab der Bürokrat zu. „Wie erwähnt, dies war mal ein Zwischenlager. Die Mechs mussten zum Raumhafen, um abtransportiert zu werden.“
„Was denkt sich Ihr Chef eigentlich? Dieses Gelände ist so gut wie nicht zu verteidigen! Keine Mauer, kein Zaun, kein gar nichts!“ Ich gestikulierte um die Umgebung einzufangen. „Und jetzt noch ein Tunnel in meine Hauptwaffenkammer? Ist der Kerl noch ganz bei Trost?“
„Herr Oberst, ich bin nur der Bote!“
Ich deute mit dem Zeigefinger auf ihn: „Dann sagen Sie Ihrem Chef, dass ich mit ihm sprechen will, sobald wie möglich! Und jetzt verschwinden Sie aus meiner Kaserne!“
Einen Augenblick sah es so aus, als ob Schulte noch was sagen wollte, dann wandte er sich mit einem gemurmelten Wiedersehen ab und verschwand.
Mit in die Hüften gestemmten Armen sah ich ihm nach, bis O’Rourke mit einem Räuspern auf sich aufmerksam machte.
Was wollte der noch? „Äh, die Tunnel, ja, nehmen Sie Ihre Leute und durchsuchen Sie diese und bauen Sie Sensorplattformen auf.“
„Herr Oberst.“ O’Rourke salutierte erneut und machte sich auch von dannen.
Ich blieb allein zurück auf dem, was ich meinen Paradeplatz nennen durfte. Mit den Händen unmilitärisch in den Taschen beobachtete ich, wie mein Bataillon einrückte.
Grayham Flint pilotierte meinen Orion für die Verlegung.
Nach und nach wurden Mechs, Panzer und Ausrüstung von den Landungsschiffen in das neue Lager verlegt. In den späten Abendstunden hatte das Leben in die Containersiedlung Einzug gehalten.

Gegen neun Uhr konnte ich mich nicht mehr länger drücken und stellte mich meinen Offizieren in einer Stabsbesprechung. Ich massierte meine Nasenwurzel und blickte in die Runde: „Also wie stehen die Aktien?“
Jean Gordon, die sich in den Türrahmen des Besprechungsraums gelehnt hatte, stieß sich ab und trat einen Schritt an den Kartentisch heran: „Die Quartiere sind soweit bezogen und die Küche ist angefeuert. Die meisten haben schon eine warme Mahlzeit zu sich genommen.“
Ich nickte. „Gut, und wie kommen die Leute mit ihren Quartieren zurecht?“
„Die meisten ganz gut. Natürlich gibt es den einen oder anderen, der Besseres gewöhnt ist.“
Eine Mischung aus Räuspern und Knurren verriet, dass Ramon Cortez zu jenen gehörte, die sich an die neue Unterbringung gewöhnen müssten.
„Viele unserer Vagabunden“, warf Boone ein, „sind weit Schlimmeres gewöhnt. Ich hoffe nur die Klimaanlagen funktionieren. Sonst haben wir tagsüber über dreißig Grad, die noch schön bis in die Nacht nachheizen.“
„Wunderbar.“ Ich stützte mich auf den Kartentisch ab. „Unser neuer Jurist soll mal die Gesetze wälzen und sehen, was sich wegen der Unterbringung machen lässt.“
Mein XO nickte: „Aye, Sir.“
Ich blickte meinen Mastertech an: „Also, George, wie sieht es mit unserer technischen Abteilung aus?“
Auf seinem Gesicht erschien ein leichtes Grinsen, als er seinen Vornamen vernahm: „Platz haben wir reichlich …, Sir. Tatsächlich sind die meisten Wartungsgerüste auch noch nutzbar, so dass sie wir richtig los legen können. Was mir allerdings Sorgen macht ist die Sicherheit. Weder das Tor ist verschließbar, noch können wir die Aufzugsschächte richtig versiegeln, aber wir denken, dass man einen der Aufzüge wieder instand setzen kann.“
Er blickte zu Oberleutnant O’Rourke, welcher den Faden aufnahm: „Wir mussten uns mit unserer Kletterausrüstung abseilen. Die Tunnel sind ewig nicht mehr benutzt worden.“ Er rollte eine Karte aus: „Wir haben hier Tunnel A und Tunnel B. Tunnel A ist durchaus begehbar und führt zum östlichen Teil des Raumhafens für die großen Transportschiffe. Sein Aufzug ist aber dermaßen beschädigt, dass wir nicht glauben den jemals wieder instand setzen zu können. Diesen Tunnel würde ich an und für sich als sicher ansehen. Dennoch werden wir Bewegungsmelder installiere,n um eventuelle Gefahren durch Infiltration im Vorwege ausschließen zu können.
Anders sieht es mit Tunnel B aus. Der Lift scheint nur notdürftig unbrauchbar gemacht worden zu sein und scheint auch schnell wieder repariert werden zu können. Den Tunnel hat man ebenfalls versucht zu blockieren, jedoch auch nur sehr laienhaft. Hier könnte eine ernste Bedrohungsquelle liegen, Sir.“
„Großartig“, murmelte ich. „Also gut, stellen Sie dort Wachen auf, bis Sie ein Sensorgitter installieren konnten. George, Sie sorgen dafür, dass der Lift funktioniert und das nur wir ihn bedienen können.“
„Sir?“ Mein Mastertech blickte mich fragend an.
„Wenn wir ihn unter Kontrolle haben, kann er nicht gegen uns verwendet werden, richtig, Herr Oberst?“, warf Boone ein.
„Richtig. Gibt es sonst noch etwas, das wir heute erledigen müssen?“
Nach und nach schüttelten meine Offiziere den Kopf.
„Gut, dann machen wir Feierabend für heute und treffen uns morgen früh um … sieben Uhr wieder hier“, schloss ich die Stabsbesprechung.
Nach und nach verabschiedete sich mein Kommandostab aus dem HQ-Container.
Wie üblich blieb Hawk als einer der letzten und beobachtete Valetta, wie dieser die Karten und anderen Stabsutensilien wegsortierte.
An der Tür stoppte Hauptmann Gordon. Die lebendige Panzerfahrerin lächelte mich an: „Eine Sache hätte ich da noch, Herr Oberst.“
„Und die wäre?“
„Haben Sie schon was gegessen, Alex?“
Ich blinzelte und mein Magen forderte aufs Stichwort hin sein Recht ein: „Äh, … nein noch nicht. Es war so viel zu tun. Ray hatte mir zwar ein Sandwich hingestellt aber das habe ich dann auch liegen lassen …“
„Leisten Sie mir beim Essen Gesellschaft?“
„Gern.“
Tatsächlich aß ich als einziger. Sie hatten schon vorher gegessen und mich hinterlistig in die Kantine gelockt. Später erzählte sie mir dann, dass es psychologisch für die Leute wichtig wäre, mich auch mal bei einer entspannten Mahlzeit zu sehen. Um zu wissen, dass es einfach rund läuft.
Außerdem müsse ich ja hin und wieder auch was essen.


Etwas außerhalb von Finley City in einem alten Herrenhaus aus der Zeit des Sternenbundes knisterte Feuer in einem offenen Kamin. Auf vielen inneren Welten wäre dies eine ungeheure Verschwendung, ein Zeichen von Reichtum gewesen, auf anderen Welten wiederum war es die einzige Möglichkeit Wärme ins Haus zu bekommen.
Auf Cavanaugh II lag es irgendwo dazwischen, und Kaminfeuer gehörte für die Siedler, Abkömmlinge der englischen Insel, einfach zum Lebensstil dazu.
Sean Raffarty, Thane of Morrowind, saß in einem großen Ohrensessel, gezeichnet von den Anstrengungen des Tages. Mit den in die Armlehnen verkrampften Händen machte er den Eindruck einer Spinne.
Seine Augen leuchteten vor Wut. „Woher kommen auf einmal diese Söldner? Hat Yossarian irgendetwas erfahren? Waren Ihre Leute unvorsichtig, Captain?“
Captain Franklin Rush, seines Zeichens XO der Söldnertruppe Currey’s Marauders blickte seinem Auftraggeber ungerührt ins Gesicht: „Dazu sind wir zur Zeit noch zu wenig, Sir. Ich denke, das ist alles nur schlechtes Timing, oder Ihre Drohungen haben Yossarian doch mehr eingeschüchtert als wir geglaubt haben.“
„Ich lasse nicht zu, dass dieser … Lackaffe mir die Minen streitig macht. Ich habe die letzten zehn Jahre meines Lebens Cavanaugh nach diesen Erzvorkommen abgesucht! Sie gehören mir!“
Rush nahm auch diesen Wutausbruch des Alten einfach so hin. Er hatte schon mit schlimmeren Auftraggebern zusammen gearbeitet.
Und was diesen Yossarian anging, so hatte Rafferty zumindest recht. Eigentlich war der Knabe von Conventry hierher geschickt worden, um die Anlagen seiner Firma auf Cavanaugh zu schließen. Stattdessen war er über einen der Prospektoren des Thanes of Morrowind gestolpert und war so an die Ergebnisse aus jahrelanger Arbeit gestoßen.
Der alte Adlige war aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ähnliche Bestechungsgelder wie Yossarian aufzubringen. Außerdem hatte er zu viele Feinde auf Cavanaugh. Einige von diesen hatte er von seinem Vater und seinem Großvater geerbt. Seine kleine Privatarmee aus fünf Mechs, ein paar Panzern und einer Kompanie Infanterie war auch nicht stark genug, damit sein Wort beim Herzog über seinen Adelstitel hinaus Gewicht hatte.
Sein Einfluss reichte gerade mal aus, dass sich die anderen Thanes und der Herzog raushalten würden, sollte er sich ernsthaft mit Yossarian anlegen.
Normalerweise hätten Currey’s Marauders niemals bei einem Geizkragen wie dem alten Raffertey angeheuert, doch Cavanaugh war ein zu guter Stützpunkt um eine alte Rechnung Steven Curreys in der Liga Freier Welten zu begleichen.
So war Rush mit dem Vorauskommando der Marauders hier gelandet und genoss die Gastfreundschaft ihres Arbeitgebers. `Was für ein Glückspilz ich doch bin´, dachte er still bei sich.
„Nun Sir, könnten Sie eventuell ein oder zwei von uns mit zur Geburtstagsfeier des Herzogs mitnehmen?“
„Da gehe ich nicht hin! Seit Jahren nicht mehr.“
„Aber wir könnten dort die Konkurrenz etwas unter die Lupe nehmen“, entgegnete Rush.
Intelligenz löste Ablehnung in den Augen des Greises ab: „Ja, ja genau, Yossarian wird seine neuen Truppen da vorzeigen, um seinen Machtanstieg zu verdeutlichen. Mit diesem Bataillon ist er sogar der persönlichen Garde des Herzogs überlegen. Hm, ich denke dieses Jahr muss sich meine Tochter nicht dorthin schleichen, sondern wird als meine offizielle Vertretung zum Fest erscheinen. Ich werden Ihnen eine Uniform meiner Ranger bereit legen lassen, Rush. Eine ausgezeichnete Idee, wirklich gut.“
Dann fiel Rafferty in Schweigen und Rush war sich nicht sicher, ob er jetzt schon entlassen war oder ob der Thane noch etwas wollte. Gerade als er sich abwenden wollte ergriff dieser nochmal das Wort: „Wann wird Major Currey mit dem Hauptkontingent der Marauders hier eintreffen?“
„In zwei bis drei Wochen, Sir.“
„Gut! Gut, das wäre dann alles, Captain.“
„Sir.“


Finley City
Cavanaugh II, Vereinigtes Commonwealth
26. September 3055

Finley City, ob diese Ansammlung von Häusern wirklich diesen Namen verdiente, war mir nicht wirklich klar. Das war nicht ganz fair, als jemand der in Tharkad City aufgewachsen war musste mir jede andere Stadt wie ein Dorf erscheinen.
Jedoch war Finley City selbst nach den Ausmaßen von Cavanaugh II. auf dessen vier bewohnten Kontinenten sich immerhin über neunhundert Millionen Einwohner tummelten, reinstes Hinterland.
Als rein kommerzieller Raumhafen für die seiner Zeit riesigen Bergwerksbetriebe, die den Norden von Gawain, Cavanaughs größten Kontinent, beherrscht hatten, war Finley City nie über eine Art Bergbausiedlung hinausgewachsen, wobei sie zu ihrer Hochzeit zweihunderttausend Einwohner gehabt haben soll.
Auf der Insel Cearleon, im Norden Gawains, war die gleichnamige Hauptstadt des Planeten. Heute mein Reiseziel. Der Geburtstag des Herzogs stand an.
Meine Anwesenheit auf dieser Feier hatte tatsächlich mehrere Gründe. Nicht nur, dass Yossarian mich herumzeigen wollte wie ein neues Lieblingsspielzeug.
Seit dem Abzug der 6. Donegal Guards letztes Jahr waren meine Jäger die erste größere Militärpräsenz auf diesem Planeten. Darüber hinaus geziemte es sich für einen Herzog nicht, jemanden von meinem Stand einfach zu ignorieren.
So hatte ich nicht nur Einladung von Yossarian, ihn mit einigen meiner Offiziere zu begleiten, was eigentlich ein Befehl war, sondern ich hatte auch von seiner Gnaden Alan Lamar Moon, dem Herzog von Cavanaugh, eine persönliche Einladung.
Keine der beiden Einladungen konnte ich ablehnen, und so stand ich noch am 26. vor der Frage: Wen meiner Offiziere nehme ich mit? Theoretisch keine Frage. Mein Stellvertreter, meine Stabschefin und mein Adjutant waren eigentlich gesetzt.
Damit hatte ich noch genug Oberleutnants, um nicht auf Hutch als OvD zurückgreifen zu müssen.
Aber Hawk brachte so rührend viele Argumente vor nicht mitkommen zu müssen, dass ich geneigt war ihm diesen Wunsch zu erfüllen.
Überraschen tat mich allerdings Boone, als er am Morgen in mein Büro kam: „Herr Oberst, ich habe einen Vorschlag zu machen.“
„Ihr Tonfall lässt andeuten, dass ich diesen Vorschlag besser umsetze.“
Mein Stellvertreter lachte auf: „Es ist tatsächlich nur ein Vorschlag, aber sie sollten ihn wirklich umsetzen.“
Ich lehnte mich zurück und deutete auf die Besucherstühle.
Er goss sich schnell noch eine Tasse Kaffee ein: „Henschel macht wirklich einen exzellenten Kaffee. Das könnt Ihr Elsies wirklich.“
„Kommen Sie zum Punkt, Boone.“
„Natürlich Sir, ich wollte vorschlagen, dass Sie statt Hawk Leutnant Hutch mitnehmen.“ Er hob die Linke, um meinen Protest gleich im Keim zu ersticken. „Vertrauen Sie mir, Sie werden es nicht bereuen.“
Ich klappte meinen Mund zu und starrte ihn einen Augenblick an. Das war ein Test oder? Mein XO testete mich: „Warum? Erklären Sie es mir! Sie würden ja auch niemanden zum Raumhafen schicken mit dem Auftrag eine Passage nach irgendwo zu kaufen.“
Er nickte: „Okay, Hutch hat das unglaubliche Talent überall Freunde zu finden und viel zu hören. Wenn man dort irgendetwas Wichtiges zu hören bekommt, dann wird Hutch es erfahren.“
„Meinen Sie wirklich ich kann ihn in die gehobene Gesellschaft mitnehmen.“
„Mühelos, ohne Frage.“
Ich war nicht wirklich überzeugt: „Sie passen aber auf ihn auf!“
Er lachte wieder auf: „Eigentlich wollte ich Sie bitten statt mir Gordons Ehemann mitzunehmen, damit die beiden eine schöne Party haben können. Sind immerhin das einzige Ehepaar bei uns und würden sich über die Gelegenheit freuen.“
„Also Boone, das geht nun wirklich nicht…“ Warum eigentlich nicht? „…Sie sollten anwesend sein. Und außerdem, Walsh ist nur Feldwebel, ich kann doch nicht … Also wirklich, nein.“
Wieder lachte er, doch diesmal hatte ich das Gefühl, dass er mich auslachte: „Ach kommen Sie, Herr Oberst, gönnen Sie den beiden die Freude, sonst wird Devon Walsh noch eifersüchtig, so wie Jean Sie und uns alle bemuttert.“
Ich grummelte noch irgendwas in meinen nicht vorhandenen Bart, stieg jedoch eine Stunde später mit einem überglücklichen Ehepaar Walsh/Gordon und einem überraschend seriös auftretenden Gerome Hutch in den uns geschickten Lear Jet.


Als wir Cearleon erreichten Zeigte sich für uns ein ganz anderes Bild von Cavanaugh II. Der kühle Wind, der von der offenen See landeinwärts kam sorgte für ein angenehmes und doch sommerliches Klima und so konnten wir vier uns zumindest zwei Tage lang von der stickigen Hitze erholen, die Finley City in einem eisernen Griff zu haben schien.
Während es sich in unserer Kaserne tagsüber auf weit über 30 Grad aufheizte hatte man hier an der Küste für diese Welt angenehme 27 Grad. Höchstens.
Ich vermisste die milden Sommer meiner Heimat Tharkad, wenn die Temperatur auf minus vier Grad anstieg.
Die Architektur an der Küste bediente sich der feinen Hölzer Cavanaughs, welche die Hauptexportquelle des Planeten waren, während sich die Bergwerkssiedlungen als hässliche Ansammlung von Betonwürfeln unterschiedlicher Größe präsentierten.
Die Holzbauten waren reichlich verziert und besaßen selbst wenn sie dreistöckig waren noch ein spitz zulaufendes Dach, während die Betongebäude in der Regel ein Flachdach krönte.
Die einheimische Küche hatte sich als Abkömmling der britischen erwiesen, wie über 80 Prozent der Einwohner. Das war nicht unbedingt schlecht, man musste nur dreimal täglich frühstücken.
Selbst die aus dem Davionraum stammenden Einheitsmitglieder meiner Jäger hatten davor kapituliert und unserem Koch die Todesstrafe angedroht, noch weitere einheimische Rezepte auszuprobieren.
Harvey O’Rourke hatte es wie folgt ausgedrückt: Die Küche der Vereinigten Sonnen war zu sehr vom französischen durchsetzt um auch nur annähernd so schlecht zu sein.
Ich betete die Geburtstagsfeier des Herzogs war nicht zu sehr mit einheimischen Köstlichkeiten durchsetzt.
Mein Geschmack war von der deftigen aber kosmopolitischen Küche Tharkads geprägt.

Wir landeten auf dem Militärflughafen der Kaserne Cearleons. Einer echten Kaserne! Bis vor kurzem waren hier die 6. Donegal Guards stationiert, die nun aber an der Clanfront Wache schoben.
Seit dem wurden das Gelände von der persönlichen Garde des Herzogs genutzt und es war wohl jede Menge Platz vorhanden.
Irgendwie beneidete ich die Cavanaugh Lanciers.
Feldwebel Walsh‘ Dilemma ob er nun meinen Koffer oder den seiner Frau tragen sollte wurde von einem Fahrer von Yossarians Firma, Conventry Interstellar Mining Group LLC., gelöst, der nach und nach all unser Gepäck in die große Limousine verfrachtete.
Nach vier Stunden Flug stand uns noch eine dreiviertel Stunde Autofahrt bevor.
Die Kaserne der Lanciers und mit ihr der Flugplatz war noch auf dem Festland. Um genau zu sein auf einer Landzunge, die in die offene See hinausragte.
Unser Hotel lag in der Hauptstadt auf der gleichnamigen Insel Cearleons, die über eine zwölf Kilometer lange Auto und Eisenbahnbrücke mit dem Festland verbunden war und somit die Kaserne und die umgebene Industrie mit einbezog in den Status Hauptstadt.
Bei bestem Wetter tummelten sich Segelboote auf dem Mehr zwischen dem Festland Gawains und der Cearleons.
Die Brücke so erfuhr ich von unserem Fahrer, war ein Konstrukt aus der Zeit des Sternenbundes und mit heutigen Mitteln nicht mehr zu bewerkstelligen. Und als einzige Alternative wäre eine Fähre in Frage gekommen, bei der ein- und ausschiffen uns nochmal Zeit gekostet hätte.
Auf der anderen Seite der Brücke begann die Stadt mit einem Geschäfts- und Bankenviertel. Kleinere Hochhäuser schmiegten sich in eine hügelige und von See her windgeschützte Landschaft und es gelang diesen Türmen aus Glas und Stahl mit den kleineren und größeren Holzbauten zu harmonieren.
Hinter der kleinen Hügelkette wären sie jedoch schon fehl am Platz gewesen. Umringt von Palmen standen vollständig aus Holz gebaute Villen auf riesigen Grundstücken. Kaum eines der Häuser hatte mehr als zwei Stockwerke.
Die Grundstücke waren auf der Seeseite der Hügelkette auf geschickt angelegte, fast natürlich gestaltete Plateaus aufgeteilt worden.
„Man, ein tropisches Paradies, hier lässt sich leben, was Herr Oberst?“
„Kein Schnee, keine Schifahren, was soll ich hier die ganze Zeit machen?“
Hutch sah mich verständnislos an: „Wasser? Strände? Hitze? Leicht bekleidete Bräute! Braun gebrannte Haut, gute Laune, überschäumende Hormone. Also hier will ich meinen Lebensabend verbringen.“
Ich blickte skeptisch nach draußen und ja, die Schönheit dieses Ortes konnte man nicht ableugnen. Auch nicht, dass die Damen hier Kleidung trugen, die diesen Namen kaum verdiente. Aber Frauen froren nun mal leichter als Männer und am Abend, nach einem Nachmittag auf der kalten Schneepiste, da wollten Frauen gewärmt werden. Das hieß auch vor dem knackig warmen Kamin wurde gekuschelt.

Das Hotel in dem wir untergebracht waren lag nicht weit vom Herzoglichen Palast entfernt. Es bestand aus einem dreistöckigen Holzhaus, dessen Dach so aussah, als sei es aus Palmenblättern gefertigt worden.
Darüber hinaus verfügte es über eine größerer Zahl an frei stehenden Gästehäusern. Einige der exklusiveren sogar auf kleineren vorgelagerten Inseln, die nur mit Booten zu erreichen waren.
Der Fahrer übergab uns der Concierge des Hauses, welche uns informierte, dass die CIM Group für uns vier Zimmer bereit gestellt hatte und dass Herr Yossarian uns morgen gegen sechzehn Uhr abholen wollte.
Für Jean Gordon und ihren Mann wurden noch schnell zwei Einzelzimmer in ein Doppelzimmer umgetauscht.
„In Ordnung, ich denke wir treffen uns um achtzehn Uhr dreißig hier im Hotelrestaurant zum Abendessen und überlegen dann, was wir bis morgen hier anstellen.“
„Sind Uniformen Pflicht zum Abendessen, Sir?“ Jean lächelte erwartungsvoll.
„Nun“, antwortete ich zögernd, „nein, nicht zwingend. Aber zum Ball des Herzogs wird die volle Paradeuniform getragen.“
„Das könnte den Abend über ziemlich Heiß werden, Herr Oberst, sollten wir das nicht etwas legerer angehen lassen?“ warf Hutch ein.
„Nein, Paradeuniform, das müssen Sie abkönnen, Leutnant, wenn Sie hier heimisch werden wollen. Und jetzt, sind Sie erst mal entlassen, Herrschaften.“

Abends zu Tisch war ich natürlich der einzige in Uniform. Jean und ihr Mann trugen aber zumindest konservative Zivilkleidung auch wenn mir Jean in dem Kleid nicht ganz richtig vorkam. Es war aber interessant mit anzusehen, wie aus Frau Hauptmann und dem Feldwebel ein Ehepaar wurde, das sichtlich gelöst von irgendwelchen dienstlichen Zwängen miteinander umging. Ich nahm mir vor, die beiden Mal im Dienstbetrieb genauer zu beobachten. Schlenderten sie etwa Händchen haltend zu ihrem Panzer? Gaben sie sich Kosenamen?
Aber diese Gedanken verblassten als Hutch in kurzer Hose und einem Hemd im Stile eines Hawaii-Hemdes sich zu uns gesellte.
Nur das sein Hemd mit einem orange, rot, schwarzen Flammenmuster versehen war. Die Haare waren nach hinten gekämmt und sein Handgelenk zierte ein teurer goldener Armbandcomputer, den ich noch nie bei ihm gesehen hatte.
Trotz der über 20 Grad die im Raum waren brannte im Speisesaal ein Kamin und verströmte einen angenehmen Duft ohne für zusätzliche Hitze zu sorgen.
„Ich frag mich, wie die das machen. Haben Ihre Räume auch Kamine?“
„Ja, ich habe mich auch schon gewundert“, bestätigte Clinton Walsh.
Hutch legte die Karte beiseite: „Das ist eine einheimische Zeder, die verbreitet beim Verbrennen starken Geruch.“
„Ich finde den Geruch jetzt aber gar nicht unangenehm stark“, warf Jean ein.
„Richtig, weil eine Klimaautomatik bei allen Kaminen, die es hier übrigens in allen Häusern und in der Regel in mehreren Räumen gibt, dafür sorgt, dass die Wärme nicht in den Raum dringt und gleichzeitig einen Großteil des duftenden Rauches mit hinaus filtert. Sollte es mal zu einem strengeren Winter kommen, wo die Temperaturen drastisch unter 20 Grad fallen, wird die Klimaautomatik abgeschaltet und anderes Holz verbrannt und so die Häuser geheizt, weil Zentralheizung kennen sie hier so gut wie gar nicht.“
Ich starrte Hutch überrascht an: „Woher wissen Sie das?“
„Ich fraternisiere schon mit den Einheimischen. Man hat mir übrigens empfohlen den Fisch nur gegrillt zu bestellen und nicht zu scharf. Die Eintöpfe sein zwar eine Spezialität aber doch ziemlich Traditionell, wenn Sie verstehen was ich meine.“
„Hat Ihre Informationsquelle auch was zum Fleisch gesagt?“
„Hier unbedenklich aber wenn Sie kein Blutbad auf dem Teller wollen, sollten Sie well done bestellen. Alles andere, auch das medium wird hier nur zweimal auf dem Heizlüfter gewendet und dann auf den Teller geklatscht“, er zuckte mit den Schultern.
Fisch oder einheimischen Rind, was noch dabei war zu verbluten, was für eine Wahl.
Wir bestellten einen einheimischen Tunfisch, gegrillt, der dann auch exzellent war und direkt auf die Minute auf dem Teller landete.
Eine sehr positive Überraschung war das einheimische Bier. Sehr süffig und in anständigen Portionen.
Die Erfahrung dieses Abends zeigte, dass uns die Paradeuniform morgen bis achtzehn, neunzehn Uhr Probleme machen würde, danach konnte es dann aber an der Küste durchaus kühl werden.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 5 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 22.11.2010 22:38.

19.11.2010 07:58 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Cearleon
Cavanaugh II, Vereinigtes Commonwealth
27. September 3055

Den Vormittag verschlief ich fast komplett. Die letzten Wochen waren zwar nicht körperlich Anstrengend gewesen so doch mental und obwohl ich ein schlechtes Gewissen gegenüber meinen Leuten in Finley City hatte, so wusste ich doch, dass der Schlaf mir gut getan hatte.
Nach einem kleinen Frühstück ging ich noch einige Stunden an den Strand des Hotels und verbrachte den frühen Nachmittag mit schwimmen. Ich stellte fest, dass ein Strand zwar kein Ersatz für eine Skipiste ist, doch letztlich war es ganz angenehm. Hutch hatte wohl recht, hier konnte man doch den Lebensabend verbringen. Oder zumindest den Urlaub.
Gegen drei Uhr nahm ich eine ausgedehnte Dusche und bereitete mich für die Feier des Herzogs vor. Die Paradeuniform hatte ich morgens dem Hotelpersonal zum aufbügeln gegeben, so dass sie jetzt in einem hervorragenden Zustand war. Die Halbschuhe putzte ich selbst, da ich mir nicht sicher war, ob sonst jemand auf diesem Planeten den Nagelring Standard hin bekam, den ich für meine Schuhe ansetzte.
Die Bügelfalte der dunkelblauen Hose war so scharf, dass man sich daran schneiden konnte. Aber der Stehkragen würde mir zu schaffen machen, wenn es nicht bald abkühlte. Naja, Schönheit hat bekanntlich ihren Preis.
Viertel vor vier ging ich hinunter und suchte einen Tisch in der Lounge. Lange musste ich nicht warten, da fragte mich das eifrige Personal nach meinen Wünschen und ehe der Kaffee kam, erschienen Jean Gordon und ihr Ehemann. Jetzt in voller Paradeuniform Hauptmann und Feldwebel. Ich nahm an, wegen der Öffentlichkeit etwas distanzierter als sonst.
Die beiden setzten sich zu mir und bestellten dann ebenfalls Kaffee.
Kurz vor vier erschien dann auch Hutch. Im Gegensatz zu seiner Alltagsuniform trug er seine Paradeuniform tadellos. Naja fast.
„Haben Sie Spatzen unter dem Hut, Leutnant?“
„Wie bitte?“ er guckte mich irritiert an.
„Nehmen Sie das Barett ab, wir sind in einem geschlossenen Raum und Sie sind nicht bewaffnet!“
Er grinste lausbübisch: „Und wenn ich Ihnen sage, dass ich bewaffnet bin, hauen Sie mich dann?“
Ich musterte ihn finster: „Wenn Sie tatsächlich eine versteckte Waffe mit sich herumtragen, nehmen Sie trotzdem die Kopfbedeckung in geschlossenen Räumen ab.“
„Jawohl, Sir“, sagte er nicht ohne eine kleine Priese Spot in der Stimme, steckte aber wie wir anderen sein Barett unter die linke Schulterklappe, fuhr sich richtend durch die Haare und setzte sich zu uns.
„Sagen Sie, Leutnant“, begann Jean, „warum wollte der Kommandanthauptmann unbedingt, dass Sie mit zur Party gehen?“
Hutch lehnte sich verschwörerisch vor: „Wissen Sie, Frau Hauptmann, das ist so, immer wenn Boone etwas vor hat, schmeißt er jemanden in die Arena um von ihm selbst abzulenken. Ich weiß zwar nicht genau, was er vor hat aber von einer Meuterei bis hin zum Überraschungsangriff auf den herzoglichen Palast kann das alles sein.“
Jean, die sich erst vorgebeugt hatte, lehnte sich wieder zurück und funkelte ihn böse an.
Hutch selbst grinste vergnügt und wollte noch was sagen, doch dann richtete er sich auf dem Sofa auf: „Wir bekommen Gesellschaft. Unser Zahlmeister und zwei Damen. Seine Sekretären und eine braun gebrannte Schönheit.“
Wir erhoben uns, als Yossarian und seine beiden Begleiterinnen durch die Eingangstür in die Lounge kamen.
Ich trat um den Tisch herum und meine Begleiter formierten sich hinter mir.
„Ah, Herr Oberst, wunderbar, Sie sind schon bereit“, er reichte mir die Hand und lenkte meine Aufmerksamkeit dann auf seine mir unbekannte Begleiterin, „darf ich vorstellen, meine Frau Isabella Oberst Alexander Luvon, Kommandeur von Luvons Jäger.“
Ich nahm ihre Hand und Schlug die Hacken zusammen, oh die Schuhe waren perfekt es knallte nicht zu laut und nicht zu leise und machte einen Diener. Bei dem Handkuss berührten meine Lippen natürlich nicht ihre Haut.
„Madame.“
„Herr Oberst.“
Ihr Ton sagte einiges über sie aus. Sie war eine Frau, die es gewohnt war Anweisungen zu erteilen und die erwartete, dass diese Anweisungen in die Tat umgesetzt wurden. Wahrscheinlich kam sie aus reichem Hause. Gut erzogen und selbstbewusst.
„Wenn Sie gestatten“, ich Deutete auf meine Begleiter, „Hauptmann Jean Gordon, meine Stabschefin. Leutnant Gerome Hutch … einer meiner Offiziere und Feldwebel Walsh, Hauptmann Gordons Gemahl.“
Während Jean ihr die Hand gab beließen es sowohl Hutch als auch Walsh dabei die Hacken zusammenschlagen und einen angemessenen Diener zu machen.
Isabella Yossarian begrüßte meine Stabschefin höflich und nickte den anderen beiden grüßend zu. Sowohl Hutch als auch Walsh schien sie als Fußvolk abzutun.
Yossarian deutete dann auf Annegret Beck und bezog sie so in das Gespräch mit ein: „Meine persönliche Sekretärin kennen Sie ja schon.“
Es folgte eine neuerliche Begrüßungsrunde.
„Ich möchte Sie bitten, Herr Oberst“, fuhr Yossarian fort, „wenn es Ihnen möglich ist, Frau Beck zu begleiten.“
„Es ist mir Ehre und Vergnügen gleichermaßen, Sir“, ich bot seiner Sekretärin den Arm.
Sie akzeptierte aber mir entging der böse Blick, den sie Yossarian zuwarf nicht. Diesem offenbar auch nicht, denn er wandte sich sogleich wieder an seine Frau: „Wollen wir dann?“
Er führte uns zu zwei Limousinen. Einer kleineren aber definitiv teureren für sich selbst und seine Frau, sowie einer größeren für uns Söldner und nun auch Beck.
„Sie haben ja Kommandanthauptmann Boone gar nicht mitgebracht“, fragte meine Begleiterin mit leicht stichelndem Unterton.
„Militärische Notwendigkeit, Madame“, antwortete Hutch für mich, während er die Tür öffnete, „der Geburtstag des Herzogs mag ein hiesiger Feiertag sein aber unsere Einsatzbereitschaft darf nicht darunter leiden. Vor allem, wenn sie noch nicht zu hundert Prozent steht.“
Tatsächlich schaffte es dann Hutch auch dafür zu sorgen, dass beim Einsteigen in das Auto das lyranische Prozedere eingehalten wurde, welches besagte, dass der rangniedrigste zuerst einzusteigen hat, damit am Ende der Fahrt der ranghöchste zuerst aussteigen kann.

Die Fahrt zum Palast des Herzogs verbrachten wir mit lockerem Smalltalk. Natürlich hätte ich Annegret Beck mit meiner Liste an Beschwerden überhäufen können, dass wäre jedoch kein guter Start für den Abend gewesen. Zumal ich das Gefühl hatte, dass sie mich nicht besonders mochte.
Außerdem war sie quasi meinem Schutz überstellt worden. Auch wenn sie mich für diese Sicht der Dinge sicherlich ausgelacht hätte.
Darüber hinaus hätte ich mir weit schlimmeres vorstellen können, sah sie doch in ihrem blauen Kleid bezaubernd aus.
Die Schultern waren frei, während das Kleid durch ein Band um den Hals gehalten wurde. Bis zur Hüfte lag es eng an und sie hatte wirklich die Figur dafür. Abwärts wurde das Kleid zu einem weiten, luftigen Rock, der fast bis zu den Knöcheln ging.
Während ihre Haare zu einem komplizierten Kranz hochgesteckt waren, trug sie nur dezentes Makeup.
Ja, ich hätte es wirklich schlechter treffen können.
Als wir die Auffahrt zum Palast hinauf fuhren unterhielten sich Jean und Beck gerade über die hiesigen Tänze. Was Walsh und auch Hutch etwas nervös zu machen schien.
Dies war ein Gebiet auf dem ich hingegen bewandert war. Schon auf der Militärschule hatte man mir die nötigen Gesellschaftstänze nahe gebracht und die gesellschaftlichen Verpflichtungen, denen ich als Kadett des Nagelring hatte nachkommen müssen, hatten dafür gesorgt, dass ich entsprechend geübt war. Wenn die hier nicht irgendein einheimisches Gehopse auffuhren, sah ich da keine Probleme für mich.
Der Palast war ein weitläufiges Gebäude, welches zum großen Teil aus Stein bestand, während man geschickt und harmonisch den ansonsten üblichen Stiel aus Holzbauweise integriert hatte.
Der Mittelteil war aus Stein gebaut, war vier Stockwerke und ein spitz zulaufendes Dach aus einheimischen Hölzern. Er wurde zu beiden Seiten von Türmen begrenzt, an die sich nach vorne gezogen Anbauten aus Holz erstreckten, so dass der Hof durch ein U eingerahmt wurde.
Über dem Haupteingang befand sich ein von Säulen gehaltener Balkon. Auf Höhe des Eingangs im Hochparterre befanden sich großzügige Terrassen.
Auf beiden war schon mächtig Betrieb. Es sah so aus, als ob die linke für die Dienstboten und Chauffeure reserviert war, während auf der rechten Erfrischungen für die Gäste bereit gestellt wurden.
Im Hof standen zwei Mechs Wache. Es waren ein achtzig Tonnen schwerer Zeus und ein nur fünf Tonnen leichterer Marauder.
„Ganz schön alte Kisten was, Herr Oberst“, bemerkte Hutch.
Daraufhin musterte ich die Maschinen eindringlicher. So wie die Farbe glänzte waren sie bestimmt extra für diesen Anlass neu lackiert worden. Tatsächlich hatte Hutch recht, der Zeus war ein altes 6S-Modell, deutlich an der Autokanone im linken Arm erkennen.
Der Kammermechanismus war deutlich zu erkennen.
„Der scheint lange nichts anderes als Übungsmunition verschossen zu haben.“
„Und woran erkennt man das, Herr Oberst“, Beck sah interessiert aus dem Fenster.
„Übungsmunition hat kleinere Treibladungen, wenn der regelmäßig scharf schießen würde, könnte ein Farbanstrich die Gebrauchsspuren nicht überdecken. Wir hatten auf dem Nagelring einige Zeus zu Trainingszwecken. Aber zu Paraden und Feiern sahen die immer wie neu aus.“
„Kunststück am Nagelring“, warf Hutch ein, „aber warum stehen die hier? Machtdemonstration oder Ehrenwache?“
„Ein wenig von beidem“, vermutete ich, „und da am Hof des Archons zwei Mechs Wache halten, gehört so etwas in der gehobenen Gesellschaft zum guten Ton.“
Wir hielten, während Yossarians Limousine vor den Haupteingang vorfuhr. Ein uniformierter, kein Diener, sondern jemand aus der herzoglichen Garde öffnete die Tür und Yossarian und seine Frau entstiegen dem Wagen.
Am Fuß der Treppe blieben die beiden stehen, während sich unser Wagen in Bewegung setzte und ein paar Meter weiter, vor dem Eingang anhielt.
Der gleiche Gardist öffnete uns die Tür.
Als ich ausstieg und er meiner Rangabzeichen gewahr wurde nahm er Haltung an und legte die Hand zum Gruß an.
Pflichtschuldigst setzte ich mein Barett auf und erwiderte den Gruß. Anschließend half ich Annegret Beck aus dem Wagen und bot ihr mein Arm.
Danach falteten sich Jean, gefolgt von Hutch und schließlich Walsh aus dem Wagen. Als hätten wir das geübt.
Yossarian führte uns dann die Treppe hinauf. Da nun Walsch pflichtschuldigst seine Frau am Arm führte bildete Hutch solo das Schlusslicht.
Die rechte Terrasse war vom Eingang aus nicht direkt zugängig, so mussten wir durch den Eingangssaal, in dessen Mitte ein aufwändig gestalteter Marmorbrunnen thronte.
Familie Yossarian führte uns nach rechts, in einen Bankettsaal, der ansonsten als Thronsaal diente.
Ein Haushofmeister, ebenfalls in Uniform der Garde des Herzogs, schlug zweimal mit einem großen Holzstab auf den Boden: „Die ehrenwerte Lady Isabella Yossarian und Gemahl.“
Die beiden blieben einen Herzschlag in der Tür stehen, gingen dann jedoch schnell in den Saal.
Aha, der Konzerner hatte in die hohe Gesellschaft eingeheiratet.
Mit Beck am Arm trat auch ich in die Tür und der Gardist wiederholte das Ritual: „Seine Lordschaft Oberst Alexander Luvon, Baron von Keimal und Gefolge.“
Hinter mir hörte ich Walsh leicht aufkeuchen und an meinem Arm versteifte sich Beck ganz leicht.
Keiner meiner Offiziere wurde noch vorgestellt.
Unser Auftraggeber war schon eifrig dabei Hände zu schütteln.
Der Saal war nur mäßig gefüllt und sämtliche Türen zur vorderen Terrasse waren geöffnet, wo sich die meisten Gäste in kleinen Gruppen unter Sonnenschirmen zusammengefunden hatten.
Diener in Livree, welches der Gardeuniform nicht unähnlich war, schwirrten mit Tabletts umher und servierten Erfrischungen.
Jean, unsere Begleitungen und ich hielten uns erst mal an Yossarian und überließen es ihm uns einzuführen. Hutch war sofort verschwunden.
Schnell wurde ich von einer Traube des hiesigen Adels umschwärmt und bald tat mir der Arm vom vielen Händeschütteln weh.
Die nächste Stunde oder so verging mit belanglosem Geplauder und vielen Namen, die ich schnell wieder vergaß. Dann hatte Jean mich und Beck separiert.
„Baron?“ meine Stabchefin blickte mich ernst an, „davon haben Sie noch nie etwas gesagt.“
Ich lächelte freudlos: „Ich bin kein Baron, mein Vater ist Baron.“
„Eine Verwechslung?“
„Nein, mein Vater ist Graf von Meiningen und Baron von Keimal. Als sein Erbe steht mir der Titel des Barons der Höflichkeit wegen zu. Das muss in der Einheit jetzt nicht unbedingt die Runde machen. Wenn Sie bitte auch Hutch deswegen ins Gebet nehmen könnten.“
„Das muss Ihnen doch nicht peinlich sein, Mylord.“
„Jean, bitte!“ sagte ich eindringlich, „ich befehlige fast zweihundert kampferprobte Söldner, die halten mich doch jetzt schon für ein verwöhntes Adelsbalg. Bitte.“
„Ach Sie armer Junge“, spottete Beck aber das vergnügte funkeln in ihren Augen nahm den Worten einiges an Schärfe.
Was immer ich antworten wollte wurde vom dreimaligen Klopfen des Haushofmeisters unterbrochen. Es war kräftiger als sonst und mir viel auf, dass die Gäste die Terrasse verlassen hatten und in den Saal gekommen waren.
„Seine Gnaden Alan Lamar Moon, Herzog von Cavanaugh II, Graf von Gawain, Baron von Sussex.“
Wie auch immer meine Vorstellungen vom Herzog ausgesehen haben mögen, so wurden sie enttäuscht. Alan Moon war ein junger Mann, vielleicht Mitte zwanzig.
Auch trug er nicht die Uniform seiner Garde sondern einen schwarzen Smoking, der seiner Figur schmeichelte.
Im gemessenen Tempo ging er unter höflichen Beifall durch den Saal zu seinem Thron. Dabei nickte er verschiedenen Würdenträgern zu und auch unsere Blicke kreuzten sich kurz, was er ebenfalls mit einem Nicken quittierte.
Er trat die beiden Stufen hinauf, setzte sich jedoch nicht.
„Mylords, Myladys, sehr verehrte Gäste! Ich freue mich sehr, Sie alle heute auf dieser bescheidenen Party begrüßen zu können.“
Höfliches Gelächter antwortete ihm.
Seine Stimme war klar und kräftig. Ich konnte keine akustischen Verstärker erkennen.
„Meine Küche hat sich wieder überschlagen sich selbst zu übertrumpfen und uns ein Mahl zubereitet, welches uns allen Gerecht werden sollte.
Wie Sie alle sicherlich schon mitbekommen haben, haben wir heute Gäste von Außerhalb unter uns und wir wollen doch alle, dass seine Lordschaft Oberst Luvon und seine Soldaten Cavanaugh in bester Erinnerung behalten und Zeuge unserer vollkommenen Gastfreundschaft werden.
Denn im Gegensatz zu unseren Nachbarn in der Liga Freier Wellten sollen wir ja nicht nur bei einer Invasion Gastgeber sein.“
Der Applaus und das Gelächter waren nun weit enthusiastischer.
„Von daher möchte ich Sie nach der langen Zeit des Wartens zu Tisch bitten.“
Aufs Stichwort hin wurden die Türen des Saales auf der gegenüberliegenden Seite der Terrasse geöffnet und zum Vorschein kam ein weiterer Saal mit einer U-Förmigen Tafel.
Während meine Offiziere ziemlich am Ende der Tafel landeten wurden Beck und ich in relativer Nähe des Herzogs positioniert.
Was folgte war die reinste Völlerei. Ein Menü aus vier Gängen einheimischer Spezialitäten. Eine Pilzcremsuppe als Vorspeise, zwei kleine Pastetchen als Zwischengang, Lammbraten mit Prinzessbohnen und glasierten Kartoffeln als Hauptgericht und flambierter Crêpe mit Ahornsirup als Nachspeise. Und als ich dachte nichts geht mehr, wurde eine zweistöckige Geburtstagstorte hereingefahren, welche der Herzog mit einem Blüchersäbel persönlich anschnitt. Dazu gab es natürlich zu jedem Gericht den Passenden Weint, zum Crêpe natürlich Sherry und zur Torte wenigstens Kaffee.
Zwischen den Gängen wurden natürlich Reden gehalten, die den Herzog priesen und jede Menge Toaste wurden ausgebracht. Hierbei war zu beobachten, das einige bei den Toastest ihr ganzes Glas herunterstürzten, zu meinem Erschrecken auch Hutch während andere nur ihre Lippen benetzten.
Nach gut zwei Stunden lechzte mein Gaumen nach mehr, während mein Magen um Gnade bettelte und um Himmels Willen, Beck würde noch tanzen wollen.

Es kam viel Schlimmer! Beck wollte gar nicht so viel tanzen, obwohl sie sehr gut darin war. Doch nach dem Pflichtprogramm war es schwer sie zu etwas mehr zu überreden und gegen zwanzig Uhr war ich dann gefangen. Gefangener der älteren Damen des hiesigen Adels, die ihre ungebundenen, heiratsfähigen Töchter vor mir aufmarschieren ließen.
Oh, es waren wirklich hübsche Mädchen darunter. Höflich und nett waren sie auch, doch meine Mutter würde mich skalpieren, wenn ich ihr so einfach mit einer Verlobten daherkommen würde.
Tatsächlich war ich bis vor anderthalb Jahren verlobt gewesen. Mit einer Voss-So-und-so. Weder sie noch ich hatten da wirklich Mitspracherecht gehabt und unsere Mütter hatten die Sache in trockene Tücher gebracht, da war sie gerade zwölf gewesen und ich vierzehn.
Natürlich hatte ich in den vergangenen sechs Jahren Affären gehabt und sie, naja, mindestens eine. Immerhin hatte ihr Reitlehrer sie geschwängert. Oh, war meine Mutter wütend gewesen.
Ich selbst hatte wie es sich gehörte entsprechend Betroffenheit geheuchelt und hatte dann mein Leben weiter gelebt, während meine Mutter sich wieder auf Brautsuche begeben hatte. Akribischer und mit größeren Ansprüchen als zuvor.
Wenn ich Pech hatte, war ich zurzeit wieder verlobt aber das half mir hier nicht aus der Patsche und so musste ich gute Miene zum bösen Spiel machen.
Was beneidete ich Hutch, der auf der Terrasse stand, links eine Zigarre, rechts einen Whiskey in der Runde mit einigen Offizieren der herzoglichen Garde und einiger Thanes.
Meine Rettung kam aus unerwarteter Richtung.
„Sie hatten mir einen Tanz versprochen, Herr Oberst“, sie war eine schwarzhaarige Schönheit in einem smaragdgrünen Kleid, „Sie wollen doch nicht Wortbrüchig werden.“
„Selbstverständlich nicht, Mylady!“
Ich verabschiedete mich mit größtem Bedauern von einer Mutter und ihren beiden Töchtern und führte meine Retterin zur Tanzfläche.
Kurz den Takt einfangend begannen wir uns langsam zur Musik zu drehen.
„Wenn Sie mir bitte helfen mögen, wem genau habe ich denn da einen Tanz versprochen.“
„Claire Rafferty, Tochter des Thanes of Morrowind.“
“Selbstverständlich Mylady, jetzt erinnere ich mich ganz deutlich.”
Sie lachte auf: „Ihr Leutnant Hutch ist ein interessanter Gesprächspartner. Haben Sie den Marauder damals wirklich mit nur einer Salve aus ihrer AK außer Gefecht gesetzt?“
Hutch du Schweinehund, was erzählst du da: „Nun, der Leutnant übertreibt gerne mal.“
„Verstehe, Soldatengeschichten, es waren mehrere Breitseiten und der Marauder war in Wirklichkeit ein Shadow Hawk.“
„Ja, so in etwa“, wich ich aus.
„Da habe ich ja anscheinend wirklich bemerkenswerte Nachbarn bekommen.“
„Sie leben in der Nähe von Finley City?“
Sie nickte: „Morrowind ist die direkte Nachbarschaft. Aber wie kommt es, dass Sie für so einen Schweinehund wie Yossarian arbeiten.“
„Er hat uns angeheuert, wir sind Söldner müssen Sie wissen, Mylady.“
Ihre Freundlichkeit war komplett verschwunden und in ihren dunklen Augen blitzte Feuer: „Er gehört nicht hierher und … und er hat kein Anrecht auf die Erzvorkommen! Er ist ein Parasit ein ganz gemeiner Parasit, der mit Geld und jetzt mit militärischer Macht … Sie können doch nicht für so jemanden Arbeiten.“
„Er ist mein Arbeitgeber …“
„Sie … Sie Würstchen!“ mit diesen Worten ließ sie mich einfach auf der Tanzfläche stehen.


*Fortsetzung folgt in wenigen Tagen*

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Cunningham: 28.11.2010 00:31.

27.11.2010 23:48 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Cunningham Cunningham ist männlich
Captain


images/avatars/avatar-477.gif

Dabei seit: 06.09.2006
Beiträge: 1.116

Themenstarter Thema begonnen von Cunningham
Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Gerome Hutch, nein Leutnant Gerome Hutch hatte seinen Spaß. Seine Gesprächspartner hatte er so manövriert, dass er sich selbst im Spiegel bewundern konnte. Das Affenjäckchen, wie viele Soldaten ihre Paradeuniform nannten, schmeichelte seiner Figur und er konnte so ohne große Sorge für ein Rekrutierungsplakat posieren. Selbst jetzt, mit einem Glas Brandy in der rechten und einer teuren Buene Zigarre in der linken.
„… darum muss der Draconier gehen aber der Capellaner im Bärenkostüm kann bleiben“, beendete gerade ein Hauptmann der Herzoglichen Garde seinen Witz.
Der Witz war blöde, aber gerade das machte ihn gut und Gerome viel in das Gelächter der anderen Gesprächspartner ein.
„Apropos Capellaner“, er visierte den Hauptmann mit der linken an, „vor nicht allzu langer Zeit waren einige Freunde und ich in St. Ives…“
„Was hat St. Ives mit der ConCap zu tun?“ Wollte ein Oberleutnant aus der Privatarmee eines der hiesigen Thanes wissen.
Alle seine Gesprächspartner trugen zumindest eine Art von Uniform. Fast alle dieser kleineren Adligen, sowie die Grafen hatten hier auf Cavanaugh II. ihre eigene Privatarmee von mindestens einer Kompanie Infanterie. Manche hatten auch Panzer und sogar bis zu einer Lanze Mechs.
Wenn man das gesamte Gesindel zusammenzählte konnte Cavanaugh II. wohl mit gut einem Regiment Mechs aufwarten.
Nur schienen viele dieser Landaligen ihre kleinen Privatfehden zu haben und so schoss man ganz gerne mal aufeinander statt auf Piraten oder auf die Nachbarn aus der Liga Freier Welten.
„Was die beiden miteinander zu tun haben“, wollte Hutch wissen, „in beiden Staaten essen Sie mit Stöcken und trinken ihren Tee aus Tassen ohne Henkeln.“
Die Meute kicherte.
„Und dann sind sie auch noch so frech und nennen das Kultur“, setzte er nach.
Seit der Mahlzeit hatte er sich mit den Militärs aller möglichen Thanes unterhalten und begonnen die unmöglichsten Geschichten zu erzählen. Zwar nicht gänzlich hanebüchen, so doch gut übertrieben.
Das auch hier auf Cavanaugh vorherrschende Konkurrenzdenken hatte dazu geführt, dass niemand der Colonels, Majore und Captains in ihren bunten und mit viel Gold und Silber besetzten Uniformen zurückstecken wollte und die Geschichten waren nur so aus ihnen hinaus gesprudelt.
Und da Jerome Hutch schon seit frühster Kindheit eine Art sechsten Sinn dafür hatte, wenn man ihn verscheißerte, hatte er nun ein recht ausführliches Bild von der Kampferfahrung der hier anwesenden Führungsoffiziere der verschiedenen Garden.
Abgesehen von Oberst Reinhard Fletcher, dem Kommandeur der Cavanaugh Lanciers, der Truppe des Herzogs, konnten die wenigsten einheimischen Offiziere wirklich weitreichende Fronterfahrung vorweisen. Die meisten der Gardeoffiziere waren alte Haudegen, deren letztes Gefecht schon Jahre zurück lag. Fletcher konnte auf über zwanzig Jahre als Offizier bei der Arcturus Garde zurückblicken und seine ruhige, fast zurückhaltende Art flößten Hutch Respekt ein. Der Kommandeur der Lanciers hatte zu viel erlebt als dass er es nötig hatte hier vor einem Fremdweltler anzugeben.
Eine weitere Beobachtung war ein Offizier in der Uniform der Morrowind Rangers, der kleinen Privatarmee des Thanes of Morrowind. Zum einen hatte sich dieser Mann den anderen Offizieren vorstellen müssen, was bedeutete er war neu auf seinem Posten.
Dabei war Hutch aufgefallen, dass dieser Knabe mit einem ihm nicht ganz unbekannten Akzent sprach. Er hätte schwören können dieser Offizier hatte denselben Davionakzent wie Boone.
Die dritte Auffälligkeit war, dass er fast nur zuhörte und nichts zum Gespräch beitrug als seine distanzierte Anwesenheit.
Und obwohl er auf die Sporen verzichtete, die Boone so gerne trug, wie es die Mechkrieger der Federated Suns so gerne tun, war sich Hutch sicher, einen Mechkrieger vor sich zu haben. Dazu der abgeklärte Blick eines Veteranen.
Schon früh am Abend hatte ihm ein Major aus der Garde des Thanes von Madison Fargo ihn darauf aufmerksam gemacht, dass die Jäger mit dem Thane von Morrowind Ärger bekommen würden.
„Keine Frage, alter Junge“, hatte der Major gelacht, „mit dem alten Rafferty werden Sie noch ihren Spaß haben.“
Einer der Offiziere Deutete zur Tanzfläche: „Sieht aus als wenn ihr Herr Oberst, gerade abgeschossen wurde.“
Hutch blickte in die gezeigte Richtung und zuckte die Schultern: „Er kann halt nicht alles so gut, wie Mechs pilotieren. Wer ist die junge Dame?“
„Die Dame gehört zu Captain Rush oder eher umgekehrt“, erklärte Oberst Fletcher, „Das ist die Tochter vom alten Sean Rafferty, Lady Claire.“
„Captain Rush“, Hutch grinste den Gardeoffizier an, „da vernachlässigen Sie Ihren Schützling aber sträflichst oder haben Sie mich als die größere Gefahr für Lady Claire ausgemacht und hier in die Ecke manövriert?“
Rush lächelte gequält: „Lady Claire hat mir im Vorwege sehr deutlich zu verstehen gegeben, ihr nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken. Und unter uns, sie ist viel einschüchternder als ihr Vater.“
Dir Runde lachte erneut auf.

__________________
5th Syrtis Fusiliers - Pillage and looting since first succession war


30.06.2012 00:11 Cunningham ist offline E-Mail an Cunningham senden Homepage von Cunningham Beiträge von Cunningham suchen Nehmen Sie Cunningham in Ihre Freundesliste auf
Baumstruktur | Brettstruktur
Gehe zu:
Neues Thema erstellen Antwort erstellen
The World of BattleTech » BattleTech Foren » Kurzgeschichten » Alexander Luvon - A Mercenaries Tale

Forensoftware: Burning Board 2.3.6, entwickelt von WoltLab GmbH