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Zum Ende der Seite springen Chevaliers Season IV 7 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,00
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Ace Kaiser Ace Kaiser ist männlich
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Themenstarter Thema begonnen von Ace Kaiser
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In geringer Höhe, mit gemächlichem Tempo, zog die ROSEMARIE über die Oberfläche von Caliban IV. Hauptmerkmal der kargen Landschaft, die vom heftigen Vulkanismus regelmäßig umgegraben und umgestaltet wurde, war die weiße bergige Einöde, bedeckt mit Asche aus den Vulkanen. Ab und an war sie auch schwarz. Dazwischen erstreckten sich immer wieder unzerstörte Inseln des primitiven Lebens, zumeist großflächige Moosteppiche, die sich zwischen die Feuerberge schmiegten. Je mehr sie in tektonisch stabileres Gebiet kamen, desto höherwertig wurde die Flora. Aus Moosen wurden Flechten. Und eine Ebene, die über sechzig Kilometer vom nächsten Feuerberg entfernt war, hatte einen stattlichen Bewuchs von mehreren Meter hohen, farnähnlichen Gewächsen, zumindest am Uferstreifen eines Flusses, der sich durch das vulkanische Land schnürte. Germaine verstand, dass die raue Aktivität der Vulkane nicht nur immer wieder kostbare Erze, Edelsteine und Seltene Erden an die Erdoberfläche beförderte, die in den weniger aktiven Gebieten abgebaut werden konnten, sondern dass selbige Aktivität höheres Leben konsequent verhinderte. Selbst der Farnwald würde eines nicht zu fernen Tages entweder von Lava überrollt werden. Oder der Fluss würde bei einem Erdbeben gestaut werden, die Ebene, die er sich in Jahrhunderten gegraben hatte und in der der Farnwald stand, überfluten, und das Blattwerk verfaulen lassen. Caliban IV mochte der Traum jedes Vulkanologen, Geologen und Prospektors sein, aber Biologen würden hier schnell die Lust verlieren. Kein Wunder, dass der Innere Sphäre-Handelsposten an einem Ort stand, der besonders sicher war. Es hieß, so hatten ihm die Prospektoren, mit denen er gesprochen hatte, erklärt, der Fleck, an dem die IS-Station stand, hätte schon seit dreißig Jahren keine Staubwolke eines eruptierenden Vulkans gesehen. Und das war eine sehr, sehr lange Zeit für diese Welt. Der nächste tektonische Riss verließ dann auch eintausend Kilometer entfernt.
Germaines natürliche Neugier kickte ein. Er war sehr gespannt auf den Handelsposten.

"Ich habe nachgedacht", verkündete Major McAllister, während sie mit Germaine auf den Bildschirm starrte, der die schnell dahin huschende Landschaft zeigte, "und frage mich, warum wir beim Handelsposten der Inneren Sphäre anfangen. Warum haben wir nicht den Kontinent gewechselt und sind rüber um Clans-Handelsposten geflogen? Immerhin suchen wir Clanner, oder?"
"Ach, Sie meinen, wir kriegen unsere Informationen dort eher, Estelle? Guter Gedanke", lobte Danton. "Aber den hatte ich auch. Ich habe mich dagegen entschieden. Der Posten steht unter der Verwaltung der Glitzerfischchen, nicht der Händlerkaste, und das ist für unser Vorhaben kontraproduktiv."
"Glitzerfischchen?", fragte McAllister indigniert.
Germaine lächelte. "Diamanthaie. Einer der unschönen Namen, den man dem Clan in der Inneren Sphäre in den Propaganda-Abteilungen gegeben hat, um seine Moral zu schwächen und die eigene zu stärken."
"Ah. Um den Gegner lächerlich zu machen", meinte McAllister.
"Ja. Zumindest bis seine Mechs im eigenen Garten stehen." Danton wandte den Blick ab und sah zu seinen Notizen herüber. "Später spielen die Diamanthaie eine wichtige Rolle in meinen Plänen, aber bis dahin nutzen wir die Einrichtung unter ComStar-Verwaltung. Auf einem Planeten wie diesen weiß jeder permanente Bewohner grundsätzlich alles, was an Wichtigem vorgeht. Hoffentlich. Aber wenn die gute alte Paranoia ComStar nicht verlassen hat, dann kann uns der hiesige Demi sicherlich das eine oder andere erzählen. Und uns einen Kontakt zu den Diamanthaien verschaffen."
"Hä? Aber ich dachte, wir..."
"Einen indirekten Kontakt zu einem der niederen Chargen. Man sollte doch meinen, es gäbe auf einem so abgelegenen Platz im Kosmos ein paar Freigeborene oder Solahma. Oder in Ungnade gefallene Krieger, die Geld gegenüber nicht abgeneigt sind. Ich meine, wir reden hier über den Händlerclan Diamanthaie."
"Ich verstehe das gesamte Konzept immer noch nicht. Wie soll unser Besuch ausgerechnet die Pussykätzchen dazu bewegen, mit uns Streit zu suchen?" Sie verzog das Gesicht zu einem Lächeln. "So wurden die Parder in meinem Regiment genannt."
"Ah, was für ein passender Name. Ich bin sicher, Herzog Mikado hätte dazu sicherlich einiges zu sagen", murmelte Germaine wie nebensächlich. "Es gibt eigentlich keinen Plan, und das wissen Sie, Estelle. Wir wollen nur bekannt machen, dass wir da sind, und warum wir da sind. Dazu knüpfen wir ein paar Kontakte, stellen ein paar Verbindungen her, und dann sehen wir, was passiert. Wenn das nicht funktioniert, dann werden wir uns von Loren Cole trennen und die anderen Welten des Systems absuchen, oder auch die umliegenden Systeme. Ich werde garantiert nicht ohne ein erreichtes Ziel nach Hause fliegen." Danton ballte die Hände. "Und wenn wir es wirklich mit Pardern zu tun haben - verrohten, piratierenden, degenerierten Pardern zwar, aber das ändert nichts - dann werden sie einer Herausforderung nicht widerstehen können. Und wenn sie erst hören, dass ich auf der Welt Graf bin, auf der sie gescheitert sind und zu Gejagten wurden, dann werden sie sich notfalls bis auf eine einzelne Pistole herab bieten, nur um gegen mich kämpfen zu können."
"Sie bieten sich als Köder an, Sir?"
"Ja", erwiderte Danton schlicht. "Wenn eine Sache ist wie sie ist und ich sie nicht ändern kann, muss ich sie akzeptieren. Mehr noch, ich muss sie zu meinem Vorteil nutzen."
"Verstehe, Sir."
"Gut. Was sagen Sie dazu, Mathew?"
Brenstein, in seine eigenen Gedanken versunken, sah auf. "Sir?"
"Die IS-Basis, Mathew."
"Ein guter Ansatzpunkt. Von hier aus können wir verbreiten, dass wir da sind, warum wir da sind. Wenn die Clanner einen Arsch in der Hose haben, werden sie zu uns kommen. Wenn sie keinen in der Hose haben, dann werden wir mit ihnen leicht fertig, sobald wir sie gefunden haben."
"Und, glauben Sie, dass sie keinen Arsch in der Hose haben?", hakte McAllister nach. "Wenn ich an den Überfall auf Fury Station denke, erscheint mir das nicht so."
"Wir werden sehen. Auf jeden Fall wollen sie weiterhin auf ihren Mechwannen sitzen, oder? Etwas Stolz besitzen sie also noch." Brenstein grinste.
"Hoffen wir, dass es so kommt. Ich habe es sehr gerne, wenn ich den Gegner bekämpfen kann, wo ich es will", murmelte Danton, und spielte zweifellos auf die letzten Kämpfe in der Clanbesatzungszone an, wo sie in wenigen Tagen gegen Jadefalken und Wölfe gekämpft und gesiegt hatten.
Und all das, so wusste McAllister, um drei entführte Chevaliers zu retten. Was für ein Aufwand. Was für eine Entschlossenheit. Spötter behaupteten zwar, dass es eher eine Rettungsaktion gewesen war, um Clan Wolf davor zu bewahren, ein zweites Schisma zu erleben - aber wie spöttisch war das, nachdem sich Captain Fokker den Weg in die Kriegerränge erobert hatte, und nicht ein einziger Chevalier darüber überrascht gewesen war?
"Mathew, Sie koordinieren von hier aus. Nur eine Lanze auf Patrouille", sagte Danton, als am Horizont die Ebene erschien, die ihr Ziel war. "Nichts, was größere Aufmerksamkeit erregt. Tauschen Sie sie regelmäßig aus, aber halten Sie die Mechs in Bereitschaft. Das gilt auch für Sie, Estelle. Sagen Sie Ihrem Kompaniechef, dass er nur leichte Patrouillen entsenden soll, aber den Rest in Bereitschaft hält. Wir betreten potentielles Kampfgebiet. Sie begleiten mich wie besprochen. Charly?"
Der Infanterist winkte herüber zum Zeichen, das er zuhörte.
"Wie besprochen kommst du mit und setzt dich früh von der Gruppe ab. Ich will, dass du dir ein paar Freunde machst. Deine Schleicher sollen auch auf Standby gehen, obwohl ich euch eher wegen der Feuerkraft mitgenommen habe, nicht wegen der Scoutfähigkeiten."
"Gut, Germaine. Kriege ich meine Spesen erstattet?"
Danton seufzte. "Wie viel willst du denn ausgeben?"
"Nur ein wenig einkaufen. Bei Geschäften übervorteilt zu werden verschafft einem wirklich schnell neue Bekanntschaften."
"Tausend C-Noten, keinen Cent mehr. Und du bringst die Abrechnungen persönlich zu Juliette."
"Abgemacht." Die beiden Freunde grinsten einander an.
"Also dann, Herrschaften, machen wir uns bereit."
***
"Da kommen sie, Sir", sagte Akoluth-VII Harold Steijner.
Demi-Präzentor-II Juri Dombroski starrte ebenfalls auf den Monitor, der den Anflug der ROSEMARIE zeigte, dem Unionsklasse-Landungsschiff der Dantons Chevaliers.
"Schneller als erwartet. Die letzten Nachrichten von ihren Aktivitäten auf Fury Station haben mich vermuten lassen, dass sie ihre Auszeit fortsetzen würden, bis ihnen jemand eine konkrete Spur zu den Parderpiraten gibt." Demi Dombroski atmete resignierend aus. "Ich hatte gehofft, sie würden uns verschonen. Die Chevaliers sind eine Einheit, die Ärger hinter sich herzieht wie ein Junge mit Kotelett am Hintern die Hunde."
"Wir sollten unbedingt verhindern, dass das Kontor zum Kampfschauplatz wird", merkte Steijner an.
"Ja, der Gedanke ist mir auch schon gekommen", erwiderte Dombroski spitz.
Der Akoluth errötete leicht und hüstelte verlegen.
Ein weiterer ComStar-Mitarbeiter trat ein. "Demi, wir haben ein Problem."
"Was gibt es denn gravierendes, Adept Jenkins?"
Adept XI Leroy Jenkins legte eine Kurznachricht auf den Schreibtisch des Demi-Präzentors. "Der wöchentliche Bote der Diamanthaie ist gerade im Anflug. Und wie mir mein Informant zugetragen hat, wird er von Sterncolonel Traudhild Nagasawa begleitet."
"Nagasawa? Was ist mit Siska Rothschild?", hakte der Demi nach, als er nach der eigentlichen Chefin des Diamanthai Handelsstützpunkts fragte, der obersten Vertreterin der Händlerkaste des Clans. Den Namen Rothschild führte sie ehrenhalber, er war kein Blutrecht. Aber die Krieger der Haie respektierten diese inoffiziellen Ehrungen bei verdienten Mitgliedern der anderen Kasten - der anderen Kasten, nicht der unteren, das sagte so viel über die Diamanthaie aus - und benutzten sie teilweise auch.
"Siska Rothschild ist heute nicht maßgebend. Wie es scheint ist es ein unregulärer Besuch der militärischen Spitze. Aber ich will zu Fuß nach Terra laufen und eigenhändig und nur mit einem Messer bewaffnet Hilton Head zurückerobern, wenn der Grund für diesen unangekündigten Besuch nicht die Chevaliers sind. Deshalb kommt sie auch nicht mit dem Hubschrauber wie üblich, sondern mit einem Broadsword."
Dombroski zuckte kurz zusammen, als Jenkins den Ersten Bereich erwähnte, jene Insel auf Terra, die das Herz ComStars geworden war, bevor Blakes Wort ihnen ihre Heimatwelt mit Verrat und Intrigen entrissen hatte. Es gab nichts, was sich Dombroski lieber wünschte, als die Heimatwelt der Menschheit aus den Händen dieser wahnsinnigen Fanatiker entrissen zu sehen. Und hier an diesem fernen Ort konnte er tatsächlich etwas dafür tun. "Ein Broadsword?" Er schwieg für ein paar Sekunden nachdenklich. "Prognose?"
"Ein Stern BattleMechs, eventuell ein Trinärstern Elementare. Möglich wäre auch ein gemischter Stern aus Mechs und Elementare. Die Ballistikberechnung des Flugverhaltens spricht für eine volle Auslastung des Landers."
"Interessant. Sie kommt also mit einem Stern. Ein Stern gegen eine Kompanie. In früheren Zeiten wäre das eine ausgewogene Bilanz gewesen, damals als die Clans die Innere Sphäre überfallen haben. Unter heutigen Bedingungen ist das nicht mehr als ein Feigenblatt, um die Form zu wahren." Er erhob sich von seinem Schreibtisch. "Wer wird eher eintreffen?"
Adept Jenkins grinste. "Sie treffen etwa zugleich ein. Es scheint ganz so, als würden sich die Kapitäne der Landungsschiffe ein Rennen liefern."
"Ein Rennen?", fragte Dombroski verwundert. "Also gut, da spielen wir doch mit. Ich werde die Gruppe, die zuerst landet, auch zuerst begrüßen. Adept Jenkins, Sie begrüßen die andere Partei."
"Was machen wir bei einem Unentschieden, Demi?", fragte Jenkins.
"Dann", erwiderte Dombroski grinsend und schlug die Kapuze seiner Uniform hoch, "vollbringen wir das Unmögliche und begrüßen beide zugleich."
Die ComStar-Bediensteten grinsten sich zu. Es versprach alles zu werden, nur nicht langweilig.

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Caliban-System
Operationsgebiet Pride I, Caliban IV
04. Oktober 3066, 04:31

Es war noch dunkel über der Vulkansteppe, kein Lüftchen regte sich hier. Totenstille. Was sollte auch hier schon ein Geräusch von sich geben? Hier gab es außer Pflanzen, wenn man denn sie als solche bezeichnen wollte, nichts. Oder vielleicht doch?
Das herauszufinden war die Aufgabe der Devon’s Pride. Hätte ein Beobachter sich auf der Steppe befunden, so wäre ihm zuerst ein leises Grollen in der Ferne aufgefallen, das mit der Zeit immer lauter wurde, ohne dass er für die nächsten zwei Minuten auch nur am völlig von Wolken bedeckten Nachthimmel etwas hätte erkennen können. Erst danach wäre ihm vielleicht der dunkle Fleck aufgefallen, der sich nur etwa einhundert Meter über dem Boden bewegte.
Mit angespannten Augen betrachtete Matias die Instrumententafel vor ihm, die ihm bei diesem Nachtflug mehr Informationen gab als ein simpler Blick aus dem Bugfenster.
„Enrico, bring uns langsam `runter und halte erst einmal die Geschwindigkeit so.“ Nelissens versuchte seine Anspannung zu verbergen, aber ganz gelang ihm das nicht.
Ihr Vorhaben den Schwebepanzer im ersten Operationsgebiet der Erkundungstruppe abzusetzen, war schon am Tage schwierig genug, das Ganze dann auch noch bei Nacht durchzuführen, grenzte für den jungen Lyraner ein wenig an Wahnsinn.
Christine Sleiijpnirsdottir und diese Sergeant-Major Hawk hatten sich jedoch für einen Abwurf bei Nacht entschieden, um eine Entdeckung durch mögliche Gegner zu minimieren. Wobei man von Sprechen bei der Hubschrauberpilotin nicht wirklich reden konnte, stattdessen hatte sie über ein handliches PAD mit ihm kommuniziert.
Matias hatte dies das erste Mal regelrecht irritiert, bis ihm Sleijnirsdottir Hawks Situation genauer erklärt hatte. Ihm war auch regelrecht eingebläut worden, dass sie aufgrund ihres kleinen Handicaps keine Sonderbehandlung wünschte. Nelissens Antwort hatte bei ihrem ersten Treffen nur aus einem Schulterzucken bestanden. Je mehr er über die Söldnertruppe lernte, desto mehr fragte er sich, wie sie überhaupt bei so einer Zusammensetzung noch vernünftig operieren konnten. Ein regelrechtes Paradoxon.
In einem Vier-Augen-Gespräch mit seinem ersten Offizier Vries hatte dieser das Ganze wie folgt mit einem Augenzwinkern kommentiert: „Sei doch froh, im Gegensatz zu Sleijpnirsdottir widerspricht sie dir nicht.“
Ein leichter Ruck der Maschine brachte Matias wieder in die Realität
„Enrico, halt die Kiste ruhiger. Wir können uns keinen Fehler erlauben“, ermahnte er seinen Piloten.
„Würd‘ ich ja gerne, Skipper, aber hier scheinen kleinere Turbulenzen aufzutreten.“
„Versuch das mit dem Trimmruder auszugleichen. Wenn das nichts bringt, fahr die Landeklappen aus, um zusätzliche Stabilität aufzubringen.“
„Roger, Trimmruder um fünf Grad ausgefahren. Turbulenzen werden weniger.“ Enricos Stimme verlor etwas von ihrer Anspannung.
Nelissens schaute auf den Chronometer, ihnen blieben noch etwa fünf Minuten für den Abwurf des Bandit-Panzers. Er aktivierte sein Headset und stellte eine Verbindung zu Tim Vries im Frachtraum des Leopard her.
„Vries, hier Nelissens. Wie sieht es da hinten aus?“
Es gab ein leichtes Knacken im Äther, anschließend ertönte die laute Stimme von Tim Vries, um die Geräusche im Hintergrund zu übertönen.
„Hier Vries. Skipper, ich denke wir sind soweit den Panzer auszuschleusen. Wir müssen allerdings vorsichtig sein, sonst haut’s uns den Panzer mitten durch den Backbordflügel.“
Matias musste grimmig lächeln. „Erzählt mir mal etwas Neues. Also schön, wir werden so gut es geht die Geschwindigkeit der alten Dame hier drosseln und sie ruhig halten. Danach müsst ihr den Panzer von den Halterungen lösen, damit diese verrückten Söldner mit Vollgas rausfahren können.
Ist der Auslöser für den Fallschirm vorbereitet?“
„Positiv, Kapitän“, kam die Antwort. „Aber wenn das hier reibungslos über die Bühne geht, werd‘ ich ein kleines Dankgebet gen Himmel schicken.“
Das brachte den jungen Kapitän zum Schmunzeln. Er hatte schon lange den Glauben an irgendeinen Gott verloren.
„Also schön, Vries, teil allen mit, dass wir jetzt das Backbordschott öffnen werden. Achtung, es wird jetzt ein wenig zugig.“
Er beendete kurz die Kommunikationsverbindung und wandte sich seinem Piloten wieder zu.
„Enrico, ich werde jetzt das Backbordschott öffnen. Pass auf, das wird wahrscheinlich einen ziemlichen Ruck durchs Schiff geben.“
„Verstanden.“ Davids umgriff den Steuerknüppel noch fester, als erwartete er jeden Moment, dass die Devon’s Pride.
Na schön, jetzt kommt’s drauf an, dachte Matias bei sich.
Er aktivierte die schiffsweite Lautsprechanlage. „Achtung, an alle Mann. Hier spricht Kapitän Nelissens. Wir werden in etwa dreißig Sekunden eines der Schotts öffnen. Ich befehle allen, die noch keinen sicheren Platz eingenommen haben, das schleunigst zu tun. Nelissens Ende.“
Und damit unterbrach er wieder die Verbindung. Enrico Davids sah ihn erwartungsvoll an.
Seine Antwort bestand nur aus einem „Bereit?“
Enrico nickte und widmete sich wieder dem Steuerknüppel.
Matias zählte den Countdown herunter…

Weiter hinten im Frachtraum der Devon’s Pride überprüfte währenddessen Tim Vries noch einmal die Sicherungsleine. Das letzte, was er gebrauchen konnte, war ein freier Fall aus einem funktionsfähigen Transportschiff mitten in der Nacht. Da er alles in einwandfreiem Zustand vorfand, schaute er sich noch einmal alle anderen Crewmitglieder fragend an. Ihre Sicherheit lag ihm genauso am Herzen wie seine eigene.
Als auch die für eine Frau recht grobschlächtig wirkende Anike Slevens ihm mit erhobenem Daumen antwortete, ließ der erste Offizier des alten Leopard seine Stimme erklingen.
„Okay, hergehört, in wenigen Sekunden öffnet sich das Schott! Das wird einen Sog erzeugen, der euch ohne weiteres aus dem Schiff katapultiert, wenn ihr nicht aufpasst. Also haltet euch fest, bis sich die der Frachtraum an die äußere Atmosphäre angepasst hat!“
Kaum ausgesprochen, gingen alle vier Crewmitglieder zur nächsten Haltestangen und warteten auf den Alarm, der jedes Mal das Öffnen eines der großen Schotts begleitete.
„Achtung, ich schalte die Raumbeleuchtung jetzt um“, warnte Vries die anderen und betätigte damit einen der größeren Schalter in seiner Nähe.
War der Frachtraum, in dem die Helikopter und der Bandit-Panzer standen, noch durch die hellen Neonleuchten gelb beleuchtet, so wechselten die Strahler auf eine blaue Beleuchtung, die weniger intensiv war. Eine Erinnerung daran, dass die Devon’s Pride einst als Militärschiff konstruiert worden war.
Dann ging der von allen erwartete Alarm los.
Mit einmal mal herrschte ein ohrenbetäubendes Heulen im Hangar, die Luft darin wurde regelrecht heraus herausgeblasen, als sich die Atmosphäre im Raum der des Planeten anglich. Währenddessen wurde der Flug der Devon’s Pride unruhiger, da das geöffnete Schott nicht gerade für eine stabile Fluglage sorgte.
Ich will nur hoffen, dass Matias und Enrico die Mühle ruhig halten.
Mit leicht unruhigen Schritten machten sich Vries und die anderen Crewmitglieder auf den Weg zum Panzer, der noch durch zwei Stahlketten gesichert war, den Rest der Verankerungen hatten sie schon vorher gelöst.
„Macht euch bereit, die letzten Ketten zu lösen, aber erst dann, wenn ich es euch sage“, schrie Vries gegen den tosenden Wind zu den anderen. Er benutzte dabei sein Headset, dennoch war der Lärm so stark, dass sie sich kaum verständigen konnten.
Er wechselte auf den Kanal, der ihn wieder mit Matias verband.
„Skipper, Vries hier, das Schott ist jetzt offen, sieht soweit gut aus!“
„…mit…Anflug“, konnte der alte Lyraner nur verstehen. Er presste die Kopfhörer enger an seine Ohren.
„Bitte wiederholen, Matias, ich kann dich nicht verstehen!“
„Ich sagte, wie beginnen mit dem langsamen Anflug!“, erklang Nelissens Stimme jetzt deutlicher. Es schien als hätte er förmlich in das Mikrofon gebrüllt.
„Verstanden! Versucht die Geschwindigkeit weiter zu drosseln und sagt uns Bescheid, wenn wir den Panzer abwerfen können!“
„Geht klar, Vries. Du und die anderen, ihr geht weiter vor wie besprochen! Nelissens, over!“
Und damit wurde die Verbindung zur Brücke vorerst unterbrochen.
Ein heftiger Windstoß ließ den ersten Offizier für einen Moment wanken, ehe er von Michael Zargens aufgefangen wurde.
„Danke, Michael.“ Vries stellte vorsichtig sein Gleichgewicht wieder her.
„Keine Ursache“, meinte der glatzköpfige Seniortech. „Ich halte mich nur an den Plan, den Panzer rauszuwerfen, und nicht den ersten Offizier.“ Er fing an zu grinsen.
„Wie schön, dass hier so viele um meine Gesundheit besorgt sind“, brüllte Vries trocken zurück.
Dann musste er den Kopf schütteln.
„Ich werd zu alt für so `ne Scheisse! Michael, lös‘ die vorletzte Verankerung, aber warte mit der letzten, bis der Skipper das Go gibt!“
„Verstanden. Anike, hilf mir mal damit, aber pass mir mit dem Panzer auf. Wenn er zurückrutschen sollte, mach dass du da weg kommst.“
Derweil stellte Tim Vries eine Verbindung mit dem Panzerfahrer her. Junge, der muss sich wie in einer Waschmaschine vorkommen, kam ihm der Gedanke.

Derweil hatten Matias Nelissens und sein Pilot Enrico Davids alle Hände voll zu tun, die Devon’s Pride auf Kurs zu halten. Auch ohne das offene Schott war es schwer, diesen fliegenden Backstein bei langsamem Flug oben zu halten.
„Skipper, ich brauche die aktuellen Daten für den Anflug“, presste Davids aus seinem Mund hervor, während er angestrengt das Steuer des Landungsschiffes festhielt.
„Kleinen Augenblick…“, Matias wagte einen kurzen Blick auf die Instrumente zu seiner Linken, „Vektor Ein Vier Null, Geschwindigkeit Zwei Fünf Drei, Höhe plus Ein Drei Eins. Wir müssen noch weiter abbremsen, um die Fracht abzuwerfen.“
„Verstanden, drossele die Triebwerke“, kam die Antwort des Piloten.
Ohne das dass es jemand mitbekam, nickte der Skipper. „Treten wir mal auf die Bremse.“
Während Matias das zweite Steuer an seinem Platz festhielt, um Enrico beim Flug zu unterstützen, langte dieser zu den Schubkontrollen neben sich und drosselte langsam die Triebwerke.
Nach und nach verringerte sich die Geschwindigkeit der Devon’s Pride. Von etwas mehr als 250 km/h auf 190 km/h, und noch weiter. Doch das hatte für den jetzt schon unruhigen Flug des Landungsschiffes Konsequenzen.
„Skipper, es treten wieder Turbulenzen auf. Wenn wir noch weiter die Geschwindigkeit senken, fallen wir herunter wie ein Sack Zement.“
Matias, dem das stärker werdende Schütteln des Rumpfes keines Falls entgangen war, handelte unverzüglich. Er ergriff den Regler für das Trimmruder, um dieses noch weiter auszufahren.
Das sorgte dafür, dass der Rumpf der Pride noch stärker vibrierte, andererseits wurde die Fluglage damit etwas stabiler.
Aber er konnte das Ruder nicht unendlich weit ausfahren. Er hatte jetzt schon das Maximum erreicht.
„Vries, wir sind jetzt mit der Geschwindigkeit herunter, wie es möglich ist. Wie weit seid ihr?“
„Wieviel macht die Pride momentan?“
„190 km/h!“
Es herrschte für zwei Sekunden Stille im Äther, ehe der erste Offizier seinem Kapitän wieder antwortete.
„Matias, ich sag das nur ungern, aber du musst noch langsamer werden! Wenn wir den Panzer bei der Geschwindigkeit abwerfen, reisst es ihn beim Aufprall im günstigsten Fall auf die Seite und im schlimmsten Fall ist er ganz im Eimer.“
„Scheisse“, kam es Nelissens über die Lippen. Ihnen gingen langsam die Optionen aus, den Panzer noch rechtzeitig abzuwerfen.
„Ab wann könnt ihr den Panzer abwerfen?“
„Schwer zu sagen, aber ich glaube, die Pride muss noch auf etwa 160 herunter, damit es halbwegs gut läuft.“
„Du weißt aber, was das bedeutet, Vries“, erwiderte der jüngere der beiden.
„Hast du eine bessere Idee“, bekam er über Funk zu hören.
Und darauf hatte Matias keine Antwort. Vries hatte es auf den Punkt gebracht, entweder sie drosselten die Geschwindigkeit des Leopards noch weiter oder sie konnten die ganze Aktion ablasen.
„Okay, ich werd sehen, was sich machen lässt.“ Und damit beende Nelissens die Verbindung erneut.

Etwas weiter hinten, im Hangar um genau zu sein, waren Tim Vries und seine Helfer noch immer vollauf damit beschäftigt, den Bandit Panzer für den Abwurf vorzubereiten. Doch auch wenn sie über ihre Headsets miteinander kommunizieren konnten, bei dem Lärm war dies trotzdem noch immer nicht einfach, dazu noch der unruhige Flug der Devon’s Pride und Vries hätte ernsthaft über ein paar ganz bestimmte Tüten nachgedacht, wenn sein Magen einigermaßen gefüllt gewesen wäre.
In der dunkelblauen Beleuchtung des Hangars konnte er für einen Moment einen Blick auf die Helikopter weiter hinten im Hangar erhaschen.
Zum Glück waren diese gut gesichert und konnten daher nicht verrutschen, dennoch sorgten die wippenden Rotoren für ein unangenehmes Gefühl bei Vries.
„Vries, wir wären soweit“, meldete sich Michael Zargens über Funk. Dieser stand anscheinend auf der anderen Seite des Panzers, da er sonst nirgends zu sehen war.
„Alles klar, Michael. Denk daran, die letzte Halterung erst dann lösen, wenn ich es sage.“
Und damit schaltete er auf die Frequenz, die ihn mit der Fahrerkabine des Panzers verband.
Mal sehen, ob die da drinnen ein paar Tüten brauchen, ging es Vries schelmisch durch den Kopf.
„Vries hier, wir sind fast fertig, wir müssen nur noch den Leopard soweit abbremsen, dass wir Sie absetzen können.“
„Verstanden, scheint ja recht ruppig da draußen zuzugehen.“
„Nur ein paar Schlaglöcher, aber leider sind unsere Stoßdämpfer nicht mehr die besten“, erwiderte der alte Lyraner trocken. „Starten Sie aber schon einmal die Maschine, es dürfte bald losgehen!“
„In Ordnung, starte Hubpropeller.“
Und mit einem lauten Heulen fuhr der Fahrer des Panzers seine Maschine hoch, allerdings nicht so weit, dass sie über den Boden schwebte und dadurch hin und her schlingern würde.
Als er merkte, dass der Flug der Devon’s Pride immer unruhiger wurde, wechselte Tim Vries wieder auf den Kanal zur Brücke.

Dort hatten Matias und Enrico alle Hände voll zu tun, das alte Landungsschiff einigermaßen auf Kurs zu halten. Sie hatten es geschafft, die Geschwindigkeit noch weiter zu senken, aber nach Nelissens Einschätzung wurde es langsam gefährlich. Noch ein wenig mehr und es konnte zu einem Strömungsabriss kommen.
Und dann konnten sie den Panzer ohne Probleme absetzen, falls sie dann noch alle lebten.
Seine Hände umklammerten krampfhaft das Steuer vor ihm und er wagte es nicht, auch nur eine der Hände davon zu nehmen.
Mit einem Mal hörte er hinter sich das Schott zum Rest des Schiffs öffnen und Christine Sleijpnirsdottir taumelte ein wenig herein.
„Alles in Ord…“, wollte sie fragen, aber Matias schnitt ihr recht ruppig das Wort ab.
„Klappe halten und hinsetzen!“ Er drehte sich lange genug zu ihr um, damit sie sein recht wütendes Gesicht sehen konnte.
„Okaaayyy…“, war ihre einzige Erwiderung, während sie sich zügig auf den nächsten freien Platz setzte.
Matias dagegen wandte sich wieder seinen Instrumenten zu. Für einen Augenblick bedauerte er es, die Blondine so angeblafft zu haben, aber das letzte, was er in dieser Situation gebrauchen konnte, waren nervige Fragen.
„Fahrwerk ausfahren, Enrico, und wieder ein wenig mehr Schub auf die Triebwerke“, presste der Skipper hervor.
„Verstanden, Fahrwerk wird ausgefahren, ich gebe zwei Prozent mehr Schub auf die Düsen.“
Dann meldete sich Vries wieder über Funk.
„Vries hier. Matias, wie sind soweit.“
„Verstanden. Noch ein paar Sekunden…“
Die Devon’s Pride verhielt sich weiterhin unruhig in ihrem Anflug auf die Landezone. Matias machte sich langsam Sorgen, dass die starken Vibrationen möglicherweise Schäden am Rumpf verursachen konnten. Selbst ein kleiner Haarriss konnte mitunter gefährlich werden, wenn die entsprechende Stelle nicht repariert wurde.
Zehn Sekunden später hatten sie die minimale Geschwindigkeit, die der Lyraner riskieren wollte erreicht. Weniger war wirklich nicht drin.
„Vries, hier Matias. Ihr müsst den Panzer jetzt abwerfen, mehr kann ich euch da hinten nicht geben.“
„Alles klar, wir legen los“, bekam er über Funk als Antwort.

Am anderen Ende der Leitung schaltete Tim Vries auf die Verbindung zum Panzer.
„Bandit, hier Pride. Festhalten. Abwurf in zehn Sekunden.“
„Bandit bestätigt.“
Obwohl er den Fahrer nicht sehen konnte, nickte der alte Raumfahrer kurz. „Viel Glück, Bandit.“
Und damit trennte er die Verbindung zum Söldner. Dieser fuhr die Hubpropeller seines Schwebepanzers hoch und brachte ihn auf vollen Schub nach vorne, nur gehalten von einer fast zehn Zentimeter dicken Stahlkette. Er glich einem aufgebrachten Kampfhund.
Jetzt musste alles schnell gehen. Im Schweben konnte der Panzer leicht zur Seite driften und Vries und die anderen Crewmitglieder an der nächsten Schottwand zerquetschen.
„Michael, lös die Verbindung. An alle, weg da!“
Noch während er es sprach, brachte Vries sich selbst noch ausser Reichweite des Panzers, dann löste sich die Kette vom Panzer und dieser schoss rasend schnell aus dem Hangartor hinaus.
Jetzt konnten sie nur hoffen, dass die seltsame Konstruktion, die dafür sorgen sollte, dass die vier Fallschirme den Panzer sicher gen Boden bringen sollten, auch hielt.
Aber das war jetzt außerhalb seiner Kontrolle. Jetzt ging es darum, den alten Leopard wieder auf Kurs zu ihrem nächsten Gebiet zu bringen.
„Vries hier. Matias, der Panzer ist raus. Ich schließe jetzt das Hangartor. Du kannst aufs Gaspedal treten.“
„Das brauchst‘ mir nicht zweimal zu sagen. Enrico, vollen Schub. Tim, festhalten!“
Kaum ausgesprochen, merkte der ältere Lyraner wie die Triebwerke der alten Devon’s Pride Schub gaben und das Landungsschiff beschleunigte.
Verdammt. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Nelissens es mit seiner Anweisung wirklich ernst meinte. Er wankte zu den Hangarkontrollen und betätigte den Schließmechanismus für die Tore.
Nach wenigen Sekunden war es auf einmal leiser im Frachtraum, nur das Brummen der Triebwerke war zu hören. Für Vries kam es aber so vor, als ob die Welt für einen Moment still stand.
„Alle soweit okay?“, erkundigte er sich nach dem Befinden der anderen.
„Ja, geht soweit, aber unbedingt wiederholen möchte ich das nicht,“ kam es Michael Zargens über die Lippen. Die anderen nickten zustimmend und auch der erste Offizier der Devon’s Pride ertappte sich dabei, wie er dem innerlich zustimmen musste. Das hätte verdammt hässlich werden können.

Auf der Brücke des alten Leopards brachten Matias Nelissens und sein Pilot die Devon’s Pride weiter in eine stabilere Lage. Das Vibrieren des Rumpfes ließ mit steigender Geschwindigkeit nach, dennoch war Matias deswegen besorgt. Wenn wir im nächsten Operationsgebiet gelandet sind, sollten wir uns die Kiste mal ansehen.
Trotzdem hatten sie jetzt erst einmal das gröbste hinter sich gelassen, und langsam aber sicher ließ die Anspannung im jungen Lyraner nach.
„Enrico, bring unsere alte Dame auf Reisehöhe, und halt die Geschwindigkeit bei etwa 700 km/h. Sollte erstmal reichen.“
„Verstanden, auf Reisehöhe bringen, Geschwindigkeit 700km/h“, wiederholte dieser das Kommando.
Erst jetzt hatte Matias Zeit sich zu Christine Sleijpnirsdottir zu wenden.
„Tja, geschafft würde ich sagen. Nur dumm, dass wir kein Signal von Ihren Leuten empfangen können.“
„Ja, zu dumm, aber ich denke, Matias, Sie können die ganze Sache wegen der Geheimhaltung verstehen“, entgegnete Sleijpnirsdottir ihm. Für einen Moment wunderte sich Nelissens, warum sie ihn mit leicht verärgerter Miene ansah, dann erinnerte er sich, sie vor nicht einmal zehn Minuten angeblafft zu haben.
„Auf ein Wort?“, meinte er zu ihr.
Das ließ sie überrascht wirken.
„Wie Sie wollen.“
Er ließ ihr den Vortritt durch die Luke, dann folgte er ihr und schloss er das Schott hinter sich.
Muss ja nicht direkt jeder mitbekommen, dachte er bei sich.
„Also schön Matias, ich hab den Hinweis von eben verstanden“, begann die blonde Pilotin leicht aufgebracht. „Ihre Brücke, Ihr Reich, schon okay. Also kein Grund mich noch weiter darauf hinzuweisen. Das nächste mal ab…“
„Entschuldigung, Christine“, unterbrach Matias sie mit einem Schmunzeln.
„Wie bitte?“ Sie schaute ihn ein zweites Mal schon verdutzt an.
„Ich sagte gerade Entschuldigung. Dafür, dass ich Sie auf der Brücke so angeblafft habe.“ Er hob die Hand, als sie etwas sagen wollte und fuhr selbst fort.
„Ja, meine Brücke, mein Reich, richtig, aber ich muss auch zugeben, dass Sie mit guten Absichten zu uns gekommen sind. Jedenfalls nehme ich das an.“
Diese Eröffnung von ihm ließ sie etwas entspannter wirken und ihr ein Lächeln aufsetzen.
„Nanu, Skipper, entwickeln Sie etwa Sympathien für mich?“ Sie sah ihm in die Augen.
Und für einen Moment fühlte sich Matias wie bei einem Streich ertappt, dennoch konnte er mit hochgezogenen Augenbrauen noch gerade verhindern, dass er sich ihr gegenüber vollkommen zum Trottel machte. Das hat mir gerade noch gefehlt.
„Ich versuche nur weiteren Spannungen zwischen uns aus dem Weg zu gehen“, versuchte er ihrer indirekt gestellten Frage auszuweichen. Wer’s glaubt.
Sie sah ihn mit einem Schmunzeln an, offenbar ahnte sie, was in ihm vorging.
„Nun, Skipper, dann hoffe ich, dass wir bald recht gut darin werden…Spannung zu vermeiden.“
Die Blondine zwinkerte mit ihrem linken Auge, setzte ein vielsagendes charmantes Lächeln auf und verschwand im nächsten Schott.
Und ließ Matias wie einen dummen Jungen stehen.
„Was zur Hölle war das jetzt?“

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Rückblick auf vorherige Ereignisse:

Anton Bramert, ausgebildeter Agent der LNC-Organisation Loki bzw. später Mitglied Heimdalls, war noch während seiner Ausbildung beim LNC an die Pandora-MA geschickt worden, um dort eine zusätzliche Ausbildung zum Mechkrieger zu erhalten, die allerdings eher mäßig erfolgreich verlief und dementsprechend vorzeitig abgebrochen wurde. Offiziell wurde natürlich nur der Ausschluss aus der Akademie vermerkt, ohne eine wirkliche Begründung zu liefern.Nachdem die Zeit an der Pandora-MA vorbei schickte das LNC ihn stattdessen zur Firma Norse-Storm, damit er dort eine zivile Ausbildung machen konnte. Hier kam ihm seine Grundausbildung aus der Pandora-MA zugute, denn er wurde von Norse-Storm als Testpilot für den wiedergebauten SPR-5F Spector eingesetzt. Das LNC war mit dieser Entwicklung sehr zufrieden. Es ist unklar, ab welchem Zeitpunkt Anton von Loki zu Heimdall wechselte, aber es wird voraussichtlich während der Zeit bei Norse-Storm gewesen sein.3061 w...hevaliers Wayside V mit einem für die Heimdall-Agenten zu diesem Zeitpunkt unbekannten Ziel verließen, OG Trank dabei im Gepäck, und stattdessen Anton mit dem Heimdall-Team zunächst auf Wayside V zurückblieb. Dort nahm er im Zuge seiner Erholungsphase zwischenzeitlich unter falschem Namen eine Stelle als Kampfsportlehrer an, wobei ihm seine Ausbildung und vor allem auch seine natürlichen Reflexe einige gute Dienste leisteten, und nahm zusätzlich an einem Einsatz teil, bei dem die letzten Reste der auf Wayside V befindlichen Zelle der dubiosen Organisation ausgeschaltet werden konnten.Nach diesem Einsatz konnten die Heimdall-Agenten ein KR-61-Shuttle übernehmen und einen Freihändler, die ROTMEISE, davon überzeugen, sie zur letzten, den Agenten bekannten, Adresse, an der die Chevaliers gesichtet wurden, zu bringen, der Raumstation Fury. Dort erfuhren die Agenten, dass die Chevaliers inzwischen in das Caliban-System aufgebrochen waren und machten sich nun ebenfalls auf den Weg dorthin.



Zenith-Sprungpunkt
Unbekanntes System, 27 Lichtjahre vom Caliban-System entfernt
Peripherie

„Sagen Sie das nochmal, Corporal!“
„Sir, soeben ist ein Sprungschiff der Scout-Klasse mit Kennung EDINBURGH ins System gesprungen und funkt uns an. Jemand an Bord verlangt ausdrücklich nach Ihnen, Sir.“
Kommandant Royce MacArthur starrte den KommTech in der engen Kabine des Shuttles KR-61-13 mit ungläubigen Augen an, dann warf er einen erneuten Blick auf die Anzeige. Er konnte es noch immer nicht glauben, aber es stimmte – vor nicht einmal zwei Minuten war tatsächlich ein Sprungschiff der Scout-Klasse in das System gesprungen, an denselben Sprungpunkt wie die ROTMEISE. Das Schiff hatte sich selbst als EDINBURGH identifiziert und irgendjemand an Bord dieses Schiffes verlangte eine gesicherte und vor allem private Kom-Verbindung mit Kommandant Royce MacArthur. Daraufhin hatte man an Bord der ROTMEISE eine Kom-Verbindung zur KR-61-13 hergestellt und dem KommTech im Cockpit des Shuttles die Situation erklärt, woraufhin dieser MacArthur ins Cockpit gerufen hatte und die Worte wiederholte, die er von der ROTMEISE gehört hatte. Und damit befand sich MacArthur in der unglücklichen Situation, nicht zu wissen, was er tun sollte. Der KommTech wartete offensichtlich auf eine Antwort und hielt MacArthur ein Headset entgegen. „Sir? Die gesicherte Verbindung steht.“
MacArthur starrte den Tech an, als ob dieser ihm gerade den Thron der Lyranischen Allianz angeboten hätte, dann nahm er das Headset vorsichtig entgegen und setzte es auf. Er justierte ein wenig das Mikro, dann sagte er. „Hier ist MacArthur.“
„Kommandant MacArthur, hier ist Jonathan Blecher. Der Hammer fällt mit Blitz und Donner.“
MacArthur war auf der einen Seite überrascht, diesen Kennsatz zu hören, der Blecher als ein Mitglied Heimdalls auswies, auf der anderen Seite war er aber auch erleichtert, weil er nicht mit Feindseligkeiten rechnen musste. „Das Auge verliert, doch die Weisheit obsiegt.“
Nachdem sich beide Männer als Mitglieder Heimdalls ausgewiesen hatten, sprach Blecher weiter. „Kommandant MacArthur, ich weiß, Sie befinden sich gerade auf einer schwierigen Reise, aber ich muss Ihnen leide eine dringende Order von der obersten Führung übermitteln. Ihre derzeitige Mission ist abgebrochen und Sie sollen sofort nach Donegal zurückkehren. Die Situation hat sich geändert und erfordert unsere Mithilfe.“
„Wie bitte? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Wir sind so kurz davor, die Mission erfolgreich abzuschließen und das soll jetzt einfach abgebrochen werden?“
„Die Befehle der Führung waren eindeutig, Kommandant. Ich bin nur der Überbringer, daher lohnt es sich für Sie nicht, mich anzuschreien. Heben Sie sich das lieber für diejenigen auf, die Sie auf Donegal zurücksehen wollen.“
„Und was ist mit Bramert und Trank? Wir wollten mit dieser Mission vor allem auch wieder den Austausch vornehmen, damit ich Trank in mein Team zurückholen kann und Bramert wieder zu den Chevaliers zurückkehrt.“
„Die Führung weiß davon, Kommandant. Das ist auch einer der Gründe, warum man mich hierhergeschickt hat, anstatt Ihnen die Nachricht einfach so zu übermitteln. Ich soll Feldwebel Bramert aufnehmen und nach Caliban bringen, damit er den Kontakt zu den Chevaliers herstellen kann. Aber für Sie, MacArthur, ist die Mission mit sofortiger Wirkung beendet.“
Der Heimdall-Agent konnte nicht glauben, was er da hörte. „Wir kommen zu Ihnen“, sagte er daher. „Ich möchte von Angesicht zu Angesicht mit Ihnen sprechen!“
„Natürlich, Kommandant“, lautete Blechers Antwort, wie MacArthur irgendwie erwartet hatte. „Kommen Sie, wann immer Sie wollen.“
MacArthur nahm das Headset ab und wandte sich an den KommTech, der noch immer neben ihm stand und so tat, als ob er nichts von dem Gespräch mitbekommen hätte. „Sagen Sie dem Piloten bitte, dass er von der ROTMEISE abkoppeln und Kurs auf die EDINGBURGH nehmen soll. Ich muss ein persönliches Gespräch führen.“
„Natürlich, Sir“, antwortete der Tech und verschwand ins Cockpit. MacArthur strich sich über das Gesicht und versuchte, die Situation irgendwie zu verkraften, dann wandte er sich um und ging in den engen Frachtraum zurück, wo ihn seine Teammitglieder erwartungsvoll ansahen. Interessanterweise war es Anton, der als erstes bemerkte, dass etwas nicht stimmte. „Herr Kommandant? Was ist los?“
Bevor MacArthur antworten konnte, koppelte KR-61-13 ab und legte sich in eine Seitenkurve. Die Loki-Agenten waren an die abrupten Bewegungen des kleinen Schiffes inzwischen gewöhnt und hielten sich einfach locker irgendwo fest, bis das Shuttle wieder eine waagerechte Position eingenommen hatte. MacArthur wartete, bis sich alles wieder einigermaßen beruhigt hatte, dann antwortete er auf die Frage des jungen Feldwebels. „Anscheinend hat irgendjemand in der Führung Heimdalls beschlossen, dass wir unsere Mission sofort beenden sollen. Darum wurde die EDINBURGH geschickt, um uns darüber zu informieren. Ich kann das nicht so ganz glauben und möchte darum mit dem Überbringer der Nachricht persönlich sprechen.“
Oberleutnant Obermann wirkte nicht sonderlich überrascht. „Wir wussten, dass dieser Tag kommen würde, Herr Kommandant.“
„Das ist korrekt, Oberleutnant, aber ich hatte mir gewünscht, dass wir wenigstens noch ein paar Monate Zeit bekämen“, antwortete MacArthur seinem Stellvertreter, dann sah er wieder zu Bramert hinüber. „Für Sie gilt das übrigens nicht, Anton. Anscheinend hat die EDINBURGH die Anweisung, Sie nach Caliban zu bringen, damit Sie zu den Chevaliers zurückkehren können.“
Bramert wirkte überrascht und erfreut zugleich. „Tatsächlich? Das ist doch gut für mich, oder?“
„Vielleicht. Allerdings bedeutet es auch, dass Sie sich möglicherweise im Alleingang Gefahren stellen müssen, die wir derzeit nicht abschätzen können.“
Das ernüchterte den jungen Narbenträger wieder. „Natürlich, Herr Kommandant. Bitte entschuldigen Sie.“
„Da gibt es nichts zu entschuldigen, Anton. Es ist nur natürlich, dass Sie sich darüber freuen, zu den Leuten zurückzukehren, die für Sie in der letzten Zeit zu Freunden und Familie wurden. Ich möchte Sie bloß darauf vorbereiten, dass Sie keine einfache Zeit haben werden und möglicherweise in Schwierigkeiten geraten können, die Sie ohne unsere Unterstützung meistern müssen – und dieses Mal sind wir nicht einmal in der Nähe, um Ihnen zu helfen, so wie es auf Wayside der Fall war.“
Obermann schaltete sich in das Gespräch ein. „Ich denke, Feldwebel Bramert wird diese Situationen meistern, Herr Kommandant. Er hat sich bisher doch gut geschlagen.“
MacArthur warf verzweifelt die Arme hoch. „Ja, das hat er, Obermann. Darum geht es mir doch auch gar nicht. Verdammt, ich mag es einfach nicht, meine Leute in Gefahr zu bringen, ohne ihnen beistehen zu können! Und ich hasse es, dass irgendwelche Politiker auf weit entfernten Planeten ohne auch nur den Hauch einer Ahnung über unsere Situation Entscheidungen treffen, die uns so stark beeinflussen, dass wir keine Kontrolle mehr haben. Und noch mehr hasse ich es, dass ich es hasse. Ach Scheiße nochmal.“
Obermann, Bramert und die anderen Mitglieder des Heimdall-Teams sahen ihren Teamleiter ernst an. Jeder von ihnen verstand, worum es dem Kommandanten eigentlich ging. Sie waren ein eingespieltes Team – selbst Bramert hatte sich inzwischen fast nahtlos in die Gruppe eingefügt, oder wieder eingefügt – und wurden jetzt erneut auseinandergerissen. Das konnte einen guten Kommandeur einfach nur fertig machen. Aber als guter Kommandeur wusste MacArthur auch, dass er damit leben und klarkommen musste – alleine. Denn auch das machte einen guten Kommandeur aus, der sich alleine auf der Spitze der Kommandokette befand und seine einsamen Entscheidungen zu treffen hatte.

Der Flug zur EDINBURGH war sehr kurz und MacArthur, der nach der Besprechung mit seinem Team ins Cockpit zurückgekehrt war, konnte durch den Sichtschirm erkennen, dass an dem kleinen Sprungschiff einige Umbauten vorgenommen waren. Das Schiff war offensichtlich mehr darauf ausgelegt, Luft/Raumjäger zu transportieren, als ein Landungsschiff an sein Ziel zu bringen. Allerdings gab es zumindest für kleine Shuttles wie ein KR-61 die Möglichkeit, in das Schiff zu gelangen und der Pilot flog die einzelne offene Frachtluke an, die groß genug war, um dem kleinen Schiff den möglichen Platz zu bieten, hindurch zu kommen. Nachdem das Schiff die Öffnung durchflogen hatte, schloss sich das Tor der Luke wieder. Der Pilot landete, magnetische Greifer sicherten das Schiff und noch während er die Systeme auf Standby schaltete, öffnete sich die Luke des Shuttles und MacArthur verließ das Shuttle, Obermann und Anton in seiner Begleitung. Da es in dem Scout-Sprungschiff kein Gravdeck gab, schwebten sie einfach schwerelos aus dem Shuttle heraus. Ein untersetzter, älterer Mann mit kurzgeschorenen, grauen Haaren erwartete sie bereits und schwebte ihnen entgegen. „Kommandant MacArthur? Ich bin Jonathan Blecher. Ich würde Sie ja gerne auf der EDINBURGH willkommen heißen, aber für diese Art der Förmlichkeiten fehlt uns leider die Zeit. Hier haben Sie die schriftliche Bestätigung Ihres Befehls.“
MacArthur nahm das Papier entgegen, das ihm von Blecher überreicht wurde und las es schnell durch. Seine Miene verwandelte sich in eine vor Wut verzerrte Maske, dann sah er Blecher an, als er mit Lesen fertig war. „Verstehe ich das richtig? Wir sollen auf die ROTMEISE zurückkehren und in die Innere Sphäre fliegen, während Feldwebel Bramert mit seiner Ausrüstung hier bleiben soll?“
„Wie ich schon gesagt habe, Kommandant“, entgegnete Blecher ruhig, „bin ich bloß der Überbringer der schlechten Nachrichten und auch wenn ich Ihre Wut verstehen kann, bringt es nichts, sie an mir auszulassen. Ihre Anweisungen sind eindeutig und man erwartet von Ihnen, dass Sie sie korrekt ausführen – so wie es sich für einen loyalen Agenten Heimdalls gehört.“
MacArthur zerknüllte die Nachricht und warf sie achtlos zur Seite. Der kleine Papierball schwebte langsam davon, während MacArthur sich umdrehte. „Das ist verdammter Müll, Blecher“, meinte er in Richtung des anderen Heimdall-Agenten. „Das ist wirklich und absolut verdammter Müll.“
„Auch das mag korrekt sein, Kommandant, aber ich kann mich nur wiederholen: Ich bin bloß der Überbringer der schlechten Nachrichten und…“
„Ja, ja, ich weiß“, unterbrach MacArthur ihn rüde. „Sie können nichts für die Anweisung und ich soll meine Wut nicht an Ihnen auslassen.“
Er wandte sich an Bramert. „Ich fürchte, hier trennen sich unsere Wege, Anton. Aber bevor ich gehe, möchte ich noch etwas erledigen, was ich schon längst hätte erledigen sollen. Sie sind mit sofortiger Wirkung in den Rang eines Hauptfeldwebels befördert. Das heißt im Moment zwar nichts, weil Sie kein Team haben, das Sie kommandieren können, aber ich finde, Sie haben diese Beförderung zumindest verdient – besonders wenn man Ihre Leistungen in der Vergangenheit beachtet und das Leid, dass Sie im Namen Heimdalls auf sich genommen haben.“
Bramert nahm Haltung an – ein Unterfangen, das besonders in Schwerelosigkeit fast unmöglich erschien – und salutierte steif. „Vielen Dank, Herr Kommandant. Und wenn ich das sagen darf: So kurz unsere Zusammenarbeit auch gewesen sein mag – es war eine Ehre, unter Ihnen dienen zu dürfen.“
MacArthur erwiderte den Salut. „Ich danke Ihnen, Hauptfeldwebel Bramert“, antwortete er, wobei er den Rang betonte. „Und jetzt holen Sie Ihre Sachen von Bord. Wir müssen gleich zur ROTMEISE zurückkehren und Sie sollen nach Caliban gebracht werden, sobald wir die EDINBURGH verlassen haben.“
Ohne den anderen Heimdall-Agenten noch weiter zu beachten, schwebten die drei Männer in das Shutte zurück, aus dem Anton alleine zurückkam, einen Seesack auf der Schulter und die Schwertscheide mit dem Vibroschwert auf den Rücken geschnallt. Blecher nickte ihm kurz zu, dann schwebten die beiden Männer aus dem Hangar. Der Raum dahinter hatte eine Glasscheibe und Anton konnte dadurch beobachten, wie sich die magnetischen Greifer von dem KR-61-Shuttle lösten, die Hangarluke sich erneut öffnete, das Shuttle seine Triebwerke zündete und den Hangar verließ. Blecher, der neben ihm schwebte, wartete, bis sich die Luke wieder geschlossen hatte, dann schwebte er zu einem Kommunikationsgerät, das fest an der Wand neben der Scheibe angebracht war. Er öffnete eine Komverbindung zur Brücke und sagte. „Kapitän, sobald das Shuttle eine ausreichende Entfernung erreicht hat können Sie die Vorbereitungen für den Sprung ins Caliban-System vornehmen. Wir müssen Hauptfeldwebel Bramert schnellstmöglich zu den Chevaliers zurückbringen.“
Er wartete die Bestätigung von der Brücke nicht ab, sondern wandte sich an Anton. „Sie sollten sich irgendwo festhalten, Hauptfeldwebel. Wir springen in wenigen Minuten.“
Anton ergriff eine nahe Wandstrebe und dann schien sich das Universum von innen nach außen zu kehren, als die EDINBURGH den Sprung vollführte. Kurz darauf kehrte das Schiff in den Realraum zurück und Blecher, der sich ebenfalls irgendwo festgehalten hatte, ließ los und schwebte zu einem anderen Ausgang. „Kommen Sie, Hauptfeldwebel. Wir haben noch einiges an Arbeit vor uns. Ach ja, und: Willkommen im Caliban-System.“
Anton sah dem Heimdall-Agenten hinterher, wie dieser die Beobachtungslounge verließ, dann stieß er sich von der Wand ab und schwebte ihm hinterher. Nicht mehr lange, dann wäre er wieder bei den Chevaliers – seiner Familie. Er konnte nur hoffen, dass sie ihn wieder so aufnehmen würden, wie damals, als er dachte, dass die Welt noch völlig in Ordnung sei – und er sich mit nichts außer den Kontrollen eines Mechs und einer potentiellen Schlacht beschäftigen musste.

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Ein Narr ist eine gefährliche Waffe im Haus der Vernunft

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Der Gebäudekomplex des Handelspostens entsprach dem üblichen Bild einer ComStar-Ansiedlung in potentiell feindlichem Gebiet. Es handelte sich um ein Dutzend zwei- und dreistöckiger Gebäude, um einen großen Zentralbau verteilt, von einer fünfzehn Meter hohen Stahlbetonmauer eingerahmt. Auf dem zentralen, fünfstöckigen Gebäude erhob sich die Sendeschüssel eines Hyperpulsgenerators. Die Stahltore standen offen, und für eine Welt wie Caliban IV war es gut frequentiert. Das platte Gelände rund um die Ansiedlung war zugeparkt mit Flugzeugen, Landern und Hubschraubern. Alles in allem schien Germaine die Aktivitäten in dieser Region des Weltalls mächtig unterschätzt zu haben, wenn dies ein normaler Tag war. Es war augenscheinlich genug Aktivität, um einen HPG zu errichten. Wenn Germaine aber an die Seltenen Erden und das Germanium dachte, das in dieser Region des Weltalls gefördert wurde, erschien ihm diese Entwicklung konsequent. Germanium war wertvoller als Gold und für den Sprungschiffbau unerlässlich. Und trotz Bürgerkrieg war der Ausstoß neuer Sprungschiffe seit der Sternenbundzeit nie so hoch gewesen wie in diesen Tagen. Dazu kam der stark vermehrte Bau von sprungfähigen Kriegsschiffen. Germaine hatte augenscheinlich unterschätzt, wie sehr die menschliche Zivilisation dieses Element brauchte.
Er konzentrierte sich auf einige der Abzeichen auf den geparkten Vehikeln. Einige zeigten Logos, so wie die Chevaliers ihren Jerry zu tragen pflegten. Andere trugen das Logo ihres Staates, Teilstaats oder ihres Planeten. Es war erstaunlich. Einerseits die pure Zahl an Besuchern, die Germaine auf dreihundert oder mehr schätzte, andererseits, wie friedlich die verschiedensten Vehikel nebeneinander parkten. Eine gewisse Grundrivalität war dennoch vorhanden. Germaine erkannte es auf einem Hubschrauber mit Tamar-Logo, das eine Karikatur von Victor Davion als Teufel zeigte. Er war sich nicht ganz sicher, ob es eine Parodie oder ein Lob sein sollte, es war einfach zu gut gezeichnet. Eventuell ergab sich die Gelegenheit, nach dem Künstler zu fragen.

Als die Kollisionswarnung aufklang, bemerkte Germaine das erste Mal das Landungsschiff, das ebenso wie die ROSEMARIE auf den großen, Landern vorbehaltenen Platz vor dem Haupttor zuhielt. Zuerst hielt er es für einen Leopard, aber dann erkannte er, dass das Design schlanker war. Ein Broadsword? Clanner.
"Du nimmst mir nicht meinen Parkplatz weg! Du nicht!", rief Mustafa al Hara ibn Bey, der Kapitän des Unions triumphierend, als sein Landungsschiff als erstes aufsetzte. Der Broadsword, derart geschlagen, suchte sich seine Nische an der Flanke des größeren Verwandten.
Al wandte sich um und grinste breit. "So weit kommt es noch, dass mir irgendwelche Landungsschiffskapitäne aus der Peripherie zeigen wollen wie man fliegt." Er nickte Danton zu. "Meine Arbeit ist getan. Der Rest liegt bei dir, Germaine."
"Ich danke dir." Danton tippte sich mit Zeige- und Mittelfinger der Rechten an die Stirn. "Estelle, Charly, wir wollen los."
Die Majorin und der Unteroffizier schlossen sich dem Herrn der Chevaliers an.
Im Hangar entluden sie gerade die erste Lanze, die laut Befehl einen Patrouillendienst aufnehmen würde, um ganz klar zu zeigen, wer der dickste Fisch im Teich war.
"Ja, Himmel auch, du glaubst es nicht", hörte er die entgeisterte Stimme seiner MeisterTech, die neben dem AsTech, der die Mechs auswinkte, an der Rampe stand und hinaus schaute.
"Du glaubst was nicht, MeisterTech?", fragte Danton, während hinter ihm Brensteins Nightstar den Hangar verließ.
Doreen winkte den Colonel näher und deutete nach draußen.
"Ja, aber hallo. Haben die Glitzerfische wirklich genügend davon, um einen in der Peripherie versauern zu lassen?"
"Was ist denn... Oh mein Gott!", entfuhr es McAllister, als sie ebenfalls das Luk erreicht hatte. "Was macht das Ding hier?"
Charles Decaroux fühlte sich nicht bemüßigt, die Szene zu kommentieren, dennoch ballte er die Hände zu Fäusten. Er erinnerte sich noch sehr gut daran, wann die Chevaliers so einem Monster zuletzt begegnet waren. Und es waren keine guten Erinnerungen.
"Ich vermute, sie brauchen ihn gerade nicht. Hier hat er vermutlich nicht viele Einsätze, was den Wartungsaufwand niedrig hält. Aber es wundert mich schon, dass Clan Diamanthai zur Bewachung seines Handelsposten ausgerechnet ein Stone Rhino schickt."
Danton betrachtete den einhundert Tonnen schweren Giganten mit gemischten Gefühlen. Es gab nicht viele Designs, die es mit einem Monster aufnahmen, das erdacht worden war, dem Feuer einer ganzen MechKompanie zu widerstehen. Achtzehn Tonnen Panzerung, und in der Grundkonfiguration mit zwei schweren Pulslasern und zwei Gauss-Geschützen ausgerüstet, war er auch noch ansprechend bewaffnet. Und hatte auch noch Sprungdüsen. Dazu kam seine Kampfgeschwindigkeit, mit der er fast jedem gleich schweren Kollegen davon lief. Es hieß allerdings, dass Stone Rhinos nie im Gefecht eingesetzt wurden, weil es sich nicht einmal ein Clanner leisten konnte, eines der supergefährlichen, aber auch superteuren Monstren zu verlieren.
Germaine erinnerte sich daran, dass die Wartung dieses Riesen aufwändig war; sonst hätten die Ronins unter Genda, bei ihrem ersten Einsatz als Chevaliers, solch eine Maschine gegen sie eingesetzt. Der Gigant alleine wog eine Lanze seiner Truppen auf, und das war kein schöner Gedanke. Allerdings war ein Mech nur so gut wie sein Pilot.
Germaine verstand, warum der Chef seiner Dritten Kompanie als Erster mit seinem Nightstar das Schiff verlassen hatte.
Auf dem Weg, der zum Tor führte, warteten bereits zwei Gruppen, die in ComStar-Roben gehüllt waren, auf die Abordnungen aus Union und Broadsword. Sie zeigten sich von beiden Giganten eher unbeeindruckt.
"Gut. Lassen wir sie nicht warten." Er sah noch einmal seine MeisterTech an. "Schick deine Leute rüber. Tauscht ein paar Sachen mit den Clannern. Du weißt doch, wie das geht. Und wenn du willst, führe ihnen deine Beine mal vor."
Doreen nickte. "Habe verstanden. Viel Spaß, Germaine."
"Wir werden sehen, ob das hier Spaß machen wird", erwiderte Danton und ging gleich nach dem zweiten Mech, dem Dire Wolf von SternCaptain Frederic, ihrem Kontaktoffizier, die Rampe hinab. McAllister und Decaroux folgten ihm dichtauf.

"Herzlich willkommen auf der ComStar-Handelsstation von Caliban IV", empfing sie der Kopf der Dreier-Abordnung freundlich. Er war ein großer, breit gebauter, bärtiger Mann mit den ersten grauen Fäden in seiner Manneszierde. "Ich bin Demi-Präzentor Juri Dombroski. Meine Begleiter sind Adept Francine Heller und Akolut Harold Steijner. Und bevor Sie fragen, Akoluth Steijner schreibt sich mit J, und seine Vorfahren kommen aus der Liga Freier Welten. Nicht verwandt und nicht verschwägert mit Haus Steiner."
"So." Danton nickte. "Ich bin Colonel Germaine Danton. Meine Begleiter sind Major Estelle McAllister, und Sergeant Major Charles Decaroux. Haben Sie vielen Dank für das warme Willkommen. Seien Sie sicher, das wir hier oft und viel einkaufen werden, während wir auf Caliban IV weilen."
"Was hoffentlich eine lange Zeit sein wird. Eine so große Streitmacht wie die Ihre hält sicherlich das übliche Piratenpack eine Zeit vom Planeten fern."
So, so, das Geplänkel war also eröffnet, und der Demi hatte sofort blank gezogen. Wie überaus interessant. "Wir begleiten den Prospektor Cole. Solange er schürft, bleiben wir ohnehin auf dem Planeten."
"Cole?" Dombroski runzelte die Stirn. "Loren Cole?"
"Richtig."
"Kennen Sie Mr. Cole, Colonel Danton?"
"Ich bin ihm vor der Mission nie begegnet", gestand Danton.
"Gut, das erklärt einiges. Aber ich will nicht den Eindruck erwecken, schlecht über Mr. Cole reden zu wollen. Sicher hatte er damals gute Gründe für das, was er getan hat. Wir... Ist etwas, Colonel?"
"Ich wundere mich über Ihre zweite Delegation. Sie empfängt, wenn ich es richtig sehe, eine Clan-Delegation."
"Adept Jenkins empfängt die wöchentliche Abordnung der Diamanthaie. Wir tauschen Post aus. Es ist für uns einfacher, mit Hilfe der Haie Post zu den Pentagonwelten zu schaffen. Und es ist für sie einfacher, Post mit unserer Hilfe in die Besatzungszonen zu leiten. Aber es ist schon etwas ungewöhnlich, dass SternColonel Trauthild Nagasawa persönlich dabei ist."
Danton sah erneut herüber. "Die kleine Frau ist SternColonel Nagasawa?"
"Nagasawa ist ein Pilotenname", sagte Dombroski. "Sie wissen, dass die Clans bei ihren Kriegern bestimmte Vorteile durch gezielte Züchtung hervor heben. Elementare werden besonders groß entwickelt, Mechpiloten besonders ausgewogen zwischen schlank und kräftig, und Raumpiloten möglichst zierlich."
"Sie ist nicht einmal anderthalb Meter groß", stellte Danton fest.
"Einen Meter und achtundvierzig Zentimeter. Wenn ich Sie wäre, Colonel, würde ich sie dennoch nicht unterschätzen. Erstens ist sie keine Solahma, wie hier zu erwarten wäre, und zweitens hat sie sowohl für ihren Blutnamenstest als auch für ihren Positionstest einen Elementare im Nahkampf besiegt, so sagt man."
Danton runzelte die Stirn. "Also wirklich, Sir, ich glaube Ihnen vieles, aber das sicher nicht." Natürlich war es für normalgebaute Menschen möglich, einen dieser Riesen zu fällen. Phelan Kell hatte das mehrfach bewiesen. Aber wie sollte das einer Frau möglich sein, die nicht einmal halb so groß wie einer dieser Riesen war?
"Ich weiß, es ist schwer zu verstehen, aber diese Frau ist aus militärischer Sicht sehr gefährlich. Es heißt auch, sie hätte sich am Ende ihrer Ausbildung direkt zum SternCaptain hochgeschossen."
"Ach. Wie gut, dass ich nicht auf dieser Welt bin, um gegen sie zu kämpfen."
"Das hätte ich mir auch verboten, Colonel. Wir pflegen, wie Sie ja jetzt wissen, ein äußerst freundliches Verhältnis zum Handelsposten der Clans, und ComStar hätte gerne, dass das auch so bleibt."
"ComStar hätte gerne viele Dinge, zum Beispiel, das meine Mission ein Erfolg wird", sagte Danton schmunzelnd. "Dürfen wir sie kennenlernen?"
"Selbstverständlich. Adept Heller wird Sie geleiten. Ich werde derweil ein kleines Essen arrangieren, um Ihre Ankunft entsprechend zu würdigen, Graf Danton."
"Oh, hat das also auch schon die Runde gemacht", stellte Germaine amüsiert fest.
"Das, und noch einiges mehr. Ich gebe zu, ich war irritiert, als ich Ihren berühmten Gehstock nicht gesehen habe. Man sagt, Sie verstecken darin eine Schwertklinge, mit der Sie Elementare zu töten pflegen."
"Oh ja, und geschmiedet wurde sie im Blut von zwanzig Mechkriegern der Jadefalken, die ich persönlich abgeschossen habe. Auf einen Schlag", spöttelte Danton. "Entschuldigen Sie meinen Scherz, aber es war nur ein ganz gewöhnlicher Gehstock, den ich brauchte, weil ein übereifriger Attentäter mir die linke Hand und das rechte Knie zerschossen hat." Zum Beweis hielt Danton die Linke hoch, wo sich eine sehr große und hässliche Narbe abzeichnete. Ohne die hervorragenden medizinischen Möglichkeiten von Parkensen City hätte die Hand steif werden können.
"Sie haben vermutlich Recht, man sollte nicht so viel auf Gerüchte geben. Gerade, wenn sie von der Gegenseite kommen", erwiderte er mit einem Nicken in Richtung der Clan-Delegation, die nun aus vier Personen bestand.
Darüber hinaus stellte Danton fest, dass zum Stone Rhino noch kein weiterer Mech gestoßen war. Eine ungeheure Provokation, wenn Nagaswa damit andeuten wollte, das der Stone Rhino vollkommen ausreichte, um die Kommandolanze von Brenstein auszukontern. Auf jeden Fall eine freche Ansage an ihn. Danton beschloss, sie anzunehmen.
"Können Sie bitte Sergeant Major Decaroux mitnehmen, Demi, und ihm einiges zeigen? Wir sind sehr interessiert an den Möglichkeiten Ihrer Niederlassung.
"Natürlich Akoluth Steijner wird ihn herum führen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, widme ich mich der Küche. Es heißt, Sie haben einen exzellenten Sternekoch in Ihrer Kantine, und ich werde einiges aufbieten müssen, um ihn auszustechen. Außer, auch das war ein Gerücht."
Danton grinste breit. "Das ausnahmsweise nicht. Leon ist ein hervorragender Koch."
"Dann werde ich mir Mühe geben müssen."
"Sie kochen persönlich, Demi?"
"Eines meiner wenigen Hobbies. Selbstverständlich nur das Beste für Sie und Ihre Begleiter, Colonel."
"Haben Sie meinen Dank", sagte Danton.
"Bitte folgen Sie mir", sagte Heller und wandte sich in Richtung der Clanner um. McAllister und Danton folgten ihr. Decaroux begleitete Akoluth Steijner und Demi Dombroski in die Anlage.

Sie traten an die Delegation heran und hielten einen höflichen Abstand. Die Luft/Raum-Pilotin, ein Elementar und zwei MechKrieger standen bei ihr. Zumindest hatten sie die Statur von MechKriegern. Das hieß nicht zwingenderweise, dass sie Krieger waren. Es konnten auch Händler sein.
Ein mädchenhaftes Lachen klang zu ihnen herüber, und eine sehr helle Stimme schien Adept Jenkins zu tadeln. Es fiel Danton schwer, diese Frau für gefährlich zu halten.
Heller trat an die Gruppe heran und sagte etwas. Das Gesicht der kleinen Frau wandte sich ihnen zu. Sie sah jung aus, viel zu jung für die Position eines SternColonels. Außerdem spottete ihre blonde Kurzhaarfrisur den japanischen Namen Lügen.
"Aber natürlich haben wir nichts dagegen. Kommen Sie, Colonel Germaine, kommen Sie."
Danton registrierte, dass sie in typischer Clansmanier seinen Familiennamen weggelassen hatte.
Einer ihrer Begleiter beugte sich vor, und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie verzog das Gesicht zu einer ärgerlichen Miene. "Es ist mir doch egal! Ich bin nicht bereit irgendetwas auf die Errungenschaften der feudalen Struktur der Inneren Sphäre zu geben! Unsere Vorfahren haben die Innere Sphäre auch wegen dem restrektiven Adelssystem verlassen. Was also soll ich von einem Mann halten, dessen Vorfahren nicht in der Lage waren, sich unseren Vorfahren anzuschließen?"
"Bitte seien Sie nicht so streng mit ihnen", sagte Danton und trat so an die beiden Gruppen heran, dass er und McAllister den Boden eines U bildeten, bei denen die Clanner links und die ComStar-Mitarbeiter rechts standen. "Sie mussten Terra wiederaufbauen."
"Vieles musste wiederaufgebaut werden", erwiderte sie schroff, aber ohne ihr Lächeln zu verlieren.
"Verzeihung, SternColonel Traudhild Nagasawa, aber Colonel Graf Germaine Danton ist Terraner", warf Jenkins ein.
"Wir sind alle Terraner", erwiderte sie hitzig.
"Ma'am, er ist auf Terra geboren!", präzisierte Jenkins.
"Oh. OH! Aus welchem Bundesstaat kommen Sie? Nordamerika?" Mit einem hastigen Schritt trat sie an ihn heran und bot Danton die Hand.
Ihre zierliche Rechte verschwand fast in Dantons, aber ihr Griff war fest und trocken.
"Europa. Um exakt zu sein, ich bin Franzose. Um noch exakter zu sein, Normanne. Einer meiner Vorfahren hat General Kerensky dabei geholfen das nordatlantische Bollwerk zu durchbrechen und das Land seiner Väter zu befreien." Er deutete zur Seite. "Dies ist Major Estelle McAllister. Sie ist keine geborene Terranerin, aber sie hat sich ihren Weg in die Offiziersränge von ganz unten hoch erarbeitet."
Das zierliche blonde Mädchen - es widerstrebte Danton, sie als Frau überhaupt ernst zu nehmen, obwohl er wusste, das er das bitter bereuen konnte - reichte nun auch der Majorin die Hand. "Es freut mich, Major Estelle McAllister. Jemand, der sich nach Art der Clans von ganz unten nach oben durchschlägt, und dann auch noch eine Frau ist, in der rückständigen, feudalen und patriarchischen Inneren Sphäre, ist etwas ganz Besonderes in meinen Augen."
"Danke, SternColonel Traudhild Nagasawa", erwiderte sie mit warmer Stimme. Die Schmeichelei hatte genau ihren Nerv getroffen, und Danton war sich nicht ganz sicher, ob es Schmeichelei gewesen war.
"Dies sind meine Begleiter. Der große böse Teddy da ist SternCaptain Vogt, der Anführer meines Elementare-Binärsterns."
Der große böse Teddy, ein Riese mit glattrasiertem Kopf und mongolischen Zügen, beugte sich zu Danton herab und schüttelte ihm die Hand. Nun verschwand seine Hand in der des Elementaren. Und er fragte sich ein wenig amüsiert, ob es Vogt nun so ging, wie ihm mit SternColonel Nagasawa.
"Freut mich sehr, Freigeborener." Er kassierte einen Hieb gegen die Hüfte und räusperte sich. "Freut mich sehr, Colonel Germaine." Zu mehr schien er sich nicht bewegen zu lassen, und McAllister bedachte er nur mit einem Nicken.
"Der hässliche Gaffelschoner daneben, der aussieht, als könnte ein Windhauch ihn auseinander brechen ist SternCaptain James Clarke, mein Stellvertreter."
"Hrhrhr", machte der hagere Mann, "du bist wieder einmal soo witzig, Traudhild. Willkommen auf Caliban IV, Graf Danton. Ich hoffe, Sie stören sich nicht daran, dass ich meinem persönlichen Mech ein wenig Auslauf gebe."
Danton nahm die Information, das der designierte Pilot nicht in seiner Maschine saß, mit Vorsicht an. Versuchte er, die Ausschiffung der Bestie zu verharmlosen, zu bagatellisieren?
"Warum sollte er das übel nehmen? Er hat doch gleich vier Überschwere Maschinen ausgeschleust", sagte Nagasawa so fröhlich, als würde sie über Sport reden. "Und last but not least, darf ich Ihnen die wichtigste Person in unserer Runde vorstellen: Die Direktorin unseres Handelsposten, Siska Rothschild."
"Rothschild?", fragte Danton verwundert, während er der großen, rothaarigen Frau die Hand gab.
"Ein Ehrenname, kein Blutname. Wir verwenden ihn in der Händlerkaste, aber er ist für die anderen Kasten nicht bindend", erklärte sie. "Willkommen auf Caliban IV, Colonel Danton, Major McAllister. Ich hoffe, Sie besuchen auch unseren Handelsposten und sorgen für ein wenig Umsatz. Unser Getreide ist in jedem Fall besser als das von ComStar."
"Na, na, na, Schleichwerbung mitten im Feindgebiet?", tadelte Adept Jenkins, und die Händlerin grinste ihn frech an.
"Da wir uns nun miteinander bekannt gemacht haben, sollten wir vielleicht gemeinsam durch die Anlage gehen", sagte Nagasawa und ergriff Dantons Hand. Sie zog ihn leicht hinter sich her, und der Colonel fühlte sich, als würde seine halbwüchsige Tochter ihn zu einem Stand mit Süßigkeiten ziehen, damit er ihr welche kaufte. Er gab nach und ließ sich ziehen. Diese Frau war brandgefährlich, und das schon, bevor sie in ein Cockpit gestiegen war. Sie hatte ihn von Anfang an emotional manipuliert. Und das erfolgreich. Der Gedanke, vielleicht auf sie schießen zu müssen, bereitete ihm äußerstes Unbehagen, weil sie sich unter die Deckung seines Beschützerinstinkts geschlichen hatte. Das würde er bereuen, in so ziemlich jeder Hinsicht. Blieb ihm nur zu hoffen, dass die Diamanthaie keine Veranlassung sehen würden, auf Seiten der Nebelparder einzuschreiten.
Die Delegation folgte ihnen, und Nagasawa begann, ihn über die Normandie auszufragen.

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Als Shepard das nächste Mal erwachte, sah sich Danton gemüßigt, von seinem Sitzplatz aus eine Bemerkung anzubringen. "Guten Morgen, Master Sergeant."
Der Mann blinzelte, rieb sich mit der Linken über die Augen, und ächzte leise, als die gebrochenen Rippen schmerzten. "Morgen, Sir."
"Grandiose Leistung, Master Sergeant. Haben Sie mir dazu was zu sagen?"
Der höchste Unteroffizier der Chevaliers biss die Zähne zusammen. "Ugh. Wie schlimm ist es?"
Danton lehnte sich ein Stück auf seinen Gehstock. "Um es zusammen zu fassen, Sie wirken, als wären Sie bei einer Massenpanik von ein paar hundert Beinen niedergetrampelt worden. Sie haben fünf gebrochene Rippen, mehrere ineinander verlaufende Blutergüsse und Beulen, und das linke Handgelenk ist kräftig angeschwollen, durch eine, wie man mir sagte, ungewohnte erhebliche mechanische Belastung. Habe ich die mittelschwere Gehirnerschütterung schon erwähnt?"
Danton legte nun auch die linke Hand auf den Gehstock. "Sie erzählen Ihre Version, Master Sergeant, und ich erzähle meine Version, okay?"
"Die Tatsache, dass Sie mich immer noch mit meinem Rang anreden, bedeutet dann wohl, dass Sie nicht vorhaben, mich zu degradieren."
"Warum sollte ich das? Ich habe Ihnen, mit McAllisters Einverständnis, einen Freibrief erteilt. Allerdings hatte ich nicht erwartet, dass Sie Lieutenant Medwedjew gleich ins Jenseits befördern würden. So groß war der Mist nun auch nicht, den sie gebaut hat."
"Sie war labil", sagte Shepard, "vermutlich schizophren und paranoid. Schätze, sie hat sich einmal zu oft die Fußsohle eines BattleMechs von unten angesehen."
"Erzählen Sie mir mehr, Master Sergeant", sagte Danton. Bedächtig lehnte er sich nach hinten.
"Ich ging in ihr Büro, um sie mit den Vorwürfen zu konfrontieren. Anstatt sich damit auseinander zu setzen, verhöhnte sie Captain Fokker und Sie im gleichen Satz. Auf meine anschließende Provokation reagierte sie mit einem sofortigen Angriff."
"Das klingt nach einem sehr labilen Menschen." Es war an seiner Stimme nicht zu erkennen, ob der Herr der Chevaliers das ernst gemeint hatte, oder ob da Ironie mitspielte.
"Jedenfalls zückte ich meinen Teleskopschlagstock, um mir einen Vorteil zu verschaffen. Zu dem Zeitpunkt hatte sie mir schon gegen den Kopf getreten und die Rippen eingedellt. Anschließend drohte sie mir, mich mit meinem eigenen Schlagstock zu vergewaltigen. Sie zog ein Stilett aus dem rechten Stiefel und drohte damit, mich zu töten. Daraufhin habe ich sie erschossen."
"Ein Stilett? Und sie hat es Ihnen präsentiert?"
Shepard hustete. "Es gibt eine alte Regel unter Messerkämpfern. Die, die gut sind, zeigen dir ihr Messer erst, wenn es in dir drin steckt. Die schlechten Messerkämpfer produzieren sich mit der Klinge in der Hand, versuchen mit ihrem Anblick einzuschüchtern. Das sind die, die im Arsch sind, wenn sie an einen Profi geraten. Unsere junge paranoide Kandidation hat nicht daran gedacht, dass ich im Seitenholster noch eine Pistole hatte. Wie sie übrigens auch selbst eine trug. Aber sie kam weder auf die Idee, sie als Drohung zu gebrauchen, noch sie zu benutzen. Sie wollte das Messer. Und sie wollte damit mein Blut sehen. Ich kenne einige durchgeknallte Infanteristen, Sir, aber die hatte echt keine einzige Schraube mehr da, wo sie sein sollte."
Danton nickte, und erhob sich. "Gut, Master Sergeant Shepard, Sie handelten in Notwehr. Das ist hiermit registriert. Auswirkungen auf Ihre Akte wird das nicht haben. Ich schreibe Ihnen keine Belobigung dafür, dass Sie einen meiner Offiziere erschossen haben."
"Belobigung? Ich dachte eher, Sie..."
"Ich habe Sie geschickt. Sie sind meine Verantwortung, Shepard. Alles, was Sie getan haben, erfolgte in meinem Namen. Leider auch alles, was Medwedjew getan hat. Was mich angeht, brauche ich einen neuen Infanterie-Leutnant. Sobald ich den habe, ist die Welt für mich wieder in Ordnung. Und vielleicht überlegt es sich der nächste schizophrene und paranoide Bastard dann noch mal, was er tut, wann er es tut, solange Sie als mein Master Sergeant dienen, Shepard."
Er musterte den Verletzten. "In drei Tagen sind Sie wieder auf den Beinen, Master Sergeant. Das ist ein Befehl."
"Ja, Sir", bestätigte Shepard. Das reichte für die Gehirnerschütterung, aber nicht für die gebrochenen Rippen. Andererseits waren drei Tage für das Gewerbe eines Master Sergeants eine sehr lange Zeit.
"Ach, und danken Sie mir nicht für die Solderhöhung."
"Solderhöhung?", fragte Shepard nach, aber Danton ging, ohne darauf einzugehen.
"Ruhen Sie sich aus, Master Sergeant", sagte der Herr der Chevaliers, und schloss das Schott hinter sich.

Auf der anderen Seite erwartete ihn Estelle McAllister. Sie lehnte gegen die Wand, und hatte durch die halb geöffnete Tür zu Shepards Krankenzimmer alles mitbekommen. "Notwehr", stellte Danton fest.
"Ja, Sir", erwiderte McAllister, und folgte dem voran schreitenden Colonel.
"Was haben Sie mir noch zu sagen, Mrs. McAllister?"
"Ihr Kompanieführer hat sie gedeckt. Hat sie an der kurzen Leine eng bei sich gehalten, weil er wusste, dass sie zu Eskapaden neigt. Glaubte, sie unter Kontrolle und im Griff zu haben. Als ich sie mit den Fotos von Captain Fokker konfrontiert habe, hat sie geflucht wie ein Bierkutscher und ihr halbes Büro verwüstet. Es scheint so zu sein, dass sie mit dem Ergebnis gerechnet hat. Irgendwann früher oder später. Nun ist es früher geworden."
"Und der Captain von Medwedjew heißt nicht zufällig auch Medwedjew und ist ihre große Schwester?"
"Der Captain von Medwedjew kommandiert meine Bravo-Kompanie und war Zeit ihres Dienstes eine vorbildliche Person, die sich mit Hingabe um ihre Leute gekümmert hat, und keine Angst davor gehabt hat, am Wasserloch... Ich meine, am Southern Sea Herzog Mikados Mechs in den Schützenlöchern aufzulauern und selbst mit einer Inferno-Rakete auf sie zu schießen. Um Medwedjew hat sie sich intensiv gekümmert, weil wohl jeder ein Hobby braucht, das einen vom alltäglichen Wahnsinn ablenkt. Und Medwedjew war mehr als eine Handvoll zu tun. Sie war meinem Captain übrigens mehr als ergeben. Captain Sanner hatte zu dem Zeitpunkt keine Anhaltspunkte, dass Medwedjew wieder über die Stränge geschlagen war."
"Also wird es keinen Racheakt nach sich ziehen?", hakte Danton nach.
"Nein, nicht, dass ich es vermuten würde. Letztendlich ist Sanner auch froh, dass es, nun, vorbei ist. Der Lieutenant war eine sehr schwierige Person. Viele Infanteristen drehen durch. Das liegt an unserem Scheiß Beruf, Sir."
"Ich weiß. Und ich versuche deshalb, meine Infanteristen weder zu verheizen, noch in ausweglose Lagen zu manövrieren."
"Ich versuche das Gleiche, Sir. Aber ab und an klappt das eben nicht."
Danton nickte. "Ich weiß. Fliegen wir zurück zum Handelskontor. Ich habe so das Gefühl, dass von dem Baum, den ich geschüttelt habe, bald schon die ersten Früchte herabpurzeln werden."
"Ja, Sir."
Aber hier begann es erst.
***
Harrison Klein war beeindruckt. Der Feldkommandeur der Wayside-Miliz überblickte vom Anhur aus den Fortgang der Aufbauarbeiten für Dantonville, und was er sah, machte ihn sehr zufrieden. Ein Gefühl, das er brauchen konnte, denn noch immer nagte an ihm der Gedanke, seinen Lehnsherrn und Kommandeur enttäuscht und seine Leute in den Tod getrieben zu haben. Genau hier hatte Copeland ihn in die Falle gelockt. Und genau hier hatte er sich seine üblen Verbrennungen zugezogen, die ihn fast getötet hätten. Ach, wäre er doch nur verbrannt worden. Wieder und wieder war er die Schlacht durchgegangen, und immer wieder war er zu der Erkenntnis gekommen, dass er keinen Fehler begangen hatte, zumindest keinen außer dem gravierenden Fehler, den Angriff zu befehlen, und damit der versteckten Mechkompanie im See die Möglichkeit zu geben, in Angriffsreichweite zu kommen.
Auch Aaron Imara hatte über die Schlacht mehrfach geschaut. Als Oberkommandierender von Wayside V war es quasi seine Pflicht gewesen, um seinen neuen Untergebenen kennen zu lernen. Er hatte lediglich eine Anregung gehabt, die Formation betreffend. Klein hatte die Mechs in Front detachiert gehabt, und anschließend beim ersten Feuerstoß des Gegners auf die Höhe der Panzer zurückfallen lassen, um eine geschlossene Feuerwand zu bilden. Er hatte einige Simulationen gefahren, in denen Kleins Mechs dem ersten Angriff stand gehalten hatten. Es war stets einher gegangen mit dem Verlust von acht Maschinen. Deshalb hatte er eine andere Variante probiert, die Panzer vorzuziehen und die Feuerkraft zu erhöhen. Seine Worte dazu waren gewesen: "Die meisten Kommandeure wären davon überrascht worden, und man hätte sie ins Wasserloch zurücktreiben können. Leider nicht Copycat."
Dem musste Klein zustimmen. Er hatte den Major, jetzt Lieutenant Colonel, während der Umstrukturierung und den Übungen beobachtet; der Mann war gewitzt, schlau, mit allen Wassern gewaschen, schwer zu durchschauen, aber er wirkte immer offen und ehrlich. Eine merkwürdige Kombination. Auch über seine Herkunft rankten sich die verschiedensten Gerüchte. Es gab eine offizielle Variante, nach der er aus der Liga Freier Welten kam, wo er gegen Blakes Wort gekämpft hatte, ausgerechnet auf Gibson, der Stammwelt des Ordens. Dann meinten einige zu berichten, er wäre bei ComStar ausgebildet worden. Wieder andere behauptete, er trüge die Sanglamore-Schärpe. Die Gerüchte, er hätte Sun Tzang abgeschlossen, waren nicht besonders laut, aber zumindest glaubwürdiger als die Behauptung, man hätte ihn schon mal mit einem Abschlussklassenring von der Nagelring-Akademie herumlaufen gesehen. Eine Sache jedoch stand unumstößlich fest: Copeland hatte die Mittel, die Möglichkeiten und die Strategie gehabt, um zu siegen. Und er hatte gesiegt. Klein und seine Leute waren bis zu den Three fallen Sisters zurückgedrängt worden. Von dort hatten sie evakuiert, um beim Kampf um die Hauptstadt einzugreifen, oder im Zweifelsfall den Rückzug nach Stirling zu decken.
Später hatte er sich mit Harrison Copeland ausgesprochen und verwundert festgestellt, dass er keinerlei Groll hegte. Nicht gegen den Mann, nicht gegen seine Leute. Vielleicht, weil seine persönliche Enttäuschung überwog. Er war kein Draconier, aber mehr als einmal hatte er daran gedacht, seinem Leben mit der Dienstpistole ein Ende zu setzen. Ein ehrwürdiger Schlussstrich. Aber wofür? Der Herzog war mit seiner Leistung zufrieden gewesen und hatte ihn sogar noch befördert. Und seine Familie hätte es nicht verstanden, wenn er sich getötet hätte. Sie waren ebenfalls keine Draconier, und der preußische Charme mancher Lyraner ging ihnen auch ab. Als Davy hatte man ja auch gefälligst auf dem Boden der Tatsachen zu stehen, und da starb man nicht von eigener Hand, sondern erst nach stundenlangen Kämpfen von der Hand einer überwältigenden Übermacht, nachdem man sie nachhaltig dezimiert hatte. Das waren die Worte seines Herzogs gewesen, früher einmal, bei einer anderen Gelegenheit.
"Ich sollte mir hier ein Haus errichten lassen", klang die Stimme von Imara auf.
Klein schien wie aus einem Traum zu erwachen. "Ein Ferienhaus?"
"Ja." Imara grinste ihn an. "Was hübsches mit Veranda und so, wie Ace in Parkensen City hat. Vielleicht nicht ganz so protzig, aber nahe am Wasser. Ich meine, man kann doch drin baden?"
"Die Verunreinigung mit der Kühlflüssigkeit und dem Schmiermittel von Copelands Mechs hat keine Auswirkung auf die Wasserqualität", sagte Klein. Wieder ging sein Blick über die Stadt, die hier entstand, zum Milizgelände, das sich direkt neben dem zukünftigen Domizil befand und bereits errichtet worden war. Er erkannte sogar, dass der Raumhafen bereits abgesteckt war. Sobald die Stadt stand, würde das dringend benötigte zweite Flugfeld errichtet werden, und mit dem Waren würden auch die Menschen kommen.
"Dann werde ich mir eines bauen", verkündete Imara zufrieden. Er deutete nach unten, in den Innenhof der Kaserne. "Was denken Sie von van Roose? Hat Danton hier einen fähigen Mann zurückgelassen, um die Dantonville-Miliz aufzubauen?"
"Er ist kein MechKrieger. Aber ein durchaus fähiger Mann, vielleicht etwas jung. Aber mit jungen Offizieren hat Danton ja ohnehin ein glückliches Händchen."
"Sie spielen auf Miss Fokker an", stellte Imara fest. "Da stellt sich die Frage, wie Sie das mit dem glücklichen Händchen meinen."
Klein grinste knapp und hob die rechte Hand, an der ein Ring prangte. "Mein Schutzschild, Aaron. Ansonsten hätte Captain Fokker mich in mehr als einer Hinsicht beeindruckt. Sie ist so verdammt jung, aber auch so fähig. Ich frage mich, was Danton die letzten Jahre mit ihr angestellt hat, damit sie so weit gekommen ist."
"Kennen Sie das nicht, Harry?", lachte Imara. "Jeder wird bis zur Grenze der eigenen Unfähigkeit befördert. Und Jara Fokkers Unfähigkeit beginnt noch nicht auf Kompanie-Ebene. Was ihr gutes Aussehen angeht, so sollte sie langsam mal lernen, diese sehr effektive Waffe einzusetzen."
"Es ist vielleicht keine gute Idee, die Untergebenen mit sexueller Begierde zu steuern. Wir sind keine Clanner", wandte Klein ein.
"Ich dachte eher an ein Lächeln von ihr, Harry. Es ist umwerfend. Sie ist ein sehr hübsches Mädchen. Und sie lächelt viel zu wenig. Ich hoffe, sie hat es nicht verlernt, bei all ihren Pflichten."
Klein schüttelte den Kopf. "Wenn die Routine kommt, wenn sie ihre Kompanie im Griff hat, wird sie schon wieder ihr altes Leben aufnehmen. Glaube ich. Aber das sind Dantons Sorgen. Meine heißt van Roose."
"Auch ein gutaussehender Teufel", merkte Imara an. "Es heißt, die meisten Frauen, die sich für die Miliz gemeldet haben, sind nur wegen ihm eingetreten."
"Kann durchaus sein. Nicht nur wir Männer sind hormongesteuert." Er deutete dem Piloten, das er jetzt landen könne. "Was mir mehr Sorgen macht, ist, das junge Offiziere noch zu formbar sind. Sehen Sie sich Captain Fokker an. Sie war vielleicht ein halbes Jahr bei Clan Wolf und ist dort in die Kriegerränge aufgestiegen, bevor Danton sie gerettet hat. Diese Erfahrung hat ihr Verhalten geprägt. Und van Roose, nun, seit zwei Monaten wird er mit dem verdammten draconischen Protokoll traktiert. Er lernt japanisch, übt sich im Kendo, und hat sich einen Ikebana-Meister einfliegen lassen. Ich frage mich, ob der gute Junge vielleicht etwas zu draconisch für unseren Geschmack wird. Viele Nicht-Draconier werden irgendwann draconischer als der Koordinator selbst."
"Das können Sie wohl laut sagen", sagte Imara. "Aber wir können uns bei einer Sache sicher sein: Dieser Mann wird in erster Linie zu Colonel Danton stehen, und dann erst Draconier sein."
"Ihr Wort in Gottes Ohr."

Der Hubschrauber landete, und die beiden Offiziere verließen das Gefährt. Van Roose war nicht erschienen, und das hätte Klein auch gewundert. Imara und er hatten eine Überraschungsinspektion vorgehabt, und sahen ihr Vorhaben nun schon halb geglückt. Gemeinsam schritten sie vom Landeplatz zu den Kasernen herüber, als vom MechHangar eine ehrlich erboste Stimme zu ihnen herüber klang: "Du hast unseren Herrn verraten und enttäuscht, Yoshi!"
Das war eindeutig die junge Stimme des gerade zum Captain der Miliz beförderten van Roose gewesen.
"Verzeihung", erklang eine zweite Stimme, "natürlich habt Ihr Recht, Tono. Ich bitte um die Erlaubnis, ehrenvoll Seppuku zu begehen."
Die Stimme von van Roose wurde mürrisch. "Denkst du, das du diese Ehre verdient hast? Denkst du, so wird deine Schande vor den Augen unseres Herrn wieder rein gewaschen?"
"Ich bitte tausendmal um Verzeihung. Bitte schlachtet mich ab und werft meinen Kadavern den Schweinen vor. Tötet meine Familie und verfahrt mit ihr ebenso."
Unwillkürlich hatte Klein begonnen zu laufen, und Imara hielt mit ihm Schritt. Verdammt, war der Junge wirklich auf einem draconischen Trip?
"Deinem Wunsch wird entsprochen! KYAAAA!"
Klein hetzte mit Entsetzen in den Hangar, auf das Schlimmste gefasst. Doch er erstarrte mitten in der Bewegung.
Van Roose sah überrascht zu ihnen herüber. "Oberst Imara, Oberst Klein, guten Morgen. Ich habe Sie heute nicht erwartet. Bitte verzeihen Sie die Umstände."
Klein rang mit seiner Fassung. Er machte eine allumfassende Bewegung, deutete auf die Zuschauer und die Leute rings um ihn. "Himmel, Marcus, können Sie mir erklären, was Sie hier machen?" Er deutete anklagend auf den knieenden Mann. "Und zwar bitte schnell."
"Eh?", machte van Roose verständnislos. "Was wir...? Ach so! Ja, wir üben für ein Theaterstück."
"Sie tun was?", fragte Klein entgeistert.
Imara begann leise zu lachen. "Haben Sie uns erschreckt. Für eine Sekunde haben wir tatsächlich geglaubt, Sie würden einen Ihrer Untergebenen enthaupten und an die Schweine verfüttern."
Van Roose wurde rot. "Sir, mit allem Verlaub, aber so etwas würde ich nie tun. Und eine Strafe dieser Größenordnung, also den Tod, würde ich immer einem Militärgericht überlassen."
"Da sind wir wohl zu den falschen Schlüssen gekommen", sagte Klein mit zitternder Stimme. "Gott sei Dank."
Van Roose half dem Knieenden aufzustehen. "Wir machen nachher weiter, Hank. So, alle wieder an die Arbeit. Der Besuch unserer Militärkommandeure hat Vorrang." Er klatschte in die Hände, und die Menge verstreute sich, um wieder an die Arbeit zu gehen. "Was wollen Sie zuerst ansehen? Oder darf ich Ihnen einen schönen starken Kaffee in meinem Büro anbieten?"
"Kaffee?" Imara schmunzelte. "Ich hätte grünen Tee erwartet."
"Entschuldigen Sie, Sir, aber ich kann mich beim besten Willen nicht an Grüntee gewöhnen. Schwarztee ist das Äußerste."
Nun lachte auch Klein, zumindest mit den Augen. "Kaffee klingt gut. Hm, Sie scheinen die Lage ja gut im Griff zu haben, wenn Sie Zeit für ein Theaterstück haben."
"Einer meiner Leute hat es geschrieben. Ich fand es ziemlich gut gelungen, deshalb dachte ich, studieren wir es ein und führen es auf, wenn der Colonel zurück ist."
"Keine schlechte Idee", merkte Imara an. "Bei der Gelegenheit, können Sie mir ein gutes Grundstück am Strand für ein Haus empfehlen? Ich würde hier gerne einen Zweitsitz errichten."
"Sicher, Sir. Es gibt einige erschlossene Bauplätze am Ufer."
Die beiden Offiziere tauschten einen Blick, als van Roose voran ging. Er enthielt vor allem Zufriedenheit. Van Roose kam erfreulicherweise durchaus nach Danton, und das war beruhigend.
Apropos Danton, keiner der beiden zweifelte auch nur eine Sekunde daran, dass es da, wo Germaine Danton gerade war, ruhig zu ging.

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Caliban IV
Landezone APOLLO
23. Oktober 3066, 14:30 Uhr

Das Monotone Wummern und Kreischen des schweren Abbaugerätes schuf eine beinahe apokalyptische Hintergrundkulisse aus Lärm für das, was Dawn ihrer sichtlich gelangweilten Lanze antat. „Allgemeinwissenstechnische Fortbildung“ lautete der umständliche Terminus für das dienstplangestützte Langeweile-Totschlagen. Nun, irgendwie musste die Zeit im Feldlager verbracht werden und auf dem Papier hatte ihre Idee gut ausgesehen. So gut, dass Jara und Sharpe überlegten, selber darauf zurückzugreifen.
Ihr anfänglicher Stolz war der Ernüchterung gewichen. Geschlagene neunzig Minuten bemühte sie sich nun, dem Fachchinesisch zu folgen, dass Steve Hanson, einer der Bergbau-Ingenieure der APOLLO, von sich gab. Man musste ihm zugutehalten, dass er sich Mühe gab. Er hatte sie mit feschen Helmen ausgerüstet und quer durch den Abbau-Bereich geführt, ihnen die Maschinen, die Erze, Erden und Gesteinsschichten erklärt und war sichtlich mit Enthusiasmus bei der Sache. Irgendwie tat er Dawn leid.
„…und dann bringen wir zwar Doppel-Ladungen an, aber am Ende müssen wir regelmäßig selber zur Hacke greifen. Die totale Instabilität hier auf Caliban macht aus dem Job eine gefährliche und anstrengende Arbeit. Und wenn wir mit den Maschinen nicht arbeiten können, ist Anpacken angesagt. Wird dann eine richtige Männerarbeit…“
Scheiß Sexist, schoss es Dawn durch den Kopf. Richtige Männerarbeit… das hatte man früher vom Töten auch gesagt. Überhaupt… der Kerl sollte sich mal anschauen, zu was es Frauen gebracht hatten. Man sollte meinen, im vierten Jahrtausend wären derartige Chauvi-Äußerungen überflüssig. Selbst das Anzetteln von Sternenreichen umspannenden Bürgerkriegen traute man doch mittlerweile dem vorgeblich schwachen Geschlecht zu.
Himmel, war sie wirklich schon so gelangweilt, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen? Sie behielt ihre interessierte Miene weiter bei, während sie sich überlegte, ob sie die Lanze später in einem Wissenstest zur Exkursion befragen sollte. Wäre das unmenschlich?
Beinahe neidisch musste sie an Miles Sharpe und Noah-Joel van Eening denken, die dort draußen in den Cockpits ihrer Mechs saßen und Wache schoben. Sie konnten wenigstens dem monotonen Blinken ihrer Computer-Anzeigen zusehen und musste nicht Hansons Ausführungen über die verschiedenen Abbautechniken seltener Mineralien lauschen.
„…mussten früher mit bloßer Muskelkraft abtransportiert werden. Heute verfügen wir über automatisierte Transportschweber, die mit hochintelligenten Programmen gesteuert werden. Hier sieht man, wie die Sensoren…“

Als sie einige Zeit später die Helme abgaben und aus dem Schatten des gewaltigen Felshanges traten, hatte sie einige Mühe, in der gleißenden Sonne Calibans etwas zu erkennen und nur langsam gewöhnten ihre Augen sich an das helle Licht. Alles im Lager ging seinen gewohnten Gang.
Die Sanitäter saßen entspannt in der Sonne vor ihrem aktuell ungenutzten Lazarett-Zelt und spielten Karten. Die Küchenhelfer räumten ihren Bereich auf und begannen in aller Gelassenheit, das Abendessen vorzubereiten. Eine Handvoll Techs hing wie kleine Äffchen an den BattleMechs und führte leichte Wartungsarbeiten durch.
Und die meisten Chevaliers, die nicht gerade Wache schoben oder sich von einer Nachtschicht erholten, trieben Sport. Gemischte Teams aus Pionieren und Landungsschiffbesatzungen standen sich im Fußball gegenüber auf einem improvisierten Spielfeld. Eine Gruppe Infanteristen trainierte unter der Aufsicht von Lieutenant Pookposuk an extra aufgebauten Geräten und die beiden LRJ-Piloten trabten gemütlich an Dawns Lanze vorbei. Alle schienen emsig damit beschäftigt zu sein, keine Langeweile aufkommen zu lassen. Langeweile war der tödlichste Feind im Einsatz. Senkte die Aufmerksamkeit und steigerte die Reizbarkeit. Eine schlechte Kombination.
Das hatte sich wohl auch Jara gedacht, denn ihre Lanze trainierte ganz offensichtlich am ernsthaftesten. Dawn musterte den schlanken, sportlichen Körper ihrer Freundin, beobachtete das Auf und Ab, während sie mit ihrer Lanze eine Liegestütze nach der anderen absolvierte, das Spiel ihrer Armmuskeln und das befreite Lächeln auf ihrem verschwitzten Gesicht.
Es tat Jara offensichtlich gut, im Einsatz zu sein und den Papierkram auf ein Minimum beschränken zu können. Dawn kannte nur wenige Menschen, die so in Stresssituationen aufblühten und einen derartigen Antrieb unter Belastung entfalten konnten wie die blonde Mechkriegerin.
Für einen kurzen Moment dachte sie, sie sei neidisch auf Jara, aber dann stellte sie fest, dass da in ihr nur anerkennende Bewunderung war. Und trotz der kleineren Meinungsverschiedenheiten, die sie seit Beginn des Einsatzes gehabt hatten, freute sie sich auf den Abend. Den ersten, den sie seit einiger Zeit gemeinsam frei hatten. Gemeinsam einschlafen, gemeinsam aufwachen, keine von ihnen auf Wache, keine im Funkdienst. Das war ein kostbares Gut unter diesen Bedingungen. Und während sie weiterging und Jaras anmutigen Bewegungen nachsah, wusste sie sehr genau, wie sie von dieser gemeinsamen Zeit Gebrauch machen wollte.


Caliban IV
unbekanntes Truppenaufmarschgebiet
23. Oktober 3066, 14:30 Uhr

Als der drahtige junge Mann den Hangar des Landungsschiffs der Union-Klasse betrat, brauchten seine Augen einen Augenblick, um sich an das Dämmerlicht zu gewöhnen, dass in einem krassen Gegensatz zu Calibans Mittagssonne stand. Verfluchter Staubball!
Mit einem flüchtigen Blick in die Runde stellte er fest, dass der Rest der Kompanie schon versammelt war.
„Schön, dass du uns auch mit deiner Anwesenheit beehrst, Stefan“, kam die barsche Begrüßung vom Hauptmann.
Leutnant Stefan Hellmann verkniff sich eine Antwort und den spontanen Impuls, auf seinem Dienstgrad zu bestehen und darauf hinzuweisen, dass er vermutlich der einzige war, der keine Siesta gemacht hatte.
Es fiel ihm nicht schwer, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass er nicht mehr in den lyranischen Streitkräften diente, sondern bei einer Söldnereinheit. Die Waräger-Wache, wie sich die Mechkompanie großspurig nannte, hatte als Auffangbecken für Lyraner dienen wollen, die keine Lust hatten, im Bürgerkrieg auf ihre ehemaligen Kameraden zu feuern. Es hatte nicht lange gedauert, bis aus ehemaligen Soldaten ein Haufen disziplinloser und schlampiger Söldner geworden war.
Keine einheitliche Uniform, kein Dienstplan, keine Dienstgrade… außer im Gefecht. Hellmann konnte sich damit arrangieren, solange ihn die Mechkrieger im Gefecht ernstnahmen. Trotzdem wünschte er sich zurück in die geordneten Verhältnisse regulärer Streitkräfte. Seine Beförderung zum Oberleutnant hatte der 26jährige ausgeschlagen, um sich nicht in den Bürgerkrieg ziehen zu lassen und jetzt suchte er nach einer Chance, sein Können wenigstens als Söldner beweisen zu können.
Aber vermutlich hatte er das einzige Schicksal erwischt, dass schlimmer war, als der Kampf gegen die besten Freunde: Caliban IV.
Der Klang schwerer Kampfstiefel auf der Metallrampe des Landers riss ihn aus seinen Gedanken.
Als der durchtrainierte dunkelhaarige Mechpilot zu der herumlungernden Söldnerkompanie stieß, musste er sich ein abschätziges Schnauben ersparen. Es wäre vermutlich sowieso wirkungslos an dem Neuankömmling abgeprallt. Nicht nur, dass er der einzige hier war, der eine intakte, saubere und ordentliche Uniform trug, sie wies ihn dazu noch als Sternencommander des Diamanthai-Clans aus.
Hellmann hatte nicht viel für die selbsternannten Elite-Krieger übrig. Noch viel weniger, wenn sie nicht kämpfen, sondern verhandeln wollten. Und die Diamanthaie waren nicht nur verflucht gute Händler, sondern auch ihr Auftraggeber und Sternencommander Albin war ihr Verbindungsoffizier.
Die Überheblichkeit und Geringschätzung in seinen Augen war beinahe greifbar, als er die Kompanie flüchtig musterte.
„Hauptmann Lars, Leutnant Stefan, entschuldigt meine Verspätung. Ich musste noch ein wichtiges Gespräch mit Sternencolonel Trauthild beenden. Fangen wir an, frapos?“
Hellmann entging nicht, dass das Gesicht des Claners bei der Erwähnung seiner Vorgesetzten eine seltene und in seinen Augen gefährliche Mischung aus Stolz, Respekt, Hass, Verachtung und Neid zeigte.
Ihm entging auch nicht, dass das Gesicht von Hauptmann Lars Steigenberg für einen Sekundenbruchteil verzogen und seine Unzufriedenheit mit der Situation gezeigt hatte. Steigenberg hasste Claner im Allgemeinen und Albin im Besonderen, aber nachdem er – zähneknirschend und ohne Alternative – den Auftrag der Haie akzeptiert hatte und da Albin bisher weder seinen noch Hellmanns Befehlen widersprochen hatte, musste er in den sauren Apfel beißen und mitspielen.
„‘türlich, Stern’commander.“ Die Kontraktionen waren mit voller Absicht gefallen und es war amüsant zu sehen, wie der Diamanthai sich anspannte.
„Ladies, Gentleman, wir haben für heute Nacht Marschbefehl.“ Er griff nach einer Fernbedienung und aktivierte einen Bildschirm, so dass alle sehen konnten, welche Dinge er erklärte.
„Unsere geschätzten Geschäftspartner haben eine Rechnung mit diesem Mann hier offen.“ Ein Foto erschien, das Hellmann nicht zuordnen konnte. Noch nie gesehen. Zivilist, wie es aussah. Uninteressant.
„Das hier ist Loren Cole. Ein Erz-Sammler und Privatier. Er schürft an einer Stelle, wo unsere Partner gerne selber abbauen wollen. Deswegen sollen wir ihm eine Lektion erteilen und seine Schürfmission stören. Wir wissen, dass Cole momentan an zwei Punkten auf Caliban abbaut. Er hat dabei Schutz durch Einheiten der Dantons Chevaliers, eine Söldnereinheit, die irgendwo zwischen einem Bataillon und einem Regiment steht.“
Beunruhigtes Raunen lief durch die Kompanie. Zwölf Mechs gegen ein Regiment? Das war Selbstmord.
„Keine Panik. Wir kriegen es nicht mit den ganzen Chevaliers zu tun. Nur mit dem schwächsten Glied in der Kette.“
Er drückte auf der Fernbedienung herum und die Ansicht zoomte auf einen der beiden markierten Punkte, während gleichzeitig Info-Fenster aufgingen.
„An diesem Bruch schürft die APOLLO, einer von Coles speziellen Landern. Bewacht wird er von der Zwoten der Chevaliers. Eine Kompanie, die hauptsächlich aus unerfahrenen Kindern besteht. Nach Gefechten auf Wayside ist die Einheit aus Resten der Chevaliers und von Imaras Husaren neu aufgestellt wurden. Ranking bestenfalls Grün. Der größte Schwachpunkt aber ist ihre Kompaniechefin.“
Wieder änderte sich das Bild und für einen Moment dachte Hellmann, Steigenberg hätte sich einen Spaß erlaubt und Miss Mechbunny 3062 in seine Präsentation eingebaut.
„Den Schwachpunkt würde ich auch gerne drücken“, kommentierte Unteroffizier Charlie Nobbs mit einem anzüglichen Grinsen. Zustimmendes Gelächter antwortete ihm.
„Captain Jara Fokker“, fuhr der Hauptmann unbeirrt fort, „20 Jahre jung, stieß vor zwei Jahren zu den Chevaliers. Seitdem hat sie einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Vom Private zum Captain. Wir wissen nicht viel über sie. Nur dass sie als impulsiv gilt und in der Einheit heftig umstritten ist. Es heißt, sie habe sich hochgeschlafen.“
„Würde ich als Chef auch drüber nachdenken“, kam es von Korporal Martin Schmidt. Wieder Gelächter.
„Würde zumindest die Beförderungen erklären“, beteiligte sich Hellmann selbst am Gespräch, wenngleich auch deutlich sachlicher. Einer musste es ja sein. Wäre er nicht da, hätten Steigenberg und seine Posse sich längst in Saufgelagen um ihre Mechs gezockt.
„Wir können auf jeden Fall davon ausgehen, dass sie unerfahren ist, vermutlich eingebildet wegen der frühen Macht, verwöhnt und in Überraschungssituationen unvorbereitet. Dazu eine unerfahrene Kompanie, Misstrauen zwischen ehemaligen Husaren und alteingesessenen Chevaliers und unser Überraschungsmoment.“
Steigenberg pausierte kurz, grinste über seine Aufzählung und fuhr dann fort.
„Wir greifen nachts an. Ich gehe davon aus, dass maximal zwei Mechs Wache schieben. Stefan, du nimmst dir die beiden schweren Lanzen und überwältigst die Wachmechs. Ich nehme die Scouts und umkreise das Lager. Wenn ihre Piloten aufwachen, werden sie in den Lauf von Mechwaffen gucken. Das heißt, im Bestfall haben wir nur zwei Ziele und viel Beute. Im schlimmsten Fall haben wir eine unkoordinierte Kinderkompanie gegen uns. Fragen?“
„Ist das nicht gegen die Ares-Konventionen, mit Mechs auf Piloten zu schießen?“, hakte Unteroffizier Alex Kendall nach.
„Nicht schießen, Alex, nur zielen. Wenn sie dann versuchen, ihre Mechs zu erreichen, zählen sie als Kombattanten und sind legale Ziele. Aber wer macht sowas schon, wenn ein aktiver Mech vor ihm steht? Wir müssen nur schnell sein.“
„Was ist mit Infanterie, Panzern oder so?“, hakte Nobbs nach.
„Keine Panzer. Ein bisschen Infanterie wird uns kaum gefährlich werden. Unseren Informationen zufolge sind eh maximal zwei Trupps Pios bei der Chevaliers-Kompanie.“
Hellmann, der im Kopf schon begonnen hatte, die Schlacht zu planen, räusperte sich: „Was ist mit den drei Landungsschiffen?“
„Wie gesagt, Stefan: Wir müssen nur schnell sein.“ Der Leutnant hasste den überheblichen Ton Steigenbergs. Er war kein Kadett mehr. Er würde dem Hauptmann heute beweisen, dass er durchaus ein ernstzunehmender Offizier war. „Ein Landungsschiff braucht einige Zeit, um feuerbereit zu sein. Und dann werden sie nicht in ihr eigenes Lager schießen, wo Zivilisten und eigene Truppen unterwegs sind. Generell werden sie nicht riskieren, ihre eigenen Einheiten zu treffen. Sobald wir im Infight sind, können wir die Landungsschiffe ignorieren.
Wir landen hier, etwa zwei Kilometer vom Lager der Chevaliers entfernt, hübsch im Sicht- und Radarschatten. Dann wird Stefan die zwei schweren Lanzen vorsichtig hier entlang führen. Ich nehme mit den Scouts den längeren Weg über diese Route. Wir müssen dann rasch, unbemerkt und gleichzeitig ankommen. Stefan, deine Lanzen ziehen die Aufmerksamkeit auf sich, das gibt mir die Chance, ins Lager einzudringen. Idiotensicherer Plan, solange wir nur entschlossen genug sind. Weitere Fragen?“


Caliban IV
Landezone APOLLO
24. Oktober 3066, 03:00 Uhr

Das Lager der Chevaliers lag beinahe völlig ruhig da. Ein paar Infanteristen saßen zusammen, rauchten stumm und hatten ihre Gewehre in Griffweite angelehnt. Die Frühschicht der Küchencrew begann gerade, das Frühstück vorzubereiten und aus dem Sanitätszelt drang fader Lichtschein. Der Rest der Einsatzgruppe APOLLO schlief ruhig und friedlich, selbst die Schürftrupps stellten nachts ihre Arbeit ein. Anfangs hatten sie noch schichtweise durchgearbeitet, aber sie kamen so gut voran, dass sie sich nun die Pausen gönnten.
In einem der Zelte schliefen Jara und Dawn, eng umschlungen und es sah so aus, als ob die Strapazen und Reibereien der letzten drei Woche im Traum vergessen und nichtig waren. Dass sie in einem Zelt schliefen und nicht auf den Schiffen war das zweifelhafte Privileg der Mechkrieger, um näher an den Maschinen zu sein. Zweifelhaft deswegen, weil die Zelte zwar etwas mehr Platz und Komfort boten als Landungsschiffkabinen, dafür aber tagsüber brütend heiß und nachts klirrend kalt wurden.
Eine weitere Besonderheit war die Hellhörigkeit der Faltunterkünfte. Die Militärforscher schienen nicht daran gedacht zu haben, dass es Menschen gibt, die in den Zelten Sex hatten und wenn man nicht wollte, dass die ganze Kompanie zuhörte, musste man höllisch aufpassen, leise zu sein.
Die Hellhörigkeit der Zeltplanen sorgte aber auch dafür, dass Jara und Dawn beide senkrecht saßen, als die Alarmsirene aufheulte. Kurze, an- und abschwellende Töne.
„Ein Angriff?“, keuchte Dawn, während sie schon in ihre Shorts schlüpfte.
„Scheint so.“ Jara war ebenfalls aufgesprungen, mit einem Schlag hellwach und im Nu in Shorts, Stiefeln und Kühlweste.
Dass die beiden Frauen Übung und Erfahrung mit Nachtalarmen hatten, merkten man schon daran, dass sie auf dem Weg zum Ausgang nur noch ihre ordentlich vorbereiteten Waffengürtel schnappen mussten, sich einen kurzen, aber innigen Kuss gaben und mit einem gegenseitigen „Pass auf dich auf!“ in Richtung ihrer Mechs auseinanderstoben.
Jara fand sich, nur knapp eine Minute nach dem ersten Ton der Sirene, im Sprint zu ihrem Waldwolf wieder, den Gürtel über der Schulter und mit der freien rechten Hand die Verschlüsse ihrer Kühlweste schließend.
Als sie Schritte neben sich hörte, brauchte sie nicht einmal zu gucken, um zu wissen, dass Kyle Kotare neben ihr lief. „Guten Morgen, Ma’am“, grüßte er und Jara kam nicht umhin, seinen Schneid zu bewundern.
„Morgen, Corporal. Infos?“
„Noch keine. Angriff aus Nordost. Spirit und Whiskey sind draußen.“
Darauf wäre Jara sicher gerade noch alleine gekommen. Unschwer war über dem plötzlich zu hektischem Leben erwachten Feldlager das Laserfeuer aus der genannten Richtung zu sehen. Gefolgt vom dumpfen Grollen und Donnern von ballistischen Waffen und dem Fauchen von Raketen. Es schien mächtig rund zu gehen, dort oben, zehn Meter über dem Boden, während hier auf der Erde geordnetes Chaos regierte.
Für eine Antwort blieb ihr allerdings eh keine Zeit, denn sie hatten ihre Maschinen erreicht. „Glück auf, Corporal!“, rief sie, während sie schon begann, sich am Waldwolf empor zu schwingen.
Im Cockpit angekommen, warf sie ihren Gürtel in das dafür vorgesehen Staufach, schwang sich auf die Pilotenliege und riss sich mit einer routinierten Bewegung den Neurohelm auf den Kopf, während sie mit der anderen Hand die Notstart-Sequenz einleitete.
„Stimmmusterabgleich!“
„Captain Jara Fokker.“
„Bestätigt! Code-Satz!“
„We few, we happy few“, intonierte sie wie beiläufig, während sie schon die ersten Funkmeldungen aufschnappte.
„Spirit hier. Bin getroffen. Scheiße! Wo kommen die alle her?“
„Hier ist Whiskey. Neun, ich wiederhole neun Feindmechs! Wir könnten hier dringend… FUCK!, mein… wir könnten hier echt dringend Hilfe gebrauchen!“
„Spirit, Whiskey, hier ist Tear. Disziplin und Ruhe herstellen! Halten sie durch, wir sind auf dem Weg.”
Dawns Stimme. Sie war schneller gewesen als Jara.
Ein Blick auf den erwachenden Sekundärschirm zeigte ihr, dass Dawns Kampflanze schon ausrückte. Auf ihrem Radarschirm erschien dann erst Kotares Mech, dann ihr eigener, gefolgt von Voronin und schließlich Yamada.
„Waffen, Sensoren und Reaktor online!“, meldete ihr Bordcomputer und sofort riss sie die Steuerknüppel zu sich und brachte den fünfundsiebzig Tonnen schweren Clan-Mech in die Höhe.
„Sparrow für Befehlslanze: In Wings aufteilen, selbstständige Zielsuche. Katana, du warst die Letzte, schäm dich! Panther, such uns mal was Nettes, während ich die Kompanie sortiere!“
Die vier Omni-Mechs stoben auseinander, peinlich darauf bedacht, keine Zelte oder Menschen zu zertreten und lösten sich aus dem Lager.
Jara rief ihre taktischen Systeme auf den Schirm und verzog das Gesicht. Whiskey und Spirit hatten einiges einstecken müssen, aber sie hielten sich noch. Der Rest der Scoutlanze hatte gerade zu ihnen aufgeschlossen und entlastete sie ein wenig. Dawns Lanze näherte sich, hatte aber Probleme, vom Lager freizukommen.
Wo zur Hölle steckte Copeland mit seinen dicken Brocken? Sie hatte die vier Mechs noch nicht auf den Sensoren.
„Sparrow für alle: Lanzenführer handeln nach eigenem Ermessen bis auf Widerruf. Konzentriert euch auf die schwersten Mechs zuerst. Whiskey, Spirit, lassen sie sich zur DORNKAAT zurückfallen, sobald wir dran sind. Wir übernehmen ab hier!“
Jara zählte durch. Neun Feindmechs. Tatsächlich. Das war verrückt. In Unterzahl eine Kompanie angreifen? Selbst mit dem Überraschungseffekt… blanker Selbstmord. Irgendwas stimmte da nicht.
Einer der gegnerischen Mechs sprang ihr ins Auge, weil es aus der Aufstellung herausfiel. Eine Nemesis, ein siebzig Tonnen schwerer Clan-Omni. Während der Rest bunt zusammengewürfelte IS-Maschinen ins Feld führte, hatte also einer der Angreifer richtige Technik mitgebracht. Seltsam. Wer griff sie hier an? Söldner? Die Parder? Piraten?
Sie entschloss sich, ihre Taktik auf „Erst schießen, dann fragen“ festzulegen und grinste wölfisch, als sie das Lager so weit hinter sich hatte, dass sie eine freie Schussbahn bekam.
„Panther, wir krallen uns die Nemesis!“
„Verstanden, Sparrow. Schalte Raketen auf!“
Auch Jara brachte die Fadenkreuze über die Silhouette der Feindmaschine. Eine Leistung, die mitten in der Nacht trotz der optischen Sensoren ihres Mechs nicht ganz einfach war. Als sie sich sicher war, keine eigenen Truppen zu treffen, löste sie die Langstreckenraketenwerfer auf den Schultern ihrer Maschine aus.
Im selben Moment lösten sich vierzig weitere Sprengköpfe aus Kotares Bluthund und senkten sich gemeinsam mit ihren Salven wie ein tödlicher Teppich großflächig auf das Ziel. Oder besser auf das Zielgebiet, denn sonderlich präzise waren diese ersten Salven noch nicht gewesen.
„Copycat für Sparrow. Wo können wir helfen?“
Jara warf einen Blick auf den Monitor. Copelands Lanze war aktiv. Na das wurde aber auch Zeit! „Bringen sie ihre Lanze westlich aus dem Lager und sammeln sie sich fünfhundert Meter vor der LZ!“
„Aber das wird uns vom Kampf wegbringen!“
Jara verzog das Gesicht, während ihre schweren Laser nach der Nemsis fingerten, die sich beinahe unbeschadet aus dem Explosions- und Pulverrauch der Raketen geschoben hatte.
„Ich habe das Gefühl, dass ich sie dort gleich brauche.“
„Aber meine Lanze aus dem Kampf zu halten, erscheint mir…“
„Copycat!“, unterbrach sie ihn barsch. „Entweder übernehmen sie jetzt das Kommando oder sie führen den verdammten Befehl aus! Das hier ist ein Kampfgebiet und kein Parlament!“
Kurzes, irritiertes Schweigen folgte, dann bestätigte der Colonel ihren Befehl. Das würde ein Nachspiel haben, schoss es ihr durch den Kopf. So oder so.
Eine PPC, die in den Torso ihres Mechs einschlug, riss sie in die Wirklichkeit zurück und schleuderte sie heftig in die Gurte. „Scheiße!“, entfuhr es ihr.
Postwendend erwiderte sie das Feuer und verlor dabei für einen Moment die Nemesis aus den Augen. Schon im nächsten Atemzug tauchte der Clan-Mech wieder auf, senkte sich wie ein tödlicher Engel auf weißlodernden Sprungdüsenstrahlen aus dem Nachthimmel herab und bohrte sein Waffenarsenal in Yamadas Puma, der schwer getroffen herumwirbelte und schließlich zu Boden ging.
Kotare warf seinen Bluthund vor und schob sich schützend vor den gestürzten Scoutmech, während seine Impulslaser tiefe Breschen in die Panzerung der Nemesis fraßen. Raketen folgten und Jara schickte ihre eigenen LSR hinterher.
Um mehrere Schichten Panzerung erleichtert, wankte der Gigant kurz, bevor er der Länge nach hintenüber fiel.
„Fanatic hier“, drang Sharpes Stimme ruhig über den Funk. „Spirit ist ausgefallen. Whiskey konnte sich zu den Schiffen zurückfallen lassen.“
„Sparrow hat verstanden.“ Sie warf einen Blick auf ihren Taktikschirm, wo sich die roten Dreiecke, die feindliche Mechs symbolisierten, auszudünnen begannen. Noch fünf. „Ziehen sie ihre Lanze zurück, Fanatic! Von hier an schaffen wir es ohne sie.“
Noch während Sharpe bestätigte, verging ein weiterer der Angreifer im konzentrierten Feuer von Dawns überschwerer Lanze.
Dafür kam die Nemesis sehr zu Jaras Verärgerung wieder auf die Beine und schaffte es sogar, einen guten Treffer am Bein ihres Waldwolfes zu landen. Der Pilot schien hinter ihr her zu sein, denn er hätte deutlich bessere Ziele haben können.
Sie grinste wild. So wie sie hinter ihm her war. Die Jagd, die Herausforderung. Sie fühlte ihr Blut durch ihre Adern schießen, das Adrenalin, das endlich in den letzten Winkeln ihres Körpers angekommen war. Aufzustehen, weiterzukämpfen, ein Ziel vor den Augen… diese Hingabe hatte sie seit ihrer kurzen Zeit bei den Wölfen nicht mehr gesehen. Hatte sie vermisst. Hatte sie es mit einem Clan-Krieger zu tun?
Sie empfing und umschloss das Hochgefühl, als sie die Zielkreuze ihrer schweren Laser über den gegnerischen Omni-Mech zog. Beiläufig registrierte sie, dass nur noch zwei Feindmaschinen standen, bei nur einem eigenen Ausfall.
Yamadas qualvolle Schreie über Funk korrigierten ihre Rechnung und gefroren in der Ekstase des Augenblicks.
Um sie herum verschwand für einen Herzschlag die Welt, ließ nur sie und die Nemesis zurück, die sich anschickte, aus der Todeszone zu springen.
Jara ließ ihr keine Chance.
Schnell, präzise und tödlich wie Skorpionstachel bohrten ihre Waffen sich in den durch konzentrierten Beschuss schwer gebeutelten Feind, sprengten Panzerung, interne Systeme und Myomer-Bündel gleichermaßen weg, trennten ein Bein von seinem Rumpf und fanden schließlich das kleine, aber nur schwach geschützte Cockpit. Mit ihren bis zum bersten gespannten Sinnen glaubte sie beinahe sehen zu können, wie der Pilot auf seiner Liege in der Energie ihrer Laser verging.
Dann, nur einen Lidschlag später, war die Welt wieder da und noch bevor die Überreste der Nemesis zu Boden schlugen, war Jara wieder voll da. „Katana, was ist los?“
„Ripper hier“, antwortete stattdessen ihr Flügelmann. „Katana ist am Boden. Es sieht so aus, als ob ihr Cockpit brennt!“
„Sparrow an Basis. Schlachtfeldrettung auf Katanas Position. Sofort!“
Eine Sekunde später sah sie den letzten Feindmech zu Boden gehen. Gefolgt vom Atlas aus Dawns Lanze.
„Tear, Bericht!“
„Clover hat einen Last-Minute-Treffer bekommen. Ich habe keine Feindkontakte mehr.“
„Basis, einen Rettungstruppe zu Clover, einen zu Spirit. Momentan haben wir keinen Feindkontakt. Achtet auf nicht explodierte Munition und überlebende Feindpiloten!
Infanterie beginnt mit Sicherung des Schlachtfeldes!“
Sie atmete durch. Zwei Ausfälle in letzter Sekunde. Das war bitter. Es blieb zu hoffen, dass die Piloten nichts abbekommen hatten, aber zumindest Harukas Schreie ließen auf etwas anderes schließen.
Aber sie hatten es überstanden, die zweite Kompanie hatte ihre Feuertaufe insgesamt zufriedenstellend gemeistert. Der Angriff war abgewehrt und nun ging es ans Wunden lecken. Zumindest glaubte Jara das.
Während zu ihren Füßen die Bodencrew der Chevaliers ihre blutige Arbeit begann, knisterte es erneut in ihrem Funk.
„Hier ist Copycat. Habe Feindkontakt aus Nordwest. Zwei… drei… vier Mechs. Eine Lanze aus Nordwest.“


Caliban IV
in der Nähe der Landezone APOLLO
24. Oktober 3066, 03:20 Uhr

„Okay, denkt dran: Wir müssen schnell sein!“ Hauptmann Lars Steigenberg war der Überzeugung, dass er seinen Soldaten diese Worte gar nicht oft genug sagen konnte, wenn der Plan nicht zum Scheitern verurteilt sein sollte.
Es war eh schon kompliziert genug und zu den eingeplanten Hindernissen war noch eine Verzögerung hinzugekommen. Nicht viel, nur zwanzig Minuten, weil sich die geplante Anmarschroute als nicht passierbar erwiesen hatte, aber eventuell genug, um alles kaputt zu machen. Womöglich mussten sie wegen dieser vermaledeiten Vulkanität ihre Aktion abblasen.
„Blitz, du gehst vor, gibst dem Leutnant das Signal und sobald er die Wachen angreift, bist du unsere Speerspitze. Dein Mungo ist einfach schnell genug. Halte dich aus Ärger heraus, wir sind mit den schwereren Brocken direkt hinter dir.
Zyklon, sieh zu, dass du deinen Bushwacker zwischen unseren Mechs hälst, während wir uns anschleichen. Du hast kein ECM und musst von unserem profitieren.
Shiva, ich will alle Daten, die deine Systeme ausspucken, umgehend haben. Du bist für uns das allsehende Auge. Aber denk daran, dass dein Rabe nicht besonders stabil ist, wenn es heiß wird.
Wenn wir wirklich kämpfen müssen, überlasst die Mechs Zyklon und mir. Mein Tomahawk hat da noch so die ein oder andere Überraschung für diese Möchtegernsöldner.“
Steigenberg grinste unwillkürlich, als er an die Kampfaxt und die bösartige Rotations-Autokanone dachte, die seinem Mech zu unglaublicher Kampfkraft verhalfen.
„Habt ihr das alle begriffen?“
„Schon beim ersten Mal, Chef!“, kommentierte Blitz zynisch. „Ich löse mich von euch, sobald wir aus dem Sichtschatten der Felsen heraus sind und gebe der Kampfgruppe das Signal, ihr haltet mir den Rücken frei. Check.“
„Keine Zeit mehr, Blitz“, mischte Shiva sich ein. Die erfahrene Pilotin des Raben klang abgebrüht wie immer. „Wir sind im Sichtbereich in 3… 2… 1… jetzt.“
„Also los jetzt!“, befahl Steigenberg und spürte die Anspannung, während er zusah, wie der Mungo beschleunigte und sich dem Chevalier-Lager näherte. Gleichzeitig warf auch er seinen Mech nach vorne und erhöhte, gemeinsam mit dem Rest der Lanze, das Tempo. Jetzt hing alles am seidenen Faden und der Faden hieß…
„Adler von Blitz, ich registriere Hitzesignaturen und Waffenfeuer aus Richtung des Zielgebietes. Erbitte Instruktionen!“
„Waffenfeuer?“, echote Steigenberg entsetzt. Der seidene Faden war offensichtlich gerissen. Hatte Hellmann, dieser Idiot, etwa nicht warten wollen?
„Bestätige Waffenfeuer aus Ost. Was soll ich tun?“
„Zurückfallen lassen. Wir gehen geschlossen näher ran und gucken, was Shiva uns sagen kann. Shiva, fahr deine Sensoren richtig hoch, ich will wissen, was da abgeht.“
„Aye“, bestätigte die Mechkriegerin und legte kurz darauf die ersten Infos nach: „Die Landungsschiffe sind aktiv. Ich wiederhole: Landungsschiffe aktiv. Ich habe Mechortungen auf der Nordostseite… Moment. Da sind Signaturen zwischen uns und dem Lager.“ Sie keuchte auf und Steigenberg lief ein Schauer über den Rücken. Wenn die erfahrene Kriegerin aus der Fassung geriet, verhieß das nichts Gutes.
„Details, Shiva, Details!“, forderte er ein.
„Ich empfange vier Kontakte. Den Sensoren nach schwere Brocken. Definitiv eine Nummer zu groß für uns.“
„Wir rücken vorsichtig weiter vor“, entschied Steigenberg.
„Ist das klug, Adler?“, schaltete sich Zyklon aus seinem Bushwacker ein. „Wir gehen da ein dickes Risiko ein, geortet zu werden.“
„Wir haben ECM in drei Mechs und sind schnell weg, wenn es schiefgeht. Aber ich will wissen, was da passiert ist und was die Kampfmeldungen bedeuten. Wir brauchen da Informationen.“
„Verstanden“, bestätigte der Mechkrieger und steuerte seinen schweren BattleMech zwischen die drei Maschinen mit den elektronischen Gegenmaßnahmen.
Steigenberg zählte die Sekunden, bis Shiva erste aufschlussreiche Sensorendaten brachte.
1… 2… 3…
Hatte Hellmann wirklich seine Lanzen gegen den Feind geführt, ohne zu warten? Hatte er gedacht, er könnte die Mission alleine bewältigen?
4… 5… 6…
Und wenn ja: Warum hatte er nicht? Mit zwei Mechs hätte er fertig werden können und dann selber ins Lager stürmen? Waren die Chevaliers so gut?
7… 8… 9…
Hatte vielleicht jemand anderes angegriffen? Gab es solche Zufälle? Und konnten sie jetzt die geschwächte Kompanie überfallen?
10… 11… 12…
Aktivierte Landungsschiffe, Truppen in Alarmbereitschaft. Sah nicht gut aus. So eine verfluchte Scheiße!
13…
„Adler, ich habe elf Feindkontakte über das Lager verteilt, plus die drei Landungsschiffe. Die Signaturortung der ausgefallenen Mechs zeigt drei Chevaliers-Maschinen an. Der Rest ist zu 94,3% der Rest unserer Kompanie.“ Die Stimme der Veteranin klang trocken, beherrscht und emotionslos, aber Steigenberg, der sie noch aus der gemeinsamen Zeit in der regulären Armee kannte, bemerkte das unterdrückte Zittern bei jeder Silbe.
Hellmanns Lanzen waren aufgerieben worden! Was für ein Desaster! Damit hatte die Kompanie faktisch aufgehört zu existieren. Die Mission war gescheitert und das alles nur, weil dieser impulsive Narr nicht hatte warten können. Steigenberg hoffte, dass der Leutnant die Schlacht überlebt hatte, um den Preis seines Versagens zu erkennen.
„Adler von Shiva: Die Lanze vor uns besteht aus einem Masakari, einem Kriegshammer in der Clan-Version und zwei Kampftitanen und schwenkt… oh mein Gott! Sie haben uns entdeckt! Raketen im Anflug!“ Die letzten Worte hatte sie geschrien.
„Formation auflösen, Ausweichen!“, kommandierte der Hauptmann, während er seine Waffen scharf schaltete. „Wir brechen die Mission ab! Sammelpunkt ist unser Landungsschiff. Passt auf, dass ihr nicht getroffen werdet! Los!“
„Das wird unserem Auftraggeber gar nicht schmecken“, kommentierte Blitz mit einer gehörigen Portion Zynismus.
„Wir haben ganz andere Probleme“, stellte Steigenberg fest und dachte an die Zukunft der überlebenden Waräger, während seine Rotations-Autokanone die Arbeit aufnahm.


Caliban IV
Landezone APOLLO
24. Oktober 3066, 04:30 Uhr

„Nennen sie ihren Dienstgrad, ihren Namen, ihre Dienstnummer und ihren Auftrag!“
Schneidend scharf fuhren die Worte auf den Gefangen nieder. Wie oft hatte er das schon beantwortet? Zehnmal? Dreißig? Einhundert? Er wusste es nicht mehr.
„Leutnant Stefan Hellmann, H-170343-DON-051-M“, betete er herunter. „Über meinen Auftrag darf ich nichts sagen und laut Ares-Konventionen muss ich das auch nicht.“
Er wunderte sich selber, dass er diesen letzten Funken Trotz noch am Leben halten konnte, nachdem seine Entscheidungen, sein Handeln, seine Idiotie dazu geführt hatten, dass seine Einheit nicht mehr existierte.
Sein Gegenüber, ein älterer Soldat, den seine Rangabzeichen als Sergeant Major auswiesen, warf ihm einen resignierenden Blick zu.
„Leutnant Hellmann, ich weise sie darauf hin, dass sie beim Angriff auf meine Einheit gefangen genommen wurden. Da sie sich bereitwillig identifiziert haben, steht ihnen der Status eines Kriegsgefangenen zu. Wir haben sie medizinisch versorgen lassen und ihnen weder mit Folter, noch mit Erschießung gedroht. Meinen sie nicht, dass sie uns im Gegenzug ein wenig entgegenkommen könnten?“
„Und meine Einheit verraten?“ Die Frage war rhetorisch, auch wenn er zugeben musste, dass der Unteroffizier Recht hatte. Man war überaus korrekt mit ihm umgegangen, was für Söldnereinheiten nicht unbedingt üblich war. Aber die Chevaliers galten in dieser Hinsicht als vorbildlich. Das bedeutete irgendetwas… zumindest dass sie gut darauf Acht gaben, was nach außen drang und was nicht.
„Wenn sie mir ein paar Dinge verraten, dann sage ich ihnen im Gegenzug, wer aus ihrer Einheit noch in Gefangenschaft geraten ist, Leutnant. Ist das kein faires Angebot?“
Hellmann horchte auf. Von weiteren Gefangen war bisher keine Rede gewesen. Überhaupt hatte er ziemlich die Übersicht verloren, seit er kurz nach Beginn des Angriffs aus seinem Mech geschossen worden war. Er war beim Zusammenbruch seiner Maschine bewusstlos geworden, für wie lange wusste er nicht. Das nächste, was er sah, waren die Gesichter zweier Infanteristen, die sich im Licht eines Flutlichtscheinwerfers über ihn beugten.
„Ich kann an ihrem Blick lesen, dass sie neugierig sind, Leutnant.“ Der Chevaliers erhob sich von dem Stuhl, auf dem er Hellmann gegenüber gesessen hatte. Der gefangene Offizier beneidete ihn um diese Möglichkeit, während die Handschellen unangenehm zwickten, die ihn an seinen Stuhl fesselten.
„Verraten sie mir doch wenigstens den Namen ihrer Einheit und ihres kommandierenden Offiziers.“
Hellmann dachte kurz nach und nickte dann. Im Grunde war es ja auch total egal. Selbst wenn es die Kompanie noch gab – sie waren das Überraschungsmoment los und vermutlich auch beide schwere Mechlanzen.
„Ich bin Leutnant in der Söldnereinheit Waräger-Wache. Unser kommandierender Offizier ist Hauptmann Lars Steigenberg.“
„Das sagt mir absolut nichts“, gab der Chevalier zu. „Eine junge Einheit?“
„Erst sie!“, verlangte Hellmann. „Sie haben mir Informationen versprochen.“
„Sie haben Recht.“ Der Unteroffizier setzte sich wieder. „Leutnant, sie sind der ranghöchste Gefangene und tragen Verantwortung für zwei ihrer Untergebenen, die ebenfalls in Kriegsgefangenschaft geraten sind.“
Zwei weitere? Hellmann versuchte sich zu konzentrieren und die Information vernünftig zu verarbeiten, aber die lange Nacht, das Gefecht und die Müdigkeit zerrten an ihm. Die Gefangenschaft, so human sie auch war, machte es ihm nicht einfacher. War der Rest entkommen? Tot? Oder belog ihn der Chevalier? Hatte Steigenberg angegriffen? War er vielleicht auch gefallen? Jetzt, wo er die ersten Infos bekommen hatte, musste er einfach mehr erfahren.
„Wer sind die anderen beiden und was ist mit dem Rest meiner Einheit?“
Der Unteroffizier schüttelte den Kopf. „Sie sind wieder dran, Leutnant Hellmann. Wie lange gibt es ihre Einheit bereits? Was ist ihr Auftrag? Wer ist ihr Auftraggeber?“
Hellmann begriff, dass er verloren hatte. Er würde gleich alles erzählen, was er wusste. Und warum auch nicht? So zivilisiert, wie die Chevaliers mit ihm umgingen, hatten sie es nicht eilig, an Infos zu kommen. Das heißt, sie hatten seine Einheit zerschlagen und waren in Sicherheit. Das bedeutete vermutlich auch, dass das Blut der anderen Waräger an seinen Händen klebte. Also war alles egal… jetzt zählte es nur noch, den Kopf hinzuhalten und den anderen beiden Gefangenen unnötigen Stress zu ersparen.
Gerade, als er anfangen wollte, zu erzählen, wurde hinter ihm die Zeltplane beiseite geschlagen und Schritte näherten sich. Hellmann konnte hören, wie der Wachtposten am Zelteingang Haltung annahm und konnte sehen, wie der Unteroffizier vor ihm aufstand und salutierte.
„Captain!“, grüßte der Chevalier. „Sie kommen gerade im richtigen Moment.“
Captain? Der gefangene Offizier versteifte sich. Der kommandierende Offizier der Chevaliers-Kompanie war also da. Der Mensch, der ihn nicht nur militärisch vorgeführt hatte, sondern vermutlich auch unfassbar sauer war, dass er es gewagt hatte, seine Kompanie zu überfallen. Vermutlich war der angenehme Teil des Verhörs damit vorbei.
„Das ist doch eine gute Nachricht, Sergeant Major.“ Eine Frauenstimme, trotz der Uhrzeit befehlsgewohnt und zackig. Stimmte es doch? Hatte die junge Captain Fokker wirklich diese effiziente Kompanie geführt?
„Stehen sie bequem!“, befahl sie und blieb vorerst hinter Hellmann stehen. „Was wissen wir bisher?“
„Leutnant Hellmann hat mir gerade verraten, dass er von der Waräger-Wache kommt, einer Söldnereinheit. Ich habe ihm im Gegenzug verraten, dass wir zwei weitere Gefangene gemacht haben und er von ihnen der Ranghöchste ist.“
„Mehr nicht?“
„Der Leutnant wollte gerade mehr erzählen, Ma’am.“
Hellmann verfluchte sich. Jetzt gab es also kein Zurück mehr. Was hatten ihm seine Ausbilder damals bloß nochmal über Folter und Verhöre eingetrichtert?
„Haben sie etwas dagegen, wenn ich mit dem Gefangenen rede?“
Der Unteroffizier schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht, Ma’am.“
Er trat aus Hellmanns Sichtfeld und machte Platz. Die Frau, die nun vor den Gefangenen trat, sorgte dafür, dass er erkennend mit den Augen rollte. Das war definitiv Jara Fokker. Nur war sie in der Realität deutlich beeindruckender als auf dem Foto. Sie strahlte nicht viel von einer Miss Mechbunny aus, auch wenn sie durchaus attraktiv war.
Sie lächelte unverbindlich, als sie ihm gegenüber Platz nahm. Im Gegensatz zu dem Unteroffizier trug sie ein Namensschild auf ihrer Uniformjacke, sowie einen schweren Gürtel, an dem gut sichtbar ein schweres Kampfmesser befestigt war. Hellmann konnte nicht leugnen, dass die Waffe ihm Furcht einflößte. Warum zur Hölle trug sie so etwas bei sich?
„Leutnant Hellmann, ich bin Captain Jara Fokker, kommandierender Offizier der zwoten Kompanie der Dantons Chevaliers. Aber ich sehe an ihrem Blick, dass sie das bereits wussten. Sie haben ihr Ziel studiert, fra… nicht wahr?“
Hellmann entging das angefangene und abgebrochene Wort nicht. Hatte sie fast ein Clanswort benutzt oder täuschten ihn seine Sinne? „Wer tut das nicht?“, antwortete er und fühlte sich dabei selten dämlich.
Aber die junge Frau lächelte einfach weiter. Ein extrem beunruhigendes Lächeln, in seiner Situation, gefesselt, gefangen und einer Frau gegenüber, die ein Bowie-Messer in ein Verhör mitbrachte.
„Natürlich. Wer tut das nicht?“, wiederholte sie. „Sehen sie, Lieutenant, ich bin reichlich verwirrt. Wenn sie tatsächlich ihre Hausaufgaben gemacht haben, dann verstehe ich nicht, wie sie so dumm sein konnten, meine Kompanie mit neun Mechs anzugreifen, noch dazu mit so viel reichlich veralteter Technik. Sie haben uns ordentlich unterschätzt, nicht wahr?“
Hellmann zuckte mit den Schultern, so gut wie seine Fesseln das zuließen. „Ganz offensichtlich. Ich hätte nicht gedacht, dass ihre Leute so schnell einsatzbereit sind.“
„Sie schmeicheln mir, Lieutenant.“ Captain Fokker lächelte weiter, aber ihre Augen blieben dabei kühl, distanziert. Es war kein echtes, freundliches Lächeln, sondern hatte etwas Lauerndes.
„Ich mache ihnen einen Vorschlag, Lieutenant Hellmann. Ich erzähle ihnen jetzt, wie ich mir die Ereignisse der letzten Nacht zusammenreime. Sie sagen mir danach, was davon stimmt und verbessern meine Fehler. Danach dürfen sie dann Fragen stellen, die ich ihnen beantworte, soweit ich kann und darf. Klingt das fair?“
Hellmann resignierte angesichts solch umfassender Fairness. Entweder hatten sich die Chevaliers im Umgang mit ihm verdammt gut abgesprochen oder sie waren tatsächlich unfassbar korrekt im Umgang mit Kriegsgefangenen. „Ich habe ihrem Unteroffizier schon ein ähnliches Angebot abgenommen, Captain. Ich willige ein.“
„Das ist zumindest klüger als ihre Husarenstück heute Nacht, Lieutenant“, beschied die Soldatin.
„Also, ich denke, es war so: Sie sind im Auftrag der Diamanthaie unterwegs. Das schließe ich daraus, dass zwischen ihren eher altertümlichen und handelsüblichen Mechs eine Nemesis in den Farben dieses Clans gefunden wurde. Der Krieger, den ich höchstpersönlich besiegen durfte, hat gekämpft wie ein Claner und ich schätze, er war ihr Verbindungsoffizier.“
Sie sprach selber wie eine Clanerin, schoss es Hellmann durch den Kopf. Was hatten sie übersehen?
„Sie hatten den Auftrag, uns zu überfallen und den Chevaliers einen Denkzettel zu verpassen. Sie haben uns angegriffen, weil sie die anderen Kompanien für erfahrener und schlagkräftiger gehalten haben und nicht die Kräfte hatten, die gesamte Einheit zu bekämpfen. Stimmt das soweit?“
Hellmann nickte schwach. Sie hatte gut kombiniert. Andererseits waren die Dinge auch reichlich offensichtlich. Nun, sie hatte Steigenberg nicht erwähnt. Vielleicht war es dem Hauptmann gelungen, sich unbemerkt wieder zurückzuziehen.
„Nun, das ist doch erfreulich, Lieutenant. Damit bestätigen sie meinen Verdacht. Also gut… sie sind dran. Was möchten sie wissen?“
Das anhaltende Lächeln auf dem Gesicht der Chevaliers-Kriegerin begann Hellmann ernsthaft zu beunruhigen und er wurde das Gefühl nicht los, dass sein Leben sich hier und jetzt dauerhaft änderte. Aber nun war es auch zu spät für Reue und er hatte noch zwei Kameraden, um die er sich kümmern musste.


Caliban IV
Landezone APOLLO
24. Oktober 3066, 11:00 Uhr

„Nimm’s mir nicht übel, Jara, aber du siehst wirklich fertig aus.“
Der Blick, mit dem Germaine sie über das Bildfunk-Gerät maß, war besorgnisschwanger.
„Ich weiß. Ich hatte aufgrund akuten Überfalls nicht besonders viel Schlaf in der letzten Nacht. Und du weißt ja, wie es danach ist. Es gibt so viel zu regeln.“
„Natürlich. Was kannst du mir erzählen?“
Direkt zur Sache. Wie erfrischend. Jara hatte schon befürchtet, sich vorher durch quälend langen Smalltalk schleppen zu müssen.
„Was weißt du schon?“
„Nur das, was Harry mir als Vorabbericht geschickt hat. Angriff durch eine Kompanie Mechs, augenscheinlich Söldner. Abwehr bei leichten Verlusten. Mehr nicht.“
„Mehr nicht?“, hakte Jara nach. Hatte Copeland den kurzen, aber heftigen Streit unerwähnt gelassen, den sie nach dem Gefecht unter vier Augen ausgetragen hatten? Wenn ja, wieso?
„Mehr nicht“, bestätigte Germaine. „Also, gib mir Details!“
„Klar. Um 0300 heute früh hat die Wache lauten Alarm gegeben. Zwei Mechs aus Sharpes Lanze waren draußen und sind unerwartet unter Beschuss genommen worden. Ich weiß noch nicht genau wie, aber die Angreifer haben sich unbemerkt bis fast auf Waffenreichweite nähern können.
Zuerst hatten wir es mit neun angreifenden Mechs im Nordosten zu tun. Acht IS-Maschinen, relativ weit verbreitetes Material, eine Nemesis. Im Verlaufe des Gefechtes habe ich Copelands Lanze an den West-Rand des Lagers beordert.“
„Du hast die tödlichste Lanze abzogen?“, unterbrach Germaine sie. „Wieso?“
„So ein Gefühl“, antwortete Jara. „Eine Intuition. Mir erschien es verdächtig, dass eine kräftemäßig derart unterlegene Truppe uns frontal an einer Front angreift. Ich ging von einem weiteren Angriff als Zangenbewegung aus und habe eine massive Abwehr haben wollen. Außerdem habe ich mir zugetraut, mit meiner Kompanie die angreifenden Truppen zerschlagen zu können.“
„Mit Erfolg, wie ich vermute.“
„Natürlich. Ich möchte Dawns Lanze im Übrigen lobend erwähnen. Die kürzeste Alarm-Zeit und eine herausragende Gefechtsleistung. Hätten wir einen Orden, würde ich die Lanze nominieren.“
„Vermerkt. Weiter!“
„Gerne. Zumindest hatte ich mit meiner Vermutung Recht. Kurz nachdem wir die feindlichen Truppen abgewehrt hatten, tauchte eine weitere Lanze westlich des Lagers auf. Nach einem kurzen Schlagabtausch mit Copelands Lanze hat sie sich zurückgezogen. Ich gehe davon aus, dass die Angriffe eigentlich zeitgleich stattfinden sollten. Dann hätten sie uns in einer unbewachten Flanke getroffen und erheblichen Schaden anrichten können.“
„Das heißt, ihr hattet hauptsächlich Glück?“
Jara zuckte mit den Schultern. „Glück und eine gehörige Portion vorbildliches soldatisches Handeln. Wir waren so koordiniert und schnell einsatzbereit, dass wir sogar unsere Wache noch vor der totalen Vernichtung retten konnten. Ich werde meine Kompanie gleich für herausragende Leistung belobigen.“
„Genehmigt. Wie sieht deine Verlust-Liste aus?“
„Es könnte besser aussehen, aber wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Leichte bis mittelschwere Schäden an den Mechs, aber nichts, dass wir nicht mit ein paar Tagen Zeit beheben können. Leider fallen drei meiner Piloten aus.“
„Namen? Schwere und Art der Verletzungen?“
„Corporal Bill Tracy, innere Verletzungen. Sein Cockpit wurde getroffen, er hat eine ganze Ladung Glassplitter abbekommen und großes Glück, dass er noch lebt. Körperlich dürfte er in zwei Wochen wieder einsatzbereit sein. Möglicherweise ist er aber traumatisiert. Ich werde mit ihm reden.
Sergeant Ben Torres, ein gebrochener Arm, starker Blutverlust, schwere Gehirnerschütterung. Ihn hat es am Schlimmsten erwischt, aber er ist ansprechbar. Zwei Wochen Ruhezeit, danach nochmal zwei Wochen nur begrenzte Belastung. Ich werde Corporal Kush auf seinen Mech setzen.
Außerdem hat es Haruka erwischt. Starke Verbrennungen an den Armen, Rauchvergiftung. Bei einem Sturz hat ihre Kommandokonsole Feuer gefangen und das automatische Löschsystem hat versagt. Sie dürfte in einer Woche wieder einsatzbereit sein.“
Germaine, dessen Gesicht sich beim letzten Namen deutlich verzerrt hatte, atmete nun langsam aus. „Ich werde ihrem Freund Bescheid sagen. Es kann nicht schaden, wenn er mit ihr spricht. Kannst du Bildfunk im Lazarett organisieren?“
„Ich denke schon.“ Sie zögerte und nickte dann. „Ja, doch, kann ich.“
„Gut. Der Rest ist unverletzt?“
„Ja. Wie gesagt, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Bei den Mechs sieht es ähnlich aus. Leichte Schäden, zwei Mechs hat es stärker erwischt, aber alles machbar. Momentan würde ich unsere Einsatzbereitschaft mit knapp über 80 Prozent angeben. Das meint nur die Kompanie. Copelands Lanze ist weiterhin bei 100 Prozent.“
Ihr Mentor und Chef wirkte zufrieden. „Gut gemacht, Jara. Du kannst deiner Kompanie meine Glückwünsche zum ersten siegreichen Gefechtseinsatz aussprechen. Gibt es sonst Neuigkeiten?“
„Danke und ja.“ Sie grinste dieses wölfische Grinsen, das in der letzten Zeit so bezeichnend für ihre triumphalen Momente war. Oder für die Momente, in denen sie kurz davor stand, sich in einen Konflikt zu stürzen. „Wir haben Kriegsgefangene machen können.“
„Lass hören!“
„Ein Leutnant, ein Unteroffizier, ein Korporal. Alle Lyraner. Sie werden momentan medizinisch versorgt und sind noch nicht vernehmungsfähig. Da sie sich sowohl im Gefecht wie auch danach untadelig verhalten haben, sehe ich keinen Grund, unfreundlich zu werden. Ich halte sie allerdings getrennt, damit sie sich nicht absprechen.
Sie erzählen uns leider nicht viel. Nur dass sie zu einer Söldnereinheit gehören, die sich die Waräger-Wache nennt und momentan bei den Diamanthaien unter Vertrag stehen. Wir haben die Überreste der Nemesis näher untersucht. Die… sterblichen Überreste des Piloten und die Reste der Mechlackierung scheinen das zu bestätigen. Vermutlich ein Verbindungsoffizier.“
„Habt ihr seinen Kodax geborgen?“
Jara nickte. „Ja. Der ist aber beschädigt und wir haben nicht die Technik hier, um an die Daten zu kommen.“
„Schade. Es wäre gut gewesen, einen Namen zu wissen oder wenigstens einen Dienstgrad.“
„Er war Sterncommander.“
Fragend hob Germaine eine Augenbraue. „Wie kommst du darauf?“
Mit einem Grinsen, das dem älteren Offizier einen Schauer über den Rücken jagte, hob Jara ihre Rechte vor die Kamera und drehte einen blutverschmierten Cameron-Stern zwischen Daumen und Zeigefinger. „Ich habe nachgesehen“, antwortete sie.

Miles Sharpe nahm die angetretene Formation, das präzise Ausführen der kurzen Kommandos und die latente Spannung mit einer Bewunderung auf, die ihm in all seiner Zeit beim Militär nie abhanden gekommen war. Die Kräfte der Einsatzgruppe APOLLO waren, sofern sie keinen Wachdienst hatten, verletzt waren oder anders verhindert, vollzählig versammelt und starrten gebannt auf Captain Jara Fokker und Lieutenant Colonel Harrison Copeland, die vor der Front standen. Es hieß, die beiden hätten sich direkt nach dem Einsatz kurz, aber heftig gestritten. Es hieß, Fokker hätte dem ranghöheren Offizier dabei gehörig die Meinung gesagt.
Sharpe wusste aus Erfahrung, dass solche Gerüchte mit Vorsicht zu genießen waren und bei dem herausragenden Standing, das Fokker spätestens nach der gewonnenen Schlacht bei der Kompanie genoss, waren Übertreibungen einzurechnen. Dennoch hatte er sich vorgenommen, ein Auge auf die Sache gerichtet zu lassen. Streit unter Offizieren konnte im Ernstfall zum Fiasko führen. Aber vielleicht hatte die junge Frau auch nur ihre Grenzen in ihrer neuen Rolle als Erbin der Einheit austesten wollen.
Im Gegensatz zur Gerüchteküche war das Antreten bisher ausgesprochen unaufgeregt verlaufen. Copeland hatte kurz zum ersten bestandenen Gefecht der Kompanie gratuliert und danach nichts mehr gesagt. Fokker hatte Glückwünsche vom Colonel übermittelt und die Kompanie im Ganzen, vor allem aber Lieutenant Ferrows Lanze gelobt. Verständlicherweise, denn dieses Mal konnte ihr niemand vorwerfen, ihre Geliebte zu bevorzugen, dafür waren die Ergebnisse der Lanze im Gefecht zu herausragend gewesen.
Die Stimmung hatte einen kleinen Dämpfer erlitten, als der Captain die Verlustrechnung präsentiert hatte. Drei Ausfälle bei den Piloten bedeuteten auch drei Kameraden im Lazarett und drei Mechs weniger im Gefecht.
„…und deswegen versetze ich Corporal Eliden Kush mit sofortiger Wirkung in den Status eines Mechkriegers und teile ihn dem Enfield der Scoutlanze zu, bis Sergeant Torres wieder einsatzbereit ist. Corporal Kush, ihr Callsign lautet ab sofort Zelot, dem Mehrheitswunsch der Kompanie folgend.“ Sie grinste. „Das geht zurück auf Simon den Zeloten, den elften Jünger Jesu. Eigentlich hätte es ja der zwölfte sein müssen, aber offensichtlich herrschten Bedenken gegen das Callsign Judas vor.“
Verhaltenes Gelächter aus den Reihen antwortete ihr und Sharpe warf einen kurzen Seitenblick auf Kush, der vor Stolz zu zerplatzen drohte. Die Ernennung zum Mechkrieger… wie lange schien ihm das her zu sein.
„Männer und Frauen der Einsatzgruppe, Mitstreiter der zwoten Kompanie!“ Fokkers Stimme wurde nun ernster, feierlicher. Man merkte, dass sie etwas zu sagen hatte, dass ihrer Meinung nach von herausragender Bedeutung war.
„Wir haben heute beweisen müssen, dass wir keine chaotische Bande von Frischlingen sind. Wir haben uns im Feuer der Schlacht taufen lassen müssen und haben gezeigt, was in uns steckt. Bis gestern waren wir eine Einheit ohne Vergangenheit, ohne eine Geschichte.
Aber heute Nacht haben wir den Grundstein für die Zukunft gelegt. Mut, Entschlossenheit, Furchtlosigkeit waren es, die uns als Sieger habe dastehen lassen. Und wir werden auch in der nächsten Schlacht zeigen, dass wir diese Leistungen bringen können. Wir sind nicht länger der Kindergarten des Regiments. Wir sind die zwote Kompanie, wir sind das Bollwerk der Chevaliers.
Bis gestern waren wir eine Einheit ohne Vergangenheit, ohne eine Geschichte. Heute Nacht haben wir angefangen, Geschichte zu schreiben!
Auf unsere Zukunft und unsere kommenden Erfolge ein dreifaches IMMER…“
„…VORAN!“, antwortete die Formation ihr mit donnerndem Brüllen, das Sharpe schaudern ließ. Das waren wirklich große Worte gewesen.
„IMMER…“
„…VORAN!“, gellt der Ruf das zweite Mal in die Weite Calibans. Es würde an ihm hängen bleiben, den Übermut zu dämpfen und nicht zu viel Selbstsicherheit aufkommen zu lassen, damit die nächste Schlacht nicht als Selbstläufer abgetan würde.
„IMMER…“
„…VORAN!“

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Abgesehen vom zentralen Gebäude, welches den Beta-HPG beherbergte und dementsprechend nur teilpublik, waren die umher stehenden Häuser und Hallen allgemein zugänglich. Große Hinweisschilder in acht Sprache und fünf Schriften wiesen Neuankömmlinge darauf hin, was sie in den Hallen erwartete. Einige waren für den Einkauf, andere für den Verkauf gedacht. Außerdem waren sie nach Produktinteressen aufgeteilt.
Interessiert registrierte Danton, das eine Halle nur dazu bestand, um höherdimensionierte Güter zu kaufen - vom Industrie-Exo bis zum Landungsschiff.
Jenkins bemerkte seinen interessierten Blick und lenkte seine Schritte zuerst auf diese Halle. Auch Trauthild Nagasawa schien nichts dagegen zu haben, denn sie folgte dem Adepten ohne zu zögern.
"Und ist es wirklich wahr, was man über Saint Marlot sagt? Haben Ebbe und Flut dort tatsächlich einhundert Meter Höhenunterschied?", fragte Nagasawa in plapperndem Tonfall.
Danton schmunzelte. Die Luft/Raumjäger-Pilotin setzte ihr Spiel dort fort, wo sie es begonnen hatte. Aber mittlerweile hatte sich der Herr der Chevaliers gut genug gefangen, um das Spielchen mitzuspielen, anstatt von der kleinen Clannerin gegängelt zu werden. "Sie heißt Saint Malo, und der Tidenhub beträgt nur zwölf Meter. Ich für meinen Teil finde es immer noch sehr beeindruckend, wenn man in der Flut einen BattleMech verstecken kann, und ein paar Stunden später steht er auf trockenem Grund."
"Das ist nicht so beeindruckend wie einhundert Meter, aber ich denke, beeindruckend genug", erwiderte Nagasawa versöhnlich. "Und woher kommt diese ungewöhnliche Gezeitenfolge?"
"Die Lage von Saint Malo begünstigt das, übrigens ebenso wie das größte Gezeitenkraftwerk Europas. Auf der einen Seite haben wir den Abfluss aus der Nordsee, den Ärmelkanal, auf der anderen Seite trifft der offene Atlantik auf das Fließwasser. Ebbe und Flut fallen deshalb in der ganzen Region sehr deutlich aus. Aber um es besser erklären zu können, müsste ich mich selbst erst mal schlau machen. Ich gebe zu, ich weiß nicht alles."
"Aha." Sie lächelte ihn an. "Eine wichtige Erkenntnis für jeden Feldkommandeur, Colonel Danton."
Danton registrierte, das sie ihn nun mit Rang und Nachnamen ansprach. Dabei verzichtete sie aber auf die bei Clannern übliche Nennung des Vornamens. Das war eher Innere Sphäre-Verhalten. War er also in ihrem Ansehen gestiegen? Und war es wichtig, sich darüber Gedanken zu machen, während er noch versuchte herauszufinden, welches Spiel sie trieb?

Sie betraten die Halle gleich hinter Jenkins, ihnen folgten McAllister, Direktorin Rothschild und die Clankrieger.
Nicht ohne Stolz deutete Jenkins in die Halle hinein, die gut ausgeleuchtet war. Dutzende Wartungsgerüste waren hier installiert, und knapp die Hälfte war besetzt. "Wir betreiben hier eine Art moderner Pfandleihe, aber auch den Aufkauf von Ausrüstung. Wissen Sie, Colonel, Geld ist hier draußen oftmals zweitrangig. Ausrüstungsgegenstände, Nahrung, Reparaturteile sind hier wesentlich wichtiger." Er griente. "Nicht, das wir keine Steinerkronen oder C-Noten nehmen würden."
"Natürlich", schmunzelte Danton.
"Es kommt oftmals vor, das ein Prospektor uns nicht in Erzen oder fertigen Barren bezahlen kann, wenn er zum Beispiel ein wichtiges Ausrüstungsstück benötigt. Für diesen Fall nehmen wir Industrie-Exos in Pfand, die in unser Eigentum übergehen, wenn der Schuldner es nicht rechtzeitig auslösen kann. Wobei wir nicht nur Exos nehmen, denn es macht eher selten Sinn, etwas zu verpfänden, was man für die eigene Arbeit unbedingt braucht. Das ist als würde man von Milch leben, aber die Kuh verkaufen. Deshalb nehmen wir auch andere Dinge in Pfand, wie zum Beispiel BattleMechs, Landungsschiffe, Luft/Raumjäger, Elementare-Rüstungen, Generatoren, Landungsschiff-Ersatzteile, und, und, und. Naturgemäß werden nicht alle Stücke ausgelöst, und sobald das der Fall ist, verkaufen wir sie weiter. Zur Zeit ist es recht ruhig hier, aber da drüben, der Feuerfalke, wird diesen Monat noch fällig. Wir sind uns nicht sicher, ob der Eigentümer ihn aufgegeben hat, oder ob er nicht mehr lebt. Aber wenn er nicht ausgelöst wird, werden wir ihn weiter verkaufen."
"Ob er nicht mehr lebt?", fragte Danton.
Jenkins seufzte leise. "Sie kommen von Fury Station, das erklärt einiges. Colonel Danton, nicht nur über Fury Station führen die Wege hierher. Man erreicht das System aus allen dreidimensionalen Richtungen. Und glauben Sie mir, wir sind ein Eldorado für seltene Metalle und seltene Erden, deshalb kommen die Leute auch. Zur Zeit schürfen schätzungsweise siebzig Unternehmen und rund zweihundert Expeditionen auf den verschiedenen Welten des Systems - und das ist nur eine pessimistische Schätzung, die wir anhand des Kundenaufkommens vornehmen. Das sind rund dreißigtausend Menschen."
Danton pfiff anerkennend. "Und ich nehme an, das sind nur die kommerziellen Betriebe. Marodierende Nebelparder und Piraten jeglicher Couleur nicht eingerechnet."
"Richtig, die sind in der Rechnung nicht drin. Die haben seltsamerweise etwas dagegen, genauer erfasst zu werden", scherzte Jenkins.
"Um es exakter zu sagen", warf Nagasawa ein, "haben wir nicht so großes Interesse daran, Caliban IV oder die anderen Planeten und Monde zu patrouillieren. Wir sind nicht als Schutzmacht hier, sondern als Handelsmacht. Wir beschützen unsere Posten, und mehr nicht. Wenn ein paar Firmen aufhören zu existieren, weil sie von Piraten aufgerieben wurden, erfahren wir erst davon, sollten Überlebende bei uns eintreffen. Oder ein Kollege findet die Überreste. Das mag in Ihren Augen vielleicht etwas harsch sein, aber wir haben eindeutig zu wenig Truppen, um im Caliban-System die Haushoheit durchzusetzen."
"Ah, verstehe. Und ich verstehe die Notwendigkeit, sich nicht zu verzetteln. Darin sehe ich nichts Verwerfliches. Wer im System schürft, ist naiv, wenn er dies tut, ohne sich vorzubereiten."
"So wie Mr. Cole", merkte Jenkins an, ließ aber offen, wie er seine Worte meinte.
"Ich nehme an, es gibt auch eine Halle, in der die überfälligen Pfande verkauft werden?", fragte Danton.
"Natürlich. Aber die nächste Auktion wird erst in zwei Wochen stattfinden, und wir haben noch nicht viele Exponate."
Danton runzelte die Stirn. "Ein Direktkauf ist nicht möglich?"
"Er ist möglich, aber die meisten Kunden warten auf die Auktion, weil sie dort dann die Chance haben, ein Exponat unter dem Listenpreis zu bekommen."
Danton machte sich eine gedankliche Notiz, zu dieser Auktion anwesend zu sein.
"Wir verfahren ähnlich", meldete sich Rothschild zu Wort, "und unsere Auktion ist noch in dieser Woche. Sie sind herzlich eingeladen, vorbei zu kommen und mit zu bieten, Colonel Danton."
"Danke, ich weiß das zu schätzen. Ich nehme an, Sie nehmen C-Noten?"
Die Clannerin lachte amüsiert. "Wir sind Clan Diamanthai, Colonel."
Germaine Danton quittierte diese Worte mit einem Grinsen. "Eine dumme Frage."
"Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten", relativierte Nagasawa und zog ihn hinter sich her. "Hier, sehen Sie den da? Ich wüsste zu gerne, wie er hier her gekommen ist und wo er gefunden wurde, aber Demi Dombroski schwafelt ja immer von Berufsgeheimnis und so weiter."
Danton sah sich das Stück von Trauthild Nagasawas Interesse an. Es war ein Exterminator, und er wirkte recht neu. Was die Sache interessant machte, war der Umstand, das er wie eine Sternenbund-Maschine bestückt war. Das ließ natürlich die berechtigte Vermutung aufkommen, es mit einem Mech zu tun zu haben, der eventuell aus einem Exodus-Depot stammte. Was wieder die Vermutung implizierte, irgendwo auf diesem Staubball oder in direkter kosmischer Nachbarschaft gab es eventuell zum Nulltarif noch mehr davon zu finden. Noch immer waren BattleMechs teuer, wenn schon nicht mehr selten.
"Und, wann ist der fällig?", fragte Danton.
Jenkins kratzte sich am Kinn. "Nicht zur Auktion, das kann ich Ihnen versichern, Colonel. Der hat noch zwei Monate, bevor das Pfand fällig wird." Er lächelte erklärend. "Die ComStar-Vertretung versucht mit dem Pfand-System nicht, Geld zu verdienen, sondern in Not geratenen Prospektoren für eine Übergangszeit Geld oder Ersatzteile im Rahmen ihrer Möglichkeiten zukommen zu lassen. Dabei berechnen wir den Pfand recht hoch, was gleichbedeutend mit einer großen Geldsumme für den Verpfänder ist. Umso mehr Waren kann er sich leisten. Er hat es dann auch schwerer, sein Eigentum wieder auszulösen, aber ehrlich gesagt finde ich es besser, einen Exo zu einem hohen Preis wieder auszulösen, als mittelfristig auf zwei Industrie-Exos verzichten zu müssen."
"Ja, das leuchtet ein", sagte Danton, noch immer die Maschine, die als Kommandeurskiller bekannt geworden war, eingehend betrachtend. Sie war neutral lackiert, aber irgendwie schien es ihm, als würde an einer Stelle auf der Brust der Cameron-Dolchstern durchschimmern. Der Gedanke hatte etwas elektrisierendes und fachte Dantons Jagdtrieb an. Was, wenn man auf Caliban IV eine Lanze oder gar eine Kompanie erstklassig erhaltener Maschinen aus der Sternenbundzeit finden konnte? Das war mehr als ein verlockender Gedanke.
Danton riss sich los. "Ich würde gerne als Nächstes in eine Verkaufshalle gehen."
"Einverstanden. Bitte folgen Sie mir", sagte Jenkins und schritt voran.
***
Als sie später mit vielen flüchtigen Eindrücken an einem Tisch mit Dombroski und den Anführern des Clans-Handelspostens zusammen saßen und gemeinsam speisten, machte Danton eine wichtige Entdeckung. "Kaiman", sagte er nach der ersten Kostprobe von seinem Steak.
Dies brachte nicht nur Nagasawa zum Schmunzeln.
Verlegen nickte Dombroski. "Das haben Sie gut erkannt, Colonel, und das, obwohl ich mir Mühe gegeben habe, das Fleisch durch Marinieren eine andere Geschmacksrichtung zu geben. Leider hält sich hier kein Nutzvieh, und der Import von Tiefkühlfleisch ist viel zu teuer. Darum haben wir schon vor sehr langer Zeit von Fury Station die Kaimane exportiert und züchten sie in eigenen Tanks. Organische Grundstoffe für die Förderung von Algenwuchs lassen sich hier leichter finden als Weideland. Auch wenn unser Getreide gut wächst - versuchen Sie mal eine Rinderherde hier raus schaffen zu lassen."
"Oh, ich habe mich nicht beschwert, Demi. Ich mag Kaimansteak. Aber ich nehme an, in diesen Satz gehört ein "noch", wenn ich mir Ihre Gesichter anschaue."
Das brachte Nagasawa dazu, laut zu lachen, in das die anderen einfielen, die Chevaliers einmal ausgenommen.
"Alles, was hier draußen mit Zivilisation zu tun hat, ist teuer und wertvoll", bestätigte Dombroski indirekt Dantons Eindrücke. "Aber wir arbeiten daran, wenigstens Fisch zu züchten, damit es immerhin zu Sushi reichen wird."
"Also nehme ich an, Sie richten sich hier langfristig ein?", hakte Danton nach.
"Sagen wir es mal so: Mit der Zunahme der Prospektorentätigkeit und der Erhöhung der Mengen an Seltenen Erden und seltenen Metallen wird der Stützpunkt Caliban sowohl für ComStar als auch für Clan Diamanthai immer interessanter", sagte Direktorin Rothschild. "Ja, wir richten uns auf einen langen Aufenthalt ein. Vor ein paar Jahren, als wir mit einer schlichten Erkundungsmission begonnen hatten, hätten wir das selbst kaum gedacht. Und als wir erstmalig auf ComStar stießen, wäre es beinahe zum Kampf gekommen, bis wir erkannten, das sich ein Kampf um Caliban nicht lohnt. Heute sieht es anders aus. Es lohnt sich, aber wir alleine können den Handel nicht bewältigen, seit sich die Zahl der Firmen verzehnfacht hat. Wir kriegen beide unseren Anteil am Kuchen. Mehr abbeißen zu wollen würde bedeuten, sich dran zu verschlucken."
Danton nickte zum Zeichen, das er verstanden hatte. Es schien ganz so, als wäre ein Großteil seiner Informationen über Caliban mehr als veraltet. Dazu beigetragen hatte auch eine diskrete Zählung der Menschen vor Ort, die fast in die Tausend ging, und sowohl ComStar-Leute als auch Kunden umfasst hatte. Anders ausgedrückt, hier war mächtig was los. Es schien, das nicht nur Wayside V eine Boomtown war, wegen seiner Nähe zur Handelsroute zu den Clans. Auch das Rohstoffreiche Caliban-System gewann mehr und mehr an Bedeutung, je enger die Pentagon-Welten und die Innere Sphäre zusammenrückten. Und so weit draußen, jenseits der Clanbesatzungszonen, meldeten auch Geisterbären und Wölfe keine großen Interessen an. Noch nicht, schränkte Danton in Gedanken ein. Noch nicht.

"Sagen Sie, SternColonel Nagasawa, wie steht eigentlich Clan Diamanthai derzeit zu den Pussys?", fragte Danton unvermittelt.
"Zu den... Was? Pussys?" Sie legte den Kopf schräg und dachte nach. "Ach so, ich verstehe. Sehen Sie, wir Clanner haben ein ganz anderes Verhältnis zur Sexualität als Ihr Innere Sphärler. Dazu gehört natürlich auch eine vollkommen andere Sicht auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Wenn Sie also eine Paarung zwischen einem meiner Offiziere und einem Ihrer Offiziere vorschlagen, um unsere Beziehungen zu verbessern, bin ich keineswegs abgeneigt."
Danton räusperte sich verlegen, und mit einem breiten Grinsen beugte sich Vogt von seinem Platz herüber und flüsterte Trauthild Nagasawa etwas ins Ohr. Sie gab einen erstaunten Laut von sich. "Ach, Sie meinen die Nebelparder-Renegaten in unserem Gebiet, die bereits mehrfach unangenehm aufgefallen sind, und sogar Fury Station angegriffen haben. Sagen Sie doch, dass Pussy nicht nur ein Kosename für weibliche Geschlechtsteile, sondern auch für Clan Nebelparders Krieger ist." Tadelnd sah sie Danton an. Also, davon ließ sie sich schon mal nicht aus der Ruhe bringen. "Unsere offizielle Haltung ihnen gegenüber ist wie gegenüber allen Angehörigen der Banditenkaste. Wo wir sie treffen, vernichten wir sie."
Danton verzog die Mundwinkel zu einem hämischen Grinsen. "Und was ist die inoffizielle?"
Nagasawa ließ sich davon auch nicht aus der Ruhe bringen. "Solange sie uns nicht angreifen und in einem gewissen Rahmen kooperieren, lassen wir sie in Ruhe. Ganz abgesehen davon, das wir unsere Polizeifunktion nur in unserem Stützpunkt ausüben."
"Also gibt es Kontakte", stellte Danton fest.
"Wieso? Haben Sie vor mit ihnen zu quatschen, bevor Sie sie auslöschen?", fragte sie provokativ.
"Auslöschen ist so ein hartes Wort. Mir hat noch nie daran gelegen, intelligentes Leben mutwillig auszulöschen. Ich mag ein Söldner sein, aber eine Geldzahlung reicht noch nicht als Ausrede vor mir selbst, um eine Art Mini-Genozid zu vollziehen. Mein Auftrag ist, die piratenähnlichen Akte auf lange Sicht zu unterbinden, und einige ihrer Anführer endgültig zu neutralisieren. Ach, und den Gefangenen zu befreien, den sie auf Fury Station genommen haben, aber das ist eher eine selbst gestellte Aufgabe. Muss ich, um das zu erreichen, die Parder stellen und vernichten, werde ich das tun. Ich bin im gleichen Maße nicht zimperlich, SternColonel. Aber ich mag es, meine Ziele auch ohne Kampf zu erreichen."
"Damit sind die Fronten wohl klar", erwiderte Nagasawa ein wenig kühl.
"Wenn Sie das so sehen, Sterncolonel Trauthild Nagasawa", sagte Danton, griff nach seinem Glas und genoss das erstaunlich wohlschmeckende auf Caliban gebraute Bier.
"Bleibt noch die andere Front. Wie stehen Sie denn zu Paarungen, um unsere Beziehungen zu verbessern?", fragte sie mit einem scheinheiligen Seitenblick. Sie wirkte enttäuscht, als Danton nicht in sein Bier prustete.
Germaine schluckte gelassen und stellte sein Bierglas wieder ab. "Sagen wir es so, auch wenn es um eine Verbesserung unserer Beziehungen geht, kann ich Sie persönlich als Sexualpartner nicht ernst nehmen, SternColonel. Was aber meine Offiziere angeht, stelle ich ihnen das als persönliche Entscheidung frei."
McAllister hüstelte verlegen, als sie das hörte.
Charles Decaroux hingegen ließ ein kurzes, spöttisches Lachen hören.
"Wie, nicht ernst nehmen?", fragte sie erstaunt.
"Schauen Sie sich doch mal an", sagte Danton. "Sie sind zwei Köpfe kleiner als ich. Ich verlege Sie ja in der Koje."
Missmutig sah sie ihn an. "Ich mag oben und an den Füßen etwas kurz sein, aber in der Mitte hat es eigentlich immer gepasst."
"Das kann ich nur bestätigen", sagte der Elementare grinsend.
"Bitte keine Details", mahnte Danton. Eine monströse Vorstellung, wenn die zierliche Luft/Raum-Pilotin und der Elementar... Nun, als erwachsene Menschen und darüber hinaus Clanskrieger konnten sie tun und lassen, was sie für richtig hielten. Dennoch kam es Danton abstrakt vor. Sehr abstrakt.
"Ich kann Sie also nicht für eine Paarung begeistern, Colonel?", fragte sie.
Danton schnaubte einen Lacher aus. "Ich komme darauf bei Gelegenheit zurück, SternColonel."
"Gut." Sie nickte, und damit war das Thema beendet. Vorerst.
Das weitere Essen drehte sich noch ein paarmal um das Thema, aber es war offensichtlich, dass Nagasawa mit ihrer Neckerei versuchte, Danton in peinliche Verlegenheit zu stürzen. Diesmal gelang es ihr allerdings nicht.
***
Es war noch früher Morgen als Germaine Danton geweckt wurde.
"Verzeihung, Sir", sagte Jensen, "aber wir haben Alarm bei Captain Fokker aufgefangen. Major Harris hat bereits Alarmbereitschaft für alle Teilkräfte befohlen."
Ein Blick zur Uhr sagte ihm, das es kurz nach drei Uhr morgens Ortszeit war. Das entsprach fünf Uhr im bisherigen Bordrhythmus, also seiner regulären Weckzeit. Deshalb fiel es ihm leicht, sofort auf die Beine zu kommen. "Gut, ich komme gleich. Gibt es bereits weiterführende Meldungen von Captain Fokker?"
"Colonel Copeland hat sich noch gemeldet und gesagt, das die Situation noch überschaubar ist."
"Dann heißt es also warten und auf mehr Informationen hoffen, um zu wissen, ob wir eingreifen müssen oder nicht." Er sollte Recht behalten. Nach einer Viertelstunde traf von Copycat die Entwarnung ein, und eine weitere Stunde später meldete sich Jara auch persönlich.

Danton sah die übermüdete Frau mitleidig und besorgt an.„Nimm’s mir nicht übel, Jara, aber du siehst wirklich fertig aus.“
„Ich weiß. Ich hatte aufgrund akuten Überfalls nicht besonders viel Schlaf in der letzten Nacht. Und du weißt ja, wie es danach ist. Es gibt so viel zu regeln.“
„Natürlich. Was kannst du mir erzählen?“
„Was weißt du schon?“
Danton nickte knapp. „Nur das, was Harry mir als Vorabbericht geschickt hat. Angriff durch eine Kompanie Mechs, augenscheinlich Söldner. Abwehr bei leichten Verlusten. Mehr nicht.“
„Mehr nicht?“, fragte sie und schien ehrlich erstaunt zu sein.
„Mehr nicht“, bestätigte Germaine. „Also, gib mir Details.“
„Klar. Um 0300 heute früh hat die Wache lauten Alarm gegeben. Zwei Mechs aus Sharpes Lanze waren draußen und sind unerwartet unter Beschuss genommen worden. Ich weiß noch nicht genau wie, aber die Angreifer haben sich unbemerkt bis fast auf Waffenreichweite nähern können.
Zuerst hatten wir es mit neun angreifenden Mechs im Nordosten zu tun. Acht IS-Maschinen, relativ weit verbreitetes Material, eine Nemesis. Im Verlaufe des Gefechtes habe ich Copelands Lanze an den West-Rand des Lagers beordert.“
„Du hast die tödlichste Lanze abzogen? Wieso?“, stellte er die offensichtliche Frage für diese Situation.
„So ein Gefühl“, antwortete Jara. „Eine Intuition. Mir erschien es verdächtig, dass eine kräftemäßig derart unterlegene Truppe uns frontal an einer Front angreift. Ich ging von einem weiteren Angriff als Zangenbewegung aus und habe eine massive Abwehr haben wollen. Außerdem habe ich mir zugetraut, mit meiner Kompanie die angreifenden Truppen zerschlagen zu können.“
Danton schmunzelte leicht. „Mit Erfolg, wie ich vermute.“
„Natürlich. Ich möchte Dawns Lanze im Übrigen lobend erwähnen. Die kürzeste Alarm-Zeit und eine herausragende Gefechtsleistung. Hätten wir einen Orden, würde ich die Lanze nominieren.“
„Vermerkt. Weiter!“
„Gerne. Zumindest hatte ich mit meiner Vermutung Recht. Kurz nachdem wir die feindlichen Truppen abgewehrt hatten, tauchte eine weitere Lanze westlich des Lagers auf. Nach einem kurzen Schlagabtausch mit Copelands Lanze hat sie sich zurückgezogen. Ich gehe davon aus, dass die Angriffe eigentlich zeitgleich stattfinden sollten. Dann hätten sie uns in einer unbewachten Flanke getroffen und erheblichen Schaden anrichten können.“
„Das heißt, ihr hattet hauptsächlich Glück?“
"Glück und eine gehörige Portion vorbildliches soldatisches Handeln", erwiderte sie schulterzuckend. "Wir waren so koordiniert und schnell einsatzbereit, dass wir sogar unsere Wache noch vor der totalen Vernichtung retten konnten. Ich werde meine Kompanie gleich für herausragende Leistung belobigen.“
„Genehmigt. Wie sieht deine Verlust-Liste aus?“
„Es könnte besser aussehen, aber wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Leichte bis mittelschwere Schäden an den Mechs, aber nichts, dass wir nicht mit ein paar Tagen Zeit beheben können. Leider fallen drei meiner Piloten aus.“
Danton stockte kurz. Das war der unangenehme Teil im Leben eines Soldaten. Die Schlächterrechnung. „Namen? Schwere und Art der Verletzungen?“
„Corporal Bill Tracy, innere Verletzungen. Sein Cockpit wurde getroffen, er hat eine ganze Ladung Glassplitter abbekommen und großes Glück, dass er noch lebt. Körperlich dürfte er in zwei Wochen wieder einsatzbereit sein. Möglicherweise ist er aber traumatisiert. Ich werde mit ihm reden.
Sergeant Ben Torres, ein gebrochener Arm, starker Blutverlust, schwere Gehirnerschütterung. Ihn hat es am Schlimmsten erwischt, aber er ist ansprechbar. Zwei Wochen Ruhezeit, danach nochmal zwei Wochen nur begrenzte Belastung. Ich werde Corporal Kush auf seinen Mech setzen.
Außerdem hat es Haruka erwischt. Starke Verbrennungen an den Armen, Rauchvergiftung. Bei einem Sturz hat ihre Kommandokonsole Feuer gefangen und das automatische Löschsystem hat versagt. Sie dürfte in einer Woche wieder einsatzbereit sein.“
Gerade noch hatte er Jara besonders loben wollen, dann aber war ein besonderer Name gefallen. Er atmete langsam aus. Ausgerechnet Katana. „Ich werde ihrem Freund Bescheid sagen. Es kann nicht schaden, wenn er mit ihr spricht. Kannst du Bildfunk im Lazarett organisieren?“
„Ich denke schon.“ Sie zögerte und nickte dann. „Ja, doch, kann ich.“
„Gut. Der Rest ist unverletzt?“
„Ja. Wie gesagt, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Bei den Mechs sieht es ähnlich aus. Leichte Schäden, zwei Mechs hat es stärker erwischt, aber alles machbar. Momentan würde ich unsere Einsatzbereitschaft mit knapp über 80 Prozent angeben. Das meint nur die Kompanie. Copelands Lanze ist weiterhin bei 100 Prozent.“
Das war wiederum der erfreuliche Teil. Für ein Gefecht mit einer nahezu gleichstarken Einheit, nachdem ihre Kompanie überrascht worden war, war das eine mehr als gute Leistung. Danton beschloss, das Lob nachzuholen. Sie hatte es verdient. „Gut gemacht, Jara. Du kannst deiner Kompanie meine Glückwünsche zum ersten siegreichen Gefechtseinsatz aussprechen. Gibt es sonst Neuigkeiten?“
„Danke und ja.“ Sie grinste auf diese merkwürdige Art, wie sie immer grinste, seit sie den Clans wieder entkommen war. „Wir haben Kriegsgefangene machen können.“
„Lass hören!“
„Ein Leutnant, ein Unteroffizier, ein Korporal. Alle Lyraner. Sie werden momentan medizinisch versorgt und sind noch nicht vernehmungsfähig. Da sie sich sowohl im Gefecht wie auch danach untadelig verhalten haben, sehe ich keinen Grund, unfreundlich zu werden. Ich halte sie allerdings getrennt, damit sie sich nicht absprechen.
Sie erzählen uns leider nicht viel. Nur dass sie zu einer Söldnereinheit gehören, die sich die Waräger-Wache nennt und momentan bei den Diamanthaien unter Vertrag stehen. Wir haben die Überreste der Nemesis näher untersucht. Die… sterblichen Überreste des Piloten und die Reste der Mechlackierung scheinen das zu bestätigen. Vermutlich ein Verbindungsoffizier.“
Okay, ab hier wurde es interessant. Danton stellte die offensichtliche Frage. „Habt ihr seinen Kodax geborgen?“
Jara nickte. „Ja. Der ist aber beschädigt und wir haben nicht die Technik hier, um an die Daten zu kommen.“
„Schade. Es wäre gut gewesen, einen Namen zu wissen oder wenigstens einen Dienstgrad.“ Für seine Mittägliche Konfrontation mit Trauthild Nagasawa.
„Er war Sterncommander.“
Fragend hob Germaine eine Augenbraue. „Wie kommst du darauf?“
„Ich habe nachgesehen“, antwortete sie grinsend.
Danton nickte verstehend. War dies nun ein Zeichen dafür, das sie emotional verhärmte, oder wurde sie abgeklärter? Es war wohl irgendwas dazwischen. Aber Germaine wusste, das er eine emotionale Verhärmung bei Jara nicht zulassen würde und durfte. Sie hatte rein gar nichts davon, wenn sie dieses Tal des Wahnsinns durchschritt. Vor allem nicht wenn sie eines Tages einmal gezwungen sein würde, die Chevaliers oder eine Einheit ähnlicher Größe anzuführen. Er musste dagegen steuern, und er musste sich überlegen, wie er das am besten erreichte. Mit weiteren Beförderungen sicherlich nicht. "Ich brauche den Kodax. Heute morgen noch." Danton sah seine Kompaniechefin ernst an. "Ich schicke einen Hubschrauber."
"Tschuldigung, darf ich fragen, wofür?"
Danton grinste. "Frauen mögen doch Schmuck, und so ein Kodax ist doch irgendwie Schmuck. Ich werde das schicke Teil meiner jüngsten Verehrerin schenken."
"Das verstehe wer will. Ich jedenfalls nicht", sagte Jara brummig.
"Ich erkläre es später. Bis dahin mach weiter so, Jara."
Die junge Frau salutierte. Sie tauschten einen Abschiedsgruß aus und Danton desaktivierte die Verbindung.
Er warf einen Blick auf den Ausdruck neben sich, dem ausführlichen Berichts Copelands. Darin überschlug sich der alte Hase geradezu beim Versuch, Jara angemessen zu würdigen. Germaine spürte, das er Jara betreffend eine ganze Reihe richtiger Entscheidungen getroffen hatte. Das war ein gutes Gefühl.

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Als der Kodax um die Mittagszeit am HPG abgeliefert wurde, fiel die Ankunft des Helikopters nicht einmal besonders auf. Die Taubenschlagtätigkeit hatte am zweiten Tag eher noch zugenommen, weil "gerade Markt" war. Einmal in der theoretischen Woche erlaubten Diamanthaie und ComStar zwischen den Hallen und vor den Mauern private Stände, auf denen die Prospektoren tauschen, kaufen und verkaufen konnten, was immer sie wollten. Germaine machte sich aber klar, dass die hier versammelten Menschen rund ein Zehntel der Gesamtbevölkerung von Caliban IV waren; sie auf diesem Drecksball zufällig wiederzutreffen war schwieriger, als die Nebelparder zu suchen. Er musste nicht wirklich befürchten, Zivilisten in Mitleidenschaft zu ziehen. Obwohl, Zivilisten gab es im Verständnis der Parder ja gar nicht, also waren sie in jedem Fall gefährdet.
Germaine machte sich eine gedankliche Notiz, den Teileinheiten dennoch mitzuteilen, das man eventuell doch auf Zivilisten treffen konnte. Der modernen Raumfahrt sei Dank, dass von den ursprünglich acht Milliarden Menschen der prästellaren Erde die heutigen rund neunzig Milliarden mindestens einmal in ihrem Leben eine Raumreise machten; das Ergebnis war, dass eine knappe Milliarde permanent im Weltall unterwegs war. Statistisch gesehen. Ein Großteil davon gehörte zum Militär, zum Paramilitär, zu Piraten, zu privaten Schutztruppen, und dergleichen. Und ausgerechnet auf diesem Staubball eines Planeten hatte sich ein erklecklicher Teil davon - eigentlich nur ein Hauch, statistisch gesehen - seinen Claim abgesteckt in der Hoffnung, wenn schon nicht reich zu werden, so doch gut dran zu verdienen. Eine erstaunliche Entwicklung.

Wie immer in letzter Zeit begleitete ihn Major McAllister, als er zum Mittagessen in das Landungsschiff der Diamanthaie herüber ging. Für dieses Essen hatte er einen echten Knaller geplant. Und darauf freute er sich schon.
Trauthild Nagasawa empfing ihn persönlich, und sie gab sich alle mögliche Mühe, wie ein verärgertes Kind auszuschauen. Sie hatte die Wangen aufgeblasen und warf ihm einen trotzigen Blick zu. "Sie sind zu spät, Colonel. Das Essen wird kalt."
"Ich entschuldige mich dafür. Ich musste eine wichtige Arbeit dazwischen schieben."
"Nichts kann so wichtig sein, wie medium gebratener Kaiman", erwiderte sie, hörte aber auf die Wangen aufzuplustern. Ob sie wohl gemerkt hatte, dass sie ihn mit der kindlichen Masche nicht mehr unter Druck setzen konnte?
"Wie ich schon sagte, ich entschuldige mich. Und ich verspreche, das ich auch durchgebratenen Kaiman mit Genuss verzehren werde."
Nun, das gab ihr zumindest die Gelegenheit, eine bessere Laune vorzuspielen. "Na, immerhin etwas, denn durchgebraten wird er jetzt sein. Und ich hasse Schuhsohlen zum Mittag. Kommen Sie, Estelle. Sie sind von meinen Vorwürfen eindeutig befreit. Bei dem Vorgesetzten."
Nagasawa lächelte, und Germaine hatte keinerlei Zweifel daran, das auch McAllister lächelte. Ein solidarischen Frauenlächeln. Na, wenn die beiden es brauchten...
SternCaptain Vogt stand etwas weiter innen im Hangar und ließ die beiden herankommen. "Hatten Sie eine gute Nacht, Germaine?", fragte der Elementare freundlich, während er die Hand des Colonels mit einer Vorsicht schüttelte, als wäre sie aus zerbrechlichem Zucker. Vielleicht stimmte es ja doch, das er und Nagasawa... Böses, böses Kopfkino. Germaine schob es gewaltsam beiseite. Das war einfach nur... Skurril.
"Eine wunderbare Nacht der Ruhe und des Friedens. Und das ist bei meinem leichten Schlaf nicht immer möglich."
"So. Aha." Er reichte auch McAllister die Hand und schloss sich ihnen ohne ein weiteres Wort an. Wenn das eine Anspielung auf den Angriff der Waräger-Wache gewesen war, den Jara mit leichter Hand abgeschlagen hatte, dann keine besonders subtile. Aber der große Elementare würde schon bald aus erster Hand ein Beispiel dafür bekommen, wie man so etwas richtig machte.

"James Clarke lässt sich entschuldigen", sagte Nagasawa, als sie das Offizierskasino des Landers betraten, "er mag ohnehin keinen Kaiman und ist lieber auf Wachschicht gegangen."
"Aber ich bin anwesend, wenn es Sie tröstet, Colonel", empfing sie Siska Rothschild. Sie hatte sich für den Empfang erhoben. Danton trat heran und reichte ihr die Hand. Ebenso McAllister.
Eine Ordonnanz servierte einen Apperitiv, der unter den Clannern als Fusionaire bekannt war. Germaines Fall war er nicht. Verwundert bemerkte er, das ihm der Alkohol überhaupt nicht schmeckte, und er auch kein Verlangen nach mehr oder seinem Stammwhisky verspürte. Er notierte sich diese verblüffende Erkenntnis, um sie später eingehender zu betrachten.
Anschließend setzten sie sich, und nach einer recht angenehmen Vorsuppe, die ihm als Tomatenconsomée vorgestellt wurde, folgte der Hauptgang in Form von Steak, Weißbrot und Quark. Für die besonders Wagemutigen oder Hungrigen gab es auch gebackene Kartoffeln, was Germaine aber dankend ablehnte. Falls es überhaupt Kartoffeln waren. Eintausend Jahre Expansion in die Milchstraße hatte die Menschheit erfinderisch gemacht, was die Wahl ihrer Speisen anging.
"Wie also sieht Ihre Entschuldigung aus, Colonel?", fragte die Clannerin, die sich erfolgreich gegen die Männerportion auf ihrem Teller durchsetzte. So erfolgreich, das sich Germaine spontan fragte, wo das zerbrechliche Wesen diese Menge überhaupt ließ.
Der Chef der Chevaliers lächelte und griff in eine seiner Uniformtaschen. Als er den Kodax hervor holte, ging ein sichtbarer Ruck durch Vogt. "Ich dachte mir, Sie hätten das gerne wieder. Es ist ein Diamanthai-Kodax."
"Ah, interessant. Wo haben Sie den her, Germaine?", fragte die junge Frau leidlich interessiert.
"Aus dem Cockpit einer Clansmaschine, die an einem Angriff auf eine meiner Kompanien teil genommen hat. Die Angreifer wurden vernichtend geschlagen, und der ehemalige Besitzer dieses Kodax bekam einen ziemlich hässlichen Cockpittreffer ab."
"Er ist also tot?", fragte Vogt.
"Sagen wir es so: Der Kodax war das einzige, was die Bergung lohnte." Germaine reichte den Kodax an Vogt weiter, der ihn musterte und dann an Nagasawa weitergab.
"Danke, Germaine. Ich weiß das zu schätzen."
"Gern geschehen. Wenn Sie mir jetzt noch erklären würden, warum die Waräger-Wache mit Unterstützung ihres Diamanthai-Verbindungsoffiziers ausgerechnet meine jüngste Kompaniechefin kurz vor dem Morgengrauen attackiert hat, wäre ich schlauer."
Nagasawa maß Danton mit einem ernsten Blick. "Hatten Sie Tote?"
"Nein", erwiderte Germaine. "Einige Krieger fallen für eine gewisse Zeit aus. Aber ich habe Ersatzleute. Und die Bergung nach der Schlacht war ziemlich gut."
"Ersatzleute. Was für ein interessantes Konzept", sagte Vogt.
"Es macht sich bezahlt, immer ein paar Soldaten in den eigenen Reihen zu haben, die notfalls einen überschüssigen Mech führen können. Eine nicht eingesetzte Waffe ist eine sinnlose Waffe. Ihr Clanner macht es ja lieber anders herum. Erst müsst Ihr euch eine Rüstung, einen Mech oder einen Jäger erkämpfen, bevor Ihr auf die Menschheit losgelassen werdet. Überschüssige Mechs sind nicht wirklich euer Ding."
"Wir sind kein Söldnereinheit, Germaine. Wenn wir überschüssige Maschinen haben, geben wir die schlechteren zurück in die Etappe, damit sie dort schlechteres Material ersetzen", sagte Nagasawa. "Haben Sie Gefangene gemacht?"
"Drei."
"Was haben Sie mit ihnen vor?"
"Sie gut behandeln, wie ich es mit allen meinen Gefangenen mache."
Nagasawa nickte. "Eine Repatriierung kommt nicht in Frage?"
"Hören Sie, ich bin weder mit der Waräger-Wache noch den Diamanthaien im Krieg. Jedenfalls nicht, das ich es wüsste. Zudem war der Angriff unprovoziert. Sehen Sie es so, das ich all Ihre Fragen aus Höflichkeit beantworte, Trauthild, nicht weil ich es muss."
"Wir sind natürlich nicht im Krieg, Germaine", sagte Nagasawa bedächtig. "Aber ich fürchte, da ist etwas in der Befehlskette falsch gelaufen."
"Und wer", sagte Germaine mit deutlichem Spott in der Stimme, "soll Ihnen das abkaufen?"
"Sie werden mir das abkaufen. Ein Kommunikationsfehler. Niemand hatte vor, Sie in Bedrängnis zu bringen, oder Ihre Fähigkeiten einem Ernstfalltest zu unterziehen, um zu sehen, ob Sie eine Chance gegen die Parder haben. Unser Verbindungsoffizier hat einfach seine Befehle falsch verstanden." Sie hielt den Kodax hoch. "Und er hat dafür bezahlt. Und wird weiter dafür bezahlen. Der Eingang in unserem Genpool bleibt ihm damit wohl verwehrt. Außerdem bleibt nicht mal seine Asche, um sie einem Bruttank beizugeben. Ich denke, das ist seinem Versagen angemessen, Germaine."
"Seinem ja. Wie sieht es mit Ihrem aus?"
Nagasawa lächelte. "Sagen Sie mir, was Sie von mir wollen."
"Die Waräger-Wache nützt Ihnen nichts mehr, jetzt wo sie auf eine Lanze herunter kastriert ist. Überlassen Sie sie mir."
Vogt richtete sich deutlich auf. Nagasawa beschwichtigte ihn mit einer Handbewegung. "Ich kann Ihnen nicht gestatten, sie zu vernichten."
"Sie missverstehen mich, Trauthild. Ich will ihren Kontrakt übernehmen. Das ist das Mindeste, was Sie mir für diese... Falsch verstandenen Befehle erweisen können. Ablösefrei, natürlich. Aber ich übernehme den vollen Sold ab sofort."
Siska Rothschild klatschte in die Hände. "Wunderbar. Damit haben wir nicht nur einen wertlosen Aktivposten von der Backe, wir müssen uns auch keine Gedanken mehr über die laufenden Reparaturen machen. Stimm zu, Trauthild Nagasawa. Es ist zu unserem Vorteil."
Es folgte einige Zeit des Schweigens, bevor die SternColonel wieder das Wort ergriff. "Die Waräger-Wache gehört Ihnen, und wir vergessen diese Kleinigkeit. Kein böses Blut zwischen uns, Germaine."
"Natürlich nicht, Trauthild."
"Gut." Sie erhob ihr Glas. "Dann wollen wir trinken. Auf die Dantons Chevaliers und ihren jüngsten, hoch effektiven Kompaniechef. Es scheint, das sie bei den Wölfen einiges gelernt hat."
Germaine nahm diese Spitze ebenso wie die Information mit einem Schmunzeln hin. "Zuvor hat sie bei mir gelernt. Und auch danach", erwiderte er. "Aber Sie haben Recht. Auf die Chevaliers und auf Captain Fokker."
Die Gläser stießen singend zusammen.
***
Ein Desaster. Ein schreckliches Desaster, das fasste es zusammen, was Germaine sah, als der von ihm gemietete Hubschrauber den Spuren von Trümmern und Rauch folgte, der sich von der dritten Kompanie über das Ödland zog. Dorthin, wo die Reste der Waräger-Wache waren.
"Ich habe sie in der Ortung, Sir", sagte die Pilotin. "Etwa fünf Klicks voraus. Ich setze jetzt Ihre Sprungtruppen ab."
Germaine drückte den Knopf für das Kehlkopfmikrofon. "Einverstanden, Lieutenant. Und wenn Sie mal einen Job brauchen..."
"Denke ich an die Chevaliers. Sie sind ohnehin das Tagesgespräch, seit Sie hier gelandet sind", erwiderte Second Lieutenant Adrianna Acer Tokugawa von der Schutztruppe der Natsukami-Minengesellschaft.
"Ich hoffe, im positiven Sinne", erwiderte Germaine, während die zwanzig Sprungtruppensoldaten von McAllister aus dem in acht Meter Höhe schwebenden Heli gescheucht wurden, bevor sie selbst hinterher sprang. Der Lademeister meldete ein Go, und der Hubschrauber setzte seinen Weg fort.
"Und ich soll wirklich nicht auf Sie warten?", fragte Tokugawa erneut.
"Nein. Sollte etwas Unvorhergesehenes passieren, fliegen Sie wieder ab, soabld auf mich geschossen wird, oder ich es Ihnen sage. Sie sehen ja, ich bin vorbereitet."
"Also gut." Sie deutete an, das sie die Frequenz wechselte. "Waräger-Wache, ich rufe Sie über einen offenen Kanal. Hier spricht Lieutenant Tokugawa vom Natsukami-Wachdienst. Ich bitte u Landeerlaubnis in Ihrem Camp."
"Waräger-Wache, Captain Steigenberg hier. Wie zum Teufel haben Sie uns gefunden?"
"Ihr neuer Arbeitgeber hat uns den Weg gezeigt. Außerdem haben Sie eine schöne breite Spur gezogen."
"Neuer Arbeitgeber?", fragte Steigenberg ungläubig.
"Ich bitte um Landeerlaubnis", wiederholte sie, anstatt darauf einzugehen.
"Landeerlaubnis erteilt. Die Techs weisen Sie ein."
"Danke schön, Waräger-Wache."
Sie wechselte wieder auf Bordfrequenz. "Wir dürfen landen."
"Gut gemacht." Germaine Danton war zufrieden.

Als der Hubschrauber landete, stieg der Chef der Chevaliers alleine aus. Entgegen der Notwendigkeit hatte er den Spazierstock mitgenommen, der wohl irgendwie zu einem Markenzeichen für ihn geworden war. Er besah sich dabei die zum Teil erheblich getroffenen Maschinen an. Vor allem der Raven hatte eine Reparatur dringend nötig.
"Colonel Danton?", kam die ungläubige Stimme des vordersten Mannes.
"Captain Steigenberg, nehme ich an. Kompaniechef. Oder jetzt vielmehr Lanzenchef."
Der Offizier zog seine Dienstwaffe und richtete sie auf Danton. "Sie sollten sich bei Ihrer Arroganz bedanken. Ich denke, ich habe gerade einen Weg gefunden, meine Soldaten und mein Material wieder zu bekommen."
Danton schnaubte amüsiert. "Sie werden doch nicht auf Ihren Arbeitgeber schießen, Captain."
"Den Quatsch habe ich doch vorhin schon mal gehört", erwiderte er ärgerlich. "Was soll der Scheiß?"
"Darf ich näher kommen?", fragte Danton.
"Sie dürfen. Langsam. Und lassen Sie den Spazierstock dort, wo Sie gerade stehen."
Beinahe hätte Danton gelacht. Die gut sichtbare Sunbeam im Seitenholster machte dem Captain nicht so sehr zu schaffen wie der Stock. Vielleicht sollte er die Gehhilfe zu einem Symbol machen. Einem Symbol der Chevaliers. Er legte den Stock vorsichtig auf den lehmigen Boden, dann trat er näher. Als er Steigenberg und seinen Leuten Auge in Aug gegenüberstand, öffnete er mit aller Vorsicht seine Uniform und zog einen Verigraph-Brief hervor. "Hierin bestätigt SternColonel Trauthild Nagasawa, das sie den Kontrakt mit der Waräger-Wache zu einhundert Prozent und sofort an mich verkauft hat. Bitte lesen Sie."
Wortlos riss Steigenberg den Brief aus Dantons Hände. Er überflog die Zeilen, immer wütender werdend. "Was bildet die kleine blonde Schlampe sich ein? Was mit meiner Wache passiert, bestimme immer noch ich! Dieser Wisch ist nichts wert!" Erneut richtete er die Pistole auf Danton. "Tut mir leid, aber Sie sind mein Gefangener, bis mir Ihre Leute meine Leute und mein Material ausgehändigt haben."
"Und was dann? Sie haben keinen Arbeitgeber mehr. Und Sie haben zwar einen Union, wie ich sehe, aber sicher kein Sprungschiff. Und die laufenden Kosten, davon will ich gar nicht reden. Und Ihre Mechs brauchen dringend umfassende Reparaturen. Seien Sie nicht so störrisch und akzeptieren Sie Ihr Schicksal. Seien Sie lieber froh, das ich Profi genug bin, damit ich hier nicht mit einer MechKompanie aufgeschlagen bin, um Sie alle auszulöschen."
"Ich bleibe dabei. Sie sind mein Gefangener, Colonel. Es war leichtsinnig, selbst herzukommen."
Danton lachte schnaubend. "Seien Sie doch kein Idiot. In meinem Regiment gibt es mehr als acht Leute, die mich sofort ersetzen können. Wenn Sie mich als Geisel nehmen, fahren sie mit Ihren Leuten Schlitten. Wenn Sie mich töten, stehen hier bald nur noch rauchende Trümmer."
"Oh, wir versuchen es mit den rauchenden Trümmern", sagte Steigenberg zwischen zusammengepressten Zähnen, obwohl einige seiner Leute deutliche Zuneigung zum Vorschlag des Colonels zeigten.
"Gut. Dann bitte einen Moment." Er deutete auf den Hubschrauber. "Lieutenant Tokugawa wird Ihre Forderungen mitnehmen. Sie ist als neutrale Person zu verstehen. Aber Sie werden sie dafür bezahlen müssen. Allerdings bin ich bereit, die Kosten zu übernehmen, wenn Sie mir von Krieger zu Krieger einen Gefallen erweisen."
"Und der wäre?", fauchte Steigenberg gereizt.
"Mein Gehstock. Geben Sie ihn Tokugawa mit. Sie soll ihn meiner Erbin aushändigen. Nur für den Fall, dass... Unser Konflikt unschöne Züge annimmt."
Steigenberg dachte einige Zeit nach. "Ich bin einverstanden. Sie warten hier, bis ich die Forderungen aufgesetzt habe. Und jemand soll den Gehstock holen. Aber vorsicht wegen der Sprungfeder für den Klingenmechanismus!"
Beinahe hätte Danton laut gelacht. Vielleicht brauchte er tatsächlich eine Klinge.
Leise murmelte er zu sich: "Jara, Jara, ich hoffe, du hängst den Stock nicht neben den Dolch. Das würde ich dir dann doch übel nehmen." Im Stillen leistete er der jungen Frau Abbitte dafür, das er den Druck erneut erhöhte. Und war gleichzeitig gespannt darauf, wie sie mit der Situation umgehen würde. Wusste Steigenberg, das er gerade selbst über sein eigenes Leben entschied?
Danton sah der Frau in die Augen, die nun an Steigenbergs Statt auf ihn zielte. "Nervös?", fragte er mitfühlend.
"M-machen Sie einfach nur keine dummen Bewegungen", erwiderte sie mit fahriger Stimme.
Das war, im Anbetracht ihrer Aufregung, ein sehr guter Rat, fand Germaine.

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Caliban-System
Peripherie


Der frischgebackene Hauptfeldwebel Anton Bramert hatte sich für die Zeit, bis er nach Caliban IV geflogen werden sollte, in dem Hangar eingefunden, von dem vor einer Stunde das Shuttle KR-61-13 mit dem Heimdall-Loki-Team von Kommandant MacArthur abgeflogen war, nachdem sie auf Befehl der Führung der Organisation Heimdall Anton auf der EDINBURGH abgesetzt hatten. Das Schiff der Scout-Klasse musste sich noch in Position bringen, bevor sie Anton absetzen konnten, daher hatte der junge Agent einiges an Zeit totzuschlagen. Zu diesem Zweck war er in den Hangar zurückgeschwebt und hatte sein Vibroschwert gezogen, das er jetzt in stetigen, schnellen Bewegungen umherwirbelte und verschiedene Formen der Paraden, Ausfälle und Angriffe übte. Er reagierte auch nicht, als sich eine Seitentür mit einem leisen Zischen öffnete, sondern führte weiterhin in flüssigen Bewegungen seine Übungen aus. Erst als hinter ihm ein leises Räuspern erklang, schob er in einer weiteren schnellen Bewegung das Schwert in die Schwertscheide zurück und wandte sich an den Störenfried. „Mr. Blecher. Wenn Sie hier sind, dann vermute ich, dass wir starten können?“
„Mit dieser Vermutung liegen Sie richtig, Hauptfeldwebel Bramert“, antwortete Blecher in demselben Ton. Anton konnte den Mann irgendwie nicht leiden und er wusste, dass Blecher das merkte, aber der ältere Mann ließ sich nichts anmerken. Stattdessen drehte er sich langsam in der Schwerelosigkeit und winkte Anton, ihm zu folgen. „Kommen Sie. Es gibt noch ein, zwei Punkte zu besprechen, bevor wir Sie auf den Planeten bringen können.“
Anton schwebte mit langsam Schwimmbewegungen zu Boden, dann stieß er sich kräftig ab und schwebte hinter Blecher her. Die beiden Männer kamen in einen anderen Hangar, wo ein einzelnern Luft/Raumjäger vom Typ Shilone bereit stand. Anton sah den LRJ interessiert an, aber Blecher ging nicht darauf ein, sondern flog zunächst zu einem Gestell, an der eine Battle Armor-Rüstung angebracht war. „Hier, Hauptfeldwebel, schlüpfen Sie einmal da hinein.“
Er nahm die Rüstung von dem Gestell und stieß sie in Richtung des jüngeren Mannes. Anton fing die Bewegung der Rüstung ab und drehte sie leicht, dann sah er Blecher an. „Was ist das für ein Modell? So eines habe ich noch nie gesehen.“
„Das wundert mich nicht, Hauptfeldwebel. Diese BA wurde vom Sternenbund entwickelt und war während der Nachfolgekriege aus der Inneren Sphäre verschwunden. Erst die Gray Death Legion hat vor einigen Jahren eine Reihe dieser Modelle wiederentdeckt und daraus ihre Battle Armors entwickelt. Sie halten gerade eine Nighthawk Battle Armor MK XXX in den Händen, ein sogenannten Power Armor (Light), kurz PA (L).
Das Ursprungsmodell, Mk XXII wird eigentlich nur noch von ComStar und Blakes Wort genutzt, aber in kleiner Stückzahl werden diese Battle Armors seit einem Jahr auch wieder auf Arc-Royal hergestellt. Wir haben dieses Modell für Sie mitgenommen, damit Sie, wenn Sie auf Caliban angekommen sind, nicht direkt im potentiellen Kreuzfeuer zerfetzt werden.
Allerdings muss ich Sie warnen: Dieser Anzug hält eigentlich kaum etwas aus, darum wäre es für Sie grundsätzlich die bessere Alternative, wenn Sie gar nicht erst versuchen, in einen Kampf einzugreifen.“
Anton nickte verstehend. „Und warum machen Sie das? Warum geben Sie mir dieses Stück Hochtechnologie?“
Blecher sah ihn etwas überrascht an. „Warum? Nun, wir sind doch schließlich alle Mitglieder Heimdalls, nicht wahr? Und wir schützen unsere Leute, so gut es geht.
Jetzt ziehen Sie den Anzug schon an. Wir müssen testen, ob wir Ihr geliebtes Vibroschwert anbringen können, damit Sie es auch nutzen können, wenn Sie diesen Anzug tragen.“
„Sie machen mir Spaß, Blecher. Wie soll ich denn in dieses Ding schlüpfen? In Schwerelosigkeit?“
„Entschuldigung. Warten Sie, ich helfe Ihnen“, antwortete Blecher und schwebte näher heran. Er nahm den Battle Suit an den Beinen und zog ihn auf den Boden herunter. Anton zog sich zunächst bis auf die Unterwäsche aus, dann schwebte er heran und schlüpfte in den Nighthawk hinein. Nachdem alles fest saß, aktivierte sich ein Niedrigenergielaser, der Antons Gesicht scannte und der Anzug aktivierte sich automatisch und gab Anton die volle Kontrolle über alle Funktionen. Blecher nickte zufrieden. „Wir haben ein paar kleinere Änderungen im Sicherheitssystem vorgenommen. Dieser Anzug ist jetzt auf Ihre DNS geeicht und kann von niemand anderem angelegt und benutzt werden. Falls es doch zu einem Versuch kommen sollte, wird sich der Anzug selbst zerstören und der Benutzer im Anzug würde voraussichtlich sterben. Dies sollten Sie immer beachten, auch wenn Sie möglicherweise darüber nachdenken, den Anzug jemand anderem zu geben – das ist einfach nicht möglich!“
„Verstanden“, antwortete Anton und hörte seine Stimme durch den Anzug blechern an die Außenwelt dringen. Er bewegte die Arme ein wenig, ruderte mit den Beinen und wurde durch die Bewegung direkt in die Luft getragen. Blecher beobachtete ihn dabei, dann erklärte er weiter. „Sie können die Sprungdüsen entweder durch einen Sprachbefehl oder mit einem Blinzeln der Augen bewegen. Die Sprungdüsen haben eine Reichweite von 90 Metern, aber ich denke, Sie sind das ja vom Steuern ihres alten BattleMechs gewohnt. Der Nighthawk hat keine festen Waffen montiert, wie Sie ja vielleicht schon festgestellt haben. Dadurch sind Sie in der Lage, verschiedene Waffen zu tragen, beispielsweise auch das Vibroschwert – zumindest hoffen wir das. Nehmen Sie das Schwert einmal in die Hand, damit wir es austesten können.“
Anton griff vorsichtig nach dem Schwert hielt es in der rechten Hand. Dann führte er dieselben Bewegungen aus wie er sie zuvor ohne den PA (L) ausgeführt hatte und auch wenn die Bewegungen nicht so flüssig waren bekam der junge Mann langsam ein Gefühl dafür. „Es fühlt sich nicht schlecht an. Ungefähr so, als würde ich das Schwert mit einem Handschuh führen. Man kann sich daran gewöhnen.“
Blecher lächelte zufrieden. „Das ist gut, das ist sehr gut. Der PA hat auch einige Modifikationen, damit Sie das Schwert gut transportieren können. Berühren Sie mit dem kleinen Finger der linken Hand den linken Daumen.“
Anton tat, wie ihm geheißen und eine Klappe an seiner linken Schulter schob sich zur Seite, gerade breit genug, um das Schwert samt Griff hindurchzubekommen. Blecher flog heran und schob das Schwert durch die Öffnung. Dank der Verstärker in der Rüstung konnte Anton ein leises Klicken hören und die Klappe schloss sich automatisch. Blecher schwamm ein gutes Stück zurück, dann sagte er. „Jetzt wiederholen Sie den Vorgang bitte, um die Klappe zu öffnen.“
Anton wiederholte die Bewegung mit dem Zeigefinger und die Klappe öffnete sich erneut. Dieses Mal sprang aber das Schwert so heraus, dass Anton den Griff des Schwertes mit der rechten Hand greifen und herausziehen konnte. Blecher beobachtete den Vorgang kritisch, dann nickte er. „Gut, das sollte so funktionieren. In der Öffnung ist ein Sprungmechanismus eingebaut, der sich aktiviert, wenn Sie die Klappe öffnen. Hatten Sie irgendwelche Schwierigkeiten damit, das Schwert herauszuziehen?“
„Nein“, antwortete Anton. „Es fühlte sich genauso an, wenn ich das Schwert aus der Schwertscheide herausziehe.“
„Das wollten wir erreichen. Wunderbar. Dann kommen wir zu den Feuerwaffen. Haben Sie irgendwelche Vorlieben?“
„Eigentlich nicht. Bisher habe ich Feuerwaffen eher selten eingesetzt. Höchstens mal einen Nadler, allerdings nur als Standard-Handfeuerwaffe, niemals als Gewehr.“
Blecher nickte, anscheinend hatte er diese Antwort erwartet. „Nun, einen Nadler wollte ich Ihnen ehrlich gesagt nicht mitgeben. Wir haben dafür ein paar weitere modifizierte Waffen, die Ihnen vielleicht helfen könnten.“
Er flog zu dem Gestell zurück und holte eine Metallkiste hervor, die sich hinter dem Gestell befunden hatte. Er öffnete diese und holte ein schweres Lasergewehr heraus, die er Antons Richtung stieß. „Das hier ist ein Marx XX-Lasergewehr. Eine gute Waffe mit hoher Reichweite. Der Vorteil ist, dass sie keinen heftigen Munitionsverbrauch hat, was vor allem für Sie von Vorteil sein wird, wenn Sie sich alleine durch die Wildnis von Caliban durchschlagen müssen. Wir können das Gewehr außerdem mit einem Zielerfassungssystem, das in Ihrem Anzug eingebaut ist, verbinden, wodurch Ihnen auch noch die Möglichkeit gegeben wird, wie ein Scharfschütze zu schießen – sofern das notwendig sein sollte. Durch die Kombination dieser Waffe mit dem Zielerfassungssystem des Anzug können wir außerdem die maximale Reichweite für einen sicheren Schuss auf 1500 Meter erhöhen. Allerdings müssen Sie bei dieser Waffe auch auf die Wärmeentwicklung achten. Mehr als sechs Schüsse hintereinander würde ich damit nicht abfeuern, ansonsten kann es passieren, dass Ihnen das Gewehr in der Hand explodiert.
Wir haben an den Seiten des Gewehrs starke Magneten angebracht, die es Ihnen ermöglichen, das Gewehr an Ihrem Anzug zu befestigen, Dadurch müssen Sie es nicht immer in der Hand halten, wenn Sie unterwegs sind. Wir haben die Magneten auch mehreren Beschleunigungstests unterzogen, also haben Sie auch keine Probleme, wenn Sie sich im Sprung befinden und die Waffe an Ihrer Rüstung befestigt haben. Probieren Sie es ruhig aus.“
Anton nahm das Gewehr und tatsächlich aktivierte sich sofort ein Fadenkreuz auf dem Helmvisier. „Kann es sein, dass Sie in dem Gewehr und dem Anzug Sensoren angebracht haben, damit die Zielerfassung aktiviert werden kann?“
„Gut erkannt“, antwortete Blecher, während er zusah, wie Anton das Gewehr anhob und damit durch den Raum zielte. Dann beugte er sich erneut herab und holte eine weitere Waffe heraus, in diesem Fall eine Pistole. „Die hier ist auch für Sie. Wir haben sie mit denselben Sensoren und Magneten versehen, damit Sie die Waffe ebenfalls an der Rüstung tragen können.“
Er warf die Waffe ebenfalls in Antons Richtung und dieser fing sie geschickt mit der rechten Hand auf und legte die Waffe breitbeinig an, die rechte Hand am Griff, die linke Hand als Stütze unter dem Griff. „Ganz schön leicht. Aber das ist doch eine Auto-Pistole?“
„Nicht ganz. Wir haben das Gehäuse einer Hawk Eagle Auto-Pistole verwendet, aber die Waffe ist eigentlich eine Laserpistole. Allerdings hat sie keine sonderlich hohe Reichweite, maximal fünfzig Meter, also nichts, was Sie für einen Distanzschuss verwenden sollten. Und die Energiezellen sind auch nicht sonderlich stark, also können Sie mit der Waffe höchstens sieben Schuss abgeben, bevor Sie die Energiezelle auswechseln müssten. Bedenken Sie das bitte, wenn Sie die Waffe benutzen.“
Anton nickte und ließ den Arm auf Höhe der rechten Hüfte sinken. Die Waffe machte sich sofort daran fest. Während Blecher erneut in der Kiste herumkramte fühlte Anton sich immer ungemütlicher. Er hatte tatsächlich das Gefühl, das er wie in einem Holovid aussah und hätte sich nicht gewundert, wenn auf einmal eine Hundertschaft Gegner auftauchen würden, die ihn umstellten, nur um von ihm abgemetzelt zu werden, ohne, dass er auch nur einen Kratzer bekam. „Woher haben Sie all das hier, Blecher? Das sind Waffen und Technologien, die selbst in der Inneren Sphäre kaum zu bekommen sind, geschweige denn hier in der Peripherie.“
„Oh, wir haben sie natürlich aus der Inneren Sphäre mitgebracht, Hauptfeldwebel. Der Power Suit stammt von Arc-Royal, wie schon gesagt. Die Modifikationen haben wir während der Reise hierher unternommen, weil wir von Ihrer Vorliebe für den Schwertkampf erfahren haben und uns die technischen Möglichkeiten zur Verfügung standen. Und die Waffen werden unter anderem vom LNC verwendet und wurden von uns übernommen – gestohlen, wenn Sie so wollen. Haben Sie ein Problem deswegen?“
„Nicht, wenn die Waffen funktionieren“, antwortete Anton und Blecher lächelte wieder. „Oh, sie funktionieren, keine Sorge. Wir haben alles getestet, bevor wir es mitgenommen haben, damit Sie es bekommen können. Und wenn Sie sich erneut fragen, warum wir gerade Ihnen dieses Material geben: wir haben in der Organisation sonst niemanden mit Ihren Fähigkeiten, Hauptfeldwebel. Sie haben eine außergewöhnlich schnelle Auffassungsgabe und Ihre Reflexe sind ebenfalls mehr als nur gut. Natürlich haben wir die Ausrüstung an anderen Leuten getestet, aber die Ergebnisse waren für uns einfach nicht zufriedenstellend genug. Aber natürlich erwarten wir von Ihnen, dass Sie uns das Material zurückgeben, sobald Sie wieder in der Inneren Sphäre sind. Also sehen Sie das hier nicht als Geschenk an, das sind reine Leihgaben, verstanden?“
Anton nickte, was Blecher natürlich nicht sehen konnte, aber er schien damit zufrieden zu sein, dass die Nachricht, die er übermitteln wollte, korrekt angekommen war. Aber Anton musste einfach weiterfragen. „Warum lassen Sie mich zu den Chevaliers zurückkehren, wenn Sie von meinen Fähigkeiten so begeistert sind? Brauchen Sie mich nicht in der Inneren Sphäre, so wie Sie Kommandant MacArthur und sein Team brauchen?“
„Oh, natürlich könnten wir Sie auch in der IS brauchen. Es gibt dort genug für uns und bestimmt auch für Sie zu tun. Aber Fakt ist auch, dass Morgan Kell wünscht, dass Germaine Danton den bestmöglichen Schutz bekommt, den er bekommen kann, ohne das es zu offensichtlich wird. Und da Sie ja bereits bei den Chevaliers aufgenommen wurden ist es für uns einfacher, Sie zum Schutz von Danton einzusetzen als ein Team, das wahrscheinlich nicht einmal das Vertrauen des Colonels besitzt. Ich denke, Sie werden es einfacher haben.“
„Wenn er mich überhaupt noch haben will“, antwortete Anton leise, was die Lautsprecher des Anzugs aber nicht übertrugen. Blecher hatte seine Suche in der Kiste schließlich beendet und holte etwas heraus, was wie ein Handschuh ohne Finger aussah. „Hier habe ich noch etwas für Sie, allerdings würden Sie Probleme bekommen, das an dem PA zu befestigen. Diese spezielle, kleine Vorrichtung ist für den Fall gedacht, dass Sie den PA nicht tragen und vielleicht auch nicht die Möglichkeit haben, zu einer anderen Waffe zu greifen. Dieses Gerät ist eine miniaturisierte Armbrust. Damit können Sie kleine, leichte Pfeile verschießen. Das perfekte Gerät für einen Attentäter – aber auch für einen Leibwächter, vor allem, wenn Sie gut zielen können. Das Magazin fasst sechs Pfeile, was wohl ausreichen sollte. Diese Waffe ist schließlich nur als Notfalllösung gedacht und sollte auch nur dementsprechend verwendet werden.“
„Gut zu wissen“, antwortete Anton sarkastisch. „Und Sie glauben wirklich, dass ich dieses ganze Spielzeug mit mir mitschleppen kann?“
„Oh, mit dem Anzug ist es kein Problem, die Waffen mit sich zu tragen. Und wir haben speziell für diese Armbrust eine weitere Modifikation vorgenommen. Dazu müssen Sie bitte den linken Ringfinger und den Daumen berühren.“
Anton bewegte den entsprechenden Finger und auf einmal öffnete sich eine kleine Klappe an der linken Hüftseite des Anzugs. Blecher schwebte heran und schob den fingerlosen Handschuh hinein. Anton berührte Ringfinger und Daumen ungefragt erneut und die Klappe schloss sich wieder. Blecher schwebte zurück und begutachtete Anton, dann nickte er zufrieden. „Wunderbar. Jetzt holen wir ein paar Aufnahmegeräte, mit denen wir Holovids machen können und schicken die Aufnahmen an die Studios, die Der Unsterbliche Krieger produzieren. Sie werden damit richtig berühmt werden.“
Er lachte über seinen eigenen Witz, dem Anton sich aber nicht anschloss, dann wandte er sich an den Shilone-LRJ. „Nachdem Sie jetzt fertig ausgerüstet sind können wir uns daran machen, Sie auf den Planeten zu bekommen. Dazu müssen Sie sich allerdings in diesen Shilone quetschen, zusammen mit Ihrer restlichen Ausrüstung und noch ein paar anderen Dingen, die wir mit reinquetschen müssen.“
Anton wählte im Menü mithilfe seiner Augenbewegungen die Funktion aus, die das Visier hochschob und sah Blecher ungläubig an. „Sie wollen, dass ich auch noch dieses Höllending fliege? Haben Sie noch alle Tassen im Schrank?“
Blecher sah Anton etwas verwirrt an, dann lachte er. „Was? Nein, natürlich sollen Sie den Shilone nicht fliegen. Das übernehme ich. Sie werden im Bauch der Maschine liegen und unterwegs auf dem Planeten abgeworfen werden. Das ist auch der Grund dafür, warum wir den Shilone verwenden. Diese spezielle Maschine ist gerade für solche Aufträge umgebaut worden, allerdings war der ursprüngliche Plan vom LNC, als diese Konstruktion geschaffen wurde, dass damit Loki-Agenten gegen das Draconis-Kombinat eingesetzt werden können. Nachdem wir den LRJ umgebaut haben, ist er im Grunde unbewaffnet, weil wir den Platz benötigen, um jemanden wie Sie transportieren zu können. Sie werden bei einem Anflug mit hoher Geschwindigkeit abgeworfen werden und dann werde ich den LRJ wieder zurück zur EDINBURGH bringen und wir verlassen das System so schnell wie möglich. Haben Sie bis dahin noch Fragen?“
„Wie sicher ist der Abwurf?“, wollte Anton wissen, aber Blecher ging darauf nicht näher ein, sondern sagte nur. „Lassen Sie uns starten, Hauptfeldwebel. Wir haben ein enges Zeitfenster.“
Das war Anton Antwort genug und er schob das Visier wieder herunter und holte seine restlichen Sachen, die er wieder in dem Seesack verstaute. Dann nahm er den Seesack schob in den offenen Bauch des LRJ und dann sich selbst hinterher. Blecher, der sich inzwischen eine Pilotenkluft geholt und angezogen hatte, lächelte wieder, als er sich noch einmal zu Anton hinunter beugte. „Keine Sorge, Hauptfeldwebel. Mit dem Anzug kann Ihnen eigentlich nichts passieren.“
Anton würdigte diesem Kommentar keiner Antwort und Blecher schloss mit einem leisen Lachen die Klappe und sicherte sie, dann stieg er in den LRJ und bereitete sich auf den Start vor.

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A rose by any other name is still a rose

Ein Narr ist eine gefährliche Waffe im Haus der Vernunft

Tu as dèjá le baton fleurdelisé dans ta giberne

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Caliban IV
Landezone APOLLO
24. Oktober 3066, 18:30 Uhr

Hätte jemand Jara Fokker gefragt, was denn das Faszinierendste an ihrem Job sei, so hätte sie vermutlich etwas von den herausfordernden, spannenden und abwechslungsreichen Aufgaben erzählt. Vielleicht wären auch Phrasen gefallen wie „Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen“ oder „das Unerwartete erwarten“.
Hätte jemand Adrianna Tokugawa dieselbe Frage gestellt, wäre die Antwort eine ganz andere gewesen. Die Hubschrauberpilotin des Natsukami-Wachdienstes auf Caliban IV hätte vom Fliegen gesprochen, von der Freiheit in der Luft und davon, dort Problemen aus dem Weg gehen zu können. Unerwarteter, abwechslungsreicher, herausfordernder Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen war nicht unbedingt ihr Ding.
Das erklärte zu einem guten Teil ihre Angespanntheit, als sie auf die Reaktion der Söldnerin wartete, der sie so eben Colonel Dantons Gehstock überreicht hatte. Nervös verfolgte sie die Veränderungen im Gesicht der jüngeren Frau, von der man sagte, dass sie ausgesprochen unbeherrscht auf schlechte Neuigkeiten reagieren konnte. Von Überfällen auf zivile Wohnquartiere war die Rede gewesen. Und davon, dass das schwere Kampfmesser, das die Mechkriegerin demonstrativ an ihrem Gürtel trug, benutzt wurde, um Leuten eine bleibende Erinnerung in die Haut zu schneiden. Auch wenn Tokugawa zumindest den letzten Part für übertriebenes Gerede hielt, war ihr die Söldnerin suspekt und ihr wäre an einem anderen Ort sicherlich wohler zumute gewesen.
Jaras Reaktion fiel allerdings erstaunlich verhalten aus. „Colonel Danton ist also in Gefangenschaft?“
„Jawohl. Als ich abflog, legte man ihm Handfesseln an, allerdings lebte er noch. Ich habe Major McAllister mit ihren Sprungtruppen aus der Luft sehen können. Sie schienen bereit zum Eingreifen zu sein.“
Die Söldnerin knirschte hörbar mit den Zähnen und schien angestrengt nachzudenken. Schließlich straffte sie sich. „Danke, Lieutenant. Wenn sie wollen, können sie vor dem Rückflug in unserer Feldküche etwas essen. Sollten sie Ruhe brauchen, wird ihnen einer der Techs ein Feldbett organisieren können. Das wäre dann alles!“
Tokugawa nickte dankbar, salutierte und verschwand aus dem Zelt, das der zweiten Kompanie der Chevaliers als Stabsstelle und HQ diente. Harrison Copeland, der sich bisher demonstrativ zurückgehalten hatte, rieb sich mit der Linken die Nasenwurzel, als würde er damit die Neuigkeiten verändern können.
„Und jetzt, Jara?“
„Jetzt? Jetzt ist genau das eingetreten, was ich von Anfang an prophezeit habe.“ Sie trat an den Holotisch und tippte einige Kommandos in die Bedienkonsole, während sie weitersprach: „Der Colonel wollte auf meine Meinung als Sicherheitsoffizier nicht hören und hat sich in eine Gefahr gebracht, die er partout nicht sehen wollte. Und jetzt ist er Kriegsgefangener von einer zusammengeschossenen Scout-Lanze.“
Copeland, der sich nur zu gut an die lebhafte… Diskussion der beiden Chevaliers erinnerte, schüttelte bedächtig den Kopf. „Das weiß ich selber. Ich meinte: Was tun wir jetzt? Ich bin mir sicher, dass Colonel Danton den Gehstock nicht ohne Grund an deine Adresse verschickt hat.“
Jara deutete auf das Geländemodell, welches in diesem Augenblick über den Holotisch projiziert wurde. „Was sollen wir schon tun? Natürlich sind wir die Chevaliers, die am dichtesten am Lager der Waräger liegen. Aber wir können nicht unsere Landezone unbewacht lassen. Außerdem möchte ich Hauptmann Steigenberg ungerne zu einer Dummheit provozieren, weil ich mit einer überschweren Mechkompanie vor seiner Haustür auftauche. Das Leben des Colonels hat oberste Priorität.“
Sie vergrößerte einen Ausschnitt des Geländemodells und der Computer aktualisierte die Daten. Eine kleine Gruppe Mechs erschien an der Stelle, wo die Waräger lagerten. „Andererseits können wir uns auch nicht erpressbar machen und müssen Stärke beweisen. Natürlich ist McAllister vor Ort, aber etwas richtige Feuerkraft wäre begrüßenswert.“
„Hast du einen Plan?“
Jara nickte. „Ich breche in zehn Minuten mit meiner Lanze auf und marschiere auf direktem Wege auf das Lager der Waräger zu. Vorerst bleiben wir außerhalb ihrer Sensorenreichweite, aber nah genug, um innerhalb kürzester Zeit überzeugende Argumente anbringen zu können. Der Rest der Kompanie wird in Alarmbereitschaft versetzt und hält sich bereit, nachzurücken. Sollte McAllister die Lage nicht klären können, werde ich Steigenberg ein Ultimatum stellen. Danach hört seine Lanze auf zu existieren.“
„Du willst selber gehen? Ist das klug?“
„Pos.“ Jara, die selber etwas überrascht über den Rückfall in die Clansprache war, rollte mit den Augen. „Ich meine: Ja. Sharpes Lanze hat es ziemlich mitgenommen. Sie bringt momentan nicht genug Gewicht auf die Waage, um Steigenberg ein Ultimatum zu stellen. Dawns Lanze ist zu langsam, genauso wie deine. In meiner Lanze fällt zwar Harukas Puma aus, aber mit zwei Bluthunden und einem Waldwolf haben wir immer noch mehr als genug Material, um mit den Warägern Schlitten zu fahren. Außerdem sind wir deutlich beweglicher.“
Copeland sagte nichts, nickte aber zustimmend. Jara, die sich fragte, warum ausgerechnet sie jetzt die Verantwortung trug und nicht Copeland, Miko Tsuno oder jemand der Stabsoffiziere, war etwas irritiert. Erst bemühte sie sich, Germaine von seiner Schnapsidee abzubringen und stieß mit ihren Einwänden auf taube Ohren. Nun sollte sie es richten?! Sie würde mit dem Colonel ein ernstes Gespräch führen müssen, nachdem das hier vorbei war.

Nur drei Minuten später stand sie vor der hastig angetretenen zweiten Kompanie. Die dreizehn unverletzten Männer und Frauen, die vor ihr standen, lauschten gespannt, während sie die Lage schilderte. Stolz kam in ihr auf, als sie die Truppe, ihre Truppe, musterte. Vor nicht einmal sechzehn Stunden hatten sie ihr erstes Gefecht als Einheit überstanden und nun warteten sie schon wieder auf den nächsten Einsatz. Ausgezehrt, mitgenommen, aber bereit, noch mehr zu leisten.
„…und die übrigen Lanzen sind ab sofort in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Stellen sie Marschbereitschaft her! Kommandolanze rückt aus in fünf Minuten! Ausführung!“
Wie eine Person nahmen die dreizehn Menschen Haltung an und verstreuten sich danach in alle Richtungen, um ihre Befehle in die Tat umzusetzen. Sie selbst, Kyle Kotare und Ivan Voronin machten sich zusammen auf den Weg zu ihren drei schweren Clan-Omnis. „Seid ihr fit genug?“, hakte sie vorsichtshalber nach.
Kotare grinste nur über ihre Frage und Voronin zuckte mit den Schultern. „Fit genug, um einem Haufen zweitklassiger Jockeys in den Arsch zu treten.“
„Sehr schön.“ Jara blieb am Fuß ihres Waldwolfes stehen. „Komm-Kanal Alpha-7. Waffensystem offensiv, sobald wir vom Lager frei sind. Gute Jagd und reiche Beute!“
„Immer voran!“, antwortete Voronin und setzte seinen Weg zu seinem Mech fort.
Kotare verharrte noch kurz und musterte seine Flügelfrau und Vorgesetzte. „Bist du noch fit, Jara?“
Jara wollte erst über die Frage lachen, horchte dann aber doch in sich hinein und überprüfte ihre Energiereserven. „Fit genug um den Alten zu retten“, antwortete sie im Brustton der Überzeugung.
Die Antwort reichte Kotare offensichtlich aus, denn mit einem „Immer voran!“, begann er, an seinem Mech empor zu klettern.
Jara tat es ihm gleich und als sie das Cockpit des Waldwolfes erreicht hatte, schlüpfte sie aus ihrer Uniform und in Kühlweste in Neurohelm. In der Zeit seit dem Gefecht war der Geruch nach Schweiß und Rauch nicht annähernd aus dem Cockpit verflogen und der Kragen der Kühlweste war klamm von ihren noch nicht getrockneten Ausdünstungen. Nun, fürs Jammern wurde sie nicht bezahlt.
„We few, we happy few“, betete sie ihren Schlüsselsatz hinunter und während ihr Mech nach und nach die einzelnen Systeme aktivierte, gönnte sie sich einen Blick über die Mechs ihrer Kompanie. Jetzt, bei Tageslicht und von ihrer erhöhten Position sahen einige der Maschinen jämmerlich auf. Zum Glück hatten die Techs mit ihrer Kommandolanze bei den Reparaturen begonnen und zumindest die größten Löcher in der Panzerung der wertvollen Clan-Maschinen gestopft.
Schlimmer sah es bei Dawns Lanze aus. Die schweren bis überschweren Mechs hatten alle mehr oder weniger große Schäden, die noch nicht einmal notdürftig behoben worden waren. Noch schlimmer hatte es Sharpes Scout-Lanze erwischt. Vor allem der Enfield und der Amboss, die den massivsten Ansturm hatten alleine überstehen müssen, sahen grausam entstellt aus. Es würde Wochen dauern, bis die beiden Maschinen wieder vollständig einsatzbereit waren.
Lediglich Copelands Lanze war fast ohne Blessuren davongekommen. Der Schlagabtausch mit der Scoutlanze der Waräger war kurz und einseitig gewesen und hatte die vier Maschinen aus Lack und Munition kaum etwas gekostet. So ungern Jara das zugab, aber damit wurden Copelands Leute zum zentralen Bollwerk der APOLLO-Mission.
Während sie ihren Waldwolf vorsichtig aus dem Feldlager steuerte, schob sie die ablenkenden Gedanken beiseite und konzentrierte sich voll und ganz auf ihre Mission. „Sparrow für Panther und Ripper: Lockere Formation. Ripper hat die leichtesten Schäden und übernimmt die Spitze, Panther die linke Flanke und ich die rechte. Waffen aktiv ab Markierung Zulu-2. Marschroute überspiele ich euch gleich. Und dann gehen wir unseren Colonel retten!“

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Es gab eine Sache, die ein Mech niemals beherrschen würde, egal wie geschickt die Werbetreibenden der großen Werke der Inneren Sphäre ihre Scouts anpriesen - das unbemerkte Anschleichen. Wenn rund zwanzig Tonnen Stahl einen Schritt nach vorne machten - gerne auch mehr - dann bebte die Erde. Deshalb war die seismische Erfassung eine der wichtigsten Messmethoden, um den Gegner aufzuspüren. Solange er sich bewegte, hieß das. Ein Mech in Ruhestellung, der sich eine schöne Ecke ausgesucht hatte, in der die Magnetbandortung ihn nicht oder schlecht erfassen konnte, war für jeden eine Riesenüberraschung, wenn er plötzlich mit hochfahrendem Reaktor in der Infrarotortung auftauchte. Meistens wenige Augenblicke, bevor er feuerte. Es blieb also gar nicht aus, das die Annäherung der drei schweren Chevaliers-Maschinen bemerkt wurde. Dazu reichte auf diesem öden Staubball schon ein gutes Fernglas, denn in dieser Gegend gab es kaum Vegetation, die den Namen verdient hatte. Gut, es gab baumähnliche Gewächse am Rand der Vulkan-Gebiete, die im ständigen Wettlauf mit der Lava standen. Wuchsen sie hoch und schnell genug, um auszusporen, bevor das Feuer sie vernichtete, gab es eine neue Generation. Schafften sie es nicht, war der Baum ausgerottet. In einigen Regionen gab es große Waldbestände, weil die Vulkane in der Region zwar die fruchtbare Vulkanasche hinterlassen hatten, aber inaktiv blieben. Diese Gegend gehörte definitiv nicht dazu.
Germaine, der mit seiner Bewacherin immer noch irgendwo zwischen den anderen Warägern stand, beschattete seine Augen und sah nach Osten. "Oh. Das muss Jara sein. Ich erkenne, glaube ich, ihren Mad Cat wieder. Und die beiden Mechs in ihrer Begleitung sind die beiden Mad Dogs ihrer Befehlslanze. Die Crème de la Crème ihrer Kompanie." Germaine sah die junge Frau, die noch immer mit ihrer Dienstwaffe auf ihn zielte, schelmisch an. "Ein wenig viel Clantech für das, was von Ihrer Kompanie übrig geblieben ist, nicht, Miss..."
Sie leckte sich nervös über die Lippen. "Hanford, Sir. SeniorTech Joan Hanford."
"SeniorTech. Techs werden immer gebraucht", betonte er, und widmete sich wieder seiner Beobachtung. "Nicht mal die Capellaner, die Stein's Folly erobert haben, damals vor dem Dritten Nachfolgerkrieg, die Davies hassen wie nichts auf der Welt, haben die Techs der Davies getötet. Techs sind kostbarer als Germanium. Gute Techs sind unbezahlbar. Sind Sie ein guter Tech, Hanford?"
Die Frau schluckte trocken. Sie sah nach Süden, wo in einem respektvollen Abstand von zwei Kilometern die Mechs als winzige Punkte verharrten, so als warteten sie. Irgendein Witzbold hatte den Mad Dog in der Inneren Sphäre als Geier bezeichnet. Nun verstand Germaine, wieso.
"Die Mad Cat ist eine Prime. Das erkenne ich an den funktionellen Raketenwerfern. Sie haben nicht einfach nur die Gehäuse umgebaut, um den Gegner zu täuschen. Hätten Sie dort B- oder C-Bewaffnung zusätzlich integriert, wäre der Schulterbereich stärker gepanzert, um die zusätzliche Stromversorgung zu schützen. Die anderen Maschinen sind ein Mad Dog Prime und ein B. Das gleiche Spiel beim linken Mad Dog wie beim Mad Cat. Funktionsfähige Raketenwerfer. Zwei Zwanziger, also eine Primär-Konfiguration. Der B ist sehr leicht daran zu erkennen, dass der LSR-Aufbau für den Einsatz der zwei sechser KSR-Werfer modifiziert worden ist. Ich erkenne selbst auf diese Entfernung die Zweiteilung des linken Pods."
"Donnerwetter. Wenn der Spaß hier vorbei ist, werde ich Sie zu Major Harris ins Mobile HQ schicken, damit Sie im Feld Mechkonfigurationen identifizieren. Das wird unseren Mechkriegern da draußen die Arbeit enorm erleichtern."
"Sir?", fragte sie verständnislos.
"Sie haben das Dokument doch gesehen. Ich bin Ihr neuer Arbeitgeber. Ich bin sicher, die jetzige unsinnige Situation wird sich schon bald in Wohlgefallen aufgelöst haben. Captain Steigenberg ist ein vernünftiger Mann, nicht wahr? Ein vernünftiger Mann ist nicht ewig wütend und enttäuscht."
"N-nein", pflichtete sie bei. "Der Cap ist ein ausgesprochen vernünftiger Mann."
Germaine lächelte sanft. "Und nur ein Verrückter würde mit Ihren beschädigten Maschinen der Scoutlanze gegen diese Mechs vorgehen. Jara Fokker kann auf alle Anstürmenden einhundert LSR abfeuern. ClanTech, fast neunhundert Meter Reichweite. Mit Zielmarkierungslaser sogar eintausendeinhundert. Wissen Sie, wie viele Salven das sind, bevor Ihre Maschinen überhaupt in Angriffsreichweite sind?"
"Nein, Sir, das weiß ich nicht."
"Ihre Mechs werden auf siebenhundert Meter heran kommen müssen. Das sind, warten Sie, mindestens vier Salven unerwidertes Feuer. Vierhundert LSR, von einem Ziellaser ins Ziel gelenkt. Hier stellt sich nur die Frage, wie viele Waräger-Maschinen überhaupt dazu kommen, ihre Waffen abzufeuern."
Die Hand mit der Pistole zitterte. Fragend sah die SeniorTech den Colonel an.
"Sichern Sie Ihre Waffe, Miss", befahl Danton plötzlich streng, in befehlsgewohntem Ton.
"Ja, Sir." Ein Hebel klickte, und der Colonel atmete aus. Die erste Gefahr war beseitigt. Nicht unbedingt für ihn, aber für die junge Frau, die zweifellos die ganze Zeit im Visier eines Scharfschützen gewesen war.
Germaine richtete sich in Richtung der gut sechshundert Meter entfernten Farnwälder und winkte zum Zeichen, das er die Situation noch unter Kontrolle hatte.
"Wem winken Sie da, Sir?", fragte die Frau nervös.
"Meinen Scharfschützen. Sie waren die ganze Zeit in ihrem Visier. Ich habe ihnen zu verstehen gegeben, das Sie nicht erschossen werden sollen."
"Sie bluffen!", sagte sie, in den gleichen Trotz verfallend wie Steigenberg.
"Jetzt denken Sie mal nach. Ich führe ein Regiment. Ich habe Mechs und Infanteristen im Übermaß. Ich bin das erste und das letzte Wort für diese Leute. Können Sie mir einen Grund, nur einen einzigen Grund nennen, warum ich meine eigenen Scharfschützen nicht hierher mitnehmen sollte?"
Verdutzt sah sie ihn an, und schnappte nach Luft wie ein Karpfen auf dem Trockenen. "Aber... Aber sie..."
"Sie lauern da hinten in den Farnwäldern, und werden, wenn ich das Zeichen gebe, jeden einzelnen Menschen hier erschießen, außer mir. Der Preis für diese Aktion sind vier lädierte, aber noch benutzbare Mechs. Als vernünftiger Mensch halte ich nicht viel davon, Menschen einfach so abzuschlachten, deshalb habe ich es im Guten versucht. Vergessen Sie nicht, Hanford, es war die Waräger-Wache, die uns unprovoziert angegriffen hat. Kein Gericht der Inneren Sphäre hätte mich verurteilt, wenn ich mit einer Kompanie oder gar dem ganzen Bataillon über Sie gekommen wäre, und Sie allen in Grund und Boden gestampft hätte."
"J-ja", gab sie zögerlich zu. "Aber warum...?"
Danton nickte bei dieser unausgesprochenen Frage. "Ich bin Söldner, genau wie Sie. Und ich weiß, was ein Vertrag ist, im Gegensatz zu Ihrem Vorgesetzten. Es macht nicht immer Spaß, Söldner zu sein. Und meistens ist man nicht besonders gut angesehen, selbst wenn mal alleine Clan Blutgeist besiegt hat. Und es gibt viele Idioten, die meinen, man müsse nur genügend C-Noten bezahlen, und ein Söldner würde die Ares-Konventionen brechen. Aber tief hier drin, im Herzen, sind wir die besten Soldaten der Inneren Sphäre. Weil wir es können. Weil wir den Kampf besser kennen als jede Hauseinheit. Weil wir überlebt haben, wieder und wieder und wieder. Und weil wir wissen, wann wir nachtragend sein können, und wann wir besser vernünftig sind." Danton blickte in ihre Augen, wo das Verständnis funkelte.
Danton nickte in Richtung der Mechs, die gerade in einem verzweifelten Versuch der Vortäuschung von Abwehrbereitschaft bereit gemacht wurden. "Ihr Captain ist ein fähiger Mann, aber auch er ist nicht gefeit davor, dass das Schicksal ihm einen üblen Streich spielt, so wie letzte Nacht. Hätte sein Plan funktioniert, hätte die Wache meinen Chevaliers eine blutige Nase verpasst. Nein, Sie hatten keine Chance auf Sieg. Meine Befehlslanze ist vor Ort, und das hat Ihnen Ihr Verbindungsoffizier sicherlich nicht verraten. Fast vierhundert Tonnen Tod und Vernichtung zusätzlich. Von Ihnen wäre nichts übrig geblieben, was sich aus einem Kampf noch hätte lösen können, nach den ersten Siegen. Und es würde mich nicht wundern, wenn diese Lanze uns gerade umgeht, um uns in die Zange zu nehmen."
Automatisch sah die Frau nervös nach Westen, aber da waren keine schwarzen Punkte an Horizont. Noch nicht.
"Was soll ich tun?", fragte sie nervös.
Germaine Danton schnaubte leise. "Auf keinen Fall können Sie auf mich schießen."
"Nein, Sir."
"Sie können aber auch nicht den Befehl verweigern, den Captain Steigenberg Ihnen gegeben hat."
"Nein, Sir. Was wiegt schwerer, Sir?"
"Ihre Loyalität zu Captain Steigenberg muss außer Frage stehen. Ihre Wache wird nur unser sein, solange wir nicht nach Wayside V zurückgekehrt sind. Ich stelle es mir höllisch vor, in dieser Zeit als illoyal gebrandmarkt zu sein, wenn die Wache wieder eigene Wege geht. Sie haben natürlich auch die Möglichkeit, bei den Chevaliers zu bleiben, wenn Sie das wünschen. Aber nein, verscherzen Sie es sich nicht mit Ihren Kameraden."
"Aber wie..."
"Die Alternative wäre, Sie alle erschießen zu lassen. Glauben Sie mir, wenn Captain Fokker beschossen wird, hört sie nicht eher auf, als bis die letzte Waffe der Waräger vernichtet ist. Wie viele Opfer es dabei gibt, ist ihr egal. Nicht weil sie grausam oder gleichgültig ist, sondern weil sie zuerst ihre eigenen Kameraden schützen muss. Sie ist nicht zimperlich, gewährt keine Gnade und erwartet keine Gnade." Germaine lächelte. "Clan Wolf hat sie ein halbes Jahr in ihrer Gewalt gehabt. Als ich sie raushauen konnte, hatte sie die Kriegerränge erklommen und sich den Mad Cat erkämpft, den sie heute noch steuert. Diese Zeit hat nicht gerade dazu beigetragen, sie im Kampf milder zu stimmen."
"Und wie..."
"Das werden Sie gleich sehen. Alles was ich von Ihnen erwarte, ist, das Ihre Pistole gesichert bleibt, egal was geschieht."
Die SeniorTech sah ihn fragend an, nickte dann aber zustimmend.

Es verging einige Zeit, bis Steigenberg in Kühlweste und wutschnaubend auf ihn zutrat. Er deutete nach Osten. "Pfeifen Sie sie zurück!"
"Das kann ich nicht", erwiderte Danton ruhig.
"Erzählen Sie mir nicht so einen Mist! Sie sind der Kommandeur! Ich warne Sie, ich habe kein Problem damit, Sie..."
"Ich bin Ihre Geisel, haben Sie das vergessen? Kein Offizier und kein Soldat der Chevaliers wird auf mich hören, solange diese Meuterei nicht bereinigt ist. Erst wenn die Ordnung wiederhergestellt ist, und bewiesen ist, das ich nicht gezwungen werde, übernehme ich wieder die vollen Privilegien meines Rangs. Und wissen Sie was? Das ist allein Ihre Schuld. Wir könnten schon längst das primitive Lager hier abgebaut haben, um Ihre Maschinen im Feldlager der APOLLO zu reparieren und Ihren Leuten medizinische Versorgung, eine gute Verpflegung und Ruhe angedeihen zu lassen, wenn Sie nur mehr wie ein anständiger Söldner denken würden."
"Anständiger Söldner? So denke ich doch! Indem ich meine Kameraden und meine Maschinen aus Ihren Händen freipresse!", blaffte der Mann hitzig. Dabei spuckte er etwas schaumigen Speichel aus.
"Wieso sollten Sie das tun wollen?", fragte Danton ungerührt. "Da ich der offizielle Arbeitgeber der Waräger-Wache bin, befinden sich diese Leute nicht in Gefahr, sondern in den Reihen der Einheit, die sie bezahlt."
Wütend starrte Steigenberg Danton an. "Und deshalb auch Meuterei, was? Weil wir Ihnen gegenüber ungehorsam sind! Sie..."
"Ja, weil Sie mir gegenüber ungehorsam sind. Ich verstehe Ihre Aufregung überhaupt nicht. Sie haben mich angegriffen, meine Leute bedroht, viele von ihnen verletzt, und Sie hätten einige getötet, wenn es schlechter für uns gelaufen wäre. Ich hätte jedes Recht der Welt, Sie einzustampfen! Aber ich tue es nicht, weil Sie nach Ihren Befehlen gehandelt haben! Und was tun Sie jetzt? Sie verweigern einen Befehl! Verdammt, Steigenberg, wie dumm kann ein einzelner Mann sein?"
"Sie verdammter Wortverdreher! Ich will meine Leute zurück!"
"Ach, halten Sie die Klappe! Sie reiten sich nur immer tiefer in die Scheiße rein! Die Diamanthaie haben Sie weggeworfen, weil Sie zu nichts mehr nütze sind! Ich biete Ihnen Sold und Brot an, und einen Weg, von diesem Planeten wieder wegzukommen, mitsamt Ihrem Union! Und was tun Sie? Sie verhalten sich, als wären Sie SternColonel der Jadefalken! Es gibt für Sie keinen Ruhm zu ernten! Nicht hier, nicht gegen die Chevaliers, nicht für Ihre Fraktion! Die wird nämlich nicht mehr existieren, wenn Captain Fokker mit Ihnen fertig ist!", blaffte Danton.
Er verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich gebe Ihnen eine letzte Chance, Ihrem Kontrakt zu gehorchen. Eine allerletzte Chance." Danton warf den immer zahlreicher werdenden Warägern einen langen Blick zu. "Mit einer guten Option für Sie."
"Wovon sprechen Sie?"
"Ein Kreis der Gleichen. Gewinne ich, halten Sie endlich die Klappe, und befolgen meine Befehle. Gewinnen Sie, lasse ich Sie alle am Leben und in Frieden ziehen."
"Das ist nicht besonders viel, was Sie mir bieten", spottete Steigenberg.
Germaine deutete über seine Schulter in Richtung von Jaras Mech. "Das ist mehr, als Sie bekommen, wenn Captain Fokker mit ihren Maschinen hier her kommt. Davon abgesehen werden Sie es vielleicht nicht einmal bis zu Ihrer Maschine schaffen. Scharfschützen können Sie in jeder Sekunde abknallen."
"Und das soll ich Ihnen glauben?"
Germaine lächelte kalt. "Hanford, was sehen Sie auf der Stirn von Captain Steigenberg?"
Die SeniorTech schluckte erneut. "Ei-einen Spot, Sir."
"Womöglich den grünen Laserspot eines Scharfschützengewehrs?"
"Ja, Sir."
Steigenberg sah ihn wütend an. "Und Ihr glaubt den Quatsch?", wandte er sich an seine Leute, fuhr aber erschrocken zurück, als auf zwei weiteren Gesichtern die Zielspots der Scharfschützen auftauchten.
"Sie!", rief er plötzlich böse werdend. "Dieses ganze Gerede war nur dazu gedacht, um uns von Ihren Scharfschützen abzulenken! Die Mechs aus dem Osten nur dazu da, um Ihre Infanteristen zu verheimlichen!"
"Und Sie wurden noch immer nicht erschossen. Das ist auf der Haben-Seite." Dantons Lächeln erlosch. "Sie haben noch einiges zu lernen in unserem Geschäft. Wir hätten uns einiges ersparen können, wenn Sie von vorne herein angenommen hätten, Captain."
Aber dann hätte womöglich die lehrreiche Lektion für Jara ausfallen müssen, ging es Germaine durch den Kopf.
"Also, wie steht es jetzt mit meinem Angebot?"
Für einen Augenblick unsicher suchte Steigenberg den Blick mit seinen Offizieren. Nervös leckte er sich um die Lippen. "Bildet einen Kreis", sagte er schließlich.

Die Soldaten, Techs und Mechkrieger begannen sie zu umringen. "Ich werde es schwer haben, Sie nicht umzubringen, aber ich versuche es", sagte Steigenberg.
"Ich versuche nie etwas. Ich tue es", erwiderte Danton ruhig.
Steigenberg verfiel in die Karate-Angriffshaltung. Danton blieb ruhig vor ihm stehen, die Front voraus, so als würde er ein Gespräch suchen, nicht den Kampf. Leicht hob er beide Arme an.
Als Steigenberg einen Schritt vormachte, sauste seine linke Faust vor, während die rechte automatisch nach hinten wanderte. Germaine trat einen Schritt vor, blockte den Schlag mit links ab und ergriff mit der eigenen Linken die freie Hand Steigenbergs. Derart aus dem Konzept gebracht zögerte der Karateka einen Augenblick. Zeit genug für Danton, ihm seine Stirn auf die Nase zu rammen. Man konnte das hässliche Geräusch hören, mit dem das Nasenbei brach. Zudem war der Hieb stark genug, um ihn für ein paar Sekunden benommen zu machen.
"Regel Nummer eins: Sei unberechenbar, wenn du nicht weißt, was der andere drauf hat", sagte Danton, zog mit der Linken an Steigenberg, und drehte ihn damit halb um. Dann brachte er seinen rechten Fuß vor den Offizier und zog das Bein durch. Der Mann fiel zu Boden.
"Regel Nummer zwei: Wenn du etwas tust, tue es schnell." Dantons linkes Knie bohrte sich dem überraschten Mann schmerzhaft ins Kreuz, während seine Linke Steigenbergs Rechte hoch hielt.
Danton legte eine Hand auf das Armgelenk und verhinderte so, das sein Gegner es anwinkeln konnte. "Regel Nummer drei", sagte Danton, während er die rechte Hand Steigenbergs knickte und nach außen drehte, "beende einen Kampf so schnell du kannst."
Steigenberg heulte auf, als Danton das Gelenk und damit den ganzen Arm überdrehte.
"Und Regel Nummer vier: Höre auf den, der dich bezahlt. Haben Sie das endlich gefressen?"
"Ja! Jaaa! Ja!", rief Steigenberg, während der heiße Schmerz der Misshandlung durch seinen Arm fuhr.
"Haben das alle hier kapiert?", rief Danton, und sah ins Rund.
Zustimmendes Gemurmel wurde laut.
"Der Colonel hat euch was gefragt!", blaffte Hanford.
"Ja, Sir!"
"Gut." Danton ließ den Arm los. "Willkommen bei den Chevaliers. Ein Sanitäter bitte zu Captain Steigenberg. Und geben Sie dem Mann was gegen die Schmerzen."
Danton trat aus dem Kreis. Die Männer und Frauen machten ihm bereitwillig Platz. Er winkte, und in nur dreihundert Meter Entfernung erhoben sich mehrere Infanteristen unter ihren Tarndecken. Sie hängten sich ihre Waffen leger um und schlenderten fast auf die Waräger zu. Wenn es einige noch nicht begriffen hatten, wie nahe sie dem Tod gewesen waren, dann merkten sie es eventuell jetzt.
Auch die Mechs setzten sich nun in Bewegung.
Danton grinste schief. "Ein Hoch auf die Abhöreinrichtung, Estelle", sagte er für Major McAllister. Eine der näher kommenden Gestalten winkte bestätigend.
Wenn - oder falls - sich Captain Steigenberg gefangen hatte und sich wieder darauf besann, dass er ein Söldner war, würden sich die Chevaliers erneut leicht verstärken und ihre Verluste ausgleichen können. Die Zeit würde zeigen, wie vernünftig der Mann war.
Und die Zeit würde zeigen, ob Jara diese überaus wichtige Lektion gelernt hatte, die er ihr, seiner Erbin, mit auf den Lebensweg hatte geben wollen. Bisher sah es ganz danach aus.
"Aber mehr Druck sollte ich dir nicht mehr machen", sagte er tadelnd zu sich selbst. "Nicht mehr, als du ohnehin schon selbst auf dich ausübst."
Punkt. Die Chevaliers hatten wieder einmal gewonnen. Und gewonnen hatten sie, solange sie es noch vom Schlachtfeld schafften - dabei war es nett, aber nicht Pflicht, das dies als Sieger geschah... Danton sah das ganz realistisch. Immerhin war er Söldner.

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Jules Kress

Jules sass wie so oft in letzter Zeit mit dem Spiess der Fury Station Wachmannschaft und anderen Chevalliers zusammen und pokerten. Es war nicht verwunderlich das vor ihm der größte Teil der
Pokerchips lag und der Spiess schon ein wenig misstrauisch auf die Kartenmischkünste stierte.
„Gibt es ja nicht, das der Kerl uns wieder den Sold abzieht.“ Murmelte
einer der Techs vor sich hin.
„Da ist was faul ich schwöre es dir. Diese Mischkünste vom Kress trau
ich nicht“, mischte sich der Spiess ein.
„Hey ihr beiden. Nicht vergessen ihr wolltet pokern, nicht ich.
Ausserdem gestern Abend beim Draxx Spielen habt ihr mich ganz schön ausgenommen.
Ey was soll das jetzt?“ konnte Jules noch sagen.
„Los auf die Beine mit euch! Ihr Pack werdet jetzt erstmal eine Abreibung bekommen dafür, das ihr uns gestern ausgenommen habt. Wir mögen es gar nicht wenn wir verarscht werden.“ Pöbelte einer der Wachmänner der Fury Station durch das Lokal.
Und kurz darauf war eine heftige Schlägerei im Gange. Chevalliers gegen das Wachpersonal und dann gegen die eintreffenden Sicherheitsbeamten.
Im letzten Augenblick konnte sich Jules unter dem Ansturm eines Wachmannes wegducken und ihm sein Knie in die Weichteile rammen. Das nächste woran er sich erinnerte als er die Augen öffnete war ein lähmender stechender Schock gewesen. Was war passiert? Kurz nach der Eskalation in der Bar trafen weitere Leute der Stationssicherheit ein und haben mit Elektroschockern die Prügelnde Masse beruhigt. Dabei wurde kein Unterschied zwischen eigenen Leuten und Chevalliers gemacht.

Nun sass Jules zusammen mit einigen anderen Chevalliers und festgesetzen Wachleuten der Station in einer kleinen Zelle und der Wachhabene der Station hatte gerade eine laute verbale Auseinandersetzung mit Major Danton, der wie ein Orkan in das Büro gekommen war und nun begann den vor ihm sitzenden nach allen Regeln der Kunst auseinander zu nehmen. Hinter ihm stand breit grinsend Sharpe und man sah auch eine sehr böse, fast raubtierhaft blickende Jara.
„OH mann mein Kopf. Was geht denn da draussen vor sich?“
„Ah der Mischmeister ist auch wieder wach. Na Jungchen, dein Boss ist da draussen und nimmt sich den Wachhabenden zur Brsut, ist kein schöner Anblick.“ Grinst ihn einer der Männer von Fury Station an die mit in der Zelle sassen.
„Mist verdammter. Ach du scheisse, die Fokker ist auch da. Seht ihr das lächeln? Mist, mist mist. Kann ich vielleicht noch bei euch auf der Station anheuern?“
„Zu spät würde ich sagen Jules“ entgegnete ein anderer Chevallier,“ die scheinen fast fertig zu sein und wir auf den Weg zu einer langen Zeit des Trainings und einiger Sonderdienste.“

Es wurde unter den ehemaligen Hussaren gemunkelt das diese junge Frau von Raub- tieren groß gezogen wurde und deren Wesenzüge angenommen hat. Keiner der bei Verstand war reizte die junge Frau und noch weniger wollten in einen Konflikt kommen. Denn meist endete das nicht nur in kleineren Blessuren und Verletzungen, was aber schlimmer war, war meist die dann folgenden dienstlichen Disziplinarmassnahmen. Dies konnte in erhöhten körperlichen Training enden oder sogar in Soldkürzungen. Einige behaupteten lieber auf Sold zu verzichten als nochmals in die Mühlen dieser Sport- sardisten zu geraten. Er hatte noch die Gefechtsbilder von Wayside vor Augen, wo ein zerschossener Mad Cat noch immer die Linie hielt und böse austeilte. Das Waffenfeuer traf den Mech, aber dieser schien damals alles zu ignorieren. Damals wollte er unbedingt diesen Piloten kennenlernen, ihn Fragen wie das alles sein konnte, aber diese Chance ergab sich nicht. Nadchdem sie überraschend kapituliert hatten, wurden sie auch noch vom Gegener in ihre Reihen aufgenommen, ein seltsames Spiel eine unglaubliche Wendung der Ereignisse damals. Es gab viel Misstrauen auf beiden Seiten, aber schnell wurden sie auch ein Team und er fand seine Position als Flügelmann von Decetus Metellus sehr gut. Es hatte Vorteile der Flügelmann vom Kompaniechef zu sein, aber auch einige Nachteile. Auf der einen Seite war es ein Ansporn zu zeigen was er alles kann, auf der anderen Seite war ihm aber auch bewusst, das er vor kurzem wohl auch gegen eben diesen Mann gekämpft hatte. Vieles was Jules umtrieb und ihn auch nervös machte versuchte er durch Witze und seinem Hang zum pokern zu überspielen. Viele kannten ihn als dien Witzbold und Pokerspieler und nur wenige als den ein wenig unsichern und pedantischen Mann der er eigentlich war. Seine stärke und Gefährlichkeit im Gefecht zog er aus den Möglichkeiten seines Mechs, seinem Hammerhands, einer tollen Maschine. Deren größtes Potential darin bestand, die beiden Autokanonen mit Sondermunition zu füttern. So konnte es für den Gegner sehr unangenehm werden, wenn er meinte das man mit AK ´s nicht auf lange Reichweite schaden machen konnte oder das die dicke Panzerung den beschuss dieser AK ´s locker verkraften würde. Denn es gab für die Standard AK 10 Sonermunition, die entweder eine größere Reichweite hatte oder Panzerbrechend war oder einfach nur Standard Munition. Aber was genau Jules im Munitionsbunker hatte verriet er nicht und er hatte immer eine Überaschung dabei. Nachdem das ganze anscheinend sich im Wachraum den Höhepunkt nährte wurde Jules aus seinen Gedanken gerissen. Danton stand ganz ruhig in der Mitte des Raumes, der Wachhabende wedelte wild mit seinen Armen und hoch rotem Kopf wild brüllend , während der Befehlshabende der Station ihm befahl die Chevalliersangehörigen frei zu lassen. Mit einem tiefen grollen und mit einem hasserfüllten Blick kam dieser dann zu der Zelle und schloss die Zellentür auf. Er murmelte noch irgendetwas, aber sonst passierte nichts. Sharpe nahm die Chevalliers in Empfang und sofort traten zwei bewaffnete der Chevalliers ein und nahmen sich der kleinen Gruppe an und führten diese nach draussen. Dort bekamen sie noch mal gesagt das sie nun mit dem nächsten Schuttle zu ihrem Landungsschiff gebracht würden und eine ganze Personalwechselperiode nicht mehr auf die Station kommen dürften.

Ausserdem würden sie an Bord des Landungsschiffes genug zu tun bekommen, so das sie nicht auf dumme Gedanken kommen würden. Ausser diversen Diensten, hatten sie ein straffes von Jara ausgearbeitetes körperliches Trainingsprogramm zu absolvieren. Alles in allem kamen sie noch gut bei der ganzen Sache die passiert war weg. Trotzdem waren die Simulatorstunden unter Wüstenbedingungen eine harte Herausforderung, vorallem da sie meist in Unterzahl waren und das Gelände immer unbekannt. Es gab meist einen überraschenden Überfall oder es passierte nichts und sie saßen in den Kapseln und hetzten durch die mittägliche Sonnenglut dieses simulierten Glutofens.
Eine Woche später war die Schlägerei schon eine Legende. Das nächste Ziel wurde bekannt gegeben, es würde nach Calliban IV gehen, dort befanden sich ein Diamanthai Aussenposten und eine Comstar Handelsposten. Auch wurden hier die Renegaten der Nebelparder vermutet. Der Planet sah aus wie eine Wüste und die Einsatzparameter ließen schnell den Schluss zu, das man auf den Einsatz von Waffen sehr genau acht geben musste, um seine Maschine nicht zu schnell zu überhitzen. So wurde Kress schnell klar wie gut es war in solchen Parametern bereits ein wenig trainiert zu haben. Was ihm schmerzlich bewusst wurde war das man entweder auf lange Distanzen zuschlagen konnte oder ganz böse von aus dem Nichts auftauchenden Feinden geröstet wurde,

Deshalb war Jules Kress jetzt im Hangar und änderte gerade die geladenen Munition seines Hammerhands, er wollte möglichst schnell auf Entfernung effektiv sein, aber auch im Nahkampf eine böse Überraschung sein. Also hatte er je eine Tonne Langstreckenmunition gebunkert und eine mit Panzerbrechendengranaten. Des weiteren hatte er seine Kühlsysteme komplett gewartet und die Kühlflüssigkeit tauschen lassen. Das Wüstentarnschema war auch schon aufgebracht und das Einheitsabzeichen der Chevalliers prangte auch an der linken Schulter des Mechs.
Ihm gefiel die Cartoonmaus mit dem Degen und eigentlich war der Wechsel in die Reihen der Chevalliers das Beste was ihm passiert war. Caliban erwies sich dann als noch heißer als erwartet und die ausgegebene Taktik lud jeden Feind ein sich auf eine der drei Teileinheiten zu stürzen und wie recht er mit seiner Befürchtung hatte wurde beim Überfall einer Söldnereinheit recht deutlich.



Caliban IV

Die Nachricht bei der Einsatzbesprechung traf Rudi wie ein Hammer. Ihm war heiss und kalt, er hatte Angst und er wollte nur raus aus dem Besprechungsraum. Decetus bemerkte dies und schickte ihn gleich zur Funkzentrale der Artemis. Auf dem Weg dorthin rasten Rudis Gedanken. Die Bilder von dem auf ihn zu stürmenden Clanmechs traten wieder vor sein inneres Auge. Die ungewissheit, die Machtlosigkeit schien ihn wieder gefangen nehmen zu wollen, aber er wehrte sich und gewann schnell die Oberhand über seine inneren Dämonen. Noch ein paar Meter und er stand schon vor Funkzentrale, er stiess das Schot auf und stürmte in den kleinen Raum. Der Funktech schaute verdutzt in das Gesicht von Rudi. Einem gedrungen Kerl der einfacher Soldat sein könnte, nur seine Uniform und die Rangabzeichen zeigten das er Offizier und Mechkrieger war. Ansonsten wirkte er wie ein Boxer. Dessen war sich Rudi bewusst und sprach den Funktech ganz Kumpelhaft mit du an.
"Hallo, ich bin Rudi. Ich brauche eine Videoverbindung zur zweiten Kompanie, Krankenrevier, Haruka ..." weiter kam er nicht, denn der Funktech fiel ihm schon ins Wort.
"Ach, sie sind Herr Teuteberg? Das trifft sich gut ich habe genau von dort eine Vidverbindung für sie. Wollte sie sowieso gerade ausrufen."
Rudi lächelte, also hatte er doch Glück und seiner Haruka ging es besser als er gedacht hatte. er straffte sich, setzte sich an ein freies Comdesk. Einen Augenblick später erschien Haruka auf dem Monitor.
„Hallo Haruka. Ich bin gleich los als ich es gehört habe.“
„Ach Rudi, es tut mir leid. Aber diese verdammte…“
„Ruhig Schatz. Alles wird gut. Sobald ich einen der Kerle erwische bringe ich ihn dir vorbei.“ Rudi grinste raubtierhaft dabei in die Kamera.
Seine schöne Blume war verletzt worden und er war nicht da um ihr zu helfen. Er konnte ihr nur helfen das sie schnell wieder Vertrauen fasste und nicht verzweifelte. Das äußere spielte für Rudi keine Rolle, denn auch wenn Haruka ein paar Narben zurück be- halten sollte, so liebte er sie doch wegen ihrer eigenen Art. Er konnte aber auch nicht erahnen wie es Haruka wirklich ging und es hatte auch fast 12 Stunden gedauert bis er sie endlich über eine Interkomverbindung zu sehen bekam. Sie lag im Krankenrevier und man konnte die Brandwunden und ein paar Schnittwunden sehen. Die Verbände waren frisch, trotz allem sah sie noch immer wie eine junge frische liebliche Kirschblüte aus. Das Feuer in ihren Augen sagte ihm auch das sie noch immer viel Energie besaß und darauf brannte wieder ins Cockpit zu kommen. Sie sah ihn mit ihren dunklen Augen liebevoll an und er empfand nur liebe, nichts anderes als Vertrauen, Zuneigung und es war alles einfach richtig.
„Rudi?“ hauchte Haruka.
„Ja, meine Rose.“
„Wenn das alles hier vorbei ist was passiert dann? Wirst du … „
„Immer meine Kriegerin. Immer werde ich da sein, egal wo wann und wie.
Ich liebe dich und nichts wird dies ändern.“
„Ich liebe dich, alter Mann. Du bist wohl der einzige den ich suchen und
finden musste. Ich verspreche schnell gesund zu werden und dann bald bei
dir zu sein. Pass auf dich auf, ja?“
„Ja, nicht mal der Tot wird das verhindern.“
Die Verbindung endete.

Nach diesem Gespräch war Rudi einerseits beruhigt das es Haruka den Umständen entsprechend gut ging, auf der anderen Seite tobte ein Vulkan in ihm. Es war zum verrückt werden, er war wütend und es gab keine Chance irgendwas zu verdampfen. Er verliess die Funkstation und ging raus auf den Gang. Was sollte er tun, er wusste ausruhen konnte er sich nicht, seine Angst vor seinen inneren Dämonen war einfach zu groß. Also ging er kurz in sieine Kabine, chekcte wann seine Patroullie beginnen sollte und nutze seine spärliche Freizeit, um schnell noch eine Runde trainieren zu gehen. Er zog seine Sportsachen über und ging in den kleinen Fitnessbereich des Landungsschiffes. Dort hing ein alter Sandsack, den er nun mit einer leidenschaft prügelte, bis er völlig durchgeschwitzt nach zwanzig Minuten Aufgab. Während er da so auf den Sandsack einschlug dachte er immer wieder an seine Haruka und ob er ihr hätte helfen können. Ob er es verhindert hätte. Was hätte er mit dem feindlichen Mechpiloten alles angestellt wenn er ihn erwischht hätte. Seine schläge wurden immer härter, seine Fingerknöchel waren trotz Handschuhen schon rot und schmerzten, Rudi merkte es nicht. Danach ging Rudi langsam wieder in seine Kabine, zog sich um. Er hatte noch kurz Zeit und so ging Rudi erst mal ins Messezelt und begann sein Mittagessen. Er aß fast nichts, trank einen Kaffee und ging dann in den Hangar. Trotz der Klimatiseirung im Landungsschiff war es sehr heiß. Dort traf er Anton, die beiden waren heute mit der Nachmittags Patroullie dran und sollten die südliche Zone sichern. Als Rudi vor seiner Useless stand schmunzelte er, die letzten zwei Tage und den ersten Einsatz im Gelände hatte es keine
Probleme gegeben.
Anton war indes sehr unruhig, was ja auch verständlich war. Denn eigentlich hiess er ja auch Jürgen Trank und war ein ROM Agent, was hier niemand wusste. Seine eigentlichen Aufgaben lagen wo ganz anders, aber es gab sonst niemanden der Bramert mehr ähnelte und in der kurzen Zeit war das Problem nicht anders zu lösen. Gut er war auch Mechpilot, jedoch nicht für die mittelschweren Maschinen, sein eigener Mech war ein stolzer Atlas und so fühlte er sich mit der kleinen kaum gepanzerten Maschine sehr unwohl. „Mist verdammter“, murmelte der vermeintlich Anton vor sich hin. „Wo bleiben die denn nur wieder. Erst muss ich Tech spielen, dann noch den Mechjockey und den Freund von diesem Teuteburg. Wieso hat der Handelsposten meine ID nicht anerkannt?“
„Hey Anton alles in Ordnung?“ rief ein Chevalliers Tech.
Erschrocken fuhr Jürgen alias Anton herum , „Alles in Ordnung, habe nur laut gedacht.“
Das durfte nicht wieder passieren, seine Tarnung durfte nicht auffliegen. Aber wie sollte er das auf Dauer durchhalten. Was würde passieren wenn dieser Danton die Wahrheit herausfand? Naja, wenigstens die Mechs waren repariert und getestet, somit konnte er sich auf die kommende Patroullie mit Rudi vorbereiten.

Sie bildeten ein gutes Team. Als die beiden Mechs gegen 14 Uhr die provisorische Basis verließen schien alles ruhig zu sein. Die Ortung hatte nichts verdächtiges gemeldet und es schien sich ein kleiner Sturm aus Süden zu nähren, sodass die Aufklärung höchst-wahrscheinlich nicht viele neue Erkenntnisse bringen würde.
„Skyscraper von Chappi.“
„Hier Skyscraper.“
„Alles im grünen Bereich. Wir bewegen uns erstmal zu Punkt Tango, dann schauen wir uns Echo, Gamma und Sigma an. Bisher keine Ortungen. Auch keine Anzeichen für versteckte oder verlassene Stellungen. Denke wird eine ruhige Runde.“
„Rudi, ich höre doch das das nicht alles ist. Geht es Haruka besser? Alles in Ordnung bei dir?“
„Ja. Sie wird schon wieder. Ich denke sie steckt das gut weg. Wir haben vereinbart das wir uns morgen noch mal sprechen.“
„Ok. Komisch. Hast du auch dieses komische grieseln auf deiner Ortung. Sie schien vor dem Sturm her zu ziehen wie eine dichte neblige Wolke. Ich frag mal die Befehlsstelle ob die was besseres orten.“
„Komisch, jetzt wo du es sagst. Da schau, jetzt zieht der Sturm über diese Stelle hinweg und die Wolke bewegt sich irgendwie unnatürlich. Meld das mal mit.“
Kurz nach der Meldung und er Bestätigung durch den Diensthabenden
Ortungsoffizier, nährten sich Anton und Rudi der Stelle. Die jetzt langsam aber stetig sich von ihrer Position wegbewegte.

Nachdem die beiden nun ihre beiden ersten Punkte abgetastet hatten und auch der Ortungsoffizier nichts komisches finden konnte, beschlossen sie die Verfolgung abzubrechen und später im Bericht das gesondert zu Vermerken. Auch die nächtliche Mechstreife traf an anderer Stelle auf dieses Phänomen, man konnte es sich aber nicht erklären.



Anton Bramert

Während ich, mit richtigen Namen Jürgen Trank, Doppelagent bei LOKI und ROM, nun hier bei den Chevalliers fest sass, mußte der echte wohl auch langsam Angst bekommen. Denn obwohl ich mir sicher wahr das es bis jetzt niemand aufgefallen war das ich nicht Anton Bramert war, so war es doch auch nur eine Frage der Zeit. Ausserdem musste ich auch Kontakt wieder mit meinem Orden bekommen und natürlich mit meinem LOKI Vorgesetzten. Nachdem sich für mich auf Fury Station nichts besonderes ereignete, ausser der Instandsetzung des Lynx dachte ich an meinen eigenen Mech wehmütig zurück.
„Der Schädel“ so nannte ich meinen geliebten aufgerüstet Atlas stand gut gewartet auf Rassalhague, in ihm fühlte ich mich immer sicher. Der Sturz in das Cockpit eines Lynx war dann doch ein Schock für mich, auch wenn es damals hiess nur für kurze Zeit bis der echte Anton wieder fit ist. Einsätze würde ich nie miterleben. Pah, von wegen. Die hatten nicht mit der schnellen verlegung von den Chevalliers nach Fury Station gerechnet und den noch schnelleren weiter Flug zu dieser Staub-Wüsten-Glutkugel Caliban.
Naja eines war dann aber doch gut, ich hatte auf Caliban die Möglichkeit mich mit meinen Brüdern von Comstar zu treffen, zumindest habe ich es versucht. Obwohl ich einen hohen Sicherheitscode habe der mit eigentlich zu allen Einrichtungen Comstar zutritt verschafft, wurde dieser hier nicht akzeptiert. Also entschloss ich mich auf dem kleinen Außenposten einen Comstar Mitarbeiter anzusprechen. Was aber schier unmöglich war, denn ich hätte mit dem Leiter der Einrichtung oder seinem Stellvertreter reden müssen, die wurden jedoch die ganze Zeit umschwärmt von den Diamanthaien oder meinem derzeitigen Befehlshaber oder waren einfach nicht zu erreichen.
Also versuchte ich einen Akkoluthen zu überzeugen.
„Hey du! Ja du da. Ich muss dem hiesigen Präzentor einen Nachricht zukommen lassen, würdest du das tun?“
„Wer sind sie? Warum sollte ich sowas für einen fremden Söldner tun?“
Diese Antwort irritierte mich, denn eigentlich sprach kein Comstar Akkoluth einfach so mit jemanden. Meist schwieg man und ging weiter oder nickte nur wortlos. Ich schob das ganze auf die sehr seltenen Kontakte mit Menschen hier in der Peripherie und entgegnete
„Ich bin Comstar Angehöriger. Und ich brauche ihre Hilfe. Eigentlich würde ich mich direkt an den Präzentor wenden oder seinen Vertreter, aber da ich auch Verlegt werde habe ich keine Zeit. Hier ist die Botschaft, bitte überbringen sie diese dem Präzentor.“
Nachdem mich der Akkoluth die Nachricht überbracht hatte, wartet Anton am Hangartor des Aussenpostens. Aber es erschien niemand. Es war sehr verwirrend, denn eigentlich sollte er auf jedenfall ein Treffen mit dem Präzentor haben. Seine Identifikation und sein Verigraph Siegel sollten alle Zweifel verschwinden lassen.
„Herr Bramert?“ erklang es plötzlich von hinten.
„Ja?“ entgegnete er und dreht sich um.
„Ihre Nachricht hat mich erreicht. Ich habe keine Informationen bezüglich ihres Auftrages oder der weiteren Vorgehensweise. Aber bei Blake, sie werden eh keine Zeit mehr haben etwas zu tun. STIRB DU VERRÄTER AN BLAKE!“ schreiend kam der Akkoluth von vorhin auf ihn zugestürmt mit einem Vibromesser in der Hand.Jürgen konnte gerade so ausweichen, das Messer versengte seinen Uniformärmel, aber wie in Zeitlupe griff Stefan nach seinem Messer und stach dem vorbei stolpernden Mann in den Rücken. Ein langer Schnitt tat sich auf und entblöste einen Tätowierten Oberkörper. Der Mann drehte sich und mit einem wahnsinnigen funkeln in den Augen stürmte er wieder auf Stefan zu, doch diesmal hatte der Mann noch weniger Chancen, denn der trainierte ROM Agent ging in einer fliessenden Bewegung nach unten und zur Seite und vollführte einen langen Messerstreich über Schulter und Brust, drehte sich und erstach den verdutzt WOB Agent von hinten. Schnell sah sich Jürgen um, ob irgendwer etwas mitbekommen hatte. Es schien alles ruhig zu sein. Jedenfalls ihm fiel nichts auf. Das Problem war nun eine Ecke zu finden wohin er den Leichnam des Mannes verstecken konnte. Er nahm den Leichnam und trug ihn in den Hangar und versteckte ihn in einer kleinen Kammer mit einer Notiz, das es sich bei der Leiche um einen WoB Agent handelt. Danach schaute er sich den Kampfplatz an und holte aus der Kammer, wo die Leiche lag ein paar Tücher und versuchte so gut es ging die Spuren des Kampfes zu verwischen. Das war sehr schwer und es musste auch möglichst unauffällig passieren. Jürgen hatte Glück, niemand schien sich dem Hangar zu nähren oder hier zu sein. Auch war kein Alarm los gegangen, es schien als hätte der WoB´ler die Überwachungskameras ausgeschaltet, um selbst nicht enttarnt zu werden. Manchmal musste man auch ein wenig Glück haben, dachte sich Jürgen.
Danach hatte Jürgen kein Vertrauen mehr in die hiesige Anlage Comstars. Trotzdem versuchte er einen letzten Versuch eines Kontaktes mit dem Präzentor, dieser war aber nicht auffindbar.
Ausserdem musste er nun auch wieder zu seinem Landungsschiff und in die neue Landezone.
Der Flug zur Landezone war ereignislos, Diese Einöde und Hitze waren anscheinend überall gleich.
Kurz nach der Landung und den ersten Tag mit einer kurzen Patroullie wurde es auf einmal sehr hektisch am nächsten Morgen. Ein Funkspruch von der Landezone Jara Fokkers hatte alle alamiert.
Als er im Besprechungsraum ankam herrschte dort bereits Chaos. Er erfuhr am Rande das es einen Überfall auf die erste Kompanie gegeben hatte und das die Freundin von Rudi abgeschossen und schwer verletzt war.
„Verfluchter Drecksball, überall durchgeknallte Clanner, WoB´ler und Söldner. So ein Mist, wo zum Henker bleiben die nur“, murmelte er vor sich hin.
„Bramert! Was murmeln sie da? Haben sie Informationen die sie mit uns teilen wollen?“ brummmte die Stimme von Decius Metellus durch den Raum.
„Nein Sir. Habe nur vor mich hin gemurmelt. Entschuldigung Sir.“ antwortet Anton.
Miko Tsuno drehte sich zu ihm und sagte, „Ruhig Skyscraper der Chef ist nicht gut drauf. Das alles lief auch zu gut bis jetzt. Du und Chappi ihr geht als Halblanze die Südroute und ich gehe mit Billy die Nordroute. Wir werden nun häufiger rausgehen und die Sicherheitsparameter besser kontrollieren. Verstanden Skyscraper?“
„Ja, Ma´am.“ antwortet er.
Chappi stand zwischenzeitlich auf und ging, der Punkt an dem er erfahren hatte das es seine Freundin erwischt hatte war zuviel. Metellus ließ Chappi sofort gehen und schickte ihn in die Funkzentrale, damit er wenigstens versuchen konnte seine Freundin zu erreichen. Die weitere Zeit wurde beschlossen das die Schlaglanze in Dauerbereitschaft ging und solange die Hetzlanze nicht Patroullierte den Nahbereichschutz des Lagers Übernahm. Alle Mechs wurden auf Standby gesetzt. Alle Mechs sollten binnen weniger Minuten Gefechtsbereit den Hangar verlassen können. Nach der Besprechung suchte der falsche Anton seinen Freund Rudi.
Er fand den armen Mann in der Messe und setzte sich erstmal schweigend mit einem Kaffee neben ihn.
Sie sprachen nicht, aber Stefan hoffte das der echte Anton es genau so gemacht hätte. Dann war es an der Zeit die Mechs zu besteigen und die anstehende Patroullie zu beginnen.

Dieser Beitrag wurde 14 mal editiert, zum letzten Mal von Marodeur74: 19.03.2013 10:40.

21.06.2012 13:50 Marodeur74 ist offline E-Mail an Marodeur74 senden Beiträge von Marodeur74 suchen Nehmen Sie Marodeur74 in Ihre Freundesliste auf
Thorsten Kerensky
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Caliban IV
Landezone APOLLO
25. Oktober 3066, 08:15 Uhr

Dawn hob ihre Hand vor das Gesicht, um sich vor dem Staub zu schützen, den die MIKLAGAARD aufwirbelte, als sie majestätisch und zielsicher neben der DORNKAAT landete und damit die Reihe der Union-Klasse-Landungsschiffe ins vierte Glied erweiterte. Das Schiff der erst letzte Nacht in die Chevaliers aufgenommenen Waräger schien in einem soliden, gut gewarteten Zustand und das war mehr, als man vom Rest ihrer Truppe sagen konnte.
Sie hatte bis gerade eben den Konvoi beobachtet, der sich ins Lager geschleppt hatte. Allen voran Jaras Waldwolf, noch gezeichnet von den Kampfspuren der vorigen Nacht, danach die Überrest der Mechkompanie der Waräger. Es folgte eine kleine Kolonne von Transport- und Unterstützungsfahrzeugen und schließlich die beiden Geier der Chevaliers als Schlusslicht.
Die Chevaliers im APOLLO-Feldlager hatten die alten und neuen Kameraden mit lautem Jubel begrüßt und hatten ihre Arbeit unterbrochen, um voller Selbstzufriedenheit das Treibgut zu begutachten, dass ihre Jara ihnen ins Lager gespült hatte.
Dawn war im Schatten der DORNKAAT geblieben, auf der Danton nach seiner Rückkehr mit dem Hubschrauber in der Nacht Quartier bezogen hatte. Die Sonne stand schon am Himmel und hatte Caliban IV trotz der frühen Stunde schon unangenehm aufgeheizt. Außerdem wollte sie Jara abpassen, um etwas Dringendes mit ihr zu besprechen, bevor sie beim Colonel vorstellig wurde.
Anschließend stand ein Krankenbesuch bei Corporal Bill Tracy an, der nicht gut mit seiner Verletzung zurecht kam und lieber gestern als heute wieder ins Cockpit geklettert wäre.
Als sie Jara erspähte, die schnurstracks auf ihre Position zukam, konnte sie schon an der Art ihrer Bewegungen sehen, dass die Freundin in höchstem Maße erregt war. Wenigstens hatte sie sich die Zeit genommen, ihre Kühlweste gegen die Felduniform zu tauschen. Außerdem schien sie Dantons Gehstock irgendwo aufgesammelt zu haben, denn sie trug ihn wie einen Knüppel in der Hand. Das von Gerüchten umrankte Utensil schnellte bei jedem Schritt abwechselnd nach oben und unten.
„Jara! Schön, dass du wieder zurück bist!“, grüßte sie, als sie aus dem Schatten trat.
„Hi!“, antwortete die blonde Frau, nahm sie in die Arme und küsste sie. Jara schmeckte nach Schweiß und einer langen Nacht im Cockpit und musste furchtbar erschöpft sein. Dennoch brodelte sie vor Energie. „Ich hab leider keine Zeit. Ich muss mit Danton reden.“
„Warte… ich muss dir etwas sagen.“
„Kann das warten?“
Dawn straffte sich. „Nein. Du solltest es jetzt hören. Es ist wichtig.“
„Okay. Erzähl es mir auf dem Weg zu Dantons Quartier!“
Mit der Einsicht, die aufgewühlte Jara nicht länger aufhalten zu können, schloss sie sich ihr an und hatte beinahe Mühe, Schritt zu halten.
„Ich war heute früh im SanBereich und habe mit dem leitenden SanTech gesprochen. Im Blut von Corporal Tracy wurden deutliche Spuren von Aufputschmitteln gefunden.“
„Aufputschmittel?“, echote Jara.
„Ja. So ein Zeug, das den Adrenalinpegel erhöht. Weniger Schlaf, bessere Reaktionen, gesteigerte Aggression. Eine klassische Kampfdroge.“
„Hast du mit ihm gesprochen?“
„Steht als nächstes auf der Tagesordnung. Jara, ich habe das Gefühl, dass nicht nur Tracy auf dem Zeug ist.“
Die junge Söldnerin machte eine wegwischende Handbewegung. „Möglich. Wenn du etwas herausfindest, sag mir Bescheid, frapos?“
Dawn hob eine Augenbrau, ging auf das Clans-Wort aber nicht weiter ein. Sie wusste, dass Jara nur in Clansprech fiel, wenn sie mit den Gedanken absolut nicht bei der Sache war. Dann war es auch sinnlos, ihr weitere Aufmerksamkeit abfordern zu wollen.
„Alles klar. Ist bei dir alles okay?“
„Das werden wir gleich sehen“, kam die Antwort, während sie abrupt stehen blieben, weil sie den Besprechungsraum der DORNKAAT erreicht hatten. Irgendein besonders humorvoller Chevalier hatte einen Zettel an die Tür geklebt, auf dem „Flaggbüro von Colonel Danton“ stand.
Jara atmete tief durch und warf Dawn einen Blick zu, aus dem Wut und Enttäuschung funkelten. „Das werden wir sehen“, wiederholte sie, bevor sie ohne vorheriges Klopfen in den Raum trat und eine ziemlich besorgte und irritierte Lanzenführerin zurückließ.

Wer aus der Hitze Calibans in die vergleichsweise kühle Luft des Besprechungsraums der DORNKAAT trat, konnte verstehen, warum Danton sich ausgerechnet hier eingenistet hatte. Es gab zwar keine Fenster, aber dafür blendete das kühle Neonlicht auch nicht ansatzweise so stark wie der unbarmherzige Sonnenschein außerhalb des Landungsschiffes.
Als Jara in den Raum stürmte, genoss der Colonel gerade einen Kaffee und wirkte, abgesehen von den Ringen unter seinen Augen, entspannt und überhaupt nicht beeindruckt von den Strapazen der vergangenen Nacht. Auf dem Schreibtisch stapelten sich diverse Unterlagen, offensichtlich ging er gerade die Akten der Waräger-Wache durch. Seiner Kompanieführerin schenkt er ein Lächeln.
„Guten Morgen, Jara!“
„Ich wollte dir den hier zurückgeben“, polterte die junge Frau, wobei sie den Gehstock vor ihrem Vorgesetzten auf den Schreibtisch knallte.
„Kein Platz dafür in deiner persönlichen Trophäensammlung?“
„Ich sammel nur Dinge, die ich selber gejagt habe.“
„Es ist auch schön, dich zu sehen“, gab Danton mit einem belustigten Unterton zurück.
„Du kannst von Glück reden, dass du noch in der Lage bist, mich zu sehen“, platzte es aus Jara heraus. „Bei dieser stravag Aktion hättest du auch genauso gut draufgehen können.“
„Bin ich aber nicht. Der Plan hat funktioniert und…“
„Plan?!“, fiel ihm die junge Frau ins Wort. „Das war kein Plan, das war eine Selbstmord-Mission. Und reines Glück. Es hätte andere Wege gegeben, die Waräger zu kontaktieren.“
Danton, der immer noch reichlich zufrieden mit sich selbst wirkte, winkte ab. „Es ist doch niemandem etwas passiert.“
„Darum geht’s doch gar nicht“, ereiferte Jara sich. „Du hast dein Leben völlig unnötig aufs Spiel gesetzt und damit die Sicherheit der gesamten Einheit gefährdet. Wir sind bereits in Kampfhandlungen verwickelt worden und unser Kommandeur riskiert eine führungslose Truppe. Das war unfassbar unverantwortlich!“
„Ist das deine Sicht als Sicherheitsoffizier?“
„Allerdings. Und ich habe dich darauf hingewiesen.“ Jara stemmte die geballten Fäuste in die Hüften. „Und ich frage mich langsam, wozu ich diesen verdammten Job eigentlich mache, wenn sowieso niemand auf mich hört!“
„Aber ich habe auf dich gehört“, widersprach Danton ihr. „Ich bin nur zu einer anderen Ansicht gelangt.“
„Wie jedes Mal. Warum hast du den Posten überhaupt eingeführt, wenn du dann doch tust, was du willst?“
„Wir sind aber auch einfach keine Demokratie, Jara.“ Langsam aber sicher wich die Ruhe und Gelassenheit aus Dantons Blick, mit der er bisher den Ausbruch seiner Offizierin erduldet hatte. „Ich bin für die Chevaliers verantwortlich und muss die Verantwortung tragen. Also treffe ich die Entscheidungen.“
„Auf Juliet oder Copycat hörst du doch auch. Ich verstehe das. Beide sind älter, erfahrener und besser bezahlt als ich. Aber du kannst mir nicht Posten und Aufgaben und Erbschaften geben und dann so tun, als wär ich ein kleines, unbedarftes Kind, das nicht weiß, was es tut. Wir wissen beide, dass ich gut bin. Ich liefere die Ergebnisse, ich halte meine Leute zusammen und hab mehr als einmal auf dich aufgepasst und deinen Hintern gerettet. Bedeutet das denn gar nichts? Was muss ich noch tun, damit du mich endlich ernst nimmst?“
„Ich nehm dich doch ernst.“ Die Irritation in der Stimme des Kommandeurs klang echt.
„So ein Bullshit! Meine Kompanie nimmt mich ernst. Miko nimmt mich ernst. Himmel, sogar Prince hat mich auf Augenhöhe behandelt. Nur vom Stab werde ich abgefertigt, als wär ich ein verzogenes Gör.“
„Du benimmst dich gerade auch so“, gab Danton gefährlich leise zurück und schnitt der aufgebrachten Jara mit einer Handbewegung das Wort ab. „Beruhig dich bitte und lass uns in Ruhe darüber reden. Und lass mich erklären, warum ich so handel, wie ich handel.“
Jara atmete tief durch und zwang sich, ihre Wut runterzuschlucken, als sie erkannte, dass sie sich auf gefährlich dünnes Eis begeben hatte. „Okay“, presste sie hervor.
„Weißt du, dass ich vor der Gründung der Chevaliers eine Blutjagd kreuz und quer durch die Innere Sphäre betrieben habe, nur erfüllt von einem animalischen Wunsch nach Rache?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich habe eine Gruppe von Kerlen gejagt, die meine damalige Verlobte vergewaltigt hatten“, begann Danton mit ruhiger Stimme zu erzählen, aus der man den Hass noch immer heraushören konnte. „Ich wollte es ihnen heimzahlen. Nicht Auge um Auge, sondern doppelt, dreifach. Und ich war gut. Ich hatte die Chance, die Polizei einzuschalten, aber ich wollte das alleine machen. Ohne irgendwelche Gerichte, die viel zu milde Urteile gefällt hätten. Mein ganzes Handeln war nur bestimmt von dieser Suche nach Vergeltung. Ich habe damals alles zurückgelassen, was mir vorher wichtig war. Ich wäre selber mehrfach fast draufgegangen, aber es kümmerte mich einfach nicht. Da war nur der Wunsch, einen Schritt schneller, eine Idee raffinierter oder einfach brutaler zu sein als meine Ziele.“
Jara, die fasziniert zugehört hatte, stolperte mental über den letzten Satz. Besser, höher, schneller, stärker – das waren genau die Dinge, die sie bei den Wölfen gelernt hatte. Die sie sich schnell, effizient und nachhaltig eingeprägt hatte. Strike fast, strike hard and show no weakness. Schlage schnell und hart zu und zeige keine Schwäche, so das Credo des Wolfsclans, das sie als ihr eigenes akzeptiert hatte.
„Als ich die Chevaliers gegründet habe, habe ich irgendwann erkannt, dass ich durch die Verantwortung für meine Leute langsam wieder zum Menschen wurde. Dass es wichtigere Dinge im Leben gab als Vergeltung. Die Chevaliers wurden zu meiner Medizin, zu meiner Heimat. Jeder einzelne Chevalier, egal wo er herkommt, ist ein Teil meiner Heimat, meiner Familie, meiner Kur. Und mein Leben ist nichts wert, gäbe es diese Einheit nicht. Alle meine Entscheidungen treffe ich aus dem Wunsch heraus, euch zu schützen und möglichst unversehrt nach Hause zu bringen. Mein eigenes Leben dabei zu riskieren, das ist der geringste Einsatz, den ich bringen kann.“
Jara schüttelte zaghaft den Kopf. Die Wut war während Dantons Vortrag aus von ihr gewichen und hatte nur ein verstörendes, ungutes Gefühl zurückgelassen, dass sie nicht richtig zu deuten wusste. „Denkst du denn, die Chevaliers wäre für mich keine Familie?“, erwiderte sie schließlich. „Ich habe doch sonst nichts und niemanden mehr. Denkst du nicht, dass ich auch eine Chance haben möchte, meine Familie zu beschützen? Und du gehörst dazu. Ich habe so viel von dir gelernt in dieser kurzen Zeit.“ Sie schluckte. „Du bist wie ein Vater für mich geworden. Und ich kann und will mir nicht vorstellen, dich zu verlieren. Nicht auch noch dich. Was denkst du denn, was ich durchmache, wenn du dein Leben so leichtsinnig aufs Spiel setzt?“
Den letzten Teil hatte sie eigentlich gar nicht sagen wollen. Schon gar nicht so. Aber es war einfach aus ihr herausgebrochen und stand nun mitten im Raum. Danton schien mindestens so überrascht wie sie und für einen unendlich langen Moment herrschte berührtes Schweigen zwischen den beiden Söldnern.

Es war schließlich Danton, der die Stille brach. „Warum hast du mir das nicht früher gesagt?“, fragte er mit leicht brüchiger Stimme.
Jara deutete mit einem Schulterzucken ihre völlige Resignation an. „Was hätte es geändert? Ich habe immer versucht, das Beste zu tun, das Richtige zu tun. Für meine Untergebenen, für meine Freunde, für die Chevaliers und für dich. Und alles, was zurückkam, waren Titel und Positionen ohne Einfluss. Du hast immer für mich entschieden und über mich hinweg.“
„Jara“, gab der Colonel sichtlich betroffen zurück, „ich habe schon lange nicht mehr für dich entscheiden können. Ich habe dir diese ganzen Privilegien doch gegeben, um dich stärker einzubinden, dich zu fördern.“
„Aber wie willst du mich fördern, wenn mein Wort kein Gewicht hat und ich meine Entscheidungen nur auf dem Papier treffe?“
„So ist es doch gar nicht. Merkst du denn gar nicht, was passiert? Deine Kompanie vergöttert dich. Ich weiß nicht genau, wie du es geschafft hast, aber jedes Kommando, was ich dir gebe, ist beinahe im Handumdrehen bereit, dir in die Hölle zu folgen. Du hast starken Einfluss auf viele der jungen Chevaliers und Juliet hält große Stücke auf dich. Sogar Miko schaut sich bei dir die Tricks ab, sehr zu meinem Ärger. Mein Gott, Jara, du hast vor nicht einmal zwei Tagen Harrison Copeland zur Sau gemacht und bist damit durchgekommen. Denkst du wirklich, du hättest keinen Einfluss hier?“
„Du weißt von der Sache mit Copycat?“
„Ich bin der Alte. Alles zu wissen ist Teil meines Jobs.“
„Dann hättest du auch wissen müssen, dass ich mich nie um diese ganze Verantwortung gerissen habe.“
„Ist das so?“ Danton lehnte sich zurück und musterte seine Kompanieführerin eindringlich. „Du hast es vielleicht nie gesagt, aber der Eifer, die Perfektion, mit der du deine Aufgaben angenommen hast sprechen eine andere Sprache.“
„Ich kämpfe dort, wo ich hingestellt werde“, gab Jara zurück. „Ich bekomme eine Aufgabe und erfülle sie, so gut ich kann. Wenn ich nicht perfekt bin, sterben Menschen. Menschen, die zu den Chevaliers gehören, zu meiner Familie.“
„Es werden immer Menschen sterben, Jara. Und um die Zahl der Toten gering zu halten, brauche ich meine besten Leute dort, wo sie am besten funktionieren. Wem würdest du deine Kompanie abtreten?“
„Bitte?“
„Du hast die Frage schon verstanden. Wenn du die Verantwortung nicht haben wolltest… wem sollte ich deine Kompanie anvertrauen? Wer, denkst du, ist geeignet dafür? Geeigneter als du?“
Jara suchte nach einem Ausweg aus der Frage, fand keinen und seufzte schließlich leise. „Ich würde meine Kompanie nicht abgeben.“
„Und warum?“
„Weil ich als Kompaniechefin so viel mehr bewirken kann. Ich kann den Chevaliers etwas zurückgeben und helfen, die Einheit durchzubringen.“
„Und ich möchte, dass du aufhörst, nur im Rahmen deiner Kompanie zu denken. Du bist die zweite Frau in der Erbfolge und es kann sein, dass der Tag kommt, an dem du plötzlich die ganze Einheit zusammenhalten musst, führen musst. Ich möchte, dass du dich da mehr einbringst. Nicht weil ich dich überfordern möchte, sondern weil ich deine Meinung, deine Sicht auf die Dinge für wichtig halte.“
„Dann gib mir die Chance dazu!“, bat sie.
„Einverstanden.“
Jara starrte für einen Moment irritiert zu ihrem Vorgesetzten, unsicher, was er damit nun aussagen wollte.
„Ich gebe dir mehr Einfluss“, setzte Danton zu einer Erläuterung an. „Du bekommst die Waräger zugeteilt. Vier weitere Mechs und sieben Mechkrieger. Damit kannst du nicht nur deine Lücken schließen, sondern auch dein Kommando erweitern. Gleichzeitig kannst du lernen, wie man neue, bockige Soldaten in eine bestehende Gruppe integriert. Außerdem bleibt Harrys Lanze bis auf Weiteres deinem Einsatzgebiet zugeteilt und er wird dir als Berater zur Seite stehen. Aber du hast das Kommando über den Einsatz.“
„Und was muss ich dafür tun?“
„Du musst dafür zwei Dinge einsehen. Erstens, dass du längst den Einfluss hast, den du von mir verlangst. Zweitens, dass ich durchaus noch nicht zu alt bin, um Entscheidungen zu treffen und dass ich mir diese Entscheidungen nicht leicht mache. Kriegst du das hin?“
„Klingt machbar.“
„Oh, keine Panik. Du wirst mich für diesen Deal hassen, noch bevor dieser Tag vorbei ist. Versprochen.“
„Wir werden sehen. Ich bin nicht leicht zu brechen“, gab sich Jara kämpferisch. Sie zögerte kurz. „Und jetzt?“
„Jetzt?“ Danton lächelte. „Jetzt tun wir so, als gäbe es in dieser Einheit so etwas wie Befehl und Gehorsam und du kommst dem Befehl nach, dich um dieses ganze Schlamassel hier zu kümmern. Ich lasse mich in der Zeit zurück zur Home Base fliegen. Ich erwarte deinen Sicherheitsbericht in zwei Tagen.“
„Sicherheitsbericht?“
„Genau. Du bist doch Sicherheitsstabsoffizier. Dazu gehört auch ein monatlicher Sicherheitsbericht. Inklusive Stellungnahmen der Teileinheitskommandeure. Aller Teileinheitskommandeure. Und natürlich der übliche Kram: Auszug aus dem Wachbuch, Verbesserungsvorschläge, ergriffene Maßnahmen und so weiter.“
Jara, die eine Menge zusätzlicher Arbeit auf sich zukommen sah, hob zweifelnd eine Augenbraue. „Seit wann gibt es das denn?“
„Oh… das hab ich in irgendeiner Dienstanweisung gelesen.“
„In einer Dienstanweisung, ja?“
Danton schmunzelte. „Ja. Darauf kannst du dich zumindest berufen, wenn einer der Teileinheitsführer sich weigert, seine Stellungnahme zu schreiben.“
„Ich werde schon einen Umgang damit finden.“
„Das weiß ich doch. Und nun zurück zum Dienst. Der Krieg wartet nicht auf uns.“
Jara straffte sich und führte einen militärisch beinahe überkorrekten Gruß aus. „Jawohl, Sir! Ich melde mich wie befohlen ab, Sir!“
Sie hatte die Tür beinahe erreicht, als Dantons Stimme sie noch einmal zurückhielt. „Ach, Jara… es ist schön, dass du deine menschliche Seite noch nicht komplett verloren hast.“
„Danke… glaube ich…“
„Ich muss mich bedanken.“
„Wofür?“
„Dafür, dass du draußen warst, um auf mich aufzupassen. Schon wieder.“
Jara drehte sich um und grinste übers ganze Gesicht. „Keine Ursache. Auf Chevaliers aufzupassen ist Teil meines Jobs.“

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03.08.2012 19:36 Thorsten Kerensky ist offline E-Mail an Thorsten Kerensky senden Beiträge von Thorsten Kerensky suchen Nehmen Sie Thorsten Kerensky in Ihre Freundesliste auf
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Mit unbewegter Miene starrte Trauthild Nagasawa auf die Video-Aufzeichnung der Satellitenaufnahmen, die das Ende der Waräger-Wache einläutete. Ohne einen einzigen Schuss abzugeben hatte Danton das feindliche Lager erobert. Das erinnerte sie an eine ähnliche Geschichte, die man sich über Clan Wolf vor derm Schisma erzählte, als ein einziger Mann ohne einen Schuss abzufeuern die rasalhaagische Welt Günzburg erobert hatte. Beide Taten waren gleichsam idiotisch, und waren mit einer erdrückenden Übermacht im Rücken erfolgt und hätten problemlos zum Tod des einsamen Streiters führen können. Nicht, dass sie gehofft hatte, Danton könne bei der Waräger-Wache sterben, aber schwer hatte er es ihnen nicht gemacht.
"Sind wir sie also los?", fragte Trauthild mit ruhiger Stimme, aus der sie jegliches Zittern verbannt hatte.
SternCaptain Vogt brummte leise.
"Damit hat sich unser Offensiv-Potential um achtzehn Prozent geschmälert, vom Tod unseres Verbindungsoffiziers mal ganz abgesehen. Aber auf der Haben-Seite: Wir brauchen ihren Sold nicht mehr zu bezahlen." Sie versuchte sich an einer fröhlichen Stimmung, musste aber feststellen, dass sie daran scheiterte. Die Situation war ernst, sehr ernst. Sie kommandierte den letzten Außenposten der Diamanthaie vor der Inneren Sphäre, in einem rohstoffreichen System, auf dessen hochwertigen Metalle und Seltenen Erden sie angewiesen waren, und das in einem Maße, den ComStar niemals realisieren durfte. Über ihren Außenposten erfolgte nicht nur der Warenstrom der im Caliban-System gewonnenen Güter, sondern auch die Koordinierung des Raubbaus in allen umliegenden Systemen. Hier bereiteten sie die Rohstoffe für den Krieg von Morgen vor; Trauthild war zu realistisch, um diese Tatsache zu ignorieren. Die Wache meldete zu viele Kontakte zur Inneren Sphäre, zu viele Infiltrationsversuche in ihrem und in die anderen Clans, teilweise sogar offene Sabotageakte, als dass es nicht der Auftakt eines neuen Konflikts sein konnte. Dabei hatte ihr Clan noch Glück, weil er als "der Händlerclan" als schwach und unwichtig verschrien war. Der Feind sah sie nicht als Bedrohung, und das war auch gut so. Solange niemand dem Diamanthai das Wasser nahm, konnte er noch schwimmen. Ihre kleine Aktion hier würde maßgeblich dazu beitragen, dass die Wimpel der Diamanthaie auch noch bei den nächsten Großen Konklaven über ihrer Loge wehen würden, dass die Diamanthaie noch lange existieren würden. Um das zu gewährleisten, hatte sie nicht nur den Betrieb aufrecht zu erhalten, sondern auch ihre Basis zu schützen, die in einem merkwürdig demokratischen Wettkampf mit ComStar stand. Potentielle Kunden hatten zwei Basen zur Auswahl. Meistens gingen sie dorthin, wo sie einen Vorteil hatten. Also überboten sie sich gegenseitig mit Rabatten, Preisnachlässen, Kreditkäufen, Sonderangeboten und dergleichen. Auf diesem Niveau hatten sie sich eingependelt, und es war immer noch höher als auf einer beliebigen Welt der Inneren Sphäre; es gab so eine Art stillschweigend festgesetzter Grenze, die weder sie, noch ComStar je unterschritt. Es hätte bedeutet, unter Preis zu arbeiten, und bisher hatte ComStar diesen Schritt nicht gewagt, mit dem sie dann versucht hätte, die Diamanthaie aus dem Geschäft zu drängen. Zugleich hatten die Diamanthaie gleiches vermieden. Die Balance war wichtig, für beide Parteien. Um diese Interessen zu schützen, hatten sie schon einmal in einer gemeinsamen Aktion eine angeblich dritte neutrale Station ausgelöscht, die Blakes Wort hatte einrichten wollen. In dem Punkt waren sie sich einig gewesen. Und es hatte gezeigt, wie gefährdet sie hier draußen tatsächlich waren. Eine Antwort darauf war der Kontrakt mit der Waräger-Wache gewesen. Ein anderer bestand in ihren losen Kontakten zu den Parder-Renegaten.

SternCommander Gotthilf, ihr Adjutant, räusperte sich vernehmlich. "Ich habe übrigens meine Untersuchung abgeschlossen."
Trauthild sah zu dem Luft/Raum-Piloten herüber. "Und was hast du herausgefunden?"
"Der Befehl für den Angriff auf die isolierte Kompanie der Chevaliers erfolgte aus dem Büro von James Clarke. Ob und wieweit er selbst involviert ist, konnte ich nicht feststellen, aber ich nehme es an."
Trauthild nickte knapp. Sie hatte es erwartet. Nur ihr Stellvertreter hatte die Autorität, um in ihrem Namen Kampfbefehle an externe Einheiten auszugeben. Oder die Position, um vorzutäuschen, es wäre ihr Wille gewesen. "Wissen wir, warum er die Waräger-Wache derart geopfert hat?"
"Es war als Überfall im Morgengrauen geplant. Optimistische Rechnungen sagten die Eroberung der Landungsschiffe, die Vernichtung der Mechstreitkräfte und eigene Verluste von sechzig Prozent voraus. Hätte alles geklappt wie es klappen sollte, wäre die Waräger-Wache kastriert worden, hätte aber über ein Drittel der Kampfkraft des MechBataillons der Chevaliers ausgelöscht. Stattdessen hat sich die Kampfkraft dieser Kompanie auf die von zwei Kompanien erhöht." Gotthilf hob die Schultern. "Ich habe ein wenig mit dem Sergeant Major von den Chevaliers geredet, der die ComStar-Basis beim Stöbern auf den Kopf gestellt hat. Er erzählte mir, dass Captain Jara ein halbes Jahr lang Isorla von Clan Wolf gewesen ist, und in dieser Zeit in die Kriegerränge aufsteigen konnte. Mehrere Abschüsse von Jadefalken gehen dabei auf ihr Konto, und es sieht ganz so aus, als wäre ihre Karriere Richtung SternCaptain vorgezeichnet gewesen.
Nun, die Wache hat zumindest verifiziert, dass sie tatsächlich dort war und in die Kriegerränge aufgenommen wurde. Die Daten waren schwierig zu bekommen. Die Wölfe gehen damit nicht gerade hausieren, weil es einen Konflikt mit Clan Wolf im Exil als Grundlage hat."
"Und es ist nicht optimal gelaufen. Zumindest nicht für die Waräger-Wache", stellte Trauthild ironisch fest. "Die Frage ist jetzt: Was plant James als Nächstes? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dabei bleiben wird."
"Die Frage, die sich dir stellt, Trauthild Nagasawa", sagte Vogt ernst, "ist nicht, was James Clarke als Nächstes plant. Die Frage, die du dir stellen solltest, ist: Wann wird er dich zum Konflikttest um die Position des SternColonels herausfordern?"
Die kleine Luft/Raum-Pilotin knetete ihre Hände. Sie hatte keine Angst vor Clarke, weder im unbewaffneten Zweikampf, noch im Kampf ihrer Sulla gegen sein Stonerhino. Sie wusste, dass sie ihn erneut besiegen konnte, wann immer sie wollte. Clarke war so unbeweglich wie sein Mech. Aber wovor sie Angst hatte, das war, dass dieser Idiot auf den einen oder anderen Weg das Kommando übernahm, ComStars Basis auf den einen oder anderen Weg schloss, und die Verantwortung bekam, den Clan mit Germanium zu versorgen. James Clarke war kurzsichtig genug, um zu glauben, ComStar würde ihr hiesiges Kontor einfach so schließen lassen. Oder gar zusammenschießen lassen.
"Vielleicht ist es an der Zeit, ihm... Nun, mehr Spielraum zu geben", sagte Trauthild nachdenklich. "Ich denke, ich werde ihn und seinen Trinärstern auf eine schöne lange Gefechtsübung schicken, irgendwo in der Nähe der ComStar-Vertretung. Vielleicht drei, vier Wochen, in denen er tun kann, was immer er möchte."
"Was immer er möchte?", argwöhnte Vogt.
Gotthilf grinste. "Du denkst sicherlich, dass James Clarke einen Grund dafür hatte, die Waräger-Wache auf die Chevaliers zu hetzen", sagte er. "Und nun willst du ihm die Gelegenheit geben, sein Werk zu vollenden."
"Er ist nicht stark genug, um es mit den Chevaliers aufzunehmen", wandte Vogt ein. "So verrückt ist nicht mal er."
"Er alleine sicherlich nicht", erwiderte Trauthild. "Aber wenn der Grund für den Angriff die Nebelparder sind, die den Atem der Chevaliers im Nacken spüren, dann wird er - werden sie - die Gelegenheit ergreifen wollen."
"Du meinst, du gibst Clarke die Gelegenheit, die Chevaliers auszulöschen?", fragte Vogt zweifelnd. "Und das mit Hilfe der Nebelparder?"
"Nein. Ich schicke James nur mit seiner Mech-Einheit zum Manöver auf den Nachbarkontinent. Alles andere interessiert mich nicht."
"Und die Chevaliers? Werden wir sie warnen?", fragte Gotthilf.
"Wozu? Sie sind doch hergekommen, um die Nebelparder zu finden. Was werden sie sich freuen, wenn sie merken, dass sie gar nicht suchen müssen", erwiderte sie mit einem süßen Lächeln. "Und ComStar kann es egal sein. Ihre Verteidigung ist es ja nicht, die geschmälert wird."
"Und bei Danton hast du ohnehin verschissen", sagte Gotthilf.
"Beim Geiste Kerenskys, Gotthilf, deine Aussprache verludert zusehends. Du bist zu viel mit Freigeburten zusammen. Ich denke, du hast eine Korrektur nötig. SternCaptain Vogt, bitte leite die gute Nachricht an James Clarke weiter."
"Ich richte es sofort aus."
"Und SternCommander Gotthilf, du holst die Reitpeitsche und erwartest mich in meinem Zimmer."
"Sofort, SternColonel."
Sie warf Vogt einen neckischen Blick zu. "Willst du kommen und zuschauen?"
"Danke, aber ich verzichte. Wenn ich euch Winzlinge kopulieren sehe, erinnert mich das nur zu sehr an meine Angst, eines Tages eine GeschKo aufziehen zu müssen."
"Du bist subtil wie immer, mein lieber Vogt. Und wer weiß, vielleicht darfst du ja auch mal."
"Ich danke Kerensky für den Tag, an dem feststand, dass ich nicht dein Adjutant geworden bin, Trauthild Nagasawa", lachte der Riese. "Also, nein danke."
"Wer nicht will, der hat schon", stellte sie fest, zwinkerte ihm neckisch zu, und scheuchte Gotthilf vor sich her aus dem Raum.

Vogts Kiefer malmten einen Moment, dann verließ er ebenfalls den Raum, um James Clarke grünes Licht zu geben.

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Caliban IV
Landezone APOLLO
25. Oktober 3066, 08:30 Uhr

Während Jara damit beschäftigt war, sich in Dantons Büro auszukotzen, stand Stefan Hellmann mit den Händen in den Hosentaschen im Wartungshangar der DORNKAAT, wartete darauf, dass Steigenberg und der Rest seiner Lanze aus den Cockpits ihrer Maschinen stiegen und fragte sich, wie es weitergehen würde.
Die Ereignisse hatten sich so rasant entwickelt, dass er Probleme hatte, Schritt zu halten. Vor zwei Tagen war er noch Leutnant der Waräger gewesen, dann die Schlacht, die Gefangenschaft, das Verhör… keine 24 Stunden später kommt ein weiblicher Lieutenant zu ihm und drückt ihm einen Kontrakt in die Hand, der ihn zum Chevalier machte und ihn auf die Seite der Leute stellt, die er noch in der Nacht davor bekämpft hatte. Plötzlich durfte er sich frei im Lager bewegen und war – angeblich – vollwertiges Mitglied des Söldnerregimentes. Nobbs und Dünkirch, den beiden Mitgefangenen, war es genauso ergangen.
Der Lieutenant, der ihn freigelassen hatte, schien mindestens genauso irritiert und nur mühsam beherrscht. Verständlich, wenn sie die Leute in die Einheit aufnehmen sollte, die nur kurz zuvor noch Lücken in die eigenen Reihen gerissen hatten. Aber, Profi wie sie trotz ihrer Jugend zu sein schien, hatte sie die drei ehemaligen Waräger zum Einkleiden geschickt. Nur Basis-Uniform. Die Dienstgrad- und Teileinheitsabzeichen würde es erst nach der Zuteilung durch den Captain geben.
Hellmann, der sich fast dafür schämte, dass er sich im bequemen Stoff der neuen Kleidung wohlfühlte, wusste nicht so recht, ob er sich auf ein Wiedersehen mit der resoluten Jara Fokker freuen sollte. Sie war zwar nun seine Chefin und hatte ihn auch während seiner Kurzzeit-Gefangenschaft fair behandelt, aber hieß das, dass er sich nun dankbar assimilieren lassen musste?
Deutlich besser wusste er, dass er vor dem Treffen mit Steigenberg, der gerade aus der Luke seines Tomahawks kam, mächtig Bammel hatte. Der Hauptmann war sicher alles andere als erfreut darüber, dass er die Attacke versaut hatte und, wie Hellmann ihn kannte, war er auch absolut nicht glücklich darüber, jetzt einem neuen Herren zu dienen. Gerüchte hatten die Runde gemacht, und sogar die drei Gefangenen erreicht, dass der Waräger-Chef nicht nur den Chevalier-Chef als Geisel genommen, sondern sich sogar noch von diesem im Nahkampf verdreschen lassen hatte.
Irgendwie inkonsequent, wenn man bedachte, dass Steigenberg jemand war, der Claner zutiefst verabscheute. Warum hatte er sich so gegen die Kontraktübernahme durch die fremden Söldner gewehrt? Klar, sie hatten Kameraden im Kampf gegen die Chevaliers verloren, aber erstens war Krieg einfach so und zweitens hatten sie auch schon gute Freunde an die Clans verloren. Oder an diesen unsäglichen Bürgerkrieg, vor dem sie weggelaufen waren. Hellmann hatte den Verdacht, dass eine Menge Stolz im Spiel gewesen war.
Das Geräusch von Stiefeln auf Metall verriet ihm, dass zwei Personen zu ihm traten, eine davon sehr leichtfüßig, die andere mit einem ganz einzigartig schlendernden Gang, den Hellmann jederzeit wiedererkennen würde.
„Unteroffizier Nobbs, Gefreiter Dünkirch. Ich habe bereits gewartet.“
„Können den Gang zum Schafott gar nicht erwarten, Leutnant, oder?“ Der Unteroffizier bemühte sich offensichtlich, so gelassen und kumpelhaft wie immer zu klingen, aber ein Unterton in seiner Stimme verriet die Nervosität.
Deutlicher trat die Unsicherheit bei Hanna Dünkirch zutage. „Der Hauptmann wird uns doch nichts vorwerfen können, oder?“, wandte sich die junge Mechkriegerin an Hellmann.
Der zuckte nur mit den Schultern. „Was der Hauptmann uns vorwerfen kann oder nicht, werden wir sehen. Ich mache mir viel mehr Gedanken über das, was danach kommt.“ Eine glatte Lüge, aber wenn es die beiden Soldaten beruhigte, konnte er damit leben.
„Wir sind jetzt Chevaliers“, kommentierte Nobbs und gab sich dabei nicht einmal Mühe, den Hohn in seiner Stimme zu verbergen. „Was soll schon passieren? Wir tun so, als wären wir voll dabei und sobald wir eine Chance haben, hauen wir ab. Und vorher leg ich vielleicht noch die Fokker flach.“
„Passen Sie auf, was Sie sagen, Unteroffizier Nobbs!“, zischte Hellmann und bat gleichzeitig um einen Vorwand, dem Mechkrieger eine Abreibung zu verpassen. Er kam mit der widerlichen Art des Soldaten einfach nicht zurecht.
Nobbs konnte allerdings aufatmen, zumindest für den Moment, denn Steigenberg und seine Lanze kamen nun ins Blickfeld und hielten zielstrebig auf die Position der drei anderen Waräger zu. Schon am Gang des Hauptmanns war der Ärger zu erkennen, der sich gleich entladen würde. Hellmann atmete tief durch und straffte sich.
Dennoch war er nicht gewappnet für das Auftreten Steigenbergs, der seinem Leutnant ohne Vorwarnung eine schallende Ohrfeige verpasste, kaum dass er den Hangar betreten hatte.
Der rangniedrigere Offizier biss die Zähne zusammen, verkniff sich aber eine Reaktion. Jede Art von Gegenwehr, das wusste er, würde dem aufgebrachten Vorgesetzten nur einen Grund geben, weiter zu machen und dann würde es echt hässlich werden.
„Nichts?“, höhnte Steigenberg. „Nichts, Stefan? Das ist erbärmlich. Erst jagst du die halbe Kompanie zum Teufel und jetzt stehst du einfach nur hier rum und hast nicht mal den Arsch in der Hose, dich zu wehren?“
Hellmann, der genau wusste, dass es gerade weder Worte noch Taten gab, die irgendetwas bewirken konnten, brachte es nicht einmal fertig, seinem Hauptmann ins Gesicht zu sehen. Also sah er stattdessen auf den Boden, betreten und im vollen Bewusstsein seiner Schuld und dass Steigenberg jegliches Recht hatte, ihm Vorwürfe zu machen.
Ganz offensichtlich hatte der aber gar nicht vor, sich weiter damit abzugeben. Er spuckte lediglich vor Hellmann aus. „Arschloch. Kannst abhauen.“
„Er ist genauso in der Sache drin, Hauptmann.“ Evangelista Barrios, kurz Eva, ihres Zeichens Scoutpilotin eines Raven, hatte offensichtlich als Erste den Mut, Steigenberg in die Parade zu fahren.
„Blödsinn“, fachte dieser. „Von mir aus kann er am Arsch des Universums verrotten.“
„Er ist einer von uns. Und wir können ihn nicht ausschließen. Wir brauchen jeden, um das durchzuziehen.“
„Es geht auch ohne ihn, Shiva. Vermutlich sogar besser.“
Hellmann sah hoch und der Mechkriegerin in die Augen. „Danke, Eva, aber du musst nicht für mich in die Bresche springen.“
„Doch, muss ich. Zu sechst schaffen wir’s nämlich nicht.“
„Schaffen was nicht?“, mischte Nobbs sich ein.
„Abzuhauen natürlich. Was dachtest du denn?“, gab Steigenberg zurück. „Meinst du, ich will hier versauern?“
„Abhauen? Und den Kontrakt brechen?“ Hellmann ahnte, dass er diese Frage besser nicht gestellt hätte.
„Scheiß auf den Kontrakt. Du kannst ja hierbleiben! Kannste den Typen hier noch mehr helfen“, giftete Steigenberg.
„Helfen? Die haben das ganz alleine geschafft, uns auseinanderzunehmen. Glaub mir, die brauchen dafür keine Hilfe.“
„Ich glaube, du brauchst Hilfe. So mit einem vorgesetzten Offizier zu reden. Da gehört schon was dazu.“ Der Hauptmann schnaubte. „Ich werde dafür sorgen, dass du die MIKLAGAARD abheben siehst, wenn wir uns absetzen. Und zwar von außen.“
Das Poltern schwerer Militärstiefel riss die ehemaligen Waräger aus ihrem Streit und ließ die sieben Männer und Frauen herum schnellen und hoffen, nicht zu lange zu laut gewesen zu sein. Hellmann erkannte den Mann, der nun zu ihnen trat als Sergeant Major Miles Sharpe, der Chevalier, der sein erstes Verhör durchgeführt hatte so eine Art Spieß der Kompanie zu sein schien.
„Ich unterbreche ihre… angeregte Diskussion nur äußerst ungerne. Allerdings muss ich sie bitten, mir zu folgen.“
„Wohin?“, wollte Steigenberg wissen.
„Lassen sie sich überraschen. Es wird spannend“, gab sich Sharpe kryptisch.
„Als Offizier verlange ich eine Erklärung“, polterte der Hauptmann.
„Als Offizier? Ich habe gar nicht mitbekommen, dass sie schon einen Dienstgrad der Chevaliers zuerkannt bekommen haben“, konterte der Spieß und nahm Steigenberg damit den Wind aus den Segeln. „Allerdings kann sich das jederzeit ändern. Sie haben nämlich ein Date mit Captain Fokker. Und damit meine ich sie alle. Also… wenn sie mir dann folgen würden.“
„Jetzt sofort? Wir sind noch nicht einmal vernünftig angezogen“, protestierte Steigenberg erneut und bewies damit, dass er den Punkt seiner Niederlage nicht erkannt hatte.
„Captain Fokker war sehr deutlich in ihrer Wortwahl, Mister Steigenberg. Und falls es sie interessiert: Sie ist eine deutlich bessere Nahkämpferin als Colonel Danton.“
Noch ehe der Waräger-Hauptmann eine Chance hatte, auf diese Provokation zu reagieren, hatte Sharpe sich schon umgewandt und in Bewegung gesetzt. Ob aus soldatischem Reflex oder Einsicht in die Unvermeidbarkeit: die Waräger folgten ihm. Alle sieben.

Mit jeder Minute, die verstrich, wich das Adrenalin weiter aus Jaras Körper und machte einer intensiven Müdigkeit Platz. Sie hatte zwei Nächte lange fast nicht geschlafen, im Gefecht gestanden, die Extrem-Witterungen von Caliban ausgestanden und sich mit Germaine gestritten. Nun gingen selbst ihre sonst beachtlichen Energiereserven zur Neige und hätte sie die Chance gehabt, wäre sie umgehend in ihr Zelt verschwunden und hätte den Rest des Tages verschlafen.
Allerdings war ihr durchaus bewusst, dass ihr Kommando gerade in seiner Größe beinahe verdoppelt worden war und dass ihr damit auch, wieder einmal, mehr Arbeit zufiel. Mental hatte sie sich schon auf einen weiteren langen Tag eingestellt. Jetzt musste sie nur noch ihren Körper überzeugen. Also schenkte sie sich eine Tasse Kaffee ein – die wievielte mochte es sein? – und nahm mehrere tiefe Atemzüge, um ihren Kreislauf zu stimulieren. Eine kalte Dusche mochte auch helfen, aber kaltes Wasser war ein Luxusgut auf dieser Welt. Meistens war die Flüssigkeit, die aus den Duschköpfen floss, bestenfalls lauwarm.
Als es klopfte, straffte sie sich. Bloß keine Schwäche zeigen. Nicht dass ihr Beispiel noch Schule machte. „Herein!“
Die Zeltplane wurde zurückgeschlagen und Sharpe trat ein, gefolgt von den drei ehemaligen Kriegsgefangenen und den vier Warägern, die der Colonel so… elegant in die Reihen der Chevaliers geführt hatte.
„Captain, ich melde mich wie befohlen mit den sieben neuen Mechkriegern!“, grüßte der erfahrene Unteroffizier militärisch korrekt.
Zackig erwiderte Jara den Gruß, blieb aber sitzen. „Danke, Sergeant Major. Sie können wegtreten.“
„Ma’am?“
Jara überlegte, ob sie sich Sorgen machen sollte, dass ihr wichtigster Mann in der Kompanie bei den letzten Gefechten einen Hörschaden erlitten haben könnte, deutete seine Nachfrage dann aber lieber als Misstrauen gegenüber den Warägern. „Ich sagte, sie können wegtreten, Sharpe. Es gibt draußen genug zu tun.“
„Jawohl, Ma’am.“ Ihr Spieß warf ihr einen langen, abschätzenden Blick zu, drehte sich dann aber um und schlüpfte aus dem Zelt.
Jara lehnte sich zurück und musterte die Waräger, die in einer Mischung aus Erwartung, Ablehnung und Skepsis vor ihr standen. Ihr Blick blieb an Stefan Hellmann haften.
„Hellmann, wie haben sie denn das geschafft? Da überstehen sie unsere kurze Kriegsgefangenschaft ohne einen Kratzer und kaum sind sie Teil der Chevaliers, da holen sie sich einen Bluterguss im Gesicht?“
„Ich bin ausgerutscht und gestürzt“, gab der Söldner zurück ohne mit der Wimper zu zucken.
Jara, die recht gut darin war, Körpersprache zu deuten, und die Spannung zwischen Hellmann und Steigenberg durchaus mitbekam, glaubte ich zwar kein Wort, unterließ aber einen Kommentar. Mit etwas Glück hatten die beiden ihre Differenzen damit beigelegt. Ansonsten würde sich immer noch Zeit zum handeln finden.
„Passen sie in Zukunft besser auf sich auf. Ich brauche alle meine Mechkrieger einsatzbereit.“
„Ihre Mechkrieger?“, wollte Steigenberg wissen. „Seit wann sind wir ihre Mechkrieger?“
Jara fixierte den ehemaligen Anführer der Waräger und war erstaunt, dass er ihrem bohrenden Blick nicht nachgab. Da gehörte in seiner Situation eine Menge Trotz und Kraft dazu. Auf den würde sie aufpassen müssen.
„Seit etwa einer halben Stunde. Colonel Danton hat sie alle meinem Kommando unterstellt.“
„Hat er das? Wir führen den gleichen Dienstgrad,… Captain.“
Auf Jaras Gesicht stahl sich ein Lächeln. Wer sie kannte, wusste, dass das meistens nichts Gutes hieß. „Colonel Danton hat mir auch freie Hand dabei gelassen, sie in unser Dienstgradsystem einzustufen und beliebig freien Maschinen zuzuteilen. Oder einfacher: Sie tragen genau den Dienstgrad und tun genau das, was ich möchte.“
„Das kann er nicht machen“, protestierte Steigenberg. „Ich bin ein erfahrener Offizier und Kompaniechef. Er braucht mich.“
„So? Können sie mir vielleicht erklären, warum Colonel Danton einen Kompaniechef braucht, der es geschafft hat, seine Kompanie zu verheizen und dann nicht mal klug genug war, rechtzeitig aus der Reichweite der Langstreckensensoren zu verschwinden?“
„Fragen sie doch mal Leutnant Hellmann, wer den Einsatz verbockt hat.“
Jara, die Steigenbergs Aufmüpfigkeit nicht nur leid war, sondern auch den offenen Angriff auf ihre Autorität erkannte, erhob sich betont langsam aus ihrem Stuhl und ging um den Schreibtisch herum, um sich direkt vor dem Waräger-Offizier aufzubauen. Auch wenn dieser sie um mehr als einen Kopf überragte, war sie sich doch völlig sicher, dass sie das eindrucksvollere Bild bot.
„Als Kompaniechef sind sie der Verantwortliche. Immer. Überall. Für alles. Das zumindest könnte sogar jemand wie sie wissen, Steigenberg.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief durch. „Und als Chevalier sind sie immer verantwortlich für ihr eigenes Handeln. Ich dulde in meiner Kompanie kein Ausreden und keine Schuldzuweisungen. Meine Soldaten stehen zu ihren eigenen Fehlern und verstecken sich nicht hinter Kameraden. Schon gar nicht hinter Untergebenen. Dass sie nicht in der Lage sind, die simpelsten Grundlagen von Menschenführung anzuwenden, war bisher nicht mein Problem. Es ist aber gerade meines geworden. Und wenn ich noch ein einziges Wort des Jammerns, eine einzige Ausrede oder einen einzigen Widerspruch von ihnen höre, ziehe ich andere Seiten auf.“
„Pah! Ich sollte einfach gehen und dieser ganzen Farce ein Ende bereiten. Ihr Colonel muss ja wahnsinnig sein, ein Kind hier Chefin spielen zu lassen.“
Jara seufzte und trat einen Schritt zurück. Während sich Steigenberg aufgrund dieses scheinbaren Rückzugs als Sieger fühlte, musterte sie die anderen Waräger, die den Schlagabtausch mit äußerster Spannung verfolgten. Hier und jetzt würde sich vermutlich entscheiden, wem sie folgen würden.
„Steigenberg, ich denke, sie haben Colonel Danton bisher von seiner besseren Seite kennengelernt. Glaube sie mir, sie möchten ihn nicht sauer sehen. Aber bitte… gehen sie ruhig. Heulen sie sich bei ihm aus. Er ist zwar nicht ihre Mutter, aber vielleicht hilft es ja. Und wenn er sie dann wieder verprügelt, nehmen sie vielleicht Vernunft an.“
Steigenberg, offensichtlich tief in seiner Ehre verletzt, ballte die Fäuste und machte einen Schritt auf Jara zu.
„Oh, bitte. Tun sie’s nur! Los, greifen sie mich an! Bitte, ich warte nur drauf…“
Als der Waräger zögerte, grinste sie. „Dachte ich mir. Selbst ihnen ist vermutlich klar, dass ich ihnen im Nahkampf haushoch überlegen bin.“
Steigenberg schien noch etwas sagen zu wollen, doch dann fiel die Streitlust von ihm ab und er machte einen Schritt nach hinten. Offensichtlich war ihm klar, dass er sich gerade furchtbar lächerlich gemacht hatte und ins offene Messer gelaufen war.
Jara verfolgte ihn noch kurz mit ihrem Blick, dann kehrte sie hinter ihren Schreibtisch zurück und ließ sich in ihren Stuhl fallen. „Meine Damen, meine Herren… sie sind jetzt Chevaliers. Das bedeutet, sie sind jetzt Teil einer Söldnereinheit, in der einiges anders läuft als in anderen Verbänden und damit meine ich nicht nur den irren Sold, der uns hier gezahlt wird.“
Sie beobachtete die gespannten, aufmerksamen Gesichter ihrer Neuen, während sie fortfuhr: „Wir haben hier ziemlich hohe Ansprüche an Integrität und Moral. Das heißt wir halten uns an die Ares Konventionen und sind auch darüber hinaus ziemlich noble Menschen. Vor allem heißt das aber, dass wir aufeinander aufpassen. Egal ob im Gefecht, im Dienst oder in der Freizeit: ein Chevalier in Not wird niemals alleine gelassen oder aufgegeben.“
Auf ihr Gesicht stahl sich wieder dieses gefährliche Grinsen, das ihr beinahe wölfische Züge verlieh. „Schlimmer für sie ist aber, dass sie Teil meiner Kompanie geworden sind. Und sie können hier jeden fragen: Ich stelle an meine Soldaten deutlich höhere Anforderungen. Ich erwarte vollen Einsatz von jedem, rund um die Uhr. Ich erwarte Hingabe an die Einheit, an das Training und an das Material. Ich erwarte, dass sie selbst im Schlaf in der Lage sind, verschiedene Haupttaktikten runter zu beten, dass sie ihren Mech selber warten können und dass sie ihre Fitnesswerte auf einem Optimum halten. Ich erwarte von ihnen, dass sie sich als Teil dieser Kompanie sehen, dass sie bereit sind, ihr Leben zu riskieren, um ihre Kameraden aus der Scheiße zu hauen und dass sie alles tun, um über sich hinauszuwachsen. Nicht für sich, nicht für mich, sondern für uns alle.“
Sie griff unter den Schreibtisch und legte einen Kodax auf den Tisch. Sie konnte förmlich spüren, wie einige der ehemaligen Waräger sich beim Anblick des Clans-Utensils anspannten. „Das hier ist nicht irgendein Kodax“, erklärte sie. „Es ist meiner.“
Sie genoss kurz die offene Verblüffung in den Gesichtern ihrer Neuen.
„Ich war ein halbes Jahr Gefangene von Clan Wolf. Ich habe mich dort bis in die Kriegerränge empor gearbeitet. Und ich habe viel gelernt. Ich erzählen ihnen das nicht nur, damit sie mit den Dingen umgehen können, die sie früher oder später erzählt bekommen werden. Nein, ich will auch, dass sie verstehen, dass ich nicht alles, was ich bei den Wölfen gelernt habe, ablehne. Die Clans haben einen Weg gefunden, ihre Verluste an Menschen und Material zu minimieren. Für viele mag dieser Weg hart und gnadenlos erscheinen, aber ich finde es viel brutaler, nach jeder Schlacht die Hälfte meiner Leute in Plastiksäcken vom Feld zu tragen. Ich werde alles tun, um sie am Leben zu halten. Sie können… und werden mich dafür hassen, aber das ist trotzdem mein Versprechen an sie.“
Sie griff wieder unter den Schreibtisch und legte das schwere Bowie-Messer neben den Kodax, das sie offiziell gar nicht haben dürfte.
„Dieses Messer ist die Beute aus dem ersten Kampf, den diese Kompanie gemeinsam bestritten hat. Ein Kampf, bei dem wir ein Unrecht ausgebügelt haben, das einem von uns zugestoßen ist. Das war nicht ganz nach den Regeln, wir haben dafür gerade gestanden, aber es hat uns zu einer Einheit geformt. Dieses Messer ist ein Symbol für diese Kompanie geworden. Ein Zeichen für Zusammenhalt und dafür, dass wir uns nichts gefallen lassen.“
Sie zog nun die neueste Trophäe hervor und legte den – mittlerweile gesäuberten und polierten – Cameron-Stern auf den Tisch, den sie dem Diamanthai in der letzten Schlacht abgenommen hat.
„Das hier habe ich aus dem Cockpit ihres Clan-Verbindungsoffiziers. Sie haben in dem Gefecht selber erfahren, was es heißt, gegen die zweite Kompanie der Chevaliers zu kämpfen. Ab sofort werden sie lernen, was es heißt, mit der zweiten Kompanie zu kämpfen. Und glauben sie mir: auf unserer Seite der Geschütze ist es gemütlicher.“
Sie lehnte sich zurück und verkniff sich einen sehnsüchtigen Blick zu ihrer Kaffeetasse. Wenigstens hatte sie die vor Pathos triefende Rede von ihrer Müdigkeit abgelenkt. Zeit fürs Finale.
„Nach diesem etwas längeren Willkommen-bei-den-Chevaliers, kommen wir zu den knackigen Hard Facts. Erstens werde ich die MIKLAGAARD in Marsch setzen und der 3. Kompanie zuteilen. Nicht nur weil wir hier genug Transportkapazitäten haben, sondern auch, um alle dummen Gedanken und Pläne zu unterbinden, die sie vielleicht noch haben.
Zweitens werden sie in einer halben Stunde beim Antreten dabei sein. Es ist gute Tradition, neue Chevaliers vor der Truppe in die Einheit aufzunehmen, ihnen ihre Callsigns und Dienstgrade zuzuteilen. Bis dahin müssen sie sich allerdings noch gedulden. Haben sie das verstanden?“
Die neuen Chevaliers nickten, manche murmelten ihre Zustimmung.
Jara hob eine Augenbraue.
„Das ist jetzt nicht ihr ernst? Wie lange haben sie keinen militärischen Drill mehr erlebt? Wenn ihr Kompaniechef eine Frage stellt, dann antworten sie gefälligst laut und deutlich. Ist das klar?“
„Jawohl, Ma’am!“, riefen die sieben Männer und Frauen beinahe synchron und nahmen, ganz Soldaten, dabei Haltung an. Jara war zufrieden. Alle hatten die Herausforderung angenommen. Glück gehabt, das hätte auch anders aussehen können.
„Es geht doch. Und nun raus mit ihnen. Antreten in dreißig Minuten. Bis dahin haben sie Zeit, sich vernünftige Uniformen zu besorgen. Wenn ich sie das nächste Mal sehe, will ich diese verdammte Cartoon-Maus auf ihren Jacken sehen! Wegtreten!“

Mit kritischem Blick musterte Dawn die Formation der Chevaliers, die vor ihr angetreten war. Sie blickte auf so ziemlich jeden Söldner, der in der Einsatzgruppe APOLLO seinen Dienst tat und in der Lage war, aufrecht zu stehen. Die Lücken in der Mechkrieger-Abteilung waren nicht zu übersehen, dafür brachten die Waräger eine neue Masse mit.
Ihr gefiel der Gedanke nicht, mit den Steiner-Söldnern zusammen zu dienen, zu arbeiten, zu kämpfen, aber es war auch nicht ihre Aufgabe, darüber nachzudenken. Es war ihre Aufgabe, Ordnung und Disziplin in die Formation zu bringen und da sie noch nie so viele Leute kommandiert hatte, wollte sie es vorbildlich machen. Sie wollte Jara beeindrucken und ihr auch ein Stück Sorge nehmen. Ihre Freundin hatte genug zu tun, seit Copeland aus unerfindlichen Gründen den beiden jungen Söldnerinnen freie Hand gelassen hatte.
Es war nur konsequent, dass er jetzt als gewöhnlicher Lanzenführer bei seinen Soldaten stand und nicht, wie vorher üblich, neben Jara vor den Männern und Frauen. Dennoch irritierte es Dawn und, wie sie vermutete, auch die übrigen Chevaliers. Hatte es mit dem angeblichen Streit zu tun, den sich Copeland und Jara nach dem Gefecht geliefert hatten? Hatte es mit dem angeblichen Streit zwischen Jara und Germaine zu tun? So oder so: Die junge Söldnerin schien gestärkt und als Gewinnerin aus der Sache heraus gegangen zu sein, was vor allem bei ihrer Kompanie, aber auch im Rest der Einsatzgruppe zu einem neuen Schub an Selbstbewusstsein und Stolz geführt hatte, der selbst jetzt spürbar war und sich in den erfolgshungrigen Blicken niederschlug, die auf Dawn ruhten.
Als sie die vertrauten Klänge von Jaras Schritten hörte, straffte sie sich und erhob die Stimme: „Einsatzgruppe APOLLO! Aaachtung!“
Mit einem kurzen, dröhnenden Geräusch nahmen die angetretenen über einhundert Chevaliers militärische Haltung an. Selbst die Waräger brachen die Gleichzeitigkeit der Bewegung nicht auf.
„Zur Meldung an den Befehlshaber, die Augen liiinks!“
Wie auf Knopfdruck flogen die Köpfe der Chevaliers herum und fixierten die Blicke der angetretenen Soldaten die beiden jungen Frauen die mit einer beeindruckenden Selbstverständlichkeit vor der Truppe standen.
Dawn drehte sich zu Jara um und führte ihre Hand zum Gruß an ihre Schläfe.
„Captain Fokker, ich melde ihnen die Einsatzgruppe APOLLO in größtmöglicher Vollständigkeit angetreten!“
Jara erwiderte den Gruß und Dawn war sich sicher, Anerkennung in ihrem Blick zu finden. „Danke, Lieutenant. Eintreten!“
Dawn nahm die Hand herunter und ging mit schnellen Schritten auf ihren Platz in der Formation. Ganz auf der rechten Seite der Mechtruppen, noch vor Copeland. Ein irritierendes Gefühl.
Auf Jaras Kommando „Rührt euch!“ fiel sie gemeinsam mit den anderen Chevaliers in eine bequemere Position und harrte der Dinge, die da kommen mochten.
„Hinter uns allen liegen zwei ereignisreiche Tage“, begann die blonde Söldnerin, die ihren Ruf als beschützenswertes Schmuckstück der Einheit längst verloren hatte. Dawn entging nicht, dass sie das schwere Bowiemesser am Gürtel trug, wie um ihre neue Position in der Hierarchie der Chevaliers zu beweisen. Seht her, selbst Danton kann mir nichts vorschreiben!, schien es zu sagen.
„Wir haben zusammen gekämpft, wir haben gegeneinander gekämpft. Wir haben Kameraden verletzt oder tot ausfallen sehen, wir haben selber die Waffen geführt, die zu diesen Verlusten geführt haben. Wir haben erbittert gegeneinander den Kampf gesucht und stehen nun als Teil der gleichen Einheit nebeneinander.
Viele von euch fragen sich sicher, warum sie nicht weiter Hass oder Zorn füreinander empfinden sollen. Vielleicht fragt ihr euch auch, ob ihr einander trauen könnt. Und vielleicht verflucht ihr sogar eure Offiziere dafür, dass sie euch das alles zumuten.“
Jara legte eine kurze Pause ein und Dawn meinte, zustimmendes Gemurmel zu hören.
„Aber ihr dürft eines nicht übersehen“, fuhr die Kompaniechefin fort. „Ihr seid nun alle Chevaliers. Von nun an kämpfen wir alle gemeinsam gegen einen gemeinsamen Feind. Vor kurzem noch waren viele von euch Husaren oder Waräger. Andere waren schon immer Chevaliers oder dienten in ganz unterschiedlichen Einheiten. Aber diese Einheit hat es immer wieder geschafft, uns alle unter einem Banner zu vereinen, uns zu einer Familie zu verschmelzen. Es liegt an uns, auch jetzt wieder Gräben zu überbrücken, eine Einheit zu werden, Kameraden zu werden. Es werden harte Zeiten kommen, Kämpfe, die uns alle fordern werden. Es werden Zeiten kommen, in denen wir gemeinsam stehen oder getrennt fallen. Und solange ich euch in die Schlacht führe, werde ich keine Trennung dulden.
Wir werden gemeinsam leben, gemeinsam kämpfen und wenn es sein muss, werden wir gemeinsam sterben. Gemeinsam schreiten wir.
IMMER…“
„VORAN!“
„IMMER…“
„VORAN!“
„IMMER…“
„VORAN!“
Dawn bemerkte, wie Euphorie und Zuversicht sich in ihre ausbreiten, wie sie für einen Moment eins wurde mit der aus vollen Lungen brüllenden Masse von Chevaliers, wie sogar die ehemaligen Waräger in den Schlachtruf der zweiten Kompanie einfielen.
Der Moment schwand, als Jara die Hände hob, um wieder Ruhe einkehren zu lassen. Ihr Tonfall wurde nun sachlicher, weniger agitatorisch.
„Ihr habt sicherlich gemerkt, dass wir einige Dinge zu regeln haben. Ich habe versucht, möglichst schnell wieder vollständige Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Zuerst einmal habe ich die MIKLAGAARD abkommandiert, um der dritten Kompanie zu helfen, ihr Transportproblem zu lindern. Mit der DORNKAAT und der DEN HAAG sind wir auch weiterhin gut aufgestellt.
Und das, obwohl wir eine weitere Lanze in unsere Reihen adoptieren konnten. Vier Mechs und sieben Mechkrieger, die uns ab sofort unterstützen und die Lücken schließen, die wir bis jetzt nicht schließen konnten.
Es ergehen folgende Befehle:
Corporal Eliden Kush, Callsign Zelot, verbleibt bis auf weiteres als Pilot des Enfield in der Scoutlanze.
Leutnant Stefan Hellmann wird im Dienstgrad eines Sergeant Major in die Chevaliers aufgenommen und übernimmt den Atlas aus der Kampflanze. Sein Callsign wird Link.
Gefreiter Hanna Dünkirch wird im Dienstgrad eines Private 1st Class in die Chevaliers aufgenommen und übernimmt die Natter aus der Kommandolanze. Ihr Callsign wird Hope.
Unteroffizier Charlie Nobbs wird im Dienstgrad eines Corporal in die Chevaliers übernommen.
Hauptmann Lars Steigenbergs Lanze wird geschlossen in die Chevaliers aufgenommen. Lars Steigenberg erhält den Dienstgrad Lieutenant 2nd Class und führt weiterhin sein Callsign Adler.
Martin Jännicke erhält den Dienstgrad Corporal und führt weiterhin sein Callsign Blitz.
Simon Moore erhält den Dienstgrad Sergeant und führt weiterhin sein Callsign Zyklon.
Evangelista Barrios erhält den Dienstgrad Private 1st Class und führt weiterhin ihr Callsign Shiva.
Die Techs und zivilien Hilfstruppen der Waräger-Wache werden in ihren aktuellen Dienstgraden übernommen. Alle neuen Chevaliers werden nach ihren Fähigkeiten beurteilt und bei Bewährung auf das übliche Dienstgradniveau der Chevaliers befördert.“
Jara machte eine Pause, warf einen Blick in die Runde und fand schließlich den Augenkontakt mit Dawn. Die rothaarige Söldnerin verfiel innerlich in Panik, als die Freundin ihr eines ihrer Grinsen schenkte, dass Unheil verkündete. Was kam jetzt?
„Eine weitere Korrektur ist noch vorzunehmen, um Kompetenzfragen zu klären“, fuhr die Kompaniechefin fort. „Hiermit ernenne ich Dawn Ferrow zum Lieutenant 1st Class bis zum Abschluss der Mission oder der Bestätigung im Rang durch Colonel Danton. Lieutenant Ferrow bleibt offiziell meine Stellvertreterin innerhalb der Kompanie und wird zur zweiten Stellvertreterin für die Einsatzgruppe ernannt. In Fragen der Einsatzleitung ist sie allen Chevaliers gegenüber befehlsbefugt mit Ausnahme von Lieutenant Colonel Copeland und mir.“
Dawn schluckt. Scheiße. Musste Jara sie in diese Aufwärtsspirale von immer mehr und mehr und mehr Arbeit und Verantwortung reinziehen?
Aber offensichtlich hatte der aufsteigende Stern am Chevaliershimmel genau das vor. Sie stand dort vor ihrer Kompanie und wirkte unglaublich selbstzufrieden. Dawn wurde mit einem Mal klar, dass sie allen Grund dazu hatte. Warum auch immer: Diese Männer und Frauen sahen zu Jara auf, waren bereit ihr in die Hölle zu folgen und für sie zu sterben. Und offensichtlich hatte sie ihre Position innerhalb des Regimentes ausbauen können. Es war beinahe gespenstisch, aber Dawn wurde bewusst, dass sie selber völlig davon überzeugt war, dass ihnen mit Jara als Kommandierende absolut nichts passieren konnte.
Mit beinahe fanatischem Eifer fiel sie in das „Hurra!“ für die neuen Chevaliers mit ein.

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Ama-e-ur-e
is-o-uv-Tycom‘Tyco
is-o-tures-Tesi is-o-tures-Oro
is-u-tures-Vo-e-e

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Lieutenant


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Caliban-System
Operationsgebiet Pride II, Caliban IV
25. Oktober 3066, 14:53

Verflucht, das nächste Mal, wenn ich etwas für Danton suchen soll, nehm‘ ich eine Gegend mit mehr Wolken, ging es durch Matias Kopf. Er nahm kurz einen Schluck aus seiner Trinkflasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Eigentlich hätte er solche Wetterbedingungen gewohnt sein müssen, immerhin stammte er doch von Marfik ab und dort herrschten auch nicht gerade kühle Bedingungen. Doch andererseits lebte man auf jenem Planeten üblicherweise in riesigen Stadtkuppeln oder unter der Erde und Klimaanlagen waren nun einmal sehr angenehm.
Oder aber ich hab‘ mich zu sehr an die Pride gewöhnt, dachte er mit einem Lächeln.
Es half allerdings nichts gegen die brütende Hitze hier auf Caliban IV, außer viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Und hin und wieder in den Hangar der Devon’s Pride zu verschwinden.
Nelissens sah sich ein wenig im Lager um. Wenn man es denn als solches bezeichnen wollte. Im Grunde genommen diente der Leopard als Ankerpunkt für einige Planen, mit denen die Söldner mehr oder wenig ihr Equipment abdecken wollten.
Dass dabei auch noch einige Tarnnetze über den Leopard hingen, fand Matias einfach nur lächerlich. Bei der Größe war es egal, ob getarnt oder nicht, ein solcher Brocken hier mitten im Ödland war nun wirklich schwer zu übersehen. Aber man wollte sich ja unbedingt an ein paar militärische Regeln halten, also bitte, dann waren eben Tarnnetze vorgeschrieben.
Momentan herrschte regsames Treiben im Lager. Die Hubschrauber-Piloten waren dabei ihre Maschinen zu checken, ihr nächster Erkundungsflug stand unmittelbar bevor und sie würden einige Zeit unterwegs sein, immerhin hatten sie noch einen großen Teil ihres Einsatzgebietes vor sich. Und bis jetzt hatten sie noch nichts gefunden.
Noch nicht. Nelissens rieb sich ein wenig nervös beide Hände. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken was passierte, wenn die Söldner diese Clan-Renegaten fanden. Oder noch schlimmer: Wenn diese sie zuerst fanden.
Sicher, ihm war das Risiko dieses Unternehmens mehr als einmal bewusst vor Augen geführt worden, nicht zuletzt von Christine Sleijpnirsdottir. Sie hatte dabei wieder einmal wie üblich mit den Augen gerollt, wohl anscheinend von seinem Ständigen Nörgeln – so nannte sie es jedenfalls – leicht genervt.
Innerlich musste der Skipper der Devon’s Pride lächeln. Sleijpnirsdottir wurde ihm immer sympathischer, ungeachtet der kleinen Meinungsverschiedenheiten die sie manchmal miteinander hatten. Und ihr erging es wohl genauso.
Vries würde wohl sagen: Was sich neckt das liebt sich. Der verdammte alte Kuppler.
Tatsächlich hatte Matias noch immer das Gefühl, dass sein erster Offizier mehr als einmal versuchte, ihn zu einer Annäherung zu ermutigen.
Nur war er sich wiederum nicht sicher, ob es richtig war, gerade jetzt wo sie sich auf einer gefährlichen Mission befanden. Das war dann doch etwas zu viel Ablenkung für Matias.
Komm wieder `runter, Kleiner. Sie ist immer noch eine Nummer zu groß für dich, schalt er sich selbst in Gedanken. Zeit sich wieder um das wirklich Wichtige hier und jetzt zu kümmern.
Die Hubschrauber würden in Kürze aufbrechen, allerdings war der Bandit-Panzer noch nicht aufgetaucht. Und auch wenn das Landungsschiff über eine eigene Bewaffnung verfügte, so wäre das Camp für einige Zeit schutzlos. Ein Gedanke, der Matias überhaupt nicht behagte.
Gut nicht ganz schutzlos, immerhin gab es einige Infanteriewachen, aber wenn die Clanner mit wirklich schwerem Gerät ankamen, sah es seiner Meinung nach nicht so gut aus.
In seinen Augenwinkeln bemerkte Nelissens, wie sich ihm Theodor Markenson näherte.
„Skipper, hast du einen Moment Zeit für mich?“ Der ältere Tech legte beide Hände in die Hüfte, eine große Sonnenbrille bedeckte seine Augen.
Probleme über Probleme, dachte Matias bei sich. Er seufzte leise, damit sein Mitarbeiter dies nicht mitbekam.
„Stimmt etwas nicht?“, fragt er Markenson von der Seite.
„Naja…da bin ich mir noch nicht so sicher.“Verlegen kratzte sich dieser den Kopf.
Das brachte Matias zum Stirnrunzeln. „Komm schon, Theo, was ist los?“
Der Seniortech atmete einmal deutlich aus, bevor er ansetzte: „Also schön, seitdem wir hier in der Gegend angekommen sind, bin ich mal ein wenig durch das Schiff gewandert, du weisst ja, die übliche kleine Inspektion. Man weiß ja nie, ob nicht irgendwas kaputt ist oder so.“
Der jüngere Lyraner schüttelte verständnislos mit dem Kopf: „Ja, und was willst du mir jetzt sagen? Ist dir etwas aufgefallen?“
„Ich glaube schon, am besten ich zeige es dir.“ Und damit machte sich Markenson auf den Weg ins Innere der Devon`s Pride. Sein Skipper folgte ihm, vorbei an einigen der Planen, die die Söldner und die Crew der Pride ausserhalb wenigstens etwas vor der Sonne schützen sollten.
Als sie die Rampe Richtung Hangar hinauf schritten, war es für Matias eine kleine Erleichterung wieder im Schatten zu seines Schiffes zu sein, denn im Gegensatz zu draußen, war der Hangar etwa fünf Grad kühler.
Markenson und sein Skipper schritten zusammen an mehreren Kisten vorbei, ließen den Hangar bald hinter sich und waren auf den Weg in den hinteren Teil des Schiffes, wo sich der Maschinenraum befand. Momentan liefen die Aggregate im Minimalmodus, damit der Funk oder die Klimaanlage auch weiterhin in Betrieb waren, alles andere wurde kaum gebraucht. Und wieso auch unnötig Energie verschwenden?
Schließlich waren sie in einem Seitengang nahe dem Steuerbordflügel des Landungsschiffes angekommen.
„Also Chef, hier sind wir“, meinte Theodor seinen Skipper argwöhnisch beäugend. „Was fällt dir auf?“
Da er hinter dieser Frage mehr vermutete, besah sich Matias die Wand genauer an, konnte aber nichts entdecken. Er konnte nur mit den Achseln zucken.
„Hier kann ich nichts erkennen. Jedenfalls keine Probleme. Oder gibt es etwas hinter der Wand? Vielleicht ein Problem mit der Verkabelung?“
Markenson schüttelte einmal den Kopf: „Kein schlechter Ansatz, Skipper, aber das ist es nicht.“
Er lief zu einem Schalter hinüber und knipste das Licht direkt über ihnen aus. Es dauerte ein paar Sekunden bis der junge Lyraner ein kurzes Knipsen hörte und sich ein violettes Licht einschaltete.
„Ja ja, so eine Spezial-Funzel hat noch immer ihren Zweck“, gab der Seniortech der Pride von sich und schwenkte die spezielle Lampe in Richtung der Wand.
Dann erkannte Matias das Problem.
Im Schein des normalen hellen Lichts hatte die Wand normal ausgesehen, doch jetzt im Dunkeln und im Schein von Markensons Lampe sah man auf der Wand winzige Punkte und Striche, die vorher nicht zu erkennen waren.
„Haarrisse“, kam es sofort aus Nelissens Mund.
„Genau.“ Markenson schwenkte das ultraviolette Licht weiter. „Hier an dieser Wand erstrecken sich die Risse über einen Bereich von mehreren Quadratmetern entlang. Zum Glück aber nicht allzuweit.“
„Wenigstens etwas. Wie sieht es auf Backbord aus?“ Nelissens überkam ein ungutes Gefühl.
„Da ist es etwas besser, wenn auch nicht viel. Ich vermute mal, das liegt damit zusammen, dass wir den Bandit über Steuerbord ausgeschleust haben, und nicht an Backbord.“
Das ließ den Skipper aufhorchen.
„Du meinst, der Abwurf hat damit etwas zu tun?“
„Ich kann es zwar nicht beweisen, aber mein Gefühl sagt mir, es hat etwas damit zu tun, Kapitän.“ Markenson schaltete wieder die Deckenbeleuchtung auf dem Gang an und seine Lampe aus, während Matias sich nachdenklich an die Wand hinter ihn lehnte.
So viel stand fest. Diese Haarrisse waren ein Problem. Noch kein großes, aber wenn sie nicht bald etwas dagegen unternahmen, würden sie sich erweitern und zu Materialmüdigkeit führen.
Und das konnte im ungünstigsten Zeitpunkt zu einer Katastrophe führen.
„Können wir das vor Ort reparieren“, wollte Nelissens von seinem Seniortech wissen. Aber irgendwie kannte er die Antwort bereits.
Markenson zog scharf die Luft ein: „Ein paar kleinere Sachen können wir schon machen, damit das Material noch eine Weile hält. Aber ich empfehle ganz dringend so schnell wie möglich den nächsten Raumhafen oder noch besser, das nächste kleinere Trockendock anzufliegen und dort die Reparaturen durchzuführen. Sorry, Skipper. Das ist nun einfach die Wahrheit.“ Bedauern lag in Markensons letztem Satz, den Matias nur mit einem bedächtigen Nicken quitierte.
Scheisse! Das hat mir gerade noch gefehlt.
„Wie lange denkst du haben wir noch?“ Es war besser, das Problem offen anzugehen, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken.
„Solange wir nicht noch einmal so einen Stunt wie den Abwurf durchführen und die Atmosphärenflüge so kurz wie möglich halten, dürften wir noch eine Weile haben. Aber ich garantiere für nichts.“ Sein Seniortech sah ihn eindringlich an.
Volle zwei Minuten sah Nelissens die Wand schweigend an, ehe er eine Entscheidung fällte.
„Theodor, sieh zu, was du an Reparaturen durchführen kannst. Wenn du Material oder Leute dafür brauchst, dann hol dir was du brauchst.“
„Alles klar. Mal sehen, was ich ausrichten kann“, antwortete Markenson und verschwand kurz darauf im nächsten Schott. Wenn es Arbeit gab, dann war Markenson jemand, der es lieber gestern als heute erledigt haben wollte.
Matias schaute auf die Uhr. Kurz nach 15 Uhr. Das hieß, die Hubschrauber sollten in etwa zehn Minuten starten, wenn alles glatt lief. Blieb dann nur die Frage, wo der Panzer abgeblieben war.
Vielleicht wissen die anderen ja etwas darüber.


Ein paar Minuten später befand sich Matias vor dem kleinen Unterstand, den die Chevaliers hier vor als ihren „Kommandostand“ bezeichneten. Ein mehr schlecht als recht aufgestelltes Zelt. Oder sollte Matias es vielleicht besser als Pavillon bezeichnen?
Wie auch immer, Nelissens duckte sich ein wenig ab und trat herein. Wie nicht anders zu erwarten, herrschte Betriebsamkeit im Zelt. Sleijpnirsdottir war präsent, sowie die Piloten der Chevaliers-Hubschrauber. Der Elementar Rowan Geisterbär hielt sich auf der anderen Seite des Kartentischs auf. Sie allen sahen den Neuankömmling kurz an.
„Nun, habe ich etwas verpasst?“, versuchte Matias ins Gespräch zu kommen.
Sergeant-Major Hawk tippte etwas auf ihrem Datapad ein, dann drehte sie es, so dass Nelissens den Text lesen konnte.
Dieser musste kurz mit den Augen rollen. „Ja, ja, schon klar, aber leider gibt es auch Dinge, die für mich als Kapitän der Pride nun mal eine höhere Priorität haben, als dieses Schaul…äh, diese Versammlung.“ Reiss dich zusammen, Mattias, schalt er sich selbst.
Sein Kommentar löste bei Hawk Stirnrunzeln aus. Sie tippte wieder auf ihrem Datapad herum, doch diesmal hielt sie es ausschließlich Christine Sleijpnirsdottir vor. Diese musste schmunzeln.
„Ja, ich werde gleich einmal mit ihm reden.“ Die beiden Frauen zwinkerten sich zu.
Das brachte den jungen Lyraner ein wenig auf die Palme.
„Schön, dass sich hier so einige köstlich amüsieren“, merkte er mit einem leicht zynischen Unterton an. „Also noch einmal, nur für den Fall, dass einige es nicht ganz verstanden haben: Was hab ich verpasst?“
„Oh, das aus Ihrer Sicht übliche, und total überflüssige, Herunterleiern von Begriffen, die Sie wahrscheinlich total langweilig finden. Jedenfalls haben Sie das beim letzten Mal so gesagt, Kapitän.“
Bei Sleijpnirsdottirs Kommentar bekam Matias den Eindruck, sie versuchte ihn mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen. Vielleicht war es für ihn auch mal an der Zeit das zu versuchen.
„Nun, vielleicht können Sie mir ja später einmal einen Stunde lang Privatunterricht geben. Ich bin sicher, das dürfte ganz interessant werden.“ Und setzte seinerseits noch ein Augenzwinkern hinzu.
Für fünf Sekunden herrschte peinliches Schweigen im Zelt, drei davon brauchte Nelissens selbst, um zu kapieren, wie man seinen Satz auffassen konnte. Idiot!
Hawk tippte wieder auf ihrem Datapad herum und hob es anschließend hoch.
„Ja, wir sollten tatsächlich weitermachen“, erwiderte die blonde Jägerpilotin. Für einen Augenblick hatte sie gegenüber Matias ein seltsames Lächeln. Irgendwie erinnerte es ihn an eine Katze, die gerade mit einer Maus spielte. Kein schönes Gefühl.
„Also gut“, fuhr Sleijpnirsdottir fort. „Der Bandit ist noch nicht zurück von seiner Aufklärungsmission, daher werden haben wir uns überlegt, die beiden Aufklärungsflüge für die Hubschrauberstaffel ein wenig aufzuteilen.
Einheiten Sneaker und Payback werden den ersten Flug in Gebiet Gamma-Drei in etwa zwanzig Minuten durchführen. Den Flug über Gebiet Gamma-Vier für Carrier und Hibari halten wir solange zurück, bis der Panzer entweder zurück ist oder maximal zwei Stunden nach dem Abflug von Sneaker und Payback vergangen sind, damit das Lager und die Devon’s Pride nicht vollkommen schutzlos sind. Wir haben zwar meinen Jäger und den von Swanson vor Ort, aber bis diese in der Luft sind, würde es etwas dauern.“
Nelissens nickte den Plan ab. „Sehr schön, momentan hätte ich etwas anderes nicht wirklich akzeptiert. Militärs hin oder her, der Lander gehört noch immer mir und ich glaube kaum, dass hier jemand den weiten Weg bis zum Raumhafen über Land zurücklegen will.“ Er legte einen vielsagenden Gesichtsausdruck auf.
„Wir könnten ja versuchen, ihr schönes Schiff mit Waffengewalt an uns zu reissen und sie einfach zwingen, dass zu tun, was wir möchten. Hier draußen gibt es auch kaum Anwälte.“ Diese zynische Antwort der Blondine brachte kurz Matias Blut in Wallung. Doch diesmal verkniff er sich eine Antwort darauf. Vorerst.
„Gibt es vielleicht eine Nachricht vom Panzer“, versuchte Nelissens das eigentliche Thema wieder anzusprechen. Er würde Sleijpnirsdottir nachher noch für diesen Kommentar zur Sau machen, das versprach er sich.
Hawk tippte wieder auf ihrem Datapad herum und hob es hoch.
„Verdammt, ich kann ja diese Geheimhaltung irgendwie nachvollziehen, aber mal ehrlich, hätte man sich nicht wenigstens auf kurzes „BIEP“ einigen können? Das hätte doch wohl auch gereicht. So stehen wir hier herum und haben keine Ahnung, was mit Ihren Leuten vielleicht passiert ist.“
Der junge Lyraner sah die beiden Frauen erwartungsvoll an.
Diese zuckten nur kurz mit den Achseln. Rowan Geisterbär, der bis dahin die ganze Zeit geschwiegen hatte, kommentierte es wie folgt: „So ist das Leben eines Krieges, Kapitän Matias.“
Dieser konnte sich ein Seufzen nicht verkneifen.
Söldner. Die werde ich nie wirklich kapieren, dachte er bei sich.
„Dann bin ich wohl mal an der Reihe mit schlechten Nachrichten“, begann Nelissens mit belegter Stimme. Das sorgte für hochgezogene Augenbrauen.
„Mein Seniortech hat mich gerade eben über ein paar Schäden an der Devon’s Pride informiert. Es handelt sich dabei um Haarrisse in der Hülle, anscheinend ist dies durch den Atmosphärenabwurf des Panzers geschehen. Zumindest vermutet es Markenson, da die Steuerbordseite mehr abbekommen hat als Backbord.“
Hawk tippte recht heftig auf ihrem Datapad, bevor sie es den anderen vorhielt.
„Markenson überlegt gerade, wie er das ganze notdürftig zusammenhalten kann, aber mehr ist hier draußen nicht möglich. Um die Schäden vollends zu reparieren muss das Landungsschiff mindestens zum nächsten Raumhafen. Oder noch besser ein Trockendock, denn da sind die Möglichkeiten für Reparaturen wesentlich besser.“
„Was bedeutet das jetzt im Moment für uns, Kapitän Matias“, wollte der Elementar wissen.
Matias schüttelte leicht der Kopf, ehe er antwortete: „Momentan hält die Pride durch, aber ich werde der Empfehlung meines Seniortechs folgen und dringend davon abraten, weitere Atmosphärenabwürfe für den Panzer durchzuführen. Das Risiko, dass sich die Haarrisse ausweiten ist zu groß.“
„Verdammt, das schränkt uns aber gewaltig ein.“ Der Kommentar kam von Sleijpnirsdottir. „Es gibt wirklich keine Möglichkeit, diese Schäden völlig zu reparieren?“
„Nein, auf keinen Fall, dafür fehlt uns hier vor Ort die Ausrüstung und das Material. Tut mir leid meine Damen und Herren, aber wenn wir Sie nicht bald Ihren Gegner finden, muss ich notgedrungen diese Kaffeefahrt hier abblasen und zum Raumhafen zurückkehren.“
Das löste einen Sturm der Entrüstung aus.
„Kapitän Matias, du wurdest dafür bezahlt uns zu unterstützen. Unsere Aufgabe ist es die Nebelparder-Renegaten zu finden. Wie kannst du es wagen, dich in unsere Aufgabe einzumischen?“ Rowan war nicht begeistert.
„Ganz einfach, Rowan, weil ich der Skipper des Landungsschiffes bin. Und meine Sorge gilt in erster Linie selbigem. Wenn also keiner von Ihnen Herrschaften zufällig ein Trockendock irgendwo in seiner Trickkiste hat oder gewillt ist, nach dem Ausfall der Pride den langen Weg zurück zu laufen, schlage ich vor, Sie halten sich mal an das, was ich gerade gesagt habe.“ Der junge Lyraner verschränkte deutlich die Arme.
„Also“, fragte Nelissens noch einmal in die Runde.


Fünf Minuten später löste sich die Versammlung wieder auf. Sergeant-Major Hawk und ihr Flügelmann machten sich auf, letzte Checks an ihren Maschinen durchzuführen. Rowan schlenderte scheinbar locker und gleichmäßig durch das Lager. Doch durch Gespräche mit den anderen Chevaliers wusste er, dass der ehemalige Geisterbär in Wahrheit das genauestens unter die Lupe nahm.
Die Nachricht, dass ihre Mission kurz vor dem Ende stand, war eindeutig nicht gut aufgenommen worden, so viel war Nelissens klar. Doch er selbst konnte nicht anders handeln. Entweder die Mission oder die Devon’s Pride aufgeben. Und zu Letzterem war er nicht bereit.
Der Skipper der Devon’s Pride machte sich auf den Weg zu seiner Kabine. Nach den schlechten Nachrichten wollte er einfach mal ausspannen, besonders bei dieser Hitze. Und im Moment hatte Vries den Rest der Arbeiten unter bester Aufsicht.
Endlich in seiner Kabine angekommen, warf sich Matias einfach nur auf die Pritsche. Es tat richtig gut, einfach nur die Augen schließen und den Rest der Welt draußen lassen.
Dieses Gefühl sollte nicht lange dauern.
Ein Klopfen am Kabinenschott war zu hören und Nelissens richtete sich notgedrungen auf seiner Pritsche auf.
„Herein.“
Das Schott öffnete sich und es erschien Christine Sleijpnirsdottir.
„Ich hoffe ich störe nicht?“
„Zu spät würde ich sagen“, kommentierte Matias die Frage mit einem Schmunzeln. „Schon in Ordnung, kommen Sie herein. Was gibt es?“
„Tja, ich wollte nur mal fragen, ob sie bereit für diesen…Privatunterricht sind. Immerhin war das Ihr eigener Vorschlag.“
So hübsch die Blondine auch anzusehen war, langsam fing sie an Matias zu nerven.
„Hören Sie, Christine, Sie wissen ganz genau wie ich über das Militär denke. Warum versuchen Sie mit allen Mitteln daran etwas zu ändern?“ Er sah sie schief an.
„Schade“, meinte Sie und hielt zwei Flaschen hoch. „Und dabei hatte ich die hier zur Auflockerung mitgebracht.“ Auf den Etiketten konnte er das Wort Bier ablesen.
„Na, na, na, Captain. Und das im Dienst?“
„Wenn Sie es keinem sagen, werde ich es auch nicht tun“, konterte die Jägerpilotin mit einem Lächeln.
Damit blieb Nelissens nun wirklich keine Wahl. Zumal das Bier in diesem Moment ziemlich verführerisch war.
„Also schön, der Stuhl da am Schreibtisch ist zwar nicht der Bequemste, aber was anderes hab ich leider nicht.“ Und deutete auf die entsprechende Stelle.
Die Blondine schritt herein und schloss hinter sich die Kabinentür, was Matias eigentlich ganz recht war. Es musste ja nicht jeder gleich das Gespräch zwischen den beiden mitbekommen, vom Bier ganz zu schweigen.
Dankbar nahm er die Flasche entgegen und musste feststellen, dass sie eiskalt war.
„Danke“, gab er von sich.
„Keine Ursache“, entgegnete Sleijpnirsdottir und setzte sich frech verkehrt herum auf den ärmellosen Stuhl.
Beide tranken im Stillen einen kräftigen Schluck Bier und ließen anschließend ein paar Minuten im Stillen verstreichen, ohne ein Wort zu sagen. Matias konnte irgendwann nicht anders.
„Also, womit wollen Sie Ihre sogenannte Lehrstunde beginnen, Christine,“ wandte er sich an die Blondine.
„Oh, da fallen mir so ein paar Dinge ein. Zum Beispiel wäre etwas weniger Zynismus von Zeit zu Zeit nicht schlecht.“
„Verzeihung? Ich glaube in den letzten Wochen habe ich mich in dieser Hinsicht ja wohl sehr zurück gehalten. Oder sind Sie und Ihre Kameraden auf einmal ein wenig empfindlich geworden?“ konterte Matias mit einem Lächeln.
„Sagen wir einfach mal so, nicht jeder kommt mit so etwas klar. Es kann ja von Zeit zu Zeit ganz amüsant sein, aber es gibt da Momente, da kann ich nur noch mit den Augen rollen“, bekam er als Antwort zu hören.
Nelissens wusste zunächst nicht, was er darauf sagen sollte. Eine Entschuldigung war seiner Meinung nach erstens absolut nicht notwendig, und zweiten würde Sleijpnirsdottir diese sowieso nicht für bare Münze nehmen.
Also trank er noch einmal von dem Bier, sah sich den Rest etwas übertrieben aufmerksam an, bevor er sich von seiner Pritsche der Blondine gegenüber setzte.
Stimmte etwas mit der Klimaanlage nicht, oder warum war ihm auf einmal so heiß?
„Und was sollte ich Ihrer Meinung nach dagegen tun? Ich kann mich ja schlecht selbst verleugnen, oder?“, wollte er ihr entgegenwerfen, hielt sich aber dann doch zurück.
„Sie möchten, dass ich mich zum Wohle anderer verstelle“, er sah sie eindringlich an. „Ich bin nun aber einmal, was ich bin. Können Sie das nicht verstehen, Christine? Ich wünschte, Sie könnten es.“
Er nippte noch einmal an seinem Bier. Sie tat es ihm gleich.
„Nun…ich kann mir nur vorstellen, dass Sie es als Schutz vor anderen benutzen wollen. Sie wollen nicht…verletzt werden. Hab ich Recht?“
Mit einem Mal schob die Blondine ihren Stuhl näher an Nelissen ran und lehnte sich weiter zu ihm vor.
So wie die Jägerpilotin saß, wirkte sie auf den jungen Lyraner durchaus verführerisch.
Kein schlechter Anblick, ging es ihm durch den Kopf. Er blieb ihr eine Antwort schuldig.
„Matias, ich höre mich jetzt bestimmt wie ein Seelenklempner an, aber es wäre nicht verkehrt wenn Sie sich den Menschen gegenüber öffnen würden.“
Das liess ihn kurz mit den Augen rollen.
„Und, eine gute Methode, wie man das vielleicht anstellen kann?“ Darauf erwartete er keine wirkliche Antwort. Die kam allerdings.
Sleijpnirsdottir biss sich kurz auf die Lippen, trank zwei kräftige Schluck Bier und stellte die Flasche auf dem Boden ab.
In der nächsten Sekunde hatte sie ihn gegen die Schottwand am Bett gedrückt und sich über ihn gelehnt, ihr Kopf und seiner nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.
Matias, der von dieser Aktion völlig perplex war, sah ihr erstaunt in die Augen.
„Ich glaube, ich wüsste da eine Methode“, meinte sie, ehe sie ihn küsste.
Matias Kabine entwickelte sich für die nächste Zeit in einen Glutofen. Zumindest kam ihm das so vor.


Zwanzig Minuten später marschierte Tim Vries den Gang entlang, nur wenige Meter von der Kabine seines Skippers entfernt. Er fühlte noch einmal kurz ob die Fotos, die er gefunden hatte, wirklich in seiner Hosentasche waren. Ja, kein Zweifel. Wenn er richtig lag, würde das für jemanden verdammt viel Ärger bedeuten. Dann sah er vor sich niemand geringeren als den alten Schwerenöter Antonio Luengo stehen.
„Gibt es was besonderes an der Kabine vom Skipper oder warum stehst du hier so nutzlos rum, Luengo“, wollte er wissen.
„Ah, si, ah, no, no Senor Vries”, versuchte dieser sich zu erklären. „Absolute..eh, gar nichts.“
Das Wort Lügner schien auf seiner Stirn geradezu tätowiert zu sein.
Bevor Vries irgendetwas sagen konnte, hörten beide Männer ein Stöhnen in Nelissens Kabine. Und es war keine männliche Stimme.
Alter Schwede, ging es dem alten Lyraner durch den Kopf. Bildete er sich das nur ein, oder hatte er da gerade wirklich die Stimme von Sleijpnirsdottir erkannt?
Luengo konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Wirklich, Senor Vries ich kam hier ganz zufällig auf dem Weg zur Messe entlang und nun…sie hören es doch auch…“
Jetzt galt es für Vries den Deckel auf die Sache zu legen, bevor sein Skipper das Opfer von Tratsch wurde. Er trat an den Spanier heran und legt ihm lässig die Hand auf die linke Schulter.
„Okay, Luengo, jetzt mal unter uns, von Mann zu Mann. Ich schlage dir einen Deal vor.“
Dieser war auf einmal verunsichert.
„Ah..si?“
Vries kramte aus seiner Hosentasche ein paar der gefundenen Fotos aus und hielt sie dem Crewmitglied entgegen.
„Siehst du diese hier? Ja, ganz genau, das sind Fotos von deiner lieben Elementarin. Du weisst nicht zufällig, wem die gehören?“
Vries wedelte kurz ab.
„Ist ja auch egal, Luengo. Ich glaube, wenn diese Fotos in die Hände deiner Elementarin geraten, dann könnte sie sehr unangenehm werden. Und vielleicht, aber auch nur vielleicht, die richtigen Schlüsse ziehen. Und das wollen wir doch nicht, oder Luengo?“
Der Spanier war kurz davor die Fassung zu verlieren. Damit hatte er nicht gerechnet.
„Ah, no, no Senor. Ich weiss noch nicht einmal, woher die stammen.“
Ganz nonchalant schüttelte der erste Offizier den Kopf.
„Kein Problem, Luengo. Ich werde diese Fotos sicher aufbewahren. Nur zur Sicherheit, versteht sich. Ich meine Verschwiegenheit ist doch alles, nicht wahr, Luengo?“ Er sah ihn vielsagend an.
„Ich glaube ich verstehe, Senor Vries. Ich habe nichts…gesehen oder gehört. Si?“
Der alte Lyraner setzte ein süffisantes Grinsen auf. „Ich sehe, Antonio, wir verstehen uns prächtig. Wusste ich’s doch, dass man auf dich zählen kann.“ Dann verschwand sein Lächeln.
„Und jetzt verzieh dich, oder ich überlege es mir doch noch anders.“
Das liess sich der Tech nicht zweimal sagen und war in der nächsten Luke verschwunden.
Vries dagegen schaute kurz auf das Schott zur Kabine seines Kapitäns und horchte angestrengt. Ein weiteres Stöhnen liess ihn verwundert den Kopf schütteln.
„Junge, Junge, ich glaub wir sollten mal über eine Isolierung deiner Kabinenwände sprechen, Matti“, murmelte er nur. Dann verschwand auch er im nächsten Gang.


Caliban-System
Operationsgebiet Pride II, Caliban IV
25. Oktober 3066, 17:43


Nur knappe 35 Kilometer südöstlich der Devon’s Pride, hinter einer kleinen Hügelgruppe, waren Corporal Hicks und die restliche Besatzung des Bandit beschäftigt, ebendiesen zu reparieren. Und das schnellstmöglich.
„Verfluchte Funkstille“, hörte man Private Kirilov maulen.
„Weniger maulen, mehr reparieren, Private“, entgegnete ihm Hicks. „Je eher wir wieder bei der Devon’s Pride sind, umso früher können wir die anderen über die Parder informieren.“
Und das war bitter nötig.
Es war nun zwei Stunden her, seit Hicks und die Crew des Aufklärungspanzers das Lager der Clanpiraten entdeckt hatten.
„Wir hätten näher rangehen müssen“ meinte Kirilov. „Ich bin immer noch der Meinung, dass wir nicht alles gesehen haben.“
„Unsinn, Kirilov. Sie wollen doch nicht allen Ernstes behaupten, das Camp, das wir gesehen haben, wäre noch größer gewesen. Und ausserdem kann ich mich nicht erinnern, dass Sie einen Plan hatten, wie wir die Wachposten umgehen. Nein, es ist besser darüber zu berichten, was wir gesehen haben als gefangengenommen zu werden und es keinem der anderen sagen zu können. Den Hammer mal bitte.“
Der Private tat wie ihm geheißen und übergab den Hammer an Hicks. Dieser schlug zweimal auf den Propeller unter dem Panzer.
„Verdammt, so wird das nichts.“ Hicks warf den Hammer auf den Boden. Schon seit dreissig Minuten waren er und Kirilov damit beschäftigt den Hubpropeller zu reparieren. Der Schaden war wohl noch immer eine Nachwirkung des Abwurfs zu Beginn der Aufklärungsmission.
„In Ordnung, fünf Minuten Pause, danach versuchen wir es weiter“
Die Besatzung stöhnte erleichttert bei diesem Befehl auf, Hicks selbst griff zu seiner Feldflasche.
Ihm war nicht bewusst, dass sie beobachtet wurden.

„Sie scheinen mit der Reparatur nicht voranzukommen, franeg?“
„Neg, Strahlcommander“, kam die Antwort. „Sie scheinen noch immer Probleme mit der Antriebsmaschine zu haben. Das macht sie für uns zu einem guten Ziel.“
„Aber nicht jetzt.“
„Wir greifen den Panzer nicht an?“
„Neg, Krieger Salet. Wir haben Befehl ihr Lager zu finden, danach werden wir ihnen entgegentreten.“
„Aber Strahlcommander…“, begann der andere Elementar, doch er wurde von seinem Vorgesetzten unterbrochen.“
„Genug! Wenn du noch einmal meine Befehle in Frage stellst, sehen wir uns im Kreis der Gleichen wieder. Frapos?“
„Pos, ich habe verstanden.“
Der Anführer des Elementarstrahls wechselte auf die Frequenz, die ihn mit ihrem Lager verbinden würde.
Es konnte noch dauern, bis die Stravag-Söldner den Panzer wieder reparierten. Also mussten sie eine andere Lösung finden, um das Lager ihres Gegners zu orten.

„Hier Strahl Beta-1. Der Gegner hat angehalten, scheint jedoch nicht in Eile zu sein.“
„Verstanden Beta-1. Gibt es Anzeichen für das Lager der Freigeburten.“
„Neg, keine direkten. Da sie jedoch nicht in Eile zu sein scheinen, vermute ich, dass es nicht allzuweit entfernt sein kann.“
Es herrschte für einen Moment Schweigen im Äther, bevor die andere Stimme wieder antwortete.
„Beta-4. Ihre Aufgabe ist getan, wir werden ein Paar Jäger zur Erkundung starten.“
Das war nun gar nicht nach dem Geschmack des Strahlcommanders. Er war nicht den ganzen Weg hinter dem kleinen Erkundungstrupp gehetzt, um kurz davor wie ein Hund von seinem Herrchen zurückgepfiffen zu werden.
Andererseits hatte man ihm nicht befohlen den Panzer vorher anzugreifen. Vielleicht bekam er doch noch seinen Kampf.
„Beta-Strahl. Macht euch bereit. Wir werden den Panzer in wenigen Minuten angreifen.“
„Also doch“, hörte er die Stimme von Krieger Salet.
Der Strahlcommander überging diesen Kommentar. Es war Zeit den Freigeburten zu zeigen, dass man sich nicht in das Territorium der Blutparder wagte und unversehrt davonkam.



Nelissens rieb sich langsam durch die Augen. Er konnte noch immer nicht so ganz glauben, dass er mit Christine Sleijpnirsdottir in einem Bett lag. Noch dazu ohne Klamotten.
Um ganz sicher zu sein, dass die schlafende Blondine neben ihm wirklich echt war, stupste er sie ganz leicht an der Schulter an.
„Lass das“, bekam er prompt die Quittung. „Ich bin tatsächlich hier, du Dummkopf.“ Sie streckte sich gähnend. Matias musste irgendwie lächeln.
„Was soll dieses Lächeln?“ Sie kuschelte sich an ihn, blickte den Lyraner aber misstrauisch an.
„Oh, mit Sicherheit nichts gegen dich“, meinte Nelissens. „Es ist nur so, dass ich mich durchaus an solche…Sitzungen gewöhnen könnte.“ Jetzt konnte er sich ein fettes Grinsen absolut nicht mehr verkneifen.
„Kommen Sie mal wieder herunter von ihrer Wolke, Kapitän“, antwortete ihm die Jägerpilotin mit einem verschmitzten Lächeln. „Denken Sie daran, wir müssen unsere professionelle Haltung hier draußen bewahren. Für die Mission.“
„Natürlich.“
Sie küssten sich.
Dann erklang die erste Explosion.
Verschreckt schauten beide in Richtung Luke. Doch es war Sleijpnirsdottir, die als erstes reagierte.
„Oh Schieet!“ Sie sprang mit einem Satz über Matias aus dem Bett. Als dieser endlich auch begriff, was los war, steckte sie schon längst in ihrer Kleidung.
„Los, komm hoch, wir werden angegriffen!“
Stattdessen griff der Kapitän der Devon’s Pride zur Funkanlage an der Wand.
„Brücke, hier Nelissens. Was ist da verdammt noch mal los?“
„Skipper, wir werden angegriffen, sieht nach zwei Jägern aus. Die sind wie aus dem Nichts aufgetaucht“, erklang die Stimme von Enrico Davids.
Zwanzig Sekunden später war auch Matias wieder bekleidet. Und rannte wie ein Irrer zur Brücke. Christine Sleipnirsdottir hatte da schon die halbe Strecke zu ihrem eigenen Jäger hinter sich gelassen.

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Piratensprungpunkt nahe Caliban IV, Caliban –System
26. Oktober 3066, 04:01 Uhr

Die fünf Gestalten drängten sich in dem Halbdunkel um den kleinen Holotank. Das Sternenlicht und die nahe Sonne Calibans lieferten weiteres Licht und tauchten alles in ein gespenstisches rot.
Ikan Furey ließ zum wiederholten Male seinen Blick schweifen.
Dies hier war alles, was von seinem Clan und seiner Einheit übrig geblieben war.
Direkt neben ihm stand Tomoe Mehta, der die Unruhe, wie so oft, anzusehen war. Unruhig wippte sie auf und ab und ließ ihre Augen unruhig über das holografische Bild vor sich springen.
Man konnte förmlich spüren, wie sie jeden im Raum herausforderte und ihr Recht vertrat als erste einen Fuß auf Caliban zu setzen. Aber das hier war kein Clan mehr; sie waren Renegaten und als Renegaten mussten sie anders vorgehen.
Neben Mehta stand Pointcommander Charles. Der Elementar aus der Osis/Blutlinie bot mit optisch mit seiner Größe und der ebenholzfarbenen Haut einen starken Kontrast zu der eher schmächtigen Mechkriegerin. Er war die Ruhe in Person und strahlte dies auch bedingungslos aus.
Wie ein Felsen stand er da; nahezu regungslos und man sah nur ab und an das weiß seiner Augen aufblitzen, wenn er den Blick verlagerte. Würde er nicht direkt vor dem Sichtfenster stehen und einen Großteil des Lichtes mit seiner Gestalt abblocken, hätte man ihn trotz seiner Größe nur zu schnell übersehen.
Als dritte im Bunde kam Sterncommander Isabelle Wirth. Die Luft-Raumpilotin hatte die wenigsten Probleme mit dem Aufenthalt in der Schwerelosigkeit und der relativen Enge der Kommandobrücke.
Das schulterlange, schwarze Haar umrahmte ihr durchaus hübsches Gesicht und verlieh ihr eine Sanftheit, die kaum ihrem Wesen entsprach. Allerdings im direkten Vergleich zu Tomoe Mehta oder Charles war sie eine Art gesunder Mittelweg. Gleichermaßen unruhig, angespannt und aggressiv, wie auch abwartend, lauernd und intelligent.
Ihr Blick prüfte kritisch die Gegebenheiten und schien diverse Situationen abzuwägen.
Auf der anderen Seite des Holotanks stand als letztes Mitglied der kleinen Gruppe Sterncommander Dagor.
Als einziger Freigeborener und noch dazu ehemaligen Sphäroiden fiel ihm eine besondere Stellung zu. Bedachte man dann noch, dass er als ehemaliger Yakuza ein Krimineller, ja ein Bandit war, war seine Anwesenheit in diesem Zirkel höchst seltsam.

Die gebräunte Haut konnte kaum mit dem fast-schwarz von Charles mithalten, bot aber mit dem feuerrotem Haar eine dämonische Wirkung, die durch die Vielzahl an Tätowierungen auf dem halbnackten, muskulösen Oberkörper noch verstärkt wurde. Auf der einen Seite rankten sich Drachen und dämonische Fratzen, während auf der anderen Raubkatzen ihren Tanz vollführten.
Der Mann hatte einmal in einem Gespräch erwähnt, dass seine Tätowierungen eine Art Lebensgeschichte seien.
Das neueste Abbild zeigte einen Jaguar im Sprung, mit blutverschmiertem Maul, mager und strubbelig, aber doch voller Kraft und Wildheit, der sich bereit machte jedem von der Schulter des Mannes aus ins Gesicht zu springen.

„Das sind die aktuellen Informationen, die uns ereichten. Zusammen mit dem was uns Krieger Oni mitgeteilt hat und den Informationen, die wir von unserem Gefangenen haben, scheinen sie ein schlüssiges Bild zu ergeben. Vorausgesetzt sie sind authentisch.“
Furey musste die Stimme nicht heben, jeder in dem kleinem Raum konnte ihn bestens verstehen und so glich sie einem rauen Flüstern, in dem eine Ruhe mitschwang, die jeden Außenstehenden zum erzittern gebracht hätte.
Isabelle Wirth ergriff als Erste das Wort.
„Unwahrscheinlich. Die Informationen ergänzen sich gut, es gibt aber auch genug Überschneidungen und Abweichungen. Zu viele, als dass es inszeniert sein könnte. Auch wenn die Informationen unseres Gefangenen sehr spärlich waren, so denke ich, dass er nicht gelogen hat. Dafür hatte er zu viel Angst.“
Sie ließ ein kurzes Raubtierlächeln und perfekte weiße Zähne aufblitzen.
Für einen kurzen Moment fühlte Furey sich mehr in die alte Zeit versetzt, als sie alle noch Clan waren…nun alle bis auf Dagor.
„Ich muss Sterncommander Isabelle zustimmen. Außerdem sind wir Clan Nepelparder, wir vernichten jeden der sich uns in den Weg stellt!“
Tomoe Mehta ging wieder, wie erwartet, auf offene Konfrontation, aber bevor sich das zornige Glühen aufgrund der Beleidigung in Isabelle Wirths Augen Bahn brechen konnte, trat Charles einen Schritt vor.
Erst jetzt nahm man den Leguan wahr, der sich nahezu lautlos auf der nackten Schulter des Mannes bewegte. Das Tier hob nur kurz einen Fuß und drehte die Augen gegenläufig, dann verharrte es wieder regungslos.
Eine kurze Ablenkung, die durch die ruhige Bewegung des Elementars noch doppelt verstärkt wurde und jedem der Anwesenden auffiel.
„Wir sind schon lange nicht mehr Clan Nepelparder, Sterncommander Tomoe Mehta, du von uns allen solltest das am ehesten wissen. Dein Timber Wolf trägt immer noch viele Schäden dieser Schlacht und so weit ich mich erinnere hat man dir deine Uniform vom Leib gerissen, angefangen mit dem Wappen des Clans. Wir sind nun die Blutparder und als solche sollten wir auch handeln!“
Die Worte kamen mit einer Ruhe und einer nüchternen Art, dass selbst Tomoe Mehta einen Moment brauchte die Beleidigung in ihre Richtung zu begreifen und ihrerseits wütend aufzubrausen. Isabelle Wirth wiederum nickte Charles nur stumm zu und fixierte ihren Blick wieder am Holotisch.
Bevor seine Stellvertreterin neben ihm allerdings losbrechen konnte, ergriff Furey wieder das Wort:
„Sei es so oder anders. Fakt ist, dass wir eine gemischte Einheit in der Größe von ungefähr zwei Sternhaufen gegen uns haben. Als einzige mögliche Unterstützung bleibt uns der Trinärstern von James Clarke. Mit weiterer Unterstützung können und sollten wir nicht rechnen. Selbst die Nepelparder sind schlau genug zu erkennen, wann ein Kampf sich nicht lohnt und so sieht es für mich hier aus.“
Er pausierte kurz und schaute nochmals in die Runde. Sämtliche Blicke lagen erwartungsvoll auf ihm.
„Nichts desto trotz. Wir sind Clan und wir sind nicht feige. Davon abgesehen benötigen wir die Ressourcen und Caliban ist die beste Möglichkeit an diese zu kommen und gleichzeitig unsere Ladung abzugeben. Jeder mag von den Diamanthaien halten, was er oder sie für richtig erachtet, aber sie waren bisher verlässlich. Außerdem sind sie Händler und solange die Bezahlung und das Geschäft für sie genug Gewinn bringen, kämpfen sie für die richtige Seite!“
Tomoe Mehta schnaufte und brachte einmal mehr ihre Verachtung für den Händlerclan zur Geltung.
„Sterncaptain Ikan Furey, wenn ich dürfte!“
Überrascht hob Ikan die Augen, als Krieger Oni aus dem Schatten nahe dem Schott an den Holotank trat. Seit wann stand er dort und wieso schlich er sich so an?
Auch wenn der Mann ein ehemaliger Krieger des Clans Nepelparder war, so hatten die Diamanthaie ihn noch vor der Vernichtung des Clans als Leibeigenen genommen. Dennoch er wirkte an manchen Tagen weniger wie ein Mitglied beider Clans. Im Prinzip fehlte ihm nur noch eine lange, weiße Kutte und er könnte diesem Kult in der Inneren Sphäre angehören – Blakes Wort, soweit Furey dies wusste.
Sein Verhalten war mindestens so geheimnisvoll, wie auch verschwörerisch.
„Das Caliban-System weist einige sehr interessante Merkmale auf, abgesehen von den reichhaltigen Mineralien und Schätzen, sowie dem Germanium. Ganz besonders ist die Caliban-Sonne ein sehr interessantes Objekt. Als Spektralklasse K ist sie der Sonne Terras sehr ähnlich, aber aufgrund der sehr enge Planetenkonstellationen wirkt sich ihre geringe Wärme dennoch deutlich stärker auf die Planeten aus, was zu tropischen oder zumindest wüstenartigen Klimazonen führt, wie auf Caliban IV besonders stark zu erkennen ist.“
Er pausierte kurz und blickte bedeutungsschwanger in die Runde. Keiner machte sich die Mühe Interesse zu heucheln, aber es schien auch niemand eindeutig desinteressiert. Erwartungsvoll blickten sie Oni an, wenn auch die eine oder andere Skepsis offensichtlich war.
„Letztendlich führt diese relative Nähe dazu, dass die Planeten auch stärker unter den doch recht häufig auftretenden Sonneneruptionen und damit verbundenen Effekten leiden. Dies sind in der Regel Sonnenwinde bis hin zu schweren Magnetstürmen, speziell im Falle der ersten beiden Planeten des Systems. Allerdings ist auch Caliban-IV, unser Zielsystem, davor nicht gefeit. Besonders in der Herbstzeit und manchmal schon im Spätsommer treten stärkere Sonnenwinde auf, die das Magnetfeld des Planeten beeinflussen. Die Kommunikation wird in der Zeit stellenweise unterbrochen, speziell auf der südlichen Halbkugel. Das betrifft allerdings in erster Linie Funk-, Radio und Magnetwellen. Phasenweise fallen diese Stürme so stark aus, dass selbst Oberlandleitungen beschädigt werden und selbst Comstars HPG-Station hat zu dieser Zeit mit schweren Problemen zu kämpfen. In der Regel werden die Systeme dann auf das äußerste Minimum heruntergefahren und isoliert. Auch militärische Hardware ist davon betroffen und die Kommunikation wird zumindest im Langstreckenbereich sehr erschwert bis stellenweise sogar unmöglich.“
Wieder blickte er in die Runde. Tomoe Mehta runzelte verwirrt die Stirn und man konnte sehen wie es in ihr arbeitete.

„Danke Krieger Oni, das ist in der Tat eine interessante Information, allerdings ist sie von keinerlei taktischem Wert, wenn wir nicht gerade einen solchen Sturm erwarten.“
Das erste Mal seit Furey den Mann gesehen hatte, lächelte er und das Lächeln gefiel ihm noch weitaus weniger als das Auftreten des Mannes an sich.
„Sterncaptain Ikan Furey, das ist gerade das Schöne daran. Messungen haben ergeben, dass uns ein solcher Sonnensturm außergewöhnlicher Stärke bevorsteht.“
Furey hob eine Augenbraue, aber gleichzeitig bedachte er die taktischen Möglichkeiten.
„Das ändert in der Tat einiges. Wenn ich das richtig sehe, könnte man sich also nicht nur dem Planeten relativ unerkannt nähern, sondern die Koordination des Feindes wäre eindeutig erschwert und ermöglicht es uns sie isoliert anzugehen.“
Er trat näher an den Holotank und vergrößerte einen Ausschnitt.
„Dies hier ist der südliche Kontinent Calibans. Ein recht wildes Klima. Auf der einen Seite trockene Steinwüste und auf der anderen ein dichter, kleiner Dschungel, lediglich getrennt von einem schmalen Hochplateau in der Ost-West-Achse.
Laut unseren Informationen befindet sich dort eine Einheit der Dantons Chevaliers, voraussichtlich in Trinärstern Größe, größtenteils Mechtruppen. Ein schneller, gezielter Angriff könnte den Feind demnach um fast ein Drittel seiner Hauptkampftruppe schwächen.“
„Sofern der Gegner nicht damit rechnet und sich darauf eingestellt hat.“
Furey nickte Isabelle Wirth zu.
„Da liegst du korrekt Sterncommander, und ich gehe bei der Qualität unseres Gegners davon aus, dass er sich darauf vorbereitet hat, sofern er von der Heftigkeit der Sonnenstürme weiß.“
Sein Blick wanderte zu Oni, der den Kopf schüttelte.
„Comstar ist in solchen Dingen weniger bewandert, als unsere wissenschaftliche Kaste. Hinzu kommt, dass ein Sturm dieser Art am häufigsten im Spätsommer auftritt. Aktuell sieht es sogar so aus, dass im mittleren August bereits solche Aktivitäten aufgetreten sind. Man kann davon ausgehen, dass Comstar mit so etwas nicht rechnet und demnach die Informationen dazu nicht großartig herausgegeben hat.“
„Gut. Dennoch hätte ich da einen kleinen Ausweichplan, nur für den Notfall.“
Bei diesen Worten verzog Tomoe Mehta das Gesicht, aber Ikan Furey ignorierte seine Stellvertreterin.
„ Wir werden uns über den südlichen Pol dem Planeten nähern und in der Nacht landen. Noch während des Anfluges wird Sterncommander Isabelle Wirth ihre Luft-Raumjäger ausschleusen und sich in einen niedrigen Orbit begeben, allerdings sämtliche Feindkontakte vermeiden. In der Zwischenzeit werden wir vor Ort landen und unsere Bodenkampftruppen ausschiffen. Ich möchte dass James Clarke seine Einheit nahe dem Dschungel entlangführt und dabei für Unruhe sorgt. Dies wird die Aufmerksamkeit der Verteidiger zumindest etwas von uns ablenken und mit etwas Glück entsenden sie eine Scouteinheit um der Sache auf den Grund zu gehen.“
Ikan Furey atmete kurz durch und betätigte einige Eingaben am Holotank. Es erschienen blaue Vierecke auf der Karte Calibans und verschoben sich an den nahen Dschungelrand. Auf der anderen Seite wies eine kurze Textzeile auf die Schürfstelle hin, umgeben von roten Dreiecken, die die feindlichen Einheiten symbolisierten.
Ein kleiner Teil der roten Einheiten begann in Richtung der Clarke Einheit auszurücken, während der Rest Verteidigungsformationen einnahm.
Furey betätigte die Eingaben nochmals und weitere Vierecke erschienen, dieses Mal in grün.
„Sterncommander Isabelle wird dann ihren Angriff durchführen. Ein kurzer Überflug und möglichst viel Schaden dabei anrichten. Ich möchte, dass der Überflug entlang des Plateaus geführt wird, um den Gegner vom Süden abzulenken. Währenddessen wird unsere Kampftruppe sich dem Gegner so unerkannt wie möglich nähern. Wir werden allerdings noch nicht angreifen.“
Er wandte sich wieder Oni zu.
„Wann soll der Höhepunkt dieser Sonnenwinde sein?“
„In vier Tagen, von heute an gerechnet. Sie sollen etwa drei Tage anhalten.“
„Blutnacht und Halloween.“
Dagor strich sich durch das Haar während er die Worte äußerte.
„Die Vorabende des Allerheiligenfestes. Ein altes Fest christlichen Glaubens. Man verkleidet sich an diesem Tag um die Geister zu erschrecken und spielt Streiche. Mir persönlich gefällt das Fest zum Tag des Todes aus dem alten Mexiko der Erde besser.“
Kurzes Schweigen legte sich über die Truppe, dann durchbrach Furey es wieder.
„Nun etwas psychologische Kriegsführung hat noch niemandem geschadet. Ein passender Zeitpunkt für einen Angriff.“
Tomoe Mehta nickte mit verkniffenem Mund. Ihr gefiel diese Taktik nicht, das war mehr als offensichtlich. Vermutlich lagen ihr Begriffe wie Feigheit, Surat-Taktik oder schlimmeres auf der Zunge, aber zu Fureys Zufriedenheit riss sie sich diesmal zusammen.
„Ich werde die Leibeigenen darüber informieren, dass sie die Verladefahrzeuge bereit machen und sich auf große Beute einstellen!“
„Neg! Wir werden keine Beute machen.“
Verwirrt blickte Mehta ihn an und dieselbe Verwirrung spiegelte sich auch in den anderen Gesichtern.
„Die Diamanthaie sollen ihre Ware erhalten. Wir werden sie versteckt nahe dem Landepunkt unterbringen, aber für dieses Mal beschränken wir uns darauf lediglich schnell und hart zuzuschlagen. Sollte Zeit für Isorla sein, nehmen wir es, aber ich rechne nicht damit. Hauptziel bleibt die Vernichtung des gegnerischen Kampfverbandes“
Oni räusperte sich.
„Das könnte sich als unmöglich erweisen, Sterncaptain Furey.“
Jetzt war es an Furey raubtierhaft zu lächeln.
„Oh, wir haben da noch eine kleine Überraschung parat.“
Wie um seine Worte zu unterstreichen legte sich ein Schatten über die Kommandobrücke, als etwas das Licht, dass durch das Sichtfenster fiel, komplett verdeckte.

Mittlerweile waren alle Teileinheitsführer wieder von der Kommandobrücke verschwunden.
Ikan Furey starrte aus dem Sichtfenster. Die EISENFANG war wieder hinter einem nahen Mond verschwunden und hielt sich bereit.
Ist das wirklich so schlau wieder nach Caliban zu kommen und sich so auf die Diamanthaie zu verlassen? Sind wir so tief gesunken?
Er war Pragmatiker und versuchte stets alle Eventualitäten möglichst abzuwiegen und unerwartete Faktoren so gering wie möglich zu halten.
Doch mit den Chevaliers, die offensichtlich dazu abgestellt waren seine Einheit zu jagen, kam eine sehr große Unbekannte ins Spiel.
„Du wirkst sehr nachdenklich, Ikan Furey.“
Ikan schloss die Augen, drehte sich aber nicht um. Er wusste wer dort hinter ihm stand und er mochte den Anblick nicht, aber es war notwendig.
„Pos, das bin ich. Sind eure Kommandeure dies nicht, wenn sie ihre Truppen in die Schlacht schicken, deren Ausgang höchst ungewiss ist? Wir sind die letzten Reste des Clans Nepelparder und ein Versagen bedeutet gleichzeitig vom Antlitz des Universums getilgt zu werden.“
„Nun ich bin nur bedingt mit dem Wesen der Clans vertraut und verstehe von euren Konzepten wie Ehre oder genetischem Erbe nur wenig, aber ich habe dafür meinen Glauben.“
Der Mann pausierte kurz.
„Glaube ist kein Konzept dass euch vertraut ist, oder Sterncaptain?
„Neg, nicht in dem Sinne, wie du es definierst. Allerdings glaube ich durchaus, nicht auf die Art einer Novakatze, aber ich glaube an meine Krieger.“
„Das ist ein wichtiger Schritt. Glaube und vertraue auf deine Krieger. Dein Plan ist gut und den Rest werden wir erledigen.“
„Du meinst, dass diese Ablenkung funktionieren wird?“
„Das wird sie. Ich verstehe eure Zweifel, aber im Gegensatz zu euch haben wir bereits einige Erfahrung mit Germaine Danton und seinen Chevaliers. Der Mann ist durchaus unberechenbar, aber er ist auch so etwas wie ein Gutmensch, ein Samariter und er ist vorsichtig, gerade wenn es um das Leben seiner Leute geht. Die Ablenkung wird funktionieren. Wir wissen von einer kleinen Einheit, die aktuell nicht in den Beständen der Chevaliers an den drei Landezonen auftaucht. Ich gehe davon aus, dass sie auf einer Erkundungsmission sind. Danton ist schlau und er wird sich für den Fall eurer Rückkehr so gut wie möglich gegen unliebsame Überraschungen absichern wollen. Sie werden also unweigerlich das kleine Basislager entdecken und daraus ihre Schlüsse ziehen. Wir haben alles so vorbereitet, dass es wie ein kleines Lager eures Clans wirkt und so die Schlüsse in die richtige Richtung gehen.“
Furey spürte einen kurzen Luftzug, als der Mann neben ihn trat, das Gesicht unter der dunklen Kapuze verborgen.
„Er wird eine seine Kompanien ausschicken dem nachzugehen und notfalls zuzuschlagen. Wir vermuten, dass es sich dabei um die dritte Kompanie handeln wird. Ihr Kommandeur ist sehr erfahren und hat auch bereits an Operation Bulldog teilgenommen, deren Ausgang euch schmerzlich vertraut sein dürfte. Der Trick dabei ist, die Truppe vor Ort authentisch und nicht zu groß aussehen zu lassen. Im besten Falle schickt er sogar die ganze Einheit und dies würde euch noch mehr Luft verschaffen. Ikan Furey, ihr könnt mir glauben, mein Meister wäre sehr erfreut an einem Handel mit euch und ihr könntet daraus mehr profitieren, als von den Diamanthaien. Wir können euch euren Clan wiedergeben!“
Wut stieg in ihm empor und er musste sich sehr zusammenreißen den Mann nicht einfach durch das Sichtfenster zu werfen.
„Versprich nichts, was du nicht halten kannst!“
„Sterncaptain Furey, es lag mir fern euch zu beleidigen und ich bin betrübt, dass ihr an mir zweifelt. Aber dies wird sich ändern. Bald schon werdet ihr unsere Macht erleben und es wird Zeit, dass wir euch mit mehr als nur einigen Informationen beistehen. Ihr werdet sehen.“
Mit diesen Worten entfernte der Mann sich wieder und das Zischen des Schottes ließ Ikan Furey wieder mit seinen Gedanken alleine.
Mit einem dumpfen Donnern krachte seine geballte Faust gegen das Sichtfenster, das sich allerdings völlig unbeeindruckt von diesem Wutausbruch zeigte.
„Sind wir schon so tief gesunken? Konspiration, Hinterhalte und dubiose Gestalten mit denen wir uns abgeben müssen, nur um zu überleben? Ist es das wert?“
Er seufzte und blickte auf das Pardersymbol, das sich in der Reflektion seiner selbst zeigte. Es schien in zu verhöhnen. Wütend riss er es sich vom Overall.
„Die Nepelparder sind tot!“

***

Comstar Handelsposten, Caliban –System
26. Oktober 3066, 09:15 Uhr


Mit einem dumpfen Knall landete die Faust auf Feldtisch und hinterließ eine kleine Delle in dem dünnen Metall.
Etwas Sand rieselte zu Boden, wurde aber sofort von einer kleinen Windbö davongetragen.
„Das ist echt nicht zu glauben, wie kann man so bescheuert sein.“
Ein Schwall Flüche folgte, der Dualla Hildebrand zusammenzucken ließ.
Noch nie hatte sie ihren Kompaniechef so wütend erlebt, wenn sie auch zugeben musste, dass sie ihn nicht sehr lange kannte.
„Es ist ja alles gut ausgegangen und der Colonel hat unser sogar eine Lanze Mechs besorgt, von dringend benötigten Hilfstruppen ganz zu schweigen.“
„Ach hat er das? Nachdem er sich absolut hirnrissig in Gefahr und Gefangenschaft begeben hat, weil sein Samariterkomplex und Gutglaube ihm sagte, dass ja alles gut wird? Sind wir hier auf einer capellanischen Kuchenparty oder was? Verdammt, wir sind mitten im Nirgendwo, Feindesgebiet, wenn man fast so will und dieser Id…Kerl spaziert einfach so ins Lager einer Einheit, die noch Stunden zuvor gegen uns marschierte und töten wollte?“
Er schnaufte und blickte seine Untergebene an. Die Wut in seinem Blick ließ seinen First Lieutenant um bestimmt zehn Zenitmeter schrumpfen.
„Und jetzt soll ich mich darüber freuen, dass er deren Techniker unter den Teileinheiten aufteilen will? Und Jara Fokker darf sich als Sicherheitsoffizierin noch mit der Mechlanze herumärgern. Das ist schon kein Dolch mehr, dass ich eine verdammte Atombombe, die uns da im Arsch steckt!“
„Sir, mit Verlaub das war mit der Integration der Husaren nicht anders und doch stehen wir alle hier und sitzen im selben Boot. Ausserdem ist es jetzt etwas zu spät. Du hättest ihn davon abhalten sollen, als er aufbrechen wollte.“
Matthews Augen verengten sich zu Schlitzen und schienen Dualla zu durchbohren. Am liebsten wäre sie im Boden versunken, aber sie war nicht hier um dem Captain etwas schön zu reden oder ihn zu belügen.
„Und was hätte ich dann bitte tun sollen? Germaine Danton hält man bei so etwas nicht auf, außer man jagt ihm eine Kugel durch die Brust.“
Dualla antwortete nicht, senkte allerdings den Blick.
Wieder ballte Matthew die Hand zur Faust, ließ sie dann aber sinken, während sein Blick von ihr abschweifte.

„Ich vergesse nur zu oft dass du auch mal eine Husarin warst, tut mir leid Dualla. Aber bei euch war das irgendwie…nun anders.“
„Wenn man die Fakten nimmt, dann eigentlich nicht. Wir hatten nur mehr Zeit uns zu integrieren. Mehr oder weniger.“
Sein Blick ging an seiner Stellvertreterin vorbei.
„Es geht also los. Wie der Colonel gesagt hat, ziehen die Diamanthaie ihre kleine Garnisonseinheit ab.“
Dualla folgte seinem Blick und sah den STONE RHINO in genau diesem Moment die Rampe zu dem mausgrauen BROADSWORD-Landungsschiff emporsteigen.
„Die ganzen Wochen posieren sie hier und tauschen Einheiten aus, aber dieser RHINO war immer derselbe. Seit dem Tage unserer Ankunft. Und jetzt plötzlich ziehen sie ihn ab. Irgendwie etwas komisch, findest du nicht auch?“
„Ich habe keine Ahnung, Sir!“
Matthew schnaufte.
„Ich werde es herausfinden, trommle die Kompanie zusammen!“
„Sir!“
Sie salutierte und trat aus dem Zelt in die unbarmherzige Sonne Calibans, die trotz des Herbstes eine ungeahnte Intensität besaß, die selbst ihr zu schaffen machte.

Matthew blickte seinen First Lieutenant noch kurz hinterher, dann trat er wieder an den Feldtisch und griff nach dem Einsatzbericht. Jara hatte ein unglaubliches Talent neutral zu schreiben und gleichzeitig ihren kommandieren Offizier als absolut leichtsinnig darzustellen, auf eine subtile Art
Vielleicht war es an der Zeit das jemand weniger subtil vorging.
Mit schnellem Griffen hatte er seine Feldbluse übergeworfen und die Feldmütze auf der kurzen Haarpracht und folgte seinem Lieutenant.

Wenige Minuten später erreichte er den Mechhangar der ROSEMARIE, wo sich Mustafa Ibn Bey gerade an seinem FALCONER zu schaffen machte.
Der Techmangel war erschreckend. Nahezu jeder Mechkrieger, Panzerfahrer und Luft-Raumjäger –Pilot musste sich größtenteils um die Einsatzfähigkeit seines Fahrzeuges selber kümmern. Etwas Hand anlegen war durchaus normal, aber mittlerweile war der Umfang so gewaltig geworden, dass selbst die in Doppelschichten arbeiteten Techs von Doreen Simstein nicht dazu kamen wenigstens mal über die Einheiten drüber zu schauen. Das selbst der Landungsschiff Skipper öfter Hand anlegen musste, war eindeutig genug.
Es zeigte aber auch die Bereitschaft der Leute. Keiner murrte, im Gegenteil, viele halfen anderen in ihrer freien Zeit aus.
Selbst die sonst so streitlustige Cecile Watson oder Yoko Izuki waren emsig und stets hilfsbereit. Vielleicht wurde aus dem Haufen Individualisten mit guten Fähigkeiten doch noch ein Team.
Im Fall der Fälle würde sie sich aufeinander verlassen müssen.
Matthew bahnte sich einen Weg durch das UNION-Landungsschiff und stand kurz darauf auf der Brücke.
Auch hier waren die wenigen Anwesenden fleißig und schraubten oder schweißten an jeder Stelle.
Ein junger Mann oder eine junge Dame, das war unter der Schicht von Öl und Schmiere in Gesicht und auf dem Overall schwer auszumachen, trat auf ihn zu.
„Kann ich ihnen helfen, Captain?“
Eindeutig eine Frau. Raue Stimme, vermutlich Raucherin, aber definitiv weiblich.
„Das können sie in der Tat. Ich bräuchte einen Kommkanal zum Colonel und das am besten gestern. Oder haben sie die Kommstation gerade zerlegt?“
Misstrauisch beäugte er das Bündel Drähte in ihrer linken Hand.
„Nein, keine Sorge. Der Skipper ist ein Tüftler und stets damit beschäftigt sein Schiff auf einem erstklassigem Niveau zu halten, aber er käme nie auf die Idee in einer solchen Situation auf einem fremden Planeten mitten im Einsatz wichtige Systeme auszubauen oder in ihrer Funktionalität zu stören.“
Sie hob die linke Hand und wedelte mit den Drähten.
„Das ist nur ein kleines Experiment, eine Verbesserung der Datendurchsatzleistung des Navigationscomputers. Folgen sie mir einfach.“
Sie hüpfte auf die etwas tiefer gelegene Hauptebene und huschte an dem Kapitänsstuhl vorbei, der zentral den Bereich dominierte.
Die Kommkonsole war rechts davon und als Matthew dort ankam hatte sie bereits Platz genommen und bearbeitete emsig die Tasten und Knöpfe vor sich.
„Verbindung steht.“
„Danke…“
„Private Kateem, is´ mir eine Freude, Captain.“
Sie hielt im die ölige Rechte hin und grinste breit. Matthew schmunzelte und schlug ein, dann tauschten sie die Plätze und er ließ sich auf dem Stuhl nieder.
„Ich mach mich aber wieder an die Arbeit, wenn sie noch was brauchen, sagen sie Bescheid.“
Er hob die Hand und winkte ihr, als das Mikro vor ihm knackte.
„Jensen hier.“
„Sergeant, Captain Brennstein hier. Ist der Colonel zufällig in der Nähe?“
„Tur mir leid, Sir, aber der Colonel ist gerade raus. Kann ich ihnen weiterhelfen?“
„Sergeant, ich wollte nur berichten, dass die Diamanthaie gerade abrücken. Wissen wir schon näheres dazu?“
„Nichts neues, nein, Sir. Nur das bereits Bekannte. Sterncolonel Trauhild Nagasawa verlegt diese Einheit zu Übungszwecken auf den Südkontinent.“
Misstrauisch beäugte Matthew das kleine Mikro vor sich und wünschte sich eine Bildverbindung zu haben. Direkt vor die Nase der ersten Kompanie.
Irgendetwas war da absolut nicht in Ordnung.
„Ich verstehe. Danke Sergeant. Brennstein aus!“
Er deaktivierte die Kommverbindung, blieb aber noch nachdenklich sitzen. Seine anfängliche Wut auf Danton für dessen Eskapaden war zwar noch da, trat aber aufgrund der Sorge in den Hintergrund.
Wieso sollten die Clanner ihre Truppe abziehen? Vor allem so kurz nach dem Angriff einer Söldnertruppe? Fragen, die ihn schon lange beschäftigten.
Galt es eigene Interessen zu schützen oder war der mehr im Busch?
„Private Kateem, gab es irgendwelche Informationen von der PRIDE?“
Der ölige Haarschopf tauchte zwischen zwei Konsolen auf.
„Nope, nich dass ich wüsste. Aber die nächste Meldung steht auch noch ne Weile aus, sind wohl absolut im Zeitplan und nix besonderes an Vorkommnissen.“
„Hm, danke.“
Immer noch nachdenklich verließ Matthew die Brücke wieder und begab sich in den Mechhangar.
Da zerrte irgendetwas an seinen Eingeweiden und er war sich nicht sicher was.
Durch die geöffnete Ladeluke des Hangars konnte er das kleine Basislager aus Zelten und kleinen Containern der Chevaliers sehen. Der Comstar Handelsposten ragte im Hintergrund auf, der blaue Himmel Calibans war frei von jeder Wolke, alles wirkte friedlich und doch hatte Matthew Brennstein ein ganz mieses Gefühl, als er dem startenden Diamanthai-Landungsschiff hinterher schaute.

***

„Das ist nur so ein Gefühl Sarah, aber ich denke du solltest dich hier hinlegen!“
Stabsarzt Hans Fleischer deutete auf die kleine Liege vor sich.
Stirnrunzelnd trat Sarah Slibowitz vor und blickte den Chefarzt der Chevaliers an.
„Doc, mir ist nur etwas schlecht, hinzu kommen gelegentliche Schwindel. Ist mein Implantat defekt?“
Sorgenvoll schob sie sich auf die Liege und legte sich hin.
„Ich bin mir nicht sicher, auch wenn ich es gerne ausschließen möchte, die Möglichkeit bleibt bestehen. Jetzt den Kopf bitte etwas zur Seite drehen!“
Sie tat wie geheißen und ließ ihn gewähren.
„Zumindest äußerlich kann ich nichts entdecken. Du sagtest du leidet meist unter morgendlichen Übelkeitsanfällen?“
Sarah nickte.
„Meist gefolgt von leichtem Schwindel? Wie steht es mit dem Appetit?“
„In wie fern?“
„In irgendeiner Art außergewöhnlich ausgeprägt oder eher gehemmt?“
Sie musste an das Frühstück denken und das kleine Rippchen vom Vortag, dass sie sich hinausgeschmuggelt hatte.“
„Nun Stabsdienst ist recht öde, ich esse dadurch mehr.“
„Gut, also keine eingeschränkte Nahrungsaufnahme.“
Fleischer drehte sich um und begann an diversen elektronischen Geräten zu werkeln.
„Ich denke du solltest deine Feldbluse ausziehen!“
„Bitte? Doc, das ist aber eine sehr plumpe Anmache, außerdem bin ich doch verheiratet.“
Sie musste schmunzeln, als er sich umdrehte und mit den Augen rollte, als sie sich die Feldbluse über den Kopf zog.
Fleischer trat wieder an die Liege und strich ihr ein kühles Gel auf den Bauch.
„Ähm Doc, du willst mir doch nicht sagen, das?“
„Nun es gäbe deutlich einfachere Wege dies herauszufinden, aber die Symptome sind recht eindeutig und wenn du schon einmal hier bist, bietet es sich an.“
„Aber das würde heißen…“
„Exakt, das würde heißen, dass du schwanger bist. Wovon aktuell aufgrund der Wahrscheinlichkeit auszugehen ist.“
Sie brauchte einen Moment, um seine Worte zu erfassen und bekam nicht mehr recht mit, wie er begann sie mittels eines klassischen Ultraschallgerätes zu untersuchen.
Gemischte Gefühle rangen in ihr. Freude und Verwirrung, aber auch Angst.
Wie sollte das funktionieren? Sie war Soldatin, riskierte jeden Tag ihr Leben, so wie Decius auch. Dann die Verletzung auf Wayside. Allerdings hatte Dawn Ferrow es auch geschafft.
Sarah Slibowitz.
Fallen Angel, ehemaliger Dauer-Single und nun Mutter?
Der Gedanke war verwirrend, aber doch spürte sie ein freudiges Kribbeln.
„Ja, wie ich es mir dachte. Eindeutig ein leichter Herzschlag. Sarah das hättest du früher merken müssen, deine Periode muss doch ausgeblieben sein.“
„Ich muss gestehen nach dem ganzen Stress der letzten Monate hatte ich da nicht drüber nachgedacht und es auf die Verletzung und eben diesen Stress geschoben.“
„Nun dann alles Gute, sofern du es behalten willst.“
„Ich…ich denke schon.“

***


Südlicher Kontinent, Caliban IV, Caliban –System
26. Oktober 3066, 12:15 Uhr

Die Mittagssonne brannte und schälte einem, zumindest gefühlt, die Haut von den Knochen.
Flint Hawkings hob die Hand vor die Augen und starrte in den blauen Himmel.
Es war irritierend friedlich. Die Steinwüste Calibans gab erstaunlich wenig Geräusche von sich, war aber doch erfüllt von Leben.
Als er den Blick senkte huschte gerade ein kleines, Gecko-ähnliches Reptil unter einen nahen Stein.
Roter Sandstaub wirbelte um seine schweren Kampfstiefel und färbte das schwarze Schuhwerk leicht rötlich.
So allmählich fragte er sich, warum die Parder sich so liebevoll für staubige Dreckbälle oder völlig überhitzte Urwaldplaneten interessierten.
Dazu hatte man schon vor Jahrhunderten eine Sauna erfunden, wenn die so auf Schwitzen stehen sollen sie sich eine besorgen.
Allerdings beschäftigte ihn die Hitze weit weniger, als die aktuelle Situation.
Hier war irgendetwas nicht ganz in Ordnung und das lag nicht nur daran, dass kaum Krieger der Blutparder in dem kleinen Basislager untergebracht waren.
Er war kein Militär und sicherlich nicht taktisch bewandert, aber auch als Wissenschaftler konnte man simple Dinge erkennen.
Einer der Punkte war die Tatsache, dass die Parder in erster Linie auf schnelle, überfallartige Attacken ausgelegt waren. Warum sollten sie dann ein solch auffälliges Lager anlegen.
Er drehte sich um und warf einen Blick auf das Camp.
In einer kleinen Talsenke gelegen und mit diversen Tarnnetzen versehen war es zwar auf den ersten Blick nicht sofort als solches zu erkennen, aber viel Fantasie brauchte man dafür dann auch wieder nicht.
Dann war da die Einheitszusammenstellung. Isabelle hatte ihm mal versucht zu erklären, wie die Parder vorgingen und das Ikan Furey die Einheiten selten in einer festen Formation beließ, sondern sie nach jeweiligem Bedarf umstellte.
Auch wenn diese Truppe hier ein Vorauskommando sein sollte, war es doch erstaunlich, dass sie aus nur vier Mechkriegern, fünf Elementaren und einem Haufen Leibeigener bestand.
Noch dazu der Großteil eher fragwürdiger Loyalität und bis auf die Elementare nicht einmal ursprünglicher Clanner.
Und Kandidaten übelsten Wesens. Das Mechkrieger Trio um Bübel und der Elementar Will, mit dem Flint schon immer seine Freude gehabt hatte.
Gerade Bübel und Will lieferten sich den Großteil der Zeit einen eifrigen Wettkampf, wer das Kommando über die kleine Truppe hatte.
Der rothaarige Mechkrieger hielt sich selber scheinbar für eine Reinkarnation Sun Tzus, gepaart mit Grayson Carlyle und Jaime Wolf. Zumindest argumentierte er stets so, als hätte er die taktische Weisheit in die Wiege gelegt bekommen und wäre der Weisheit letzter Schuss.
Flint verzog das Gesicht, als er zurück ins Lager trottete.

Immerhin war Will hier mehr mit den Vorbereitungen beschäftigt, anstatt sich der üblichen Tracht Prügel an Leibeigenen hinzugeben.
Dann war da noch die Mechkriegerin. Katja hieß sie, soweit Flint sich erinnerte. Das erschreckende an der jungen Frau war diese emotionale Kälte und dann nachts das leise Wimmern, dass aus ihrem Zelt kam.
Beängstigend, wenn man ihn fragte.
Was Flint aber wirklich stutzig machte, war die Anwesenheit von Alec Brestwick.
Der Gefangene, der immer noch die Zeichen des wochenlangen Verhörs am Körper trug, saß auf einer Kiste und spielte missmutig an der Leibeigenenkordel herum, die sein rechtes Handgelenk zierte.
Wie so vielen war dem Mann die Alternative zwischen dem Tod oder dem Status des Leibeigenen angeboten worden. Er war ein Feigling und hing viel zu sehr am Leben, also hatte er sich für letzteres entschieden.
Dennoch, Flint sah in ihm so etwas wie einen Freund. Er erinnerte sich noch gut an die erste Begegnung. Brestwick gefesselt, geschunden und völlig abgemagert, der in einer dunklen Kammer in einem der Parder-Schiffe wie ein Tier gehalten worden war. Es war Flint zugefallen ihn mit Nahrung zu versorgen und zu säubern. Anfangs zögerlich hatten die beiden sich schnell angefreundet.
Was allerdings bei dem recht redseligen Brestwick nicht verwunderlich war. Er schien seine Nervosität gerne durch Reden zu kaschieren. Und er war offensichtlich sehr oft außerordentlich nervös.
Aber sie saßen im selben Boot. Würden sie fliehen können, sie würden es tun, sofort, ohne Nachzudenken.
Wobei.
Flint hasste den Gedanken Isabelle zurückzulassen. Das war fast noch beängstigender, als sich ihren Zorn durch eine Flucht zuzuziehen, nur sie war Clannerin und er würde nie dazu gehören, das wusste er nur zu gut. Bestenfalls würden sie beide sterben, ewig vereint. Allerdings würde dies bedeuten, dass sie in ihm mehr sah, als nur einen gelegentlichen Paarungspartner. Und das bezweifelte er wiederum stark.
Seufzend betrat er das Lager und spazierte möglichst gelassen an den aufgereihten Mechs vorbei.
Allerdings war ihm überhaupt nicht nach Gelassenheit zumute, erst Recht nicht, als er die sechs vor ihm aufgereihten Maschinen in Tarnfarben sah, die sich kaum von dem staubigen Boden Calibans abzuheben schienen.
Niemand durfte sich diesem Bereich nähern, nicht einmal die Parder. Hinzu kam, dass die Mechs keinerlei Einheitsmarkierungen aufwiesen. Das allerdings war nicht so verwunderlich, bedachte man den Status, den die Blutparder inne hatten. Verwunderlicher war eher, welchen Kontrast sie zu den vier Pardermechs boten.
Sie waren fabrikneu, bis in die letzte Naht der Panzerung.
Irgendetwas stimmte hier nicht und Flint wurde das Gefühl nicht los, dass er auf einem Silbertablett saß.
„Du solltest besser irgendwo untertauchen, Flint Hawkings. Ein Sandsturm zieht auf.“
Die Stimme war weich und hatte eine gewisse Unbeschwertheit, aber klang dennoch neutral, als würde sie schlichte Fakten aufziehen.
Der Mann, der unerwartet neben ihm aufgetaucht war, trug einen enganliegenden Kühlanzug modernster Generation. Die blonden Haare waren etwa schulterlang und wirkten gut gepflegt.
Wie schon bei den Mechs wies nichts auf irgendeine Zugehörigkeit hin, aber Flint wusste, dass er einer der Piloten der fabrikneuen Mechs war.
„Danke. Ich kenne deinen Namen gar nicht.“
Der Mann lächelte und neigte den Kopf.
„Ach, der ist nicht wichtig, aber du darfst mich Omega nennen.“
Jetzt zeigte er Zähne und wirkte weniger freundlich und gleichmütig, als eher wie ein Raubtier.
Wieder fühlte Flint sich wie auf dem Präsentierteller und der Drang sich umzudrehen und wegzulaufen wurde ungemein stark.
Omega…wer nannte sich bitte Omega? Entweder größenwahnsinnige Spinner oder selbstverliebte Idioten.
Allerdings schien beides nicht auf den Mann zuzutreffen. Spinner war da noch am nächsten und irgendwie hatte er etwas von einem Comstar Akolythen, aber offensichtlich war er keiner.
Flint nickte nur, in Ermangelung einer Antwort und bemühte sich, so schnell wie möglich sein Zelt aufzusuchen.

EDIT: 11.Januar 2013

Südlicher Kontinent, Caliban IV, Caliban –System
25. Oktober 3066, 18:50 Uhr (wenige Tage zuvor)

Die kurze Pause hatte wirklich gut getan. Allerdings brannte die Sonne Calibans ihm sofort wieder die Uniform von den Knochen. Und das obwohl sie schon fast hinter dem Horizont verschwunden war.
„Jegor, ich werde mir den Propeller mal von unten anschauen, komm mir nur nicht auf die Idee das Ding spontan einschalten zu wollen!“
Der bullige Mann aus der Liga mit russischen Vorfahren bestätigte knapp und Hicks ließ sich auf den heißen Sand sinken und robbte unter den aufgebockten Schwebepanzer.
Der Schatten unter dem 50 Tonnen Fahrzeug spendete willkommene Abkühlung. Für einen Moment schloss er die Augen und genoss die Situation.
Dann knipste er die Taschenlampe an, um in dem dämmrigen Zwielicht etwas sehen zu können und begutachtete den Hubpropeller vom nahen.
Bisher hatten sie alles versucht. Absaugen, gerade biegen, feinfühlig oder mit Hammer und dennoch wollte der Propeller nicht richtig anlaufen.
„So wird das nicht, ich kann nichts sehen!“
Mühsam robbte er weiter und versuchte sich zu drehen, um irgendwie den geworfenen Lichtkegel der Lampe ausnutzen zu können.
Er klemmte das kleine Objekt zwischen die Zähne und versuchte sich auf den Rücken zudrehen.
Da war doch eindeutig etwas zwischen den doppelblättrigen Rotoren eingeklemmt.
Vorsichtig griff er mit seiner behandschuhten Rechten durch das verbogene Metallgeflecht.
Ich bete dass keiner der beiden auf die Idee kommt mal einen spontanen Test durchzuführen, ansonsten kann ich ab nächster Woche einarmiger Bandit spielen.
Missmutig verzog er das Gesicht und versuchte zuzupacken.
Er zog und wackelte und hatte kurz darauf einen etwa faustgroßen Stein in der Hand.
Immerhin ein Störenfried weniger. Den müssen wir bei unserer kleinen Tour eingesaugt haben.
Normalerweise war das Hubsystem eines Schwebepanzers gegen äußere Einflüsse geschützt und gerade solche kleinen Steine dürften den scharfkantigen und schnell drehenden Propellern wenig anhaben können. Es war bezeichnend dass er jetzt einen solchen in der Hand hielt und nach kurzem Wühlen drei weitere zutage förderte.
Als er die Unterseite des Panzers ausleuchtete konnte er nur betrübt den Kopf schütteln und dabei etwas Sand aufwühlen.
Haarrisse zogen sich vom zentralen Bereich aus in jede Richtung. Zusätzlich dazu hatten sich die zweiblättrigen Hubpropeller ineinander verkeilt und stark verbogen.
Sobald würde dieser Panzer hier keine Kampfeinsätze mehr durchführen.
Abwesend warf er die Steine zur Seite.
Ein lautes Scheppern von Metall ließ ihn zusammenzucken und reflexartig riss er den Kopf hoch und versuchte sich aufzurichten. Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn und Schwärze breitete sich in ihm aus, als er das Bewusstsein verlor.

Samantha Grammat beobachtete amüsiert wie ihr Corporal unter den Bandit Panzer robbte.
„Ey Jegor, was meinst du, ob wir mal nicht doch mal die Heizer anfeuern und den Chef etwas erschrecken?“
„Njet. Du kennst ihn, der wird uns wochenlang Vorhaltungen machen und völlig ausrasten. Nachher säbelt er sich noch vor Schreck selber den Kopf da unten ab.“
Der Panzerfahrer wandte sich wieder der Flanke des Panzers zu und werkelte an der Schürze.
„Behalt einfach die Sensoren im Auge Rotschopf!“
Schnaubend neigte sie den Kopf und warf einen eher desinteressierten Blick auf die Sensoranzeige.
Fünf kleine Dreiecke blinkten hektisch auf.
„Was zum…!“
Bevor sie weiterkam brüllte Jegor vor Schmerzen und der Schraubenschlüssel in seiner linken Hand klapperte über den Rumpf des Panzers.
Reflexartig ließ Samantha sich tiefer rutschten und hämmerte panisch auf den Verschlussknopf der Dachluke.
Keine Sekunde zu früh.
Wie ein Schwarm wütender Moskitos ergoss sich ein Schwall Geschosse auf die Panzerung des Schwebers.
Hektisch blickte sie sich um und aktivierte den Fusionsreaktor des Panzers.
Doch nichts geschah.
Frustriert hämmerte sie weiter auf die Kommandokonsole und versuchte irgendwie Energie für Antrieb und Waffen zu bekommen.
Hicks musste die Hauptenergiezufuhr vom Reaktor unterbrochen haben. Vermutlich als reine Vorsichtsmaßnahme.
Dieser Idiot.
Die Sensoranzeige tat allerdings ihre Arbeit und identifizierte die fünf Sensorblips als Elementare.
Typ Clan Standard Gefechts Rüstungen. Bewaffnung Maschinengewehre und Rückentornister mit Kurzstreckenraketen.
Für den Moment war sie im Inneren des Bandits vor eventuellen Schüssen geschützt. Die Panzerung des Schwebers konnte einiges ab und so schnell würden die Kröten hier nicht durchkommen.
Außer.
Ein schrilles Kreischen ließ sie zusammenzucken und bestätigte ihren angefangenen Gedanken.
Einer der Elementare war auf den Panzers geklettert und machte sich offensichtlich an der Turmluke zu schaffen.
Sie wusste nur zu gut wie erschreckend effektiv diese an den Armen der Gefechtsrüstungen montierten Klauen Panzerung abschälen konnten.
Fluchend sprang sie in den großen Laderaum und durchsuchte ihr Waffenarsenal.
Mit einem unerträglichen Quietschen riss der Elementar die Luke auf, als sie das schwere Zeus Sturmgewehr vor sich erspähte und danach griff.
Sie war zu langsam, der Elementararm streckte sich in den Innenraum und gab eine ohrenbetäubend laute Salve aus seinem Maschinengewehr ab.


„Verdammt Strahlcommander ich habe dir klare Befehle erteilt. Zieht euch sofort zurück!“
Will grinste breit hinter der Sichtscheibe seiner Gefechtsrüstung.
„ Feindliche Panzer wurde aufgebracht. Zwei Gegner wurden erfolgreich neutralisiert.“
Er wusste dass Ikan Furey das nicht gefallen würde, aber das war ihm im Moment egal. Niemand brachte seine Einheit um den Ruhm einer erfolgreichen Schlacht. Und niemand entkam den Blutpardern!
„Das ist mir egal Beta-Strahl. Du hast deine Befehle. Zurück zum Basislager. Ich hoffe um dein Generbe, dass dies keine Folgen für die Pläne des Sterncaptains hat. Bestätigen!“
„Pos, Beta Strahl hat verstanden und kehrt zurück.“
Schnaubend sprang er vom Schwebepanzer, der unter seinem Gewicht nachfederte.
Die Aufbockung brach und der Panzer rutsche ein paar Meter zur Seite als er sich wieder auf den sandigen Boden senkte.
Krieger Salet trat auf ihn zu.
„Sterncommander wir haben alle Ziele ausgeschaltet, wie mir scheint.“
„Pos, kehren wir zum Lager zurück.“
„Was machen wir mit dem Gerät?“
„Eine Zerstörung ist nicht notwendig und ich bin nicht bereit unsere wertvollen Raketen dafür zu verschwenden. So wie es aussieht hatten die Surats der Inneren Sphäre eh kein Glück damit das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen. Sollen die Diamanthaie sich um dieses minderwertige Stück Technik kümmern!“
Verächtlich trat er die Leiche des Mannes zur Seite, der an der Flanke des Panzers gelehnt hatte. Ein großer Schwall Blut ergoss sich nochmals aus den klaffenden Wunden, die ihre Maschinengewehre gerissen hatten, tränkte den Sand unter ihm dunkel und lief in dünnen Rinnsalen unter das Fahrzeug.
„Das hier war keine Schlacht und ich hoffe unsere restlichen Gegner werden bessere Beute sein!“
Die fünf Elementare zündeten ihre Sprungdüsen und hüpften zurück ins Basislager.


Sein Schädel dröhnte, als Lukas Hicks wieder aufwachte. Dennoch blieb es dunkel um ihn herum.
Der Versuch sich zu bewegen wurde sofort mit einem scharfen, stechenden Schmerz in seinem Bein quittiert.
Immerhin lebe ich noch, glaube ich. Oder ich bin in der Hölle.
Nach und nach meldete ihm auch sein restlicher Körper die Anwesenheit von Beschädigungen.
Langsam begann er seine linke Hand zu bewegen und spürte den Freiraum, den er sich in dem lockeren Sand schaffen konnte.
Seine Finger spürten etwas Glattes und rundes.
Meine Taschenlampe!
Langsam und behäbig versuchte er sie zu ergreifen und verdrehte dabei schmerzlich den Arm.
Seine Bemühungen waren allerdings von Erfolg gekrönt und kurz darauf hielt er die schwach leuchtende Lampe in der Hand.
Der Anblick war entmutigend.
Aus irgendeinem Grund hatte der Bandit sich gesenkt und lag direkt auf dem Sand auf.
Der einzige Grund warum er noch lebte war die Vertiefung des Hubpropellers im Zentrum des Fahrzeuges und die Tatsache dass die Schürzen dafür sorgten dass der Schweber sich nie ganz absenkte. Die wenigen verbleibenden Zentimeter reichten geradeso aus um einen Mann seiner Statur nicht zu zerquetschen. Beruhigt am Leben zu sein fuhr er mit der Untersuchung seines körperlichen Zustandes fort.
Feuchter Sand klebte an seinem Kopf und unterstützte seine Befürchtung sich den Schädel blutig geschlagen zu haben. Für den Moment blieben ihm allerdings Schwindel zusätzlich zu den Kopfschmerzen erspart.
Mühsam legte er sich die Taschenlampe auf den Bauch und versuchte an sich hinab zu spähen.
Sein restlicher Körper sah soweit intakt aus. Zumindest fehlten ihm keine Gliedmaßen. Einer der Hubpropeller hatte sich allerdings in sein linkes Bein gebohrt und war Ursache für den stechenden Schmerz dort. Das Blut schimmerte dunkel auf dem Metall. Weitere offene Verletzungen schien er nicht zu haben.
Er lag leicht gedreht auf der Seite, größtenteils auf dem Rücken. Unter sich konnte er den Sand spüren und wie er sich um seinen Körper schmiegte.
Vielleicht kann ich den Bewegungsspielraum für mich nutzen, wenn der Sand locker genug sitzt
Er steckte sich die Taschenlampe wieder in den Mund.
Vorsichtig begann er die Arme und den Körper zu bewegen und begann sich unter dem Panzer entlang zu robben und zu schaufeln. Die Taschenlampe in seinem Mund leuchtete ihm den Weg.
Die Angst, dass der Panzer wegrutschen und ihn endgültig unter sich begraben würde beflügelte ihn und ließ ihn die Schmerzen nahezu vergessen.
Eine halbe Ewigkeit später hatte er es geschafft sich bis zur Schürze vorzuarbeiten.
Die nur halbgefüllte gepanzerte Luftkammer drückte schwer auf den lockeren Sand und schien ihm jeden Ausweg zu verbauen.
Hoffnungslosigkeit machte sich in ihm breit und er hatte das Gefühl das Fahrzeug über ihm bewegte sich.
Wenigstens würde es schnell gehen.
Nein, so will ich nicht enden. Begraben unter meinem eigenen Panzer.
„Jegor! Samantha! Hört ihr mich?“
Dumpf hallte seine Stimme nach und schien dann vom Sand geschluckt zu werden.
Er lauschte. Keine Antwort. Nichts.
Sein Blick huschte wieder umher, während seine Gedanken sich überschlugen.
Was war den beiden zugestoßen? Hatten sie ihn vergessen? Für tot gehalten und waren mit einer Rettungstruppe fort?
So sehr sie ihre Differenzen hatten, so waren sie doch seit Jahren ein Team. Er tat den Gedanken genauso schnell ab, wie er gekommen war.
Es musste etwas passiert sein.
Der Feind!
Der Gedanke erschien ihm plausibler, aber nicht weniger beängstigend.
Seine Optionen waren beschränkt. Hier bleiben konnte er allerdings nicht.
Früher oder später würde der Sand nachgeben und der Panzer sich weiter absenken oder gar in Bewegung kommen, wenn er nicht vorher verdursten würde.
Trocken meldete sich seine Kehle und beflügelte diese Sorge noch. Seine Feldflasche befand sich irgendwo außerhalb, ebenso wie sämtliche anderen nahrhaften Dinge.
Das einzige was ihm blieb war seine Uniform, das erste Hilfe Set an seinem rechten Oberschenkel und die Sunbeam an seinem linken.
Wieder blickte er sich um und ließ den Strahl der Taschenlampe wandern.
Es blieb ihm nichts anderes übrig und so begann er mit schmerzenden Fingern zu graben. Immer darauf bedacht sich eine tiefe Kuhle zu schaffen, sollte der Panzer sich in Bewegung setzen.


Befreiend traf die kühle Luft auf sein Gesicht und für einen Moment vergaß Lukas sämtliche Ängste, als er sein Gesicht aus dem Sand in die Nachtluft hob.
Nacht!
Wie lange hatte er gebraucht?
Vorsichtig, aber mit einer gewissen Eile begann er auch den restlichen Körper unter der Schürze hervorzuziehen. Schmerzhaft zwängte er sein verletztes Bein hervor und rollte sich auf den Rücken.
Frei, ich bin frei!
Tiefe Erleichterung überkam ihm, als er die sternklare Nacht über sich sah.
Dann griff er nach seiner Sunbeam und lauschte.
Es blieb ruhig.
Langsam versuchte er sich aufzurichten.
Schwindel erfasste ihn und für einen Moment drohte er ohnmächtig zu werden. Seine Beine zitterten und mit schmerzenden Gliedern zog er sich an den Panzer. Ächzend ließ er sich auf seinen Hintern sinken.
Das Blut donnerte und rauschte in den Ohren. Sein Herz schien ihm in der Brust zu zerspringen so stark versuchte es seinen Körper am Laufen zu halten und den Blutverlust zu kompensieren.
Fahrig griff er in die Seitentasche seiner Hose und zog das Dreiecktuch hervor.
Mehrmals musste er abbrechen, aber letztendlich konnte er sein verletztes Bein verbinden und so den Blutfluss etwas minimieren.
Soweit er das beurteilen konnte war keine Arterie verletzt und er würde nicht verbluten. Es schien ein oberflächlicher Schnitt zu sein.
Die Kopfverletzung setzte ihm mehr zu.
Schwindel hatte ihn wieder erfasst und ließ die Sterne im Himmel wilde Tänze vollführen.
Er schloss die Augen und versuchte ruhig zu atmen.
Ob es hier nachtaktive Raubtiere gibt? Sam und Jegor!
Ein Adrenalinschub jagte durch seinen Körper und ängstlich riss er die Augen auf.
Ich muss in Panzer, da bin ich sicher.
Langsam realisierte er seine Umgebung bewusster. Er lehnte gegen die Front des Bandits. Die Turm Luke würde er in seinem Zustand nicht erklimmen können. So blieb ihm nur die Heckklappe. Normalerweise diente diese Klappe dem Ein- und Ausstieg von eingesessenen Infanterietrupps oder Gefechtsrüstungen, aber sie war auch ein Notausstieg und konnte mit einigen Kommandocodes von außen geöffnet werden.
Die Sunbeam in der rechten, die Taschenlampe in der linken Hand und mit gespitzten Ohren zog er sich an der kühlen Panzerung des Bandits entlang.
Sein Fuß blieb an etwas hängen und ließ ihn zu Boden stürzen.
Reflexartig brachte er die Linke unter sich und versuchte den Sturz auf den Sand abzufangen.
Seine Hand berührte etwas Feuchtes und die Taschenlampe entglitt ihm.
Der Lichtkegel tanzte auf dem Boden und blieb dann liegen.
Jegor.
Der Mann starrte ihn mit leblosen Augen und blutverschmiertem Gesicht an.
Nur wenige Zentimeter trennten die beiden. Wut erfüllte Hicks, als er den durchsiebten Körper sah. Das war eindeutig das Werk eines Maschinengewehrs gewesen.
Angetrieben durch Tod seines Mannes griff er nach der Taschenlampe und richtete sich wieder langsam auf. Der Weg zum Heck war nicht mehr weit.
Wenige Minuten später stand er vor der Heckklappe, die sich bereitwillig seinen Befehlen öffnete.
Der Anblick des Innenraumes ließ ihn auf keuchen.
Dann sank er auf die Knie und erbrach sich.


Südlicher Kontinent, Caliban IV, Caliban –System
25. Oktober 3066, wenige Stunden zuvor

Das Donnern der Luft-Raumjäger war ohrenbetäubend. Dennoch konnte es die Schreie nicht verhüllen.
Das kleine Feldlager der Chevaliers mit der Devons Pride im Zentrum war ein einziges Chaos.
Explosionen ließen Sand, Panzerung und Menschen umherfliegen, als die feindlichen Jäger einen erneuten Überflug durchführten.
Die Geschütze der Pride antworteten donnernd, schienen aber wenig zu bewirken.
Wenige Meter vor dem Landungsschiff hockten Rowans Elementare und versuchten ihrerseits Schaden am Feind zu verursachen.
Eine Rakete verließ den Rückentornister des Geisterbären Kriegers und jagte auf einem feurigen Schweif in den dämmrigen Himmel.
Christine Sleijpnirsdottir kam im Schatten der Hauptluke der Pride zum Stehen. Trudy Swanson kauerte neben einem Kanister. Die Hand mit der Sternsnacht in den Himmel gerichtet. Ein eher sinnloses Unterfangen.
„Lord, Bericht!“
Swanson warf ihr einen gehetzten Blick zu.
„Die sind aus dem Nichts aufgetaucht. Müssen mit Unterschall geflogen sein. Haben sofort das Feuer eröffnet. Sieht mir nach zwei Jägern aus. Konfiguration ist mir unbekannt.“
Kiki kniff die Augen zusammen und spähte in den Himmel. Dort waren sie und flogen eine enge Kehre um erneut anzugreifen.
„Unsere Maschinen?“
„Sind wie angeordnet ausgeschifft. Sie stehen etwas weiter weg.“
Swanson deutete in die beginnende Dunkelheit und Kiki konnte das sanfte Weiß der beiden Stukas sehen. Sie verfluchte ihren vorherigen Befehl. Allerdings war ein Katapultstart aus den Haupthangars der Devons Pride hier am Boden mit extremen Risiken verbunden gewesen.
„Was ist mit unseren Aufklärern?“
„Payback hatte keine Chance und hält sich auf Distanz. Hat einige böse Treffer abbekommen, wie ich es beurteilen konnte, scheint aber noch flugfähig. Sneaker ist noch auf Erkundungsflug, wir konnten sie nicht erreichen. Hibari und Carrier hatten keine Chance ihre Maschinen überhaupt zu besteigen.“
Christine konnte die VTOL Piloten sehen, die mit ihren Handfeuerwaffen in den Himmel feuerten, während sie in der relativen Deckung des Unterstandes hockten.
Das Gebiet dazwischen war mit stöhnenden und blutenden Chevaliers bedeckt. Allerdings schienen die Gegner sich mehr auf die Pride zu konzentrieren und weniger auf die Menschen am Boden.
Die beiden Jäger waren heran und zuckten mit lautem Fauchen vorbei.
Schwere Explosionen erschütterten die Devons Pride, als die Laser einschlugen und Panzerung explosionsartig verdampfen ließen. Wenige Sekunden später erwiderten die beiden Top PPKs das Feuer. Es war eher eine symbolische Gegenwehr.
„Wir müssen in unsere Maschinen, ansonsten sind wir alle hier bald sehr tot.“
Swanson schüttelte den Kopf.
„Keine Chance, Ma´am. Die beiden Jäger konzentrieren zwar ihr Feuer auf die Pride, aber sie fliegen jedes Mal so an, dass sie eine perfekte Feuerschneise haben. Der Weg zu den Jägern gleicht einer Todeszone.“
Zähneknirschend musste Kiki ihr Recht geben.
Ihre Gedanken rasten, als sie die erneute Wende der feindlichen Jäger beobachtete.
Zehn, fünfzehn, zwanzig.
Dann waren sie wieder heran und feuerten.
„Wie schnell können sie rennen?“
„Bitte?“
Ungläubig blickte Swanson zu ihr auf.
„Das sind bestenfalls wie viel? Einhundert Meter bis zu den Jägern, eher weniger. Der Gegner braucht etwa zwanzig Sekunden für einen kompletten Überflug. Demnach haben wir etwas an die zehn Sekunden um zu unseren Maschinen zu kommen.“
„Sie sind wahnsinnig.“
„Nein, nur entschlossen.“
Swansons griff nach oben und packte Kiki am Arm.
„Das ist verrückt. Selbst wenn wir es schaffen müssen wir die Maschinen noch starten. Die werden uns nicht abheben lassen! Das wird wie Tontauben schießen.“
„Vielleicht, aber es reicht, wenn einer von uns es schafft.“
Ihr Blick ging wieder zum Himmel.
Die beiden Luft-Raumjäger sausten wieder heran, allerdings schien die Crew der Pride sich so langsam zu fangen oder Nelissens hatte selber das Kommando über die Geschützkontrollen übernommen.
Wild feuerten die beiden PPKs und zogen azurblaue Schneisen.
Diesmal wurden die Schüsse dem Gegner gefährlich und er drehte früher ab.
Ohne eine Reaktion Swansons abzuwarten stieß Kiki sich ab und sprintete über das freie Feld.
Sie schaute nicht nach oben, ihre Maschine fest im Blick lief sie so schnell ihre Beine sie trugen.
Dann hörte sie wieder das Donnern der herannahenden Jäger und das Zischen der Laser.
Es wurde heiß um sie herum, doch sie lief weiter.
Eine Explosion, ein Schrei. Etwas Hartes traf sie im Rücken und warf sie zu Boden.
Fluchend raffte sie sich auf und rannte humpelnd weiter.
Sie schaffte es.
Mit geübten Handbewegungen ergriff sie die Leiter und erklomm ihre Stuka. Ihre Hand fand den Öffnungsschalter noch bevor sie ganz oben war und sie schwang sich in die noch halb geöffene Luke.
Kaum dass sie in ihrem Sitz saß hämmerte Kiki auf den Verschluss Knopf, griff nach dem Neurohelm in seiner Halterung hinter sich und zog ihn über den Kopf.
Ein weiterer Griff und der Reaktor der Maschine fuhr im Kaltstart hoch.
Langsam glommen die Lichter ihrer Kontrollkonsole auf und ein tiefes Vibrieren erfüllte die 100 Tonnen schwere Maschine.
Swanson hatte es scheinbar nicht geschafft, ihre Stuka blieb dunkel.
Dann waren die Parder wieder heran und die Hölle brach über sie herein.
Sie hatten sie bemerkt und nahmen ihren Jäger aufs Korn. Schwere Einschläge ließen die Maschine wackeln. Panzerung flog davon und kurzfristig verdunkelte die Automatik die Kanzel um sie herum.
Ich bin noch da. Noch so eine Chance bekommt ihr nicht.
Sie übersprang die Startüberprüfungen und ignorierte die Masse an roten Lämpchen um sich herum.
„Fallen tun wir alle, nur Engel fliegen!“
Der Reaktor meldete Betriebsbereitschaft und sie schob den Schubhebel nach vorne. Bockend machte die Stuka einen Satz nach vorne und für einen Moment befürchtete Kiki das Schlimmste, doch dann schoss der Jäger über den sandigen Wüstenboden.

Ihr Sensordisplay zeigte ihr die beiden Jäger. Batus. Das Die beiden Clanpiloten hatten sie scheinbar tot gesehen und mussten in einer engen Kehre ihre Flugbahn ändern.
Nelissens nutzte die Chance und gab einige sehr gezielte Schüsse aus den PPKs seines Leopards ab. Dennoch bewirkte er nur wenig, doch das Zeitfenster dass er ihr schuf musste ausreichen.
Instinktiv zog sie den Steuerknüppel zu sich heran und die Stuka schoss in den inzwischen dunklen Himmel Calibans.
Die Batus waren heran und feuerten wieder. Ihr Komm knackte.
„Verdammt Kiki du bist wahnsinnig!“
Sie ignorierte den aufgebrachten Kommentar Nelissens und riss ihre Maschine in einen wilden Tanz.
Zu ihrem Glück schienen die Parder nicht die begnadeten Flieger zu sein, vom Schießen ganz zu schwiegen. Dennoch verzeichnete ihr Bordcomputer einige ordentliche Treffer in Heck und Tragflächen. Zielcomputer sei Dank. Allerdings nichts womit die schwere Panzerung der Stuka im Moment nicht umgehen konnte. Aber auf Dauer durfte das nicht so weitergehen.
„Kiki an Pride. Ich werde die Jungs wieder zurücklocken. Enger Anflugkorridor, zielt auf meine Koordinaten und auf mein Kommando volles Feuer!“
„Verstanden, Kiki!“
Sie wusste das Nelissens noch was anfügen wollte, aber er verkniff es sich, zumindest über die Kommfrequenz. Sie hatte jetzt weder Zeit für Flüche, Zynismus oder gefühlsduselige Floskeln.
„Zeit euch etwas tanzen zu lassen!“
Im direkten Duell war ein einzelner Batu ein leichtes für sie, allerdings sprachen zwei Maschinen dieses Typs eine andere Sprache. Solange die beiden noch dazu in ihrem Heck herum tanzten sahen ihre Chancen nicht sehr rosig aus.
Sie drückte den Feuerknopf und ließ die beiden rückwärtigen M-Laser sprechen.
Es war keine ernsthafte Gefahr, dennoch wichen die beiden Clanner den Schüssen aus.
Eine Batu war nicht mal halb so schwer wie ihre Stuka und eindeutig wendiger. Dafür versprach die Panzerung keine sehr hohe Lebenserwartung.
Hinter ihr tanzten die beiden Jäger und wichen ihren Schüssen aus.
Es war ein seltsames synchrones Muster und beschied ihrem Gegner wenigstens ein gewisses Maß an Fluggeschick.
Also doch besser im Fliegen als gedacht.
Grimmig riss sie an ihrem Steuerknüppel und gab Schub auf den Nachbrenner. Der Andruck drückte sie hart in die Sitzpolsterung, während der überschwere Jäger eine Kehre flog.
Auf halber Strecke riss sie den Knüppel in die gegenläufige Richtung, zog ihn zu sich heran und gab erneut Schub.
In einem engen Manöver schoss sie vertikal zwischen den beiden Batus hindurch und jagte zurück zur Devons Pride.
Das Blut pulsierte ihr in den Ohren und ihr Blickfeld verschwamm. Ein sanfter Kopfschmerz kündigte sich an. Sie ignorierte es und zog die Stuka von links nach rechts.
Schüsse blitzten widerholt hinter ihr auf. Einige gingen knapp daneben, der Großteil bohrte sich jedoch in ihre Maschine.
Panzerbrocken flogen aus Tragflächen und Heck davon. Laut schrillte die Schadensdiagnose und meldete den Verlust eines Backbordlasers.
Dann war die Devons Pride heran.
„Nelissens, Feuer frei!“
Sie gab Schub und jagte ihre Stuka in einen Looping, während die beiden PPKs des Landers den Himmel in ein azurblaues Gewitter verwandelten.
Eine der Batus erhielt mehrere Treffer, die zweite schaffte es sich durch das enge Kreuzfeuer durchzutanzen.
Dennoch konnte sie sehen wie einige Schüsse den Leopard trafen.
Rauch quoll aus dem Landungsschiff und verhüllte ihr die Sicht auf das Geschehen am Boden.
Der getroffene Batu fiel hinter seinem Kameraden zurück und zog eine kleine Spur aus Panzerung hinter sich her.
Gute Schüsse Matias.
Der zweite Jäger setzte zu einer Wende an, direkt auf sie zu.
Wieder gab Kiki Schub und drückte den Steuerknüppel nach Steuerbord. Eine kleine Korrektur und sie schoss frontal auf den Clanner zu.
Sofort ließ sie ihre schweren Laser sprechen und jagte eine Salve aus der LSR hinterher.
Zwei der drei Laser gingen ins Leere, der dritte allerdings zog eine dunkle Brandnarbe über das Bug des Gegners und die Raketen tanzten auf den Tragflächen des leichteren Jägers.
Seinerseits verpasste der schwere Laser des Batu sein Ziel, während die Pulser sich tief in ihr Bug und Tragflächen fraßen.
Dann waren sie aneinander vorbei.
Sie zog den Steuerknüppel eng zu sich heran.
Die Batus allerdings drehten ab.
Scheinbar hatten sie genug.
„Devons Pride, hier Kiki. Feind dreht ab!“
Sie überflog kurz die Sensoren.
„Habe einige Beschädigungen erlitten und mindestens einen Laser verloren, bin im Moment aber flugtauglich. Ich werde den Luftraum decken.“
„Das wirst du wohl müssen, du bist das Einzige was wir im Moment an nennenswerten Schutz haben.“
Sie drosselte den Schub und warf den beiden Batus einen Blick hinterher. Doch die beiden Clanner schienen für einen Moment genug zu haben und dem Weltall entgegenzustreben.
„Wir müssen das sofort an das HQ melden!“
„Das kannst du vergessen, Kiki. Die Pride wird vorerst nirgendwo mehr hinfliegen und mit niemanden über weite Strecken reden. Die Langstreckenkomm ist ausgefallen.“
Verdammt.
Sie legte einen Schalter um.
„Kiki an Home Base. Haben Feindkontakt bei zwo-null-fünnef. Zwei Banditen. Vorerst vertrieben.“
Ein dumpfes Rauschen antwortete ihr, dann knackte das Komm.
„Bitte wiederholen, Kiki!“
„Kiki hier, wiederhole. Zwei Banditen bei zwo-null-fünnef. Vorerst vertrieben.“
„Bit...iederho...ki.“
Stirnrunzelnd überprüfte sie die Langstreckenkomm. Keine Beschädigungen. Mit einem Griff verstärkte sie das Signal bis an seine Höchstleistung.
„Kiki hier, wiederhole. Zwei Banditen bei zwo-null-fünnef. Vorerst vertrieben.“
Rauschen antwortete ihr.
Fluchend zog sie den Jäger herum und öffnete wieder eine Frequenz zur Pride.
„Kiki hier. Ich erreiche Home Base nicht. So wie es aussieht wird vorerst keine Verstärkung kommen. Wir sind auf uns gestellt.“
„Dann ist bald nicht mehr viel hier, was sie retten könnten.“


Als sie die Stuka wenig später landete, mittlerweile war Payback in seiner Maschine zurückgekehrt, bot sich ihr ein erschreckendes Bild.
Das Feldlager war ein einziges Chaos.
Der kleine Kommandounterstand war in Flammen aufgegangen und bot einen Haufen Schlacke und verkohltes.
Überall hörte man stöhnen oder konnte Feldbetten sehen, die nahe der Devons Pride unter einer Plane aufgestellt waren.
Nelissens stand an der Hauptluke und unterhielt sich mit seinem ersten Offizier. Die Frustration und der Schmerz waren zu deutlich zu erkennen. Das alles hatte sie sich nicht vorgestellt oder gar gewünscht.
Rowan Geisterbär trat in seiner Elementarrüstung neben sie.
„Ich habe meinen Strahl aufgeteilt und zur Perimeter Sicherung abgestellt. Payback übernimmt die Luftsicherung, während Sneaker die Mission fortsetzt und versucht Kontakt mit unserem Bandit herzustellen. Die Langstreckenkommunikation der Pride ist ausgefallen. Reparaturen laufen, aber Kapitän Matias fand die Reparatur des Antriebes und der größeren Hüllenschäden wichtiger.“
Kiki nickte verstehend.
„Die Langstreckenkomm scheint generell ausgefallen. Ich habe mehrfach versucht Kontakt zu einer unserer Home Bases herzustellen, keinen Erfolg. Ich werde Hibari hochschicken sobald wir genaueres für einen Statusbericht haben. Wir können derzeit leider niemand anderen für eine Kuriermission entbehren und der Sprint ist das Schnellste was wir haben.“
„Neg, das wird vorerst nicht passieren. Hibaris Maschine wurde schwerer beschädigt, als anfangs angenommen. Reparabel zwar, aber aktuell nicht flugfähig. Gleiches gilt im Übrigen für Lieutenant Trudys Stuka.“
Sie warf einen Blick über ihre Schulter zu den beiden Stukas. Die Schäden an Swansons Maschine hatten anfangs nicht so schwer ausgesehen und selbst jetzt wirkte sie noch gut erhalten, wenn man sie mit ihrer eigenen verglich.
„Das heißt wir sitzen so ziemlich fest?“
„Kapitän Matias hat einige Flüche losgelassen, aber irgendwo dazwischen klang auf, dass die Pride reparabel ist, dies wird aber einige Zeit beanspruchen. Er vermutet mindestens zwei Tage.“
„Zwei Tage! Das ist schlecht. Und der Rest?“
„Hibaris sollte unter Umständen vorher aufsteigen können. Ich bin kein Tech, aber laut dem was mir geschildert wurde sollte ein Tag machbar sein.“
Kiki schluckte. Das war ernüchternd. Damit blieben ihr ein paar angeschlagene Infanteristen, Rowans Strahl, sowie zwei VTOLs und ihre Stuka für eventuelle Verteidigungsaufgaben.
„Kapitän Matias hat allerdings vorgeschlagen die Priorität der Reparaturen auf sein Landungsschiff zu setzen. Er geht fest davon aus die Triebwerke lange genug am Laufen zu halten, um uns einen nahen Unterschlupf zu suchen.“
„Das ist eine gute Idee. Die erste Kompanie ist weiter südlich eingesetzt, allerdings habe ich auch dort keine Verbindung herstellen können. Ich vermute Matias wird es nicht so weit schaffen, oder?“
„Neg, er klang nicht sonderlich zuversichtlich.“
„Dann gäbe es noch eine Möglichkeit. Bei meinen Überflügen habe ich eine nahe Hügelgruppe gesehen. Nicht sehr hoch, aber mit etwas Glück genug Eisengehalt um eine Entdeckung zu erschweren. Das sollte uns etwas Zeit verschaffen. Priorität hat allerdings eine Nachricht an das HQ.“
Sie warf einen Blick auf ihren Chrono.
„Bandit ist allerdings auch überfällig, ich hoffe sie wurden nicht von diesen Jägern erwischt. Allerdings ist davon auszugehen, wie sonst hätte man uns finden sollen.“
Rowan zuckte nur mit den Schultern.
„Ich werde mal mit Matias reden. Eines noch. Verluste?“
Sie hasste die Frage, aber neben dem Material musste es auch Menschen geben, die es bedienen konnten.
Rowans Miene blieb neutral, als er antwortete, sein Blick ging allerdings durch sie hindurch.
„Wir haben wenig Tote, allerdings viele Schwerverletzte. Größtenteils Verbrennungen und Splitter. Am schwersten hat es die nähere Umgebung der Devons Pride getroffen. Das Hauptproblem ist derzeit die medizinische Verletzung und die Gefahr von Infektionen. Deswegen hat Kapitän Matias veranlasst sämtliche schwereren Verletzungen an Bord der Krankenstation seines Schiffes zu behandeln und leichtere außerhalb.“
„Wer sind die Toten?“
„Corporal Carl Makaro, Private Oliver Sims, Private Evgeni Jegornik, Sergeant Janet Huffs und Corporal Norton Geisterbär. Lieutenant Trudy Swanson schwebt derzeit in Lebensgefahr. Die Medtechs geben ihr eine eher geringe Überlebenschance, solange wir uns hier aufhalten und sie nicht angemessen behandelt werden kann.“
Kiki zuckte zusammen und blickte Rowan an, unwillkürlich ging ihr Blick zum Haupthangar der Pride, an dem sie Trudy das letzte Mal gesehen hatte.
„Wie…“
Ihre Kehle blieb staubtrocken. Das reduzierte das verfügbare Personal und die Anzahl an Luft-Raumpiloten auf sie selber.
„Lieutenant Trudy hat versucht mit dir mitzuhalten, sie war allerdings langsamer und hat sich bei feindlichem Feuer auf dich geworfen, um dich zu schützen. Der Beschuss hätte siebeinahe das Leben gekostet. Corporal Norton hat sich geistesgegenwärtig dazwischen geworfen.“
Das war also der Schlag in ihrem Rücken gewesen. Ein Leben gegen ein anderes. Sie hörte ihre eigenen Worte:
Vielleicht, aber es reicht, wenn einer von uns es schafft.
„Ich denke ich rede mit Nelissens.“
„Captain!“
Rowan salutierte und stapfte davon. Kiki machte sich auf den weiteren Weg zur Pride.
Mit jedem Schritt schienen ihre Beine schwerer zu werden.

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Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein!

"Ich treffe alles, was ich sehe!"
Starcolonel Kurt Sehhilfe, Clan SeeBug

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"Was bedeutet das?", fragte Danton scharf. Sein Tonfall war eine echte Überraschung, zumindest bei jemandem, den eine Nadlerpistole unter die Nase gehalten wurde.
"Adept XIV O'Brian, Sir", sagte der Besitzer der Pistole. "Ich muss Sie bitten, Ihre Waffe abzugeben. Ebenso Ihre Leute, dann wird dem Colonel nichts passieren."
"Sie wissen doch, dass aus einer Erpressung nichts Gutes entsteht, Adept", sagte Danton, seinen Gegenüber fest im Blick, die Hand langsam zum Holster gleitend.
"Bitte, Sir, wir wollen doch alle nicht..."
"Ich wusste, Sie würden das verpatzen, Freigeborener!", klang die Stimme von SternCaptain Vogt auf. Er drückte sich an O'Brian und seinen Leuten vorbei und betrat in voller Rüstung das mobile HQ der Chevaliers. Die diensttuenden Soldaten, die bisher versucht hatten, an ihre Waffen zu gelangen, versteinerten in ihrem Tun. Gegen fünf ComStar-Angehörige hätten sie eine Chance gehabt. Gegen Vogt und drei seiner Elementare aber nur mit eigenen Rüstungen. Und von denen war keine hier.
"Bitte legen Sie alle Ihre Waffen ab. Dies geschieht nur zu Ihrer eigenen Sicherheit, glauben Sie mir das."
Dantons Miene war steinern. "Ich habe keinerlei Batchall vernommen."
"Es wurde auch keiner ausgesprochen. Wir sind nicht Ihre Gegner, Colonel. Wir, ah, wollen Sie nur beschützen. Aus diesem Grund werden Sie Ihr mobiles HQ in unser Landungsschiff bringen und uns zu unserem Stützpunkt begleiten. Sobald die Sachlage es erlaubt, können Sie zurückkehren."
"Solange es welche Sachlage erlaubt?", fragte Danton scharf.
"Das tut nichts zur Sache. Clan Diamanthai und ComStar sind sich jedoch einig, dass Ihre Anwesenheit hier problematisch ist. Auf unserem Stützpunkt ist die Sachlage wesentlich klarer." Der Riese beugte sich vor, sodass Danton in das große rote V-förmige Visier sehen konnte. "Details kriegen Sie später. Aber ab sofort stehen Sie unter dem Schutz von Clan Diamanthai."
"Ein merkwürdiger Schutz." Er schüttelte unmerklich den Kopf, als Captain Harris ihn auffordernd ansah.
"Sie haben nicht danach gefragt, daher sind wir zu der Überzeugung gekommen, ihn etwas eindeutiger zu formulieren."
"Und mein Auftraggeber macht da mit?"
Der Adept, gerade damit beschäftigt, Waffen einzusammeln, nickte. "Wenn Sie überleben wollen, müssen Sie mit den Diamanthaien gehen. Es ist eine unglückliche Situation, dass Sie sich ausgerechnet jetzt von Ihren Teilkommandos trennen mussten und derart schutzlos sind."
"Was für eine unglückliche Situation?", fragte Danton.
"Caliban ist eine sehr aktive Sonne. Und im Moment hat sie einen Sonnensturm entfacht, der einen Großteil des Funks und den größten Teil der orbitalen Elektronik auf Tage lahmlegen wird. Sie können nicht mal um Hilfe rufen, Colonel."
Das war eine neue Information. Danton fuhr herum. "Überprüfe das, Juliette."
"Enorm viel Statik. Ich hielt das bisher nur für eine Phase, die uns temporär abgeschnitten hat. Aber wenn Adept O`Brian Recht behält, dann kriegen wir nicht mal einen Pieps von unseren Leuten mit. Und sie nicht von uns."
"Also gut", sagte Danton leise, "wir gehen mit Ihnen. Vorerst. Wir leisten keinen Widerstand."
Ein resignierendes Seufzen ging durch die Kommunikationsspezialisten. Weitere, versteckte Waffen wurden an die ComStar-Angehörigen übergeben.
"Gut so, Colonel. Es ist wirklich nur zu Ihrer eigenen Sicherheit", sagte Vogt zufrieden. "Und um sicher zu gehen, dass Ihre Leute nicht irgendwann überreagieren, bitte ich Sie, mich zu begleiten."
"Ich werde isoliert?"
"Etwas in der Art. Keine Sorge, niemand tut Ihren Söldnern etwas an." Er sah ins Rund. "Und ich bürge persönlich für Colonel Dantons Sicherheit. Kommen Sie, Colonel, wir müssen gehen."

Danton folgte dem Elementare über die staubige Piste hin zum Lander der Diamanthaie. Sie betraten das Schiff über die große Rampe, durchquerten den Hangar und traten schließlich in den Quartierbereich ein. "Treten Sie hier ein, Colonel. SternColonel Trauthild Nagasawa wird sich gleich um Sie kümmern."
Danton fügte sich und betrat den kleinen Raum, der vor allem aus einem am Boden angeschraubten Stuhl und einem Klappbett bestand. Das Ganze befand sich auf zwei Quadratmetern Fläche maximal. Er setzte sich auf den Stuhl und wartete.
"Enttäuscht? Mein Quartier in der Basis ist wesentlich größer, wenn es Sie tröstet, Colonel."
Danton wandte sich der Eintretenden zu. Trauthild Nagasawa grinste sie an. Es erinnerte durchaus an das Grinsen des Hais, den er damals in Paris benutzt hatte, um einen der Vergewaltiger seiner Verlobten zu erpressen. Diese Frau war mindestens ebenso gefährlich.
"Sie trennen mich von meiner Truppe", warf er ihr vor.
"Ich bewahre Sie davor, schutzlos zu sein und die Leben Ihres Stabes zu gefährden", erwiderte sie im gleichen Tonfall. "Typisch, dass Sie das nicht zu schätzen wissen, Germaine. Da meint es mal einer gut mit Ihnen... Es war von vorneherein Ihr Fehler, sich keiner Ihrer Teileinheiten anzuschließen. Wären Sie mit der Angriffstruppe geflogen, die Captain Matthew befehligt, dann hätten Präzentor Steijner und ich nicht diesen Kuhhandel machen müssen."
"Was wollen Sie von mir, Trauthild?"
"Ihr Leben retten. Reicht das nicht? Ich schulde Ihnen noch was für den unverhofften Angriff auf Ihren Captain Jara."
"Danke? Und wenn ich sage, ich brauche gar nicht gerettet werden?"
"Sie werden in dieser Angelegenheit nicht gefragt, weil Ihnen wichtige Informationen fehlen. Sie haben es durchaus nicht nur mit Überresten des Clans Nebelparder zu tun, Germaine. Die Geschichte ist größer, als Sie denken. Selbst die Clanwache ist involviert. Von ROM ganz zu schweigen."
"Aber Sie sind nicht bereit, mir diese Informationen zu überlassen und mir die Gelegenheit zu geben, sie meinen Leuten zu bringen?"
"Nein. Ich brauche Ihre Truppen da, wo sie gerade sind. Alles ist perfekt. Und wenn sie... Nun, die Kämpfe auf Wayside V waren beeindruckend. Die aktuellen, meine ich. Ihre Leute werden sich gut machen."
"Gut machen wobei?" Als wenn er das nicht schon wüsste. Aber er wollte es von ihr hören.
"Sie werden es früh genug erfahren, Germaine." Wieder dieses Grinsen. "Sauer?"
"Ja, verdammt!"
Ihr Grinsen wurde zu einem Schmunzeln. "Gut. Oder auch nicht. Das ist eine Frage der Perspektive. Aber ich muss Sie bitten, mir zu vertrauen. Alles gehört zu einem größeren Plan, der viel Gutes für die Diamanthaie bringen wird."
"Und für die Chevaliers?"
"Es wird nicht Ihr Schaden sein, versprochen."
"Ich bin immer noch sauer. Füttern Sie mich nicht mit Appetithäppchen an und lassen mich dann hängen!"
"Mehr kann ich Ihnen leider nicht sagen, Germaine. Aber... Nun, wissen Sie, was man in meinem Clan macht, wenn eine solche Situation eintritt? Wenn zwei Gleichrangige einen Konflikt haben, den sie nicht auflösen können, aber unbedingt Harmonie herrschen sollte?"
"Ein Kreis der Gleichen?", witzelte Danton.
Nagasawa griff sich in den Nacken. Das Geräusch eines Reißverschlusses war zu hören. Es dauerte nicht lange, und ihr Overall glitt an ihr zu Boden. "Nein. Um ein gutes Verhältnis wiederherzustellen, paaren wir uns, Germaine. Im Interesse Ihrer Einheit und zugunsten der Beziehung zwischen meinem Clan und der Inneren Sphäre bestehe ich darauf."
"A-aber ich bin verl...."
"Das hat jetzt und hier nicht zu interessieren. Es ist ein kultureller Austausch, Germaine, kein Betrug an Ihrer Verlobten. Wenn wir uns derart verbinden, werden wir zueinander Vertrauen haben und zusammenarbeiten können. Außerdem war ich noch nie mit einem waschechten Terraner im Bett."
Danton seufzte. Aus DER Nummer kam er auch nicht wieder raus. "Das wird eine Menge Ärger geben, fürchte ich."
Nagasawa zog ihre Unterkleidung aus. "Später. Eventuell. Aber jetzt lassen Sie uns Spaß haben, Germaine."
"Ich hätte mir nie träumen lassen, Botschafter der Inneren Sphäre zu werden, indem ich mit einer Clannerin schlafen muss."
"Das Universum ist groß und voller Überraschungen", säuselte sie. Ihre Hände nestelten an seinem Gürtel. Sie schien sich wirklich darauf zu freuen. "Und wie es scheint, haben Sie bereits Diplomatenstatus", fügte sie erfreut hinzu.
Danton entledigte sich seiner Oberkleidung. "Also gut, gehen wir's an."

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

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Clan Blood Spirit

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