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Thorsten Kerensky
Colonel


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OT: Gettysburg - SpinOff: New Ireland Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Prolog 1

Im Jahre 2359 besiedelt die Menschheit mehrere hundert Welten rings um Terra. Die interstellare Raumfahrt hat überlichtschnelles Reisen und überlichtschnelle Kommunikation ermöglicht und die Menschheit ist im Besitz von Hochtechnologie, die viele Probleme des frühen 21. Jahrhunderts gelöst hat.
Wer nun denkt, dass der Wohlstand auch Frieden gebracht hat, irrt.
Von Terra aus hat sich die Terranische Föderation ausgebreitet, die sich selber für den legitimen Nachfolger der Vereinten Nationen hält. Viele Kolonien wurden entweder direkt von ihr gegründet oder aber später eingegliedert. Manche schlossen sich freiwillig an und hofften auf Stärke und Profit durch den Weltenbund. Wieder andere wurden unterworfen und unter das Banner der Föderation gezwungen.
Neben diesem mächtigen Zentralstaat haben sich an den Rändern des menschlichen Ausbreitungsgebiet kleinere Staatenbünde gebildet, allen voran die Äußere Allianz. Diese Bündnisse versprechen ihren Mitgliedern Schutz vor den hegemonialen Ansprüchen der Föderation.
Nur wenige Ränder der mächtigen Föderation sind nicht in direkter Nachbarschaft zu anderen Staatsgefügen.
New Ireland ist ein Planet in so einem Gebiet. Der Planet ist Hauptwelt des gleichnamigen Raumsektors und weist nahezu erdgleiches Klima auf. Lediglich die Niederschlagshäufigkeit ist etwas höher, was durch die größere Konzentration an Wasser, 85% der Planetenoberfläche, zu erklären ist. Die Zentralwelt versorgt die umliegenden Planeten mit Wasser und importiert im Gegenzug Nahrungsmittel. Mit Ausnahme der Sektorverwaltung hat der Planet beinahe keine Bedeutung und aufgrund des fortlaufenden Krieges mit der Äußeren Allianz hat die Föderation ihre Truppenstärke auf einige wenige Einheiten reduziert.
Zum Sektor gehören neben New Ireland auch Lohner, eine Agrarwelt mit geringer Population, die Bergwerkswelt Moria, die beiden Siedlungswelten Heimdall und Baldur, sowie Seven Forges, eine Rüstungswelt, die Waffen und anderes militärisches Gerät für die Streitkräfte der Terranischen Föderation herstellt.
Die Siedler auf diesen sechs Welten waren nicht unzufrieden mit ihrer Nebenrolle im Theaterstück der Großmächte, aber seit Beginn des Krieges mit der Allianz hatte die Föderation ein ums andere Mal die Steuern erhöht, junge Männer zum Kriegsdienst eingezogen und andere Opfer verlangt.
Für einen Sektor, der im Grunde autark war und weit entfernt jeder Frontlinie lag, waren diese Forderungen immer ein bisschen unverständlicher und bitterer geworden.
Die letzten Erhöhungen der Abgaben hatten dazu geführt, dass Medikamente und Treibstoffe im New Ireland-Sektor knapp wurden und es hatte einen bedauerlichen Todesfall aufgrund dieser Verknappungen gegeben.
Unterm Strich aber kamen die Welten in diesem Konflikt gut weg. New Ireland war nicht wichtig in oder für die Terranische Föderation.
Bis jetzt…

Prolog 2

Freitag, 16.01.2359, 22:17 Uhr Ortszeit
Irgendwo in der Nähe von Ulster Falls
New Ireland

Es war schneidend kalt draußen auf den Feldern, als Daniel O’Brian seinen Luftkissen-Wagen auf einem offenen Feld abstellte. Schnee lag knöchelhoch über den kurzen Getreidestoppeln.
Der junge Mann, er war gerade erst neunzehn geworden, war mit seiner Freundin hierhergefahren, um einen romantischen Abend mit ihr zu verbringen.
Sara Douglas war achtzehn Jahre jung und bildhübsch. „Eisprinzessin“ nannte Daniel sie manchmal scherzhaft, wenn sie ihm wieder einmal die kalte Schulter zeigte.
Heute aber war sie bester Laune und zeigte sich von seinem überraschenden Picknick gerührt.
Sie klappten die Rücksitze um und breiteten ihre Sachen auf der nun recht geräumigen Ladefläche des Fahrzeuges aus.
Sie hatten noch nicht angefangen zu essen, als ein zweiter Schwebermotor von der Ankunft eines weiteren Wagens kündete.
„Wir haben ja ein Glück“, seufzte Sara. „Vermutlich ist es der Bauer, dem das Feld gehört.“
Es klopfte an der Fahrertür und Daniel öffnete das Fenster. „Ja, bitte?“
„Dürfte ich ihren Ausweis sehen?“, erkundigte sich der junge Mann vor dem Wagen. Daniel erkannte, dass noch zwei weitere Männer in dicken Jacken an seinem Schweber lehnten und genüsslich Zigaretten rauchten.
„Ja, natürlich. Warten sie.“ Er wühlte seinen Ausweis aus dem Handschuhfach und hielt ihn dem Fremden hin.
„Sie sind Soldat?“
„In der Ausbildung, ja.“
„Wie lange schon?“
„Zwei Monate.“
Der Fremde lächelte. „Ihnen ist klar, dass sie hier nicht parken dürfen?“
„Es war eine Überraschung für meine Freundin. Entschuldigen sie, ich werde sofort abhauen.“
„Nicht nötig. Wir drücken nochmal ein Augen zu. Wir gehen dann jetzt, Mr. O’Brian.“
Die beiden jungen Männer verabschiedeten sich und Daniel kletterte wieder zu Sara zurück.
„Das ging ja nochmal gut“, sagte sie. „Scheinbar mag er Soldaten.“
Zwei Sekunden später zerfetzten Kugeln aus drei Sturmgewehren die Seite des Luftkissenfahrzeuges und trafen auch die beiden jungen Menschen auf der Ladefläche.
Daniel O’Brian war sofort tot.
Sara Douglas hatte mehr Pech. Sie litt noch mehrere Minuten an schrecklichen Schmerzen, ehe sie das Bewusstsein verlor und schließlich verblutete.

Prolog 3

Sonntag, 08.02.2359, 17:32 Uhr Ortszeit
Friedenspark Neu-Moskau
Terra

Militärisch anmutende Kleidung war der letzte Schrei auf Terra. Die braven Bürger der Wiege der Föderation brachten damit ihre Verbundenheit mit den Soldaten und ihre Unterstützung des Angriffskrieges zum Ausdruck.
Die beiden Männer, die sich am späten Nachmittag im verschneiten Friedenspark trafen, fielen in ihren Uniformen jedenfalls nicht weiter auf. Sie trugen schwere schwarze Schnallen-Stiefel und unter den langen, schwarzen Mänteln konnte man ebenfalls schwarze Kampfhosen im Ansatz erkennen.
Beide trugen Lederhandschuhe und verspiegelte Sonnenbrillen. Der jüngere, die Dienstradabzeichen auf seiner Schulter wiesen ihn als Hauptmann aus, trug einen schwarzen Cowboy-Hut und lange, schwarze Haare, sowie einen gepflegten kurzen Vollbart.
Der ältere hatte die ergrauten Haare militärisch kurz, war glattrasiert und trug seine Schirmmütze unter dem linken Arm. Auf seinen Schultern glänzte das Gold der Generalität.
Der jüngere Soldat erreichte den General und salutierte zackig. „Herr General, Hauptmann Steiner meldet sich wie befohlen.“
Der ältere erwiderte den Gruß und bedeutete Steiner dann, sich ihm auf seinem Spaziergang anzuschließen. „Lassen wir die Förmlichkeiten, Steiner. Wir sind nicht auf militärischem Gelände.“
Die Neu-Moskauer Militärakademie und die nächste Kaserne waren zwar nur fünf Minuten Fußmarsch entfernt, aber der Friedenspark in der Mitte war in der Tat frei zugänglich. „Wie sie wünschen, Herr General.“
„Nennen sie mich ruhig bei meinem Nachnamen, dafür habe ich ihn ja“, lächelte der ältere Mann.
Steiner nickte. „Danke, Herr von Witzleben.“
„Immerhin sind wir beinahe Verwandte, nicht wahr, Steiner?“
Der jüngere Offizier deutete kurz Unwissenheit an und zuckte dann nur hilflos mit den Schultern. „Ich denke nicht, dass es in nächster Zeit soweit kommt.“
„Aber sie haben doch eine Affäre mit meiner Nichte, nicht wahr? Dient sie nicht zufällig in ihrer Einheit, Steiner?“
Dem Hauptmann war die Unsicherheit anzumerken. Er war zwar noch nicht ganz dreißig Jahre alt, hatte aber als Teil der elitären schwarzen Reiterei schon vieles gesehen und erlebt. Aber dass ein hochdekorierter General ihn so formlos zu sich bestellt, um nun über seine Nichte zu plaudern, schien ihn zu verwirren.
„Kein Grund, das Sprechen zu verlernen“, grinste von Witzleben. „Ich weiß, wie gut meine Nichte aussieht und bin ganz froh, dass sie sich wenigstens einen aus unserer Truppe ausgesucht hat. Aber deswegen sind sie auch gar nicht hier.“
„Nicht? Das beruhigt mich“, gestand Steiner.
„Ich habe Marschbefehl für ihre Einheit. Alle ihre Maschinen sind Luft- und Raumkampfgeeignet, nicht wahr?“
„Ja, Sir. Wir sind die Besten der Besten, wenn ich das so bescheiden sagen darf. Kein anderes Geschwader hat in der schwarzen Reiterei so viele Auszeichnungen erhalten.“
„Von meiner alten Einheit abgesehen“, fügte der General mit einem Zwinkern an.
„Natürlich. Ich bin aber optimistisch, ihren Rekord noch zu überbieten.“
„Gut, ich mag ehrgeizige Offiziere. Hauptmann Steiner, ihr Geschwader wird der gemischten Einsatzgruppe von Oberstleutnant Nguyen zugeteilt. Der Oberstleutnant ist war ein Panzerfahrer, aber ein kompetenter Mann. Ich habe Unterlagen über ihn und die anderen Einheiten, die sie begleiten werden, dabei. Ein kleiner Bonus innerhalb der Elite, sozusagen.“
„Warum liegt das Kommando nicht bei der Raumflotte, Sir?“
Der General seufzte. „Weil sie nicht an die Front fliegen, Steiner. Ihr Ziel ist New Ireland.“
„Was? Wo ist New Ireland und was sollen wir da?“
„Genau das habe ich die Admiralität auch gefragt. Es steht alles in ihren Unterlagen. Und bevor sie mich fragen: Ich weiß, wie sinnlos es ist, eine Truppe wie ihre von der Front fernzuhalten. Sie und ihre Männer gehören auf ein Schlachtschiff und dann dorthin, wo es knallt.“
„Stattdessen schickt man uns … wohin genau, um was zu tun?“
„An den entlegensten Winkel der Föderation, um Aufstände zu verhindern. Sie sind eine bewaffnete Polizeitruppe. Ein Zeichen von militärischer Stärke, während wir jeden verdammten Mann an der Front brauchen. Dummerweise ist die Führung der Meinung, dass wir uns keine Unruhen leisten können und dass wir statt regulären Luftwaffenverbänden die schwarze Reiterei schicken müssen.“
„Was für Unruhen überhaupt? Ich habe noch vor einer Stunde Nachrichten gesehen und dort war keine Rede von Unruhen.“
Der General deutete ein Kopfschütteln an. „Es sind noch nicht einmal wirkliche Unruhen. Ein paar Überfälle auf Milizeinrichtungen, ein paar Morde an Soldaten und Armeeangehörigen. Alles in Allem ein Fall für die planetare Polizei, aber der Gouverneur vor Ort befürchtet Schlimmeres und hat Terra um Hilfe ersucht. Sie werden also mit Nguyen dorthin verlegen, werden dort Ruhe und Ordnung wieder herstellen und ich sorge dafür, dass sie als Belohnung direkt im Anschluss einen echten Auftrag bekommen.“
„Versprochen?“
„Junger Mann, bloß weil sie mit meiner Nichte schlafen, können sie sich mir gegenüber nicht Alles herausnehmen“, tadelte der General mit einem schiefen Grinsen. „Im Ernst, Hauptmann. Ich kann ihnen nichts versprechen, aber ich gebe mein Bestes. Im Gegenzug erwarte ich von ihnen das Gleiche. Geben sie ihr Bestes, auch wenn der Auftrag lächerlich erscheint. Und nutzen sie die viele Freizeit, um ihr Geschwader in Topform zu halten!“
Die Sonne kam hinter den Wolken hervor und warf einen roten Schein über Schnee und kahle Bäume, als sie am Horizont versank.
„Natürlich, Sir. Schwarze Reiter geben immer zweihundert Prozent.“
Der ältere Offizier griff in seine Manteltasche und reichte Steiner dann einen Datenträger. „Hier, das sind ihre Befehle, die Aufstellung des Kampfverbandes, einige Dossiers über wichtige Offiziere und sogar ein paar Geheimdienstberichte. Lassen sie sich mit diesen Daten nicht erwischen und sehen sie es als Entschädigung für die drohende Langeweile. In einer Woche rücken sie aus. Nutzen sie die letzten Tage auf Terra.“
„Danke, Sir.“ Steiner ließ das brisante Stück Technik in seinem Mantel verschwinden und setzte dann die Sonnenbrille ab. Dahinter kamen zwei eisblaue Augen zum Vorschein.
Generalmajor Eduard von Witzleben tat es ihm gleich und blieb dann stehen. „Sie dürfen wegtreten, Hauptmann Steiner. Und bitte… ohne militärisches Protokoll.“

__________________
Ama-e-ur-e
is-o-uv-Tycom‘Tyco
is-o-tures-Tesi is-o-tures-Oro
is-u-tures-Vo-e-e

28.09.2008 15:12 Thorsten Kerensky ist offline E-Mail an Thorsten Kerensky senden Beiträge von Thorsten Kerensky suchen Nehmen Sie Thorsten Kerensky in Ihre Freundesliste auf
Thorsten Kerensky
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Kapitel 1

Montag, 09.02.2359, 07:30 Uhr Ortszeit
Fliegerhorst „Sir-William-Frasier“ Neu-Moskau
Terra

Auf dem Weg von seinem Quartier bis zu seinem Büro war Hauptmann Ralf Steiner an allen Gebäuden seiner Einheit vorbeigekommen. Jeden Morgen führte ihn sein Weg dort entlang, kurz nach dem regulären Dienstbeginn. Er nahm sich die Zeit, seine Leute zu begrüßen, von ihnen gesehen zu werden und ein paar Worte mit ihnen zu wechseln.
Und um ihre Namen zu lernen. Auch wenn er seit über einem Jahr der Kommandant des 2. Geschwaders des 1. Verbandes der Schwarzen Reiter war, so hatte die Zeit noch nicht gereicht, um jeden Soldaten unter seinem Kommando persönlich kennen zu lernen.
Zu den einhundert Jagdpiloten unter seinem Befehl gesellten sich zweihundertundfünfzehn Techniker und einhundertundzehn Soldaten der Unterstützungseinheit, die sich um den anfallenden Papierkram und die Verwaltung der Truppe kümmerten. Alles in allem kam das „2./Reiter 1“ also auf eine Stärke von 415 Soldaten.
Dazu kamen einhundert Jäger, Wartungs- und Reparaturanlagen, Munition, Fahrzeuge, Treibstoff, Ausrüstung und unzähliges Klein-Material, das für die tägliche Arbeit benötigt wurde.
Ein Geschwader zu verlegen war deswegen eine logistische Herausforderung und kostete das Militär ein kleines Vermögen. Und ein Elite-Geschwader wie Steiners Einheit war eigentlich schon aufgrund dieser Kosten viel zu wertvoll, um es auf einen unbedeutenden und unwichtigen Hinterwäldler-Planeten zu schicken.
Eigentlich.
Pünktlich um 07:30 Uhr betrat Steiner den großen Lage- und Besprechungsraum seines Geschwaders und griff sich eine Tasse, in die er Kaffee goss, den einer der eifrigen Stabssoldaten schon aufgesetzt hatte.
Wie jeden Montag hielt er zu Beginn der Woche eine Besprechung mit seinen Offizieren ab, um die kommenden Aufgaben, Flugstunden und sonstigen nennenswerten Ereignisse zu regeln.
Und wie jeden Montag waren seine Leute überpünktlich erschienen und saßen schon auf ihren Plätzen. Als er an das kleine Rednerpult trat, standen sie auf und salutierten vor ihm.
Steiner erwiderte den militärischen Gruß und ließ die Männer und Frauen wieder Platz nehmen, während sein Blick über die Gesichter der Anwesenden schweifte und kurz durchzählte.
Er konnte die Jagdpiloten in ihren schwarzen Uniformen gut von den Technikern und dem Stabspersonal unterscheiden, die den normalen Flecktarn-Anzug des Militärs trugen und ihre Zugehörigkeit zur schwarzen Reiterei nur durch eine schwarze Armbinde und ein schwarzes Barett zeigen durften. Selbstverständlich trug während einer Besprechung keiner der Anwesenden eine Kopfbedeckung, also waren die Armbinden der einzige Hinweis auf ihre Einheit.
Neben den vier Staffelführern und seinem persönlichen Adjutanten von den Fliegern waren die fünf Offiziere der Techniker anwesend und dazu die vier Offiziere der Unterstützungstruppen. Dazu kamen die drei „Spieße“, die erfahrenen und erprobten Stabsfeldwebel der jeweiligen Bereiche und ein Hauptfeldwebel, der momentan als Gruppenführer der Stabsgruppe III einen Offiziersposten bekleidete.
Zusammen mit Steiner selbst waren also alle neunzehn führenden Köpfe seines Geschwaders anwesend. Der Hauptmann nahm dies als gutes Omen, denn ein volles Haus hatte er nicht oft. Einer oder zwei der Offiziere fehlten normalerweise immer, sei es durch Krankheit, Urlaub, Weiterbildungen oder durch andere Gründe.
Kurz blieb sein Blick an Leutnant Irina Radovic hängen, seiner momentanen Lebensgefährtin und Nicht von Generalmajor Eduard von Witzleben. Außerdem Staffelführerin seiner Staffel III. Als sie seinen Blick bemerkte, sah sie auf und lächelte ihm zu.
Steiner räusperte sich und wandte den Blick von ihr ab und in die Menge: „Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich hoffe, sie hatten ein angenehmes Wochenende, trotz des kalten Wetters.“
Er aktivierte einen Holo-Projektor und eine Karte des interstellaren Hoheitsgebiets der Terranischen Föderation erschien. Die Frontverläufe waren rot eingefärbt und stachen scharf hervor.
„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Ich beginne mit der guten: Wir haben Marschbefehl erhalten. Nächsten Montag werden wir verlegt.“ Erfreute Gesichter und spontaner Beifall machten deutlich, warum diese Männer und Frauen in einer Elite-Truppe dienten. Sie freuten sich auf den Einsatz.
„Nun die schlechte Nachricht.“ Er drückte ein paar Tasten und die Holo-Darstellung rotierte, drehte die roten Bereiche nach hinten und zoomte dann auf den New Ireland-Sektor. „Wir fliegen nicht an die Front, sondern hierhin“, erklärte er, während er auf die Karte zeigte.
„Ich weiß, was sie jetzt denken“, fuhr Steiner fort, als er die fassungslosen Blicke der Offiziere sah. „Und ich kann ihnen versichern: Mir gefällt das auch nicht. Ich habe diese Befehle allerdings direkt von Generalmajor von Witzleben erhalten. Falls es sie tröstet, darf ich ihnen mitteilen, dass auch der General absolut kein Verständnis für diesen Einsatz hat. Allerdings hat die Admiralität explizit auf unserem Geschwader bestanden. Es scheint, als würde unser guter Ruf uns nun zum Verhängnis werden.“
Wieder ein paar Tastenbefehle, nun zeigte das Hologramm nach und nach die Planeten des New Ireland-Sektors.
„Lohner, Bewohner: 40.000, Agrarwelt. Von hier aus wird der gesamte Sektor mit lebenswichtigem Getreide und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen beliefert.
Moria, Bewohner: 3,5 Millionen, Bergwerkswelt. Diese Welt ist ein wichtiger Zulieferer für unsere Schwerindustrie. Wichtig, aber nicht unverzichtbar. Diese Welt liefert 85% des Treibstoffes für den Sektor und über 90% aller Metalle.
Seven Forges, Bewohner: 12 Millionen, Industriewelt. Die Wirtschaft auf diesem Planeten produziert zu über 80% für das Militär. Waffen, Fahrzeuge, Munition, aber auch Raumjäger und Korvetten der Kolibri-Klasse. Das Material hierfür kommt größtenteils von Moria. Auch hier gilt: wichtig, aber nicht wichtig genug, um unseren Einsatz zu rechtfertigen.
Heimdall, Bevölkerung: 700 Millionen, Siedlungswelt.
Baldur, Bevölkerung: 650 Millionen, Siedlungswelt. Beide Welten sind reine Importeure, einzige Exportgüter sind Dienstleistungen und Steuern. Und zu guter Letzt:
New Ireland, Bevölkerung: 1,2 Milliarden, Sektor-Hauptwelt. Hier sitzt die Sektorverwaltung, hier sind die Milizen stationiert, hier ist der Raumhafen für Fernflüge. New Ireland ist Dreh- und Angelpunkt des Sektors und als einziger Planet soweit autark, dass er mehrere Monate ohne Lieferungen von außen überleben kann.“
Steiner schloss das Hologramm und die Blicke der Anwesenden richteten sich wieder auf ihn. „Jetzt wissen sie, wo es hingeht. Ich werde ihnen Dossiers über die Planeten und wichtige Persönlichkeiten im Sektor zukommen lassen. Spätestens morgen werden sie entsprechende Unterlagen auf ihren Computerstationen finden. Kommen wir nun zum nächsten Punkt: der Einsatzgruppe.
Wir unterstehen ab nächster Woche dem Oberbefehl von Oberstleutnant Vinh Nguyen vom schweren Panzerbataillon 367.
Außerdem nehmen an der Mission folgende Einheiten teil: das Panzergrenadierbataillon 153 von Oberstleutnant Sarah Dafoe, das Infanteriebataillon 5103 von Major Vladimir Marin, das Versorgungsbataillon 3569 von Oberstleutnant Svenja Sigmarsdottir, die siebte Kompanie des Panzeraufklärungsbataillons 598 von Major Ramon Almendez, die dritte und vierte Kompanie des Sanitätsbataillons 1222 unter Hauptmann Katrina Schweitzer, beziehungsweise Hauptmann Scott McBane und die Transportflotte 763 unter Kapitän Oddo N’dango. Und wir natürlich. Gibt es dazu Fragen?“
Oberleutnant Jaques Benoit, Steiners Stellvertreter, sprach aus, was allen deutlich als Frage ins Gesicht geschrieben stand: „Eine beeindruckende Streitmacht, Sir. Reicht locker für einen Invasionskrieg. Aber was genau wollen wir dort eigentlich? Der Sektor gehört uns doch schon.“
„Guter Einwand. Fakt ist: vor ein paar Tagen ist ein Hilfegesuch des Gouverneurs in der Admiralität eingetroffen. Jetzt befürchtet man dort, dass der Sektor sich destabilisiert. Es hat Überfälle und Angriffe auf Soldaten und militärische Einrichtungen gegeben. Unser Auftrag wird es sein, Ordnung zu schaffen, die Region wieder zu stabilisieren und zu warten, bis wir an die Front geschickt werden.“
„Also spielen wir die Polizei?“, warf Stabsfeldwebel Kawamoto ein. Der kleine, drahtige Japaner war der Spieß der Flieger und hatte es auf beachtliche achtzehn Kampagnenteilnahmen in zweiundzwanzig Dienstjahren bei der schwarzen Reiterei gebracht.
„Im Grund ja“, gab Steiner unumwunden zu. „Wie bereits gesagt: Weder der General noch ich verstehen, warum wir an den Arsch des Universums geschickt werden, während die Allianz unsere Front zermürbt. Aber wir sind genauso machtlos, wie wir verständnislos sind. Weitere Fragen?“
Die Offiziere und Unteroffiziere blieben stumm und manche schüttelten andeutungsweise den Kopf.
„Gut. Fangen wir mit der Organisation an! Ab sofort gilt Urlaubssperre für die gesamte Einheit. Bereits genehmigter Urlaub wird wieder gestrichen, alle Soldaten haben sich bis Donnerstag zurückzumelden. Donnerstag und Freitag werden wir unser Gerät verladen. Dazu bekommen wir genügend Transportkapazitäten vom Versorgungsbataillon und der Transportflotte gestellt. Anpacken werden wir trotzdem müssen. Ich möchte nicht, dass unser teures Gerät verladen wird, ohne dass unser Personal dabei steht und aufpasst. Jeder Pilot auf seinen Jäger und die Techniker sowieso auf alles.
Wie ist denn der Status ihrer Bereiche?“
Als Oberleutnant Benoit aufstand, um das fröhliche Bereitschafts-Melden zu beginnen, seufzte Steiner innerlich. Die Organisation dämpfte die Vorfreude auf einen Einsatz immer, vor allem, wenn man Geschwaderkommandant war. Es würde eine lange Woche werden…


Mittwoch, 11.02.2359, 19:54 Uhr Ortszeit
Fliegerhorst „Sir-William-Frasier“ Neu-Moskau
Terra

Menschenmengen in schwarz-weiß säumten die Straßenränder und winkten vor der apokalyptischen Kulisse der zerbombten Häuser den vorbeifahrenden und –marschierenden Soldaten zu. Ein amerikanischer GI bekam einen Blumenstrauß in die Hand gedrückt, die Bevölkerung jubelte und winkte.
Die nächste Szene. Wieder einmarschierende Soldaten, wieder jubelnde Menschen. Diesmal allerdings in Farbe, wenn auch in miserabler Qualität. Statt Franzosen standen nun Südvietnamesen an den Wegen und jubelten den Befreiern zu.
Ein weiterer Sprung. Die Qualität des Bildmaterials wurde merklich besser. Auch wenn die Männer und Frauen diesmal nicht jubelten, so konnte man doch auch hier die Begeisterung sehen, als sie den fremden Soldaten nachsahen, deren Fahrzeugkolonnen Staubwolken durch den irakischen Himmel wirbelten.
Das Bild sprang und zeigte nun das verwüstete Moskau des Jahres 2078. Wieder standen Menschen am Straßenrand, wieder rollten Panzerverbände. Die Leute winkten, jubelten. Ein deutscher Soldat beugte sich von einem der Panzer, schüttelte einigen der befreiten Russen die Hand.
Die nächste Sequenz war schon dreidimensional, auch wenn die Aufzeichnung nicht die Qualität aktueller Hologramme erreichte. Luftkissenpanzer der jungen Föderation donnerten durch die Straßenschluchten einer gerade befreiten Kolonie. Ein Textband erklärte, dass es sich um den Planeten Winterworld handelte, der so eben vom grausamen Joch eines Putsches befreit worden war. Natürlich: Jubelnde Menschen.
Dann eine Abfolge von Bildern aus New York, das 2205 von Aufständischen besetzt und in einer präzisen und brutalen Aktion des Föderationsmilitärs zurück erobert worden war. Hinter den euphorischen Massen erkannte man nur zu deutlich, weshalb Manhattan seit dieser Zeit ein komplett neues Stadtbild zeigte.
Dann verschwand das Bild und Hauptmann Ralf Steiner lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er wusste nicht, wie oft er dieses kurze Video nun schon abgespielt hatte. Jedes Mal, wenn er die tapferen und strahlenden Helden und die dankbaren Zivilisten gesehen hatte, waren seine Zweifel gewachsen.
Sie sollten auf New Ireland nicht einen grausamen Eroberer besiegen oder eine unterdrückte Bevölkerung in die Freiheit führen, sondern einen Sektor besetzen, der zum Gebiet der Föderation gehörte. Die Leute auf New Ireland würden sie vermutlich nicht wie Helden begrüßen, sondern wie Besatzer.
Steiner konnte sie nur zu gut verstehen. Er hatte sich an Informationen beschafft, was zu bekommen war und die Zustände auf den sechs Sektor-Welten waren schockierend. Die Menschen produzierten dort eigentlich genug, um nicht nur den Eigenbedarf zu decken, sondern darüberhinaus auch noch regen Exporthandel zu betreiben.
In den letzten Monaten aber hatte die Föderation ihre Ansprüche geltend gemacht und das für den Krieg dringend benötigte Material größtenteils konfisziert. Nun standen die Menschen dort den ganzen Tag in der Fabrik und abends vor leeren Regalen im Supermarkt. Außerdem waren Medikamente und Treibstoff dramatisch verknappt worden.
Der gewaltige Militärapparat der Föderation benötigte Unmengen an Ressourcen, verschlang beinahe alle möglichen Produkte in rauen Mengen und New Ireland war nicht der einzige Sektor, der in diesem Ausmaße zu leiden hatte. In der Tat war die Stimmung in der Bevölkerung nirgendwo wirklich gut.
Der Hauptmann seufzte. Es war klar, dass zuerst die Welten Probleme bereiteten, die weit ab von der Front lagen. Er selber kam von einem Planeten, der in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand und Opfer von Kampfhandlungen geworden war. Die Menschen dort waren Entbehrungen und Leiden gewöhnt und nicht wenige von ihnen meldeten sich freiwillig zum Kriegsdienst, während von den ruhigeren Sektoren die Männer und Frauen zu den Waffen gezwungen werden mussten.
Auf eine gewisse Art und Weise war es also nur gerecht, New Ireland jetzt einen Denkzettel zu verpassen und sie daran zu erinnern, dass auch dieser Sektor seinen Beitrag zum Fortbestand der Föderation zu leisten hatte.
Steiner stand auf und goss sich ein Glas Bier ein, dann setzte er sich wieder und betätigte erneut die Wiedergabetaste. Leise Schritte hinter ihm zeigten, dass Irina Radovic das Zimmer betreten hatte. Sie genoss momentan das Recht, einen Zweitschlüssel zu seinem Apartment zu besitzen und machte davon auch regen Gebrauch.
Sie trat hinter ihn und stützte sich auf der Sessellehne auf, wartete stumm ab, bist die letzten jubelnden Zivilisten verblasst waren. „Zum wievielten Mal guckst du dir das jetzt an?“
Steiner seufzte und schaltete das Gerät aus, stand dann auf. „Ich weiß nicht. Das zehnte Mal? Das zwölfte?“ Hilflos zuckte er mit den Schultern. „Es lässt mich nicht in Ruhe.“
Sie trat an ihn heran und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. „Ich habe hier etwas, dass dich ablenken könnte“, grinste sie und hielt ihm demonstrativ eine Warmhaltebox vor die Nase. „Ich habe uns Abendessen mitgebracht und eine Flasche Wein habe ich auch dabei.“
„Du bist ein Engel“, antwortete der Hauptmann, als sie in die kleine Küche gingen. „Was gibt es denn Leckeres?“
„Karolingisches Gyros mit andalusischen Pommes Frites und Original Mars-Zaziki.“
„Klingt gut.“ Steiner stellte Teller auf den Tisch und begann nach Besteck zu wühlen. „Weißt du, was etwas makaber ist?“
„Du wirst es mir vermutlich gleich erzählen“, vermutete die Halb-Russin, während sie den Wein in Gläser schenkte. Sie kannte sich in Steiners kleiner Küche mittlerweile vermutlich besser aus als der deutschstämmige Offizier selbst und hatte Flaschenöffner und Gläser gefunden, ehe er Messer und Gabeln auf den Tisch bringen konnte.
„Stimmt. Ich habe vorhin Berichte über unseren Urlaubsort gelesen. Die Menschen stehen dort vor leeren Regalen in den Supermärkten und bei uns kann man exotische Spezialitäten am Schnellimbiss zum Mitnehmen kaufen. Und nun sollen wir den Leuten klarmachen, dass sie dieses Opfer bringen müssen.“
Irina Radovic grinste schief: „Du kannst dein Essen ja stehen lassen und mitnehmen. Dann kannst du es den Menschen dort schenken, aber vermutlich ist es bis dahin schlecht.“
„Har har… ha!“ Er hatte das Besteck endlich gefunden, drückte seiner Freundin Messer und Gabel in die Hand und ließ sich dann auf einen Stuhl fallen. Während er nach seiner Portion griff, musste auch er grinsen. „Ich denke nicht, dass ich dieses Essen schlecht werden lasse. Was gibt es zum Nachtisch?“
„Du hast noch nicht einmal angefangen zu essen und fragst nach dem Nachtisch?“
Steiner, der jetzt deutlich spürte, dass er seit dem Mittag nichts mehr gegessen hatte, nickte. „Warum nicht?“
Mit einem verheißungsvollem Lächeln öffnete die junge Frau den obersten Knopf ihres Uniformhemdes. „Ich hätte für den Nachtisch so eine Idee…“


Freitag, 13.02.2359, 10:12 Uhr Ortszeit
Fliegerhorst „Sir-William-Frasier“ Neu-Moskau
Terra

Über dreihundert Jahre ändern eine Menge Dinge. Staaten kommen und gehen, Menschen werden geboren, sterben und verbringen dazwischen außerordentliche Dinge und Erfindungen revolutionieren die Gesellschaft.
Einige Dinge aber, ändern sich wohl nie. Zum Beispiel die irrationale Angst vor dem regelmäßigen Zufall, dass der dreizehnte Tag eines Monats auf einen Freitag fiel.
Hauptmann Ralf Steiner war natürlich ein rationaler Mann und gab nicht viel auf diesen Hokuspokus, aber einige Männer unter seinem Kommando murrten darüber, dass ihr wertvolles Gerät ausgerechnet an diesem Datum auf die überschweren Transporter verladen wurde. Mit den gewaltigen Trucks ging es dann zum Raumhafen, wo die Jagdflieger auf Raumfähren verladen wurden, mit denen sie die Reise zu den wartenden Raumschiffen im Orbit antraten.
Am Montag würden dann alle 415 Soldaten des Geschwaders folgen und nach einer kurzen Reise in den terranischen Orbit würden sie Quartier auf den Schiffen des Versorgungsbataillons 3569 beziehen.
Steiners Geschwader bestand aus vier Staffeln von Jets. Jede Staffel bestand aus drei Schwärmen. Und jeder Schwarm bestand wiederum aus vier Rotten zu je zwei Maschinen. Dazu kam sein persönlicher Kommando-Halbschwarm, was sein Geschwader auf insgesamt einhundert Maschinen brachte.
Die ersten drei Staffeln waren alle gleich aufgebaut: Ein Schwarm Falcon-Angriffsjäger, ein Schwarm Nemesis-Angriffsjäger und ein Schwarm Hurricane-Jagdbomber. Auch seine vier Maschinen waren Falcons, schnelle und vielseitige Allrounder, hauptsächlich für den Kampf gegen andere Jagdmaschinen ausgelegt.
Die vierte Staffel bestand aus zwei Schwärmen mittelschwerer Destructor-Bomber und einer Staffel überschwerer Hammer-Bomber und war ohne Begleitschutz schwerfällig und hilflos. Dafür reichte die pure Zerstörungskraft ihrer Waffen, um sogar einem Kriegsschiff gefährlich werden zu können.
Steiner wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als es an seiner Bürotür klopfte.
„Herein!“
Oberleutnant Jaques Benoit, stellvertretender Geschwaderkommandeur, trat ein. „Guten Morgen, Ralf!“, wünschte er lapidar und ohne militärischen Gruß. Hier, abseits der Augen und Ohren der übrigen Soldaten, konnten sich der Chef und seine rechte Hand diese Art der Kameradschaft erlauben. Die beiden Männer kamen gut miteinander aus, Ralf ging sogar so weit, ihr Verhältnis als eine Art Freundschaft zu bezeichnen. Etwas, dass bei ihm nicht oft vorkam.
„Guten Morgen! Ich würde dir ja einen Kaffee anbieten, aber die Kanne ist schon alle.“
„So früh?“
„Sörenson und Nirane waren hier, um mir den Stand der Verladearbeiten zu melden. Daraus wurde dann eine kleine Besprechung und du weißt ja, wie schnell dann der Kaffee leer wird.“
Benoit lachte: „Ja, ein uraltes Phänomen. Und was haben die beiden Flecken dir erzählt?“
Flecken, so nannten die Piloten der schwarzen Reiterei untereinander die anderen Soldaten. Im Gegensatz zu diesen trugen die Elite-Piloten nämlich die meiste Zeit über ihre schwarze Parade-Uniform, während die Hilfstruppen eine Uniform in einem urbanen Flecktarn trugen. Tarnmuster trugen die Reiter fast nur im Einsatz und auch dann dominierte schwarze Kleidung. Als Pilot war ein Tarnanzug einfach nicht wichtig oder notwendig.
„Wir liegen gut im Zeitplan“, erklärte Steiner. „Die Jungs und Mädels vom Transport scheinen kompetent zu sein, aber einige von ihnen regen sich auch darüber auf, dass unsere Techniker jeden ihrer Schritte überwachen.“
„Kann man es ihnen verdenken? Immerhin ist das ihre Arbeit und vermutlich sind sie sich sicher, dass sie ihr Fach beherrschen.“
„Ist egal. Vier Augen sehen mehr als zwei und Schäden am Material möchte ich vor der Mission noch nicht haben.“
Der Franzose grinste: „Wenn ich an unser Einsatzziel denke, scheint der Transport der gefährlichste Teil zu werden.“
„Wenn ich an unser Ziel denke“, erwiderte Steiner trocken, „dann sehe ich nur einen großen Makel auf unserer Einheitsakte. Statt an der Front zu sein, bewachen wir eine Provinzwelt. Das wird sich in keiner unserer Akten besonders gut machen.“
„Ehrgeizig wie immer“, feixte Benoit.
„Ich gehöre nicht der Elite an, um mich auszuruhen. Aber warum bist du eigentlich hier? Sicher nicht, um mit mir über meinen Ehrgeiz zu reden.“
„Stimmt. Ich soll dir ausrichten, dass die Agenten-Gruppe vom Sicherheitsdienst eingetroffen ist.“
„Agenten? Was für Agenten?“
Verärgert verzog der Deutsche das Gesicht. Der Sicherheitsdienst der Terranischen Föderation, kurz TFSD, war der militärische Geheimdienst und hauptsächlich für Spionageabwehr und interne Ermittlungen zuständig. Seine außerordentlichen Befugnisse und seine oft als Infiltratoren agierenden Mitarbeiter hatten dafür gesorgt, dass jeder Offizier dem TFSD zumindest misstrauisch gegenüberstand. Elite-Einheiten wie die Schwarze Reiterei blieben meistens von diesen Überprüfungen verschont, da jeder Soldat schon beim Eintritt in so eine Truppe gründlich überprüft wird.
„Eine Gruppe von fünf. Eine Frau scheint das Sagen zu haben und sie meinte, du wüsstest Bescheid.“
„Nichts weiß ich. Wie ich das liebe. Blöde Schnüffler!“, fluchte Steiner.
Benoit grinste verschlagen: „Willst du sie rauswerfen?“
„Noch nicht. Damit würde ich nur meine Karriere torpedieren. Scheint, als müsste ich mir zumindest anhören, was die hier wollen.“
„Ein bisschen schleimen und lächeln und die schwache Hoffnung, dass sie einfach die falsche Kaserne erwischt haben?“
„Ich habe nie gesagt, dass ich höflich bleiben muss“, grinste Steiner. „Wo?“
„Besprechungsraum. Schien mir der neutralste Ort zu sein. Außerdem liegen dort keine Akten rum.“
„Gut! Dann wollen wir mal!“
Die beiden Elite-Piloten verließen Steiners Büro und stiegen über die Treppe zwei Etagen hinab. Einige Meter Flur später erreichten sie den Besprechungsraum der Einheit und der Deutsche atmete noch einmal kurz durch.
„Nach ihnen, Herr Oberleutnant!“
Benoit, voller heimlicher Vorfreude auf das Schauspiel, das sein Chef zu veranstalten pflegte, wenn er sauer war, grinste nur und trat ein. „Meine Damen und Herren, der Kommandeur zweiten Geschwaders des ersten Reiter-Verbands, Hauptmann Ralf Steiner!“, hörte man ihn den Deutschen ankündigen.
Steiner ließ sich nicht lange bitten und rauschte wie eine Lokomotive in den Raum.
Nur um sprachlos in der Tür stehen zu bleiben. Die vier Agenten, die sich auf eine Stuhlreihe verteilt hatten, nahm er gar nicht richtig wahr, seine gesamte Aufmerksamkeit galt der Frau, die offenbar die ranghöchste Agentin im Raum darstellte und mit ihrem maßgeschneiderten Kostüm einfach umwerfend aussah.
Sie fand ihre Sprache deutlich schneller wieder, als Steiner, immerhin hatte sie auch den Überraschungseffekt auf ihrer Seite: „Hallo, großer Bruder!“

Ralf Steiner brauchte einige Augenblicke, um seiner Überraschung Herr zu werden. Dann endlich schaffte er es, seine Sprache wiederzufinden: „Sarah? Was machst du denn hier?“
„Ist das nicht offensichtlich? Ich hab den ausdrücklichen Befehl, mich mit meiner Gruppe bei dir zu melden und die schwarzen Reiter nach New Ireland zu begleiten.“
Der Hauptmann musterte die Agenten skeptisch und sah dann wieder zu der blonden Frau zurück, die ihn so überrascht hatte: „Und wieso erfahre ich davon erst jetzt?“
Die Verwunderung in ihren Augen war echt, als sie antwortete: „Wirklich? Ich dachte, man hätte dir Bescheid gegeben.“
„Nein, das hat man nicht. Können wir kurz unter vier Augen miteinander sprechen?“
„Natürlich. Sie nickte kurz in die Richtung ihrer Untergebenen und die vier Geheimdienstoffiziere erhoben sich.“
Benoit, der noch immer an der Tür stand, öffnete: „Meine Damen und Herren, folgen sie mir bitte!“
Als die fünf Männer und Frauen gegangen waren, ließ Ralf sich auf einen Stuhl neben seiner Schwester fallen.
„Seit wann bist du beim TFSD?“
„Fast sechs Jahre. Ich habe es bis zum Special Agent gebracht und wie du siehst, hat man mir ein eigenes Team anvertraut.“
„Was sagt unser Vater dazu?“
„Du weißt, was er von dem Dienst für die Föderation hält. Nachdem du zur Fliegerei gegangen bist und er den Kontakt zu dir abgebrochen hat, wurde er unausstehlich. Er hat alles versucht, um mich von Waffen, Soldaten und dem ganzen Kram abzulenken. Ich musste zu Hause raus und ich bin gut in dem, was ich jetzt tue.“
„Wie hat er es verkraftet?“
„Er spricht nicht mehr mit mir. Kommt dir das bekannt vor?“ Als ihr Bruder eine hilflose Grimasse zog, grinste sie. „Dachte ich mir. Aber Mama hat mir ein paar Briefe geschickt. Im Grunde geht es beiden gut, aber wenn sie wohl nicht ganz damit fertig werden, dass beide ihre Kinder im Staatsdienst stehen.“
„Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn du nicht von zu Hause weggegangen wärst, nur um deinen sturen Kopf durchzusetzen.“
„Der erste, der gegangen ist, warst du, Ralf.“
„Das war etwas anderes. Ich hatte meine Gründe dafür.“
„Und welche?“ Sarah schüttelte den Kopf. „Ruhm und Ehre? Mein Gott, ich hatte auch meine Gründe. Ich bin kein Kind mehr. Ich bin erwachsen geworden, Bruderherz.“
„Ja, das sehe ich.“ Er seufzte und machte dann eine vage Handbewegung: „Wir können später über die alten Zeiten reden. Du kannst mich und meine Freundin zum Abendessen begleiten. Aber jetzt würde ich gerne wissen, warum man meiner Einheit Agenten des TFSD zuteilt.“
„Das klingt, als hätte man euren Stolz als Elite-Truppe gekränkt.“
„So ähnlich. Die schwarzen Reiter sind nicht unbedingt für ihren Wankelmut und fehlende Loyalität bekannt. Und jetzt fünf offen agierende Geheimdienstoffiziere auf uns anzusetzen, könnte sich nachteilig auf die Moral meiner Leute auswirken. Sie sind die Besten der Besten. Was sollen sie denken, wenn jetzt Anzugträger hier herumschnüffeln?“
„Denk daran, dass ich auch so ein Anzugträger bin.“
„Entschuldige. Die Vorurteile gegen deine Behörde reichen tief. Aber das ist auch gar nicht das Thema. Was ist euer Auftrag?“
„Eigentlich dürfte ich dir das gar nicht erzählen, aber wir sind nicht wegen euch hier. Wir sind auf der Suche nach einem möglichen Verräter unter unseren verdeckten Agenten in den anderen Einheiten. Und wir haben auch den Auftrag, regelmäßig Bericht über die Fortschritte im New Ireland-Sektor abzuliefern. Wir sind nur in deiner Einheit, weil es organisatorisch wohl das Beste war und weil wir in den anderen Einheiten keine Panik auslösen wollen. Reicht dir das fürs Erste?“
Ralf nickte.
„Gut. Dann erzähl mir von deiner Freundin und dem Abendessen! Oh… und sag mir, wo ich meine Leute unterbringen kann!“

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