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Zum Ende der Seite springen Hinter den feindlichen Linien Season 2
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Cattaneo
Major


Dabei seit: 31.07.2002
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Hinter den feindlichen Linien Season 2 Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Hinter den Feindlichen Linien – Season 2

Eine Autorenkooperation aus dem Battletech.de Forum
(man stelle sich bitte zu diesem Posting die Titelmusik zu Wingcommander vor)

Flugdeck:
Das hektische Treiben, welches bei der Aufnahme von Nachschub geherrscht hatte, hatte jetzt ruhigen professionellen Hangriffen und genralstabsmäßiger Ordnung Platz gemacht.
Zwei voll bestückte Phantome wurden von gelben Tragkoren zu den Katapulten gezogen, zwei Typhoon kamen mit dem Lift aus dem Hangardeck nach oben aufs Flugdecke gehoben, ebenfalls voll bestückt, als Alarmstart 5 Bereitschaft.
Einzig und allein um den Liftschacht zu Magazin 3 war es ruhig, die Bodencrews und Piloten mieden den Bereich, der von vier grimmigen Marines, mit ihren H&K Sturmgewehren, bewacht wurde.

Brücke:
Auf der Brücke herrschte etwas, was sich kontrollierte Chaos nannte. Techniker wieselten umher, verglichen Daten, gaben Zahlen ein und weiter.
Inmitten diesen Wirrwarrs thronte Commodore Clark und seine XO. Etwas weiter hinten auf der Brücke beobachteten die beiden Geheimdienstoffiziere Bayonne und Rowland das muntere Treiben. Schließlich trat Commander Auson zwei Schritte vor ans Geländer des Oberdecks der Brücke, von wo aus sie auf die einzelnen Stationen runterblickte.
"Ms. Hanson, Verankerung und Energieversorgung zur PERSEUS kappen."
"Aye, aye Ma'am, Verankerung und Energieversorgung kappen", bestätigte die junge Brückenoffizierin,
"Verankerung und Energieversorgung gekappt."
"Rudergänger: Manöverdüsen vorn 1/3 Kraft!" Befahl Auson.
"Manöverdüsen 1/3, Aye!"
Langsam schob sich der 59.000 Tonnen schwere Flottenträger rückwärts von der Raumstation weg, raus aus der "Parklücke" zwischen den beiden schweren Kreuzern.
"Ruder, hart Backbord", befahl Auson, nachdem der Träger die Kreuzer komplett passiert hatte. Langsam kippte der das Heck nach links ab und schließlich befand sich die REDEMPTION im 90 Grand Winkel zu den Kreuzern.
"Ruder mittschiffs, vordere Manöverdüsen auf 0, 2/3 Fahrt voraus."
"Aye, aye Ma'am", bestätigte der Rudergänger.
Die REDEMPTION befand sich auf Kurs zu ihrem Begleitgeschwader, zwei Kreuzern der Ticonderoga-Class, vier Duquesne-Class Zerstörer und drei Fregatten der Brandenburg-Class.

Eine Neue Feundfahrt hatte begonnen.

Beginn Teil II

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Martell saß wieder in seinem Büro und schaute auf die Statue, die nun auf seinem Schreibtisch stand. Da klopfte es an der Tür.
„Herein.“
Thunder trat ein und schloss die Tür.
„Sir, wir haben ein Geschenk von der R&D Abteilung bekommen.“
„Ein Geschenk? Sie kennen doch das alte Sprichwort: Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen.“
„Ähm, nein.“
„Aber die Illias kennen Sie doch?“
„Ja klar, war Pflichtstoff auf der Akademie.“
„Wie dem auch sei. Welche Wohltat haben sich die Masterbrains denn diesmal einfallen lassen? Einen Pilotensitz mit automatischer Massagefunktion, die im Gefecht dann einen Kurzen bekommt?“
Shukova grinste. Dem Alten ging es wirklich wieder besser.
„Ich würde sagen, wir schauen uns das Zeugs lieber mal selber an.“
„Einverstanden, die Papierberge, die sich hier angesammelt haben, lasse ich gerne hinter mir.“

Shukova und Murphy gingen zum Flugdeck, wo sie Chief Cutter und Murphys Bordwart M’Boko erwarteten.
„Sir,“ der Chief nickte respektvoll, „hier entlang.“ Cutter führte die beiden Offiziere zu einem der Waffenmagazine. „So, da wären wir. Brauchen Sie mich noch?“
„Nein danke Chief, ich denke, Mr.M’Boko wird uns schon alle relevanten Informationen geben können.“
Der schwarze Petty Officer nickte.
„Ok, was haben uns die Technikfreaks denn überlassen.“
Der Mechaniker führte die beiden Offiziere zu einer der Kisten und öffnete sie. Darin kam ein rechteckiger Kasten zum Vorschein. Nachdem M’Boko diesen mittels eines mobilen Kranes angehoben hatte, konnte Murphy auf beiden Längsseiten Andeutungen von Öffnungen erkennen. Als der Mechaniker dann eine Wartungsklappe öffnete und in dieser einen Knopf betätigte, gingen die Öffnungen auf und 10 röhrenartige Löcher kamen zum Vorschein.
„Dies ist ein Behälter für die neuen „Imp“ Raketen. Es handelt sich dabei um Miniraketen mit kurzer Reichweite und ohne Suchkopf. Mit anderen Worten: Ein klassischer Raketenwerfer. Die Geschosse haben wir hier,“ M’Boko deutete auf eine andere Kiste, die er ebenfalls öffnete, „es sind sowohl hochexplosiv wie auch panzerbrechende Sprengköpfe mit Aufschlagzünder vorhanden.“
„Wie groß ist denn die Reichweite des Systems?“
„Nun ja, offiziell im Vakuum 1500 km im, aber ich bezweifele, dass man mit dem doch eher kleinen Rakententriebwerk irgendwetwas trifft, was nicht stationär ist.“
„Und die Sprengkraft?“
„Hm ja, etwa 30% der Sidewinder, wenn die Ladung voll trifft. Die panzerbrechenden Gefechtsköpfe sind für Angriffe auf Transporter und leichte Dickschiffe gedacht, notfalls wird man sie auch gegen größere Schiffe einsetzen können, aber viel würde ich mir davon nicht versprechen.“
„Sie klingen ja nicht sehr optimistisch.“
„Um ehrlich zu sein: ich habe schon einige Neueinführungen miterlebt, und es war immer dasselbe: Die Versprechungen werden nie voll erfüllt, schon alleine, weil es hier draußen ganz anders abgeht als im Labor der Rüstungsfirmen..“
„Gut. Können die Griphens die Waffe überhaupt schon laden?“
„Ja, wir haben ein Softwareupdate bekommen und der Behälter kann an das Multipurposerack angehängt werden. Dasselbe gilt für die Miragestaffeln.“
„Gut, dann führen Sie bitte umfangreiche Trockentests durch, ich will nicht, dass ich auf einmal draußen feststellen muß, dass mir das Ding um die Ohren fliegt.“
„Klar, Sir, wir wollten nachher damit anfangen.“
„Sehr gut. Haben wir sonst noch neue Ausrüstung bekommen?“
„Nur einige kleinere Updates für den Bordcomputer, der einige bekannte Fehler ausmerzt und ein aktualisiertes Warbookprogramm, dass die Identifikation erleichtert und unbekannte Kontakte leichter klassifizieren kann. Außerdem haben wir für die ECM Pods noch neue Teile bekommen, aber was das soll, weiß ich noch nicht, da muss ich mir erst die Beschreibungen durchlesen. Ich vermute aber stark, dass es mit den Kurzschlüssen zu tun hat, die einige Staffeln in letzter Zeit gehabt haben.“
„Gut, erstatten Sie mir bitte Bericht, sobald da Klärung möglich ist. Was ist mit den Ersatzmaschinen?“
„Sind durchgecheckt und für in Ordnung befunden worden, wir warten nur noch auf Ihre Zuteilung, um die Namen draufzuschreiben. Oder wollen Sie eine der neuen Maschinen, sind beide fast fabrikneu.“
„Nein danke, paßt schon. Gute Arbeit, Mister M’Boko.“
„Danke Sir.“

Murphy und Shukova verließen das Flugdeck und gingen zurück zum Büro. Draußen warteten schon zwei junge Lieutenants, die Murphy nicht kannte. Als sie im Büro waren und wieder saßen, fragte er Thunder nach den beiden.
„Sind die beiden neuen Piloten.“
„Was? Das sind ja noch Kinder!“
„Stimmt, beide frisch aus der Ausbildung.“

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Mit einem lauten Wamps landete gegenüber von Kano Nakakura ein Tablett auf dem Messetisch. Er frühstückte gerade, in einer halben Stunde würde für ein Drittel der Mannschaft der Redemption das Abendessen aufgefahren.
"Morgen", sagte der junge Pilot, Nakakura kannte ihn nicht, der sich ihm gegenüber setzte. Der Pilot hatte eine gebratene Scheibe Hackfleisch zwischen zwei Scheiben Brötchen sowie einen riesigen Berg Pommes Frites auf seinem Tablett.
"Bist Du nicht etwas früh dran mit dem Abendessen?" Fragte Nakakura, der sich gestört fühlte.
"Frühstück", nuschelte der Pilot undeutlich, während er sich gleichzeitig das Brötchen in den Mund schob und herzhaft abbiss, beinahe hätte Okha es nicht verstanden.
Der schwarzhaarige Pilot kaute hastig und legte das Brötchen zurück, um sich die Hände an der Uniformhose abzuwischen, dann streckte er die Rechte aus: "Pinpoint, von den Phantomen." Dabei lächelte er, so glaubte Okha, freundlich.
"Okha", stellte er sich vor und schüttelte ihm die Hand.
Pinpoint biss wieder in sein Brötchen und versuchte dabei zu sprechen: "Bist grade erst von der Akademie richtig?"
"Ja", antwortete Okha, der sein Gegenüber für nicht, zumindest nicht viel erfahrener hielt als sich selbst.
Pinpoint nickte bedächtig in biss erneut in sein Essen. "Ist meine zweite Fahrt, bin der Wingman von Lone Wolf." Zwischen zwei Bissen setzte er nach: "Das ist das Callsign vom CAG."
"Freu Dich 'nen runden Keks und beiß die Ecken ab", schnarrte es mürrisch und ein weiterer Pilot setzte sich dazu. Er trug die Abzeichen eines 1st Lieutenant. Dieser hatte wie Okha Rühreier, Brötchen und etwas Aufschnitt auf dem Tablett und blickte angewidert auf das Essen von Pinpoint: "Am frühen Morgen schon so einen Dreck? Man kleiner, Du bist echt eklig."
Eine weile aßen die drei schweigend, dann beugte sich der 1st Lieutenant verschwörerisch vor: "Habt Ihr schon das Neueste gehört?"
Okha schoss das Callsign Radio durch den Kopf, das bordeigene Newsboard, vor dem er schon gewarnt worden war: "Einer unser Goldjungs soll einen zivilen Frachter erwischt haben." Er ruckte mit dem Kopf in Richtung einer Gruppe von Bomberpiloten.
Pinpoint stellte das Kauen ein und blickte skeptisch.
"Wenn es Akarii-Zivilisten waren, dann hatten sie selbst schuld unseren Bombern zu begegnen", beschloss Okha bestimmend.
"Mein Gott Jungfuchs, wenn interessieren die Akarii, ich rede hier von was anderem......"
"Du meinst doch nicht einen Frachter von UNS?" Entfuhr es Pinpoint ungläubig.
Radio nickte bedächtig und die drei Piloten aßen schweigend weiter.

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Wenn eine Sache der Navy niemals ausgehen würde, war es der Papierkrieg entschied Lucas und zündete sich eine Zigarette an.
Es läutete an der Kabinentür, doch der Besucher wartete nicht aufs 'Herein'.
Kaum hatte Chief Cutter die Tür hinter sich geschlossen fing er an zu zetern: "Diese verdammten Geheimdienstler, die stellen meinen ganzen Laden auf den Kopf. Zuerst muss ich die überschüssige Munition aus Magazin 3 in die anderen drei Magazine verteilen."
Der ältere Chief marschierte vor dem Schreibtisch auf und ab: "Dann stehen da diese vier Marines herum, die jeden anknurren, der nur auf 20 Meter an Nr. 3 rankommt, einige meiner Jungs machen schon freiwillig Umwege von 5 Minuten um ans Materiallager zu kommen." "Hören Sie Chief... " wollte Lucas den älteren Mann unterbrechen, doch dieser sprach einfach weiter.
"Dann habe ich meinen Spannschlüssel Nr. 24 im Magazin 3 liegenlassen und die Schweine rücken ihn nicht raus. MEINEN Schlüssel."
"Es wird doch auf der REDEMPTION mehr als einen Spannschlüssel Nr. 25 geben oder?" "Nr. 24 und ja, aber das ist MEINER, mein höchst eigener Schlüssel."
"Hören Sie Chief, ich werde mit den Jungs vom NIC sprechen, ob die nicht doch den Schlüssel rausrücken ja?"
'Den Teufel werde ich tun, mit den Typen will ich nicht mehr Wörter wechseln als unbedingt nötig.'
"Ja, in Ordnung, danke Sir." 'Lügner'
Cutter öffnete die Tür und stand einem Darkness gegenüber, der gerade auf die Klingel drücken wollte.
"Sir."
"Chief." Darkness trat ein, nachdem Cutter draußen war.
"N'abend Jus", begrüßte Lucas ihn müde.
"N'abend." Darkness setzte sich unaufgefordert und blickte Lucas einige Zeit an.
"Also Jus, was kann ich für Dich tun?" Wollte dieser schließlich wissen.
"Nun Luke", Darkness genoss es wie Lucas unter der Abkürzung zusammenzuckte, war er doch der einzige auf der REDEMPTION, der wusste, dass Lucas beinahe mit dem Callsign Lucky Luke die Akademie verlassen hätte, "eigentlich wollte ich was für Dich tun."
Lucas lächelte säuerlich: "Und was wollte der schlechtest gelaunte Pilot an Bord mir denn tun?"
Bedeutungsvoll guckte Darkness auf seine Uhr.
"Scheiße, die Besprechung mit den NIC-Leuten, dabei habe ich mit Cutter eben noch über die gesprochen."
"Er hat sich beschwert? Naja, war ja nur ne Frage der Zeit. Aber, was glaubst Du haben die Kerle im Ärmel?"
"Wahrscheinlich werden sie von irgendeiner Superwaffe faseln, die das Ende der Akarii mit einem Fingerschnippen bringt, oder wie üblich ne Menge heiße Luft."
"Hören wir es uns doch erstmal an, bevor wir es verteufeln", schlug Darkness vor und erhob sich.
"Du hast mich nach meiner Meinung gefragt", Lucas drückte seine Zigarette aus und erhob sich ebenfalls.
"Erinnere mich bitte bei passender Gelegenheit, es nicht mehr zu machen."

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ForCAP in zehn Minuten. ForCap in zehn Minuten. ForCAP in zehn Minuten.
Wie ein Mantra wiederholte ich diese Worte in meinem Geist, immer und immer wieder. Aufstehen, den Helm und die Handschuhe schnappen, in meine Phantom steigen und Darkness den Arsch decken.
Aber ich konnte es nicht. Ich saß noch immer im Schneidersitz auf dem Bett und betrachtete die lange Pappschachtel vor mir. Eine Pappschachtel. Weiß der Himmel, wie jemand auf PERSEUS hier draußen an vorverarbeitete Zellulose gekommen ist.

Meine Gedanken schwenkten zurück in die nahe Vergangenheit, einen halben Tag zurück. Die Schleusenwache hatte mich gerufen. Besuch.
Also war ich zu nachtschlafender Zeit aufgestanden, hatte eine Fähre erklommen und zur Schleuse geflogen, die der RED an Bord der PERSEUS zugeteilt worden war.
Dort hatte mich ein Petty Officer erwartet, stramm salutiert und gemeldet: „Sir, Sie haben einen Besucher. Die Identität wurde auf seinen Wunsch hin nicht festgestellt. Eine Anordnung dieser Maßnahme war nicht möglich, da PERSEUS Station als sicherer Hafen gilt. Er ist ein erwachsener Mongoloide. Waffen konnten bei der Durchleuchtung nicht festgestellt werden. Er trägt eine Schachtel bei sich, die einen eindeutigen organischen Inhalt enthält.“
Ja, ja, dachte ich, kurz vor dem Abflug wurden alle nervös. Und sogar die Marines machten Dienst nach Vorschrift.
„Wünschen Sie einen bewaffneten Begleiter, Sir?“ fragte mich der Unteroffizier.
„Was?“ „Wünschen Sie einen bewaffneten Begleiter, Sir?“ wiederholte er.
Ich schüttelte den Kopf. „Negativ, Petty Officer. Aber danke der Nachfrage.“
Unwillkürlich zog der Mann die Hacken zusammen. „Nicht der Rede wert, Sir. Sie sind ein Aß, und auf die müssen wir eben achten, damit sie noch mehr Akarii aus dem All pusten.“
Ich grinste und wechselte in den Vorraum. „Ich werde mich bemühen, Ihr Vertrauen nicht zu enttäuschen, Petty Officer.“

Vor der Schleuse erwartete mich ein gepflegter Asiat. Er kam mir irgendwie bekannt vor, konnte ihn aber nicht einordnen.
Der Mann lächelte mich an. „Gomenasai, Ace-Sama. Es ist mir eine große Freude, Sie wiederzusehen.“ Ich runzelte die Stirn.
„Bitte, bemühen Sie sich nicht. Als wir uns kennenlernten, waren sie... in einem Zustand, den man als meditativ bezeichnen könnte. Dennoch war es eine Bereicherung für mich, daß Sie mein Geschäft betreten haben. Ihre anschaulichen Geschichten haben meine Gäste in den Bann gezogen und mir in den letzten Tagen immer wieder ein volles Haus beschert.“
Das RYUKEN! Plötzlich erinnerte ich mich wieder. Eine kleine Kneipe tief in den Eingeweiden der PERSEUS Station, die normalerweise von den Piloten der Navy gemieden wurde. Sugar hatte mich dorthin mitgeschleift. Und dieser Mann war Noboru, der Wirt.
Ich erinnerte mich auch, daß ich auf sein Drängen hin von der Feindfahrt der RED erzählt hatte. Zum Glück nur Räuberpistolen. Ich hatte keinerlei Details über tatsächliche Einsätze verraten. Hoffte ich.
„Unsere gemeinsame Freundin bat mich um einen Gefallen, Ace-Sama. Ich bin nur zu bereit, dem nachzukommen, um die Reinheit zwischen uns wieder herzustellen.“
Noboru verneigte sich vor mir. Hastig erwiderte ich die Geste.
„Nehmen Sie dies als Geschenk von Sugar und mir. Es soll Ihnen helfen zu kitten, was Sugar zerbrochen hat.“
Wieder verneigte sich der Asiate und hielt mir die Pappschachtel hin. Ich nahm sie entgegen.
„Darf ich sie öffnen?“ Noboru nickte lächelnd.
Ich löste die Schleife und hob den Deckel ab. „Das...“, rief ich entsetzt.
Entsetzt genug, um den Petty Officer auf den Plan zu rufen. Mit gezogener Waffe kam er einher gestürmt. „Geht es Ihnen gut, Sir?“ blaffte er, während die Mündung auf den Asiaten zeigte. Ich zeigte ihm stumm den Inhalt des Kartons. „Oh“, machte er und ließ die Waffe sinken. „OH!“ Ich zuckte die Achseln. „Organisch, Petty Officer.“
Zu Noboru gewandt sagte ich: „Das kann ich unmöglich annehmen. Dies ist ein Vermögen wert.“
Wieder verneigte der Besitzer des RYUKEN sich vor mir. „Das haben Sie schon. Ich empfehle mich jetzt. Und bitte besuchen Sie mich und mein Etablissement, sobald Sie von Ihrer erfolgreichen Feindfahrt zurückkehren, Ace-Sama.“

Einen Moment sah ich ihm nach. „Haben Sie eine Freundin, Petty Officer?“
„Was? Oh, ja, Sir. Sie arbeitet im Lazarett.“ Ich griff in die Schachtel und zog eines der elf Elemente heraus. „Hier. Nutzen Sie sie weise.“
Verblüfft starrte mich der Unteroffizier an. „Das kann ich nicht annehmen, Sir.“
„Das haben sie doch schon“, erwiderte ich und ging zurück.

Was mich zum jetzigen Zeitpunkt brachte. Vor mir lag der Karton. Geöffnet. In der Hand hielt ich die Karte von Sugar. „Hi, Süßer“, las ich. „Du hast noch einen gut bei mir. Aber ich denke, mit denen fährst du besser. Viel Glück bei deinem Mädchen. Sugar.“
ForCAP in zehn Minuten, ging es mir durch den Kopf. Ich starrte in den Karton. Zehn langstielige rote Rosen lagen darin. Zehn Rosen. Sie nach PERSEUS zu schaffen mußte ein Vermögen gekostet haben. Und selbst wenn sie an Bord der Station gezüchtet worden waren, hatten sie noch immer einen Wert, der einen Monatssold weit überbot. Ich setzte den Deckel wieder drauf und band die Schleife drum.
Als Pinpoint eintrat, war ich gerade dabei, den Helm zu ergreifen. „Hey, Pinpoint, willst du dir zwanzig Creds verdienen?“
„Wen soll ich umbringen?“
Ich drückte meinem Zimmernachbarn das Päckchen in die Hand. „Bring das zu Kali. Ich kann es nicht selbst machen. Darkness erwartet mich zur ForCAP.“
Misstrauisch beäugte Pinpoint das Paket. „Sieht mir nicht nach Navynorm aus.“
„Ein Asiate hat es mir an die Schleuse gebracht.“
Ich drückte dem Piloten einen Zwanziger in die Hand und klopfte ihm dankbar auf die Schulter.
„Schulde dir was, Mann.“

***

Zehn Minuten später klopft Pinpoint an Kalis Kabine. Sie öffnete. „Wenn es um Ace geht...“, sagte sie statt einer Begrüßung.
`Mann, ist die geladen´, dachte sich Pinpoint. `Erwähne ich Ace besser nicht. Erklären kann ich es immer noch. `Nee, Kali. Aber das hier hat mir ein Asiat für dich gegeben. Wir sehen uns.“
Als Pinpoint außer Reichweite war, murmelte er: „Besser, ich warne Ace, daß sie auf ihn nicht so gut zu sprechen ist.

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Anmerkung: Die Geschichte ist etwas verspätet, eigentlich steht sie "chronologisch" hinter Darkness KG, als er Kano an Kalis Jäger abpasste. Ich war wohl 'n bisschen zu langsam.


Nachdem der Lt. Commander ihn entlassen hatte, war Kano zu seinem Jäger zurückgekehrt. Er hatte noch einmal überprüft, ob alles wieder an Ort und Stelle war, das Werkzeug weggestaut und war dann zu seinem Quartier zurückgekehrt. An der Sache schien mehr faul zu sein, als die eventuellen Sabotagephobien – Lt. Commander McQueen hatte am Ende eher aufgebracht als misstrauisch gewirkt. Und als erfahrener Kommandant und Veteran der er war, musste es dafür einen Grund geben.
Nun, er wusste, wen er fragen konnte.

Vor Kalis Quartier zögerte Kano noch einmal kurz. Um diese Zeit noch zu stören, mitten in der „Nacht“, war nicht gerade üblich – und er wollte ganz sicher nicht zu aufdringlich werden. Das vor sich selber eingestandene Interesse an der Pilotin war das eine, aber Kano sehnte sich nicht im geringsten danach, in die Geschwader-Gerüchteküche zu geraten. Dies konnte nicht nur schlecht für die Karriere sein – es war dazu häufig einfach erniedrigend.
Aber er wollte ein paar Antworten – und vielleicht konnte er Kali ja auch warnen. Er klopfte vernehmlich. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann wurde die Tür aufgerissen. Kali war noch in voller Montur, hellwach – und sichtlich verärgert. Allerdings wohl nicht so sehr mit ihm, denn sie lehnte sich nur gegen den Türrahmen, warf Kano einen nicht übertrieben freundlichen, fragenden Blick zu und wartete ab. „Guten Abend, Kali.“ „Abend ist gut, nach meiner Uhr ist Nachtruhe – was ist los?“ „Lieutenant Commander McQueen...“ „Darkness? Unser Kindermädchen war schon hier und hat mir prophylaktisch den Kopf gewaschen.“ „Was genau hat den Lt. Commander gestört, er hat doch nicht wirklich den Saboteur gejagt?“ „Du brauchst ihn nicht `Lt. Commander‘ zu nennen, wenn er nicht da ist. Darkness reicht. Und was er wollte, war der Trackball. Genauer gesagt will er nicht, daß ich das Ding einbaue.“ „Was stört – Darkness denn daran.“ „Es ist Spezialtech, es ist `ne Modifikation an meinem Jäger und das schlimmste – ich hab’s nicht angemeldet.“ „Das wußte ich nicht... .“

Kali musterte ihn. In ihrer Miene zeichnete sich neben einer gewissen Frustration etwas anderes ab – leichte Gewissensbisse. „Hör zu, es war keine Absicht, ich hab einfach nicht dran gedacht, das man in der Navy schon eine Erlaubnis zum Nase putzen braucht. Das ich dich jetzt auch noch mit rein ziehe... .“ Kano schüttelte den Kopf: „Ich hätte ja auch fragen können. Und dieser `Trackball‘ soll schließlich im Kampf helfen. Für meine Dummheiten bin ich selber verantwortlich.“ Kali lachte kurz auf. „Nett ausgedrückt – also war’s `ne Dummheit!“ „Das meinte ich nicht...“ Kali überraschte ihn mit einem leichten Schlag auf die Schulter: „Nur die Ruhe Samurai – ich meine es. Alles in allem ist Darkness sowieso eher einer der lieber bellt, als beißt – solange es nicht wirklich etwas Schlimmes ist. Wir hätten halt mal Nachfragen müssen. Na ja, mal sehen was der Morgen bringt... .“ „Gute Nacht Kali. Wenn du noch mal Hilfe brauchst...“ „Tja, dann frage ich erst unsern LC um Erlaubnis! Danke für das Angebot, Nacht Kano.“ Sie tauschten einen kurzen Händedruck, dann wandte sich Kano zum Gehen – als ihn ein Geräusch herumfahren ließ. Ein paar Schritte hinter ihm im Gang lehnte ein Tech an der Wand, den Mund zu einem leicht anzüglichen Grinsen verzogen. Egal was er hatte sagen wollen – konfrontiert mit dem wütenden Gesicht Kalis und Kanos eiserner Miene schien er seine Chancen zu überdenken, wendete und sah zu, daß er Land gewann.
Als Kano zu seinem Quartier zurückkehrte war er sich nicht ganz sicher, was ihn mehr ärgerte – seine Vermutungen, was da an Gerüchten bald hochkochen könnte – oder die Tatsache, das ihnen momentan jede Grundlage fehlte. Die zu erwartende Standpauke des Lieutenant Commanders schien dagegen eher harmlos zu sein – er würde die Strafe entgegennehmen und ableisten. `Wenn doch auch sonst alles so einfach wäre... .'

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Martell nickte Thunder zu und bedeutete ihr, die beiden neuen hereinzuholen. Diese öffnete die Tür des Büros und winkte den beiden Piloten zu.
Dann traten die beiden auch schon ein. Der größere und scheinbar auch ältere meldete sich und seinen Kameraden:
„Lieutenants junior grade Longchamps und Feysal melden sich zur Stelle, Sir.“ Dabei nahmen beide eine stramme, ja geradzu parademäßige Haltung an.
„Rühren Lieutenants, mein Name ist, so sie es noch nicht wissen, Muphy, Callsign Martell. Thunder haben Sie ja bereits kennengelernt.“ Martell nickte erneut. Dann sah er, wie sich Shukova seitlich von den Lieutenants in den einzigen verfügbaren Stuhl setzte.
„Sie sind also die Neuen. Lieutant Longchamp, Sie kommen aus....“
„Paris, Sir.“
„Ah ja, gut. Ausbildung auf dem Mars...blablalbla...“ Martell überflog noch einmal die Akte.
„Nunja, ihre Ausbilder waren ja ganz zufrieden mit Ihnen. Das ist zwar schön und gut, aber dafür können Sie sich hier nichts kaufen. Was hier draußen zählt, ist Disziplin, Zuverlässigkeit und Teamwork. Das gilt auch für Sie, Feysal. Für Sie um so mehr, wenn ich so Ihr Callsign sehe...Hotshot.....Sie fliegen an Position 4, da habe ich Sie im Auge, Sie Longchamp....was ist ihr Callsign?“
„Tank, Sir.“
„Tank, hm, sind wohl bei den Marines nicht aufgenommen worden und dann bei der Navy gelandet, oder wie darf ich das verstehen....egal. Sie sind Thunders neuer Wingman. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie auf den ersten Feindflügen so lange am Flügel ihres Rottenführers bleiben, wie dieser es sagt. Wenn einer von Ihnen hier den abschussgeilen Kunstschützen markiert, lasse ich Sie beide aus dem Roster streichen, ich fliege lieber unterzählig als mit zwei Rowdies. Ist das klar?“
„JA, SIR,“ brüllten die beiden neuen mittlerweile wie beim Drillsergeant.
„Gut. Dann melden Sie sich jetzt beim Diensthabenden, das müsste Lieutenant Tüncay sein, wenn ich nicht irre.“ Shukova nickte.
„Gut, Tüncay soll Ihnen Ihre Quartiere zeigen lassen. Außerdem richten Sie Tüncay aus, dass ich um 1900 eine Staffelmeeting ansetze, wenn jemand zu spät kommt, bekommt er Strafdienst. Irgendwelche Fragen? Egal, wenn Fragen sind, klären wird das heute abend. Wegtreten.“
Die beiden Lieutenants salutierten und machten kehrt, dann hasteten Sie fast aus dem Büro.
Shukova grinste. „Wenn Sie jetzt noch ihre Dienstwaffe gezeigt hätten, hätten die gedacht, Sie wären ins Strafbataillon versetzt worden.“
„Die sollen ruhig Angst vor mir haben, dann machen sie draußen keine Extratouren, bevor sie nicht wissen, wie der Hase läuft. Aber ich geb's zu, es mag übertrieben gewesen sein....“
„Keineswegs Sir. Ich kümmere mich dann mal um die Unterlagen für heute Abend.“
„Tun Sie das, danke.“
„Sir“ Shukova deutete einen Salut an und trat dann aus dem Büro.

Hotshot und Tank trafen unterdessen bei Brawler Tüncay ein. Dieser grinste breit, als er die beiden sah.
„Ihr seid das Frischfleisch, nehme ich an?“
„Ja, so kann man es sagen.“ Hotshot war etwas unsicher, zwar hatte Tüncay denselben Dienstgrad, aber seine Abzeichen zeigten, dass er schon Feindfahrten hinter sich hatte, also kein Neuling im Geschäft war.
„Wir kommen grad vom Commander. Ist der immer so drauf?“
„Hm ja, manchmal schon....mich hat er zu 20 Runden OvD verdonnert, weil ich beim Landgang etwas über die Strenge geschlagen habe.“ Das Veilchen von Tüncay sagte den beiden Neulingen schon, dass dessen Callsign nicht von ungefähr kam. „Aber an sich ist er in Ordnung und ein wirklich guter Pilot obendrein. Nicht nur, dass er nur noch einen Abschuss zum Ass hier auf der Redemption braucht, er fängt auch kaum Schüsse ein. Von dem Alten kann man sich echt was abschauen. Und Thunder solltet Ihr auch nicht unterschätzen. Die ist in der Griphen auch knallhart. Ihr habt echt Glück, bei den Jags gelandet zu sein, ist ne gute Staffel, Ihr werdet es schon merken. Eure Quartiere sind übrigens die 4-5E3 und E4, also ein Deck weiter oben.“
„Der Commander meinte noch, heute Abend um 1900 solle ein Staffelmeeting angesetzt werden, Zuspätkommer müssten mit Strafen rechnen.“
„Oh ja, danke, werde ich weitergeben....und das mit den Strafen meint er ernst, Timing ist für einen Piloten eines Mehrzweckjägers alles. Und jetzt ab in die Kabinen.“ Tüncay grinste und machte sich wieder an den Verwaltungskram, der noch vor ihm lag. Dabei dachte er auch über die Gerüchte nach, dass es bei der letzten Fahrt einen Fall von Blue on Blue gegeben hatte, also Beschuss durch Freundfeuer. Er schüttelte den Kopf, Radio erzählte einfach zuviel Müll, wenn der Tag lang war.

Lieutenant Commander Yamashita sah diese Sache etwas anders, als sie in ihrem Büro von dieser Sache hörte. Sie überlegte kurz und trug dann dem Überbringer der Nachricht, Lieutenant Oliver Shriver, auf ,eine Untersuchung einzuleiten. Als erstes seien alle Leute, die Zugang zu den Sensoren hätten, zu befragen. Sie mahnt Shriver zur Diskretion und entließ ihn. Dann sah sie auf ihren Schreibtisch und blickte auf das Bild ihres Mannes. Erneut stieg die Trauer in ihr hoch und schnürte ihre Kehle zu. Trotz der Gespräche mit Commander Gonzalez klaffte diese Wunde noch, nur dass der Schmerz nun nicht mehr stechend, sonder dumpf und subtil war. Nach einer guten halben Stunde konnte sie sich endlich losreißen und begann, wieder den Aktenberg abzuarbeiten.


Commander Gonzalez auf der „Admiral Fisher“ saß auf seinem Kommandosessel auf der Brück der Fregatte. Turner, sein XO, war grad im Flugabwehrstand, wo einige Trockenübungen gegen die patrouillierenden Jäger der Redemption durchgeführt wurden. Auf der letzten Feindfahrt hatte die Opposition vor allem aus älteren Jägern und kleinen Kriegsschiffen und Frachtern bestanden, doch mit einem leichten Träger im Nacken dürften auch die Feinde neuere und massivere Geschütze auffahren.
„1520...gut...“ dachte Gonzalez. Er nahm das Mikrofon für die Lautsprecheranlage des Schiffes und machte eine Durchsage.
„Herhören Leute, hier spricht der Captain. Wie Ihr alle wisst, sind wir dem Trägerverband um die Redemption zugeordnet worden. Der genaue Gefechtsbefehl ist selbst mir nicht bekannt, die allgemeine Order lautet Eskorte und Unterstützung des Trägers. Die letzte Feindfahrt war lang, aber eher ungefährlich. Dies wird diesmal mit Sicherheit anders sein. Der Feind wird massive Kräfte gegen die Remption aufbieten. Wir werden daher, solange wir noch im eigenen Raum sind, rund um die Uhr Gefechtsübungen abhalten. Ich erwarte von allen Ihr bestes, um dem Namen des Schiffes Ehre zu machen und auf dass wir alle wieder heil heimkommen. Ich werde jedenfalls wie immer alles geben. Ende und out.“
Gonzalez sah sich um auf der Brücke und blickte in ernste Gesichter. Doch von Angst war keine Spur, vielmehr schienen die Blicke auszusagen, dass seine Leute ihm vertrauten. Da konnte sich Gonzalez ein Grinsen erlauben. Er fingerte in seiner Uniformtasche herum und zog eine Zigarre heraus, die er mit einem Cutter anschnitt und dann anzündete. Wenn es nach ihm ginge, konnte es losgehen.

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Die Stunde der Wahrheit kam für Kano mitten im Dienst, genauer nach einer von Staffelcommander Parkers „heißgeliebten“ Simulatorübungen. Die Sache war nicht allzu gut gelaufen, die „feindlichen Bloodhawks“ hatten zwar herbe Verluste hinnehmen müssen, aber im Gegenzug die Staffel praktisch ausgelöscht. Auch Kano hatte zu den „Toten“ gehört. Als er mit den anderen aus den engen Simulationskapseln kroch war er ziemlich geschafft – und nicht übermäßig zufrieden mit seinen Leistungen.
Die abschließende Manöverkritik war auch nicht gerade dazu angetan, die Stimmung zu verbessern. Wenn sie wollte konnte Parker ziemlich scharfzüngig werden – und vor allem bei den „Frischen“ fielen die beißenden Bemerkungen auf fruchtbaren Boden. Die Veteranen, sowohl die "Alten" als auch Tanja, waren da weit dickfelliger. Das Wissen, dass vor allem die Sorge um das Überleben „ihrer Leute“ Parkers Motiv war, machte die Sache für ihn nicht einfacher.
Als das „Donnerwetter“ vorbei war, zerstreute sich die Staffel rasch – einige in die Kantinen, andere zu ihren Quartieren. Kano gehörte zu den Letzteren. Während er schon fast instinktiv seinen Weg nahm (der Weg zu den Simulatoren und zurück war dank Parkers unermüdlichen Bemühungen, die Staffel aufzubauen, jedem ins Gedächtnis gebrannt) waren seine Gedanken in einer Art eigenen Manöverkritik gefangen.
So bemerkte er Kali, die wohl auch ihre eigenen Sorgen hatte, erst, als er beinahe mit ihr zusammenstieß. Gerade noch konnte er ausweichen. „Gute Reflexe, Ohka.“ Dann allerdings fixierte sie ihn mit einem Gesichtsausdruck, aus dem er nicht ganz schlau wurde. Etwas Amüsement war auf jeden Fall darin, etwas Verwirrung – und andere Gefühle, die er nicht eindeutig zuordnen konnte.
„Danke für die Blumen – die müssen hier draußen ein ziemliches Vermögen gekostet haben. Aber...“ und jetzt siegte Kalis Humor: „du gehst ja ziemlich ran. Ich hatte dich eher für den langsameren Typ gehalten!“
Einige Augenblicke schwieg Kano, während Kali seine bemüht reglose Miene musterte und ihre Verwirrung wieder wuchs. „Kali – welche Blumen?“ „Na die, die Pinpoint gebracht hat – zehn Rosen.“ Sie grinste wieder: „Danke, du Kavalier.“
Kano holte Luft, während er im Geiste den anscheinend anonymen „Spender“ verfluchte. „Von diesen Blumen höre ich von dir zum ersten Mal. Ich habe sie ganz bestimmt nicht geschickt. Ich fürchte, ich hätte sowieso weder das Geld, noch die Verbindungen für so ein Geschenk. Auch wenn ich es gerne täte...“ Er verbiss sich noch rechtzeitig die Vollendung des Satzes `Kein Grund, die Lage noch komplizierter zu machen.’ Kali, nun zunehmend verwundert, schien das sowieso zu überhören, oder die Klärung DIESES Sachverhaltes für später aufzuheben.
„Aber Pinpoint hatte gesagt dass du... .Nein – er sagte, dass ein Asiat ihm die Blumen gegeben hat.“ Wieder kehrte ihr Lächeln zurück: „Da warst du dann die erste Wahl. Ansonsten... .“ Das Lächeln wurde etwas boshaft: „Nun, nun, ich frage mich, wo unser Schlapphut vom Dienst – dieser Ling – überall seine Kameras hat. So ein schmutziger, alter Spanner. Entweder das, oder du hast hier einen anonymen Wohltäter. Es gibt hier nicht zufällig noch einen Nakakura, der seinem Bruder Schützenhilfe leistet?“
Kano zuckte leicht zusammen, seine Stimme klang etwas gepresst: „Zwei meiner Brüder sind den Streitkräften beigetreten. Aber der eine dient auf einem Zerstörer. Der andere – ist tot.“ Kali wurde schlagartig ernst. „Ach verdammt – `tschuldigung. Das habe ich nicht gewußt. Es tut mir leid.“ Kano winkte ab, offenbar bemüht, dieses Thema erst einmal zu vermeiden: „Du konntest es ja nicht wissen. Er ist im Kampf gefallen – und wir alle wussten, daß es dazu kommen könnte.“ Kali sah ihn einen Augenblick lang skeptisch, fast besorgt an, wechselte dann aber das Thema: „Wenn hier irgendjemand den unsichtbaren Rosenkavalier spielen will, weil ihm die Navy sonst den Arsch aufreißt – soll ihn doch der Teufel holen. Und wenn dieser...sich damit entschuldigen will, dann soll er es gefälligst selbst tun.“ Sie musterte Kano noch einmal mit leichter Sorge. `Ich hätte ihr das vielleicht nicht sagen sollen. Irgendwie erzähle ich Kali mehr, als ich will...` „Na dann, Kano - wir sehen uns dann wohl spätestens bei Darkness Donnerwetter. Und wenigstens schmückst du dich nicht mit fremden Federn. Gut für `nen Jagdpiloten.“ „Wie mit den erfundenen Abschüssen kommt das am Ende doch raus – und DANN würde ich nicht gerne in deiner Nähe sein... .“ „Soso – DANN nicht. Wie ist es denn zu anderen Zeiten?“ Mit dieser leicht ironischen Bemerkung wandte sie sich zum Gehen. Kano blickte ihr nach. Dann drehte er sich um und marschierte los. Er würde Pinpoint finden - und höflich, aber bestimmt herausbekommen, wer hier auf seine Kosten einen „Scherz“ gemacht zu haben schien. Er hatte keine Lust wegen dem „Humor“ seiner Kollegen sich eine Predigt über das zölibate Bordleben auf Marineschiffen anhören zu müssen. `Und meine Gefühle für Kali gehen wohl vorerst nur mich und hoffentlich sie etwas an.’
Einige Techs, die den verbissenen Gesichtsausdruck des Piloten bemerkten, hielten es für sicherer, ihm auszuweichen... .

***************************************************************************


Darkness und Lucas betraten den Besprechungsraum. Neben den Geheimdienstlern Rowland und Bayonne waren der Captain, Mel Auson, Lieutenant Commander Ling und Lieutenant Commander Klaus Fischer, der Operationsoffizier der Redemption, anwesend.
Lucas setzte sich licht hinter / neben den Captain und Clark beugte sich etwas zurück: "Sie sind pünktlich Commander, wie kommt's?"
Lucas nickte mit dem Kopf in Darkness Richtung.
"Ahaaa."
"So, meine Herren, Sie sind sicherlich schon gespannt, was eine Gruppe von Geheimdienstlern auf einen Träger wie die Redemption bringt", begann Bayonne seine Besprechung. "Sie wurden uns vom Flottenkommando für Feldversuche mit einem unser neuesten Kampfstoffe zugeteilt. Im Magazin 3 lagern vier Sprengköpfe mit der C-Waffe VJ 7-4-3 auch Flieder genannt."
Er pausierte kurz: "Damit Sie nicht dumm sterben meine Dame und meine Herren, wir haben den Beinahmen gewählt, weil dieser Kampfstoff einen starken Fliedergeruch verbreitet, Tests haben ergeben, das Akarii diesen Duft anscheinend sehr angenehm finden und da sie verdammt neugierig sind, werden die Echsen ihn wenn sie es das erste mal riechen begierig einziehen. Mr. Rowland bitte."
Bayonne setzte sich und Rowland ließ eine Raumkarte auf dem Monitor erscheinen: "Wir haben uns den Planeten P-342 von den Akarii "Troffen" genannt als Testobjekt ausgesucht. Unseren Spionagedaten zufolge ist es ein mittelgroßer Agrarplanet und nicht allzu weit im Imperium der Akarii gelegen. Daher hat er auch eine kleine Militärische Raumstation, Horchposten und einige alte Jäger, wir schätzen 30 - 40, ebenso schätzen wir ein oder zwei alte Zerstörer. Die Aufgabe des Geschwaders wird es sein, das Raumgebiet um Troffen zu sterilisieren. Schießen Sie alles ab, Frachter, Passagierschiffe, Satelliten, nicht ein Schiff darf entkommen.
Sobald das geschehen ist, wird das Geschwader Blockadedienst schieben, alles was in das System hinein will, wird abgeschossen, EGAL WAS." Rowland nahm einen Schluck Wasser. "Wie dem auch sei, sobald die Raumverteidigung ausgeschaltet ist, werden Sie Commanders", er wandte sich direkt an Lucas und Darkness, "eine Mirage zum Planeten begleiten. Diese Mirage wird zwei mit Fliedergefechtsköpfen bestückte Mavericks tragen und diese auf die Hauptbevölkerungszentren abfeuern. Danach kehren Sie zurück." Dann setzte Rowland sich und Bayonne fuhr mit der Besprechung fort: "Nach ungefähr drei Wochen, werden Sie beide ein Marines Shuttle nach Troffen eskortieren und wieder zurück. Damit wäre die Operation wohl beendet und die Redemptionkampfgruppe kann sich wieder nach Perseus zurückziehen. Ach ja, die hier besprochenen Tatsachen bleiben unter uns, allein der Pilot der Mirage wird noch eingeweiht."
Lucas räusperte sich: "Wen haben Sie denn dafür ausgewählt?" Seine Stimmt stockte, er war sichtlich geschockt, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Er musterte verstohlen die restlichen Gesichter der Redemptioncrew, Commodore Clark war etwas bleicher geworden, Darkness und Ling hielten ihre Mienen ausdruckslos, obwohl Darkness auch etwas käsig aussah. Fischer sah nervös aus, Auson, Auson machte einen entschlossenen Eindruck.
"Nun Commander", antwortete Rowland, "wir haben da zwei Kandidaten und würden den ersten gerne in Ihrem Beisein um seine Mitarbeit bitten, wenn Sie Lieutenant Clifford Davis bitte in einer halben Stunde in Ihr Büro bitten würden. Ansonsten wäre alles gesagt und die Besprechung ist beendet. Lucas und Darkness verließen den Raum und ließen draußen erstmal Luft entweichen. In einem Anfall von boshaften Humor schnippte Darkness einmal Laut mit den Fingern und Lucas zuckte zusammen.
Er warf Darkness einen bösen Blick zu.
"Sorry", antwortete dieser.
Mit einem 'Scheiße' wandte sich Lucas ab und stapfte in sein Büro.

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Als Clifford Davis in das Büro des CAG eintrat bot sich ihm ein sonderbares Bild.
Hinter dem Schreibtisch seines Kommandeurs saß jemand mit den Rangabzeichen eines Captains. Sein Commander lehnte links in der Ecke, die Arme verschränkt und den Blick auf seine eigenen Schuhspitzen gerichtet.
Links hatte sich ein Lieutenant 1st Class aufgebaut.
Als Ace salutieren wollte winkte der Captain hinter dem Schreibtisch ab: "Bitte setzen Sie sich Lieutenant, oder darf ich Sie Ace nennen?" Er lächelte freundschaftlich.
"Ähm, ja natürlich Sir." Ace setzte sich unsicher.
"Möchten Sie einen Kaffee Ace?" Ace schüttelte den Kopf.
"Dann eben nicht, ich bin Captain Bayonne, der Schlacks da in der Ecke ist Lieutenant Rowland, wir sind vom NIC."
"Ähm, ja, aber was kann ich für Sie tun?" Er war Lucas einen Blick zu, der beobachtete aber weiterhin seine Schuhe.
Rowland stieß sich von der Wand ab: "Möchten Sie gerne ein Held sein Lieutenant?"
"Bitte? Ich verstehe nicht ganz."
Rowland umkreiste ihn halb: "Wir haben die Chance den Krieg schnell und ohne blutige Schlachte zu beenden, möchten Sie uns dabei helfen?"
Ace wandte sich nach links um Rowland ins Blickfeld zu bekommen, doch dieser hatte gewendet und umrundete ihn in die andere Richtung: "Alles, was wir brauchen ist ein guter Pilot. Sie sind doch ein guter Pilot nicht wahr Ace?"
"Ja, natürlich, aber wofür..."
"Und einige Ihrer Unterlagen zeigen auch, dass Sie die richtige Einstellung haben", unterbrach ihn Rowland, der stehen geblieben war und Ace freundlich ins Gesicht lächelte.
Bayonne beugte sich vor und drehte den Flachbildschirm auf dem Schreibtisch in Ace' Richtung. Ace las seinen Arbeit über den Angriff auf feindliche Akariiplaneten: "Woher haben Sie das?"
"Unwichtig Ace", Rowland beugte sich verschwörerisch vor, "wir und auch andere, Leute aus dem Flottenkommando, sind der Ansicht, dass Sie den Schlüssel zu unserem Sieg ausgearbeitet haben."
"Wirklich?"
"Nun, auch andere haben an diese Möglichkeit gedacht", antwortete Bayonne, "allerdings waren das Leute die 15 oder mehr Jahre Diensterfahrung haben, Flottenstrategen mit irgendwelchen obskuren Doktortiteln, doch keiner hat es so Punktgenau wie Sie ausgedrückt, immer kamen irgendwelche Theoreme, Unsicherheiten, etc."
Ace blickte von einem Geheimdienstler zum anderen, seinen Geschwaderchef, welcher sich innerlich vor Schmerzen krümmte, hatte er vergessen.
"Aber zur Durchführung braucht man gut ein Dutzend leichter Träger und mehrere hundert Begleitschiffe, warum kommen Sie zu mir?"
"Sehen Sie, wir haben diesen Gedanken weitergesponnen und uns mit der Forschungsabteilung zusammengesetzt. Herausgekommen ist ein Wirkstoff, der für die Akarii verheerend, aber für den menschlichen Organismus vollkommen harmlos ist. Sehen Sie, wir können unseren Feind, von unseren Planeten vertreiben, mit minimalen Verlusten und wir können diese Planeten später wieder in Besitz nehmen. Es wird keine ökologische Katastrophe wie bei dem Biowaffenunfall auf Gryphon geben, Flora und Fauna bleiben anstatt zu kollabieren.
Wir möchten Sie als Testpiloten haben, wir wollen unseren Wirkstoff an einer kleinen Akarii-Kolonie testen und Sie können den ersten Schritt machen."
Bayonne verstummte und Rowland übernahm: "Zwar werden Sie nie öffentlich erwähnt werden, oder öffentlich einen Orden bekommen, niemand wir Sie in einem Atemzug mit von Bein, Markham oder sonstwem nennen, aber, Sie und wir, die an diesem Projekt beteiligt waren werden wissen, wem wir die Sicherheit unserer Familien zu verdanken haben. Und das Flottenkommando wird sich auch dankbar erweisen, Ihre Karriere wäre gesichert Lieutenant, aber ich denke, sowas wird in Momenten wie diesen nicht wichtig sein, denken Sie daran, was Sie vollbringen können. Wie viele Menschenleben wir retten können."
Bayonne erhob sich und ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf die Tischkante: "Was ist Cliff? Sind Sie dabei? Werden wir beide ein Team sein? Sie als Pilot, ich als RIO?"

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„Darf ich eine Frage stellen, Sir?“
Bayonne nickte ermutigend. „Nur zu.“
„Wie wirkt Flieder?“
„Es ist ein schnell wirkendes Nervengift, Lieutenant“, antwortete Rowland an Bayonnes Stelle. „Es greift direkt das zentrale Nervensystem an und führt zu einer vollständigen Lähmung. Diese Lähmung betrifft vor allem die Atmungsorgane. Der Tod tritt relativ schnell ein, wird aber von einem halluzinogenähnlichen Rausch begleitet. Nach einer Minute ist alles vorbei. Die errechnete Wirkung beträgt nahezu einhundert Prozent.“
Lucas bemerkte, wie ein unsichtbarer Ruck durch Davis ging und in Erwartung dessen was jetzt kommen würde schloss er die Augen. „Danke, Lieutenant. Das war die Information die ich brauchte. Darf ich offen sprechen, Captain?“
„Erlaubnis, offen zu sprechen, Lieutenant“, sagte Bayonne leise.
"Sir, bei einem Angriff auf ein Militärisches Ziel ... wie ... wie zum Beispiel Mantikor wäre ich Ihr Pilot ... aber", Lucas sah vor seinem inneren Auge förmlich wie sich der junge Lieutenant quälte, auf der einen Seite Moral, Anstand und Gewissen auf der andere Heimat, Pflicht und Karriere, "... aber ich kann diesen Angriff auf ein Ziviles Ziel nicht durchführen, es ... es tut mir leid."
Eine Weile herrschte Schweigen, dann trat Rowland an Cliffs Stuhl heran und stützte sich auf den Armlehnen ab, so das sein Gesicht kurz vor dem des jungen Piloten war: "Okay, das ist Ihre Entscheidung", jegliche Freundlichkeit war von dem Geheimdienstler gewichen, "jeder Mensch hat das Recht eigene Fehler zu machen aber lassen Sie sich eins gesagt sein mein Junge: Sollte irgendetwas aus diesem Gespräch an die Öffentlichkeit gelangen, knüpfen wir Sie auf, haben Sie mich verstanden!"
"Was der Lieutenant damit anmerken will", kam Bayonne Cliff's Antwort zuvor, "ist, dass Sie der Schweigepflicht unterliegen, Geheimhaltungsstufe Ultraviolett, jede Verletzung wird gemäß Artikel 12 des Kriegsrechts geahndet. Sie können wegtreten Lieutenant."
Rowland trat zurück und Cliff erhob sich und salutierte lehrbuchgerecht: "Sir! Aye, aye, Sir!"
Nachdem Cliff Davis gegangen war wandte sich Bayonne an Lucas: "Würden Sie bitte Lt. Commanerd Paul Flemming hierher rufen und dann bitte draußen warten?"
"Aye, Sir, aber ich wäre doch gerne dabei, wenn Sie sich mit Ghosthawk unterhalten."
"Commander, ich sagte Sie sollen draußen warten", wiederholte Bayonne.
"Zu Befehl Sir." Lucas tat wie geheißen und ging nach draußen.
Kurze Zeit später erschien Ghosthawk, nickte ihm zu und betrat ohne Anklopfen das Büro.

Drinnen fand er den Captain hinter dem Schreibtisch sitzend vor, Rowland stand wieder in der linken Ecke.
"Captain", grüßte Ghosthawk und drehte sich dann Rowland zu, "hat man Sie degradiert oder was schleichen Sie hier als Lieutenant rum", er fixierte das Namensschild, "Rowland?" "Setzen Sie sich Mark."
"Könnten wir bei Flemming bleiben oder von mir aus nennen Sie mich auch Paul."
Die beiden Geheimdienstler lächelten. "Also gut, setzen Sie sich Paul", antwortete Bayonne.
"Also, was wollen Sie, dass ich für Sie tue?" Fragte Ghosthawk nachdem er sich gesetzt hatte.
"Wir brauchen einen Piloten, es geht um einen Waffentest."
"Ich bin draußen aus dem Geschäft", Ghosthawk rieb sich das Kinn, "ich glaube nicht, dass ich wieder zurück möchte."
Rowland legte den Kopf in den Nacken und kniff sich in den Nasenrücken. Bayonne beugte sich vor: "Hören Sie, wir brauchen Sie, der eigentliche Pilot, den wir für die Aufgabe haben wollten, macht nicht mit und so karrieregeil Cunningham auch sein mag, er wird es nicht machen."
"Weil er zu schlau ist, sich da mit reinzuziehen, was?" Ghosthawk faltete die Hände im Schoß.
"Sehen Sie, wir haben eigentlich schon zu viele Mitwisser und wir können nicht auf diesem verdammten Träger rumlaufen und Piloten einweihen, bis wir einen gefunden haben, der für uns fliegt."
"Gegenleistung?" Fragte Ghosthawk.
Bayonne lächelte, wärend Rowland leise aufstöhnte: "Diktieren Sie."
"Rehabilitation, Sie schulden drei guten Männern und Frauen ihren Ruf. Angela Watkins, Justin Ho und Jannik Dobermann."
"Verflucht, mit der Forderung hab ich gerechnet", stieß Rowland aus, "das ist unmöglich."
"Diese drei Leute bekommen die Anerkennung die sie verdient haben und ich werde für Sie fliegen", antwortete Ghosthawk im Plauderton.
"Okay", schaltete sich Bayonne ein, bevor Rowlands Temperament mit ihm durchging, "ich kann in der Sache nichts versprechen, aber ich tue mein Möglichstes, das drei weitere Medal of Valor an unbekannt verliehen werden, mehr steht nicht in meiner Macht."
"Ihr guter Wille Bayonne ist doch mehr wert als tausend Taten", antwortete Ghosthawk spöttisch, "aber ich bin Ihr Pilot."

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Als die Redemptionträgergruppe sich dem ersten Sprunkpunkt näherte und die Jäger der bewaffneten Raumüberwachung reingeholt wurden, empfing der Träger noch eine Nachrichtendepesche via Translichtkommunikation.
Kurze Zeit später flogen die Raumschiffe in das Wurmloch. Für die Männer und Frauen, die auf diesen Stahlkolossen Dienst taten faltete sich das Universum für einen Augenblick zusammen und kaum eine Sekunde später dehnte es sich wieder aus.
30 Minuten später waren zwei Nachrichten durch den Geheimdienst für die Besatzung freigegeben und ein hohes Pfeifen klang aus allen Lautsprechern:
"An die alle Mann und alle Stationen:

Von: Oberkommando zweite Flotte, Terran Space Navy
An: T.R.S. Redemption

Hiermit wird Commodore Jefferson Clarke, Captain T.R.S. Redemption für die Aufbringung und Bergung wichtiger Daten durch unter seinem Kommando stehende Truppen belobigt.

Gezeichnet
Admiral Jean Baptist Renault
CO 2. Flotte


Von: Oberkommando Terran Space Navy, Terra
An: T.R.S. Redemption

Hiermit wird Commodore Jefferson Clarke, für lange und verdienstreiche Dienstzeit bei der Navy mit der Life Service Medal ausgezeichnet.

Gezeichnet
Konteradmiral Simon S. Baxter
Oberkommando


Die Männer und Frauen der Redemption gratulieren ihrem Captain von ganzem Herzen. Zur Feier das Tages wird zu der Hauptmahlzeit trotz Einsatzbereitschaft auf Befehl des Kommandanten ein Bier ausgeschenkt. Ende der Durchsage."

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Martell trat in den Bereitschaftsraum, wo die Staffel bereits versammelt war. Da keiner fehlte, begab sich Murphy sofort an Rednerpult, und räusperte sich. Die Gespräche, die von den Piloten geführt wurden, verstummten allmählich.
„Ok, Leute, wir haben einiges zu besprechen. Zunächst einmal möchte ich auch in diesem Kreis die beiden neuen hier begrüßen. Sie sind Flight 1 und 2 zugeteilt, eine aktualisierte Aufstellung der Staffel sieht wie folgt aus: Meine Wenigkeit wird sich weiterhin Lieutenant Bahranis Gesellschaft erfreuen. Hotshot macht den Flügelmann für Fury, und Tank für Thunder. Rotte 4 besteht wie gehabt aus Velvet und Talon, Nr.5 aus Goose und Brawler. Rotte 6 wie gehabt.“
Murphy konnte sehen, wie Goose sich freute, während Brawler offensichtlich erleichtert war, nicht mehr unter Thunders direkter Kontrolle zu stehen.
„So viel zur neuen Einteilung. Wie einige von Ihnen wohl schon gehört haben, steht uns eine neue Raketenbewaffnung zur Verfügung. Da es sich bei dem Hydra System jedoch noch um ein System im Vorserienstadium handelt, habe ich die Waffe vorerst nur für Rotten 1 und 3 freigegeben, um sicherzustellen, dass bei Problemen ein erfahrener Pilot im Flight ist. Ohnehin erscheint es mir als ein vorsichtig formuliert gewöhnungsbedürftiges System, auf dass ich nicht zuviel Hoffnung setzen würde. Sollten sich die Systeme als verlässlich herausstellen, gebe ich sie auch für den Rest der Staffel frei. Bis dahin empfehle ich jedem, dem Handbuch des Herstellers und den Erfahrungsberichten, die die beteiligten Piloten den übrigen zur Verfügung stellen werden, genauesten zu studieren. Außerdem habe ich den Eindruck, dass allen hier ein kleiner Auffrischungskurs für die Emergency Checklisten ganz gut tun würde. Daher werde ich für das nächste Pilotenmeeting einen kompletten Test ansetzen. Sollte jemand weniger als 50 % wissen, nehme ich ihn sofort aus dem Flugdienst, jeder, der weniger als 90 % erzielt, wird den Test solange täglich machen, bis er 99 % erreicht.“
Allgemeines Stöhnen beantwortete diese Ankündigung.
„Ich weiß, es ist lästig, aber es muss sein. Die Prozeduren sind absolut lebensnotwendig, in einem Notfall darf kein falsches Zögern das Handeln verlangsamen. Ich hoffe und erwarte ehrlich gesagt, dass jeder von ihnen das beim ersten Versuch packt. Eine Frage, Brawler?“
„Ja, Sir. Betrifft diese Überprüfung nur die, die für die Qualifikation auf dem Griphen erforderlich sind, oder auch die allgemeinen für die mögliche Versetzung auf andere Muster?“
„Gute Frage. Ich erwarte, dass Sie sich auf die spezielle Quali konzentrieren, alles andere ist momentan sekundär. Außerdem möchte ich, dass Sie die Zeit nutzen, um sich Boden- und Großschiffsangriffsprozeduren anzuschauen.“
Das brachte ihm eine erhöhte Aufmerksamkeit der Piloten.
„Sie haben richtig gehört. Nachdem unser letzter Einsatz vor allem leichteren Verbänden galt, scheint es diesmal stärkere Opposition zu geben. Einen ersten Hinweis hierfür ist ja die verstärkte Eskorte der Redemption, außerdem haben Sie ja mit Sicherheit von den Geheimdienstleuten gehört, die an Bord gekommen sind. Genauere Angaben als die Gerüchteküche, die ja bereits fleißig am Kochen ist, kann ich derzeit auch nicht liefern. Richten Sie sich daher auf eine Reihe harter Einsätze ein. Fragen hierzu?“
„Gibt es bereits Angaben über die Länge des Einsatzes?“ meldete sich Velvet zu Wort.
„Nein, dies ist nicht angesprochen worden. Ich würde aber angesichts der Vorräte und Vorbereitungen nicht davon ausgehen, dass es eine schnelle Angelegenheit wird.“
„Stimmen die Gerüchte, dass die Griphen bald Harpoons tragen werden?“
„Nein, Snake Bite, das war mal wieder ein Gerücht ohne jede Fundierung, meiner Meinung nach dürfte dies ohnehin ein erhebliches Redesign des Flügels des Griphens erforderlich machen, sofern dies je passieren wird. Sonst noch was? Nein? Gut, nächster und letzter Punkt. Ab sofort werden wieder Patrouillen geflogen, ich erwarte eine saubere, auftragsgerechte Ausführung. Sichern Sie die Redemption, ihre Eskorten und mögliche Bomber, die mit ihnen fliegen. Die Rotation beginnt in 4 Stunden, Rotte 1 machte den Anfang, dann ist Flight 3 dran. Die weitere Einteilung hängt in nach dem Meeting vor meinem Büro aus.“

Kurze Zeit später war das Meeting beendet. Martell lächelte zufrieden, offensichtlich machte sich eine ruhige, professionelle Grundstimmung breit, auch wenn bei dem ein oder anderen Piloten etwas Nervösität vorhanden schien. Das war Murphy aber lieber als zu viel Ruhe, weil man den Feind nicht ernst nahm. Er verließ den Bereitschaftsraum und nutzte die Zeit bis zum Beginn des Fluges zur Erledigung einiger kleinerer Probleme, die sich aus der Umstellung der Verteilung der Nachschubgüter ergaben. Die Geheimdienstler hatten für erheblichen Wirbel auf dem Flugdeck gesorgt und alle, einschließlich der Staffelkapitäne bekamen ihren Teil des Papierkrieges ab.

Zwei Stunden später gingen Murphy und Bahrani hinunter zu ihren Maschinen und prüften diese eingehend. Insbesondere die neuen Hydra Raketenbehälter wurden ausgiebigst untersucht. Als er alles zu seiner Zufriedenheit angefunden hatte, stieg Murphy in sein Cockpit und gurtete sich in den Schleudersitz. Dann reichte ihm M’Boko, sein Bordwart, den Helm, den Murphy noch mit einem schwarzen Kreuz hatte versehen lassen. Das Kreuz war nicht die einzige Verzierung des Helmes, den germanischen Stammeskrieger, der einen Hammer schwang, hatte Martell jedoch von der Front auf die rechte Seite verlegt und dem Schild des Kriegers ebenfalls ein Kreuz hinzugefügt. Da noch einige Minuten Zeit blieben, begann Murphy, seinen Rosenkranz zu beten. Als er erneut bei einem Ave Maria war, meldete sich der Tower per Funk.
„Jaguar Flight, proceed to flightline.“
“Wilco.”
Nach wenigen Minuten war Martells Griphen in Katapult 2 eingeklinkt. Er salutierte und machte sich zum Abschuss bereit, der binnen weniger Sekundenbruchteile auch erfolgte.

Die Patrouille war, wie zu erwarten, ohne jegliche Vorkommnisse. Auf dem Heimflug sah Martell ein Trümmerfeld an sich vorbeiziehen.
„Snake Bite, ich denke, wir sollten mal die Hydras an Testzielen probieren, bevor wir sie an Akarii probieren. 100 Grad Kurve links, weite Formation, ich markiere Ziel. Halte 200 Klicks Sicherheitsabstand.“
„Roger, copy.“
Martell flog die von ihm angegeben Kurve, und aktivierte das Angriffsradar. Dann schaltete er auf ein größeres Trümmerteil auf. Als die Entfernung auf 1500 Klicks gesunken war, aktivierte er den Raketenbehälter, auf 1000 feuerte er die erste Salve ab, die jedoch das Ziel knapp verfehlte. Offensichtlich waren die Raketen langsamer, als er gedacht hatte, so dass er nicht genug vorgehalten hatte, schoss es Martell durch den Kopf. Intuitiv korrigierte er den Vorhaltewinkel und schoss eine zweite Salve ab. Diese traf das Ziel mittig und zerbröselte das Schrottteil, ein Teil einer Rettungskapsel, in kleinste Stücke.
„Guter Schuss, Sir.“
„Welch Kunststück“ grummelte Murphy. „Mal schauen, wie hoch die Schussfrequenz von dem Dingen ist. 90 Grad Kurve und neuen Anflug.“
Dreißig Sekunden später hatte Martell ein neues Ziel im Visier. Diesmal schien es sich um eine Schotttür handeln. Nachdem er die Geschwindigkeit des Raketentreibsatzes nunmehr kannte, eröffnete er bereits aus 1200 Klicks auf das fast stationäre Ziel das Feuer. Die erste Salve schoss aus dem Raketenwerfer, es folgte die zweite, doch die dritte Salve verließ den Behälter nicht mehr, obwohl Murphy den Auslöser gedrückt hatte. Stattdessen wurde das Cockpit von einem gellenden Pfeifton erfüllt. Außerdem begannen einige rote Lampen bedrohlich an zu leuchten. Auf dem Display, dass die Waffenauswahl und den Schadenszustandsbericht der Maschine anzeigte, erkannte Martell, dass ein Defekt am Raketenbehälter am rechten Flügel vorlag, der als kritisch, also gefährlich bezeichnet wurde. Die Checkliste besagte hier nur zwei Punkte: Abstand zu freundlichen Einheiten herstellen und absprengen. Martell tat letzteres, da Snake Bite außerhalb der Gefahrenzone war. Doch trotz des mehrfachen Drückens des Abwurfknopfes blieb die Außenlast am Jäger. Martell fluchte. Über den allgemeinen Kanal gab er eine Notfallmeldung:
„Jaguar 1 an Flugkontrolle, erkläre Flugnotfall. Habe scharfe, nicht abwerfbare Außenlast. Typ Hydra, 4 Schuss insgesamt. Problem liegt laut Anzeige im Raketenbehälter.“
„Verstanden Jaguar 1.“
Im Flugkontrolle wurde es unruhig. Der Air Boss, dem die komplette Abwicklung der Vorgänge auf dem Flugdeck und die Überwachung aller fliegerischen Operationen unterlag, wurde auf die Krise sofort aufmerksam.
„Sofort Flugdeck räumen, wir haben einen Notfall. Schaffen Sie alle nicht erforderlichen Leute vom Deck und alarmieren sie das EOD Kommando.“
Dann hob er den Hörer seines persönlichen Interkoms ab und aktivierte eine Verbindung zum OvD der Jaguars.
„VF-2710, Lieutenant Tüncay am Apparat.“
„Lieutenant, hier ist der Air Boss, benachrichtigen Sie sofort Lt. Shukova, Martell hat einen Flugnotfall deklariert. Der Lieutenant soll sofort in den Tower kommen.“
„Aye Sir.“
Brawler legte auf und sah sich im Bereitschaftsraum um. Da steckte Tank den Kopf durch das Schott.
„Du kommst gerade richtig, wo ist Thunder?“
„Der XO? Keine Ahnung. Ich glaube in der Messe. Was ist?“
„Der Skipper hat ein größeres Problem mit seiner Maschine, wie es scheint. Renn in die Messe, ich geh zu ihrem Quartier. Wenn Du sie siehst, sag ihr, der Air Boss will sie im Tower sehen.“

Tank fand Shukova in der Tat in der Messe, wo sie gerade einige Fleischklopse zu sich nahm. Als Tank in die Messe hereingerannt kam und beinahe noch den CO einer der Mirage Staffeln über den Haufen gerannt hatte, erkannte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Nachdem Tank die Nachricht überbracht hatte, drückte sie diesem das Tablett mit dem Essen in die Hand und eilte zum Tower, wo der Air Boss ihre Ankunft nickend zur Kenntnis nahm.

Unterdessen hatte Murphy mit Hilfe von Bahrani eine komplette Inspektion vorgenommen, insbesondere war Bahrani bis auf wenige Meter herangekommen, um den Raketenbehälter visuell zu inspizieren. Die Erkenntnisse hielten sich jedoch in Grenzen, klar war lediglich, dass bisher keine sichtbare Beschädigung an der Tragfläche zu erkennen war.
„Jaguar 1 an Tower, wann ist das Deck frei?“
„Hier ist der Air Boss, dass Deck ist gleich bereit für Sie, die EODs sind in Warteposition. Landen Sie sachte und denken Sie daran, das Cockpit danach nicht zu öffnen, bevor man es nicht freigibt.“
„Verstanden Sir. Bahrani kommt zuerst rein, dann muss sie keine Schleifen fliegen.“
„Ok, Jaguar 2, Landeerlaubnis erteilt.“
Zwei Minuten später war Snake Bite gelandet während Martell weiter seine Runden um die Redemption flog. Ihm fiel mal wieder auf, dass die Jungs vom EOD – Explosive Ordonance Disposal – den beschissensten Job in der Navy hatten. Sie waren Bombenentschärfer, nur dass sie es durchwegs viel brisanteren Milspec Sprengstoff zu tun hatten. Wenn dann noch Atomsprengköpfe dazu kamen, wurde es ungemütlich. Dann bekam auch er die Klarmeldung.
Murphy aktivierte das automatische Landesignal, dass ihm den optimalen Landeanflug anzeigte. Dann verlangsamte er den Jäger, indem er den Schub reduzierte. Auf 500 Klicks fuhr er das Fahrwerk aus. Dann machte er sich bereit für die vorsichtigste Landung seines Lebens. Glücklicherweise gelang diese auch so, wie er es gehofft hatte.
Im Tower schnauften alle, auch Thunder und der Air Boss kollektiv durch.
Das erste Hindernis war überwunden. Martell sah, dass das Flugdeck großflächig geräumt war. Eine Gruppe Techniker in besonderer Schutzkleidung näherte sich. Als erstes untersuchten sie den Aufhängepunkt, wo die Ladung, die die Außenlast eigentlich absprengen sollte, versagt hatte. Nach 15 Minuten winkten sie einen Lastenheber herbei, den sie dann unter den Behälter setzten. Dann montierten sie den Behälter vorsichtig ab und senkten den Heber um ihn schließlich wegzufahren. Erst jetzt wurde Murphy signalisiert, er könne aussteigen. Als er endlich wieder mit eigenen Füßen an Bord der Redemption war, schlug er erst mal ein Kreuz. Dann verließ er das Flugdeck, nicht bevor er aber Chief Cutter mitgeteilt hatte, dass er die Hydras nicht mehr an den Griphen sehen wolle, bevor der Vorfall aufgeklärt sei.

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Henrick Papen saß in seinem Quartier auf der Redemption, auf seinem Bett.
Er blickte in den Spiegel. Leichte Abscheu regte sich in ihm. Auf der Brusttasche seiner Marinesuniform prangte der Name Doe.
Die Worte des Richters hallten in seinen Ohren: 'Wegen Vergewaltigung eines Offiziers der Terran Space Navy: Schuldig! Wegen Mordes an einem Offizier der Terran Space Navy: Schuldig! Wegen versuchten Mordes an einem Ermittlungsbeamten des Judge Advocal Genneral Corps der Navy: Schuldig! Dieses Militärgericht verurteilt Sie hiermit zum Tode!'
Dann, vier Tage nach dem Urteil hatte ihn dieser Lieutenant der Navy besucht: 'Sie sind tot, einfach tot. In einer Woche wird man Sie vor eine hübsche Wand stellen, ein Sergeant wird brüllen: Anlegen! Zielen! FEUER! ... Aber, ich habe da eventuell eine andere Möglichkeit. Sie können Ihrer Nation weiterhin dienen. Sie brauchen nur zu unterschreiben und innerhalb von zwei Stunden sind Sie hier raus.'
Er hatte eigentlich nichts für seine Nation übrig, aber lieber ihr dienen, als durch sie umzukommen und so hatte Papen unterschrieben.
Jetzt saß er unter dem Namen Jonathan Doe auf einem alten klapprigen Träger der Zeus-Class und war zum leichten Dienst eingeteilt. Ständig überwacht. Nicht wirklich frei.
Aber er lebte und war es nicht das, was letzten Endes zählte?


Derweil wälzte sich Lucas von einer Seite zur anderen und starrte immer wieder die Decke über seiner Koje an.
'Du hättest Davis beistehen müssen, ob Du ihn nun magst oder nicht, quälte eine innere Stimme, die beiden wollten ihn zum Völkermord beschwatzen und Du hast Dir Deine hübschen Schuhe angeguckt und als dieser Rowland den Jungen bedroht hat? Hast Du was getan?'
"Verflucht, was hätte ich machen sollen?" Fragte er in die leere Kabine.
Nach etwas mehr an die Decke starren hebelte sich Lucas aus der Koje und ging in die kleine Waschzelle. 'Mutter würde einen Anfall bekommen, wenn sie mich so sähe', ging es ihm durch den Kopf, als er sich im Spiegel betrachtete. Selbst zwei Hände voll Wasser machten es nicht besser.
'Ich muss hier raus.....'
Nach kurzen Überlegen rief er den Airboss an: "Steve, ja, Cunningham hier, wer hat die nächste Langstreckenpatrolie? .... Aha, schicken Sie die beiden ins Bett und holen Sie Pinpoint aus den Federn er und ich gehen raus .... nein, das ist nicht gerade fair ...."
Schnell schlüpfte er in seinen Raumanzug und begab sich in die Flugbereitschaft.
"Morgen Skipper", begrüßte ihn ein grinsender Pinpoint, tief über eine Tasse Kaffee gebeugt.
"Tschuldigung, dass ich Sie so früh aus der Kiste scheuchen lasse", Lucas goss sich auch einen Kaffee ein, ließ vier Stück Zucker hinein fallen und goss etwas Milch nach.
"Brrrrrrrrrr, wie können Sie dieses schwarze Gold nur so verdünnen, schrecklich."
Nachdem die beiden Piloten "gefrühstückt" hatten gingen sie aufs Flugdeck und überprüften zusammen mit der Bodencrew ihre Jäger.
Sie tasteten jede Rakete gemeinsam ab. Pinpoints Jäger war mit vier Phönix-Raketen, zwei Amram und zwei Sidewinder bestückt und zeigte auf der Schnauze drei weiße Bowlingpins, die von einer schwarzen Kugel umgeschmissen wurden.
Dann war Lucas Jäger dran, dieser trug vier Amrams unter dem Rumpf und je zwei Sidewinder unter den Flügeln. Die Schnauze seiner Phantom wurde von einem schwarzem Schachspringer verziert.
Nachdem die Inspektion beendet war, bestiegen sie die Jäger und wurden von den Traktoren auf die Katapulte gezogen.
"ForCap Leader, Phantom 400 für Startkontrolle, KAT one, ready for take off."
"ForCap Two, Phantom 404 für Starkontrolle, KAT two ready for take off", gab Pinpoint nach Lone Wolf durch.
"Roger, Phantom 400, alles auf Grün, take off!" Lucas wurde in den Sitz gepresst, als der schwere Raumüberlegenheitsjäger hinaus ins All katapultiert wurde.

Leere, riesige nicht enden wollende Leere. Wunderschön und doch so tödlich.
"Phantom 404, alles auf Grün, take off!"
Lucas zog hart nach Steuerbord, knapp vor dem Überziehen und brachte die Phantom aus der Flugbahn der REDEMPTION.
"Pinpoint für Lone Wolf, ich sehe Sie 17 Klicks vor mir, schließe jetzt auf, over!"
"Roger Pinpoint, kuscheln Sie sich an meine linke Seite."
Via Autopiloten flogen die beiden Phantom die ersten beiden Nav-Punkte ab, schließlich brach Lucas das Schweigen: "Pinpoint, privater Kanal."
Nach ein paar Sekunden antwortete Pinpoint auf dem privaten Kanal: "Yeah Boss?"
"Sagen Sie mal Andy, was machen Sie hier?"
"Nun Sir, Sie haben mich wecken lassen, dabei habe ich von einem Strand mit vielen hübschen Ladies geträumt."
"Nein Andy, das meine ich nicht, warum ist ein netter Kerl wie Sie in der Navy? Was hat Sie dazu gebracht, diesen ganzen Stress auf sich zu nehmen, warum sind Sie hier draußen?"
"Eine gute Frage, zum einen wollt ich was erleben, und als Marineflieger dacht ich erleb ich was."
"Und wie sind Ihre Erlebnisse?" Hakte Lucas nach.
"Nun, Sir, ich genieße diesen Krieg nicht gerade, ich meine, ich bin Pilot und das Töten ist meine Pflicht, aber im Gegensatz zu einigen macht es mir keinen Spaß, ich möchte, wenn das alles vorbei ist und ich es überlebe hoch erhobenen Hauptes in meine Heimat zurückkehren und mir immer noch im Spiegel gegenüber treten können, verstehen Sie, was ich meine Boss?" ´
Lucas fühlte sich als hätte ihm jemand in den Magen geschlagen: "Ja, ich verstehe Sie nur zu gut."
"Ist alles in Ordnung Boss?"
"Ja, alles klar", beteuerte Lucas.
"Verstehe."
Das Gespräch war beendet und die beiden Piloten führten ihre Patrouille ereignislos zu Ende.

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Martell saß mal wieder in seinem Büro und betrachtete den vorläufigen Bericht über den Zwischenfall am vorigen Tage. Murphy selbst hatte die ersten vier Seiten geschrieben und mit Hilfe des Voicerekorders und von Lieutenant Bahranis den Hergang genau rekonstruiert. Der zweite Teil des Berichtes stammte von der Technikercrew und dem EOD Team, welches sich den Raketenbehälter, aber auch den Griphen des Lieutenant Commanders untersucht. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass ein technisches Versagen vorlag. Der Behälter war exakt nach Vorschrift eingebaut worden und Murphy hatte genau die Limits eingehalten, die die Konstrukteure vorgesehen hatten. Allerdings waren offensichtlich die Luken, die die Raketen bis vor dem Abschuss abdeckten, blockiert, jedoch konnte die Ursache nicht eindeutig geklärt werden. Einige der Techniker vermuteten, dass eine Sicherheitsschaltung versagt hatte, andere hielten es für möglich, dass kleine Trümmerteile die Luke verklemmt hatte. Leider gab es keine Beweise für eine der Theorien.
Martell stöhnte innerlich, nun oblag es ihm, die Freigabe für das System zu geben oder es weiterhin außer Dienst zu stellen. Er entschied sich für letzteres, und schickte außerdem eine Memo an die Techniker, mit der Weisung, umfangreiche Tests durchzuführen. Nach einer kurzen Pause fügte er außerdem hinzu, dass man einen neuen Satz Werfer für seine nächste Mission bereithalten solle. Es konnte ja sein, dass er nur einen Ausreißer in der Produktion erhalten hatte. Dann sandte er die Memo ab.

Zwanzig Minuten später trat er in die Messe und griff sich ein Tablett. Die Wahl bei den Gerichten fiel heute auf eine vegetarische Pizza, Murphy wollte seinen Magen nicht zu sehr belasten, weil er abends noch eine Patrouille zu fliegen hatte. An einem Ecktisch sah er Lieutenant Commander Yamashita, zu der er sich nach kurzem Nachdenken hinzusetzte. Der JAG nickte freundlich, weil sie gerade den Mund mit Salat voll hatte. Martell wünschte grinsend einen guten Appetit und machte sich über die Pizza her. Nachdem der erste Hunger gestillt war, sah er sie genauer an. Offensichtlich war sie etwas bekümmert.
Entspannt fragte er sie: „Na, wie geht es Ihnen, haben Sie Perseus genossen?“
„Hm ja, es war nett.“
Martell zog die Augenbrauen hoch. „Nett,“ dachte er, das klingt eher nach dem Gegenteil.
„Und wie war es bei Ihnen“ kam Yamashita weiteren Fragen zuvor
„Durchwachsen, am Anfang dachte ich, es würde eine einzige Folter werden."
„Was ist denn passiert?“
Murphy zögerte. „Sie erinnern sich an die beiden Piloten, die meine Staffel verloren hat?“
Midori nickte.
„Es hat mich sehr mitgenommen, eigentlich wollte ich mein Patent zurückgeben und mein Kommando aufgeben.“
„Und was ist dann passiert?“
„Monsignore Schönberg ist passiert...“
„Der Pater kann sehr überzeugend sein.“
„In der Tat. Und ich habe gemerkt, dass in meinem Leben ein Leerraum war, der ausgefüllt werden musste.“
Midori nickte. „Aber was macht man, wenn die Lücke erst gerissen wird?“
Murphy wurde aufmerksam. „Haben Sie einen Verlust erlitten?“
„Mein...mein Mann ist verstorben...“ „Oh, mein Gott, das tut mir leid. Wenn Sie jemanden brauchen...“
„Nein, es geht schon, danke.“ Yamashita lächelte gequält.
„Kommen Sie doch mit mir nach dem Essen zur Messe.“
„Nein danke, ich muss noch einige Akten bearbeiten, die Mannschaft hat sich auf Perseus wieder einiges geleistet. Und nun muss ich leider los. Man sieht sich.“
„Sicher. Auf Wiedersehen.“ Jack Murphy sah dem JAG hinterher. Der vormals federnde Gang hatte etwas von seiner Eleganz verloren und auch den Kopf trug sie nicht mehr so gerade wie früher.

Als er wieder ins Büro zurückging, traf er dort zu seiner Verwunderung Chief Cutter an, der eine Tasche dabei hatte. Den Ausdruck im Gesicht des Chiefs sehend, winkte er ihn sofort herein.
„Chief, was liegt ihnen auf dem Herzen?“
„Sir, M’Boko und ich haben uns noch mal die Elektronik des Werfers angeschaut. Dabei haben wir was gefunden.“ Der Chief fummelte an seiner Tasche herum und holte ein elektronisches Bauteil hervor. „Dies ist eine Platine, die unter anderem auch die Öffnung der Abschussluken steuert. Schauen Sie sich mal diese Stelle an.“ Cutter reichte Murphy das Teil und ein starke Lupe, und deutete dann auf eine Lötstelle.
„Hier ist eine Verbindung lose, wie Sie sehen. Das darf aber eigentlich nicht sein. Das ganze wird laut Handbuch durch Computer nach der Herstellung getestet und hätte bei der Endkontrolle auffallen müssen. Stattdessen wurde es ausgeliefert. Jedenfalls haben wir dann die Wartungsluke des Werfers uns genauer angeschaut und festgestellt, dass da jemand dran rumgefummelt hat.“
„Und warum hat man diesen Fehler nicht bei Trockentests feststellen können?“
„Weil nur eine wackelige Verbindung, aber keine Unterbrechung vorlag, bis Sie vom Katapult abgeschossen wurden und den Werfer durch Dauerfeuer mechanisch verstärkt in Anspruch genommen wurde. So wurde die Verbindung dann gekappt, und die Elektronik dachte deshalb, die Luke sei bereits offen. Nur ein zusätzlicher Sicherheitsschalter hat verhindert, dass Sie die Rakete abgefeuert haben und so vielleicht den Griphen in die Luft gejagt haben.“
„Verdammt. OK, schreiben Sie das ganze mit M’Boko auf und kommen Sie dann damit zu mir. Die Sache bekommt Top Secret Klassifizierung, ich kümmere mich um alles weitere. Kein Wort zu den anderen Mechanikern, verstanden?“
„Jawohl Sir.“
„Gut, danke Chief, verdammt gründliche Arbeit!“
„Danke Sir. Den Bericht habe Sie in einer Stunde.“
„Sehr gut, wegtreten.“
Der Chief salutierte, machte kehrt und verließ den Raum, um Murphy mit den Gedanken über diese neue Entwicklung alleine zu lassen.

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Eine Stunde. Zwei Stunden. Die Zeit zog sich unendlich dahin. Was ich erfahren hatte, was ich nun wusste, es... Es machte das Leben unmöglich für mich.
Es war nur ein sanfter Händedruck, und das Außenschott der Wartungsluke glitt auf. Die Schleuse war noch nicht vollkommen dekomprimiert. Die Restluft stürzte geradezu hinaus und riss mich mit sich. Durch diese unkontrollierte Bewegung geriet mein Körper ins Taumeln. Ich überschlug mich über die Z-Achse. Wieder und wieder und wieder.
Wie in einem Kaleidoskop flimmerten die Sterne an meiner Sicht vorbei. Es war schön. Ein friedlicher Anblick... Hier draußen, außerhalb der Sonnensysteme war das Licht der Sterne viel intensiver, wenngleich diese Bereiche wahre Strahlungshöllen waren.
„Ace“, kam der Anruf, „geht es dir gut?“
Sofort reagierte ich und stabilisierte die Flugbahn meines Raumanzuges. Als das geschehen war, benutzte ich die Manöverdüsen, um auf die Oberfläche der RED zu kommen.
Dort landete ich mit klatschenden Magnetsohlen neben dem Chief von der Technik. Ich hatte ihm versprochen, bei der Reparatur einer Magnus IV Omicron-Antenne zu helfen, einem Modell, mit dem ich sehr vertraut war. Der Kahn meiner Eltern war mit diesem Ortungsmodul ausgestattet gewesen und ich hatte es mehr als einmal reparieren müssen.
„Hab mir schon Sorgen gemacht, Junge“, meinte der vierschrötige Mann grinsend. „Piloten sind ja so unsicher, wenn sie ohne ihr Blech ins All müssen. Aber du, Junge, bist doch hier draußen aufgewachsen, yeah?“
Gegen meinen Willen erwiderte ich das Grinsen. „Ich habe bestimmt mehr Zeit auf der Außenhülle als vor meinen Schulungsprogrammen verbracht, Chief Goedeke“, erwiderte ich.
„Well, ein richtiges Kind der Sterne. Ich bin ja auch schon zehn Jahre hier draußen. Die Kids frisch von der Akademie haben doch gar keine Ahnung, was es bedeutet, auf einem Kahn wie der REDEMPTION zu leben.“
„Das ist eine lange Zeit“, gab ich zu.

Wortlos werkelten wir einige Zeit an der Antenne herum. Es war ein uraltes Leiden dieses Modells – ein toter Leiter, der immens wichtige Arbeitsenergie ins Nichts abzog. Aber den toten Leiter zu finden war eine reine Sisyphus-Arbeit.
„Wenn wir es heute noch schaffen, lade ich dich auf eine Runde Selbstgebrannten ein, Junge“, meinte der Chief gleichmütig. „Die Jungs von der Waffenkontrolle brauen da ein Zeug zusammen – lecker.“
„Darf ich Sie mal was fragen, Chief?“ überkam es mich plötzlich.
„Nur zu, frag ruhig, Ace.“
„Haben Sie schon mal den Widerspruchparagraphen angewendet?“
„Den Siebzehner? Nein, wieso? Willst du ihn anwenden?“
„Ist nur so ne Frage“, wiegelte ich ab. „Na ja, dann gebe ich dir nur so mal ne Antwort. Weißt du, die Navy hat diesen Paragraphen eingeführt, um zu verhindern, dass die Mannschaft einen wahnsinnig gewordenen Vorgesetzten absetzt und dafür auch noch verknackt wird. Oder dass jemand ein Kriegsverbrechen begeht und sich damit rausredet, er hätte seine Befehle gehabt.
Klar muss man als Offizier der Navy seinem Gewissen folgen. Aber man muss in erster Linie seinem Staat dienen. Wenn du das aber vereinbaren kannst, dann wird es Zeit für den Siebzehner.“
„Danke, Chief, das hilft mir schon weiter.“
„Na, da ist ja der kleine Teufel. Direkt neben meinem Fuß. Leitet die Arbeitsenergie direkt in die Schiffshülle. Wer weiß, wohin die Elektronen geflossen sind. Hätten ohne weiteres ein Waffensystem blockieren können.
So, das hätten wir repariert. Danke für die Hilfe, Ace. Kommst du mit auf einen Kurzen?“
„Ein andermal, Chief Goedeke. Jetzt habe ich noch was vor.“
Goedeke drehte sich zu mir um, sah mir ernst in die Augen. „Egal was du tust, Ace, sei dir sicher, daß es das wert ist.“
„Sorry, meine Frage war wirklich hypothetisch“, meinte ich nur.
„Sicher“, kommentierte Goedeke und ließ mich als ersten einschleusen.

Zwei Stunden später fand ich meinen Weg auf das Flugdeck. Zusammen mit Goedeke übermalte ich die Schnauze meiner Phantom. Das alte Symbol, eine französische Spielkarte, das Herzaß, verschwand. An ihre Stelle trat eine blinde Justitia mit der Waage und dem Schwert in der Hand. Allerdings war diese Lady nicht ganz die Dame, wie man sie kannte. Ein Schleier verhüllte sie mehr als dürftig, ihr Körper machte heiß auf Gerechtigkeit.
Aber was noch wichtiger war, in der einen Waagschale war nun das Herzaß, in der anderen das Symbol der Kaiserlichen Akarii-Flotte.
Dann legte ich die Airbrush-Pistole beiseite, und setzte unter die fünf Abschusssymbole den schwungvollen Schriftzug: AVENGER.
Ich bedankte mich beim Sarge und verließ das Flugdeck wieder. In der Kantine ließ ich mich nieder. Bei einem Kaffee lud ich mir einige der drei verfügbaren Dateien aus der Bordbibliothek. Es waren Berichte und Artikel über die Auswirkungen biologischer, chemischer und atomarer Waffen.
In meinem Geist nahm ein Essay über ABC-Waffen im modernen Raumkampf Formen an. Was ich damit tun wollte, wußte ich noch nicht. Aber irgendwie glaubte ich wohl, ich könnte mir den ganzen Frust, der seit der Besprechung mit den NIC-Offizieren in mir wütete, fortschreiben, ohne gegen den Befehl der Geheimhaltung zu verstoßen.

Jemand gähnte herzhaft hinter mir. Ich wandte mich halb um und erkannte einen völlig zerknitterten Pinpoint.
„Mist“, nuschelte er. „Da störst du mich einmal nicht mit deinem Schnarchen, und dann wird es doch wieder nichts mit durchschlafen. Wundert mich, dass sich Kali nie beschwert hat, als du noch bei ihr auf der Stube warst.“
„Was´n los? Ich dachte, du musst erst um null neunhundert auf FORCap.“
Mit einem matten Grinsen zog sich der Pilot einen Kaffee. Um diese Uhrzeit, nach Bordverhältnissen tiefste Nacht, war fast kein Betrieb.
„Lone Wolf hat geheult. Und wenn der Rudelführer ruft, haben die Jäger zu folgen.“
Er setzte sich neben mich. „Was machst du da eigentlich, Ace? Du hast doch auch um null neunhundert Patrouille mit Darkness, oder?
Zeig mal her... Giftgas? Biologische Kampfstoffe? Du liest einen Quatsch.“
“Ist kein Quatsch. Alles recht interessant. Wusstest du, daß Giftgas im prästellaren Ersten Weltkrieg eine legitime Waffe war? Binnen eines einzigen Jahres nach dem ersten Einsatz von Chlorgas hatten sich nicht nur alle beteiligte Nationen auf diese Art Kampf eingestellt, nein, sie hatten sich sogar auf den Kampf gegen die Abwehr eingestellt.“
Ich ließ einen kleinen Film aufpoppen. Er zeigte eine nachgestellte Sicht aus einem Schützengraben. Die Luft war erfüllt mit grünen Schwaden. Ein Soldat im Graben begann zu würgen, riß sich die Maske herunter und erstickte qualvoll.
Durch die Nebelschleier traten nun schemenhafte Gestalten, die Feuerodem auszuspeien schienen. Als sie näher heran kamen, erkannte man Soldaten in Schutzanzügen, die mit Flammenwerfern direkt in den Graben feuerten. Dutzende Männer gingen als lodernde Fackeln auf, während der Rest aus dem Graben spritzte.
„Das ist ja grauenhaft. Das... Und so haben die wirklich Krieg geführt?“
Ich nickte. „Und der Witz bei der Geschichte ist, nicht der Gaskrieg brachte die Entscheidung, sondern die Politik. Während die Nation Großbritannien eine gepanzerte MG-Lafette auf Ketten in die Schlacht warf, was bald von der Nation Deutsches Kaiserreich mit einem Gegenstück gekontert wurde, versprach eine Art überregionale Versammlung namens Völkerbund einen Plan der Dreizehn Punkte. Was sollten sie also machen? Vier Jahre Stellungskrieg zermürben jeden. Und anhand des Plans schlossen sie Frieden.“
„Hm. Auch nicht schlecht. Und warum machst du dir diese Mühe?“
„Ich bin mit meinen Recherchen noch nicht fertig. Ich will mir auch noch taktische Atomgranaten und die Viren vornehmen, die im Koloniekrieg im zweiundzwanzigsten Jahrhundert eingesetzt wurden. Ich will einen schlüssigen Beweis finden, daß der Einsatz dieser Wunderwaffen wenigstens einmal einen Krieg entschieden hat.“
Ich stand auf. „Lone Wolf kommt sicher gleich. Sorry, Pinpoint, aber ich kann den Knaben erst mal nicht sehen. Ich mache in der Stube weiter. Scheint so, als hätte ich da jetzt Ruhe.“
Ich verließ die Kantine, zog mir noch ein Koffeingetränk an einem Automaten und machte mich weiter an meine Studien.
Ich wusste jetzt, was ich zu tun hatte. Wenn ich schlüssig beweisen konnte, wie sinnlos Massenvernichtungswaffen waren, konnte, musste ich doch etwas bewirken können. Sogar bei diesen hirnverräucherten Idioten vom NIC.

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Noch am selben Abend erhielt Murphy den angekündigten Bericht. Nachdem er Cutter nochmals absolute Verschwiegenheit eingebläut hatte, ging er mit dem Bericht zu Lt.Com. Wang Ling. Den Assistenten beachtete er gar nicht, sondern stürzte direkt ins Büro des NDOs. Dieser reagierte zunächst irritiert, als er jedoch den Titel der Aktennotiz gelesen hatte, schickte er Petty Officer Hynes, der Martell gefolgt war und nun fragenden Gesichtes in der Tür stand, wieder weg.

„Soso, dann scheint es den Saboteur doch nicht zu geben. Der verdammte JAG hat wieder zu schnell die Aktendeckel zugeklappt.“ Ling klopfte auf seine Prothese. Er las das Memorandum zu Ende und meinte dann: „Ok, diesmal nehmen wir das in die Hand. GANDHI, HYNES!“
Petty Officer Hynes riß das Schott förmlich auf und ließ dann Lieutenant Gandhi herein, bevor er hinterher sprang.
„Der Saboteur hat wieder zugeschlagen. Diesmal wird dieses Schwein uns nicht entkommen. Schaffen Sie mir diesen Verräter her. Befragen Sie jeden Verdächtigen, aber mit äußerster Diskretion. Wenn Sie einen handfesten Verdacht haben, setzen Sie ihn fest und schaffen Sie ihn herbei.“
„Aye, aye Sir.“ ertönte es im Chor.
„Hier die Notiz, lesen und dann wieder her damit. Die Operation ist Top Secret, Codename Kammerjäger. Ich erwarte zügige Ergebnisse, oder ich lasse Sie zum Kantinendienst einteilen, verstanden?“
„Aye, aye Sir“ kam es diesmal so laut, dass Martell die Ohren klingelten. Dann stürmten die beiden los.
„Danke, Murphy, dass Sie die Sache so behandelt haben, es ist immer angenehm, mit jemandem zu arbeiten, für den Geheimhaltung kein Fremdwort ist. Ich halte Sie auf dem Laufenden.“
„Danke, Commander.“ Murphy stand wieder auf und verließ das Büro des NDO.


Lieutenant Commander Yamashita sass derweil über den Ergebnissen der Nachforschungen über die Gerüchte, die einen Blue on Blue Vorfall betrafen. Ihr Untergebenen meinten, dass die Verhöre, die sie durchgeführt hatten, eine Anhörung zur Frage, ob ein Kriegsgerichtsverfahren angemessen sei, rechtfertigten. Yamashita war geneigt, diesen Recht zu geben, jedoch erschien es ihr aus ermittlungstechnischen Gründen sinnvoller, erst einen gewissen Lieutenant Heise zu verhören und aufs Korn zu nehmen. Strafvereitelung war sicherlich möglich, daneben diverse Pflichtverstöße. Hatte man Heise erst einmal am Haken, konnte man diesen weiter ausquetschen und die eigentlichen Übeltäter, also die Piloten und die Offiziere, die den Vorfall vertuscht hatten. Sie rief beim Kommandeur der Marines an und forderte zwei seiner MPs an. Als diese auftauchten, trug sie diesen auf, Lieutenant Jörg Heise unter sofortigen Arrest zu nehmen. Außerdem verhängte sie eine Kontaktsperre über den Lieutenant. Eine Stunde später meldeten die Marines Vollzug. Yamashita begab sich zur Arrestzelle und begann das Verhör.
„Ah Lieutenant, ich denke, Sie wissen, wieso Sie hier sind.“
„Madam, nein, ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen.“
„Das ist nicht korrekt. Sie stehen zum einen unter dem dringenden Tatverdacht der Stafvereitelung im Dienst, zum anderen ist damit auch der Vorwurf der Vorschriften für diverse Radarpersonal sowie die vorsätzliche Befolgung unrechtmäßiger Befehle verbunden. Ich hoffe, Sie wissen, dass Sie hierfür, da wir uns im Krieg befinden, mit empfindlichen Strafen rechnen müssen. Auf jeden Fall schließt dies eine unehrenhafte Entlassung mit ein. Falls ich gut gelaunt bin, kommt auch noch Verschwörung hinzu, spätestens dann sind wir im Bereich von schwerwiegensten Delikten, die lange Haftstrafen, möglicherweise unter verschärften Bedingungen, also Arbeitslager, bedeuten kann“
„Aber ich habe doch nichts getan.“
„Genau das ist der Vorwurf. Sie haben KEINE Meldung gemacht, Mister. Stattdessen haben Sie bei der Vertuschung geholfen.“
„Ich habe ein Recht auf einen Anwalt!“
„Sie haben wohl zuviel ferngesehen. Sie stehen momentan unter Zeugenschutzhaft, da haben Sie keinen Anspruch auf einen Anwalt...aber wenn Sie so auf der Anklage beharren....“
Heise sank in sich zusammen, ihm war offensichtlich klar, dass Yamashita etwas in der Hand hatte. Midori hingegen hatte Mitleid mit ihm, aber sie wusste genau, dass sie ohne Heise keine Chance hatte, das Komplott aufzudecken. Innerlich richtete sie sich auf ein langes Verhör ein, denn auch wenn Heise wackelte, so fiel er noch nicht um.
„Also?“
„Ich sage gar nichts.“
„Verdammt,“ dachte Midori, „die Schockwirkung ist schon verflogen.“ Nach zwei Stunden Verhör verließ sie den Raum und ging zum Beobachtungsraum, wo man durch eine verspiegelte Scheibe die Verhörsperson beobachten konnte. Zwei ihrer Assistenten warteten dort auf sie.
„Ich bin damit nicht glücklich, aber setzt ihn massiv unter Druck, der Kerl ist der Schlüssel zu einem verdammt großen Schlamassel, das spüre ich.“
Die beiden Junior JAGs nickten und gingen in das Verhörzimmer.

Zwanzig Stunden später hatten sie ein umfassendes Geständnis, erkauft gegen weitgehende Straffreiheit. Yamashita schickte ihre Ermittler sofort los, damit diese möglichst umfangreiche Daten aus den beteiligten Jägern und dem Tower beschaffen konnten.

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11.11.2015 07:33 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Geschwaderbesprechungsraum T.R.S. Redemption

Mit Ausnahme von sechs Stühlen waren alle besetzt. Vier Stühle waren leer, weil zwei Miragebesatzungen fehlten, zwei Stühle gehörten Paul "Ghosthawk" Flemming und seinem Bordschützen. Hinten an der Wand lehnte Jason Rowland und beobachtete das Schauspiel.
"Okay Leute", begann Lucas die Besprechung, "Lieutenant Commander Flemming ist auf bis auf weiteres vom Dienst befreit, Lieutenant Bäcker übernimmt solange die Silberne Schwadron." Er pausierte kurz. "Aber nun zu unserer Mission: Dies hier ist das Troffensystem", auf dem Wandmonitor erschien eine Sternenkarte, "es besitzt sechs Planeten. Nur einer, der vierte ist bewohnt, er ist eine Akariikolonie.
Zur Verteidigung gibt es ein kleines Orbitalfort, sowie zwei oder drei alte Zerstörer. Wir werden das System von allen Akarii-Raumschiffen säubern, Die Schwadron Gold wird den die Orbitalbasis angreifen, dabei werden sie von Murphy's Griphen mit den neuen Hydras unterstützt. Pakers Jungs und Mädels werden Jagdschutz fliegen.
Die Schwadronen Rot und Silber werden Kampfpatrouille fliegen, ein einfacher Search and Destroy Einsatz.
Schwadron Blau übernimmt die bewaffnete Raumüberwachung für die Redemption.
Unser Auftrag ist es, Troffen zu isolieren, um jeden Preis. Daher darf kein Akarii-Jäger oder Raumschiff entkommen. Ist das bei Ihnen allen angekommen?"
"Sir! Yes, Sir!" Antwortete Lucas ein Chor.
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Darkness sah auf.
Vor seinem Schreibtisch standen drei Piloten in Habtachtstellung. Zwei davon kannte er recht gut: Ace, sein Flügelmann und Kali, die ehemalige Zimmergenossin seines Freundes. Der dritte im Bunde war Ohka, der neue Mann in der Scout-Schwadron. Eine seltsame Konstellation, dachte er sich noch dann stand er auf.

"Sie wissen genau, warum sie heute hier stehen Lieutenants." Justin umrundete den Schreibtisch mit diesen Worten und ging seitlich an seinen Kameraden vorbei. Es schmerzte ihn dies hier tun zu müssen aber es war notwendig.
Ein dreistimmiges "JAWOLLSIR!" bestätigte ihm, dass er ihre Aufmerksamkeit hatte.
"Sie stecken alle drei fürchterlich im Dreck, das kann ich Ihnen versichern." Er sah Ace direkt an.
"Herausgabe von Konstruktionsplänen die als Top Secret eingestuft sind."
Sein Blick wanderte zu Kali. "Nicht genehmigte Materialbeschaffung und Modifikation eines Jägers der TSN ohne direkte Genehmigung und, schlimmer noch, Annahme von Top Secret Material ohne Meldung an Ihren direkten Vorgesetzten."
Seine Augen durchbohrten nun Ohka. "Beihilfe bei einer nicht genehmigten Modifikation eines Jägers der TSN."
Keiner der Piloten zeigte eine Regung. Warum auch? Sie wussten, was sie getan hatten und es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es jemand herausgefunden hätte. Ohka schien sich sogar noch etwas zu straffen als der Blick des Lieutenant Commanders ihn traf.
"Mit Ausnahme von Ohkas Beteiligung sehe ich hier alle Voraussetzungen für Landesverrat vor mir, Lieutenants." Darkness lehnte sich an seinen Schreibtisch und sah die Piloten der Reihe nach an.
"Sie wissen was das heißt?" Ace bekam eine leicht rötliche Farbe und schluckte leicht, Kali ging es nicht besser, nur der junge Japaner blieb starr wie ein Eiszapfen.
"Ich werde mir keine oberflächlichen Entschuldigungen anhören und ich werde Ihnen auch keine Gelegenheit dazu geben Ihren Fehler wieder gut zu machen. Sie haben mich schwer enttäuscht Piloten." Justin verschränkte die Arme und ließ seine Worte wirken.
Seine Kameraden standen stocksteif da und warteten auf seine nächsten Worte. In Aces Augen blitzte es, er war wütend, das konnte er ihm ansehen, nur auf wen konnte er nicht sagen.
"Normalerweise wäre dieser Vorfall ein Fall für den JAG." Beim letzten Wort zuckten Kalis Augenwinkel leicht. Justin nickte. Wenn der JAG davon Wind bekommen sollte, waren sie nicht nur ihre Schwingen sondern wahrscheinlich noch viel mehr los. Bei einem harten Richter konnte es zumindest für Ace eine Exekution bedeuten und für Kali zumindest ein paar Jahre Bau.
"Wer weiß bisher alles von dem Trackball und den Plänen Lieutenant?" Er stellte die Frage direkt an Ace, der biss die Zähne zusammen und sah ihm direkt in die Augen.
"Nur die hier anwesenden Lieutenants und der Lieutenant Commander sind über den gesamten Vorgang informiert, Sir." Sein Tonfall war gequält, ihm war das Ganze hier mehr als zuwider, genauso wie Justin.
"Gut. Hier sind meine Anweisungen: Ohka, Sie werden jedes Wort, das hier gesprochen wurde vergessen, mit einer Ausnahme: Diese Unterredung und der Trackball in Kalis Maschine haben nie stattgefunden oder je existiert, Verstanden?"
Der Japaner nickte und knallte mit den Hacken.
"Fein, Raus." Darkness nickte zur Tür und der Japaner verließ den Raum.
"Kali, Sie werden einen schriftlichen Verweis in Ihre Akte erhalten, den ich allerdings vorerst zurückhalten werde. Sie sind hiermit auf Bewährung also passen Sie genau auf, was Sie in der nächsten Zeit tun. Der Trackball wird demontiert und die Teile mir übergeben, zusammen mit allen Plänen, die in Ihrem Besitz sind. Verstanden?" Auch Kali nickte und straffte ihren Körper.
"Raus." Wieder ein Nicken zur Tür und Kali verschwand.
Nun waren Ace und er allein. Ace bebte förmlich, der Junge war mehr als wütend.
"Sie bekommen einen schriftlichen Verweis, den ich ebenfalls bis auf weiteres zurückhalten werde. Sämtliche Pläne und eventuelle Kopien der Dateien, die den Trackball betreffen, werden an mich übergeben. Des weiteren haben Sie bis auf weiteres Ausgangssperre. Ich werde es im Dienstplan als Deckwache deklarieren. Auch Sie haben ab sofort Bewährung also halten Sie ihre Finger aus weiteren krummen Dingern raus, Pilot. Nochmal kann ich Ihren Hintern nicht schützen, Verstanden?" Ace nickte.
"Gut, Raus." Ace wandte sich zum Gehen aber Darkness hielt ihn auf.
"Cliff?" Er sah seinem Freund in die Augen.
Dieser starrte nur zurück. "Das war offiziell, inoffiziell hoffe ich allerdings, dass wir weiterhin Freunde sind." Jetzt war es an Justin etwas steif zu sein, er machte sich Sorgen um seinen Flügelmann.
Ace sagte nichts, er nickte nur und schlug dem LC leicht auf die Schulter, dann verließ er den Raum und ließ Justin allein.
Der rieb sich mit der linken Hand über den Nacken und atmete hörbar aus. Justin hasste diesen Teil seiner Arbeit aber wenn er es nicht gemacht hätte, dann Lone Wolf und der wäre sicher nicht so milde mit den jungen Piloten umgegangen. Bei dem Gedanken an Cunningham fiel ihm die Troffen-Mission wieder ein. Er musste sich fertigmachen, denn bald würde es hier heiß hergehen.
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Mit einem erleichterten Seufzer ließ ich mich gegen die kühle Schottwand fallen. Das Schiff schien meine Stimmung zu spüren, denn just in diesem Moment begann ein Ventilator zu brummen und wälzte kühle, frische Luft hinein.
Das war ja noch mal gut gegangen. Darkness hatte nicht ganz recht, was die Geheimhaltungsstufe des Trackballs anging, aber er konnte sich schlecht darüber informieren und mich und Kali und Ohka damit richtig in die Scheiße reiten.
Ich öffnete die Augn und fand Kali im Gespräch vertieft mit dem japanischen Piloten. Nakakura, oder so. Irgendwie kam er mir bekannt vor. Ich hatte ihn schon auf der RED gesehen, aber da war noch so eine Erinnerung...
War ich nicht beinahe mit ihm zusammen gestoßen, als ich mit Sugar zur Kneipentour aufgebrochen war?

„Verdammt, Kali“, brachte ich gequetscht hervor. „Was hast du dir dabei gedacht? Ich habe dir doch gesagt, ich baue den Trackball ein. Und warum hast du das Kind da mit reingezogen?“
Für einen Moment musste ich mich über das gehässige Wort wundern, mit dem ich den jungen Piloten bedacht hatte. Aber er verstand sich augenscheinlich gut mit Kali – meiner Kali. Und wenn meine Erinnerung stimmte...
Die Miene Nakakuras versteinerte. Ich verstand ihn, er war nicht viel jünger als ich. Uns unterschieden nur fünf Abschüsse und eine Feindfahrt.
Kalis Miene wurde eisig. „Auf dich ist wenig Verlass in letzter Zeit, Ace.“
Ich fühlte mich, als hätte mir jemand einen Eisklotz in den Magen gerammt. Dieser Blick. Es schmerzte mich mehr als jede Verwundung es hätte tun können.
„Kali, soviel Profi musst du sein. Egal, was du von mir denkst, Darkness hat Recht. Der Trackball ist nichts, was an die Große Glocke gehört. Jeder andere Vorgesetzte hätte dir und mir und ihm“ – ich deutete auf Ohka, ohne ihn anzusehen- „einen Strick drehen können. Außerdem hätte ich die Komponenten aufeinander abstimmen müssen, wenn du nicht in einer tickenden Zeitbombe fliegen willst.“
„Ist es nicht ein bisschen spät, mir das zu sagen?“ erwiderte sie. Ihre Haltung, ihre Stimme, ihr Blick, alles war Ablehnung. Alles war Trotz, eisiger Trotz.
Schuldbewusst fuhr ich mir mit der Rechten über den Nacken. „Okay, ich gebe zu, ich war die letzten Tage nicht der alte Ace. Du kannst dir nicht vorstellen, was in meinem Leben alles schief gelaufen ist. Jetzt hat mich sogar der NIC auf dem Kieker.
Aber du musst mir glauben, Kali, ich liebe dich zu sehr, als dass ich dich wegen einem Softwarefehler oder einem versagendem Aggregat dort draußen sterben sehen will.“
Hatte ich das gesagt? Das L-Wort? In kumpelhaftem Ton, okay, ja. Trotzdem ging die Erkenntnis durch meinen Körper, dass ich womöglich einen großen, einen verdammt großen Fehler begangen hatte.

Helen Mitra sah mich überrascht, erstaunt an. In ihren Augen schimmerte es feucht. Sie hob die Hand und berührte meine Wange. „Warum tust du mir das an, Ace? Warum? Was habe ich dir getan?“
Die Hand holte aus und verpaßte mir eine Breitseite, die eine Griphen zerfetzt hätte. Mein Kopf flog herum und ich war mir einen Moment lang sicher, daß ich mich um meine Weisheitszähne nie wieder würde kümmern müssen.
Kali drehte auf dem Absatz um und lief den Gang hinab.
Ohka sah unschlüssig zu mir, dann Kali hinterher. „Nun geh schon, du Trottel“, fuhr ich ihn an. „Sie braucht jetzt jemanden, und wenn es du Kind bist.“ Der Asiat warf mir einen mörderischen Blick zu, lief aber Kali hinterher.

„Idiot, Idiot, Idiot, Idiot“, betete ich mein Mantra und hämmerte meinen Kopf rhythmisch gegen die Tür zu Darkness´ Büro.
„Herein“, scholl es mir entgegen. Ich öffnete die Tür und trat ein. Wortlos ließ ich mich in den Stuhl sinken. Nur einen Augenblick sah mich der alte Hase unwirsch an, es wechselte schnell zu Besorgnis.
„Weißt du, ob die NIC-Leute schon einen Dummen gefunden haben? Ich wäre jetzt in der Stimmung, den Auftrag zu fliegen.“
„Himmel, Ace, was ist denn los? Und wessen Hand ist das in deinem Gesicht?“
Ich atmete tief durch und erzählte McQueen die ganze Geschichte...

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Kampfbereit

Mit dem Beginn der Feindfahrt schien Lieutenant Commander Diane Parker – genannt auch „Lightning“ – wie ausgewechselt. Sie war immer eine Offizierin gewesen, die eher nach dem Motto zu agieren schien: „Leben und leben lassen.“. Nicht, dass sie lax oder nachlässig gewesen war. Aber sie hatte ihre Untergebenen anders behandelt als viele Kommandeure. Sie hatte nicht so viele Geheimnisse vor ihnen gehabt – was, etwa beim „Sabotagefall“, ihr Gerüchten zu Folge Ärger mit „Lone Wolf“ eingebracht hatte – und sie eher von gleich zu gleich behandelt, während andere Staffelführer auf strikten Abstand hielten.
Daran änderte sich zwar nichts – aber gleichzeitig machte sie sich daran, ihre Piloten zu schleifen, bis ihnen „das Wasser im Arsch kochte“. Wenn sie nicht gerade unter ihrer Führung Raumflugmanöver abhielten, oder der zartfühlenden Obhut von „Darkness“ übergeben waren, kamen die Kampfflieger aus ihren Trainingsanzügen nicht mehr hinaus. Dabei war „Lightning“ stets selber mit von der Partie, wie einer der Piloten, denn schließlich würde sie draußen auch unter ihnen fliegen. Übungseinsätze am Simulator in jeder Konfiguration waren ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung. Eskortmissionen, Kämpfe gegen feindliche Jäger, Angriffe auf Großkampfschiffe, Abfangmanöver gegen feindliche Bombergeschwader – die ganze Palette. Jeder Pilot musste in der Lage sein, einen feindlichen Flieger an Hand weniger Parameter zu identifizieren, um auch dann die nötige Übersicht zu haben, wenn seine Sensoren beschädigt oder gestört waren. Schwachstellen und Stärken der Feindmaschinen wie der eigenen Kampfflieger wurden wieder und wieder durchgekaut, bis jeder sie im Schlaf beherrschte. Zwei oder drei mal machte Parker sogar die Probe aufs Exempel und warf ihre Piloten aus den Kojen, wo sie vor ihr in Unterhosen taktische Analysen, feindliche Kampfmaschinen und Flugmanöver herbeten mussten. Wieder und wieder hämmerte sie es den jungen Männern und Frauen ein: vergesst, was ihr vom Boden gewöhnt seid! Ihr fliegt im Raum, nicht in der Atmosphäre! Jedes Manöver kann in jeder Richtung gleich gut ausgeführt werden! Vergesst die drei Dimensionen der Erde! Sie ließ die Piloten Loopings, Wenden, Schrauben und Kurvenkampf in jeder Lage üben.

Wenn sie nicht in den Simulatoren saßen, war körperliches Training angesagt – besonders Reflexe und Ausdauer wurden trainiert. Ein Abfangjägerpilot musste in der Lage sein, enorme Belastungen auszuhalten, über möglichst lange Zeit, und dennoch schnell agieren können. In den Sporteinrichtungen waren sie Dauergäste.

Vor allem aber wurde immer wieder das Credo der Abfangjäger wiederholt.
„Ihr seid das Schwert! Ihr seid der Schild! Ihr seid das Rückrat der Luftwaffe! Andere sind besser bewaffnet, besser gepanzert – aber ohne euch sind sie Beute! Ihr müsst sie beschützen! Ihr werdet die feindlichen Bomber in Fetzen reißen! Nicht Panzerung und Waffen sind wichtig – was zählt, ist Geschwindigkeit und Wendigkeit!“

Jeder einzelne sollte durchdrungen sein vom Stolz auf seine Waffengattung, auf seine Maschine. Es gab in der Erdstreitkräften keinen einsatzbereiten Jäger, der es mit der Typhoon im Kurvenkampf aufnehmen konnte. Sie war die einzige Maschine, die mit den Akarii-Bloodhawks von gleich zu gleich kurven konnte. Es war, so wurde ihnen immer wieder erklärt, einzig und allein die Frage des besseren Piloten, wer in so einem Kampf siegen würde. Würden die Abfangjäger versagen, so würden die Bloodhawks mit ihrer höheren Wendigkeit die Griphen, Phantom und erst recht die Mirage-Jagdbomber in Stücke schießen. Und das mussten sie verhindern.

Die Piloten fasten wieder Selbstvertrauen. Auch wenn es keiner zugegeben hätte, der Umstand, dass der Wingcommander die Phantom zu bevorzugen schien, dass die anderen Staffeln anscheinend teilweise die besseren Asse hatten und die größeren Heldentaten aufweisen konnten, hatte zusammen mit den Verlusten von 25 Prozent an der Moral gezehrt. Parker hatte das erkannt, und sie war bemüht, aus der Staffel eine Waffe zu schmieden, die zu allem bereit war. Sie schonte weder sich noch andere.

Die Manöver wurden verbessert. Die Spirale, um sich vom Gegner abzusetzen. Man baute auf die hohe Beschleunigung, und darauf, dass ein solches Manöver, ob nach oben oder nach unten, den Piloten aus den natürlichen Sichtkategorien – Menschen und Akarii dachten eher horizontal – bringen würde. Das „Pokryschkin-Manöver“ und seine Abarten, eine weitere Vorgehensweise, die auf die rasanten Abfangjäger zugeschnitten war:
Wenn man verfolgt wurde, eine brutale Wende mit maximaler Kraft – Feindmaschinen schossen zumeist an einem vorbei.
Für den eigenen Angriff favorisierte man den Anflug von hinten, entweder von unten oder aus der Überhöhung. Die Maschine kam mit großer Geschwindigkeit, überholte feuernd den Feind und bremste dann ab, um ihn erneut vor sich zu bekommen – stets an der Grenze des für Menschen noch verkraftbaren. Alternativ dazu wurden Verfolgungsjagden geübt, bei der man sich an das feindliche Heck zu heften hatte – gerne leicht unter dem Feind, um seine rückwärtigen Waffen zu neutralisieren – bis man die tödlichen Treffer anbringen konnte.
War es notwendig, den Feind frontal anzugreifen, so überbrückte man den vergleichsweise kleinen Bereich, in dem man im Feuerbereich der feindlichen Waffen lag, mit maximaler Geschwindigkeit, um sofort zu wenden. Zwar waren die etwa drei Sekunden, die man im feindlichen Feuerbereich war, vergleichsweise viele. Aber auch in den Feindmaschinen saßen „nur“ lebendige Wesen, die für ihre Entscheidungen zumindest ein Mindestmaß an Zeit brauchten. Und diese kleine Verzögerung bedeutete, daß Feindfeuer oft danebenging, Feindraketen erst im letzten Augenblick gezündet wurden – und diese Geschosse konnten bei einem solchen Manöver zur Gefahr für den Gegner selber werden, wenn sie den Abfangjägern folgten. Und immer wieder – Manöver an der Grenze dessen, was Menschen aushalten konnten. Jede Waffe sollten die Piloten perfekt beherrschen können. Die Amram, perfekte Waffe für den Kurvenkampf wegen ihrer Zielerfassung quasi in Nullzeit und ihrer hohen Beschleunigung. Die Sparrow für weiter entferntere Ziele. Die Sidewinder für Angriffe auf schwere Ziele wie Bomber und große Einheiten. Auch wenn sie wegen ihrer verhältnismäßig großen Zielerfassungdauer unbeliebt war, und im Nahkampf wegen ihrer beschränkten taktischen Möglichkeiten Probleme bereitete, so war ihre Durchschlagskraft enorm, was sie zur erstklassigen Waffe für das Abfangen von Avengern und Deltavögeln machte.

Hinzu kamen Schießübungen. Ein um das andere Mal Schießübungen. Aus jeder Lage, in jeder Kurve, über alle Distanzen. Ein Pilot mußte blitzschnell und treffsicher zuschlagen können, egal ob er in einem vertikalen Turn, in einer Rolle oder im Sturzflug war. Kontinuierliches Feuer sollte die vergleichsweise geringe Feuerkraft der Abfangjäger ausgleichen. Natürlich konnte man aus den Piloten keine Supermänner (und -frauen) machen. Aber Parker wollte ihnen jeden nur möglichen Vorteil verschaffen.
Die Moral der Truppe besserte sich. Sie war nicht schlecht gewesen – aber nun fassten sie wieder Vertrauen. In sich und ihre Maschinen. Die Neuen wurden nahtlos integriert. De’Castries bewies, dass er ein guter Flügelmann war. Kano hatte das Zeug zum Aß – und Tanja beherrschte die Manöver und Tricks bereits perfekt. Die Veteranen fanden ihre Fähigkeiten bestätigt. Sie waren keine verschworene Gemeinschaft, keine Staffel von Duzfreunden – aber jeder war sich sicher, dass auf seinen Nebenmann und auf die anderen Verlass war.
Natürlich, eines durfte man nicht vergessen. Das hier war eine Übung. Ebenso, wie die Manöver im Weltraum eine Übung waren. Den echten Kampf konnte man nicht trainieren. Ob die Nerven halten würden, ob die ECHTE Erregung und Todesangst nicht das Gelernte und Trainierte auslöschen würde, vermochte keiner zu sagen. Die Panik schlummerte in jedem Piloten, der auf einen Feind traf der zurückschoss. Es konnte jeden treffen. Jeder konnte im entscheidenden Augenblick versagen, ein falsches Manöver ausführen, zu lange zögern, sein Ziel verfehlen. Hier saßen Wesen aus Fleisch und Blut in den Maschinen, und sie machten Fehler. Keine Armee der Welt – oder eher der Welten – hatte es geschafft, diesen Unsicherheitsfaktor zu eliminieren. Er war immer da, wo man den Menschen mit Parolen wie „Vaterland“, „Pflicht“ und „Ehre“ zu töten und zu sterben zwang.
Sie entwickelten Stolz. Stolz auf die Leistungen der Piloten in der Einheit. Stolz auf ihre Chefin, auf „Claw“ – auch wenn der nicht eben beliebt war – und auf „Lilja“. Auf die, die sich an Bord der Redemption oder anderswo bereits bewährt hatten. Sie wurden nicht übermütig, aber sie fassten Mut. Sie sangen das Lied ihrer Staffel – Tanja hatte es von der Einheit mitgebracht, in der sie über zwei Monate gekämpft hatte. Es hatte den Geist trotzigen Zynismus, den Soldaten in so vielen Armeen in so vielen Kriegen als Panzer gegen die doch nur natürlich Angst vor dem Ungewissen entwickelt hatten. Sie lernten einander noch besser kennen, gingen bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit – und wurden so zu einer Einheit. Einer Einheit, die bereit war, auf Akariijäger zu treffen, deren Piloten wie sie mit den hehren Idealen von „Heldenmut“ und „Treue zur Heimat“ motiviert worden waren, die wie sie die Angst in sich unterdrücken mussten. Sie ähnelten sich – und doch hassten sie sich und würden sich töten. Wie in jedem Krieg.

Parker ließ ihnen keine Ruhe. Sie lobte jene, die Fortschritte machten, spornte die Zurückbleibenden an. Auch wenn einige – ihr Flügelmann etwa – mitunter Mordgelüste hegen mochten, sie gehorchten, machten mit. Bis auch sie eine gewisse Form von Stolz auf sich und ihre Leistungen entwickelten. Sie hielten durch, ließen ihrer Staffelführerin nicht die Genugtuung, sie schwach zu sehen. Geleitschutzstaffel Drei machte sich bereit fürs Gefecht.

Besonders, seitdem „Lone Wolf“ das tatsächliche Ziel bekanntgegeben hatte, ließ man den Piloten erst Recht keine Ruhe mehr. Eskortmissionen wurden nun immer und immer wieder geübt. „Lightning“ ließ wieder und wieder verschiedene Situationen durchexerzieren. Wenn feindliche Jäger angriffen, durften sie um keinen Preis zu den Jagdbombern durchgelassen werden. Die „Typhoon“ hatten in diesem Fall die Aufgabe, den Feind in Kämpfe zu verwickeln und ihn abzudrängen. Auch wenn dies bedeutete, eigene Abschusschancen hinten an zu stellen und Verluste zu riskieren – der Schutz der Bomber hatte Priorität. Die Piloten mussten lernen, nicht nur ihren unmittelbaren Gegner im Auge zu behalten, sondern auch das gesamte Schlachtfeld. Nur zu leicht konnte es sonst geschehen, dass einige Feindjäger den Jagdschutz banden, und der Rest durchbrach. Deshalb war in solchen Fällen extrem wichtig, auf jeden Fall eine Überkonzentration zu vermeiden. Feindjäger mit Verfolgern im Nacken hatten nur wenige Chancen, einen erfolgreichen Angriff durchzuführen – dafür sorgten die durchschlagskräftigen Raketen. Aber wenn sich die „Typhoon“ zu sehr auf einen Teil der feindlichen Formation konzentrierten, waren die schwerfälligen Jagdbomber relativ leichte Beute. Und, wie Parker immer wieder betonte – eine Gripen war kein Gegner für einen Akariijäger.

Natürlich war diese „Fürsorglichkeit“ zum Gutteil Taktik, um den Piloten die Wichtigkeit ihres Handelns zu verdeutlichen. Zum Gutteil aber mochten auch die altbekannten „Standesdünkel“ mitspielen, die zwischen den Waffengattungen herrschten. Allzweckjäger waren „nirgendwo gut“, Überlegenheitsjäger „nur zu gebrauchen, wenn man die Überlegenheit schon hatte“ und Jagdbomber „fliegende Scheunentore“. Dass die Piloten der anderen Staffeln dies genauso – wenn auch mit anderen Vorzeichen – sahen, war wie immer Anlass für gutmütige Spottverse, kleinere Sticheleien und ähnliches. Aber so lange sich das in Grenzen hielt, wurde es ignoriert. Außerdem war den Staffelführern klar – eine Armee, in der jede Waffengattung (und Untergattung) die anderen so schätzte, wie sie es verdiente, würde es vermutlich nie geben. Parker musste nur hin und wieder einschreiten, wenn einzelne ihrer Piloten etwas zu übermütig wurden. Dies war überhaupt ihre größte Sorge – dass Neulinge und Veteranen, die kurz vor dem „Aß“ standen, sich unnötig exponieren würden. Und deshalb ließ sie oft genug Formationsflug üben. Aber die echte Erregung, echte Abschusschancen konnte man nicht simulieren. Deshalb konnte sie immer nur wieder betonen: „Ihr seid nicht hier, um für euer Land zu sterben, sondern, um eure Pflicht zu tun! Und wer hier nur nach den ‚Flying Cross“ schielt, erhält eher das ‚Dying Cross‘!“ Ob dies genügte, blieb abzuwarten...


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Narben

'Unter ihnen lag die Stadt. Über endlose Kilometer zog sie sich hin, ein schmales Band am breiten Fluß. Eine Stadt des Todes. Einst Wohnort zahlloser Menschen – jetzt Friedhof für Legionen. Des Nachts, das wußte sie, leuchtete die Stadt, schien Feuer zu speien wie ein Vulkan. Tagsüber ließen Rauch und Staub nur wenig Licht auf den Boden. So wie es kein Ort für lebende Menschen zu sein schien, so hatten sich hier die Grenzen von Tag und Nacht verwischt. Und dennoch – in diesen Ruinen lebten und kämpften immer noch Menschen. Krallten sich in den Boden, den Fluss im Rücken, gefangen zwischen gnadenlosen Befehlen, dem Fluss und einem Feind, der kein Erbarmen kannte. Trotzdem es hier nur Tod und Vernichtung zu geben schien kämpften sie weiter , verteidigten jeden Fußbreit Boden, obwohl sie inzwischen nur noch wenige hundert Meter Ufer hielten.

Die vier schlanken Jäger schwebten hoch über der Zerstörung, dem Feuer und dem Tod. Längst war kaum noch auszumachen, wo die Frontlinie verlief. Aber auch wenn die Verteidiger auf wenige Bastionen zurückgeworfen worden waren, so hatte der Feind sie bisher nicht brechen können. Unablässig setzte er seine Luftwaffe ein, um doch noch zu erzwingen, was man ihm verwehrte. Tanja hatte die Worte bei der Befehlsausgabe noch in Erinnerung: „Verhindert um jeden Preis, das feindliche Bomben fallen. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Wenn es sein muß – rammt den Feind!“ Sie war fest entschlossen, den Befehlen Folge zu leisten.

„Leutnant – Bomber voraus!“ Die Stimm des Piloten klang bemüht gelassen. Jetzt sah Tanja die Feinde auch. Sie kamen von Westen, drei Schwärme zu je vier Maschinen dicht beieinander. Zweimotorige Bomber, eine komplette Staffel. Fieberhaft überlegte sie. Der Feind hatte Höhenvorteil, und sie hatten nicht die Zeit, sich in eine bessere Position zu bringen. So etwas kostete Zeit, und bis dahin hatten die Bomber ihr Werk vielleicht schon verrichtet. Der Führer der Formation sah das offenbar nicht anders:„Achtung an alle! Wir greifen an! Angriff im Steigflug von vorne, dann eindrehen. Denkt daran, in die Richtung werden sie nicht mit uns rechnen, und haben nur wenige Waffen. Anschließend Angriff von hinten, fünfzig Meter unter dem Feind. Schießt erst im letzten Augenblick – wir müssen alle erwischen!“ Hastig blickte Tanja sich um – doch Feindjäger waren keine zu entdecken. Vielleicht ging dem Gegner das Material aus, oder er war sich seines Sieges schon sehr sicher.

Der Motor ihres Jägers heulte auf, als sie die Maschine auf Maximalgeschwindigkeit brachte. So etwas war nur für kurze Zeit möglich, oder das Triebwerk überhitzte. Aber jetzt sollte es reichen. Ihre Augen saugten sich fest an den rasch näherkommenden Feinden. Die wuchtigen Abzeichen auf den Flügeln, die verhassten Embleme auf den Heckflossen ließen sie ihre Hand um den Steuerknüppel verkrampfen. Noch nicht...

Ratternd eröffneten die Kanone und die zwei MG’s das Feuer. Ihre Kameraden fielen ein. Sie streute eine lange Salve über den hinteren Rumpfbereich des Feindbombers, dann eine zweite über den rechten Motor. Schon war sie vorbei. Jetzt erst eröffnete der Schütze in der Bauchwanne des Bombers das Feuer, Leuchtspur webte ein Netz um sie, ein oder zwei Treffer ließen ihre Maschine erbeben. Wildes Triumphgeheul kündete von einem Abschuss. Die vier Jäger wendeten. Die feindliche Formation war aufgebrochen, zwei Bomber taumelten der Erde entgegen, einer hing zurück – ihr Ziel. Sie spürte, wie sich ihr Gesicht zu einem wilden Grinsen verzerrte. Die Stimme des Leutnants war vollkommen emotionslos: „Angreifen!“ Eine weitere Salve aus Tanjas Waffen vernichtete den angeschlagenen Bomber. Ein Drittel der Munition verbraucht – das ließ noch Raum für mindestens ein weiteres Opfer.

Der Angriff kam völlig überraschend. Nahezu gleichzeitig schienen zwei der Jäger in der Luft zu zerplatzen. Von hinten, aus der Überhöhung, schossen Feindflieger heran. „Messer!“ Mit einer brutalen Wende riß Tanja ihren Jäger zur Seite. Ein Feind überholte sie, flog genau ins Feuer. Eine Rauchspur ausstoßend, zog er nach unten weg – nicht vernichtet, aber tödlich getroffen, wenn er nicht in kürzester Zeit auf den Boden kam. Vor ihr hetzten zwei Jäger ihren Rottenflieger. „Wegtauchen!“ brüllte sie, während ihre Waffen Feuer spuckten. Der Jäger legte sich auf den Rücken, doch in dem Augenblick gaben die Feindjäger eine letzte Salve ab, bevor sie zu den Seiten ausbrachen. Die schlanke Maschine flammte auf. Senkrecht stürzte sie der Erde entgegen, wurde Teil des Infernos am Boden.

Treffer schüttelten ihren Jäger – der dritte Feind war nun hinter ihr. Plötzlich war da Blut an ihrer Kombination, ein stechender Schmerz in ihrer Brust. Sie drehte sich um. Sah die Feindmaschine wenige Meter hinter sich. In dem Augenblick, in dem die Kanonen und MG’s der ‚Messer‘ das Feuer eröffneten, blickte sie in das reptiloide Gesicht das Gegners. Sah das breite Grinsen des Echsenmaules. Die Granaten und Kugeln durchschlugen ihren Jäger – und sie.'

Keuchend fuhr Tanja hoch. Ihre Decke war zu Boden gefallen, das Laken schweißgetränkt. Für einen Augenblick wusste sie nicht, wo sie war. Sie fühlte ihr Herz rasen, die Dunkelheit um sie schien sich zu einer alles verschlingenden Finsternis zusammenzuziehen, und sie öffnete den Mund zu einem Schrei. Dann, im letzten Augenblick, schlug sie sich die Hände vors Gesicht. Mit einem dumpfen Stöhnen grub sie ihre Zähne in ihre linke Handfläche. Sie durfte sich nicht verraten. Durfte keine Schwäche zeigen. Ihr Körper zitterte, während sie lautlos schluchzte.

Da waren sie wieder, ihre Alpträume. Träume, in denen sich alles zu vermischen schien. Geschichte und Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Dinge, die sie gesehen, Dinge die sie gehört, Dinge, von denen sie nur gelesen und die sich vor vielen Jahren ereignet hatten, und vieles, was sich nie ereignen würde. Akarii in deutschen Maschinen. Deutsche, die Akariijäger steuerten – die tödlichsten Feinde, von denen man ihr erzählt hatte, verbanden sich in ihren Träumen mit dem Feind, den sie selber kennengelernt hatte. Ihre Ausbilder, deren Gesichter zu grauenhaften Akariifratzen wurden. Erdjäger, die auf einmal vom Feind gesteuert wurden, Gegner, die scheinbar aus dem Nichts auftauchten, unverwundbar schienen, Kampfflieger mit einer einzigen Salve vernichteten. Immer wieder der Tod ihrer Kameraden – und zuletzt, stets zuletzt, ihr eigener.
Erst als salziges, warmes Blut ihre Kehle herunter rann, begriff sie, was sie getan hatte. Taumelnd kam sie hoch. Selbst jetzt noch, während ihr Körper unkontrolliert zitterte, versuchte sie, ihre Zimmergenossin nicht zu wecken. Niemand durfte etwas wissen, niemand es erfahren. Sie stolperte in Richtung der Nasszelle. Dort war Verbandsmaterial.
Aber ihre Hände bebten, und bei dem Versuch, die Wunde zu versorgen, befleckte sie ihr Nachthemd und ihre Arme nur mit noch mehr Blut. Ein neuer Schwächeanfall ließ sie halb zu Boden gehen. Die verletzte Hand hinterließ auf dem Pseudoglasspiegel eine rote Spur. Sie klammerte sich keuchend am Waschbecken fest. Plötzlich spürte sie eine Hand auf der Schulter. Hinter ihr stand Ina, ihre Zimmergenossin Ina Richter. Vorsichtig half sie der Pilotin, sich auf den Boden zu setzen. Dann verband sie – schweigend – die Wunde. In ihren Augen stand eine Frage, doch als Tanja nur wortlos den Kopf schüttelte, ging sie ebenso lautlos, wie sie gekommen war.

Tanja brauchte lange, um auch nur den Schlag ihres Herzens zu normalisieren. Ihre Kameradin wusste es also nun. Wusste von ihrer Schwäche – oder ahnte zumindest etwas. Das hieß, sie würde mit Ina reden müssen. Ihr zumindest so viel verraten, dass diese nicht Meldung machte. Jetzt, wo sie darüber nachdachte, vermutete sie freilich, dass die andere Pilotin wohl schon länger Bescheid wusste. Seit sie an Bord war, seit sie zusammen mit Ina die Kabine teilte, waren die Alpträume in unregelmäßigen Abständen wiedergekehrt. Eine Folge des Aufenthaltes an Bord und des rigorosen Trainings, vermutlich. All das schuf ähnliche Bedingungen wie damals, als sie das letzte Mal im Einsatz war. Sie hatte ihre Probleme halbwegs unter Kontrolle bekommen können. Während sie früher beinahe jede Nacht hochgeschreckt war, war das nun nur noch selten der Fall. Aber sie hatte die Schlaftabletten zu früh abgesetzt, hatte sich selbst überschätzt. Und nun zahlte sie den Preis.

Langsam beruhigte sich ihr Atem. Tanja konzentrierte sich darauf, alles auf ein Gefühl zu fokussieren: auf ihren Haß. Das war ihre beste Waffe und Medizin. Nur dadurch konnte sie im Einsatz kalt und gefühllos agieren. Sie brach nicht einfach zusammen wie mancher andere, sondern tat ihre Pflicht, gut sogar. Aber dies nur, weil sie, zu jeder Zeit und an jedem Ort, sich immer wieder klar machte, wem sie das alles verdankte. Sie rief sich die Gesichter der Akarii in Erinnerung, ihre Stimmen, das Aussehen ihrer Schiffe, und bündelte alle Gefühle in den Hass. SIE würden sie nicht kleinkriegen! Nicht im Kampf, und schon gar nicht so! Sie musste durchhalten, musste fliegen und töten, um ihrer Familie willen, um ihrer Kameraden – der lebenden wie der toten – willen, aber auch um ihrer selbst Willen.

Langsam, bedächtig, stand sie auf. Sie war nun wieder die Ruhe selbst. Second Lieutenant Pawlitschenko, Tanja, „Lilja“, die eiskalte Jägerin – eine Frau ohne Emotionen, Gefühle oder etwa Mitleid, zumindest nach außen. Schweigend ging sie zu ihrem Bett, hob die Decke auf und legte sich wieder hin. Der Schmerz in ihrer Hand war zu einem dumpfen Klopfen geschwunden. Sie spürte, dass Ina wach war. Leise, mit ruhiger Stimme, begann sie zu erzählen.

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`Wenn sich alles im Leben tatsächlich ausgleicht – dann stehen mir noch glückliche Tage bevor.‘
Dieser etwas zusammenhanglose Gedanke heiterte Kano keineswegs auf, als er mit zusammengebissenen Zähnen versuchte, Kali zu folgen. Der Tag hatte es verdient als Prüfung bezeichnet zu werden. Zuerst hatte er Pinpoint aufgestöbert und ihn ziemlich angefahren – es hatte eine Weile gedauert, bis der verstanden hatte, worum es überhaupt ging. Offenbar waren diese Blumen von Ace gekommen und Pinpoint hatte den „Asiaten“ nur vorgeschoben weil er wohl ansonsten befürchtet hatte, sie in den Hals gerammt zu bekommen.
Das Ganze war peinlich und eigentlich ziemlich lächerlich gewesen – Kano hatte sich entschuldigt und konnte danach nur noch spekulieren, zu welchen Schlüssen Pinpoint nun betreffs Kanos Einstellung oder „Verhältnis“ zu Kali kommen würde.

Die Standpauke Lieutenant Commander McQueen’s war dagegen fast glimpflich verlaufen, fast hätte Kano ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er so leicht davongekommen war. Die Schuld die er auf sich geladen hatte würde er abdienen, seinen Gesichtsverlust vor McQueen – Darkness – im Kampf wiederherstellen können. Auf die eine oder andere Art und Weise.

Die andere Sache jedoch... .
Es hätte nicht viel gefehlt und Ace hätte erheblich mehr Blessuren riskiert, als nur Kalis Ohrfeige. `Wenn mir dieser gajin noch einmal so kommt wird er es bereuen. Aß oder nicht, seine Arroganz verliert er und wenn ich sie aus ihm herausprügele!‘ Dann rief Kano sich zur Ordnung. Er war Pilot. Das verlangte ein würdevolleres Benehmen. Er war kein betrunkener Marine auf Landgang – und er würde sich auch nicht wie einer benehmen. Dennoch... .
`Es gibt Wichtigeres, was ich bedenken sollte! Und auf jeden Fall Wichtigere als diesen Baka, diesen Narr!‘ mit diesen Gedanken schloss er zu Kali auf, die ihr Quartier erreicht hatte. Er erreichte die Tür, kurz bevor sie sich schloß. „Helen – Kali!“ Ein paar Augenblicke blieb es still, während Kano etwas unsicher an der Tür verharrte. Dann ertönte Kalis Stimme, undeutlich: „Was willst du?“ „Darf ich hereinkommen?“ „Du stehst schon in der Tür!“ Kano fühlte, wie er rot wurde – er kam sich zunehmend wie ein Idiot vor: „Bitte... .“ „Na schön. Komm schon rein.“
Kali saß auf der Pritsche. Als sie sich umwandte sah Kano deutlich die roten Spuren um ihre Augen – sie musste geweint haben, auch wenn sie es jetzt nicht mehr tat. Schweigend starrte sie ihn an, dann drehte sie den Kopf wieder weg. Schweigend setzte sich Kano neben sie.
Die Stille lastete drückend auf dem Raum, Kanos Stimme klang laut und rau, als er das Schweigen durchbrach.
„Es tut mir leid!“ Kali wandte ihm wieder das Gesicht zu: „Was?!“ Er räusperte sich: „Nun, das mit dem –Trackball hat Darkness schließlich von mir. Und diese Sache mit Ace...“
Kali fuhr hoch. Mit den wütend blitzenden Augen und den fast raubtierhaft gefletschten Zähnen ähnelte sie auf unheimliche Art und Weise ihrem Callsign. Kano verstummte abrupt.
„Die Schuldzuweisungen kannst du verdammt noch mal mir überlassen! Dazu brauche ich dich nicht! Und dieser Bastard hat da erst recht nichts anzumelden! Und was du mit `Sache` meinst...“ Sie rang sichtlich mit sich.
„Scheiße! Dieser Idiot, soll er doch zur Hölle fahren! Wenn er mir noch mal so kommt, ist er tot! Er schwallt hier von Liebe, dabei, dabei...“
Plötzlich verlor sie die Fassung. Wieder schossen Tränen aus ihren Augen – ob nun aus Wut oder aus Enttäuschung. Sie wandte den Kopf ab und presste die Hände vor die Augen. Ihre Schultern zuckten. Einige Augenblicke musterte Kano sie ratlos, fast peinlich berührt. Der Verlust der Selbstkontrolle vor seinen Augen traf ihn unvorbereitet. Dann legte er – vorsichtig, zögernd – einen Arm um Kali. Zu seiner Überraschung stieß sie ihn nicht zurück, ja sie lehnte sich sogar leicht gegen ihn und schien an dem Arm um ihre Schultern etwas Rückhalt zu finden... .

Schließlich beruhigte sich ihr Atem wieder, fand sie ihre Fassung. Kano, der seinen eigenen Gedanken nachgehangen hatte, zuckte leicht zusammen und rückte ab. Beide vermieden es, sich anzusehen. Kali war ihr Verhalten peinlich – und das gleiche galt für Kano. Er musterte sie verlegen aus den Augenwinkeln. Kali grinste schwach: „Ich werde wohl langsam weich. Es geht schon.“ Kano nickte leicht und lächelte vorsichtig. Abrupt erhob sich Kali. Mit ein, zwei Schritten war sie an dem in die Wand eingelassenen Marine-Waschbecken. Hastig schüttete sie sich ein paar Handvoll Wasser ins Gesicht, rieb sich mit dem Handtuch energisch die Augen. „Ich hab noch Dienst an der Maschine.“ Kano verstand und wandte sich zum Gehen. „Kano – Danke.“ Der junge Pilot drehte sich noch einmal um, wirkte jetzt unsicher und wählte seine Worte vorsichtig. „Wenn du - Hilfe brauchst... . Ich bin immer für dich da.“ Seine Wangen färbten sich leicht während Kali ihn mit einer Miene musterte, die er nicht deuten konnte. Dann lächelte sie. Zwar war es nur ein halbes Lächeln, und mit Ironie unterlegt – dennoch... . „Danke. Das werde ich mir merken. Paß bloß auf, das du es nicht bereust.“ Ihre Hände trafen sich und beide spürten, das in dem Händedruck mehr als Freundschaft liegen mochte. Deshalb lösten sich die Hände auch schnell voneinander und beide hatten es eilig, zu ihrer Pflicht zurückzukehren.
Kali holte den abgenutzten Tech-Overall hervor, die sie bei Arbeiten am Jäger benutzte und Kano beeilte sich, nicht zu spät zu Parkers nächstem Staffelmanöver zu kommen.
Was aber diesen „Ace“ betraf, so würde er sich wohl noch mal mit ihm beschäftigen!

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Schönberg wartete auf seinen nächsten Besucher. Auch wenn er ein gläubiger Mann war, Bezeichnungen wie „Hirte“ und „Herde“ erschienen ihm oft etwas unpassend. `Und die Männer und Frauen als „meine Schafe“ zu bezeichnen paßt nun wirklich nicht. Eher ein Wolfsrudel` dachte er, immerhin halb ernst. Der Pilot, der seinen Besuch angekündigt hatte war in der Darlegung seiner Gründe verschwiegen gewesen – und Schönberg kannte den Neuen noch zu wenig, um vermuten zu können, was er wohl wollte. `Kano Nakakura – also Japaner. Frisch von der Akademie, noch keine Kämpfe... . Vielleicht bedrückt ihn die Aussicht auf die kommende Schlacht. Hmm... . Nun wir werden sehen.‘
Es klopfte. Auf das „Herein!“ das Geistlichen öffnete sich die Tür und der junge Japaner trat ein. Er hielt sich kerzengerade, wie um seine eher durchschnittliche Körpergröße zu kompensieren. Das Gesicht war ebenso ausdruckslos wie die schwarzen Augen, eine undurchdringliche Maske. Der Pilot verbeugte sich leicht, was Schönberg erwiderte. „Nun, Lieutenant Nakakura, was kann ich für sie tun?“
Der Pilot sah ihn direkt an. „Ich bin nicht in ihrer Religion erzogen, ich glaube nicht an sie. Aber ich akzeptiere sie. Und ich akzeptiere Ihr Amt. Deshalb habe ich eine Bitte.“
Von dieser Eröffnung etwas überrascht musterte Schönberg den Piloten ein paar Herzschläge. Dann nickte er etwas unsicher: „Und diese Bitte...“
„Ich bitte darum, dass Sie mein Zeuge sind. Ich bitte darum, dass Sie meinen letzten Willen beglaubigen.“ Schönberg hatte Mühe, seine erneute Überraschung zu kaschieren. Das wurde nicht gerade dadurch erleichtert, dass das Gesicht Nakakuras weiterhin absolut emotionslos, fast starr blieb. Auch wenn er schon eine beträchtliche Erfahrung hinter sich hatte – er war sich absolut nicht sicher, welche Motive den Jungen, nun gut den jungen Mann, bewegten. „Lieutenent Nakakura – Kano. Was beunruhigt Sie? Ist es die Schlacht die wir erwarten?“ Die Stimme des Japaners blieb höflich, aber neutral: „Nein, die Schlacht beunruhigt mich nicht. Wenn in ihr mein Tod liegt, dann werde ich ihm hoffentlich in Würde entgegentreten. Aber ich will, dass meine Angelegenheiten geregelt sind. Es – ist so Brauch. Sie bleiben an Bord. Wenn Sie nicht mehr am Leben sind, um nach meinem Tod das Notwendige in die Wege zu leiten – dann sind meine Belange ohnehin nicht mehr wichtig.“
Schönberg musste an sich halten, um nicht zu seufzen. Offenbar war dieser Nakakura nicht gewillt, über seine Gefühle zu sprechen – zumindestens momentan nicht. Nun er würde seine Pflicht tun.
„Also, Lieutenant Nakakura. Ich stehe ihnen als Zeuge zur Verfügung.“
Der Pilot holte einen Briefumschlag hervor, öffnete ihn und entnahm einen Bogen weißes Papier. Mit ruhiger, fast monotoner Stimme begann er zu lesen: „Ich, Kano Nakakura, körperlich gesund und mit wachem Geist, erkläre hiermit die Verfügungen, die ich bitte, nach meinem Tod zu befolgen. Mein Leib wird nach den Gebräuchen der Marine bestattet werden oder im All verschwinden, deshalb sind sämtliche Verfügungen dahingehend sinnlos. Was ich an Geld besitze gehört meinen Kameraden, in deren Reihen ich die Ehre hatte, zu kämpfen und zu sterben. Meine persönlichen Sachen sollen, wenn möglich, an meine Familie gesandt werden, vor allem das Schwert, das Geschwadercommodore Cunningham aufbewahrt.“ Er zögerte kurz und fuhr dann mit emotionsloser Stimme fort: „Ich hoffe, den Tod eines Soldaten gestorben zu sein und danke meinen Kameraden und Vorgesetzten, dass es mir vergönnt war gemeinsam mit ihnen zu kämpfen. Ich bereue nichts, höchstens meiner Heimat nicht noch besser gedient zu haben. Sollte ich meine Kameraden enttäuscht haben, so bitte ich sie um Verzeihung. Was meine verehrten Eltern, meine Brüder und meine Schwester betrifft, meine Gedanken sind immer bei ihnen und ich hoffe, dass ihr stolz auf mich sein könnt und ich mich der Ehre meiner Familie und meiner Ahnen würdig erwiesen habe.“
Mit einer schnellen Bewegung zog er ein kleines Messer aus der Tasche und trennte eine Haarsträhne ab, die er in den Umschlag legte. Dann sah er den Priester an. „Bezeugen sie es?“ „Ja.“
„Danke.“ Schönberg unterzeichnete, ein leicht unsicheres Gefühl im Magen, das Testament. Der Pilot faltete das Papier und schob es in den Umschlag, den er nun zuklebte.
„Wenn ich fallen sollte, dann verfahren Sie bitte danach. Die Haarsträhne senden Sie bitte ebenfalls zu meinen Eltern. Sie wird auf der Erde, in Japan, verbrannt werden – und so werde ich dort bestattet werden, auch wenn mein Körper im All verschwindet. Leben Sie wohl.“ Damit erhob er sich, verneigte sich noch einmal und ging.
`Andere Länder andere Sitten‘ war ein Schönbergs Gedanke, als er leicht zweifelnd den weißen Umschlag betrachtete. Nun, wenn der Junge sich dadurch besser fühlte... .

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Commander Enrique Gonzalez lag auf seiner Koje, als plötzlich eine Durchsage kam: “Achtung, alle Mann auf Gefechtsstation, Captain sofort auf die Brücke. Dies ist keine Übung.“
Gonzalez sprang förmlich aus seiner Schlafstätte und griff sich seine Hose, sowie sein Uniformhemd. Bevor er letzteres angezogen hatte, war er schon unterwegs zur Brücke, die ein Deck höher lag.
„Captain an Deck“ rief die Brückenwache, als er selbige betrat, doch bevor irgendjemand in Habachtstellung gehen konnte, murmelte Gonzalez während er die letzten Knöpfe am Hemd schloss „Weitermachen“. Dann trat er hinüber zu Turner, seinem XO.
„Was gibt es?“ „Unsere passiven Sensoren haben vor drei Minuten einen möglichen Kontakt aufgefangen. Vor 60 Sekunden wurde dieser Kontakt bestätigt. Wahrscheinlich ein Langstreckenscout, aber ohne aktive Sensoren wissen wir das erst in zwei Minuten, wenn der Kontakt noch näher heran ist.“
„Wann hat er uns auf dem Schirm?“
„Der Signalstärke und unserer Signatur nach zu beurteilen in etwa ebenfalls zwei Minuten.“
„Gut, eigene Jäger?
„Zwei von der VF-2710, den Jaguars.“
„Griphen? Sehr gut.“
Gonzalez rief auf seinem Kommandoschirm eine Karte auf, auf der er die Position der verschiedenen Einheiten erkennen konnte. Als Vorpostenschiff war die Fisher momentan nicht in Formation mit dem restlichen Verband, sondern bildete eine Vorhut, die sich, um ihre Anwesenheit möglichst lange geheim zu halten, nur auf ihre passiven Sensoren verließ. Der Nachteil dabei war, dass auch der eigene Sichtbereich eingeschränkt war.
Auf dem Bildschirm erkannte Gonzalez, dass die Fisher mitten im Pfad des feindlichen Scouts lag, dieser also auf jeden Fall die Fregatte finden würde. Die Griphen befanden sich noch weiter voraus als die Fisher, ihre Flugbahn umschrieb einen weiten Bogen.
Gonzalez fasste einen schnellen Entschluss: „Bereitmachen für Flugabwehr, ECM und Sensoren auf mein Signal aktivieren. Außerdem eine Burst Sendung an die Griphens, mit Abfangkurs auf den Scout, die sollen vor allem den Rückweg verlegen. Abfangvektor daher 30/0.“ Die letzen Koordinaten bezeichneten den auszuführenden Kurswechsel der Griphen horizontal und vertikal in Grad. Auf der Brücke wurde es still, alles war in das für den Alarmzustand typische mittelblaue Licht getaucht.

Zur gleichen Zeit saßen Martell und Snake Bite in ihren Maschinen und flogen, wie es schien, eine weitere langweilige Patrouille. Dann piepte das Funkgerät. Eine kurze Textnachricht erschien auf dem MFD, das für die Kommunikation und Navigation zuständig war. Martell sah herüber zu Bahrani und signalisierte dieser per Hand, ihm zu folgen, da ihm weiterer Funkverkehr zu diesem Zeitpunkt als zu riskant erschien, zumal die Jäger nicht so effektiv die Daten komprimieren konnten, wie das Komsystem der Fregatte. Dann beschleunigte er die Maschine auf maximalen Schub und flog eine Kehre, die ihn auf Abfangkurs brachte.

In diesem Moment wurden sämtliche bisher abgeschalteten Systeme der Fisher aktiviert. Selbst Martell, der noch weit von dieser entfernt war, merkte, dass sein Zielcomputer leicht gestört war. Trotzdem fing er kurze Zeit später ein Signal heraus, dass sich als der Scout herausstellte, der vor der Fregatte floh.

Gonzalez fluchte. Das Timing war schlecht gewesen. Der Scout vom Typ der Nomad Klasse hatte abdrehen können, bevor er in Schussweite der Fregatte gekommen war. Jetzt hing alles von den Griphen ab.

Martell realisierte ebenfalls, dass der Scout nicht mehr allzu viele Hindernisse vor sich hatte, und vor allem bald aus dem ECM Bereich der Fisher heraus war, was ihm ermöglichen würde, einen Langstreckenfunkspruch abzusetzen. Langsam reduzierte sich der Abstand zwischen den beiden terranischen Jägern und dem Nomad. Als der Zielcomputer den Scout erfasst hatte, entsicherte Martell die Raketen.
„Snake-Bite, wir müssen diesen Schweinehund bekommen, bevor er sein Liedchen singen kann.“
„Verstanden, ich korrigiere Kurs um 5 Grad, um einen spitzeren Abfangwinkel zu bekommen.“
„Machen Sie das.“
In zwanzig Sekunden würde der Scout in Schussweite der Sparrows kommen, in 25 aber schon funken können. Dass hieß, dass alles sehr knapp werden würde. Murphy schüttelte den Kopf. Das war alles zu riskant.
„Ich schaue mal, ob ich ihn aufscheuchen kann.“
Murphy feuerte zehn Sekunden vor Erreichen der Schussweite eine seiner Sparrows ab. Jetzt würde er sehen, ob der feindliche Pilot cool blieb, oder nicht. Offensichtlich blieb er es nicht, denn er leitete Ausweichmanöver ein, die ihm Schub und vor allem Zeit kosteten. Dann waren beide Griphen in Schussweite und bevor sich der Scoutpilot von der Täuschung erholt hatte, sah er sich einer realen Gefahr in Form der nunmehr abgefeuerten drei Sparrows ausgesetzt. Der ersten, der von Murphy konnte er mit Hilfe der Störkörper und des bordeigenen ECMs noch ausweichen, doch die Salve von Snake Bite traf ihn voll. Der Nomad torkelte durch den Raum wie ein angeschlagener Preisboxer, offensichtlich war die Maschine bereits stark angeschlagen. Die Sidewinders von Snake Bite gaben ihr dann den Rest.
„Das war knapp. Gratulation zum Ass, Lieutenant.“
„Danke Sir. War ne klasse Taktik, muss ich mir merken.“
„Leider fällt darauf nur ein Anfänger rein.“
„Solange es klappt...“
Stimmt.“ Dann wechselte Murphy auf die Frequenz der Flottille.
„Watchtower, hier Raider Flight, der Spanner wurde erwischt.“
„Gut gemacht, danke für die Aushilfe.“
„Danke, der Vektor war auch nicht schlecht. Over and out.“

Gonzalez grinste erleichtert, da sein Missgeschick nicht zu schwerwiegenden Folgen geführt hatte. Im Geiste machte er sich die Notiz, den Jungs und Mädels ein Bier auszugeben. Dann dachte er, ohne dass ihm selbst klar war, an den JAG der Redemption, Lt.Com. Yamashita.



Midori Yamashita besah sich gerade die Kopien der Daten, die im Tower zur Zeit des zu untersuchenden Zwischenfalls angefallen waren. Die Originale waren offensichtlich einer Vertuschungsaktion zum Opfer gefallen, obwohl diese eigentlich immer gespeichert wurden. Was allerdings wenige Leute wussten, war, dass alle Daten auf die Sekundärbrücke geleitet wurden, selbst wenn diese nicht bemannt war. Noch weniger Leute wussten, dass diese Daten ebenfalls gesichert wurden. Das Sicherheitsdenken der Navykonstrukteure, die Redundanzen für den Gefechtsfall schufen, wo es nur möglich war, hielt die Ermittlung also noch im Gange. Yamashita kam mehr und mehr zum Eindruck, dass sie es mit einer gewaltigen Verschwörung zu tun hatte.

Währenddessen brütete Lieutenant Commander Ling über die erfolgten Verhöre von Chief Cutter und Petty Officer M’Boko. Beide erschienen, so musste selbst Ling zugeben, unverdächtig. Die Dienstakten waren einwandfrei in dieser Hinsicht (Undiszipliniertheiten an Land waren schlimm, aber nach Lings Überzeugung eher untypisch für einen Maulwurf oder Saboteur, der unauffällig bleiben wollte). In den Verhören hatten beide ihrem Zorn und ihrer Bestürzung Ausdruck verliehen, insbesondere M’Boko schien jede Aktion, die zur Beeinträchtigung des Griphens von Murphy führte, für einen persönlichen Angriff gegen sich zu halten. Zusätzlich sprach die Tatsache, dass eben diese beiden die Sabotage erst gemeldet hatten, gegen eine Täterschaft. Aber wer konnte es dann sein...
„Gandhi!“
Der Lieutenant stürzte mit der ihm eignen Dienstbeflissenheit in den Raum.
„Überprüfen Sie die Dienstakten aller Leute, die irgendwie Zugang zum Hangar der Jaguars bekommen können. Beschränken Sie dabei die Suche auf Leute mit technischen Kenntnissen."
„Aye Sir!“
Zwei Stunden später erhielt Ling eine Liste. Auf einem der oberen Plätze sah er einen ihm wohlbekannten Namen: Lt.Clifford Davis.

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11.11.2015 18:43 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Manöver

Lt. Commander McQueen sah auf seine Uhr. Perfekt. Wenn er die Dienstpläne nicht vollkommen falsch im Kopf hatte, würden 90 Prozent der Piloten des Geschwaders jetzt sanft und selig schlafen – oder jedenfalls nicht den Dienst im Kopf zu haben. Genau der richtige Zeitpunkt für das, was manche die „Generalprobe“ und andere ein „Begräbnis 1. Klasse“ nannten – eine Alarmprobe in Geschwadermaßstab.
Nur der Geschwaderchef wusste den genauen Zeitpunkt – nicht einmal die Staffelführer waren eingeweiht, eine alte Flottentradition die irgendwelche „Vorbereitungen“ oder Mauscheleien verhindern sollte. Zeit, daß Füchse und Veteranen zeigten, was sie nach dem Luxus an Bord der Perseus-Station noch drauf hatten. Mit einem Lächeln, das fast schon sadistisch zu nennen war drückte Darkness auf den Knopf, über dem seine Hand schwebte.
Die Alarmsirenen schnitten wie Messer durch Kanos traumlosen Schlaf. Im nächsten Augenblick fand er sich auf dem Boden der Kabine wieder, nach Orientierung suchend, während die Sirenen wie der Chor der Verdammten heulte. Alarm! Kampfalarm!
Den Overall nur halb am Körper stürzte der Pilot aus dem Raum, rechts und links flogen die Türen auf, spiehen halbnackte, verwirrte Männer und Frauen aus, deren Flüche und Schreie die Lärmkakophonie noch verschlimmerten. Aber sie wussten, was das Signale bedeuteten, auch wenn die meisten nur halb wach waren, folgten sie den eingehämmerten Anweisungen.
Ein paar Augenblicke später kontrollierte Kano mit fliegenden Fingern die Bordinstrumente, während ringsherum die Maschinen bemannt wurden. Der Adrenalinschub hatte schon etwas nachgelassen und er fand Zeit sich umzusehen. Schwadron Grün schien gut in der Zeit zu liegen – Parkers ständige Manöver zeigten offenbar Wirkung. Ein letzter Blick auf die Instrumente und den Hangar – dann wurde der Jäger, seinen Kameraden folgend, in den Raum katapultiert
In dem ein einzelner Phantom-Jäger der Roten Schwadron hing. „April, April, meine Damen und Herren! Übung ist das halbe Leben!“ `Ein Probealarm.‘
Inzwischen sprach Darkness über Breitfunk weiter: „Wenn ich sage, dass der Alarmstart etwas besser verlief als bei der Ausbildung, brauchen Sie sich nicht allzu viel darauf einzubilden. Es wird mehr als dieses ETWAS brauchen, damit Sie mehr sind als Kanonenfutter! Schwadron Rot zu mir. Schwadron Grün, Schwadron Gold und Silber 15.000 Klicks Kurs 10-10-5. Blaue Schwadron, Gelbe Schwadron – halten Sie Position bei der Redemption. AUSFÜHRUNG!“ Kurz darauf hatten sich die Schwadronen aufgespalten, die verlangten Positionen erreicht, während Darkness gnadenlos jede Verzögerung oder Unsicherheit kommentierte.
„Wir werden eine Situation üben, die immer wieder passieren kann – auf die Sie vorbereitet sein müssen. Schwadron Blau und Gelb sind alles, was dem zusammengeschossenen Flottenträger zur Verteidigung bleibt. Die Angreifer – Schwadron Grün, Gold und Silber – sind also zwei Delta-Schwadronen, eskortiert von einer Einheit Bloodhawks. Blau und Gelb, Ihre Aufgabe ist die Sicherheit des Trägers. Dies hat ABSOLUTE Priorität. Schwadron Grün, Gold, Silber – Ihre Aufgabe ist klar. Bewegung!“
Parkers Stimme krachte in den Empfängern. „Ich will, dass kein verdammter Jäger den Mirage auch nur NAHEKOMMT! Decken Sie die Bomber und achten sie auf Sechs Uhr. Denken Sie daran, was sie gelernt haben – und gute Jagd!“
Die Typhoon fächerten auf, zerfielen in Flights. Im Gegensatz dazu bildeten die Mirage-Jabos eine geschlossene Formation, mit überschneidenden Schussfelder. Jabos verließen sich auf massive Feuerkraft und die Heckschützen – ihre Wendigkeit war gegen moderne Jäger, zumal Akariimodelle, unzureichend.
Lautlos, mit tödlicher Zielstrebigkeit schossen die Raumjäger aufeinander zu. Ein paar Augenblicke war Kano von der Schönheit des Panoramas gefangen, der endlosen Schwärze des Weltraums, der fast unwirklichen Eleganz und Schnelligkeit der Raumjäger. Dann dröhnte Parkers Stimme
„ANGREIFEN JETZT!“

Mit grimmiger Befriedigung wachte Darkness über den Kampf. Die Piloten seiner Schwadron mochten sich wundern, warum sie reichlich sinnlos im All schwebten. `Nur die Ruhe... .‘ Die „Verteidiger“ taten ihr bestes, kein Zweifel. Während Schwadron Blau sich auf die Typhoons der „Angreifer“ gestürzt hatte und ein tödliches Ballett aufführten, versuchte Schwadron Gelb an die Mirage heranzukommen. Die schwerbewaffneten Jabos wussten sich ihrer Haut zu wehren und zwei „grüne“ Typhoons, die Parker offenbar abkommandiert hatte machten den Griphen zusätzlich zu schaffen.
Dennoch, noch hielt die Verteidigung. `Here we go!‘

Die Phantom der Roten Schwadron fielen über Schwadron blau und Gelb her, wie der Zorn Gottes. Binnen Sekunden war die „Verteidigung“ zerschlagen, die Jäger gnadenlos zusammengeschossen – der „Flottenträger“ „überlebte“ seine Eskorte keine halbe Minute.

„Betrachten Sie das als eine Lektion, die sie nur EINMAL gelernt bekommen! Rechnen Sie mit ALLEM, fühlen sie sich NIE sicher – dann überleben sie VIELLEICHT. Und natürlich auch die Einheiten die Sie schützen sollten.“

Dies war erst der Anfang. In den nächsten sechs Stunden exerzierte Darkness gnadenlos vor, warum manche Piloten die Ausbildung mehr zu fürchten behaupteten, als den „Ernstfall“. Und in den Zeiten, als Piraten die einzigen Gegner waren, hatte das sogar eine gewisse Berechtigung gehabt.
Angriffsmanöver, Verteidigungsmanöver, Paradeformationen die auf einen gebellten Befehl zu Kampfgruppierungen wurden. Ein zweistündiger Formationsflug, der in einer wüsten „Alle-gegen-Alle“-Prügelei gipfelte. Nur der Weite des Raums war es zu verdanken, das es keine Kollisionen gab. Als endlich der Befehl „Landen, Landen!“ kam, waren die meisten Neulinge dem Zusammenbruch nahe – und die Veteranen erwogen es wohl, Darkness zu strangulieren.
Aber damit war es noch nicht zu Ende. Als die Maschinen endlich wieder in ihren Boxen ruhten, war das Manöver für ihre Herren noch nicht vorbei. Obwohl sie alle hundemüde waren – und viele auch mit den Nerven fertig – mussten sie in Reihe stehen und warten, während Lt. Commander McQueen sich noch einmal jeden Einzelnen vorknöpfte und wenigstens ein paar (in der Regel nicht sehr wohlwollende) Worte loswurde.
Schließlich kam er auch zu den drei Neuen der Schwadron Grün.
„Spad – Ihre Manöver sind wirklich wie aus dem Lehrbuch. Etwas eigenes Improvisationstalent täte Ihnen gut – die Echsen kennen die Manöver nämlich möglicherweise... .“
„Lilja, gar nicht mal so schlecht – aber von einem Veteranen erwarte ich verdammt noch mal mehr!“
„Nun, Ohka – Sie suchen den Kurvenkampf? Sie sollten nicht vergessen, dass es die meisten Piloten dabei erwischt. Also lernen Sie auch, mit dem Kopf zu fliegen!“ Und so ging es weiter. Als die „Manöverkritik“ endlich vorbei war und die Reihen sich auflösten, schleppte sich Kano vollkommen erledigt in seine Kabine. Es erforderte die letzten Anstrengungen, sich aus dem verschwitzten Zeug herauszuquälen – dann sackte er völlig erschlagen in die Koje. Er glaubte gut geflogen zu sein – aber momentan war er einfach zu fertig, um das genau beurteilen – oder sich darüber freuen zu können.
Binnen Sekunden war er eingeschlafen.

Darkness streckte ächzend die steifen Glieder – auch wenn er es niemals eingestanden hätte, aber er fühlte sich momentan wie gerädert. „Hoffentlich nützt es den Kindern was... .“ Der Gedanke daran, wer von den Piloten, die er da draußen gedrillt hatte, in ein paar Monaten noch leben würde, machte ihm zu schaffen.

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Lieutenant Majewski sass an seinem Schreibtisch im Bürobereich des JAG und brummte vor sich hin. Die Alte hatte ihm wieder die langweilige Recherche von Datenbändern überlassen. Glücklicherweise gab die Zeugenaussage wenigstens ungefähr den Zeitpunkt an, der zu untersuchen war. Dennoch war es eine mühselige Arbeit, da die Datenmengen, die auf der Brücke eines Trägers anfallen, immens sind. Plötzlich wurde Majewksi aufmerksam. Da war es! ,Heureka!' wollte Majewski ausrufen, doch dann runzelte er die Stirn. Samuel Brentstone? Das war der beteiligte Pilot in dem fraglichen Zwischenfall?
„Verdammt!“ fluchte Majewski. Ein Petty Officer, der ebenfalls Dienst tat, schaute auf.
„Sir?“
Majewski wurde erst jetzt klar, dass er laut geredet hatte.
„Ach nichts, war nur etwas irritiert über die Daten.“
In Majewskis Gehirn hingegen wurden alle Reserven mobilisiert. Brenstone war ein alter Freund aus der Officers Candidate School, ihre dienstlichen Wege hatten sich getrennt, als Majewski nicht zur Flugausbildung zugelassen worden war, weil er eine leichte Schwäche beim räumlichen Sehen hatte. Dennoch hatten sie privat Kontakt gehalten und waren mittlerweile sogar entfernt verwandt, weil Majewski eine Cousine dritten Grades von Brentstone geheiratet hatte.
Kurz entschlossen aktivierte er sein Komsystem, schaltete es dann jedoch wieder ab, weil ihm klar wurde, dass er keine Spur hinterlassen durfte. Vielmehr griff er zum Computer und aktivierte seine Email.

„Bairdi, der Frachterzwischenfall wird untersucht. Siehe dich vor und rette deinen Hintern.“

Nach kurzer Überlegung unterschrieb er mit dem Namen seiner Frau, codierte die Nachricht mit ihrem persönlichen Komcode und aktivierte den Anonymisier, den er illegal auf dem Rechner installiert hatte, dann sandte die Mail ab. Er hoffte, dass Brentstone die Nachricht verstehen und entsprechend handeln würde.


Unterdessen betrachtete Murphy die Ergebnisse der Theorieprüfung der Jaguars. Offensichtlich hatten alle fleißig gebüffelt, so dass niemand das vorgegebene Ziel nicht erreicht hatte.
„Und wie war ich, Thunder?“ Murphy hatte sich geweigert, sich vom Test auszunehmen und daher Thunder seinen Test gegeben.
„Wie nicht anders zu erwarten, 100 Prozent.“ Shukova grinste ihren Boss an.
„Ich hatte schon befürchtet, mich zu blamieren...“ Martell lächelte ebenfalls.
„Gibt es eigentlich schon genaue Pläne für das Vorgehen im Zielgebiet?“
„Nein, leider noch nicht, ich würde gerne einige Simulatorübungen dafür ansetzen. Ich denke, dass wir wieder Support fliegen dürfen, Jamming und Aufklärung, sowie Angriff mit den Hydras.“
„Mit den Schrottgeräten?“
„Mir gefällt es auch nicht, aber vielleicht finden die Mechaniker ja noch die Fehler und merzen sie aus.“
„Hoffen wir das Beste. Schon das Neueste von Brawler gehört?“
„Nein, was hat er denn nun wieder gemacht?“
Shukova’s Grinsen wurde breiter: „Offiziell gar nichts, aber einem Mirage Piloten, mit dem Brawler eine längere Fehde hat, läuft seit neuestem mit zwei Veilchen herum...offensichtlich haben sie versucht, die Fehde auf altmodische Art und Weise in einem Hangar auszutragen. Dummerweise hat Tüncay vergessen zu erwähnen, dass er Mittelgewichtsmeister in Anatolien war...“
Murphy lachte. Brawler war wirklich ein Raufbold, glücklicherweise aber im Einsatz mittlerweile so erfahren, dass er draußen im All kaum noch Extratouren machte. Daher ließ er ihn an Bord solange eine lange Leine, wie sich niemand beschwerte. Denn Brawlers Aktionen hatten häufig einen gewissen Unterhaltungswert und so kam es nicht von ungefähr, dass er mittlerweile zum inoffiziellen Moraloffizier der Staffel geworden war.

Zwei Stunden später war er dabei, die üblich Kontrolle an seiner Griphen vorzunehmen, bevor es wieder auf Patrouille ging. Diesmal sollte ein kompletter Flight eingesetzt werden, was Murphy angesichts der hieraus resultierenden Verschleißerscheinungen für Mensch und Material nicht behagte. Aber offensichtlich hatte jemand auf der Brücke nach dem Vorfall mit dem Scout kalte Füße bekommen und wollte nun noch mehr Sicherheit. Daher würden die beiden Rotten nun in einem fünfminütigen Abstand auf die Reise gehen. Besonders eingehend untersuchte er die Hydras, die nun wieder unter den Tragflächen auf der Außenstation hingen, wo normalerweise die Sidewinder zu finden waren. M’Boko hatte ihm versichert, dass alle Systeme, die montiert wurden, einwandfrei getestet und zusätzlich auf Manipulationen untersucht worden waren. Trotzdem traute er dem Braten nicht und hatte am Ende der Patrouille ein weiteres Testschießen arrangiert, diesmal auf den Müll, den die Redemption ausstoßen würde. Natürlich ging dies nur, wenn die Hydras nicht vorher schon eingesetzt werden mussten. Aber Waffenerprobung unter Feindkontakt war nicht nach Murphys Geschmack und so hoffte er auf das Ausbleiben eines solchen.
Lieutenant Bahrani kam herüber und betrachte ebenfalls den Hydrakanister.
„Sir, mit Verlaub, mir gefällt das nicht, mit diesem Haufen Schrott am Flügel rumzufliegen.“
„Ich weiß, Snake-Bite, aber es lässt sich nicht verhindern. Jedes Waffensystem ist zu Beginn der Einführungsphase unzuverlässig, schauen Sie sich nur mal die Geschichte der ersten Luft-Luft Raketen im 20. Jahrhundert an. Die Dinger waren am Anfang so unzuverlässig, dass man zwei Raketen abschoss, in der Hoffnung, eine würde ankommen. Wir schießen zwar auch Doppelsalven, aber damit wollen wir nur die Chance erhöhen, einen schnellen Kill zu erreichen.“
„Stimmt, Sir, aber gefallen brauch es mir trotzdem nicht...“
„Wollen wir hoffen, dass die Techniker Recht haben und alles klappt. Im Zielgebiet ist jedenfalls der Einsatz der Hydras fest eingeplant, so dass wir das System besser schnell in Ordnung bringen sollten.“
„Ok, Sir, die Botschaft ist angekommen.“ Bahrani grinste. „Wann machen Sie eigentlich Abschuss 4 und 5?“
„Abschüsse sind schön und gut, aber sie sollten ehrlich gesagt nicht der Maßstab sein, an dem ein Pilot gemessen wird. Denn was nützen Abschüsse, wenn das Missionsziel nicht erreicht wird. Andererseits, bei so einer guten Flügelfrau sollte es mir nicht so schwer fallen.“ Murphy zwinkerte Bahrani zu.
„Und jetzt los, in zehn Minuten ist unser Start.“ Murphy sah Bahrani zu, wie sich zu ihrem Jäger ging, dann stieg er kopfschüttelnd, aber grinsend auf die Leiter, die ihm den Einstieg ins Cockpit erleichterte.

Drei Stunden später landeten die vier Griphen ohne jeden Zwischenfall. Alle hatten ihre Hydrabehälter auf Übungsziele abgefeuert, ohne dass eine Fehlfunktion aufgetreten war. Im Debriefing war daher die Stimmung auch lockerer als sonst, selbst Murphy war ungewöhnlich entspannt. Auffallend war allerdings gewesen, dass die meisten Piloten Schwierigkeiten mit der langsamen Geschwindigkeit der Geschosse hatten, die zu starken Vorhaltewinkeln führte.
Als es schließlich im Debriefing zur Besprechung des neuen Systems kam, trat Murphy nach vorne und bedankte sich bei dem Offizier vom taktischen Stab der Redemption, der bis dahin das Meeting geleitet hatte. Dann wandte er sich den Piloten zu.
„Ok Leute, wie war euer Eindruck von dem System?“
„Verdammt lahm,“ meldete sich Brawler.
„In der Tat,“ meinte Goose, „außerdem ist die Frequenz, mit der man die Raketen abfeuern kann, zu niedrig.“
„Zu niedrig wofür? Zum Einsatz gegen andere Jäger oder stationäre Ziele?“
„Eigentlich für beides. Für Jäger sowieso, würde das System nur gegen Bomber und ähnlich langsame Ziele einsetzen, wenn ich eine ideale Schussposition auf sechs Uhr habe. Bei Dickschiffen ist das Problem, dass zwar das Ziel fast stationär ist, aber der Griphen selbst ja ständig Ausweichmanöver fliegt. So muss man jeden Abschuss neu zielen, anstatt ein schnelles, kurzes Dauerfeuer auf Ziele wie Geschütztürme abzulassen.“
„Andere Ansichten?“
„Sir, Goose hat schon Recht, auch wenn ich denke, dass ein Teil der Probleme durch Übung mit dem System gelöst werden kann...irgendwann wird man den Vorhaltewinkel drin haben.“ meldete sich Snake-Bite zu Wort. Auch Brawler nickte.
„Ok, ich gebe zu, ich sehe diese Probleme ebenfalls, denke aber, dass die hohe Feuerkraft ein wenig entschädigt. Da Sie die ersten sind, die das System ausprobiert haben, sprechen Sie bitte auch mit den anderen Piloten über die Eigenheiten des Systems, denn leider können wir kein umfangreiches Übungsprogramm auf die Beine stellen. Wenn es keine weiteren Anmerkungen gibt....dann können Sie jetzt wegtreten.“

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Kano saß in der Kantine. Das Essen (Navy-Eintopf mit Fleischeinlage, genannt "Toter Akarii") wurde langsam kalt. Seine Gedanken waren momentan Lichtjahre von dieser gefürchteten Standartration entfernt.

"Scheußlich, nicht?" Kano blickte auf. Am Tisch lehnte Pinpoint, einen anklagenden Daumen auf den Teller gerichtet, ein schiefes Grinsen im Gesicht. "Oder hängst du gerade deinem Mädchen hinterher?" Das klang leicht süffisant.
Kano starrte den Piloten wortlos an, das Gesicht merklich verfinstert. Das Schweigen dehnte sich und wurde ungemütlich.
Doch bevor einer der beiden etwas sagen konnte, und die Situation vielleicht verschlimmert hätte, schaltete sich eine dritte Partei ein. Radios unwirsche Stimme schnitt durch die Stille: "Statt euch übers Essen zu streiten Jungs, solltet ihr euch mal eher 'nen Kopf machen, was diese verdammten Aasgeier hier wollen!"
Der verstohlenen Geste des Piloten folgend sahen Kano und Pinpoint zu einem der Geheimdienstler, der unauffällig die Kantine betreten hatte und sich in die Reihe der wartenden Mannschaften und Dienstgrade einreihte. "Hol's doch der Teufel, aber es ist noch nie gut gegangen, wenn irgendwelche Schlapphüte an Bord rummachten!"
Kano zuckte mit den Schultern: "Vielleicht geht es um dieses `Phantom' - den Saboteur?"
Pinpoint hatte seine eigene Meinung: "Ich habe gehört, der Angriff den wir planen ist nur der Teil eines Manövers. Die wollen eine Akariiflotte in den Hinterhalt locken - wir sind der Köder. Der Geheimdienst soll koordinieren."
"Habt ihr 'ne Ahnung! Wenn diese Schnüffler hinter dem `Phantom' her währen, dann würden sie bestimmt nicht offen mit ihrer Zugehörigkeit zum Geheimdienst herumrennen. Und nicht mal die Navy ist so blöd und lässt 'nen Flottenunternehmen von DEN Typen koordinieren. Nein, nein, da steckt was GANZ anderes dahinter."
Kano musterte den Piloten skeptisch - Radios Ruf war auch ihm nicht mehr unbekannt. Pinpoint aber beugte sich anscheinend wissbegierig vor, während es um seine Mundwinkel zuckte: "Na, was ist das Geheimnis? Los komm, weih uns schon ein!"
Radio schnaufte leicht verächtlich, bequemte sich dann aber doch zum Reden: "Waffen, Jungs - NEUE Waffen! Wenn diese Ratten an Bord kriechen, dann geht's todsicher um 'nen Feldversuch. Habt ihr noch nicht von den neuen Werfern gehört - und wie war das nochmal mit Ace. Der hatte doch seinen Jäger modifiziert. Was war das nochmal?"
Abrupt war Kanos Miene versteinert, während er sich ruckartig erhob. Seine Stimme klang tonlos: "Davon habe ich nichts gehört. Und euch Kameraden gebe ich den Rat, am besten auch nichts zu hören oder erst recht herumzuerzählen. GANZ BESONDERS wenn der Geheimdienst an Bord ist. Guten Tag!" Er machte eine zackige Wende und marschierte ab.
Pinpoint starrte hinterher: "Was war denn das?" Radio zuckte überlegen mit den Schultern: "Was wohl. Ich denke, ich habe ins Schwarze getroffen. Unser Jungfuchs hat sich deswegen bestimmt schon die Zunge verbrannt... ."
Er warf dem Geheimdienstler einen solch finsteren Blick zu, das der sich lieber einen anderen Tisch suchte. Dennoch beendete seine Gegenwart fürs erste die Spekulationen.

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,Diese dreckige kleine Schlampe, was denkt die sich! Glaubt die etwa ich lasse mir von ihr in die Karriere spucken?' Melissa Auson marschierte durch die Gänge der Redemption in Richtung Offiziersquartiere. Sie hielt kurz an, um die Korrektheit ihrer Erscheinung zu überprüfen und ihre Gedanken zu ordnen, dann trat sie auf Lieutenant Commander Yamashitas Kabine zu und klingelte. Nach einem weiteren Klingeln kam von drinnen ein verschlafen klingendes ,Herein'.
Auson hatte die Zeit in etwa angepasst, so dass Yamashita zumindest schon an die Nachtruhe dachte. Sie trat zögerlich ein und sah sich im Quartier der JAG um. Diese trat ihr im Morgenmantel entgegen
"Guten Abend Commander, ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt", begann Auson.
"Ist schon gut, was kann ich für Sie tun?" Fragte Yamashita.
"Nun, mir sind Ihre Ermittlungen zu Ohren gekommen."
"Ach ja?" Yamashita war augenblicklich auf der Hut.
"Hören Sie, Commander, wir sind im Krieg...."
"Ja, dass habe ich mitbekommen", unterbrach Yamashita.
"Ach Midori, lassen Sie mich bitte ausreden, worauf ich hinaus will ist, wir müssen zur Zeit alle Anstrengungen auf eine Sache konzentrieren, uns stehen harte Zeiten bevor. Wir ziehen doch alle am selben Strang...
"Ma'am, ich weiß worauf Sie hinauswollen", unterbrach Yamashita erneut, ganz gegen ihre eigentlich Art.
"Oh, gut." Auson war erleichtert.
"Und ich denke, wir sollten das Gespräch jetzt beenden."
"Aber...."
"Eine angenehme Nachtruhe Commander Auson", komplimentierte Yamashita den XO der Redemption hinaus.
,Verflucht.' Auson stampfte, nachdem Yamashita die Tür geschlossen hatte, mit dem linken Fuß auf. Sie wandte sich ab. ,Okay, dann eben anders.'

"... but a Yankee lay them in his grave..."
Lucas lag in voller Uniform auf seiner Koje und lauschte den melancholischen Klängen Joan Baezs. Leise fing er an mitzusummen. Ein paar Minuten Frieden.
Die Klingel riss ihn von seinem imaginären Pferd auf seinem imaginären Ritt durch die weite Prärie Amerikas.
"Ja, herein", er quälte sich aus seiner Koje und schaltete die Musik aus.
"Wir haben Schwierigkeiten." Begann Melissa Auson ohne Einleitung, nachdem sie hinter sich die Tür geschlossen hatte.
"Hm?" Lucas musterte die attraktive Dame, die zu mitternächtlicher Stunde sein Quartier stürmte.
"Nichts 'Hm'", fauchte Auson, "Yamashita ermittelt gegen Sam Brentstone und auch gegen uns."
Einen Moment starrte Lucas in die Leere: "Scheiße, der Frachter!"
"Genau die Sache. Ich habe schon versucht mit Yamashita zu sprechen, so von Frau zu Frau...."
Lucas kratzte sich am Kinn: "Ich könnte nochmal mit Ihr reden..."
"Und was soll das bitte schön bringen?" Fuhr Auson ihn an.
"Aber wenn die Dame Krieg will, kann sie Krieg haben, ich werde meine Karriere nicht von DER das Klo runterjagen lassen."

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Es war spät, nach Bordzeit. Aber ich konnte sowieso nicht schlafen. Zu viele, viel zu viele Dinge wüteten in meinem Verstand. Das Kasino war nicht gerade überlaufen. Genau richtig für mich und meine trüben Gedanken.
Ich wusste, worum es im Troffen-Einsatz ging. Ich konnte es verhindern. Oder bei dem Versuch sterben. Allmählich wurde das eine annehmbare Option für mich. Vor allem, nachdem mir Kali den Kiefer gelockert hatte.
Also tat ich das einzige, was mir noch ein wenig Faszination bot, bevor ich mich durch die nächste Schleuse warf.
Ich recherchierte für meinen Bericht. Mittlerweile war ich schon bei den Konflikten mit den Akarii angekommen. Der Bericht würde detailliert und recht umfassend werden. Die Arbeit hielt mich aufrecht. Obwohl ich bereits seit vierzig Stunden nicht geschlafen hatte.

Ein Schatten fiel auf mich. Ich sah auf und erkannte den japanischen Piloten.
Kurz rang Wut mit Vernunft in mir. Vernunft siegte. Knapp.
„Ohka“, sagte ich leise. „Bitte setzen Sie sich.“
Der Pilot war sichtlich wütend. Wenn man sich darauf verstand, die kleinen Zeichen zu lesen. Die unbewegte Miene zu deuten.
Widerstrebend nahm der Pilot Platz. „Ich will mich entschuldigen, Ohka“, begann ich, und widmete mich meinem Bericht.
„Ich habe Sie verletzt, und das tut mir leid. Glauben Sie mir, es ist nicht meine Art, dies zu tun. Aber verstehen Sie bitte, ich... ich llll... Ich bin ein Idiot, das sollte Ihnen als Erklärung reichen. Ich will versuchen, so etwas nie wieder zu tun, aber versprechen kann ich es nicht, solange Kali zwischen uns steht, wakalemasuka?“
Ein kurzer Ruck ging durch den schlanken Flieger. „Sie sprechen japanisch, Ace?“
„Ein paar Brocken. Ich bin der Sohn von Freihändlern. Wir besuchten auch die japanischen Enklaven auf Tenno und Kobe, Ohka. Man lernt einiges, wenn man gewillt ist und die Ohren offen hält.“
„Ich verstehe“, kommentierte der Mann, der frisch von der Akademie gekommen war. Ich verfluchte mich für den abfälligen Ton, in dem ich dies dachte, war ich doch selbst nicht ein halbes Jahr länger als er abgegangen. Uns unterschieden nur sechs Dinge: Fünf Feindabschüsse und ein Vierteljahr Gefechtseinsatz.
„Wie stehen Sie zu Kali?“ fragte er unvermittelt.
Erstaunt sah ich ihn an. Dann nickte ich. „Sie haben ein Recht, es zu erfahren. Aber bitte beantworten Sie mir eine Frage: Wie geht es Kali?“
„Gut“, antwortete Ohka.
„Etwas ausführlicher könnte es schon sein“, murrte ich.
„Beinahe gut.“
Ich lachte. „Weiter so, und wir werden noch gute Freunde.“
„Das bezweifle ich. Wie also stehen Sie zu Kali?"
Ich sah den Piloten an, sah wieder weg, sah ihn wieder an, und war nicht bereit, mir einzugestehen, was ich mir selbst schon oft genug gesagt hatte.
„Ich... stehe ihr so nahe, wie sie mich lässt, Ohka.“ „BAKA“, blaffte er. „Sie hat besseres verdient, als einen selbstverliebten, überzogenen und egozentrischen Gaijin.“
Ich fühlte mich, als hätte jemand ein Starkstromkabel angeschlossen und ein paar Millionen Ampére durch mich durch gejagt. Selbstverliebt? Egozentrisch?
Wenn dieser Junge wüsste, welche Last ich trug...
„Es... lief nicht ganz so, wie ich es wollte“, druckste ich.
„Ganz und gar nicht“, bestätigte der Japaner und nickte knapp, die heftigste Geste, die ich je an ihm gesehen hatte. „Sicher auch nicht so, wie Kali es wollte.“
„Warum sagen Sie mir das?“ fragte ich geradeheraus.
„Weil, Ace, ich möchte, dass Sie Kali ab sofort ein wenig nachdenken lassen. Geben Sie ihr Ruhe. Einfach nur Ruhe. Die Zeit wird entscheiden.“
„Sie meinen, während die Zeit mich aus ihrem Gedächtnis streicht, werden Sie meinen Platz einnehmen, richtig?“
„Iie, Ace. Ich verstehe Ihre Bedenken. Aber die Regel der Reinheit verbietet mir, so etwas ehrliches wie Liebe durch Boshaftigkeit oder Verleumdung zu beflecken.
Andererseits bedeutet dies auch, dass ich Sie bitten muss, zu akzeptieren, sollte sich zwischen mir und Kali etwas entwickeln.“
Ich war wie vom Donner gerührt. Langsam legte ich eine Hand auf die Schulter meines Gegenübers.
„Ich habe selten einen aufrichtigeren Menschen kennen gelernt als Sie, Ohka. Ich akzeptiere Ihre Worte, vor allem, weil ich mich bei Kali sowieso nicht mehr blicken lassen kann.“

Der Pilot verharrte bewegungslos. Schließlich legte er seine Hand auf meine. „Auch ich muss mich entschuldigen, Ace. Für einen Gaijin sind Sie bemerkenswert. Weit bemerkenswerter als der Oger, den ich bisher in Ihnen sah.“
Ich nickte und zog die Hand zurück. „Wir könnten Freunde sein, Nakakura.“
„Nicht auf dieser Fahrt, Davis. Aber wir können einander respektieren.“
Respektieren. Ja. Das konnten wir. Ohka erhob sich, verneigte sich knapp, was ich mit einem Nicken erwiderte.

Als der Japaner das Casino verlassen hatte, setze ich mich wieder an meine Arbeit. Mir fiel dabei ein Reim ein, der mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Er ähnelte einem Haiku.

Kamikaze weht stark
Bushi, Giri wird getragen
Ehre ist mir Pflicht.

Ehre ist mir Pflicht... Dieser Gedanke umfasste, umschloss mich. Wo waren also meine Optionen, meine Pflicht zu tun und meine Ehre zu behalten?
Ich wurde müde, entsetzlich müde. Ich wischte mir über die Augen, dachte nach. Wenn ich meine Pflicht erfüllen wollte, blieb mir nur dieser Bericht, um den NIC-Hohlköpfen aufzuzeigen, was sie falsch machten.
Der Bericht...
Erster Einsatz von Minen durch die TSN am 24.02.`98. Erster Einsatz von Minen durch die Akarii am 25.10.`98.
Erster Einsatz atomwaffengestützter Antischiffsraketen durch die TSN am 30.12.`14.
Erster Einsatz atomwaffengestützter Antischiffsraketen durch die Akarii am 31.04.`15.
Und so ging es weiter, immer weiter.
Entsetzt sprang ich auf. Das war es. Das war der schlüssige Beweis.
Nicht nur, dass die Akarii erst eine gefährliche Waffe einsetzten, nachdem die TSN dies getan hatte, nein, die Waffe war beinahe sofort verfügbar und wurde kurz nach dem terranischen Einsatz in die Flotte eingeführt.
Mir wurde schwindlig, als ich an die Konsequenzen dachte. Wenn ich die Daten richtig interpretierte, dann BESAßEN die Akarii eigenes Giftgas. Und sie WÜRDEN dieses Gas beinahe sofort einsetzen, NACHDEM die TSN dies getan hatte
Ich schrieb im Stehen einen kurzen Abschlußbericht über diesen Themenkomplex, setzte meine Empfehlung darunter und schickte das Dossier an alle, die sich im Raum befunden hatten, als mir das Angebot unterbreitet worden war, eine ganze Weltbevölkerung auszuradieren, also Darkness, meinen CAG und die NIC-Jungs.
Dies war mein letzter, verzweifelter Versuch, diesen verheerenden Feldversuch abzuwenden, ohne meinen Eid oder meine Ehre als Offizier zu gefährden.
Und es war die letzte halbwegs legale Methode.
Unlegale gab es noch Dutzende. Doch sollte, musste ich so weit gehen?

Ehre ist mir Pflicht.
Wie wahr.

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Ihre Mitarbeiter hatten Yamashita schon vorgewarnt, daher war sie nicht überrascht Lucas Cunningham in Ihrem Büro vorzufinden.
"Commander", begrüßte sie ihn beinahe frostig. Cunningham saß in einem der beiden Besucherstühle und machte keinerlei Anstallten sich zu erheben, als sie eintrat.
"Commander", erwiderte dieser. Selbst, als Yamashita sich gesetzt hatte, sah Cunningham sie schweigend, musternd, ja beinahe belauernd an.
"Was kann ich für Sie tun, Commander?" Fragte sie schließlich.
"Sie könnten mir erzählen, was der Unsinn soll."
"Unsinn, Commander? Von welchem Unsinn reden Sie?" Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
"Ich rede von Ihrer aktuellen Untersuchung, die ... mein Geschwader betrifft."
,Du wolltest wohl sagen, die MICH betrifft.' Yamashita lächelte innerlich: "Hören Sie Commander, Ms. Auson hat mir schon gestern eine ´'Komm zu Jesus-Rede' gehalten, glauben Sie wirklich, Sie sein erfolgreicher als sie?"
Cunningham beugte sich leicht vor und seine Stimmt bekam einen beschwörenden Unterton: "Sie verbeißen sich da in etwas, kann ich ja verstehen, aber Sie sind auf dem Holzweg."
Yamashita blickte ihn eine Weile an: "Warum ..., warum können Sie mich verstehen? Was wolle Sie damit sagen?"
"Dass Sie sich zur Zeit in etwas verbeißen ... in Ihrer jetzigen Situation."
"Meine jetzige Situation?"
"Na ja, Ihr Verlust ist allgemein bekannt, da ist es verständlich, dass man verdrängt und sich auf andere Sachen - Arbeit - stürzt, aber ich glaube, Sie sind dabei zu übereifrig, blind für gewisse Details..." Er stoppt, als er ihren zornigen Gesichtsausdruck bemerkt.
Leise, als ob sie jedes einzelne Wort ausspucken musste, zischte Yamashita: "Verlassen Sie auf der Stelle mein Büro!"
"Hören Sie ..."
"RAUS", brüllte sie.
Langsam erhob sich Cunningham: "Sie machen einen großen Fehler!"
Er wandte sich um und wäre beinahe gegen einen von Yamashitas Untergebenen gestoßen. "Der hat Sie doch ganz klar bedroht, Ma'am", stellte der Lieutenant fest als Cunningham draußen war.
"Ja, hat er, wissen Sie, was das bedeutet?"
"Nein, Ma'am?"
"Wir haben ihn bald am Schlawitchen." Ihr Gesicht war eine Maske der Entschlossenheit.

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McQueen streckte sich. Die Trainingstage dauerten an. Beinahe jeden zweiten Tag flog er mit verschiedenen Geschwadern raus um sie auf das vorzubereiten, was kommen musste: Den Kampf im All. Die Jägerbesatzungen hielten schon Wetten ab, welches Geschwader es wohl als nächstes erwischen würde und nicht wenige wetteten auch, wie lange es noch dauern würde bis die ersten Attentate auf ihn stattfinden würden
Er lächelte kalt über diesen Gedanken. Man stelle sich diese Schlagzeile vor. Navy Offizier von eigenen Leuten gelyncht - Er war ein Trainingsfanatiker. Seine Augen brannten etwas. Wenn Justin nicht gerade schlief oder mit den anderen flog, studierte er die Trainingslogs um etwaige Schwachstellen ausfindig zu machen. Es wurden immerhin weniger.

Die meisten der Neuen machten sich recht gut. Besonders der Japaner und die Russin hatten erstaunliche Zuwachsraten in ihren Abschussquoten zu verzeichnen. Ganz anders verlief es mit einigen anderen. Manche drohten unter dem Druck, den Darkness machte, zusammenzubrechen. Zum Glück waren es nur einige wenige, denn wenn die Akarii kamen würde der Druck noch größer werden.

Ace fiel ihm ein. Der Junge hatte Sorgen! Warum musste er sich auch in Kali verknallen und es dann nach allen Regeln der Kunst versauen? Kinder! Cliff hatte ihm verboten darüber mit Kali zu sprechen, nun Gut, eine Sache weniger um die er sich kümmern musste.

Strecken... Der Rücken tat ihm weh.

Justin massierte sich die Nasenwurzel. Er würde auf Ace achtgeben müssen. Wenn der Junge Kummer hatte, war er ein Risikofaktor im All. Kein allzu großer, aber Darkness hatte keine Lust als Tiefkühlgeschnetzeltes zu enden, nur weil Davis kurz nicht bei der Sache war. Er würde es schon schaffen.

Der Lieutenant Commander stand auf und verliess seine Koje. Ein bisschen Bewegung würde ihm gut tun. Auf dem Gang war um diese Zeit wenig Betrieb aber die Piloten die ihm begegneten sahen ihn nicht gerade freundlich an. Darkness war ein Knochenschinder und langsam aber sicher machte sich das bemerkbar.

Mantikor...

Er musste wieder öfter an diese Schlacht denken. Viele seiner Kameraden waren gestorben damals. Damals... So lange war das auch wieder nicht her, dachte er bei sich, während er nach links abbog. Wären die Piloten besser im Training gewesen, hätten vielleicht mehr von ihnen überlebt, das hämmerte er sich immer wieder ins Gehirn. Die Angry Angels würden nicht so enden. Sie würden leben, dafür würde er schon sorgen auch wenn sie ihn dafür verfluchten. Irgendwann würden sie verstehen.

Justin erreichte die Messe. Außer ein paar Technikern war niemand anwesend. Moment! Dort hinten in der Ecke saß eine ihm wohlbekannte Gestalt. Lone Wolf.

McQueen nahm sich einen Fruchtsaft aus der Anrichte und setzte sich ungefragt zu seinem kommandierenden Offizier.

"Deine Manieren waren auch schon besser Jus." brummte Cunningham. Er war ganz offensichtlich schlechter Laune.

"Deine Laune auch, Sonnenschein. Was ist los, hat dich dein Liebchen gebissen oder hast du gerade deine eigene Beerdigung geplant?" Darkness Frage war ganz und gar nicht scherzhaft gemeint, dafür war sein Ton zu trocken.

"Ach, lass mich in Ruhe, Mann." Cunningham stand auf und verließ die Messe.

Der Fruchtsaft war rot stellte Justin fest, als er in den Becher sah. Ein merkwürdiger Zufall. Rot wie die Wut. Die Stimmung an Bord war ziemlich angespannt und zumindest in Lone Wolfs Fall war das nicht seinem Training zu verdanken...
12.11.2015 17:42 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Den nächsten Tagen mochte es an besonderen Ereignissen fehlen, doch Kano hatte genug zu tun. Nach Lt. Commander McQueens „Generalprobe“ war Parker mit noch größerem Eifer daran gegangen, Schwadron Grün für den Ernstfall zu drillen. Unterricht und Simulatorübungen rund um die Uhr waren dazu offenbar die beste Methode. Nahm man den normalen Diensteinsatz dazu, blieb herzlich wenig Zeit für anderes.

Aber er tat sein Bestes. Kano war sich nicht sicher, wie Kalis Verhältnis zu Ace einzuordnen war – aber auf jeden Fall schien sie momentan einen Freund nötig zu haben. Kano war allerdings ehrlich genug, sich selber einzugestehen, daß seine Motive nicht uneigennützig waren. Aber er schuldete Ace schließlich nichts – und Kali konnte selbst entscheiden, mit wem sie Umgang pflegte. Dazu hatte er in der eigenen Schwadron wenig Anknüpfungspunkte – Lija war selbst zu ihren besten Zeiten kein angenehmer Gesprächspartner und den meisten anderen war der „Jungfuchs“ etwas suspekt, den man einer Veteranin vorangestellt hatte.

So gut es der umfangreiche Dienstplan erlaubte, suchte Kano Kalis Nähe – und anscheinend empfand sie seine Gegenwart nicht als Belastung. Er half ihr bei der Wartung der Jäger, eine Aufgabe, die Darkness wahrscheinlich als „psychologische Mahnung“ verhängt hatte. Gelegentlich leiste er ihr in der Kantine oder der raren Freizeit Gesellschaft, wenn der Dienst so etwas zuließ. Im Schach jedenfalls war Kali eindeutig die Überlegene, Kanos Fähigkeiten im „Spiel der Könige“ waren eher mittelmäßig und er spielte viel zu offensiv.

Die Gespräche drehten sich meist um allgemeine Dinge: den Dienst, die Akarii, die Offiziere, die Raumjäger (und die jeweiligen Vor- und Nachteile) – oder die noch nicht lange zurückliegende Ausbildung auf dem Mars. Das „persönlichste“ mochten Geschichten über ihre jeweilige Heimat sein – Indien, die nach China bevölkerungsreichste Erdregion, immer noch von den Überresten des alten Kastenwesens durchzogen - oder Japan, das an seinen Eigenheiten und Traditionen festhielt und sie in die Gegenwart und die Republik gerettet hatte.

Gewisse Themen blieben jedenfalls ausgespart – zum Beispiel Ace oder die Ereignisse unmittelbar nach Darkness Standpauke. Kali sprach nicht darüber und Kano hütete sich, es wieder hochzubringen. Momentan schoben beide die komplizierteren persönlichen Belange etwas hinaus. Es gab ohnehin genug anderes zu bedenken... .

***************************************************************

Lieutenant Commander Yamashita hatte nur kurz ihr Büro verlassen, um eine Kleinigkeit zu essen. Als sie jedoch wieder kam, fand sie ihr Büro unverschlossen und von einigen ihr nicht bekannten Leuten bevölkert. Vor der Tür standen zwei bewaffnete Marines in voller Gefechtsmontur. Ebenfalls im Büro stand Lieutenant Shriver, aber der wirkte eingeschüchtert und irritiert.

„Was zum Teufel geht hier vor?“ rief Midori.
Einer der Männer mit den Rangabzeichen eines Lieutenant Commanders trat vor und zeigte einen Dienstausweis. Naval Intelligence Corps.
„Und, was haben Sie hier zu suchen?“
„Wir stellen Unterlagen sicher, die nunmehr der Geheimhaltung unterliegen.“
„Sie wissen genau, dass Sie hier nichts zu beschlagnahmen haben.“
„Oh doch, Artikel 102 Absatz 3 der Verordnung zur Behandlung von Geheimmaterial erlaubt die Beschlagnahme von kriegswichtigen Material in Gefechtssituationen, wenn dies von einem Stabsoffizier des NIC veranlasst wird. Hier ist ein Schreiben von Captain Bayonne, der genau dies anordnet. Alle Materialien, die den von Ihnen untersuchten Zwischenfall mit dem abgeschossenen Frachter zusammenhängen, sind herauszugeben und unterliegen der Klassifizierung Top Secret – Sonderstufe Topas.“
„Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst. Das hält doch keiner gerichtlichen Überprüfung stand!“
„Darüber zu spekulieren ist jetzt müßig. An Bord der Redemption ist kein zuständiger Richter, also greift unsere Einschätzungsprärogative.“
„Das wird Folgen haben, das verspreche ich Ihnen."
„Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können.“ Der NIC Offizier lächelte, aber das Lächeln reichte nicht bis zu seinen Augen. „Und nun lassen Sie mich meine Arbeit machen. Sie können das Büro in einer Stunde wieder betreten.“ Der Mann wandte sich ab und ließ Yamashita stehen, die innerlich kochte, weil sie die Machenschaften der Navyseilschaften hinter dieser Maßnahme fühlte, aber zugleich wusste, dass der NIC Commander Recht hatte. Mit der Formel „in Namen der nationalen Sicherheit“ wurde seit Jahrhunderten der Justiz und den Strafverfolgungsbehörden Steine in den Weg gelegt und brisantes Material weggeschafft, ohne dass dem jemals energisch Einhalt geboten worden war. Nur hatte sie sich nie träumen lassen, dass dies einmal ihr passieren würde. Wütend stapfte sie davon, wohl wissend, dass die Leute vom NIC alles relevanten Materialien im Büro finden würden. Sie fluchte, weil sie keine Kopien hatte anfertigen lassen und diesmal würden die Betroffenen ihre Spuren besser verwischen.


Zur gleichen Zeit drehte Commander Gonzalez eine Runde durch die Stationen der Fisher und erkundigte sich bei seiner Besatzung, wie es den Leuten ging. Er hatte festgestellt, dass zumindest auf einem relativ kleinen Schiff wie der Fisher es von Vorteil war, wenn sich der Kommandant dann und wann auch mal bei den Mannschaften blicken ließ, zum einen, um diesen den Eindruck zu geben, man sei kein Typ, der auf seinem Kommandosessel auf der Brück klebe, aber auch, um selber ein Ohr am bordeigenen Buschradio zu haben. Die Stimmung war insgesamt gut, wenn auch leicht angespannt. Das empfand Gonzalez aber als normal angesichts der Tatsache, dass Operationen wie jene, die sie durchführten, selten ohne größere Gefechte abgingen. Sollte man aber auf einige feindliche Kreuzer oder dergleichen stoßen, so bestand durchaus die Gefahr, dass die Fisher nicht mehr als ein oder zwei Schusswechsel überleben würde. Als er wieder auf der Brücke ankam, grinste Turner ihn an.
„Und, Skipper, was meinen Sie?“
„Sieht gut aus. Mal sehen, was sich der Flottenstab hat einfallen lassen. Wir sollen im Zielgebiet eine Flankenposition einnehmen. Helm, Kurs 253, vertikal 20. Voller Schub.“

**************************************************************

Darkness lag wach in seiner Koje.

Seine Gedanken waren bei dem bevorstehenden Einsatz. Der Einsatz von Giftgas, egal wie die Typen vom NIC es nannten es war und blieb Giftgas, machte ihm Sorgen. Es machte ihm nichts aus die Akarii aus ihren Sesseln zu schießen aber Zivilisten zu vergiften?

Machte das nicht aus ihnen dieselben Monster als die die Akarii in den Medien dargestellt wurden? Darkness würde einen Akarii erwürgen wenn er es müsste, aber ihm behagte der Gedanke nicht, auf wehrlose Zivilisten loszugehen. Das Schlimmste war, vor Schüssen konnte man in Deckung gehen, aber vor der Luft die man atmete konnte man sich nicht schützen.

Hätte das NIC ihn nach seiner Meinung gefragt, was sie natürlich nicht taten, hätte er ihnen gesagt das das ganze Unternehmen nur schiefgehen konnte. Selbst wenn das Gas wirkte und selbst wenn alles glattgehen sollte, würden die Echsen zurückschlagen. Vielleicht sogar schlimmer als vorher.

Justin versuchte sich seine eigene Wut vorzustellen, wenn die Echsen einen derartigen Angriff auf eine Agrarkolonie versuchten. Er würde vermutlich wahnsinnig werden. Befehl war Befehl aber war er damit einverstanden? Nein!

Er versuchte zu schlafen, was ihm jedoch ziemlich misslang. Die Koje war heute unangenehm hart und die innere Kälte die den Piloten erfasst hatte seit er von Flieder erfahren hatte bahnte sich nun ihren Weg nach außen. er fröstelte kurz, dann stand er auf.

Seine Sachen... Sollte er sie packen, wie vor jedem Einsatz? Ja. Justin räumte seinen Schrank und stellte die Tasche akkurat wie immer vor dem Bett ab. Nicht mal dafür würden die Echsenzivilisten Zeit haben. Die Aufräummannschaften für Troffen, Menschen oder Echsen, taten ihm jetzt schon leid. Der nachtschwarze Helm mit den Flügeln der Blue Angels landete auf der Tasche. McQueen schnaubte. Ja er wollte Rache für Mantikor und seine Kameraden aber Rache an Zivilsten war nicht sein Ding... Ganz und gar nicht.

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Vorbereitung

Die beiden jungen Frauen belauerten sich. Langsam, den Oberkörper leicht vornüber gebeugt, umschlichen sie einander. Keiner wollte offenbar den ersten Angriff wagen. Schließlich wurde es anscheinend Tanja zuviel – sie sprang vor und ließ ihre Fäuste durch die Luft wirbeln. Ina wich geschickt zur Seite aus und brachte einen Fußtritt an – aber genau damit hatte die Russin offenbar gerechnet, denn sie drehte sich mit dem Angriff und ließ ihre Ferse in das Kreuz ihrer Gegnerin krachen. Trotzdem es nur ein Tritt mit halber Kraft war, verzog die das Gesicht, konterte aber sofort. Blitzschnell tauschten beide Schläge aus – mit Ellenbogen, Handkante und Faust, ein verwirrender Mischmasch aus unterschiedlichen Kampfstilen. Eine fast unmerkliche Deckungslücke ausnutzend stieß „Lilja“ vor – und lief genau in einen Hieb, der sie umwarf. Keuchend signalisierte sie ihre Aufgabe.

Ina half der älteren Pilotin auf. Beide waren schweißgebadet. Die Russin grinste schief: „Dir möchte ich nicht gegenüberstehen, wenn es mal ernst wird.“ Die andere kicherte nur: „In einer Militäreinheit muß man so etwas können! Nichts dämpft forciertes erotisches Interesse seitens der Kameraden so sehr wie das Wissen, daß du sie in der Mitte durchbrechen kannst! Was meinst du, was ein hübsches Mädchen wie ich sonst für Probleme bei DENEN hat!“ Beide lachten, was ihnen einige Seitenblicke einbrachte. Tanja zuckte mit den Schultern: „Das Problem habe ich kaum.“ Sie wieß auf die Narben, die ihre rechte Gesichtshälfte überzogen und sich auf ihrem Hals und Oberkörper fortsetzten. An und für sich war auch sie recht hübsch, aber die Verletzung war doch deutlich sichtbar. Es war eigentlich nicht bitter gemeint, aber für einen Augenblick herrschte betretenes Schweigen. Dann vertrieb ihr Lächeln den Schatten: „Wenigstens habe ich dir auf anderen Gebieten noch was voraus, sonst hätte ich ja gar keinen Grund mehr, mir was auf meine Erfahrung einzubilden.“ Ina stimmte ein, froh, das Thema wechseln zu können: „Leider ist das Training im Messerkampf an Bord ein wenig schwierig. Du solltest dich in die Küche versetzen lassen!“ „Na klar, und den Todesstoß an einem Stück Rindfleisch probieren!“ Sie gab ihrer Stimme einen offiziellen Klang: „Auf Grund des Trainings gibt es heute Steak a la Tartar!“ Lachend verließen sie den Trainingsraum.

Während sie sich beide wuschen und anzogen – getrennte Umkleideberreiche und Duschen für Männer und Frauen waren natürlich selbstverständlich, aber noch weiter konnte man die Privatsphäre kaum schützen – musterte „Imp“ ihre Kameradin unauffällig. In den letzten Tagen hatte sich Tanja verändert. Sie schien innerlich vor Anspannung fast zu vibrieren, und ihr ohnehin gnadenloses Training hatte sie noch intensiviert. In der Freizeit war sie vom Flugsimulator kaum noch wegzubekommen, außer durch andere Übungen. Alles an ihr schien dem Kampf entgegenzufiebern. Weniger aus Ruhmsucht – wenn Ina an einiges dachte, was sie von „Lilja“ gehört hatte, tippte sie auf reine Blutgier. Auf der anderen Seite hatte Tanja langsam begonnen, Ina als Freundin zu behandeln. Beide hatten sich über ihre Erfahrungen unterhalten, und anders als bisher hatte die Russin Dinge erzählt, die sie früher verschwiegen hatte. Das ging nicht so weit, dass sie sich bei ihrer Zimmergenossin „ausheulte“. Jeder hatte seine eigenen Probleme und sollte nicht zusätzlich mit denen anderer belastet werden. Aber sie hatte offenbar Vertrauen gefasst, und umgedreht war es nicht anders. Manchmal, so dachte Ina spöttisch, benahm sich die „Eislilie“ wie ein normaler Mensch. Aber sofort schalt sie sich in Gedanken – sie selber hatte auch unter ihren eigenen Verlusten gelitten. Der Tod ihres Flightführers und die schwere Verletzung ihrer Zimmergenossin war nicht leicht zu verarbeiten gewesen. Auch wenn der Verlust eines Menschen, mit dem man relativ eng zusammengearbeitet oder gelebt hatte, im Krieg normal war, hieß das noch lange nicht, daß es die Soldaten nicht belastete. Nach allem, was sie wusste, hatte „Lilja“ dieses „Glück“ mehrmals gehabt. Und das hatte sie geprägt – nur teilweise zu ihrem Besten, indem aus ihr eine effiziente und eiskalte Soldatin geworden war. So gesehen war es ein Wunder, dass sie nicht noch mehr Narben – unsichtbare wie offensichtliche – zurückbehalten hatte.

Sie musste lachen, als die Russin, sobald sie das Handtuch verstaute und sich anzuziehen begann, kurz aufblickte und zur Decke winkte. Es war „allgemein bekannt“, dass die bordeigene Sicherheitsabteilung „sensible“ Bereiche kameraüberwachte. Und natürlich, so war man sich bei den Mannschaftsmitgliedern im Klaren, gehörten die Umkleidekabinen dazu. Seitdem Frauen in den Streitkräften dienten, war eine recht umfangreiche Subkultur aus Witzen und Anekdoten entstanden, die sich mit solchen „Tatsachen“ beschäftigte.

Ihr Weg führte sie zur Kantine. Die Übungen, die sie neuerdings gemeinsam absolvierten, waren anstrengend genug, und wenn man sich hungrig an den Tisch setzte, so schmeckte das Essen wenigstens halbwegs, oder der Geschmack machten einem nichts aus, wie ein geflügeltes Wort bei der Truppe besagte. In Wahrheit war das Essen natürlich nicht schlecht – aber Soldaten mußten eben immer meckern.

So gesehen hatten sie heute Glück. Angesichts der Stunde war es ziemlich leer – zu anderer Zeit schwirrte der Raum nur von Gesprächen, jeder Tisch war voll besetzt und trotz arbeitender Luftumwälzungsanlagen mischten sich verbrauchte Luft und Essengerüche (sowie diverse Deos, Parfüms und Schweißgeruch) zu einer „betörenden“ Mischung. Jetzt aber saßen nur vereinzelt Mannschaftsmitglieder in kleinen Gruppen herum. Soldaten waren Herdentiere, von Ausnahmen abgesehen. Auf der Speiseliste stand ein Fleischgericht – angeblich Schweinebraten, wobei es natürlich auch hier Gerüchte gab, was für „Schweine“ so auf den Tisch kamen. Von toten Akarii bis hin zu fetten Rechungsoffizieren hatte man alles für möglich befunden und diskutiert. Es gab sogar Soldaten, die behaupteten, an Hand des Geschmacks erkennen zu können, was wirklich dahinter steckte.

Beide aßen zunächst schweigend. Dann blickte Ina auf: „Was meinst du denn, was hinter der ganzen Sache steckt?“ Tanja wiegte den Kopf: „Du meinst den Angriff? Ja, es ist schon eine komische Idee, selbst so eine Rostlaube wie unsere für so ein Ziel zu detachieren. Ich meine, wenn sie den Planeten erledigen wollen, würden es ein paar Zerstörer und ein Jägertender auch tun, bei der Verteidigung. Und dann diese komische Quarantäne – auch eine merkwürdige Sache.“ „Also, ich denke, die wollen rauskriegen, wie man Akarii im Bodenkrieg bekämpft. Irgend wann wird unsere Armee ja auf Manticor kämpfen müssen, und vielleicht auch anderswo. Da wollen sie rausbekommen, wie sich die Akarii schlagen, wenn sie selber die Angegriffenen sind. Und wir sind da, um Luftunterstützung zu bieten und zur Not mit dem Atomdampfhammer draufzuhauen. Die möchten rauskriegen, mit was man bei einer Invasion zu rechnen hat.“ Tanja grinste trocken: „An der Wichtigkeit des Ziels kann es wohl nicht liegen. Ein paar Atomsprengköpfe würden für das Drecksloch ja wohl reichen.“ Ina nickte nur. Die bedenkenlose Leichtigkeit, mit der Tanja mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen umging, mochte andere schockieren. Aber Ina wusste, daß die Akarii selber Neutronenbomben eingesetzt hatten, und machte sich deshalb nichts daraus. Die Russin schien nachzudenken: „Vielleicht haben die Schlapphüte was damit zu tun. Möglicherweise ist dort eine Forschungszentrale oder so etwas. Ich meine, solche Dinge hat man entweder in einer Festung, oder dort, wo es keiner erwartet. Aber wir werden ja sehen.“ Ina grinste: „Die Jungspunde kauen schon an der Trense, und auch von den Alten können es viele nicht erwarten. Ich sehe den Angriff schon vor mir – die ganze Horde tobt los und schreit ‚Lasst sie mir! Lasst sie mir!’, bloß um möglichst schnell das Flying Cross zu bekommen!“ Tanja winkte ab: „Damit kann ich warten. Wenn ‚mein Japs’ Jäger abschießt ist das genau so gut, wie wenn ich sie abknalle. Was nicht heißt, daß ich mich lange bitten lassen würde.“ Ihre Kameradin lachte spöttisch und ein wenig anzüglich: „Soso, du nennst ihn ‚deinen Japs’. Damit wäre ich aber vorsichtig.“ Die Ältere verdrehte die Augen übertrieben: „Jaja, ich weiß – die berühmt berüchtigte Dreiecksgeschichte. Oder, wenn ich mich reinhängen würde, wären es ja der Ecken vier. Aber ich danke. Der Junge hat ja nur Augen für seine Inderin.“ Inas Lächeln würde zuckersüß und zyankaligiftig: „Höre ich da etwa Eifersucht?“ „Na klar, du weißt doch, daß ich mich nach ‚Ohka’ verzehre.“ Spöttelte „Lilja“: „Aber egal. Ich finde das Getratsche ja fast schon übertrieben, wie auch die Bordgesetze. Da bringt man den Kindern bei, zu töten – aber lieben dürfen sie sich nur im Urlaub. Die Herren von der Führung spinnen doch!“ Ihre Kameradin lachte nur: „Dafür bekommst du einen Orden für die Feststellung des offensichtlichen!“ "Nun, essen wir besser auf. Wer weiß, wann wir jemals wieder so guten..." sie kaute nachdenklich: "Stabsfeldwebel zu essen bekommen!"

********************************************************************

Davis lag auf seiner Kabine und beobachtete die Decke. Es war bald so weit. Seine Eingeweide krampften sich zusammen. Angst, Erregung, Neugier und noch viel mehr überkam ihn bei dem Gedanken an Troffen. ,Sie werden sich durch nichts von ihren Plänen abhalten lassen,' marterte ihn eine innere Stimme.
Ein jähes Läuten riss ihn aus seinen Gedanken. "Ja, ja herein", krächzte er.
Der Besuch gefiel ihm gar nicht.
Charles Bayonne musterte ihn eine Weile, bevor er anfing zu sprechen: "Ein interessanter Aufsatz, den Sie da angevertigt haben. Interessant und ... und auch erschreckend. Darf ich mich setzen."
Ace nickte.
"Danke." Bayonne setzte sich und schwieg wieder eine Weile.
"Unser Vorhaben nagt an Ihnen, nicht wahr? Sie denken, wir tun was Falsches."
"Ja!"
"Nun, ich stelle mir diese Frage auch immer wieder. Ist es richtig? Dürfen wir so etwas tun? Bis heute habe ich keine Antwort gefunden, außer, dass ich es tun muss." Er lachte schnaubend. "Ich führe nur meine Befehle aus."
"Ach? Und was ist mit dem Siebzehner? Diese Ausrede zählt nicht mehr."
"Der Siebzehner, mein junger Freund, ist nichts als eine Phrase. Niemand, der sich auf den Siebzehner berufen hat ist damit durchgekommen, obwohl manche es weiß Gott verdient hatten. Aber deswegen bin ich nicht hier."
Ace schwieg. "Haben Sie schon mal jemanden erschossen? Ich meine Aug in Aug, mit der Pistole, nicht mit Ihrer ultramodernen Tötungsmaschine."
Wieder zog Ace es vor zu schweigen, doch Bayonne sah die Wahrheit in dessen Augen.
"Es ist erschreckend, nicht wahr? Wenn der zarte menschliche Körper durch eine Ladung roher Energie in Fetzen gerissen wird, Blut und Gewebe verkocht. Wenn das Schimmern in den Augen aufhört. Das erste Mal ist so, als ob man innerlich zerbricht."
Gegen seinen Willen musste Ace nicken.
"Und jetzt stellen Sie sich unsere Marines und die Jungs von der Army vor: Bewaffnet mit eine Sturmgewehr, in eine schwere Panzerjacke gezwängt auf dem mtschigen Schlachtfeld, im Kampf Mann gegen Akarii. Stundenlang vor der eigentlichen Schlacht schlagen Granaten und Raketen auf sie nieder.
Glauben Sie nicht, dass diese Männer und Frauen es einfach ,verdienen', dass wir ihnen den Krieg erleichtern?"
Bayonnes Augen glühten vor Überzeugung.
"Auf Kosten von Zivilisten?" Konterte Ace.
"Verdammt, leider unterscheiden diese Waffen noch nicht zwischen Zivilisten und Soldaten. Und was meinen Sie, wie viele Zivilisten ihn ihrem sauberen Raumkampf umkommen? Das Geschwader der Majestics hat vor einigen Wochen einen Konvoi erledigt, der zwei Passagierschiffe beinhaltete, schätzungsweise 600 tote Akariizivilisten. Und wo wir gerade bei Zahlen sind, wollen Sie mal welche über Mantikor hören? Wollen Sie?"
"JA, Ja verdammt noch mal, vielleicht wird dadurch ja mein Gewissen beruhigt, für den einen sind es Orden, für den anderen Zahlen."
Einen Augenblick schien Bayonnes Blick pures Gift zu sein: "Der letzte Widerstand unserer Marines wurde mit einer Neutronenbombe gebrochen, schätzungsweise 40.000 Tote, davor nochmal 40.000 Marines durch die Kämpfe. Dazu kommen noch mal 30.000 - 50.000 unser bestausgebildetsten Raumfahrer. Mantikor hat uns schätzungsweise 130.000 Mann gekostet. Die Träger und Kreuzer und was weiß ich, könnten wir ausgleichen, aber einen jungen Menschen zu einem Raumfahrer auszubilden dauert Zeit, viel Zeit. Die Redemption ist nach der ersten Feindfahrt schon unter Soll besetzt, noch merken Sie es kaum, aber warten Sie die nächste Fahrt ab, und wir sind teilweise gelähmt. Wir müssen den Echsen wenigstens am Boden die Stirn bieten, koste es was es wolle..."
Bayonne wurde vom Lautsprecher unterbrochen: "Alle Mann auf Gefechtsstation! Alle Mann auf Gefechtsstation! Wir dringen in feindliches Territorium ein!"
Kurz bevor Bayonne die Tür öffnete hatte Ace ihm am Arm gepackt: "Wenn Sie dieses verdammte Gas einsetzen, wenn Sie die Zivilisten von Troffen ermorden, dann tun Sie mir einen Gefallen und radieren Sie diese Welt anschließend aus. Vernichten Sie die Spuren des Gases, vernichten Sie die Kadaver der Akarii. Sorgen Sie dafür, daß kein Hinweis auf diesen... Feldversuch übrig bleibt. Denn wenn die Akarii dahinter kommen, WAS wir auf Troffen gemacht haben, werden die Konsequenzen fürchterlich sein."
Dann verließen sie die Kabine und gingen in verschiedene Richtungen. Bayonne zückte seinen Pager und schrieb die Anweisung Davis Quartier mit Abhörvorrichtungen auszustatten. Die schickte er gleich an Ling ab, sollte der Kerl auch mal was für sein Gehalt tun.

*************************************************************

Es war 14:32 Uhr Bordzeit, nur noch 15 Minuten vor dem letzten Sprung. Das Ziel war erreicht. Troffen. Nur wenige, sehr wenige der Männer und Frauen in der kleinen Flottille wussten, was sie erwartete. Und einige von diesen, wünschten sich die Unwissenheit.
Die beiden letzten Raumjäger wurden an Bord geholt, dann wurde Alarm gegeben. Druckschotts wurden geschlossen, Geschütztürme Besetzt, die Raketenwerfer geöffnet und zwei Typhoon wurden auf die Katapulte gespannt, zwei weitere Jäger in Bereitschaft gestellt.
Das All flimmerte kurz um den Träger, als die Schutzschilde aktiviert wurden.
Die Flotte trat in Gefechtsformation in das Wurmloch ein.
Wieder einmal schien sich für über 3.000 Männer und Frauen das Universum zusammenzufalten, nur um sich im nächsten Augenblick wieder auszudehnen.
In der CIC der REDEMPTION herrschte Hochbetrieb.
"Langstreckenscan!" Befahl Auson.
Fünf Minuten später waren die Daten da. Bayonne, Rowland und Auson studierten kurz die Situation. "Wir müssen unseren Angriffsplan ändern", entschied Bayonn, "Commander, lassen Sie bitte das Geschwader zu einer erneuten Einsatzbesprechung zusammenkommen!"

Lautes Geraune ging durch den Geschwaderbesprechungsraum. Alle Piloten mit Ausnahme der vier Jungs von Hill, die bewaffnete Raumüberwachung flogen, sowie Flemming und seinem RIO.
Lucas versuchte sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen, doch als er Rowland eintreten sah, hielt er es nicht mehr an seinem Platz: "Verdammt, was soll das?"
Rowland sprach mit gesenkter Stimme: "Wir haben einige Änderungen im Plan. Ach ja, und bevor ich es vergesse, die Untersuchung des JAG ist beendet, wir haben uns drum gekümmert."
Dann trat Rowland ans Rednerpult: "Okay Leute, es gibt eine Änderung des Schlachtplans: Im Orbit von Troffen befindet sich eine Basis und zwei Zerstörer. Das Geschwader mit Außnahme der Jäger von Commander Bergstrom wird einen konzentrieten Angriff auf dieses Ziel fliegen. Es gibt nicht viel zu sagen, Sie fliegen einen direkten Frontalangriff. Wichtig sind die beiden Zerstörer, die Basis kann uns nicht entkommen. Sobald die Zerstörer und die Station geknackt sind, werden Sie zurückkehren und sich auf Such und Zerstöraktionen vorbereiten. Wir müssen das System isolieren. Viel Glück und gute Jagd."

Auf dem Flugdeck des Trägers herrschte Hochbetrieb. Alle vier Aufzüge arbeiteten um die Jäger und Jagdbomber des Geschwaders aus dem Hangar nach oben aufs Flugdeck zu bringen.
Waffentechniker holten die schweren Maverick Antischiffraketen aus den Magazinen, Raketen wurden unter den Tragflächen und Rümpfen der Jäger befestigt.
Gelbe Traktoren zogen die Jäger zu den beiden Katapulten, die einen stetigen Strom nach draußen beförderten.
Lucas beobachtete das Spektakel, seine Maschine war recht weit hinten im Hangar.
"Sir, könnte ich Sie einen Augenblick sprechen?"
Als Lucas sich umdrehte sah er einen jungen Lieutenant vor sich. Naja, eigentlich waren sie alle jung. Auf seiner Uniform stand der Name S. Brentstone.
"Ja, was kann ich für Sie..."
"Commander, Ihr Jäger ist jetzt dran!" Wurde er von einem Techniker unterbrochen.
Lucas blickte kurz zu dem Rufenden und nickte, dann wandte er sich wieder Brentstone zu: "Können wir das nachher besprechen?"
"Ja, ja natürlich Sir."
Ein kurzer Sprint und Lucas saß in seiner Phantom. Die übliche Litanei wurde hinter sich gebracht. Er fühlte ein inneres Erschaudern.
Dafür war er gemacht. Für diesen Augenblick. Vier harte Jahre Ausbildung. Harte Jahre des normalen Dienstes.
Wieder einmal stand er am Scheideweg. Sieg oder Niederlage. Leben oder Tod. Jäger oder Gejagter. Wie ein Rennpferd in der Box zitterte er erregt.
Ja, hierfür war er geschaffen worden. Er und dieses Schiff.
Allein für solch einen Augenblick hatte Gott das Universum geschaffen, den Weltraum, die Planeten und den Krieg, damit Männer und Frauen wie er, von Schiffen wie der REDEMPTION in die Schlacht ziehen konnten.
Dann wurde Lucas in den Sitz gepresst und der Jäger vom Katapult in die unendliche Tiefe und Leere des Alls geschleudert.
5 Minuten später war die Angriffsgruppe versammelt.
"Lone Wolf für alle! Die Mirages gehen in die Mitte! Martell: Sie verteilen Ihre Leute an die beiden Flanken der Mirages! Lightning: Sie fliegen unter dem Bauch der Silber- und Goldjungens! Rote Jungs: Wir steigen etwas auf und setzten uns über die Mirages! Ihnen allen viel Erfolg!"
Die 57 Raumjäger gingen auf Marschgeschwindigkeit, ihre tödliche Mission zu erfüllen.

***************************************************************

Endlich hatte ich etwas Schlaf gefunden. Da Darkness seine Alarmübungen für ein paar Tage eingeschränkt hatte, war es mir gelungen, nach zwei vollen Tagen zehn Stunden am Stück nachzuholen. Wider Erwarten hatten keine toten Akariischädel meine Träume heimgesucht, hatte ich nicht davon geträumt, wie ich in meinem Cockpit von den Seelen verstorbener Akarii gehetzt wurde. Keine Albträume. Beinahe fühlte ich mich schuldig dafür.
Wie dem auch sein, ich war beinahe wieder fit. Auch wenn mir nicht schmeckte, WAS wir im Troffen-System tun würden, der alte Chief hatte Recht. Zuerst kam die Pflicht, dann die Gewissensbisse. Und Darkness würde einen aufmerksamen, kampfbereiten Flügelmann da draußen brauchen. Was in mir den Entschluss ausgelöst hatte, mich beim Training zu verausgaben, um die letzten Stunden bis zum Sprung selig schlummern zu können.

Nach Bordzeit war es spät. Verdammt spät. Es war nicht viel los an Bord der REDEMPTION. Dennoch, als der Fahrstuhl zu den Freizeitdecks hielt, war dieser bereits besetzt.
Ich nickte stumm und trat ein. Na, wenigstens war der Frau genau so wenig nach diskutieren wie mir. Sie erwiderte den Gruß mit einem Nicken. Zwei Stockwerke lang starrten wir gerade aus und sagten nichts.
Da spürte ich ihren Blick. Kurz sah ich zur Seite, sie sah weg. Dann sah sie erneut an mir hoch, bis zum Ansatz meiner Haare. Natürlich, mein blauer Haarschopf war an Bord mindestens so auffällig wie ein Admiralsabzeichen. Für einem Moment nur sah ich ein leichtes Lächeln über ihr Gesicht huschen. Da erkannte ich das hübsche, aber vernarbte Gesicht. Das mußte Lilja sein. Genauso wie mich meine blauen Haare auszeichneten, machten Liljas Narben sie im Zeitalter ambulanter interner Operationen zum bunten Hund.
Ich sah zu ihr rüber, ihr Blick ging sofort gerade aus. „Lilja, hm?“ fragte ich.
Wieder sah sie zu mir. „Und du bist Ace. Interessantes Callsign.“
„Bin ein Aß“, kommentierte ich leise. „Du bist die Flügelfrau von Ohka, nicht? Ich hatte schon das Vergnügen mit ihm.“
„Ich weiß“, erwiderte sie, und erneut huschte ein knappes Lächeln über ihr Gesicht. Mann, ein wenig einsilbig war sie ja schon, die liebe Kleine.
Was wusste ich über sie? War zu Anfang der Kämpfe auf einer lauen Garnison gewesen, die eine Hauptlast der Akarii-Angriffe zu tragen hatte. War später, wohl wegen ihrer Verwundung in die Reserve geschoben worden. Aber als die RED, DAS Traumschiff der Navy, neue Piloten gebraucht hatte, war es ihr in der Reserve wohl zu lahm geworden. Sie sollte verdammt erfahren sein, und mehr als einmal einen Blick in die Hölle geworfen haben. Ihr feines Gespinst aus dünnen weißen Narben sprach Bände.
„Und, was meinst du? Ich weiß ja, wie es ist, den Katschmarek zu machen, Darkness lässt mich aber wenigstens ab und an von der Leine.
Wann kriegst du deinen eigenen Wing?“ versuchte ich eine Unterhaltung zu beginnen.
Sie verzog das Gesicht. „Katschmarek? Hör mir auf mit dieser Fritzensprache.“
Ich zog die Augenbrauen hoch. Fritzensprache?
Sie nuschelte etwas unverständliches. „Was bitte?“ hakte ich nach.
Trotzig wiederholte sie. „Akarii-Freund.“
Ich war derart vom Donner gerührt, dass ich nicht einmal ausstieg, als Lilja den Aufzug im Trainingscenter verließ. Erst als die Türen wieder zugingen huschte ich hinaus.

„Was meinst du mit Akarii-Freund?“ blaffte ich ihr hinterher.
„Ach komm, Fritz, das weiß doch jeder an Bord. Ling hat dich mit einem Akarii zusammengesteckt. Und anstatt ihn sofort zu töten hast du ihn mit Süßigkeiten gefüttert.“
Sie warf mir einen Blick zu. Es war kein Haß darin, nur Trotz. Purer, blanker Trotz. Sie verschwand in der Damenumkleidekabine, ich ging zu den Herren. Wie erwartet war ich der einzige um diese Zeit.

Als ich in der Halle wieder herauskam, stand Lilja dort bereits und übte an einem Punchingball. Für einen Moment mußte ich mich selbst daran erinnern, daß ich gerade wütend auf sie war. Ihr Trainingsoutfit, Radlerhose und Top, war nicht gerade dazu angetan, mich in diesem Punkt zu unterstützen.
Ich trat neben den Ball, wartete, bis sie den kopfgroßen Ball geschlagen hatte. Als die Stange ihn in meine Richtung schob, gab ich ihm einen erheblichen Hieb mit. Nur knapp konnte Lilja dem Ball ausweichen. „Das war dienstlich“, setzte ich unsere Unterhaltung fort. „Commander Ling hat mich gebeten, ihm beim Verhör zu helfen, da ich einige Brocken Akarii kann. Und um den Knaben bei Stimmung zu halten, bekam er von mir Zigaretten und Crickers. Das ich Ry Hallas dabei nahe gekommen bin...“
Wütend drosch Lilja von ihrer Seite auf den fast ausgependelten Ball ein. Ich musste mich mit einer schnellen Bewegung in Sicherheit bringen.
„Ihm nahe gekommen. Einem Fritzen kommt man nicht nahe. Das sind Barbaren, Bestien.“
„Es war ja nur ein Akarii. Ich habe drei Wochen lang jeden Tag sechs Stunden mit ihm gearbeitet. Wie bitte soll ich ihn da nicht näher kennen lernen?“
Wieder drosch Lilja wütend auf den Punchingball ein. „Er war ein Fritzen, verdammt. Einer von diesen Idioten, die eine Neutronenbombe gegen Bodentruppen der Republik auf Mantikor geworfen haben!“
„Er war ein Pilot“, hielt ich dagegen. „Genauso ein kleines Rad in der Maschinerie wie wir. Genauso ein kleiner Befehlsempfänger wie wir.“ Für einen Moment spürte ich die volle Last meines Geheimnisses auf meinen Schultern. „Genauso wie wir.“
„Ach ja? Ich will dir mal was sagen. Er war eine gottverdammte Echse, und wenn er ein Pilot war, die schieße ich im Dutzend lieber ab. DIE haben uns angegriffen. DIE haben die Zweite Flotte vernichtet. DIE...“ Hastig stieß sie die Luft aus ihren Lungen. So als hatte sie vermeiden wollen, etwas zu sagen, was ihr später leid tun würde.
„Was?“ hakte ich nach. Sie sah weg. „Nichts, Fritz.“
„WAS, LILJA?“ „NICHTS! Und jetzt laß mich in Ruhe, Fritz.“
Ich kam um den Ball herum und ergriff sie am Arm. „Hör auf, mich Fritz zu nennen. Ich bin Pilot der Terran Space Navy.“
Gewaltsam riss sie sich los. „Auf dem Papier sicherlich.“
Ich schluckte schwer. Wie konnte... Wie durfte sie mir so etwas an den Kopf werfen?

„Okay, mein kleiner Sonnenschein. Das reicht jetzt. Tragen wir es aus. Ich hoffe du kannst boxen.“
Geringschätzend musterte sie mich. „Du glaubst doch nicht, du hast eine Chance gegen mich? Da sieht ja Ohka besser bei aus.“
„Schnauze, Lilja“, blaffte ich und schlüpfte in die Boxhandschuhe. Sie zu fixieren ging zum Glück dank der Magnetverschlüsse recht schnell.
Kurz darauf sprang ich in den Boxring. Lilja kam von der anderen Seite. „Habe schon ewig lange kein Kid mehr verprügelt. Okay, worum geht es? Soll ich aufhören, dich zu ärgern? Armer, armer Ace.“
Sie lächelte, aber es war ein spöttisches, gemeines Lächeln. Merkwürdigerweise milderte es aber die Zerstörung in ihrem Gesicht ab. Wieder bemerkte ich, daß sie hübsch war... Gewesen sein mußte, bevor... Bevor ein Akarii besser gewesen war als sie.
„Nein, das ist mir egal. Weißt du, im Moment habe ich genügend Leute in Reserve, die auf mir herumhacken. Da kommt es mir auf einen mehr nicht so an. Aber ich kann die Gelegenheit ja nutzen, um dir etwas Respekt vor den Akarii einzubläuen.“
Sie lachte schrill. „Respekt vor den Akarii... Sieh mich doch mal an! Das waren die! Und du willst mir was erzählen von Respekt. Das sind keine Menschen. Sie sind nicht einmal menschenähnlich. Das sind Tiere, weniger als das.“
Ich schlug die Handschuhe zusammen. „Erste Runde.
Ich ging sie an, begann Lilja zu umkreisen.
„Deine Akarii, tja, Sonnyboy, bei deinem Ausflug mit der REDEMPTION waren sie sicher so nett, in Unterzahl anzugreifen. Aber meinen Stützpunkt haben sie in Überzahl angegriffen. Und vor so einem Gegner soll ich Respekt haben?“
Ich duckte mich kurz nach links weg, fintierte mit einer Geraden und setze einen linken Schwinger hinterher.
Lilja wich lachend aus. „Zu langsam, Sonnyboy. Wie du mit der Geschwindigkeit fünf Akarii runtergeholt haben willst, ist mir schleierhaft.“
„Ich kenne Akarii“, spann ich den Faden fort. „Himmel, meine Eltern sind freie Händler in den Kolonien und der Konföderation. Dort gibt es einiges an Akarii. Sie haben eine tolle Kultur und viele große Denker hervorgebracht. Man kann sie ohne weiteres mit einem Twain oder Aristoteles vergleichen.“
Lilja griff an, versenkte nach einer Finte eine Gerade auf meinem Bauch. „Gut gepolstert“, kommentierte sie die Wirkungslosigkeit ihres Treffers. „Du hat dich blenden lassen, Ace. Das waren nicht die wahren Akarii. Die wahren Akarii haben Mantikor angegriffen, ohne Vorwarnung, ohne Kriegserklärung. Sie sind über uns gekommen wie ein Heuschreckenschwarm. Sie sind da, und sie werden nicht eher gehen, als bis wir den letzten von ihnen vernichtet haben.“
Ich griff an, schlug mit einer Geraden auf ihren Kopf zu. Sie duckte weg, versuchte einen Haken in meinen Rippen zu platzieren. Ich tänzelte sie aus.
„Ich weiß nicht, warum die Akarii angreifen. Und ich weiß nicht, ob sie ein militärisches Abenteuer suchen oder die Menschheit vernichten wollen. Aber in diesem Punkt ist es wie mit allen Dingen in der Geschichte. Kriege werden von wenigen verursacht, doch viele tragen die Folgen. Und verdammt, Ry Hallas war nur ein Pilot, der genauso seinen Job tat wie wir beide auch.“
„Seinen Job? Seinen Job?“ Lilja griff an mit einem Trommelfeuer von kurzen Geraden auf meine Deckung. „Er und seinesgleichen haben meine Kameraden abgeschossen! Deine Kameraden! Und dann redest du hier von Job?“
„Tun wir denn etwas anderes?“, blaffte ich, als ich ihr erneut auswich. „Schießen wir hier nicht seine Kameraden ab und dies manchmal in Überzahl?“
„Du warst nicht dabei, Ace!“ blaffte sie zurück. „Du warst nicht da draußen, als... Als die Akarii angriffen und angriffen und angriffen, und die Bloodhawks keine Ende nehmen wollten, die Deltas wie ein ewiger Strom vorbeischossen, unaufhaltbar. Und jeden, den ich vom Himmel geholt habe, ersetzten sie durch zwei neue.“
Sie hielt inne, sah mir starr in die Augen. „Sie haben sogar auf ausgestiegene Piloten geschossen. Gehörte das zu ihrem Job? Hä? Hä?“
Mit diesen Worten begann sie mich zu schubsen. „Wieso haben sie angegriffen? Wieso reichte es ihnen nicht, meine Kameraden rauszuschießen? Wieso haben sie sie auch noch getötet?“ Ihre Boxhandschuhe krallten sich in mein Shirt. „Wieso, Ace? Wieso verteidigst du sie? Wieso gibt es sie überhaupt?“
Lilja stieß mich erneut zornig von sich. Sofort begann sie ein wahres Feuerwerk an kurzen Geraden auf mich niederprasseln zu lassen. „Ich hasse die Akarii. Ich töte sie gerne. Das ist nämlich mein Job. Und nicht wie du mit dem Feind Brüderschaft zu schließen!“
Langsam wich ich zurück, während die schlanke Frau ihre Angriffe noch steigerte. Es war ein Zorn in ihr, ein unglaublicher Zorn, der mich beeindruckte. Was für Kraftreserven hatte diese Frau. Auf ihre Art war sie bemerkenswert. Bemerkenswert und vor allem gefährlich.
Schließlich trat sie einen Schritt von mir zurück. Sie breitete die Arme aus. „Was ist los, Fritz? Keine Lust mehr? Oder schlägst du keine Frauen? Ich habe wohl vergessen, was für ein erbärmliches Kid du bist.“
Ansatzlos zog ich eine Gerade durch. Erschrocken riss Lilja die Deckung hoch, aber es war zu spät. Ich traf sie sauber an der Kinnspitze und trieb sie zu Boden. Jeden anderen hätte das ausgeknockt, aber Lilja wand sich auf dem Boden und kämpfte sich schließlich wieder auf die Beine. „Nicht übel, Kid, nicht übel.“
Sie täuschte links an, kam aber mit einem rechten Aufwärtshaken durch meine Deckung. Ich spürte wie ihre Faust meinen Kiefer nach oben drosch. Nur weil ich größer als sie war und sich ihre Kraft im Uppercut reduzierte, wurde ich davor bewahrt die Matte zu küssen. Ich trat einen Schritt aus ihrer Reichweite heraus und hielt die Arme oben.

“Das reicht jetzt, Kid“, knurrte sie mich an. „Komm mir nie wieder unter die Augen, hörst du, Fritzenfreund.“
Sie zog die Handschuhe aus und kletterte aus dem Ring. Auf ihrem Weg zum Waschraum sah ich ihr nach. Ich grinste, während meine eigenen Handschuhe zu Boden fielen. Ein Glück waren wir auf der gleichen Seite. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du 'nen tollen Hintern hast, Lilja?“
Die Antwort war ein sehr undamenhafter Fluch.
Nachdenklich rieb ich mir das Kinn. Wäre sie einen Viertelkopf größer gewesen, hätte ich ein paar Wochen aus der Schnabeltasse essen müssen.

****************************************************

Martell bestätigte das Kommando von Lone Wolf. Dann sah er, wie dem Plan entsprechend Flight 2 und 3 die Flankenposition einnahmen. Sein eigener Flight würde hingegen vor der engen Formation der Mirage fliegen, um etwaige Feindjäger, die nicht von den Typhoons abgefangen wurden, zu bremsen und den Mirage einen sauberen Abschuss der Mavericks zu gestatten. Daher waren die Griphen des ersten Flights auch nur mit zwei Hydrabehältern ausgestattet, um eine volle Sparrow Ladung zu führen. Die anderen Maschinen hatten vier Hydrabehälter, und die Aufgabe, die Treffer der Maverick Raketen zu nutzen, um dem Feind den eventuell notwendigen Todesstoß zu geben.
„Jaguar Squadron, finaler Check.“
„Flight 2, alles grün hier.“ meldete sich Thunder.
„Flight 3, ready to go.“ kam es von Goose
„Ok, dann wollen wir mal zeigen, wie der Jaguar jagt. Formation einhalten. Jaguar Lead aus.“
Dann wählte er die Frequenz der Mirage Staffel.
„Gold 1 von Jaguar 1. Wir können.“
„Gut, dann wollen wir ihnen mal Saures geben. Sie führen, Martell.“
Martell klickte zweimal mit dem Funkgerät, um die Meldung zu bestätigen, dann schob er den Schubhebel nach vorne, bis er auf maximalem Schub stand. Nach wenigen Minuten erschienen die ersten Radarkontakte auf dem Schirm, zunächst die Raumstation, die das größte Radarecho erzeugte, dann erschienen die beiden Zerstörer und schließlich waren auch die Jäger zu erkennen, die auf die Formation der Redemption zuhielt.
„Jaguar Squadron, Formation halten. Primäres Ziel ist die Station, aber achtet darauf, dass die Zerstörer nicht abhauen können.“
Martell konnte erkennen, wie die Jäger der Redemption sich den Feindjägern annahmen und in kurzer Folge verschwanden viele rote Punkte auf dem Radarschirm. Dann sah er einen einzelnen Jäger auf sich zukommen. Der Computer klassifizierte ihn als Deathhawk, den Vorgänger des berüchtigten Bloodhawk Jägers.
„Flight One, ein Bandit kommt auf uns zu, Element 2 bleibt auf Kurs, Snake Bite folgen.“ Martell korrigierte den Kurs, so dass er den Deathhawk abfangen konnte, bevor dieser die Mirage errreichen würde. Dann entsicherte er den Waffenschalter für die Sparrows. Nach 20 Sekunden hatten sich die Jäger so angenähert, dass Murphy eine Zielerfassung hatte. Sofort feuerte er die erste Rakete ab. Der Deathhawk flog unbeirrt weiter und versuchte keine Ausweichmanöver. Murphy feuerte eine weitere Rakete ab, diesmal auf mittlere Distanz. Die erste Rakete schloss zum Deathhawk auf, doch dann flog er ein scharfe Kurve, warf Täuschkörper ab und flog nun auf Martell zu. Die erste Sparrow explodierte harmlos. Doch die Kurve hatte den Akarii direkt in die Flugbahn der zweiten Sparrow gebracht, die direkt vor dem Cockpit explodierte und dieses vom Rest der Maschine abtrennte. Dann explodierte auch das Triebwerk und zurück blieben kleine Splitter Schrott.
„Splash one Bandit. Kommen zurück in Formation.“ Martells Stimme war ohne jede Emotion.
Allerdings hatte das kleine Abfangmanöver dazu geführt, dass Snake Bite und er die Formation nicht mehr erreichen konnten, ohne dass diese ihre Geschwindigkeit verringerte. Offensichtlich hatte dies auch Jaguar 3, Fury gesehen und das Tempo herausgenommen. Rechtzeitig bevor die Gruppe den Bereich erreichte, wo die Schlacht richtig tobte, war Martell wieder in Formation. Dann meldete sich der Mirage Staffelführer:
„Schussposition in 15 Sekunden erreicht, Goldstaffel, eine Salve auf die Station...10 Sekunden, 5 Sekunden....Feuer!“
Zwölf Maverick Raketen mit Atomsprengkopf flogen auf die Station zu, zwei davon wurden von der Verteidigung der Station abgefangen, der Rest detonierte auf dem Schild der Station, der zusammenbrach, drei Sprengköpfe drangen durch und verwüsteten die Panzerung.

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Darkness riss an seinem Steuerknüppel. ,Der Hund! Er hat mich ausmanövriert! Soviel zum Thema Frischfleisch!' dachte er verärgert.

Der Akarii machte eine enge Kehre um wieder die Mirages anzugreifen aber Ace gezielte Schüsse zwangen die Echse abermals zu einer Kursänderung. Die Sterne vor Justins Augen verschwammen als er seine Phantom in einen Von-Bein-Slide warf um den Akarii wieder ins Visier zu bekommen. Neutronen- und Plasmaentladungen konzentrierten ihre Energie auf dem Schild des feindlichen Jägers und liessen ihn innerhalb von Sekunden zusammenbrechen. Panzerfetzen, von der Restenergie der Geschütze fortgerissen, stoben wie silbernes Konfetti von der Maschine weg und bildeten einen kleinen metallen schimmernden Schweif hinter der außerirdischen Maschine. Weitere Energiebolzen trafen den Rumpf des Jägers und er geriet ins Trudeln.

Der Akarii versuchte verzweifelt aus McQueens Schussfeld zu kommen und flog dabei Ace genau vor die Geschütze. Die Maschine zerplatzte in einem Trümmerregen als eine volle Salve sich in ihren Rumpf bohrte.

Darkness wich den Trümmern aus und suchte nach neuen Zielen. Um ihn herum war das All erfüllt von Jägern, Energieblitzen und Explosionen dort wo sie ihre Ziele trafen. Eine schwer gezeichnete Mirage passierte sein Sichtfeld, wurde kurz darauf von einer Rakete getroffen und explodierte. Bane... Er hatte das Projektil nicht mal kommen sehen.... Der Akarii hatte keine Zeit sich über seinen Abschuss zu freuen denn die Geschütze von 2 Griphen rissen seine Maschine in Fetzen.

Krieg war Wahnsinn, das wurde Darkness immer wieder bewusst.

Einer der Zerstörer versuchte ein Flankenmanöver zu fliegen. Er wurde dabei von mehreren kleineren Jägern geschützt... Es gab noch viel zu tun.
13.11.2015 12:14 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Vor der Schlacht (Rückblick)

Ein weißer Bogen Papier lag vor Kano. Er schien darauf zu starren, doch seine Augen nahmen nicht war. Seine Gedanken, seine Sinne waren auf die Zukunft gerichtet.
Er fürchtete den Tod - und er erwartete ihn. Seit er erfahren hatte, dass sein Bruder über Manticor gefallen war, erschien ihm der eigene Gefechtstod als gewiss. Ioura war ein besserer Pilot gewesen. Diese Angst war zu einer fixen Idee angewachsen, die er nicht einmal sich selber einzugestehen wagte. Und nun war der Augenblick wohl gekommen. In wenigen Stunden würde er in den Jäger steigen. Und er glaubte nicht, das er ihn wieder landen würde.
'Haben so die Todesflieger empfunden? Oder bin ich nur ein elender Feigling, der Ehre unwürdig, die ich beanspruche? Ich will nicht sterben - aber meine Pflicht steht fest!'
Er straffte sich. Dann fing er an zu schreiben.
"In wenigen Stunden mag die Schlacht beginnen. Damit werde ich dann endlich ein Teil dieses Krieges, eine Waffe in dem Konflikt, der geführt wird um nicht weniger als unser aller Freiheit und Leben. Ich verspüre den Wunsch zu leben, doch in dieser Schlacht haben persönliche Wünsche zurückzustehen, sind eine Schande. Ich erbitte Vergebung für meine Schwäche. Wenn das Schicksal meine Rückkehr bestimmt, dann kann es nur eine Rückkehr in Ehre sein. Kehre ich nicht zurück, dann sehen wir uns am Yasukuni-Schrein, dem Schrein der gefallenen Soldaten."
Kano starrte auf die Schrift. Sie war ruhig und fehlerlos, verriet nichts von seinen Gefühlen. Kurz zögerte er und schrieb dann weiter.
"Ich habe eine Geschichte in Erinnerung behalten. Die Kamikaze eines Platzes erhielten, bevor sie zum Einsatz ohne Wiederkehr aufbrachen, Blumensträuße geschenkt. Nach dem Start warfen sie diese auf die Erde, die sie für immer verlassen hatten. Und auf der Wiese am Rande der Starbahnen wuchsen bald darauf Blumen, die in der Gegend bisher unbekannt waren. Sie sollen auch heute noch blühen, die "Blumen der Kamikaze" nennen die Menschen sie. Und so bewahren sie die Erinnerung, auch wenn Namen und Gesichter der Todesflieger längst aus dem Gedächtnis geschwunden sind. Es mag vermessen sein, doch ich hoffe, das man sich auch unser erinnern wird."
Dann stand Kano auf. Mit ruhigen, sehr kontrollierten Bewegungen holte er ein Päckchen hervor, das tief unten in seinem Seesack gelegen hatte. Er öffnete es vorsichtig und entnahm ein weißes Stirnband, auf dem ein roter Kreis prankte. Das Symbol des alten Japans - und auch der Kamikazeflieger. Schwarze Schriftzeichen auf dem weißen Leinen sprachen vom "göttlichen Wind". Dies war ein Geschenk seiner jüngeren Schwester gewesen, er hatte es nach Beendigung seiner Ausbildung erhalten - wie das Schwert, das der Geschwaderkommandeur jetzt aufbewahrte. Kano legte das Stirnband an. Fast zischend stieß er die Luft aus, das einzige sichtbare Zeichen seiner inneren Unruhe.
'Ich werde die Erwartungen nicht enttäuschen. Ich werde meiner Familie und meinen Ahnen keine Schande bereiten! Lieber den Tod als Unehre!'
Als er aufstand und zur Tür eilte waren seine Schritte fest und entschlossen.

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Einsatz

Die Typhoons stießen aus dem Hangar, wie ein Schwarm hungriger Raubvögel. Fast schneller, als das menschliche Auge wahrnehmen konnte, wechselten sie ihre Positionen, gruppierten sich zu einer lockeren Eskortformation.
"Staffel Grün, Achtung!" dröhnte Parkers Stimme in den Kopfhörern der Piloten. "Unsere Aufgabe ist bekannt - Schutz der Mirage. Das hat absoluten VORRANG! Das Durchkommen der Jabos ist das Primärziel, steckt eure Karrierewünsche zurück, es geht nicht um Abschüsse. KEIN, ich wiederhole KEIN feindlicher Jäger darf durchbrechen. Laßt die Station unseren langsamen Brüdern - unser Ziel sind die Jäger. Paßt auf eure Flügelleute auf, haltet Ausschau auf Sechs Uhr - und kommt gefälligst heil wieder! Gute Jagd!"
Kano entspannte sich leicht. Es war seltsam. Seit er in seinen Jäger gestiegen war schien ein Großteil der Anspannung verschwunden, hatte einem fast euphorischen Gefühl des Bereitseins Platz gemacht. Die durch das All jagenden Raumer, die wuchtigen, langsam aber anscheinend unaufhaltsam vorrückenden Kriegsschiffe schienen unüberwindlich. Eine todbringende, siegessichere Flotte, die den Akarii nur noch Verzweiflung und Untergang ließ. 'Und ich bin Teil dieser Streitmacht!'

Mit Rücksicht auf die etwas langsam vorrückenden Jabos und anderen Einheiten flogen die Typhoons nicht gradlinig. Nah an der Höchstgeschwindigkeit, in Rottenformation, kreuzten sie unter den Mirage. Die schnellen, fast ruckartigen Manöver und Wendungen erinnerten Kano an jagende Haie. Wie diese waren die Typhoon auf Blut aus - Akariiblut.
Die Staffel flog fast ohne Funkverkehr - ein Beweis der hervorragenden Vorarbeit Parkers. Zumindestens den Formationsflug beherrschten die Piloten so gut, dass sich Korrekturen erübrigten. Lilja, Kanos Flügelfrau hing unverrückbar in der ihr zugewiesenen, leicht achterlichen Position. Die jähen Manöver machte sie ohne Probleme nach.
Dann war es soweit. Es war „Spad“, der zuerst den Feind bemerkte. „Kontakt! Großziele – Drei, Kleinziele – Vier! Nein... .“
Parkers Stimme schaltete sich ein: „Feindstation schleust Jäger aus! Paarweise. Vermutet – Jäger und Jagdbomber. Kontakt, vermutet in 15. HERHÖREN! Hauptziel bleiben die Jäger. Nehmt euch die Jabos nur vor, wenn sie den Mirage an die Wäsche wollen oder unbedingt Streit suchen!“
Dann wurde nichts mehr gesprochen. Schweigend, wie in Training und Ausbildung tausendfach geübt, gruppierten die Typhoons um, nun in einer auf die feindlichen Jäger fixierten Blockformation.
Kano spürte ein leichtes Zittern als er die Waffen überprüfte. Reflexartig ballte er die Faust, biß die Zähne zusammen. `Ich bin ein Samurai. Ich bin ein Jäger! Ich werde nicht versagen!‘ Hastig überprüfte er die Zielvorrichtung, dann die Raketen. Alles bereit und kampffertig.
Wie auf ein lautloses Kommando beschleunigte Parkers Maschine. Die Typhoons setzten sich vor die Mirage, jagten den Feinden entgegen. Sie nahmen den Feind an.
Kurz wendete Kano den Kopf, um dorthin zu sehen, wo jetzt die Phantom vorrücken mussten. `Viel Glück Kali.‘

Dann waren die feindlichen Jäger heran und die Schlacht begann. Es waren Deathhawk, die älteren Brüder der Bloodhawk. Nicht so gut bewaffnet oder gepanzert, aber wendig und agil.
Von den Reihen der Typhoon lösten sich die ersten Raketen, die Akarii antworten. Binnen Sekunden war die Formation aufgebrochen, mit Täuschkörpern und brutalen Ausweichmanövern versuchten die Typhoon auszuweichen – die meisten Deathhawk jagten hingegen fast gradlinig weiter. Ein Deathhawk starb schnell, während sich ringsum die roten Explosionsblüten der Raketen öffneten. Die Typhoon wendeten und jagten den Feinden hinterher.
Kano hatte sein Ziel verfehlt, der Jäger war der Sparrow fast problemlos ausgewichen. Er hatte nicht einmal zurückgeschossen. Kano hatte ihn aus den Augen verloren, während er seine Maschine herumriss.
Ein paar der Deathhawks waren abgefangen worden, nun in einem verbissen Kurvenkampf mit Typhoons verwickelt. Der Rest jagte zielstrebig auf die Mirage zu. Kano folgte, Lilja hinter sich.
Da schob sich seitlich ein feindlicher Jäger ins Blickfeld. Der „Todeshabicht“ war offenbar von einer Rakete oder einem Nahtreffer beschädigt worden, denn er hing leicht zurück, schien schwerfälliger. Ohne zu zögern nahm Kano ihn an. Wenn seine Hände jetzt zitterten dann höchstens aus Jagdfieber.
Zwei Amram jagten auf den Deathhawk zu. Doch Augenblicke vor dem Einschlag tauchte der Jäger ab, stieß zwei Täuschkörper aus, entkam dem sicheren Tod.
Mit einem Fluch kurvte Kano ein, folgte den Bewegungen des Feindes. An seinem Cockpit vorbei zischten eine Amram – Lilja. Doch noch einmal entkam der Akarii mit einer Rolle und zwei Täuschkörpern.
Aber das war sein Tod. Das Ausweichmanöver hatte ihn unwillentlich in Kanos Flugbahn gebracht, direkt vor die aufgeladenen Waffen. Zwei Laser und zwei Neutronenkanonen spien feurigen Tod, hämmerten auf die Schilde ein. Zwei Amrams folgten ihnen. Nur eine traf, doch das genügte mit der zweiten Salve der Bordwaffen. In einer Explosion ging der Deathhawk unter.
`SIEG!‘ Ein paar Augenblicke nahm Kano weder die Raumschlacht, noch sein Cockpit war, als Glück und Stolz ihn überfluteten. Er hatte einen feindlichen Jäger abgeschossen! Er war ein Jagdflieger! Das mochte erst der Beginn einer ruhmreichen Laufbahn sein. Später...
Dann schnitt Lilja’s ruhige, fast emotionslose Stimme durch die Gefühle, die ihn alles hatte vergessen lassen.
„Guter Schuß Ohka. Die Mirage brauchen Unterstützung. Ist noch nicht vorbei.“
Bei den Jagdbombern war eine wilde Kurbelei entstanden. Jabos, Jäger und Feindmaschinen kurvten umeinander, füllten den Raum mit dem Feuer ihrer Strahlenwaffen. Es war ein wirrer Kampf, ohne „Duelle“, ohne Klarheit – während die Deathhawk so viel Schaden und Verwirrung wie möglich anzurichten, überschütteten die Eskorteinheiten sie mit Feuer, versuchten sie zu vertreiben. Die beiden Typhoon wurden fast sofort getrennt, vergrößerten das Mêlée, das die feindlichen Jäger in dem verzweifelten Versuch, die Mirage zu stoppen, anrichteten.

In diesem Durcheinander versuchte Kano vergeblich, sich auf ein Ziel zu konzentrieren. Er vertrieb eine Deathhawk, die versucht hatte sich an einen Mirage zu hängen, verlor sie aber aus den Augen. Er selber steckte Treffer ein, ohne zu wissen, ob sie von Freund oder Feind waren. Seine Raketen hatte er bis auf eine Sparrow verschossen – in diesem Kampf aber hätte er sie ohnehin kaum einsetzen können.
Irgend etwas schien den Boden seiner Typhoon zu rammen – Feindfeuer! Kano warf die Maschiene auf den Rücken und tauchte weg.
Das Ausweichmanöver löste ihn aus der Raumschlacht – und vor sich, direkt auf Kurs, erblickte er einen feindlichen Jäger.
Ohne zu zögern, ohne vom Kurs abzuweichen, stürzte sich der Deathhawk auf Kano. Von beiden Seiten zuckten Strahlenbahnen aufeinander zu, beide trafen.
Kano presste die Zähne zusammen, während seine Maschine ruckte. Die Treffer waren nicht schwer – aber der Akarii stieß auf ihn zu, ohne ausweichen zu wollen.
Die Hand des jungen Piloten verkrampfte sich um den Steuerknüppel. Er – NEIN! Kano riss die Maschine zur Seite, wieder trafen die Geschütze des Feindes – dann war Akarii vorbei.
Jetzt machte sich Parkers Drill bezahlt. Noch ehe der Deathhawk die Typhoon richtig passiert hatte, riss Kano den Jäger in einen Looping, der ihn in den Sessel presste. Vor seinen Augen tauchten Schatten auf – aber er hielt durch.
Der Akarii mochte mutiger sein als Kano, aber mit diesem Manöver schien er nicht vertraut. Er flog gerade weiter, stieg dann in einen weiten Looping – zu spät.
Der Akarii musste ihn bemerkt haben, als er an seinem Heck auftauchte, doch der Abschwung zur Seite kam zu langsam. Wie ein Jagdhund an die Fährte hatte sich die Typhoon an das Heck gehängt, überschüttete den Deathhawk mit Salven aus Laser- und Neutronenkanonen.
Die von früheren Kämpfen bereits geschwächten Schilde gaben nach. Die Strahlenbahnen schlugen in Rumpf und Cockpit – Aus!
`SIEG!‘

Doch im selben Augenblick schien die Hand eines Riesen den Jäger zu packen, erbarmungslos zu schütteln. Treffer, Treffer – ebenso gnadenlos wie eben er selber hatte der unsichtbare Feind ihn im Visier.
„ICH BIN GETROFFEN!! SCHILDE; ANTRIEB – STEIGE...“ Hinter ihm explodierte etwas. Reflexartig knallte Kanos Hand auf den Auslöser des Schleudersitzes. Noch in der Drehung seiner Maschine, seinem letzten, verzweifelten Ausweichmanöver, katapultierte die Mechanik den Piloten ins All. ‚Versagt!‘ Dann knallte Kanos Kopf hart gegen irgendetwas. Er stürzte in schwarzes Nichts – den Tod?...

*********************************************************

Im Gefecht

Von ihrer Position aus hatte Tanja einen guten Blick auf die über ihr fliegenden Verbände. Wenn man sah, wie die Kampfflieger dahin zogen, Gruppe für Gruppe, machten sie einen todbringenden und unaufhaltsamen Eindruck. Doch „Lilja“ hatte Angriffe von größeren Formationen gesehen, die beim Kontakt mit dem Feind – diesem Feind – binnen kurzen zerschlagen worden waren. Akariijäger hatten jede Gegenwehr einfach beiseite gefegt und Bomber und Jagdbomber abgeschlachtet, während ihre Reservegeschwader die Eskorte der TSN-Verbände auseinandernahmen. Mehr als einmal hatte sie erleben müssen, wie aus dem Angriff panischer Rückzug wurde, oder am Ende nur noch klägliche Reste der Streitmacht einen nutzlosen Schlag führen konnten. Sie ballte die Fäuste. Dann zwang sie sich, ihre verkrampften Kiefer zu lockern.

Äußerlich war sie wieder die Ruhe selbst. Wer sie jetzt gesehen hätte, der hätte schon einen guten Blick haben müssen für solche Dinge, um ihre Erregung zu erkennen. Nur ein leichtes Muskelspiel verriet ihre Anspannung. Doch in ihrem Inneren war es, als flöße kein Blut, sondern eine Mischung aus Adrenalin und Feuer durch ihre Adern. In ihrem Kopf – während sie gleichzeitig kühl und ruhig beobachtete – schrien die Toten, die Verstümmelten, die Verschollenen: „Tötet Akarii! Tötet!“ Oder zumindest war ihr so. Denn das war das Geheimnis, ihr Geheimnis: Sie tötete, um sich von ihrer Schuld loszukaufen, davongekommen zu sein, wo andere starben. Sie hatte versagt und sie nicht schützen können, und jetzt musste sie die Arbeit für die tun, die nicht mehr kämpfen konnten. Und das trieb sie an und ließ ihren Hass ins Unermessliche steigen. Aber sie verlor nicht die Beherrschung dabei. Eine kalte Vernunft beherrschte das Feuer in ihrem Inneren – damit es nur die Feinde, nicht aber sie selber verbrannte.

Sie fasste ihren Flightführer ins Auge. Der fieberte vermutlich auch dem Kampf entgegen, wenn auch aus anderen Gründen. Sie lächelte kalt. So ähnlich war sie auch gewesen. Vorher. Bevor die Akarii ihr gezeigt hatten, was Krieg wirklich bedeutete. Bevor sie wiederum begonnen hatte, den Echsen zu demonstrieren, dass auch sie noch nicht ganz begriffen hatten, was dieses Schlachten WIRKLICH war. Sie war schon lange davon abgekommen, sich vorzudrängeln. Denn im Grunde war es gleichgültig, ob sie die Feinde abschoss, oder ihr ‚Vorgesetzter‘. Hauptsache war, Akarii starben. Wenn sie ihm einen Abschuss ermöglichte, war dies genauso viel wert, wie wenn sie selber einen Jäger des Feindes zerstörte. Denn es kam nur darauf an, DAß sie vernichtet wurden, nicht, von wem. Allerdings – nichts ging über das Gefühl, selbst so eine unmenschliche Bestie auszulöschen! Aber sie würde deswegen nicht ihre Pflicht vernachlässigen, und die hieß, zuerst die Bomber und dann ihren Flightchef zu schützen. Erst dann kamen persönliche Abschüsse.

Ein grimmiges Grinsen entstellte ihr Gesicht. Diesmal würde der Feind erleben, wie es war, wenn man überrascht und zu Tode gehetzt wurde! Und sie würde alles tun, damit nicht ein Feind den Kampf überleben würde. Aufmerksam überprüfte sie – das wievielte Mal wohl? – ihre Waffen. Vier Amram-Raketen, und zwei Sparrow. Die tödlichen Sidewinder hatten für die Aufgabe, die ihnen heute bevorstand, einfach nicht die richtigen Parameter. Zu langsam in der Zielerfassung, und im Raum nur treffsicher, wenn sie auf das Heck eines Jägers abgefeuert wurden. Die Bordwaffen waren feuerbereit. Zur Not würde sie damit eine Schussrate von 14 Salven die Minute haben, genug, um jeden Feindjäger auszuschalten – sogar die gefürchteten Deltavögel. Sie verließ sich immer mehr auf ihre Kanonen, als auf Raketen.

Schritt für Schritt befreite sie sich von allem, was sie belastete. Es geschah fast unbewusst, automatisch. Streit mit den Bordkameraden, Verärgerung über die Offiziere, ihre Unsicherheit wegen des wahren Ziels der Mission, die Angst, als „abgeflogen“ ausgemustert zu werden – all das spielte keine Rolle mehr. Hier ging es nur um eins – die Jagd!

Als dann der Feind gesichtet wurde, ging ihr Atem ruhig. Sie war bereit.

Es begann mit einem Sturm aus Feuer. Beide Seiten feuerten gnadenlos, frontal aufeinander zustoßend. Lilja löste sofort die Sparrows aus. Aber ihr Ziel brachte sich in Sicherheit – eine Rakete detonierte an einem Täuschkörper, die andere verschwand in den Tiefen des Alls, als ihr Gegner auswich. Sie fluchte nicht – bei so einem Frontalanflug war so etwas nicht anders zu erwarten. Aber während die Raketen noch flogen, riss sie ihren Jäger bereits in eine brutale Wende. Die Akarii rasten an ihr vorbei – keine Zeit für mehr als einen schnellen Schuss, der vermutlich nicht traf. Eine Deathhawk-Salve schüttelte sie durch, und sofort brach sie zur Seite aus – doch auch der Feind hatte ein Ziel, und das waren nicht die Abfangjäger. Und durch ihr Manöver war sie in der Lage, dem zu begegnen...

Sie musste zugeben, für einen Neuling flog „Ohka“ wirklich gut. Er hatte eben so schnell wie sie gewendet. Beide Jäger beschleunigten mit Maximalschub, dem Feind hinterher. Bloß gut, daß der auch Ausweichmanöver fliegen mußte! Hinter ihrem Flightführer plaziert, griffen sie gemeinsam an. Ein kurzer Feuerwechsel – und der Akarii war Geschichte, Kano hatte ihn abgeschossen. Oh nein – der Japaner war WIRKLICH kein schlechter Pilot. Dann trennte sie der Kampf. Sie hörte wieder die Stimme Parkers, und erinnerte sich: um jeden Preis die Jagdbomber schützen! In diesem Durcheinander zerbrach jede Ordnung. Vor ihr kurvte ein Deathhawk und eine Mirage. Der Heckschütze gab verbissen Gegenfeuer, doch obwohl er Treffer erzielte, schien das nicht zu reichen. Sein Feind war wendiger, versuchte, sich in Position zu setzen. In diesem Augenblick feuerte Lilja zwei Amram ab, der Gegner rettet sich durch einen blitzschnellen „Steigflug“ – wenn man bedachte, dass es im Raum weder unten noch oben gab. Bloß gut, dass sie keine Sidewinder hatte – die Amram konnte Freund und Feind unterscheiden. Das Ausweichmanöver des Akarii nutze dem nicht viel – der Heckschütze deckte ihn ein, dann setzte die Bugbewaffnung nach. Das Ende des Kampfes bekam Lilja nicht mehr mit, denn sie musste sofort einer Griphen zu Hilfe kommen. Indem sie den Akariijäger mit Feuer eindeckte, vertrieb sie ihn. Gleich darauf schüttelte ein Phantome einen Jäger ab, der ihr im Nacken saß – ein Pokryschkin-Manöver später kurbelte der angeschossene Alienjäger mit der Phantome, und zerschellte im Feuer des Überlegenheitsjägers, während sie sich neuen Zielen zuwandte. Jedoch – einseitig war der Kampf nicht! Auch wenn die feindlichen Maschinen deutlich in der Minderzahl und veraltet waren, kampflos ergaben sie sich nicht, und sie waren auch keine leichte Beute. In diesem Augenblick bemerkte sie, dass ihr Flightkamerad Probleme hatte.

Kano schoss sich frontal mit einem Akariijäger herum – doch dann setzte er sich plötzlich in Schussposition und vernichtete den Feind. Sie lächelte – aus ihm würde sicher noch etwas werden. Und je mehr gute Piloten es gab, desto mehr Akarii würden sterben. Aber in dieser Sekunde schoss ein Feindjäger heran. Überschüttete Kanos Jäger mit seinem Feuer. Sie musste ihn, in dem Durcheinander, übersehen haben! Die Typhoon bäumte sich auf – im letzten Augenblick katapultierte sich der Pilot aus der Maschine. Lilja Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze. Ihr Jäger schoss auf den Feind zu. Sie hatte versagt – hatte ihren Kameraden nicht schützen können, wie so oft. Aber wenigstens würde sie seinen Gegner vernichten!

Der Kampfflieger überholte, unablässig feuernd, seinen Feind. Der schien in Panik zu geraten, versuchte auszubrechen, dann, selber in Schussposition zu kommen. Ein gnadenloses Bremsmanöver, eine geschleuderte vertikale Kurve, ließ den Deathhawk an ihr vorbei ziehen, ohne ihm Gelegenheit für mehr als einen Schuss zu geben. Dann saß sie hinter ihm. Sie schien völlig vergessen zu haben, dass sie noch eine Rakete hatte. Treffer auf Treffer hämmerten auf den Gegner ein, zerschlugen seine Schilde, schlitzen den Jäger auf. Die scheinbar unbezwingliche Kampfmaschine erschien auf einmal zerbrechlich, fragil. Dann stieg der Akarii aus, seinen wracken Jäger im Stich lassend. Lilja riß ihre Maschine in eine weitere Kurve. Kaltblütig wartete sie ein oder zwei Sekunden ab, bis sich der Pilot von seinem zerschossenen Jäger entfernt hatte, um nicht beide zu treffen. Dann, mit einem beinahe raubtierhaften Knurren – in diesem Augenblick war von ihrer sonstigen Gelassenheit nichts geblieben – betätigte sie den Feuerknopf. Vier Strahlenbahnen kreuzten sich an einem Punkt.

Es gab keinen Schrei, kein Feuerwerk – nichts. Eine verlöschende Kerze hätte mehr zurückgelassen als der Pilot, den ihre Waffen förmlich verdampften. Sie fühlte ein bitteres Gefühl des Triumphes. Einer weniger – aber es waren noch genug übrig! Sie hatte noch eine Rakete und ihre Schilde waren bei 60 % - also stürzte sie sich wieder in die Schlacht. Es gab noch viel zu töten....

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Nach einem kurzen Tallyhoo hatte sich alles geändert. Die angsteinflößende Schwärze des Alls hatte sich erhellt. Tausende von Lichtbahnen kreuzten sich. Blau, grün, gelb, rot, orange, grell weiß. Rote Blümchen erblühten und in all Ihrer Schönheit gaben sie nur eins wieder: Den Tod. Den Tod eines eben noch atmenden, denkenden, hoffenden und wohl auch glaubenden Wesens.
Die Erregung war von Lucas abgefallen. Fasziniert von der Schönheit des Augenblicks beobachtete er die Schlacht und erfreute sich daran. Doch dieser Moment hielt weniger als eine Sekunde und doch kam es ihm wie eine Ewigkeit vor, die er sich zurückgehalten hatte, um einen Überblick zu verschaffen.
Er drückte den Schubregeler ganz nach vorn! Der Nachbrenner erwachte zum leben und Lucas wurde in den Sitz gepresst.
Ihm folgte dichtauf Pinpoint. Beide Phantome waren mit Nahkampfbewaffnung bestückt.
Die beiden stürzten sich auf eine Dreierformation Deathhawks, die sich gerade von 'oben' auf die Mirages stürzen wollten.
"Lösen Pinpoint, der rechte gehört Ihnen!"
"Roger Boss!"
Lucas feuerte blindlings eine Amram, es war ihm egal, welchen Akarii die Rakete anpeilte, ob nun den Führer oder den Flügelmann an links.
Der Führer brach aus und fing wild an zu manövrieren, also visierte Lucas den linken Flügelmann an und eröffnete auf Maximalreichweite mit allen vier Strahlenkanonen das Feuer.
Die Schüsse hatten das gehoffte Ergebnis: Der Akarii, obwohl er noch nicht ernstlich in Gefahr getroffen zu werden war, fing an zu manövrieren und brach den Angriff auf die Jagdbomber ab und gab Lucas somit die Chance näher zu kommen.
Schließlich entschloss sich der Akarii sich die Phantom vorzunehmen und drehte seine Schauze zu Lucas und eröffnete das Feuer.
Lucas führte ein schnelles Korkenziehermanöver aus, dieses Manöver eignete sich zwar eher für Schauflugformationen als für den Nahkampf.
Der Akarii versuchte ihn im Schussbereich zu behalten und wurde bei der Drehung immer langsamer. Schließlich beendete Lucas den Korkenzieher mit einem halben von Bein und tauchte ab, um gleich darauf wieder hochzukommen und die Deathhawk an der Unterseite mit einer Breitseite zu erwischen. Der in Panik geratene Akarii gab Vollschub und versuchte nur noch wegzukommen und gestattete Lucas sich einfach in sein Heck einzuschwenken.
Schon bald erklang ein Signalton und Lucas ließ eine Sidewinder los.
Die kleine wendige Rakete zerhämmerte das geschwächte Schutzschild und ließ die Deathhawk förmlich zerplatzen.
Ein kurzer Blick auf den Schirm sagte Lucas, dass der Akarii, der anfangs vor seiner Amram geflüchtet war, sich dabei vom Hauptgeschehen abgesetzt hatte und nun sich diesem wieder zuwandte.
Kurz entschlossen gab er seiner Phantom erneut die Sporen um den isolierten Gegner zu erlegen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie mehrere Atomexplosionen die feindliche Raumstation erschütterten und wechselte auf die allgemeine Frequenz: "Die Zerstörer! Knackt die Verdammten Zerstörer!" Wenn diese beiden Bestien Ihr Raketenarsenal in die Schlacht warfen konnte das Böse enden.

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"YEEHAW!" schallte über den Funk. Der Deathawk detonierte in einem Feuerball. Darkness riss seine Phantom nach oben und passierte knapp einen der Zerstörer. Er und Ace hatten sich getrennt um die Zerstörer-Eskorte durcheinanderzuwirbeln. Der erste Jäger war im Eimer und andere sollten noch folgen.

Er visierte kurz einen der Zerstörer an und gab ein paar Schüsse auf ihn ab um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Ein Warnsignal erklang und Justin musste ausweichen. Eine Rakete passierte seine Maschine um Haaresbreite und verschwand dann im All. Es hatte funktioniert.

Er wirbelte seinen Jäger herum und suchte ein neues Ziel.

"Boss, hier Ace. Ich habe Schwierigkeiten." Der Junge klang ruhig also war es noch nicht so schlimm.
"Wo bist du Kleiner?" Darkness suchte nach seinem Freund, aber Ace war schneller.
"2 Grad über deiner Sechs... Habe zwei Akarii hinter mir."
"Verstanden auf mein Zeichen nach links wegbrechen."
Darkness wendete seinen Jäger zu den angegebenen Koordinaten. Da war er! Und da waren seine Verfolger!
"3 - 2 - 1 LOS!"
Aces Phantom brach nach links weg und flog nur Meter an seiner eigenen Maschine vorbei. Darkness eröffnete das Feuer mit Amraams und den Geschützen. Die Akarii Piloten brachen aus der Formation aus und vollführten wilde Ausweichmanöver.
"Ich nehme den Linken, der Rechte ist deiner, Kleiner." Während er das sagte nahm er bereits Peilung mit einer Sidewinder auf und feuerte die Rakete ab.
"Verstanden, danke." Ace war heute zwar etwas wortkarg aber in Topform. Gut. Scheinbar waren seine Sorgen um ihn nicht gerechtfertigt gewesen.

Die Sidewinder traf und schleuderte den Deathhawk herum. Anscheinend war sein Antrieb getroffen oder der Pilot verwundet denn der Jäger unternahm keine weiteren Ausweichmanöver und wirbelte in den Schutzschirm des Zerstörers und explodierte dort.
Eine Wolke von Raketen löste sich von dem Großkampfschiff und nun war es wieder an Justin, Ausweichmanöver zu fliegen. Er flog in knapp 50 m Entfernung an der Brücke des Zerstörers vorbei um die Peilung der Raketen zu verwirren als dieser von mehreren Mavericks getroffen wurde.
"Wurde auch langsam Zeit Gold! Wir halten die Eskorte auf, knackt dieses Scheißding endlich!"
"Kein Problem Darkness, halte uns nur den Hintern frei." Ravens Stimme war ruhig aber angespannt.
"Verstanden. Ace? Hast du mitgehört?"
"Jepp bin schon dabei."
Darkness lachte als er den nächsten Jäger ins Visier nahm...

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Als mich der Andruck des Katapultstarts in den Pilotensessel drückte, vergaß ich für einen Moment alles um mich herum. Meinen Ärger mit Lilja, meine Sorge um Kali, das traurige Wissen um einen bevorstehenden Völkermord, einfach alles. Für diesen einen Moment war ich nur eines. Ein Pilot in einer Maschine. Und der Pilot in seiner Maschine war auf der Jagd.
Ich war in meinem Element.
Mit halbem Ohr hörte ich den Befehl, die Mirages bei ihrem Angriff auf die Station zu eskortieren. Mist, logisches Ziel wären die Zerstörer gewesen, denn die klobige Station würde wohl kaum aus dem System springen können. Aber ich hütete mich, auch noch dort mitzumischen und mich bei allen Führungsoffizieren der RED unbeliebt zu machen.
Stattdessen hing ich eng an Darkness dran und folgte ihm, als er in einer weiten Schleife aufkreuzte, um auf einer Höhe mit den JaBos zu bleiben, ohne die Geschwindigkeit runternehmen zu müssen.

Als die Deathhawks kamen, gut zwanzig an der Zahl, warf sich Darkness mit einem zornigen Knurren auf eine Dreierrotte. Sofort splittete sich die illustre Runde. Darkness blieb am Mittleren dran, ich folgte leicht versetzt auf sieben Uhr eine Jägerlänge hinter ihm.
Plötzlich warf sich der Deathhawk in einen Immelmann und nutzte seine größere Wendigkeit aus, um die schwerfälligere Phantom auszufliegen. Darkness musste eine größere Kurve fliegen, um wieder dran zu kommen. Ich hatte das Manöver vorausgesehen und hielt mich nun links an seiner neun. Damit war ich im besseren Schussfeld auf den Feind, der in einer engen Kehre wieder auf die Jabos zuschoss. Bevor er auf Kurs gehen konnte, eröffnete ich das Feuer aus Neutronen- und Plasmawerfern und zwang ihn von seinem Angriffsziel ab.
Darkness kam nun aus seiner Kehre, legte einen Von Bein hin und beharkte den Feindjäger auf diese Weise lange bevor er die Schnauze seiner Mühle in Flugrichtung hatte.
Was würde der alte Knochen wohl leisten können, wenn ich ihm einen Trackball einbaute?
Jedenfalls trieb er mir den Akarii direkt vor die Rohre. Ich zögerte nicht lange, feuerte eine Sparrow, und jagte eine volle Salve meiner Energiewaffen in den bereits lädierten Panzerschutz. Der Feindjäger verging in einer kleinen Lohe aus Licht und Trümmern.
Kurz musste ich an das denken, was mir Lilja gesagt hatte. Das von wegen die Akarii würden es mit uns immer in Unterzahl aufnehmen, während sie es immer und immer wieder mit einer Übermacht aufnehmen hatte müssen. Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. Dann musste diese Situation für sie ja die reinste Freude sein.
„Lösen und angreifen, Ace.“
„Danke, Boß“, bestätigte ich und ging in eine enge Kehre.

Das All um mich herum loderte. Die Flights hatten sich gesplittet, die Maschinen, egal ob Mensch oder Akarii kämpften auf engstem Raum gegeneinander. Die Akarii waren weit unterlegen, dennoch kämpften sie tapfer und errangen manchen Sieg, bevor ihr todesmutiger Kampf ihr Leben als Opfer forderte. Ich versuchte in diesem Gewühl Freunde wieder zu entdecken, aber genauso gut hätte ich auch versuchen können, mit Lieutenant Rowland eine ehrlich Party Poker zu spielen.
Der Alarm der Zielerfassung erinnerte mich an die Wirklichkeit. Ich checkte die Anzeigen und entdeckte zwei Deathhawks hinter mir.
„Zwei gegen einen ist unfair“, brummte ich. Kam ich also auch mal in den Genus, in Unterzahl zu kämpfen. Ich warf Täuschkörper ab und ging in eine enge Kehre, immer ein Auge auf den Feind. Als der linke Akarii auf Schussdistanz und in Schussposition kam, trat ich auf die Slidebremse, bewegte den Trackball in einen siebziger Winkel und ging wieder vom Slide runter. Ergebnis war ein abrupter, harter Kurswechsel, der das Material bis an die Grenzen beanspruchte. Ich wurde hart in die Sitze gepresst, brach aber aus der Formation der verschlungenen Kämpfe aus.
Mein Kurs trug mich zum Zerstörer, der den Kontakt Alpha bekommen hatte. Was besseres konnte mir nicht passieren. Mit zwei Akarii im Schlepp würden die nie auf mich feuern.
Ich hatte mich bereits etwas von ihnen abgesetzt, aber nun ließ ich die Finger vom Nachbrenner, damit die agileren Jäger aufholen konnten. Je näher sie waren, desto unsicherer wurde ein Treffer durch den Zerstörer. Desto größer wurde aber auch die Chance, abgeschossen zu werden.
DA! Eine andere Phantom über der Oberfläche des Akarii-Dickschiffes. Und es war Darkness.
"Boss, hier Ace. Ich habe Schwierigkeiten."
"Wo bist du Kleiner?" Justin McQueen klang ebenso erleichtert wie besorgt.
"2 Grad über deiner Sechs... Habe zwei Akarii hinter mir."
"Verstanden auf mein Zeichen nach links wegbrechen."
Ich hielt mich bereit, aber die Akarii kamen immer näher.
„3 -2 – 1... LOS!“
Sofort tippte ich kurz auf den Nachbrenner und zog durch die Beschleunigung knapp genug an Darkness´ Maschine vorbei. Er feuerte Raketen und die Bordgeschütze ab, was die Akarii zu einem Split veranlasste. Einer flog in meine Richtung.
„Ich nehme den linken, der rechte ist deiner, Kleiner“, brummte Darkness konzentriert.
„Verstanden, danke.“
Darkness feuerte noch eine Rakete und ging in den Kurvenkampf, den der Veteran sehr gut beherrschte.

Ich flog auf meinen Akarii in einem spitzen dreißiger Winkel zu, befand mich zudem unter seiner sechs. Zwar würde er mich auf dem Radar haben, aber er würde mich nicht sehen können. Ich bereitete die Amrams vor und richtete die Schilde nach vorne aus. Dies würde, wenn alles glatt ging, mein zweiter Abschuss in diesem Gefecht werden. Mein siebter offizieller Abschuss für die Navy, aber erst der sechste der zählte. Für mich zählte. Auf jeden Fall aber hatte ich mir endlich, endlich, das Flying Cross auch verdient.
Wieder tippte ich den Nachbrenner an, feuerte, als der Deathhawk fast schon meine Frontsicht ausfüllte, die Amrams und eine volle Salve Energiewaffen ab, zog die Mühle leicht hoch, trat auf die Slidebremse und setzte das konventionelle Feuer fort, bis der Akarii kollabierte.
Freude wollte sich bei mir nicht einstellen. Der Pilot stieg nicht aus. Warum auch? Die Geheimen hätten ihn sowieso töten müssen. Es war egal, sowas von Scheißegal.
"Wurde auch langsam Zeit Gold! Wir halten die Eskorte auf, knackt dieses Scheißding endlich!" blaffte Darkness erleichtert, als die Mirages die ersten Antischiffsraketen auf den Alpha schossen.
"Kein Problem Darkness, halte uns nur den Hintern frei."
"Verstanden. Ace? Hast du mitgehört?"
"Jepp, bin schon dabei." Die Zeit zum Nachdenken war vorbei. Die Pflicht rief.

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Vernichtung

„Ausbrechen!“ brüllte Claw, und seine Flightführerin folgte sofort dem Ratschlag. Der Akarii zischte an ihr vorbei, während sie einen Looping drehte, die Typhoon ihres Kameraden im Nacken. Sofort war sie wieder hinter ihm, während der Andruck des Nachbrenners sie in den Sitz preßte. Sekunden später zerbarst der Feind im konzentrierten Feuer.
Lightning riskierte einen schnellen Rundblick. Für den Moment schienen die gegnerischen Jäger weitestgehend vernichtet. Zahlenmäßig unterlegen, hatten sie den fast sechzig terranischen Kampffliegern nicht lange Widerstand leisten können. Es war gelungen, zumindest den größten Teil der Feinde in Gefechte zu verwickeln, ehe sie an die Jagdbomber herankommen konnten. Allerdings – Deathawks waren schnell und wendig, und gegen Raketen war eine Blockformation schwer möglich. Aber jetzt waren die Akariiflieger vernichtet, oder wurden von jeweils zwei oder drei Erdjägern gehetzt. Es war nicht ohne Verluste abgegangen – Ohkas Jäger war zerstört worden, und Hawkeye „hinkte“ gerade mit zerschossener Mühle nach Hause. Sie fühlte einen üblen Geschmack im Mund. Hoffentlich lebte der Junge noch. Der Verlust einer Maschine lies sich ausgleichen, aber es waren die Blutverluste, die an ihr nagten. Halbe Kinder, frisch von der Akademie – und die schickte man gleich bei ihrem ersten Fronteinsatz hinter die feindlichen Linien! Die anderen Jäger ihres Schwadrons waren teilweise etwas lädiert, aber alle noch einsatzbereit. Sie fühlte ein wenig Stolz auf sie – denn ihre Aufgabe hatten sie gut erfüllt.

Was freilich nicht hieß, dass der Kampf schon vorbei war, im Gegenteil. Die feindlichen Zerstörer waren ebenso ein Problem wie die Station, die förmlich Raketen und Laserblitze zu speien schien. Die Jagdbomber und die Griphen mit ihrer neuen „Wunderwaffe“ – wieder mal so eine Schnapsidee aus dem Hauptquartier, ein neues System auf Biegen und Brechen erproben zu wollen, ohne an die Risiken für die Versuchskaninchen zu denken – taten zwar ihr Bestes, aber dennoch – drei Ziele auf einmal waren ein bisschen viel. Was bedeutete...

„Alle mal herhören, hier Lightning! Wie ihr seht, haben unsere Kollegen Probleme. Wir sollten mal sehen, wie wir ihnen helfen können. Auf mein Kommando – Anflug auf die Station. Ausweichmanöver nach freiem Ermessen, Ziele gebündelt unter Feuer nehmen. Vorgehensweise Piranha.“ Sie überhörte die bissige Bemerkung eines ihrer Piloten – vermutlich Claw – die Herren und Damen könnten ja ruhig auch selber mal was für ihr Geld tun. Die zur Schau gestellten Arroganz der Abfangjäger war nun einmal Markenzeichen vieler Piloten. Das „Piranha“-Manöver – nach einem Raubfisch Terras benannt – bedeutete, in unmittelbarer Nähe eines feindlichen Großkampfschiffes zu operieren und ständig Angriffe aus wechselnden Vektoren zufliegen. Mit etwas Glück wurden die feindlichen Kanoniere durch das konfuse Geflitze der Jäger verwirrt, zumal die ständig Schussbereiche betraten und verließen und schwer anzupeilen waren. Und die große Zahl der Ziele verschlimmerte das noch. Während der akrobatischen Manöver würden die Jäger aus allen Lagen feuern und die Schilde schwächen, um den Raketen und Geschützen schließlich Breschen zu schlagen. So etwas konnte allerdings auch schiefgehen, wenn die feindliche Station oder das Schiff über ein gutes Feuerleitsystem verfügte. Wenigstens erschwerte die geringe Entfernung eine Zielerfassung mit Raketen, denn ehe die einen Jäger anpeilen konnten, war er oft schon aus dem Feuerbereich heraus. Oft – nicht immer.

„Angriff!“ Und wie eine Horde Mücken kamen sie über die Station.

Lilja lies den Steuerknüppel wie wild von einer Seite auf die andere schwanken. Ihr Jäger torkelte wie ein Bauer auf dem Heimweg von der Dorfkneipe, unterbrochen von Haken und Kurven, die einen Hasen neidisch gemacht hätten. Unablässig feuerte sie mit den Bordwaffen. Aber auch der Gegner tat, was er konnte. Immer wieder tasteten Laserstrahlen nach ihren Schilden und nagten an ihnen. Ein Raketenwerfer spuckte seine tödliche Fracht, doch ein blitzschnelles Manöver ließ sie aus dem Zielbereich verschwinden. Sie fluchte leise. Ihr Vorrat an Mutterflüchen aus der "alten Heimat" war schier unerschöpflich, aber in der jetzigen Lage konnte sie ihn gut gebrauchen.

Denn obwohl die Jäger das Feuer der Station zerstreuten, so konnten ihre eher kümmerlichen Waffen gegen die massiven Schilde nichts ausrichten. Zwar wurden die Akarii zunehmend nervös - das Dutzend Jäger sah wie wesentlich mehr aus, bei ihrem Gewimmel, und eine Konzentration des Feuers war so unmöglich - aber trotzdem war das Risiko für die eher leicht gepanzerten Abfangjäger nicht gering. Und das, damit die "lahmen Enten" ungestört anfliegen konnten. Eine sinnvolle Taktik - die Akarii wussten nie, wen sie gerade vor sich hatten und schossen lieber auf alles als gezielt auf bestimmte "Leckerbissen". Aber Zielscheibe war schon immer ein undankbarer Job gewesen.

Parkers Stimme klang scharf: "Könnten die Herren lahme Enten mal ihre Ärsche in Bewegung setzen, oder sollen meine Leute die Station im Alleingang ausschalten!" Die Antwort fiel sicher nicht sehr freundlich aus - schließlich machten die anderen Jäger nicht Urlaub, sondern bekämpften die Zerstörer - doch nun schlossen sich weitere Kampfflieger an und vergrößerten das Durcheinander.

"Achtung, Sektor Vier schweres ankommendes Feuer - 10 Sekunden!" Lilja brachte ihren Jäger auf Kurs. Das bedeutete möglicherweise ein Fenster, wenn die Schilde zeitweilig zusammenbrachen.

Mehrere Typhoons trommelten auf die Schilde ein, und lenkten so das Feuer teilweise auf sich, während die anderen Jäger - ob Griphen oder Mirage war unklar - anflogen. Dann schlugen die Raketen ein. Die Schilde brachen zusammen, doch die Panzerung hielt stand. Direkt über der Oberfläche griffen die Anfangjäger an, der Feind wusste nicht mehr, auf wen er eigentlich feuern sollte. Lilja presste die Lippen zusammen, als ein Laserturm sie anpeilte und unter Feuer nahm. Ihr Jäger bockte - teils durch den Beschuß, teils wegen ihrer Ausweichmanöver - doch sie schoß unermüdlich. Dann war sie fast über der feindlichen Feuerstellung. Wie in Zeitlupe lief alles ab...

Der Daumen, der den Raketenknopf drückte. Der Feuerkranz des zündenden Geschosses. Die Laserblitze vom Geschützturm. Dann - sie war schon über dem Feind - die Explosion, die hinter ihr losbrach. Ihre Maschine wurde durchgeschüttelt, doch mühsam konnte sie die Kontrolle bewahren. Sie pfiff atemlos durch die Zähne - ihre Schilde waren wirklich fast hin. Dann lächelte sie - der Geschützturm und sein Zwilling hatten weniger Glück gehabt. Die Typhoons hatten an dieser Seite der Station die Feuerkraft ausgedünnt. Das Ende würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Sie begann einen erneuten Störanflug.

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Die Schlacht war im vollen Gange und doch schon fast vorbei. Die Typhoons der Redemption waren wie die Mongolenhorde des Dschingis Khan über die Akarii Jäger gekommen und hatten diese vernichtet. Die Station war ebenfalls schon stark angeschlagen.
Muphy sah sich in seinem Cockpit um und versuchte einen Gesamtüberblick zu gekommen. Flight 2 und 3 der Jaguars stürzte sich auf die Station, deren Schilde nunmehr komplett zusammengebrochen waren. Drei weitere Mavericks schlugen mittig in der Station ein.
„OK Leute, Vorsicht, die Station liegt in den letzten Zügen, Abstand halten. Spart die restlichen Raketen für die Zerstörer auf!“
Doch es war schon zu spät, weitere Mirages schossen ihre Mavericks auf die Station ab. Martell fluchte. Dann sah er, wie die Station förmlich auseinanderplatzte, als die Atomsprengköpfe den letzten Schutz heruntersprengten. Aus allen Ritzen brach das Feuer hervor, die Station verwandelte sich binnen weniger Momente in einen Trümmerhaufen mit vielen Bruchstücken.
„Auf die Zerstörer, aber schnell, die dürfen nicht entkommen.“ Martell erkannte, wie einer der Zerstörer auf die Bomberformation zuhielt, während der andere einen Kurs anlegte, der ihn in die Atmosphäre von Troffen führen würde. Die letzten Mavericks der Mirage flogen auf den ersten Zerstörer, den Martells Computer als Ziel Bravo bezeichnete, zu. Unter dem konzentrierten Feuer begann der Schild zu flackern, ein sicheres Zeichen für Probleme. Murphy aktivierte den Afterburner und sein Flight folgte ihm. Auf mittlerer Entfernung eröffnete er das Feuer mit den Hydras. Ein so großes Ziel konnten selbst diese Waffen nicht verfehlen. Nach einigen Salven brach der Schild zusammen und Martell erkannte sofort den Grund hierfür. Der Zerstörer war in einem schlechten Zustand, offensichtlich gerade in der Reparatur. Einige Panzerplatten fehlten gänzlich, andere waren nur provisorisch angebracht, auch schien die Zielerfassung nicht die normale Effizienz zu haben, denn das Abwehrfeuer des Zerstörers verpuffte wirkungslos. Wie ein Falke im Sturzflug näherten sich die anderen beiden Flights der Jaguars und steuerten ihr Feuer bei. Nach einigen Angriffen auf das Triebwerk erloschen dieses. Als auch noch die Brücke getroffen wurde, war das Schicksal von Bravo besiegelt. Der Zerstörer explodierte nicht wie die Station in einem großen Feuerball, sondern zerbrach unter kleineren Feuern in mehrere große Teile. Martell sah kein einziges Rettungsboot und schüttelte den Kopf.
Dann sah er auf seinen Schirm und fluchte abermals. Was machte denn der andere Zerstörer da? Murphy schaltet auf den Geschwaderkanal um.
„Hier Jaguar Lead, der zweite Zerstörer macht die Mücke. Wir müssen ihn stoppen, bevor er das Gravitationsfeld von Troffen zur Beschleunigung nutzt!“
Offensichtlich hatten auch andere Piloten dieses Problem erkannt. Jedoch waren alle Mavericks verbraucht, weshalb Langstreckenwaffen nicht mehr verfügbar waren. Martell wußte, dass die Chance, den Zerstörer mit einigen Hydras, die verblieben waren und Bordwaffen zu vernichten, gleich null war. Dennoch musste er es versuchen. Abermals aktivierte er den Afterburner, auch wenn er riskierte, es nicht mehr bis zur Redemption zu schaffen. Nach zwei Minuten merkte er, wie die Gravitation zunahm und er noch stärker beschleunigte. Auf extreme Distanz feuerte er seinen Hydrawerfer auf das Heck des Zerstörers ab, auch Snake Bite leerte ihre Behälter. Doch die Schilde wurden nur geschwächt. Dann war Martell schon an dem Schiff vorbeigeschossen. Ihm folgten mehrere Wellen von Griphens und Typhoons, die ebenfalls mit Hydras oder auch nur mit Bordwaffen angriffen, doch all dies half nichts. Die Schilde des Zerstörers hielten dem Angriff stand. Gerade als Murphy einen neuen Angriff fliegen wollte, wurde der Zerstörer plötzlich immer schneller. Es schien, als wenn ihn die Gravitation von Troffen förmlich um den Planeten herumschleudern würde.

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Lähmendes Entsetzen breitete sich in Lucas Magenkuhle aus, als der Zerstörer plötzlich beschleunigt.
,Verdammt! Nein! Nein! Nein!'
"Raven! Status, können Sie sich den noch schnappen?"
"Negativ Häuptling. Außerdem haben wir unser Pulver verschossen. Die verdammte Station hat doch mehr gefressen als gedacht. Und unsere Tanks sind fast leer, ich bin mir nicht sicher, ob wir's überhaupt bis nach Hause schaffen."
"Scheiße!" Lucas fluchte zum ersten mal vor versammelter Mannschaft. "Bäcker, wie steht es bei Ihnen?"
"Einen Moment, bitte."
"STATUS!"
"Ähm, die Tanks sehen noch gut aus, aber auch wir haben keine einzige Mav mehr, Sir." "Gut, kehren Sie mit Ihren Leuten zum Träger zurück. Der Rest wird hier aufräumen, falls noch was zu finden ist."
Lucas schaltete die Redemption Wachfrequenz: "Lone Wolf an Big Basket. Lone Wolf an Big Basket: Wir brauchen ein Tankshuttle und ein SAR-Shuttle. Ich schicke Silber zurück, einer der Zerstörer ist entkommen."
Ihm antwortete nur ein eisiges ,Bestätigt.'

CIC - T.R.S. Redemption
"Kann dieser Idiot nichts richtig machen", fauchte Rowland.
"Nur die Ruhe", antwortete ihm Bayonne, "können wir den Zerstörer noch abfangen?"
Seine Frage ging an Melissa Auson, die auch prompt antwortete: "Die Admiral Fisher ist als Vorposten voraus, sie kann die Blechdose noch abfangen."
"Na dann los!"

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Auf der Fisher war wie schon die letzten Tage ein Atmosphäre der ruhigen Anspannung. Alle Besatzungsmitglieder wußten, dass man im Feindgebiet war, doch rechneten die wenigstens damit, dass man es mit mehr als einigen Shuttles, Scouts oder Jägern zu tun bekommen würde, die von Troffen zu fliehen versuchten. Gonzalez hatte gerade Turner abgelöst. Genau wie alle anderen Besatzungsmitglieder rotierten die beiden Offiziere im acht-Stunden Rhythmus, der dritte im Bunde war der Taktikoffizier Douglas O’Keefe, der gleichzeitig der Zweite Offizier an Bord war.
Plötzlich kam der Funkmaat, Petty Officer 2nd Class Konopko auf ihn zu.
„Sir, eine Nachricht von der Redemption, oberste Priorität.“
„Danke.“
Gonzalez hob die Augenbrauen, als er die ersten Zeilen las. Dann setzte er sich auf seinen Kommandosessel und nahm das Mikrofon für die Gegensprechanlage. Bevor er sprach, aktivierte er kurz die Alarmsirene.
„Achtung, hier spricht der Captain, Gefechtsstationen besetzen, ich wiederhole, Gefechtsstationen besetzen. Alle Mann, die keine Station besetzen, bereithalten für Schadenskontrollabteilungen.“
Wenige Sekunden später kam Turner angehastet, auf seinen Fersen war O’Keefe.
„Was gibt’s, Sir?“
„Die Deppen von der Redemption haben einen Zerstörer praktisch unbeschädigt flitzen lassen und wir sollen nun die Suppe auslöffeln. Hier ist der Kurs, den der Zerstörer eingeschlagen hat. Errechnen Sie einen Abfangkurs und beschleunigen Sie auf Flankengeschwindigkeit. O’Keefe, ich brauche die kompletten Unterlagen zum Zerstörer der Charlie Klasse“
„Charlie Klasse, verdammt, das wird 'nen harter Brocken.“ O’Keefe schien besorgt.
„Keine Angst, das packen wir schon.“ Der Lieutenant Commander begab sich an die taktische Konsole, von der aus das Display, das in der Mitte der Brücke vor dem Kommandosessel stand, gesteuert wurde und begann die Daten über die Charlie Klasse aufzurufen. Die Charlie war, wie sich Gonzalez erinnerte, eine ältere Zerstörerklasse, die vor allem einen starken Schild hatte. Die Panzerung war eher schwach gestaltet, dafür war das Offensivpotential des Schiffes auch modernen Schiffen vergleichbarer Größe ebenbürtig. Gonzalez war nicht ganz wohl bei der Sache. Zwar war die Fisher ein modernes Schiff und deutlich schneller und wendiger als ein Charlie, aber trotzdem nicht auf eine Schlägerei mit einem solche Koloß ausgelegt. Zudem hatte der feindliche Käptn seine Kompetenz schon durch sein Entkommen unter Beweis gestellt. Dann studierte Gonzalez die Geschützverteilung der Charlie genauer.
Währenddessen hatte auch Turner Position neben dem Käptn bezogen und betrachtete ebenfalls die Daten. Auch seine Miene wurde immer angespannter.
„O’Keefe, blenden Sie bitte die Karte ein und legen Sie die Daten des Charlie in das obere linke Viertel. ... Danke. Nun, Vorschläge?“
„Ist, wie gesagt,' nen harter Brocken. Wenn die Schilde unten sind, müssen wir das Feuer auf eine Stelle konzentrieren, um die schwache Panzerung auszunutzen, am besten im hinteren Bereich. Zum einen könnten wir dann den Antrieb killen, was uns die Möglichkeit gäbe, Verstärkung heranzuführen. Zum anderen ist hinten die Panzerung eh dünn, und angeblich soll da auch ein Munitionslager liegen.“
„Turner, was meinen Sie?“
„Sehe das ganz ähnlich, Douglas hat recht. Ergänzend würde ich auch auf die relativ schwache Bewaffnung im hinteren Bereich hinweisen. Offensichtlich meinen die Akarii, man müsse die Breitseiten immer über den Bug feuern.“
„Also ein Angriff von hinten?“
„In der Tat, wir sollten versuchen, das Hauptgeschütz des Zerstörers möglichst zu vermeiden, zwei, drei Treffer davon und unsere Schilde sind weg.“
„Gut, Gentleman, machen wir es so. Turner, lassen Sie alle Stationen durchchecken, alle Energiewaffen sollen Probefeuern. O’Keefe, Sie achten darauf, dass wir auf idealem Abfangkurs bleiben.“
Die beiden Offiziere nickten, machten sich an die Arbeit und ließen Gonzalez mit seinen Gedanken allein. Nach zehn Minuten meldeten alle Stationen Bereitschaft, die Fisher war Gott sei dank in einem eins-a Zustand. Dann griff Gonzalez abermals zum Mikrofon: „Achtung, hier spricht der Captain. Vor fünfzehn Minuten erreichte uns eine Nachricht von der Redemption. Ein Zerstörer hat den Angriff überlebt und muss unbedingt abgefangen werden. Wenn er entkommen kann, ist unsere Mission zum Scheitern verurteilt. Auf uns liegt nun die alleinige Last der Verantwortung. Ich weiß, dass wir dieser Verantwortung gerecht werden können, denn wir sind bestens vorbereitet und haben ein Schiff, auf das wir uns verlassen können. Ich zähle auf alle von Euch. Ende.“
Dann sah er sich auf der Brück um und es schien ihm, als wenn die Offiziere und Mannschaften ein weniger zuversichtlicher, mit durchgestrecktem Rücken ihren Dienst verrichten würden.

Dreißig Minuten später tauchte der Zerstörer auf dem Schirm auf.

**************************************************************

Gonzalez saugte an seiner Oberlippe. Jetzt wurde es eng. Der Zerstörer hatte einen Kurs anliegen, der ihn quer über den der Fregatte führen würde. Nach wenigen Augenblicken erkannte Gonzalez, wie der feindliche Kapitän versuchte, diesen Winkel stumpfer zu gestalten, offensichtlich in der Absicht, länger seine Breitseiten ins Spiel bringen zu können oder gar um einem Abfangmanöver der Fisher gänzlich zu entkommen.
Gonzalez schüttelte den Kopf. Dann sah er, wie Turner ihn fragend ansah.
„Abfangkurs an feindliche Kursänderung anpassen. Letzte Überprüfung vornehmen.“
Turner nickte und gab die Orders aus.
„O’Keefe, ich will Ideen hören.“
„Er spielt uns in die Hände, wenn er nicht vorher die Biege machen kann. Stumpfer Winkel heißt, dass wir leichter auf seine Sechs kommen.“
„Richtig...aber das sollte er doch wissen.“
„Vielleicht denkt er, er kann entkommen, ohne einen allzu langen Schusswechsel zu führen.“
„Da denkt er aber falsch, wir haben ihn in 20 Minuten auf Schussweite, er braucht aber 35 Minuten, um zum Sprungpunkt zu kommen.“ Warf Turner ein, der von seiner Konsole aufsah, auf der er das Abfangmanöver nachvollzog.
„Richtig. Was sagt der Maschinenraum, können wir mehr Leistung aus den Triebwerken rauskitzeln?“
„Ja, aber nur für kurze Zeit, etwa 20 Sekunden, ansonsten überhitzen wir die Maschinen und dann kann alles mögliche passieren. Zuwachs liegt bei etwa fünf Prozent. Allerdings besteht die Gefahr, dass wir Schäden nehmen.“
„Gut, dass sollte reichen. Ich will, dass wir diese Zusatzpower nutzen, um möglichst schnell das Seitenschussfeld von diesem Monster zu verlassen.“
„Aye, Sir.“
Die nächsten Minuten vergingen nur schleppend, und Gonzalez verspürte innerlich den Drang, sich eine Zigarre anzuzünden. O’Keefe, der noch keine Gefechtserfahrung hatte, wurde langsam nervös, während Turner mit der ihm eigenen Effizienz ab und an kleinere Korrekturen am Abfangkurs vornahm. Gonzalez war froh, dass er zwei so fähige Offiziere hatte, auch wenn er sich Sorgen machte, ob O’Keefe seine Fähigkeiten auch unter Feuer voll zum Einsatz bringen konnte.
Dann meldete sich ein Petty Officer, der an den Passivsensoren arbeitete.
„Sir, Kontakt Delta-5 aktiviert Feuerleitradar. Feste Erfassung in voraussichtlich 30 Sekunden.“
„Danke. Feuerleitradar bereithalten....aktivieren.“
„Sir, Ziel Delta-5 klassifiziert als Charlie Klasse Zerstörer. Scheint eine ältere Baureihe, vermutlich Mark II zu sein. Ziel ist in 90 Sekunden in Feuerreichweite.“
„Waffen, Zielradar für Kanonen und Impulslaser aktivieren, Waffen aufladen. Harpoon-Radar weiterhin auf Stand-by.“
„Sir?“ fragte Turner.
„Ich will nicht, dass er Täuschkörper rauswirft, vielleicht übersieht er die Harpoons, sind ja immerhin erst ab Block 50 verbaut worden.“
Dreißig Sekunden später wurde die Hoffnung von Gonzalez zunichte gemacht.
„Sir, Ziel wirft Störkörper und Deflektoren. Leistung des Feuerleitradars vermindert. Ziel schaltet ECM zu.“
„Verdammt, der Bastard ist gut. Der weiß genau, dass er für seine Direktfeuerwaffen keine so exakte Zielerfassung braucht, die treffen auch mit optischen Visier gut...aber unsere Raketen werden das nicht mögen. OK, wie weit, bis wir in Geschützreichweite sind?“
„56 Sekunden, Sir.“
„Gut, Feuer eröffnen auf maximale Distanz, niedrige Feuerfrequenz. Laserbewaffnung auf Stand by, Energiezuleitung öffnen.“ Nach weiteren zehn Sekunden fing das Licht an, leicht zu flackern.

„Sir, Ziel hat Feuer mit Primärbewaffnung eröffnet.“
„Zustand der Schilde?“
Ein weiblicher Able Seaman antwortete mit etwas zittriger Stimme:“ Schilde bei 78,5 Prozent“
„Ok, Leute, es geht los. Turner, Maschine auf 105 %."
„Aye, 105 %.“
Dann eröffneten die Geschütztürme der Fregatte ihr Feuer, allerdings noch in langsamer Feuerfrequenz.
„Treffer mittschiffs, feindliche Schilde halten.“ Im nächsten Moment flackerte das Licht erneut. Die Hauptbatterie des Zerstörers hatte erneut zugeschlagen.
„Schilde auf 45 Prozent, Ausfall von Subsystemen in den Schildgeneratoren.“
„Auch das noch, OK, wann sind wir aus dem Schussfeld raus?“
„20 Sekunden, wenn er nicht engere Kurven fliegen kann, als wir denken.“
Verdammt, da kann er uns die Schilde wegschießen. Turner, 115 Prozent, egal, was es kostet.“
„Aye, Sir.“
Die Maschinen der Fisher fingen an zu vibrieren, auch der Trägheitsdämpfer geriet an seine Grenzen. Ein weiterer Treffer schlug in die Fregatte ein, doch die Schilde hielten gerade noch. Dennoch fielen auf einigen Decks die ersten Hauptsysteme aus.
„Ziel in optimaler Entfernung.“
„Feuer frei, Impulslaser Störfeuer auf maximale Frequenz, Harpoon Feuerleitradar aktivieren. Jetzt wird zurückgezahlt.“
In diesem Moment eröffnete auch die Sekundärbewaffnung des Charlie-Zerstörers das Feuer. Die Schilde der Fisher brachen zusammen, und die oberste Panzerschicht auf der linken Seite löste sich unter dem Höllenfeuer der Laser in Atome auf.
„Sir, schwerer Systemausfall in Abteilungen 13C und 14C. Kein Atmosphäreverlust.“ „Schadenskontrollteam Eins in 13 C, das sitzen vitale Systeme, aber schnell.“
Dann war die Fisher aus dem Frontschussfeld des Zerstörers gehuscht. Im selben Moment nahm Gonzalez die Geschwindigkeit zurück auf 100 %. Die weiter hinten gelegenen Waffen feuerten weiter auf den Zerstörer, aber Gonzalez ließ eine Rolle durchführen und bot dem Feind nun die noch voll gepanzerte andere Seite. Die Lasergeschütze der Fisher feuerten ohne Pause.
Dann meldete sich O’Keefe: „Sir, Laserturm Eins meldet Probleme mit der Kühlung, ein Geschütz ist bereits überhitzt und außer Gefecht.“
„Was macht der Schild des Zerstörers?“
„Er wankt, aber er steht noch.“
„Feuerrate auf 65 Prozent, Harpoonwerfer klar machen, jetzt gibt es die grobe Kelle.“ „Zielerfassung leicht gestört, Computer errechnet 60 Prozent Trefferchance.“
„Chancen sind egal, wir haben genug von dem Zeugs. Feuer, eine 10er Salve, dann auf Stand-by.“
Der Zwillingswerfer der Fisher spuckten kurz hintereinander 5 Salven aus, die erste Salve ging jedoch komplett fehl. Dafür traf eine Rakete der zweiten Salve und jeder auf der Brücke der Fisher sah, dass die Schilde des Zerstörers keine zweite Rakete abhalten können würde. Dies bewahrheitete sich, als von Salve vier und fünf wieder jeweils eine Rakete traf. Der Atomsprengkopf der zweiten Waffe detonierte auf der Panzerung und riss ein riesiges Loch.
„Sehr gut, Feuer auf die beschädigte Sektion konzentrieren, Taktik, was liegen da für Systeme?“ fragte Gonzalez.
„Mannschaftsquartiere und der Maschinenraum für die Manövertriebwerke.“
„Sehr gut. Status des Harpoonwerfers?“
„Geladen und einsatzbereit, Trefferchance nunmehr bei 70 Prozent.“
„Drei Salven.“
Dann meldete sich Turner: “Sir, Maschinenraum meldete große Probleme, Steuerbordtriebwerk wird in 15 Sekunden ausgeschaltet, maximaler Schub nunmehr bei 60 Prozent.“
„Madre dios, das kann ich nicht brauchen. Alle Geschütze maximales Feuer, wir müssen den Bastard hier und jetzt festnageln, sonst flitzt er.“ Mittlerweile saß die Fisher genau auf der Heckposition des Zerstörers. Die Laser feuerten, was die Rohre hergaben. Impulslaserturm zwo mußte abgeschaltet werden, nachdem ein Lasergeschütz explodiert und erheblichen Schaden angerichtet hatte. Zum Schaden durch das eigene Geschütz kamen die vermehrten Treffer der Akarii Laser, die mittlerweile die Frontpanzerung der Fisher bearbeitet und fast vollständig zerstört hatten. Dann explodierte ein Laserturm unter dem Feindfeuer. Gleichzeitig jedoch jagte Salve um Salve Harpoon Raketen auf den Zerstörer zu und die Treffer häuften sich. Bald schien das Heck ein einziger Haufen verkohlter Schlacke zu sein. Der Akarii Kapitän versuchte noch, das Schiff beizudrehen, um die Frontalbewaffnung ins Spiel zu bringen und das ramponierte Heck aus selbigen zu nehmen. Doch dann explodierten die Manövertriebwerke des Zerstörers. Eine Kettenreaktion riss den Zerstörerrumpf in zwei Teile. Gonzalez stoppte das Schiff und besah sich seine Schadensanzeige. Bei deren Anblick wich die Farbe aus seinem Gesicht. Die Panzerung auf der Front war komplett vom Tornado der feindlichen Geschütze weggerissen, mehrere Decks hatten Atmosphäreverluste, die allerdings durch die Schotttüren begrenzt waren. Mehrere Waffensystem, unter anderem einer der beiden Impulslasertürme waren bis zur Reparatur im Raumdock unbrauchbar. Das rechte Triebwerk waren ebenfalls stark beschädigt, auch wenn der Schaden ohne ein Dock repariert werden konnte. Die Schildgeneratoren hatten sich schließlich ebenfalls verabschiedet, hier veranschlagte der Bordcomputer 12 Stunden Reparaturzeit. Insgesamt waren 14 Mannschaftsmitglieder tot, 3 wurden vermisst.

Mit trockenem Mund drehte er sich zu Turner um.
„'Meldung an die Redemption. Ziel wurde unter schweren eigenen Schäden vernichtet. Mehrere Rettungsboote erkennbar. Empfehle Bergungsaktion und bitte um Ablösung vom Posten, da Schiff momentan nicht in der Lage, ein weiteres Gefecht zu führen.'
Gezeichnet: Gonzalez. Fügen Sie außerdem einen Schadensbericht bei. Ich kümmere mich jetzt um die Rettungs- und Reparaturteams."

**************************************************************

Die Nachricht über die Vernichtung des Zerstörers machte im Geschwader schnell die Runde. Besonders Lucas war mehr als erleichtert.
Ein Tankshuttle versorgte die Jäger mit Sprit, die es nötig hatten, dann begannen die Griphens, Thypoons und Phantome mit der Suche nach ausgestiegenen Piloten.
Die Mirages zogen sich zum Träger zurück.
Nach mehrstündiger Suche hatte das SAR-Shuttle sieben ausgestiegenen Piloten und Bordschützen wieder eingesammelt.
Zwei davon bewusstlos, einer im kritischen Zustand.
Dann wurde die Suche abgebrochen und Lucas führte das Geschwader zurück zur Redemption.
14.11.2015 12:13 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Abklang

Lilja setzte vorsichtig ihren Jäger im Hangar des Trägers auf. Das Landen nach einem Gefecht war immer eine heikle Sache. Zum einen führte die abklingende Erregung des Kampfes zu Unkonzentriertheit bei einigen Piloten. Das war nur natürlich. Der Adrenalinschub ließ nach, in Gedanken waren viele noch beim gerade überstandenen Gefecht, und sicher tauschte man sich auch mit Kameraden über die Ergebnisse aus. Bei nicht wenigen mochte auch Erleichterung vorherrschen „alles“ überstanden zu haben. Und diese Sorglosigkeit konnte zu Fehlern führen. Außerdem war das Gedränge groß, einige waren versucht, übermütige Manöver zu fliegen, und etliche Maschinen hatten Schäden erlitten, deren Auswirkungen sich nach alter Navy-Faustregel natürlich im ungünstigsten Moment bemerkbar machten. Deshalb war die Russin mindestens ebenso angespannt wie im Gefecht. Sie war schon einmal in die Reserve abgeschoben worden, und sie wollte das um keinen Preis noch einmal erleben. Mit diesem Vermerk war sie sowieso ein bisschen suspekt, und Fehler würden aufmerksam registriert werden. Also war es besser, nichts zu riskieren. Überdies machte ihr noch etwas Sorge. Die lange Suche nach den abgeschossenen Kameraden mochte einige Leute nachlässig gemacht haben. Alle hatten es eilig, aus ihren Maschinen zu kommen. Die Gründe waren verschieden. Einige wollten sich waschen, andere etwas essen, oder wurden schlagartig müde. Der Körper sandte oft ganz widersprüchliche Signale aus, doch oft war es besser, auf ihn zu hören.

Das Landemanöver war eine Eins-A Punktlandung. Sie lächelte knapp. Oh nein, sie gehörte gewiss noch nicht zum alten Eisen! Mit geübten Handbewegungen fuhr sie die Maschine herunter, öffnete den Ausstieg und kletterte aus dem Jäger. Um sie herum herrschte das organisierte Chaos, das für das Flugdeck typisch war. Beschädigte Maschinen wurden zur Reparatur klargemacht, Piloten und Techniker schrien durcheinander, Triebwerke dröhnten, Hydraulik keuchte, die Stimme aus dem Lautsprecher verkündete irgendwelche wahnsinnig wichtigen Neuigkeiten, die keiner mitbekam. Eine Kakophonie von Geräuschen und Bildern.

Schlagartig setzte bei ihr das ein, was man „Gefechtsschock“ nannte. Im Raum war sie eiskalt und gelassen, funktionierten Nerven und Reflexe fehlerlos. Jetzt aber verkrampften sich ihre Muskeln, und sie mußte sie am Ausstieg ihrer Maschine festhalten, um nicht zu schwanken. Die Anspannung, die Erregung des Kampfes, die unterdrückte kreatürliche Angst vor dem Tod – all diese kontrollierten Gefühle und Emotionen rächten sich jetzt. Ihre Hände zitterten, und sie spürte den kalten Schweiß unter der Fliegerkombination. Sie holte vorsichtig etwas Zeitungspapier und einen kleinen Beutel hervor und schüttete ein wenig Tabak auf das Papier. Sie brauchte scheinbar eine Ewigkeit, bis sie die Zigarette gedreht hatte, und eine weitere, bis sie sich schließlich Feuer geben konnte. Mit einem tiefen Seufzer zog sie den würzigen Rauch ein und atmete langsam wieder aus. Nach ein paar Zügen setzte die Wirkung des Machorka-Tabaks ein. Das Zittern verschwand, und ihr Herzschlag verlangsamte sich wieder auf ein natürliches Maß. Sie nahm das laute Durcheinander um sich – die Piloten, die aller Welt mitteilten, wie sie gekämpft hatten, wohl auch um sich selbst zu beweisen, dass sie es wieder einmal geschafft hatten, die Techniker, die die Schäden beheben mussten – wie durch einen Filter wahr. Lilja wusste, dass sie es mit dem Rauchen nicht übertreiben durfte. Einst wichtigste Hilfe im Kampf gegen die Gespenster, die sie umgaben, hatte sie es nach ihrem Zusammenbruch fast völlig aufgegeben. Sie gönnte sich nur noch wenige Selbstgedrehte, ganz aufgeben mochte und konnte sie dieses Laster aber nicht. Ihr rigoroses Training diente auch dazu, die negativen Auswirkungen des Tabakkonsums auszugleichen – ebenso wie ihren gelegentlichen Tablettenmissbrauch. Bisher hatte es gut funktioniert.
Die Zigarette hatte genügt – sie war wieder sie selbst. Oder besser, war wieder, als was sie nach außen erscheinen wollte. Sie zog ein letztes Mal an der Zigarette – nur noch ein kleiner Stummel war übrig, und die Glut biss in ihre Finger -–und warf sie dann weg. Dann machte sie sich auf. Zuerst stand ein Bericht auf dem Programm. Dann würde sie versuchen zu erfahren, wie es ihrem Flightleader ging. Anschließend kam eine Dusche an die Reihe – ein echtes Bad, für das sie sich genug Zeit lassen konnte, war eines der Dinge, die sie schmerzlich vermisste. Und wenn bis dahin nichts Katastrophales passiert war, würde sie eine neue Abschussmarkierung an ihrem Jäger anbringen lassen. Nummer Fünf – ein weiterer Schritt auf dem Weg in die Nähe ihres Idols „Lily“ Litvak, der weißen Rose von Stalingrad.
Ihre Schritte waren entschlossen und energiegeladen. In ihnen lag nicht die Spur von Unsicherheit oder Schwäche.

Zwei Stunden später

Lilja hatte ihren Plan Schritt für Schritt abgearbeitet. Der Bericht war draußen, und eben wurden die Konsequenzen daraus gezogen. Kano schien es den Umständen entsprechend gut zu gehen. Sie hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, es Kali mitzuteilen, das dann aber verworfen. Sie wollte das Getuschel, dass sie für reichlich albern und dumm hielt, nicht noch zusätzlich anheizen. Und wer wusste, ob Kali sich nicht dann von ihr verspottet fühlen würde? Zwar war es Lilja herzlich gleichgültig, was die indische Pilotin von ihr hielt – wie ihr die Meinung der meisten Kameraden über sie egal war – aber sie wollte sie auch nicht absichtlich blamieren. Sollte die doch selber nachfragen, wenn es sie interessierte! In der neuen Montur fühlte sie sich jedenfalls erheblich angenehmer, zumal sie Zeit gefunden hatte, sich das Haar zu waschen.

Ace war beschäftigt. An seinem Jäger fehlten zwei Abschussmarkierungen, und dieses Manko musste schleunigst behoben werden. Er betrachtete sein Werk zufrieden: Sieben Abschüsse. Das war zwar einiges weniger, als „Lone Wolf“ oder „Darkness“ aufbieten konnten – die Schützenkönige an Bord dieser Rostlaube. Aber in seinem Dienstrang und seinem Jahrgang war er der Beste, und zwar teilweise mit einigem Abstand.
Allerdings – etwas nagte an seinem Triumph. Jetzt, wo der Kampfrausch nachließ, waren die quälenden Gedanken zurückgekehrt, hartnäckig wie ein Abfangjäger, der einem in der „Sechs“ saß. Der Gedanke daran, warum sie hier waren. Er hatte sich gesagt, dass er alles in seiner Macht stehende getan hatte. Alles, was er tun konnte, ohne selber zum Verräter zu werden. Vielleicht sogar mehr. Aber dennoch – da war eine Stimme, die ihm sagte, dass er sich selbst belog. Ja, er hatte abgelehnt und nur gegen Akariisoldaten gekämpft. Aber, so die Stimme – indem er das tat, bereitete er dem Völkermord geradewegs die Bahn. Denn die Akariijäger, die er abschoss, die Station und die Zerstörer, die ohne Jägerschutz erledigt waren – die konnten nicht mehr die Welt verteidigen. Und der Zerstörer, der geflohen war, würde ohne Jagdbegleitung kaum den Kampfschiffen der Flotte entkommen können. Und somit würde er nicht Verstärkung holen können. Eine Gefahr, die die Flotte vielleicht vor Ausführung ihres mörderischen Plans zum Rückzug veranlasst hätte. Er versuchte die Stimmen niederzuschreien, doch sie waren hartnäckig.

Plötzlich fiel ihm etwas in seiner Umgebung auf. Bisher hatte er – von seiner Arbeit und dem Streit mit sich selbst abgelenkt – kaum bemerkt, was um ihn herum vorging. Die Maschine aber, die gerade eingeschleust wurde, gehörte eindeutig nicht hierher. Sie war zwar nicht unbedingt schwerer beschädigt als einige andere – doch die schlanken Linien, das fremdartige Design und die Hoheitsabzeichen wiesen ihn eindeutig als Akarii-Kampfflieger aus. Zwar ziemlich zusammengeschossen, aber reparabel. Ein Bergungsshuttle musste ihn abgeschleppt haben. Jetzt bemerkte er die Gruppe, die alles beobachteten. Er erkannte Chief Cutter, und die beiden anderen – nun, die Frau in der Uniform eines Lieutenant Commander war offenbar Diane Parker, und die Second Lieutenant neben ihm erkannte er schließlich ebenfalls. Es war Lilja. Zunächst war er sich dessen nie sicher – denn ein solches Gesicht hatte er noch nicht gesehen. Sie starrte auf den Jäger, und in ihrem Gesicht war nur noch brennender Hass. Die Lippen waren zusammengekniffen, die Augen hasserfüllte Schlitze. Als wäre dort etwas, was so abscheulich, so hassenswert wert wäre, dass es kaum einen Namen dafür gab. Sie schien ihre Umgebung kaum wahrzunehmen – nur den Jäger.

**********************************************************

Chief Cutter lächelte: „Es sollte möglich sein, den Vogel wieder zusammenzuflicken. Dürfte aber etwas dauern, und wir müssen sehen, ob die Ersatzteile kompatibel sind. Aber mit ein bißchen Glück fliegt die Mühle wie eine Eins!“ Parker nickte knapp: „Das dürfte unsere Geheimdienstler freuen. Ich möchte wetten, die können sich ein Dutzend Möglichkeiten ausdenken, um das Ding zu nutzen. Für irgendeine ihrer ‚überlebenswichtigen‘ Geheimmissionen.“ Ihre Stimme klang nachdenklich, fast ein wenig fragend: „So gesehen war es ein Glück, dass Sie bei dem Kontrollschuss danebengeschossen haben und nur den Piloten getroffen haben. Wie sagten Sie doch? Lilja? Lilja?“ Die junge Pilotin schien die Frage überhört zu haben. Dann zuckte sie zusammen und drehte sich halb um: „Was? Oh ja. Er katapultierte sich aus dem Jäger, und diese Bewegung hat mich abgelenkt. Ich wollte sichergehen, dass der Jäger nicht wieder von ihm besetzt werden kann. Aber leider habe ich ihn getroffen. Zählt der Abschuss trotzdem?“ Parker zögerte, schien dann aber innerlich abzuwinken: „Natürlich. Damit sind Sie ein Aß. Herzlichen Glückwunsch – alles Kampfflieger. Und für die Sache hier bekommen Sie sicher auch einen guten Eintrag in ihrer Akte.“ Lilja nickte. Einen Augenblick trafen ihre Augen die von Ace. Sie schien ihn nur am Rande wahrzunehmen, als blicke sie auch auf etwas ganz anders. In ihrem Blick war Hass, Verachtung, Trotz – und ein bitterer Triumph. In diesem Augenblick wusste der Pilot mit tödlicher Sicherheit, dass es KEIN Versehen gewesen. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einer harten Linie. Eine eisige, herablassende Herausforderung lag in ihrer Miene, und die galt nur ihm. Doch im nächsten Moment war der Ausbruch schon wieder vorbei, als hätte er sich nie ereignet, bis auf ein kaltes Lächeln. Dann salutierte sie vor Parker, wirbelte herum und ging. Die Füße in den Militärstiefeln knallten auf den Boden des Hangars. Die Schwadronschefin schien den Abgang nicht übelzunehmen – falls sie bemerkt hatte, was ihm vorangegangen war, dann zeigte sie es nicht. Am Ausgang des Hangars wartete Ina auf die junge Pilotin. Sie griff nach ihrer Schulter, und für einen Augenblick schien es, als wollte Lilja sie grob zurückstoßen. Doch dann entspannte sich die Russin, und Seite an Seite gingen die beiden Frauen, jetzt in normaler Gangart und nicht mehr quasi im Stechschritt. Ace schüttelte den Kopf. Hatte er sich das ganze nur eingebildet? Wer – oder WAS war Lilja eigentlich? Jedenfalls war er froh, sie nicht – oder besser nicht richtig – zum Feind zu haben...

In der Kabine schenkte Lilja zwei Gläser ein. Sie hielt eines ihrer Kameradin hin: „Auf den Sieg!“ Beide tranken schweigend. Dann schenkte sie nach. Einen Augenblick zögerte die Russin, dann sagte sie mit harter Stimme: „Auf die gefallenen Kameraden!“ Sie sah das Mitleid in Inas Augen, aber sie tat so, als würde sie es nicht bemerken. Selbst ihr gegenüber wollte sie nicht schwach erscheinen. Sie atmete tief durch, und schien wieder völlig normal. Genauso, wie sie es vor dem Kampf gewesen war – bevor sie kaltblütig einen bereits besiegten Akariipiloten erschossen hatte.

Abend, Kabine Richter und Pawlitschenko

,Liebe Eltern
Heute hatten wir einen Kampf. Ihr wisst, ich darf euch keine Einzelheiten schreiben. Aber soviel kann ich euch sagen: wir schlagen die Fritzen, wo wir auf sie treffen. Bei geringen eigenen Verlusten wurden sie vernichtet. Auch ich habe eine Jäger abgeschossen – mein fünfter besiegter Feind. Ja, ihr lest richtig. Eure Tochter ist jetzt ein Fliegeraß. Vielleicht kommt schon bald die Zeit, wo die Akarii mein Zeichen ebenso fürchten, wie die echten Fritzen die Lilie von Lily Litvak. Ich bin jedenfalls fest entschlossen, auch weiterhin mein Pflicht und mehr als das zu tun. Macht euch um mich keine Sorgen – es geht mir gut, und ich bin vorsichtig genug, mich nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Aber wenn wir unsere Heimat schützen wollen, müssen wir eben Risiken eingehen. Mein Flightführer, ein ganz junger Pilot namens Kano Nakakura – wir nennen ihn Ohka – schoss zwei Fritzen ab. Ich bin sicher, aus ihm wird noch einmal ein erstklassiger Pilot, wenn er schon in seinem ersten Gefecht so gut abschneidet. Leider wurde er selber schwer getroffen, konnte aber noch aussteigen. Ich habe den Fritz erledigt, der ihn abgeschossen hat, und zwar für immer. Diese Bestie wird kein Unheil mehr anrichten! Kano geht es den Umständen entsprechend gut, aber er wird eine Weile nicht fliegen können.
Mit meiner Zimmergenossin, Ina Richter, verstehe ich mich immer besser. Sie ist eine gute Kameradin und tapfere Soldatin. Ich bin froh, dass ich das Glück habe, mit ihr untergebracht zu sein. Ich schicke euch hier ein Bild von Ina, und eines von mir und meinem Jäger. Ihr seht mein Abzeichen darauf, die weiße Lilie, und darunter die Abschussmarkierungen einschließlich der letzten. Ihr könnt sehen, das es mir hier gut geht, wir werden ausgezeichnet verpflegt und untergebracht. Ich weiß nicht, was als nächstes kommt, aber ich bin sicher, wir werden den Fritzen noch schwere Schläge versetzen. Macht euch um mich keine Sorgen.
Passt auf euch auf, in Liebe
Tanja'

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Rückkehr

Kano trieb durch lichtlose Dunkelheit. Es gab nichts, woran er sich orientieren, nichts, an das er sich halten konnte. Wirre Gedankenfetzen schossen ihm durch den Kopf. Schmerz brannte in seinem Körper. Keine Sterne leuchteten – nichts als schwarze Leere. War er tot? Er wusste es nicht.

Lange dauerte es, bevor er überhaupt etwas wahrnahm. Nicht gerade das, was er erwartet hatte. Er lag - entweder in einem Bett oder auf einer Bahre. Ein Tuch bedeckte seinen Körper. Hatte man seinen toten Leib aufgebahrt? Er konnte doch unmöglich überlebt haben! Schlagartig war die Erinnerung wieder da – sein zweiter Abschuss, dann die Treffer in seiner Maschine. Er hatte den Akariijäger gar nicht wahrgenommen, der ihn erledigt hatte. Nur an den Schmerz beim Ausstieg erinnerte er sich, und an die Dunkelheit, tiefer als die Schwärze des Alls, die ihn umfangen hatte.

Doch dann begannen seine Sinne anderes wahrzunehmen – leises Piepen, dann Schritte, die in einiger Entfernung vorbeigingen. Und, ganz leise, die Atemzüge eines Menschen – seine eigenen? War er am Ende gar nicht tot? Er versuchte, Gewalt über seinen Körper zu bekommen. Langsam öffnete er die Augen – und schloss sie sofort wieder, als das Licht seinen Kopf durchbohrte. Ein schmerzerfülltes Keuchen entrang sich seiner Kehle. Neben sich hörte er eine Bewegung. Vorsichtig hob er die Augenlieder wieder. Diesmal war der Schmerz nur ein dumpfes Bohren. Er erblickte schemenhaft die Gestalt, die sich über ihn beugte. Offenbar war er doch nicht tot – denn so wenig er auch genau ausmachen konnte, im Jenseits würde ihn kaum Jemand in der Uniform eines Second Lieutenant der TSN willkommen heißen! Die schlanke Silhouette ließ erkennen, dass es sich um eine Frau handelte. Er versuchte zu lächeln und flüsterte: „Kali.“ Das Licht wurde gedämpfter und das Gesicht näherte sich dem seinen. Dann erkannte er es – die vernarbten Züge gehörten niemand anderem als seiner Flightkameradin Lilja.

Innerlich unterdrückte er einen Fluch. Es gab so schon genug Gerede. Wenn die Russin ihn gehört hatte, und wenn sie es weitererzählte, würden die Klatschmäuler an Bord (wie böse Zungen behaupteten, 75Prozent der Besatzung) überhaupt nicht mehr stillstehen. Aber die Pilotin gab durch nichts zu erkennen, ob sie seine Worte – die nicht eben deutlich formuliert worden waren – verstanden hatten. Ihr Lächeln schien aufrichtig erleichtert: „Morgen Ohka. Schön, daß du beschlossen hast, deinen Schönheitsschlaf zu beenden.“ Er atmete erleichtert auf: „Wo bin ich?“
Sie lachte trocken: „Wenn deine Vorstellung vom Himmel nicht die eines Krankenzimmers mit scheußlicher Innenarchitektur und einer Einrichtung direkt vom Sperrmüll ist, dann würde ich sagen, du bist im Sanitätstrakt der Rostlaube, auf der wir Dienst tun.“
„Und das Gefecht?“
Sie wurde sachlich: „Alles erledigt. Die Zerstörer sind hin – einer allerdings nur durch ein Schiff der Außensicherung, und die Station ist ebenfalls Schrott. Die Akariijäger ebenso.“ Sie schien mit sich zu ringen: „Ich wollte da sein, wenn du aufwachst – ich wollte mich entschuldigen.“ Sie seufzte: „Es tut mir leid.“
Er musterte sie erstaunt: „Was? Warum?“
„Weil ich nicht besser auf dich aufgepasst habe. Es war meine Aufgabe als deine Flightkameradin. Und ich habe versagt, ich habe dir den Akarii nicht vom Hals halten können.“
Kano zuckte mit den Schultern – was er sofort bereute, denn erneut zuckte Schmerz durch seinen Körper. Mühsam brachte er hervor: „Nicht... deine Schuld. Wir sollten ja die Jagdbomber schützen. Das hatte Priorität.“
„Ja, aber...“ Irgendwie schien sie mit sich zu kämpfen. Dann schüttelte sie den Kopf: „Ich hätte trotzdem da sein müssen. Aber wenigstens wird der Akarii seinen Sieg nicht feiern können. Ich habe ihn erledigt – endgültig.“
Kano schnitt eine Grimasse – was ihm nicht schwerfiel. Die bohrenden Schmerzen im Kopf konkurrierten mit denen in seiner rechten Schulter, dem rechten Arm und dem linken Bein: „Ich habe ihn gar nicht gesehen.“
Sie nickte nur: „Das geht vielen so. Der Jäger, den du nichts siehst, wird dich abschießen.“ Die Russin legte ihm die Hand auf die Schulter: „Aber auf jeden Fall Glückwunsch. Im ersten Gefecht zwei Jäger abzuschießen schaffen nur die wenigsten. Wenn du so weitermachst wirst du noch einmal ein zweiter Saburo Sakai.“
Er musste bei der Vorstellung lächeln. Doch es war auch Erleichterung. Ihre Worte legten nahe, dass er keinen dauerhaften Schaden genommen hatte, der ihm am Fliegen hindern würde. Komisch, dass Lilja den Namen des japanischen Fliegerasses kannte. Aber die Geschichte schien eines ihrer Steckenpferde zu sein, zumindest, wenn es um Jagdflieger ging.

Sie langte zum Nachttisch neben seinem Bett und hob etwas hoch. Er erkannte das Abzeichen, den 'Verwundeten Löwen in Silber'. Der junge Japaner betrachtete den Löwenkopf am rot-silbernen Band durchaus mit gemischten Gefühlen und hätte beinahe die Worte seiner Kameradin überhört. „Hier – das ist der Lohn.“ Sie bemerkte, wie er das Gesicht verzog: „Stimmt etwas nicht?“
„Nein, es ist nur – es ist nicht eben heroisch, in seinem ersten Gefecht abgeschossen und verwundet zu werden. Und eine dauerhafte Erinnerung daran zu haben...“
Das Gesicht der Russin wurde wieder ernst: „Du musst es so sehen: viele Piloten haben nicht das Glück. Du hast überlebt – und mehr noch, du hast den Feind geschlagen. Ein Verwundetenabzeichen ist nicht so sehr eine Erinnerung an dein Scheitern, sondern ein Zeichen dafür, dass du dein Leben für deine Heimat gewagt hast. So gesehen ist es mindestens ebensoviel wert wie das Flying Cross.“
Er wusste, dass sie damit auch sich selbst meinen mochte. Sie hatte in diesem Kampf ihr FC errungen, wenn sie den Sieg über den Jäger anerkannt bekam, der Kanos Maschine zerstört hatte, aber schon lange vorher hatte sie selber so ein Zeugnis ihres Einsatzes gegen den Feind erhalten. Unter Umständen, die vermutlich schlimmer waren, als die seinigen. Er gab sich innerlich einen Ruck: „Wie schlimm ist es?“
Für einen Augenblick schien seine Kameradin anderswo zu sein, als blickten ihre Augen nach innen. Dann schaute sie ihn wieder an: „Oh, du meinst deine Verletzung? Keine große Sache, soweit ich gehört habe. Ein paar Prellungen und Verstauchungen, und dein linker Unterschenkel ist angebrochen. Dazu eine Gehirnerschütterung und eine ordentliche Unterkühlung. Aber bei der heutigen Medizin bist bald wieder auf dem Damm. Ein paar Wochen wird es mit dem Fliegen allerdings erst mal nichts.“
Er wollte fluchen, doch dann überlegte er es sich anders. So gesehen hatte er noch Glück gehabt. Er hatte genug Geschichten über Piloten gehört, deren Anzüge Mikrorisse gehabt hatten, oder deren Sauerstoffvorrat zu knapp gewesen war. Einige hatten Arme oder Beine verloren, irreparabel selbst für die heutige Heilkunst. Oder ihre Hirne hatten den Sauerstoffmangel nicht verkraftet und sie hatten schwere geistige Schäden erlitten. Ein solches Schicksal war oft fast so schlimm wie der Tod. In seinem Fall war er mit leichten Verletzungen davongekommen. Er seufzte nur.
Die Russin lächelte grimmig: „So blutgierig? Heh, Samurai, wir liegen die nächste Zeit sowieso hier. Da wird es nicht viel zu tun geben, außer Jagd auf Akarii-Bodentruppen, und das könnte eine Oma im Rollstuhl!“
Er nickte: „Du hältst mich auf dem Laufenden?“
Das Lächeln der jungen Pilotin – nun, eigentlich war sie ein paar Jahre älter als er – wurde auf einmal leicht spöttisch: „Wenn sich kein anderer findet, und du nicht einen anderen Informanten vorziehst. Oder sollte ich besser sagen EINE andere?“
Jetzt musste er sich wirklich Mühe geben, nicht zu fluchen – sie hatte ihn also doch verstanden. Eine finstere Miene würde angesichts seiner augenblicklichen Lage aber auch nichts bringen, ebenso wenig wie ein Fluch. Mit einem Grinsen stand Lilja auf: „Ach ja, ehe ich es vergesse – ich glaube, da will dich noch jemand sprechen, sobald er – oder besser sie – es einrichten kann.“ Damit ging sie – ihre Schultern zuckten leicht vor unterdrücktem Gelächter. Kano ließ sich zurücksinken und verfluchte seine Ungeschicklichkeit. Es war eine Überraschung, Lilja zumindest etwas verändert zu sehen, aber einiges daran gefiel ihm nicht besser als die gefühllose Kampfmaschine...

*************************************************************

Langsam kletterte Lucas aus seiner Phantom, nahm den Helm ab und streckte sich.
"Einmal Rundumservice", scherzte er zu seinem Crewchief. Nach einem Gefecht hatte er meist eine komische Stimmung.
Auch seine erste Amtshandlung war eine Zigarette zu zücken. Quasi die Zigarette danach. Eine weitere Angewohnheit, die mit dem Rauchen zurückgekommen war.
Mit einem kleinen Kunststücken ließ er sein silbernes Zippo aufschnappen und zündete sich die Lucky an.
Als er gerade seinen ersten langen Zug nahm, sah er, wie ein Trupp Marines ein LC-Shuttle bestiegen.
,Ohne Eskorte?'
Aber schließlich zuckte er die Schultern, eine Dusche wartete auf ihn und die Nachbesprechung.

Nach der viel zu kurzen Dusche folgten die Besprechungen.
Erste eine mit dem Geschwader, wo Belobigungen und auch Flying Crosses verteilt wurden.
Dann eine mit Dr. Hamilton über den Zustand der verwundeten Piloten.
Erik Jennings einer der ausgestiegenen aber geretteten Piloten war noch bei der Not-OP im Shuttle gestorben.
Mittlerweile hatten sich die Zigaretten in Lucas Schachtel Luckies halbiert, dann wurde er zu den NIC-Typen zitiert.
Während Bayonne seinen Bericht gelassen hinnahm, machte Rowland einen riesigen Aufriss wegen dem beinahe entkommenen Zerstörer.
Schließlich war Lucas der Meinung, dass es nicht schlimmer kommen konnte als er Samuel "Bird" Brentstone vor seinem Quartier antraf.
"Sir, haben Sie jetzt vielleicht etwas Zeit?"
Nachdem Lucas sich ausgiebig den Nasenrücken massiert hatte, bat er den jungen Piloten herein.
"Also, Lieutenant, was kann ich für Sie tun?" Er zündete sich erneut eine Lucky an.
"Nun Commander es gibt da ein paar Gerüchte ..." Lucas, der genau wusste woher der Wind wehte schaffte es ein ehrliches Auflachen zu heucheln: "Ich bitte Sie Lieutenant, das hier ist die moderne Navy, Gerüchte gehören zu uns, wie Baguette zu Frankreich."
Bird sah unbehaglich aus: "Es geht da um den Frachterabschuss den ich gemacht habe, die Leute sagen ..., sie sagen, es sei ein terranischer Frachter gewesen und, ... und dass das JAG in der Sache ermittelt."
Schlagartig war Lucas ernst: "Ja, das JAG hat in der Sache ermittelt, aber die Ermittlungen wurden eingestellt. Es war ein Akarii, den Sie abgeschossen haben."
Er gestikulierte etwas: "Sehen Sie, ich sage es nicht gerne, und es muss wirklich unter uns bleiben, haben wir uns verstanden?"
Bird nickte.
"Ihr Soldatenehrenwort?"
"Ja Sir, mein Ehrenwort", bekräftigte Bird.
Lucas machte ein betroffenes Gesicht und seufzte theatralisch: "Sehen Sie, unser JAG-Offizier hatte vor kurzen einen schweren persönlichen Verlust und ... nun ja und sie brauchte etwas um sich festzuhalten. Da hat sie sich in ihre Arbeit gestürzt und hat sich dabei etwas verfahren. Verstehen Sie?"
"Ja, ich denke schon."
"Die Vorwürfe sind unbegründet Lieutenant, machen Sie sich da mal keine Sorgen", Lucas setzte ein väterliches Lächeln auf, "leider werden die Gerüchte bleiben, aber seien Sie versichert, die wichtigen Stellen wissen, das Sie keinen Fehler begangen haben."
Bird wirkte etwas unschlüssig: "Danke Sir, Sie haben mir sehr geholfen, vielen Dank."
"Aber nicht doch, dafür bin ich da und es freut mich heute auch mal eine gute Nachricht überbringen zu können." Er geleitete den jungen Piloten zur Tür.
Als er die Tür hinter ihm geschlossen hatte sackte Lucas auf der Stelle an der Tür zusammen und starrte lange in die Leere.
Bird hingegen beschloss dem höflichen Lächeln seines Commanders nicht ganz zu glauben und mailte seinen Schwager an, ob er ihm weiterhelfen könne.

*********************************************************

„Ach, Sie schon wieder hier?“ empfing mich der Drachen in Person, Krankenschwester Lancaster. Sie sah auf ihr Klemmbrett und brummte: „Ich wusste gar nicht, dass Commander McQueen schon wieder eingeliefert wurde.
„Ich will nicht zu Darkness, Ma´am.“
Die resolute Frau stemmte die Hände in die Hüften und sah mich wütend an. „Ach. Und womit wollen Sie dann die heilige Ordnung meiner Krankenstation durcheinander bringen, Lieutenant?“
Beschwichtigend hob ich die Arme. „Frieden, Ma´am, Frieden. Ich will nur einen kurzen Krankenbesuch bei einem abgeschossenen Piloten machen.“
Fragend hob sie eine Augenbraue.
„Ohka. Second Lieutenant Kano.“
„Hm. Raum sieben. Leichte Gehirnerschütterung, Anbruch des Wadenbeins. Gehen Sie dem Jungen nicht zu lange auf die Nerven, Lieutenant.“
„Zehn Minuten?“
„Zehn Minuten. Und wenn Sie diese Zeit auch nur für eine Sekunde überschreiten, beten Sie, nie auf meine Station zu müssen.“
Ich gluckste. Wütend fuhr sie mich noch einmal an: „Und sagen Sie nicht Jaja, denn das heißt, Leck mich am Arsch. Und das höre ich nicht gerne.“
„Ich weiß. Zimmer sieben? Mein Dank wird Ihnen ewig nachschleichen...“, brummte ich und betrat ohne anzuklopfen das Zimmer. „...aber Sie nie erreichen.“
Beinahe wäre ich mit jemanden, der den Raum gerade verlassen wollte, zusammengerasselt. Ich konnte geradeso noch ausweichen.
Lilja, auch das noch. War ja klar.
Als sie mich erkannte, ging ihr Gesichtsausdruck von leicht amüsiert in einer hundertstel Sekunde auf sauer. „Was willst du, Ace?“ zischte sie.
Natürlich hätte ich einen Streit mit ihr vom Zaun brechen können. Natürlich hätte ich mich mit ihr prügeln können. Aber das wäre Ohka gegenüber nicht fair gewesen. Also streckte ich die Hand aus und sagte: „Gratuliere zum Cross. War sicher ein schwieriger Abschuss.“
Oh nein, damit hatte ich was gesagt, denn nun funkelte sie mich böse, geradezu herausfordernd an und fragte lauernd: „Wie meinst du das, Ace?“
Sie war auf einen Konflikt aus.
„Nun, einen Piloten zu erwischen, ohne seine Mühle zu vernichten gehört zu den Glanzleistungen, die ein Pilot vollbringen kann.“ `Normalerweise´, fügte ich in Gedanken hinzu. „Auf jeden Fall ist es besser so“, ergänzte ich und ließ für einen winzigen kleinen Augenblick die Maske absoluter Gelassenheit fallen, die ich mir in meinen schlaflosen Nächten erarbeitet hatte, um nicht zeigen zu müssen, wie sehr der Plan des NIC an mir nagte.
Für einen Moment starrte Lilja mich an. Schließlich schlug sie meine Hand weg und verließ das Zimmer.

Leise schloss ich die Tür. „Sumimasen, Ohka-kun. Ich wollte dich nicht mit meinem Konflikt behelligen, so ka?“
„Konnichi-wa, Ace-kun. Ich hoffe, du hattest Glück im Gefecht.“
„Jedenfalls mehr als bei den Frauen“, erwiderte ich grinsend. „Wir liegen gleich. Jeder hat zwei Abschüsse in diesem Gefecht gemacht. Das ist eine erstklassige Leistung für den ersten Feindflug.“ Ohka blinzelte mich an. Dann ließ er den Kopf mutlos sinken. „Aber ein Feind war besser als ich. Du hingegen wurdest nicht abgeschossen.“
„Hey, mach mir das nicht zum Vorwurf, Ohka-kun.“ Wortlos legte ich einen Stapel Zeitschriften auf dem Nachttisch ab. Dazu landete ein kleines Datapad.
„Ich hatte während der Schlacht leider keine Zeit, auf dich oder Kali zu achten, obwohl ich es gerne getan hätte. Aber selbst wenn ich es hätte tun können. Ich hätte keinem von euch helfen können. Manche Dinge, Ohka-kun, regeln nicht wir. Die regelt der Zufall. Und davor sind wir nicht gefeit, egal wie gut wir fliegen. Du hast mir eines voraus. Du gingst aus einer solchen Situation lebend hervor. Das ist etwas, was mir noch fehlt.“
Ohka lachte leise. „Bring mich nicht zum lachen. Ich habe fürchterliche Kopfschmerzen. Aber ich, Ace-kun, werde ein paar Wochen nicht fliegen können. Du hast also eine Menge Zeit, einen anständigen Vorsprung aufzubauen, so ka?“
„Ne. Aber ich denke nicht, dass wir hier sehr viele Einsätze haben werden. Und als Flügelmann von Darkness werde ich sowieso nicht so oft zum Schuf kommen.“
„Arigatou. Das tröstet mich.“ Ich grinste den Japaner an. „Das hoffe ich doch.“

Der Pilot deutete auf den Stapel neben seinem Bett. „Was ist das, Ace-kun?“
„Das“, meinte ich mit einer ausholenden Geste, „ist mein Friedensangebot. Die nächsten drei Tage wirst du wahrscheinlich jede halbe Stunde kotzen müssen. Aber danach dürfte dir schnell langweilig werden. Darum habe ich dir aus meinem persönlichen Vorrat ein paar Sachen mitgebracht, Ohka-kun. Flight Today, Colonial Playboy, ein paar Shakespeare-Bücher. Ich glaube, ich habe sogar ein paar Mangas mit draufgepackt.
Ach ja, und wenn dir das langweilig wird, auf dem Datapad sind alle Files, die bisher über die Schlacht gewonnen wurden. Aber pssst, das hast du nicht von mir, Wakarimasu-ka?“
„Hai, wakarimassu. Arigatou, Ace-kun.“
„Ach ja, Ohka-kun, falls Kali kommt, sag ihr nicht, dass ich die Sachen hier gelassen habe. Sie würde nur glauben, ich versuche über dich etwas bei ihr gut zu machen.“
„Versuchst du es etwa nicht, Ace-kun?“ scherzte der Japaner und grinste zu mir herüber. Die stärkste Gefühlsregung, die ich je auf seinem Gesicht gesehen habe
„Definitiv nein, Ohka. Du bist nicht hübsch genug.“
„Ihr Langnasen haltet euch ja für so witzig. Was ist mit dir und Lilja? Willst du es dir mit allen Frauen an Bord verderben?“
„Jetzt bist du es, der Witze reißt. Lilja hat zwar den hübschesten Hintern, den ich je in einer Uniform gesehen habe, aber ich glaube, sie hat als Kind nicht mit Puppen, sondern mit Handgranaten gespielt.“
Als draußen die Stimme meiner persönlichen Nemesis aufschrie, klopfte ich Ohka aufmunternd auf die Schulter. „Das ist mein Zeichen. Versuche zu schlafen. Die Zeitschriften laufen dir nicht weg.“ Ich öffnete die Tür. „Sayonnara, Ohka-kun.“
Hinter mir zog ich die Tür ins Schloss.
Mittlerweile mochte ich den Burschen wirklich. Obwohl das bedeutete, dass mein Verhältnis zu Kali noch an Komplexität zunahm.
Aber wenigstens lenkte es mich von meiner Beteiligung am Völkermord ab.
Etwas.
15.11.2015 07:36 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Nachtwache auf der Redemption. Auch wenn es im All keinen Unterschied macht, was Tag und Nacht gibt. Der Betrieb auf einem Raumschiff kommt nie zum Erliegen ob 15:00 "Nachmittags" oder um 00:30 mitten in der "Nacht".
Die grünliche Kugel Troffens hing "vor" ihnen. Die Flotte hatte gestoppt.
"Das gesamte Personal mit Ausnahme der Katapultbesatzungen hat auf der Stelle das Flugdeck zu räumen! Ich wiederhole, das ganze Personal mit Ausnahme der Katapultbesatzung hat das Flugdeck zu räumen!"
Die Techniker des NIC übernahmen das Flugdeck. Eine Mirage und zwei Phantome wurden aus dem Hangar aufs Flugdeck gebracht.
Schließlich betraten auch Darkness, Ghosthawk, Charles Bayonne - der ebenfalls eine Pilotenmontur trug - und Lucas das Flugdeck. In aller Seelenruhe munitionierten die Techniker die beiden Phantome auf. Lucas bekam wieder seine Standard-Bestückung, 4 Amram und 4 Sidewinder.
Darkness bekam die Langstreckenbewaffnung, 4 Phönix, 2 Amram und 2 Sidewinder.
Es wurde wenig gesprochen und überall standen Marines mit ihren Sturmgewehren. Lucas fing an seine Hände zu kneten und leicht auf und ab zu gehen.
"Nervös?" Fragte plötzlich Ghosthawk hinter ihm. Lucas zuckte zusammen und hätte beinahe seinen Helm, den er in der Armbeuge trug fallen gelassen.
"Nervös?" Zischte er flüsternd. "Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts."

Plötzlich kam allgemeine Unruhe auf.
Der Fahrstuhl aus Magazin 3 war angekommen. Zwei normal ausstehende Mavaricks wurden auf einem Wagen zu der Mirage geschoben.
Zwei ganz gewöhnlich aussehende Mavaricks für den Atmosphäreneinsatz, doch wurden sie behandelt wie rohe Eier.
Doch zu Lucas Freude wurden beide in die Aufhängungen geklinkt ohne auf den Boden zu fallen oder Ähnliches.
,Das ist ganz normale Routine, ganz ruhig bleiben, Alter.'
Schließlich überprüften die Piloten die Bewaffnungen ihrer Jäger. Besonders Ghosthawk ging dabei rabiat vor. Was ihm einige unwohle Blicke der Techniker einbrachte.
Schließlich war es soweit, bereit für den Start.
Die beiden Pantome wurden als erstes auf die Katapulte gezogen. Jetzt wo er wieder in seinem Element war viel ein Großteil seiner Anspannung von Lucas ab. Aber es war keine Routine. Der Einsatz lastete trotz allem schwer auf ihm.
Die zigtausend Akarii, die umkommen würden, belasteten ihn nicht. Zumindest log er sich das immer wieder vor.
Ihm machten die Konsequenzen seines Handelns zu schaffen. Was würde geschehen? Würde er sich noch im Spiegel gegenübertreten können? Verdammt, dabei schmeißt Du die verdammte Bombe gar nicht. Doch beruhigten Sätze wie - "Ich tat es für meine Nation." - nicht wirklich.

Schweigend flogen die drei Maschinen in Keilformation auf den Planeten zu.
Ghosthawk blickte abwechselnd auf seine Instrumente und auf Troffen.
,Oh, welch schöner Ort, das Weltall doch ist. Wir erdreisten uns seine Stille und Herrlichkeit mit Krieg zu schänden.' Dachte er bei sich. Dann sprach er das Vaterunser. Nach den ersten zwei Zeilen merkte er, das er es nicht allein Sprach.
Kurz versanken die Beiden in tiefes Schweigen.
"Charles?"
Bayonne antwortete mit einem auffordernden Grunzen.
"Heute ist die dunkelste Stunde der Menschheit." Ein Reflektion zeigte ihm, dass Bayonne nickte.
"Ja, da haben Sie wohl recht. Tiefschwarz ist dieser Moment. Unsere Seelen dem Teufel verschrieben. Doch denke ich, sind Hölle und Verdammnis ein sehr geringer Preis, den wir beide zahlen, wenn wir dadurch unsere Welten sichern können und den Sieg auf dem Boden erringen können."
"Ich wusste gar nicht, dass Sie so philosophisch werden können?"
"Was meinen Sie, was meine Frau dazu sagen würde."
Ghosthawk war erstaunt: "Sie sind verheiratet?"
"Sie klingen so erstaunt", Bayonne lächelte amüsiert, "seit beinahe 15 Jahren, mein Ältester ist vor drei Wochen neun geworden."
"Das Universum ist wirklich ein ungewöhnlicher Ort. Bitte nehmen Sie mir das nicht übel Charles, aber ich kann mir Sie kaum beim Windeln Wechseln vorstellen."
"Spötter."
Ghosthawks Antwort wurde von einem Warnton unterbrochen. "Ihr Langstreckenradar hat uns erfasst. In 20 Minuten müssen wir mit den ersten SSMs rechnen."
"Roger", antwortete Bayonne professionell, "ich leite die Waffenenergie in die Schilde um."
"Bestätigt." Dann schaltete Ghosthawk auf Außenkommunikation. "Deliverer an Escort Leader: In 15 Minuten gehen Sie hier auf Warteposition."
"Bestätigt." Lone Wolfs Stimmt klang irgendwie belegt. Ghosthawk wünschte, er könne irgendetwas für den CAG tun. Er hatte Cunninghams Akte gelesen. Mantikor steckte dem Commander in den Knochen. Er war innerhalb von 3 Tagen erst zum Lieutenant Commander und dann zum Commander befördert worden.
Die Verantwortung war auf einmal da gewesen.
Er hatte den Posten als Geschwaderführer ohne die übliche Kommandantenschule übernehmen müssen. Wenn er es nicht bald packen würde, würden schlimme Fehler auftreten. Menschen würden sterben.
Er nahm sich vor mit Cunningham zu sprechen.
Der Raketenalarm schreckte ihn aus seinen Überlegungen. Die Akarii feuerten auf Maximalentfernung, ein Treffer war unwahrscheinlich.
"20 reinkommende", meldete Bayonne vom Rücksitz.
Die drei Jäger behielten Ihre Formation bei. Drei Profis, die sich nicht aus der Ruhe bringen ließen.
"Okay, Escort Leader, wir dringen in die Atmosphäre ein. Wir sehen uns später."
"Wir bleiben auf Postion. Bleiben Sie nicht zulange weg Ghosthawk!" Antwortete Cunningham, jetzt hatte seine Stimme wieder einen professionellen Ton angenommen.
Die Phantome begannen zu kreisen.
Rötlich leuchtete das Schutzschild auf, als die Mirage in die Atmosphäre eintrat. Beim Durchflug konnte man ihn nicht unter Feuer nehmen. Doch dann erwartete ihn ein Abwehrfeuer aus SSMs uns SAMs.
Trotz wilder Manöver und stetigem Abwerfen von Täuschkörpern wurde er zweimal getroffen.
Er war direkt über Zielgebiet Nr. 1 eingetaucht, die Hauptstadt. Die Zielpeilung bedurfte nur weniger Sekunden, man brauchte nicht genau treffen und die Raketen war unterwegs.
Ghosthawk wartete gar nicht darauf, einen Raketeneinschlag beobachten zu können, sondern drehte den Nachbrenner voll auf und ging auf Kurs zum zweiten Ziel, der größten Stadt auf Troffen.
Das Abwehrfeuer ließ nach und auf halber Stecke hörte es schließlich auf. Die Schilde hatte nicht alles gehalten, ein Großteil der Heck- und Steuerbordpanzerung waren drauf gegangen. Einen der Stabilisatoren hatte es erwischt und den Kondensator für die Energiewaffen. Also würde er nicht zurückschießen können, sollten die Akarii noch irgendetwas haben, um es auf ihn loszuhetzen.
Am Zielgebiet Nr. 2 ließ er sich mehr Zeit für den Abschuss und beobachtete auch, wie die Rakete im Stadtkern einschlug.
"Zwei Volltreffer", bemerkte Bayonne, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte.
"Yeah, der Rückflug könnte aber etwas holprig werden."
Dieser wurde zwar durch die Atmosphäre sehr holprig, aber die drei Jäger konnten sich ohne Zwischenfälle zur Redemption zurückziehen.

**************************************************

Die Landung war etwas zittrig. Zum ersten Mal seit vier Jahren wurde er von der Bodencrew abgewunken.
Die zweite Landung war zwar schlecht, aber es war eine geschaffte Landung.
Er kletterte aus seiner Phantom und blieb am Ende der Leiter etwas zittrig stehen.
Langsam atmete er durch und beobachtete, wie die Techniker seinen Jäger abmunitionierten
Schließlich wandte er sich ab und ging gemessenen Schrittes davon. ,Haltung bewahren, bewahr jetzt bloß die Haltung, Junge.'
Lucas ging zur Kantine, wo er sich eine Kaffee eingoss und eine Mahlzeit holte. Hackbraten, dazu wurde Kartoffelbrei gereicht, etwas Brot und Gemüse.
Lange stocherte er auf seinem Teller herum, ehe er sich zwang langsam und in kleinen Bissen zu essen
Die Besatzungsmitglieder der Redemption und die Angehörigen seines Geschwaders musterten ihn aus der Entfernung, hielten aber gehörigen Abstand.
"Darf ich mich setzen?"
Ghosthawks Frage ließ ihn zusammenzucken. "Ja, bitte."
Der ältere Pilot setzte sich und fing genüsslich an zu schaufeln. Schließlich legte er das Besteck weg, als er bemerkte, das Lucas ihn mit Ekel bedachte.
"Sie fragen sich, wie ich jetzt essen kann? Nun vielleicht ist dies meine letzte Mahlzeit und ich habe schon Schlimmeres getan."
Mit einem Klirren fiel Lucas Messer auf das Tablett. Ghosthawk beachtete ihn nicht, sondern starrte nachdenklich zur Decke: "Oder ... nein, eigentlich doch nicht, aber ... deswegen bin ich nicht hier. Ich möchte mich mit Ihnen über Sie unterhalten."
"Über ... mich ..."
"Ja, Commander, wie kommen Sie mit Ihrem Job klar?" Ghosthawk schlug einen Plauderton an.
"Sie, ... wir haben gerade ... und Sie fragen mich nach meinem Job?" Lucas musste an sich halten um nicht zu schreien.
"Hören Sie mir mal gut zu, mein Junge, Sie haben Verantwortung. Es ist scheißegal, was wir gerade getan haben. Werden Sie sich langsam klar darüber, dass Ihre Befehle, Aussagen und Handlungen junge Menschen in den Tod führen können.
Ich weiß, Sie haben es hart: Ihnen fehlt die Zeit als Schwadronkommandant, sowie zwei Monate Kommandantenschule. Aber das alles zählt nicht. Sie müssen jetzt und hier an Ihrer Aufgabe in sie hineinwachsen."
"Warum?"
"Nun Lucas, weil ich vielleicht nicht mehr lange an Bord sein werde. Diese Erkenntnis hat sich erst vor kurzem in mir breit gemacht und ich dachte, Sie bräuchten mal jemand, der Ihnen die Leviten ließt. Ich weiß, Sie können sich mausern und auf Ihre Jungens ist auch Verlass."
Der alte Bomberpilot stand auf und sah um Jahre älter aus, als er schon war.

3 Stunden später lag Ghosthawk in seiner Koje und las "Das Blaue Band", eine Roman über die Regulus Kampagne. Die schillerndsten Persönlichkeiten kamen in der Geschichte vor: Hikaru Chen, Viktor von Bein und viele andere.
Er war gerade bei der Passage angekommen, wo Captain Hikaru Chen mit seinen 10 Schiffen bei Regulus auf die Armada des Piratenfürsten Miles Cox traf. Chens damalige Rede war im Original abgedruckt:
,An alle Schiffe und alle Besatzungen: Hier Spricht Captain Chen von der Apollo. Es ist meine traurige Pflicht Ihnen mitzuteilen, dass ich Sie heute in den sicheren Tod befehligen werde.
Wir stehen gut 60 Schiffen gegenüber.
Unsere Position ist günstig. Wir könnten leicht entkommen, doch sind wir die einzigen, die zwischen Cox Flotte und Regulus stehen.
Ja, wir können den Feind nicht aufhalten. Wir können ihm nicht lange standhalten. Und selbst wenn wir kämpfen wie die Löwen, wird die Kolonie den Piraten ausgeliefert sein.
Manche von Ihnen mögen es für sinnlos, ja beinahe verwerflich halten, trotzdem ihr Leben wegzuwerfen.
Doch heute verlange ich stellvertretend für die Terran Space Navy und ihre lebendigen Traditionen Ihr Leben ein.
Wir werden in diese Traditionen eingehen und als Sinnbild für die Pflichterfüllung stehen. Wir sind das dünne blaue Band zwischen unserer Zivilisation und dem barbarischen Rest des Universums. Ich bitte Sie um zwei Dinge: Geben Sie Ihr bestes und bitte vergeben Sie mir.
Chen Ende.'

Ein Läuten riss ihn aus seinen Gedanken: "Ja, herein."
Charles Bayonne trat herein: "Wie geht es Ihnen, Paul?"
"Ganz gut denke ich, Chens Worte geben mir die Kraft weiter zu machen."
Bayonne nickte langsam: "Haben Sie gehört, die wollen Das blaue Band Teil II drehen, allerdings über unseren jetzigen Krieg."
"Bestimmt wird es so ein verdammter Heldenepos, wo der Schmalz nur so aus den Lautsprechern tropft. Ich meine Nick Sullivan hat ein Meisterwerk vollbracht, als er dieses Buch schrieb. Und zum Glück haben sie es beinahe original verfilmt."
"Ja, damals hatten die aber auch Zugang zu den Navyarchiven und Sullivan war ja dabei als die Jäger der Gorch Fock und Redemption Cox' Flotte vernichteten. Wissen Sie ob auf der Redemption Szenen von dem Film gedreht wurden?"
"Nein, die drehten auf der Corral Sea, die Redemption war damals noch im Dienst. Aber ich glaube nicht, dass Sie mit mir über Filme fachsimpeln wollen oder?"
"Nein", gab Bayonne ihm recht, "ich wollte Ihnen etwas geben." Er zog zwei Kästen aus seiner Hosentasche.
Der erste enthielt die Rangabzeichen und Schulterstücke eines Commanders der TSN. Und als Ghosthawk zittrig den zweiten geöffnet hatte, kam eine Medal of Valor zum Vorschein, die höchste Auszeichnung der Terranischen Republick.
"An unbekannt, für unbekannt", flüsterte Ghosthawk.
"Ja, an unbekannt, für unbekannt, um Leistungen zu würdigen, die weit über die Pflichterfüllung hinausgehen. Sie sind einer der unbesungenen Helden unserer Republik Paul. Ihre Taten werden dem NIC immer in Erinnerung bleiben."
"Meine zweite", murmelte Ghosthawk leise. Zum zweiten Mal erhielt er unbekannterweise diese Auszeichnung. Nie würde er sie tragen, doch nie würde vergessen werden, was geleistet, was verkauft wurde für die Republik.
Bayonne nahm Haltung an uns salutierte, dann ließ er den frischgebackenen Commander allein.

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Doctor Hamlin war irritiert über die vielen Besucher auf seiner Station. Das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen. Er ließ alle von seiner Schwester herausscheuchen und machte dann seine Visite.
Am Bett des jungen japanische Piloten blieb er stehen. Der Beinbruch war unkompliziert und bereits geschient. Moderne Knochenstimulanzen würden den Bruch binnen weniger Wochen komplett heilen. Die Tomographie des Kopfes hatte gezeigt, dass hier ebenfalls kein ernsthaftes Problem bestand. „Lieutenant, ich bin Doctor Hamlin. Wir haben Ihr Bein bereits behandelt. Es sollte schnell heilen, wenn Sie es ruhig halten. Ihr Gehirnerschütterung ist ebenfalls kein Problem, solange Sie nicht fliegen. Ich kann Sie in drei Tagen entlassen, allerdings nur zum leichten Dienst.
Er sah, wie Kano schluckte, ansonsten ließ er sich nichts anmerken. Wahrscheinlich lag dies am Rang des Arztes, dachte sich Hamlin.
„Nach 18 Tagen sollte der Bruch verheilt sein, dann werde ich noch eine Schlussuntersuchung vornehmen, aber wahrscheinlich werde ich ihnen dann wieder Flugfreigabe erteilen. Die schnelle Genesung ist aber ganz von Ihrer Kooperation abhängig, wie lästig das Untätigsein auch sein mag.“
Kano nickte. Hamlin seufzte innerlich. Wenigstens ein Patient, der keine Widerworte gab. Dann wandte er sich den anderen Patienten zu.

Martell saß derweil in seinem Büro und besah sich die Performanceauswertung der Hydras. Nach dem desaströsen Start erwiesen sich die Raketen als sinnvolle Erweiterung des Arsenals, auch wenn das System nur begrenzt einsetzbar war. Dann klopfte Shukova an und trat ein.
„Wie geht es Tank?“
„Gut, ist bereits wieder entlassen worden und etwas sauer, weil er im ersten Einsatz gleich seine Maschine verloren hat.“
„Kann passieren. Ich hab mir die Flugrekorderdaten bereits angesehen. Das war ein klassischer Gefechtsverlust. Sie können ihm ausrichten, dass es nicht negativ in der Akte auftauchen wird.
„Da wird er sich freuen. Übrigens ist heute die Mission angelaufen.“
„Ist es wahr? Mal gespannt, was da so besonderes dran ist...n aja, vielleicht ist an diesem Gerücht mit dem Kampfgas doch was dran...es macht jedenfalls Sinn.“
„Nichts genaues weiß man nicht.“ Thunder grinste. „Jedenfalls hat die Fisher die Mission gerettet.“
„In der Tat. So etwas darf nicht wieder passieren. Wäre schön, wenn Sie sich Gedanken dazu machen könnten. Ich will mit der Staffel in zwei Tagen eine detaillierte Analyse der Mission machen, da wir wahrscheinlich eine recht ruhige Woche erleben werden.“
„OK, mach ich. Liegt sonst noch irgendetwas an?“
„Ja, sagen Sie Cutter, er soll die erste Reservemaschine für Tank klar machen, ich will schnellstmöglich wieder die volle Besetzung zusammen haben.“
„Verstanden, wird erledigt.“ Mit diesen Worten verließ sie das Büro und ließ Martell zurück, der wieder seinen Monitor aktivierte und sich die Aufnahmen aus den Bordkameras der Griphen sowie die Anzeigen von der Brücke der Redemption zeigen ließ. Bei der Suche nach Fehlern spielte er unbewusst mit dem Rosenkranz, den ihm der Pater gegeben hatte.

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Die beiden Besucher - dicht hintereinander und praktisch unmittelbar nach seinem Aufwachen hatten Kano ziemlich geschafft. Das merkte er, als das Zimmer auf einmal ZWEI Türen zu haben schien. Mit einem leichten Stöhnen ließ er den Kopf zurücksinken 'Nur nicht übertreiben - ich kann froh sein, das ich überhaupt noch einen Kopf HABE.'
Erst jetzt kam ihm voll zum Bewusstsein - Er hatte überlebt, trotz seiner uneingestandenen Gewissheit, aus diesem Kampf nicht zurückzukehren.
Selbst die Kopfschmerzen und die Übelkeit konnten die Erleichterung nicht dämpfen.

Und er hatte zweimal gesiegt. 'Aber bin ich selber auch besiegt worden. Zumindest DARAN sollte ich wohl noch feilen.'
Allerdings - seine Maschine war verloren, war gestorben. Das war eine Schande - zwar nicht so groß, wie zu fliehen, aber keinesfalls etwas, worauf er stolz sein konnte. 'Ich werde Parker um angemessene Sühne bitten.' Dadurch - und durch den weiteren Einsatz würde er diesen Makel tilgen.
Bestimmt.
Diese Erwägungen und Schuldgefühle wurden unterbrochen, als die Übelkeit schlagartig den Hals hinaufstieg.
Kano beugte sich zur Seite und würgte. Irgend ein führsorglicher Geist hatte dies wohl vorrausgesehen und die nötigen Gerätschaften in Reichweite gestellt.

Nach einer kleinen Ewigkeit konnte er den Kopf wieder auf das Kissen legen, während hinter Kanos Stirn eine ganze Navy-Kapelle zu spielen schien (hauptsächlich Schlagzeug).

Die Arztvisite ging glimpflich vonstatten - Die Ärzte schienen wesentlich renitentere Patienten gewöhnt zu sein. Alles im Allen hatte er doch mehr als Glück gehabt. 'Fast zuviel für ein Verwundetenabzeichen' Die Schwester murmelte etwas wie "Verkehr wie auf dem Picedally Circus..." als sie ihm eine Injektion verabreichte und im Befehlston äußerte, er werde danach schlafen. 'Ich frage mich, wie's Kali ergangen ist. Ob sie mal vorbeischaut... ." waren so ziemlich Kanos letzte Gedanken, bevor sich das Zimmer um ihn herum in Nebel aufzulösen schien.

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Darkness nahm seinen Helm ab.

Noch nie schien ihm die schwarze, kalte Färbung dieses Ausrüstungsgegenstand so treffend gewesen wie heute. Er stieg aus seinem Jäger und drehte sich um. Der grimmig dreinschauende Schnitter auf der Heckflosse seiner Maschine war sein Markenzeichen aber auch ein Zeuge und ein Symbol dessen, was heute dort draußen geschehen war.

Flieder war auf Troffen eingeschlagen. Der personifizierte Tod von Menschenhand erschaffen und eingesetzt.

Darkness senkte den Blick und wandte sich ab. Er war definitiv kein gläubiger Mensch und die Echsen wahrscheinlich auch nicht, zumindest nicht nach menschlichem Maßstab aber er würde heute Nacht für die Seelen derer, die heute unschuldig sterben würden, beten.

Er sah wie die Techniker auf seine Phantom zukamen und bedachte sie mit einem vernichtenden Blick. Heute war mit dem Lieutenant Commander nicht gut Kirschen essen...

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Der Raum war düster, nebelverhangen und voller Testosteron. Eine Packung Marlboro, ein französisches Spielblatt und ein paar Kilo eigentlich wertloser Spielchips hatten die Kabine von Thomas Pinpoint Andrews und Clifford Ace Davis in eine Spielhölle verwandelt.
Die weiteren anwesenden Kartenhaie waren Curtis Radio Long und Muhammad Brawler Tuncay. Ace schüttelte geistesabwesend den Kopf, als Radio ihm zum siebten Mal eine Zigarette anbot. Offensichtlich wusste er nicht, dass der Second Lieutenant Nichtraucher war. Oder er ignorierte es.
Ace warf einen violetten Spielchip in die Mitte. „Erhöhe um zehn. Zehn, wer drinbleiben will.“
Brawler warf die zehn rein, und legte noch mal einen gelben Fünfer hinterher.
Pinpoint warf seine Karten auf den Tisch. „Bin raus.“
Radio grinste genüsslich, als er die fünfzehn brachte und noch einmal zwanzig obenauf legte. „Und die zum sehen.“
Ace legte seine Karten beiseite. Leise ging er seine Chips durch, nahm sein Blatt wieder auf. Dann nickte er und warf zwanzig rein.
Brawler stutzte. „Okay, zwanzig zum Sehen. Hier, drei Jungens auf Ausgang.“
Radio grinste. „Ich bin besser. Straight Flush.“ Er beugte sich vor, um den Pott an sich zu ziehen. Misstrauisch sah er zu Ace rüber, als dieser grinste. „Du hast doch nicht etwa ein besseres Blatt? Oh, bitte, sag mir, dass du wegen Kali oder wegen Lilja grinst und nicht, weil du mir gleich ein Full House um die Ohren hauen wirst.“
Ace warf Radio für die Erwähnung der beiden Callsigns einen Blick zu, der nur mit SAUER umschrieben werden konnte. Er deckte sein Blatt auf. „Round the Corner. Reich leider nicht für deinen Straight. Aber Brawler hätte ich gekriegt.
Nein, ich grinse wegen was anderem.“
Ace lehnte sich zurück. „Ich weiß, warum wir hier sind."
Radio hielt beim Stapeln seiner Chips inne. „Was? Du weißt, warum wir hier am Arsch der Welt rumschippern? Hey, hier an Bord bin immer noch ich die Nachrichtenmaschine Nummer eins.“ Der blauhaarige Pilot grinste lässig.
„Jetzt nicht mehr, Radio.“
„Sag's uns, Ace, warum Troffen? Warum nicht eine Nachschubbasis?“

Nachdenklich faltete Ace die Hände hinter dem Kopf und legte die Stiefel auf den kleinen Tisch. „Sagt mal, glaubt Ihr wirklich, wir kommen in dieses unwichtige Agrar-System und schalten die Verteidigung aus, nur um die Welt ungestört ein paar Wochen blockieren zu können? Wie naiv seid Ihr eigentlich? Hier ist was im Busch. Was richtig großes.“
Interessiert beugte sich Radio vor. „Das habe ich schon vermutet. Also, Ace, lass uns an deiner Weisheit teilhaben.“
„Sagt mal, habt Ihr euch nicht gewundert, wieso Troffen so stark geschützt ist? Begleitschutz für Frachter, okay, aber zwei Zerstörer und eine Raumstation?“
„Doch, schon, aber der CAG wollte ja nicht mit Einzelheiten rausrücken. Außerdem“, Brawler brummte unwillig, „wer sagt uns, dass das nicht die Standardverteidigung für eine Agrarkolonie der Akarii ist?“
„Wer sagt denn, dass es eine Agrarkolonie ist?“ meinte Ace amüsiert.
Die Neuigkeit schlug ein wie eine Bombe. Die drei Piloten redeten wild durcheinander.
„Okay, worauf sind wir hier gestoßen? Auf ein Germanium-Bergwerk, den Sommersitz des Kaisers? Sag schon und lass dir die Würmer nicht einzeln aus der Nase ziehen.“
„Schon gut, Pinpoint. Troffen ist das größte Bioversuchslabor der Akarii.“
„Bioversuchslabor? Was ist das denn für ein Quatsch?“
„Ist kein Quatsch, Radio. Was wisst Ihr über Viren, Jungs?“
„Viren“, begann Brawler zu zitieren, „sind kleine mikromaschinenartige Molekülverbindungen an der Schwelle des Lebens. Sie bestehen aus nicht viel mehr als einer Schutzhülle und einem DNS-Strang. Um sich fortzupflanzen, dringen sie in lebende Zellen ein, fügen ihre DNS in die der Zelle ein und lassen sich selbst reproduzieren. Das machen sie so lange, bis die zur Reproduktion notwendigen Zellen aufgebraucht sind.
Danach haben sie je nach Art eine gewisse Ruhezeit, bevor sie absterben.“
„Nicht schlecht, Herr Doktor. Ich werde Sie dem Chefarzt für die Chirurgie empfehlen“, scherzte Pinpoint und kassierte dafür einen harmlosen Nackenschlag.
„Das ist insoweit richtig. Was noch fehlt ist aber, dass Viren eine bestimmte Andockstation brauchen, um in einen bestimmten Zelltyp überhaupt eindringen zu können. Das bedeutet, dass manche Krankheiten zwar von Hund auf Mensch übertragen werden können, weil beide als Säugetiere ähnliche Zellen haben, der Virus aber nicht einfach so auf zum Beispiel einen Fisch übertragen werden kann. Was eigentlich heißt, ein Virus aus einem Akarii-Ökosystem sollte keine Menschen befallen können.“
„Eigentlich? Du machst mir Angst, Ace.“
„Es kommt noch besser. Wie Ihr wisst, Herrschaften, war ich unserem allessehenden Auge, Master Ling zu Diensten. Seitdem habe ich bei ihm einen Stein im Brett. Das bedeutet, er schleift mich nur vors Kriegsgericht, anstatt mich gleich an Ort und Stelle zu erschießen, wenn ich Mist baue. Jedenfalls, ich habe da so was läuten hören, dass Troffen regelmäßig von einer Seuche heimgesucht wird. Deshalb wird der Planet laut dem Geheimdienst während der Seuchensaison isoliert.“

„Aha. Und was hat das mit uns zu tun, Ace?“
„Nun, Radio, um es auf den Punkt zu bringen, diese hoch ansteckende Viruserkrankung mit extrem kurzer Inkubationszeit soll von den Akarii als Waffe entdeckt worden sein.
Noch sind sie nur im Experimentierstadium, aber wenn sie es schaffen, das Virus gentechnisch zu verändern, so dass es Akarii UND Menschen befällt... Die Auswirkungen auf die Menschen wäre in den ersten Monaten nach dem Einsatz des Virus verheerend.“
Brawler bekam große Augen. „Selbst wenn es nicht tödlich wirkt, das Immunsystem des menschlichen Körpers würde verrückt spielen. Einmal auf einem terranischen Planeten gestreut würde es die Verteidigung erschweren, vielleicht unmöglich machen.“
„Yepp“, kommentierte Ace und begann mit dem Stuhl zu wippen.
„Und du meinst...“
„Wie erklärt Ihr euch sonst diese massive Verteidigung?“ Ace grinste. „Na, was denkt Ihr denn, warum Darkness und Lone Wolf fast alleine raus sind? Die schießen Sonden ab, die feststellen sollen, ob es den Akarii gelungen ist, ihre Grippe auf Menschen auszuweiten.“
Pinpoint schüttelte sich. „Was für ein kranker Gedanke. Was für ein kranker, kranker Gedanke. Welche Bestie wäre zu so einem Plan fähig?
„Yeah“, kommentierte Ace, „man könnte annehmen, wir hätten es mit Menschen zu tun."
„Und was passiert, wenn die Akarii es geschafft haben?“ fragte Radio geradeheraus.
Mit einem Mal wurde Ace müde. „Die Welt liegt weitab unserer Nachschubwege, ist verseucht mit einer neuen Form der Pest... Rechne es aus.“
„Ist das sicher, Ace?“
Der blauhaarige Pilot zuckte die Achseln. „Was ist bei den Geheimen schon sicher? Aber es ist die plausibelste Erklärung.“ Nun begannen die Piloten wild durcheinander zu diskutieren. Ace sprach diesen Abend kein einziges Wort mehr.

******************************************************

Brawler trat in den Bereitschaftsraum und sah sich um. Tank schob gerade Dienst und kümmerte sich um einige Unterlagen, die Brawler sehr nach Wartungs- und Nachschubpapieren aussahen. Außerdem im Raum saßen Snake Bite und Goose.
„Hallo Leute, heute keinen Dienst?“
„Ich war heute morgen schon draußen. Mann, ist das öde, die Patrouillenfliegerei. Und mit dem Skipper kann man ja auch nicht einfach so quatschen.“ Stöhnte Bahrani.
„Ich bin erst nachher wieder dran. Solltest Du als mein Flügelmann doch wissen.“ Grinste Goose.
„Ähm ja....habt ihr schon die neuesten Gerüchte gehört? Ich meine, wieso wir hier sind?“
„Hast du mal wieder zuviel mit Radio gequatscht?“ Bahrani rollte mit den Augen..
„Nein, das kommt von Ace. Er behauptet, Troffen wäre ein einziges großes Chemie- und Biowaffenlabor.“
„Aber warum zerbomben wir dann den Schlammhaufen dann nicht zu einen Haufen glühender, strahlender Schlacke?“
„Bin ich vom ND?“
„Nein, aber Du weißt doch, wie die Jungs vom ND sind. Solange es nicht strahlt und in Moleküle zerbombt ist, ist es nicht tot. Die würden doch selbst eine Jäger am liebsten mit 'ner Harpoon abschießen, um sicher zu gehen.“
Alle Anwesenden lachten. Dann winkte Bahrani ab.
„Das ist alles Unsinn. Ich glaube eher, dass der ND irgendwas unten ausprobiert...vielleicht haben die Eierköppe von der Entwicklung auch ihre Finger drin. Das sind doch jetzt reinste Laborbedingungen, kein Verkehr vom Planeten oder zum Planeten, keine nennenswerte Gegenwehr.“
„Hm ja, das kann natürlich auch sein, stimmt, Snake Bite, unter deinem hübschen Schopf steckt mehr, als man denkt.“ Brawler erhielt einen spielerischen Hieb in die Bauchgegend.
Dann merkte sie plötzlich, dass jemand hinter ihr stand. Zugleich nahmen die beiden Männer Haltung an. Sicherheitshalber tat sie es ihnen gleich.
„Stehen Sie bequem. Kocht die Gerüchteküche mal wieder hoch?“ Bahrani hatte richtig geraten, Murphy hatte sich mal wieder angeschlichen. Manchmal war die Fähigkeit des Alten, immer dann aufzutauchen, wenn man nicht mit ihm rechnete. Innerlich fluchte sie.
„Sir, wir haben nur überlegt, wieso dieses ganze Powwow hier abgehalten wird. Ich meine, wir könnten längst alles wichtige hier zerstört und uns zurückziehen können. Stattdessen fliegen vier Jäger runter und werfen irgendetwas ab. Gleichzeitig wimmelt es von Leuten vom NIC an Bord.“
„Ich will ehrlich sein, ich weiß auch nur ungefähr, was abgeht. Indes würde es besser sein, wenn diese Gerüchte nicht die Runde machen. Sie lenken ab von der Mission und sorgen für Unruhe. Ich hoffe wir verstehen uns.“
„Ayeaye Sir!“
„Gut, ich kann verstehen, dass Sie sich Sorgen machen, aber seien Sie versichert, dass alles nach Plan läuft, daher sind diese Sorgen unbegründet.“ Dann wandte Muphy sich ab und ging in sein Büro.
„Mannomann, der Alte hat mir einen ganz schonen Schrecken eingejagt.“ Meinte Bahrani, als der Commander die Tür hinter sich geschlossen hatte.
„Nicht nur Dir. Ist der auf Patrouille auch so?“
„In gewisser Weise...ja. Wie ein Jaguar sozusagen. Auf der Pirsch und dann schlägt er schnell und hart zu. Mir ist aufgefallen, dass er den Kurvenkampf extrem meidet, stattdessen nutzt er den Schubvorteil aus und greift den Feind aus immer neuen Richtungen an. Wenig Risiko, aber verdammt effizient. Hab mir schon was abgeschaut.“ Bahrani grinste wieder.
„Ich kann es mir denken, Du hast bereits ja deine fünf Abschüsse zusammen.“
„Naja, Dir fehlt ja auch nur noch einer.“
„Wenn Goose mir nicht immer die Abschüsse vor der Nase klauen würde.“
Jetzt war es an Goose, Brawler in die Rippen zu stoßen.
„Gib es doch wenigstens zu, die schießt nach wie vor wie eine Blindschleiche.“
„Willst du Ärger?“ Brawler grinste.
„Nein, danke, ich hab schon 'nen Flügelmann.“ Gab Goose zurück.
„Habt ihr nicht auch Hunger, ich wollte in die Messe gehen?“
„Geschickter Themenwechsel, gut, gehen wir. Kommst du mit, Goose?“
„Klar.“

*******************************************************

Justin saß in seinem Quartier.

Er las gerade Aces Abhandlung über den Einsatz neuer Waffensysteme und die Reaktion der Akarii darauf.

Verdammt. Wenn der Junge so weitermachte, würde der NIC ihn irgendwann als Sicherheitsrisiko einstufen. Was das hieß konnte er sich gut vorstellen. Ace wäre nicht der erste Soldat, der unter mysteriösen Umständen ums Leben käme. Er nahm sich vor mit Clifford bei Gelegenheit zu reden.

Ihm fiel ein, dass er ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte. Seit der Schlacht über Troffen um genau zu sein. Nun gut. Es war zum Teil seine eigene Schuld. Er war allen und jedem aus dem Weg gegangen seitdem. Der Einsatz lastete schwer auf ihm. Er hasste die Akarii mit tiefer Inbrunst aber waren Echsenzivilisten nicht ebenso unschuldig wie die Menschen im eigenen Hinterland?

In früheren Zeiten, im späten 20. und 21. Jahrhundert wäre eine solche Aktion, die sie hier für "Rasse und Vaterland" flogen, vor ein Kriegsverbrechertribunal gekommen. Und was passierte hier? Heute wurden solche Taten von denjenigen befohlen, die am lautesten nach Rache schreien würden, wäre Troffen ein Planet der Terraner gewesen.

Er schüttelte den Kopf. Ihm war schon immer bewusst gewesen, dass Krieg ein dreckiges und blutiges Geschäft war aber das, was sie hier taten schlug dem Fass den Boden aus. Noch nie, in der Geschichte der Menschheit hatte es einen derartigen Vernichtungsfeldzug gegeben. Selbst der Holocaust der Nazis war dagegen ein Kindergeplänkel. Sie hatten eindeutig Völkermord begangen. Punkt. Auch wenn die Echsen viele Planeten hielten, eine dieser Welten zu entvölkern war definitiv Völkermord.

Das Glas Scotch auf seinem Schreibtisch wurde wieder gefüllt. Er hatte bei fünf aufgehört zu zählen, das war vor 4 Stunden gewesen. Er betrachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit, während er sie im Glas hin- und herschwenkte. Eines der besseren Verbrechen der Menschheit.

McQueen war Soldat. Er tat seit mehr als 20 Jahren Dienst in der Navy und hatte schon so manchen Befehl erhalten und ausgeführt aber dieser hier... Es war einfach zu viel für ihn. Noch nie zuvor hatte er auf unbewaffnete Zivilisten geschossen. Zwar hatte Ghosthawk die Raketen abgefeuert aber das spielte keine Rolle. Justin fühlte sich verantwortlich. Er machte sich Vorwürfe. Warum hatte die TSN Mantikor nicht halten können, dann wäre das alles nicht passiert.

Er fluchte leiste in sich hinein. McQueen brauchte Luft. Vielleicht ein kleiner Spaziergang durch den Träger... Die Luft war zwar draußen wie drinnen gleich schlecht, irgendwie schien das Belüftungssystem des Trägers einen Knacks zu haben, aber die Bewegung und die Illusion des "draußen sein" würde ihm sicher helfen.

Darkness verließ sein Quartier und schlenderte durch die Gänge. Irgendwo hörte er jemanden lauthals über eine zu heiße Dusche fluchen und musste lächeln. Ja, das Schiff war alt und auch sämtliche Einsätze und die Gewöhnung an die Umstände konnte darüber nicht lange hinwegtäuschen.

Die Messe kam in Reichweite. Vielleicht sollte er sich dort einen Kaffee besorgen. Ja das war eine gute Idee. Ein Kaffee würde ihm gut tun.

******************************************************

Vorsichtig klopfte Helen Mitra an. Ohne eine Antwort abzuwarten, schlüpfte sie in den Raum hinein. Wider Erwarten war Kano Nakakura wach.
„Hey“, sagte sie. „Hey“, kam es schwach zurück.
„Wie geht es dir, Ohka?“ Der Japaner lächelte sie an. Eine Reaktion die sie selten an ihm sah. Normalerweise verschloss er sich seiner Umgebung gegenüber weitestgehend. „Jetzt etwas besser.“
Kali lächelte zurück. Sie setzte sich auf die Bettkante und griff zögerlich nach Ohkas Hand, schreckte zurück und griff dann doch zu.
„Ich konnte leider nicht sofort kommen. Ich wurde aufmunitioniert und gleich wieder raus gejagt. Danach hat Darkness für mich und meinen Flügelmann Dienstschlaf befohlen. Aber danach bin ich sofort her.“
Ohka verzog die Miene, als er versuchte, sich aufzurichten. Er wurde aschfahl und kämpfte einige Zeit mit sich.
Schließlich normalisierte sich seine Gesichtsfarbe wieder. Kali unterließ es, ihn auf den Brechreiz anzusprechen. Der junge Mann hätte es tödlich missverstanden.
Und bei einer Gehirnerschütterung war ein solches Sympton durchaus üblich. „Hauptsache, du bist hier, Kali.“
Helen spürte, wie sie errötete. Auch Ohkas Haut bekam einen etwas dunkleren Farbton. Beschämt sah sie weg.
Als sie den Flieger wieder ansah, klopfte sie ihm burschikos auf die Schulter. „Und? Zwei Abschüsse, das ist ne stramme Leistung fürs erste Gefecht, Ohka.“
„Zwei abgeschossen und einmal selbst abgeschossen worden“, brummte Ohka.
„Ja, okay, aber dafür hast du doch den Löwen bekommen. Und in vier bis sechs Wochen steigst du wieder auf. Und den Akarii möchte ich sehen, der dir dann noch entkommt.“
Ohka sah weg. Es war offensichtlich, dass es ihm peinlich war, abgeschossen worden zu sein.

Sie gönnte ihm die Gelegenheit, sich zu fangen und schwieg. Dabei glitt ihr Blick durch den Raum. Auf dem Nachttisch blieb sie an einer aufgeschlagenen Illustrierten hängen.
Komisch, die Flight & Fight kannte sie ziemlich gut. Jemand hatte das Kreuzworträtsel angefangen, aber wieder aufgegeben.
Moment, das war doch ihre eigenen Schrift. War etwa...? Nein. Oder doch? Was wenn...
“War Ace hier, Ohka? Sei ehrlich.“
Der Japaner sah sie erstaunt an. „Wie kommst du denn darauf?“
Sie deutete auf die Zeitschrift. „Das Kreuzworträtsel habe ich angefangen, als Ace und ich die Kabine geteilt haben. Also, war er... Was hast du denn, Ohka, habe ich was komisches im Gesicht?“
„Du... hast die Kabine mit Ace geteilt? Ich...“
Für einen Moment wusste Kali nicht, was sie sagen sollte. Sie lachte befreiend auf. „Hat dir niemand die Geschichte erzählt, Ohka? Ace kam als letzter Pilot an Bord, und der Computer hat ihn in die letzte freie Fliegerunterkunft gesteckt, die da war. Und das war meine Stube.
Als wir die ersten Verluste hatten, wurde er umquartiert. Aber keine Bange, er war der perfekte Gentleman.“ Ihr Gesicht verdüsterte sich. „Damals zumindest.
Also, was wollte der Junge hier? Wenn er dir gedroht hat oder wenn er versucht...“
“Iie“, schnitt Ohkas Stimme scharf durch ihre Mutmaßungen. „Ace war nur hier, um mich zu besuchen und zu beglückwünschen. Er hat nicht versucht, unsere... Freundschaft zu sabotieren, Kali.
Außerdem ist er im Moment beschäftigt.“
Ace, ja, das passte zu ihm. Kehrte den Gentleman hervor, bis man nicht damit rechnete und Paaooow, schoss er dich ab wie eine Bloodhawk aus der Sechs. „Beschäftigt? Wie meinst du das denn? Deckwache habe ich auch, bis Darkness sie endlich aussetzt.“
Ohka schüttelte den Kopf, bereute die Bewegung aber sofort wieder. „Iie. Er hat sich mit meiner Flügelfrau angelegt. Sie sind sich hier über den Weg gelaufen. Sie hat ihn angesehen, als wolle sie ihn ausweiden. Und er hat gesagt, sie hätte den hüb...“ Ohka schluckte hastig.
„Was? Was hätte sie?“
„Nichts“, wiegelte Ohka ab. „Ach komm schon, ich kanns ab.“
„Nun... Ace meinte – aber ich denke, er war ironisch – sie hätte den hübschesten Hintern, den er je in einer Uniform gesehen hätte.“
Der junge Pilot senkte den Blick. „Sumimasen, ich hätte das nicht verraten dürfen.“
„Nein, das ist in Ordnung, Ohka. Ist in Ordnung. Ich glaube jetzt nicht, dass du Ace reinziehen wolltest.“
Sie beugte sich vor und gab ihm einen Kuß auf die Wange. „Aber jetzt weiß ich, dass du mir nichts abschlagen kannst, tödliche Kirschblüte.“
Kali lächelte Ohka zu und stand auf. „Ich habe Dienst. Was dagegen, wenn ich Morgen wiederkomme?“
Auch Ohka wagte wieder zu lächeln. „Nein, Kali. Es macht keinen Spaß, untätig zu sein.“
„Also, dann bis Morgen.“ Leise schloss sie die Tür hinter sich.

Auf dem Gang wechselte ihr Gesicht von süß lächelnd auf stinksauer. Dabei wusste sie nicht einmal, worauf, auf wen, weshalb sie sauer war.
„Lilja“, knurrte sie wütend. Ein vorbeikommender Sanitäter wechselte vorsichtshalber die Seite.

Auf dem Trainingsdeck erwischte Kali die russische Pilotin dabei, wie sie Gewichte stemmte.
Als Lilja die achtzig Kilo wieder in die Halterung ablegen wollte, griff Kali zu und half ihr.
„Danke“, seufzte Lilja und setzte sich auf. Sie trocknete den Schweiß von Gesicht und Brust. „Du bist Kali, richtig?“
„Und du bist die Flügelfrau von Ohka.“
„Richtig. Stimmt was nicht mit ihm?“ Für einen Moment war Kali vom Anschein echter Besorgnis irritiert. Doch ein leichtes Kopfschütteln bereinigte diesen Eindruck.
„Ohka geht es gut. So gut es eben klappt mit 'ner Gehirnerschütterung. Aber wegen ihm bin ich nicht hier. Lass die Finger von Ace, Oma, ja?“
Für einen Moment war die Russin verblüfft. Ärger und Mitgefühl huschten über ihre Züge in schnellem Wechsel. Schließlich legte sie eine Hand auf Kalis Unterarm und sagte: „Hör mal, Schätzchen, dieser Ace ist ein Idiot. Du solltest Ohka besser...“
Ruckartig zog Kali ihren Arm hervor. „Ich sag's nicht noch mal, Oma. Ace ist MEIN Problem, nicht deins. Mich hat er beleidigt. Mir hat er weh getan. Ich bin sauer auf ihn. Wenn du ein Stück von ihm willst, hinten anstellen und auf die Reste warten. War das jetzt klar genug?“
Lilja antwortete nicht. Kali fasste das als Zustimmung auf.
„Und ach ja, das nächste Mal pass besser auf deinen Flügelleader auf.“
Ohne eine weitere Entgegnung abzuwarten stapfte sie davon.

Auf dem Flur vor den Umkleideräumen ließ sie sich gegen die nächste Wand sinken. „Dumm, dumm, dumm. Wieso legst du dich mit ihr an? Sie ist eine Veteranin und hat gerade das Cross gekriegt. Das kannst du nicht ernst meinen. Nicht wegen diesem Trottel Ace. Okay, ihr habt drei Monate den Raum geteilt und stundenlang Schach gespielt. Aber du solltest froh sein, wenn dir jemand die Arbeit abnimmt. Stattdessen beschützt du ihn. Nur, um ihn selbst fertig machen zu können?
Gib es doch zu, Mädchen, du wirst nicht schlau aus Ace. Und wie Ohka reinpasst, weißt du auch noch gar nicht.“
Nachdenklich massierte sie ihre Schläfen. „Was mache ich bloß? Was mache ich bloß?“
Wütend stieß sich Kali wieder von der Wand ab. An ihrer Mühle zu schrauben hatte ihr noch immer geholfen.
Auf dem Weg raus kam sie an mehreren mannshohen Spiegeln vorbei. Sie sah kurz in alle Richtungen. Für den Moment war sie allein. Vorsichtig lupfte sie ihre Uniformjacke und betrachtete nachdenklich ihren Po. „Meiner sieht viel besser aus“, murmelte sie.

******************************************************

Gonzalez saß in seiner Kabine und rieb sich die Schläfen. Die letzten Tage waren sehr hart gewesen. Die Fisher war auf ihrem Posten abgelöst und zurück in den Flottenverband gelangt. Dabei und auch danach waren ständig die Reparaturen vorgenommen worden. Immerhin war das Triebwerk wieder in Ordnung, genauso wie der Schildgenerator. Der Impulslaserturm machte aber nach wie vor Probleme. Außerdem war natürlich die Panzerung und der Schaden an der Struktur der Fisher nicht zu beheben, ohne dass man das Schiff in ein Dock schaffte. Noch schlimmer waren aber die menschlichen Verluste. Gonzalez hatte schon einige Gefechte hinter sich, einmal sogar als Lieutenant die Vernichtung des Zerstörers erlebt, auf dem er gedient hatte. Doch es war etwas anderes, wenn man selber der Kommandant war. Gott sei dank hatte er die Verletzten per Medevac Shuttle zur Redemption ausfliegen lassen können, die über eine sehr viel bessere Krankenabteilung verfügte als die Fregatte.
Dann klopfte es am Schott.
„Herein.“ Gonzalez merkte, dass seine Stimme so müde klang, wie er sich fühlte.
Warren Turner trat ein und nickte seinem Kommandeur zu.
„Was gibt’s?“
„Ich wollte nur sagen, dass Seaman Garrick verstorben ist. Auch die Leute auf der Redemption konnten bei den Verbrennungen nichts mehr tun.“
Gonzalez schüttelte betrübt den Kopf. Garrick war Mitglied der Impulslaserturmbesatzung gewesen. Als die Feuerfrequenz erhöht wurde, war eine Leitung der Energiezuführung mit einer Stichflamme explodiert und hatte 80 Prozent der Haut des Seaman binnen Sekundenbruchteilen vernichtet. Trotzdem hatte er seinen Dienst solange weiter verrichtet, bis der Schmerz ihn hatte ohnmächtig zusammensinken lassen.
„Setzen Sie ein Schreiben auf, in dem Garrick für eine besondere Auszeichnung vorgeschlagen wird, der Verwundeten Löwe in Gold erscheint mir da für Garrick nicht ausreichend... Defense Meritious Service Medal?“
„Jawohl, mach ich. Kann ich sonst noch irgend etwas tun?“ Gonzalez sah, dass Turner, der sich um die vielen Details an Bord gekümmert hatte, während Gonzalez versucht hatte, den Überblick zu behalten, noch erschöpfter schien
„Ja, danach gehen Sie zu O’Keefe, übergeben ihm das Kommando und legen sich für 16 Stunden hin. Ich werde ihn in acht Stunden ablösen.“
„Aye, Sir.“ Turner lächelte müde. „Und schlafen Sie gut.“
„Danke.“
Dann legte sich Gonzalez, nachdem er das Uniformhemd ausgezogen hatte, auf seine Koje und fiel nach wenigen Momenten in einen nahezu komatösen Tiefschlaf.

Ling saß derweil über den Abhörprotokollen der Verdächtigen im Zusammenhang mit dem Saboteur. Leider hatte er Davis bisher noch nichts nachweisen können, aber das war seiner Ansicht nur eine Frage der Zeit. Einer seiner Untergebenen hatte ihm schon von einem neuen Gerücht erzählt, in dem es sich um Viren und Troffen drehte. Das konnte nur von Davis kommen, alles andere würde zu viele Zufälle erfordern und wenn es nach Ling ging, dann existierte so etwas wie ein Zufall nicht. Frustriert klopfte er auf seine Prothese, stand auf und fing an, in seinem Raum die von seinen Untergebenen gefürchteten Runden zu drehen. Dann kam er zu einem Entschluss.
„Gandhi!“
Der Lieutenant kam hereingestürzt. „Sir?“
„Ich möchte, dass wir die Überwachung der fünf Hauptverdächtigen intensivieren, veranlassen Sie die Erhöhung auf Stufe 5.“
„Sir, Stufe 5? Haben wir eine Erlaubnis des Captains?“
„Nein, ist egal, es geht um die operationelle Sicherheit dieser Mission.“
Gandhi schluckte. Stufe 5 war ungeheuer aufwendig, es beinhaltete die Videoüberwachung des Primärzieles und die akustische Überwachung aller wichtigen sozialen Kontakte des Zieles. Im Normalfalls war Stufe 5 schon bei einer Zielperson kaum zu bewältigen, aber Lings Maßnahme würde dermaßen viele Daten sammeln, dass die gesamte Abteilung mit der Auswertung beschäftigt sein würde. Innerlich stöhnte Gandhi, wagte aber nicht, dies zu zeigen.
„Sie brauchen gar nicht so zu schauen. Ich weiß, dass das eine Menge Arbeit ist, aber sie muss getan werden. Ich will diesen schmierigen Saboteur fangen, verstanden?“
„SIR, JA, SIR!“ Gandhi stürmte aus dem Büro und seine Kollegen draußen sahen schon an seinem Gesichtsausdruck, dass der Alte was vorhatte. Ling unterdessen machte sich wieder über seine Unterlagen her.
16.11.2015 17:29 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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"Sir, eigentlich sollte ich auf der anderen Seite stehen, denn ich halte die Sklaverei für eines der größten Unrechte dieser Welt. Doch kann und werde ich nicht tatenlos mit ansehen, wie die Yankees in meine Heimat einfallen."
Robert E. Lee zugeschrieben und sicherlich irgendwie verfälscht.

Eine Woche später:

Die Marines legten ihren schweren Null-Atmosphären-Kampfanzüge an. Nur wenig leichter als Raumkampfanzüge, hatten diese Anzüge Standard Flecktarnfarben.
Dann bekamen sie ihre H&K Sturmgewehre ausgehändigt, prüften sie und luden durch. Der Sergeant trat an Henrick Pappen alias Johnathan Doe heran. Er legte seine Sichtscheibe an Pappens: "Ich behalte Sie im Auge Doe. Ein verkehrter Mucks von Ihnen und Sie sind tot, verstehen wir uns?"
"Jepp, Sarge." Antwortete Pappen mit fröhlicher Stimme.
"Allright Ihr Hurensöhne und -töchter", begann Lieutenant Riker, der Zugführer, "wir begleiten medizinisch-wissenschaftliches Personal, sowie einige Geheimdienstler in Feindgebiet. Laut der Eierköpfe ist das Gebiet sicher, aber ich will keine Überraschungen erleben. Sollte ich jemand beim relaxen erwischen, scheuchen ich und der Sarge ihn persönlich durch die Turnhalle. KLAR?!"
Ein Chor von YES-SIR's antwortete ihm.
Die 21 Marines warteten bis die 'Eierköpfe' alles verladen hatten, dann bestiegen sie das LC. Es wurde nicht großartig gesprochen. Pappen blickte hin und wieder nach draußen. Sie wurden von zwei Phantomen begleitet.
Ein Blick in die Runde zeigte ihm, dass alles Profis waren und der ungezwungene Umgang mit ihm hatte ihm verraten, dass nur der Lieutenant, Sergeant Krausmeier und Corporal LeBou von seinem Vorleben wussten.
Einer der Geheimdienstler schritt die Reihen ab, es war derselbe, der ihn rekrutiert hatte: Rowland. Auch er trug einen Schutzanzug. Er wirkte absolut kalt. Eine Aura der permanenten Bedrohung ging von ihm aus.
Pappen war sich sicher, das Rowland es mit jedem der anwesenden Marines - und diese Jungs waren echt gut - aufnehmen konnte.

Dann fiel die Eskorte zurück und das LC tauchte in die Atmosphäre ab. Kein Abwehrfeuer empfing es und schließlich ging es in einem Park eines kleinen Vorortes der Hauptstadt nieder.
Pappen entschied, dass ihm die Akarii-Architektur sehr gut gefiel.
Die Luke ging auf und die Marines schwärmten im Schutzkreis aus. Leibach und Manis mit einem Raketenwerfer und einem automatischen Granatwerfer in der Mitte.
Dann stiegen die Ärzte und Geheimdienstler aus.
"Riker: Die Hälfte soll hier Stellung beziehen, die andere Hälfte wird uns begleiten, wir sehen uns hier um." Befahl Rowland.
So begleiteten zehn Marines befehligt von Krausmeier drei Wissenschaftler und Rowland. Der Tag war wunderschön, die Sonne schien, die Stadt erstrahlte in herrlicher Pracht.
Doch nicht lange, dann trafen sie auf die erste Akarii-Leiche.
Der Größe nach zu urteilen einen Jugendlichen. Sicherlich entsprach seine Kleidung der neuesten planetaren Mode.
Doch der Körper befand sich in einer krampfartigen Starre. Der Kopf lag in einer brockigen roten Flüssigkeit, von der noch Reste in dem verschäumten Mund klebten.
Die Augen waren weit aufgerissen.
"Packt ihn oder sie in einen Sack und markiert die Stelle", sagte einer der Wissenschaftler. Er hielt ein Pappen unbekanntes Messgerät auf den Akarii gerichtet.
Einige Marines bekräftigten ihren Unwillen über diese Art der Kriegsführung.
Doch zwei machten sich daran den Leichnam zu verpacken. Ein anderer Wissenschaftler nahm derweil eine Probe der brockigen Flüssigkeit.
Als sie fertig waren marschierte die Gruppe weiter und fanden immer mehr Akarii-Kadaver.
Sie durchsuchten Häuser und drangen weiter in die Innenstadt vor.
Langsam überkam auch Pappen Ekel.
Immer mehr Murren wurde in der Gruppe zu hören und Kraushaar musste seine Leute mehrmals zur Ordnung rufen.
Pappen bemerkte wie die Soldaten Rowland immer wieder wütende Blicke zuwarfen.
Doch Rowland schien das alles nicht zu bemerken. Sein wachsamer Blick wanderte dauernd hin und her.
Der Trupp stieß in einen Park vor, der sich in ein Massengrab verwandelt hatte. Neben den Akarii lagen auch noch andere Kadaver, wohl einheimische oder von den Akarri importierte Tiere, dort. Selbst unter den Helmen konnte Pappen bei den Wissenschaftlern Irritation sehen. Die Marines wurden angewiesen einige der unbekannten Kadaver einzusammeln.

Er entfernte sich von der Gruppe.
Staunend drehte er sich im Kreis, das Sturmgewehr im Anschlag.
Die Bauten um Park waren atemberaubend. Der Park wäre wunderschön gewesen, ein Hort der Ruhe und des Friedens.
Die Bäume blühten wunderbar und es roch wunderbar nach Flieder. Er atmete den betörenden Duft tief ein.
"Flieder?" Er keuchte auf. ,Das darf nicht sein.'
Er wollte zur Gruppe zurückrennen, doch nach den ersten zehn Schritten strauchelte er und stolperte schließlich.
Sein Atem ging schneller, langsam rappelte er sich auf, seine Lungen brannten, er spürte Speichel im Mund.
Mühevoll rappelte er sich auf und stolperte in Richtung der anderen Marines. Diese gingen langsam in seine Richtung, die Gewehre im Anschlag.
"Doe, was ist los?" Rief einer.
"Scheiße, sein Anzug ist nicht richtig dicht!"
Pappen strauchelte erneut, fing sich aber ab.
Zwei seiner Kameraden, stürzten auf ihn zu, um ihn zu helfen, doch er schüttelte ihre Hände ab. Langsam ergriff eine Panik die ansonsten sehr professionellen Recon-Marines.
"Anzüge überprüfen!" Hörte er Kraushaar brüllen.
Beschäftigungstherapie, er wusste was los war.
Er hustete und eine rötliche, brockige Flüssigkeit bedeckte sein Sichtvisier: "ROWLAND!" Die Lungen brannten wie Feuer. Stechender Schmerz drohte sein Herz zu sprengen. Stolpernd passierte er die Reihe seiner Kameraden und trat auf Rowland zu, das Gewehr im Anschlag.
Mehrmals drückte er ab, doch nichts geschah. Rowland blickte ihm direkt in die Augen. Sein Blick war kalt. Verriet nichts von dessen Gefühlen.
Ein Hustenkrampf schüttelte ihn durch und bedeckte sein gesamtes Visier rot.
Er bekam kaum noch Luft. Krämpfe zuckten durch seinen Körper.
Schmerz durchfuhr ihn. Schmerz in Reinkultur.
Hendrick Pappen wand sich über eine Stunde in Schmerzen und Krämpfen auf den Boden, ehe er wirklich starb.

Als die Zuckungen aufhörten und sich Pappen nicht mehr rührte, stürzten die Wissenschaftler zu der Leiche und legten ihre Messgeräte auf diese an.
Ein Haufen unschlüssiger Marines stand um Rowland und die Wissenschaftler rum.
"Zum Glück wird der Bastard nie wieder auf die Gesellschaft losgelassen", ergriff Kraushaar das Wort. Protestschreie und Vorwürfe schlugen ihm entgegen.
"Einpacken und macht Euch zum Abrücken bereit", unterbrach er seine Truppe. Murrend und sehr irritiert packten die Marines die Ausrüstung zusammen. Auf dem Rückweg sammelten sie die eingepackten Leichen zusammen.

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,Kalt', stellte Lucas angeekelt fest, als er an seinem Kaffee nippte.
Seit nunmehr drei Stunden ging er die Daten der Männer und Frauen seines Geschwaders durch. Begonnen hatte er mit den Akten der Piloten, die im letzten Gefecht gefallen waren, um deren angehörigen wenigstens ein paar würdige Zeilen zu schreiben.
Vor dem Gespräch mit Ghosthawk hätte er nur den Standardtext verfasst.
Dann hatte er mit Ace weitergemacht, weil er so etwas wie Reue dafür empfand, den jungen Piloten im Angesicht der NIC-Schergen im Stich gelassen zu haben.
Die nächste Akte war die von Kano Nakakura, dem Sonderling, dessen Schwert Lucas im Tresor aufbewahrte.
Dann war Pinpoints Akte an der Reihe. Lucas wusste so gut wie nichts von seinem Flügelmann. Nach fünf Minuten mit Pinpoints Akte war Lucas' Wissensvolumen über seinen jungen Freund um das 300-Fache gestiegen.
Er ging die Liste aber ansonsten ohne wirklichen Plan durch.
Als er sich eine Zigarette anzünden wollte läutete an der Tür.
Er legte die Zigarette wieder weg und lehnte sich zurück: "Ja bitte?"
Melissa Auson trat herein, die braunen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, ein erleichterte Lächeln auf dem Gesicht. "Schon gehört?"
Lucas massierte sich den Nasenrücken: "Was gehört?"
"Na, das von den Geheimdienstlern, die haben Yamashitas Unterlagen beschlagnahmt."
Lucas seufste: "Ja, Rowland sagte es mir."
Sie kam um den Tisch und lehnte sich dagegen. "Tz, und da dachte ich, ich bringe freudige Kunde."
"Brendstone sprach mit mir."
Auson zog eine Augenbraue hoch: "Wer?"
"Der Pilot, gegen den unser JAG ermittelt hat."
"Ahhh ..."
Lucas rieb sich den Nacken und stöhnte leicht auf.
"Verspannt?" Sie stieß sich vom Schreibtisch ab und stellte sich hinter seinen Sessel.
"Hä?" Er wollte sich umdrehen, doch Auson fing langsam an seine Schultern zu massieren.
"Mmmmmhhhhh, .... Womit habe ich das denn verdient?"
Sie kicherte mädchenhaft, dass Lucas sich nicht vorstellen konnte, die gleiche Melissa Auson vor sich zu haben. "Bild dir bloß nicht zuviel ein Cowboy."
Mit diesen Worten ging sie.
,Hm, der hübscheste Hintern, den ich je in einer Uniform gesehen habe', bemerkte er.


Der Rückflug des Marnies-LC war genause ereignislos wie der Hinflug.
Rowland blickte in die Runde. Hass und Verachtung schlug ihn von den Marines entgegen. Die Wissenschaftler blickten eher besorgt drein.
Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Was war schief gelaufen, wo hatte man sich verrechnet, was war zuviel oder zuwenig gewesen. Und vor allem, wie sollte es nun weitergehen, da sich der Virus auf Menschen übertragen ließ.
Nachdem das LC wieder auf der Redemption gelandet war, wurden die geborgenen Leichen auf die Quarantänestation gebrauch. Der Bereich wurde abgeriegelt und gegen die Proteste des Schiffsarztes zwei Marines in der Krankenstation stationiert.

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Vier Tage nach der Rücker der Erkundungstruppe trat Charles Bayonnes Stab zusammen.
"Also, Sie alle haben den Augenzeugenbericht von Lieutenant Rowland gelesen. Die Autopsie hat das Bestätigt, was so offensichtlich war, Hendrick Pappen starb an der Bio-Chemischen Waffe VJ 7-4-3. Ich muss Ihnen wohl nicht erst sagen, dass Pappen ein Versuchkaninchen war und von uns absichtlich dem Flieder ausgesetzt wurde."
Ein leises Raunen ging durch den Raum.
"Nun meine Frage: VJ 7-4-3 soll nicht auf Menschen wirken und wurde dahin genauestens getestet. Wie also konnte Pappen daran sterben?"
Einer der Wissenschaftler, ein älterer Mann mit den Rangabzeichen eins Commanders ergriff das Wort: "Wir haben sowohl Ihr Versuchkaninchen", seine Stimmt troff vor Ekel, "als auch die gesammelten und Pappen entnommenen Fliederproben genauestens untersucht.
Kurz und bündig, damit auch alle es verstehen, es ist mutiert. Im Labor hatten wir Idealverhältnisse und alle Ergebnisse sagten uns, das VJ 7-4-3 zu 100 Prozent tödlich für die Akarii, aber völlig harmlos für Menschen. Nun ist dieser Stoff aber auf eine andere Substanz gestoßen, die wir noch gar nicht kannten.
Wir haben beide Stoffe geschafft zu trennen, doch sind wir uns nicht sicher, was es ist. Aber auf jeden Fall ein Gas."
Eine junge Frau beugte sich vor: "Könnte es sich dabei um einen Stoff handeln, den die Akarii in die Atmosphäre geleitet haben, um sich gegen B oder C Waffen zu schützen? Ich meine, so als letzter Strohalm, irgendein Impfstoff, den sie schon auf Lager hatten?"
"Ach Sharon, die werden doch nicht irgendwas in die Atmosphäre pusten, einfach mal hoffen, das es hilft", fuhr ein weiterer Wissenschaftler dazwischen
"Was ist daran so abwegig, George?" Fragte der Commander. "Ich meine, wenn Sie keine Chance mehr haben, würden Sie es dann versuchen oder würden Sie sich in die nächste Ecke kauern und sterben?"
Schnell entbrannte eine hitzige Diskussion über das für und wider dieser Theorie.
Rowland und Bayonn blickten sich etwas verloren an. "Bitte, bitte, können wir uns dem Wesentlichen zuwenden, was ist jetzt zu tun? Können wir eine Infizierung von Menschen verhindern?"
"Wir haben es mit unserem Gegenmittel zu Flieder versucht, doch ohne Erfolg, diese Mutation ist hoch aggressiv, Pappen ist gut fünf Stunden zu früh zusammengebrochen", meldete sich ein Lieutenat Commander zu Wort, sein Gesichtsausdruck war störrisch, seine Worte hatten einen trotzigen Unterton.
"Es kommt zu einer Katastrophe, sollte sich dieser Virus verbreiten." Bekräftigte die, die vorher mit Sharon angesprochen wurde.
"Wie steht es mit der Halbwertzeit?" Ergriff zum ersten Mal Rowland das Wort.
"Wir gehen von 250 Jahren aus, wie bei Flieder", antwortete der Commander, "wir müssen Troffen unter Quarantäne stellen."
Sämtliche Wissenschaftler ließen zustimmendes Gemurmel laut werden.
"Unter Quarantäne?" Fuhr Rowland auf. "Wissen Sie, was das für ein Aufwand ist? Wenn die Sache wirklich so gefährlich ist, bin ich für sterilisieren."
"WAS? Wissen Sie wie viel Hitze wir brauche um die Quarantänestation wieder steril zu bekommen?" Rief Sharon aus.
"Ich glaube diese Flottille hat genügend Atomraketen um das Problem zu lösen", antwortete Rowland mit ausgesuchter Kälte.
Auf einmal herrschte Stille.
"Lieutenant", begann der Commander lehrerhaft, "darf ich Sie darauf hinweisen, dass der Einsatz von Atomwaffen innerhalb der Atmosphäre eines Planeten nicht gestattet ist."
"Sagten Sie nicht gerade, dieser Virus sei eine Gefahr für unsere Nation, Commander?"
"Ja, natürlich aber ...."
Der Commander wurde jedoch von Bayonne unterbrochen: "Jason, wie halten wir das geheim, beziehungsweise rechtfertigen wir den Atomwaffeneinsatz, wir hätten glattwegs 5000 Mitwisser."
Auf Rowland Zügen entstand ein wissendes Lächeln. Doch selbst, wenn es seine Augen erreicht hätte, hätte niemand es als angenehm empfunden: "Haben wir nicht alle dieses neue Gerücht gehört, welches dieser dämliche kleine Trottel verbreitet hat? Die Akarii haben dort mit Bio-Waffen rumgespielt und verloren, wir machen daraus ganz offizielle Befehle."
Bayonne wandte sich an die Wissenschaftler: "Sie können wegtreten."
Nachdem diese murrend den Besprechungsraum verlassen hatten wurden die Befehle verfasst und mit Authentizitätscodes versehen.

Am nächsten Morgen ging folgende Botschaft an die Begleitschiffe:
An: Redemptionbegleitflottille
Von: Operationskommando Redemption

Autentizitätscode: AAXPOLDEC

Hiermit werden Sie angewiesen ein Bodenbombardement mit schweren atomaren Waffen auf den Planeten XZ 774 auszuführen.
Begeben Sie sich auf die Ihnen im Anhang zugewiesen Abschusskoordinaten und warten Sie Feuerbefehl ab.
Navy-Direktive 22A wird aus Notstandsgründe für den oben genannten Planeten ausgesetzt.

Gezeichnet
Operationskommando Redemption

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`Die Tatsache, dass ich das hier auf mich nehme bedeutet wohl, dass mir Kano wirklich etwas bedeutet...‘ Mit mühsam aufrechterhaltener Geduld ließ Kali die Standartpredigt des „Drachen“ über sich ergehen, was sie im Revier nicht zu tun und zu unterlassen hätte. `Da soll noch mal jemand behaupten, Revierverhalten sei typisch männlich. Sie mag ja fachlich gut sein, aber sie hat ihren Beruf verfehlt. An ihr sind ZWEI Drillsarge’s verlorengegangen. Die Army würde sie brauchen.‘ Aber schließlich war das überstanden. Der „Drachen“ wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Kali betrat das kleine Krankenzimmer. Kano schlief. Kurz überlegte sie, ob sie später noch einmal wiederkommen sollte – aber der Gedanke, sich umsonst den Sermon angehört haben zu müssen, hielt sie davon ab. ‚Und dann müßte ich das noch mal hören – falls sie mich überhaupt `reinlassen würde.‘
Schlafend, mit entspanntem Gesichtszügen, wirkte Kano jünger, fast als halbes Kind. Nachdenklich musterte sie ihn. Auch wenn sie Kano inzwischen ganz gut zu kennen glaubte, manches an seinem Verhalten blieb ihr ein Rätsel. `Das schiebe ich wohl am besten auf die verschiedenen Kulturkreise‘. Zum Beispiel verstand sie nicht ganz, wie diese merkwürdige Fürsorglichkeit seitens Ace zustande gekommen war. `Wenn er glaubt, mich zu beeindrucken, hat sich der Idiot aber verrechnet!‘ dachte sie mit einem irrationalen Anflug von Ärger. `Und Kanos Flügelfrau Lilja... .‘
Irgendwie schien Kano zu spüren, dass er nicht alleine war. Plötzlich, fast ruckartig, fuhr sein Kopf hoch, die Augen offen.
„Kali.“ Kano lächelte und sie erwiderte das Lächeln: „Na, Schönheitsschlaf beendet?“
„DejaVu. Das gleiche hat Lilja gesagt.“
Kali runzelte leicht die Stirn: `Die schon wieder.‘ Lilja gehörte wirklich nicht zu ihrem Freundeskreis.
„Wann war Sie denn hier?“ Irgend etwas von ihren Aversionen musste zu hören gewesen sein, denn Kano antworte schnell: „Sie war hier, als ich aufgewacht bin. Ich habe sie mit `Kali` angeredet...“ Er wurde rot als Kali leise aber spöttisch lachte: „Na da kann ich ja beruhigt sein. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass diese Eisblume sich um andere kümmert. Wie hältst du es überhaupt mit ihr aus?“ Kano blickte sie etwas skeptisch an und antwortete mit neutral wirkender Stimme: „Sie ist eine gute Pilotin... .“
„Besser als du?“
„Zumindest erfahrener... .“ Kano grinste kurz, wurde aber sofort wieder ernst: „Auf jeden Fall hat sie mir in diesem Krieg einiges voraus. Du hast ihre Narben gesehen... .“
„Ich verstehe nicht, wieso sie die behalten hat. Das korrigiert die Navy doch in ein paar Wochen. Na ja, vielleicht denkt sie, das macht sie interessanter.“ Kano starrte sie an und kniff die Augen leicht zusammen. Seine Stimme klang irritiert aber auch etwas ungehalten: „Was bei den kami ist denn los? Du kennst sie doch gar nicht. Ich würde das jedenfalls nicht behaupten – und ich fliege mit ihr und muss deshalb genug Zeit mit ihr verbringen. Bevor ich so ungeschickt war, mich aus der Maschine schießen zu lassen hattet ihr jedenfalls noch keine Blutfehde ausgerufen!“
Kali hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Zum einen kamen ihr ihre Äußerungen selbst etwas kindisch vor, zum anderen wusste sie selbst nicht genau, woher diese heftige Aversion kamen. `Bestimmt nicht wegen diesem blauhaarigen Schürzenjäger!‘
„Sagen wir mal, ich hatte einen kleinen Zusammenstoß mit unserer Eisenlady. Und du hast mir noch nicht erzählt weswegen sie hier war.“ Kano sah sie schief an, unterließ es aber dann nachzubohren: „Sie wollte sich entschuldigen, dass sie den Jäger nicht abgeschossen hat, bevor er mich erwischte. Und sie wollte klarstellen, dass er den Abschuss nicht lange überlebt hat.“ Sein Blick wurde abwesend, er murmelte ein paar Worte auf Japanisch.
„Was hast du gesagt?“
Kano zögerte kurz, dann antwortete er leise: „Sie hat sich selbst in ihrem Hass gehärtet. Ich weiß nicht, was ihr passiert ist, aber ich glaube, etwas von ihr ist Draußen geblieben. Manchmal denke ich, ich fliege mit einer Toten, die nur noch Hass und Pflicht am Leben hält.“
Kali starrte den Piloten an, der mit irgendwie gequälten Gesichtsausdruck in seinen eigenen Gedanken gefangen schien. Dann erinnerte sie sich – Kanos Bruder war im Kampf gefallen und Kano selber vorgestern nur knapp davongekommen. `Kein Wunder... .‘
Sie berührte ihn leicht an der Schulter: „Hört sich grauenhaft an.“
Jetzt waren ihr ihre vorherigen Worte doppelt peinlich – und irrationalerweise verstärkte das ihre Abneigung.
Kano zuckte leicht zusammen und grinste, wenn auch etwas bemüht: „Kann sein – vor allem für die Akarii. Ich sollte nicht zu lange hier `rumliegen, ich denke zu viel. Lassen wir das. Was gibt’s Neues?“ Da gab es Einiges, die neuen Blockadepatrouillen hielten die Piloten fast rund um die Uhr in Bewegung. Dazu kam die Auswertung des Gefechts, Reparatur und Test der beschädigten Maschinen und so weiter... .
Und natürlich waren da die wuchernden Gerüchte über den Grund dieser Blockade. Momentan an der Spitze standen das geheime Waffenlabor und geheime Verhandlungen mit Akariidissidenten.
Allerdings schien Kano immer noch etwas auf dem Herzen zu haben. Schließlich brachte er es heraus: „Ich habe das gestern nicht gefragt, obwohl ich es hätte tun sollen. Wie war dein Flug?“ Kali studierte sein Gesicht und musste grinsen. `Eigentlich sollte ich mir ja eher Sorgen um IHN machen...` In leichtem Ton antwortete sie: `Nicht besonders, ich hatte kein Glück Pilot. Ihr wart zu schnell. Ein paar Beschädigungen an Deathhawks, einige Wirktreffer an der Station. Na, jetzt habe ich ja die Möglichkeit das auszubügeln. Wenn da draußen auch nur eine Akarii-Konservendose fliegt, wir finden sie – und nach Wunsch der Schlapphüte zerstrahlen wir sie in Atome.“ Sie sah auf ihre Uhr: „Ich verschwinde besser, bevor mir dieser Drache den Kopf abbeißt, weil ich die halbe Stunde um 30 Sekunden überschreite. In `ner halben Stunde ist sowieso Patrouillenstart. Wann kommst du raus?“
„Wenn alles gut geht morgen. Aber ich werde wohl noch zwei Wochen leichten Dienst schieben. Viel Glück beim Flug. Und – pass auf dich auf!“ Kali grinste leicht spöttisch und richtete sich gerade auf:
„Falls du es noch nicht bemerkt hast, ich bin erwachsen.“ Kano musterte sie und grinste zurück: „Ich HABE es bemerkt. Dann also gute Jagd. Und – Danke, dass du hier warst.“
Kali drückte seine Schulter, nicht ganz sicher, wie sie mit dem umgehen sollte, was in den letzten Worten zu liegen schien: „Dazu sind – Freunde schließlich da. Aber hoffentlich musst du dich nicht so schnell revanchieren! Die Innenausstattung ist hier einfach grauenhaft – und das Personal... . Mach’s gut!“ Damit ging sie. Kano sah ihr hinterher. ‚Freunde – oder...?'

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Die Entlassung

Dr. Hamlin musterte den jungen Piloten vor ihm und unterdrückte nur mühsam ein resigniertes Seufzen. Soldaten, Flieger – einer wie der andere gleich. Zu dumm, um sich klarzumachen, wie riskant ihr Geschäft war und zu ungeschickt, um zu vermeiden, hier zu landen. Und welchen Rang man auch als Arzt innehatte – die meisten hielten ihn dennoch für nicht mehr als einen Zivilisten in weißem Kittel, dessen Anordnungen höchstens Vorschläge darstellten, jedenfalls nicht bindend waren. Er hatte dem Piloten einen Sitz angeboten – aber natürlich hatte der gedankt und war stehengeblieben. Wie die anderen hielt er das offenbar für eine Möglichkeit, die wiederhergestellte Tauglichkeit und Gesundheit zu demonstrieren.
Als wenn ER sich davon täuschen ließ!
Der Pilot stand zwar wie eine Eins, aber der angestrengte Zug um den Mund und die Schweißtropfen auf der Stirn waren für das geschulte Auge nicht zu übersehen. `Na gut, geben wir dem Jungen, was er will.‘
„Also – Second Lieutenant Nakakura, Sie sind also wieder voll hergestellt?“
Der junge Pilot sah ihn direkt an. „Nein. Sie haben mir gesagt, das mein Bein erst in etwa zwei Wochen abgeheilt sein wird. Aber wegen der Gehirnerschütterung habe ich keine Beschwerden mehr.“
`Den hat jemand gut abgerichtet. Na, dann muss ich halt die Predigt etwas modifizieren.‘
„Sehr richtig – was Sie über Ihre Knochen gesagt haben. Aber betreffs der Gehirnerschütterung überlassen Sie MIR die Diagnose. Sie mögen vielleicht keine Beschwerden haben...“ Hamlin musterte Kano mit einem skeptischen Blick der seine Meinung dazu deutlich machte, „aber Sie sind noch nicht entlassen. Wir geben Ihnen nur etwas mehr Auslauf – und lassen Sie Ihren Papierkrieg selber führen. Sie werden jede größere Anstrengung lassen – dazu gehört selbstverständlich das Fliegen. Sie erhalten ein Trainingsprogramm und Anweisungen, die Sie in Ihrem eigenen Interesse strikt befolgen sollten. Sie lassen sich jeden Tag abchecken. Und in zwei Wochen werden wir Sie noch einmal gründlich durchsehen. DANN entscheide ich, ob ich Sie wieder auf’s Flugdeck lasse. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Hai!“ Der Pilot verneigte sich ruckartig, verzog das Gesicht als ein stechender Schmerz durch seinen Kopf zuckte. „Ich sagte doch, übertreiben Sie es nicht! Hauen Sie schon ab, bevor ich Sie hier behalte. Und ein guter Rat – legen Sie sich nicht noch mehr `Löwen‘ zu!"

Sobald Kano zur Tür hinaus war stieß er erleichtert die Luft aus. Das war geschafft. Geduld war eine Tugend, doch er wäre der Erste zuzugeben, daß er nicht über sie verfügte. Drei Tage erzwungener Untätigkeit während seine Kameraden flogen, dazu mit diesem `shoki‘, diesem Dämon von Krankenschwester, waren genug an `Ruhe‘. Nachdem er sich nicht mehr alle paar Stunden übergeben musste, war er dem `Revier‘ schnell überdrüssig geworden. Daran hatten auch Kalis Besuche nicht viel ändern können. Kano lächelte versonnen. Ihre Hilfsbereitschaft, ja Fürsorge tat gut – und bestimmt war das einer der Gründe, dass er so schnell wieder auf den Beinen war – nun ja halbwegs, das eine musste er schließlich immer noch vorsichtig behandeln, wenn er nicht länger als die zwei Wochen vom Fliegen suspendiert werden wollte.
Er verdrängte die Gedanken an Kali, als er vor dem Quartier der Staffelführerin angekommen war. Wenn der Dienstplan nicht komplett über den Haufen geworfen war, müsste sie jetzt Freiwache haben.

Er klopfte. Auf das abwesende „ `rein!“ trat er bemüht gerade und straff ein, verzichtete allerdings auf eine Verbeugung, sondern salutierte nach Vorschrift.
Parker blickte von den Bildschirm auf, den sie mit angewiderter Miene studiert hatte. Ihre Miene hellte sich etwas auf – allerdings möglicherweise nur wegen der Möglichkeit, den Bürokram beiseite zu schieben.
„Ah, Ohka. Haben Sie dich also schon laufenlassen!“
„Ich melde mich zum Dienst zurück!“
„Hm... .“ Sie rief offenbar seine Akte auf, studierte schweigend den Bildschirm: „Sie sind für LEICHTEN Dienst zugeteilt. Sie...“ Parker musterte Kanos starre Miene: „Ist irgend etwas Second Lieutenant?“
Kano räusperte sich: „Ich bin abgeschossen worden. Ich habe dadurch einen Raumjäger der Streitkräfte zerstört und konnte die mir gestellte Aufgabe nicht voll erfüllen. Ich erbitte die angemessene Bestrafung.“
Parker starrte ihn ein paar Herzschläge an. Dann schnaubte sie leicht angewidert: „Das musste ja von Ihnen kommen! Na schön, Sie haben durchaus Recht, dass Sie einen Fehler gemacht haben. Sie haben sich abschießen lassen. Sie hatten Glück, dass es so ausging. Aber wir sind darin einer Meinung, dass so etwas nicht noch einmal vorkommen sollte. Wenn Sie eine Bestrafung wollen... Ich will eine umfassende Analyse Ihres Fluges. Stellen Sie fest, was Sie falsch – und was Sie richtig gemacht haben! Und da Sie schon für leichten Dienst zugeteilt sind, wir haben eine Maschine, die wir praktisch neu bauen müssen – und das mit Bordmitteln. Die Techs werden sich über etwas Hilfe freuen. Ich hoffe das reicht Ihnen? Weggetreten!“ Kano wendete und trat ab. „Ach – Lieutenant. Noch was. Es gibt nicht viele Leute, die beim ersten Einsatz zwei Gegner `runterholen. Gute Arbeit, Ihre Eltern können stolz auf Sie sein.“
„ -- Danke, Lieutenant Commander!“ Die offensichtliche Verlegenheit des Piloten amüsierte Parker. `Kinder!‘ Naja, die Arbeit würde ihn beschäftigt halten, die beste Möglichkeit um unbequeme Gedanken zurückzudrängen. Wenn Ohka dabei noch glaubte, eine imaginäre Schuld abzuarbeiten, um so besser. Ganz unabhängig von physischem Schaden – die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit hatte schon manchen jungen Piloten `aufgebraucht‘. Nein, Arbeit war die beste Medizien. Mit einem gemurmelten Fluch wandte sie sich wieder dem Papierkrieg zu. `Vielleicht wäre das ja auch eine geeignete Beschäftigungstherapie!'

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Falle Die Jäger kreuzten mit geringer Geschwindigkeit. Es lohnte sich nicht, Treibstoff zu vergeuden, wenn man mehrere Stunden lang „draußen“ bleiben musste. Sie hatten eine aufgelockerte Formation angenommen, aus der man jederzeit ausbrechen konnte, sollte die Lage es erfordern.

In ihrem Jäger knurrte Lilja einen unterdrückten Fluch. Seit mehr als einer Woche hingen sie schon über dem Planeten, und nichts hatte sich getan. Es gab keine Abwechslung vom Borddienst als gelegentliche Kampfpatrouillen, auf denen sich rein gar nichts ereignete. Eigentlich war die Russin nicht zwanghaft auf Aufregung fixiert, aber diesmal war es anders. Sie konnte nicht verstehen, warum man einen Planeten sturmreif schoss, und dann darauf verzichtete, den Nutzen daraus zu ziehen! Die Gerüchteküche an Bord brodelte, und wenn man davon ausging, dass dort, wo Rauch war, auch Feuer seien musste, dann tobte auf Troffen ein ausgewachsener Großbrand. Nun, so dachte sie zynisch, zumindest an BORD rauchte es gewaltig in einigen Köpfen. Das Wissen, so einen Haufen der verdammten Echsen in Reichweite zu haben, und Däumchen zu drehen, machte sie noch unleidlicher als sonst schon, und so ähnlich ging es vielen. Piloten, die sich langweilten, waren gefährlich. Aber Langeweile und Unwissen waren eine tödliche Mischung, zumindest für ein gutes Bordklima. Außerdem machten sich nicht wenige Sorgen, warum zum Teufel sie hier herumsaßen und auf eine Entsatzflotte der Schuppenhäute warteten wie die Weihnachtsgans auf den Metzger.

Sie hatte ja ihr Bestes getan, um sinnvolle Vorschläge zu machen. Hatte angeregt – über Lightning, ihre Staffelchefin – Luftangriffe auf die Abwehrstellungen der Akarii zu fliegen, ihre Bodentruppen zu erledigen und sensible Ziele wie Kraft- und Wasserwerke, Verkehrsknotenpunkte und Raumhäfen anzugreifen. Immerhin würde man früher oder später gegen die Akarii indie Offensive gehen, und da konnte ein wenig Übung im Unterstützungseinsatz für Bodentruppen nichts schaden. Zudem würden die Akarii Ressourcen opfern müssen, um die Schäden zu beseitigen, vielleicht gar zum Gutteil Ersatz von außerhalb heranschaffen müssen, was Transport- und Eskortkräfte gebunden hätte. Ihre anderen Vorstellungen – etwa, ein paar Atomsprengköpfe zu investieren, um den Planeten dauerhaft auszuschalten – hatte sie lieber für sich behalten. Sie wusste, dass einige Offiziere und Soldaten immer noch glaubten, in einem Krieg, in dem Atomwaffen gegen Bodentruppen eingesetzt wurden, „anständig“ zu bleiben. In ihren Augen eine Dummheit, die beinahe an Verrat grenzte. Aber sie war nicht in der Situation, daran etwas zu ändern. Aber wenigstens ETWAS konnte man doch tun!

Die Führung aber hatte abgelehnt – wie immer ohne jede Erklärung. Abgesehen von einigen ominösen Anflügen unter strengster Geheimhaltung, die natürlich den Argusaugen an Bord nicht ganz hatten entgehen können, hatte sich kein terranisches Schiff dem Planeten nähern dürfen. Als ob dort jeder Quadratzentimeter mit Raketenstellungen gespickt sei! Sie lächelte dünn. Bei allen Bemühungen, nichts an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, hatten die Geheimdienstler nicht allzu viel erreicht. Schließlich mussten Techs die Maschinen einsatzbereit machen und anschließend wieder überprüfen und auftanken. Also war bekannt, welche Fahrzeuge eingesetzt wurden, und daran knüpften sich die Vermutungen über die Einsatzziele. Bisher war alles drin, angefangen von geheimen Friedensverhandlungen – nicht sehr wahrscheinlich angesichts des Empfangs, aber das hatte die „Gerüchteköche“, unter denen Radio der Maitre war, ja noch nie gestört – oder Besprechungen mit Akariidissidenten bis hin zum Geheimwaffeneinsatz zu Erprobungszwecken, Kidnapping von Akarii-Wissenschaftlern oder Generälen oder Angriffen gegen geheime Kommunikationszentralen und Forschungslabors. Letztere Idee war zuerst von Ace gekommen, was vielleicht erklärte, warum sie diese Möglichkeit instinktiv ablehnte. Immer wenn sie an den jüngeren Piloten dachte, genauer gesagt an ihn und sein Umfeld, knirschte sie mit den Zähnen. Dämliche Frischlinge und Kleinkinder! Er, seine „Freundin“ und überhaupt! Sie hatte es Kali nicht vergessen, dass diese, vermutlich unwissentlich, bei Lilja einen ordentlichen Tiefschlag gelandet hatte. Bisher hatte sich keine Gelegenheit geboten, es ihr heimzuzahlen. Sie zischte ein paar ausgewachsene Mutterflüche vor sich hin. Ohne es zu wissen hatte die junge Inderin eine Grenze überschritten, die Lilja in und um sich aufgebaut hatte, und hinter der das emotionale Minenfeld begann, das ihre Erinnerungen bildeten. Dort einzudringen war keinem gestattet und wer es dennoch tat, hatte in der Russin bestimmt keine Freundin gefunden. Bei Ace mit seiner Haltung zu den Akarii war es ähnlich wie bei seiner ehemaligen Zimmergenossin.

Lilja versuchte sich selbst zur Ordnung zu rufen. Beide – Kali und Ace – waren immerhin so etwas wie Kameraden. Beide hatten schon Akarii getötet und ebenso wie sie für die Heimat gekämpft. Also war es falsch, Abneigung aus persönlichen Gründen gegen sie zu empfinden. Aber letzteres fiel sehr leicht. Nur der Umstand, dass Lilja sich unter Kontrolle hatte, verhinderte, dass sie mit einem von beiden eine Schlägerei anfing. Oder mit beiden gleichzeitig beziehungsweise hintereinander.

Normalerweise verschwendete sie im Raum keine Gedanken an die Irrungen und Wirrungen an Bord, aber sie hatte schon ein halbes Dutzend Patrouillen hinter sich, und auf keiner hatte sich etwas ereignet. Also ließ sie ihren Emotionen etwas mehr Leine, immer noch besser, als sie die ganze Zeit in sich hineinzufressen oder sich an Bord einmal Luft zu machen. VIEL besser. Sie atmete tief durch. Egal! Sollten die doch an Bord machen, was sie wollten! Sollte sich Kali doch mit ihrem geliebten Ace oder mit Kano oder mit beiden abgeben, Hauptsache, sie ging Lilja nicht noch einmal auf die Nerven. Aber wenn sie ihr noch einmal so frech und unverschämt kam... Entschlossen beendete sie den Gedankengang. Das führte zu nichts. Sie hatte hart genug kämpfen müssen, um wieder in eine Fronteinheit zu kommen. Das durfte sie nicht wegen einer lächerlichen Prügelei an Bord riskieren. Sie war hier, um Akarii zu töten, nicht, um Grünschnäbeln die Flötentöne beizubringen!

Hier, das bedeutete im Augenblick unweit des Sprungpunktes in Richtung Akariiraum, unter dem Kommando von Lightning – die wohl nicht immer mit ihrem „Liebling“ Claw fliegen wollte – mit zwei Mirage und zwei Griphen als Begleitung. Und mit dem Auftrag, JEDES Schiff der Akarii abzuschießen, das durch den Sprungpunkt kam. Deshalb waren sie auch entsprechend bestückt. Zwei Sidewinder für den Angriff auf kurze Distanz gegen schwere Ziele – gegen Großschiffe konnten die noch am besten was ausrichten. Zwei Amram für den Kurvenkampf und zwei Sparrow für Gefechte über „weite“ Entfernung. Sie hasste die Sidewinder, denn mit denen hatte sie eigentlich noch nie etwas getroffen – ihre Resultate mit Raketen waren nicht die besten – doch hier hatte sie nicht zu entscheiden. Nun, die Griphen mit der gemischten Bestückung aus den neuen Hydras und normalen Raketen und die Mirage mit ihren Mavericks würden hoffentlich genügen, um hereinkommende Schiffe abzuwehren. Sie überprüfte die Waffen, wobei sie amüsiert dachte, dass das schon fast ein nervöser Tick von ihr war. Dann konzentrierte sie sich wieder auf die Sensoren. Die Schönheit des Alls war an sie verschwendet. Jede Freude an der Tiefe des luftleeren Raums, am Funkeln der Sterne und an der grenzenlosen Weite hatte sie im Feuer des Krieges verloren. Jetzt war das Weltall für sie nicht viel mehr als ein endloses Grab, dass nie mehr hergab, was es einmal verschlang.

Wieder musste sie sich zwingen, ihre Gedanken auf das Wesentliche zu richten: „Das verdammte Warten macht einen noch ganz verrückt!“ murmelte sie leise in sich hinein. Wenn nicht bald was passierte, würde es früher oder später an Bord krachen. Nervosität und Langeweile waren keine gute Mischung.

So gesehen konnte sie ganz froh über ihren Patrouillendienst sein. Wenigstens ETWAS zu tun. Routinemäßig überflog sie die Sensormeldungen. In dem Augenblick, wo sie überrascht die Augen zusammenkniff, erschallte auch schon Lightnings Stimme über Funk: „Sprungsignatur! Wendemanöver 150!“ Training und Erfahrung machten sich bezahlt – binnen weniger Augenblicke riss Lilja ihren Jäger unter Einsatz des Nachbrenners herum und schüttelte den Kopf, um die Benommenheit durch das abrupte Manöver zu vertreiben. Natürlich war ihre Chefin ein kleines Bißchen schneller. Die Griphen brauchten noch etwas länger und die Mirage – nun, sie waren nicht wegen ihrer Agilität bekannt. Jedenfalls hielt Lilja sie mit der angeborenen Arroganz der Vollblutjagdfliegerin für lahme Enten.

Adrenalin durchflutete die junge Pilotin. Alle anderen Gedanken fielen von ihr ab, als eine eisige Kälte von ihr Besitz ergriff – die Kälte der Jägerin. Die Sensoren zeigten ein einzelnes Schiff – Kriegsschiff offenbar, wenn man die Beschleunigungsdaten berücksichtigte. Lightning gab nur einen Befehl: „Angriff!“

Schnell war zu erkennen, worum es sich handelte. Fregatte, ‚Sierra III‘-Klasse. Natürlich nur die Erdbezeichnung für das Schiff, die TSN gab den Akarii-Schiffen mit Vorliebe Namen, die aus der Mottenkiste zu stammen schienen. Ein Geleitschiff mit einen guten halben Dutzend schwerer Strahlkanonen, dazu zwei Mittelstreckenraketenwerfer mit je sechs Rohren und zwei Schiff-Schiff-Raketenwerfer für je zwei Projektile. Bekannt für eine ausgezeichnete Agilität und Geschwindigkeit. Kein leichter Gegner, wenn er bereit zum Kampf war.

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Der Feind war überrascht – vermutlich erwartete er hier keinen Angriff. Vielleicht wollte er nicht irrtümlich auf eigene Schiffe schießen, vielleicht war die Wache nachlässig gewesen, jedenfalls eröffnete die Fregatte das Feuer viel zu spät – allerdings dann mit Enthusiasmus. Als sie in den Feuerbereich seiner Waffen kamen, hätten die Mirage eigentlich schon längst ihre Last abschießen können. Aber das hätte bedeutet, dem Feind die Möglichkeit zu geben, Täuschkörper auszustoßen und mit seinen Bordwaffen die Raketen zu bekämpfen. So blieben sie in Formation.

Lilja biss die Lippen zusammen, als ihr Jäger wackelte. Wie immer waren die Typhoon vorneweg beim Angriff. Mit ihrer hohen Geschwindigkeit schwer zu treffen, aber auch nicht sonderlich stabil. Und die feindlichen Kanoniere verstanden zumindest teilweise ihr Handwerk. Eine Salve von einem Schiffslaser erschütterte ihren Jäger. Sofort vollführte sie einen Seitenschwenk und ging wieder auf Kurs – dort, wo sie eben noch war, zerschnitten weitere Strahlenbahnen die schwarze Leere. Sie dachte: ‚Die Idioten, die gesagt haben, ein Granattrichter wird nicht so schnell wieder getroffen, sollten mal hier sein!‘. Ihre Hände schwebten über den Feuerknöpfen, dann schickte sie die Sparrows los, ihre Strahlenwaffen feuerten. Letzteres war eher symbolisch zu verstehen, angesichts der massiven Schilde hatten die Bordwaffen nur einen geringen Effekt.

Alle Jäger feuerten – ein Schwarm von Raketen zischte los. Die Fregatte wusste, dass sie nicht ausweichen konnte. Bordgeschütze versuchten, die Geschosse zu zerstören, aber bei der hohen Fluggeschwindigkeit hatten sie wenig Chancen. Quasi synchron schlugen die Raketen ein. Zuerst die Mavericks. Die Schilde verdauten drei der Raketen, doch die vierte kam durch und riss ein riesiges Loch. Das Schiff war verloren. Lilja schoss der Gedanke durch den Kopf: ‚Wenn nur eine verfehlt hätte...‘, dann fegte ihr Jäger schon über den Feind hinweg. Hinter ihr vervollständigten Hydraraketen das Vernichtungswerk, die leichteren Jägerraketen, die alle sechs abgefeuert hatten, waren da nur noch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Von den Nuklearsprengköpfen und den konventionellen Raketen zerfetzt, blieb von dem Kriegsschiff nicht viel mehr als ein totes Wrack, geschmolzenes Metall und ein kurzer Feuerbrand, genährt von der Schiffsatmosphäre. Dann nichts mehr.

Lilja hatte wenig Möglichkeit, diesen erhebenden Anblick zu genießen. Noch im Tode hatte das Schiff wie wild um sich gefeuert – und ein paar seiner Raketen hatten es auf sie abgesehen. Ein blitzschnelles Ausweichmanöver verschaffte ihr ein paar Sekunden Zeit – möglicherweise die letzte ihres Lebens. Sie gab brutal Vollschub, stieß Täuschkörper aus und vollführte eine vertikale Wende. „Unter“ ihr detonierten die Raketen. Ein bisschen zu nahe. Die Explosion schleuderte ihren Jäger in eine Reihe von Überschlägen, scheinbar steuerlos.

Lightning befahl knapp: „Abfangformation! Da kommt möglicherweise noch mehr!“ Ihre Untergebene kämpfte währenddessen mit ihrem Jäger. Schließlich gab sie abrupt Gegenschub und riß die Maschine in einen kontrollierten Kurs. Dann schloss sie wieder auf. Das Feuer der Fregatte hatte ihre Schilde fast völlig zerstört – Laserbeschuss und Raketennahtreffer hatten ihr übel zugesetzt. Bei den anderen sah es nur teilweise besser aus, einer der Griphen ging es auch nicht viel besser. Die Mirage waren wie durch ein Wunder unversehrt geblieben.

Keine Minute später meldeten die Sensoren die Ankunft mehrerer Schiffe. Dicke, behäbige Frachter, offenbar nicht des neusten Baujahrs. Wie ihr Geleitschutz waren sie völlig unvorbereitet: „Vernichten! Es darf keiner entkommen!“

Vermutlich waren die Schiffe nicht einmal von Soldaten besetzt, oder wenn, dann nur von Reservisten. Die Besatzung waren wahrscheinlich Zivilverpflichtete, kaum auf einen Raumkampf vorbereitet. Ob sie die Jäger auf Anhieb als feindlich erkannten, war zu bezweifeln. Die waren schneller über ihnen, als sie reagieren konnten. Während beide Mirage mit allen verfügbaren Raumkampfraketen und Bordwaffen einen Frachter angriffen, konzentrierten die Jäger sich auf einen anderen. Dutzende Einschläge erschütterten die relativ schwachen Schilde der Transportschiffe. Dann waren die Jäger vorbei, wobei die Heckwaffen der Jagdbomber den Abflug deckten, und drehten zu einem erneuten Angriff ein. Jetzt erwachte die Abwehr – soweit die Frachter dazu in der Lage waren. Vereinzelt eröffneten Lasergeschütztürme das Feuer, aber relativ ungenau. Lilja lächelte nur zynisch. Das kam davon, wenn man Amateure Krieg spielen ließ! Ihre gute Laune schwand, als ihr Warnsystem aufheulte – Amateure oder nicht, sie war in der Zielerfassung eines feindlichen Raketenwerfers. Sie vollführte ein Ausweichmanöver, sah die Raketen weitab explodieren – da erhielt ihr Jäger einen heftigen Schlag. Beim Ausweichen war sie direkt in den Feuerbereich eines der Geschütztürme gelangt, und der machte kurzen Prozeß mit ihren Restschilden. Blitzartig legte sich der Jäger auf den Rücken, trudelte weg – zu spät! Ein scharfes Zischen kündete von einem Leck, Warnsignale leuchteten auf. Fluchend hieb Lilja noch einmal auf den Nachbrenner, und ihre Maschine wurde durch den Raum katapultiert, aus der Feuerreichweite der feindlichen Waffe. Ein schneller Rundblick belehrte sie über den Zustand: Triebwerk ausgefallen, Atmosphäre verloren, Schilde null, Energiewaffen ebenso, Zielradar dito. Sie hatte nur noch die zwei Amram, war gar nicht dazu gekommen, die Raketen abzufeuern. Einer der Frachter war explodiert, die beiden anderen strebten dem Sprungpunkt zu. Eben wendeten die verbleibenden Jäger.

Lilja atmete tief durch – so schnell war sie noch nicht erledigt! Und wenn sie auch nicht mehr fliegen konnte, so konnte sie zumindest... Sie begutachtete die Lage. Keine Zielerfassungsanzeige. Aber die Amram müssten auch so funktionieren, wenn sie erst mal nahe genug an den Feind kamen. Sie musste sie nur in eine Entfernung zum Ziel bringen, die gering genug war. Sie schätzte kurz den Vorhaltewinkel ab, dann feuerte sie.

Parker war nicht unbedingt zufrieden. So gesehen war es ein Erfolg. Ein Kriegsschiff erledigt, ein Frachter ebenso, und zwei beschädigt. Aber wenn einer entkam, würde man ihre Karriere kippen, egal wie gut sie kämpfte. So hysterisch, wie die Geheimdienstler sich diesmal gebärdeten, DURFTE kein Akarii fliehen. Aber viel Zeit blieb nicht mehr. Und zwei ihrer Jäger waren definitiv ausgefallen beziehungsweise kampfunfähig. Sie bereitete einen letzten Anflug vor, verzweifelt hoffend, er möge gelingen.

Die Akarii wehrten sich, so gut sie konnten – und diesmal sollten sie zumindest teilweise Erfolg haben. Der Heckraketenwerfer eines der Frachter feuerte – und die Raketen peilten eine Mirage an. Der Jagdbomber versuchte, die Lenkraketen zu täuschen, ein Ausweichmanöver zu fliegen. Fast wäre es ihm gelungen, doch im entscheidenden Augenblick fehlte ihm ein klein wenig Beschleunigung und Geschwindigkeit. Und dies genügte. In letzter Sekunde katapultieren sich die beiden Piloten aus der Maschine, dann verging diese in einem Feuerball. Aber gleichzeitig beutelten zwei Aufschläge den am schwersten beschädigten Frachter. Atmosphäre entwich ins All, als die Amram von Liljas wracken Jäger die Flanken des alten Transportschiffes aufrissen. Sie hatten leicht versetzt aufgeschlagen und den vom Dauerbeschuss zermürbten Rumpf aufgeschlitzt. Die Besatzung starb in Sekundenbruchteilen an Dekompression. Parker befahl den letzten Angriff. Gegen die verbliebenen Erdjäger gab es für den Akarii kein Entrinnen.

Als alles vorüber war, trieben vier Wracks im Raum. Fünf, um genau zu sein – aber von der Mirage war kaum genug geblieben. Die Piloten hatten aussteigen können, und es bestand Hoffnung, sie halbwegs unverletzt zu bergen. Die eine Griphen und Liljas Typhoon waren reparabel – wenn man sie abschleppen konnte. Und die Reparatur würde dauern. Sie hatten Glück gehabt. An die Opfer der Akarii dachte keiner.

Lilja lächelte maskenhaft in der eisigen Kälte ihres Jägers. Wieder waren Akarii gestorben. Wieder hatte sie Rache nehmen können. Aber sie wusste auch, dass dies nicht genügen würde. Nicht, ehe nicht die Akarii zerschmettert und ihre Flotte vernichtet war. Sie machte sich bereit zu warten, bis man ihren Jäger geborgen hatte. Bald schon würde sie wieder fliegen und den Kampf fortsetzen.
17.11.2015 12:54 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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McQueen saß in der Messe.
Bei ihm hatten sich noch mehrere andere Piloten versammelt und sie hatten eine Menge interessanter Gerüchte auf Lager.
Innerlich lächelte der Veteran. Die Gerüchteküche war so alt wie die Navy und sie funktionierte immer noch.
"Was denken Sie darüber Commander?" Radio versuchte schon eine halbe Stunde etwas aus Justin herauszubekommen aber der hielt sich dezent im Hintergrund. Nun wurde er direkt gefragt und konnte nicht mehr ausweichen... Na schön.
"Ziel erfasst und Feuer, Radio. Es gibt tatsächlich Gerüchte, selbstverständlich unbestätigte, darüber dass die Schuppenflechten da unten ein Versuchslabor haben. Nichts davon ist bestätigt oder bestritten und der NIC würde sich eher die Zunge abbeißen und einfrieren als etwas näheres darüber zu sagen. Insofern bin ich genauso gut oder schlecht im Bilde wie Sie."

Schweigen machte sich am Tisch breit. Anscheinend hatten die Piloten gehofft Beweise für ihre Theorie zu bekommen. Darkness war nicht unbedingt ein Freund der Gerüchteküche und er dachte nicht im Traum daran ihr weitere Nahrung zu geben.
"Was denken Sie eigentlich über unseren CAG?" Pinpoints Augen forschten in Justins Gesicht nach einer Regung.
"Er ist ein guter Pilot." So langsam nahm das Gespräch unangenehme Formen an. "Er wird seinen Weg machen, auf die eine oder andere Art."
"Das klingt aber nicht gerade vor Bewunderung triefend." Radio hatte sicherlich eine große Klappe aber auch Mumm so etwas zu sagen. Er nahm sich vor dem Schlaumeier bei Gelegenheit übers Maul zu fahren.
"Er ist mein kommandierender Offizier. Ich habe mit ihm lange auf der Enterprise gedient und weiß was ich von ihm zu halten habe. Sie täten gut daran dasselbe für sich selbst herauszufinden."
"Ähm Sir..." Pinpoint wieder. "Denken Sie dass wir da draußen wieder auf den, Sie wissen schon... Den Roten Baron treffen werden?" Der Junge war etwas blass.

Der Rote Baron... Diese Echse war immer noch da draußen und schoss junge, vielversprechende Piloten wie Tontauben vom Himmel. Sein Ruf in der Flotte war mittlerweile beinahe legendär und er war gefürchtet wie kein zweiter.
"Wenn ihn noch niemand abgeschossen hat..." Justin ließ den Satz unvollendet. Das Bild des Überwachungsphotos aus Anubis Flugschreiber stand vor seinem inneren Auge. Anubis war gut gewesen. Einer der besten seines Geschwaders aber auch er hatte nicht die geringste Chance gegen das Akarii-Aß gehabt.
"Können wir, das heißt glauben Sie dass es jemanden gibt, der ihn schaffen kann? Sie waren doch bei den Blue Angels... Könnten Sie ihn schlagen, Commander?" Pinpoint sah seltsam verschwörerisch drein und seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. Die anderen Piloten um den Tisch rückten ein Stück näher um ihn besser hören zu können.
"Vielleicht... Der Baron ist gut. Den Daten von Anubis Flugschreiber zu Folge ist der Kerl ein harter Brocken. Aber er ist auch nur eine Echse, die genauso blutet wie jede andere auch. Er ist zu schlagen und glauben Sie mir, so sicher wie er da draußen ist und auf unsere Jungs Jagd macht, so sicher gibt es jemanden der ihn eines Tages aus seinem Sessel pustet."

Darkness erhob sich. Das Gespräch hatte definitiv ein ungewollte Wendung genommen. Seit er das erste Mal auf der Krankenstation von diesem Piloten gehört hatte, hatte er gewusst, dass er früher oder später auf ihn treffen würde.
"Machen Sie sich keine unnötigen Sorgen. Der Baron dürfte weit weg von hier sein."
Justin verließ die Messe und trat auf den Korridor. Ein paar Schritte... dann blieb er stehen. Er ballte die rechte Faust und sah sie sich genau an.

Er wusste, er war einer der Besten. Nicht nur hier auf dem Träger. Es war seine Pflicht den Baron aufzuhalten, damit nicht noch mehr junge Piloten in einer Büchse endeten. So wie die Mehrzahl der Blue Angels.
Justin beantwortete Pinpoints Frage im Stillen: Gab es jemanden, der den Baron schlagen konnte? Eindeutig Ja, es musste jemanden geben und dieser Jemand war fest entschlossen das auch zu tun.

***********************************************************

Ich war müde. Unendlich müde.
Diesmal lag es nicht an meinen üblichen Sorgen, Vorwürfen oder meinem Ärger mit den Frauen und der Welt an sich. Die ständigen Patrouillenflüge gingen mir einfach an die Nieren.
Lilja hatte neulich Glück gehabt. Der war ein Konvoi direkt vor die Rohre geflogen. Sie war zwar abgeschossen worden, aber hatte selbst aus dem Wrack noch einen meisterlichen Fangschuss abgegeben.
Beim Gedanken an sie musste ich kurz auflachen. Was würde sie wohl sagen, wenn sie wüsste, dass sie seit neuesten einen Spitznamen hatte? Ich wusste nicht, wer ihn in die Welt gesetzt hatte, aber Oma passte irgendwie zu ihr. In ihrem Rang war sie die dienstälteste Pilotin.
Natürlich würde nicht mal ich ihr diesen Spitznamen ins Gesicht sagen.
Der Gedanke an sie hellte meine Stimmung auf. Die Hoffnung auf ein Streitgespräch oder ein paar Sticheleien zwischen Piloten ließ mich statt zu meiner Kabine zum Sportdeck hochfahren. Mit etwas Glück fand ich sie im Gym. Sie war sowieso in jeder freien Minute am trainieren. Lilja verfolgte ihr Fitnesstraining besessener, als ich meine Colonial Playboys studierte.

In der Umkleidekabine zog ich mir leichte Klamotten an und ging in die Trainingshalle raus. Mist, es war ne Menge los, aber Lilja war nicht dabei. Dabei hatte sie vor einer Stunde Debriefing gehabt. Na, vielleicht kam sie noch.
Kurz entschlossen wärmte ich mich leicht auf und drückte anschließend hundertsechzig Pfund auf der Bank. Mein Rekord lag bei fünfzehn. Ich schaffte nur zwölf.
„Ah, Ace, hallo“, hörte ich eine angenehme Stimme hinter mir. Das heißt, auf andere mochte sie angenehm klingen. Ich kannte sie nur durchtränkt von Wut und unverhohlener Drohung.
„Lieutenand Rowland“, presste ich zwischen zusammengepressten Lippen hervor.
Das amüsierte den Geheimdienstoffizier. „Aber, aber, Clifford. Sie werden doch nicht immer noch nachtragend sein? Ich habe nur meinen Job getan.“
`Und einen Völkermord arrangiert´, dachte ich, sprach es aber nicht aus. Meine Befehle waren eindeutig.
Rowland musterte mich einen Moment, sah dann aber wieder weg. Hatte er das provoziert? Sollte ich mich verplappern, um ihm einen Grund zu geben? Für was?
Oh, ich wurde aus diesen verdammten Geheimen nicht schlau.

Rowland bediente sich bei den Boxhandschuhen. Er deutete auf den Sandsack. „Assistieren Sie mir.“ „Ein bitte wäre nett.“ „Assistieren Sie mir... Bitte, bitte, mit Sahne und Honig drauf“, spöttelte der NIC-Mann.
„Na gut.“ Ich stand von der Bank auf, stemmte mich in den Sack.
Dabei beobachtete ich Rowland. Der Mann fixierte den schweren Sandsack. Und begann übergangslos auf ihn einzuschlagen. Die Wucht der Schläge war so hart, dass ich mich noch stärker einstemmen musste.
Wieso half ich diesem Arsch überhaupt? Er hatte mir wer weiß was angedroht, falls ich plaudere. Er war für mich die Verkörperung des übereifrigen, gestörten NIC-Offiziers.
Bayonne hingegen... Aber wahrscheinlich spielten beide nur eine Rolle. Und bei beiden nahm ich die Rolle nur zu gerne an.
Mit einem sehr harten Schlag beendete Rowland sein Sandsacktraining. Er deutete auf den Ring. „Wie wäre es mit einer Runde Sparring, Ace? Sie würden mir doch sowieso gerne eine reinhauen, oder?“
„Oh, ja, Sir, das würde ich zu gerne, Sir“, brummte ich und bediente mich bei den Handschuhen.

Rowland hielt die Seile auseinander, als ich zum Ring ging. Ich ignorierte seine Hilfe und stieg von der gegenüberliegenden Seite ein.
Mittlerweile hatten sich Schaulustige gefunden, die dem bevorstehenden Kampf entgegen eiferten. Kurz schätzte ich meine Chancen ein. Ich wog hundertachtzig Pfund, war gut trainiert und hatte die Reflexe eines Jagdpiloten.
Rowland war kleiner, gehörte bestenfalls zum Mittelschwergewicht. Aber er war nicht viel älter und er hatte Kraft. Erfahrung im Boxen hatte er sicher auch
„Klassischer Boxstil. Nicht dieser Thai-Quatsch. Die Füße bleiben unten. Gekämpft wird drei Runden. Wenn einer zu Boden geht, ist der Fight vorbei.“
Ich nickte zur Bestätigung.
Eine hilfreiche Hand – sie gehörte Thunder – schob mir eine Eierschale in den Mund. Einer aus ihrer Staffel schlug den Rundengong.

Rowland und ich trafen uns in der Mitte und schlugen die Boxhandschuhe aufeinander.
Danach wich ich sofort nach hinten aus, begann zu tänzeln.
Rowland lächelte freundlich. Für einen Moment sah er aus, als wolle er für ein ,Join the Navy-Plakat' Modell stehen.
Nur knapp konnte ich den rechten Arm hochreißen, um seine linke Gerade und die anschließende Kombination abzuwehren. Der Typ war schnell!
Wieder tänzelte ich aus seiner Reichweite.
Rowland winkte mich heran. „Komm, Junge, hol dir Prügel ab.“
Ich grinste. „Das werden wir noch sehen, Sir.“
Ich griff an, schlug aber nur auf seine Abwehr. Auf eine Kombination verzichtete ich, um meine Deckung nicht aufzureißen. Das hätte den NIC-Mann geradezu eingeladen, mir einen Aufwärtshaken aufs Kinn zu geben.
Rowland klammerte. „Nun kämpf mal richtig, Kid“, zischte er mir zu.
Ich brach die Klammer auf, tänzelte wieder aus seiner Reichweite. Nicht provozieren lassen. Kämpfe deinen Stil. Der Drecksack kriegt noch früh genug eins auf die Klappe.
Nun griff Rowland an. Ungestüm schlug er auf meine Deckung, setzte mit einem rechten Schwinger nach, eröffnete mir so einen Hieb durch seine Deckung hindurch. Ich landete einen schweren Treffer an seinem Kinn. Rowland wankte zwei Schritte zurück, blieb aber stehen. „Nicht schlecht, Ace, nicht schlecht“, brummte er und griff wieder an.
Den ersten Treffer hatte ich ihm schon verpasst. Ihn geschwächt. Der Rest würde nur noch eine Frage der Zeit sein.
Wieder griff Rowland ungestüm an. Ich blockte ihn. Erneut lupfte er seine Deckung und gerade als ich dachte, das könnte ein Fehler sein, ihn zweimal auf die gleiche Art anzugreifen, spürte ich seine Linke in meinen Nieren. Ich drehte mich um ein Viertel, senkte den linken Arm, um die empfindliche Region zu schützen, als der NIC-Typ nun auch die Linke einbrachte. Ich wehrte ab. Dies eröffnete ihm den Punch mit der Rechten. Ich sah seine Faust auf mich zufliegen. Kurz darauf brandete Schmerz durch mein Gesicht. Ich taumelte, fiel in die Seile. Sterne tanzten vor meinen Augen. Verdammt. Ich hatte mich einlullen lassen. Der Kerl hatte die aufgeschlagene Lippe in Kauf genommen, nur, um mich in Sicherheit zu wiegen. Dieser Bastard.

Ich stieß mich von den Seilen ab, ging in wieder an.
Rowland ließ die Hände sinken. Wieder grinste er. „Es ist aus, Ace. Sie bluten.“
„Aus ist es, wenn die Runde vorbei ist oder einer am Boden liegt“, knurrte ich. Ich fühlte, wie Blut aus meiner Nase lief. Mein linkes Auge begann bereits zuzuschwellen. Der Kerl hatte mich ordentlich erwischt. Nichts, was die moderne Medizin nicht binnen eines Tages reparieren konnte.
Diesmal griff ich an, ließ meine Kombination auf seiner Deckung explodieren. Einen rechten Schwinger platzierte ich in Rowlands Seite. Der ließ sich nicht lange bitten und fand durch meine Deckung hindurch. Eine Gerade fand den Weg auf meinen Solar Plexus. Dem folgte sofort ein weiterer Schlag auf mein lädiertes Gesicht. Ich ging auf ein Knie runter. ,Mist. Steh auf, Ace, steh auf.'
Mühsam kam ich wieder hoch, wurde aber erneut von Rowland runtergedroschen. Diesmal sank ich auf beide Knie.
„Gib endlich auf, Kid“, blaffte er.
„N-nein“, keuchte ich und versuchte wieder auf die Beine zu kommen.
Nun kamen die Schläge des Älteren in schneller Folge an meinem Körper. Mein Gesicht hielt ich nun gut gedeckt, aber der Rest war schutzlos. Der entscheidende Punch kam dann von links, aus der Richtung, die ich nicht mehr einsehen konnte. Wieder explodierten Sterne vor meinen Augen. Ich rutschte wieder auf die Knie. Von dort ging es haltlos auf den Boden zu. Hart schlug ich auf. Mist, das war es dann wohl. Ich drehte mühsam den Kopf, erkannte Rowlands Beine. Für einen Moment schien es mir, als würde sich eines heben, um mir einen saftigen Tritt zu verpassen.
„Gewonnen, Kid“, stellte der NIC-Mann fest. Thunder war sofort bei mir und half mir, mich aufzurichten. Derweil verließ Rowland den Ring. Die Piloten und Mannschaftsmitglieder machten ihm Platz.
„Ich will ne Revanche, Rowland“, flüsterte ich und wurde von einem Hustenanfall unterbrochen.
Der Geheimdienstmann drehte sich noch einmal um. Sein Blick wurde kalt. „Das war deine Revanche, Kid."

*************************************************************

„ACHTUNG! START – START – START!“
Die Kampfpatrouille strebte vom Träger weg in den Raum. Die Griphen bildeten das Zentrum der lockeren Formation, von je einer Phantome flankiert. Vierzehn Tage waren seit der Schlacht vergangen und inzwischen war alles Routine. Am „Hauptsprungpunkt“ mochte das anders sein, schließlich war dort erst vor ein paar Tagen ein kleiner Akarii-Kanovoi abgefangen worden – aber in den peripheren Patrouillengebieten war alles ruhig geblieben, die Flüge nicht mehr als stundenlange, eintönige Gewohnheit.
Kali rollte die Schultern unter dem Pilotenanzug. Es war nur logisch, in raumtauglichen Anzügen zu fliegen – aber auf langen Flügen wurde dieser Überlebensanzug ziemlich unbequem. `Und man kann sich verdammt noch mal nicht kratzen, wenn es juckt.‘ Es war ein Pilotenwitz mit einem Körnchen Wahrheit, dass das schon manchen Piloten den Kopf gekostet hatte, weil sie sich ablenken ließen. Und es gab einiges, was ihr ohnehin zu viel zu denken gab. Da war Lilja - oder Eisprinzessin wie sie sie in Gedanken nannte. Und da waren Kano und Ace... . 'Zum Teufel. Ich bin auf Einsatz - und um den Rest kümmere ich mich halt am Boden!'

Die vier Maschinen trugen genug Raketen und Energiewaffen um eine Korvette auszuschalten. Kalis Maschine trug eine Mischung aus Amrams und Sidewinder. `Nicht, dass wir den ganzen Sprengstoff brauchen würden. Langweilig... .‘
Mitten durch diesen Gedanken schnitt die Stimme eines Griphenpiloten: „ACHTUNG! Einkommendes Signal auf Null-Null. Könnte ein Jäger sein. Aber Geschwindigkeit effektiv Null!“
„AN ALLE, AN ALLE! GEFECHTSBEREITSCHAFT!“ schaltete sich der Patrouillenführer - einer der Griphenpiloten - ein. Egal was es auch war, es war besser, kein Risiko eingehen. Und die Piloten begrüßten sowieso jede Änderung der langweiligen Routine. Das galt jedenfalls für Kali. Mit geübten, aber enthusiastischen Handgriffen machte sie ihren Jäger kampfbereit. `Raketen – scharf, Kanonen – klar! Kommt schon, Echsen!‘ Ein kleines Gefecht war genau das, was sie jetzt brauchte. Hier draußen waren die Fronten klar, die Entscheidungen einfach.
Dann erfassten ihre Geräte „Es“. Ein Objekt von der Größe und Form eines Deathhawk. Allerdings schien „Es“ praktisch unbeweglich, driftete nicht schneller als ein Satellit durch den Raum. `Aber hier draußen gibt es keine Satelliten. Komm schon Truthahn, lass dich rupfen!`
Die Kampfflieger hatten ihre Formation praktisch aufgelöst, jagten in breiter Front auf das Objekt zu. Ein Feind hätte angesichts der herannahenden Vernichtungsmacht Fahrt aufgenommen, sich gestellt oder wäre geflohen. Aber es war kein Akarii-Jäger.
„Abbruch. Das ist kein Jäger.“ Die Stimme des Griphenpiloten klang frustriert. Was da vor ihnen durchs All taumelte war nichts weiter als ein Stück Weltraumschrott, vielleicht von der Station oder einem der Zerstörer abgesprengt. `Verdammt!‘ Mit einem frustrierten Seufzen schloss Kali wieder zur Nachbarmaschine auf. `Es wäre zu schön gewesen. Aber hier draußen finden wir nur Müll.‘
Der Rest der Patrouille verlief ebenso ergebnislos und langweilig wie immer, keine Akariiflotte, kein Evakuierungskonvoi oder Weltraumqualle kreuzte ihren Weg. Endlich erreichte die Patrouille die Redemption, war „zu Hause“. Die sie ablösende Einheit war bereits gestartet. Zuerst landeten die Griphen, dann Kalis Flügelmann. Endlich erfassten die Traktorstrahler ihre Maschine. Während sie sich dem Griff des Landungssystems überließ, waren ihre Gedanken bereits in der Zukunft – das Landen unter diesen Umständen war schließlich ein Kinderspiel: `Zuerst eine Dusche. Dann diese verdammte Besprechung. Danach... .‘ Sie versuchte das Jucken im Schulterblatt zu ignorieren. Die Prioritätsliste von Piloten zeichnete sich nicht eben durch besondere Originalität aus, andererseits war das Dilemma auch immer das selbe.
Die Maschine setzte auf in dem riesigen Hangar. Beinah sofort waren die Techniker zur Stelle, welche die Maschine warten, Bewaffnung und Antrieb überprüfen würden – kurz und gut all das tun, was dieses anspruchsvolle Stück Technik in eine Waffe verwandelte. Kali wollte schon aussteigen, als eine Bewegung auf der anderen Hangarseite sie innehalten ließ. Eskortiert von zwei Marines und einem Rattenschwanz Techniker war dieser Geheimdienst-Offizier aufgetaucht. `Was will der Schlapphut hier?‘ Kali mochte die „Geheimen“ nicht – keiner der Piloten, Techs und anderen Navy-Angehörigen hatte viel für sie übrig. `Auch kein Wunder. Das Einzige was sie können...` Am Rande bemerkte sie, das die Techs jetzt an einer der Amrams hantierten.

Dann explodierte der Hangar. Die Hand eines Riesen hatte die Phantom gepackt und schleuderte sie brutal herum. Kalis Kopf flog nach vorne und knallte gegen das Armaturenbrett. Die Hangarwand stoppte die Maschine. Kali prallte schmerzhaft gegen die linke Cockpitseite. Graue Schatten wirbelten vor ihren Augen.

Sie konnte sie nur einen klaren Gedanken fassen: `Die Rakete – verdammt, sie ist einfach hochgegangen!` Das Heulen von Alarmsirenen schnitt durch ihren Kopf. Rings um das Cockpit stieg schwarzer Qualm auf, während irgendeine sich überschlagende Stimme aus ihren Kopfhörern schrillte.
Zuviel, es war einfach zuviel!
Dann zeichneten sich durch den Rauch Gestalten ab – die Löschtrupps rückten vor, während sie im Cockpit saß und fassungslos auf das Chaos starrte, das jetzt langsam sichtbar wurde. Die Maschine ihres Flügelmanns lag auf der Seite, rußgeschwärzt und qualmend. Überall auf dem Boden verstreut waren verbrannte Maschinen und Geräteteile – NEIN nicht nur Geräte...
`Raus, ich muss raus!` Mit wie gelähmten Fingern hantierte sie fahrig an der Cockpitverriegelung. Als diese endlich reagierte, wand sie sich aus dem Cockpit, bevor sich die Haube richtig geöffnet hatte und ließ sich fallen. Schmerzhaft landete sie auf dem Boden. Aber sie spürte den Aufprall gar nicht – dort wo der linke Flügel der Phantome hätte sein müssen, waren nur verbogene Metallreste übriggeblieben. Die Flanke ihrer Maschine war aufgeschlitzt und regelrecht ausgeweidet worden. Mit grausamer Klarheit durchfuhr es Kali: `Wenn ich ausgestiegen wäre – über den linken Flügel geklettert – dann bei der Wartung der Maschine zugesehen – Scheiße!‘ Sie starrte auf ihre Hände – sie zitterten wie im Fieber. Zwei Med-Techs beugten sich gerade über eines der am Boden liegenden Objekte – ein Mensch. Als einer von ihnen nach der Schulter des Liegenden griff, löste sich das Fleisch von den Knochen... .
Krampfhaft hielt Kali sich an der Flanke ihres wracken Jägers fest, sie nahm nicht wahr, das sie sich die Handschuhe ihres Anzuges und die Finger ihrer Hand zerschnitt. Krampfhaft rang sie nach Luft und versuchte die Übelkeit zu bekämpfen, die in ihrer Kehle hochstieg. Jetzt konnte sie die Schreie hören –Schreie von Menschen, die bei lebendigen Leib verbrannt wurden – und sie roch das verschmorende Fleisch. Die Hände auf die Ohren gepreßt, keuchend atmend, taumelte sie fort und rannte, rannte... .

Später:
Lings Stimme war von eisiger Kälte – doch in seinen Augen loderte ein wütendes Feuer: „DREI Tote, FÜNF Verletzte – von denen ZWEI es vielleicht nicht schaffen werden. ZWEI Jäger beschädigt. Der Schaden... .“
Seine Stimme erstickte förmlich in Wut: „UND WIR HABEN DIESEN BASTARD IMMER NOCH NICHT!! Wie konnte das passieren – WIE?!“
Eine Weile herrschte Stille. Dann räusperte sich einer der technischen Sicherheitsexperten. „Wir glauben zu wissen, was die Explosion ausgelöst hat. Anscheinend – war das Sicherheitssystem der Rakete manipuliert worden. Wenn sie – scharf gemacht wird, wird ein – zusätzlicher Schaltkreis aktiviert – der die Rakete sofort zur Explosion bringt, wenn sie sich von den Pylonen löst – also üblicherweise abgefeuert wird... .“
„Wir haben die Munitionslager und die Hangars unter verschärfte Sicherheitsvorkehrungen gestellt. Wollen Sie mir sagen... .“
„Nein, ich glaube nicht, dass diese Manipulationen kürzlich erfolgten. Ich vermute vielmehr, dass die Sabotage schon zu einem weitaus früheren Zeitpunkt erfolgte – als die Sicherheitsvorkehrungen noch nicht so streng waren. Das es gerade jetzt passierte... .“
Alle warteten auf einen weiteren Ausbruch – aber der blieb aus. Mit fast abwesenden Gesichtsausdruck starrte der Sicherheitsoffizier vor sich hin. Seine Stimme war jetzt ruhig, fast monoton: „Sofortige Überprüfung ALLER Gefechtsköpfe. Die patrouillierenden Jäger sollen einzelnd andocken – und informieren sie die Bombenräumteams. Von denen – und von IHNEN wird keiner schlafen, bis wir nicht jeden verdammten Knallfrosch auf diesem Schiff überprüft haben. An die Arbeit!"

********************************************************************

Die Redemption lag zwischen Troffen und dem Sprungpunkt, der ins Akarii-Imperium führte. Neben den Träger lag die beschädigte Fregatte Admiral Fisher.
Beide Schiffe wurden nur von ihren Parkdüsen an Ort und Stelle gehalten.
Um das ferne Troffen nahm gerade die restliche Flotte Feuerposition ein. Bis jetzt wussten ihre Besatzungen noch nichts von dem, was ihnen in ein paar Stunden befohlen werden sollte.
Die Küchen und die Messen arbeiteten auf Hochtouren, in einer halben Stunde war Wachwechsel. Ein Drittel der Besatzung hatte gerade gegessen, ein anderes Drittel würde gleich in die Messen gestampft kommen und gierig alles Essbare vertilgen, dessen es habhaft wurde.

Lucas befand sich gerade im Briefingroom für die Piloten.
Er hatte die nächste Patrouille instruiert und besprach gerade mit Cutter den Wartungsturnus für die Maschinen.
Cutter war nahe dran ihn mit einem Redeschwall über die Probleme bei einer Generalüberholung zu Tode zu langweilen als jäh ein dunkles Grollen durch das Schiff fuhr. Cutter hielt sofort inne und legte den Kopf schief.
"Das Flugdeck", rief er aus, als die Sirenen ansprangen und war auch schon unterwegs, als Lucas Verstand gerade realisierte.
"Notfall auf dem Flugdeck! Notfall auf dem Flugdeck! Schadenskontrollteams und Bordfeuerwehr zum Flugdeck!"
Lucas hatte den älteren Deckoffizier schnell eingeholt und kam vor ihm am Ort des Geschehens an. Rauch verzerrte das Bild des Schreckens und stach in seiner Lunge.
Sanitäter versorgten schon die Verwundeten und die Bordfeuerwehr war mit Schaumlöschgeräten dabei den Brand unter Kontrolle zu bringen. Lucas fluchte ausgiebig, dann besann er sich eines Besseren und packte bei den Rettungsarbeiten mit an.


Zwei Sunden später saß er erschöpft im Besprechungsraum des Captains.
"Müssen wir davon ausgehen, dass wir es hier mit einem Sabotageakt zu tun haben?" Commodore Clark sah älter aus denn je.
Ehe Yamashita, Ling, Rowland oder sonst einer der Geheimdienstler, die in reichlicher Zahl erschienen waren, antworten konnten, ergriff Lucas das Wort: "Ja Sir, das müssen wir."
"Ein Unfall ist ausgeschlossen?" Fragte Lieutenant Commander Fischer, der zweite Offizier der Redemption.
Wieder antwortete Lucas: "Ja, so ziemlich, Raketen explodieren nicht einfach so, diese Technik ist seit 200 Jahren sicher."
"Sicher? Sicher ist gar nichts", schnappte Rowland, "aber ich muss dem Commander Recht geben, so was ist so gut wie - zwar nicht zu 100 Prozent - ausgeschlossen."
Lucas warf dem Lieutenant einen giftigen Blick zu.
"Wie gehen wir jetzt vor?" Fragte Melissa Auson. "Cutter hat Befehl erhalten, alle, wirklich alle Raketen auf der Redemption zu überprüfen, ich wäre dafür eine bewaffnete Wache vor den Magazinen zu postieren, aber das wäre wohl nicht machbar oder?" Lucas Stimme klang wenig hoffnungsvoll.
"Nun, mannschaftsmäßig müssten das unsere Marines hinkriegen", antwortete jetzt Bayonne, "doch bedenken Sie, welche Botschaft Sie damit verkünden."
Zustimmendes Gemurmel erhob sich rund um den Tisch. "Ja, wir müssen sehr behutsam vorgehen um den Mistkerl zu schnappen." Die Augen richteten sich auf Ling.
"Ach, dann sollten Sie mal in Bewegung kommen Lieutenant Commander", sprach Bayonne ungewöhnt scharf und direkt.
"Meine Abteilung wird den Kerl schon fassen, verlassen Sie sich darauf, Sir."
Bayonne und Rowland sahen nicht sehr überzeugt aus: "Wir werden Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen."
"Was sagen wir der Mannschaft?" Wieder erklang Fischers unsichere Stimme.
Bayonne wandte sich an Clarke persönlich: "Sir, ich schlage vor, wir lassen verlautbaren, dass es sich dabei um einen Unfall handelt, die Moral der Männer würde ansonsten tödlich getroffen und möglicherweise würden sich einige Piloten weigern zu fliegen."
"Es gibt aber schon einige Gerüchte über einen Saboteur", meldete sich Yamashita zum ersten Mal zu Wort.
"Oh ja, aufgrund Ihrer wundervollen Lieutenant Commander Paker", Rowland sah Cunningham direkt in die Augen.
Lucas zwang sich den Blick zu erwidern: "Das habe ich geklärt."
"Meine Herren, bitte", Clark richtete sich in seinem Sessel auf, "Commodore Bayonne, ich bin sicher Commander Ling weiß Ihre Hilfe zu schätzen. Was eine Veröffentlichung Angeht, so wird es ein Unfall gewesen sein, also bitte ich um Diskretion bei den Untersuchungen."
Ein Mysterium der Navy, ein Schiff besaß nur ein Captain und der war Captain, egal welchen Rang er nun inne hatte. Und sollte ein anderer mit dem Rang eines Captain das Schiff betreten, so wurde er mit Commodore betietelt, bzw. ein Captain der Marines mit Major.
So kam es jetzt dass sich zwei Offiziere der Navy mit Rängen anredeten, die eigentlich der andere inne hatte.
"Ach ja und Ling: Schleifen Sie mir diesen Drecksack her, der mein Schiff sprengen wollte." Damit war die Unterredung beendet.

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Das war die elfte Untersuchung - und damit für Arzt und Patient ungeliebte Routine. Auch wenn Kano sich bemühte höflich zu bleiben, konnte er seine Ungeduld kaum kaschieren. Und Dr. Hamlin hatte schon von Natur kein zu Frohsinn neigendes Gemüt. Die – unausgesprochenen – Zweifel an der Notwendigkeit der verordneten Maßnahmen reichten, um ihn gallig werden zu lassen.
„Ich habe Ihnen schon zehnmal gesagt, Lieutenant, dass Sie es nicht forcieren sollen. Der Körper braucht nun mal Zeit, um zu heilen. Das einzige, was Sie mit Ihrer Ungeduld erreichen, ist dass wir Sie länger in Behandlung halten müssen. Und glauben Sie mir – ich habe Besseres zu tun als mich mit störrischen Piloten herum zu ärgern!“
„Ich bitte um Verzeihung. Sie haben sicherlich recht.“ Das kam in einem enervierend emotionslosen Ton, den der Pilot offenbar bevorzugt benutzte. „Aber könnten Sie sich bitte dennoch beeilen. Ich habe noch etwas vor.“
Hamlin schnaubte frustriert: `Na, das ist ja noch ein neuer Ton.‘ „Kommen Sie mir nicht mit ihrer verdammten Pflicht! Sie haben LEICHTEN Dienst! Und ich habe Sie noch nicht gesund erklärt. Wenn Parker meint, sie könne... .“
„Lieutenant Commander Parker hat damit nichts zu tun. Es ist etwas – persönliches.“
Hamlin bemerkte, dass sich die Wangen des Piloten leicht gerötet hatten. `Ach, so ist das... .‘ Er ließ einen maliziösen Ton in seine Worte einfließen: „Verstehe. Nun ich kann Sie beruhigen, für heute wären wir fertig. Ich halte Sie von ihren `persönlichen‘ Belangen nicht ab... .“
Kano warf ihm einen bemüht ausdruckslosen Blick zu, stand auf und neigte leicht den Kopf: „Bis Morgen dann, Dr. Hamlin.“ Dann drehte er sich ziemlich brüsk um und schritt mit durchgedrückten Rücken hinaus.

Kanos Stimmung besserte sich, praktisch sofort nachdem er die Krankenstation verlassen hatte. Zum einen würde er dieses Theater – wenn alles gut ging – nur noch drei Tage mitmachen müssen. Danach würde er hoffentlich wieder in den aktiven Dienst überstellt – und vor allem wieder fliegen können.
Außerdem hatte er jetzt zwei Stunden Freizeit, eine Seltenheit in den letzten Tagen. Das Trainingsprogramm und der Dienst hatten zuletzt fast die gesamte Zeit zwischen „Morgen“ und „Abend“ verschlungen. Er schaute auf die Uhr. Kalis Patrouille müsste eigentlich in diesen Augenblicken landen. Wenn er sich beeilte... .
Hinter ihm flogen die Türen der Krankenstation auf. Kano hatte gerade noch Zeit, beiseite zu springen, bevor eine mobile Stabilisierungseinheit ihn gerammt hätte, die von zwei Med-Techs regelrecht in den Flur gestoßen wurde. Dahinter konnte er Dr. Hamlin erkennen, der mit verzerrten Gesicht Befehle bellte und zur Eile trieb. Über den Lärm des „organisierten Chaos“ hörte er nur ein paar Wortfetzen: „Explosion – Jäger – Hangar... .“
Und Kano hörte das ferne aber schneidende Heulen der Alarmsirenen. Da begann er zu rennen.

Als er den Hangar erreichte, wimmelte es schon von Sicherungs-, Rettungs- und Räumdiensten. Löschtrupps bekämpften die Feuer, die die Luft mit schwarzem, beißenden Qualm füllten. Gebrüllte Kommandos und Befehle übertönten die Sirenen. Irgendwo schrie sich ein Mann die Seele aus dem Leib, bis sich die schmerzentstellte Stimme überschlug und abbrach.
Aber das alles bemerkte Kano nur am Rand. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf einen Jäger gerichtet, dessen linke Tragfläche zerfetzt, dessen Rumpf aufgeschlitzt war – KALIS JÄGER.
Der Sergeant des Sicherheitsdienstes, der sich an die Hangarwand gepresst hatte und versuchte, mit dröhnender Stimme etwas Ordnung zu schaffen, verlor beinahe den Stand, als er an der Schulter gepackt und herumgerissen wurde. „WO IST KALI?“
„Wer?“
„Die Pilotin verdammt! Von dem Jäger!“ „Woher zur Hölle soll ich das wissen?! Sie rannte hier raus, als wenn der Teufel hinter ihr her währe! Ich habe VERDAMMTNOCHMAL Wichtigeres... .“ Aber da schrie er nur noch leere Luft an. Kano hatte sich schon umgedreht und versuchte so schnell wie möglich den nächsten Hangarausgang zu erreichen. „Verrückter Japs... . HE – IHR DA ZUM TEUFEL!! MACHT DAS IHR HIER VESCHWINDET!“
Den Piloten hatte er schon vergessen.

Als Kano sein Ziel, Kalis Kabine, erreichte musste er sich an die Wand lehnen. Sein Atem ging keuchend und in seinem linken Bein bohrte ein stechender Schmerz. Aber das war jetzt unwichtig. Die Tür war nur angelehnt. Kano zögerte kurz – verfluchte sich innerlich dafür – und klopfte. Dann trat er ein.
Kali stand an dem engen Pilotenspind. Die Linke war um die Tür gekrallt, mit der Rechten durchwühlte sie hastig die Fächer. Ihr Kopf fuhr herum.
Kali starrte ihn an, ohne Ausdruck in den Augen. Sie schien ihn zuerst nicht zu erkennen, dann nickte sie wie automatisch: „Kano.“ Dann drehte sie den Kopf wieder und suchte weiter. Vorsichtig trat er näher.
Jetzt hatte Kali gefunden, was sie suchte – eine flache, metallene Flasche. Ihr Lächeln wirkte – starr: „Auf den Schreck...altes Navymittel.“ Kano musterte sie unbehaglich: `Was soll ich tun, was soll ich sagen... .‘ Unschlüssig blieb er stehen, während Kali sich mit fast hektischer Schnelligkeit bewegte. Hastig ergriff sie einen Becher, der auf dem schmalen Tisch stand. Klappernd stieß der Flaschenhals gegen den Rand des Bechers. Kalis Hände zitterten unkontrolliert. Ein weiterer Schritt brachte Kano neben sie: „Kali...“
Wieder starrte sie ihn kurz an. Ihr Gesicht war angespannt, die Kiefermuskeln traten deutlich unter der hellbraunen Haut hervor. Sie atmete unregelmäßig, heftig wie nach einem langen Lauf.
Abrupt erbleichte sie. Becher und Flasche entglitten ihren Händen. Ihr Körper zuckte krampfartig, die Beine drohten einzuknicken. Kano reagierte automatisch. Seine Hände packten Kalis Schultern, schoben sie zu der kleinen Hygienezelle, die zu jedem Quartier gehörte. Dann hielt er ihre Schultern fest, während sie sich hustend übergab.
Er half ihr auch, das Gesicht zu säubern, denn auch wenn ihr Atem sich etwas beruhigt hatte, ihre Hände zitterten immer noch. Kali lächelte schwach: „Wir treffen uns irgendwie immer, wenn es mir scheußlich geht.“ Es klang bemüht – und Kanos Antwort nicht weniger: „Das gilt auch für mich. Krankenstation – richtig? Muss Schicksal sein.“
Während sie sich auf das Bett setzte, hob er die Flasche auf. Der größte Teil der klaren Flüssigkeit war ausgelaufen, der Alkoholgeruch in der Luft war durchdringend und stechend. Nach einem Blick auf Kali, die ihre Hände zwischen die Knie presste und schweigend auf den Boden starrte, füllte Kano den Rest des Alkohols in den Becher. Kali nahm ihn kommentarlos entgegen und stürzte den Alkohol herunter. Hustend rang sie nach Luft, aber irgendwie löste sich ihre Anspannung etwas: „Verfluchte Scheiße!“ Kano sah sie schweigend an, während sie leise fluchte. Sie blickte auf, starrte Kano in die Augen. Offenbar gefiel ihr nicht, was sie dort sah. „Du brauchst mich zu bemuttern, verdammt noch mal! Und wenn du das jemandem erzählst... .“
„Das würde ich niemals tun! Und – du bist gerade noch davon davongekommen! Wieso sollte ich das nicht – verstehen?“
Kali starrte ihn wütend an. Dann brach es aus ihr heraus: „Verstehen? VERSTEHEN?! Du hast zur Hölle NICHT DIE GERINGSTE AHNUNG! Du warst nicht dort... .“ Ihre Wut erlosch genauso schnell, wie sie aufgeflammt war.
„Dann erzähl es mir.“
Eine Weile saß sie nur da, als hätte sie Kanos Worte nicht richtig gehört. Dann aber begann sie zu erzählen, mit leiser aber angespannter Stimme. Nach einer Weile ergriff Kano ihre Hand und hielt sie fest, während er schweigend zuhörte.
Erst eine Weile, nachdem Kali geendet hatte, wurde Kano bewusst, dass irgendeine klebrige Flüssigkeit ihre Handfläche überzog. Bei näherer Betrachtung war es Blut.
„Was... .“
„Das – nichts. Nur ein paar Kratzer.“
„Hast du hier Verbandszeug?“
„Hör auf mich zu... . Ach zum Teufel. Da drüben. Tu was du nicht lassen kannst.“ Also säuberte er die Kratzer und verband sie. Die Wunden bluteten zwar heftig, waren aber harmlos – sie würde ohne Probleme fliegen können. Während er die Kratzer versorgte war sich Kano überdeutlich ihrer Nähe bewusst. Neben Kali zu sitzen war die eine Sache, vor ihr zu knien und praktisch ihren Atem im Gesicht zu spüren eine ganz andere. Das war nicht unangenehm, aber ziemlich verwirrend.
Als Kano kurz aufblickte, glaubte er in ihren Augen ein Funkeln zu sehen, das er inzwischen an ihr kannte. Das ironische Lächeln um ihre Mundwinkel war zwar schwach, aber sichtbar.
Hastig stand er auf und räusperte: „Das wär’s. Sicherheitshalber solltest du vielleicht noch einmal zur Krankenstation.“
Kali winkte ab. Ihre Stimme war zwar immer noch nicht völlig sicher, aber bestimmt: „Ganz bestimmt nicht. Sonst behalten die mich noch dort. Danke.“ Dann setzte sie leise hinzu: „Sie haben ohnehin genug zu tun... .“
„Kali – als ich deinen Jäger sah – ich dachte... .“
Die Tür schwang auf. Beide Piloten fuhren herum.

Der Mann mochte Mitte Dreißig sein, hager aber durchtrainiert, mit kurzgeschorenem weißblondem Haar und grauen Augen. Auf der Uniform prangten die Abzeichen eines First Lieutenant. Emotionslos starrte er erst Kali, dann Kano an: „Lieutenant Mitra, Guten Tag. Lieutenant Nakakura – darf ich fragen, was Sie hier tun?“
Verärgert fühlte Kano, wie er rot wurde. Kali hatte sich schneller gefangen: „Darf ich fragen, wer Sie sind – Sir? Und üblicherweise pflegt man anzuklopfen – Sir.“
Der First Lieutenant grinste - nicht unbedingt feindselig, aber etwas frostig: „Mein Name ist Ross. Kennet Ross, Sicherheitsdienst. Wir – haben einige Fragen an Sie, Lieutenant Mitra.“
Kano musterte den Mann misstrauisch – wie die meisten Soldaten traute er weder Geheim- noch Sicherheitsdienst uneingeschränkt. „Sollte Lieutenant Mitra nicht vorher medizinisch versorgt werden – vor ihrer Vernehmung, Sir?“ Kali stieß ihn mit dem Fuß an, während der Sicherheitsoffizier Kano mit vager Belustigung musterte: „Sie haben ja offensichtlich schon – alles `Notwendige‘ unternommen, nicht wahr? Und es ist eine BEFRAGUNG – keine `Vernehmung‘. Sie können jetzt gehen.“
Kano sah zu Kali, aber die schüttelte nur mild verärgert den Kopf und stieß ihn leicht mit der Faust an die Schulter: „Alles klar. Wir sehen uns später.“ Kano lächelte ihr noch einmal zu, salutierte vor Lieutenant Ross und wandte sich zum Gehen.
„Lieutenant Nakakura.“ Das war Ross. Kano drehte sich um. „Wir werden uns auch noch mal sehen. Halten Sie sich bereit.“ Der Sicherheitsmann sah von ihm zu Kali und grinste anzüglich. Mit Mühe hielt Kano seine Miene ausdruckslos: „Sir. Zu Befehl Sir.“
„Hervorragend. Und noch etwas. Dieser `Vorfall‘ – war ein UNFALL. Alles andere wäre eine Lüge und Diversantentätigkeit. Haben Sie verstanden? Haben SIE BEIDE Verstanden?"
„Ja Sir!“
„Ja Sir!“
„Ausgezeichnet. Lieutenant Mitra, setzen Sie sich. Lieutenant Nakakura, auf Wiedersehen. Sie können die Tür schließen.“
Also tat er dies, wohl oder übel. Seine Gedanken blieben allerdings auf den Raum gerichtet, den er eben verlassen hatte - deshalb bemerkte er Ace erst, als er unmittelbar vor ihm stand.
Der andere Pilot lehnte an der Wand, in seinem angespannten Gesicht arbeitete es. Waren das etwa Tränen in seinen Augen?
Unbehaglich wurde Kano bewusste, dass Ace offenbar durch die nur angelehnte Tür mitbekommen hatte, was in der Kabine passiert war.
Er respektierte Ace, ja - aber sie waren nicht unbedingt Freunde. Und vor allem auch wegen Kali war die gegenseitige Akzeptanz nicht unbelastet. Deshalb zog Kano sich auf die ihm anerzogene Förmlichkeit zurück: "Ace."
Aber nun tat der andere etwas, womit Kano bestimmt nicht gerechnet hatte. Ace umarmte ihn kurz, aber kräftig: "Danke!"
Der junge Japaner brauchte ein paar Augenblicke, während er Ace irritiert anstarrte: 'Ich werde diese Anglos wohl nie verstehen... .' Dann besann er sich: "Ähm... Bitte. Aber das war nur selbstverständlich. Für Kali... ." Er brach ab. Er würde DAS nicht HIER und JETZT - und ausgerechnet zu ACE sagen. "Ich werde dann warten. Dieser - Lieutenant Ross hat offenbar noch Fragen an mich über diesen - 'Unfall'."
Bei der etwas seltsamen Betonung des letzten Wortes merkte Ace auf und Mißtrauen erwachte in seinen Augen: "UNFALL?"
"Ja, 'Unfall'. So sagte jedenfalls Lieutenant Ross vom Sicherheitsdienst." Bei diesen Worten blickte Kano instinktiv zur Decke - Ace verstand.
18.11.2015 06:56 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Als mich Commander Auson ansprach, zuckte ich mit keinem Muskel.
Die fünf anderen Personen im Raum, vier Techniker und Kalis Flügelmann Rusty, bewegten sich ebenfalls nicht einen Deut in ihrer Hab Acht-Stellung.
„Also, Second Lieutenant Davis, was war da los?“
„Ma´am?“ stellte ich eine Gegenfrage.
„Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind, verdammt“, blaffte sie und verzog ihr leidlich hübsches Gesicht zu einer zornigen Grimasse.
„Zehn Mann haben Sie sechs voneinander trennen müssen! Erzählen Sie mir nicht, Sie haben da ein Gruppenkuscheln veranstaltet!“
„Ma´am?“ wiederholte ich.
„Also gut“, brummte Melissa Auson und erhob sich. „Ich sage Ihnen, wie ich das sehe. Sie sind auf meinem Schiff. Sie habe sich nach meinen Regeln zu richten und nicht ich nach Ihrer. Sprechen wir die selbe Sprache, Ace?“
Ich riß die Hacken zusammen. „Ja, Ma´am.“
„Gut. Dann erzählen Sie mir, was passiert ist.“
Kurz sah ich zur Seite. Rusty starrte mich zornig an. Himmel, ich konnte es dem Jungen nicht einmal verdenken. Und dafür war bestimmt nicht das Veilchen verantwortlich, dass er mir verdankte.
„Ich bin ausgerutscht, Ma´am. Lieutenant Bowen war so nett, mir aufzuhelfen und fiel selber hin. Nach und nach kamen die Crewmen Tailor, Koscinsky, Delarue und Ramirez dazu. Der Boden war sehr glitschig.“
„So, so. Ausgerutscht. Das ist aber lustig.“ Sie faltete die Hände vor Mund und Nase und starrte mich an. „Und damit wollen Sie mich abspeisen?“
Sie kam um ihren Schreibtisch herum und stellte sich so nah an mich heran, dass ich ihren Atem riechen konnte. Mit einer Stimmkraft, die einem startenden Griphen nahekam, blaffte sie: „BULLSHIT, LIEUTENANT! Sehen Sie doch mal in einen Spiegel. Sie wurden verprügelt!“

Ich grinste, als ich in Gedanken über das blaue Auge strich. „Kleiner Unfall beim Sparring, Ma´am. Ich habe mit Lieutenant Rowland geboxt und leider verloren. Aber seine Knöchel sollten Sie jetzt mal sehen.“
„Erzählen Sie mir nicht so einen Scheiß, Ace. Die Jungs da haben Ihnen aufgelauert und Sie aufgemischt. Wie ich sehe, haben Sie auch mächtig ausgeteilt. Warum, will ich gar nicht wissen. Aber ein Wort, ein winziges Wort von Ihnen, und die fünf wandern in den Bau.“
„Warum, Ma´am? Kann sein, der eine oder andere hat in dem Gewühl einen Ellenbogen oder einen Fuß abbekommen.“
Sie kam mir so nahe, dass ihre Lippen beinahe mein Kinn berührten. „Was machen Sie da, Ace? Was versuchen Sie da? Sie wurden überfallen. Sie wurden verprügelt. Und Sie decken diese Idioten. Ist das falsch verstandene Kameradschaft? Ich sage Ihnen was. Sie sind unser Aß an Bord. Sieben Abschüsse in zwei Kampagnen, ich brauche Sie da draußen in einer Phantom, und nicht im Lazarett.
Wenn jemand Ihren Kopf will, aus welchen Gründen auch immer, ist das mein Problem, nicht Ihres, Pilot. Kommen Sie, sagen Sie es. Sagen Sie es, und die Sache ist gegessen.“
Ich versteifte mich. „Darf ich offen sprechen?“
„Erlaubnis erteilt.“
„Nein. Ich werde es nicht sagen.“ Für einen Moment erstarrte Ausons Miene. „Scheren Sie sich aus meinem Büro und lassen Sie sich hier nicht mal mehr blicken, wenn Ihnen ein Messer im Rücken steckt!“
Ich salutierte stramm und verließ das Büro. Im gehen vernahm ich noch Ausons Worte an die fünf Kameraden. „Und euch Musketiere habe ich ab sofort persönlich im Auge. Weggetreten!“
Ich wartete am Gangende auf die fünf. Rusty starrte mich bereits von weitem wütend an. „Wenn du glaubst, nur weil du uns gedeckt hast, ist die Sache ausgestanden, Ace, dann irrst du dich. Du stehst immer noch ganz oben auf meiner Liste. Kali...“
Weiter kam er nicht. Meine Rechte flirrte heran und traf den Piloten auf dem Mund. Ich spürte Zähne nachgeben. Mit einer Sekunde Verzögerung wurde sein Kopf nach hinten geworfen. Er kippte und fiel schwer zu Boden.
Ich kam über ihn, zerrte den benommenen Mann am Kragen hoch. „Wenn du... Wenn du noch einmal sagst oder denkst, ich könnte Kali...“ Tränen schossen mir in die Augen.
„Wenn du...“ Die Stimme stockte, mein Hals schloss sich. Ich ließ den Piloten los, drehte mich um und ging mit all der Würde, die ein Mann haben konnte, der Rotz und Wasser heulte durch die RED. Auf einer öffentlichen Toilette sperrte ich mich in der hintersten Kabine ein, umklammerte meine Beine und dachte über die verfahrene Situation nach. Die salzigen Tränen schmerzten in den neuen Wunden.

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Sabotage...

Schon wieder!

Egal was die Techniker und die Kerle vom NIC sagten... Darkness wusste natürlich was im Busch war. Die ersten Vorfälle waren ihm nur zu Gut im Gedächtnis. Seit er selbst den Hangar im Blick hatte war dort nichts mehr passiert aber er konnte nicht überall sein. Kali war zum Glück nur leicht verletzt worden aber eine Menge andere hatten nicht so viel Glück gehabt.

Wo zum Teufel hatte das Schwein noch alles rumgefingert?
Er nahm sich vor seine Maschine vor dem nächsten Flug selbst zu überprüfen, eine entsprechende Empfehlung hatte er schriftlich an den CAG weitergeleitet, jedoch ohne den Saboteur zu erwähnen.
Dann der Angriff auf Clifford... Was auch immer das zu bedeuten hatte, er würde sich Staffel Rot mal zur Brust nehmen müssen.
Aces Schuld war nicht erwiesen, es gab noch nicht mal stichhaltige Anzeichen dafür. Natürlich hatte der Junge ein Motiv aber er war keinesfalls der Typ für so eine Aktion. Justin kannte ihn dafür zu gut und auf seine Menschenkenntnis war im Allgemeinen Verlass. Er nahm sich vor mit ihm zu sprechen nachdem er Staffel Rot die Köpfe gewaschen hatte.
Er lehrte das Glas Scotch. Verdammt! Sein Vorrat neigte sich dem Ende. Normalerweise trank er wenig aber seit er wusste was die Troffen-Mission beinhalten würde war sein Alkohol-Konsum drastisch nach oben gestiegen.
Zeit sich das wieder abzugewöhnen.

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Ein Berg von Akten stapelte sich auf Lucas Schreibtisch.
Er ging Kali Mitaras Krankenbericht durch.
Mann hatte sie doch noch zum Doc geschleift, nachdem sie in der Kantine beinahe zusammengebrochen war. Schock. Der Arzt hatte sie erstmal da behalten. Damit fielen fünf Piloten aus.
Und die beiden, die seit knapp 45 Minuten vor seinem Schreibtisch in ,Habt Acht' Stellung standen, waren kurz davor nie wieder in einen Jäger zu steigen.
Vor zwei Tagen hatte es eine kleine Massenschlägerei gegeben, auch wenn keiner der Beteiligten sich daran zu erinnern schien.
Rusty hatte danach zum Schiffsarzt gemusst um sich zwei neue Schneidezähne verpassen zu lassen. Und Ace, der sah einfach nur noch Scheiße aus. Soweit Lucas wusste hatte er sich von Rowland, der kaum mehr als Lucas eine halbe Portion war, halb tot prügeln lassen.
Und jetzt standen die beiden Helden vor seinem Schreibtisch und schwiegen sich aus.
Ein kurzer Besuch bei Radio und Lucas war im Bilde gewesen, nicht, dass ihn das nun weiter brachte. Er legte die Akte beiseite und musterte seine Gäste. Beide machten einen geschafften Eindruck. Er konnte sehen, wie beide die Fußballen bewegten aber gleichzeitig sah er auch, dass beide DEN Berg geschafft hatten und er nichts aus ihnen herausbekommen würde.
"Okay Gentlemen, Sie werden also nichts sagen." Es war eine Feststellung und beide bestätigten sie durch das beibehalten des Kilometerblicks und des Schweigens.
"Sie haben sich beide als Schande für ihre Schwadron, das Geschwader und diesen Träger erwiesen." Wieder einmal lehnte er sich weit aus dem Fenster. "Wenn Sie wirklich glauben davon kommen zu können, sind Sie bei mir an der falschen Adresse.
Sie beide stehen bis auf weiteres unter Stubenarrest. Sie werden Ihre Kammern nur zum Fliegen und den Besprechungen verlassen.
Sie werden auch Ihre Mahlzeiten auf Ihren Stuben einnehmen. Einmal täglich dürfen Sie unter Aufsicht Ihre Stube verlassen um sich in der Sporthalle körperlich zu ertüchtigen."
Er pausierte kurz. Beiden Piloten sah man an, dass sie nicht mehr ganz so selbstbewusst schwiegen, doch würden sie immer noch nichts sagen.
"Des weiteren bilden Sie beide fürs erste ein Pilotenteam. Das Kommando wird sich von Flug zu Flug ändern. Den ersten Flug befehligt ....", Er zückte eine Münze und warf sie, "... Ace.
Und noch etwas meine Herren, Sie sind um Haaresbreite an einem Ehrengericht vorbeigegangen."
Jetzt wich der letzte Rest Farbe aus ihren Gesichtern. Ehrengerichte waren immer noch gefürchtet, auch wenn sie nicht mehr die alte Autorität ausstrahlten. Ein Ehrengericht hatte schon mehr als eine Karriere ruiniert. Vor 100 Jahren ging ihre Macht sogar so weit, dass aufgrund der - illegalen - Beschlüssen von Ehrengerichten Offiziere ihr Patent abgeben mussten.
"Sie beiden können wegtreten." Er ignorierte ihren zu 100 % korrekt ausgeführten Salut völlig.

*********************************************************************

Lucas trat vor das Geschwader.
Langsam verklang des Gemurmel im Briefingroom.
"Also Ladies und Gentleman, alles schön der Reihe nach: Entgegen der allgemeinen Gerüchteküche haben wir es hier mit einem Unfall zu tun. Cutter und sein Team sind noch auf der Suche nach der Ursache." Er sah in eine Legion von ungläubigen Augen. "Des weiteren werden alle Raketen durchgecheckt, damit Sie wieder beruhigt in Ihre Jäger steigen können."
Er blätterte seine Unterlagen durch: "Die Langstreckenpatrouille wird verdoppelt, nachdem, was Parker erleben durfte, wobei ich Lljai", er vermiede den zum Scheitern verurteilten Versuch ihren richtigen Namen auszusprechen, "noch einmal zu Ihrem Abschuss eines Dickschiffes gratulieren möchte." Zustimmendes Gemurmel erhob sich, und vereinzelt fingen Piloten an zu klatschen. Allerdings versuchten die Miragepiloten das mit scherzhaften Buuhhh-Rufen und Kommentaren herunterzuspielen.
Lucas unterdrückte mit einem Räuspern ein Lächeln, als er bemerkte, wie Lilja etwas peinlich berührt in ihrem Sessel herumrutschte und versuchte sich kleiner zu machen.
Er wartete bis die Gratulationen beendet waren und wurde dann ernst:
"Laut Tagesbefehl vom 24. März 2634 wird für die Operationsgruppe Redemption folgender Befehl erlassen: Zum Schutz vor einer biologisch-/chemischen Gefahr ist der Planet Troffen mittels Einsatz atomarer Waffen zu sterilisieren"
Eisige Stille legte sich über den Besprechungsraum. Mehr als einer der Piloten starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen und runtergeklappter Kinnlade an.
"Das heißt, es finden keine großartigen Flüge statt, nur die Verdoppelte Jump-Point-Patrouille und die bewaffnete Raumüberwachung. Das ist Ihr Job Ace, Rusty wird ihr Flügelmann sein." Lucas ließ die Piloten nicht zu Wort kommen. "Wegtreten."
Er achtete nicht auf die aufgebrachten Fragen, die ihm die Piloten nachriefen.

Zweieinhalb Stunden später, TRS Royal

Oak In diesen Minuten spielte sich auf allen Schiffen im Orbit von Troffen ähnliches ab, wie auf dem schweren Kreuzer Royal Oak.
Lieutenant Commander Herriet Morgan, die Feuerleitoffizierin zündete sich eine Zigarette an.
Die Zielkoordinaten für die Atomraketen hatte sie schon vor einer Stunde eingegeben.
In der CIC hätte man die Luft mit einem Messer schneiden können und auf den Frühstückstoast legen können.
Schließlich tippte Morgan auf ein Zahlendisplay ein und die Glasscheibe vor dem Schloss für den Raketenschlüssel, der für Raum-Boden-Angriffe benötigt wurde, fuhr auf.
Sie steckte ihren Raketenschlüssel in den Schlitz und drehte ihn mit einem Schmatzen um. Eine der beiden Lampen über dem Schlitz leuchtete grün auf.

Captain Michael Schneider stand neben der Ersatzfeuerleitkonsole auf der Brück. Eben läutete eines der beiden Lichter über dem Schlitz für den Raketenschlüssel grün auf.
Auch er gab jetzt den Code ein und die Glasscheibe gab den Schlitz auf der Brücke frei.
Schneider zögerte kurz, dann nahm er die Kette mit dem Raketenschlüssel ab und steckte ihn in den Schlitz. Mit einem lauten KLACK drehte er das Schloss, die zweite Lampe sprang grün leuchtend an.
"Dann wollen wir mal was Jerry." Sagte er zu seinem Ersten Offizier.
Die beiden Offiziere gingen zur Komkonsole und Schneider nahm das Mikrofon zur Hand: "1MC, hier spricht der Kommandant:", somit war er über alle Lautsprecher im Schiff zu hören, "An: Redemptionbegleitflottille, von: Operationskommando Redemption, Authentizitätscode: AAXPOLDEC. Hiermit werden Sie angewiesen ein Bodenbombardement mit schweren atomaren Waffen auf den Planeten XZ 774 auszuführen.
Begeben Sie sich auf die Ihnen im Anhang zugewiesen Abschusskoordinaten und warten Sie Feuerbefehl ab.
Navy-Direktive 22A wird aus Notstandsgründe für den oben genannten Planeten ausgesetzt. Gezeichnet, Operationskommando Redemption."
Dann reichte er das Mikrofon an seinen XO weiter.
"1MC, hier spricht der Erste Offizier: An: Redemptionbegleitflottille, von: Operationskommando Redemption, Authentizitätscode: AAXPOLDEC. Hiermit werden Sie angewiesen ein Bodenbombardement mit schweren atomaren Waffen auf den Planeten XZ 774 auszuführen. Begeben Sie sich auf die Ihnen im Anhang zugewiesen Abschusskoordinaten und warten Sie Feuerbefehl ab.
Navy-Direktive 22A wird aus Notstandsgründe für den oben genannten Planeten ausgesetzt. Gezeichnet, Operationskommando Redemption."
Gebannte Stille breitete sich auf dem Schiff aus, alle wussten, was als nächstes kommt, doch niemand hatte wirklich damit gerechnet, irgendwann einmal einen Planeten mit Atomwaffen zu verwüsten.
"CIC für Brücke, Feuerleitoffizier hier: Melde Feuerbereitschaft." Plärrte der Brückenlaustsprecher.
Schneider hob erneut das Mikrofon: "1MC, hier ist der Kommandant: Feuer!"
Nach Schneider war wieder der Erste Offizier an der Reihe: "1MC, XO hier: Feuer!"

In der CIC wurde der Feuerknopf gedrückt. Auf dem Kreuzer, wie auch den anderen Kriegsschiffen, die in diesem Moment das Feuer auf die grünliche Kugel über und unter ihnen das Feuer eröffneten, spürte man das Abfeuern der Raketen nicht, doch alle wussten, ETWAS hatte sich verändert. Innerhalb von Sekunden verwandelte sich der blühende, lebende und atmende Planet Troffen im atomaren Sturm der Terraner in eine unwirtliche Wüste.

****************************************************************

Misstrauen

Lieutenant Commander Parker hatte ihre Untergebenen zusammengerufen. Die elf Piloten saßen wie auf Kohlen – seit der Explosion auf dem Flugdeck waren nur wenige Stunden vergangen. Überall kursierten Gerüchte und Vermutungen. Anschlag, Unfall, Fahrlässigkeit – elf Leute hatten zwanzig verschiedene Meinungen.

Parker wusste das, und sie wusste auch, was eine solche Stimmung bewirken konnte. Soldaten waren abergläubisch und sie waren geschwätzig – vor allem aber waren sie nicht die perfekt funktionierenden Teile einer Maschine, als die man sie gerne gesehen hätte. Nach einem solchen Unfall – falls es ein Unfall war – würde sich jeder mit der Frage plagen, was sich ereignet hätte. Angst würde dabei sein, wenn sie in ihre Maschinen stiegen. Mit ziemlicher Sicherheit würde die Mehrheit die Sabotagethese bevorzugen. Erst recht bei so einem schweren Unfall. Die Geschichten über den geheimnisvollen Saboteur waren Allgemeingut und Lieblingsthema, gleich neben der Mär von dem geheimnisvollen Aß der Akarii. Und deshalb bot sich diese Erklärung an. Sie befriedigte auch viel mehr den Wunsch nach einem Schuldigen. Man wollte bei so einer Katastrophe instinktiv nicht an einen einfachen Fehler glauben. Es MUßTE Sabotage sein. Und dieser Verdacht würde das Bordklima in fataler Weise verändern. Langsam, aber unaufhaltsam. Die Männer und Frauen würden Ausschau halten nach dem Schuldigen, sie würden überall neue Sabotageakte vermuten. Sie würden mit Angst in ihre Maschinen steigen, sie würden sich nirgends sicher fühlen. Und sie würden anfangen, jeden anderen Menschen an Bord heimlich zu überwachen. Sich fragen: „Ist er...?“ Und das konnte tödlich enden. Ablenkung, mangelndes Vertrauen, Unsicherheit und Streit mit den eigenen Kameraden – vielleicht sogar eine Atmosphäre des Misstrauens und der Überwachung – würden die Zusammenarbeit vergiften, mit fatalen Folgen für die Effizienz der Truppe. Wie sollte man den Schutz des eigenen Rückens jemanden überlassen, der vielleicht der Saboteur war? Wie die Maschine jemanden anvertrauen, der sie möglicherweise in eine fliegende Bombe verwandelte?

Sie mustere ihre Untergebenen. Sie waren – fast alle – mehr oder weniger erfahrene Soldaten. Aber auf diese Situation waren sie kaum vorbereitet. Die Kommandeurin unterdrückte einen angewiderten Seufzer: „Also, ich will es kurz machen. Sie alle wissen, was auf dem Flugdeck passiert ist. Und es ist mir klar, dass die Gerüchteküche inzwischen brodelt wie ein Vulkan vor dem Ausbruch. Aber ich möchte betonen, dass es, soweit man das bisher beurteilen kann, KEINE Sabotage war. Es kann ein Werkfehler gewesen sein. Die Fabriken arbeiten gut, aber eine Rakete ist ein sehr empfindlicher Mechanismus. Der kleinste Fehler kann tödlich wirken. Und auch Fehler bei den Techniker sind nicht auszuschließen.“ Sie hob die Hände, wie um die Einwände ihrer Soldaten abzuwehren: „Ich WEIß, das wäre auch kein schöner Gedanke. Aber augenblicklich erscheint er mir plausibel. Und machen Sie sich eines klar – SELBST WENN es einen Saboteur gäbe, so wäre seine Macht gering. Er müsste ständig um sein Leben fürchten, er wäre allein. Und er würde gefunden werden. Es ist mir völlig klar, dass ich Sie nicht zwingen kann, völlig Ihre Ohren vor den Gerüchten zu verschließen – obwohl das gerechtfertigt wäre. Ich will nur eines – lassen Sie sich nicht verrückt machen. Schauen Sie sich die Leute an, die neben Ihnen sitzen. Das sind die Kameraden, denen Sie im Kampf Ihr Leben anvertraut haben. Glauben Sie wirklich, einer davon wäre ein Spion? Ich will nicht sagen, Sie sollten nicht wachsam sein, ob Sie nun an Spione oder an Fahrlässigkeit glauben – aber Sie sollten auch nicht überall Verräter wittern. Darunter würde nur leiden, was am wichtigsten für diesen Träger ist. Nämlich unser Vertrauen ineinander. ICH vertraue Ihnen. Vertrauen auch SIE sich selbst und Ihren Kameraden.“

Sie räusperte sich: „Also, an Ihren Gesichtern sehe ich, dass die ersten Gerüchte bereits die Runde gemacht haben. Offenbar haben Sie, meine Damen und Herren, zuviel freie Zeit. Auch was andere Dinge angeht – mir ist da in letzter Zeit ein bisschen zuviel Gerede über dieses Akarii-Ass zu Ohren gekommen. Nun, ich denke, wir werden aus der Not eine Tugend machen. Da Flüge bis zur Klärung der Lage gestoppt sind, will ich, dass sich alle Piloten in dreißig Minuten bei den Simulatoren einfinden. Wenn wir schon nicht fliegen können, können wir die Zeit auch anders nutzen. Wir WERDEN den Grund für den Zwischenfall finden – genauer gesagt, die Bordsicherheit wird dies tun, die brauchen keine Hobbydetektive. Und wir WERDEN anschließend den Akarii – ob Roter Baron oder nicht – den Arsch aufreißen. Und dafür werden wir trainieren.“ Sie lächelte dünn: „Ich gedenke meine Allgewalt als Kommandeurin mal wieder zu missbrauchen. Wer bis zur Klärung der Zwischenfalls mir durch seine blühende Phantasie auffällt, zahlt eine Kiste Bier für die Staffel. Wer zuviel über den Roten Baron redet, ebenso. Ein Ehrengericht der Staffel wird den Schuldigen bestimmen. GLEICHZEITIG“ sagte sie mit erhobener Stimme, um das ausbrechenden Protestgemurmel der Männer und Frauen zu unterbrechen: „werde ICH für jede Woche, in der Sie Ihre Zungen im Zaum halten können, ZWEI Kästen Bier spendieren. Ich setze das ‚Aß- und Spionedinner‘ für jeden Freitag ab heute fest. Wenn wir schon auf dieser Rostlaube festhängen, können wir uns bei der Gelegenheit gleich besser kennenlernen. Und noch etwas. Da Männer ja besondere Klatschmäuler sind, darf derjenige, der den Titel ‚der große Schweiger‘ verdient, mich zum ersten Tanz auffordern. Weggetreten!“ Während sie den Piloten nachblickte, musste Parker ein Schaudern unterdrücken. Sie wollte – sie musste – verhindern, dass die Männer und Frauen sich mit Verdächtigungen und Mutmaßungen selber schachmatt setzten. Wenn sie ihre Truppe dafür bis zur Besinnungslosigkeit schleifen musste, oder die Gefahren bei allem Ernst ein wenig ins Lächerliche zog, war es das wert. Immer noch besser, als wenn sich ihre Untergebenen gegenseitig verrückt machten. Die Kampfmoral war fast das wichtigste in einer Truppe, und sie wollte diese nicht verlieren. Sie schüttelte die unangenehmen Gedanken ab. Was ihr Versprechen anging – nun, sie wusste, dass sie gut aussah und VIELLEICHT würden die Piloten dann ein wenig vorsichtiger sein. Allerdings wirkte der höhere Rang auf Männer als durchschlagskräftiges Antiaphrodisiakum. Sie grinste vor sich hin. So wie es aussah, würde Ohka gewinnen – wenn jemand nicht klatschte, dann er. Und bei ihm konnte sie sich sicher sein, dass er ihren Rang nicht eine Sekunde vergaß. Das mochte lustig werden...

Etliche Stunden später

In der Gemeinschaftskabine von Lilja und Imp herrschte erschöpftes Schweigen. Parker hatte die Staffel nicht nur durch den Simulator, sondern anschließend auch durch die Sporthalle gehetzt – danach hatte man die Piloten auswringen können. Außer Ohka natürlich, der sich nicht allzu sehr belasten durfte und deshalb die 'Erlaubnis' hatte, Parker Schreibkram zu bewältigen. Eine Beschäftigungstherapie, die sicher stellte, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als wieder flugtauglich geschrieben zu werden, denn der wöchentliche Papierdurchsatz – wenn die Schreibarbeit noch über Papier gelaufen wäre – einer Staffelchefin betrug etwa einen Kubikmeter pro Maschine, wenn man der alten Faustregel glaubte. Und ein Pilot, so hatte Parker verkündet, der zwei Akariijäger abgeschossen hatte, der war sicher auch in der Lage, das Doppelte des Pensums einer normalen Bürokraft zu bewältigen. Wenn Kano glaubte, sich schuldig gemacht zu haben – die Sühne war von auserlesener Scheußlichkeit.
Die beiden jungen Pilotinnen jedenfalls waren reichlich ausgepumpt. Sicher waren sie sportlich – anders kam man nicht hierher. Aber Parker meinte, die momentane Lage rechtfertigte es, bis zum Äußersten zu gehen. Sowohl dem eigenen als auch dem ihrer Untergebenen. Also waren die Piloten ‚auf dem Zahnfleisch‘ in ihre Kabinen gekrochen. Augenblicklich „entspannten“ sie sich. Ina hatte ihre Nase in ein Buch gesteckt, ein Glas in Reichweite, natürlich etwas Nichtalkoholisches, aber besser als gar nichts. Und Lilja lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen und Kopfhörer aufgesetzt, aus denen Lieder in Russisch geschmettert wurden – die Inhalte hätten wohl nur wenigen etwas gesagt. Naturgemäß ruhte die zwischenmenschliche Kommunikation, außerdem waren beide vermutlich zu faul, oder besser zu müde, ein Gespräch anzufangen – jedenfalls im Augenblick. Schließlich seufzte Ina leise, und blickte auf ihre Armbanduhr. Sofort verdüsterte sich ihre Miene. Sie knurrte irgend etwas in Richtung ihrer Kameradin – was diese natürlich ignorierte. Sie versuchte es noch mal, dann zuckte sie mit den Schultern, steckte zwei Finger in den Mund und pfiff durchdringend – hätte die Kabine ein Glasfenster gehabt, wäre das vermutlich im Eimer gewesen. Jeder normale Mensch hätte, ob Kopfhörer oder nicht, darauf reagieren müssen. Vermutlich, indem er an die Decke sprang. Lilja aber schien überhaupt nichts zu bemerken. Ihre Kameradin wollte zu einem zweiten Versuch ansetzen, da öffnete die Russin langsam die Augen, schaltete mit einer lässigen Geste das Tonwiedergabegerät aus und setzte die Hörer ab. Dann gähnte sie herzhaft und nahm Ina ins Visier: „Mir war doch so, als hätte hier was gepiepst...“ meinte sie. Ina grinste nur: „Angst vor Mäusen?“ Lilja lachte leise, dann wurde sie ernst: „Also?“
„Nun, ich wollte Ihre Hoheit daran erinnern, dass wir noch einen Techcheck bei unseren Maschinen vor uns haben. Halbe Stunde, glaube ich.“ Da der Zwischenfall offiziell als Unfall galt, war eine gründliche Überprüfung angeordnet worden. Nicht, dass diese Stellungnahme geglaubt wurde. Die Russin knurrte einen Fluch – in der Beziehung verfügte sie über eine beachtliche Bandbreite an Alternativmöglichkeiten – und rollte sich herum: „Wenn Lightning so weiter macht, braucht es weder Barone noch Saboteure.“ Ina lächelte süß:„WILLST du unbedingt die erste Runde zahlen.“ Lilja grinste böse und fixierte Ina: „He, wir schlafen in EINER Kabine. Du willst dich doch nicht zu meiner Feindin machen?“ Ihre Kameradin kicherte: „Meine Güte, bestimmt nicht! Die Feindschaft der Eislilie würde ich nie überleben!“ „Eben.“ Knurrte die Russin.

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„Aber da wir schon dabei sind, würde ich sagen, wir können gleich dabei bleiben. Was meinst du zu der Sache?“ Lilja lächelte: „Nur, wenn DU mir sagst, was du in Sachen Roter Baron denkst. Wenn wir beide schuldig sind, können wir beide nicht denunzieren, so lange Lightning nicht die Kronzeugenregel einführt.“ Ina lachte: „Gemacht! Und ich fange sogar an. Also, ich denke, die Frischlinge – und teilweise auch die alten Knacker, also die Leute in deinem Jahrgang – machen fast ein bisschen viel Wind um die eine Echse. Ich habe mir die Aufzeichnungen angeschaut. Er ist gut, ich meine GUT – aber er ist nicht unbesiegbar. Gerade seine Vorliebe für das Von-Bein kann tödlich werden. Klar hat er damit einen Vorteil gegen seine Gegner, denn seine Maschine ist unseren immer in mindestens zwei Parametern überlegen. Aber wenn sein Verfolger in dem Augenblick ein, zwei Amrams parat hat, bleibt von der Echse nicht genug, um eine Handtasche daraus zu machen! Denn in der Sekunde ist er selber ziemlich bewegungslos. Und die Amram erfassen ihr Ziel sofort, und bei der Beschleunigung und Geschwindigkeit hat er nicht genug Zeit, was zu unternehmen. Allerdings bleibt die Frage, ob man sich selber noch über den Abschuss freuen kann, denn er wird selber schießen – und das kann er offenbar. Aber er wäre auch hin.“ Lilja nickte: „Gute Diagnose. Und was empfehlen Frau Doktor als Medizin?“ „Na ja, bei einem Zusammenstoß zwei RICHTIGE Jäger – also zwei von unserer Truppe, nicht ein paar lahme Ganter und Enten – an seine Sechs zu hängen. Und ihn dann abzuknallen.“ Die Russin lachte: „Ich werde die Empfehlung und deine Meldung als Freiwillige weitermelden.“ Ina tat so, als wäre ihr das Herz stehengeblieben: „Tu mir das nicht an! Erbarmen! Du weißt doch, ich komme so schon nicht hin mit dem Sold, wie soll ich dann meinen Verstoß gegen das Redeverbot sühnen? Das DAFST du nicht!“ Ihre Kameradin seufzte gönnerhaft: „Na, dann wollen wir mal nicht so sein, und es für uns behalten. Ich mag es, wenn du so bettelst, das erinnert mich daran, dass ich ja eigentlich die Dienstälteste bin. Da kann ich es vergessen, dass du mich im Ring regelmäßig schlägst. Andererseits solltest du mich vielleicht mal gewinnen lassen, damit mein Gedächtnis nicht plötzlich Überstunden macht und ich dich doch noch melde!“ Beide lachten: „Also gut. Sollen die Schlaumeier doch sehen, wie sie klarkommen! Die Herren Offiziere können für ihren doppelten Sold auch mal was tun.“

Ina begann, die Stiefel anzuziehen – mit grimmigen Gesicht, denn ihre Füße waren geschwollen. Sie blickte immer wieder kurz auf: „Nun bist du aber dran. Also, euch Russen liegt doch die Spionejagd angeblich im Blute. Was sagt dir dein KGB-Gen, wer ist es?“ Lilja verzog das Gesicht: „Hahaha, SEHR witzig, die Dame. Aber gut. Gehen wir es mal durch. Der Saboteur muss zur Stammbesatzung gehören. Die ersten Sabotageakte traten schon auf der ersten Mission auf, also wird es keiner vom neuen Personal sein. Was gut ist, denn so bin ich aus dem Schneider – sonst könnten unsere ‚genialen‘ Schlapphüte auf die Idee kommen, meine“ sie grinste hässlich:“ 'Abneigung' gegen Akarii wäre nur Tarnung und Theater, und in Wahrheit würde ich Rache an der Navy nehmen, die mich erst aufs Abstellgleis schob, meine Wunden nicht therapierte und mich dann auf diese fliegende Müllhalde versetzte. Er muss technisch begabt sein, und Zugangsberechtigung zu vielen Bereichen haben. Nicht unbedingt das RECHT, aber er muss sich frei bewegen können, ohne dass es beanstandet wird. Ein Marine, der sich mehrmals auf dem Flugdeck oder in der Waffenkammer rumtreibt, fällt auf. Ich denke, er darf deshalb auch nicht zu weit unten angesiedelt sein, obwohl das nur eine Vermutung ist. Die niederen Dienstgrade hocken noch mehr aufeinander als wir, da gibt es wenig Freiraum. Und es wäre wahrscheinlich, dass er aus einer Randzone kommt. Ich glaube nicht, dass die Abwehr der Echsen auf der Erde rekrutiert. Die Chancen sind an der Peripherie viel größer, dort ist die Überwachung nicht so stark, die Loyalität der Leute nicht die Beste.“ „Wieso redest du eigentlich immer von ‚ihm‘? Es kann doch auch eine Frau sein.“ Meinte Ina. Ihre Kameradin grinste spöttisch: „Das Wort ‚Verrat‘ ist Maskulin, ebenso ‚Spion‘ und ‚Saboteur‘. Das wird schon einen Grund haben.“

Ina kicherte angesichts dieser im Brustton der Überzeugung ausgesprochenen „Gewissheit“: „Der Punkt geht an dich. Und – hast du schon einen Kandidaten?“ Die Stimme der Russin wurde unverhofft ernst: „Allerdings, den habe ich. Gerade wegen dem letzten Unfall. Es war Kalis Maschine.“ Eine leichte Antipathie schwang in der Stimme mit, aber nicht viel. Sie verübelte es der Inderin immer noch, dass diese einen wunden Punkt bei Lilja getroffen hatte, aber andererseits war sie nicht SO nachtragend. Nicht angesichts der augenblicklichen Lage. Obwohl sie eine SEHR genaue Vermutung hatte, wer ihren neuen Spitznamen "Oma" in die Welt gesetzt hatte. Ihr Gegenschlag lief schon, und bei allem Mitgefühl würde sie den jetzt nicht stoppen:„Ich weiß nicht, ob du das mitbekommen hast, aber Kano hat oft mit an ihrer Maschine gewerkelt – wie die beiden ja in den letzten Wochen mehr als einmal ihre Freizeit miteinander verbracht haben.“ Ina starrte die Russin an: „Du meinst – ER? Aber du sagtest doch, es müsste einer von der ersten Feindfahrt sein!“ Lilja winkte ungeduldig ab: „Ich meine doch nicht den Jungen! Nein, der ist so ehrversessen, das kann nicht gespielt sein! Und außerdem zu neu. Überlege doch mal: Er bastelt mit an Kalis Maschine. Sie fliegt in die Luft – beziehungsweise ihre Maschine geht hoch, und sie beinahe. Wen wird man verdächtigen? Ihn, denke ich! Und dann denk mal nach, wer daran ein Interesse haben könnte...“ Die Augen der jüngeren Frau weiteten sich: „ACE?“

Lilja nickte knapp: „Warte erst mal ab, ehe du Einspruch erhebst. Es passt alles zusammen. Er kommt aus einer Freihändlerfamilie. Die handeln mit JEDEM, es hat es oft genug gegeben, dass solche auch mit Piraten Geschäfte gemacht haben. Sie beten das Geld an, und dort wo die sich rumtreiben - bis hin zur Conföderation habe ich gehört - da können, denke ich mir, die Akarii viel besser agieren. Dort können sie Leute anheuern, die wenig Loyalität und tiefe Taschen haben. Dann nimm seine ‚Sympathie‘ für die Fritzen dazu. Der fängt schon fast an zu heulen, wenn es darum geht, ein paar Akarii kaltzumachen. Er hat mir selber gesagt, dass die auch nur ihre Pflicht tun. Macht das ein normaler Mensch? Ich meine, die Schweine haben auf Manticor über 100.000 unserer Leute ausgelöscht, und der redet solche Schwachsinn! Das kann doch nur heißen, dass er darin nicht so viel Schlimmes sieht, weil die Republik für ihn auch nicht die richtige Heimat ist. Verdammt, er hat sich mit einem Scheiß-Fritzen beinahe ANGEFREUNDET! Zwei Leute aus seiner Staffel wurden abgeschlachtet, und er gibt einem Fritzen Zigaretten und Schokolade! Er hat technische Ausbildung – als Pilot – und die Sabotage betraf bisher die Jäger und ihren Zubehör, soweit ich weiß. Wenn die Zwischenfälle Sabotage waren. Er kann sich an sensiblen Punkten herumtreiben, weil er dahin gehört. Und er hatte den besten aller Gründe, Kalis Jäger zu sabotieren – Eifersucht, verschmähte Liebe, Neid. Du hast mir selber erzählt, dass schon gewettet wurde, ob und wann die beiden sich an die Unterwäsche gehen. Und jetzt freundet sie sich mit Kano an - du kannst mir nicht erzählen, dass sich da nicht mehr als eine Kameradschaft anbahnt, sieht jedenfalls nicht so aus." Für einen Augenblick grinste sie wissend - schließlich war sie da gewesen, als der Japaner erwacht war: "Kali wäre draufgegangen – sie hat ihm den Laufpass gegeben. Und seinen Rivalen ‚bestraft‘ er, indem er ihn als Saboteur ‚brandmarkt‘."
Ina wollte protestieren, doch dann überlegte sie es sich anders. Es schien plausibel, zum Gutteil. Aber sie konnte es einfach nicht glauben: „Aber mit seinen blauen Haaren fällt er überall auf! Und außerdem, du hast doch selbst gesagt, ein Saboteur würde eher seine Loyalität betonen, als die Akarii in Schutz nehmen. Und er hat immerhin sieben Akarii abgeschossen.“ Die Russin nickte gleichmütig: „Weiß ich. Aber dennoch. Kannst du mir einen besseren Kandidaten nennen? Ohne mal gleich einen auf ‚Manchurian man‘ zu machen, denn daran glaube ich nicht. Manchmal ist die offensichtlichste Vorgehensweise die beste. Und wer sagt, dass er ein Profi ist.“ Liljas Kameradin fühlte sich unbehaglich. Das Gespräch nahm eine unerfreulich ernste Richtung. Und sie wollte nicht zugeben, dass einiges verdammt glaubhaft anhörte: „Hast du – Meldung gemacht?“ Lilja lachte trocken: „Worüber? Wenn der Sicherheitsdienst nicht völlig bescheuert ist, wissen sie das selber. Und allein auf Schatten und Vermutungen hin bringt eine Meldung nichts. Nein, aber ich werde Blauhaar im Auge behalten, soweit das möglich ist.“

Ina musterte ihre Kameradin besorgt: „Pass bloß auf. Wenn er es wirklich ist... Und wenn nicht, dann denkt er vielleicht Gott-weiß-was, wenn du ihm nachschleichst.“ Die Russin seufzte: „Wer spricht von schleichen? Ich halte einfach die Augen offen. Und wenn er – aus welchem Grund auch immer – mir zu nahe kommen sollte...“ sie grinste sardonisch. Dann rollte sie sich blitzartig vom Bett ab und kam auf dem Boden zu knien. In ihrer Hand glänzte das beidseitig geschliffene Stiefelmesser. Sie hatte es in einer Bewegung gezogen, die schneller war, als das Auge sie wahrnehmen konnte: „Smertch Spionam – Tod den Spionen.“ Dann ließ sie die Waffe verschwinden und zwinkerte ihrer Freundin – der Ausdruck war inzwischen gerechtfertigt – zu. Sie machte sich daran sich anzuziehen. Ina schüttelte den Kopf. Bei Liljas notorischer Verbissenheit war es sehr schwer zu erkennen, wann sie etwas ernst meinte – wie meistens – und wann sie, was allerdings selten geschah, einen Witz machte. Oder besser, etwas, was ihrer Meinung nach lustig war, denn die Russin hatte einen Sinn für Humor, der stachliger war als ein Seeigel. Seufzend schloss sie sich Lilja an, als diese die Kabine verließ. Die Pflicht rief.

Sie konnten es zwar nicht wissen, aber ganz ähnliche Gespräche wurden überall an Bord geführt. Sämtliche Bemühungen die Gerüchte zu dämpfen und das ganze als Unfall zu erklären waren in der Atmosphäre des Trägers zum Scheitern verurteilt, die wie ein Treibhaus wirkte. Ein Treibhaus für Verleumdungen und Verdächtigungen.

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Lieutenant Commander Ling war echauffiert. Jetzt setzten ihn nicht nur Auson, sondern auch die beiden Kollegen unter Druck. Dazu waren sie mal wieder in sein Büro gekommen. Bayonne saß wie immer in seinem Stuhl, während Rowland an der Wand rechts neben ihm lehnte; Ling stand derweil vor seinem eigenen Schreibtisch in Habacht. Nicht dass er es tun müßte, aber die Formalität war ein gewisser Schutzschild gegen diese beiden Eindringlinge in seine Kompetenz.
„Also, Ling, Ihre Ermittlungen verlaufen absolut unbefriedigend. Sie lassen diesen Saboteur diese vitale Mission gefährden. Sie überwachen das halbe Schiff, aber ohne Ergebnis. Sie befragen dutzende von Leuten, ohne Ergebnis....wie lange sollen wir diesen Zustand noch hinnehmen? Denn Sie wissen doch, relevant sind allein die Ergebnisse.“
„Sir, mit allem nötigen Respekt, aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass Gegenspionage ein Geschäft ist, dass sich durch erheblichen Aufwand und lange Aktionsdauer auszeichnet. Unsere Ermittlungen haben dazu geführt, dass wir den Täterkreis massiv eingeengt haben. Der oder die Täter haben mit dem letzten Anschlag einen Fehler begangen. Während wir zunächst im Bereich der Mannschaften der Jaguars den Täter vermuteten, weil alle Manipulationen an den Griphen stattfanden, sind wir nun schlauer. Gleichzeitig haben wir aufgrund der Überwachungsmaßnahmen genau feststellen können, wer zur Tatzeit überhaupt in der Lage war, die Tat auszuführen. Ich kann, sofern nicht unvorhergesehenes passiert, einen Ermittlungserfolg binnen einer Woche garantieren.“
„Garantieren? Ling, Sie sollten die Sicherheit dieser Flotte garantieren....und was passiert? Drei Anschläge..“ höhnte Rowland.
„Wenn der Lieutenant mir unbedingt helfen will, kann er ja diese Pilotin, Lieutenant Mitra, verhören. Ansonsten ist dazu nur zu sagen, dass die Operation, die von Ihnen durchgeführt wurde, ja wohl auch kein voller Erfolg war....“
„Touche, Ling“, gestand Bayonne zu. „Was haben Sie denn mit den Tätern vor?"
„Wir werden einen weiteren Unfall arrangieren, um das Verschwinden der Personen zu verdecken und keine Hinweis auf Sabotage zu liefern. Danach werden Lieutenant Gandhi und ich sie solange verhören, bis wir alles wissen....Danach werden wir mit ihm verfahren, wie es sich gehört.“
Alle Anwesenden verstanden, was gemeint war. Ling und Gandhi waren bekannt als Experten in der Anwendung von Verhörtechniken, von denen keiner wirklich wissen wollte, was passierte. Bayonne stand auf.
„OK, ich gebe Ihnen fünf Tage. Wenn Sie bis dahin Erfolg vorweisen, werde ich mit Auson sprechen, damit Sie das Verhör wie gewünscht führen können.“
Ling nickte und maskierte seinen Verdruss über die kurze Frist. Er salutierte und wartete, bis die beiden „Kollegen“ den Raum verlassen hatte. Dann rief er Gandhi, Ross und Hynes herein.
„OK, Leute, wir haben genau 5 Tage. Bis dahin will ich die Verdächtigen hier sitzen haben. Hynes, Sie treffen die Vorbereitung für den „Unfall“, Gandhi, Sie setzen die Befragungen durch und Sie, Ross, überprüfen die Überwachungsmaßnahmen.“
Die drei nickten.
Drei Stunden später lag die Genehmigung des Captains vor, den Plan wie gewünscht durchzuziehen. Gleichzeitig zog sich die Schlinge immer enger um die Verdächtigen. Jedes Detail, das ausgegraben wurde, half, einen Kandidaten auszusortieren oder weiter in der engeren Auswahl zu halten. Am Ende des Tages hatte Ling den Verdächtigenkreis auf fünf Personen reduziert. Aber er wusste, dass dies nicht ausreichte. Zwar rechnete er durchaus mit mehreren Tätern, aber nicht mit mehr als 2 oder 3 Verschwörern. Ansonsten wären die Sabotageakte in höherer Frequenz und in einem größeren Umfang vor sich gegangen. Am liebsten hätte Ling alle befragt, aber das wäre zu auffällig gewesen. Außerdem würde der Captain etwas dagegen haben.
19.11.2015 10:42 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Unruhig marschierte ich in der Stube auf und ab.
Arrest. Auf unbestimmte Zeit.
Hätte ich diesen Idioten verpfiffen, wäre er mit einem Monat Bau noch gut dran gewesen. Vom Eintrag in seine Dienstakte einmal abgesehen.
Ich hatte es nicht getan. Nicht weil ich Rusty besonders mochte. Er war ein Dummkopf.
Nicht weil er Kalis Flügelmann war.
Nein, seine verdammten Vorwürfe waren es. Ich sollte... Ich konnte...
Mir schnürte sich die Kehle zu, als ich daran dachte.
Aus Eifersucht sollte ich die Rakete manipuliert haben, die Kali fast getötet hätte.
ICH!
Fünf Schritte vor, fünf Schritte zurück.
Was dachte dieser elende Bastard eigentlich? Was fiel ihm ein?
Es klang plausibel, und das war der einzige Grund, warum ich ihm für die eigene Dummheit nicht das Genick gebrochen hatte.
Was dachte Kali wohl darüber? Dachte sie überhaupt noch an mich? Was, wenn sie nun mit Ohka in ihrer Kabine war und...
Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten.
Nur zum fliegen durfte ich hier raus. Kontakte zu anderen waren mir verboten. Dazu eine Stunde Training. Eine lächerliche Stunde Training.
Vom Newsnet war ich auch abgeschnitten worden. Ich konnte nicht mal rübergehen und NACHSEHEN.
"Gib's zu, Ace, du bist am Ende. Du bist durch mit den Nerven. Es ist alles viel zu viel. Kali, das Gas, Bayonne und Rowland, Lone Wolf, Auson, Ohka und Lilja.
Du packst es nicht.
Und du kannst nix davon loswerden. Das eine willst du nicht erzählen, das andere DARFST du nicht. Scheiß NIC! Scheiß Navy!"
Kurz bevor ich nach den ersten Sachen griff, um sie an die nächste Wand zu werfen, klopfte es an der Tür. Ablenkung. Gott sei Dank. Vorsichtig stellte ich das Foto von Pinpoints Abschlussklasse wieder hin. Sorry, Freund.
Kurz schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass es Kali sein könnte. Ich wäre ja schon zufrieden gewesen, wenn sie mir wieder eine gescheuert hätte. Das hätte mir gezeigt, daß ich ihr nicht vollends egal war.
Oder Ohka, der mich fairerweise auf dem Laufenden hielt.
Wieder klopfte es.
"Herein", sagte ich endlich.
Die Tür ging auf, ein MP trat ein. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt. "Sir, es ist Zeit für Ihr Training."
Ich nickte. "Ja. Ich hole meine Tasche, Corporal."

Der Junge mit dem kantigen Gesicht blieb immer zwei Schritte hinter mir. Den vierten, fünften Tag in Folge. Sprach nicht mehr mit mir als nötig, gab nicht mehr als ein, zwei Anweisungen. ging mir aber auch nicht auf die Nerven oder warf mir vor, ein Attentäter zu sein. Meine Versuche, mit ihm ein Gespräch anzufangen, waren unfruchtbar verlaufen.
Aber wer wusste schon, wozu es gut war?
Wenigstens begleitete er mich nicht bis unter die Dusche.
Aber als ich meine Trainingsklamotten anzog, war er dabei. Arsch. Kein Vertrauen zu einem Offizier.

Als ich die Trainingshalle betrat, verstummten die Gespräche. Neugierige Blicke streiften mich. Andere sahen mich unverhohlen neugierig an. In manchem Blick war Hass.
Ich ignorierte die ganze Bande.
Nach kurzem Aufwärmen ging ich an die Bank und drückte hundertsechzig Pfund. Bei vierzehn gab ich auf.
Was, wenn ich jetzt einfach losließ? Die Stange würde mir den Schädel spalten. Ich wäre binnen weniger Augenblicke tot. Ein faszinierender Gedanke.
Bis zwei behandschuhte Hände zugriffen und mir halfen, die Stange in die Halterung zu hieven. Erstaunt sah ich den Corporal an. Der räusperte sich kurz, verschränkte die Arme wieder hinter dem Rücken und sah stur gerade aus.
Kurz huschte ein Lächeln über mein Gesicht.
Die nächste Station war der Sandsack.
Meine Verletzungen waren zwar mittlerweile behandelt und zum Großteil verheilt, aber manche Stellen schmerzten noch immer wie frisch geschlagen.
Es machte mich wütend. Die Wut nutzte ich, um den Sandsack zu malträtieren.

Endlich drehte ich mich um, sah einmal durch den ganzen Raum. "WAS?" rief ich hinein. "WAS IST LOS?"
Stille. Meinem direkten Blick wichen sie aus.
Kurz entschlossen sprang ich in den Ring.
"Okay, Herrschaften, von mir aus. Glotzen könnt Ihr ja schön. Aber kann auch einer von euch einstecken?"
"Besser nicht", witzelte jemand. "Er hätte beinahe Rowland geschlagen."
Leises Gelächter erklang. Die hatten doch keine Ahnung. Rowland war ein Arschloch und zwanzig Pfund leichter als ich, aber er hatte leider Gottes eine exzellente Technik drauf. Das hatte ich schmerzhaft zu spüren bekommen.
"Ich mach's", sagte ein Mann, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Wir waren in etwa gleich groß, aber er wog sicher zehn, elf Pfund mehr als ich. Er grinste mich an. "Wenn ich mit dir fertig bin, trinkst du aus der Schnabeltasse. Ace!" Das letzte Wort spie er aus wie einen schlechten Geschmack.
Ich zog Handschuhe an. Die Eierschale musste ich mir selbst besorgen. In der Mitte des Rings trafen wir uns...

Zwanzig Minuten später war ich auf dem Weg zum Lazarett. Nun hatte es auch noch das rechte Auge erwischt. Die Rippen taten mir weh, ein oder zwei waren zumindest geprellt, wenn nicht angebrochen. Und ich war mir sicher, wäre der Schlag in meine Nieren nur etwas härter gewesen, der Doc hätte mich gleich stationär aufnehmen müssen.
Ich grinste. Aber wenigstens war ich nicht K.O zu Boden gegangen. Diesmal nicht. Ich hatte mir ein klein wenig von meinem Stolz zurückgeholt. Von meinem Selbstvertrauen. Von mir. Ace.

Die Behandlung dauerte nicht lange. Der Arzt hatte es sehr eilig, mich wieder loszuwerden. Die Rippen waren zum Glück nur geprellt. Ich konnte weiterhin fliegen. Das war wichtig. Fliegen war das einzige, was mich noch am Leben hielt.
Der MP hielt mir die Tür auf. "Sir."
Ich nickte und trat ein. Wie erwartet war Pinpoint noch nicht da. Na, ich konnte mir auch was angenehmeres vorstellen, als mit einem unruhigen Tiger wie mir hier eingesperrt zu sein.
"Sir?" hielt mich der Corporal noch einmal zurück.
"Ja?"
"Sir, ich habe auf Sie gewettet." Ein kurzes Lächeln huschte über seine kantigen Züge.
Ich lächelte zurück. "Wir sehen uns Morgen, Corporal."
"Clark, Sir. Corporal Clark."
Er schloss die Tür hinter sich. Für einen Moment fühlte ich etwas, was ich seit Tagen vermisst hatte.
Zufriedenheit. Endlich.

****************************************************

Radio marschierte Dixiland pfeifend in die Messe ein.
Schon seit einiger Zeit seinen Bauchumfang klein haltend begnügte er sich mit einem Chickensandwich.
Schnell machte er den Tisch aus, den er heute mit seiner Anwesenheit beehren wollte. Beisammen saßen Imp, Okha, Pinpoint - der schon wieder schaufelte, als gäbe es kein Morgen - und Lilja.
Er pflanzte sich neben letztere, Okha gegenüber, der zwischen Imp und Pinpoint saß.
Imp verzog schmerzhaft das Gesicht, kramte jedoch sogleich zwei Zehner aus der Geldbörse und reichte die Real an Radio.
"Die Firma dankt." Er ließ die Scheine in seine rechte Brusttasche verschwinden.
Auf Liljas fragenden Blick antwortete Imp: "Ich hatte auf Ace gewettet, wer hätte schon ahnen können, dass er sich von so einem halben Hemd verdreschen lässt."
"Von welchem halben Hemd redest Du?" Wollte die Russin wissen.
"Ace ist mir Rowland in den Boxring gestiegen", antwortete Pinpoint, der Gabel und Messer beiseite gelegt hatte und an Radio gewand: "Was hat Dich eigentlich dazu gebracht, gegen Ace zu wetten, bestimmt nich Rowlands imposante Erscheinung."
Radio lächelte geheimnisvoll.
"Du weißt doch etwas über diesen Rowland", hakte Imp nach.
"Nein." Selten antwortete der selbsternannte Nachrichtensender der Redemption einsilbig.
"Ich rieche Angst." Meinte auf einmal Lilja, die selbst so etwas wie Neugier verspürte.
"Hör mal ... Oma ... ", Radio legte seinen linken Arm um ihre Schultern, woraufhin sich die Pilotin versteifte, " ... wenn der CAG und unser Zuchtmeister", er verwendete nur einen von vielen Spitznamen, die die Piloten Darkness gegeben hatten, "einander poppen würden, würde ich das durchs ganze Schiff krähen, ... ich habe keine Angst vor Rowland, weil ich keine Angst vor ihm haben muss, doch wenn ich vor ihm Angst haben müsste, würdest Du nicht nur Angst riechen, sondern auch die Scheiße, die meinem Herz in der Hose Gesellschaft leisten würde. Daher halte ich die Klappe."
Er schien einen anderen Bekannten erspäht zu haben und erhob sich: "Ach, falls es Euch interessiert, Otis, der zweite Signaloffizier, verscheuert Videos vom Bombardement."
Er strebte dem Ausgang entgegen: "Larkin Du Zecke, wo bleibt mein Geld ..."

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Dr. Hamlin war hundemüde. Erst die Verwundeten der Schlacht, dann die Opfer dieses 'Unfalls' und irgendwelche testoerongesteuerten Schwachköpfe, die keinen besseren Zeitpunkt finden konnten, sich die kümmerlichen Reste ihres Verstandes herauszudreschen. Und das war noch nicht alles.
Er HASSTE es, wenn in seine Arbeit hineinregiert wurde. Aber Befehl war Befehl - und jetzt lautete der Befehl, die Krankenlisten "auszukämmen".
"Also Lieutenant Nakakura, ich habe Ihre kv, Ihre Kriegsverwendbarkeit, zu prüfen. Haben Sie noch irgendwelche Beschwerden? Kopfschmerzen, Übelkeit, Ohrensausen?"
"Nein, Doktor."
"Ihr Bein ist in Ordnung? Schmerzen oder andere Komplikationen?"
"Nein, Doktor"
'Bisschen eintönig heute. Das könnte er auch aufgenommen haben.' Hamlin musterte den Piloten kritisch. Auch wenn der sich wieder hinter dieser störrisch-stoischen Miene verschanzte, der Doktor glaubte klar erkennen zu können, dass der junge Flieger mit seinen Gedanken nicht im Untersuchungsraum war - oder bei Dr. Hamlin. 'Das sollte ich allerdings gewohnt sein. Die sind doch alle gleich.' "Na schön, Lieutenant Nakakura. Hiermit sind Sie wieder im vollen Dienst. Herzlichen Glückwunsch. Hoffentlich freut Sie das."
"Ich danke Ihnen, Droktor" Das kam wieder emotionslos. Hamlin runzelte die Stirn: eigentlich hatte er Freude erwartet - ach zum Teufel, er war kein Seelenklempner
"Dann auf Wiedersehen Lieutenant Nakakura - bei näherer Betrachtung, verschwinden Sie und lassen Sie sich hier nicht noch einmal sehen!"
Aber auch dies führte nur zu einem abwesenden: "Danke Doktor und auf Wiedersehen." Kaum war der Pilot aus der Tür, erhielt der Doktor die Nachricht, die Pilotin der bei dem 'Unfall' beschädigten Maschine sei in der Kantine zusammengebrochen. Natürlich hatte sie es vorher nicht für nötig gehalten - etwa nach dem Unfall - die Krankenstation aufzusuchen. JEDESMAL DAS SELBE... .

Dass Kanos Gedanken kaum auf die Untersuchung gerichtet gewesen waren, dass seine wieder amtliche "Tauglichkeit" ihn kaum bewegte, hatte mehrere Gründe. Zum einen war da der Saboteur, 'Unfall' hin oder her. Tief in seinem Herzen fühlte Kano durchaus Unruhe bei dem Gedanken, möglicherweise mit einer Bombe im Jäger zu fliegen.

Vor allem machte er sich Sorgen um Kali. Sie war stur entschlossen, ihren Dienst wie immer zu erfüllen. Zumindestens Kano war sich allerdings gar nicht sicher, ob sie schon über den Berg war und sich nicht zuviel zumutete.
Und da waren die Erinnerungen an das Verhör - keine angenehmen Erinnerungen:
Ja, er sei mit Kali befreundet.
Nein, 'befreundet' bedeutete BEFREUNDET.
Nein, er wüsste nichts von irgendwelchen besonderen Vorkommnissen, von Problemen an ihrem Jäger. Immerhin kümmerten sich nicht nur Techniker, sondern auch Kali selber um die Maschine. Das täte er, Kano auch.
Nein, damit meine er sowohl seinen, als auch Kalis Jäger.
Nein, dabei sei ihm nichts aufgefallen.
NEIN, er habe NICHT das Gefühl, dabei irgendwelche Fehler begangen zu haben.
Und so weiter... .
Da Lt. Ross nicht genau äußerte, was er genau für eine Spur verfolgte, wusste Kano auch nicht, ob er ihm geholfen hatte. Wahrscheinlich nicht. Zum Schluss war Kano etwas unhöflich geworden - Ross hatte ihn aber einfach eiskalt abgefertigt. Kano hatte die Sache mit dem Trackball verschwiegen, genauer es nicht näher erläutert - und das nagte an ihm... .

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Der Verdacht

Lilja warf dem enteilenden Piloten einen angewiderten Blick hinterher. Radio gehörte nicht zu ihrem eher kleinen Freundeskreis – der aus einer Person bestand – und auch nicht zu den Leuten, die sie zumindest als gute Kameraden betrachtete. Das mochte daran liegen, dass sie von ihm als erstes die Gerüchte über die „wahre“ Abstammung von Ace zu hören bekommen hatte, oder, daß er einer der führenden Gerüchteköche in Bezug auf ihren Flightleader und dessen persönliche Aktivitäten war. Zumindest gegenüber Ohka empfand sie – auch aus schlechtem Gewissen – eine gewisse Loyalität. Die allerdings bei seiner „Freundin“ endete. Und Radios Verhalten und Wortwahl waren auch nicht geneigt, sie gnädig zu stimmen, denn ihr neuer Spitzname erinnerte sie wieder an Kali. Sie wandte ihren Blick wieder auf die anderen Piloten bei Tisch. Sah das Grinsen bei Imp und Pinpoint – Ohka blieb wie immer reserviert: „Was gibt es da zu feixen?“ schnappte sie. Die beiden setzten sofort eine absolut unschuldige Miene auf, während die Russin sie mit mörderischen Blicken strafte. Aber das Lachen in den Augen blieb, und die Mundwinkel zuckten verdächtig. Seufzend gab sie auf: „Schon gut, schon gut, ehe ihr noch Gesichtskrämpfe kriegt... Aber, meine Liebe,“ das ging an Imp: „mach nur so weiter, und ich breche meiner kameradschaftliche Schweigepflicht.“ Imp griff sich panisch an die Kehle, und jetzt musste auch Lilja grinsen. Ohka betrachtete das ganze mit Unverständnis.

Dass Lilja sich so entspannte, lag auch daran, dass sie davon ausging, das „Problem Ace“ sei dabei, sich selbst zu lösen. Per „Bordfunk“ war bekannt geworden, dass man ihn zu Stubenarrest verdonnert hatte, zusammen mit Kalis Flightkameraden. Lilja hatte sich ihren Teil dabei gedacht. Sie vermutete, die Sicherheit teilte ihren Verdacht und hatte Ace kaltgestellt, damit er nicht noch mehr Unheil anrichten konnte. Angesichts der Lage war das nur wahrscheinlich. In der Hinsicht sah also alles bestens aus. Wenn er der Saboteur war – und für Lilja sprach viel dafür – dann würde er seine Strafe erhalten und unschädlich gemacht werden. Andererseits mochte es auch sein, dass er wirklich nur wegen einer Prügelei „saß“, und die Sicherheitsabteilung ihm noch nicht auf die Spur gekommen war. In dieser Hinsicht gedachte sie, auf Nummer sicher zu gehen. Aber nicht sofort und vor allen Leuten.

Sie beteiligte sich wieder am Rätselraten über Rowlands Identität. Imp und Pinpoint hatten inzwischen einige „wahrscheinlich denkbare“ Optionen genannt. Rowland sei ein Admiral oder General inkognito, er sei Radios wichtigster Informant – ohne den er aufgeschmissen wäre – und so weiter. Oder, er sei Radios Führungsoffizier und der Akariisaboteur. Während Radio die Negativpropaganda übernahm, würde Rowland die echte Sabotage organisieren. Beide schienen ihren Spaß daran zu haben, möglichst verrückte Erklärungen anzubieten. Schließlich mischte sich Ohka ein: „Rowland könnte auch Geheimdienstler oder vom Sicherheitsdienst sein.“ Lilja zuckte mit den Schultern: „Möglich. Wenn unser Schwarzseher vom Dienst ihn als mögliche Bedrohung ansieht, dann muss er schon etwas sehr Schlimmes sein. Übrigens – unser Nachrichtensprecher sollte mal an seiner Ausdrucksweise feilen.“ Imp feixte: „Kannst ja versuchen, ihn zu erziehen...“ Lilja äußerte sich mit einigen kurzen und sehr eindeutigen Sätzen über die geeigneten Methoden. Dann räusperte sie sich und warf Pinpoint einen Blick zu: „Wie ich sehe, bist du mit deiner Portion fertig. Ich denke, wir sollten dich nicht weiter hier festhalten, du hast sicher was Besseres zu tun.“ Ihr Tonfall ließ ziemlich deutlich erkennen, dass sie es bevorzugen würde, wenn der Pilot ging. Der machte den Mund auf – vielleicht um zu widersprechen – doch dann überlegte er es sich anders. Er war eigentlich nicht unbedingt streitsüchtig, und Lilja sah mal wieder aus, als könnte sie Belegnägel durchbeißen. Er warf ihr nur einen fragenden Blick zu, der mit einem knappen: „Ich habe mit Ohka zu reden.“ quittiert wurde. Dann stand er auf. Imp schloss sich ihm an, obwohl die Aufforderung eigentlich nicht ihr gegolten hatte. Da sie – anders als ihre Freundin – grundsätzlich eher auf Kompromiss als auf Konfrontation aus war, meinte sie mit einem leichten Grinsen zu dem Piloten: „Wir wollen doch nicht in fremder Leute privaten Angelegenheiten rumschnüffeln. Wenn Lilja ALLEIN mit Ohka reden will...“ Ihr Lächeln war recht maliziös, was ihr einen frostigen Blick seitens der Russin einbrachte. Die beiden entfernten sich.

Ohka betrachtete leicht irritiert seine Flightkameradin. Privat hatten sie recht wenig Kontakt gehabt, und er konnte sich nicht vorstellen, warum sie das offenbar ändern wollte. Lilja schien kurz mit sich zu ringen, dann räusperte sie sich: „Also, es geht mich ja nichts an, aber ich wollte dir einen guten Ratschlag geben. Du bist in Kali verknallt, stimmt's? Und sie vermutlich auch in dich, zumindest mag sie dich.“ Das Gesicht des Japaners verdunkelte sich leicht, als ihm das Blut ins Gesicht schoss, und er warf seiner Kameradin einen Blick zu, der etwa besagte: ‚Du hast recht, das geht dich WIRKLICH nichts an!‘ Lilja störte sich nicht daran: „He, Samurai, nicht so finster. Es ist mir egal – aber anderen nicht. Speziell Ace, könnte ich mir vorstellen. Du weißt, dass er auch in sie verknallt war, oder immer noch ist. Und Eifersucht kann einen Menschen zu den merkwürdigsten Dingen treiben. Habe ich zumindest gehört. Denk mal drüber nach...“ Ohka wirkte konsterniert: „Ich glaube nicht, dass Ace...“ „Es geht nicht um glauben, es geht um Fakten!“ unterbrach ihn Lilja: „Sieh dir mal die Tatsachen an! Es war Kalis Jäger, der beinahe in die Luft geflogen ist! Und ich wette, du stehst auf der Liste der Verdächtigen ziemlich weit oben – da können die noch so oft von einem ‚Unfall‘ reden, ich glaube ihnen kein Wort! Du hast doch mit ihr zusammengearbeitet. Du hast deine Freizeit mir ihr verbracht. Denkst du nicht, das macht dich verdächtig? Und wer könnte ein Interesse haben, euch BEIDE treffen zu wollen?“ Dann erzählte sie ihm ihre übrigen Verdachtsmomente. Ace’s komische Nachsicht gegenüber dem Feind, den er offenbar nicht ernsthaft zu hassen schien. Seine Herkunft, die ihn als potentielles Ziel für Anwerbungsversuche prädestinierte. Und der Umstand, dass alle bisherigen ‚Unfälle‘ – die insgeheim zumeist dem Saboteur angelastet wurden – Jäger betroffen hatten, also möglicherweise von einem Piloten ausgeführt worden waren. Sie spürte, dass er nicht überzeugt war, aber sie wusste auch, sie hatte ihn nachdenklich gemacht.

„Ich will nur, dass du vorsichtig bist. Ich WEIß nicht, ob Ace der Saboteur ist. Aber wenn er es ist, dann könntest du ein logisches Opfer sein. Auftrag und private Gefühle sind nicht immer auseinanderzuhalten. Pass auf dich auf. Du bist ein guter Pilot, und solche brauchen wir. Ich habe schon genug Flightkameraden verloren, verstehst du!“ Mit diesen unwirschen Worten stand Lilja auf. Ohkas Glauben an die Ehrlichkeit von Ace – der eine Skepsis gegen ihre Person implizierte – verärgerte sie. Aber sie wusste auch, dass sie ihn nachdenklich gemacht hatte. Er würde, so hoffte sie zumindest, auf sich aufpassen. Sie bedachte Ohkas Freundin – oder was auch immer – in Gedanken mit ein paar unfreundlichen Bezeichnungen. Sie würde den Teufel tun und sich von einer Göre wie Kali vorschreiben lassen, ob und wie sie sich mit Ace auseinandersetzte. Nicht, wenn dabei so viel auf dem Spiel stehen konnte. Es war ihre Pflicht, ihren begründeten Verdacht zumindest mit Ohka zu teilen, und zur Hölle, wenn das jemanden nicht passte!

Als sie eine halbe Stunde später ihre Kabine betrat, trug sie eine Videodisk in ihrer Tasche. Sie fühlte sich viel schwerer an, als sie in Wirklichkeit war. Sie schaute sich um – Imp war augenblicklich nicht da. Mit wenigen Hangriffen verstaute sie das Video in ihren Sachen. Sie fragte sich, ob das noch normal war, was sie tat, aber dann wehrte sie die Gedanken mit einem Achselzucken ab. Sie hatte ein Recht darauf – schließlich hatte sie geholfen, die Verteidigungsstreitkräfte von Troffen zu zerschlagen. Es war ihr Privileg und auch ihre Pflicht. Ihr Blick streifte das Bild in ihrem Spind, auf dem die Mitglieder ihrer alten Staffel zu sehen waren. Es waren elf zumeist junge Menschen gewesen. Jetzt lebten nur noch einer von ihnen, und er war bis an das Ende seines Lebens verstümmelt. Die Akarii konnten nicht genug dafür büßen! Nein, es war nur richtig, dass sie ein Zeugnis der Vergeltung mit sich nahm, die jetzt diese Bestien traf! Lilja biss die Zähne zusammen und machte sich auf den Weg zum Schießstand. Sie würde trainieren, um selber bereit zu sein, die Rache fortzuführen.

************************************************

Leise klopfte es an der Krankenzimmertür.
"Herein." Kali klang entnervt.
Ein recht jungendlich aussehender Offizier betrat das Zimmer.
Er trug die sandfarbene Dienstuniform und die Abzeichen eines Lieutenant 1st Class.
"Guten Abend Lieutenant Mitra, mein Name ist Rowland, ich gehöre Captain Bayonnes Stab an. Ich wurde beauftragt, mich nach Ihrem Befinden zu erkundigen und noch ein paar Unklarheiten bezüglich Ihrer Aussage klären."
Kali nickte: "Ja, okay."
Rowland trat ein und zückte hinter dem Rücken eine Schachtel Schokopralinen hervor: "Man kann doch keinen Krankenbesuch ohne ein Mitbringsel veranstalten."
Kali lachte auf: "Ah, Bestechung."
Rowland schlug beide Hände vors Herz: "Arrrrrrghhh!"
"Erwischt?"
Er grinste spitzbübisch: "Erwischt."
Er setzte sich und reichte ihr die Schokolade.
Sie setzte sich im Bett auf und bereitete sich auf ein hartes Frage- und Antwortspiel vor.
Daher überraschte sie seine erste mit sanfter Stimme gestellte Frage total: "Und, wie lange wollen die Quacksalber Sie hier noch festhalten?"
Die nächsten fünfundvierzig Minuten vergingen in einer netten Plauderei, mit machen Scherz. Sie bemerkte gar nicht, wenn Rowland das Gespräch in die ein oder andere Richtung lenkte und bekam einen ganz anderen Eindruck von dem manchmal geradezu schüchtern wirkenden Geheimdienstoffizier.
Schließlich erhob sich Rowland: "Dann wünsche ich noch gute Besserung und tun Sie wenigstens so, als würden Sie den Doc ernst nehmen, ich glaube, er meint es wirklich nur gut mit Ihnen."
Kali nickte und verabschiedete sich ebenfalls.
Als Rowland die Tür hinter sich geschlossen hatte, veränderte sich sein Gesicht vollständig. Aus dem freundlichen Jungen-Gesicht wurde wieder das ausdruckslose zeitlose Gesicht, welches er meistens trug.
Selbst viele seiner Kollegen wussten nicht mehr, ob dieses Arbeits-Gesicht nur eine seiner vielen Masken war oder mittlerweile sein Gesicht geworden war.
Er ging auf sein Quartier und warf sich aufs Bett.
Nach einer Weile vor sich hin Starrens holte er einen kleinen Stoffbeutel unter der Matratze hervor und zog eine goldene Spange heraus.
Ein Adler im Sturzflug, einen Dreizack - der mit einem Anker ein Kreuz bildete - in den Krallen. Das Abzeichen der SEAS-Commandos. Die See, Earth, Air and Space Commandoforces der TSN beanspruchten mit Recht die besten Elitesoldaten der Republik zu sein.
Wie immer wenn er nachdachte spielte er mit diesem hart erkämpften Abzeichen herum. Die Unterredung mit Mitra hatte wirklich nicht viel erbracht.
Als Saboteur war so gut wie jeder möglich. Auf Lings engerer Liste tauchte auch Cliff Davis auf, der junge Narr.
Dieser war quasi der einzige auf Lings Liste, den er persönlich ausschloss. Der Junge hatte eine sentimentale und moralische Ader. Ja, er konnte verstehen, warum Ace mit Flieder nicht zu tun haben wollte.
Sein derzeitiges Auftreten hatte ihn zwar nicht gerade beliebt gemacht, aber Rowland vertraute auch in diesem Fall auf seine Menschenkenntnis. Bayonne hätte ihn vorher mal mit dem Piloten reden lassen sollen, in fünf Minuten hätte er gewusst, dass Ace kein geeigneter Kandidat wäre und dieser wäre niemals behelligt worden.
Er raffte sich auf, fest entschlossen etwas zu unternehmen.
Schnell hatte er sich ins Computersystem eingehackt und ging seinen Ermittlungen mit der Hartnäckigkeit und Genauigkeit eines abgerichteten Jagdhundes nach. Ja, er hatte schon einige Spuren ....
21.11.2015 11:49 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Lucas stand vor dem Schreibtisch des Kommandanten.
"Nun, Ihr Geschwader hat sich in einen Saustall verwandelt. Die Gerüchteküche bläst bis hier oben auf die Brücke.
Sie haben sich etwas angemaßt, was nur mir als Captain dieses Schiffes zusteht. Und doch hat Ihr Arrest nicht gewirkt. Einer Ihrer Recken Commander hat es dennoch geschafft sich erneut zu prügeln."
Clark hatte stetig die Lautstärke gesteigert und starrte Lucas jetzt nieder. Dieser stand in Rührt-Euch-Haltung vor dem modernen Schreibtisch, die Arme hinter dem Rücken verschränkt.
"Sir, ich weiß, dass ich mich sehr weit aus dem Fenster gelehnt habe, doch wollte ich diese Angelegenheit im Geschwader regeln."
Clark runzelte die Stirn: "Ach, und wieso?"
"Nun, Sir, wenn sich Lieutenant Commander Yamashita der Sache angenommen hätte, hätte es für die beiden Lieutenants schwere Konsequenzen ergeben können. Lieutenant Bowen hat in eine Kurzschlusshandlung vorgenommen. Seine Wingcommander liegt auf der Krankenstation und auch er war von der Explosion auf dem Flugdeck betroffen. Meiner Einschätzung als erfahrener Offizier, musste er den Stress irgendwohin kanalisieren. Sein Ziel war leider Lieutenant Davis. Über Davis macht so manches Gerücht die Runde und viele davon besagen, er habe die Explosion verursacht.
Des weiteren hat Lieutenant Davis es sich mit den Offizieren beim NIC verscherzt. Eine offizielle Untersuchung durch das Judge Advocate General Corps der Navy, hätte zu einem Ende seiner jungen Karriere führen können, auch wenn er sich als völlig unschuldig an der Geschichte erweißt."
Lucas atmete kurz durch: "Sir, meine Männer haben Angst, und das mit Recht. Sie sind jetzt nicht nur 'draußen' Beschuss ausgesetzt sondern auch hier, dabei symbolisierte die Redemption - wie jeder andere Träger - so etwas wie ein Zuhause und Sicherheit."
Der Captain der Redemption faltete die Hände: "Setzen Sie sich bitte."
Lucas nahm wie geheißen Platz.
"Also, zwei Fragen bewegen mich Lucas, Erstens, Wie lange wollen Sie Bowen und Davis noch unter Hausarrest behalten? Und Zweitens, Was wollen Sie machen, damit Ihr Geschwader sich nicht gegenseitig an die Kehle geht oder gar meiner Crew?"
"Nun, zu Nummer eins, beide noch fünf Tage, danach werde ich den Arrest wieder aufheben. Dieser Arrest sollte eigentlich mehr als abschreckendes Beispiel für die anderen Piloten gelten." Lucas kratzte sich am Kinn. "Nummer zwei, ich möchte meinen Jungs und Mädels möglichst viel Auslauf gestatten, sie müssen arbeiten, sich vom Nachdenken abhalten, daher habe ich mit Cutter auch über eine Generalüberholung der Maschinen gesprochen, solange wir hier noch festsitzen, die Piloten sollen dabei helfen. Und sobald wir von Troffen weg sind, doppelte Patrouillen, ein gefährliches Spiel, ich weiß, aber ich glaube, es hilft."
Clark seufzte: "Okay Lucas, machen Sie es so."

Zwei Stunden später standen im Briefingroom der Redemption drei Männer.
Lone Wolf Cunningham und Martell Murphy trugen ihre Pilotenanzüge. Jason Rowland in Borduniform instruierte sie.
"Wir brauchen genaue Aufklärungsaufnahmen der beiden Einschlagsorte." Er deutete mit dem Lichtgriffel auf die Karte und nacheinander leuchteten auf der Planetenkarte zwei weit auseinander liegende Punkte auf.
"Prinzipiell dürfte kein Stein mehr auf dem anderen liegen, aber wir möchten noch mal ein paar Detailaufnahmen. Zum einen auch weil wir kaum auswertbares Material von Atomwaffeneinsätzen in Atmosphären haben."
Die beiden Piloten machten sich ausführliche Notizen.
Schließlich wurden sie entlassen und marschierten schweigend zum Flugdeck. Noch immer waren Spuren der Explosion und des Brandes zu sehen.
Auf sie warteten Martells Griphen mit Aufklärungspods und zwei Sidewinder als Bestückung, sowie eine zweite ohne persönliche Markierung und ohne Namen unter dem Cockpit, es war eine der Ersatzmaschinen. Diese Ersatzmaschine war genau wie Martells Griphen bestückt.
Nach kurzer, routinierter Kontrolle der Zuladung bestiegen die beiden Piloten ihre Maschinen. Da auf KAT 1 eine voll bewaffnete Typhoon in Alarmbereitschaft stand, wurden die beiden Griphen nacheinander über KAT 2 ins All geschleudert
Lucas machte ein paar 'Trockenübungen', um sich an die schnellere und beweglichere Maschine zu gewöhnen. Martell folgte allen seinen Manövern geschmeidig.
Um die Redemption formierten sich jetzt die Begleitschiffe neu. Niemand ging davon aus, noch ein paar 'Nacharbeiten' leisten zu müssen.
"Dann wollen wir mal, Martell."
"Copy." Antwortete Murphy ihm wie gewohnt einsilbig.
Der Flug war eintönig. Die Autopiloten hielten beide Maschinen genau in Formation.
"Halten Sie mal etwas genauer die Augen offen Murphy!" Befahl Lucas.
"Äh.. verstanden Lone Wolf." Martell klang etwas unsicher. Lucas kicherte, ,Jetzt denkt er wahrscheinlich, ich möchte 'ne Runde schlafen.'
Lucas zog ein Klemmbrett mit etwas Büroarbeit hervor. Bericht über Treibstoffverbrauch, in dreifacher Ausfertigung, quartalsmäßig beim Quartiermeister des Trägers einzureichen. ,Original an de Quartiermeister, Kopie eins für mich und Kopie zwei wird weggeschmissen', dachte Lucas bei sich, in die Berichte vertieft.
Schließlich piepte der Bordcomputer dreimal. Lucas legte schnell seinen Bericht zur Seite und übernahm die manuelle Steuerung über die Griphen.
"Dann wollen wir mal ein paar Fotos für unsere Geheimdienstler schießen", gab er über Funk weiter
"Irgendwie bin ich nicht wild drauf, mir DAS anzusehen." Antwortete Martell weniger wortkarg.
"Nein, ich auch nicht." Stimmte Lucas ihm zu.
Dann tauchten die beiden Griphen in die Atmosphäre ein.

***************************************************

Muphy überprüfte ein letztes Mal das Aufklärungspod. Nach seiner Erfahrung neigte es beim Einsatz in der Atmosphäre manchmal etwas zu Störungen. Lone Wolfs Anwesenheit irritierte ihn ein wenig, er hätte lieber Thunder mitgenommen, die kannte sich besser mit dem Equipment aus als der Commander. Vor allem aber wusste sie, was die Griphen konnte und was nicht. Geistig zuckte er mit den Schultern, da konnte er schließlich wenig machen. Alle Systeme zeigten grünes Licht. „Gold Zwei ist grün, klar zur Aufnahme“, meldete Martell an Lone Wolf, der nur mit einem Brummen antwortete. Dann aktivierte Murphy den Discplayer, den er immer auf Patrouillen und Aufklärungsflügen mitnahm. Heute war Wagner dran, spezieller die Oper Lohengrin. Die Oper gefiel Murphy besonders gut und sie schien ihm für den aktuellen Anlass auch als angemessen. Troffen wirkte aus der Distanz noch recht normal, wenn auch reichlich dunkel. Je weiter die beiden Griphen jedoch absanken, desto mehr Details nahm. Murphy hatte schon viel in seiner Karriere gesehen, ein Flächenbombardement eines Planeten mittels Atomwaffen war jedoch auch für ihn etwas neues. Jedes Detail brannte sich in sein Hirn ein, überall schwelte noch die Glut, und was nicht noch glühte war entweder verkohlt oder zu Staub zerblasen. Murphy ging nach dem Briefing davon aus, dass die letzten Reste der Zivilisation, die er unter sich sah, besonders stark gebaute Gebäude gewesen waren. Er merkte auch, dass die Karten, die im Computer einprogrammiert waren, absolut nicht mehr stimmten. Erhebungen existierten nicht mehr, es gab Tiefebenen, wo vorher flaches Terrain war und Flüsse und dergleichen zu suchen, erwies sich ohnehin als fruchtlos. Mit jedem Kilometer wurde klarer, dass die Navy ihre Aufgabe mit einer absolut schreckenerregenden Effizienz erledigt hatte. Hier dürfte es kein Lebewesen, kein Sachbeweis geben, über das, was vor dem Atomwaffenschlag auf Troffen passiert war.
Als die Griphen die Überreste der planetaren Hauptstadt überflogen, konnte Murphy kaum die Reste der Siedlung erkennen. Anders als in alten terranischen Zeiten, wo man vom Nullpunkt aus immer mehr Überbleibsel entdecken konnte, hatte das Flächenbombardement alles ausradiert. Der Computer, der das Bombardementmuster berechnet hatte, war darauf eingestellt gewesen, keinen Quadratzentimeter auszulassen. Murphy wurde eigenartig kalt im Cockpit und er merkte erst jetzt, dass auch Lone Wolf bisher kein Wort gesagt hatte. Stattdessen hörte er von seinem Tonband die Zeile
„Zum Gottesgericht...zum Gottesgericht....“
Murphy befingerte den Rosenkranz, der unter seinem Flightsuit um seinen Hals hing und fing an zu beten.
Nach drei Stunden war die Aufklärung abgeschlossen. Als Lone Wulf endlich den Befehl zur Rückkehr gab, merkte Murphy, dass auch er etwas mitgenommen schien. Es war eine Sache, einen Beschuss anzuordnen und zu vollziehen, aber etwas anderes, die Folgen genau zu studieren.

Nach einer weiteren Stunde waren beide Jäger wieder an Bord der Redemption. Murphys Crewchef M’Boko nahm dem aussteigenden Piloten Helm und Tasche ab, während die Leute von NIC die Daten aus den Aufklärungspods entnahmen. Murphy ging direkt zur Toilette, verschloss die Tür hinter sich und erbrach seine Mittagsmahlzeit. Dann wankte er zu seiner Kabine. Als hätte sie es geahnt, stand Thunder bereits vor der Tür und hielt eine Flasche Wodka bereit. Eine Stunde später ging sie los und holte eine zweite Flasche.

**************************************************

Ling saß in seinem Büro lächelte. Endlich hatte er die Saboteure entlarvt. Er bestellte die beiden Lieutenants Gandhi und Ross herein. Bevor diese Haltung angenommen hatten, winkte er ab: “Stehen Sie bequem.“
Die beiden Lieutenants waren irritiert, taten aber wie befohlen.
„Ich möchte Fall Grau initiieren. Hier sind die Akten der beiden Subjekte. Beginnen Sie schnellstmöglich und verbringen Sie die beiden in den Isotrakt. Verstärken Sie die Marines und schärfen Sie diesen absolute Geheimhaltung ein. Wer die Klappe nicht hält, leistet den beiden Zielpersonen Gesellschaft. Zutritt wird niemandem außer mir und ihnen beiden gewährt. Wenn jemand anderes, auch der Captain oder der Commodore rein will, soll er zu mir kommen. Ich dulde keine Störung des Verhörs, dazu ist der Vorgang zu diffizil und sensitiv gegen Störungen.“
Die beiden Lieutenants nickten. Dann schaute Gandhi den Commander fragend an
„Ja, Lieutenant?“
„Welche Personen der Abteilung werden noch miteinbezogen?“
„Gute Frage, nur Hynes. Der Rest bekommt nur minimale Fakten, soweit notwendig. Sonst noch was? Nein, gut, Gentlemen, es gilt zwei Verräter und Saboteure zu fassen. An die Arbeit!“

Drei Stunden später wurde die Redemption von einem leichten Schock durchgeschüttelt. In einer Abteilung gab es einen plötzlichen Druckabfall, weil ein Außenschott versagte. Zwei Besatzungsmitglieder wurden von Bord gerissen. Die Opfer waren Petty Officer 3rd Class Griff Van Sant und Able Seaman Vanessa Curtz. Untersuchungen durch den Wartungsdienst würden später ergeben, dass der Defekt auf Schlampereien bei der Reparatur im Dock gewesen waren.

Natürlich war dies nur die offizielle Version. Wang Ling und einige wenige andere Eingeweihte wussten es besser. Man hatte die beiden Subjekte in diesen Sektor gelockt und dann abgeriegelt. Mittels zweier Pfeilpistolen hatten Ross und Gandhi die Saboteuere ins Reich der Träume versetzt, und in zwei Wäschekisten gestopft, mit denen sie dann unauffällig weggeschafft wurden. Sobald der Bereich geräumt war, hatte eine kleine Säureladung dafür gesorgt, dass der Defekt aufgetreten war. Jemand, der nicht wusste, wonach er suchen musste, würde jedoch die wahren Ursachen nie herausbekommen.

Jetzt waren die beiden Saboteure getrennt worden und jeweils in einen fast leeren Raum verbracht worden, wo sie entkleidet und auf eine Edelstahlbahre geschnallt wurden. Vorher durchsuchte man sie gründlichst in allen Körperöffnungen, denn nichts war frustrierender als eine Verhörsperson, die das Verhör selbst vorzeitig beendete. Weiterhin legte Gandhi, der eine medizinische Ausbildung genossen hatte, den beiden Kanülen, durch die die Drogen später eingeleitet werden würden. Zunächst begnügten sich die Geheimdienstler aber damit, abzuwarten, bis die beiden aufgewacht waren.

Nach drei weiteren Stunden war das Betäubungsmittel soweit abgeklungen, dass die beiden Saboteure ihre Lage realisierten. Die Kälte in dem Raum lies sie frieren und die Tatsache, dass sie keines ihrer Körperteile, auch nicht den Kopf mehr als wenige Millimeter bewegen konnten, sorgte für erhebliches Unbehagen. Dennoch wussten beide, dass sie alleine in ihrem Raum waren. Außerdem merkten sie, dass es im Raum absolut ruhig war, was an Bord eines Raumschiffes absolut ungewöhnlich war.
Währenddessen hielten ihre Kerkermeister eine kurze Konferenz ab. Beide Räume wurden mittels Kameras und verspiegelter Scheiben überwacht. Zunächst würde man die beiden Verräter komplett aus dem Biorhythmus bringen, indem man sie komplett isolierte und Licht und Dunkelperioden nach einem berechneten Muster wechselte. Außerdem wurden über die Injektionsmaschine verschiedene Drogen injiziert, die die Subjekte in eine wahre Gefühlsachterbahn werfen würden und außerdem sämtliche Wahrnehmungsorgane beeinflussen würden. Erst wenn die beiden komplett die Orientierung verloren hatten, würde man mit der aktiven Befragung beginnen. Ling würde Gandhi die Hauptarbeit überlassen und die Strategie bestimmen. Ross würde vor allem dafür sorgen, dass es keine störenden externen Faktoren einwirken konnten. Das Problem war vor allem, dass Ling nicht zu viel Zeit im Verhörbereich verbringen konnte, ohne Verdacht zu erregen und das war um jeden Fall zu vermeiden. Nachdem Ling das Vorgehen festgesetzt hatte, ging er dann auch widerstrebend in sein Büro und machte eine kurze Meldung für den Captain und Bayonne fertig, die er mit der höchsten Geheimhaltungsstufe versah. Dann klopfte er sich zufrieden auf sein Handprothese und gönnte sich zum ersten Mal auf der Feindfahrt ein kleines Glas Pflaumenwein, den er mit Wasser verdünnte.

*******************************************

Auch wenn der „Unfall“ und die damit verbundenen Maßnahmen den Flugbetrieb behinderten – das bedeutete keineswegs mehr Freizeit für die Piloten. Auch nicht für Kano – oder besonders nicht für ihn. Jetzt war er formell wieder voll diensttauglich und Lt. Commander Parker hatte dem Rechnung getragen. Sie hatte ihn, irgendwie widerwillig, von der Büroarbeit abgezogen, aber dafür gesorgt, dass er genug andere Aufgaben hatte. Die beschädigte Typhoon war, so gut das mit Bordmitteln ging, wieder kampftauglich. Jetzt setzte sie alle Kräfte in Bewegung, die Reservemaschinen durchzuchecken – also auch Kanos „neue Maschine“. Unfall oder „Unfall“ – jedenfalls hatte Parker verkündet, bei beiden Maschinen jede einzelne Schraube überprüfen zu lassen. Bevor das geschehen sei, könne Kano vergessen, einen der Jäger zu fliegen.
Und natürlich war er der ideale Kandidat, den Techs zu helfen - und die Augen offen zu halten. Schließlich würde er eine der Maschinen fliegen.
Diese Durchsicht hatte lange gedauert. Es war eine ungeschriebene „Regel“, dass in die Reserve die älteren (oder gar als unzuverlässig geltenden) Maschinen abgeschoben wurden. Das bedeutete, daß die „Durchsicht“ ein eher improvisiertes Update der beiden Maschinen darstellte. An der Gefechtselektronik waren etliche Aufrüstungen nötig, der Schleudersitz der einen Maschine und die Manöverdüsen der anderen waren nachbesserungswürdig. Und so weiter... .
nd das war nicht alles. Da war immer noch dieser „Unfall“, der die Stimmung vergiftete. Auch wenn Kano wenig auf den Bordklatsch gab, überhören konnte er ihn nicht. Diese Geschichte, die Lilja erzählt hatte... .
Er konnte es nicht richtig glauben – aber dennoch... .
`Draußen ist es irgendwie - sauberer. Da ist der Feind, hier die Waffengefährten. Die Fronten sind klar, die Befehle eindeutig, die Entscheidungen einfach. Hier aber – und in diesem Schattenkampf... .‘
Dann diese Geschichte mit Rusty – Kalis Flügelmann. Diese idiotische Prügelei, in Fliegerkreisen war bekannt was es hieß, wenn jemand „ausgerutscht“ war.
Und Rusty hatte sich in der Kantine ziemlich laut und deutlich über Ace geäußert, in der selben Richtung, die auch Lilja angedeutet hatte, aber erheblich weniger dezent – wenn diese Worte auf Lilja passten. Dabei hatte er auch laut und klar dargelegt, wieweit Kalis „Freundschaft“ mit Ace wohl gegangen sei.
Dass Kali in eben diesem Augenblick den Raum betreten hatte, war Pech gewesen – vor allem Rustys Pech. Sie hatte kommentarlos ein Esstablett gegriffen und ihm ins Gesicht gepfeffert. Er hatte Glück gehabt, dass DAS ohne ausgeschlagene Zähne endete. `Und das ich nicht dort gewesen bin... .‘
Nach dieser Aktion war Kali regelrecht zusammengeklappt – sie hatte sich nach der Explosion übernommen, einfach zuviel zugemutet. `Ich hätte besser auf sie aufpassen sollen.‘
Nun war Rusty wegen der Prügelei mit Ace unter Arrest – und Kali im Krankenrevier. Als Kano von ihrem Zusammenbruch gehört hatte, hatte es ihm große Mühe gekostet, seine Pflicht weiter zu verfolgen. Aber Pflicht war Pflicht, er hatte die Durchsicht abgeschlossen und war zumindest vom Technischen zufrieden. „Seine“ Maschine war flug- und kampffähig. Auf die Frage, ob er die Maschine bemalen wolle, hatte er mit Nein geantwortet. Es erschien nicht – richtig. `Meine erste Maschine habe ich verloren - dieses Schwert ist zerbrochen. Ehe dieser Jäger wirklich meine Waffe wird, muss ich mich dieser zweiten Chance würdig erweisen. Alles andere wäre anmaßend.‘
Aber das war momentan unwichtig. `Hoffentlich geht es ihr gut!‘ reflexartig überprüfte Kano den Sitz seiner Uniform, dann betrat er die Krankenstation. Er hatte kein Glück, Schwester Lancaster hatte gerade Dienst.
Sie musterte den Piloten mit wenig Zuneigung und offensichtlich genervt: „Sagen Sie mal, Lieutnant, wir haben Sie doch eben erst voll kv gestellt. Was wollen Sie also hier. Sagen Sie bloß, Sie haben sich auch geprügelt?“ In dem Gesicht der Schwester zogen bei dieser Möglichkeit dunkle Wolken auf: „Dr. Hamlin hat gesagt, den nächsten Idioten der sich – im Dienst oder Freizeit und egal aus welchen Gründen – prügelt und bei ihm aufkreuzt, wird er mit einem Hammer ruhigstellen.“
„ Ich habe mich nicht geprügelt, Schwester, und dies auch nicht vor. Ich wollte – jemanden besuchen. Lieutenant Mitra.“
„Sie halten das sicherlich für eine nette Geste. Hilfe, dass Ihre Soldkameraden wieder gesund werden? Ich will Ihnen mal etwas verraten: allzu viel ist ungesund. Das stört uns bei der Arbeit, regt die Patienten auf – im Endeffekt bleiben sie dann länger hier. Und was Lieutenant Mitra betrifft.... .“ Sie verstummte und sah Kano sinnend an: „Sie sind doch der Pilot, den sie aus der Typhoon geschossen haben?“
„Ja.“ Das kam etwas gepresst.
„Und Mitra ist doch diese Phantom-Pilotin... . Mitra. Sie hat doch zweimal hier vorbeigesehen, als Sie stationär lagen?“
„Ja.“ Das klang etwas vorsichtig – mit einem leicht genervten Unterton.
Die Schwester musste kurz lächeln. Manche hielten sie für völlig auf ihren Beruf, ihre Berufung fixiert. Aber sie erkannte das Offensichtliche, wenn es vor ihr lag. „Verstehe... . Nun gut, Lieutenant. Ich sehe mal nach. Sie warten hier.“
„Danke.“ Kano setzte sich. Das kleine Wartezimmer war alles andere als gemütlich. Irgend jemand hatte auf einem der Stühle einen Stapel Survival- und Notfallrichtlinien liegengelassen. Dazu kam ein Prospekt, das die Vorteile der regenerativen Wundbehandlung anpries. `Das soll wohl so etwas wie ein Witz sein.‘
Dann war Lancaster zurück: „Sie schläft noch. Und das hat sie vorher viel zu wenig. Ich werde sie KEINESWEGS aufwecken. Wenn Sie warten wollen?“ Kano ignorierte das unterschwellige `Sie wollen nicht‘ in den Worten: „Danke, ja. Momentan habe ich Freiwache.“ Die Schwester murmelte etwas unfreundliches und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Kano räusperte sich: „Wie geht es ihr? Gesundheitlich?“
„Ich bin nicht der Doktor, falls Sie das nicht bemerkt haben. Und Sie sind eigentlich nicht mit ihr verwandt – oder?“
„Nein.“ frustriert aber auch verlegen – der Pilot hatte die Anspielung verstanden.
„Na gut. Sie – ist einfach erschöpft. Sie hat diesen `Unfall‘“ die Schwester schnaubte ungnädig, um zu zeigen, was sie von der offiziellen Variante hielt „noch nicht richtig verkraftet und sich außerdem völlig übernommen. Typisch. Wir haben ihr was zum Schlafen gegeben und werden sie wohl bis morgen hier behalten. Dann noch ein Rundum-Checkup... . Und sie wird in den nächsten Tagen erst mal ruhiger treten, wenn Dr. Hamlin etwas zu sagen hat. Und wenn Sie schon mit ihr `befreundet‘ sind – achten Sie auch darauf!“
„Jawohl, Schwester. So gut es mir möglich ist.“
Die Zeit verging langsam, während sich Kano eher abwesend über die Wunder der modernen Narbenbehandlung informierte. `Merkwürdig, das Lilja immer noch ihre Narben trägt. Vielleicht eine Erinnerung?‘

Vielleicht eine Stunde war herum. Die Schwester ignorierte den Piloten, wenn sie einmal vorbeikam. Dann aber blieb sie endlich vor ihm stehen: „Also gut, sie ist aufgewacht. Sie haben zehn Minuten verstanden? Und sie braucht Ruhe!“
„Ja, Schwester.“ Dann konnte er endlich in das winzige Krankenzimmer.
Kali sah ziemlich blass aus, wenn man sie kannte. Eindeutig, sie hatte sich zuviel abverlangt. Außerdem wirkte sie unruhig – als ob irgend etwas ihr zu schaffen machte. Aber als sie Kano sah, grinste sie, wenn auch etwas schwach: „Kano. Darauf hätte ich eine Wette abschließen können. Aber ich hatte doch gesagt, du solltest dich nicht so schnell revanchieren mit dem Krankenbesuch. Du hörst wohl nie auf das, was man dir sagt?“
Kano erwiderte das Lächeln: „Ich schiebe es auf die Umstände. Wie geht es dir?“
Sie runzelte die Stirn: „Eigentlich ganz gut. Langweilig ist es hier – wie hast du das hier nur ausgehalten?“
„Ich hatte den richtigen Besuch“ Kano sah Kali direkt an, die bei der Ernsthaftigkeit hinter seinen Worten leicht rot wurde. „Wenn ich irgend etwas vorbeibringen soll? Brauchst du etwas?“
„Ja, einen Bericht über meinen Jäger. Wann er wieder flugfähig ist. Die Schäden... .“ Abrupt verstummte sie und starrte ins Leere. In ihrem Gesicht arbeitete es. Instinktiv ergriff Kano ihre Hand. Sie war kalt und ihr Griff war ungewöhnlich fest, fast verkrampft.
Dann schüttelte sich Kali, als würde sie etwas abstreifen: „Zur Hölle damit!“ Sie sah Kano an, sein Griff löste sich. „Schon gut, es geht Kano. Normalerweise würde ich sagen, die beste Art und Weise damit fertig zu werden, ist, es zu ersäufen – aber das geht hier nicht.“
„Ich glaube, Hamlin UND die Schwester würden mich dafür kreuzigen.“
„Was denn Samurai – das schreckt dich ab?“
Kano sah sie abschätzend an: „Entschuldigung, aber... .“
„Na ja, vielleicht wissen sie diesmal, was sie sagen. Also erzähl lieber, was los ist.“
So gut das in der kurzen Zeit ging, versuchte Kano zusammenzufassen, was es an Neuigkeiten gab – viel war es nicht, der `Unfall‘ blieb zentrales Thema. Nun gut, da waren die Bombardierungsbefehle – aber darüber redete keiner gerne. So etwas vergaß man am besten...
Aber Kali beschäftigte etwas anderes, das merkte auch Kano. Aber sie schien nicht darüber reden zu wollen. Er erhob sich: „Ich verschwinde besser, bevor dieser Drache... .“
„Kano. Du hast doch auch von diesen Gerüchten gehört – oder?“
Kano verzog das Gesicht. Er konnte sich vorstellen, was Kali meinte: „Ja, habe ich.“
„Was – denkst du? Dieser Schwachkopf Rusty sagte, daß Ace... .“
„Ich weiß. Und wenn du mich fragst... . Ich weiß es nicht. Ich GLAUBE es ja eigentlich nicht... .“ Ein unausgesprochenes `Aber...‘ lag in der Luft. Kano starrte auf seine Stiefelspitzen und fühlte sich nicht glücklich: „Ich bin kein Geheimdienstler.“ In seiner Stimme schwang Abneigung gegen diesen Berufszweig mit. „Wenn er – glauben würde, sich – rächen zu müssen, ich glaube er würde direkter vorgehen. Zum Beispiel versuchen, mich zu verprügeln. Und wenn er schon vor deinem Quartier Posten steht...“ `Ich bin einfach zu ehrlich.‘
„Wann bitte schön hat er vor meinem Quartier Posten geschoben?“
„Nach dem – Unfall – stand er auf dem Gang.“
„So... .“ Kalis Stimme war undeutbar. Dann kniff sie die Augen zusammen und fixierte ihn: „Nebenbei, warum sollte dieser Trampel eigentlich den Wunsch verspüren dich zu verprügeln?“ Dem Ton nach wusste sie die Antwort allerdings schon.
`Nun wenn ich schon mal soweit bin...‘ Kano räusperte sich: „Weil das eine seiner Methoden zur Problemlösung ist. Es scheint sogar zu funktionieren, manchmal. Und weil er – vielleicht glauben könnte, Grund zur Eifersucht zu haben... .“
„Wenn er glauben würde, auf solche Gefühle überhaupt ANSPRUCH haben zu dürfen, dann wäre er ein noch größerer Idiot, als ich dachte. Und abgesehen davon... unwichtig. Und Rusty – wenn der immer noch das Maul aufreißt, wenn ich hier heraus bin... .Dann kann er versuchen, seinen Jäger im Gipskorsett zu fliegen. Bis morgen, wenn alles gut geht, bin ich wieder hier raus.“
„Ich werde da sein. Bis morgen.“ Dann beugte sich Kano schnell vor und küßte Kali leicht auf die Stirn. „Gute Besserung.“
„Das hat aber lange gedauert, bis du dazu den Mut gefunden hast!“
Diese Worte und ein leises Lachen begleiteten Kano nach draußen.

******************************************************

Als ich die Phantom sicher gelandet hatte, stieg ich aus und sprang den Meter bis zum Boden übermütig herab. Es war ein guter Tag gewesen. Ein sehr guter Tag. Es war meine elfte Patrouille mit Rusty und mein sechster Flug als Wing Leader gewesen.
Es war ein schönes Gefühl, mal nicht selbst der Katschmarek zu sein und Rusty hatte es auch sichtlich genossen, mich mal rumzuscheuchen.
Die gemeinsamen Flights hatten einiges abgebaut, meine Wut, sein Misstrauen. Teilweise zumindest. Es reichte wenigstens, um zumindest professionell miteinander auszukommen.
Die Tatsache, dass mehrere Tage in Folge keine schwerwiegenden Zwischenfälle passiert waren, half dabei natürlich. Obwohl ich die Idioten schon wieder reden hörte: Natürlich ist nichts passiert. Ace, der Saboteur, hatte ja Arrest.
Aber das alles konnte meine Laune nicht trüben.
Ich grinste und winkte Rusty zu, der gerade aus seiner Mühle kletterte.
„Das macht dann vier Bier, Ace“, brummte er trocken.
Ich nickte. „Jupiterrolle und von Bein. War schließlich besser als dein Immelmann mit halbrechter Kehre.“
Ja, man konnte sagen, zwischen uns herrschte Waffenstillstand. Und nicht nur das, in der Gerüchteküche, also in jeder Messe, in der Radio sein Unwesen trieb, ging das Gerücht, dass wir unsere Zelte abbrachen und zur PERSEUS zurückkehren würden.
Außerdem endete heute Rustys und mein Stubenarrest. Noch ein Grund, froh zu sein.
Ich klopfte dem anderen Piloten noch mal auf die Schulter und nickte den Crewmen zu, die sich auf meinen Vogel stürzten. Den Jungs hatte ich bereits diverse Lokalrunden versprochen. Wurde Zeit, mal das geheime Lager anzubrechen und einen Kasten Bier zu opfern.
Ja, meine Laune konnte nur noch besser werden, wenn ich in diesem Moment aufgesehen hätte, um mich mit Justin in der vornehmen Bar wiederzufinden, bevor ich Kali verprellt hatte.
Bevor ich jemals von Flieder gehört hatte.

Ich wischte den Gedanken beiseite. Nun wartete eine lange, lauwarme Dusche auf mich. Ich hätte gerne heiß geduscht, aber heißes Wasser war an der RED so selten wie ein Tag ohne neue Gerüchte von Radio.
Kurz vor meiner Kabine stutzte ich. Pinpoint hatte mich am Sprungpunkt abgelöst. Die nächsten Stunden hatte ich das kleine Reich vollkommen für mich. Ob ich in der Zeit eine Pokerrunde aufziehen konnte? Ein paar von den Techs hatten sicher Zeit und loses Geld in der Tasche.
Ich stieß die Tür auf und erstarrte. Alles hatte ich erwartet, nur nicht diesen Anblick.
„Rein oder raus?“ fragte Kali leise.
Was machte sie in meiner Kabine? Und vor allem mit einem weit aufgeknöpften Fliegerhemd, das mehr ent- als verhüllte?
Ich trat automatisch ein, verschloss die Tür.
„Stehst du unter Drogen?“ fragte ich, während ich versuchte, den Helm in meinen Spind zu packen. Mir zitterten derart die Hände, dass ich es erst beim dritten Versuch schaffte.
„Weil ich hier bin?“ Sie hob die Arme, verkeilte die Finger ineinander und streckte sich.
Musste sie das tun? Weiße Spitze. Der gleiche BH, der damals auf ihrem Bett gelegen hatte, als mich ein dämlicher Computer in ihrer Kabine einquartiert hatte.
„Ja!“ antwortete ich barsch. Ich schälte mich automatisch aus meiner Montur, hielt aber inne, als ich den Reißverschluss bereits bis zum Bauchnabel aufgezogen hatte.
Kali warf das Hemd auf ihre Schultern, ließ es daran vorbei in die Tiefe gleiten.
„Ich habe nachgedacht, Ace. Lange und gründlich. Wir haben so viel Zeit miteinander verbracht. Ich werde aber immer noch nicht schlau aus dir. Die Szene auf der PERSEUS, den Quatsch, den du nach Darkness´ Anpfiff gesagt hast. Ich will, dass das aufhört.“
Ich fühlte mich, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weg gerissen. „Kali, ich...“
„Nein, sag nichts. Hör mich an. Wenn ich durch diese Tür gehe, ist das endgültig. Ich will dann nichts mehr von dir hören und nichts mehr wissen.
Die Frage ist nur: Gehe ich gleich oder gehe ich in einer Stunde?“
Ich schluckte hart. Meine Kinnlade sackte herab. Ich spürte, wie mein Herz zu pumpen begann, wie in meinem Bauch eine Fusionsgranate zündete. Durch die Adern floss brennender Treibstoff und meine Beine wollten dem verschwundenen Boden hinterher.
„Kali, das ist keine gute Idee.“
„Wieso nicht? Alles, was du willst, ist Sex mit mir. Du kriegst den Sex, Ace. Und ich kriege meine Ruhe.
Wenn ich ehrlich bin, war ich von vorne herein neugierig auf dich. Aber eine Zeitlang dachte ich... Ich hoffte... Na egal. Was ist nun, du Aß? Geben wir den Leuten was zu klatschen?“
Ihre Hände tasteten vor und zogen meinen Reißverschluss bis zur Hüfte hinab. Danach begannen sie, den Overall über meine Schultern hinweg zu schieben.
Sie kam mir nahe, so verdammt nahe. Ich roch ihre Haut, ihr Haar. Ihre Lippen waren für mich Verlockung. Süße pur. Ihr herrlicher Atem raubte mir fast die Besinnung.

„Nein“, sagte ich und warf den Overall mit einer Bewegung wieder vor über die Schulter.
„Was?“ Erstaunt sah sie mich an.
„Nein, Kali.“
„Hast du schon vergessen? Wenn ich da raus gehe, sind wir geschiedene Leute. Und glaube ja nicht, dies ist ein dämlicher Test. Ich bin weg und ich bleibe es. Du kannst nur zwischen zwei Abschieden wählen.“
„Dann“, sagte ich und versuchte, mein rasendes Herz unter Kontrolle zu kriegen, „dann wähle ich den kurzen Abschied.“
Kurz kämpfte ich mit den Tränen und verlor.
„Kali, glaubst du wirklich, ich kann das? Glaubst du wirklich, ich kann dich einmal in den Armen halten und dann für immer verlieren? Ich... Ich würde mich aus der nächsten Schleuse werfen, kaum dass du die Kabine verlassen hast.
Jetzt habe ich nur eine Ahnung. Aber wenn ich weiß, was wir niemals mehr teilen werden...“ Ich klaubte ihr Hemd auf und reichte es ihr.
Sie sah mir in die Augen. „Das ist dein Ernst?“
Ich nickte. Die Tränen flossen noch ein wenig mehr.
Langsam knöpfte Kali das Hemd wieder zu. Sehr langsam.
„Okay, deine Entscheidung, Ace. Ach, und geh kalt duschen.“
Sie verließ die Kabine. Und damit vielleicht mein Leben.
Noch immer meinte ich ihren Atem zu schmecken. Was, wenn ich sie zurückrief? Was, wenn ich wenigstens diese eine Stunde mit ihr auskostete?
Nein. Es würde mich in den Wahnsinn treiben.
***
Helen Mitra suchte kurz eine der vielen öffentlichen Toiletten auf und richtete ihre Kleidung. Sie lächelte. Zumindest in einem Punkt in ihrem Leben hatte sie Klarheit.

***********************************************************

Lucas hatte beobachtet, wie Martell in Richtung Toilette taumelte. Der Stich von Mitgefühl wurde durch aufgestoßene Galle verdrängt. Mit zitternden Händen steckte er sich eine Zigarette an. Die Lucky schmeckte ihm nicht sonderlich, aber sie erfüllte ihren Zweck. Langsam hörte das Zittern auf.
Schweigend sah er zu, wie die Schergen des NIC die Daten aus den Aufklärungspods auf einen Notebook überspielten.
Gemessenen und steifen Schrittes ging er in seine Kabine, duschen.

Die Auswertung der Aufklärungsdaten dauerte zwei Tage. Innerhalb dieser Zeit formierte sich die Flotte in Marschformation.
Schließlich gaben die Geheimdienstler ihr okay und die Schiffe der Terran Space Navy gingen auf Heimatkurs.


Zwischenspiel:
Laereon, zweiter Mond von Akar.

Prinz Jor aus dem Hause Thelam war per Eilkurier von Mantikor ins Heimatsystem gekommen. Den ganzen Flug über hatte er seine schlechte Laune gepflegt.
Stolzen und energischen Schrittes marschierte er durch sein Hauptquartier. ,Ja, hinter dem Schreibtisch mag jemand anders sitzen, aber ICH kommandiere diese Marine.'
Ohne auf die zeternden Stabsoffiziere zu achten trat er in das Büro von Großadmiral Nahil Koo. Er legte keinerlei Ehrbezeugung vor dem Dienstrangmäßig über ihm stehenden alten Mann ab.
"Wo bleibt mein Nachschub?"
Nahil sah von seiner Arbeit auf und musterte den Prinzen lange.
"Er ist unterwegs."
"Ach, und wird er meine Flotte auch erreichen?" Knurrte Jor zornig.
Aber Nahil zuckte nur die Achseln: "Die Terraner haben sich als äußerst findige Gegner erwiesen. Sie haben ihre Lektionen wohl schon in früheren Kriegen gelernt."
Wieder knurrte der Prinz: "Und wo bleiben die sechs versprochenen Träger? Wieso liegt die Lestard noch im Dock? Und wo in aller Heiligen Namen ist die Nakobi?"
"Nun, um Eure Fragen zu beantworten Sire: Fünf der versprochenen Träger sichern unsere Schifffahrtslinien. Die Lestard - wie Ihr so vortrefflich festgestellt habt - liegt im Dock. Der Standort der Nakobi ist ungewiss."
"Ungewiss?" Jor keuchte auf.
"Ja, aber die Nakobi und ihre Begleitschiffe werden von Lay Rian befehligt." Nahil sprach immer noch im ruhigen Ton. Niemand hätte vermutet, dass er sich diebisch freute.
"DIESE FRAU BEFEHLIGT EINEN MEINER VERBÄNDE!"
"Lay Rian ist eine der Besten Offiziere die unsere Flotte aufzubieten hat", die Stimme Nahils war von Überzeugung gefestigt.
"Nein, nein", murmelte Jor, "so schlecht ist unsere Flotte nicht."
,Wenn diese Frau unseren Angriff auf Mantikor befehligt hätte, würden wir jetzt an die Tore Terras klopfen, du gieriger, egoistischer, kleingeistiger Idiot.' Diese Gedanken sprach der Großadmiral aber nicht aus.
Stattdessen öffnete er eine Computerdatei und schaltete den großen Wandmonitor ein. Als der Prinz die Daten durchging hellte sich sein Gesicht auf.
"Hm, was sagen die schlechtesten Schätzungen?"
"Genügend Material um Mantikor zu befestigen. Ihr sollte Eure Flotte auf offensive Operationen vorbereiten mein Prinz. Denn sobald dieser Plan gelingt, muss es schnell gehen."
"Ja, ja, die Flotte wird einsatzbereit sein."
22.11.2015 14:21 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Muphy wachte am Tag nach dem Aufklärungsflug mit einem dröhnenden Schädel auf. Der Wodka seines XO war wie immer erstklassig gewesen, die Menge allerdings auch. Dann erschien wieder das Bild einer atomaren Wüste vor seinem inneren Auge auf und er stöhnte. Entsetzen überkam ihn erneut angesichts dessen, was die Flotte auf Troffen angerichtet hatte. Dann zwang er sich aus dem Bett und unter die kalte Dusche.
Fünfzehn Minuten später und nach der Einnahme eines Cocktails aus verschiedenen Tabletten gegen Kopfschmerzen und einen übersäuerten Magen begab sich Murphy in sein Büro. Doch auch dort fand er keine Ablenkung, vielmehr merkte er, dass er sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren konnte. Entnervt ging er auf und ab in seinem Büro. Gerade als er an den Schrank gehen wollte, wo sein Whisky verborgen war, merkte er geistesabwesend, dass in seiner Uniformhose immer noch der Rosenkranz war, den Pater Schönberg ihm gegeben hatte. Kurz entschlossen verließ er das Büro und begab sich zur Bordkapelle. Dort begab er sich in eine der Nischen und kniete nieder.
Gedankenverloren begann er, den Rosekranz zu beten.
Als er im dritten Durchgang war, merkte er, dass er beobachtet wurde. Er sah auf und bemerkte erst jetzt, dass er vor der Nische kniete, die dem heiligen Georg, dem Drachentöter geweiht war. Dann sah er aus dem Augenwinkel Schönbergs Silhouette, die geduldig im Hauptraum saß und zu ihm herüberblicken zu schien. In Ruhe beendete er den letzen Zyklus, bekreuzigte sich und stand auf. Dann trat er zu Schönberg, dessen Gesicht einen ausgeglichenen, ruhigen Eindruck machte. Der Pater rückte ein Stück auf seiner Bank und bot dem Iren den freigewordenen Platz an.
Murphy nickte dankend. Dann schwiegen beide für einige Minuten.
„Pater, Sie wissen, wieso ich hier bin?“
Schönberg nickte: “Ich kann es mir gut denken. Ich habe mir zwar keines dieser kursierenden Videos gekauft, aber ich kann mir ausmalen, was Sie auf Ihrem Flug gesehen haben müssen.“
„Es war schrecklich. Ich meine, als Soldat ist mir klar, dass ich andere Lebewesen töten werde, aber ich hatte mir bisher immer eingebildet, es würde nur die treffen, die zumindest eine mittelbare militärische Bedeutung haben....“
Schönberg beschränkte sich auf das Nicken und Zuhören. Nach einer Weile fuhr Murphy fort:
„...alles Leben haben wir ausgelöscht, zerstört mit der destruktiven Kraft unserer Atomsprengköpfe. Die Ironie ist, dass ich früher, als ich noch Bomber geflogen bin, selbst durchaus eine solche Mission hätte erhalten können. Deshalb war ich froh, als man mich zu den Griphen versetzt hat. Aber das Schicksal hat mich eingeholt.“
„Sie wissen, dass dies nicht ihre Schuld ist. Mehr noch, wir befinden uns in einem Krieg, der unsere Existenz bedroht. Es ist sicherlich fraglich, ob das, was wir hier tun, notwendig ist. Aber wir leben in Zeiten, wo wir als Individuen nur selten darüber Gewissheit haben.“
„Das klingt so, als wenn wir keine Verantwortung für unser Tun auf uns nehmen müssen.“
„Doch, das müssen wir schon. Aber nur für das, was wir individuell tun können, und nur für das, was wir vor unserem Handeln als richtig erkannt haben. Wenn wir aus lauteren Motiven handeln, dann wird uns auch vergeben werden.“
„...ehrlich gesagt, ich weiß trotzdem nicht, wie ich damit umgehen soll.“
„Solange so etwas wie gestern Sie noch berührt und schockiert, verlieren Sie auch Ihre Menschlichkeit nicht. Erst wenn Sie zu sehr abstumpfen, dann müssen Sie sich wirklich Sorgen machen. Beten Sie und kommen Sie her, so oft Sie wollen, ich bin für Sie da.“
„Danke Pater....ich werde über das Gesagte nachdenken....aber jetzt muss ich wohl los.“

Dann stand Murphy auf, machte einen Kniefall in Richtung des Altars, bekreuzigte sich und verließ dann die Kapelle. Schönberg sah hinter ihm her und beobachtete, dass er die Schultern nicht mehr so hängen ließ wie in dem Moment, wo er hereingekommen war.

Zwei Stunden später trat Shukova in das Büro von Murphy. Im Gegensatz zu ihm sah man ihr das Besäufnis der letzten Nacht überhaupt nicht an. Aber bei ihrer Trinkfestigkeit war das auch kein Wunder.
„Sir, alles in Ordnung?
„Hm, ja, alles OK, soweit man das momentan sagen kann. Wie sieht denn der Status der Staffel aus?“
„Alles im grünen Bereich. Die Neuen sind mittlerweile integriert und das Material ist in einem guten Zustand. Die Hydras scheinen auch endlich in Ordnung zu sein. Sabotageakte gibt es keine neuen....auch wenn ich mich frage, was das für ein Zwischenfall mit der Luftschleuse neulich war.“
„Stimmt, ja, ich hatte das nur am Rande mitbekommen, weil ich grad auf dem Katapult saß, um zur Patrouille aufzubrechen.“
„Angeblich Schlampereien bei der Wartung...“
„Wer es glaubt...egal, der ND wird die Schweinehunde wohl aufspüren. Sonst noch was?“
„Ähm, ja, ich habe mir erlaubt, Ihren Flug mit meinem zu tauschen, nach dem gestrigen Abend erschien es mir angeraten.“
Murphy nickte. „OK, einverstanden.“
„Ich wollte in die Messe, kommen Sie mit?“
„Wenn Sie noch einen Moment warten könnten?“
„Klar, ich schau dann noch mal beim OvD vorbei, vielleicht gibt es ja noch was Neues.“
„Danke, Lieutenant...auch wegen gestern Abend.“
„Keine Ursache Sir...“ Shukova grinste und ihre weißen Zähne glänzten wie die eines Jaguars. Dann verschwand sie durch die Tür.

******************************************

Die erste Phase des Verhörs der beiden Saboteure war erfolgreich abgeschlossen. Ling war überaus zufrieden. Die Befragung der beiden hatte weitestgehend identische Aussagen ergeben, Unterschiede ergaben sich wohl vor allem aus der unterschiedlichen subjektiven Beobachtung und Erinnerung der beiden Subjekte. Insgesamt hatte es sich bewährt, in der ersten Phase nur milde Drogen zu verwenden, denn überraschenderweise hatten die beiden bereits vor geradezu leichten Befragungsmethoden kapituliert und gesungen wie die Singvögel. Allerdings bestand die Gefahr, dass dies nur ein Täuschungsmanöver war. Ling war daher entschlossen, eine härtere zweite Runde durchzuziehen. Vorher musste er aber die Ergebnisse der ersten Runde konsolidieren. Zu diesem Zweck hatte er Gandhi und Ross in sein Büro hereingeholt und diesen sogar einen Sitzplatz angeboten.

„Also, was haben wir?“
„Zunächst einmal haben wir ein Motiv, nämlich den Hass auf die Navy aus einem seltsamen Mix aus persönlichem Schicksal und religiösen Spinnereien. Wenn die beiden mir nicht genau dieselbe Story erzählt hätten, würde ich es für eine Lüge halten...andererseits, wer kommt auf so ein krankes Konzept, wenn nicht ein Irrer.“, fragte Gandhi.
Ling nickte. Die beiden hatten laut ihren Aussagen einer religiösen Weltuntergangssekte angehört, die es für die die Akarii für eine gottgesandte Plage hielten, die die Menschheit zerstören solle. Gleichzeitig sei jeder Widerstand hiergegen Frevel. Daher hatten die beiden versucht, durch Sabotage der „Plage“ Vorschub zu leisten. Welch kranke Hirne!
„Sehe ich ähnlich....weiter.“
„Des weiteren können wir wohl davon ausgehen, dass wir alle Täter erwischt haben. Die Details, die die beiden über ihre Aktionen ausgeplaudert haben, sind samt und sonders plausibel. Ein zusätzlich Täter hätte einen größeren Schaden angerichtet, hätte mehr Waffensysteme manipulieren können. Außerdem hat unsere Überwachung keine weiteren Kontakte zu Tage geförderte, während wir den gegenseitigen Kontakt der Zielpersonen schnell entdeckt haben.“
„Richtig, Lieutenant. Trotzdem möchte ich die Überwachungsmaßnahmen weiter in Kraft lassen.“ Ross nickte.
„Kommen wir zur Frage, ob noch weitere Bomben hier an Bord ticken. Angeblich sollte doch noch was mit dem Treibstoff sein.“
„Richtig Sir, die ältere Verhörsperson hat so etwas geäußert. Ich habe daraufhin mal einen der zuständigen Techniker angesprochen und ihn gebeten, unauffällig im Wege einer Routineüberprüfung den Treibstoff zu untersuchen. Ergebnis war, dass tatsächlich ein Behältnis kontaminiert war. Wir haben es aus dem Verkehr gezogen und untersucht. Unter uns, wir haben Glück gehabt, der Treibstoff wäre heute verbraucht worden und hätte zu einer Triebwerksexplosion geführt. Mehr Gefahrenquellen scheint es aber nicht zu geben.“
Ling klopfte auf seine Handprothese.
„Gut, die Ergebnisse sind akzeptabel. Ross, Sie werden das ganze in einen Bericht konsolidieren. Gandhi, Sie und ich werden die nächste Runde des Verhörs um 0900 morgen einläuten. Mal sehen, ob sie uns irgendetwas verschwiegen haben.“
„Ich nehme an, wir nehmen erstmal die Drogen der Klasse Zwei...oder soll ich das Sondergerät bereitmachen?“ Gandhi lächelte bei der Erwähnung des „Sondergerätes“. Einer der typischen ND – Euphemismen waren die Sondergeräte eine Kollektion an Foltermitteln zur psychischen, vor allem aber physischen Folter, die jeden Inquisitor vor Neid hätte erblassen lassen.
„Die Sondergeräte sparen wir uns für den Schluss auf. Wenn wir drei gleichlautende Ergebnisse bekommen, dann bin ich zufrieden. Aber wir sollten aufpassen, dass wir mit den Drogen keine allzu großen Schäden am Nervensystem anrichten...“
Gandhi nickte: “Ich werde mich drum kümmern. Ich glaube eh nicht, dass wir hohe Dosierungen benötigen.“
„Sehr gut, dann bereiten Sie alles vor. Ross, wenn Sie den Bericht fertig haben, will ich ihn sehen, ich muss den Hunden mal wieder was zu fressen geben.“ Nach wie vor bohrten sowohl der Captain als auch Bayonne nach Ergebnissen, aber Ling hatte bisher alle Einmischungen mit Verweis auf die Empfindlichkeit des Prozesses abgewiesen.

Am nächsten Tag begannen Gandhi und Ling dann mit dem zweiten Teil des Verhörs. Schon bald waren die beiden Saboteure so unter Drogen gesetzt, dass sie selbst wenn sie es gewollt hätten, die beiden Ndler nicht belügen konnten. Ling lies sich von jeder Person alle Details dreimal erzählen, stellte Kontrollfragen und stellte Fallen, um etwaige Unwahrheiten oder Ungenauigkeiten zu entlarven. Doch der Widerstand war endgültig gebrochen. Ling erfuhr weitere Details und erfuhr unter anderem wer den beiden diese Flausen in den Kopf gesetzt hatte. Mit Erschrecken stellte er fest, dass es sich dabei um einen Commander auf der Marsakademie der Flotte handelte. Offensichtlich würde die Folge dieser Verhöre eine umfassende Personalüberprüfung aller potentiell betroffenen Angehörigen der Streitkräfte sein. Ling verließ den Raum vorzeitig. In seinem Büro fand er den Bericht von Ross vor. Diesem fügte er einen eigenen Bericht bei und ging dann zum Funkraum der Redemption. Dort schickte er sämtliches Personal aus dem Raum und ließ Ross den Raum verriegeln. Dann sandte er eine Nachricht mit seinem persönlichen Notfallcode und der höchsten von ihm zu veranlassenden Dringlichkeitsstufe an das Hauptquartier des Nachrichtendienstes. Er hoffte nur, dass man ihn dort auch ernst nehmen würde. Nach wenigen Minuten erhielt er eine Empfangsbestätigung. Nachdem er alle Spuren seiner Nachricht aus den Speichern des Funkgerätes löschte, ließ er die Besatzungsmitglieder wieder hinein und verließ den Raum.

*******************************************************

Kampfpause

Lilja überprüfte ein letztes Mal, ob ihre Uniform richtig saß. In dieser Hinsicht war sie, ebenso wie bei vielen anderen Dingen, stets um Perfektion bemüht. Wenn man ein dickes Fragezeichen in der Akte hatte, dann wollte man, wenn überhaupt, angenehm auffallen. Ja, alles korrekt. Sie verzog die Lippen zu einem zynischen Grinsen – es fehlten bloß noch die Auszeichnungen und verschiedenen Abzeichen, und sie hätte ausgesehen wie eine Teilnehmerin an einem Veteranentreffen. Aber das wäre denn doch etwas übertrieben gewesen. Die Tür zur Nasszelle öffnete sich, und Ina kam hereingeschwebt. Sie hatte sich für eine etwas legere Kombination entschieden. Die jüngere Pilotin lächelte, als sie Lilja erblickte: „Du blickst drein, als ginge es zu einer Beerdigung und nicht zu einem Staffeltreffen. Und deine Aufmachung... He, wir sollen uns ERHOLEN, und nicht einen General begrüßen.“ Die Russin knurrte etwas, was dazu führte, dass Ina leise vor sich hin kicherte: „Immer noch sauer, dass das Ehrengericht dich schuldig gesprochen hat?“ Das Gesicht ihrer Kameradin verdüsterte sich noch etwas. Liljas Art, als Gesprächsthema dem Krieg den Vorzug zu geben, hatte dafür gesorgt, dass sie das ‚Redeverbot’ zum Thema ‚Roter Baron’ natürlich nicht beachtet hatte. Und natürlich hatte Parker das mitgekriegt. Also hatte das ‚Ehrengericht’ – eine Parodie der seit Generationen gefürchteten internen Rechtssprechung der Streitkräfte – sie für schuldig befunden hatte. Was bedeutete, dass sie einen Kasten Bier bezahlen musste, mit dem die Feierlichkeit bestritten wurde. Nun, als zweiten Schuldigen hatte man Claw ausgemacht, der sich zu seinem Pech am allgemeinen Rätselraten zum Thema Saboteur beteiligt hatte. Parker konnte zufrieden sein.

Natürlich war es nicht der ‚Urteilsspruch’, der Liljas Laune trübte. Die Kosten waren relativ gering, selbst wenn ein Kasten Bier jetzt erheblich mehr kostete als zu Beginn der Feindfahrt und nur unter der Hand zu erhalten war, außerdem gönnte sie der Staffel eine kleine Erholung. Auch wenn die eben in etwas Blödelei bestand, von der sie sonst nicht viel hielt. Sie verstand Parkers Kalkül und hielt es für richtig. Andererseits – geselliges Zusammensein war ihre Sache nicht. Sie hatte seit ihren ersten Kriegstagen versucht, ihre Kameraden zumeist auf Abstand zu halten. Denn wenn man die Leute näher kennen lernte, tat ihr Tod – und der war nicht eben unwahrscheinlich – noch mehr weh. Seit sie etliche gute Kameraden und Freunde verloren hatte, hatte sie sich bemüht, derartigem aus dem Weg zu gehen. Wenn dies bedeutete, dass sie nicht eben beliebt war, war ihr es recht. Sie wusste, für ihre Leistungen wurde sie respektiert, das genügte.

Aber eigentlich war es auch das nicht. Was sie verärgerte – mehr als nur verärgerte – war der Umstand, dass Ace wieder auf freiem Fuß war. Offenbar hatte die Sicherheitsabteilung entschieden, dass er doch nicht der mysteriöse Saboteur war. Oder sie war sich nicht sicher. Sie war sich nicht ganz im klaren darüber, was sie mehr verärgerte. Die Möglichkeit, dass er schuldig war, und davonkam – oder, dass sie einen Kameraden irrtümlich eines derartigen Verbrechens verdächtigt hatte. Einen Kameraden, den sie verachtete und ablehnte wegen seiner falschen Ansichten, aber dennoch einen Mitstreiter und guten Piloten. Der so etwas sicher nicht verdient hatte. Sie zuckte innerlich mit den Schultern. Sie würde ihm im Auge behalten. Und wenn er sich als unschuldig erweisen würde – nun, eine Entschuldigung würde sie auch nicht umbringen. Allerdings, sich bei diesem Kerl zu entschuldigen...

Sie schloss sich Ina an, wobei sie ihren Gesichtsausdruck von verärgert zu einfach abweisend veränderte. Schließlich wollte sie den anderen nicht zu sehr den Spaß verderben. Ihre Sorgen waren ihr Problem. Als sie ankamen, hatte sie sich zu einer neutralen Miene durchgerungen – der Umstand, dass sie ja eigentlich den größten Teil der Zeit anderen Menschen zumindest teilweise etwas vormachte, half ihr dabei, sogar so etwas wie Freude zu heucheln. ‚Wenigstens dürfte Ace hier nicht aufkreuzen.’ Dachte sie: ‚Es ist zwar gestattet, Freunde aus anderen Staffeln mitzubringen, aber dazu sollte er hier wohl kaum zählen.’

Parker hatte einen kleineren Freizeitraum ‚beschlagnahmt’ und für ihre Zwecke umfunktioniert. Man hatte ein paar Tische an den Wänden aufgestellt, dort konnte man sich auch setzen. Das Angebot an Essen und Trinken war nicht gerade reichlich, aber für einen Einsatzträger doch mehr als überdurchschnittlich. Eine Musikwiedergabeeinheit vervollständigte die Einrichtung. An den ‚Zweck’ des Treffens gemahnten zwei Plakate – eines war eins der alten „Der Feind hört mit!“-Plakate, wie sie in allen Kriegen verwendet wurden, das andere zeigte einen Akarii mit einer Pickelhaube und einem Monokel, dahinter ein fragiles Dreidecker-Flugzeug im Weltraum. Es hatte angeblich Mutmaßungen gegeben, wem der Schatten des ‚Spions’ auf dem einen Plakat ähnelte...

Anwesend waren außer den Angehörigen der Staffel auch noch etliche Leute vom technischen Personal. Die typischen Standesdünkel lehnte Parker ab, und mit der ‚Chefin‘ wollte keiner diskutieren. Außerdem waren es diese Männer und Frauen, die die Kampfmaschinen überhaupt erst einsatzbereit machten, und ohne sie war jeder Pilot verloren. In den letzten Woche hatten sie einiges geleistet, als es darum ging, die beschädigten Jäger wieder einsatzbereit zu machen. Wenn die Staffel kampfbereit war, dann war das ihr Verdient. Also hatten sie Dank verdient. Und außerdem waren noch ein paar befreundete Besatzungsmitglieder mit von der Partie – die Piloten hatten das Recht, jemanden einzuladen.
Was dazu führte, dass Liljas ansatzweise gute Laune, zu der sie sich fast gezwungen hatte, sofort wieder ins Bodenlose sank. Denn Kano hatte Helen Mithra mitgebracht. Der Blick der Russin offenbarte ungefähr soviel Wärme wie ein Schneesturm, und sie platzierte sich auf der anderen Seite des Raumes.

Lightning traf als letzte ein – ein weiteres Privileg des Kommandos. Bei ihrer Ankunft nahmen die Besatzungsmitglieder Haltung an. Gewohnheiten ließen sich nicht so leicht ablegen. Die Staffelchefin warf einen Blick in die Runde und räusperte sich: „Ich sehe, wir haben eine Menge Besuch. Ich will mich also kurz fassen. Schuldig gesprochen wurden Lilja und Claw, und sie haben ihre Strafe klaglos bezahlt. Offenbar muss ich nicht fürchten, an den Bettelstab zu kommen, denn in meiner Staffel scheint es genug lose Zungen zu geben. Ein beruhigender Gedanke. Aber wir werden ja sehen, ob sich das nicht ändert. Aber ich muss sagen, insgesamt habt ihr euch doch alle am Riemen gerissen, und das freut mich. Ich meine aber, wir dürfen uns nicht künstlich verrückt machen – wie Claw und einige andere zeigen, sind wir das auch so schon genug. Ich habe schon längere Zeit nach einer Begründung gesucht, um ein kleines Staffeltreffen anzuberaumen – wenn man schon immer mit den selben Visagen zusammenarbeiten muss, kann man sie auch besser kennenlernen. Also,“ Sie ließ sich ein Glas geben: „ich trinke auf alle Saboteure und Barone, ob rot oder nicht, und dass sie uns auch weiterhin einen Vorwand geben, uns zu treffen, und mir einen Grund, nicht die Zeche zahlen zu müssen!“
Sie trank aus, und die anderen folgten ihrem Beispiel: „Hier drin müsst ihr übrigens nicht befürchten, für das nächste Treffen vorgemerkt zu werden. Aber sobald diese Feier endet beginnt der neue Countdown. Ich wünsche allen guten Appetit, soweit dies bei der Bordküche möglich ist. Es darf getanzt werden – und wie versprochen bekommt der Pilot, der am besten Schweigen bewahren konnte, die Gelegenheit, zuerst mit mir zu tanzen. Da nun einmal Männer in der Hinsicht parteiisch sind, habe ich mich bei dieser Frage nur mit den beiden anderen Damen beraten, und bin zu einem Urteil gekommen. Die besagte Person ist in diesem Fall“ sie lächelte: „Kano Nakakura. Herzlichen Glückwunsch, Second Lieutenant.“

Kano wäre liebend gerne woanders gewesen, als ihm seine Vorgesetzte ihre Hand in auffordernder Geste darbot. Die beiden ‚Schuldigen‘ an seiner ‚Auszeichnung‘ zeigten deutlich ihre Belustigung. Während Ina breit grinste, zuckten bei Lilja zumindest die Mundwinkel, was bei ihrem Naturell recht vielsagend war. Mit rotem Gesicht folgte er der Aufforderung. Das Kali das ganze offensichtlich ebenfalls lustig fand, war nur eine geringe Erleichterung. Schnell löste sich das formelle Treffen in kleine Gruppen auf. Einige tanzten, andere hatten tatsächlich nichts besseres zu tun, als zu schwätzen – hier durften sie es ja. Allerdings bekam der junge Japaner davon nicht viel mit, denn ein Blick von Lightning genügte, um ihn wieder in Verlegenheit zu stürzen.

Lilja betrachtete das Geschehen mit spöttischem Lächeln. Sie hatte sich an den Rand zurückgezogen. Einerseits rechnete sie kaum damit, aufgefordert zu werden – dazu trugen ihre Narben und ihr nicht eben kontaktfreudiges Verhalten bei. Andererseits war geselliges Zusammensein nicht ihr Hobby. Zu sehr erinnerte es sie an die Abende im Kreis ihrer ersten Einheit.
In einer Ecke stimmte einer der Piloten das Lied der Staffel an, und Lilja schloss sich dem Gesang an. Das war etwas, was sie dem Tanzen vorzog. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, Teil einer Einheit zu sein:
No hope in the morning

When you soar in the space in a fighter-crowd
And you'r scraping with a Bloodhawk and your guns fall out
Well, get overthrust, 'til the engine burn out
'Cos you haven't got a hope in the morning.

For a batman woke me from my bed
I had a thick night an a very sore head
And I said to myself, to myself I said
Oh! We haven't got a hope in the morning!

We were intercepting bombers, twenty-two
Hadn't a notion what to do
So we shot down six Deltas and two Phantoms too!
'Cos they hadn't got a hope in morning.

We attack a cruiser all in vain
The Crusaders said, 'We must explain,
Our missiles get lost; we must do it again,'
Oh! We haven't got a hope in the morning!

Andere Lieder folgten. Seit undenklichen Zeiten hatten Soldaten gesungen, und daran hatte sich nichts geändert. Kano war inzwischen ‚erlöst‘ worden. Er kämpfte sich wieder zum Rand durch und gab sein bestes, ein paar spöttische Bemerkungen zu überhören. Kali wartete auf ihn. Ihren Gesichtsausdruck kannte er – nun, er durfte ausgerechnet von ihr auch kaum mit Erbarmen rechnen. Aber dann ließ sie es doch bei einem: „Ich wusste ja nicht, dass du SO ein Draufgänger bist, der sich gleich an seine Staffelchefin ranmacht...“ bewenden. Schlimm genug. Dann lächelte sie spöttisch: „Wollen wir auch einmal?“ Kano nickte und verfluchte sich innerlich, weil er wieder rot wurde.

Als die Feier endete, war Parker mit sich zufrieden. Natürlich half so etwas nicht gegen die sehr reelle Gefahr, die vom Feind oder potentiellen Verrätern ausging. Aber indem man darüber lachte, es ins Lächerliche zog, nahm man wenigstens der Gefahr die Spitze, dass die Mannschaft sich selbst schwächte, indem sie in ihren Vermutungen dem Feind mehr Macht zuschrieb, als er ohnehin hatte. Es tat den jungen Männern und Frauen – denn die meisten WAREN jung, sogar im Vergleich zu ihr, und sie war keineswegs alt – einfach gut, mal beisammen zu sitzen und sich die Zeit zu vertreiben. Sie würde an der Idee festhalten.

Lilja war unter den letzten, die gingen. Sie hatte sich am Rande gehalten – aber doch teilgenommen. Ob sie wollte oder nicht, sie gehörte zur Staffel und zur Besatzung des Trägers. Gehörte dazu in einem umfassenderen Sinne, als nur Teil einer Kampfmaschinerie zu sein. Aber sie wehrte sich dagegen, diese Soldaten als ihre Freunde zu betrachten. Nicht, weil sie diese nicht mochte oder verachtete – sondern weil sie Angst hatte, miterleben zu müssen, wie der Krieg auch hier wieder blutige Lücken schlagen würde. Sie verdrängte ihre düsteren Gedanken – sie hatte noch etwas zu erledigen.

Kali und Kano gingen im kameradschaftlichem Schweigen nebeneinander her. Es war eigentlich ein netter Abend gewesen – ohne den Zusammenstoß mit Lilja, den Kano insgeheim befürchtet hatte. Die Russin hatte sich zurückgehalten, warum auch immer. Er wusste immer noch nicht, wie Kali eigentlich über ihn dachte, aber mit ihr zusammen zu sein war von großer Bedeutung für ihn. Sie hatte sich offenbar von ihrem Zusammenbruch erholt – und von den Gerüchten, die über sie kursierten, und über ihren früheren Zimmergenossen. Aber sie vermied es, irgend etwas zu sagen, dass Auskunft gegeben hätte über ihre Gefühle. Das lag – unausgesprochen – zwischen ihnen. Denn Kano vermutete, dass sie wusste, was er für sie empfand. Aber sie war nicht Willens, ein Zeichen zu geben ob sie diese Gefühle ablehnte, sie ihr gleichgültig waren oder sie diese etwa erwiderte. Dennoch genoss er ihre Gegenwart: ‚Auch wenn wir lediglich gute Freunde sind, so tut es gut, mit jemanden wie ihr befreundet zu sein.‘

Bei ihrer Kabine stoppten sie. Kali nickte ihm zu und öffnete die Tür. Beide zögerten. Das: „Gute Nacht.“ Von Kano klang, als hätte er gerne etwas hinzugefügt – aber er wusste nicht, wie er es sagen sollte. Auch Kali schien unsicher, vielleicht, weil sie nicht gewusst hätte, was sie hätte antworten sollen. Die Sekunden dehnten sich, doch dann schnitten straffe Schritt durch das Schweigen. Um eine Gangbiegung tauchte eine schlanke Gestalt auf. Lilja.

„Ich dachte mir schon, dass ich dich hier treffe.“ meinte sie, direkt wie immer. Sie achtete nicht auf die Reaktion, sondern fuhr gleich fort: „Also, ich wollte nur eines sagen. Ich rate dir, vorsichtig zu sein. Du weißt weswegen. Pass auf dich auf, und auch auf deine Freundin, die hat es nötig, dass sich jemand um sie kümmert.“ Mit diesen Worten – Kalis Gegenwart sowie das empörte Nach-Luft-schnappen der Inderin ignorierend, die sich gut vorstellen konnte, was Lilja meinte – drehte sie sich um und marschierte davon, den Rücken gerade wie ein Ladestock. Kano blickte ihr verdutzt hinterher. Dann warf er Kali eine Seitenblick zu – sie starrte der Russin empört hinterher. Was auch immer er vielleicht hatte sagen wollen, es war wohl kaum der richtige Augenblick.

In ihrer Kabine lag Lilja schweigend in ihrem Bett. Sie hörte die Atemzüge Inas, die offenbar schon lange eingeschlafen war. Das Dunkel umgab sie, und sie fragte sich unruhig, ob sie die, die ihr etwas bedeuteten – und das hieß eben auch ihre neuen Kameraden, vor allem aber ihre Zimmergenossin – ebenso verlieren würde wie ihre alten Freunde. Sie hatte Angst davor, aber sie wusste, sie würde sich dem stellen müssen. Vielleicht schon bald.

*********************************************

Als Second Lieutenant Mitra den Geheimdienstoffizier an seiner Kabine abpasste, kam ihr ihre Aktion mehr als nur dämlich vor.
„Lieutenant Rowland, hallo, haben Sie etwas Zeit für mich?“
Der Geheime sah sie an. Seine Gesichtszüge zeigten schnell ein erfreutes Lächeln. „Ah, Kali. Ich meine Lieutenant Mitra. Hat Sie der Weißkittel also aus seinen Fängen gelassen.
Wollen Sie nicht reinkommen?“
„Danke, Sir, ja, aber es geht schnell.“
Ob der Offizier darüber enttäuscht war, zeigte er nicht. Sein joviales Lächeln, wie es besorgte Unteroffiziere gerne einmal aufsetzten, besagte nur: Vertrau mir.
Kali betrat die karge Offiziersunterkunft. Sie war noch etwas spartanischer eingerichtet als die Kabine, welche sie so lange mit Ace geteilt hatte. Dies wohl deswegen, weil jede persönliche Note fehlte. Es lag nicht einmal gebrauchte Wäsche herum.
„Darf ich Ihnen was anbieten, Lieutenant Mitra?“
Kali lächelte und kam sich schon wieder dumm vor. „Nein, danke, Sir. Äh, weswegen ich hier bin. Würden Sie mir eine Frage beantworten?“
Das Lächeln verschwand. „Das kommt auf die Frage an, Kali.“
Die junge Frau druckste verlegen. „Sir, es ist… Ich will keine Staatsgeheimnisse wissen oder so. Mir ist auch egal, warum wir hier nutzlos im Orbit rumhängen. Ich bin Soldatin und habe meine Befehle. Es ist nur… Haben Sie schon das Gerücht gehört, wir hätten einen Saboteur an Bord?“
„Ja, dieses Gerücht“ – das Wort betonte Rowland nachdrücklich –„habe ich auch schon gehört. Wenn Sie mich fragen wollen, rein hypothetisch, ob wir einen Saboteur an Bord haben…“
„Nein, nein, nein. Es ist nur so, rein hypothetisch, könnte der Saboteur in meinem Bekanntenkreis zu finden sein? Ich meine, wenn es ihn gäbe.“
Die zuletzt hart gewordenen Züge entspannten sich in Rowlands Gesicht. Er lächelte sogar ein wenig.
„Ace.“
„Ja. Nein, ich meine… Ich weiß es genau, ich bin mir da absolut sicher. Aber ich habe so viel gehört. Und Ace und ich, wir… Ach, ich weiß es einfach nicht. Commander Ling kann ich so etwas nicht fragen, er würde sofort meine Kabine verwanzen, wenn er bemerkt, dass ich existiere. Captain Bayonne dürfte dafür auch der Falsche sein. Aber Sie, Sir, sie haben einen sehr verständnisvollen Eindruck auf mich gemacht, und da dachte ich… Da dachte ich…“
Nun kam sie sich vollends wie eine Idiotin vor.
Rowlands Lächeln wurde breiter. „Nein.“
„Wie?“ fragte Kali verwirrt.
„Die Antwort auf Ihre Frage, Lieutenant Mitra. Nein. Ich glaube nicht, dass Ace – wenn es den hypothetischen Fall gäbe, dass jemand das Schiff sabotiert – der Saboteur wäre.
Er ist ein ewiger Idealist. Er glaubt an solche Dinge wie Ehre, saubere Kriegsführung. Wahrscheinlich sieht er den Raumkampf sogar wie ein Duell an.
Nein. Um Ace brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich bin mir da sehr sicher. Egal, was die anderen Ihnen sagen, zweifeln Sie nicht an ihm.
Ich denke, er ist ein treuer Freund und ein guter Pilot.
Aber wenn Sie ihm erzählen, dass ich das gesagt habe, kündige ich Ihnen die Freundschaft, Kali.“
Helen Mitra lachte, Rowland fiel ein. Die Erleichterung war ihr geradezu anzusehen. Sie ergriff die Hand des Geheimdienstoffiziers und schüttelte sie fest mit beiden Händen.
„Danke, Sir. Und wenn ich mal was für Sie tun kann…“
„Schon in Ordnung, Kali.“
„Danke noch mal“, rief sie erneut und verließ bereits die Kabine.

Kurz darauf stand sie vor Kano Nakakuras Kabine. Der Pilot hatte ebenso wie sie Freiwache, sah aber reichlich zerknittert aus. Er hatte wohl geschlafen.
„Kali? Du? Was ist passiert? Du wirkst so fröhlich.“
„Ah, nicht so wichtig. Ich wollte dich fragen, kommst du mit in die Messe? Es gibt Erdbeereis.“
Ohkas Blick ging über sein zerknittertes Uniformhemd. „Gib mir eine Minute.“
Die Tür schloss sich wieder. Helen richtete sich auf eine Wartezeit von zehn Minuten oder mehr ein. Garantiert würde Kano seine komplette Garderobe wechseln. Sein Äußeres war ihm sehr wichtig.
„So, Ace“, murmelte Kali zu sich selbst, „ein Saboteur bist du nicht. Egal, was die Eisoma sagt. Aber du bist immer noch ein Arsch. Treibst mich durch Tiefs und Hochs. Da ist mir Ohka lieber. Er weiß zwar nicht, was er will, aber er ist beständiger…“
Sie lauschte dem Klang ihrer eigenen Stimme nach. Hatte das überzeugend geklungen? Sie wusste es nicht.

***

Nach meiner letzten Patrouille klopfte ich ausgesprochen höflich an Rowlands Kabinentür an.
Nach seinem Herein trat ich ein. Für einen winzigen Augenblick erstarrte der blonde Mann.
„Was wollen Sie, Davis? Für eine Revanche stehe ich nicht zur Verfügung.“
Ich winkte ab. „Bedaure, kein Interesse, Sir. Sie kämpfen in einer anderen Liga als ich. Mir juckt immer noch das Nasenbein vom letzten Mal.“
Sein Blick wurde kalt, berechnend. Die Frage stand erneut unausgesprochen im Raum.
Ich wog meine Optionen ab. Dreist oder sachlich? Ich entschied mich für Letzteres.
Ich ging in Rührt-euch-Stellung und sah auf einen imaginären Punkt in Augenhöhe.
„Erlaubnis, frei sprechen zu dürfen, Sir.“
„Erlaubnis erteilt, Lieutenant.“
„Sir, erinnern Sie sich an die Einsatzbesprechung mit den Commmander McQueen, Cunningham, Captain Bayonne, Ihnen und mir?“
Rowland nickte knapp.
„Erinnern Sie sich daran, was ich Ihnen über Flieder gesagt habe?“
Wieder nickte Rowland.
„Ich gehe davon aus, dass Flieder ein Misserfolg war. Sonst wäre der Populationsgürtel nicht mit Atombomben ausradiert worden. Diese Attacke vertuscht zweifellos den Tod von ein paar Millionen Akarii-Zivilisten.“
„Worauf wollen Sie hinaus?“
Ich straffte mich. „Sir, wissen Sie, dass ich das Gerücht über die außer Kontrolle geratene künstliche Akarii-Seuche in die Welt gesetzt habe?“
„Ich frage noch mal. Worauf wollen Sie hinaus?“
„Ich habe Ihnen geholfen, obwohl es gegen meine Überzeugung war. Ich habe mich beinahe so schuldig gemacht wie Sie, Bayonne, Cunningham. Nur habe ich nicht deren Vorteile.“
Ein kurzes Glitzern war in den Augen des Geheimen zu sehen. „Okay, ich verstehe. Was wollen Sie?“
„Sir, ich will und werde Sie nicht erpressen. Noch lebe ich, aber ich bin mir sicher, sollten Sie Verdacht haben, ich könnte unzuverlässig sein und Details ausplaudern, wäre das harmloseste, was mir passieren kann, eine unehrenhafte Entlassung.
Sie sagten damals in diesem Gespräch Dinge, die… ah, meine Karriere betrafen. Ich denke, es ist nicht zuviel verlangt, wenn Sie diese… Worte zurücknehmen und meiner Karriere ihren normalen Werdegang zuzugestehen. Angesichts eines fehlgeschlagenen Geheimprojekts kein zu hoher Preis, finde ich.
Und dann wäre es eigentlich ganz nett, wenn Sie… ah, Commander Ling etwas… Nun, von mir ablenken. Er hegt da ein nerviges Interesse an meiner Person, das vollkommen unangebracht ist.“
„War es das? Wollen Sie nicht noch ein paar Orden? Oder zum Commander befördert werden? Wieso nicht gleich zum Captain? Und wenn wir schon dabei sind, wollen Sie nicht ein eigenes Geschwader haben?“
„Sir“, erwiderte ich entrüstet. „Ich habe meine Worte durchaus ernst gemeint.“
„Ich auch“, sagte Rowland gefährlich leise. „Wenn Sie schon bereit sind, mit uns zu paktieren, Cliff, warum machen Sie es nicht gleich richtig? Der Geheimdienst kann Ihnen viel Gutes tun.“
Beförderung? Eigenes Geschwader? Mein Magen begann zu kribbeln. Was für eine Chance. Und der Preis war gering. Meine Seele, meine Integrität und mein Gewissen.
„Nein, Sir, ich denke, ich begnüge mich mit dem bereits Gesagten.“
Die Augen Rowlands verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Wie Sie wollen, Cliff. Und jetzt raus hier. Und wagen Sie es nie wieder, mir aufzufallen.“
Ich dreht auf dem Absatz um und verließ die Kabine. Dort drehte ich korrekt auf dem rechten Absatz um neunzig Grad und schloss die Tür. Kurz darauf lehnte ich an einer Wand und versuchte mein rasendes Herz zu beruhigen.
Auch so schon hatte ich dem Teufel mehr Rechte an meiner Seele verkauft, als mir lieb war. Egal, was Rowland gesagt hatte. Entweder gehörte ich nun zum Aktiv-Inventar des NIC, oder stand auf der Abschussliste. Falls die Akarii ihm diese Arbeit nicht vorher abnahmen.
23.11.2015 06:48 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Ansichten

Ace betrat die Messe, als gerade Hochbetrieb herrschte. Die eine Schicht nahm gerade ihre „Abendmahlzeit“ ein, während eine andere gerade „Mittagszeit“ hatte. Die künstliche Zeiteinteilung an Bord des Trägers führte immer wieder zu Überschneidungen. Dass es keinen normalen Tag-Nacht-Rhythmus gab, war eine der unangenehmen Begleiterscheinungen der Feindfahrt. Augenblicklich quoll der Raum über von Lärm – und von Gerüchen. Nicht unbedingt die angenehmste Mischung, etwa für ein übermüdetes oder eben erst erwachtes Besatzungsmitglied. Aber momentan konnte wenig die gute Laune des jungen Piloten trüben. Die Gerüchte ihn betreffend waren im Schwinden begriffen und das war natürlich ein Grund zur Freude. Allerdings machte er sich wenig Illusionen. Einige würden ihn auch weiterhin ansehen, als fragten sie sich, ob er nicht vielleicht doch... Lilja zum Beispiel. Es war mehr oder weniger durchgesickert, dass sie ihn nicht nur ziemlich verachtete – sie traute ihm auch nicht. Dies ärgerte ihn, obwohl er fragte sich, warum ihn das überhaupt kümmern sollte.
Möglicherweise lag es daran, dass die Russin mit ihrer sturen, uneinsichtigen Art wie ein Sandsack wirkte. Wie man auch darauf einschlug, es wurde aufgefangen und abgefedert. Ihr auch nur eine gewisse Anerkennung abzutrotzen oder sie dazu zu bringen, ihre bornierte Einstellung die Akarii betreffend zu überdenken, schien unmöglich. Vermutlich wollte er es deshalb trotzdem schaffen.

Wenn man vom Teufel sprach, roch es zumeist auch schon nach Schwefel. Er hatte sich kaum mit seinem Tablett auf die Suche nach einem Sitzplatz gemacht, als er die Pilotin entdeckte. Sie saß zusammen mit einigen Angehörigen der verschiedenen Staffeln an einem der Tische und diskutierte offensichtlich erregt. Und wie es der Zufall wollte – gerade wurde ein Platz frei. Ace überlegte kurz. Sollte er hingehen? Eigentlich war es nicht richtig, mit Absicht einen Zusammenstoß zu riskieren. Andererseits – warum nicht? Er hatte es sich verdient. Und der Gedanke daran, dass sie zu denen gehörte, die ihn für fähig hielten, Kalis Jäger zu manipulieren war nicht geeignet, ihn kompromissbereiter zu machen.

Das Gespräch verstummte abrupt, als er den Tisch erreichte. Die Piloten starrten ihn an – einige neugierig, andere fast verlegen. Nur Liljas Gesicht zeigte wie immer nichts als eine leichte Verachtung, deren Deutlichkeit das einzige war, was sie im Umgang mit ihm variierte. Das Lächeln, das um ihre Mundwinkel spielte, war eindeutig nicht freundlich gemeint. Andererseits konnte Cliff Davis jetzt kaum zurückstecken: „Was dagegen, wenn ich mich setzte?“ fragte er ruhig. Ein paar Blicke wurden gewechselt, dann schüttelte einer der Piloten den Kopf: „Nein, natürlich nicht.“ Er nahm Platz. Was um alles in der Welt ging hier vor? Vermutlich wurden hier nicht die alten Spionagegeschichten aufgewärmt – dann hätten die Piloten anders reagiert. Aber dennoch schien seine Ankunft die Diskussion unterbrochen zu haben, und die meisten scheuten sich, sie wieder aufzunehmen.

Er wollte gerade anfangen zu essen, als Liljas trockene, raue Stimme erklang. Sie hatte offenbar wenig Probleme, das Gespräch fortzusetzen: „Nun ja. Zurück zum Thema. Ich bleibe dabei. Es sind ganz nette Bilder, aber so lange nicht noch ein paar mehr Welten so aussehen, nützt es gar nichts. Wenn wir das Video von einer Kernwelt im Schrank haben, das wäre etwas wert.“ Ace spürte, wie in ihm die Wut hochstieg. Darum ging es also. Sie hatten über die Aufnahmen von Troffen geredet. Er wusste, dass Videos von der Bombardierung im Umlauf waren, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, wer sich so etwas ansehen WOLLTE. Und seine Ankunft hatte diese Unterhaltung unterbrochen. Natürlich, er war ja Ace, der Akariifreund. Die halbe Echse. Die Vorstellung, über solche Verwüstungen zu reden wie über die Aufnahmen eines Footballmatches, erfüllte ihn mit Abscheu.

Er starrte Lilja an die seinen Blick trotzig erwiderte. Trotzig, und voll Verachtung. Ihre Stimme klang boshaft: „Was denn, Superpilot? Keinen Appetit beim Gedanken an deine schuppigen Lieblinge?“ Die meisten der anderen blickten woanders hin, nur nicht auf ihn oder Lilja. Aber zwei oder drei schienen geradezu auf seine Reaktion zu lauern: „Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein! Willst du wirklich noch mehr Welten so verwüsten? Es war notwendig hier, weil eine Seuche ausgebrochen war“ die Lüge schmeckte bitter, denn er wusste es besser: „aber es wäre Wahnsinn und MORD, so etwas gezielt zu machen. Das kann keiner wollen!“ Und dennoch, er wusste, es GAB Leute, die genau so etwas tun würden, wenn sie es für nötig hielten. Er kannte diese Leute, und anders als die Russin waren sie sogar im Stande, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Aber das würde er nie akzeptieren können!
Lilja betrachtete ihn abschätzig: „Seuche oder nicht, das ist doch egal. Wenn wir ein paar Welten mehr so zurichten würden – auch ein paar WIRKLICH wichtige Planeten – dann würden sich die verdammten Fritzen vielleicht überlegen, dass ihr Krieg doch keine gute Idee war!“ „Meinst du etwa, dann würden sie aufhören? Und nicht auf die gleiche Art zurückschlagen! Ist es das, was du willst?“ Sie lachte: „Hört euch unseren Superhelden nur an! Mach die Augen auf, Baby! Deine verdammten Schützlinge haben schon längst damit angefangen! Oder haben sie unseren Leuten auf Manticor eine Chance gelassen? Oder anderswo?“ „Das ist Krieg. Das waren Soldaten...“ meinte er, aber sie ließ ihn nicht ausreden: „Scheiß auf deine Soldaten! Die hatten ebenso wenig Hoffnung auf Überleben gegen eine Neutronenbombe, wie ein Kleinkind in der Wiege! Und den will ich sehen, du HELD, der das ihren Familien weismacht!" Er musterte sie, suchte nach einem schwachen Punkt. Aber der Panzer aus Hass, den sie um sich errichtet hatte, wies keine Lücke auf: „Selbst wenn, willst du Krieg so führen, wie die ihn angefangen haben? Bis auf beiden Seiten nur noch ausgebrannte Planeten übrig sind?“ „Ich möchte, dass die Schweine bezahlen für das, was sie angerichtet haben! Wie man nur so blöd sein kann, das nicht zu verstehen! Haben wir den Krieg begonnen? Nein! Haben wir ihn gewollt? Nein! Haben sie uns eine Wahl gelassen? NEIN! Ich will dir sagen, WAS ich will! Ich will, dass sie lernen, was es heißt, einen Krieg anzufangen! Ich will, dass sie begreifen, was es kostet, eine andere Nation zu überfallen! Ich will, dass es sich für immer in ihr Gedächtnis brennt: DAS BLÜHT DEM ANGREIFER! Wir kämpfen fast überall auf unserem Territorium, und wer weiß, wie lange noch! Sollen die Akarii UNS angreifen, so dass wir den Krieg erleiden, sie aber nicht? Was weißt DU schon vom Krieg!“

Er spürte, wie sie sich verkrampfte, als ihre Gefühle an die Oberfläche kamen. Jetzt war es noch deutlicher als damals in der Trainingshalle. Der Hass auf die Akarii war der Punkt, wo ihre Selbstbeherrschung versagte: „Weißt du, wie es ist, mitzuerleben, wie die eigene Staffel stirbt? Wie es ist, den Tod deiner Freunde über Funk zu verfolgen? Was es bedeutet sich neben einer leeren Koje schlafen zu legen, neben ihr aufzuwachen, und zu wissen, dein Kamerad ist tot? Nicht einmal ein Grab zu haben, an das man gehen und Abschied nehmen kann? Wenn man morgens in der Kantine sitzt, oder bei der Besprechung, und von heute auf morgen sind ein Drittel, die Hälfte oder mehr der Plätze verwaist? Hast du jemals einen Brief an Eltern, an Verwandte von toten Kameraden geschrieben? Und dich gefragt, ob sie dir nicht vielleicht einen Vorwurf machen, insgeheim, denn DU lebst ja noch? Hast du junge Menschen als Wracks wiederkehren sehen, wenn überhaupt, und immer neue kamen und gingen? Hast du? Nein! Dann erzähle mir nichts darüber, WIE DER KRIEG IST! Ich habe gesehen, wie Leute daran zerbrochen sind, die der Krieg nicht brechen konnte. Schon allein dafür verdienen die Fritzen den Tod. Und dafür müssen SIE bluten! Dafür, und um sicherzustellen, dass sich so etwas nie wieder ereignen kann! Dass sie so etwas nie wieder jemand antun können! NIE WIEDER, HÖRST DU?“

Ace hätte beinahe abwehrend die Hände erhoben. Er wusste, sie war jetzt kaum für vernünftige Argumente erreichbar, wenn sie das überhaupt einmal war. Aber das Wissen darum, was sich auf Troffen abgespielt hatte, ließ auch ihn die Vorsicht vergessen: „Es ist ja wohl die Pflicht jedes Offiziers, einen Brief an die Eltern eines toten Untergebenen zu schreiben. Also tu nicht so, als wäre das eine Belastung, die nur dir auferlegt ist! Und“ seine Stimme wurde lauter, fast drohend: „ich SCHLAFE in der Koje eines Toten!“
Sie zuckte wie unter einem Schlag zusammen, aber nicht, weil seine Antwort ihn überzeugt hatte: „Und was, du Aß, wenn der Offizier tot ist? Oder wenn du die Leute gekannt hast, besser als einfach nur einen Untergebenen? Was, wenn die Person in der Koje für dich mehr war als eine Dienstnummer und ein Name? Wenn sie ein Gesicht hatte? Wenn du mit ihr befreundet warst? Was dann? Dein Vorgänger – KANNTEST du ihn?“ Er starrte sie an, jetzt ebenfalls wirklich wütend. Sie war so stur und dumm!
„Dann sag mir mal, OMA“ er wählte mit Absicht den beleidigenden Spitznamen, der Lilja verpasst worden war: „warum du hier bist. Nur um Rache zu nehmen, oder auch für deine Familie? Um sie zu schützen. Du hast doch Familie – oder wurdest du im Labor für Superpiloten geklont.“ Für einen Augenblick dachte er, jetzt sei er endgültig zu weit gegangen. Das vernarbte Gesicht des Russin war zu einer hasserfüllten Fratze erstarrt. Ihre eine Hand tastete nach unten, er wusste, es hieß, sie trüge ein Stiefelmesser bei sich. Doch sie beherrschte sich – knapp: „WAGE es nicht, noch einmal meine Familie zu erwähnen, du verdammter Fritzenfreund!“ zischte sie: „Jeder von ihnen ist zehnmal mehr wert als du.“
Sie atmete tief durch. Ihre Stimme klang jetzt tonlos: „Natürlich bin ich auch, oder besser besonders, für sie hier. Für sie und für meine Heimat.“ „Und glaubst du nicht, dass es bei den Akarii ebenso ist? Denkst du, die haben nicht auch eine Familie und eine Heimat, der sie dienen – und die sie glauben schützen zu müssen?“ Insgeheim dachte: ‚und wer weiß, ob sie damit nicht Recht haben, bei dem, was wir tun.’ Lilja hätte beinahe ausgespuckt: „Idiot! Wie kannst du das nur vergleichen! Ich, wir sind hier, um unsere Heimat zu verteidigen! In einem Krieg, der uns AUFGEZWUNGEN wurde. Ein bisschen komisch die Vorstellung, man müsse einen Akariiplaneten über Manticor verteidigen, indem man den Krieg anfängt, der erst zu einer Bedrohung führt! Das unterscheidet die verdammten Fritzen von uns! Sie wollten den Krieg! Sollen sie ihn haben, bis sie darin ersaufen!“

Jetzt starrten auch die restlichen Piloten die Russin an. Sie zitterte, aber bestimmt nicht vor Kälte oder Furcht. Ihre Augen bohrten sich in die von Ace. Der wusste nicht so recht , was er darauf erwidern sollte. Er hatte gute Argumente, aber gegenüber solcher Gefühle waren die wenig nütze. Plötzlich schien Lilja zu bemerken, dass alle sie anstarrten. Sie biss die Lippen zusammen und warf Ace einen hasserfüllten Blick zu: „Das hier wird nicht enden, ehe wir den Akarii die Lust am Krieg nicht ein für alle mal ausgetrieben haben!“ Mit diesen Worten stand sie abrupt auf und ging. Er blickte ihr hinterher und registrierte, dass in den Augen der meisten anderen Soldaten am Tisch keineswegs Missbilligung lag. Jedenfalls nicht Lilja gegenüber. Dachten viele wie sie? Er wollte es nicht glauben. Zumindest einer der Piloten schien der Situation immerhin noch etwas abgewinnen zu können. Er grinste Ace zu: „Prost Mahlzeit!“

***************************************************

„Okay, Leute, wer will noch mal, wer hat noch nicht?“ Grinsend klopfte ich auf den beständig gewachsenen Stapel an Reals auf dem kleinen Tisch neben dem Gefechtssimulator. Es waren mittlerweile zweihundert, und um diese Summe zusammen zu kriegen, musste Lone Wolf lange stricken. „Wer tritt gegen den Wunderpiloten an und schießt ihn aus den eisigen Weltraum? Mit zwanzig Creds seid Ihr dabei.“
Die Liste der Opfer meiner neuen Freizeitbeschäftigung war recht lang. Angefangen hatte es mit einem Techniker vom Startkatapult, der seine Kameraden am öffentlich zugänglichen Sim reihenweise vom Himmel geholt hatte.
So gut der Junge auch war, gegen einen ausgebildeten Piloten war er mit wehenden Fahnen untergegangen. Der Junge hatte Revanche gefordert, und so war der erste Zwanziger neben mir gelandet.
Danach hatte ich drei Techs um ihr Geld erleichtert, einige von den Mirage-Piloten und ein paar Griphen-Flieger.
Die Phantom sollte man eben nie unterschätzen, vor allem nicht bei einem Piloten wie mir, der dem Kurvenkampf auswich und stattdessen gerne und oft nahe ranging.
Mein exzellentes von Bein-Manöver brach meinen Gegnern dann meistens das Genick.
Das Spiel war einfach. Solange ich hier saß, lag der Pott neben mir. Wer ihn haben wollte, musste gegen mich, den Champion antreten und selbst zwanzig drauflegen.
Für mich war es eine einfache Rechnung. Ich hatte nicht einen einzigen Real auf diesen Haufen draufgepackt. Ich konnte nur gewinnen. Und selbst wenn Lone Wolf aus seinen elysischen Gefilden herabstieg, um mich persönlich durch den fiktiven Weltenraum zu prügeln und um meine harten Reals zu bekommen, so hatte ich doch eine Menge Spaß und Praxis gehabt.
Wieder grinste ich in die Runde.
„Na? Will keiner? Ach, kommt schon, ich habe noch eine ganze Stunde Freiwache. Es muss doch noch einen geben, der Geld über hat.“

Mein Blick fiel eher zufällig auf die beiden Neuankömmlinge im Hintergrund des Raumes.
Imp und Lilja. Es war allgemein bekannt, dass die Eisprinzessin jede freie Minute Simzeit nutzte. Und wenn der Sim belegt war, kam sie gerne und oft zu den nicht ganz so hochwertigen Freizeitsims, mit denen ich gerade spielte.
Nein, nicht Oma. Die Frau hatte so was – seit unserer ersten Begegnung versuchte ich es in Worte zu fassen, aber es gelang mir nicht.
Es war nicht böse, dunkel oder finster. Aber es verfolgte die Russin auf Schritt und Tritt und versauerte ihr das Leben. Zudem hatte sie ihr cholerisches Temperament wenig unter Kontrolle, wie ich damals in der Trainingshalle erfahren hatte.
Es gab wirklich besseres, als die zwischen uns schwelende Feindschaft noch ein wenig zu vertiefen, indem ich sie im SimFight wegfegte.
Besiegte sie mich aber, kam mit Sicherheit zu ihrer arroganten Sicht der Dinge noch eine große Portion Überheblichkeit.
Nein, Lilja war wirklich nicht gerade mein Lieblingsgegner. Also hielt ich die Klappe, lehnte mich zurück und tat, als könne mich kein Wässerchen trüben.
Aber ich hatte die Rechnung leider ohne Radio gemacht.
Das selbst ernannte Kommunikationsnetzwerk der RED hatte die beiden Neuankömmlinge natürlich sofort erkannt.
Und er hatte in meinem Gesicht sicher gelesen wie in einem offenen Buch.
Nur, wem galt meine Abneigung? Imp? Sie war zwar recht groß, aber eine gute Pilotin, stets freundlich und immer korrekt.
Lilja? Sie war auch eine gute Pilotin, aber ansonsten gab sie sich, als würde sie regelmäßig Eisbarren schlucken, um ihre starre Haltung nicht aufgeben zu müssen.

Als Radio den Mund öffnete, wusste ich bereits, dass ich verloren hatte. Dieser verdammte Arsch würde schon dafür sorgen, dass Lilja in das freie Sim stieg und gegen mich flog.
Ich bekam nicht viel mit von dem, was Radio und die beiden Frauen sagten.

Aber das Ergebnis war eindeutig. Langsam, beinahe hoheitsvoll, als hätte sie den Eisbarren gerade erst nachgefüllt, kam sie auf mich zu. Als sie Anstalten machte, in den zweiten Sim zu steigen, sperrte ich ihn mit meinem Bein ab.
„Kein Bedarf, Eisprinzessin.“
Sie sah mich mit einer Mischung aus Interesse und Abfälligkeit an.
„Nanu? Hast du Angst, Ace? Oder zockst du nur Anfänger ab?“ Um ihre Lippen spielte ein eisiges Lächeln.
„Nein, das ist es nicht. Ich habe bloß keine Lust, nachher deine schlechte Laune zu ertragen, wenn ich die Einzelteile deines Jägers durch den virtuellen Weltraum verstreue.“
„Dazu kommt es nicht, Aß. Ich werde dich vorher von deinem hohen Ross runterholen, karascho?“
Mist. Es war mir egal, wenn die anderen Piloten und Besatzungsmitglieder dachten, ich wolle kneifen. Aber eigentlich hatte sie die Abreibung verdient. Sollte ich oder sollte ich nicht?
Ich nahm das Bein wieder weg. Lilja quittierte es mit einem beinahe freundlichen Schmunzeln.
„Moment, Eisprinzessin“, sagte ich. „Wer in diese Mühle steigt, der kämpft um den Pott von zweihundert Real. Du musst etwas setzen, wenn du dich mit mir messen willst.“
„Wie viel?“ fragte sie sofort und langte in ihre Uniform.
Ich zwang mich zu einem Lächeln. Was mir ehrlich gesagt schwer fiel. Immerhin konnte mein neuer genialer Einfall, Lilja von einem Spiel gegen mich abzuhalten, auch mächtig nach hinten los gehen.
„Nun, Eisprinzessin, dein Einsatz ist etwas höher als der der anderen.“
Mein Lächeln wurde diabolisch. Plötzlich machte die Idee mir Spaß. „Hier liegen zweihundert Real. Du bist eine erfahrenere Pilotin als ich. Wir sind beide Asse, aber du hast Situationen hinter dir, die ich vielleicht nicht überlebt hätte. Es ist nur fair, wenn wir das alles… ah, etwas angleichen.“
Sie musterte mich aufmerksam. Komisch, wenn ihre Züge mal nicht hassverzerrt waren, störten die Narben gar nicht mal so sehr. Nein, das feine Gespinst weißer Linien machte sie sogar interessant. Wütend zwang ich mich dazu, mich wieder auf mein Vorhaben zu konzentrieren. Das war Lilja, die Eisprinzessin. Die Frau, die mich wahrscheinlich auf der Abschussliste noch vor dem Roten Baron stehen hatte.
„Wie viel mehr? Ich habe leider nur vierzig hier, aber ich kann was holen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, Lilja, kein Geld. Der Einsatz bist du.“ Jetzt entschied sich, ob mein Bluff funktionierte.
„Was, bitte?“ fragt sie verdutzt und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Sag mal, was ist daran nicht zu verstehen? Wenn Du gewinnst, dann gehört dir der Pott. Wenn ich gewinne…“
Sie wurde rot. Ich sah auf ihrer Stirn bereits eine große Ader pochen. Aber bevor sie half, die Lockerung meines Kiefers, bereits exzellent von Kali vorbereitet, ein wenig zu vertiefen, fügte ich hinzu: „Wenn ich gewinne, verbringen wir beide einen niedlichen kleinen romantischen Abend.“ Ich zwinkerte. „So richtig mit Essen, Musik und dem ganzen Kram. Na?“
Für einen Moment war Lilja sprachlos. Etwas, was selbst für die eher wortkarge Kaukasierin selten war.
„Karascho, Fritzen“, sagte sie und stieg in die Maschine.

Ich spürte, wie die Verlegenheit in mir brannte. Mist. So oder so, ich würde verlieren.
Einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, mich von ihr abschießen zu lassen und das Geld zu opfern. Aber da stand mein verdammter Stolz vor. Ich hatte sieben Abschüsse. Ich trug das Cross. Wenn ich unterging, dann weil mein Gegner besser war. Einen anderen Grund ließ ich nicht zu.
Ein Raunen ging durch die Menge, als sich der große Monitor über den Sims aktivierte und auf jeder Hälfte die Sicht einer Simkapsel zeigte.
Ich setzte den Helm auf und schloss die Kabine. Sofort aktivierte sich die Kapsel.
Die Konfiguration entsprach meinem favorisierten Jäger, der Phantom, es fehlte eigentlich nur der Trackball. Ich zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass Lilja die Typhoon wählen würde.
In einem simulierten Raumgebiet von fünf Lichtsekunden Durchmesser, angefüllt mit kosmischen Trümmern und einem Planeten, würde der Rechner unsere beiden Jäger aussetzen. Wenn wir Pech hatten, direkt nebeneinander. Wenn wir noch mehr Pech hatten, an zwei gegenüberliegenden Punkten der Simulation.
Ich drückte den Startknopf. Ein Countdown erschien. Bei null wurde ich zeitgleich mit Lilja ausgesetzt. Die Kabine kippte leicht nach hinten, um eine Beschleunigungsphase zu simulieren.

Ein kurzer Rundumblick verschaffte mir einen Überblick. Ich war im Deckschatten mehrerer Planetoiden raus gekommen. Der Planet war zwei Lichtsekunden entfernt. Von Lilja keine Spur. Also ging ich vom Gas und benutzte die Felsbrocken erst einmal als Deckung.
Währenddessen scannte ich passiv nach einem Lebenszeichen.
Wo konnte sie stecken? Hinter dem Planeten? Es war wahrscheinlich, dass sie dann durch die Ionosphäre ritt, um ihre Anwesenheit zu verschleiern. Oder war sie vielleicht…
Aus einem Reflex heraus drückte ich den Booster ein. Mit einem starken Feuerstoß des Nachbrenners rauschte ich aus dem Trümmerfeld hinaus. Auf der rückwärtigen Anzeige sah ich, wie sich Laser- und Neutronenbahnen dort kreuzten, wo ich kurz zuvor noch gewesen war.
Dieser verdammte Rechner hatte sie direkt im Trümmerfeld ausgesetzt. Dort hatte sie natürlich meine Ankunft gesehen und hatte sich in meinen Rücken geschlichen.
„Nicht schlecht, Lilja“, raunte ich. „Nicht schlecht, aber auch nicht gut genug.“
Die Warnanlage informierte mich darüber, dass zwei Sidewinders abgeschossen worden waren.
Lilja flog in einer Typhoon. Das bedeutete, sie konnte mehr als hundert Km/s stärker beschleunigen als ich, hatte aber nur sechs Raketen, während ich acht unter den Flügeln meiner Phantom spazieren trug.
Die Sidewinder sollten wohl meinen Schirm knacken. So stark, wie Lilja beschleunigte, war mir klar, dass ihre Geschütze mir dann den Rest geben sollten.
Sie hatte auch eine exzellente Position für dieses Manöver gehabt und saß mir nun in der sechs, also direkt am Heck meiner Maschine.
Annäherungsalarm, die Raketen kamen schnell näher. Was konnte ich machen? Wenn ich auswich, reduzierte ich die Entfernung zu Lilja noch weiter, was ihr Gelegenheit für einen Freischuss gab, während ich meine Waffen nicht einsetzen konnte.
Wenn ich nicht auswich, riskierte ich größere Schäden an meiner Mühle. Am besten wäre es gewesen, tiefer ins Feld abzutauchen. Aber diese Zeit hatte ich nicht, wie mir die Raketenwarnung deutlich machte. Mist. Plan Sieben B.

****************************************************

Die Raketen kamen näher. Näher. Boogie eins schlug ein, Boogie zwei gin so hautnah vorbei, dass ich die Signatur darauf hätte lesen können, wäre dies kein SimGefecht gewesen. Mein Schirm flackerte, kollabierte. Neun Sekunden bis zum Neuaufbau. Ich trat die Slidebremse und präsentierte Lilja meine volle Feuerkraft. Nun, zumindest hätte ich das, wenn Lilja noch immer in meiner Sechs gehangen hätte. Ein schneller Blick auf die Ortung zeigte mir, dass sie auf die neun gewechselt war und auf meine Flanke zuraste.
Sie eröffnete das Feuer, noch während ich von der Slidebremse ging. Ich wurde hart in den Sitz gepresst, als das Haupttriebwerk wieder zu arbeiten begann und meine bisherige Bewegungsrichtung aufzuheben versuchte.
Lilja feuerte, traf und passierte mich im schnellen Vorbeiflug.
Der Schadensbericht identifizierte leichte Panzerschäden am Heck. Sie hatte wohl auf mein Cockpit gezielt. Durch meinen abrupten Wechsel in der Geschwindigkeit hatte sie mich lediglich am Heck gestreift
Kaum hatte sie mich passiert, trat ich wieder die Slidebremse und drehte den Jäger in seine alte Richtung. Das Manöver hatte mich viel Geschwindigkeit gekostet, und ich hatte nicht vor, meine Geschwindigkeit vollends aufzuheben und neu zu beschleunigen, um den neuen Kurs beizubehalten. Sofort jagte ich den Nachbrenner rein. In einer weiten Kurve zog ich hinter Lilja her, feuerte zwei meiner Amrams ab. Die durch Bilderfassung gesteuerten Raketen erfassten die Typhoon sofort und gingen auf Angriffskurs. Lilja hatte Zeit. Ihre Typhoon war schneller als mein Phantom, und ich war weit abgeschlagen. Sie ließ die Amrams herankommen, stieß Abwehrmaßnahmen aus und wich aus. Aber ich war auch kein Anfänger. Ich hatte auf eine der möglichen Richtungen für ihr Ausweichmanöver tippen können und das richtige erwischt. Rechts. Natürlich. Sie war Rechtshänderin. Dies reduzierte die Entfernung zwischen uns etwas.
Ich feuerte erneut zwei Amrams, womit wir beide nur noch vier Raketen hatten.
Wieder stieß Lilja Abwehrmaßnahmen aus, wieder erriet ich die richtige Seite und kam ihr nahe. Nahe genug für den Kurvenkampf. Ich hasste den Kurvenkampf. Er konnte lange dauern und provozierte Fehler. Zudem war Liljas Mühle schneller als meine.
Im schnellen Wechsel feuerte ich die Neutronenkanonen und die Plasmawerfer auf sie ab, bevor die Typhoon auf die Nachbrenner treten und mir wieder durch die Lappen gehen konnte. Diesmal saß ich in der sechs. Wenn auch in beachtlicher Entfernung, die zudem immer mehr zunahm.
Was nun? Sie in ein Gebiet locken, in dem ihre höhere Geschwindigkeit ihr nichts nützte, die Planetoiden zum Beispiel? Nein, ihre Mühle war wesentlich agiler als mein Überlegenheitsjäger. Wenn, musste ich sie durch Feuerkraft besiegen.
Die meisten Akarii-Jäger waren leichter als meine Mühle. Leichter, beweglicher, schneller. Deswegen flogen wir in Flights zusammen, um uns die Maschinen gegenseitig zutreiben zu können.
Hier war ich alleine. Und auf eine perfide Art und Weise hatte Lilja nun die Rolle eines Akarii eingenommen. Schneller, wendiger, leichter.
Was sie allerdings von einem Akarii unterschied war, dass die Echsen meine Nähe suchten, um mich abzuschießen.
Moment, egal wie sich Lilja gerade verhielt, bei ihr war es nicht anders. Sie würde versuchen, wieder an mich ranzukommen, Günstigenfalls meine sechs zu erreichen. Mich von hinten niederzukämpfen. Ewig konnte sie da vorne also nicht bleiben, das stand fest.
Alleine der Umstand, dass mein Tank größer war als ihrer, verbot diese Taktik schon. Es war also an ihr, mich auf Abstand zu halten und in ein Gebiet zu locken, in dem sie ihre Geschwindigkeit und ihre Agilität ausüben konnte.
Oder sie hielt mich im Kurvenkampf, bei dem ich nach und nach meinen Sprit durch den Nachbrenner heizte, bis ich der Bewegungslose war und sie die Vorteile auf der Hand hatte. Sie war eine gute, eine sehr gute Kurvenkämpferin.

Die Sache musste ein Ende haben. Wieder feuerte ich zwei Raketen ab, ein Paar Sidewinders und ging selbst auf Nachbrenner. Für einen Augenblick kam ich wieder in Waffenreichweite und feuerte meine Bordgeschütze ab. Die Neutronenkanonen trafen, ließen ihren Schirm flackernd sichtbar werden. Wieder stieß sie Abwehrmaßnahmen aus, wich aus dem Kurs und trat auf ihren Nachbrenner.
Trotzdem blieb eine der Sidewinder auf Kurs und jagte sie unerbittlich.
Das war die Chance. Beim Versuch, der Sidewinder auszuweichen, driftete Lilja auf einen Kurs in die Planetoiden hinein. Wenn ich jetzt aufpasste, wenn ich richtig agierte, würde ich sie abschießen können.
Als die Rakete ihren Schirm traf, bekam der ganze Jäger einen Bewegungsimpuls, der ihn um zwei Achsen taumeln ließ. Noch während Lilja ihre Mühle wieder in den Griff zu bekommen versuchte, tauchte sie im Feld ein. Ich ging von ihrer sechs ab und versuchte mein Glück an einer anderen Stelle.

Als ich einen besonders dicken Brocken umrundete, sah ich Lilja wieder und ging sofort auf den Nachbrenner. Wenn ich nicht gewusst hätte, wer mein Gegner war, hätte ich es ebenso gemacht wie sie. Wieder feuerten ihre Bordwaffen, verfehlten mich aber durch mein Manöver. Sie war in den von Bein-Slide gegangen und hatte mir ihre volle Breitseite gezeigt.
Der Raketenalarm informierte mich darüber, dass mich zwei Sidewinder jagten.
Ich stieß selbst Abwehrmaßnahmen aus, beobachtete, wie die Russin ihre Maschine wieder in den Kurs drehte.
Noch einmal feuerte ich den Nachbrenner ab, entkam so der ersten Rakete, die auf die Abwehrmaßnahmen ansprach und gefahrlos explodierte.
Wieder trat ich die Slidebremse. Ich befand mich nun ein gutes Stück vor dem Kurs, den Lilja nehmen würde. Uns würden nicht einmal tausend Meter trennen. Ihr mit einem Slide die volle Bewaffnung zu präsentieren schien eine gute Idee zu sein. Aber Lilja war eine erfahrene Pilotin, eine zu erfahrene Pilotin.
Ich setzte alles auf eine Karte und ging von der Slidebremse.
Anders als vor dem Trümmerfeld versuchte ich nun nicht, die eigene Fahrt aufzuheben, ich prügelte den Jäger mutwillig in einen Kurs, der dreißig Grad vom eigentlichen Kurs abging, auf den die volle Masse meines Jägers beschleunigt worden war. Die Andruckkräfte in einem echten Raumkampf wären beachtlich gewesen. Der Rechner registrierte das und verordnete mir eine Sekundenohnmacht, indem der Bildschirm schwarz wurde. Leise zählte ich die Sekunden. Eins, zwei, drei… Zeit, in der ich wehrlos war. Der letzte Eindruck auf dem Schirm war die zweite Rakete, die zu schnell war, um sich dem Gewaltmanöver anzupassen und gefahrlos auf dem kosmischen Trümmerstück neben mir explodierte.

Plötzlich begann der Bildschirm wieder zu funktionieren. Der Schleier wich nur zäh, aber mir reichte, was ich sah. Mein Plan hatte funktioniert. Liljas Vogel hatte die Schnauze auf den Kurs gedreht, ich griff sie von unten aus der vier an. Auf diese Distanz konnte ich sie gar nicht verfehlen. Ich feuerte alles, was ich hatte, inklusive meiner letzten beiden Raketen.
Ihr Schirm flackerte unter den schweren Treffern der Neutronenkanone und bekam Risse. Die Plasmawerfer beendeten das Werk der Zerstörung und rissen ihn ganz auf.
Die Sidewinder ließen sich von Liljas hastig ausgestoßener Abwehrmaßnahme nicht beirren und hielten Kurs auf ihr Heck. Eine schlug fulminant ein, die andere verfehlte sie nur knapp.
Ich passierte feuernd ihren Jäger, versenkte erneut Neutronen- und Plasmasalven im schlanken Rumpf ihrer Typhoon, ging wieder in den von Bein, folgte damit ihrem Kurs und feuerte noch einmal meine Bordwaffen auf ihren kollabierenden Jäger ab.

Als die Maschine explodierte, wurde mein Jäger ebenfalls durchgeschüttelt, aber der Schirm hielt das Schlimmste von mir ab.
Der Schirm wurde schwarz. Bis auf den verheißungsvollen Text: Player one wins.
Triumphierend reckte ich meine Faust in die Höhe. Und ließ sie wieder sinken. Was hatte ich denn gewonnen? Einen verlorenen Abend.

Als die Kabine sich öffnete, hörte ich die Pfiffe und den Applaus meiner Kameraden. Die Sims waren natürlich schalldicht, um die Piloten nicht abzulenken.
„Ein toller Fight“, brummte Brawler. „Das hätte auch ohne weiteres für Lilja ausgehen können.“
Ich nickte. „Ja, das stimmt.“
Der zweite Sim öffnete sich. Lilja strich sich durch ihr verschwitztes Haar und sah mich an. Ich hob die Hände zu einer entschuldigenden Geste. „Ich akzeptiere auch die zwanzig Real, Lilja.“
Wütend sah sie mich an. „Keine Angst, Superpilot. Ich stehe zu meinem Versprechen.“ Sie stieg aus der Simkabine. Die anderen Piloten klopften ihr auf die Schulter oder beglückwünschten sie zum tollen Fight.
Na toll. Ich hatte den Frieden zwischen uns nicht gerade vertieft.

„In drei Tagen“, hörte ich sie sagen. „Neunzehn Uhr Bordzeit. Sei pünktlich, Ace.“
So, wie sie die Worte betont hatte, klang es eher nach einer Kampfansage als nach einem Abendessen. Das war es für sie anscheinend auch…

*********************************************************

Pinpoint lungerte bei den Mannschaftsquartieren rum. Es war wahrlich nicht seine Art sich irgendwo im dunkeln herumzudrücken.
,Ich habe ihr doch gar nichts getan.' Ging es ihm durch den Kopf.
,Und warum hast Du dann Schuldgefühle?' Marterte eine innere Stimme.
"Ich habe keine Schuldgefühle." Er zuckte zusammen, als er bemerkte, dass er laut gesprochen hatte.
,Bist Du etwa verliebt?' Erschrocken blieb er stehen. ,Verliebt in DIE?!'
Erneut fing die innere Stimme an zu wispern: ,Was, ist Sie nicht gut genug für Dich? Sind wir zu wählerisch? Verschrecken Dich ihre Narben.'
"NEIN ..."
Er drehte sich um und wäre beinahe mit Imp zusammengestoßen.
"Was 'Nein'?" Wollte die Pilotin wissen.
"Oh, Dich habe ich gesucht." Pinpoint sah nicht gerade erleichtert aus, dass er sie gefunden hatte.
"Und?"
Verlegen blickte der junge Pilot zu Boden: "Sag mal, was habe ich Lilja eigentlich getan?"
Imp stutzte: "Wieso solltest Du ihr was getan haben?"
"N aja, sie hat mich doch letztens in der Messe so angefahren, Du erinnerst Dich ..."
"Ach DAS."
"Wie 'Ach DAS'?"
Nun schien Imp verlegen zu sein: "Nun, hör mal, dass darfst Du nicht so eng sehen, Lilja, nun ja ..., sie ist nun mal manchmal, na ja häufig, so. Das lag nicht an Dir. So hätte sie wohl auch den CAG angefahren."
"Oh, gut. Denn, ..."
"Ja?"
Pinpoint druckste herum: "Na ja, irgendwie ... nein, nicht irgendwie, eigentlich ..."
Imp gähnte: "Könntest Du bitte zum Punkt kommen?"
"Ich äh, ich würde gerne mal mit Ihr ausgehen, siehst Du da irgendwie eine Chance?"
"Mit wem? Lilja?" Imp war leicht aus der Bahn geworfen.
"Nun, ja."
Sie kratzte sich kurz am Kinn: "Ich weiß nicht so recht, ..."
"Bitte schups sie mal etwas in diese Richtung." Er setzte sein bestes Hundegesicht auf.
Eine Weile blickte Imp ihn an: "Also weißt Du ..."
Weiter kam sie nicht, der Alarm unterbrach sie. Kurz blickten die beiden Piloten an die Decke, dann sprinteten sie zum Flugdeck. Ihr Zuhause wurde angegriffen.


Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort auf der Redemption.
Melissa Auson seufzte wohlig als sie sich an Lucas kuschelte.
"Warum hat die Navy diese Kojen nicht breiter gebaut?"
"Wahrscheinlich ... wahrscheinlich um es Leuten wie uns so unbequem wie möglich zu machen gegen die Vorschriften zu verstoßen."
Seine Hand ging unter der Bettdecke auf Wanderschaft.
Sie kicherte: "Hast Du schon das neueste Husarenstück von Deinem Superass gehört?"
Er nuschelte ein 'Ja' als er ihren Hals küste.
"Und?"
Er richtete sich halb auf: "Wie und?"
"Was willst Du mit dem Jungen letztendlich machen? Selbst runtergehen und ihm von seinen hohen Ross zu stoßen?"
Lucas seufzte: "Kann ich leider nicht. Außerdem versuche ich seit einiger Zeit solche Spielchen zu vermeiden, da ich dabei schon mal verdammt auf die Fresse geflogen bin."
"Erzähl."
,Eigentlich wollte ich ja was anderes als 'Reden', "Nun, während meines ersten Monats auf der Enterprise habe ich eine ähnliche Masche abgezogen. Erst die Techniker und so abgezogen, ein oder zwei Bomberpiloten. Ehe ich mich aber versah hatten sich gut 30 der anderen Piloten der Blue Angles um den Simulator zusammengerottet. Ich musste gegen jeden fliegen. Keinen einzigen besiegte ich. Am Ende war ich echt fertig. Mein erster Kampf dauerte knapp 90 Sekunden. Eine Pilotin hetzte mich gut eine viertel Stunde herum ehe sie mir den Gnadenstoß gab. Der Hammer war immer noch Mohammed Raffa, ein Phantompilot. Den einzigen, den ich beinahe abschoss, er beendete es mit einem Kamikazeangriff. So starb er auch später über Mantikor."
"Und warum veranlasst Du nicht selbiges mit Topgun da unten?"
"Tja, es gibt wenige Piloten an Bord der RED, die ihn schlagen können und die meisten sind Lieutenant Commander und höher. Wir dürfen so etwas nicht. Es würde ausdrücken, der Befehlsstab hätte sich gegen ihn verschworen. Sein persönlicher Status unter den Pilotenkameraden würde noch weiter sinken als durch diese Aktion schon."
Auson schmiegte sich wieder enger an ihn: "Und was willst Du stattdessen tun?"
"Hoffen. Hoffen, dass er wieder zu sich selbst findet, oder, wenn es schlimmer kommen sollte, nicht allzu viele Kameraden mitnimmt bei seinem Abgang."
"Das ist nicht witzig, Lucas."
"Ich weiß", er seufzte, "ich glaube ich werde den Padre auf ihn ansetzen."
Sie zog seinen Kopf herunter und küsste ihn: "Aber sag mal Cowboy, wozu waren wir nochmal hier."
,Yeah.'
In diesem Augenblick schrillte der Alarm.
23.11.2015 09:56 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
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Krieg.

Immer und überall waren Piloten dort draußen und kämpften um ihr Leben. Heute war es an Darkness und Ace ihren Teil zum großen Ganzen beizutragen.

Die Beschädigungen der Fegatte Admiral Fisher machten Justin Sorgen. Das Schiff war verwundbar und noch immer hingen sie hinter den feindlichen Linien fest. Bis jetzt hatte noch kein ernstgemeinter Vorstoß der Akarii stattgefunden aber er rechnete jeden Tag damit, dass die Echsen angriffen.

McQueen stand vor seinem Spind und räumte ihn aus. Die beiden Ersatzuniformen und seine restliche persönliche Habe legte er fein säuberlich zusammen und packte sie in den Seesack. Er hatte seinen Fluganzug bereits angelegt und überprüfte rasch noch einmal den Inhalt seiner Taschen. Alles war an seinem Platz. Notrationen, Verbandszeug und Peilsender. Der zusätzliche Plastikpanzer, den er auf dem Oberkörper trug, beherbergte eine kleine Notsauerstoffkammer auf der Brust. Der Behälter war nicht besonders groß, aber sein Inneres war hoch genug komprimiert, um damit eine zusätzliche Stunde Luft zu haben, falls die Versorgung auf dem Jäger ausfiel. Das erstaunliche daran war die Zusammensetzung der Luft darin. Es war kein gasförmiger, sondern gefrorener Sauerstoff, der erst nach Inbetriebnahme des Gerätes langsam auftaute und so das lebenswichtige Gas freigab.

Darkness griff nach oben und holte seinen Helm aus dem Schrank. Wie jedes mal sah er ihn sich genau an. Nachtschwarz, mit seinem Callsign und den Flügeln der Blue Angels auf der Stirn. Es war sein erster. Seit Dienstantritt trug er denselben Helm. Zwar war das Modell schon älter aber das war er selbst schließlich auch. Er hatte in etwa die Form eines alten Motorcrosshelms aus dem späten 20. Jahrhundert, zumindest erinnerte die Kinnpartie stark daran, wenn man von der großen Öffnung für den Sauerstoffschlauch an der Front absah. Ansonsten war der Helm glatt und ohne konstruktionsbedingte Zier.

Es war soweit. Er sah auf seine Uhr. Noch fünf Minuten bis zum Abflug. Justin schnappte sich seine Fliegerhandschuhe, vergewisserte sich noch einmal ob er etwas vergessen hatte und schloss denn mit einem Grunzen die Tür.

Auf dem Weg zum Startdeck traf er Ace. Der Junge sah zwar nicht besonders glücklich drein aber auch nicht schlechter als die letzten Tage.
„Alles klar?“ Justin wusste selbst das nichts klar war. Der Junge grämte sich wegen Kali.
„Es geht. Taktik wie üblich, Boss?“ Ace klang genauso, wie McQueen sich fühlte. Die ewigen Patrouillen zehrten an den Nerven aller hier an Bord. Ein ewiges Warten ohne das wirklich etwas passierte.
„Du warst doch bei der Besprechung, Kleiner. Wir spielen Augen und Ohren und pusten kleinere Flechten weg, wenn sie uns über den Weg laufen sollten.“ Sie gingen eine Weile lang schweigend den Gang entlang. Als sie endlich den Hangar erreichten, drehte sich McQueen zu Cliff um.
„Hör mal, wegen der Mail, die du mir geschickt hast. Sei vorsichtig was du so ins Netz bläst... Der NIC versteht keinen Spaß.“
„Warum? Ich habe nicht direkt auf die Geschehnisse aufmerksam gemacht sondern lediglich eine Studie veröffentlicht.“ Ace zuckte grinsend mit den Schultern. „Die können mir nichts anhängen.“
„Doch, mein Junge , das können die. Pass auf ja deinen Hintern auf.“ Mit diesen Worten wendete sich Justin ab und ging zu seiner Phantom. Hoffentlich verstand Davis die Warnung.

Chief Cutter stand bei seinem Jäger. Der Mann war eine Nervensäge erster Garnitur, aber seinen Job verstand er. McQueen war froh ihn an Bord zu haben auch wenn der Chief eine Plaudertasche war.
„Alles klar, Chief?“ Darkness streifte die Handschuhe über und machte sich bereit den Jäger zu bemannen.
„Ja alles ist in Ordnung mit dem verdammten Ding. Passen Sie da draußen auf, Commander, ich hab´ so ein merkwürdiges Ziehen in meiner Hand... Heute gibt’s entweder Steak zum Abendbrot oder irgendwo knallt's ganz kräftig.“ Cutter hielt McQueen die Leiter als dieser zum Cockpit hinaufstieg.
„Verstanden, wenn keine Ihrer Befürchtungen eintritt, geben Sie einen aus.“ Cutter lachte als er die Leiter wegzog und schüttelte den Kopf.

Währenddessen setzte der Pilot seinen Helm auf, verband ihn mit dem bordeigenen Versorgungssystem und schaltete die Systeme der Maschine ein.
Routine. Seine Finger huschten über die Bedienelemente und um ihn herum erwachte der Jäger zu neuem, tödlichem Leben. Der Chief gab sein OK und Darkness schloss das Cockpit.
„Darkness an CON. Erbitte Startfreigabe.“
„Hier CON, Darkness, Sie haben Startfreigabe, Katapult Zwo.“ Der Sprecher wurde kurz abgelenkt, dann sprach er weiter. „Ihr Rufzeichen für heute: CAP Sigma.“
„Verstanden CON.“
Ein Traktor kam heran und hakte sich an die Phantom. Der Jäger wurde zum Katapult gezogen und dort verankert. Der Veteran sah sich kurz um. Aces Jäger wurde ebenfalls zum Katapult gezogen und auf dem Flugdeck herrschte reges Treiben. Überall wuselten Techniker umher um eilige Reparaturen an den Maschinen durchzuführen.
„CON, hier CAP Sigma One. Ich bin Startklar.“
„Verstanden CAP Sigma One, Patrouillendaten überspielt. Übergebe Startkontrolle auf Countdown Minus 3. Drei - Zwo - Eins - Zero, Gute Jagd Sigma.“

Die Phantom wurde aus dem Träger gerissen. Der Andruck war immer wieder extrem aber Darkness war ihn schon gewöhnt. Die Sterne entlohnten ihn mehr als genug für die kurze Tortur des Starts. Kalt und klar leuchteten sie ihm entgegen. Ein wunderschönes, uraltes Gemälde, erschaffen für die Ewigkeit.
Aces Maschine hängte sich schließlich an seinen Flügel. Es war soweit, sie konnten ausrücken.

****************************************************

Flottenträger Nakobi:

Norr Wilko marschierte zu seinem Jäger. Menschenblutrot stand er auf dem Hangardeck des riesigen Trägers der Quasarklasse, an erster Position zu den Katapulten.
Geschäftiges Treiben herrschte überall. Doch über all den Lärm, war die laute schnatternde Stimme von Duv Ren zu hören, einem seiner neuesten Offiziere. Ren kommandierte die erste Reaper-Schwadron und war sogar für die schon als sonderlich geltenden Reaperpiloten ein Phänomen.
Er nahm den Krieg viel zu leicht, aber sein Team zeigte Leistung, exzellente Leistung und solange das anhielt, würde Wilko Ren ertragen.
Neben seiner roten Bloodhawk stand eine zweite, schmucklos, im Standardfarbmuster, weiß und grün. Ihr junger Pilot nahm Haltung an. Rema Gwan hieß er, ein weiterer Neuzugang. Etwas Kampferfahrung, aber immer noch ein Anfänger.
Gwan verbeugte sich vorschriftsmäßig und Wilko erwiderte den militärischen Gruß.
"Es ist mir eine Ehre, Sie heute bei der Vorhut begleiten zu dürfen", platzte es aus Gwan heraus. Norr hörte aus seiner Stimme Angst, Nervosität und freudige Erregung zugleich.
"Diese Ehre, wie Sie glauben, dient dazu, Sie einzuschätzen, ich pflege die Männer und Frauen unter meinem Kommando kennen zu lernen, und sie sollen dabei auch etwas über den Raumkampf lernen."
"Ich werde Sie nicht enttäuschen und lernen", versprach Gwan.
In dem Moment setzte von weiter hinten eine Art Sprechgesang, wie man ihn hörte, wenn eine Sportmannschaft das Spielfeld betritt, Duv Ren und seine Piloten bestiegen ihre Reaper. ,Warum müssen immer Exzentriker ausgezeichnete Ergebnisse erzielen', dachte Wilko bei sich und wandte sich seinem Jäger zu.
Verdattert starrte er die rote Maschine an und hörte eine kleine spöttische Stimme in seinem Schädel seine letzten Gedanken wiederholen.
"Ja, auch ich mein Vater bin einer dieser Sünder", sagte er zu sich selbst und bestieg seine Bloodhawk.
Minuten später waren die beiden schnittigen Avatare des Todes unterwegs. Wilko hatte darauf verzichtet, den Massenstart seiner Jäger zu beobachten, er flog heute Vorhut vor Gruppe zwei.
Lordadmiralin Lay Rian hatte alle Jäger des Geschwaders zum Angriff befohlen.
Diesmal würden sie den terranischen Träger erwischen. Vor drei Wochen hatten sie die Spur der Redemption gefunden und nach exzessiver Suche kannten sie nun genau die Position.


CAP Delta, Kampfpatrouille 300.000 Klicks relativ zur Redemption:

Die beiden Griphen schienen beinahe dahin zu treiben.
Seit Stunden war nichts geschehen. Brawler langweilte sich und seinem Wingcommander Goose erging es sicherlich nicht anders. Langsam döste er ein, nur kurz die Augen schließen, nur ganz kurz.
Auf einmal erklang Goose Stimme: "Aufwachen Kleiner, ich habe da einen Bogey. Backbord, 40.000 Klicks."
"Yeah, den holen wir uns!" Alle Müdigkeit war von ihm geschwunden. Action, ja, genau zum richtigen Zeitpunkt.
"Scheiße, ich denke nicht!" Antwortete Goose.
"Hä?" Dann schwoll es auch auf seinem Radar rot an. Es musste ein ganzes Geschwader sein.
"Scheiße, scheiße, scheiße, warum immer ich!"
Die beiden Griphen drehten hart ab und nahmen Kurs auf den Träger. Die Turbinen leuchteten rötlich als sie die Nachbrenner zuschalteten.
"CAP Delta One für Big Basket, kommen! CAP Delta One für Big Basket, kommen!"
Mit Entsetzen hörte Brawler wie die Redemption nicht antwortete.
Dann erklang ein Rauschen in seinen Lautsprechern.
"CAP Delta One für Big Basket, kommen! CAP Delta One ...!"
"Hier ... zzzsssss ... Basket, Kommen CAP ...ssssszzsss... One!"
"Akarii im Anflug auf die Flotte! Ein Geschwader mindestens!"
"....zsssssszsss .... standen! Big Bas ...zzzzzssszszs .... Over!"

TRS Redemption

Eben noch zog das Weltall friedlich an dem Träger vorbei, doch wie so häufig im Leben konnten sich Dinge sehr schnell ändern.
Von einem Augenblick zum anderen leuchteten rote Warnlampen auf und Sirenen heulten.
"Alarmstart! Alarmstart! Wir werden angegriffen! Alle Jäger starten! Alle Mann auf Gefechtsstation" Plärrte es aus den Lautsprechern.
Teile der Crew wurden aus den Betten gerissen. Nein, niemand dachte es wäre eine Übung. Es war Krieg und ihr "Zuhause" wurde angegriffen.
Auf den Gesichtern der Crewman spiegelten sich viele Emotionen wieder: Angst, Entschlossenheit, Zweifel, Unsicherheit und auch freudige Erwartung.

Auf dem Flugdeck herrschte organisiertes Chaos. Die vier Lifte schafften unaufhörlich Jäger aus dem Hangar hinauf zum Flugdeck.
Dort wurden sie aufmunitioniert, bemannt und schließlich ins All geschleudert.
Nach sieben Minuten war die Hälfte der Jäger ausgeschleust, Typhoon, Griphen und Phantome. Schließlich würden die Mirages, mit Nahkampfbewaffnung, folgen.

Die Begleitschiffe gingen in Gefechtsformation über. Die beiden schweren Kreuzer jeweils an den beiden Seiten des Trägers. Hinter den Kreuzern flogen die beiden unbeschädigten Fregatten.
Vor und hinter der Redemption jeweils zwei Zerstörer. Zwischen den beiden Zerstörern achtern flog die Admiral Fischer. Verletzt doch verbissen und trotzig.
Die Kampfpatrouillen bekamen den Befehl zur Rückkehr.

*********************************************************

CAP Sigma, Kampfpatroullie, 250.000 Klicks relativ zur Redemption:

Darkness langweilte sich. Der Autopilot klapperte beständig die Wegpunkte ab und für den Piloten bestand momentan kein Handlungsbedarf.
Er summte leise vor sich hin. „The Bard´s Song in the Forest.“ Ein altes Lied von Terra, nicht sonderlich bekannt, aber eine schöne, melodische Ballade, die immer wieder die Fähigkeit hatte ihn zu beruhigen.
Ace sprach kein Wort und Justin war auch nicht gerade in Stimmung für ein Schwätzchen. Erstens konnte ein Gespräch abgehört oder zufällig aufgefangen werden und zweitens war bereits auf dem Träger alles gesagt worden. Der Junge war uneinsichtig was den NIC betraf. Cliffs Jäger hing an seinem Flügel wie festgeklebt. Wenn nur alle Piloten der Redemption eine dermaßen gute Flugdisziplin an den Tag legen würden....

„Big Basket für CAP Sigma One, Over“ Darkness schreckte auf. Die Redemption! Es war ganz und gar unüblich, dass das Basisschiff die Patrouille rief ... Außer es gab Schwierigkeiten.
„Hier CAP Sigma One, Ich höre Big Basket.“ Justin machte sich Sorgen. Der Sprecher klang aufgeregt.
„Haben nicht identifizierte Kräfte im Quadranten gesichtet, die sich schnell unserer Position nähern. Der Skipper hat Alarm gegeben. Kehren Sie zum Träger zurück und helfen Sie bei der Verteidigung. Override Code: Alpha Kilo One One Sigma Niner. Bitte Bestätigen, Over.“
„CAP Sigma, hat verstanden Big Basket. Kehren zum Träger zurück, Darkness Out.“ Justin programmierte den Autopiloten auf Abfangkurs zur Redemption.
„Das hört sich übel an, Justin. Glaubst du, dass das ein Grossangriff auf uns ist?“ Ace klang ruhig und gefasst. McQueen musste lächeln, der Junge war schon lange kein Anfänger mehr. „Könnte gut sein, Kleiner. Häng dich an mich ran, wir gehen auf Abfangkurs zur Red. Halt die Augen offen, ich will nicht, dass sich jemand an uns ranschleicht.“ Darkness stieß den Schubhebel nach vorne und brachte den Jäger auf seine höchste Reisegeschwindigkeit. Den Nachbrenner würden sie schonen müssen, höchst wahrscheinlich würde CAP Sigma heute nicht so schnell zum tanken kommen.
„Roger, Boss. Autopilot verlinkt und aufgeschaltet. Ich bin dabei.“ Die beiden Phantome machten eine 75-Grad-Kehre und nahmen Fahrt auf.


Langsam und unter dem Schutz des eigenen ECM hatten sich Norr und sein Flügelmann an die beiden Phantome angeschlichen.
Gerade streichelte Norr den Feuerknopf für eine seiner ungelenkten Raketen, um den Flügelführer quasi schon den Todesstoß zu geben, da explodierten die Phantome in Aktivität und wendeten. Die Raketen schrammte den Schild des feindlichen Flügelmanns und explodierte zwischen den beiden Feindjägern.
Norr stieß einen Angriffsschrei, aktivierte sein Angriffsradar und seinen Nachbrenner. Seine menschenblutrote Bloodhawk stürzte mit flammenden Geschützen auf den Jäger des Flügelführer zu.
Rema Gwen eröffnete das Feuer auf den feindlichen Flügelmann.

„Verdammt Ace! Wegbrechen! Echsen auf 7 Uhr hoch!“ Darkness riss seine Phantom abermals herum. „Knapp daneben du Flechte!“
Die Mistratte war aus der Sonne gekommen. Beinahe hätte er sie nicht gesehen. Die Phantom wirbelte herum und ging in einen engen Steigflug nur um gleich wieder den Kurs zu wechseln und in die entgegen gesetzte Richtung, der Bloodhawk die ihn angriff entgegen, weiterzupreschen.
Die Maschine protestierte laut heulend gegen Justins Manöver und der Pilot wurde in seinen Sitz gepresst.
Da war er!
Feuer! Daneben, Mist.
Überflug. Hatte er richtig gesehen, war die Maschine der Echse rot?
„Ace, das ist der Baron! Schnapp dir seinen Flügelmann, ich halte ihn in Schach, dann machen wir Hundefutter aus dem Schwein.“ Justin wirbelte seine Maschine herum und feuerte abermals auf die rote Bloodhawk. Die Schilde des Barons flackerten kurz, hielten aber.
„Verstanden Boss. FOX TWO.“ Eine Sidewinder löste sich von Cliffs Maschine und flog auf die andere Bloodhawk zu die schwer von Aces Geschützen gebeutelt wurde.

Norr umtänzelte den feindlichen Jäger, was um einiges schwieriger war, als normalerweise bei Maschinen dieses Typs.
Er feuerte alle vier Strahlengeschütze ab. In schneller Folge leuchteten die Schildes seines Kontrahenten auf. Gerade als er eine weitere Rakete abfeuern wollte, brach der terranische Jäger aus.
Aus den Augenwinkeln bekam er mit, wie sein Flügelmann knapp einer Rakete entkommen konnte und sich mit aller Mühe aus dem Strahlengewitter des zweiten Terraners wand.
Sein geschultes Auge teilte ihm mit, dass der Gegner seinem Flügelmann überlegen war. Wieder eröffnete er das Feuer. Die schweren Geschütze brachen durch das malträtierte Schild seines Gegners und nagten an den oberen Panzerungsschichten im Heckbereich.

***************************************************************************


Darkness fühlte die Treffer. Er nahm schlagartig den Schub von den Düsen und reduzierte seine Geschwindigkeit auf Null indem er zusätzlich auf Umkehrschub schaltete. Der Trick funktionierte wie geschmiert. Die Rote Echse schoss eine halbe Sekunde später mit flammenden Geschützen und Triebwerken an ihm vorbei. Der Akarii versuchte sofort ein Ausweichmanöver.
Justins Kanonen hämmerten auf die Bloodhawk ein und brachten den Schild nach einigen Treffern zum erlöschen. Panzerung wurde vom Heck des Roten Barons gerissen aber dieser führte ein fulminantes Von-Bein-Manöver aus und eröffnete wieder das Feuer auf Darkness Maschine, der sich mit einer Korkenzieherrolle in Sicherheit brachte und die Echse nur knapp passierte.

„Verdammt ist der gut.“ Die Worte kamen hinter zusammen gepressten Zähnen hervor während im Hintergrund die Andruckabsorber laut aufheulten.
Ace war mittlerweile hinter dem anderen Bloodhawk her. Der feindliche Pilot war ihm klar unterlegen, schaffte es aber immer wieder dem gröbsten Beschuss auszuweichen. Langsam erkannte Ace ein Muster im Flugverhalten seines Gegners. Ein tödlicher Fehler, den er leidlich ausnutzen würde. Die Raketenaufschaltung lief...

Schon früh hatte Norr den Fehler erkannt, sich den Gegnern einzeln zu stellen. Beide waren sie ausgezeichnete Piloten, sein Gegner ihm vielleicht ebenbürtig. Rema war seinen Kontrahenten nicht gewachsen, ein Wunder, wie lange der junge Mann den anderen Terraner beschäftigt hatte.
Doch schließlich war es um ihn geschehen. Zwei feindliche Raketen fanden ihr Ziel, Remas Bloodhawk taumelte. Der Terraner setzte mit einer schier endlosen Salve Lichtbolzen nach.
Remas weiß-grüner Jäger barst. Der junge Pilot versuchte auszusteigen, doch der grünliche und bläuliche Geschützhagel des Terraners erwischte ihn.
Norr musste schnell handeln, es war ein gefährliches Spiel, seinem jetzigen Gegner den Rücken zu kehren, aber er musste handeln. Eine scharfe Kurve richtete seine rote Bloodhawk aus, er schaltete kurz den Nachbrenner ein und schoss auf den zweiten Terraner zu.
Der terranische Jäger wendete um sich an der Hatz auf ihn zu beteiligen. Er wendete genau in Norrs Schussfeld. Der unerfahrene Pilot hatte nicht damit gerechnet, dass Norr einen Frontalangriff auf ihn wagen würde.
Er feuerte eine einzelne ungelenkte Rakete ab, diese ließ er von einem Regen aus grellem Licht begleiten. Die Rakete traf den Terraner unter dem Rumpf und die Strahlenkanonen beutelten die Maschine weiter und verwüsteten Panzerung und interne Struktur.
Er passierte den Vektor des wracken Jägers und wich gekonnt dem Antwortfeuer aus. Wieder gab er Nachbrennerschub und zog hoch um sich seiner Hauptaufgabe zu widmen.

„Verdammt, Ace! Zieh dich zurück in dem Zustand bist du der Echse nicht gewachsen! Ich lenke ihn ab. Flieg zur Red und erstatte Bericht.“ Darkness feuerte seine Waffen ab und traf den Roten Baron an der linken Tragfläche.
„Bzzz eine Chance, Boss. Du zzssszzzzssss ihn nicht alleine.“ Aces Phantom versuchte einen neuen Angriffsvektor zu erreichen. Der Junge hatte Mut.
„Negativ, Kleiner. Du kannst mir nicht mehr helfen. Hau ab oder ich schieße dich persönlich ab. Tut mir Leid Cliff es geht nicht anders.“ Treffer schüttelten Justins Jäger und er schaltete die Nachbrenner ein um dem Feuersturm der Laser zu entkommen.
„zzsssssssss Gut... Viel Glück Justin.“ Ace wendete seine Maschine und gab Gas. Nur eine Schubdüse zündete sauber, die andere sprang nur sporadisch an. Die Phantom war schwerer beschädigt als zuerst angenommen.

Darkness schaltete sein Funkgerät auf den offenen Kanal. „Na gut Echse... dann wollen wir mal.“ Justin warf seine Maschine in einen Von-Bein und feuerte mit allem was er hatte. Geschützfeuer und 2 Amraam lösten sich von seinem Jäger. Die Lichtbolzen hämmerten auf den Schirm des Akarii ein und schwächten ihn empfindlich. Eine der Raketen verlor die Peilung und verschwand in der Tiefe des Alls, die andere jedoch traf den Bloodhawk an der unteren Rumpfseite während dieser ein Ausweichmanöver versuchte und brachte die Maschine zum trudeln.
Jedoch nicht lange, der Bloodhawk wurde sehr schnell wieder gefangen und stürzte sich nun wieder auf Darkness' Maschine.

**********************************************************

Norr brachte seine Maschine nach dem Treffer schnell wieder unter Kontrolle. Teile des Schadensdiagramm leuchteten gelb, manche sogar rot. Die Schilde waren beschädigt, einer der Stabilisatoren war ein Totalschaden.
Teils behäbiger und teils unruhiger brachte er seine Maschine erneut in Schussposition zum terranischen Jäger.
Er feuerte erneut einen Schwall Energiebolzen auf seinen Kontrahenten ab. Wütend bemerkte er, das eine der beiden Phtonenkanonen nicht mehr synchron schoss.
Der Terraner wackelte ordentlich mit seinem Jäger hin und her und versuchte auszubrechen. Norr nahm wieder den Finger vom Raketenabzug, sparte sich den Schuss und versuchte weiterhin dem anderen Jäger zu folgen.
Langsam prägte sich das Verhalten des Feindes ein, aber das war möglicherweise nur ein Trick und dieser Meisterpilot würde wohl genau dann, wenn man etwas von ihm erwartete, etwas genau anderes machen.

Justin schaltete die Nachbrenner zu. Seine Maschine reagierte schon lange nicht mehr richtig auf seine Befehle. Scheinbar war einer der Steuerschaltkreise beschädigt worden. Dieser Mistkerl hinter ihm war verdammt gut. Kein Wunder, dass Anubis oder einer der anderen bisher nicht einmal einen Schuss auf ihn hatten abgeben können.
Er wendete die Phantom abermals und gab ein paar Schüsse ab. Sie lagen etwas daneben erreichten aber immerhin, dass der Rote Baron ausweichen musste und keinen Gegenschuss anbringen konnte. Der Bloodhawk zog etwas nach oben und stieß dann wieder herab. Darkness lächelte während er seine Maschine um die Z-Achse rollte und dann unvermittelt nach schräg oben wegbrach. Dieser Hund wurde langsam berechenbar.

Norr kurvte hin und her. Die Bloodhawk hatte es wirklich schwer erwischt. Er überlegte, ob er auf Zeit spielen sollte und auf die Angriffstruppe warten sollte oder ob er den Terraner selbst erledigte. Eine gute Chance malte er sich noch aus. Er schaltete auf die allgemeine Frequenz über die der Mensch vorhin etwas gebrüllt hat und kramte die paar wenige Brocken der gebäuchlichsten menschlichen Sprache hervor, die er mittlerweile konnte: "Deine ... Mutter ... fickt ... Bugs Bonny ...."
Er riss die Bloodhawk herum und feuerte aus allen Rohren.
Ja, er landete Treffer. Doch auch der Mensch feuerte wie Wild.
Norrs Schild brach, schwere Treffer erschütterten die Bloodhawk. Schnell feuerte er noch eine Rakete, dann brachte er sich außerhalb der Schussbahn. Das Schadensdisplay zeigte mehr gelb und rot statt grün. Rauch stieg im Cockpit auf. Der Radarschirm flackerte und erlosch, flackerte erneut, erlosch wieder und flackerte wieder auf.
Er konnte also nicht sehen, ob sein Gegner noch am Leben war, also begann er Zickzack zu fliegen.
Norr Wilko zog sich zurück.

Darkness riss an seinem Steuerknüppel. Die letzten Treffer hatten seinen Feuerleitcomputer zerstört. Funken schlugen aus seiner Konsole und irgendwo im Jäger brannte etwas. Er sah auf seinen Radarschirm, wenigstens funktionierte dieser noch und bemerkte das die Bloodhawk abdrehte.
„Wenn du mich schon beleidigen willst, Schuppenflechte, dann lass dir nächstes Mal was besseres einfallen als eine Cartoonfigur.“ brummte McQueen in sein Helmmikro. Dann drehte er ab. Seine Maschine war definitiv nicht mehr kampfbereit. Die meisten seiner Systeme waren zerstört oder beschädigt. Wenn er Glück hatte, kam er mit ihr noch bis zur Redemption.
„Ein guter Kampf Echse, bis zum nächsten Mal.“ sagte Justin noch über die offene Frequenz dann drehte er seine Maschinen zu voller Leistung auf und zog sich zurück.

*******************************************************

Murphy war alarmiert worden, als der Kontakt zu Goose und Brawler abgebrochen war. Irgendwie hatte diese Nachricht seine Nackenhaare zu Berge stehen lassen und er war zu lange Soldat, als dass er nicht wusste, ob er seinen Instinkten trauen konnte oder nicht. Er konnte es jedenfalls. Er hatte Chief Cutter beauftragt, die Griphen in der Luftüberlegenheitskonfiguration mit 4 Sparrows und zwei Sidewindern auszurüsten und dann alle Mitglieder der Staffel in den Bereitschaftsraum gerufen. Offensichtlich hatten seine Leute realisiert, dass etwas wichtiges anlag, denn alle kamen im Laufschritt an, einige waren sogar ziemlich außer Atem.
„Ok, Leute, ich will es kurz machen,“, begann Murphy, nachdem Tank als letzter eingetroffen war, „wir haben keinen Kontakt zu Goose und Brawler. Ich habe ein äußerst schlechtes Gefühl bei der Sache. Wir befinden uns immer noch im feindlichen Raum und haben schon zu lange keinen Kontakt mit den Echsen gehabt. Offensichtlich hat der Feind gewartet und möglicherweise starke Kräfte herangeführt. Ich will, dass alle bis auf weiteres in Bereitschaft versetzt werden, halten Sie sich hier im Bereitschaftsraum oder in seiner unmittelbaren Nähe auf. Richten Sie sich auf einen harten Einsatz ein, möglicherweise hat der Feind eine massive Übermacht. Fragen?“
„Sir, gibt es mehr als den Verlust des Kontaktes? Es könnte doch auch ein defektes Funkgerät sein.“, fragte Tank.
„Die Funkgeräte der Griphen sind so ziemlich das Zuverlässigste an der ganzen Maschine und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für den gleichzeitigen Ausfall zweier Funkgeräte? Richtig, gleich null. An Zufälle glaube ich nicht, schon gar nicht an solche. Gut. Das war es. Machen Sie sich flugbereit. Thunder, ich will, dass Ihr Flight in die Maschinen setzt.“
Shukova nickte und winkte ihre drei Leute zu sich. Murphy wollte gerade in sein Büro gehen, als die Alarmsirene losheulte, gefolgt von einer Durchsage:
„Alle Mann auf Gefechtsstation, alle Piloten zu ihren Maschinen. Code Grün, dies ist keine Übung, ich wiederhole, dies ist keine Übung.“ Code Grün indizierte den Verteidigungsfall der Trägerkampfgruppe. Alle Piloten rannten aus dem Bereitschaftsraum, wobei sich Snake-Bite beinahe noch die Finger am Schott eingeklemmt hätte. Murphy fluchte, weil er mal wieder recht behalten hatte. Alles nur, weil man auf Troffen so rumgehampelt hatte. Innerlich regte er sich über die Seelenruhe auf, mit der die NICler sich im feindlichen Raum bewegten, während der Feind seine Kräfte sammeln konnte. Nach wenigen Minuten kam er im Hangar an, wo sein Bordwart gerade die letzte Rakete befestigen ließ. Murphy öffnete das Cockpit und legte seinen Helm und seine Tasche im Cockpit ab, dann stieg er herab und machte mit M’Boko eine schnelle Inspektion der Maschine. Beide Männer, die normalerweise immer ein wenig Smalltalk machten, waren heute ungewöhnlich wortkarg. Nachdem der Rundgang beendet war, nickte Murphy zufrieden. M’Boko war der wohl beste Bordwart, den er je gehabt hatte und die Griphen war in einem guten Zustand. Er schüttelte ihm die Hand und stieg dann die Leiter hinauf, wobei er seine Konzentration schon dem bevorstehenden Gefecht widmete. Dann reichte er M’Boko seinen Helm und stieg in seinen Schleudersitz. Nachdem er sich angeschnallt hatte, setzte ihm der Bordwart den Helm auf. Das rote Kreuz strahlte förmlich auf dem weißen Grund. Dann schloss Martell die Cockpitluke und begann, die Maschine zu starten. Während er dann darauf wartete, dass er zum Katapult herangezogen wurde, betete er einen Rosenkranz, für sich und seine Männer und Frauen. Im Inneren wusste er, dass das Überleben der Redemption nur mit einer Rechnung bezahlt werden konnte, die mit Blut gezahlt wurde...dem Blut von seinen Leuten, den anderen Piloten und den der Männer und Frauen im Flottenverband.
Dann saß er auf Katapult 1, während Snake Bite neben ihm auf der Zwei stand. Murphy salutierte dem Petty Officer an der Abschussvorrichtung, eine Sekunde später wurde er aus dem Bauch der Redemption geschleudert. Er flog eine weite Schleife, während er auf den Rest der Staffel wartete. Noch war der Feind nicht auf dem Schirm, dass man sich diesen Luxus leisten konnte...

Währenddessen war die Fregatte „Admiral Fisher“ bereits voll gefechtsbereit. Oder vielmehr so gefechtsbereit, wie es ihr Zustand zuließ. Glücklicherweise würde man nicht wie andere an der vordersten Front stehen, sondern die Nahverteidigung der Redemption übernehmen. Trotzdem raucht Gonzalez der Kopf, als er die Optionen durchging. Seine Offiziere blickten ebenfalls recht ratlos drein. Allen war klar, dass ein größerer Angriff durch Raketen den Tod der Fregatte bedeuten würde, zumal der defekt Impulslaserturm nicht hatte repariert werden können.
„Also, Turner?“
„Ich würde sagen, wir drehen unseren Bug zur Redemption und gehen möglichst weit in ihren Feuerschatten. Unser Heck ist ja noch recht unversehrt....“
„Hm...uns bleibt wohl nichts anderes....aber es schränkt uns taktisch sehr stark ein.“ Gonzalez runzelte unzufrieden die Stirn. „Ok, machen wir es so. Alle Stationen sollen Status melden...ich bin gleich wieder da.“
Gonzalez verließ die Brücke und holte sich seine Zigarren. Nach wenigen Minuten kam er zurück. Als Turner die Ursache der kurzen Abwesenheit sah, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.
„Sir, alle Stationen melden volle Bereitschaft.“
„Gut, dann lasst sie mal kommen.“

**********************************************************

„Big Basket von CAP Sigma 2! Ich melde Feindkontakt, wiederhole Feindkontakt!“
„CAP Sigma 2, präzisieren Sie.“
„CAP Sigma hatte Feindberührung mit zwei Bravo Hotel, ein Boogie vernichtet.“
„CAP Sigma 2, wo ist Ihr Wing Leader?“
„Darkness kämpft noch mit dem gegnerischen Wing Leader, einer blutrot lackierten Bloodhawk. Dieser Arsch hat mich ganz schön frittiert, nachdem ich seinen Flügelmann abgeschossen hatte. Ich schätze, Darkness kommt auch gleich rein.“
Falls er überlebt hat, schoss es mir durch den Kopf. Doch ich schob den Gedanken weit fort.
„Machen Sie eine Ersatzmaschine klar. Standardbestückung. Ich will gleich wieder raus, Big Basket.“
„Ihnen wird auch gar nichts anderes übrig bleiben, Ace. Wir werden massiv angegriffen.“
Zangenbewegung, drängte sich mir der Gedanke auf. Natürlich. Warum sonst flog der Rote Baron irgendwo da draußen, während sich die Schlacht hier abspielte?
„Wie weit ist der Feind? Reicht es noch, um Darkness rauszuhauen?“
„Negativ, Ace. Sie haben bestenfalls sieben Minuten vor dem ersten Feindkontakt.“
Die RED kam näher, und das trotz meines stotternden Triebwerkes.
„Ich empfehle ein Sensorshuttle auf die Flanke zu schicken.“
„Big Basket hat verstanden. Sie haben Landeerlaubnis auf Deck eins. Wir übernehmen Sie in Leitstrahl.“ Mir wurde heiß und kalt zugleich, als ich zwei Dinge bemerkte. Erstens, der Autopilot war defekt. Zweitens, ich kam unsauber rein. Und bei weitem zu schnell. VIEL zu schnell.
„Big Basket, das wird ne heiße Landung. Mein Auto will nicht und ich kriege die Mühle nicht langsamer.
„Verstanden. Landedeck wird geräumt. Viel Glück, Ace.“

Das war es also. So sollte mein Leben Zuende gehen. Nicht der Geheimdienst entsorgte mich heimlich als Fleischbeilage, nicht Kali riß mir den Kopf von der Schulter, nicht Lilja trieb mir ihr Stiefelmesser zwischen die Rippen, nicht der Rote Baron holte mich aus meinem Cockpit.
Nein, ein paar lächerliche Gefechtsschäden sorgten dafür, dass ich in die RED knallte und dabei auch noch ordentlich Schaden anrichtete. Nüchtern dachte ich nach, zog hoch und betätigte den Schleudersitz.
„Hier Big Basket. Verdammt, Ace, was denken Sie sich dabei? Die Maschine kostet dreißig Millionen!“ blaffte mein Gegenüber.
„Und wenn ich das verdammte Flugdeck beschädige, weil ich quer reinkomme, kann das den ganzen Träger kosten!“ blaffte ich zurück. „Falls es ein nach der Schlacht gibt, können wir ihn immer noch aufsammeln.“
„Auson hier. Das ist Ihr verdammter zweiter Phantom, der auf Ihre Kosten geht, Junge. Besser, Sie verlieren die Ersatzmaschine nicht auch noch. Sonst werden Sie zu teuer für die Navy. Verstanden?“
„Ja, Ma´am, verstanden.“
Vor mir trieb die Phantom an der RED vorbei, in Fahrtrichtung, drei Grad vom Kurs ab. Leicht einzusammeln. Ich trieb auf dem gleichen Kurs, taumelte aber durch den Ausstieg um alle drei Achsen. Mit Hilfe der Steuerdüsen meines Schleudersitzes bekam ich die Bewegung in den Griff, bevor mich ein Rettungsshuttle aufgabelte.
Die Techniker, die mich aus den Gurten befreiten, grinsten mich an. „Hatte der Superpilot einen schlechten Tag?“ spottete einer.
„Nicht so einen schlechten wie die RED, wenn ich nicht bald in meine Ersatzmühle komme“, konterte ich. Himmel, wurde ich denn immer mehr in die Rolle des Außenseiters gedrängt?

Den Rest des kurzen Fluges verbrachten wir schweigend. Was ich sehr begrüßte.
Auf dem Landedeck angekommen, verließ ich das Shuttle so schnell wie möglich, um zu den Katapulten zu kommen. Ich nahm mir nicht mal die Zeit, das Visir zurück zu klappen.
Ein unmarkierter Phantomjäger stand bereits auf der Zwo. Mann, war es leer hier. Alles was fliegen konnte, war da draußen.
„Junge“, sprach mich Chief Cutter an, „hat der Commander wirklich einen Fight mit dem Roten Baron?“
Ich nickte, während ich mich ins Cockpit schwang. Keine Zeit für die Routine. Hoffentlich hatten die Techs alles durchgecheckt. Meine Kameraden kämpften bereits. Ich gehörte da raus. Das war ich ihnen schuldig. Das war ich mir schuldig.
„Und? Was meinen Sie, Lieutenant? Wie stehen die Chancen?“
Wieder grinste ich. „Machen Sie seine Reservemühle klar. Der Rote Baron ist gut, aber Darkness ist nicht schlechter.“
Der Chief erwiderte das Grinsen. Er zeigte mir den hochgestreckten Daumen, während sich meine Kanzel schloss.
Ich aktivierte die einzelnen Systeme, machte die Waffen scharf.
„Big Basket, hier CAP Sigma 2, bereit zum Start. Koordinaten?“
„Negativ. Gehen Sie raus und helfen Sie beim Abfangen der Feindjäger und Bomber. Und jetzt los.“
Meine Hände wurden feucht unter den Handschuhen. Das Adrenalin vom Dogfight war noch nicht einmal verbraucht, und mein Körper schüttete bereits neues aus. Ich spürte, wie die Angst in mir wütete. Ein tolles Gefühl. Nach all dem Ärger, den ich die letzten Tage gehabt hatte, war es die Angst vor dem Tod, die mir klarmachte, wie lebendig ich war. Noch.
Der Andruck des Starts presste mich in den Pilotensitz. Und warf mich hinaus ins Chaos. „Wenn ich das nicht überlebe“, knurrte ich mehr zu mir selbst, „fällt wenigstens der Abend mit Lilja aus…“

*****************************************************

Darkness kämpfte mit seiner Phantom. Immer mehr Systeme fielen aus. Gerade hatte die Bordinterne Lebenserhaltung versagt und er hatte auf Notversorgung umschalten müssen.
"Klasse Timing, mein Schatz." knurrte er in seinen Helm.
"CAP Sigma One für BigBasket, over." Justin hatte wenig Hoffnung den Träger zu erreichen. Seine Anzeigen für das Funkgerät waren hinüber und wenn er den Rest seiner Maschine betrachtete konnte er sich ausmalen wie seine Langstreckenkommunikation aussehen mochte.
Er versuchte es erneut. "CAP Sigma One für BigBasket, over. Komm schon du verdammter Sassenach von einem beschissenen.."
"BigBasket... Nett Sie zu hören CAP Sigma One. Dachten schon Sie würden den Tanz hier verpassen." Der Funkoffizier der Red klang sehr angespannt aber momentan war noch kein Gefechtslärm zu hören.
Darkness biss sich auf die Unterlippe. Immer wenn man am Fluchen war erreichte man jemanden. Vielleicht sollte er den Trick öfter versuchen.
"Um nichts in der Welt BigBasket. Macht mir eine Ersatzmühle klar, das Baby hier hat mehr Löcher als ein Schweizer Käse." Justin überflog kurz seine Bildschirme, zumindest die, die noch etwas anzeigten. Das würde eine heiße Landung werden.
"Schon erledigt, Commander. Ace war so freundlich das zu veranlassen. Sie haben Landeerlaubnis aber machen Sie fix wir brauchen jeden Piloten da draußen."
"Verstanden BigBasket, macht Platz da unten ich komme heiß rein, mein Fahrgestell klemmt... zumindest glaube ich das es klemmt kann auch sein das ich keins mehr habe."
Gut. Cliff hatte es zurückgeschafft. Seine Befürchtung, eine weitere Patrouille in dem Gebiet könnte über ihn stolpern war also unnötig gewesen.
"Kein Problem, ist eh keiner zu Hause. Wir nehmen Sie auf, BigBasket out."

McQueen schwenkte seine Maschine herum und ging in den Landeanflug über. Er bremste so weit wie möglich ab aber er war einfach zu schnell. Kunststück mit einer defekten Geschwindigkeitsanzeige. Der Traktorstrahl erfasste seine zerschundene Phantom, konnte die Maschine aber nicht auf optimale Landegeschwindigkeit bringen und so schlug Justin hart auf dem Landedeck auf.
Der Jäger schlitterte funkensprühend etwa 20 Meter weit über das Deck und wurde dabei noch weiter abgebremst bevor er eine weite Kurve beschrieb und schließlich unsanft gegen die linke Bordwand krachte.
Die Techniker, die im Laufschritt auf die zerschellte Phantom zueilten, konnten schon aus einigen Metern Entfernung seine gälischen Flüche hören.
Justin schüttelte den Kopf. Er sah doppelt. Jemand klopfte gegen die Cockpitscheibe. Er hob den Kopf und erkannte Cutters grinsendes Gesicht. Natürlich klemmte das Cockpit und die Techniker mussten es aufbrechen.
23.11.2015 17:07 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Auftakt

Lilja lag auf ihrem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und starrte zur Decke. Das vernarbte Gesicht war zu einer wütenden Grimasse verzerrt, und sie probierte gerade ihren Vorrat an Mutterflüchen durch. Ihr Wortschatz war in dieser Hinsicht recht umfangreich – wenn er wirklich von ihrer Mutter stammte, konnte man sich fragen, was für Umgang sie gehabt hatte. In den letzten zwei Tagen hatte sie dieses Ritual mehrmals zelebriert, immer wenn ihre Gedanken an einem gewissen Punkt angelangt waren. Ihre Zimmergenossin las gerade in einem Buch – oder tat zumindest so – und war darüber auch ganz froh, denn so konnte sie ihr Lächeln maskieren. Plötzlich schwieg die Russin und wälzte sich elegant auf die Seite: „Ich FÜHLE dein Grinsen.“ knurrte sie. Ina gab ihre Heimlichtuerei auf und brach in schallendes Gelächter aus – ungeachtet der finsteren Miene ihrer Kameradin. Schließlich verstummte sie, abgesehen von einem gelegentlichen Japsen, das auf Luftmangel zurückzuführen war.

Lilja Stimme klang sehr trocken: „Schön, das hätten wir hinter uns. Ich dachte schon, es zerreißt dich noch. Obwohl du vermutlich immer dann hysterisch losgekichert hast, sobald ich nicht in der Nähe war.“ Ina hüstelte, um einen erneuten Lachanfall zu kaschieren: „`Tschuldigung. Aber ich musste bloß immer dran denken, wie euer ‚Kerzenlicht-Diner‘ in einem Blutbad endet. Beziehungsweise, wie du dir gerade die Foltermethoden für Ace zurechtlegst.“ Liljas Gesicht hellte sich auf: „Auf den Gedanken bin ich noch gar nicht gekommen. Bisher war ich nur so weit, mir seine Zähne auf eine Kette zu fädeln oder mit seinen Skalphaaren meine Kleidung zu verzieren. Danke für die Anregung.“ Dann lachten sie beide. Auch wenn Lilja sonst eher gereizt auf Scherze reagierte, so räumte sie Imp eine gewisse Freiheit ein – schließlich ertrug die geduldig die Marotten der Russin und behielt die Probleme ihrer Kameradin für sich. Das verlangte Belohnung.

„Na ja“ meinte Ina, ernst werdend: „ich kann ja verstehen, dass du sauer bist. Und ich weiß wirklich nicht, was Ace sich dabei gedacht hat. Warum hast du eigentlich nicht den Notausstieg genutzt?“ Lilja grunzte nicht eben damenhaft: „Erstens einmal wäre das natürlich ein Gesichtsverlust gewesen. Immerhin habe ich den Mund zu voll genommen – und jetzt muss ich halt die Zeche zahlen. Ich hätte gedacht, dass ich mit der verdammten Phantom fertig werde. Wenn man erst mal eine Sache beginnt, muss man sie auch zu Ende bringen. Schließlich möchte ich nicht, dass jemand denkt, ich hätte Angst vor Ace, oder er hätte einen wunden Punkt getroffen. Und außerdem hat mir seine verblichene Flamme nahegelegt, ich solle ‚meine Finger von ihm lassen‘. Und ich will lieber halb verrecken – oder einen Abend in Ace Nähe verbringen, das ist ja das selbe – als dass ich Mata Hari in dem Glauben lasse, SIE hätte mich eingeschüchtert. Auch wenn ich die Gegenwart dieses Kotzbrocken ertragen muss. Und was er sich dabei gedacht hat – falls er überhaupt gedacht hat, bei einigen Männern kann man sich da nicht so sicher sein – weiß ich nicht, habe aber meine Vermutungen.“ Ina lächelte: „Na dann las hören. Ich nehme an, du glaubst nicht, dass er hoffnungslos deiner liebreizenden Stimme verfallen ist und seine Nächte mit Träumen von dir, seine Tage voll bangem Begehren nach deiner Nähe verbringt.“ Die Russin zischte irgend etwas – es ging wohl um die Abstammung von Ace und der Vorliebe seiner Vorfahren für bestimmte Tiere – und musterte ihre Freundin drohend: „Irgend wann wirst du noch mal verletzt werden, IMP.“ Ina grinste nur breit.

Dann nahm Lilja den Faden auf: „Nun, ich denke, es gibt folgende Möglichkeiten. Erste Möglichkeit – er hat die Chance genutzt, um mir eins auszuwischen. Er weiß, dass ich ihn nicht mag und will mir so elegant eine reinwürgen. Ich muss seine Gegenwart ertragen und einige könnten denken, wir hätten was miteinander. Womit er mich zu Recht bis zur Weißglut gereizt wähnt. Das halte ich für das Wahrscheinlichste. Zweite Möglichkeit, er will mir wirklich wehtun. Er heuchelt Interesse für mich um mir dann klarzumachen, dass ich nur ein halber Krüppel bin. Wer weiß, vielleicht denkt er, ich würde mich geschmeichelt fühlen.“ Sie grinste humorlos und zog mit dem rechten Zeigefinger die Linien ihrer Narben über Wange und Hals nach: „Schließlich bin ich eher selten Ziel solcher Avancen, nicht nur wegen meines nicht sonderlich liebreizenden Charakters. Und das könnte er mir überdeutlich unter die Nase reiben.“ Inas Gesicht war ernst geworden: „Für SO gemein halte ich ihn auch nicht. Klar, er ist arrogant, großkotzig und so weiter – aber ich glaube nicht, dass er dich wirklich verletzten will.“ Lilja zuckte mit den Schultern: „Erinnere dich, wie er sich bei den Sims gebärdet hat. Wie ein Schwein vor einem vollen Trog, egal, ob er damit vielleicht andere verletzt, die nicht ganz solche Superpiloten sind. Ace, das Aß, ist eben der Schützenkönig, und das niedere Gewürm hat niederzuknien! Ich traue ihm auch so was zu.“
Sie lachte bellend: „Weitere Möglichkeit, er zielt gar nicht in erster Linie auf mich. Du hast mir selber erklärt, dass er in Kali verknallt war, oder wohl auch noch ist. Momentan ist die aber nicht gut auf ihn zu sprechen. Und sie scheint nichts dagegen zu haben, wie Kano sie anhimmelt. Der Junge ist – nach meiner nicht sonderlich professionellen Meinung – richtig in sie verknallt, und sie scheint nicht gewillt, ihm eine klare Absage zu erteilen. Das muss unseren Superpiloten fuchsen. Ich meine, ‚sein Mädchen‘ “ sie spie das beinahe aus: „scheint einem kleinen Neuling frisch von der Akademie den Vorzug zu geben vor Ace, dem Einzigartigen, der letzten Hoffnung der Menschheit!“

Ihr Tonfall wurde leicht dozierend: „Also wäre es möglich, dass er ihr entweder klarmachen will; ‚ich brauche dich nicht, du bist doch in meinen Augen nichts, ich finde sofort jemand anderen‘. Das glaube ich aber nicht, denn das hieße, dass er mich als ‚Ersatz‘ präsentieren will, da gäbe es leichtere und präsentablere Ziele.“ Ihre Stimme wurde spitz: „Zum Beispiel eine manisch gutgelaunte Pilotin, die ständig zu hysterischen Kicheranfällen neigt.“ Ina lachte schallend, dann trat ein verträumter Blick in ihre Augen, und sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen: „Das wäre...lecker.“ flüstere sie in einer hervorragenden Imitation des ‚schmachtenden Dummchens‘. Jetzt lachten beide

„Oder, was ich für wahrscheinlicher halte, er will ihre Eifersucht wecken und wählte gerade mich, weil er weiß, dass Kali mich nicht sonderlich mag. Er hofft, sie könnte versuchen ihn ‚zurückzugewinnen‘, schließlich kann sie mir ja kaum das Feld überlassen.“ Ina nickte: „Halte ich für denkbar. Es könnte aber auch sein“ meinte sie, wobei ein spitzbübisches Funkeln in ihre Augen trat: „dass er einfach einen netten Abend mit einer Dame verbringen will. Und da Kali augenblicklich nicht zur Verfügung steht, hat er halt dich auserkoren. Oder, er will dir einfach nur zeigen, dass er so schlecht nicht ist, und dass es vielleicht seine Ansichten auch nicht sind.“ Lilja gab einen Laut zwischen Knurren und Fauchen von sich: „Ehe ich das glaube, oder gar ihm Recht gebe, friert die Hölle ein!“

***************************************************************

Wenig später

Lightning hatte währenddessen andere ‚Sorgen‘. Sie war mit den Auswirkungen der Truppenbetreuung zufrieden. Das Getuschel hatte nachgelassen, und die Piloten hatten sich etwas besser kennengelernt. Wenn sie einander als Kameraden ansahen, waren die Gefahren geringer, dass es zumindest innerhalb der Staffel zu Reibereien kam. Vielleicht wurden ja sogar Claw und Lilja noch Teil des Teams. Beide waren in gewisser Weise Problemfälle. Wobei Claw disziplinarisch eine Katastrophe war, während Lilja in der Hinsicht zwar pflegeleichter zu seien schien, aber andererseits einen Kurs verfolgte, der sie in Konflikt mit der Yamashita bringen konnte. Lightning wusste, als Staffelchefin musste man für seine Leute ein Mittelding zwischen Beichtvater, Bruder oder Schwester und richtigem Elternteil sein, mal ganz abgesehen von einer gekonnten Mischung aus Vorgesetzter und Kamerad – was nur schwer zu erreichen war. Und sie bemühte sich, dies zu managen. Deshalb war ihr nicht verborgen geblieben, warum Lilja mit Ace und ein paar anderen aneinandergeriet. Ihre Ansichten betreffs der Akarii waren in Augen einiger etwas extrem, und dass sie offenbar ein Video der Bombardierung von Troffen im Schrank hatte... Die Staffelchefin wusste, so etwas war unter Soldaten seit jeher nicht selten gewesen. Es gab da Geschichten von ganz anderen ‚Andenken‘. Aber die überpenible JAG-Offizierin mochte das wohl anders sehen. Außerdem hatte Lightning einen gewissen Verdacht, was den Tod des Akariipiloten anging, dessen Maschine momentan zusammengeflickt wurde. Es gab da Geschichten über Zwischenfälle bei anderen Staffeln...

Aber Lilja gehörte zu IHRER Staffel und sie würde die Pilotin nicht einer manisch genauen Justiziarin überlassen. Die Russin war eine der besten Kämpfer in der Staffel, fast so gut wie Lightning selber und auf einer Stufe mit Claw, und sie wollte sie nicht verlieren. Natürlich war dies nicht das einzige Problem. Der tägliche Papierkrieg zum Beispiel, der ihr kaum Zeit für etwas anderes ließ, außer ihrem normalem Dienst. Aber eine Staffel zu führen bedeutete mehr als Dienst nach Vorschrift, wenn man es GUT machen wollte, und dazu war sie fest entschlossen. Also musste sie damit leben, dass von Freizeit keine Rede mehr war. Flugdienst, Babysitter für elf Piloten UND der Papierkram – der Tag hätte dreißig Stunden haben müssen, um damit auf die Reihe zu kommen. Sie gähnte und bemühte sich, eine Kiefersperre zu vermeiden. Ihr angewiderter Blick galt der Tasse mit der Chemkaff-Mischung, die für Stoßschichten unverzichtbar war. Was allerdings nicht bedeutete, dass sie schmeckte. Sie rief ein neues Dokument auf. In diesem Augenblick heulten die Sirenen auf.

Für eine Sekunde war sie nur erleichtert – eine Möglichkeit, dem zwanzigsten Formdokument zu entkommen. Doch schnell gewannen ihre professionellen Reflexe die Oberhand. Und sie hörte mit wachsender Unruhe, wie das Signal das Zeichen für einen feindlichen Großangriff gab. Sie hatte das Gefühl, ein Eiskugel verschluckt zu haben. Der Gegner hatte sie gefunden.

Sie verschwendete keine Zeit. Sie wusste, noch während sie die Flugmontur anlegte, wurden in den Startdecks die Jäger kampfbereit gemacht. Ihre Piloten waren vermutlich bereits auf dem Weg. Auf dem Weg in die Schlacht, aus der einige nicht wiederkehren würden. Sie verzog ihr Gesicht zu einer zornigen Grimasse. Die verdammten Echsen sollten sehen, was für ein Feind die Redemption war!

Als Imp auf das Flugdeck hastete, hatte sie Pinpoint und seine merkwürdige Bitte schon wieder halb vergessen. Obwohl ihr angeborener Sinn für Humor ihr sagte, dass die gestiegene Aufmerksamkeit für ihre Zimmergenossin durchaus noch für manche humorige Szene sorgen könnte. Sie hatte ein Grinsen unterdrücken müssen – armer Pinpoint. Aber inzwischen gab es anderes zu tun und zu bedenken. Lilja war schon eine ganze Weile vor dem Alarm aufgebrochen, sie hatte wohl wieder eine Übungsrunde bei den Simkapseln eingelegt. Seit ihrer Niederlage trainierte sie noch verbissener, wenn das überhaupt möglich war. Vermutlich hoffte sie, es Ace einmal heimzahlen zu können. Sie war nicht überrascht, Liljas Jäger bereits startbereit vorzufinden, gerade wurde er ausgeschleust. Ihr Flightleader, Jim „Hawkeye“ Miller, war gerade dabei, in sein Cockpit zu klettern. Er grinste Imp zu und zeigte das Victory-Zeichen. Da er schon vor dem Krieg beim Kampf gegen Piraten zwei Abschüsse erzielt hatte, und während des Krieges zwei weitere, fehlte ihm nur noch einer, um selber zum Aß zu werden. Imp erwiderte die Geste, aber sie spürte, wie eine eisige Hand sich um ihr Herz legte, und langsam den Griff verengte. Die Bordlautsprecher kündigten einen starken feindlichen Verband an, und sie musste an „Scotty“ denken, ihren alten Flightleader, der die erste Feindfahrt nicht überlebt hatte. Es waren mindestens drei bis vier Staffeln Gegner, und dies bedeutete auch entsprechende Begleitschiffe, die eventuell die Arbeit der Jäger vollenden würden. Sie erreichte ihren eigenen Jäger und bereitete sich auf den Start vor. Und dabei betete sie zu allen Göttern, die möglicherweise gerade zuhören mochten, dass es nicht einen ihrer Kameraden erwischen würde.

Um Lightning formierten sich ihre Jäger. Die Manöver wurden mit einer Routine und Übung ausgeführt, die den Lieutenant Commander erfreute. Oh ja, ihre Staffel war einsatzbereit. Und der Gegner würde schnell erfahren müssen, dass er es hier nicht mit Anfängern zu tun hatte. Lightning überprüfte ihre Bewaffnung. Bei den meisten Maschinen bestand sie aus Amram- und Sparrow-Raketen, denn die Typhoons würden die Aufgabe haben, sich mit dem feindlichen Begleitschutz herumzuschlagen, während die besser bewaffneten Maschinen die feindlichen Jagdbomber und Bomber angreifen würden. Deshalb hatten nur ein Drittel auch Sidewinder-Kurzstreckenraketen dabei. Die Staffel nahm ihre Position im Verband ein. Sie würden die rechte Flanke der Formation bilden, die etwas schwerfälligeren Phantome- und Mirage-Maschinen das Zentrum. Links würden die Griphen vorrücken. Lightning hörte die Klarmeldungen und fragte sich, ob sie manche Stimmen das letzte Mal hören würde. Dann verblassten solche Gedanken, als sich der Kampffliegerverband in Bewegung setzte, seinem Ziel entgegen.

**************************************************************

Die Sirenen heulten ununterbrochen, trieben Kano zur Eile. Als der Alarm begonnen hatte, war er im Trainingsraum gewesen und so erreichte er den Hangar verspätet und außer Atem. Die ersten Jäger starteten bereits, während andere noch aufmunitioniert und startklar gemacht wurden. Hastig erklomm er die Leiter, währe beinahe ausgerutscht und zwängte sich in das enge Cockpit. Eilig überflog er die Armaturen und Anzeigen. Alle Systeme waren klar, der Jäger mit sechs Amram-Mittelstreckenraketen bestückt. Dann tönte auch schon die Stimme der Bodenkontrolle aus den Kopfhörern. „Start! Start!“ Während der Jäger zu den Hangartoren bugsiert wurde, absolvierte Kano, in die eingedrillten Verhaltensmuster verfallend, das Startprotokoll ein zweites Mal. Kein Zweifel, der Jäger war kampfbereit. `Bin ich es auch?‘
Kano versuchte, sich selber einzuschätzen. Auch wenn er außer Atem und verschwitzt war, seine Hände schienen ruhig zu bleiben und auch die quälenden Vorahnungen vom letzten Feindflug blieben aus.
`Aber noch bin ich nicht am Feind.‘ Während der Jäger den Hangar verließ, trat ein harter, starrer Ausdruck auf das Gesicht des Piloten.

„STAFFEL GRÜN HERHÖREN! Der Feind besteht aus Vier-Null-Plus Einheiten, vermutet Jäger, Jabos und Bomber! Angriff im Großverband, wir sichern die rechte Flanke! Feind ist abzufangen und aufzureiben! Vermutet Bloodhawk, Raptor und Deltas! Die Jabos und Bomber dürfen nicht durchkommen! Passt auf eure Ärsche auf! Viel Glück!“
Auf den ersten Blick schienen die Erdstreitkräfte überlegen. Knapp 60 Jägern und Jagdbombern würden etwa 40 Akarii-Einheiten gegenüberstehen – und bisher waren noch keine feindlichen Großkampfschiffe gesichtet worden. Aber die Maschinen der Akarii galten als technisch überlegen: Schneller und vor allem besser bewaffnet als die menschlichen Gegenstücke. Und dies waren keine Kolonialflieger oder Heimatschutzstaffeln. Dies waren Einheiten der ersten Linie, sicher bemannt von erfahrenen Piloten. Es würde ein harter Kampf werden.
Zielstrebig und entschlossen jagten die Verbände aufeinander zu.

Kano überprüfte noch einmal Zielcomputer und Waffensysteme – zum vielleicht zehnten Mal. Die Minuten schienen sich zu einer Ewigkeit zu dehnen, obwohl Menschen und Akarii mit Höchstgeschwindigkeit flogen. Auf den Funkkanälen war es still. Wieder fuhr er prüfend über die Knöpfe der Waffenkontrollen.
Vor Kano zog sich die Formation auseinander, um für den Angriff Manöverraum zu haben. Beinah automatisch lenkte er seine Typhoon etwas nach außen, während seine Augen nicht von den Anzeigen wichen. `Gleich-Gleich... .‘ Lilja hatte sich seitlich hinter Kanos Jäger postiert.
`Nicht sofort die Raketen, damit rechnen sie. Besser, wenn sie von Sechs Uhr abgefeuert werden.` Sein Atem ging fast keuchend zwischen den zusammengepressten Zähnen. Die Anspannung drehte ihm den Magen um.
`Gleich... .‘

Die Schlacht begann mit einem wütenden Raketenangriff der Erdstreitkräfte. Über hundert Lenkkörper rasten in die Formation des Feindes, gefolgt von den aus allen Rohren feuernden Jägern. Das Gegenfeuer schien schwach – doch dann nahmen die Akarii den Kampf an. Und sie schossen mit tödlicher Präzision.

Eine schnelle Kurve zur Seite rettete Kano, als eine feindliche Rakete den Jäger erfasste. Der Flugkörper verfehlte die Typhoon und explodierte an einem Täuschkörper, den Lilja ausgestoßen hatte.
Als Kano wieder die Schlacht in den Blickwinkel bekam, tobte bereits ein erbitterter Kurvenkampf. Wo möglich, versuchten die Erdstreitkräfte mit ihrer geringen zahlenmäßigen Überlegenheit die Jäger, Abfangjäger und Jagdbomber niederzuringen, die etwas schwerfälligeren Deltavögel auszukurven. Doch die feindlichen Jäger mit ihrer überlegenen Wendigkeit waren harte Gegner, und einem Delta vor die Rohre zu kommen, war fast schon ein sicheres Todesurteil.
Vor Kano pflügte eine dieser Maschinen regelrecht durch das tödliche Ballett der schnelleren Einheiten, aus allen Rohren feuernd. Einer Griphen wurde fast die Tragfläche abrasiert, nur ein brutaler Looping rettete sie vor der Vernichtung.
„Lilja – der Delta!“
„Verstanden, Ohka.“ ertönte ihr Stimme – kalt und hart – aus dem Komm: „Ich halte den Rücken frei.“
Kano gab Vollschub, wurde in den Sitz gepresst, während die Typhoon zielstrebig auf das Ziel zuschoss, das gerade versuchte, sich an eine rollende Mirage zu hängen.
Kano näherte sich von Fünf Uhr, leicht unterhalb der feindlichen Maschine. Die Strahlenwaffen spuckten feurigen Tod.
Doch der Deltavogel bewies einmal mehr seine berüchtigte Standfestigkeit. Die Schilde flackerten zwar, doch noch brachen sie nicht zusammen. Und der feindliche Pilot war kein Anfänger. Blitzschnell, mit einer Wendigkeit, die man ihm gar nicht zutraute, rollte sich der Deltavogel auf den Rücken. Statt einen hoffnungslosen Kurvenkampf zu beginnen hatte der Pilot lieber seinem Gunner ein Schussfeld gegeben. Die Strahlenwaffen hämmerten auf die Schilde der Typhoon.
Treffer-Treffer! In Kano verkrampfte sich etwas. 'Verdammt, nicht schon wieder! Nicht... .'
Ruckartig riss er den Steuerknüppel zur Seite, ließ seine Maschine zur Seite wegbrechen. Der feindliche Schütze nahm jetzt Lilja ins Visier. Aber ihr Jäger war zu weit weg und ohne größere Mühe wich sie aus.
Und Kano war noch nicht aus dem Spiel. Er hatte sich wieder gefangen, die Rechte um den Steuerknüppel gekrallt, die Linke zur Faust geballt. `Ich werde nicht feige sein!‘
Ein schnelles Manöver ließ die Typhoon wieder auf Kurs gehen – er war jetzt fast direkt unter dem feindlichen Bomber, dessen Gunner immer noch versuchte, Lilja zu erwischen. Das war ein tödlicher Fehler.
Diesmal überließ Kano nichts dem Zufall. Sobald er den Deltavogel im Visier hatte, drückte auf die Knöpfe. `Raketen los – los – los!‘ Mit zusammengebissenen Zähnen drückte er auch noch auf den Raketenschalter als seine gesamte Armierung auf dem Weg war. Erst dann eröffnete er mit den Kanonen das Feuer.
Von den sechs Raketen trafen nur vier – doch das war mehr als genug. Der Bomber explodierte förmlich in einer Wolke expandierender Trümmerteile.
`Ja!‘
Die Typhoon stieß durch die Trümmerwolke. Ein verzerrtes, triumphierendes Lächeln erschien auf Kanos Lippen.
„OHKA! RECHTS WEGBRECHEN!!“
Er reagierte mehr reflexartig als bewusst, riss seine Maschine in einen korkenzieherartigen Abschwung. Das rettete ihm das Leben – die tödlichen Strahlenbahnen durchschnitten nur den leeren Raum. Im selben Augenblick, als er den Bloodhawk an seinem Heck erkannte, begriff Kano, dass nun er der Gejagte war. Kano zwang die Typhoon in eine scharfe, horizontale Kehre, fast ein Looping – der Bloodhawk stieg mit. Eine schnelle Salve verfehlte Kano nur knapp, ließ ihn nach Links wegbrechen – der Akarii war gut. Und er flog eine Maschine, die der Typhoon überlegen war.
Wieder warf Kano die Maschine herum – Feindfeuer flackerte über die Schilde: Achtzig Prozent, Sechzig Prozent! `Verdammt!‘
Eine erneute Kurve, hart an der Grenze der Belastbarkeit – vor Kanos Augen huschten schwarze Schatten vorbei.
Er hatte etwas Raum gewonnen – aber immer noch klebte der Bloodhawk an seinem Heck wie ein Blutegel. Er kam nicht los!
„KURVE LINKS – JETZT!!“ gellte Liljas Stimme aus den Kopfhörern. Kano warf die Maschine herum, kassierte einen weiteren Treffer – Dreißig Prozent Schildkapazität!
Der Bloodhawk flog auseinander. „Zur Hölle mit dir, Echse! Genieße die Schlacht!“ Triumph, Hass und eine wilde Freude waren in Liljas Stimme, als ihr Jäger zu Kano’s Typhoon aufschloss.
„Alles klar, Ohka?“
„Danke!“
„Für nichts! War meine Pflicht. Los jetzt, die Schlacht ist noch nicht vorbei!“

Momentan lief die Schlacht gut. Auch wenn die Akarii verbissen kämpften, sie waren zahlenmäßig unterlegen. Und vor allem waren die Bomber und Jagdbomber durch ihre Schiff-Schiff-Raketen behindert und so etwas schwerfällig. Langsam aber sicher schien sich ein Sieg der Erdstreitkräfte abzuzeichnen.

Der Schein trog. Denn durch den Funklärm des Gefechts schnitt eine sich überschlagende Stimme von der Redemption: „ACHTUNG – ACHTUNG!! Zweiter Feindverband im Anflug! Vier-Null-Plus! WIR BRAUCHEN JÄGER!“
Das ließ die keimende Siegeszuversicht zusammenbrechen. Und nun war die Lage alles andere als übersehbar, geschweige denn unter Kontrolle. Während sich mehr als 60 Prozent der Einheiten der Redemption mit dem zwar zusammengeschossenen, aber noch nicht besiegten Akarii-Verband beschäftigten, würden dem zweiten Verband an Jägern gerade mal eine Staffel Typhoon gegenüberstehen – ein aussichtsloses Kräfteverhältnis. Und wenn die Bomber und Jabos erst einmal ihre S-S-Raketen ins Spiel bringen würden... .
„STAFFEL GRÜN ABBRECHEN! WIEDERHOLE ABBRECHEN! Die Redemption braucht unsere Hilfe! VERDAMMT!“
Während die Phantome und Mirage noch mit den Resten des Kampfverbandes kurbelten, lösten sich die Griphen und Typhoon und rasten – in der verzweifelten Hoffnung, nicht zu spät zu kommen – zurück zum Träger.

Sie kamen zu spät. Während die Reaper und Bloodhawks die beim Träger verbliebenen Jäger niederhielten, hatte der Angriff der Deltas und Raptoren bereits begonnen. Und als sich die zur Hilfe eilenden Erdjäger in den Kampf stürzten, waren die Jäger und Abfangjäger bereit, sich ihnen zu stellen.

„WEGBRECHEN RECHTS!“ Noch bevor er sich an das Heck des Deltas hatte setzen können, war Kano bereits in das Visier eines Bloodhawks geraten, der sich sofort auf die Typhoon stürzte. Der feindliche Bomber flog währenddessen stur seinen Angriff weiter – die Redemption als Ziel. Erst Liljas Garben ließen ihn sich auf den Rücken legen und wegtauchen. Verfolgen konnte sie ihn nicht – ein Raptor ging sie mit flammenden Kanonen an, zwang sie zum Abdrehen.

Kano war inzwischen in eine Kurbelei mit dem feindlichen Jäger verstrickt. Im engen Kurvenkampf, inmitten des Chaos der Raumschlacht, nutzte dem Akarii die überlegene Ausrüstung weniger. Beide Maschinen umkreisten einander in immer engeren Kurven, das Letzte von Pilot und Jäger fordernd. Kano wusste, er flog am Rande des Abgrunds. Schon zweimal war der „graue Vorhang“ vor seinen Augen erschienen – er würde das nicht mehr lange durchhalten. Aber er musste.
Langsam, scheinbar nur zentimeterweise, gewann er. Die feindliche Maschine wanderte in sein Sichtfeld – ins Visier. Feuer – Feuer – und Treffer! Ruckartig brach der Bloodhawk aus seiner Flugbahn, gab vollen Gegenschub in dem Versuch, doch noch zu entkommen. Mit einem gepressten Fluch setzte Kano nach.
Vielleicht war der feindliche Pilot jetzt der Kurbelei müde – oder er hatte erkannt, das er damit dem Gegner nicht beikommen würde. Oder aber er war durch das brutale Manöver noch halb betäubt. Als er wendete, geschah das fast schwerfällig – und sein Kurs richtete sich genau auf Kanos Bug.
Der junge Pilot biss die Zähne zusammen. `Ich werde nicht ausweichen!‘
Er feuerte zuerst – und er traf. Doch während die Strahlenbahnen auf die Schilde des Bloodhawk prasselten, sie zum Erlöschen brachten, erwiderte dieser das Feuer. Und als die Laser- und Neutronenstrahlen Rumpf und Cockpit des Akariijägers durchlöcherten, ihn in einem Feuerball vergehen ließen, da schlugen bei Kano die feindlichen Schüsse ein, zerhämmerten die Schild, gruben sich in den Rumpf.
Irgend etwas hinter ihm explodierte. Ein sengender Schmerz fuhr durch seine Schulter, während die Maschine unkontrolliert zur Seite wegbrach und von der Schlacht wegtrudelte.
Verzweifelt versuchte Kano, die Maschine zu stabilisieren. Sein rechter Arm hing wie totes Gewicht an der Schulter. Während er mit der Linken mit dem Steuerknüppel kämpfte, reckte er den Kopf um zu erkennen, was geschehen war. Er versuchte das grausame Stechen in der Schulter zu ignorieren. Wenn er ein Leck hatte... .

****************************************************************

Doch es war kein Leck. Es war eine interne Explosion gewesen – und jetzt flackerten kleine Flammen keine zwanzig Zentimeter von seinem Nacken entfernt. Angst packte ihn – ein Feuer! Doch dann schaltete sich die Bordlöschanlage ein, erstickte die Flammen und füllte das Cockpit mit grauem Qualm. Aber das Feuer erstarb.
„OHKA, VERDAMMT! Was zur Hölle ist los?!“
Lilja. Ihr Jäger schoss an ihm vorbei. Aus ihrer Stimme sprach mehr Wut als Sorge.
Kanos Stimme klang in seinen eigenen Ohren belegt und schwerfällig, als er antwortete: „Ich lebe. Der Jäger ist dicht. Aber Schilde sind runter, Manövrierbarkeit – 20 Prozent. Schub – 15 Prozent. Und das Radar, der Zielcomputer sind tot.“
Seine Flügelfrau fluchte unflätig. Dann: „Sieh zu, das du dich raushältst. Ich geh wieder ran. Ist noch nicht vorbei!“
„Verstanden... .“

Der Schmerz verstärkte sich, wühlte in Nacken und Schulter. Langsam hob er den linken Arm, tastete vorsichtig. Er stöhnte auf, die Berührung brannte wie Feuer. Aber er tastete weiter. Etwas Warmes rann über seine Hand.
`Blut – das ist Blut... .‘ Seine Gedanken krochen irgendwie schwerfällig. Dann ertastete er ein fremdartiges, festes Etwas und wieder loderte der Schmerz hoch. `Splitter...steckt in der Wunde... .‘ Dann begriff er, was er tun mußte. Mühsam beugte er sich vor, ein Stöhnen unterdrückend. Seine tastende Linke fand, was er suchte: das Med-Pack, das zur Standartausrüstung jedes Jägers gehörte.
Jede Bewegung tat weh, während sein Kopf in leichte Nebel gehüllt zu sein schien. Langsam, in Etappen, löste er die Verschlüsse seines Anzuges, streifte ihn von der Schulter. Es schmerzte. Dann suchte er in dem Med-Pack, holte eine kleine Sprühflasche hervor. Ergriff sie mit der Linken, hielt sie gegen seine Schulter. Der Sprühnebel fühlte sich kühl an, angenehm.
Dann löste er ungeschickt ein gelatineartiges Pflaster aus der Verpackung und presste es gegen die Wunde. Es blieb haften. Der Schmerz ließ nach. `Geschafft!‘
Sein Kopf sank nach vorne, gegen das Armaturenbrett. Stumpf starrte er auf den Boden, auf die rote Pfütze, die sich um seine Füße angesammelt hatte. Gelegentlich fiel ein weiterer Tropfen... .

„Hören Sie mich?! HÖREN SIE MICH?!“
Das ließ ihn hochfahren. Hatte er geschlafen? Neben dem Jäger hing ein Shuttle der Republik im Raum.
„Ich...höre Sie...ja. Was...ist?“
„Brauchen Sie Hilfe?“ Die Stimme klang besorgt.
„Geht schon... . Ist...die Schlacht...vorbei?“
Die Stimme des Shuttlepiloten nahm einen irritierten Klang an: „Ist was mit ihnen?“
„Radar...kaputt... .“
„Ja, die Schlacht ist vorbei. Wenn Sie noch fliegen können, dann machen Sie hin – wir hauen hier so schnell wie möglich ab!“
Der Flug war ein seltsames Erlebnis. Die Typhoon kroch geradezu durch den Raum und irgendwie schien der Rauch aus der Löschanlage nicht zu verfliegen. Alles war so neblig, verschwommen... . Die vernarbte Silhouette der Redemption tauchte vor seinem Sichtfenster auf. Um die Hangartore herrschte Hochbetrieb, die Jäger wurden eingeschleust. Selbst für Kanos müde Augen sahen die meisten übel aus, doch irgendwie interessierte es ihn nicht.
Es dauerte eine Weile, bis er begriff, das die Leitstelle mit ihm sprach – und bis er aus ihren Fragen verstand, dass er japanisch geantwortet hatte. Als ihn die Traktorstrahlen erfassten, währe er beinahe aus dem Sitz gesackt, wenn ihn die Gurte nicht gehalten hätten.
Langsam, schwerfällig und ungeschickt folgte er den Anweisung und der erlernten Routine der Landung.
Dann stand die Maschine. Wie er aus dem Cockpit gekommen war, wusste er nicht. Irgendwie fand Kano sich am Boden wieder, während jemand über ihm stand und ihn an der linken Schulter schüttelte.
Was wollten sie denn noch von ihm?! Er hatte den Jäger zurückgebracht! Er wollte schlafen!
24.11.2015 09:07 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Als die Phantom ins All hinaus jagte, kämpften meine Kameraden bereits. Ich sah die Ortungsreflexe, zählte die Explosionen und sah IDs flackern und verlöschen. Es juckte mich geradezu in den Fingern, auf den Nachbrenner zu treten, einen Waisen aufzunehmen und den Echsen zu zeigen, was ein guter Pilot mit einer alten Phantom alles anstellen konnte.
Doch ich rief mich selbst zur Ordnung.
Zuerst befestigte ich den Trackball. Mit zwei schnellen Griffen vernetzte ich das Gerät mit dem Bordcomputer. Die Software lud automatisch. Schnell gab ich meinen PIN ein, der verhinderte, dass mir der kleine Stahlball ein paar miese Viren in den Rechner lud. Kurz darauf meldete das Gerät Bereitschaft. Die ganze Aktion hatte elf Sekunden gedauert.

Was jetzt? In den Kampf stürzen? Nach Darkness sehen?
Darkness. Der Rote Baron. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass die Akarii eines ihrer Asse auf eine unwichtige Patrouille geschickt hatten, während unweit eine Schlacht stattfand.
Hatte die Rote Echse die Vorhut gebildet? Für eine Zange, wie ich schon einmal vermutet hatte?
Kurz entschlossen drehte ich die Phantom ein und ging auf Gegenkurs, weg von der Schlacht. Ein paar tausend Klicks ab von der RED stieg ich horizontal zu Ebene, welche die Schlacht mit den Akarii bildete.
Meine Erfahrung sagte mir, dass die meisten Planetenabkömmlinge so schrecklich zweidimensional dachten. Selbst wenn sie im Vakuum unterwegs waren, wo es kein oben und kein unten gab, hatten sie erhebliche Mühen, in allen drei Dimensionen zu denken. Dies war für die Akarii ebenso gültig wie für die Menschen. Ich als Kind von Raumfahrern aber war es gewöhnt, diese Dinge einzurechnen und dazu noch die Eigenbewegung der Objekte.
Also nahm ich schließlich eine Position oberhalb der Ebene ein, welche die Schlacht und die REDEMPTION bald passieren würde.
„Entweder“, sagte ich zu mir selbst, „gerätst du mitten in ein Wespennest, Junge. Oder deine Kameraden denken, Du hast dich vor der Schlacht gedrückt.“
Ich grinste. Ich hatte meine Wahl getroffen.
Zum ersten Mal in meinem Leben war ich mir nicht nur der Tatsache bewusst, sterben zu können. Ich war bereit dazu.

Die Sekunden vergingen quälend langsam. Nach und nach stoppte ich die Emissionen meines Jets, brachte ihn mit einem letzten Stoß meines Antriebs auf Kurs zur RED. Wenn – falls Akarii-Jäger unter mir auf den Träger zustoßen würden, würde ich nur minimal beschleunigen müssen, um ihnen zu folgen. Anstatt erst einmal zu wenden und der ganzen Bande hinterher zu fliegen. Und dabei aufzufallen wie ein Großkampfschiff in einer planetaren Umlaufbahn.
Die Passivortung meldete kurz Kontakt, ich versteifte mich. Aber es war nur eine Phantom, die sich nach Hause schleppte. Kurz darauf fing ich Darkness´ Kommunikation mit der RED auf und sah seine saubere Landung. Das hätte ich auch tun können. Es versuchen, statt feige auszusteigen. Wieder schüttelte ich wütend den Kopf. Solche Gedanken durfte ich nicht zulassen. Ich hatte eine Entscheidung getroffen und musste nun damit leben. Basta.

Kameraden starben. Akarii starben. Hoffentlich ging es Kali gut. Hoffentlich schaffte es Ohka. Pinpoint, neben Darkness der einzige Pilot an Bord, den ich Freund nannte.
Ich fühlte mich schäbig.
Ich ließ sie in Stich.
Bis unter mir eine Bloodhawk vorbeizog.
Sofort war ich hellwach.
Kurz darauf folgte eine weitere, begleitet von zwei Reapern. Ein paar Sekunden danach folgte eine enge Formation von Deltavögeln.
Mein Ziel! Wenn ich schon sterben musste, dann sollte es sinnvoll sein. Eine Bloodhawk weniger würde sicherlich keine Entscheidung bringen. Aber ein oder zwei Deltavögel weniger konnten einen Zerstörer retten.
Kurz besah ich mir die Formation. Und wählte mein Ziel aus.
Ein kleiner Schubs auf den Nachbrenner, und ich stürzte mich im Winkel von achtzig Grad auf mein Ziel nieder.
Für die Akarii, so sie mich denn bemerkten, musste es so aussehen, als würde mein Phantom direkt aus dem Nichts entstehen. Noch einmal tippte ich auf den Nachbrenner. Nichts deutete darauf hin, dass die Formation aufbrach. Keine Bewegung bei den Bloodhawks. Sahen mich diese Idioten nicht? Als der Kollisionsalarm anschlug, feuerte ich vier Raketen, Amrams und Sidewinder, und rotzte an Waffenfeuer raus, was Plasmawerfer und Neutronenkanonen hergaben.
Ich passierte meinen Ziel-Delta nahe genug, dass sich unsere Schutzschirme gestreift hätten, hätte der Akarii noch einen gehabt.
Im Abschwung drehte ich meine Mühle ein, feuerte erneut die Bordwaffen ab. Die meisten Schüsse saßen.
Der Akarii zerplatzte. Und explodierte.
Noch im Abschwung gab ich Gegenbeschleunigung. Dadurch, dass ich das Triebwerk feuerte und den Vogel dreißig Grad zur eigentlich Flugrichtung hielt, permanent nachsteuerte, verkürzte ich meinen Aufschwung und verlor kaum Geschwindigkeit. Wieder nahm ich einen Delta ins Visier. Ja, sahen mich die verdammten Schuppenhäute immer noch nicht?
Endlich brach ein Flight Bloodhawk aus, stürzte auf mich zu. Trotz dieser Gefahr war ich beruhigt. Die Echsen hatten keine Teufelei vor. Sie reagierten so, wie ich es erwartet hatte. Nur etwas zu spät.
Was sich bestätigte, als ich an dem zweiten Delta ran war, den Annäherungsalarm jaulen hörte, meine letzten vier Raketen rausjagte und an Waffenfeuer folgen ließ, was die Kanonen hergaben. Diesmal hatte ich nicht soviel Glück. Der Delta explodierte, bevor ich ihn passiert hatte. Mein Schutzschild flackerte bedenklich, blieb aber stabil.
Sofort schwenkte ich auf die RED ein. Hinter mir formierten sich vier Bloodhawks zur Jagd auf mich. Ein Sensor warnte mich vor Raketenfeuer. Mist. Mist. Mist.
Auf der RED würde man nach diesem Doppelfeuerwerk Bescheid wissen. Darum brauchte ich mich also nicht sorgen. Ich hatte es nicht eingeplant, aber nun hieß es, mein Leben zu retten.

Eine Akarii-FFI-Rakete verfing sich in meinem Schirm, eine weitere fiel auf meine Täuschkörper rein. Ich trat den Nachbrenner durch, raste auf den Verband des Trägers zu, vier Bloodhawks im Schlepp. Der Rest des Akarii-Trupps sortierte sich noch, befand sich aber immer noch auf Angriffskurs. Waffenfeuer fingerte nach mir. Mann, waren die Echsen sauer.
Ich kam nun schnell näher, verfeuerte an Sprit, was ich hatte. Die Echsen waren auch mit dem Nachbrenner schneller als ich und ließen es mich spüren, indem sie näher und näher rückten. Ich lächelte kalt. Wir befanden uns schon sehr weit ab von der Angriffstruppe.
Dann kam die erste Signatur rein. Der Zerstörer vor mir, auf Flankenschutz zur REDEMPTION, war die MADRID.
„MADRID von CAP Sigma 2, kommen. Ich passiere Sie in null null drei zwei und bringe vier Bravo Hotel zum spielen mit. Können Sie sich ihrer annehmen? Ich muss zur RED und neue Raketen aufnehmen.“
„MADRID hier. Bringen Sie Ihre Spielkameraden ruhig mit, unsere Antijägerlaser glühen schon vor.“
Das kalte Lächeln vertiefte sich noch. Entweder drehten die Idioten langsam mal ab, oder sie rasten direkt ins Feuer eines Zerstörers rein.
„CAP Sigma 2, abdrehen auf null. Fünf… vier… drei… zwei… eins…“
Bei Null riss ich meinen Vogel hart aus dem Kurs, Richtung RED und jagte durch den Nachbrenner, was ich noch drin hatte. Hinter mir explodierte ein Akarii-Jäger im Kreuzfeuer der MADRID. Kurz darauf ein zweiter. Die anderen beiden Bloodhawks ließen von mir ab. Ich nutzte die Gefechtspause.

CAP Sigma 2 an REDEMPTION. Komme rein und brauche Sprit und Raketen.“
„REDEMPTION hier. Fliegen Sie an oder sollen wir Jäger und Pilot wieder einzeln einsammeln?“
„Sehr witzig“, kommentierte ich lax. „Warte auf Leitstrahl.“
Die Schlacht hatte erst begonnen. Erst jetzt merkte ich, dass meine Hände zitterten. Ich würde da wieder raus müssen. Und wieder. Und wieder.
War es das, was Lilja meinte?
Begann ich gerade, sie zu verstehen? Was für ein schrecklicher Gedanke.
Als der Leitstrahl kam, wollte ich das Steuer loslassen, aber es ging nicht. Meine Linke war vollkommen verkrampft.

**********************************************************

Die Griphen hatten sich in Formation gesammelt und flogen nun auf die Feinde zu. Lone Wolf hatte die Jaguars auf die linke Flanke beordert. Murphy war immer noch nicht wohl bei der ganzen Sache. Irgendwie roch es nach einer Falle, der Feind würde nicht 40 Jäger gegen eine Trägerkampfgruppe schicken, wenn er nicht etwas in der Hinterhand hätte. Trotzdem hatte er vor, mit der Staffel wenn möglich sich auf die Bomber zu konzentrieren. Die starke Bordbewaffnung der Griphen und der mächtige Schub machte die Maschine zu einem guten Defensivjäger und seine geringere Beweglichkeit würde im Kampf gegen die Bomber nicht bemerkbar sein. Kurz überprüfte er seine Systeme, dann ließ er sich von der restlichen Staffel den Status durchgeben. Wenigstens die Technik spielte mit, wie Murphy erleichtert feststellte.

„OK Jaguars, herhören. Verschwendet die Raketen nicht auf die Jäger, die Bomber sind es, die wirklich Kopfschmerzen bereiten können. Vermeidet also Kontakt mit Bloodhawks, Reapern und Konsorten, passt aber auf Eure Sechs Uhr auf, die kennen den Spielplan nämlich auch.“
Ein Chor von „Rogers“ füllte den Staffelkanal. Murphy schaltete um auf den Kanal seines Wings.
„Jaguar Alpha, enge Formation, maximaler Schub, bereithalten für den Einsatz der Nachbrenner.“
Die Griphen rückte noch näher zusammen. Schon tauchten die ersten Kontakte auf dem Radar auf. Auch der Feind hatte eine enge Formation eingenommen, allerdings war die erste Welle eher als Schleier gestaltet. Murphy wusste, dass dies wahrscheinlich die leichten Jäger waren, die den Impetus der Abfangjäger brechen sollten.
„Massiver Bordwaffeneinsatz bei Kontakt mit feindlicher Formation, vielleicht schreckt sie das ein wenig ab.“
Insgeheim macht Murphy sich wenig Illusionen darüber, dass er mit dieser Taktik erfahrene Piloten nicht verschrecken konnte. Aber immerhin, zu einfach würde man es dem Feind nicht machen. Dann war es auch schon so weit, die erste Welle Reaper kam in Schussreichweite. Martell feuerte alle drei Strahlenwaffen im Dauerfeuer und flog dabei Ausweichmanöver. Sein Wing hielt Formation und auch die beiden anderen Wings blieben an ihm dran. Dann prasselte ein Hagel von Treffern auf den dritten Wing, zwei Maschinen verloren einen Teil ihrer Schilde. Nach vier Sekunden war das Schlimmste überstanden. Denn die Reaper wandten sich den Jägern in der Mitte der terranischen Formation zu und die Griphen hatten eine Atempause. Wenige Sekunden später jedoch trafen sie auf die eigentlich Eskorte der Avenger Bomber, eine Staffel Bloodhawks. Wieder begegneten sich beide Formationen mit massiven Feuer, aber diesmal kurvten die Akarii Jäger hinter den Griphen ein. „Nachbrenner“, brüllte Murphy, um wertvolle Sekunden zu schinden, bevor die beweglicheren Feindjäger wieder aufgeschlossen hatten. Gleichzeitig erhielt er die Aufschaltung auf die Spitze der Bomberformation. Nach wenigen Sekunden Abwarten feuerte er ein Paar Sparrows auf den Führer der Bomber ab. Doch der Feind ergab sich nicht in sein Schicksal, sondern stieß Leuchtkörper aus und wich aus, als die Raketen näher herankamen. Zu guter Letzt aktivierte er auch noch sein ECM. Dennoch schlug eine Sparrow im Bomber ein. Auch Murphys Staffel erzielte einige Treffer, aber die Bomber waren hart im Nehmen. Einige hatten ihre Schilde verloren und einer verlor sogar Panzerung, aber dennoch flogen sie unbeirrt auf ihr Ziel zu. Dann kamen die Griphen in den Schussbereich der Bordwaffen. Das Abwehrfeuer der Avengerbomber nahm immer mehr zu. Die Griphen flogen starke Ausweichbewegungen, aber hielten dennoch auf die Bomber zu. Murphy feuerte beide Photonenkanonen und die Neutronenkanone auf die Führungsmaschine der Akarii ab und traf zentral. Nach einigen Salven explodierte die letzte Panzerplatte und die Photonensalven brachten das Triebwerk des Bombers zur Explosion.
Sekundärexplosionen zerrissen den Avenger und die Formation der Bomber geriet in Unordnung. Aus den Augenwinkeln sah Murphy mehrere Bomber das gleich Schicksal erleiden. Aber auch die Griphen mussten bluten. Murphy sah aus den Augenwinkeln, wie mindestens einer der Jäger vom Abwehrfeuer zerrissen wurde. Der Staffelkapitän fluchte. Zu allem Überfluss kamen auch die Bloodhawks in Reichweite.
„Nachbrenner rein und nach drei Sekunden Bravo Wing nach links, Alpha und Charlie nach rechts einkurven, zweiter Angriff mit Sidewinders. Passt auf die verdammten Hawks auf!“
Die Griphen rasten auf dem Afterburner davon, gerade als die Eskorte das Feuer eröffnete. Das rettete insbesondere Charlie Wing, der den Schluss der Formation bildete. Das Aufspalten der Formation verhalf den Jaguars zu einer weiteren Sekunde, den sie für einen gründlichen zweiten Angriff nutzten. Die Sidewinders, die schwerer als die Sparrows zu stören waren, vernichteten weitere Avenger Bomber und es sah so aus, als wenn die Mission der Griphen erfolgreich verlaufen würde. Die Formation der Akarii war kräftig gerupft, doch jetzt gab es vor den feindlichen Jägern kein Entkommen. Die Bloodhawks stürzten sich wie Piranhas, die Blut im Wasser gewittert hatten, auf die Griphen. Zwei weitere Griphen wurden in der wilden Kurbelei abgeschossen, während Martell und Snake-Bite versuchten, sich den Rücken freizuhalten. Dann würde Tanks Jäger von Raketen getroffen und schwer durchgeschüttelt.
„An alles Jaguars, Rückzug, unsere Arbeit ist getan!“
Genau in diesem Moment kam der Befehl, der die Griphen gegen die zweite Welle beorderte. Ein letztes Mal zündeten die Griphen die Nachbrenner. Nur dank des Eintreffens der anderen Jäger gelang es, sich reibungslos abzusetzen. Ein Blick auf die computergenerierte Übersicht zeigte Murphy, dass er drei Jäger verloren hatte und ein weiterer schwer beschädigt war. Er beorderte Tank direkt zur Redemption, vielleicht konnte er ja noch die Maschine wechseln. Dann reorganisierte er die Staffel in zwei Wings.
„Jaguar One an Big Basket. Anflug auf zweite Angriffswelle. Habt ihr einen Tanker draußen? Wir brauchen Saft.“
„Copy that, Jaguar One, schalten Sie auf Kanal 7, Rufzeichen des Tankers ist Zulu 3, Vektor ist 150/097. Wie ist Ihr Status?“
„Wir haben drei Maschinen verloren, eine Maschine ist auf dem Rückweg. Außerdem hat jede Maschine nur noch 2 Sparrows.“
„Verdammt....schießen Sie diese zweite Welle ab, das ist deren Hauptangriffsmacht.“
„Verstanden, wir geben unser Bestes. Jaguar out.“
Murphy fluchte, denn er wusste, dass seine Mission kaum zu erfüllen war. Doch ohne ein Flugdeck würden alle Mitglieder der Trägergruppe verloren sein. Wütend biss er auf die Zähne und betete ein Vaterunser. Dann schaltete er auf die Frequenz des Tankers.

**********************************************************

Nahkampf

Lightning kontrollierte die Formation ihrer Jäger. Keiner tanzte aus der Reihe – inzwischen hatten sie genug gelernt. Sie versuchte die nagende Unruhe zu überspielen, indem sie sich immer wieder ins Gedächtnis rief, dass die Gegner ja „nur“ rund vier Staffeln ins Gefecht schickten gegen fast fünf der Redemption. Aber die Unsicherheit blieb. Wenn etwas schief ging, dann würde keiner von ihnen die Heimat wiedersehen. Wenn sie den Träger verloren – nun, daran durfte man nicht einmal denken. Die Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten, während die feindlichen Maschinen näherkamen.

Auch Lilja war nervös. Zu sehr erinnerte sie der Einsatz an einige Missionen, die sie lieber vergessen hätte. Erinnerungen Feuer und Tod, an brennende, explodierende Großkampfschiffe der Navy, und an die erstickende Angst, wenn um einen herum die Kameraden einer nach dem anderen starben. ‚Es sind nur vierzig, vielleicht fünfzig Fritzen‘ murmelte sie in Gedanken: ‚Verdammt, Mädchen, wir werden ihnen die Kehlen herausreißen! Mach dich nicht selber verrückt!‘ Anders als etliche ihrer Kameraden hatte sie oft genug mit Fronteinheiten der Akarii gekämpft und wusste um die tödliche Vollkommenheit der feindlichen Piloten. Es waren Frontflieger gewesen, die ihre alte Staffel vernichtet hatten, und die ihre zweite Einheit immer und immer wieder bis auf Überreste reduziert hatten. Vielleicht waren es sogar DIESE Akarii gewesen. Für einen Augenblick verzog sich ihr Gesicht, das wie immer kalt und gefühllos wirkte, zu einer hasserfüllten Fratze. Egal, ob das Akarii waren, gegen die sie schon gekämpft hatte, oder nicht – sie würde sich ihnen stellen. Sich ihnen stellen und TÖTEN.

Das Gefecht begann mit einem tödlichen Raketenduell, dann zerfiel alles in ein verwirrendes Durcheinander. Lightning versuchte, ihren Teil im Plan von Lone Wolf zu spielen – aber wie zu erwarten gewesen war, die Akarii machten nicht mit. Obwohl sie in der Minderzahl waren, zeigten ihre Jäger wenig Neigung, sich von den Griphen und Typhoon binden zu lassen, damit die Phantome und Mirage-Jäger mit den Bombern abrechnen konnten. Vielmehr zerfiel das Gefecht sofort in Einzelkämpfe, als Raketensalven die Formationen auseinanderbrechen ließen. Und die feindlichen Bloodhawks und Reapers schienen auf einmal überall zu sein. Es blieb ihnen nichts, als so viele wie möglich zu beschäftigen, und zu hoffen, die anderen Staffeln hätten mehr Glück.

Steigen, stürzen, kreisen, rollen – die Jäger schienen ein tödliches Ballett umeinander zu tanzen. Lightning fand sich sofort im Gefecht mit einem Reaper wieder – oder besser einer ganzen Formation. „Flight Zwei! Schafft uns die vom Hals!“ Nur eine brutale Wende rettete sie aus dem Feuerbereich der feindlichen Abfangjäger – verdammt, waren die aber wendig! Sie und Claw waren sofort zu Gejagten geworden, und die Akarii spielten ihre überlegene Wendigkeit gekonnt aus. Das Zielerfassungs-Warnsystem heulte fast im Dauerbetrieb und sie wußte gar nicht, wie vielen Raketen sie schon ausgewichen war. Dann traf sie eine feindliche Mittelstreckenrakete – die Erschütterung ließ ihre Zähne krachen, und sie spürte, wie Blut aus ihrem Mundwinkel sickerte. Sie hatte sich wohl in die Wange gebissen. Sie schluckte die Flüssigkeit herunter, konnte aber nicht verhindern, das ein Rinnsal sich seinen Weg ihren Hals hinab bahnte. Ihre Stimme klang nach blanker Wut: „FLIGHT ZWEI!“ Wo zum Teufel blieben die denn!

In diesem Augenblick zerplatzte einer der feindlichen Jäger spektakulär – Flight Zwei war endlich angekommen. Die drei übrigen Feinde drehten ab, offenbar auf der Suche nach anderen Gegnern. Die beiden Typhoon folgten – in dem Augenblick wendeten die Reaper. Iceman, der Flightleader, hatte nicht einmal mehr die Gelegenheit, einen Schrei auszustoßen, da zerrissen Lasersalven und zwei Raketen seine Maschine. Die Reaper jagten auf Gegenkurs zwischen Lightning und Claw durch, immer noch feuernd, doch hier hatten sie weniger Erfolg, und Lightning schoss einen der Akarii übel an. Dann waren die Abfangjäger vorbei, die sichtlich schockierten Erdmaschinen zurücklassend. Auch für die Akarii gab es genug Ziele. Lightning versagte sich, auch nur einen Gedanken an den Piloten zu verschenken, der eben bei ihrer Rettung gefallen war: „Spad, Sie schließen sich Flight Drei an!“ Flight Drei, folgen! Sie zog ihre Maschine herum, um einen Angriff auf die Abfangformation der feindlichen Bloodhawks zu fliegen.

Liljas Finger berührten die Feuerknöpfe in einer fast zärtlichen, streichelnden Bewegung. Das Zusammenspiel einiger weniger Muskeln entfesselte eine Vernichtungskraft, die Stahl wie dünnes Papier zerfetzte. Eine Sparrowrakete ließ den feindlichen Schirm flackern, dann gesellte sich das tödliche Feuer der Laser und Neutronenkanonen hinzu. Der Beschuß lag genau im Ziel, die Ausweichmanöver des Gegners kamen zu spät. Die zweite Rakete vollendete das erbarmungslose Vernichtungswerk, ließ die Bloodhawk zerplatzen.
Lilja lächelte grausam. Der Pilot der Bloodhawk hatte keine Chance gehabt – als Jäger war er selber zum Gejagten geworden. Der Russin war aber nur zu klar, dass das Gefecht nicht gut lief. Wenn man bedachte, dass etliche der feindlichen Jäger nicht für den Raumkampf, sondern für Angriffe auf Großkampfschiffe bestückt waren, dann lieferten die Akarii einen extrem verbissenen Kampf. Es hätte EIGENTLICH kein Problem seien müssen, die feindlichen Jäger niederzukämpfen, aber schon die ersten Sekunden hatten gezeigt, dass es sich hier um erfahrene Kampfflieger handelte. Und sie hatten erstklassige Maschinen: ‚Wenn das Beschaffungskommando der TSN uns weiterhin mit minderwertigen Maschinen in den Kampf schickt, dürfen sie sich nicht wundern, wenn die Rentenkasse bankrott geht!‘ dachte Lilja subversiv. Die Bloodhawk und die Reaper waren Maschinen, die den terranischen Jägern mehr als gewachsen waren, und die feindlichen Jagdbomber waren tödliche Gegner. Wenn selbst veraltete Akariimodelle wie der Rex oder der Deathhawk ernst zunehmende Gegner waren, was sollte erst passieren, wenn der Feind RICHTIG neue Modelle ins Gefecht warf? Die TSN hatte noch nicht einmal die Nighthawk in größerer Zahl zur Verfügung, geschweige denn eine Maschine, die den Feindjägern WIRKLICH gewachsen oder gar überlegen war. Und wenn man Avenger und Raptor mit Crusader und Mirage verglich, sah es ähnlich unerfreulich aus. Aber dennoch – zahlenmäßige Überlegenheit und der Umstand, dass viele der menschlichen Piloten eben doch keine Anfänger waren, schienen den Ausschlag zu geben – ein Durchbruch des Feindes schien unwahrscheinlich. Aber, so wusste Lilja, heute abend würde es in der Messe viele leere Stühle geben. Sie hoffte bloß, dass darunter nicht auch die von Ohka oder Imp waren. Auf Ina hatte sie keinen Einfluss, was aber ihren Flightleader anging... Der Junge flog fast schon zu aggressiv. Die Freude über ihren Abschuss hob sie sich für später auf. Das hatte Zeit bis nach dem Kampf.

In diesem Augenblick wandelte sich die Lage von ernst, aber hoffnungsvoll, in verzweifelt. Für einen Augenblick spürte Lightning den irrationalen Drang, gegen die Tatsache zu protestieren, dass ein zweiter feindlicher Verband im Anflug war. Einer ihrer Piloten war tot, etliche Maschinen beschädigt, die Raketen zu gut zwei Dritteln verschossen. Die Vorstellung, dass Martell und ihre eigene bereits abgekämpfte Staffel zusammen mit der Reserveeinheit einen zweiten Verband würden aufhalten können, schien mehr als unwahrscheinlich. Nicht, wenn das auch Frontflieger waren. Und es gab wenig Grund, das zu bezweifeln. Man schickte sie in einen Kampf, der mit Sicherheit den Tod für viele bedeutete. Aber sie wusste auch, wenn die Jäger den feindlichen Kampfverband nicht aufhielten, würden noch viel mehr Menschen sterben. Sollte es den Akarii gelingen, die Großkampfschiffe anzugreifen, würden hunderte, vielleicht tausende Opfer zu beklagen sein. Ihre Stimme klang in ihren eigenen Ohren fremd als sie den Befehl bestätigte und weitergab. Staffel Grün machte sich bereit.

Schon von weitem war zu erkennen, dass sie zu spät kamen. Die ersten Explosionen von Schiff-Schiff-Raketen erhellten bereits den Raum, über die Sensoren gut zu erkennen. Lightning fühlte tödliche Kälte, als sie die Formation der Akarii überblickte. Die feindlichen Jäger würden die Verstärkung kaum zu den Bombern durchlassen, soviel war klar. Und das bedeutete: „Flight drei und vier gehen zusammen mit mir und Claw gegen die feindlichen Bomber! Flight fünf und sechs, ihr haltet uns den Rücken frei! Viel Glück!“

Lilja erkannte schnell, dass der Befehl unmöglich zu befolgen war. Kano hatte kaum den Versuch gewagt, einen Angriff auf einen feindlichen Sturmjäger zu fliegen, als er schon mit einer Bloodhawk kurbelte. Sie feuerte eine Salve nach der anderen auf den Deltavogel – dem Befehl entsprechend – aber sie konnte ihr Werk nicht vollenden, denn ein Raptor näherte sich ihr, offenbar mit ernsthaften Absichten. So konnte sie nicht einmal Kano helfen. Am Rande bekam sie mit, wie er sich mit seinem Gegner auseinandersetze. Sie MUßTE hier raus! Eine blitzschnelle Kehre brachte sie in den Rücken des Raptors, und sie feuerte eine Rakete ab, dann eine zweite. Der Feindjäger wich dem ersten Flugkörper aus, aber beim zweiten verließ ihn sein Glück. Er wurde ordentlich durchgeschüttelt, während seine Heckwaffen die Verfolgerin beharkten. Die Russin bleckte die Zähne. Gleich würde sie ihn haben. Doch da setzte er plötzlich den Nachbrenner ein, brachte sich auf Abstand. Sie zögerte keine Sekunde. Sie hätte ihm folgen können – aber dabei Kano im Stich gelassen. Und es war ihr Befehl, ihn zu beschützen. Vermutlich hätte sie ihn dennoch verlassen, hätte sie nicht registriert, dass der Raptor für eine beladene Maschine viel zu wendig und agil war. Er hatte sein Arsenal schon verschossen. Und besser, ihn entkommen zu lassen, als ihren Flightleader zu verlieren. Als sie bei ihm eintraf, war alles schon vorbei. Sie hätte ihm am liebsten ein paar sehr deutliche Worte gesagt – einen Head-on-Head-Fight mit einer Akariimaschine zu riskieren war in der Typhoon eigentlich ein netter Euphemismus für ‚Selbstmord‘, denn der Erdjäger war alles andere, bloß nicht robust und beschussbeständig. Aber die Angst um ihn schnürte ihr die Kehle zu – bis sie sich Luft machte: „OHKA VERDAMMT! Was zur Hölle ist los?!“ Die Antwort klang so mühsam, dass sie auf eine Standpauke verzichtete: „Ich lebe. Der Jäger ist dicht. Aber Schilde sind runter, Manövrierbarkeit – 20 Prozent. Schub – 15Prozent. Und das Radar, der Zielcomputer sind tot.“ Sie fluchte – kurz und heftig. Es blieb nur eines: „Sieh zu, das du dich raushältst. Ich geh wieder ran. Ist noch nicht vorbei!“ Seine Antwort hörte sie nur noch am Rande, und verdrängte die Frage, ob er vielleicht verletzt war: „Verstanden... .“

Lightning hielt ihren Fighter auf Kurs. Sie wusste, die Rückendeckung hatte wenig Chancen, ihre Aufgabe zu erfüllen. Ein Teil des Angriffsverbandes hatte schon vorher abbrechen müssen, Flight Vier hatte nicht einmal einen Anflug auf die schweren Feindmaschinen durchführen können. Aber sie MUßTEN es wenigstens versuchen. Sie bildete die Spitze des Angriffkeils, dahinter kamen die anderen Flights. Die Griphen folgten – sie waren ein bisschen langsamer, und das rächte sich jetzt. Der feindliche Kampfflieger füllte das Visier. Die Staffelchefin löste die Sidewinder aus und brach zur Seite weg, um den Angriff auf ein anderes Ziel fortzusetzen. Ihre Raketen zerrissen den Avenger – aber die anderen Maschinen der Akarii brachen den Angriff nicht ab. Zusammen mit Claw deckte sie einen Raptor ein, überschüttete ihn mit Feuer – doch in dem Augenblick schlug der Feind zurück.

Es begann mit einem gellenden Schrei: „REAPER!“ Dann erloschen fast in der selben Sekunde die Symbole Hawkeye und Spad, kam die Meldung, dass Ohka ausgefallen war. Überall waren die Jäger plötzlich mit feindlichen Kampffliegern beschäftigt. Jetzt ging es nicht mehr darum, die Bomber aufzuhalten – was man hatte tun können, war getan worden. Jetzt kämpften sie nur noch ums nackte Überleben.

*****************************************************

"Okay: Rote Jungens und Mädels, wir bitten die Jäger zum Tanz. Gold und Silber durchbrechen holt Euch die verdammten Bomber!"
Die Phantome und Mirages zogen in enger Formation auf den Feind zu, die Griphens und Typhoons hatten lockere Formationen an den Flanken eingenommen.
Doch schon nach der ersten Raketensalve verwandelten sich Lucas Schlachtpläne in Schall und Rauch. Ein wilder Tanz brach aus. Man merkte den Akarii kaum an, dass sie in der Unterzahl waren.

Karl "Moose" Swanson zog seine Mirage in eine Enge kehre und feuerte zwei Sparrows auf den Deltavogel vor ihm. Eine traf, die andere folgte einem Täuschkörper.
"Los Moose, schnapp ihn Dir!" Feuerte ihn sein RIO Chris Galen an.
"Nur noch einen Moment, dann haben die Sidewinder ihn erfasst!"
Plötzlich erschien auf seinem Sekundärbildschirm ein behelmtes Akariigesicht: "Njak-njak-njak-njak-njak-njak!"
"BRICH WEG!" Schrie Galen vom Rücksitz, doch zu spät, die Mirage wurde von hartem Beschuss herumgeschleudert. Moose bekam nur mit, wie drei Reaper ihn passierte und sich mit einem komplizierten Manöver zu einem erneuten Angriff formierten
Wieder ertönte ein 'njak-njak-njak' aus seinen Lautsprecher und die Mirage wurde wieder durchgeschüttelt.
Der Jagdbomber geriet ins Trudeln. Entsetzen breitete sich in Moose Eingeweiden aus. Der Deltavogel, den er eben noch gejagt hatte schwenkte auf ihn ein. Er kam sich vor wie bei einer Exekution, nein wie bei seiner Exekution.
Die mächtige Waffenphalanx des Deltavogels leuchtete auf.

Duv Ren lachte immer noch, als er und seine Flügelmänner sich erneut formierten. Das war der dritte Jäger, den sie so erledigt hatten und es gab noch so viele mehr. Doch keiner war eine Herausforderung für IHN.
Er blickte sich nach einem neuen Opfer um, als er eine Viererformation terranischer Jäger auf sich zurasen sah.
"AUSBRECHEN!" Brüllte er.
Beinahe war es zu spät. Die vier Terraner eröffneten mit das Feuer.
Kensi Shoo wurde von dem konzentrierten Beschuss zerrissen.
Während Duv wilde Ausweichmanöver flog, prägte er sich die Bugbemalung der Führungsmaschine ein. Ein zähnefletschendes und zweifellos terranisches Raubtier.
Duv und sein verbliebener Flügelmann Ari Lef formierten sich wieder, als die vier offensichtlich schweren Jäger wieder wendeten.
Alles andere als eine präzise Wende und die drei Flügelmänner hatte offensichtlich einige Schwierigkeiten mit dem Leittier mitzuhalten.
,Tapferkeit ist eine Sache, Wahnsinn eine andere.'
Die Terraner jagten auf die kleine Gruppe bestehend aus zwei Reapern und einem Deltavogel zu.
Duv und sein Flügelmann brachen nach links oben weg und überließen den Deltavogel seinem Schicksal. Dem konzentrierten Feuer dreier Terraner hatte selbst der Deltavogel nichts entgegenzusetzen.
Mit Verwunderung sah Duv, wie die Führungsmaschine ihm und seinem Flügelmann nachsetzte. Das Raketenfeuer des Terraners vereitelte die Fluchtpläne.
Ari Lef starb. Die Rakete ließ sich nicht beirren und zerriss die kleine Reaper.
Duv war wieder gezwungen Ausweichmanöver zu fliegen, welche es seinem Gegner erlaubten auf Schussdistanz zu kommen.
Ein wilder Tanz begann. Der Terraner schoss gut gezielt und traf für seinen Geschmack zu oft. Er ließ ihn nie geradeaus fliegen und ihn somit nicht zum Flüchten kommen. Ein wilder Tanz begann. Ausweichen. Feuern. Wieder ausweichen. Schließlich ließ der Terraner ihn etwas Abstand bekommen. Plützlicher ertönte in seinen Kopfhören eine fremd klingende Stimme: "Nak-nak-nak-nak." Dann der Raketenalarm.
,Scheißegal.' Duv drückte den Schubregler bis ganz zum Anschlag und ließ eine Reihe von Teuschkörpern hinter sich. Kurz vor dem Aufschlag schwenkte die Rakete doch noch auf einen Täuschkörper an.

Lucas kicherte leicht, als er erst das Akariigelächter nachahmte und ihm dann eine Sidewinder hinterher jagte.
"ACHTUNG – ACHTUNG!! Zweiter Feindverband im Anflug! Vier-Null-Plus! WIR BRAUCHEN JÄGER!“ Die Stimme des Komoffiziers der Redemption ließ ihn zusammenzucken.
"Lightning! Martell! Vom Feind lösen, kehren Sie zur Red zurück, wir kommen hier schon klar."
,Hoffentlich.' Seine Piloten schlugen sich gut, manche besser als erhofft, aber er war sicher, dass es den Akarii gelingen würde durchzubrechen.
24.11.2015 16:09 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Die Phantom schoss aus dem Hangar. Kleinere Explosionen erschütterten das Trägerschiff. Die Bomber der Akarii kamen näher.
Justin machte sofort eine enge Kehre und überflog die Red spinwärts auf einige Bomber zu, die auf den Träger zuhielten
"Darkness an Lone Wolf, over." Er feuerte seine Geschütze ab und beharkte einen der Jäger.
"Hier Lone Wolf, tut verdammt gut dich zu sehen, Jus, was hat dich aufgehalten?" Der CAG der Redemption klang beinahe fröhlich aber Justin kannte ihn besser. Er war deutlich angespannt.
"Hatte eine kleine Keilerei mit dem Roten Baron. Ich schätze er war die Vorhut für die kleine Bescherung, die da hinten ankommt. Tut mir leid aber mein Funkgerät war im Eimer. Wie sieht's aus?" Er passierte die Formation der Bomber und zwang sie damit zu Ausweichmanövern. Einer der Akarii zog eine lange Rauchfahne hinter sich her.
"Gar nicht gut. Wir sind in der Unterzahl und so wies aussieht hat einer der Zerstörer übel was abbekommen. Bleib bei der Red und halte ihren Pelz sauber." Im Hintergrund konnte man Cunninghams Geschütze deutlich hören. Wie immer war der ehemalige Blue Angel mitten im Gefecht.
"Verstanden, Luke. Pass auf deinen Hintern auf. Darkness out." Der Veteran wendete und nahm sich einen anderen Jäger vor, der hinter einer Phantom herjagte. Die Maschine hatte seinen Geschützen nichts entgegenzusetzen und verzog sich nach den ersten Treffern. Kam es ihm nur so vor oder waren diese Hunde heute leichter zu treffen? Anscheinend hatte der Rote Baron die Messlatte ganz schön nach oben verrückt.
Justin jagte dem Jäger, den er angeschossen hatte hinterher. Eine Sidewinder zerriss die Schubdüsen der feindlichen Maschine und kurze Zeit später auch den übrigen Rumpf des Außerirdischen
"Danke für die Hilfe Mann, ich dachte schon, der reißt mir den Hintern auf." Darkness lächelte.
"Keine Bange, Cliff, solange ich da bin mit Sicherheit nicht."
"Justin?" Aces Stimme überschlug sich beinahe. "Tut verdammt gut dich zu sehen Boss." Die Maschine des jungen Piloten stürzte sich mit Justins Jäger erneut in den Kampf.
Mehrere von Aces Verfolgern waren mittlerweile ausgebrochen um die Typhoons und Griphens abzufangen die ihrerseits die Bomber angriffen.
"Wer sonst? Der Weihnachtsmann? Komm schon Kleiner, zeigen wir diesem schuppigen Geschmeiß wer hier der Boss ist. Heute werden noch ein paar Echsen ins Gras beißen!" Ace und Darkness stießen in lockerer Formation herab und eröffneten das Feuer.

*********************************************************

Lilja spürte blinden Hass. Der Hass begleitete sie seit dem ersten Tag des Krieges, und sie hatte ihn zu einer Flamme geschürt, die sie selber zwar nicht wärmte, aber auch nicht verbrannte. Wer durch diesen Hass zu Asche wurde, das waren die Akarii. Sie hatte miterleben müssen, wie ihr Flightleader sich zurückziehen musste. Ob er es zum Träger zurück schaffte mit einer Maschine, die schwer angeschlagen war, war fraglich. Inmitten einer Schlacht, in der er nicht mehr darstellte als eine Zielscheibe, leichte Beute für den Feind, waren seine Chancen denkbar schlecht. Für ihn konnte sie momentan nicht viel tun – aber vielleicht für andere. Der Hilfeschrei von Flight Drei schnitt ihr ins Herz. Es war genau wie damals... Um sie herum leuchtete der Weltraum von Explosionen. Sie sah die driftenden Wracks der Großkampfschiffe – TERRANISCHER Schiffe – und wusste, dort starben Menschen. Ermordet von dem selben Feind, der ihre Kameraden tötete. Sie hieb auf den Nachbrenner, den Treibstoffverbrauch ignorierend. Entweder sie erreichte etwas, oder sie fand ihr Ende zusammen mit dem Flottenverband, der ihre Heimat schützte!

Ina war es, als würde die Tortur schon Stunden währen. Kurven, ausweichen, ständig am Rande des Bewußtlosigkeit. Die feindlichen Reaper hatten unverhofft zugeschlagen. Es waren nur zwei – offenbar eine angeschlagene Formation, oder die anderen hatten sich neue Beute gesucht – doch das hatte gereicht. Zwei gut gezielte Raketensalven hatten Spad und Hawkeye vernichtet, und jetzt hetzten sie Ina zu Tode. Es gab kein Entrinnen aus dem Käfig aus Feuer und Licht, den die feindlichen Waffen um sie webten. Die Abfangjäger des Feindes waren wesentlich wendiger als ihre Maschine, und sie agierten als Team, vereitelten jeden Fluchtversuch. Sie konnte nur versuchen – und von Sekunde zu Sekunde fiel ihr dies schwerer – sich außerhalb des Schussbereiches zu halten. Das war der einzige Nachteil der Reaper, ohne ihre Raketen waren sie nicht sonderlich schlagkräftig. Aber sie wusste, früher oder später würden sie ihre Beute da haben, wo sie sie haben wollten. Und dann würde sie sterben, wie Hawkeye und Spad, wie Iceman. Sie fühlte, wie eine lähmende Müdigkeit langsam von ihren Gliedern Besitz ergriff. Ihr Körper kündigte ihr den Gehorsam auf, ermattet von den Anforderungen, die das Fliegen bei voller Beschleunigung an sie stellte. Ihre Ausweichmanöver wurden immer schwerfälliger, Lasersalven krachten in ihre Schilde, schwächten sie.

Lilja pirschte sich an den Feind heran. Alles in ihr fieberte nach Angriff, aber sie gestattete sich nicht, dem Drang nachzugeben. Sie musste den Feind überraschen. Sie kannte nur zu gut das Jagdfieber, wenn eine Beute im Visier auftauchte – und sie musste sich diese Schwäche zu nutze machen. Selbst Veteranen waren nicht völlig dagegen immun. Vor allem aber half ihr der chaotische Kampf, das Durcheinander aus Raketen, Trümmern und kurbelnden Jagdmaschinen. Nur noch ein kleines bisschen... JETZT!

Die beiden letzten Raketen machten sich auf den Weg – abgefeuert mit nur wenigen Sekunden Abstand. Eine für jeden Reaper. Der Flightkamerad des Führers der feindlichen Einheit bemerkte vermutlich nicht einmal mehr, was ihn tötete, als die Rakete seine leichte Maschine zerriss. Doch die Reaktion des Flightführers bewies, dass er wahrlich ein Veteran war. Ein brutales Manöver rettet ihn, die Salven aus Liljas Bordwaffen gingen daneben: „IMP! AN MEINE FLANKE!“ brüllte Lilja, als sie die Verfolgung aufnahm.

Die Rollen hatten nun gewechselt. Nun war es der Akarii, der gejagt wurde. Er hätte eigentlich auf Vollschub gehen können, um sich abzusetzen. Aber das war im Kurvenkampf nicht möglich, und diesen beenden konnte er nicht, wusste er doch nicht, ob die Terraner noch Raketen hatten. Diese hätten ihn im Falle seiner Flucht eingeholt und ihm ein schnelles Ende bereitet. Und die beiden Typhoon waren wendig genug, um einen Versuch eines Ausbruchs zu vereiteln. Plötzlich ging der Akarii auf Gegenkurs – ein klassischer ‚von Bein‘. Seine Waffen hämmerten auf Liljas Schilde ein, doch hier bewies sich, dass die Bewaffnung eben doch unzureichend war. Der Erdjäger erwiderte das Feuer, und der Reaper musste wegbrechen, seine schwachen Schilde ließen ihm keine Wahl. Und Imp blieb hinter ihm, Lilja schloss wieder auf. Der Feind hatte sie schwer getroffen – ihre beiden Neutronenkanonen waren ausgefallen – doch auch der Reaper hatte einige Schäden genommen. Sie hämmerte mit ihren Lasern auf ihn ein, zwang ihn zu Ausweichmanövern. Er war zu schwer angeschlagen, um sich absetzen zu können. Stück für Stück zwang sie ihn dahin, wo sie ihn haben wollte. Ihre Stimme klang ruhig: „Imp – schnapp ihn dir!“ Und Ina „Imp“ Richter feuerte.

Die Salven schlugen ein, ließen die Flügel schmelzen. Getroffen taumelte der Akarii durch den leeren Raum – getroffen, kampfunfähig, aber nicht tot. Liljas Stimme war nur ein eiskaltes Flüstern, ohne Gnade: „Er gehört dir.“ Für einen Augenblick zögerte Ina. Sie dachte an Hawkeye, an Spad, an Iceman. Sie sah den um sie tobenden Totentanz, die zerschmetterten Hüllen der terranischen Raumschiffe, die zu Massengräbern für ihre Besatzung geworden waren. Dann hämmerte sie auf die Feuerknöpfe. Neutronenkanonen und Laser schlugen im Cockpit ein, verwandelten den Jäger in ein zerschmolzenes Etwas, das nicht einmal mehr im Entfernten der eleganten Mordmaschine ähnelte, die er früher gewesen war. Sie schrie, in einer Mischung aus Hass, Furcht, Entsetzen und Rache. Dann war es vorbei. Die beiden Erdjäger nahmen Fahrt auf und mischten sich wieder ins Kampfgeschehen.

Die Akarii zogen sich zurück. Nicht, weil sie geschlagen waren. Sie hatten Verluste erlitten, gewiss – aber um so mehr hatten sie Verluste verursacht. Ihre Munitionsvorräte waren erschöpft, die Ankunft von terranischer Verstärkung war nicht auszuschließen, und es gab Grund zur Hoffnung, dass das Vernichtungswerk später vollendet werden konnte. So lösten sie sich vom Feind. Die Terraner – erschöpft, ebenfalls leergeschossen und zumeist havariert – folgten ihnen nicht.

Lilja setzte ihren Jäger behutsam auf. Sie spürte keinerlei Triumph, trotz ihrer Erfolge. Sie hatte gesehen, was die Akarii angerichtet hatten. Die Zahl der Toten war noch unklar, aber es waren viele. Wie zu Anfang des Krieges. Sie hatte das Bild der zerfetzten Großraumer vor Augen, und wenn sie die Lieder schloss, erschienen die Bilder von anderen Schiffen, deren Tod sie miterlebt hatte. So viel Tod, so viel Zerstörung. Ihr war, als müsste sie sich übergeben. In solchen Sekunden wünschte sie sich, einem Akarii von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen, und ihr Messer in seinen Leib bohren zu können! Ihn LEIDEN zu sehen, nicht einfach nur in einer Sekunde auslöschen. Das war noch viel zu gut für diese Bestien. Sie biss die Zähne zusammen, um einen Schrei zu unterdrücken. Einen Schrei des Hasses. Auch wenn noch so viele Akarii sterben würden, sie konnten nicht genug dafür bezahlen! Mit ungeduldigen Bewegungen drehte sie sich eine Zigarette, dann zögerte sie. Ina...

Sie fand ihre Kameradin neben dem Jäger. Die junge Pilotin hatte es aus der Maschine geschafft, bis sie neben ihr zusammengebrochen war. Ihr Gesicht war aschfahl, nass vor Schweiß. Sie war offenbar bis zur Grenze gegangen – und darüber hinaus. Lilja setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schulter. Mit einem Schaudern lehnte sich Ina an die Russin. Eine Weile saßen sie so, schweigend. Dann zündete Lilja ihre Zigarette an, schob sie zwischen die Lippen ihrer Kameradin. Sie rauchten abwechselnd. Langsam kam wieder etwas Farbe ins Gesicht von Ina, als die Droge ihre Wirkung tat: „Danke.“ Murmelte sie leise. Lilja antworte nicht, drückte nur wortlos die Schulter ihrer Zimmergenossin. Diese holte keuchend Luft: „Das war...knapp.“ Lilja nickte leicht: „Aber du lebst. Und du wirst wieder fliegen. Fliegen und es ihnen heimzahlen.“ Die andere schauderte: „Momentan ist das kein Gedanke, der mich mit Vorfreude erfüllt.“ Sie wartete auf eine Reaktion – halb fürchtend, Lilja könnte es ihr übelnehmen. Doch die zuckte nur mit den Schultern: „Nach meinem ersten ähnlichen Erlebnis wäre ich beinah ausgestiegen, als wir das nächste mal auf Feinde trafen. Ist nur natürlich, dass du Angst hast. Das sollte jeder.“ Ina seufzte erleichtert. Beide schwiegen eine Weile: „Wieso hast du mich eigentlich den Akarii abschießen lassen? Du hättest ihn doch auch erledigen können.“ Die Russin schien die Frage zunächst nicht wahrzunehmen. Als sie antwortete, klang ihre Stimme leise: „Er hatte deine Flightleader abgeschossen. Es war dein Recht, deine Pflicht, ihn zu erledigen.“ Ihre Augen schienen woanders zu sein, als sie Ina ins Gesicht blickte: „Ich habe meinen Flightleader, meine ersten, in meinem allerersten Gefecht verloren. Zusammen mit acht anderen Kameraden. Die, die dafür verantwortlich sind, entkamen.“ Sie lachte bitter: „Und ICH selber bin nur mit Mühe entkommen. Ich habe versagt, auf der ganzen Linie versagt. Ich konnte meiner Kameraden nicht schützen, ich konnte nicht einmal ihre Mörder bestrafen. Und ich werde nie wissen, ob es Gerechtigkeit geben wird. Ich denke, du solltest die Chance bekommen, zumindest in der Hinsicht Klarheit zu haben.“ Ina nickte: „Danke.“

Es dauerte noch lange Zeit, bis sie die Kraft fanden, aufzustehen. Lilja brachte Ina zu ihrem Quartier. Dann machte sie sich auf, um nach Ohka zu sehen, und sich einen Überblick zu verschaffen, wie das Gefecht verlief. Sie waren noch nicht entkommen. Ein Cocktail aus Kaffee und Tabletten lag ihr wie flüssigen Feuer im Magen, sie roch nach Schweiß, und jeder Muskel protestierte, wenn sie sich bewegte, aber zum Ausruhen war jetzt keine Zeit. Das konnte kommen, wenn sie sich vom Feind gelöst hatten oder tot waren.

Lightning kannte die Liste der Toten. Sie kannte die Gesichter hinter Dienstrang, Nummer und Name. Als gute Staffelführerin war man zum Teil auch Mutter und Schwester der Untergebenen. Eine Schwester, die ihre Verwandten in den Tod führte. Eine Mutter, die wusste, dass es zwangsläufig war, dass sie Kinder verlor. In Augenblicken wie diesen hasste sie ihren Job. Und doch wusste sie, sie konnte sich der Verantwortung nicht entziehen. Sie würde mit Worten den Angehörigen der Toten verkünden müssen, was sich nie richtig erklären ließ. Das war ihre Pflicht, würde es auch weiterhin sein. Neue Piloten würden kommen, würden kämpfen und sterben. Das war ihr Schicksal, ihre Mission. Und sie verabscheute sie.

Gefallen waren First Lieutenant Jim „Hawkeye“ Miller, und die Second Lieutenants Kim "Iceman" Chao und Jaques "Spad" de'Castries, Second Lieutenant Kano "Ohka" Nakakura war verletzt - und er war nicht der einzige. So leistete die Staffel Grün ihren Blutzoll in dieser Schlacht, die in den Analen der Raumkriegsführung wohl nicht mehr als einen Platz als Fußnote einnehmen würde.

************************************************************

Gonzalez beobachtete, wie die Schlacht ihren Lauf nahm. Die Fisher hatte bisher noch nicht viel abbekommen, zwei Raketen hatte die noch funktionierende Impulsbatterie abgefangen. Den vereinzelten Bordwaffenbeschuss konnten die Schilde der Fregatte noch gut abfangen. Im Gegenzug hatte die Fisher zwei Bomber und einen Reaper abgeschossen. Doch nun formierte sich eine neue Gruppe schwerer Jäger und es wurde offensichtlich, dass sie sich die Fisher vorknöpfen wollten.
„Turner, Maschine auf volle Leistung, dreißig Grad nach rechts, 20 Grad nach unten. Feuerkontrolle, ich will alles verfügbare Feuer auf diese Formation.“
Die Fisher änderte ihren Kurs. Gonzalez wusste, dass er viel riskierte, wenn er den beschädigten Bug von der Redemption wegdrehen würde, aber die zusätzliche Feuerkraft und eine größere Zielfläche würde zusammen mit der Bewegung dafür sorgen, dass das Feuer der Jäger stärker streuen würde. Die Deltas stürzten sich wie ein Schwarm Piranhas auf die angeschlagene Fregatte. Es gelang ihnen, die Heckschilde herunterzuschießen, doch sie konnten dies nicht sofort ausnutzen, weil der Anflug zu schnell beendet war. Der Fisher gelang ein weiterer Abschuss, als ein Delta sich verkalkulierte und genau durch den Schussbereich eine Laserbatterie flog, deren Besatzung sich diese dicke Tontaube nicht entgehen ließ.
Gonzalez fluchte, noch so ein Angriff und man würde die Fisher aufgeben müssen. Die Jäger formierten sich erneut, als endlich weitere Jägerverbände der Redemption eintrafen. Das zwang die Akarii Jäger, die bisher sich auf die kleineren Schiffe gestürzt hatten, zum Schutz der Bomber den Angriff abzubrechen. Trotzdem verlor Turner keine Zeit und wies den Steuermann an, wieder in den Schatten der Redemption einzuschwenken. Die Schlacht hatte gerade erst begonnen, und dieser Beginn war für die Menschen alles andere als verheißungsvoll. Gonzalez steckte sich seine Zigarre wieder an, die in der Aufregung ausgegangen war und blickte angestrengt auf die Darstellung des Gefechts, die vor ihn projiziert wurde.

Murphy atmete erleichtert auf, als die letzte Maschine der Jaguars aufgetankt war. Das letzte, was er jetzt hätte brauchen können, wäre ein defektes Ventil beim Tanker gewesen. Dann öffnete er den Kanal zur Staffel:
„Leute, es geht jetzt um alles. Die Redemption wird massiv angegriffen. Wir müssen retten, was noch zu retten ist. In enge Formation gehen und diese Formation halten. Ich will dass wir die Bomberformationen massiv und mit harten Schlägen treffen. Das Aufbrechen in Rotten erst dann vornehmen, wenn es gar nicht mehr anders geht. Und jetzt mit maximalem Schub auf Abfangkurs.“
Ohne die Antwort abzuwarten schlug Martell den entsprechenden Kurs ein. Nach wenigen Minuten kamen die Jaguars am Ort des Geschehens an. Es bot sich ihnen ein erschreckendes Bild. Die Bomber hatten bereits zahlreiche Schiffe angegriffen und offensichtlich auch zumindest einen Kreuzer zerstört. Das wütende Abwehrfeuer des Trägerverbandes schien die Bomber nicht wirklich zu stören, die sich gerade zu einem neuen Anflug formierten.
„Jaguar Lead an Jaguar Staffel, die Avenger auf 10 Uhr sind unser Ziel. Im ersten Anflug alle verbliebenen Raketen einsetzen, dann ab in den Nahkampf. Nach dem ersten Anflug einen Immelmann und dann zurück.“
In seinem Geiste murmelte Murphy immer wieder sein Mantra: “Heiliger Sankt Georg, leihe uns deinen starken Arm, um diesen Drachen, der uns bedroht, zu vernichten.“...nach einigen Wiederholungen kamen die Bomber in Angriffsreichweite. Jetzt erkannte Martell, dass einige von ihnen doch schon Schäden aufwiesen. Ihm würde dies nur recht sein. Die Griphen feuerten alles verbliebenen Raketen auf die Avenger ab und wieder reagierten die Avenger mit Störkörpern und ECM. Anders als ihre Vorgänger jedoch brachen sie ihre Formation in kleinere Elemente auf. Muphy reagierte sofort:
„Wing 1, mir nach, Wing 2, ihr kauft euch die Bomber, die auf die Fregatte zuhält.“
Wütend riss Murphy den Steuerknüppel herum und hielt auf den hintersten Bomber in der Formation zu. Doch dieser explodierte in diesem Moment, nachdem ihn drei Raketen in kurzer Abfolge trafen. Murphy jagte durch die Trümmer und hatte, wie er gehofft hatte, die Führungsmaschine im Visier. Zusammen mit Snake-Bite, die ohne Aufforderung ihr Feuer mit Martell konzentrierte, feuerte er Salve um Salve in das Heck des Bombers, ohne sich um das Abwehrfeuer zu kümmern. Gerade als die Schilde nachgaben, explodierte der Bomber wie eine überreife Pflaume, die vom Baum fällt. Einen ähnlichen Erfolg konnte auch das zweite Element verbuchen. Der verbliebene Bomber brach seinen Abflug ab und versuchte vor den vier Griphen zu entkommen. Dabei flog er jedoch direkt in das Feuer eines Zerstörers, der mit dem Akarii kurzen Prozess machte.

Erst in diesem Moment konnte Murphy sich wieder nach dem zweiten Wing umschauen. Offensichtlich hatte dieser ebenfalls zwei Bomber erwischt.
„Jaguars, wieder formieren....“ dann schaltete er den Kanal um: „Big Basket von Jaguar Lead, benötige neuen Vektor auf Bomberverbände.“
„Big Basket hier, gute Arbeit, ihr kamt gerade zur richtigen Zeit. Neuer Bomberverband auf Vektor 300/255, aufpassen, die haben einen starken Jägerverband dabei.“
„Verstanden, Vektor 300/255.“
Murphy riss seine Maschine erneut herum und jagte den Bombern entgegen. Die Jaguars folgten ihm wie ein Mann. Wie zwei Ritterheere im mittelalterlichen Terra prallten die Formationen aufeinander, doch ohne Raketen fehlte den Griphen die Feuerkraft, die Bomberstaffel effektiv zu sprengen. Stattdessen hefteten sich Deltas und Reapers an die Fersen der Griphen und schossen eine weitere Maschine ab. Das Gefecht wurde zu einer Kneipenschlägerei, wo jeder jeden jagte und selten ein genauer Schuss abgegeben werden konnte. Nur das gute Teamwork der Jaguars, die sich gegenseitig deckten, rettete diese vor der Vernichtung. Allerdings konnten sie auch keine weiteren Abschüsse verbuchen, da keine Zeit dazu verblieb, sich lange genug hinter eine gegnerische Maschine zu setzen. Einige Reaper wurden allerdings so stark beschädigt, dass sie den Kampf aufgeben und sich zurückziehen mussten. Damit ließ auch der Druck auf die Griphen nach, die sich gegen die Deltas im Nahkampf durchaus durchsetzen konnten. Doch Murphy merkte, wie seine Leute und auch er selbst immer mehr Fehler machten, immer häufiger den Nachbrenner einsetzen mußten, um diese auszugleichen. Die lange Gefechtsdauer forderte ihren Tribut und die Schäden an den Maschinen nahmen immer mehr zu. Dann musste Goose aus seiner Maschine aussteigen, weil er mitten in eine Salve eines Deltas hineingeflogen war. In einem selten Anflug von Präzisionsschießen traf sein Flügelmann Brawler dann eben diesen Delta immer wieder, bis die Schilde unten waren. Ein Cockpittreffer beendete das Gefecht für dessen Akariipiloten endgültig. Langsam ließen beide Seiten voneinander ab und zogen sich zurück, doch der Schaden war angerichtet, ein Großteil der Flotte war beschädigt oder zerstört. Murphy kümmerte dies aber erstmal nur wenig, er wollte seine Piloten heil zur Redemption zurückschaffen. Ein SAR Shuttle sammelte Goose ein, der Verbleib der drei anderen Verluste war nach wie vor ungeklärt.

Ein Stunde später saß Murphy in seinem Jäger und schnallte sich ab. Völlig kraftlos stieg er aus dem Griphen und trank die Wasserflasche, die ihm M’Boko reichte, in einem Schluck leer. Dann taumelte er zu den anderen Piloten, die sich auf dem Deck gesammelt hatten und die Ankunft des SAR Fliegers abwarteten.

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Die Royal Oak war bereit.
Alle Geschütze bemannt, Raketenwerfer geöffnet, Nachladekräne bereit. Das Gefechtsradar war auf maximale Reichweite gestellt worden.
Der schwere Kreuzer der Ticonderoga-Class deckte die linke Flanke der Redemption. Weit an Steuerbord waren die Akarii auf das Bordgeschwader der Redemption getroffen.
Michael Schneider stand in der CIC hinter dem Hauptradarschirm und nippte an seinem Kaffee, echten Kaffee, aus den Agrokuppeln des Mars. Gerüchteweise gäbe es an Bord der Redemption nur noch ne Chemiemischung. Er grinste.
"Skipper, ich habe hier von 10 Uhr reinkommende Bogies", meldete der 20 Jährige Radartechniker Brad Evans.
"Signaloffizier, Meldung an die Redemption: Zweiter Angriffsverband von Backbord." Schneider bückte sich über Evans Schulter: "Identifikation?"
"40 Plus, Sir, Identifiziere: Bloodhawk, Reaper, ein paar Deltas und Avenger-Bomber."
"Harriet: Werfer eins und zwo auf die reinkommenden Jäger ausrichten, drei und vier sollen die Bomber vom Himmel wischen. Geschütztürme Feuer nach eigenem Ermessen!"
"Aye, Skipper."
"Captain: Nachricht von der Redemption, sie haben die Jäger zurückbeordert, aber Auson bezweifelt, dass die rechtzeitig hier sind. Bleiben nur noch die zwölf Typhoon." Meldete der Signaloffizier.
In diesem Moment sah Schröder, wie die zwölf Abfangjäger die Royal Oak passierten und sich pflichtschuldigst auf den vierfach überlegenen Feind zu stürzen.
Die Typhoons teilten sich in zwei sechser Gruppen und zogen auseinander, um den Feind von zwei Seiten anzugehen und den Begleitschiffen der Redemption die Front der Akarii zu überlassen. Schließlich meldete das Feuerleitradar, dass der Feind in Feuerreichweite gekommen war.
Schröder wartete noch etwas ab.
Der Zerstörer Ashford eröffnete das Feuer.
Schließlich befahl Schröder: "Feuer!"
Innerhalb von 4´vier Sekunden waren von der Royal Oak 50 Ammram-Raketen gestartet worden. 15 Sekunden später folgte die zweite Salve.
Die feindlichen Begleitjäger schwärmten auseinander und gingen auf die heranstürzenden Typhoon nieder.
Die Bomber beschleunigten. Es wurde feindliches Angriffsradar gemeldet.
"Reinkommende Antischiffraketen, zähle: 5, 6, 7, 9 nein 13 reinkomende Raketen." In Evans Stimme schwang Panik mit.
"Raketenabwehr!" Jetzt wurden die Werfer 2 und 3 von den feindlichen Jägern und Bombern abgezogen, um die anfliegenden Raketen abzuwehren.
"Captain: Vampir!" Evans meldete, dass der Träger von einem Flugkörper als Ziel erfasst worden war.
"Harry: Holen Sie den verdammten Vampir vom Himmel!"
"Kollisionsalarm!" Schrie ein weiterer Radartechniker.
Schröder klammerte sich an Evans Stuhllehne fest, gelbe Warnlichter sprangen an. Dann wurde die Royal Oak von drei schweren Detonationen erschüttert.
Schröder krachte hin. Schwärze verfinsterte seinen Geist.

Mit einer exzellenten Reaktionszeit übernahm der erste Offizier die Royal Oak von der Brücke aus.
"SCHADENSBERICHT!" Die Oak hatte eine exzellent gedrillte Besatzung und schon wenige Augenblicke später prasselten auf ihn die Meldungen ein. "Backbordschild unten. Gefechtsradar 20 Prozent ausgefallen. Nahbereichsabwehr 75 Prozent ausgefallen. Ein Haufen Verwundeter durch Sturzschaden, darunter der Captain."
Erneut wurde die Oak durchgeschüttelt. Zwei weitere Raketen hatten getroffen und schwere interne Verwüstungen angerichtet.
Langsam kämpfte sich der XO wieder auf die Beine: "Meldung."
Diesmal war die Prognose um einiges schlimmer. Die Energieversorgung für die Strahlengeschütze war hinüber und der gesamte Schildemitter war ausgebrannt. Außerdem schätzte man 45 Prozent Verluste bei der Besatzung.
Er nahm das Mikrofon der Bordsprechanlage: "CIC hier Brücke. Melden."
"Hier CIC, Lieutenant Commander Morgan."
"All right Harry, ich werde gleich die Besatzung in die Rettungskapseln befehlen. Ich will, dass Sie noch raushauen was möglich ist."
Nach kurzer Pause antwortete die junge Frau mit einem schnodrigen 'Aye' und hatte aufgelegt.
Es störte ihn aber nicht weiter: "MC hier spricht der erste Offizier: Gesamte Besatzung klar bei Rettungskapseln!"
Danach half er bei der Evakuierung, so gut es ging.
Während auf in der CIC noch eifrig daran gearbeitet wurde so viele Amrams wie möglich abzufeuern waren die Radarschirme unbesetzt.
Es gab keinen Kollisionsalarm für die letzte Rakete.
Als sie einschlug verschlang der Atomsprengkopf die Royal Oak und die gesamte Besatzung. Doch zuvor hatte sie acht feindliche Jäger und Bomber abgeschossen und mehr als vier weitere beschädigt.

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Als wir landeten, rauschte Darkness sofort zur improvisierten Einsatzbesprechung mit den anderen Staffelkommandeuren.
Woher nahm der alte Mann nur die Kraft? Ich, gerade zweiundzwanzig, hing bereits in den Seilen. Und der Lt. Commander McQueen lief durch den Hangar, als wäre er bei einer Sportübung und käme nicht gerade von einem harten Kampfeinsatz. Dabei hätte es ihm gehen müssen wie mir – Krämpfe, steife Knochen, ständig zufallende Augen.
„Geht es, Lieutenant?“ fragte mich ein eifriger Petty Officer, als er nach meinem Arm griff, um mir aus dem Pilotensitz zu helfen.
Dankbar nahm ich die Hilfe an. „Danke, Wong. Ich fühle mich, als würde ich schon Tage hier drin sitzen.“ Der Techniker grinste.
„Na, Sie haben da draußen ja auch alle Schwerstarbeit geleistet. Wir haben Begleitschiffe verloren, aber die REDEMPTION hat nur einen Treffer abbekommen.“
Und eine Menge guter Piloten, hatte ich sagen wollen, aber ich schluckte den Kommentar runter. Es gab keinen Grund, Wong runterzuziehen.
Mühsam schwang ich mich aus dem Cockpit. „Die Mühle hat es ganz schön zerpflückt. Die Akarii haben sich mehr als einmal durch meinen Schirm gebissen und mir die Panzerung vom Pelz gerupft. Aber wenn ich die anderen Maschinen hier im Hangar sehe, geht es meinem Vogel noch einigermaßen gut.“
Ich versuchte mich zu strecken, aber die verkrampften Muskeln nötigten mich mit stechenden Schmerzen. Das konnte nur eine heiße Dusche, eine Mütze voll Schlaf und eine anständige Massage wieder hinkriegen.
„Wäre nett, wenn Sie ihn wieder gefechtsklar kriegen. Noch sind wir aus dem Akarii-Gebiet nicht raus.“
Der Petty Officer nickte. „Ich sage dem Chief Bescheid. Wir haben sowieso Befehl, die leichter beschädigten Jäger vorzuziehen.“
„Danke“, sagte ich und klopfte dem Asiaten auf die Schulter. Eine Bewegung, die schmerzte, als würde ich mir selbst einen Arm ausreißen.

Das Gespräch der Staffelchefs endete damit, dass Lightning abrauschte wie eine abgefeuerte Hydrasalve vom Flügel eines Griphen. Selbst auf zwanzig Meter Entfernung konnte man sehen, wie sauer die Frau war. Sie sprach kurz mit den MasterChief und keine zwei Minuten später wurde der erste Typhoon auf das Katapult gestellt.
Das konnte nur bedeuten, dass der Alte ihre Staffel dazu bestimmt hatte, die neue FORCap zu stellen. Übel. Ich fühlte mich nicht mehr in der Lage, noch einmal aufzusteigen.
Darkness und Lone Wolf unterhielten sich kurz, dann gingen sie auseinander. Ich lehnte mich neben McQueen an die Wand. „Also, Boss, wie sieht es aus? Die Akarii haben uns ganz schön gerupft, was?“
„Yeah“, brummte der Lt. Commander. In seinen Augen konnte ich die Wut lodern sehen. In seinen Zügen den verbissenen Hass auf die Akarii. „Wir fliegen jetzt direkt zum Sprungpunkt. Wenn wir das schaffen, sind wir so gut wie durch.“ Er sah mich an. Ein kurzes Lächeln umspielte seine Lippen. „Dann geht es wieder nach PERSEUS, Cliff.“
Ich lachte meckernd. „T'schuldige, wenn ich da nicht so scharf drauf bin, Justin. Aber der letzte Besuch auf PERSEUS STATION ist mir nicht gerade in bester Erinnerung.“
Die Kieferknochen McQueens begannen zu mahlen. „Du brauchst nicht um den heißen Brei rumzureden, Cliff. Sie ist sicher gelandet. Du hättest mich auch direkt fragen können.“
Ich spürte, wie mich die Erleichterung zu übermannen drohte. „Danke, Justin“, hauchte ich und hielt mühsam die Tränen zurück.
Mittlerweile standen zwei Typhoon auf den Katapulten und zwei weitere waren auf Wartestellung. Vier Piloten gingen auf die Maschinen zu. Lightning, was klar war, sie konnte nur sehr schlecht delegieren und würde von ihren Leuten nicht verlangen, was sie nicht selbst bereit war zu tun, Claw, den nur wenig erschüttern konnte, einen jungen, stiernackigen Bengel, den ich nicht kannte… Und Lilja.
„Ja, sieh sie dir an, Cliff. Das da sind die Härtesten von uns. Sie gehen noch mal raus. Sind unsere Augen und unsere Ohren. Die Belohnung? Flugfehler wegen Übermüdung. Wegen Unvorsichtigkeit abgeschossen. Beim Landeanflug gecrasht. Und trotzdem gehen sie wieder raus.“
Ich nickte schwer. Mein Blick folgte Lilja. Eigentlich sollte es mich nicht wundern, dass ausgerechnet sie ebenfalls wieder raus ging. Aber das tat es doch. Ich fühlte mich selbst klein, feige, unbedeutend. ICH würde nicht in einer der Typhoons sitzen. ICH würde nicht noch einmal rausgehen. Lilja schon. Sie hasste mich, okay, aber ich beschloss, sie von nun an zu respektieren.
„Toller Hintern, eh?“ witzelte Darkness. Ich warf ihm einen schrägen Blick zu. „Lightning oder Lilja?“
„Claw“, erwiderte Darkness todernst. Und wollte sich schier ausschütten vor lachen, als ich das wahrscheinlich dümmste Gesicht machte, was je ein Navy-Offizier verbrochen hatte. Er lachte sogar noch, als er mir glucksend und grinsend befahl, mich auszuruhen. Und selbst in einer der Kantinen verschwand, um SynKaff zu trinken.

Ich blieb noch, um den Start der FORCap zu beobachten. Und wurde von Alarmsirenen aufgeschreckt. „Landedeck räumen. Beschädigte Maschine kommt rein.“
Ich sah zum Landedeck rüber. Eine Typhoon schlich geradezu hinein. Sie war übel gezeichnet, es fehlten Waffen. Die eine Seite war aufgerissen, das Cockpitglas geschwärzt, beide Flügel abrasiert. Der Pilot musste durch die Hölle gegangen sein.
Nur die Bugzeichnung war einigermaßen unversehrt. Japanische Katakana-Symbole… OHKA!!!
Ich sprintete los. Ein Tech wies den Vogel ein, aber die Reaktionen des Piloten kamen verzögert. Ein MedoTeam stand bereits in Wartestellung, zwei Techniker standen mit Schweißbrennern bereit. Ich lief so nahe heran, wie die anderen Techniker mich ließen.
Die Typhoon kam zur Ruhe. Die Techs sprangen auf den Bug und schweißten die geschmolzene Cockpitversiegelung auf. Als sie das geschwärzte Spezialglas abgebrochen und zu Boden geworfen hatten, überließen sie ihr Feld den Sanis.
Die hantierten mehr als zehn Minuten am Cockpit, legten Infusionen, rissen immer wieder Verbandspäckchen auf. Endlich ließ sich einer eine Klinge geben, um die Gurte des Pilotensitzes aufzuschneiden. Verdammt, Ohka. Aber immerhin hantierten sie noch an ihm. Wäre er tot, hätten sie aufgegeben und die Techs wieder rangelassen.
Trotz meiner Größe sah ich fast nichts.
Endlich zogen sie den Jungen heraus. Drei Techs sprangen hinzu und halfen, den verwundeten Piloten einigermaßen sanft von seinem Vogel runterzuziehen. Auf der rechten Schulter prangte ein blutgetränkter Verband. Der rechte Arm war an der Fliegerkombi festgebunden worden. Anscheinend hatten die Sanis keine aufblasbaren Knochenschienen mehr.
Ich sprang hinzu, half als vierter Mann, als die Sanis ihn ganz los ließen. Der junge Japaner war so leicht, ich hatte das Gefühl, als würde ich eine Puppe heben.
Sein Gesicht war eingefallen. Mit einer Hand hielt ich seine linke, unverletzte Schulter, mit der anderen nahm ich zwei Infusionsbeutel entgegen, den mir ein Sanitäter reichte.
Vorsichtig, sehr vorsichtig setzten wir ihn auf einer Bahre ab. Die Sanis kamen hinzu, aktivierten die Gleitvorrichtung der Liege.
Plötzlich schossen Ohkas Augen auf. Seine unverletzte Linke krallte sich in meine Kombi. „ACE!“, blaffte er, wurde dafür aber mit einem Hustenanfall bestraft.
Ich wollte ihn nicht gefährden und begleitete die Sanis und die Liege, solange sich Kanos Hand in meine Kleidung krallte. „Ist…“, japste er, „ist sie…“
„Ja, Kano-kun, sie ist sicher gelandet.“
„Haben wir…“
„Nein, aber wir sind fast am Sprungpunkt. Ich denke, wir werden es schaffen.“
„Ace“, hauchte er. „Wenn ich… wenn ich falle, sag Kali, dass… Lone Wolf hat mein Katana. Sie soll… Sie soll…“
Der junge Pilot fiel in Ohnmacht. Die Hand löste ihren Griff und ich blieb stehen. Die Sanitäter beeilten sich, ins Krankenrevier zu kommen.
„Ja“, sagte ich, „ich sage es ihr. Ich sage es ihr.“
Verdammt! Hoffentlich hielt der Junge durch.

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Auf der Brücke der Nakobi herrschte reges Treiben.
Norr Wilko war vor zehn Minuten eingetroffen und stand jetzt zur Verfügung der Admiralin. Er rechnete mit einer harten, aber dennoch fairen Strafe.
Lay Rian stand an den Bugfenstern. Schon seit gut 30 Minuten hatte sie sich nicht gerührt. Über den Lautsprecher war das Geschnatter der Piloten zu hören.
Den taktischen Fehler, den Norrs Stellvertreter gemacht hatte, hatte sie mitbekommen, auch wenn ein Stabsoffizier sie erst in wenigen Minuten über das Ergebnis des Fehlers informieren würde.
"Wenn die Mauern brechen, fällt die Stadt", zischte sie leise, "welch ein Schwachsinn im modernen Raumkrieg."
"Mylady?" Fragte Norr nach, der sie zwar sehr gut gehört hatte, aber nicht ganz verstand.
"Winn hätte sein Feuer auf den Träger konzentrieren sollen. Aus zwei Gründen: Erstens - Wir hätten die Jäger aus dem Kampf ziehen können zur Aufmunitionierung und zurückschicken können, ohne uns weiter um die terranischen Jäger kümmern zu brauchen, und Zweitens - Wegen dem starken psychologischen Effekt auf die übrigen Einheiten der Terraner."
Einer der vielen Stabsoffiziere trat heran: "Mylady Admiral: Commander Winn meldet: Die beiden Kreuzer, ein Zerstörer und eine Fregatte zerstört. Der Träger wurde zweimal getroffen, scheint aber nicht sonderlich beschädigt. Des weiteren meldet er, alle Anti-Schiff-Raketen seien verschossen"
"Danke Joln, befehlen Sie dem Commander, er soll einen hektischen Rückzug veranstalten, als ob die Verluste unseren Piloten den Mut gekostet hätten. Des weiteren schicken Sie zwei unsere Kreuzer und zwei unserer Zerstörer zu Sprungpunkt Theta. Sie sollen den Terranern einen Abschiedsgruss übermitteln." Der Stabsoffizier wollte sich übereifrig aus dem Staub machen. "ABER Joln, mindestens ein terranisches Schiff soll entkommen und wenn es dieser verdammte Träger ist."
Joln nickte noch einmal, dann verschwand er.
"Wir gegen Ihnen nicht den Rest Mylady?"
"Nein, Norr, es ist um einiges wichtiger, dass wir ihren Heimathafen finden."

Der Raumkampf hatte weniger als eine Stunde gedauert, doch Lucas kam sich vor als hätte er stundenlang in der Phantom gesessen.
Er kletterte aus dem Cockpit und setzte sich auf die zweite Stufe der Leiter. Seine Gedanken waren bei den vielen Gesichtern, die jetzt im Briefingroom fehlen würden. Und ihren Namen. Er vergrub seinen Kopf in den Handflächen. Nur für wenige Sekunden.
"Ach, Scheiße." Er erhob sich. "CUTTER!" Rief er über den Lärm auf dem Flugdeck hinweg. "CUTTER!"
Wie von Geisterhand erschien der ältere Mann rechts neben ihm: "Commander?"
"Sehen Sie zu, dass die Maschinen wieder startklar gemacht werden. Die Hälfte der Mirages mit Mavericks und ich will einige Typhoon draußen haben."
"Aye Sir!" Mit lautem Röhren startete das SAR-Shuttle.
Lucas überquerte das Flugdeck und ging in den Kartenraum. Dort fand er Darkness, Lightning, Raven, Martell und Becker, der immer noch das Kommando über die Gold-Schwadron inne hatte.
"Wo ist Hill?" Er blickte in eine Runde deprimierter Gesichter. ,Gefallen.' "Okay, Lightning, Sie übernehmen momentan was von Hills Leuten übrig ist, ich will vier Typhoon draußen haben."
"Sir, alle - inklusive Hills Leuten - sind abgekämpft, ich weiß nicht wen ich noch hochschicken kann...."
Die Mischung aus persönlicher Antipathie, Stress sowie abklingenden Adrenalinspiegels bahnten seinem Ausbruch den Weg: "Verdammt, langsam hab ich Ihr ständiges Querulieren satt! Entweder Sie schaffen mir die Typhoon nach draußen oder ich suche mir jemand, der dazu in der Lage ist."
Lightning trat einen Schritt zurück und sah aus, als ob er ihr gerade ins Gesicht geschlagen hätte. Becker starrte peinlich berührt auf seine Stiefel, während Raven ihm einen giftigen Blick zuschoss, der sich durch Durastahlpanzerung hätte brennen können.
In Murphys Blick lag eine Müdigkeit, aber auch eine gewisse Verwunderung über den Ausbruch seines Kommandanten.
"Luke ...", begann Darkness, doch Lucas brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. "Diane, bitte entschuldigen Sie, ich stehe etwas neben mir, ich wollte Sie nicht so anfahren. Bitte, ähm, bitte versuchen Sie vier einsatzfähige Piloten zu finden, wir brauchen die Aufklärer."
Er wandte sich an alle Anwesenden: "Sorgen Sie dafür, dass Ihre Leute etwas zu Trinken und zu Essen bekommen und sich nach Möglichkeit etwas ausruhen, aber nicht weiter vom Flugdeck weg als Messe Nr. 2. Sie können wegtreten."
Becker war der einzige, der salutierte und praktisch hinausstürmte um seine Befehle auszuführen. Er wollte nach der Rückkehr nach Perseus als Staffelkommandant bestätigt werden.
Raven und Lightning verließen gemeinsam den Kartenraum, wobei Lucas noch einige Worte von Lightning mitbekam. "Jetzt weiß ich jedenfalls wo ich bei ihm stehe."
Innerlich zuckte er zusammen. Schließlich fiel sein Blick auf Darkness, der an der Wand lehnte. "Ich hab Scheiße gebaut ...." Er zündete sich über dem Kartentisch eine Zigarette an.
"Ja, dass eben war unnötig."
Lucas lachte schnaubend auf: "Nicht nur das eben, auch da draußen ..."
Während Darkness noch nach Worten suchte zuckte Lucas die Schultern: "Aber was soll's, es geht weiter."
Darkness blickte seinen Freund fassungslos an, wie er den Tod von gut 2.000 Männer und Frauen einfach mit einem Schulterzucken abtat.
Lucas ließ sich in einen der Sessel fallen.
"Luke, das war jetzt nicht dein Ernst."
Als dieser aufblickte und stumm den Kopf schüttelte sah Darkness Tränen in dessen Augen stehen.
Und irgendwie überkam ihn Erleichterung.

Langsam kroch die terranische Flottille auf den Sprungpunkt zu. Der alte Träger der Zeus-Klasse wurde nur noch von zwei Zerstörern und zwei Fregatten, von denen eine nur noch die Hälfte wert war, begleitet.

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Darkness stieß sich von der Wand ab und sah seinen Staffelkommandanten an.
"Hör mal, Luke. Das da draußen ist Krieg. Menschen sterben im Krieg aber wir sollten dafür sorgen, dass ihr Opfer nicht umsonst war. Die Red fliegt noch. Die Echsen haben uns vielleicht übel verprügelt aber wir werden weiterkämpfen."
"Verdammt Jus, es sind so verdammt viele Opfer." Cunningham war zwar gefasster aber er kämpfte immer noch um seine Beherrschung.
"Der NIC hat uns hier festgenagelt, dich trifft genauso wenig Schuld wie Clark oder Ace oder auch nur Lightning. Die Männer und Frauen, die heute da draußen gefallen sind wussten auf was sie sich eingelassen haben und haben gemeinsam für eine gute Sache gekämpft. Du hast getan was du konntest, genauso wie ich und alle anderen in der Trägergruppe. Jemanden anzuscheißen, weil er demoralisiert ist, bringt überhaupt nichts. Damit richtest du nur noch mehr Schaden an. Die Entschuldigung war ein guter Anfang aber als CAG musst du auch ein Vorbild sein." McQueen setzte sich seinem Kommandeur gegenüber.
"Verfluchte Scheiße... Du hast Recht, ich darf nicht die Nerven verlieren." Lucas atmete tief durch.
"Das wirst du nicht, mein Freund. Wir haben heute eine üble Klatsche abbekommen aber wir haben die Echsen zurückgeschlagen. Wir fliegen nach Hause, rüsten neu aus und treten den Mistviechern wieder in die Eier. Nicht nur für Mantikor sondern auch für die Leute die wir hier verloren haben. Bist du dabei oder soll ich alles alleine machen?" Justin streckte seine Hand aus. Er hoffte inständig, dass Lucas erkannte das es an Bord jemanden gab, der seine Nöte nur zu gut verstand.
"Ich bin dabei, alter Mann."

Eine Stunde später.
Justin stand auf dem Flugdeck den Resten der Schwadron Rot gegenüber. Alle sahen ziemlich abgekämpft aus. Viele hatten aber immer noch Feuer. Pinpoint, Radio, Ace und Streak sahen noch etwas frischer aus als ihre Kameraden aber auch ihnen sah man die Erschöpfung an. Einige hatten sich auf den Boden gesetzt, andere wiederum flegelten sich auf einen Verladetraktor. Er sah es ihnen nach. Sie hatten heute ihre Grenzen erreicht.
"Also Leute, ich weiß genau wie ihr euch fühlt, also werde ich es kurz machen. Gute Arbeit heute da draußen. Die Red fliegt noch und wir sind auf dem Weg nach Hause. Im Anschluss an diese Besprechung sucht ihr die Messe auf und esst was. Direkter Befehl vom CAG. Es gilt weiterhin Alarmbereitschaft. Solange wir in diesem System sind, können die Schuppenflechten wieder angreifen. Also entfernt euch nicht weiter vom Flugdeck als bis zur Messe Nr. 2. Weiterhin will ich, dass Ihr ne Mütze Schlaf nehmt. Allerdings reiße ich demjenigen, den ich dabei erwische, das er seinen Fliegerkombi oder seine Ausrüstung ablegt, persönlich den Arsch auf. Das gilt bis auf weiteres. Ich will das ihr sofort einsatzbereit seid, wenn ihr gebraucht werdet. Denkt dran, wir sind das Rückgrat der Red, auf uns lastet also eine Menge Verantwortung. Als Anmerkung möchte ich noch eines sagen: Wir haben heute was auf die Mütze bekommen, aber, und das sage ich nur ein einziges Mal, wir haben immer noch Verantwortung für die Männer und Frauen an Bord der Trägergruppe. Lassen wir sie nicht im Stich, ich bin davon überzeugt, dass wir das schaffen können. Das war's, Wegtreten."

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Abklang

Lightning musste an sich halten, um so ruhig zu bleiben. Der Geschwaderchef hatte sie überrascht – und eigentlich blieb ihr auch keine andere Wahl. Sie drehte ich um und ging, neben ihr Raven. Halblaut murmelte sie ihrer Begleiterin zu: „Jetzt weiß ich jedenfalls wo ich bei ihm stehe.“ Innerlich aber kochte sie. ‚Dieses verdammte Arschloch! Veranstaltet hier seine Dominanzspielchen, als wäre er der große Held! Dämlicher Affe! Meine Leute haben zwei Gefecht hinter sich, ein Viertel ist gefallen, und Ohkas Jäger ist auch Schrott. Und der will, dass ich sie wieder raushetze! Na klar, dann kann er ja sagen, er tue sein Möglichstes für den Träger. Macht sich sicher gut in seiner Akte, wenn er als energischer Kommandeur dasteht, so ein richtig harter Hund. Vor allem, wenn es nicht SEINE Staffel ist! Wenn eben ein paar Leute sterben für seine Karriere, dann ist das bedauerlich, mehr aber nicht!‘ Sie sah in ihren Untergebenen vor allem Kameraden, und alles in ihr sträubte sich, sie wieder in den Einsatz zu schicken. Aber ihr blieb keine andere Wahl. Also schnappte sie sich einen Techniker: „Machen Sie eine Durchsage, alle Grün- und Blau-Piloten sollen sich im Hangar einfinden! Bewegung!“ Ihre Stimme hatte nichts mehr von der eher höflichen Kommandeurin an sich, als die sie sonst erschien. Jetzt klang es eher nach: ‚Tu was ich dir sage oder ich reiße dir den Arsch auf!‘. Der Mann zuckte wie von der Tarantel gestochen zusammen und machte, dass er wegkam.

Kurz darauf war sie im Hangar. Sie sah Ohkas Jäger, schwer zusammengeschossen. Viele andere Maschinen waren nicht viel besser dran. Der Junge hatte Glück gehabt, dass er noch lebte. Irgend jemand musste mal mit ihm reden, dass es so nicht weiterging. Zwei Einsätze und zwei Verwundungen waren etwas zuviel. Er hatte das Zeug zu einem Elitepiloten, aber bei seiner bisherigen Karriere würde er eher als Heldenleiche enden. Nun, es blieb zu hoffen, dass ihm die Verletzung eine Lehre seien würde.
Doch dann verdrängte sie ihre Sorgen – oder eher wandte sich anderen Problemen zu: „Chief? Vier Typhoon kampfklar machen, egal welche! Amram und Sparrows, und das ein bisschen dalli! Und sehen Sie, wie viele von den anderen Jägern Sie noch einsatzbereit machen können, und bestücken Sie sie. Und wehe...“ sie verstummte: „Machen Sie schon!“ Sie dachte kurz: ‚Mannomann, ich höre mich an wie ein echtes Arschloch.‘ Aber inzwischen war ihr das auch egal. Die Wut über die Verluste, auf den Geschwaderchef und die Anforderungen an ihre Leute machten es ihr sehr leicht, es eher mit einem Fußtritt als mit einer höflichen Bitte zu versuchen. Offenbar wirkte das genau so gut und sie konnte gleichzeitig ein wenig Dampf ablassen. Ehe sie platzte und diesem Dreckstück von Kommodore an die Kehle ging. Schon bei dem Gedanken an dieses ignorante Stück spürte sie neue Wut aufflackern.

Dann trafen die Piloten ein. Die meisten bewegten sich wie halbe Schlafwandler. Raumgefechte mit Hochgeschwindigkeitsjägern zehrten massiv an den Kräften, außerdem ließ der Adrenalinschub inzwischen nach, und jetzt machten sich die Folgen der abklingenden Erregung bemerkbar. Und viele, sehr viele fehlten.
Im Ganzen sah die Schar der Piloten eher wie ein verlorener Haufen aus, als wie eine kampfbereite Einheit – oder genauer gesagt die Reste von zwei Einheiten. Ina wirkte, als sei sie kaum bei Bewusstsein, in Liljas Augen war ein beinahe fiebriges Leuchten – die anderen machten einen ähnlichen Eindruck. Graue Gesichter, die Haare klebten schweißnass am Kopf, Augen, die blicklos starrten, hängende Schultern – und dazu mochte es noch Dinge geben, die das Auge nicht sah.

Lightning atmete kurz durch: „Also, mal herhören! Bis auf weiteres übernehme ich das Kommando über beide Staffeln! Lone Wolf will vier von uns draußen haben als Aufklärer. Wir sind noch nicht raus, also braucht der Verband Augen und Ohren. Sonst rasseln wir unversehens in die Akarii und die vollenden ihren Job. Die Maschinen werden gerade bereit gemacht. Ich brauche drei Piloten, den vierten Jäger fliege ich selber. Ich betone, es ist ein FREIWILLIGER Einsatz. Ich will keinen dazu abkommandieren – aber wenn sich niemand findet werde ich jemand bestimmen müssen. Entscheidet selbst, ob ihr euch einsatzbereit fühlt. Keine falsche Scham – ihr habt alle im Gefecht eben euer Bestes gegeben und müsst nichts beweisen. Wir haben den arroganten Typen von den anderen Staffeln gezeigt, dass die Abfangjäger das Herz und das Hirn jedes Geschwaders sind. Und das sage ich nicht nur einfach so, dass WEIß ich. Es besteht also keine Notwendigkeit, mir zu demonstrieren, was für harte Jungs und Mädchen ihr seid. Mehr noch, wer sich meldet nur weil er meint, er müsste, ist eher eine Gefahr als eine Bereicherung. Seid ehrlich zu euch selbst.“ Es widerstrebte ihr, überhaupt Piloten hinauszuschicken. Übermüdung konnte tödlich enden, und übermüdet waren alle – sie eingeschlossen. Glücklicherweise gab es da Tabletten, auch wenn die kein Allheilmittel waren. Sie hoffte, die Piloten würden das hier nicht als eines der üblichen Navyrituale ansehen, die man so umschrieb: ‚Es ist freiwillig – aber ihr müsst!‘. Bei den Piloten herrschte einen Augenblick Schweigen, dann gingen die ersten Hände hoch. Lilja – natürlich – aber auch Claw und einige von Hills Leuten, dazu Stormrider und Harpy. Imp sah so aus, als wollte sie sich melden, aber Lilja, die neben ihrer Zimmergenossin stand, packte den Arm der Pilotin, eher sie ihn richtig in Bewegung gesetzt hatte, und nach einer Sekunde gab die jüngere Frau nach. Lightning überging dies wortlos: „In Ordnung. Claw, Sie kommen mit mir. Lilja – Sie bilden ein Paar mit Shark, Sie führen. Die Russin musterte ihren neuen Flightkameraden, einen mittelgroßen Kaukasier von stämmiger Statur mit verschlossenem Gesicht, dem man den Veteranen ansah, und zuckte nur mit der Schulter. Dieser – Second Lieutenant Ernst Bäumer – schien auch kein Problem zu haben. Vielleicht war er auch einfach zu müde.

Lightning hatte sich deshalb entschieden, eher Leute ihrer eigenen Staffel zu nehmen, weil sie diese besser einschätzen konnte. Sie vertraute den ‚handwerklichen‘ Fertigkeiten von Claw und Lilja, was auch immer man über den Charakter der Piloten sagen konnte und wusste, dass die beiden noch einsatzbereit waren. Und es wäre ihr falsch erschienen, einen Einsatz anzuordnen, ohne selbst zu fliegen. „Die anderen haben Bereitschaft. Geht in die Kantine, esst und trinkt etwas. Aber haltet euch bereit. Kein Herumgespiele an den Maschinen – dafür sind die Techniker da, lasst sie ruhig mal ihren Job tun. Erholt euch so gut es geht, vielleicht werdet ihr noch gebraucht. OK – das war es. Abmarsch! Ach ja, ehe ich es vergesse.“ Sie grinste schief: „Ihr habt alle erstklassige Arbeit geleistet, das wollt ich euch nur mal sagen, falls es später keine Gelegenheit mehr gibt.“ Dann winkte sie die anderen Einsatzpiloten mit sich. ‚Oh Gott,‘ dachte sie: ‚ich klinge vielleicht ermutigend! Am besten du schreist ihnen ins Gesicht, dass die Möglichkeit nicht gering ist, dass noch mehr draufgehen!‘

Kurz darauf waren sie wieder im All. Einsatzbereit und bewaffnet – jedenfalls so bereit wie man nach einem einstündigen Luftkampf mit maximaler Beschleunigung eben seien konnte. Auf einen Befehl von Lightning teilten sie sich in zwei Flights, um die Aufklärung zu übernehmen und ihren Verband aus der Falle der Akarii zu führen. Sie hatte vereinbart, dass sie regelmäßig in Kontakt mit den Großkampfschiffen treten würde - ein Ausbleiben der Meldung würde höchste Alarmstufe bedeuten.

Lilja nickte in der Einsamkeit ihres Jägers vor sich hin. Es war richtig gewesen, dass sie Ina daran gehindert hatte, sich zu melden. Die Pilotin war fertig, körperlich, und emotional erst recht. Sie spürte, wie sich ihre Lippen verzogen, die Zähne bloßgelegt wurden. Vielleicht eine weitere Pilotin, die den Akarii zum Opfer fiel, auch wenn sie ihren Geschützen entkommen war. Die Zukunft würde zeigen, ob und wie Ina mit dem Verlust ihres Flightleaders fertig werden würde. Sie hatte schon ihren ersten unmittelbaren Vorgesetzten so verloren. Das, und die unmittelbare Todesnähe waren mehr, als manche verkrafteten. Lilja beschloss, ein wenig auf sie aufzupassen:
‚Sonst kriegt diese alte Krähe sie noch in die Finger und verwandelt sie in eine Betschwester.‘ Dachte sie mit mehr als nur einer Spur Abneigung gegenüber dem Schiffspastor. Dessen Erfolge bei dem Chef der Griphen-Schwadron war oft kommentiertes Gesprächsthema. Und bei weitem nicht immer wohlwollend vermerkt. Sie persönlich hielt von Religion weniger als nichts, zumal sie ihren eigenen Quasiglauben hatte – Liebe zur Heimat und Hass auf den Feind, das machte Gott überflüssig. Sie hatte einiges über den Geistlichen gehört und er schien ihr einer von der Sorte: „Gewinnet keine Freude am Töten, auch eure Feinde sind Geschöpfe Gottes!“ zu sein, was in ihren Augen hart an der Grenze zur Subversion lag. Ein Schwätzer, ein Etappenhengst, ein widerlicher Frömmelbruder - zumindest in ihren Augen. Der Gedanke, es könne so etwas wie Gott geben, der alles erschaffen habe - auch die Akarii und gewisse Menschen im Laufe der irdischen Geschichte - erschien ihr grotesk. Nein, dieser Scharlatan sollte keine Gelegenheit bekommen, noch mehr Piloten mit seinem Geschwätz zu verunsichern. Insbesondere Ina nicht. Sie musste beinahe lachen, sarkastisch, das war sicher: ‚Im Gegensatz zu ihm bist DU aber auch diejenige, die wahrlich geeignet ist, sich um Menschen zu kümmern! Ausgerechnet!‘ Sie schüttelte den Kopf, rief sich selbst zur Ordnung: ‚Halt die Schnauze! Besser ich, als sonst irgend ein Versager. Wenigstens kenne ich sie!‘. Dann konzentrierte sie sich auf die Scanner und auf ihre Bewaffnung. Sie saß in Imps Jäger – ihr eigener war momentan nicht voll flugtauglich, die Bewaffnung halbiert: ‚Wenn ich so verhindern kann, dass sie Ina noch mal rausschicken, um so besser.‘ Dann fokussierte sie alle Gedanken auf die Mission. Das andere hatte Zeit bis später – oder würde nie mehr eine Rolle spielen. Wenn da draußen etwas war, dann würden sie es finden.

****************************************************

Die Trägerkampfgruppe lief mit voller Kraft auf den Sprungpunkt zu. An Bord der Admiral Fisher herrschte eine gespannte Ruhe. Trotz des hastigen Rückzugs der Akariijäger rechnete Gonzalez fest damit, dass es nicht bei einem Angriff bleiben würde. Denn die Flotte war stark angeschlagen und wie bei einer morschen Tür bedurfte es nur eines weiteren Ansturms, um die Kampfgruppe komplett zu zerstören. Angesichts des Zustandes der einzelnen Schiffe hatte die Fisher wieder eine exponiertere Position bekommen, sie bildete zusammen mit dem Zerstörer Suffolk und der Fregatte Sheridan nun die Nachhut der Flotte.
Während Gonzalez wieder einen Rundgang über die Brücke machte und seinen Leuten über die Schultern blickte und ab und an auch mal auf selbige klopfte, meldete sich der Funkoffizier.
„Ja Lieutenant?“
„Sir, die Sheridan meldet einen Mehrfachkontakt.“
„Sensoren?“
„Nein, Captain, noch keine Bestätigung.“
„Melden Sie, wenn es soweit ist. Gibt es Order von Captain Orloff?“
Orloff war als Kommandeur der Suffolk Befehlshaber der Nachhut. Er war aber auch ein sehr guter Freund von Gonzalez, mit dem er schon so manchen feucht-fröhlichen Landgang hinter sich gebracht hatte.
„Negativ, Sir.“
„O’Keefe, ich will eine ständig aktualisierte Analyse der Situation.“
„Aye, Sir.“ Der zweite Offizier war wie immer auf Draht und projizierte sofort alle relevanten Daten auf das Display vor dem Kommandantenstuhl, auf dem Gonzalez zwischenzeitlich Platz genommen hatte. Kurze Zeit später waren die Kontakte auch auf dem Schirm der Fisher. Es gab keinen Zweifel daran, dass die Kampfgruppe die Redemption noch vor dem Sprungpunkt abfangen würde. Gonzalez schluckte und griff zum Mikrofon:
„Achtung, hier spricht der Captain. Offensichtlich will der Feind uns den Weg verlegen. Wir müssen der Redemption die Flucht ermöglichen. Direkt nach dem Träger werden wir versuchen, den Sprungpunkt zu erreichen...aber unser Überleben steht erst an zweiter Stelle. Ich erwarte von allen, dass sie alles geben und wenn nötig dem Tod ins Auge sehen. Aber ich werde mein Bestes geben, es nicht dazu kommen zu lassen. Alle Mann auf Gefechtsstation!“
Dann drehte er sich um und nickte Turner zu. Dieser aktivierte das Tonbandgerät und dann erklang aus allen Lautsprechern an Bord die Nationalhymne.

Wenige Minuten später machte die Nachhut eine Kurskorrektur und begab sich ihrerseits auf einen Abfangkurs. Gonzalez war klar, dass dies die Chance, dass die Fisher überleben würde, weiter verringern würde, aber er wusste auch, dass die Redemption weitaus wertvoller war, als alles andere in der Flotte. Das Abfangmanöver so kurz vor dem Sprungpunkt bedeutete außerdem, dass die Redemption keine großen Jägerverbände einsetzen konnte, weil dies den Rückzug weiter verzögert hätte. Die Akarii hatten zwei Kreuzer und zwei Zerstörer ausgesandt und Gonzalez fragte sich insgeheim, ob die Nachhut diese Gruppe auch nur aufhalten konnte. Dann eröffneten die Kreuzer der Yankee Klasse das Feuer. Gonzalez erkannte sofort, dass sie sich auf die Suffolk konzentrierten. Der Zerstörer war das einzige Schiff, dass wirklich gefährlich für den Feind war. Die Fregatten waren da eher Störenfriede denn ein wirklicher Gegner. Die Salven der Kreuzer schlugen mit brachialer Gewalt auf die Schuld der Suffolk ein und Gonzalez erkannte, wie Orloff Fahrt wegnehmen lies und gleichzeitig den Zerstörer beidrehen ließ, um solange wie möglich die massive Feuerkraft der Breitseiten einsetzen zu können. Die Sheridan tat es ihr gleich, während Gonzalez eine 180 Grad Drehung vollziehen ließ, um die beschädigte Front zu schützen.

Dann waren die Akarii so nahe heran, dass auch die Zerstörer beider Seiten ihre Waffen einsetzen konnten. Die Schlacht wurde nun richtig brutal, zumal auch die Fregatten sich kurz darauf an dem Gefecht aktiv beteiligen konnten. Doch es war schon nach kurzer Zeit abzusehen, dass die Suffolk, immer noch das Primärziel der Akarii, dem Untergang geweiht war. Die Schilde waren längst Geschichte und überall waren riesige Löcher in der Panzerung. Die Akarii Zerstörer widmeten sich bereits der Sheridan, der auf kurz oder lang ein ähnliches Schicksal drohte.
Gonzalez starrte konzentriert auf das Display und befahl gerade den Abschuss einer neuen Raketensalve auf den nähergelegenen Zerstörer, als O’Keefe, der Position beim Funker bezogen hatte, durch die Brücke rief: “Sir, Funkspruch von der Redemption: Sie haben es geschafft.“
Laute Jubelrufe erklangen auf der Brücke und auch auf den Stationen, die dies mitbekommen hatten. Durch dieses Stimmgewirr musste O’Keefe laut brüllen, um sich erneut vernehmlich zu machen:
„Sir, Meldung von der Suffolk: Wir sollen uns absetzen. O-Ton Orloff: Bewegen Sie ihren Arsch aus diesem System, so schnell Sie können.“
Gonzalez nickte. „Helmsman, Kursnehmen auf den Sprungpunkt, 110 Prozent Schub, wenn uns die Triebwerke nach dem Sprung abrauchen, ist das egal, aber wir müssen aus dem Feuerbereich der Akarii rauskommen.“
Aye Sir!“
„Funk: Senden Sie an die Suffolk: Wir werden Euch nie vergessen!“
Gonzalez sah auf dem Schirm, wie die Fisher sofort ihren Abstand vergrößern konnte. Gerade als die Akarii das Feuer auf die Fisher legen wollten, änderte die Suffolk den Kurs und jagte auf den führenden Kreuzer zu. Für Triple E Gonzalez war sofort klar, was Orloff vor hatte und ihm stiegen Tränen in die Augen, denn er wusste, dass sein Freund alles tat, um ihm und seinen Leuten die Flucht zu ermöglichen. Schnell wischte er sie sich aus dem Gesicht und betrachtete mit Faszination, was nun geschah.
Die Akarii erkannten ebenfalls die Absicht von Orloff, doch es war zu spät. Die Suffolk, die kurz vor dem Auseinanderbrechen war, bohrte sich wie ein Speer in den Yankee Kreuzer. Dieser war zwar noch unbeschädigt, doch weder die Schilde, noch die Panzerung vermochte eine dermaßen hohe kinetische Kraft abzufangen, als die Suffolk mit maximalem Schub in den Kreuzer raste. Die übrigen Akariischiffe mussten ihre enge Formation aufgeben, was auch der Sheridan eine kleine Chance zur Flucht gab. Doch bevor auch sie sich absetzen konnte, explodierte das Haupttriebwerk nach einem Direkttreffer. Eine Minute später war die Sheridan nur noch ein Haufen Schrott.

Der Flug zum Sprungpunkt bedeutete für die Besatzung der Fisher eine Achterbahn der Gefühle. Auf der einen Seite waren sie dem Tod von der Schippe gesprungen, doch andererseits hatten sie Kameraden verloren. Eine Bestandsaufnahme ergab überdies, dass auch die Fisher durch einen Treffer weitere Schäden genommen und zwei Mann verloren hatte. Dreißig Minuten nach dem Gefecht erreichte die Fisher den Sprungpunkt und verließ als letzte terranische Einheit das System.

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Drei Tage später:

Backbordaussichtsdeck T.RS: Redemption:
"Und so erhob ich mich auf den Schwingen der Gerechtigkeit und flog durch den Himmel, bis hinauf ans Firmament. Dort soll mein Stern strahlen. Wachen und den Weg zum Sieg weisen."
Lucas pausierte kurz: "Wir haben uns hier zusammengefunden. um uns von unseren gefallenen Kameraden zu verabschieden und ihre Namen ins Buch der Geschichte einzumeißeln. Sie waren keine Fürstensöhne oder -töchter aus alten Sagen, die nur dazu erzogen wurden, um dem Bösen zu trotzen.
Einfache Menschen waren sie. Mit Stärken und Schwächen. Mit Sorgen und Hoffnungen. Im Angesicht des Krieges sind sie weit über sich herausgewachsen und haben Wunderdinge vollbracht. Ihr Mut und ihre Aufopferungsbereitschaft sollen uns Vorbild für die kommenden Tage sein.
Hiermit übergeben wir Dir, Universum, unser aller Herr, die sterblichen Überreste unserer Kameraden:"
Eine einzelne, künstliche Trompete schallte aus allen Lautsprechern an Bord.
"GANZE Abteilung rechts UM!" Befahl ein CPO. "SaluTIERT!"

CIC T.R.S. Redemption
Lieutenant Thaddeus Bremer stand vor der Waffenleitkonsole: "CIC an Oberdeckartilleriegeschütz Nummer Eins: 45 Grad Drehung nach Backbord.. Geschützwinkel 20 Grad heben. Fertigmachen für Doppelsalut."
"Oberdeckartillerie Nummer Eins für CIC: Bereit zum Salut schießen!"

Backbordaussichtsdeck T.RS: Redemption:
"Allan, Marcus." Mit einem lauten WUMP wurde der dosenförmige Sarg ins All geschleudert.

CIC T.R:S Redemption:
"FEUER!"
Zwei grellgrüne Laserlanzen schossen in die Tiefe des Alls davon.

Backbordaussichtsdeck T.RS: Redemption:
"Brown, Maxine"
WUMP!

CIC T.R:S Redemption:
"FEUER!"

Backbordaussichtsdeck T.RS: Redemption:
"Burr, Nelson!"
WUMP!

CIC T.R:S Redemption:
"FEUER!"

Backbordaussichtsdeck T.RS: Redemption:
"..........!"
WUMP!

CIC T.R:S Redemption:
"FEUER!"

Backbordaussichtsdeck T.RS: Redemption:
"............!"
WUMP!

CIC T.R:S Redemption:
"FEUER!"

Backbordaussichtsdeck T.RS: Redemption:
"..........!"
WUMP!

CIC T.R:S Redemption:
"FEUER!"

Backbordassichtsdeck T.RS: Redemption:
"Zander, Jakob!"
WUMP!

CIC T.R:S Redemption:
"FEUER!"

Backbordeassichtsdeck T.RS: Redemption:
Mit dem letzten gefallenen Piloten verklang das Horn. Wieder bellte der CPO seine Befehle: "Ganze Abteilung ACHTUNG! Ganze Abteilung wegGETRETEN!"
Langsam zerstreuten sich die Piloten. Lucas blickte hinaus in die Ferne, wo jetzt etliche kleine Dosen schwebten. Jede mit einem Namen und einer Dienstnummer versehen. Alle enthielten sie nur eine Ausgabe des Verwundeten Löwen in Gold. Eine zweite Ausgabe dieses Ordens würde mitsamt dem Banner der Republik ihren nächsten Angehörigen übergeben werden. Von einer dankbaren Nation.
Schließlich riss er sich von dem Ausblick los und verließ das "Aussichtsdeck".

*************************************************************

Etwa zur gleichen Zeit auf Terra

Terranischer Senat, Unterausschuss für Navy-Angelegenheiten

Der Vorsitzende des Unterausschusses kam in die Kammer, in der sich bereits seine Kollegen befanden und erregt diskutierten. Als Senator Vandenberg auf sein erhöhtes Podest betrat und sich auf den Polsterstuhl setzte, fingen einige der Senatoren an, auch gegen ihn zu wettern. Erst zwei Schläge gegen die Glocke brachten Ruhe in den Raum. Vandenberg, ein Mittsiebziger, der erst langsam ergraut war, lies seinen wohlklingenden Tenor erklingen und erhielt sofort die Aufmerksamkeit des Ausschusses.
„Werte Kollegen und Kolleginnen, ich danke Ihnen, dass Sie zu dieser außerordentlichen Sitzung gekommen. Ich erinnere Sie daran, dass alles, was hier besprochen wird, der strengsten Geheimhaltung unterliegt, und dass ein Verstoß hiergegen aufgrund der Tatsache, dass wir uns im Kriegszustand befinden, eine Freiheitsstrafe von mindestens 40 Jahren, im besonders schweren Falle sogar die Verhängung der Todesstrafe nach sich ziehen kann.“
Nach dieser Einführung verebbten auch die letzten geflüsterten Gespräche.
„Es geht heute, wie Sie alle wissen, um das Projekt mit der Nummer 4923 Strich 34, besser bekannt als die Dauntless Klasse. In der letzten Sitzung hat sich die Mehrheit des Ausschusses für ein Moratorium des Projektes ausgesprochen, um eine Umrüstung der Dauntless und seines Schwesterschiffes, der Daring.
Ich habe diese Sitzung einberufen, weil es meines Erachtens nach eine entscheidende Änderung der Situation gegeben hat. Die fast vollständige Zerstörung der Kampfgruppe um die Redemption, über die Sie gestern gebrieft wurden, zeigt, dass das Projekt seine Berechtigung hat, ja sogar lebensnotwendig für unsere Trägerkampfgruppen ist. Die konventionellen Eskorten haben bei der Bomberabwehr jämmerlich versagt.“
„Verehrter Vorsitzender, wir alle wissen doch, warum Sie so auf die Durchsetzung dieses Projektes dringen. Die Dauntless wird von Bangor Heavy Industries gefertigt, einem Unternehmen, dass einer der größten Geldgeber für Ihren Wahlkampf ist.“, giftete Senatorin Hanning.
Vandenberg stöhnte innerlich, maskierte dies aber mit dem Pokerface, das ihn in der politischen Arena so gefürchtet machte.
„Frau Kollegin, Sie wollen doch nicht etwa unterstellen, ich sei bestechlich.“
„Der militärische Wert dieses Ungetüms ist doch höchst zweifelhaft. Was wir brauchen sind mehr Träger.“, warf Senator Olsen ein. Einige Kollegen aus seinem politischen Dunstkreis stimmten lautstark zu.
,Typisch Pilot' dachte Vandenberg. ,Nun denn, jetzt werden wir sehen, ob Senator Gutierez Wort hält.'

Als hätte Bruno Augusto Gutierez diesen Gedanken gelesen, stand er auf und sein tiefer Bass dröhnte durch den Raum: “Werte Damen, werte Herren, wir wollen doch die Form wahren. Die Navy braucht Mittel, um den Akarii Bombern Herr zu werden. Die Dauntless ist ein solches Mittel.“
Jetzt wurde es richtig still im Raum. Gutierez war bisher immer ein Gegner des Kreuzers gewesen sind, und sein plötzlicher Seitenwechsel lies auf einmal die Mehrheit für den Kreuzer als möglich erscheinen. Denn hinter Gutierez stand ein Block von Senatoren, der nicht unerheblich für die Verhältnisse im Ausschuss war. Alle warteten jetzt auf den Preis, den Vandenberg hatte zahlen müssen, die Frage war nur, ob er jetzt schon bekannt würde, oder ob man es erst später merken würde. Ersteres war der Fall.
„Senator Gutierez hat den bemerkenswerten Vorschlag gemacht, die Dauntless mit dem neuen SM2 System auszustatten....“ Vandenberg konnte seinen Satz nicht beenden, weil Hanning ihm ins Wort fiel:
„Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Die SM2 ist noch zwei bis drei Jahre von der Serienreife entfernt, wie wir noch vor zwei Monaten hören konnten. Die Fehlerraten sind enorm, das System ist absolut unsicher und eine Gefahr für jeden, der es bedienen muss.“
„Frau Kollegin, ich muss doch sehr bitten. Auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, so sollten wir doch die Geflogenheiten der Zivilisation beachten. Das SM2 System hat, wie mir der Entwicklungsleiter, Captain Vanson noch gestern versicherte, erhebliche Fortschritte gemacht. Sicher, es ist noch nicht frei von Kinderkrankheiten, aber wollen wir die Dauntless bauen lassen und dann nach zwei Jahren eine Generalüberholung vornehmen müssen, weil die System veraltet sind. Wir alle wissen doch, dass das SM2 System das SAM System der Zukunft ist. Wenn sich die Dauntless bewährt, haben wir ein integriertes Flugabwehrsystem, das in der Lage ist, die Fliegerabwehr für einen kompletten Trägerverband zu koordinieren und außerdem feindliche Verbände bereits im Anflug massiv zu dezimieren. Außerdem ist die Dauntless im offensiven Bereich als Fliegerleitstand zu gebrauchen, stellen Sie sich nur mal vor, was ein Fliegerverband, der von so einem Kreuzer unterstützt wird, an Kampfkraft gewinnt.“
„Die Argumente sind doch alle bekannt, Herr Vorsitzender. Aber ein Jägerverband ist doch viel vielseitiger einsetzbar und ein solcher Verband benötigt Träger. Außerdem stimme ich der Kollegin zu, wenn Sie anmerkt, dass das SM2 System nicht einsatzfähig ist.“ Olsen gab noch nicht auf.

Eine Stunde später kam es schließlich zur Abstimmung. Wie der alte Fuchs Vandenberg es vorhergesehen hatte, erhielt das Projekt die finale Zustimmung. Seinen Wahlkreis würde es freuen.

***************************************************************

Die Schlacht mochte für Piloten und Schiffscrew vorbei sein - für Dr. Hamlin hatte sie gerade begonnen.
Denn jetzt kam die Nachsorge. Der Beschuss durch schwere Raumraketen hatte die Redemption nicht vernichtet, aber erhebliche Bordschäden verursacht - und damit auch zahlreiche Verletzungen.
Und es würde noch schlimmer kommen. Er hatte wenig Zeit gehabt, sich um den Verlauf des Kampfes zu kümmern, aber er hatte doch von dem Verlust weiterer Kampfschiffe gehört. SOLLTE es Überlebende geben, so würden viele verletzt sein... .
Inzwischen war die Krankenstation, nach Navy-Richtlinien angelegt, also viel zu klein, schon mit den Resten des Raumgefechts angefüllt: Brüche, offene Wunden, Verbrennungen... .
Dr. Hamlin schaltete innerlich ab, blendete die Schreie und das Wimmern der Verletzten aus und arbeitete verbissen. Deshalb stutzte er eher wegen der Tatsache, dass der nächste Fall eine Pilotenkombination trug, als weil er das Gesicht erkannt hatte: Piloten, so eine (nicht ganz richtige) Regel kamen im allgemeinen gesund zurück - oder gar nicht.
Als er dem Piloten ins Gesicht blickte, während eine Schwester den Anzug freischnitt, erkannte er den jungen Mann - und Dr. Hamlin fühlte, wie eine Art kalte Wut in ihm hochstieg. 'Ich flicke ihn zusammen, stell ihn vorzeitig kv - und bitte, er wird wieder zusammengeschossen! Zum Teufel mit diesen Idioten!'
Am liebsten hätte er den Lieutenant oder den Geschwaderchef - am besten alle beide - geohrfeigt. 'Soldaten!'
Ungeachtet dessen arbeitete er konzentriert und untersuchte die Wunde: 'Keine wichtigen Adern verletzt gut. Kein Knochen beschädigt.' Aber der Schultermuskel war regelrecht in Streifen geschnitten worden und die hässliche Wunde zusätzlich mit Metall- und Kunststoffsplittern gespickt. 'Der hatte vielleicht ein Glück! Ein paar Zentimeter weiter oben Links - und es hätte sauber die Halsschlagader erwischt.' Dr. Hamlin dachte an den Verband, den der Pilot sich angelegt hatte und schnaubte: 'Der hätte ihm dann auch nichts genützt!'
Dazu hatte der Lieutenant ziemlich viel Blut verloren - zweifelsohne ein Beweis für die Sorgfalt, die die Navy bei ihren Erste-Hilfe-Kursen bewies. 'Piloten sollen fliegen und töten - und alles weitere ist unwichtig!'
"Betäuben! Und beeilen Sie sich, wir haben noch viel zu tun!"

**********************************************************************

Auf dem Rückzug

Ina blickte in den Spiegel. Das Gesicht, das ihr entgegensah, hatte sich in den letzten Tagen gewandelt. Es war ernster geworden. Die spöttische Fröhlichkeit war durch eine gewisse Bitterkeit gedämpft worden. Sicher – es waren nicht nur die verhärmten Gesichtszüge einer Veteranin. Aber der Krieg hatte seine Spuren hinterlassen. Sie war sich dessen bewusst, auch, dass sie nicht mehr so viel lachte wie früher. Aber sie war immer noch die alte – mehr oder weniger. Vielleicht etwas verhärtet, etwas stiller geworden.
Sie seufzte leise. Wenigstens hatte sie diese Nacht durchschlafen können. Liljas Medizin schien zu helfen, auch wenn die Russin ihr gesagt hatte, das sei keine Dauerlösung. Ihr fröstelte. Es waren immer dieselben Träume. Wieder wurde sie gejagt, musste mit ansehen, wie ihre Kameraden getötet wurden. Die Akariijäger hinter ihr, erbarmungslos. Und diesmal kam Lilja nicht, um sie zu retten. Diesmal wurde sie zu Tode gehetzt, ihr Jäger in Fetzen geschossen, bis die grausame, dunkle Kälte des Weltraums über sie hereinbrach, eine tödliche Flut, vor der es kein Entrinnen gab. Auf ewig gefangen in der Leere zwischen den Sternen, ohne Grab und Namen. Sie schüttelte den Kopf. Sie DURFTE sich nicht verrückt machen! Wieder rief sie sich in Erinnerung, dass die Akarii tot waren, die sie angegriffen hatten. Sie selber hatte den einen getötet – nicht einfach nur besiegt, sondern regelrecht hingerichtet. Manchmal machte ihr das Gefühl der Erleichterung bei diesem Gedanken selber Angst. Dann aber erinnerte sie sich, wie die Feinde sie gejagt hatten. Sie hatten es verdient gehabt! Und sie würde weiterfliegen, während jene das selbe Schicksal gefunden hatten, dass sie ihr bereiteten wollten.

Sie wusste, dass sie es so gut – relativ gut – überstanden hatte, verdankte sie vor allem ihrer Zimmergenossin. Lilja verstand sie, wusste aus eigener Erfahrung, wie es um sie stand. Und sie war deshalb besser geeignet, ihr zu helfen, als ein Psychologe oder gar der Pfaffe. Sie hatte ähnliches erlebt. Und sie war immer da, wenn Ina sie brauchte. Manchmal wunderte sie sich, wie die gefühllose „Eisprinzessin“ derart mitfühlend seien konnte. Andererseits – so rücksichtsvoll war sie wohl nur zu wenigen. Und vielleicht hoffte sie auch, sich selber zu helfen, indem sie Ina beistand. Wie dem auch sei – ohne die Russin hätte es Ina wesentlich schwerer gehabt. So war sie inzwischen wieder einsatzbereit. Auch eine Strategie, die sie Lilja gelehrt hatte – wenn dich etwas oder jemand verletzt, schlage zurück und verkriech dich nicht, um deine Wunden zu lecken! Wenn du Schwäche zeigst, werden sie nie von dir ablassen. Du musst stärker als sie sein. Härter, schneller, tödlicher. Und das befolgte sie. Sicher – sie war kein Ebenbild von Lilja, und wollte das auch nicht werden. Aber sie HATTE sich verändert. Ob zu ihrem Besten, das blieb abzuwarten.

Ein Räuspern ließ sie sich umdrehen. Lilja lehnte am Türrahmen der Nasszelle. Ina grinste schief, um zu sagen: ‚Alles in Ordnung.‘ und nach einer Sekunde erwiderte die Russin das Lächeln. „Bereit?“ fragte sie. Ina nickte. Beide machten sich auf den Weg zur Krankenstation.

Dort war es in den letzten Tagen zu einigen erbitterten Gefechten gekommen. Auf der einen Seite Lightning und ihre Bande von staatlich lizenzierten Totschlägern, auf der anderen das ärztliche Personal. Am Ende hatte der höhere Rang der Staffelchefin des Ausschlag gegeben. Der leitende Arzt und einige der Schwestern grollten immer noch, was die Piloten freilich wenig anfocht. Lightning hatte ihren Willen durchgesetzt, mehr oder weniger auf der ganzen Linie. Es brachte eben doch etwas, wenn man ein paar Rangabzeichen mehr hatte. Zumal mochten nur wenige Offiziere das medizinische Personal, denn es gab oft sehr unterschiedliche Ansichten, wann wer wie diensttauglich war. Und die primadonnenhafte Haltung einiger Ärzte, die in jeder Verletzung eine persönliche Beleidigung sahen, kam sowieso nicht gut bei denen an, die nun einmal einen Job hatten, bei dem es darum ging, dass Leute verletzt und getötete wurden – wenn auch möglichst die anderen. Deshalb zeigten die Gesichter der Angehörigen der Staffel eine gewisse Schadenfreude, als sie sich im Eingangsbereich versammelten.

Lightning spürte eine gewisse Erleichterung, als sie die Männer und Frauen unter ihrem Kommando musterte: ‚Es ist gut, dass sie noch so etwas wie Freude empfinden können – jetzt. Ich war mir da gar nicht sicher. Aber vielleicht ist das die beste Art, darüber hinwegzukommen.‘ Ihre Staffel hatte in einem einzigen Einsatz die selben Verluste erlitten wie während der ganzen letzten Operation. Und diesmal waren alle drei abgeschossenen Piloten gefallen. So etwas zehrte am Einsatzgeist jeder Einheit. Sie war deshalb froh, einen Grund gefunden zu haben, ihre Untergebenen abzulenken, damit sie nicht allein mit der Erinnerung an die gnadenlosen Kämpfe blieben. „Also dann, Ladys und Gentleman – die Show beginnt! Und wer seinen Einsatz vermasselt, darf zehn Strafwachen schieben!“

Kano lag in seinem Zimmer. Die Schulter schmerzte immer noch. Auch wenn er stolz auf seine Abschüsse war, so machte er sich Vorwürfe, dass er schon wieder verletzt worden war. Jetzt war er wieder der Willkür der „Fleischer“ ausgeliefert, die nicht eben glücklich waren, ihn schon wieder unter ihre Fittiche nehmen zu dürfen, zumal sie ja genug zu tun hatten. Er musste ein Grinsen unterdrücken. Nun, in gewisser Weise konnte er das vielleicht als eine Art Sühne betrachten. Vor allem – er hatte es überlebt. Und wieder zwei Feinde besiegt. Dazu kam, dass es Kali gut zu gehen schien. Keine Selbstverständlichkeit. Beim Gedanken, dass ihr etwas zustoßen könnte, verspürte er mehr Angst als um sein eigenes Leben. War das selbstsüchtig? Er wusste es nicht.
Nun, augenblicklich blieb ihm nicht viel mehr, als den kami zu danken, so lange ihn das Personal nicht mit irgendwelchen Vorträgen bedachte. Der Doktor war in der Hinsicht recht eindeutig gewesen, was den schlechten Gebrauch anging, den er von seiner Gesundheit machte.

In diesem Augenblick flog die Tür auf. Das Bild an sich war schon recht absonderlich – eine lächelnde Lilja. Und dies war nicht ihr übliches „und der Haifisch, der hat Zähne“-Grinsen, das sie für Ace und Kali reserviert hatte, sowie für alle, die sie verärgerten, etwa indem sie bei der Essensausgabe in der Reihe vor ihr standen. Nein, ein ehrliches, aufrichtiges Lächeln. Und dahinter kamen die anderen – die Leute der Staffel. Sie alle trugen Galauniform mit allen Abzeichen. Ehe er sich noch richtig fragen konnte, was zum Teufel das sollte, nahm die Abteilung Aufstellung. Lightning salutierte grinsend vor ihm, dann nickte sie den anderen zu. Und die Soldaten begannen zu singen: „Happy birthday to you...“ Er spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Natürlich – angesichts von Operationen, überstandenen Kämpfen und dem verrückten Tag-Nacht-Rhythmus an Bord des Trägers hatte ihn seinen eigenen Geburtstag fast vergessen lassen. Außerdem – DAMIT hatte er bestimmt nicht gerechnet.
Dann war das Lied vorüber – zum Glück, und es ging an Gratulationen. Was nicht viel besser war. Ein Schulterklopfen war ja noch in Ordnung. Aber dass Ina, Lilja und Lightning ihm jede einen Kuss gaben, war etwas anderes. Zumal die anderen Piloten grinsend dabeistanden. Er war froh, als er es überstanden hatte.

Lightning lächelte ihm zu: „Also Second Lieutenant, Herzlichen Glückwunsch. Sie scheinen ja die Krankenstation so ungemein liebgewonnen zu haben, dass Sie sie zu Ihrem Dauerdomizil auserkoren haben. Deshalb hat es uns ein paar Nahkämpfe gekostet, das hier durchzudrücken. Ich hoffe, Sie wissen das zu würdigen. Lassen Sie mich sagen, dass ich froh bin, einen Piloten wie Sie in der Staffel zu haben. Auch wenn Sie das Landen nach einer Mission und die pflegliche Behandlung des Ihnen anvertrauten Regierungseigentums erst noch üben müssen. Aber ich denke, Sie haben sich als unzweifelhaft begabter Abriss-Spezialist für Akariimaschinen erwiesen. Ich bin sicher, Sie werden bald Ihren fünften Abschuss erringen, und dass Ihre Eltern stolz auf Sie sind. Da die leider heute nicht hier seien können, wollen wir Ihnen Gesellschaft leisten.“ Sie holte ein Paket hervor: „Von der Staffel.“ Dann gab sie einen knappen Befehl, und Lilja verschwand, um kurz darauf mit einer Torte wieder aufzutauchen, auf der sogar zwanzig Kerzen brannten – zweifellos trug sich die medizinische Abteilung deswegen mit Mordplänen. „Na, dann machen Sie mal.“

Kano kam seiner „Pflicht“ – dem Auspusten der Kerzen – gehorsam nach. Dann wickelte er das Paket aus. Es war – heutzutage nicht eben gewöhnlich – ein richtiges Buch. „Saburo Sakai und Hiroyashi Nishizawa– Samurai der Lüfte“. Eine Biographie der bekannten japanischen Kampfflieger. Mochte der Himmel wissen, wie sie daran gekommen waren. Kano spürte, wie er wieder rot wurde. Die anderen platzierten sich um ihn, dann wurde die Torte aufgeteilt. Das einzige, was er bedauerte, war, dass Kali nicht da war. Andererseits – dies war eine Feier SEINER Staffel, der Männer und Frauen, die mit ihm flogen und kämpften. Er verstand ihren Wunsch, ihren Respekt vor ihm als Kamerad zu zeigen, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Kampfgefährten. Dies war die Gemeinschaft, von der er geträumt hatte während der Ausbildung. Und er gehörte nun dazu.

Als die Feier endete waren alle mehr oder weniger müde. Sie hatten gemeinsam gesungen, Geschichten ausgetauscht. So waren sie sich ein Stück näher gekommen, schlossen die Reihen, um des Gefühl der Leere zu überspielen, das der Tod ihrer drei Kameraden hinterlassen hatte. Es war auch eine Selbstversicherung, dass sie noch lebten.

Lightning saß in ihrer Kabine. Sie hatte es bisher vor sich hergeschoben, aber bis der Träger bei der Perseusstation angekommen war, musste es erledigt werden. Sie war froh, dass die Staffel an den Verlusten nicht zerbrochen war. Aber die Verantwortung blieb. Sie begann, die ersten Worte zu tippen.

,Werte Familie Chao

Ich habe die traurige Pflicht, Sie vom Tode Ihres Sohnes Kim in Kenntnis zu setzen. Bei einer Auseinandersetzung mit Streitkräften der imperialen Marine der Akarii wurde seine Maschine abgeschossen. Er war sofort tot. Worte können das Leid und die Trauer, die Sie empfinden, kaum lindern. Ich möchte aber, dass Sie wissen, dass Ihr Sohn ein vorbildlicher Soldat war, und mehr als das. Er war auch ein guter Kamerad, und sein Tod hinterlässt auch bei uns eine Lücke, die wir schmerzhaft empfinden. Es wird Sie kaum trösten, aber Sie sind nicht allein mit Ihrer Trauer. Ich schreibe Ihnen, weil Ihr Sohn unter meinem Kommando diente und fiel. Ich bitte Sie nicht um Verzeihung. Jeder Tote ist Zeugnis des Versagens seines Vorgesetzten. Aber wir befinden uns im Krieg gegen einen unmenschlichen und grausamen Gegner, der die Republik mitten im Frieden überfallen hat. Einem solchen Feind muss man sich entgegenstellen, und Ihr Sohn gehörte zu denen, die dieser Aufgabe ihr Leben gewidmet haben. Damit die Menschen in Frieden leben können, ohne Angst vor den Gegner der Republik. Es wird immer solche Feinde geben – aber immer auch Soldaten wie Ihren Sohn. Mit ihrer Bereitschaft zum Kampf ermöglichen sie uns erst, in Frieden zu leben. Und ich weiß, dass man ihr Opfer nie vergessen wird.
Dies mag für Sie nur ein geringer Trost sein. Sie empfinden vor allem den Verlust. Ich will nicht behaupten, dass solche Opfer ehrenvoll und gut sind. Es sind Opfer, die uns der Feind aufzwingt, und die wir bringen müssen, um uns das Recht einer Zukunft zu erkämpfen, die der Gegner uns verweigern will. Ihr Sohn hatte diese selbstlosen Aufgabe zu der seinen gemacht. Auch wenn ich ihn nicht so gut gekannt habe wie Sie, so erfüllt es mich doch mit Stolz, solche Soldaten wie ihn führen zu dürfen. Ich kann Ihnen nur mein Mitleid versichern. Ich hoffe, Sie denken an ihn als einen Helden der Republik. Denn dies war er, auch wenn sein Name vielleicht nicht in den Geschichtsbüchern erscheint. Denn jeder, der seiner Heimat dient und sie verteidigt, wie es Ihr Sohn tat, ist ein Held.

Lieutenant-Commander Diane Parker.'

Sie schüttelte den Kopf. Wie leicht ihr doch diese Floskeln von den Lippen gingen! Glaubte sie etwa, damit das Leid mindern zu können? War dies nur ein Versuch, ihr Gewissen zu beruhigen? Solche Worte waren zuwenig, um über den Tod eines geliebten Menschen hinwegzutrösten. Aber dennoch, sie schuldete den Eltern des jungen Piloten diese Worte, auch wenn sie zuwenig waren. Sie durfte es nicht zur Gewohnheit werden lassen. So lange es sie schmerzte, so einen Brief zu schreiben, so lange war es nicht Normalität. Versuchte sie den Eltern zu helfen – oder sich selbst? Sie wusste es nicht. In wenigen Wochen würde die Familie es erfahren. Vielleicht mochten ihre Worten helfen, dem Tode des Sohnes einen Sinn zu geben. Sie verspürte beinahe Übelkeit bei dem Gedanken, wie sie die Sterbenachricht gleichermaßen in Geschenkpapier einhüllte, damit es leichter fiel, sie zu übergeben. Aber mehr konnte sie nicht tun.

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Norr Wilko stand ganz hinten im Geschwaderbesprechungsraum und beobachtete wie Duv Ren ans Pult herantrat: "Guten Abend werte Krieger und Kriegerinnen des akariischen Sternenimperiums. Willkommen zu unserem heutigen Kurs: Wie koche ich einen Menschen"
Kurzes Gelächter stieg aus der Masse auf und auch Norr musste leicht schmunzeln.
"Oh, entschuldigen Sie werte Hochwohlgeborenen, es ist ja der Kurs: Wie töte ich einen Menschen" Dann grinste der kleine Kerl und murmelte halblaut: "Erst töten, dann kochen."
Erneut lachten die Piloten von Norrs Geschwader, den Sternenvögeln von Eslan.
Duv bediente einige Knöpfe auf dem Pult und auf dem Wandschirm liefen Bilder von terranischen Manövern ab: "Wir werden jetzt gemeinsam die Manöver, ihre Effektivität, wann sie eingesetzt werden und wie man am besten darauf reagiert diskutieren."
Neben Norr schnaufte jemand. Als er sich umdrehte blickte ihm Lay Rian in die Augen: "Entweder wird dieser junge Mann eines unser größten Asse oder er wird sehr bald tot im All treiben."
Sie wandten sich wieder dem Podium zu.

Die nächsten drei Stunden ging Duv so ziemlich jedes feindliche Manöver durch. Schrie das ein oder andere mal einen Piloten oder eine Pilotin zusammen, weil er oder sie zu konventionell dachte. Ohne Rücksicht auf Rang und Stand.
Schließlich löste sich die Arbeitsgruppe auf, doch Lay befahl erst Norr zu warten und stoppte Duv beim Verlassen des Raumes. "Nun junger Mann, Sie scheinen einige recht revolutionäre Anschichte zu haben", begann die Admiralin.
Zu Norrs großer Freude und auch Überraschung verneigte sich der Pilot mit allem Respekt: "Nur dadurch, dass wir alles durchgehen, durchdenken und in Frage stellen können wir Verbesserungen in unseren Taktiken und Gegenmaßnahmen erlangen."
Lay nickte: "Sehr schön Commander, Sie werden als stellvertretender Kommandant des Geschwaders fungieren."
Duv straffte sich noch mehr: "Ich danke Ihnen vielmals Mylady. Ich werde diese Funktion mit aller mir zur Verfügung stehenden Macht erfüllen."
Die Admiralin wandte sich an Norr: "Weisen Sie den Commander ein." Damit ging sie.
Norr reichte dem jüngeren Mann die Hand: "Glückwunsch, ich werde Ihnen sämtlich Daten zukommen lassen, ich hoffe auf gute Zusammenarbeit."
Duv nickte enthusiastisch.

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Murphy war niedergeschlagen. Insgesamt waren drei Piloten im Kampf gefallen, zwei weitere, Tank, der seine beschädigte Maschine nach Hause geflogen hatte und Goose, der mit dem Schleudersitz ausgestiegen waren, waren vorerst auf der Krankenstation. Tank hatte auf dem Rückflug noch mehrere Angriffe überstehen müssen und dabei einen Cockpittreffer kassiert hatte, war haarscharf dem Tod entronnen. Goose hatte das Glück gehabt, sehr schnell von einem SAR Shuttle aufgelesen worden zu sein, trotzdem hatte er Erfrierungen erlitten, weil das Cockpitmodul aus ungeklärten Gründen nicht die Notbeheizung aktiviert hatte. Immerhin würden beide wieder rechtzeitig für den Landurlaub auf Perseus auf den Beinen sein. Außerdem hatte Murphy erfahren, dass ein Teil seiner Staffel auf die Galileo versetzt werden würde, insgesamt würde nur Thunder, Tank und Goose mit seinem Wingman Brawler sowie Snake-Bite bleiben. Murphy hatte keine Erklärung für diese Aktion der Lamettaträger, es behagte ihm jedenfalls nicht, die Staffel komplett neu aufzubauen. Aber offensichtlich dachten einige Schreibtischpiloten, zwei halbe erfahrene Staffeln seien besser als eine ganze. Die Sache wurde nicht grad besser dadurch, dass er Snake-Bite wohl oder übel das Kommando über Flight 3 geben musste, weil sie eindeutig die beste Pilotin mit dem meisten taktischen Verständnis war, die hierfür zur Verfügung stand. Das bedeutete für Murphy, dass er wieder einen neuen Wingman anlernen musste. Nicht einmal die Akten der Neuen hatte man ihm zugesandt und er ahnte, dass er einen Haufen Frischlinge ohne jede Erfahrung zugeteilt bekommen würde.
Er verließ sein Büro und ging in den Bereitschaftsraum, wo sich die Staffel bereits versammelt hatte. Die drei leeren Plätze versetzen Martell erneut einen tiefen Stich. Aber er hatte sich geschworen, diesmal nicht in ein tiefes Loch zu fallen, und wenn er den ganzen Landurlaub dazu aufwenden würde, bei Verstand zu bleiben.
„Danke, dass Sie gekommen seid. Sie haben ja bereits, soweit Sie davon betroffen seid, die Versetzungsorder bekommen. Ich weiß, dass es seltsam erscheint, die Staffel so auseinanderzureißen. Soweit ich es gesehen habe, werden Sie auf die Galileo versetzt. Jedenfalls habe ich bereits mit Perseus kommuniziert und im „4 Wires“ eine Party arrangieren lassen.“
Die Staffelmitglieder jubelten verhalten.
„Unser letzter Einsatz war sehr fordernd, und wir haben Kameraden verloren, die mit uns im Kampf für unsere Rasse standen. Aber wir wollen auf dieser Party nicht an diese bedrückenden Ereignisse denken, sondern im Kreise von Freunden feiern, dass wir noch leben. Das Bier geht übrigens auf meine Rechnung.“ Murphy grinste, als der Jubel diesmal lauter war.
„Ich will jetzt keine Abschiedsrede halten, dafür wird auf der Feier noch Zeit sein. Aber ich will sagen, dass ich stolz auf das bin, was wir Jaguars geschafft haben, nämlich als Einheit dem Feind die Stirn zu bieten und zusammen die Sache durchzustehen. Denken Sie daran, was Sie hier gelernt haben und tragen Sie den Geist der Jaguars zu Ihren neuen Einheiten.“ Martell pausierte kurz und sah sich um. Offensichtlich vertrugen die jüngeren Leute die Torturen wirklich besser als ein alter Knochen wie er. Jedenfalls sah man ihnen die Anstrengungen der letzten Wochen nicht so sehr an, wie ihm selbst.
„OK, nun zum Tagesgeschäft. Patrouillen werden ja nur noch im reduzierten Umfang geflogen, so dass wir das ohne Probleme hinbekommen werden. Thunder wird gleich den Aushang hierfür machen. Außerdem muss natürlich auch der Bürokram weiter erledigt werden. Es wäre schön wenn alles fertig ist, wenn wir in Perseus anlegen. Daher folgender Plan: Brawler, Sie werden sich mit der Instandsetzung kurzschließen und alles, was da zu tun ist, erledigen. Wenn alles fertig ist, erstatten Sie bitte kurz Bericht.“
Tüncay nickte.
„Snake-Bite, dito, nur dass Sie sich mit dem Nachschub befassen. Die Erbsenzähler sind sehr pingelig, seien Sie also so sorgfältig, wie Sie fliegen.“
Bahrani grinste angesichts dieses Komplimentes.
Murphy wies auch den anderen Staffelmitgliedern mit Ausnahme von Thunder Aufgaben zu, dann beendete er das Meeting. Shukova blieb noch und zusammen besprachen sie noch einige organisatorische Details. Dann gingen sie zusammen in die Messe, wo sie Midori Yamashita trafen, die vor ihnen in der Schlange stand.
„Ah, Frau Anwältin, was macht die Kunst.“ Murphy lächelte.
„Ah, hallo Jack.“
„Midori, Sie kennen Thunder, meinen XO?“
„Ja, hallo Valeria.”
“Mahlzeit,” erwiderte Shukova.
„Um die Frage zu beantworten, momentan ist alles friedlich. Seitdem es auf Troffen rundging, haben sich die Probleme in Grenzen gehalten, wie meistens, wenn es ernst wird. Richtig stressig dürfte es erst wieder auf Perseus werden, wenn ich meine Pappenheimer richtig einschätze.“
„Des einen Freud, des anderen Leid.“
„So sieht es aus. Wie geht es Ihren verletzten Piloten?“
„Die liegen noch auf der Krankenstation, werden aber wohl bald entlassen. Goose hatte nur einige Erfrierungen, nichts was heutige Medizin nicht schnell heilen kann und Tank hat sich ein paar Rippen gebrochen, als eine Strebe in seinem Cockpit nach innen gedrückt wurde. Wäre die Rakete ein wenig näher am Flieger explodiert, hätte ich noch einen Piloten weniger.“
„Ich kann es mir gut vorstellen. War es wirklich so eng, wie es einige behaupten? Als JAG habe ich ja leider keinen Zugang zu den Gefechtsständen.“
Murphy wurde ernst: “Es war sehr eng. Hätten die Akarii länger durchgehalten oder eine weitere Bomberstaffel gehabt, wäre die Redemption Geschichte....und der Kreuzerverband, den die Suffolk aufgehalten hat, hätte uns ebenfalls vernichten können, so angeschlagen wie wir waren.“
„Davon habe ich gehört. Ich habe beim letzten Urlaub auf Perseus den Kommandanten der „Admiral Fisher“ kennengelernt, der mir das Gefecht geschildert hat. Die Fisher ist ja selbst nur knapp entkommen. Haben Sie schon was darüber erfahren, wie der Krieg generell läuft? Wenn man Troffen als Anhaltspunkt nimmt, dann sieht man jedenfalls, dass er sehr heftig geführt wird.“
Das Gespräch wurde kurz durch die Essensausgabe unterbrochen, dann begaben sich die drei Offiziere zu einem leeren Tisch und begannen zu essen. Nach einer Weile griff Murphy den Gesprächsfaden wieder auf.
„Ich habe leider bis jetzt auch nicht viel gehört, aber ich kann mir nicht denken, dass er so schnell beendet ist. Die Akarii haben jedenfalls gezeigt, dass sie sehr hart zuschlagen können....und was wir mit Troffen gemacht haben....“, Murphy verfiel in Schweigen.
Midori schaute Valeria fragend an. „Martell hat den Post Strike Aufklärer geflogen...ich habe nur die Bilder gesehen, und das war schon schlimm...ich möchte nicht wissen, wie es gewesen sein muss, dies durch das Cockpitfenster zu sehen.“
Der JAG Offizier nickte. Ihr selbst behagte die Aktion auch nicht, aber sie hatte bereits einmal bei einer vergleichsweise kleinen Sache massiven Druck von oben bekommen. Sie rechnete insgeheim damit, von der Redemption abgezogen und in einen abgelegenen Standort verlegt zu werden. Schweigend beendeten die drei Soldaten ihre Mahlzeit, dann gingen sie wieder zurück zu ihren Büros.

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Nun gibt es kein Zurück mehr, schoss es mir durch den Kopf, als sich meine Rechte zur Faust ballte und niederfuhr. Die Zeit dehnte sich, meine Bewegung erschien mir wie in Zeitlupe abzulaufen. Meine Faust fuhr herab, herab, und schlug hart auf der Metalloberfläche auf.
Ich klopfte dreimal schnell hintereinander.

Die Tür der Gemeinschaftskabine von Imp und Lilja schoss auf. Imp sah mich spöttisch an. „Ausgehuniform? Da hat sich ja einer hübsch gemacht.“
Kurz dachte ich an die weiße Ausgehuniform der Navy, die ich gerade trug. Extra für diesen Abend hatte ich alle Abzeichen bis auf die Klappen eines Second Lieutenants abgenommen. „Ist Tatjana fertig?“ fragte ich statt auf Imps Worte einzugehen.
„Tatjana? Tatjana? Da will wohl heute jemand richtig rangehen, was?“ scherzte die Pilotin.
Ein russischer Fluch kommentierte diesen Spruch, und unwillkürlich krampfte sich meine Linke um die Schirmmütze in meiner Armbeuge. Die Tür ging ganz auf, und Lilja trat heraus. Sie trug die Ausgehuniform für weibliche Navy-Offiziere. Ohne mich anzusehen wollte sie in den Gang hinaus eilen. „Gehen wir, Fritzen.“
„Mooooment, junge Dame.“ Imp ließ sich ihren Auftritt nicht verderben. „Sie, junger Mann, lassen Ihre Grabbelfinger bei sich. Lilja ist Punkt zehn wieder Zuhause, sonst spreche ich mal mit Ihrem Geschwaderführer. Es wird nicht rumgeknutscht und nicht gefummelt. Ich will keine Klagen hören, karascho?“
„Karascho, Mamuschka“, erwiderte ich schmunzelnd. „Wehe wenn nicht, Ace“, erwiderte sie grinsend. Ihre Rechte landete zu einem gut gemeinten Klaps auf Liljas Hintern. „Amüsier dich gut. Aber laß den armen Jungen leben, ja?“
„Das überlege ich mir noch“, brummte Lilja wütend. Na, das konnte ja ein Abend werden.
Immer noch grinsend verschwand Imp in der Kabine. Schön, sie mal wieder fröhlich zu sehen. „Also, wo willst du mich martern, Fritzen?“ fragte Lilja direkt, ohne mich anzusehen.
„Ich habe Messe vier räumen lassen. Wir sind dort die nächsten zwei Stunden ungestört.“
Lilja fuhr herum. In ihrem Gesicht stand Ärger. „Bilde dir nur nichts ein, Ace. Ich löse hier eine Wettschuld ein, nicht mehr.“
Beschwichtigend hob ich die Arme. „Friede, Lilja. Friede.“ Ich deutete den Gang hinab. „Ladies First.“ Sie murmelte einen derben russischen Fluch und ging voran.

Messe vier erwartete uns bereits. Statt der grellen Beleuchtung erhellte indirektes Licht den Raum. Bis auf einen Tisch hatte ich alles räumen lassen. Zwei Stühle und zwei einsame Kerzenleuchter vervollständigten die Ausstattung. Von der Musikanlage im Hintergrund einmal abgesehen.
Ich hielt Lilja die Tür auf. Dann ging ich an ihr vorbei und trat hinter einen Stuhl.
Als sie sich setzte, rückte ich den Stuhl nach. Ich nahm auf der gegenüber liegenden Seite Platz und hängte meine Schirmmütze an die Stuhlseite. Ein amüsierter Blick traf mich. „Wie hast du es geschafft, die ganze Messe zu kriegen, Fritzen?“
Ich musste lächeln. „Du erinnerst dich an die zweihundert Real von neulich? Mit hundert habe ich den Koch bestochen, mir seine letzten Reserven an frischer Verpflegung zu opfern. Für Fünfzig sperrt ein MP die Tür und für dreißig bekomme ich eine Ordonnanz zum bedienen. Der Rest ging für die Kerzen drauf. Radio hat es tatsächlich geschafft, sie irgendwie aufzutreiben.“
„Na, dann gehen sie ja einem einigermaßen erträglichen Zweck zu“, erwiderte Lilja spitz.
Entdeckte ich da wirklich ein Lächeln? Nein. Das war Lilja. Die Eisprinzessin. Oma. Die Akarii zum Frühstück aß.
„Entschuldige mich einen Moment.“ Kurz ging ich zur Musikanlage herüber und aktivierte das Speichermedium. Als ich mich wieder setzte, erklang Tschaikowsky. Keine Ahnung was, ich hatte es wahllos aus den Speichern der RED hervor gekratzt.
„Der Nussknacker?“
Irritiert sah ich auf. „Was, bitte?“ „Schon gut, Ace.“

Die Ordonnanz trat ein, begrüßte die Dame freundlich. „Guten Abend, Second Lieutenant Tatjana Michailowa Pawlitschenkow. Der Maitre de Cuisine verwöhnt Sie und Ihren Gastgeber Heute Abend mit einer Auswahl seiner besten Gerichte. Als Vorspeise gibt es eine Krabbencremesuppe mit frischer Petersilie.
Zum Hauptmenu servieren wir Filetspitzen in Sahnesauce mit Gemüse der Saison und Salzkartoffeln.
Danach folgt ein leichter Gemüseauflauf mit Spezialitäten aus dem privaten Garten des Kochs. Den Abschluss des Abends bildet eine Zitronencremespeise á le Maitre.
Dazu servieren wir wahlweise einen leichten republikanischen Rosé, Eiswasser oder alkoholfreies Rotbier von Demos.“
„Danke, wir nehmen den Rosé“, warf ich schnell ein. Es war schwer genug gewesen, diese Flasche aufzutreiben. Sie nun ins Repertoire des Kochs verschwinden zu sehen war nicht im Sinn der Sache. Ein Rosé, zu dieser Gelegenheit. Na, in der Not frisst der Teufel Fliegen.
„Alkohol, im Dienst?“ Lilja grinste wölfisch. „Alles mit Darkness abgesprochen. Es hat Vorteile, der Katschmarek des Alten zu sein.“
Die Russin versteifte sich kurz bei dem Slangwort, sagte aber nichts.
Bis der Wein eingeschenkt wurde, sagte sie kein Wort. Die Suppe aßen wir ebenfalls schweigend.
Gut. Bisher hatte sie noch nicht versucht, mich umzubringen. Für einen Moment sah ich zu ihr herüber. Im gedämpften Licht und im Flackern der Kerzen wirkten die Narben längst nicht so schlimm wie gewohnt.
In Gedanken schüttelte ich den Kopf. Was dachte ich denn da? Das war Lilja! Die Echsenfresserin.
Als der Hauptgang kam, bedankte sie sich artig bei der Ordonnanz und lächelte sogar für den jungen Mann. Ein hübsches Lächeln. Als die Ordonnanz aufgetragen hatte, fragte ich: „Sag mal, Lilja, warum lächelst du nicht öfter? Es steht dir.“
„Willst du mich demütigen oder richtig erniedrigen, Fritzen?“ erwiderte sie bitter.
„Ich… Tatjana, ich…“
„Nenn mich nicht Tatjana. Ich sitze hier seit einer halben Stunde und warte nur darauf, dass deine Freunde hier hereinstürmen um wer weiß was zu machen. Ich bin es leid darauf zu warten, auf welche Weise du dich über mich amüsieren möchtest. Bringen wir es hinter uns.“
„Ach. Du denkst, dies ist ein Vorwand, um dich zu demütigen. Wie kommst du nur darauf? Lilja, die letzten Wochen an Bord waren für mich die Hölle. Ich wurde als Saboteur verdächtigt, hatte Stubenarrest, ein paar Fehler begangen, die mich noch in Jahren schmerzen werden. Ich weiß, bei dir war ich bestimmt der erste auf der Liste der möglichen Saboteure. Nicht ganz unberechtigt.
Unser erstes Zusammentreffen war nicht sehr glücklich. Aber dennoch stehen wir auf der selben Seite. Wieso sollte ich mich dann auf deine Kosten amüsieren?“
Ihre Miene schwankte. Trotz siegte. „Weil du diesen dämlichen Abend inszenierst?“
Ich wusste nicht wieso, aber ihre harsche Kritik traf mich tief. „Wieso, schmeckt es nicht?“
„Das ist es nicht. Das Essen ist gut. Aber diese dämliche Idee mit den Simfights. Es kommt mir beinahe so vor, als hättest du mir aufgelauert. Also ist dieser Abend das Ergebnis. Und ich wüsste gerne, was du dir für mich ausgedacht hast.“
Ich sah sie an, sah weg, sah sie an und lachte laut auf. „Lilja“, ächzte ich zwischen den Lachern, „als ich diesen Abend wettete, da dachte ich, du würdest mich so sehr verabscheuen, dass du diesen Einsatz nicht setzen würdest. Ich habe nur einen Hintergedanken. Ich will einen netten Abend mit einer anderen Pilotin verbringen. Und wenn es die Gelegenheit ergibt vielleicht auch etwas näher kennenlernen.
Freunde werden wir wohl nicht, das ist mir klar. Aber müssen wir Feinde sein?“
„Du magst Akarii, ich töte sie. Natürlich sind wir Feinde, Ace“, sagte sie in einem schulmeisterlichen Ton.
„Ich töte sie auch, Lilja. Am Sprungpunkt hatte ich drei Abschüsse und assistierte bei vier. Damit habe ich zehn Abschüsse zusammen. Und nicht jeder Akarii konnte aussteigen. Ich weiß, dass ich sie röste, Lilja. Aber so ist er Krieg.
Dass ich sie mag, hat einen einfachen Grund. Meine Eltern sind Händler. Sie sind oft in der Konföderation unterwegs. Dort gibt es etliche Akarii-Enklaven. Wenn Du so willst, bin ich mit terranisierten Akarii aufgewachsen.
Ich kann nicht das ganze Volk dafür hassen, weil ein paar Tausend von ihnen gegen mich fliegen. Lilja, ich erwarte nicht, dass du das verstehst.
Aber ich gebe dir mein Wort, ich bin weder der Saboteur, noch schätze ich das, was du verloren hast, als gering ein.
Verluste sind immer schmerzlich. Ich habe dir in all der Zeit noch nicht mein Beileid für deine vernichtete alte Staffel ausgesprochen. Das tut mir leid.“

Einige Zeit starrten wir uns in die Augen.
Endlich sagte Lilja: „Das Essen wird kalt.“
Schweigend aßen wir die Filetspitzen. Brokkoli. Ich hasste Brokkoli. Wieso war das einzige frische Gemüse an Bord immer Brokkoli?
Danach trug die Ordonnanz den Auflauf auf. Möhren. Wenigstens Möhren. Der Käse war lecker. Ein Schluck des erschreckend guten Weins rundete das Segment ab. Vielleicht schrumpften auch nur meine Ansprüche.
Beim Nachtisch brach Lilja erneut das Schweigen. „Warum trägst du deine Orden nicht, Ace?“
„Warum sollte ich sie tragen? Sie sind Momentaufnahmen von mir. Aber ich wollte heute Abend den ganzen Clifford Davis präsentieren.“ Ich senkte den Blick.
„Ich hoffe, dieser arrogante Fritzen war diesmal etwas erträglicher als sonst.“
Unvermittelt fragte Lilja: „Du hast zwei Deltas erwischt? Ist das richtig?“ Ein kalter Schauer jagte mir über den Rücken, als ich an dieses Erlebnis dachte. „Daran will ich nicht denken, Lilja. Ich war im Tarnkappenmodus oberhalb des feindlichen Verbandes und war bereit zu sterben. Vierzig gegen einen. Ich hatte nicht einen Gedanken daran verschwendet, überleben zu können.
Den einen Angriff schloss ich ab.
Als ich zum zweiten startete, schoss mir durch den Kopf, dass ich aus Versehen noch lebte. Vielleicht wollte ich dies korrigieren, indem ich mich den Akarii ein zweites Mal anbot.
Der Rest ist reines Glück. Reines Glück. Es hat nicht viel gefehlt, und du wärst glücklich um diesen Abend herumgekommen.“
Ich sah ihr in die Augen. „Vielleicht weiß ich jetzt, was du meintest, Eisprinzessin. Gegen eine Übermacht zu stehen. Ich habe in diesem Moment alles losgelassen, was mir wichtig war. Vielleicht solltest Du das auch tun.“
Sie wurde rot. Zorn entstellte ihre Züge für einen Moment. Aber sie beruhigte sich wieder. „Gut. Du lernst dazu. Vielleicht ist bei dir noch nicht Hopfen und Malz verloren, Fritzen.“
„Clifford. Oder meinetwegen Cliff. Du musst nicht immer Fritzen sagen.“ Irrte ich mich oder huschte da wieder ein Lächeln über ihr Gesicht?
Sie erhob sich, bevor ich hinzueilen konnte, um den Stuhl abzurücken. „Es war ein netter Abend… Cliff. Aber es wird Zeit. Ich habe nachher FORCap und will noch etwas schlafen.“ Sie ergriff ihre Mütze. „Gute Nacht.“
Ich sah ihr nach. „Gute Nacht.“
Die Ordonnanz eilte in den Raum. „Hat es der Lady nicht geschmeckt?“
„Nein, keine Bange. Das hat es. Das hat es.“
27.11.2015 07:04 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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