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Thomas Krüger ließ seinen Blick über die Schuttwüste streichen, die wochenlanger Kampf aus der einst schönen Stadt gemacht hatte. Woche für Woche Artillerie, Straßenkämpfe, Minendetonationen und Luftangriffe hatten Soldaten, Material und Gebäude gleichermaßen beansprucht. Und alles das für nichts.
Während die aufgehende Sonne die Szenerie in ein staubig-blasses Licht tauchte, verkroch sich der Major etwas tiefer in seinen Uniformmantel. Der Winter war kalt und trocken, der Fluss, der durch die Stadt führte und eine natürliche Frontlinie zwischen ihnen und dem Feind bildete, war gefroren, was die beiden übrigen Brücken recht überflüssig und den Grenzverlauf unübersichtlich gemacht hatte.
Aus den Berichten wusste Thomas, dass die 83. Panzersturmkompanie sich im Norden genauso festgefahren hatte, wie das 231. Infanterie-Bataillon und seine Männer vom 91. gemischten Angriffsbataillon. Die Artillerie pfiff von Zeit zu Zeit über seinen Kopf, aber es mangelte an klaren Zielen und so schwiegen die schweren Kanonen im Hinterland meistens.
Thomas hätte jetzt gerne eine Zigarette geraucht, aber die Gefahr eines lauernden Scharfschützen war zu groß, er würde noch ein wenig warten müssen, bis die Sonne höher stand.
Als die Frau mit den wehenden schwarzen Haaren neben ihn trat, wunderte sich der Major nicht. Er kannte die Frau nicht und sie trug auch keine Uniform, sondern lediglich einen schlichten schwarzen Mantel, aber er wusste einfach, dass keine Gefahr von ihr ausging. An diesem Winter-Sonntag war sie nicht sein Feind.
Eine Zeit lang standen die beiden nebeneinander und sahen hinaus in die Trümmer, die einst eine Einkaufsstraße darstellten. Dann sprach die mysteriöse Fremde zum ersten Mal.
„Euer Feind wehrt sich, nicht wahr? Stellungskrieg in dieser Stadt seit Tagen, Wochen, enorme Verluste an Menschen und Material auf beiden Seiten.“
„Gib mir fünfhundert Soldaten, die ohne einen Gedanken an ihre Sicherheit oder ihre Moral rüber gehen, und ich hab die Schlacht in Stunden entschieden.“ Als sie schwieg, lachte Thomas leise und bitter. „Oder gib mir eine Kompanie Panzer und ich kann sie überrollen und die Sache ist auch erledigt.“
Er wusste plötzlich, dass er etwas Falsches gesagt hatte, die Frau in Schwarz an seiner Seite seufzte leise und strahlte unendliche Trauer aus.
„Diese Schlacht, dieser Krieg, er macht euch Menschen zu Tieren.“ Es wunderte den Major nicht, dass sie von ‚euch Menschen’ sprach. Ihn wunderte an diesem Wintermorgen überhaupt nichts. „Kriege, die man so leicht anfangen und die unmöglich beendet werden können. Ihr steigerte euch in verzwickte Blutschulden und Rachegedanken, aber nach dem Sinn des Ganzen fragt ihr nie.“
Thomas dachte kurz nach und nickte dann. „Was ist der Sinn des Ganzen?“
Die Frau antwortete ihm und der Soldat riss verblüfft die Augen auf. „Es ist so einfach.“, stellte er überrascht fest. „Aber um das zu verwirklichen, brauche ich Hilfe. Deine Hilfe. Wenn du hier mit anfasst, dann kann das funktionieren. An deiner Seite finde ich die nötige Ruhe.“
Traurig schüttelte sie den Kopf. „Ich kann nicht bleiben. Aber wenn du mich brauchst, bin ich in deiner Nähe, wie ich es schon immer gewesen bin. Deine Stärke aber, muss aus dir selbst kommen. Aufrechte Männer verlassen sich auf sich selbst und gedenken meiner Ratschläge.“
Irgendwo zwischen Verzweiflung und Stolz drängte sich ein zuversichtlicher Gedanken in Thomas Gehirn. Seine Arbeit würde nicht leichter werden, der Gegner nicht schwächer und seine Männer nicht stärker, aber wenn er dem Rat der schwarzen Dame folgen konnte, wäre die Sache bald zu Ende. Er wusste jetzt, er war nicht alleine, er war nie alleine.
Stumm drehte die Frau sich um und ging über die Trümmerwüste, ihre schwarzes Haar im kalten Winterwind wehten und Thomas sah ihr nach, bis er ihre Gestalt nicht mehr ausmachen konnte.
...inspiriert von: Uriah Heep – Lady In Black
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