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Zum Ende der Seite springen A Cavaliers Legend
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Ace Kaiser Ace Kaiser ist männlich
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Dabei seit: 01.05.2002
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Themenstarter Thema begonnen von Ace Kaiser
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Für nur einen Tag hatten sie eine ganze Menge geleistet, fand Zorn. Zwar war der direkte Zugang zu den unteren Etagen noch nicht wiederhergestellt worden, aber über den Kabelschacht kamen und gingen Soldaten und Techs nach oben und unten. So viele, dass sie eine Art Ampelverkehr hatten einführen müssen. Das war auch dringend notwendig, denn noch während die Pioniere im wahrsten Sinne des Wortes den Boden aufmeißelten, da sich der Einsatz von Sprengstoff aus logischen Gründen verbot, arbeiteten die MechTechs bereits daran, einzelne Komponenten für den Einsatz vorzubereiten sowie zwei der mittelschweren Mechs, die beiden JägerMechs des eingelagerten Regiments, aufgrund ihrer Luftabwehreigenschaften bevorzugt vorzubereiten. Das würde bis zum Starten der Fusionsreaktoren rund drei Tage dauern, aber Zorn hatte ohnehin nicht vor, den ersten Schritt zu tun und den Weg hinaus zu suchen.
Was so aber auch nicht ganz richtig und ganz falsch war. Um den Leuten Tageslicht und frische Luft zu verschaffen hatte er gestattet, dass jedermann, so er oder sie wollte, in einer Nichtgefechtslage auf eine der beiden Luftabwehrplattformen gehen durfte. Natürlich in limitierter Zahl mit limitierter Zeit. Nachts war verboten. Zu groß war die Gefahr, dass sie irrtümlich für Schleichkampfinfanterie gehalten wurden. Ein Koller seiner Leute im Kastell war eher nicht zu befürchten, denn sie alle waren routinierte Raumfahrer mit viel Lebenszeit in Landungsschiffen. Außerdem hatte die überwiegende Mehrheit von ihnen wenigstens einmal im Leben über einen längeren Zeitraum in einer Bunkereinheit verbracht. Und die Bunker der Nachfolgestaaten waren wesentlich schlechter konstruiert als jene des Sternenbunds. Wenn man man von den Bunkern unter Tharkad City, der Hauptstadt des lyranischen Teils des Commonwealths, absah. Diese Anlage und deren Atomreaktor, der die gesamte Stadt erwärmte und eisfrei hielt, stammte aus Sternenbundtagen, wenn auch nicht von Sternenbundingenieuren.
Dennoch, frische Luft, die Illusion von Freiheit, war wichtig. Deshalb ging er das Risiko ein, hatte seine Offiziere aber ausdrücklich ermahnt zu erklären, dass diese Ausflüge auf persönliches Risiko erfolgten. Jederzeit konnten die Plattformen attackiert werden, und es war nicht davon auszugehen, dass der Angreifer auf zufällig dort herumlaufende ungepanzerte Leute Rücksicht nehmen würden. Das, was er jetzt also tat, in den späten Nachtstunden, kurz vor der hiesigen Mitternacht, war also grob gesprochen ein Protokollverstoß. Aber wenn nicht er, wer dann sollte das dürfen? Außerdem hatte er das mit Winningham, der als Offizier vom Dienst die Kommandozentrale befehligte, abgesprochen.

Es war also Nacht, und die Plattform war unbemannt, Kirrans Kampfschütze abgezogen, aber einsatzbereit direkt hinter der gigantischen Stahltür, welche sogar einen taktischen Nuklearsprengkopf abwehren können sollte. Nicht, dass er das einmal ausprobieren wollte.
Bei ihm waren Lieutenant Nadeen Kenderson, Ilona Medice und Werner Friedrichson, ein achtzehnjähriger AsTech, der vor etwa vier Jahren damit begonnen hatte, an der Tech der Cavaliers zu schrauben, während sein Vater Arne den Dunkelfalke der Einheit geführt hatte. Bis zur legendären Falle vor nur wenigen Wochen. Die kam Zorn manchmal so weit entfernt wie ein ganzes Leben, aber es war auch sehr viel passiert.
Diese vier Leute traten auf die Plattform hinaus, nachdem sie sich bei den zuständigen Wachen angemeldet hatten und suchten sich eine Ecke jenseits der drei Infanteriewachen, die hier zusätzlich zu den Kameras nach etlichen Schweinereien bis hin zu getarnten Kletterern Ausschau hielten. Alle drei standen natürlich jederzeit in Kontakt mit der Zentrale, wo die AsTechs darauf achteten, ob zu diesen drei oder den anderen auf der zweiten Plattform der Kontakt abbrach. Was ein klares Indiz für einen Angriff gewesen wäre.
Pappas hatte eine Thermoskanne und Becher mitgebracht, AsTech Friedrichson und Nadeen Kenderson trugen vier einfache Klapphocker in den Händen. Und Zorn hatte ein paar frisch gebackene Kekse aus der Feldküche der Einheit mitgebracht.
Nachdem sie eine lauschige Ecke gefunden hatten, stellte Zorn ein kleines Kompaktradio auf, das nicht von diesem Planeten stammte und ließ es bei mittlerer Lautstärke einen beliebigen Radiosender spielen. Eine Mischung aus Country und Pop. Durchaus hörbar. Danach stellten sie die Hocker im Kreis auf, nahmen Platz, und Pappas schenkte Kaffee ein. Zorn ließ den kleinen Beutel mit den Keksen kreisen.

„Also gut, Werner, ich höre zu.“
Der junge Techniker wurde wie die anderen drei nur vom Licht der Sterne beschienen, aber ihre Augen waren bereits an die Dunkelheit gewöhnt, sodass der Chef der Cavaliers durchaus sah, wie dieser die Augenbrauen hob. „Danke, Sir. Dass wir hier zu viert sitzen, hat wohl zu bedeuten, dass Sie mich ernst nehmen. Auch wenn ich die Anwesenheit von Miss Kenderson nicht so richtig nachvollziehen kann. Außer, Sie wollen das, was hier gesprochen wird, nicht wiederholen.“
Zorn konnte ein leichtes Grinsen nicht verhindern. „Sie müssen verstehen, Nadeen, unser Werner ist vielleicht im Moment nur AsTech. Aber seit er das erste Mal diese Werkzeugweste übergeworfen hat, im Dienste der Cavaliers, hat er sich schnell einen Namen als Computerfachmann gemacht. Er ist unter anderem zuständig für Platinenfehler und Programmierung bei den Mechs, und er ist gut. So gut, dass ich von seinen Plänen, zu ComStar zu gehen, nicht so begeistert bin.“
„Es ist nur eine Idee, aber Mr. Leary hat mir die Vor-, und Nachteile gut auseinander gesetzt. Aber dafür ist noch Zeit, mindestens bis zum Ende der Kampagne.“
„Das freut mich zu hören. Und jetzt raus damit. Was hast du auf dem Herzen?“
„Das wissen Sie doch schon, aber ich nehme an, auch das ist eine Information, die an Miss Kenderson gerichtet ist.“
Die derzeitige Anführerin der Firefighters verzog das Gesicht wie unter Schmerzen. „Ich komme mir leicht vorgeführt vor“, beklagte sie sich.
„Oh, es wird besser werden. Darf ich anfangen?“, fragte der junge, hagere Bursche mit einem Grinsen, das Grayson Death Carlyle zu Ehren gereicht hätte.
„Nur zu, Werner. Wir sind alle ganz Ohr“, sagte der Alte, wie man den Anführer einer Einheit oft mehr oder weniger liebevoll nannte .
„Es sind eher allgemeine Gedanken, wie sie sich jeder in der Einheit macht, Sir. Und es sind Gedanken, die keiner von uns ausspricht. Meistens jedenfalls nicht. Aber ich habe da doch einige Fragen, und die möchte ich mit ihnen klären, Sir. Bevor ich mich bei der falschen Person verplappere.“
„Die Tatsache, dass ich anwesend bin, bedeutet dann wohl, dass ich nicht zu den falschen Personen gehöre.“ Lieutenant Kenderson sah hinter sich. „Dass mittlerweile kein Infanterist mit geladener Waffe hinter mir steht, scheint das zu bestätigen.“
„Bleiben Sie ruhig, Nadeen. Ich hätte wesentlich schnellere und leichtere Wege gefunden, Sie und die anderen Firefighters loszuwerden, wenn ich das wollte. Immerhin sind Sie fern der eigenen Techs und haben nur ihre drei Kameraden dabei, solange Mr. Freemond das Lazarettbett hüten muss. Und das wird auch noch einige Zeit so bleiben. Und ja, ich vertraue ihnen und honoriere den Vertrag, den ich mit ihrem Boss ausgehandelt habe“, sagte Zorn. „Fahr fort, Werner.“
„Nun. Es geht um den Status der Einheit, genauer gesagt die derzeitige Stellung. Faktisch sind wir unangreifbar, seit wir hier im Kastell sind. Abgesehen vielleicht davon, dass jemand Atombomben auf uns werfen könnte. Aber ein klassisches Brian-Kastell sollte ein oder zwei Schläge überstehen können. Also erwarte ich nicht, dass selbst jemand wie Medice, der bereits geächtet und vogelfrei ist, so einen Angriff versuchen würde, selbst wenn er Zugriff auf atomare Mittelstreckenraketen oder taktische Nukes wie die Davy Crockett hätte, von denen es noch ein paar zehntausend in der Inneren Sphäre geben soll. Einfach weil sie ihm nichts nützen würden.“
„Soweit, so gut“, sagte Major Kenderson in das Schweigen hinein, das danach Einzug hielt. „Wo ist also das Problem?“
Der junge AsTech kratzte sich an der Stirn. „Ist das nicht offensichtlich? Nicht nur, dass wir hier drin nahezu unangreifbar sind, wir können auch jederzeit heraus, wenn … Falls wir das wollen. Die Cavaliers sind gerade der größte Junge auf dem Spielplatz, und wir können die anderen Kinder herumstoßen, wie immer wir wollen. Da draußen laufen ein paar kleinere Einheiten rum, aber seien wir ehrlich, selbst wenn sie sich einig wären und zusammen kommen würden, hätten sie was? Eine Kompanie? Zwei? Nichts, womit wir nicht den Boden aufwischen würden. Falls wir das wollen.
Aber es gibt ja noch mehr Optionen für uns. Wir können den ganzen Laden hier ausräumen, der Gouverneurin ihren Teil dalassen, die Miliz, die uns mitgegeben wurde, zur Bewachung zurücklassen, und mit unserer Beute zur Hauptstadt zurückkehren. Teufel auch, wir könnten sogar unsere Lander herkommen lassen und in aller Ruhe die Beute verladen. Unser Verbindungsoffizier wird schon den Mund aufmachen und sagen, was immer die planetare Regierung haben will und was wir für den Prinzen da lassen sollen. Kurz und gut, egal ob wir zur Hauptstadt zurückkehren, oder direkt vor Ort verladen, wir brauchen nur die Störenfriede da draußen zu beseitigen oder abzudrängen. Das wäre keine große Sache, selbst wenn sie einander nicht bekämpfen würden.“
Wie zur Bestätigung seiner Worte erklang ein kleines Donnergrollen, das sich am Berg brach. Zorn, der sich so gesetzt hatte, dass er die Plattform übersehen konnte, sah hinter einem der niedrigeren Berge eine Plasmalanze aufsteigen. Reaktortreffer. Irgend eine arme Sau war jetzt gut durch gebraten. Sollten sich die Einheiten da draußen gegenseitig dezimieren. So waren sie weniger und weniger ihr Problem.

„Sie wollen also sagen, wir haben schon so gut wie gewonnen“, sagte Nadeen Kenderson. „Und das ist es, was ihnen Bauchschmerzen beschert, AsTech.“
Der junge Cavalier nickte. „Ich fand es ein paar sehr gute Züge vom Alten, dass und wie er uns hier rein gebracht hat. In eine unangreifbare Position. Nahezu unangreifbar. Denn wäre sie perfekt unangreifbar, dann hätten die Sternenbundsoldaten damals nicht vor den Amaris-Truppen fliehen und ihr Tech verstecken müssen. Das ist übrigens richtig heißer Scheiß, Sir. Ich habe geholfen, den Computerkern des JägerMechs vom untersten Deck wieder hochzufahren. Feinste Tech, Sir. Und die Spare Parts, also die Ersatzplatinen, sind von gleicher Qualität. Und was die Programme angeht, die darauf laufen. Ich habe Jeannie bereits ein paar Vorschläge geschickt, welche Programme wir selbst verwenden oder nach deren Vorbild wir unsere eigene Software verändern sollten. Das ist viel besser als St. Jones. Teilweise die gleichen, aber eben sehr viel mehr. Alleine das, was im Gefechtsstandwagen zu finden ist, müssen wir unbedingt übernehmen, und ...“
Zorn hob eine Augenbraue.
Werner Friedrichson stockte. „Sorry. Zurück zum Thema. Also, wir sind hier unangreifbar und haben einen Schatz gefunden, den keiner von uns hier erwartet hat. Vielleicht Mr. Duvalle, aber der hat den Mund ja nicht aufgemacht. Ihnen gegenüber, Sir? Ja? Auf jeden Fall ergeben sich daraus ein paar Ungereimtheiten, die ich nicht verstehe, und die ich deshalb als Sicherheitsrisiko einstufe. Zum Beispiel warum der Bastard Medice zuerst St. Jones überfallen hat, anstatt zuerst hierher zu kommen, wo die größere Beute lauert. Aber hierauf ist die Antwort einfach: Er braucht die Feuerkraft.
Die braucht er eigentlich immer noch, aber da er heimlich operieren muss und wir mit Segen von Hanse Davion agieren, ist er im Zugzwang. Anstatt seine Truppe nach und nach aufzubauen, bis er stark genug ist, um das Kastell einzusacken, und damit das ganze Bataillon und die Panzer und die Fahrzeuge, muss er jetzt entweder alles verloren geben und versuchen, sich auf die kleineren Depots zu konzentrieren – oder zu verhindern versuchen, dass wir die Beute im Kastell einsacken. Selbst nachdem wir geteilt haben, ist das ein Riesenvermögen, und damit haben wir alle, alle in der Einheit, für immer ausgesorgt. Aber das ist nicht der Grund, warum wir zuerst hierher gekommen sind. Selbst wenn Sie wussten, Sir, dass dies der fetteste Happen der Beute ist.“
„Warum denkst du, dies ist der fetteste Happen, Werner?“, fragte Zorn trocken.
Dem jungen Mann entgleiste das Gesicht ein wenig. „Äh.“
„Du hast vollkommen Recht. Ich habe dieses Ziel gewählt, weil es das naheste der sechs Ziele ist. Medice kennt die Karte, die jetzt in unserem Besitz ist, und weiß das auch. Er könnte versuchen, eines der anderen Depots zu erreichen. Aber diese sind dann doch ein wenig verteilt. Deshalb habe ich mich auf Allans World eingeschossen. Ich habe durchaus erwartet, dass er bereits im Kastell sitzt und uns einen heißen Empfang bereitet, aber augenscheinlich konnte er nicht verhindern, dass wir, nun, vor ihm einziehen. Eventuell ist er auch noch nicht da. In dem Fall aber glaubt er, dass uns unser Vorteil, aus dem Kastell heraus zu handeln, nichts nützen wird. Soweit deine Gedanken, Werner?“
„Äh, ja, bis hierhin schon. Was mich zur zweiten Rutsche meiner Fragen bringt, und erklärt, warum unsere Infanteristen auf Wache unseren Unterstützungseinheiten lieber zweimal auf die Finger schauen.“
„Jetzt fängt er an, warm zu werden“, sagte Ilona Pappas. Sie trank einen Schluck Kaffee und knabberte dazu an einem Keks.

„Angenommen, er ist zu einem der anderen Depots weitergereist, stellt sich ohnehin die Frage, ob er genug Feuerkraft aufbringen kann, nachdem wir ihm seine Mechs weggenommen haben, oder? Ich meine, er könnte noch mehr Truppen in der Hinterhand haben. Diese merkwürdige Einheit mit dem verrückten Marodeur ist vielleicht ein Teil davon. Aber dann hat er definitiv geglaubt, sein Hinterhalt auf St. Jones würde ausreichen für das, was er vorhatte.“ Bei diesen Worten verkrampfte der junge AsTech seine Hände um die Kaffeetasse. Keiner der Cavaliers hatte seine persönlichen Verluste bereits verarbeitet. Oder vergeben. Oder beides. Auch ein Grund, warum Zorn zuerst hierher gekommen war.
„Ist er aber nicht weiter gereist, ist er sich sicher, dass er das Kastell nicht als erster zu besetzen braucht. Auch um die Beute scheint er sich keine großen Sorgen zu machen. Warum aber ist das so?“
„Das ist eine gute Frage. Wenn er selbst noch Einheiten aufbringen kann wie Logans Hangmen muss er sie vielleicht erst sammeln. Warum er dann eine ganze Lanze zum Stören der Aktion einsetzt und deren Verlust riskiert, das verstehe ich nicht“, sagte Nadeen Kenderson. „Ich meine, die vier Mechs waren sehr beeindruckend. Vor allem der Marodeur. Wir haben sehr viel Pech gehabt, denen in die Arme zu laufen, und die Cavaliers sehr viel Glück, dass unser Fehler dafür sorgte, dass sie nicht überfallen werden konnten. Ein Angriff auf eine kompakt marschierende Lanze oder aber auf eine Kolonne mit unbewaffneten Fahrzeugen und ausgefächertem Begleitschutz sind zwei unterschiedliche Dinge. Das hätte nicht nur Verluste, sondern auch einen nicht unerheblichen Aderlass bedeuten können.“
„Richtig. Einer der Gründe, warum ich Sie an Bord geholt habe, Nadeen. Sie und die Firefighters.“
„Danke, Sir.“
Zorn winkte ab. „Nicht dafür. Wie also geht dein Gedanke weiter, Werner?“

Der junge Mann entkrampfte die Hände und sah auf. Sein wehmütiger Gesichtszug wurde entschlossen. „Wir sind hier nur auf einige wenige Arten rauszubekommen. Oder angreifbar, wenn wir verladen. Ansonsten sind wir hier drin sicher. Das könnte man auf den ersten Blick durchaus meinen.“ Der junge Mann stand auf, ging ein paar Schritte, griff nach seiner kleinen Werkzeugtasche, die ihn fast überall hin begleitete, stellte sie wieder ab und setzte sich wieder. „Also, der große Schatz, den wir hier gefunden haben, setzt alle unter Zugzwang, außer uns. Die Meldung vom gewaltigen Fund ist natürlich per ComStar längst zu Prinz Davion rausgegangen. Der wird es sich nicht nehmen lassen, nicht nur auf seinem Anteil zu bestehen, sondern auch über die einzelnen Mechs zu verhandeln. Dafür wird er mit ziemlicher Sicherheit eine kleine oder mittlere Einheit schicken, die über ein entsprechendes Transportvolumen verfügen wird. Da hier mehr als genug Tech herumliegt, um – ich erwähnte es schon – uns alle reich zu machen, sind das Details, die uns nicht stören sollten. Jetzt gierig zu werden könnte ein böses Ende nach sich ziehen. Diese Einheit, die stark genug sein wird, um ihren Teil der Beute zu beschützen, dürfte in zwei, drei, maximal vier Wochen eintreffen. So lange können wir hier ausharren, richtig?“
Zorn nickte zustimmend. Zum Glück war ComStar neutral und erledigte seine Arbeit, wenn entsprechend bezahlt wurde. Außerdem hatte er persönlich beim Kommunikationsorden noch mehr als einen Gefallen gut, nachdem er das HPG auf St. Jones vor der Vernichtung bewahrt und die dortigen Adepten und Akoluthen vor dem sicheren Tod gerettet hatte.
„Alles nur eine Frage der Zeit. Normalerweise.“
„Aber wir können nicht darauf hoffen, die Sache auszusitzen“, behauptete der AsTech. „Was sind also die Möglichkeiten, uns hier raus zu kriegen? Nummer eins: Wir sitzen auf einem Dutzend Bomben, die von draußen gezündet werden, um uns auszuräuchern oder die Bunkertüren aufzusprengen, damit wir gestürmt werden können. Eher unwahrscheinlich. Wir haben nach so etwas gesucht, und nichts gefunden. Sicherheitshalber haben wir aber Störfunk auf den üblichen Frequenzen für Fernzündungen aufgestellt und aktiviert. Und selbst wenn alle Zugänge zugleich angegriffen werden, haben wir nur kleine Bereiche zu verteidigen und können uns ewig halten. Auf jeden Fall aber, bis Entsatz eintrifft,
Möglichkeit zwei: Eine richtig große Schleichkampftruppe erkämpft sich den Zugang in das Kastell und versucht, die Tore zu öffnen. Oder jedermann im Innern umzubringen. Oder beides.“
„Möglichkeit drei: Wir haben den Gegner mit uns rein genommen, und der lauert jetzt auf seine Gelegenheit“, sagte Lieutenant Kenderson. „Da wir aber keine versiegelten Container mitgebracht haben, die voll mit Elitesoldaten sein können, und wir niemanden angetroffen haben, als wir hinein gingen, kommen nur wenige Andere in Frage. Darunter wir, die Firefighters.“ Sie sah ins Rund. „Dann noch die Wolfs Dragoner, die sind aber genau wie ich und meine Leute zahlenmäßig im Nachteil. Sie müssten alle acht in ihren Mechs sitzen, und unsere Leute nicht. Und schlussendlich Bloodbourne und die Miliztruppen, die uns zur Verfügung gestellt wurden.“
Zorn nickte, machte aber einen Einwand. „Wobei ich bei Jessica durchaus bereit bin, meine Hand ins sprichwörtliche Feuer zu legen, ebenso für Second Lieutenant Han und ihre Leute.“
„Das heißt, für Steyer und seine Panzerfahrer sowie die Reservisten für unsere freien Mechs nicht“, folgerte Lieutenant Kenderson. Sie stockte. Aber nicht um sich dafür zu entschuldigen, dass sie sich zu den Cavaliers hinzu gerechnet hatte. „Moment, all diese Überlegungen setzen entweder voraus, dass die Cavaliers und alle, die nicht auf Seiten der Angreifer sind, ausgelöscht werden, oder aber dass die Verräter dann angreifen, wenn hier draußen eine große Party steigt, die uns nicht gefallen wird.“
„Ich denke nicht, dass Steyer mit seinen Panzerfahrern oder die Reservisten eine Gefahr für uns sind. Und wir haben ansonsten niemanden auf dieser Welt angeworben“, sagte Zorn.
„Bleibt noch die größte militärische Einheit auf diesem Planeten“, sagte Werner. „Die Allans World-Miliz. Laut eigener Aussage in der Stärke einer Regimentskampfgruppe, aber sehr infanterielastig und Panzerstark, nicht unbedingt bei den Mechs. Aber ein Teil davon wäre bereits stark genug, um uns aus dem Kastell zu treiben, wenn es sein müsste. Zumindest mit Unterstützung von innen. Die muss nicht einmal bereits vor Ort sein, denn die Miliz kennt das Kastell ja jetzt schon ein paar Jahrhunderte.“
„Und sie könnte den Job vermutlich in ein, zwei Wochen erledigen, bevor Hanse Davions Spediteure eintreffen“, sagte Ilona.
„Wir haben aber einen Pakt mit der Gouverneurin, Sharon Gettysburg. Und wie gesagt, es ist genug für alle da“, wandte Zorn ein.
„Und wir haben Probleme mit der Miliz gehabt. Colonel Astro Luckner hätte beinahe auf den Alten schießen lassen“, erwiderte Werner. „Was, wenn das kein Symptom war, sondern eine ernsthafte Verspannung zwischen Miliz und Regierung? Was, wenn Medice hier seine Finger drin hat? Was, wenn es genau diese Miliz, oder ein Teil davon ist, der sich gegen uns wenden wird? Sie haben das einzige Militär, das groß genug ist, um so einen Stunt auszuführen. Genau wie Miss Pappas sagt, bevor unsere Verstärkung eintrifft. Und es gibt anscheinend genügend interne Spannungen, die sich ein Silbermaul wie Medice zu Nutzen gemacht haben könnte.“
„Ach, deshalb sitzen wir hier draußen“, kommentierte Nadeen Kenderson. „Das ist dann wohl der endgültige Beweise dafür, dass Sie mir und meinen Leuten trauen, Sir.“
Zorn nickte bestätigend. „Das sollte für Sie allerdings von Anfang an offensichtlich gewesen sein.“
„Man hat … Sicherheitsbedenken, auch wo eigentlich keine sein sollten, wenn man für die Leben Anderer verantwortlich ist“, erwiderte sie.
Zorn lachte abgehackt auf. „Das verstehe ich.“

Der Anführer der Cavaliers sah ins Rund. „Dieses Gespräch habe ich bereits mit Winningham geführt, mit unseren eigenen Offizieren und auch mit der Gouverneurin und Bloodbourne. Es hat seinen Grund, warum wir erst nach einigen Tagen hier raus sind. Ich brauchte die Gelegenheit, mich mit Sharon zu treffen und einige Dinge abzusprechen. Zuerst eines: Sie, und damit Colonel Kyrensky, hält keinen der Milizionäre, die wir mit rein genommen haben, für ein Problem. Nicht, dass ich Captain Hiller nicht eingeschärft habe, trotzdem auf Nummer sicher zu gehen.“
Verstehendes Nicken antwortete.
„Zweitens: Ich führe dieses Gespräch mit dir, Werner, und mit ihnen, Nadeen, weil du drohtest, dich zu verplappern. Es ist eben nicht ausgeschlossen, dass wir nicht doch ein paar Agenten mit rein genommen haben. Hiller hat vor allem Anweisung, seine Leute nach Gesichtern Ausschau halten zu lassen, die zwar unsere Uniform tragen, die aber keiner kennt. Dreist siegt, und ich wäre durchaus bereit, in ähnlicher Situation solch ein Husarenstück durchzuziehen.“
„Oder es ist simpler, und wir haben mit den Techs der Mech-Lanze einen oder mehrere Agenten mit eingeschleust“, wandte Ilona ein.
„Oder das. Jedenfalls wollte ich das Gespräch nicht zweimal führen, da haben Sie vollkommen Recht, Nadeen. Das Problem, das mir auseinander gesetzt wurde, ist tatsächlich folgendes: Die Miliz steht nicht voll und ganz hinter der Gouverneurin. Nicht mal jetzt, nach Luckners Tod, gab es eine Zäsur. Dazu hatte er zu viele eigene Leute im Offizerskorps der Miliz. Und die sind alle noch auf ihren Positionen. Immerhin, Astro Luckner war bereit, ganz zuletzt auf seine Gouverneurin schießen zu lassen, also gehen Sharon und ich davon aus, dass er das sowieso in naher Zukunft vorgehabt hatte. Er wollte seine Pläne nur ein wenig beschleunigen.
„Alter. Was ist das hier für ein Drecksplanet?“, entfuhr es Werner. Er hielt sich eine Hand vor den Mund und murmelte hastig eine Entschuldigung.
„Brauchst dich nicht entschuldigen, ich gebe dir ja Recht. Die Sache ist die. Luckner ist der Favorit von Wengenbaum. Er und seine ganze Familie sind sozusagen der militärische Arm der Wengenbaum-Dynastie. Die Wengenbaums und die Gettysburgs sind seit der Erstbesiedlung des Planeten Konkurrenten um die höchsten Ämter, und dazu gehören das Kommando über die Miliz ebenso dazu wie das Amt des Gouvernors. Dazu Senatssitze, Polizeivorsitz, wichtige Posten in der Verwaltung, so in etwa. Die meiste Zeit ist es eine relativ friedliche Kooperation miteinander. Aber in den letzten Jahren gab es einige empfindliche Verschiebungen in Richtung Wengenbaum, die Sharon mit mehr oder weniger Kraftaufwand, sagen wir, korrigiert hat, bis das normale Maß wieder hergestellt war. Das hat den Wengenbaums sichtlich nicht gefallen. Deshalb haben sie vor etwa einem Jahr Luckner in die Kommandeursfunktion gehievt. Dies geschah auf Weisung des Innenministeriums, und ich weiß nicht, wie die Wengenbaums das hingekriegt haben. Aber dass er immer noch Colonel war, und nicht wie der vorige Miliz-Chef Brigadegeneral, ist ein Zeichen davon, dass sich die Wengenbaums selbst nicht ganz sicher über diesen Erfolg waren. Zudem ist jetzt mit Kyrensky wieder ein Verbündeter der Gettysburgs Miliz-Chef, und damit ist das Gleichgewicht erheblich zuungunsten der Wengenbaums verschoben.“
„Kurz und gut: Hier wird es bald krachen. Und wir sind genau zur richtigen Zeit vorbei gekommen“, sagte Ilona.
„Das fasst es sehr gut zusammen. Dazu kommt der Schatz, den wir hier entdeckt haben. Für die Ambitionen der Wengenbaums ist das ein riesiges Geschenk – wenn sie so viel wie möglich für sich beanspruchen können. Möglich, dass sie die Füße still gehalten hätten, wenn die eingelagerten Waffen St. Jones nicht übertroffen hätten. So aber sitzen wir auf einer Kriegsmaschinerie, die so groß ist, dass wir ohne jede Not mit all unseren Partnern teilen können und dennoch gut abschneiden werden.“
„Frage, Sir“, sagte Lieutenant Kenderson. „Würde der Anteil der Miliz nicht ausreichen? Für die Wengenbaums? Ich meine, ich war erst einmal auf dieser Welt, und ich kenne die Familie und ihre wichtigsten Vertreter. Industriemogule, die zum Beispiel die wichtigsten Lieferverträge für die Miliz halten, und so.“
„Ja, man sollte annehmen, dass der Anteil, welchen ich mit Sharon ausgehandelt habe, mehr als genug ist für die Allans World-Milz“, sagte Zorn bestätigend nickend.

In die nun entstehende Pause sagte Werner plötzlich: „Und hier kommt eine Partei ins Spiel, die gar nichts abkriegen wird, aber alles haben will und mit niemandem teilen muss, wenn sie es nicht will. Medice.“
„Exakt. Angenommen, die Miliz, welche den Wengenbaums zugetan ist, erfindet ein Szenario, das es ihr erlaubt, das Kastell anzugreifen, dann wird sie das tun, um die Gettysburgs zu schwächen und so viel von der Beute einzusacken, wie es ihr möglich ist. Bis die Verstärkung durch die Abfuhrspedition eintrifft, kann die Miliz ein Dutzend Mechs und Fahrzeuge auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen und behaupten, sie wären als Kollateralschäden vernichtet worden. Dazu müssen die unteren Etagen nur gesprengt werden, um jede Untersuchung der Vorgänge im Keim zu ersticken.“
„Wussten Sie eigentlich, in was für ein Wespennest Sie da stehen, Zorn?“, fragte die Anführerin der Firefighters.
„Sagen wir, ich habe es geahnt, als ich statt von der Gouverneurin vom Chef der Miliz eine Antwort per ComStar bekam. Und wie diese Antwort erfolgte, war ebenso merkwürdig. Als wir dann ankamen und der Colonel immer noch so renitent war, ja, uns sogar ermorden wurde, da war mir klar, dass auf dieser Welt mit einem gewissen Einsatz gespielt wird. Mir waren nur die Spielfiguren nicht ganz klar, bis ich mit Sharon allein reden konnte.“
„Im Klartext heißt das, es kann sein, dass wir hier gemütliche zwei Wochen an Sommerfrische verbringen, bis Davion seinen Teil geholt hat, oder aber der seit langem schwelende Konflikt zwischen den beiden größten Familien entzündet sich bei Mechs und Fahrzeugen mit einem geschätzten Wert von etwa einhundert Milliarden C-Noten“, sagte Werner trocken. „Von dem die Miliz so gut wie alles einsacken könnte, wenn sie das Kastell vernichtet, bevor Haus Davion eintrifft. Soweit richtig?“
Zorn nickte. „Soweit richtig. Das ist es was ich dich, Werner, und Sie, Nadeen, habe wissen lassen wollen. Dass ich euch vertraue, und dass wir entweder eine sehr ruhige Zeit haben werden, oder eine extrem aufregende.“
„Die ruhige Zeit können wir getrost vergessen. Medice mag vieles sein, aber gewiss kein Drückeberger. Er wird kommen und seinen Teil fordern“, sagte Werner. Es klang gepresst.
„Und wenn er kommt, schnappen wir ihn uns.“
Werner schnaubte zustimmend. „Lässt Jeannie deshalb den Beute-Marodeur wieder herrichten?“
Zorns Lächeln war eiskalt wie das Licht der Sterne. „Exakt.“
„Major Kenderson!“, rief eine Bariton-Männerstimme, die Zorn als jene von Thomas Jackson erkannte.
„Ich bin hier, Tom.“
Der ehemalige Infanterist und jetzige MechKriegeranwärter orientierte sich kurz, dann eilte er heran. „Ein Major Sikorsky von der Miliz will Sie sofort sprechen! Er sagt, es ist unabdinglich.“
„Unabdinglich? Nicht sofort notwendig oder lebenswichtig?“
„Nein, Sir. Unabdinglich.“
„Na, dann wollen wir uns doch mal anhören, warum das Gespräch unabdinglich ist.“ Zorn erhob sich. „Ich komme. Ilona, du auch. Lieutenant Kenderson, Werner, ihr könnt uns als stille Mäuschen begleiten.“
„Sikorsky ist einer von Luckners Leuten, oder?“, fragte Nadeen Kenderson, als sie ebenfalls aufstand.
„Auf jeden Fall ist er nicht der Chef der Miliz. Das ist Kyrensky“, sagte der junge AsTech, als er sich erhob, um dem Alten zu folgen.
„Ja, das ist er.“
„Und so beginnt es“, sagte Ilona Pappas, als sie sich auch erhob.

***

Es gab nur eine Audio-Übertragung. Die bestand allerdings aus einer richtigen Telefonleitung, nicht aus einen Funkanruf. Entweder der Sternenbund, oder aber die Miliz von Allans World hatte sich hier tatsächlich die Mühe gemacht, die Hauptstadt störungsfrei mit dem Brian-Kastell zu verbinden.
„Major Kenderson hier.“
„Major Sikorsky hier. Ich rufe an im Auftrag von Colonel Pallas, dem neuen Kommandeur der Miliz von Allans World.“
„Weiß Kyrensky davon?“, fragte Zorn geradeheraus.
„Lieutenant Colonel Kyrensky ist zur Zeit nicht erreichbar“, erwiderte sein Gegenüber. „Er hat sich der Verhaftung entzogen und ist, wie nennen die Zivilisten das? Untergetaucht.“
„Die Gouverneurin?“
„Hat Hausarrest auf ihremAnwesen auf dem Land.“
„Aha. Der Grund, warum Sie mich anrufen, Major Sikorsky?“
„Wie Sie sicher gerade gemerkt haben, gab es heute ein paar kleinere Veränderungen in der politischen und militärischen Landschaft von Allans World. Es wurde offiziell Anklage wegen Mordes an Colonel Astro Luckner erhoben. Angezeigt sind die Gouverneurin, ihr Erfüllungsgehilfe Kyrensky, ihre direkte Vertraute, Lieutenant Bloodbourne, und Second Lieutenant Han mit ihrem Flügelmann Corporal Shanks. Auch würde der Staatsanwalt bezüglich ihrer Rolle bei diesem Vorfall gerne mit ihnen reden und erfahren, warum Sie das Verbrechen nicht verhindert haben. Kurz und gut, ich erwarte Sie, die Angeklagten und ihre Führungsoffiziere spätestens morgen früh in der Hauptstadt, wo ich Sie den Behörden, beziehungsweise in ihrem Fall, Major Kenderson, den ermittelnden Beamten übergeben werde. Sagen wir, acht Uhr ist eine gute Zeit.“
„Die Miliz ist nicht zuständig“, sagte Zorn.
„Bitte, was?“
„Ich sagte, die Miliz ist nicht zuständig. Guten Tag, Herr Major. Ach, und Gratulation zur Beförderung.“ Zorn hängte auf. Darauf begann das Telefon zu klingeln. „Kenderson.“
„Hören Sie! Sie WERDEN ...“
Zorn hängte erneut auf.
Der Chef der Cavaliers zählte leise. Bei dreißig stockte er. Wieder klingelte es und er nahm ab. „Kenderson.“
„Polizeipräsident Wengenbaum hier. Hören Sie, Major Kenderson, es wurde offiziell Anklage erhoben, und ich erwarte, dass Sie mit den Ermittlungsbehörden kooperieren. Ich kann Sie auch für Vogelfrei erklären lassen, das nur als Warnung.“
„Was ist mit Ian Gettysburg passiert? Er ist Polizeipräsident.“
„War.“
„Und was ist mit ihm?“
„Bis zur Aufklärung des Mordes an Astro Luckner hat er Hausarrest auf dem Landgut der Gouverneurin, Five Forks.“
„Mit anderen Worten, die Gettysburgs haben sich eingeigelt, und Sie kommen nicht an sie ran.“
„Machen Sie sich keine Sorgen darum, wie ich meine Arbeit erledigen werde, Major Kenderson. Sehen Sie zu, dass Sie sich und die Angeklagten in die Hauptstadt zurückschaffen.“
„Das riecht mir zu sehr nach Putsch. Da mische ich mich nicht ein. Sie können ihre Ermittler aber gerne zu mir raus schicken. Ich habe da eine GefechtsROM, die sie sehr interessant finden werden. Ach, und bevor Sie darüber nachdenken möchten. Die kleine Reserve meiner Leute in der Kaserne ist abgezogen und dürfte sich jetzt an Bord eines meiner Landungsschiffe befinden. Besagte Landungsschiffe stehen jetzt unter Verschlusszustand und haben meine Erlaubnis, sich zu verteidigen. Also, ich erwarte dann ihre Ermittler. Acht Uhr scheint mir eine angemessene Zeit zu sein, wenn sie sich beeilen.“
„Das ist es. Damit sind Sie Vogelfrei“, drohte der Polizeipräsident.
Zorn lachte abgehackt auf. „Mein Auftraggeber ist Hanse Davion. Ich werde dabei sein, wenn Sie ihm zu erklären versuchen, warum Sie die Cavaliers zu Vogelfreien erklärt haben. Auf Wiederhören, Herr Polizeipräsident.“
Damit hängte Zorn wieder auf. Diesmal klingelte das Telefon nicht erneut.
„Scheint so, als wollen die Wengenbaums All in gehen“, klang die Stimme von Winningham auf, der zu ihnen trat. „Wir Dragoner und die Cavaliers sind zum Glück nicht erpressbar. Aber was ist mit den Angehörigen unserer Milizionäre? Was ist mit Bloodbourne?“
„Ich werde allen freistellen, mitsamt ihrem Material das Kastell zu verlassen“, sagte Zorn. „Wenn sie bleiben wollen, lasse ich sie bleiben. Wir werden sie dann nicht ausliefern. Mehr können wir für sie nicht tun. Leider.“
Er sah Winningham an und lächelte schmallippig. „Immerhin wissen wir es jetzt konkret: Medice ist auf Allans World. Das ist nahe genug an seiner Handschrift dran.“
„Dann geht es wohl los?“, fragte der Wolfs Dragoner. „Wir sollten ComStar warnen. Wer einmal ein HPG angreift, tut dies auch wieder.“
„Tun Sie es, Captain.“
„Ja, Sir. Meed, eine Verbindung zu ComStar. Ich will direkt mit Adeptin Sommer sprechen!“
„Und was jetzt?“, fragte Werner.
„Jetzt“, echote Zorn, „warten wir, wie viele Miliztruppen dieser selbsternannte Colonel Pallas zusammenziehen kann, um uns hier auszuräuchern.“
„Das dürfte sehr verlustreich werden. Für die Angreifer.“
„Das wird Medice egal sein. Und die Wengenbaums haben sich bereits zu weit aus dem Fenster gelehnt, um nicht weiter zu investieren. Wir werden sehen, ab wann es für sie zu teuer wird.“

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8.
04. Juni 3043
Brian-Kastell
Hauptkontinent Pangea
Allans World

Die Nacht verlief für die kleine Armee im Brian-Kastell relativ ruhig, wenngleich einer der Kampfschütze gegen vier Uhr morgens Arbeit bekam, als er mehrere ferngesteuerte Drohnen aus dem Himmel putzen musste. Drei explodierten dabei, die anderen stürzten nur ab. Auf der anderen Plattform gab es noch nichts derartiges zu tun. Aber das konnte als Angriff gewertet werden.
Gegen sechs Uhr wurde Zorn geweckt und in den Kontrollraum gebeten, weil ein Fahrzeug der Miliz vor den Toren stand und um Aufnahme bat. Bloodbourne stand neben ihm, als er mit der Besatzung des Infanterietransporters Kontakt aufnahm.
„Hier spricht Major Kenderson“, sprach er ins Funkgerät. „Ich rufe die Besatzung des Maxim-Schwebepanzers vor dem Haupttor.“
Eine junge Männerstimme meldete sich. „Hier spricht Sergeant Nikolai von der Miliz. Sir, wir bitten Sie um Aufnahme. Als der Putsch ausbrach, waren wir gerade beim Nachtschießen, und dann ging alles so schnell, dass wir uns von unseren Begleitfahrzeugen getrennt und dann einzeln durchgeschlagen haben. Als klar war, dass dies hier der nächste sichere Stützpunkt für uns ist, sind wir hier raus gefahren.“
Bloodbourne beugte sich ein Stück vor. „Janns, bist du das?“
„Bei Blakes Wort, Jessica, ich hatte so sehr gehofft, dass ich mit dir sprechen kann“, sagte der Sergeant. „Ich weiß, was du jetzt denkst, aber du weißt, ich war nie einer von Luckners Parteigängern. Und für meine Besatzung lege ich die Hand ins Feuer. Ich habe alle Leute meines Platoons hier mit an Bord, zumindest die, welche ich retten konnte, als der Feuerzauber losging, und wir bemerkten, dass die nächste Schießgruppe, die auf das Landsdale kamen, uns zum Ziel nahm. Eigentlich hatte ich gedacht, mit dem Tod des alten Bastards ist dann endlich mal eine Zeitlang Ruhe.“
Zorn wandte sich einem der KomTechs zu. „Geben Sie Befehl, die Gegend nach weiteren Fahrzeugen abzusuchen. Die Späher sollen vor allem nach dem Symbol Ausschau halten, das auf diesem Maxim zu sehen ist. Ein taktisches Panzerjäger-Abzeichen mit zwei Strichen für eine Kompanie, und einer Drei vor dem Kasten und einer Fünf dahinter.“
„Fünftes Hauptstadt-Milizbataillon, dritte Kompanie“, bestätigte Bloodbourne. „Ich hätte nicht erwartet, dass sich die Wengenbaums dazu hinreißen lassen, die eigene Miliz zu attackieren.“
„Was ist, wenn das Ding ferngesteuert ist, und bis zum Rand mit Sprengstoff vollgestopft wurde?“, fragte Zorn. „Was ist, wenn jetzt jede Sekunde irgendwer den Maxim attackiert, um uns dazu zu verleiten, ihn schnell reinzulassen? Was ist, wenn das nicht Ihr Bekannter ist?“
„Vielleicht, vielleicht, und nein, Sir. Das ist definitiv Janns Nikolai. Eigentlich niemand, den man dem Lager der Wengenbaums oder den Gettysburg zurechnet. Aber es würde passen, wenn die Wengenbaumtreue Miliz auch die Neutralen attackiert, bevor die sich dazu entschließen, doch noch eine Seite zu wählen. Ich schätze, der neue Chef hat die Parole „Bist du nicht für uns“ herausgegeben.“
„Okay, wir machen die Sache kurz.“ Er ergriff das Funkgerät. „Hören Sie, Nikolai. Sie und Ihre Leute verlassen den Maxim, damit wir Sie zählen können. Dann können Sie unbewaffnet und einzeln ins Kastell kommen, wo wir Sie durchsuchen werden. Eines meiner Feuerteams wird, wenn wir die Zeit dafür haben, ihren Maxim untersuchen und gegebenenfalls ebenfalls ins Kastell bringen. Sie wissen, die Zeiten sind hart, und Sie könnten einen mit TNT vollgestopften ferngelenkten Panzer mitten zwischen meine Leute fahren wollen.“
„Sir, ich versichere ihnen, dass dies nicht der Fall ist. Wir gehen auf ihre Bedingungen ein.“
„Zorn, wir haben Bewegungen. Keine Anschleichbewegung, sondern zwei Kondor, die ziemlich genau mit Höchstgeschwindigkeit auf das Tor zuhalten. Fünf Klicks entfernt, etwa siebzig Km/H schnell.“
Er ergriff erneut das Funkgerät. „Ich habe hier zwei Saladin-Panzer, die schnell näher kommen. Freunde von ihnen, Nikolai?“
„Saladins? Die hat nur die Herfordt-Miliz im Nordteil des Kontinents. Wir hatten die Nacht auch mit keinen zu tun gehabt. Unser letzter Kontakt war mit zwei Kondor, die uns mit ihren Autokanonen durch den Wald gejagt haben. Als sie zurück mussten, um Munition aufzunehmen, haben wir eine falsche Richtung vorgetäuscht, sie abgehängt und sind dann hergekommen.“
„Test bestanden. Sie machen jetzt genau das, was ich ihnen gesagt habe. Dann kümmere ich mich um ihren Truppentransporter.“
„Sir, wir haben die Kondors jetzt auch in der Ortung. GAZ unter fünf Minuten. Wenn wir hier erst die Truppen rauslassen, könnte das eng werden. Sollen wir diese Bande erst mal wieder abhängen und wir kommen später wieder?“
„Tun Sie, was ich ihnen gesagt habe. Sie kriegen keine zweite Chance.“
Ein kurzes Zögern. Dann: „Jawohl, Sir.“

„Maxie, allgemeine Frequenz. Rufen Sie die Kondor-Panzer“, befahl Zorn.
„Aye. Hier sprich das Brian-Kastell unter der Kontrolle der Kenderson Cavaliers. Wir rufen die beiden Kondor-Panzer, die sich uns rasant nähern. Bitte identifizieren Sie sich und ihre Absichten. Ich wiederhole, bitte identifizieren Sie sich und ihre Absichten.“
Bloodbourne warf einen Blick auf den aktiven Transponder. „Erstes Bataillon. Luckners Haus-, und Magen-Einheit. Wenn die mit angeschaltetem Transponder rumfahren, glauben die eher nicht, dass sie uns täuschen können.“
„Hier spricht Lieutenant Casey von der Hauptstadt-Miliz, Erstes Bataillon, fünfte Kompanie. Wir sind auf dem Weg, um Fahnenflüchtlinge zu stellen und zu verhaften! Mischen Sie sich nicht ein, Cavaliers, das ist eine interne Miliz-Sache!“
„Sir, aus dem Maxim sind genug Soldaten für ein Platoon ausgestiegen“, sagte Bloodbourne. „Infanterie und Fahrzeugcrew eindeutig zu identifizieren.“
„Na, der Part stimmt ja schon mal. Hiller, Zeit für ihre Leute.“
„Sir, der Captain hat eigentlich noch Schlafenszeit, aber ich habe ihn wecken lassen. Baumgarten übernimmt.“
„In Ordnung. Maxie, antworten Sie den Kondor-Panzern, dass wir das Umfeld von drei Klicks um das Kastell als Sicherheitszone sehen, und so weiter.“
Der KommTech nickte. „Achtung, Kondor-Panzer! Kendersons Cavaliers betrachten das Umfeld um das Brian-Kastell im Radius von drei Kilometern als Sicherheitszone! Drehen Sie ab, bevor Sie diese Zone erreichen, oder wir betrachten Sie als legitime Ziele.“
„Brian-Kastell, ich wiederhole: Dies ist eine interne Miliz-Angelegenheit! Mischen Sie sich nicht ein!“
„Geben Sie mir direkten Kontakt. Hier spricht Major Kenderson. Lieutenant Casey, wenn Sie die Sicherheitszone betreten, eröffnen wir das Feuer. Das ist die letzte Warnung.“
„Brian-Kastell, ich wiederh ...“, klang es auf, aber Zorn machte die Geste, die Verbindung zu kappen.
„Gut. Wie sieht es an der Haustür aus? Vierunddreißig Leute?“
„Herr Major, bin gerade ans Tor gekommen und übernehme“, klang Hillers Stimme auf. „Wir schleusen die Leute mit aller gegebenen Vorsicht rein, aber so schnell wir können. Außerdem schicke ich bereits ein Squad los, das den Transporter untersucht.“
„Sehr gut. Machen Sie in Ruhe. Wir haben Zeit, Hiller.“
„Sind Sie da sicher, Chef?“, hakte er nach.
In diesem Moment überschritt der vorderste Miliz-Panzer die drei Kilometer-Marke. Prompt schlug ein PPK-Blitz in seinen Bug ein, was den Fahrer überzeugte, etwas mehr Abstand zum Berg einzunehmen.
„Guter Schuss“, lobte Zorn. „Das war Private Stones Greif, oder, Darnell?“
Der gerade hinzu kommende Wolfs Dragoner grinste verschmitzt. „Richtig. Aber das ist noch nicht das ganze Schauspiel.“

Auf der taktischen Anzeige bewegten sich zwei Mechs. Der bereits erwähnte Greif und ein Victor, auch von der Kompanie Winninghams. Die beiden Mechs sprangen von der unteren Luftabwehrplattform mit Hilfe ihrer Sprungdüsen in die Tiefe. Der nicht getroffene Kondor eröffnete mit seiner Autokanone das Feuer, aber der Victor, auf den er zielte, verlängerte seinen Sprung einfach und landete nicht dort, wohin der Schwebepanzer schoss. Stattdessen feuerte der Greif nun erneut seine PPK und hatte auch noch die Unverschämtheit zu treffen. Dies überzeugte nun auch die Besatzung des zweiten Panzers, doch ein wenig mehr Abstand zu halten. Als diese wieder außerhalb der Sicherheitszone waren, stoppten sie.
„Stone möchte bitte seine LSR abfeuern“, befahl Zorn. „Nur weil wir bei drei Klicks die Grenze ziehen, halten wir uns nicht sklavisch daran.“
Winningham grinste nun offen und breit. „Doug, der Alte hat angeordnet, dass wir die beiden Panzer noch ein Stück weiter schicken. Wer einmal eindringt, will vielleicht wiederkommen.“
„Verstanden, Sir. Ich gebe denen ein Abschiedsgeschenk mit.“ Vom Greif lösten sich zehn Langstreckenraketen und flogen etwa sechshundert Meter auf beide Panzer zu, bevor sie sich in zwei Fünfergruppen aufteilten. In die beiden Panzer kam Bewegung, und sie drehten ab, um in die Deckung mehrerer Bäume zu kommen,
„Cavaliers, was soll der Scheiß? Wir sind aus ihrer Sicherheitszone raus!“, rief Casey über Funk.
Zorn ergriff das Sprechgerät erneut. „Die Zone wurde gerade auf sechs Klicks erweitert. Finden wir Sie in drei Minuten noch innerhalb dieser Zone, werden Sie vernichtet.“
Eine direkte Antwort gab es nicht, aber die beiden Kondor, die von den PPK-Blitzen schwer auf den Fronten getroffen worden waren, beeilten sich, auch das kleine Waldstück hinter sich zu bringen. Dabei wurde das vordere Fahrzeug und das hintere dreimal von LSR getroffen und erschüttert, aber beide blieben manövrierfähig und flohen weiter.
„Genug gespielt, Kinder. Kommt wieder rein ins Warme“, sagte Winningham. „Ach, und gut geschossen war das.“ Er sah zu Zorn herüber. „Ich denke, der Alte ist zufrieden, so wie es gelaufen ist.“
Der Major nickte zustimmend. „Lob an ihre Leute, Darnell. Es schadet nichts, wenn unsere Gegner wissen, dass wir hier drin nicht eingesperrt sind.
Wie sieht es am Tor aus?“
„Wir haben die Infanterie jetzt drin. Drei Verletzte, Sir, einer braucht schnell eine Behandlung. Fahrzeug, soweit wir es gecheckt haben, ist sauber. Aber wir empfangen die Signale eines Peilsenders.“
„Ach, so haben die Kondor Nikolai wiedergefunden“, sagte Jessica Bloodbourne. Sie schüttelte den Kopf. „Das ist alles nie und nimmer eine spontane Sache, die sich entwickelt hat, weil Sie dieses Bataillon fabrikneuer Mechs gefunden haben, Sir. Das hat die Aktion vielleicht ausgelöst, beschleunigt, aber geplant wurde das sicher schon eine ganze Zeit. Es tut mir leid, dass Sie in die Interna von Allans World reingezogen wurden, Zorn.“
„Sagen Sie so etwas nicht, Jessie. Im Gegenteil, die Cavaliers benutzen ihren internen Konflikt, nicht umgekehrt. Auf diese Weise locken wir unseren Erzfeind aus seiner Deckung. Und dann töten wir ihn.“
Die Lieutenant musterte den Chef der Cavaliers einen Moment, der sich zur Ewigkeit zu dehnen schien. „Sie sind sich sicher, dass der Vicomte auf Allans World ist.“ Es war keine Frage.
„Fast sicher“, erwiderte Zorn.
„Zentrale, der Maxim ist sauber. Bitte um Öffnung des Tors, um ihn reinzufahren.“
„In Ordnung, macht dem Maxim auf. Die Verletzten sollen ins Lazarett gebracht werden, die Mannschaftsdienstgrade bekommen Schlafplätze zugewiesen und sollen sich was in der Kantine holen oder duschen gehen. Sergeant Nikolai meldet sich bei mir, sobald er kann. Habe ich was vergessen?“
„Ja, Sir. Bewaffnen wir die Besatzung des Maxims wieder?“, fragte Winningham. „Das kann immer noch eine Art Fünfter Kolonne sein.“
„Jessie, kümmern Sie sich darum, zusammen mit Sally Han. Schauen Sie sich alle Männer und Frauen an, die mitgekommen sind. Seien Sie streng und stecken Sie lieber einen zu viel in die Arrestzellen als zu wenig. Die, die übrig bleiben, können sich ihrem Kontingent anschließen.“
„Jawohl, Sir.“
Zorn sah ihr nach, bis sie die Zentrale verlassen hatte. „Und so beginnt wohl der Hauptakt dieser Tragikomik.“ Wenn er ehrlich war, hätte er durchaus darauf verzichten können, in die internen Händel der beiden wichtigsten Familien des Planeten reingezogen zu werden. Aber immerhin, es erhöhte die Chance, Janard Medice zu erwischen, und das ein für allemal.

***

Der gestrige Tag hatte für Sharon Gettysburg überhaupt gar nicht aufgehört, aber der neue schon angefangen. So stand sie hier, unfähig zu schlafen, in der Kommandozentrale der Five Forks genannten Ranch außerhalb der Hauptstadt. Sie hatte all das erwartet, sie hatte sich drauf vorbereitet, sie hatte Fluchtwege für die Familie und Fluchthelfer vorbereitet, damit im Falle eines Falles alle auf dem Anwesen unterkamen. Und doch hatten die Wengenbaums sie doch kalt erwischt. Es war nur Leuten wie Clannad Kyrensky zu verdanken, dass sich ein Gros ihrer Familie auf die Ranch hatten retten können – oder in Allan City untertauchen konnten. Sie hatte eigentlich erwartet, dass der Tod von Astro Luckner die Bemühungen der verfeindeten Familie zurückwerfen würde, aber letztendlich sah es so aus, als sei er tatsächlich als dicke rote Zielscheibe aufgebaut worden, und einer seiner angeblich fanatischen Untergebenen der eigentliche Machthaber gewesen, der jetzt die Miliz beherrschte.
Auch hier, totales Versagen auf ihrer Seite. Sie hatten jene Truppen, die mit den Gettysburg sympathisierten, noch warnen können, aber die neue Milizführung hatte sich auch gegen Einheiten gewendet, derer Loyalität sie sich nicht sicher gewesen waren. Oftmals wurden diese Truppen nur verhaftet, entwaffnet, eingesperrt, aber in der Hauptstadt hatten die Männer und Frauen von Astro komplett durchgedreht und wo sie konnten das Feuer eröffnet. Clannad hatte, nachdem er ihr die Flucht aus der Gouverneursresidenz ermöglicht hatte, es auf sich genommen, diese Einheiten zu warnen und sie zu unterstützen. Doch seitdem hatte sie von ihm nichts mehr gehört, denn natürlich hatten die Wengenbaums auch die Polizei übernommen und Ian geschasst, von dem sie seither auch nichts mehr gehört hatte.
Sie musste sich eingestehen, dass der Schatz, den Kenderson gefunden hatte, viel zu groß gewesen war, als dass die Wengenbaums dieser Beute hatten widerstehen können. Wenn es daher ohnehin ihre Absicht gewesen war, sich der Cavaliers zu entledigen, passte alles zusammen. Das erklärte dann auch, warum Astro sich so kurz vor seinem Tod derart aufgeführt hatte. Entweder waren ihm tausende Wunder versprochen worden, oder der unfähige Arsch hatte mal was Selbstloses getan und sich für die Familie, die ihn getätschelt und hofiert hatte, geopfert. Nein, das verwarf sie sofort wieder. Lucker war gut darin, andere zu opfern, aber sein eigener Arsch war ihm immer heilig gewesen.

„Miss Gouvernor?“
Sharon schreckte hoch. Hatte sie etwa für einen Augenblick geschlafen? Gedöst? War sie mit ihren Gedanken zu weit entfernt gewesen?
„Ja, Claudine? Neues von Clannad?“
„Nein, Ma'am. Aber ich habe gerade Nachricht gekriegt, dass Harry und Sally in Sicherheit sind. Und Captain Norrington hat gemeldet, dass sein Atlas jetzt wieder voll funktionsbereit ist. Die Assault Guard ist gefechtsbereit.“
„Das sind ja wenigstens ein paar Lichtblicke, Claudine. Und wirklich nichts von Clannad? Oder Ian? Percy oder Yuria?“
„Nein, Ma'am, leider nein. Ich habe allerdings veranlasst, dass der Zugriff der Polizei auf das öffentliche Telefonnetz gehackt wird. Für zwölf Stunden wird nichts aufgezeichnet, und sie können auch nicht mithören.“
„Zwölf Stunden?“
„Vielleicht fünfzehn. Es kommt drauf an, wie dämlich die Polizei geworden ist, jetzt wo die fähigen Leute suspendiert oder auf der Flucht sind“, sagte sie mit einem leichten Grinsen. Verständlich. Der Virus war von ihr programmiert worden. Und sie hatte den perfekten Zugriff zum Polizeinetz gehabt, um ihn dort zu platzieren. Manche Vorbereitungen hatten eben doch funktioniert.
„Miss Gouvernor? Lauren Wengenbaum auf der Vier.“
Sofort war Sharon hellwach. Lauren war die Nummer drei in der Familienhackordnung und eigentlich für Public Relation zuständig, um die Wengenbaums als fähig, und die Gettysburgs als unfähig darzustellen. „Ich nehme an. Gettysburg hier.“
„Sharon. Ich bin nicht sehr erfreut, ihre Stimme hören zu müssen.“
„Das Gefühl beruht auf Beiderseitigkeit, Lauren.“
„Nun werden Sie mal nicht gleich biestig. Five Forks ist sehr gut befestigt, aber irgendwann ist auch diese Verteidigung durchbrochen. Ihre Lasertürme werden Sie nicht ewig beschützen.“
„Was wollen Sie, Lauren?“
„Ich will ihnen eine letzte Chance geben, quasi die Hand reichen. Kapitulieren Sie sofort, treten Sie von all ihren Ämtern zurück, sammeln Sie ihre Familie und die getreuen Gefolgsleute ein, und verschwinden Sie von unserem Planeten.“
Sharon runzelte die Stirn. „Komisch. Das Gleiche wollte ich ihnen auch gerade sagen, Lauren.“
„Das mag sein, aber Sie haben nicht Percy und Yuria MacMallon in ihrer Hand. Oder Justice Farnham. Oder Helena Masters. Und auch nicht Ian Gettysburg.“
Sharon fühlte, wie ihr heiß und kalt zugleich wurde. Das war ein Drittel ihrer Generation in der Familie. „Was wollen Sie, Lauren?“
„Das habe ich ihnen gesagt. Kapitulation, Rücktritt von allen Ämtern, und dann runter vom Planeten.“
„Sonst?“
„Sonst dürfen Sie über die Telefonleitung dabei zuhören, wie wir ihre Familienmitglieder exekutieren. Ach, und noch neunzehn weitere ihrer Getreuen, die zu stur waren zu erkennen, dass der Stern der Gettysburgs erloschen ist.“
„Wie wollen Sie das vor dem Prinzen rechtfertigen?“, blaffte sie ins Telefon.
„Wir machen natürlich keine Aufzeichnungen davon. Es wird sich schon ein Weg ergeben, diesen kleinen Massenmord den Cavaliers unter die Schuhe zu schieben. Gleich nachdem wir das Depot ausgeräumt haben, das sich im Kastell befindet.“
„Ich will mit ihnen sprechen!“
„Natürlich, Sharon. Schaltet bitte Lyrcam Wengenbaum in die Leitung.“
„Wengenbaum.“
„Lyrcam, mein missratener Neffe. Mach diesmal was richtig, und halte Ian Gettysburg das Telefon an den Kopf. Aber bitte richtig rum.“
„Ja, Tante. Ian, du hast Telefon.“
„Sharon! Egal was sie sagen, geh nicht darauf ein! Du musst ...“
„Das genügt. Jetzt Yuria.“
„Wenn es Sie glücklich macht“, sagte Lyrcam.
„Yuria hier. Die Lage ist verzweifelt, aber nicht hoffnungslos.“
„Hast du ihnen gesagt, dass du schwanger bist, Schatz?“
„Darauf nehmen sie keine Rücksicht. Und DU AUCH NICHT! Sharon, überlass diese Welt nicht Leuten wie Lauren, Dagobert und Claus! Versprich mir, dass unser Tod nicht umsonst ist und ...“
„Genug geplaudert. Wollen Sie noch jemanden sprechen, Miss Gouvernor? Todd Svenson vielleicht?“
„Himmel, wie ist der alte Todd da reingeraten? Er ist in Rente!“, rief Sharon aufgebracht.
„Aber er ist immer noch ein treuer Anhänger“, sagte Lauren. „Und ich werde keinen Gettysburg-Anhänger auf dieser Welt dulden, der wie ein Krebsgeschwür nur darauf wartet, die alten Zustände wiederherzustellen. Möchten Sie noch jemanden sprechen?“
„Ma'am, fragen Sie nach Justice“, raunte Claudine ihr zu, während sie eine Stoppuhr bediente.
„Ist Justice da?“
„Justice kommt sofort. Hier, Kind, sprich da rein.“
„Ich bin keine Idiotin. Hallo, Tante. Ich bin hier. Sie haben mich aus dem Internat geholt, um drei Uhr morgens. Sie sind mit einer Wespe gekommen, und ich habe den Wachen gesagt, sie sollen nicht ihre Leben opfern.“
Claudine sah weiter auf ihre Stoppuhr. „Weiter, weiter“, flüsterte sie.
„Lauren, ich verstehe ihren Hass. Aber dass Sie bereit sind, eine Fünfzehnjährige zu töten, ist unterirdisch böse. Lyrcam, warum machen Sie da mit?“
„Weil der Trottel keine andere Wahl hat. Außer Sohn zu sein kann er ja nichts. Und wenn er nicht spurt, kann er gleich mit ihnen abreisen“, sagte Lauren. „Sicher, dass er das nicht lange überlebt. Wie ist ihre Entscheidung, Sharon?“
„Ich will vorher noch wissen, ob Roger Sternbaum dabei ist.“
„Lyrcam, haben wir einen Mister Sternbaum unter unseren Gefangenen?“
„Yes, Ma'am.“
„Dann sei so gut, und lass ihn mit der Miss Gouvernor reden.“
Es dauerte einen Moment, dann klang eine atemlose Männerstimme auf. „Roger hier, Ma'am.“
„Roger, wie sind Sie da reingeraten?“
„Wortwörtlich haben sie gesagt: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Und dann haben sie zwei erschossen, Jarland und Cindy, und mich haben sie mitgenommen.“
„Lauren, Sie sind in unsere Bank eingebrochen?“
„Als wenn das jetzt noch etwas ausmacht. Also, ich denke, Sie haben lange genug geplaudert. Ich will jetzt ihre Entscheidung, sonst hören Sie gleich eine lustige Autopistole einunddreißigmal feuern.“

Sharon starrte auf das Telefon in ihrer Hand. „Wir geben auf. Garantieren Sie für unsere Sicherheit?“
Ein schrilles Lachen erklang. „Natürlich nicht! Und ich hatte auch nie vor, mit ihnen zu verhandeln. Ich wollte nur, dass Sie ihrer Familie und ihren Getreuen beim Sterben zuhören. Lyrcan, sei so gut und fang mit Justice an.“
„Nein! Warten Sie! Ich habe doch gesagt, wir geben auf! Tun Sie das nicht, Lauren! UM GOTTES WILLEN, NEIN!“
Das Zischen von Flechetten war zu hören, deutlich genug. Schmerzensschreie klangen auf, einzelne Pistolenschüsse kamen dazu, dann herrschte unmenschliche Stille.
Schritte kamen über die Telefonleitung, dann hörte Sharon, wie der Telefonhörer übergeben wurde. „Keine Verluste bei uns, Ma'am.“
Sharons Beine gaben nach, sie fiel nach hinten, und sie landete nur nicht am Boden, weil Claudine sie auffing. „Vorsicht, hier in den Stuhl, Sharon. Ja, so ist gut. Das war sehr knapp, Clannad.“
„Was sollte ich machen?“, erwiderte der neue Mann am Telefon. „Ich musste die ganze Mission quasi im Laufen planen, seit mein Insider bei den Wengenbaums mir berichtet hat, was die Familie vorhat. Ihre Leute sind übrigens alle tot, Mrs. Wengenbaum. Alle.“
„Dann danke ich ihnen, dass Sie mich endlich von diesem missratenen Neffen befreit haben“, sagte sie verärgert. „Sharon, es wird ein nächstes Mal geben!“
„Bitte legen Sie auf, Miss Governor“, sagte Clannad Kyrenksy.
Sie tat wie geheißen, und kurz darauf klingelte Leitung drei. „Gettysburg.“
„Lyrcan Wengenbaum hier. Kyrenskys Insider in der Familie. Keine Sorge, diese Leitung ist sicher und Gespräche werden nicht aufgezeichnet.“
„Lyrcan, Sie haben meine Familie gerettet. Egal, was Sie wollen, was immer Sie haben wollen, so es in meiner Macht steht, ich werde es ihnen geben!“
„Ich habe sie nicht gerettet, weil ich belohnt werden wollte, sondern weil Justice noch ein Kind ist, und Yuria im fünften Monat schwanger.“
„Hey! Ich bin kein Kind mehr!“
„Und weil die anderen es nicht verdient haben, zu sterben. Diese ganze verkorkste, durchgeknallte, verdorbene Familie kann wegen mir zur Hölle gehen. Alle bis auf vier.“
„Ich werde mir ihre Liste anhören und verspreche, was immer ich kann. Sie scheinen ja zu glauben, dass wir gewinnen werden.“
Beinahe glaubte sie den jungen Wengenbaum grinsen zu sehen. „Ich weiß, dass Sie es werden. Ich habe den großen Planer der ganzen Aktion kennengelernt, und er ist genau so wie Kenderson gesagt hat: So sehr von sich selbst überzeugt, dass Versagen für ihn keine Option ist. Und genau wie auf St. Jones steuert er lieber direkt auf eine Katastrophe zu als irgendwelche Fehler zuzugeben. Immerhin hat er diesmal nicht vor, ComStar anzugreifen. Und Atombomben hat er auch nicht. Glaube ich. Vertrauen Sie auf Clannad und Kenderson.“
„Das werde ich tun. Und jetzt seht zu, dass ihr da weg kommt, bevor ihr euch mit der Polizei schießen müsst.“
„Kyrensky hier. Wir sind schon dabei. Ich schicke dir, wen immer ich nach Five Forks rüberkriege, Sharon.“ Damit legte er auf.
Die Erleichterung war so groß, Sharon hätte sich nicht gewundern, wenn ihre Blase nachgegeben hätte. So aber zitterte sie nur wie nach einem kräftigen Orgasmus. „Claudine, ich nehme an, Sie standen mit Clannad in Kontakt und haben mich benutzt, um Zeit zu schinden.“
„Es war etwas hektisch und turbulent, um Sie einzuweihen, Sharon. Ich selbst wurde gerade erst kontaktiert und musste schnell schalten. Ein paar Sekunden zu spät, und ich weiß nicht, wie sich Lyrcan entschieden hätte mit dem eigenen Leben auf Messers Schneide.“
„Es ist egal. Er hat uns geholfen, Clannad hat alle gerettet, und Sie haben gemacht, was in ihrer Macht stand. Informieren Sie Zorn über das, was hier passiert ist. Er muss auf dem neuesten Stand bleiben.“
„Ich bin schon dabei.“
Dieser Janard Medice, was musste der für ein Mann sein, wenn er die wahrlich nicht gerade zimperlichen Wengenbaums zu so einer widerlichen Erpressung treiben konnte? Nein, korrigierte sie sich selbst. Zu diesem Mordversuch, denn Lauren Wengenbaum hatte ja gesagt, dass sie ihre Familienmitglieder so oder so erschossen hätte. Dieser Kelch war diesmal an ihr vorüber gegangen. Aber wie viele Federn würde ihre Familie in diesem ewigen Krieg noch lassen müssen? Es wurde wohl Zeit, die Sache mit den Wengenbaums ein für allemal zu beenden. Allerdings nicht so, wie Lauren oder Dagobert es gerade versucht hatten. Sie würde die Gettysburg-Methode anwenden. Und die Cavaliers würden dabei ihr Werkzeug sein.

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29.08.2024 22:40 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Zorn hatte es sich ein wenig gemütlich gemacht und das Büro des Stützpunktkommandanten auf dem dritten Stock konfisziert. Ein großes, aber karg eingerichtetes Büro. Immerhin war es mehrfach geplündert worden. Alles, was hatte entfernt werden können, bis auf die Kommunikationseinrichtung, hatte im Lauf der letzten Jahrhunderte Füße gekriegt. Nun, da die Plünderer so einsichtig gewesen waren, nicht die Stromkabel aus den Wänden zu reißen, um das Kastell eventuell selbst nutzen zu können, hatte Zorn aus der Reserve nur einen Monitor und einen tragbaren PC anschließen müssen, um Zugriff auf das Komm-System und die Kameras zu haben, welche gut versteckt und notfalls gegen einen Atomschlag sicherbar in und um das Kastell verteilt waren. Ein Klapptisch und ein Bürostuhl aus dem zum HQ umgebauten Fahrzeug sowie zwei Besucherklappstühle vervollständigten die Einrichtung. Ja, karg, aber immerhin seines. Vielleicht wäre es im Wagen einfacher gewesen, doch man sollte die Abgeschiedenheit eines Büros nicht unterschätzen.
Dementsprechend war es nur logisch, dass Josie Halbard das Vorzimmer besetzt hatte und ihm von dort zuarbeitete. Wie sie auf die Schnelle ihre Einrichtung zusammen gekriegt hatte, die aus einem richtigen Schreibtisch bestand, war Zorn schleierhaft, aber er wollte auch nicht fragen.
Gerade hörte er sie sagen: „Gehen Sie durch. Er wälzt gerade nur ein paar Akten.“
Interessiert sah er von den Personalakten auf, die er gerade studierte. Wer mochte das sein?
Es klopfte zaghaft. „Major Kenderson?“
„Herein, Akeem“, rief er, der die Stimme des Chefs seiner Panzertruppe wohl erkannt hatte.
Die Tür öffnete sich ein Stück. „Sir, ich weiß nicht, ob es wichtig ist, aber ich wollte ihnen etwas erzählen, was mir vorhin wieder eingefallen ist.“
„Da Sie nicht im Laufschritt her geeilt sind, nehme ich an, wir können nebenbei einen Kaffee trinken, Akeem.“
Josie goss derweil zwei Tassen ein. Zorn wagte nicht zu fragen, wo sie die Tassen, das Kaffeepulver und die Kaffeemaschine her hatte. Die Tassen hatten das Logo des Sternenbunds als Aufdruck, und deshalb hatte er ein wenig Angst vor der Antwort. Wie hatte Josie geschafft, woran sogar Amaris' Raubritter gescheitert waren, geschweige denn die Miliz, die zwei Jahrhunderte Zeit für Plünderungen gehabt hatte?
„Zwei Stücke Zucker, schwarz für Captain Muller?“, fragte sie.
„Ja, danke, Miss Halbard“, erwiderte der breitschultrige, aber nicht besonders große ehemalige Infanteriekommandeur der Cavaliers.
„Josie, herrgottwieoftdennnoch? Akeem, wir kennen uns seit fünf Jahren, und ich rufe Sie beim Vornamen. Sie haben da nichts gegen, also warum nennen Sie mich nicht auch einfach bei meinem Vornamen?“ Mit etwas zu viel Schwung stellte sie die Kaffeetasse vor ihm ab. Der arme Klapptisch gab ein entsprechendes, warnendes Geräusch ab, was sie die Miene verziehen ließ. „Ich lasse einen richtigen Schreibtisch hoch schaffen, sobald der Durchbruch fertig ist“, sagte sie. „Hier, Zorn. Schwarz und stark, wie eine gewisse Griechin.“
Seine Tasse setzte sie vorsichtiger ab, aber ihre Worte irritierten ihn. Warum spielte die junge Frau jetzt gerade auf Ilona Pappas an?
„Danke, aber ich hätte gerne etwas Milch, damit er mehr den Haaren von Oberleutnant Kenderson gleicht“, sagte er, nur um die Sekretärin zu irritieren.
„Ach, interessiert dich doch endlich mal ein Mädchen? Ich hatte schon befürchtet, du würdest dich dem Asketentum zuwenden.“
„Josie ...“, sagte er tadelnd.
„Drei Jahre in der Einheit, und du hast nicht eine Beziehung geführt, Zorn. Weißt du, was für eine kalte Dusche das für die Frauen in der Einheit ist?“
Da hatte sie Recht, aber warum eigentlich? Wenn er ehrlich war, dann war Nicole Farnsworth seine letzte feste Beziehung gewesen, und die hatte geendet, als er zu den Cavaliers gegangen war. Sie hatte nicht mitkommen wollen, weil sie Mala nicht zurücklassen wollte, aber damals war kein Platz für die junge N'Gombe gewesen. Zumindest wenn er die Essenz ihrer vielen Gespräche auf den Punkt brachte. Mochte sein, dass er sich den Ärger, den eine Beziehung bedeutete, diesmal ersparen wollte.
„Manche behaupten ja, du wartest darauf, dass Ellie alt genug wird. Siehst du, wie arg es um dich steht, Zorn? Such dir eine Freundin. Es ist ja nicht so, als hättest du gerade nicht genug Zeit, solange sich die Idioten draußen gegenseitig die Köpfe einschlagen und noch keiner versucht, reinzukommen.“
„Muss das ausgerechnet jetzt sein? Und das vor Captain Muller?“, tadelte Zorn.
„Was? Ach, iwo. Akeem ist Beziehungsunfähig. Der versteht nicht mal, wovon wir reden.“
„Ich bin nicht beziehungsunfähig“, sagte der Panzerfahrer mit leichter Zornesröte. „Ich habe nur keine Zeit für so einen Unsinn!“
„So? Ist Essen für dich auch Unsinn, Akeem?“
„Natürlich nicht.“
„Na, dann kannst du ja mit mir zu Mittag essen, und wir sehen, ob sich was ergibt. Einverstanden?“
Der junge Cavalier war vollkommen überrumpelt. Hilfesuchend sah er Zorn an, der aber nur die Achseln zuckte. „Einmal essen gehen wird schon nicht schaden. Immerhin ist es unsere Kantine, und es gibt keine Rechnung.“
„Ja, einmal essen wird nicht schaden. Einverstanden … Josie.“
Das schien die Sekretärin des „Alten“ erfreuen. „Ach, Zorn. Akeem und du arbeiten seit drei Jahren zusammen. Du kannst ihm gegenüber ruhig etwas lockerer sein. Akeem, dann bis zum Mittagessen.“ Sie beugte sich vor und gab dem verdutzten Offizier einen Kuss auf die Wange. „Nicht vergessen, verstanden?“ Danach verließ sie das Büro und schloss die Tür so leise, dass sogar die quietschenden Türangeln leise blieben.

Zorn starrte der jungen Frau nach und verspürte kurz einen Stich Eifersucht. Wenn er ganz ehrlich zu sich war, störte ihn etwas am Gedanken, dass seine Josie mit Akeem Essen ging, auch wenn es nur die Kantine war. Er schüttelte den irritierenden Gedanken ab und griff nach dem Kaffee. Ein kurzer, heißer Schluck und die überraschende Erkenntnis, dass das Kaffeepulver garantiert nicht aus Sternenbundzeiten stammte später sah er zu Akeem herüber, der nun ebenfalls am Kaffee nippte.
„Guter Kaffee“, lobte er. „Apropos Kaffee. Was ich erzählen wollte, ist, dass ich während der Vorbereitungsphase allein und in Zivil in der Hauptstadt unterwegs war. Bisschen raus aus dem Milizviertel, in die Innenstadt. So ein wenig lauschen, was die Leute von Gettysburg halten, und wie sie den Tod von Astro Luckner sehen.“
„Sprechen Sie weiter“, sagte Zorn. Er hielt kurz inne, sich dran erinnernd, was Josie gesagt hatte, und fragte: „Darf ich du sagen, Akeem?“
„Wenn du es nicht angesprochen hättest, würde ich fragen“, erwiderte der Panzerfahrer grinsend. „Also du, Zorn.“
„Einverstanden. Sprich weiter, Akeem.“

„Wie ich schon sagte, ich wollte nur hier und da ein wenig lauschen. Was man so allgemein hören kann. Ich habe mir keine Illusionen gemacht, nicht sofort als Fremdweltler erkannt zu werden, auch wenn ich meine Kleidung an die einheimische Mode angepasst habe. Und das war im Nachhinein sogar mein Glück. Ein Unbekannter lud mich auf ein Bier in einer abgelegenen Bar ein und hat mir eine interessante Geschichte erzählt.“
Akeem nahm einen weiteren Schluck. „Er sprach mich direkt darauf an, dass ich ein Cavalier bin. Ich bejahte, da ich nichts zu verbergen hatte. Daraufhin lud er mich auf das Bier ein, und wir nahmen an einer gemütlichen Theke Platz. Dort, beim Bier, erzählte er mir, dass er Fluglotse am Raumhafen sei. Er hätte da etwas merkwürdiges beobachtet, aber das könne er niemandem vom Planeten erzählen. Zu große Gefahr, an einen Wengenbaum zu geraten, sagte er. Der Barkeeper, der uns bediente, war übrigens aus dem Gettysburg-Lager oder zumindest neutral, sodass er gar nicht erst versuchte, unsere Unterhaltung zu belauschen. Jedenfalls berichtete mir der Fluglotse, dass die Radarüberwachung über dem Conrad-Zacken seit Tagen eine Lücke hat.“
Zorn wandte sich dem Monitor seines Computers zu und rief eine Weltkarte von Allans World auf. Der die Welt beherrschende Hauptkontinent hatte mit viel Phantasie die Form eines Sterns, von dem Landschollen wie Zacken abstanden. Der flachste dieser Zacken, entstanden durch einen Subkontinent, der sich in die Hauptscholle hinein geschoben hat, hieß Conrad-Zacken. Das Interessante daran war, dass dieser Zacken ein Nachbar des Artif- Hochgebirges war, in dem sich das Brian-Kastell befand. Zorn war kein Geologe, aber er verstand genug von Tektonik, um zu sehen, dass das Gebirge auf diesem Zacken vom Conrad-Zacken aufgeschoben worden war. Der Subkontinent musste quasi teils unter der Hauptplatte, teils neben ihr her treiben. Möglich, dass der Hauptteil unter dem Artif-Zacken lag. Jedenfalls war die Information, dass jemand jemandem in relativer Nähe zum Brian-Kastell eine unbewachte Einflugschneise geöffnet hatte, leicht erschreckend. Und dies bereits mehrere Tage lang.
„Hat dein neuer bester Freund irgendwas dazu gesagt? Örtliche Behörden, seine Vorgesetzten, irgendwas?“
„Nein, leider nicht. Auf Conrad gibt es nur wenige Siedlungen, aber viele großflächige Agrarbetriebe. Wengenbaum-Land, so hat er es umschrieben.“
„Wengenbaumland“, echote Zorn. „Sie wollen, dass dort jemand oder jemande starten und landen können, ohne dass es Beweise gibt. Der hiesige Fluglotsenbetrieb arbeitet sicher mit ROM-Discs, richtig?“
„Jeder Fluglotsenbetrieb arbeitet mit ROM-Discs, nicht nur der hiesige. Deshalb wurde ja auch diese Lücke in der Radarüberwachung geschaffen. Soweit mein Kontakt weiß, ist das in diesem Jahr noch nicht vorgekommen, und auch nicht die letzten Jahre. Die örtliche Verwaltung macht Wartungsarbeiten am zuständigen Radar verantwortlich, veranschlagt allerdings noch mindestens drei Wochen für die Reparatur. Die Aufstellung eines mobilen Geräts wurde von der Miliz abgelehnt, weil der Conrad-Zacken „zu unwichtig“ ist. Das hat noch Luckner selbst entschieden. Und bevor Kyrensky was raus schicken konnte ...“ Akeem beendete den Satz nicht. Das musste er allerdings auch nicht. „Gibt es übrigens was Neues vom Putsch?“
„Ja. Die Wengenbaums haben versucht, einen Teil der Gettysburg-Familie umzubringen, aber sie konnten von Kyrensky gerettet werden. Unter ihnen war eine Teenagerin und eine schwangere Frau.“
„Zorn, ich kenne die Wengenbaums nicht, aber ich mag sie jetzt schon nicht.“
„Da sind wir schon mal zwei. Hast du eine Möglichkeit, den Fluglotsen zu kontaktieren?“
„Nur die Bar. Er hat mir nicht gerade seine Briefadresse oder seine elektronische gegeben. Ich sehe jetzt auch nicht, wie er weiter nützen sollte.“
„Hm“, machte Zorn. „Das kann man nie vorher wissen. Aber kümmern wir uns erst mal um die Hauptsache.“

Er griff zu seinem Telefon. „Josie, die sichere Leitung zu Madame Gouvernor, bitte.“ Zorn wartete ein paar Sekunden. „Die Gouverneurin, bitte. Wenn sie nicht da ist, gerne Kyrensky. Danke. Ich warte. Ah, Sharon. Nein, ich weiß nicht, ob es wichtig ist, das müssen Sie entscheiden. Einer meiner Offiziere berichtet mir vom Ausfall des Weltraumradars auf der Conrad-Zacke. Ja, über den mit Wengenbaum assoziierten Agrarbetrieben. Nein, tut mir leid, ich bin hier in den Artif-Bergen zu weit weg, und ich habe keine Hubschrauber. Ja. Ja. Okay. Danke, Sharon. Auf Wiederhören.“ Er legte wieder auf. „Sie senden einen Hubschrauber von einer Abteilung der Miliz, die auf Kyrensky hört. Der schaut mal vorsichtig nach, ob und was da unten los ist. Was offensichtlich ist: Da unten landen Truppen, die mit den Wengenbaums assoziiert sind. Ich dachte, wir könnten hier in Ruhe die Zeit aussitzen, bis Hanses Feuerwehr Allans World erreicht, aber es kann sein, dass ich mich da geirrt habe. Immerhin, diese Welt ist ein wichtiger Handelsknotenpunkt, vor allem weil Landungsschiffe nur einen guten Tag von den Sprungpunkten zum Planeten verlieren. Dazu liegt er an zwei wichtigen Handelsrouten, das könnte schon Begehrlichkeiten wecken.“
„Moment, nur damit ich das richtig verstehe. Wir suchen hier nach einem Sternenbunddepot, um Medice eine Falle stellen zu können, landen auf einem wichtigen Handelsplaneten und geraten in einen uralten Konflikt der beiden vorherrschenden Familien, der nun so weit geht, dass eine von ihnen einer Invasorstreitmacht unbekannter Größe ein Einflugtor auf den Planeten geöffnet hat? Also, wären wir in einem Roman, würde ich dem Autor jetzt auf die Füße treten, weil er übertreibt.“
„Aber es würde erklären, warum Medice solch eine Seelenruhe dabei hat, obwohl wir das Depot als Erste entdeckt haben. Und dass er keine Angst davor hat, dass Davion-Truppen uns in ein paar Wochen verstärken werden. Das muss nicht mal auf seinem Mist gewachsen sein, das kann auch von den Wengenbaums kommen. Wenn sie sich schon offen gegen die Gouverneurin stellen, uns das Depot wegnehmen wollen und noch einige andere Dinge tun wollen, für die Hanse viele, viele unbequeme Fragen stellen würde … Wäre da ein Wechsel des Hauses mitsamt dem ganzen Sonnensystem nicht die beste Option?“, sinnierte Zorn. „Oder übertreibe ich hier maßlos?“
„Es würde zumindest erklären, warum Luckner uns zur Not mit Waffengewalt davon abhalten wollte, nach dem Depot zu suchen“, sagte der Panzerfahrer. „Die Pläne der Wengenbaums waren in dem Moment gefährdet, als wir das im Kastell eingelagerte Regiment entdeckt haben. Und wenn sie jemand anderen vorschicken können, um das Kastell einzunehmen, umso besser für sie. Wir haben ja laut genug mitgeteilt, was es hier alles zu holen gibt.“
„Das ist gut. Dann würde ein eventueller Invasor seinen bestehenden Plan komplett über den Haufen werfen müssen, und er müsste improvisieren. Das macht ihn anfällig für Fehler“, sagte Zorn. „Aber so weit sind wir noch nicht. Die Draconier würden sich nicht so tief ins Gebiet der Vereinigten Sonnen wagen, auch wenn wir relativ nahe an der ehemaligen Peripherie stehen, die Capellaner sind noch weiter weg, und die Außenweltallianz hat kein Interesse an dieser Sternenregion. Ein anderes Haus wird hier schwerlich einschreiten, egal wie hoch der Profit sein könnte. Die Draconier müssten ein halbes Dutzend Welten erobern, nur um eine Verbindung zu ihrem eigenen Staatsgebiet zu haben. Das könnte man für einen Angriff auf New Avalon in Kauf nehmen, aber nicht für Allans World.“
„Bist du sicher, was die Draconier betrifft?“, fragte Muller. „Es sind nur siebzig Lichtjahre bis zu ihrer nächsten Welt, also minimal drei Sprünge. Es wäre zudem nicht das erste Mal, dass einer ihrer Distrikt-Kriegsherren versucht, auf eigene Faust Ruhm und Beute zu ernten.“
„Wir behalten das im Hinterkopf. Warten wir ab, was Clannad über diesen ominösen nicht überwachten Bereich herausfinden kann. Wir ...“
„Zacharias, es kommt wieder jemand ans Tor, soll ich dir ausrichten“, sagte Josie von der Tür.
„Ich hätte ihr das nicht erzählen sollen“, murmelte er, und etwas lauter: „Komme.“
„Zacharias?“, fragte Akeem verdutzt.
„ZORN“, korrigierte Zorn eine Spur zu laut. „Aber eigentlich Zacharias Orville Rudeus Napoleon. Zusammen Zorn. Ich habe das auch bereits offiziell ändern lassen. Und ich möchte nicht weiter drüber reden.“ Er kam um den Schreibtisch herum. „Wenn du Zeit hast, kannst du mitkommen. Ich bin gespannt, wer da gerade angekommen ist.“
„Ja, ich habe Zeit.“ Auch Muller erhob sich. „Aber Zacharias ...“
„Wir haben einen Brief an Zacharias Kenderson bekommen. Keiner wusste, wo er hin soll, bis er mir zugetragen wurde. Tja, und da musste ich Josie einweihen, dass der Brief für mich ist. Ich hätte lügen sollen.“
„Hast du aber nicht“, sagte Josie grinsend. „Aber keine Sorge, ich bleibe auch bei Zorn. Das klingt viel cooler.“
„Danke“, erwiderte der Chef der Cavaliers trocken und passierte den Vorraum, den Panzerfahrer dicht hinter sich.
Der murmelte den Kopf schüttelnd: „Zacharias ...“

Am Tor erwartete sie ein bekanntes Bild. Zwei Dachs-Panzer mit den Insignien der Miliz standen vor dem Tor, so wie der Maxim, und später zwei unterbesetzte Schwebepanzer vom Typ Harasser. Über Funk sprach die Kommandantin eines Dachs mit den Cavaliers.
„Holen sie Bloodbourne“, sagte Zorn beim Eintreten.
„Ich bin schon hier, Sir. Die beiden Panzer stammen aus der Hauptstadt-Miliz, 9. Kompanie. Ich kenne die Kommandeure persönlich, die Fahrer und Richtschützen aber nicht.“
„Gesinnung?“, fragte Zorn, während er näher trat.
„Lieutenant Matsumoto und Lieutenant Patchali sind nie durch irgendwelche Bekenntnisse zu einer der beiden großen Familien aufgefallen. Ich schätze, sie sind neutral. Eigentlich.“
Zorn ergriff das Mikrofon eines Sprechfunkgeräts im HQ. „Ist die richtige Frequenz eingestellt?“
„Ja, Sir.“
Er drückte den Sprechknopf. „Hier spricht Zorn Kenderson.“
Die Lippen von Muller bewegten sich, aber eine warnende Geste von Zorn, teils amüsiert, teils ernst, stoppte ihn.
„Karen Matsumoto hier, Sir. Entschuldigen Sie, dass wir hier so ungefragt aufgeschlagen sind, aber in der Miliz macht es die Runde, dass Sie einen sicheren Hafen für Leute wie uns bieten.“
„Leute wie Sie, Lieutenant?“
„Leute, die sich keiner Fraktion angeschlossen haben und von den Wengenbaums trotzdem als Bedrohung angesehen werden. Patchali und ich wurden von unserer Truppe getrennt, als diese angegriffen wurde, und nach einer halben Nacht der Hetzjagd waren wir zu weit entfernt, um wieder Anschluss zu finden. Keine Ahnung, wo der Rest unserer Kompanie ist. Aus Sicherheitsgründen gibt sie keine Positionsangaben durch, was ich verstehen kann. Und weil wir schon mal in diese Richtung gedrängt worden sind, dachten wir, dass wir unser Glück mit ihnen versuchen, Sir.“
„Ich soll Sie reinlassen?“
„Ja, Sir, und wenn es geht, möglichst schnell. Wir haben da immer noch ein paar Flöhe im Pelz, die jederzeit aufholen können.“
„Ihnen ist klar, dass wir hier einige von Gettysburgs Gefolgsleuten haben?“
„Ja, Sir, das verstehe ich. Aber seien wir ehrlich. Auch wenn ich selbst nie pro Gettysburg war, jetzt wo die Wengenbaum-Gefolgsleute auf uns geschossen haben, bin ich auf jeden Fall contra Wengenbaum.“
„Also gut, wir versuchen es mit ihnen. Bitte ohne Waffen aussteigen für eine Leibesvisitation. Einer meiner Infanterietrupps wird ihre Panzer auf Bomben und andere Schweinereien untersuchen. Danach lassen wir Sie alle rein.“
„Sir, wir sind neunzehn Leute, neun bei mir, und zehn bei Patchali, und nichts würden wir lieber tun, als auszusteigen und uns die Beine zu vertreten, aber ich habe ein klein wenig Angst vor feindlichem Feuer.“
„Verständlich, aber unnötig. Wir haben einen Bereich um das Brian-Kastell zu unserer Sperrzone erklärt und verteidigen diese. Ich verspreche ihnen, dass die nähere Umgebung bis zu zwei Klicks sauber gehalten wird.“
„Und wenn uns ein Sniper innerhalb dieser zwei Kilometer angreift?“, fragte sie zweifelnd.
„Dann, Lieutenant, haben Sie meinen herzlichsten Dank dafür, dass Sie ein Sniperteam, das uns nicht wohl gesonnen ist, aufgeklärt haben“, erwiderte Zorn trocken. „Nehmen Sie an, oder lassen Sie es.“
Jessica machte ein fragendes Gesicht, und Zorn nickte. „Lieutenant Bloodbourne hier. Karen, ihr seid nicht die ersten von der Miliz, die zu uns raus kommen. Ihr werdet vermutlich auch nicht die letzten sein. So wie ich mir das zusammenreime, ist die Hauptstadt mittlerweile in Wengenbaum-Hand und jeder, der nicht für sie ist, entweder tot oder auf der Flucht wie ihr. Die Cavaliers haben auch die vorigen Milizeinheiten so behandelt, aber auf ihre Ärsche aufgepasst. Also nimm an.“
„Wir könnten es wohl wesentlich schlimmer treffen“, erwiderte Matsumoto störrisch, bevor sie seufzte und hinzu fügte: „Natürlich nehmen wir an. Es ist wirklich, wirklich eng hier drin.“
„Dann steigen Sie jetzt aus und lassen die Waffen in den Panzern“, sagte Zorn. Sein Blick ging kurz zu den Leuten an den Kameras und der taktischen Anzeige, die jeden aktiven Kontakt in direkter Umgebung anzeigten.
„Im Moment ist alles sauber, keine Verfolger zu erkennen.“
„Die Gegend ist sicher, Lieutenant. Ich würde mich trotzdem beeilen.“
„Wir sind ja schon dabei“, erwiderte Matsumoto.
„Eine Frage noch. Wieso haben Sie dreizehn Leute mehr in den Panzern, als Sie brauchen?“
„Patchali und ich wollten sie nicht sterben lassen.“
„Das spricht für Sie, Lieutenant. Dann mal hurtig. Sie kriegen anschließend auch eine Dusche und eine warme Mahlzeit sowie einen kuscheligen Schlafplatz für sich und ihre Leute.“
„Das hätten Sie zuerst sagen sollen, Major Kenderson“, sagte die Miliz-Offizierin lachend. Kurz darauf öffneten sich die Luken der beiden Panzer, und es waren wirklich neunzehn Leute, die vor den Kampfwagen mehr oder weniger versuchten, Aufstellung zu nehmen. Einige der Extra-Leute waren Panzerfahrer, einige Infanteristen. Aber auch eine Zivilistin war dabei. Interessant daran war, dass Zorn selbst auf dem Kamerabild erkennen konnte, dass die Frau eine gewisse Ähnlichkeit mit Sharon hatte. Wie gefordert waren alle unbewaffnet.
„Hiller, wie die letzten beiden Male, bitte“, sagte Zorn über den Sprechfunk.
„Jawohl, Sir.“ Sekunden darauf ging ein Manntor raus, und wie beim Transporter und den beiden Panzern kam ein geschützter Trupp der Infanterie heraus und untersuchte die Soldaten auf Waffen und die Fahrzeuge auf Sprengstoff. Obwohl, so eng wie es darin gewesen sein musste, war garantiert kein Platz gewesen, um zusätzlichen Sprengstoff aufzunehmen.
„Sektor immer noch sauber?“, fragte Zorn.
„Immer noch keine Bewegung innerhalb unseres proklamierten Radius. Nicht mal die Kondor-Panzer von vorhin.“
„Wir sollten uns trotzdem beeilen. Jessie, Sie und Han ...“
„Schon verstanden, Sir. Wir beide schauen uns diese Leute an. Und das sehr genau.“
Zorn lächelte leicht. „Genau das wollte ich hören. Ausführung.“
„Ja, Sir.“ Die große Miliz-Offizierin verließ die Zentrale schnell, aber nicht hastig.
„Wenn sich das rumspricht, dass wir ein sicherer Hafen sind, werden vermutlich weitere versprengte Milizionäre zu uns fliehen, so sie die Chance dazu haben“, sagte Muller.
„Wir werden sie uns sehr genau anschauen. Es ist aber prinzipiell nichts dagegen zu sagen, unseren Milizanteil weiter aufzustocken. Wer weiß, vielleicht brauchen wir die Feuerkraft noch“, erwiderte Zorn. Und Extra-Leute waren auch eine gute Idee.
In einem Punkt war sich der Chef der Cavaliers sehr sicher: Als Sharon ihn beiseite genommen und die Fehde mit den Wengenbaums erklärt hatte, damit er verstand, warum Luckner etwas so verrücktes getan hatte, hätte niemand damit gerechnet, dass die Situation derart eskalieren würde. Zorn hatte sich einverstanden erklärt, einen Teil der Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber durch den Putsch war nun alles anders. Intensiver. Gefährlicher. Brutaler. Er hoffte, dass seine Leute den kommenden Tagen gewachsen sein würden, denn eine leise Stimme in seinem Kopf behauptete, dass Medice einen Weg gefunden hatte, um die Cavaliers aus dem Kastell zu holen. Und diese Stimme wollte einfach nicht verstummen.

***

Henriette Nagasawa hätte, wäre sie gefragt worden, zugegeben, eine kräftige Gänsehaut zu haben, als sie auf die Abraumhalde schaute, die sich vor ihr auftürmte. Soweit die Aufzeichnungen der Offiziellen von Valasha III richtig waren, musste unter diesen rund zehntausend Tonnen Schutt und Gestein, das vom Salzabbau übrig geblieben war, der Eingang zur Kaverne sein, wegen der sie hier raus geflogen waren.
„Es ist wie folgt“, klang Sojus Holms Stimme neben ihr auf. „Vor sechzig Millionen Jahren befand sich hier ein Meer. Ein ganz klassisches Salzwassermeer. Kein besonders großes. Etwa das Format der terranischen Nordsee, wenn ihnen beiden das etwas sagt. Jedenfalls hat es eine Plattentektonische Hebung gegeben, die etwa zwei Millionen Jahre andauerte und das Meer über die Nullhöhe gehebelt, also den Meereshorizont. Während des Vorgangs trocknete das Meer aus, und zurück blieb das Salz einer etwa einhundert Meter hohen Wassersäule. Da das ehemalige Meer mehrfach angehoben und wieder abgesenkt wurde, füllte sich das Gebiet mehrfach wieder mit Meerwasser. Auch dieses trocknete bei den nächsten Hebungen aus, bis die tektonische Bewegung endete. Dann, vor etwa fünfundfünfzig Millionen Jahren schob sich eine Kontinentalplatte unter jene von Braunheim und hob das Ganze endgültig weg von Meereshöhenniveau. Dabei entstand auch die Bergkette im Norden, von der Flüsse entsprangen, die über das Salz hinweg flossen. Dabei wurde natürlich ein Teil des Salzes wieder abgetragen und ins Meer transportiert, aber die Flüsse brachten Sedimente mit, welche das Salz nach und nach abdeckten, bis eine dicke Schicht entstanden war. Und darauf noch eine Schicht. Und noch eine Schicht. Ein paar ausbrechende Vulkane fügten noch Bimsgestein und Basalt dazu. Was dazu führte, dass eine einen Kilometer große Deckschicht schließlich das ehemalige Meer bedeckte.“
„Und dann?“, fragte Violet Hennet.
„Salz ist ein wichtiger Bestandteil von Sprengstoff, und das Salz, das hier gewonnen werden konnte, hat zwei existenziell gute Eigenschaften. Erstens, es ist das einzige derartige Lager im weiten Umkreis um dieses Sonnensystem. Zweitens, es lässt sich relativ leicht abbauen. Ließ. Ich meinte ließ. Denn unsere Vorfahren und später die Sternenbundingenieure haben so viel davon abgebaut, wie sie konnten, ohne dass jemandem die einen Kilometer große große Deckschicht auf den Kopf gefallen wäre. Tja, und hier stehen wir, vor dem zugeschütteten Zugang, und hoffen, dass dahinter ein Depot des Sternenbunds liegt, vollgestopft mit Mechs und dergleichen. Oder zumindest ein paar. Ich meine, wie viel Aufwand würde der Sternenbund für eine Kompanie betreiben?“
„So viel Aufwand ist es nun auch nicht. Diese Halde aufschütten und alles zu bepflanzen und zum Naturschutzgebiet zu erklären hat jetzt nicht sehr viel Arbeit gekostet“, sagte Henriette. Ja, das war der große Trumpf der Terraner gewesen. Einfach ein Naturschutzgebiet draus machen, um sicherzugehen, dass niemand jemals wieder hier graben würde, der in das Geheimnis nicht eingeweiht war. Nicht, dass die meisten Menschen nicht bereit gewesen wären, bei entsprechender Erfolgsaussicht den Naturschutz zum Teufel zu wünschen und dennoch hier zu graben. Aber das war eben der Punkt. Bis vor kurzem hatte keiner gewusst, dass es sich lohnte, hier zu graben. Und das Salzbergwerk galt als ausgereizt. Geschickte Bande, diese Terraner.

„Kommt, wir suchen nach dem Eingang“, sagte Henriette und schritt weit aus.
„Ist das hier nicht der Eingang? Ich wollte schon schweres Gerät kommen lassen“, sagte Sojus.
„Mitnichten. Ich bin mir absolut sicher, dass das Ingenieurkorps des SBVS eine elegantere, und vor allem schnellere Lösung eingebaut hat. Es war bereits genug Aufwand, die Halde aufzutürmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Plan war, alles wieder weg zu räumen. Abgesehen davon, dass sich die alten Terraner an ihre eigenen Naturschutzregeln gehalten haben. Meistens.“
„Und wie stellst du dir den Eingang vor, Henriette? Eine Schleuse mit Portier, wo wir eine Karte für den Abstieg in die Tiefe kaufen können?“, fragte ihre Stellvertreterin.
„Ein Portier würde mich jetzt doch überraschen“, erwiderte sie. „Aber ja, etwas in der Art erwarte ich tatsächlich. Lass mich überlegen. Als die Gray Death Legion ihr Lager gefunden hat, war der Zugang von einer riesigen Steinplatte versperrt, die ein Sternenbundpionier hatte drehen lassen, als verstecktes Zeichen an künftige Generationen, wo das Depot versteckt ist. Das war natürlich für Sternenbundtruppen gedacht gewesen. Also sollten wir denken wie die SBVS. Nehme ich an.“
„Und was passiert, wenn wir denken wie die Sternenbundverteidigungsstreitkräfte?“, fragte Sojus.
„Dann sagt uns dieses Denken, dass weder Amaris' Truppen, noch die Außenweltallianz-Truppen den Zugang finden sollen. Logisch, nicht?“, erwiderte sie.
„Sehr logisch. Bringt uns aber nicht einen Schritt weiter“, tadelte Holm. „Sollen wir dann denken wir Amaris' Schlächter und alle Orte aufsuchen, an denen wir den Eingang nicht vermuten?“, tadelte Holm.
„Das ist gar kein schlechter Ansatz.“ Henriette schwang sich in den offenen Personenwagen, der ihnen als Gefährt diente. Auf einer Welt, auf der kein saurer Regen mehr fiel und meistens Sonnenschein herrschte, ein gutes Beförderungsmittel. Als die anderen beiden ebenfalls an Bord kletterten, studierte die kleine Frau eine topografische Karte der genauen Umgebung. „Das schraffierte Feld, das ist die ausgebeutete Salzmine. Hier hinten endet der Bergbau, aber nur, weil dort eine andere aktive Mine ist. Immerhin ist das ehemalige Meer ziemlich groß gewesen.“
„Willst du also in die andere Mine rein und dich zu dieser hier durchgraben?“, fragte Violet.
„Das geht aus statischen Gründen nicht. Die Bergbauingenieure befürchten, dass dann beide Minen in sich zusammenfallen. Das hätte zwar wenig Auswirkungen auf die Menschen hier, aber die renaturierten Gebiete würden dabei zerstört werden“, sagte Sojus Holm. „Allerdings denke ich, dass ein kleiner Durchbruch möglich wäre.“
„Und unsere Zeit verschwenden? Nichts da.“ Henriette kletterte ans Steuer, warf den Verbrennungsmotor an, wendete den Wagen und fuhr von der Abraumhalde fort. Dabei passierten sie das Naturschutzgebiet, welches selbst in den späten Nachmittagsstunden einen farbenfrohen Anblick bot. Henriette ignorierte das und nahm einen Weg, der vom Gebiet weg führte. Schließlich hielt sie den Wagen an und stieg aus. „Wir sind da.“
„Wo sind wir da, Henriette?“, fragte Violet überrascht.
„Na, am einzigen Punkt auf dieser Karte, der nicht zum Naturschutzgebiet gehört. Alles hier ist geschützt, nur dieser eine Quadratkilometer nicht.“ Sie nickte in Richtung des flachen Hügels, der sich vor ihnen erhob. Auch hier stand eine Abraumhalde, auf der nichts wuchs. „Dieses Ding da ist mein erster Schuss.“ Mit ruhigen Schritten ging sie auf den Hügel zu. „Sind ihre Leute einsatzbereit, Sojus Holm?“
„Wir haben fünfzig Infanteristen, zwei Panzer und vier Infanteriekampffahrzeuge im Naturschutzgebiet.“
„Bitte rufen Sie sie rüber. Ich möchte keine unschönen Überraschungen erleben, falls das Tor tatsächlich hier sein sollte.“
„Natürlich, Henriette.“ Sojus griff sich ein Sprechfunkgerät aus seiner Jacke und sprach leise hinein. Kurz darauf grollte es in der Ferne, und die Panzer fuhren zu ihnen herüber. Auf seine Anweisung hin verteilten sich die gepanzerten Fahrzeuge rund um den Hügel, und die Infanterie saß ab, um sich zwischen den Panzern zu verteilen. Als das geschehen war, setzte Henriette den Weg zum Hügel fort. „Ist es nicht merkwürdig, dass das ganze Gelände so geformt ist, dass ein BattleMech, ja, ein Kettenpanzer problemlos bis zu seinem Fuß gelangen kann?“, sinnierte sie. „Und zwar führen alle Wege genau hierher.“
Da stand sie nun, fünf Meter vor der Abraumhalde, vor einer nahezu senkrechten Wand, während alle anderen Seiten eher flach anstiegen.
„Warum wurde hier, abseits der Grube, eine Abraumhalde aufgeschüttet?“, fragte Sojus Holm verwundert. „Es gibt durchaus weitere Halden, aber keine ist so weit entfernt. Das hat man getan, um die Last auf den Boden zu verteilen.“
„Und diese hier ist die am weitesten entfernte und dazu auch noch kleinste Abraumhalde“, schloss Henriette. Sie sah die Wand hoch, die gute dreißig Meter maß und knappe zwanzig breit war, bevor sie sich wieder etwas verflachte. Dann begann sie zu suchen, Steine zu nehmen, gegen die Wand zu werfen, mit einer kleinen Handschaufel zu graben.
„Soll ich ein paar der Infanteristen kommen lassen, damit sie mit ihren Klappspaten graben helfen?“, bot Holm an.
„Nein, danke, Sojus Holm. Im Moment suche ich den Türgriff. Bei den Cavaliers war es eine unter der Erde verborgene zweiflüglige Stahltür, die sie öffnen konnten, weil ein Spalt im Fels ihnen Zugang ins Innere gewährte. Auf Allans World wurden sie in einem Brian-Kastell fündig, das versteckte Etagen hat. Reingekommen sind sie, weil die hiesige Miliz das Kastell gepflegt und ihnen die Türschlüssel überlassen hat.“
„Vermutest du das Gleiche hier?“, fragte Violet.
„Verständlicherweise hat der Sternenbund keinen Türschlüssel hier gelassen. Aber sicher einen Weg, wie man reinkommt, ohne einen zu haben.“ Ein leichtes Lächeln ging über Henriettes Züge. „Wir dürfen halt nicht denken wie die Schergen von Stefan Amaris. Hm, wenn ich mir besonders schlau vorkäme und nicht wollen würde, dass mir Team Amaris in die Suppe spuckt, wie würde ich das machen?“
„Henriette, bist du sicher? Weißt du nicht, welchen Aufwand es bedeutet hätte, von hier draußen die Salzsohle anzubohren, und das in kurzer Zeit?“, warf Violet ein.
„Außer, der Zugang existierte schon früher, beziehungsweise die Terraner haben ihn früher getrieben. Dann kennen die hiesigen Offiziellen ihn natürlich nicht. Und, zugegeben, er liegt außerhalb des Naturschutzgebietes“, sagte Sojus.
„Wir halten fest“, sagte Henriette. „Amaris' Leute hätten sich eher durch die Abraumhalde gegraben, wenn sie überhaupt auf den Gedanken gekommen wären, dass etwas Wertvolles darunter sein könnte. Entschuldige, Sojus, aber ich nehme an, die Außenweltallianz hätte es ebenso gehalten. Also können wir davon ausgehen, dass der Zugang so zugeschüttet wurde, dass ein Ausgraben ohne die Aussicht auf großen Erfolg zu unwirtschaftlich angesehen worden wäre. Kommen wir also zu diesem Punkt, einer Abraumhalde, die steht, wo sie nicht stehen sollte, aber eben nicht zu unauffällig ist, weil solche kleineren Halden durchaus üblich waren. Damals.“ Suchend sah sie sich um, um etwas, irgend etwas unauffällig Auffälliges zu entdecken. Etwas, was durchaus mehrere Jahrhunderte überstehen würde. Nicht zu kompliziert, aber offensichtlich für Sternenbundsoldaten.

„NATÜRLICH!“, rief sie und lief am Hügel entlang. Ein paar hundert Meter von der Stelle entfernt, die sie als möglichen Eingang ansah, fand sie, was sie suchte. Violet und Sojus kamen ihr hinterher. „Und was haben wir hier?“, fragte der Offizielle schwer atmend.
„Ein Beet“, erwiderte Nagasawa. „Jemand hat sich die Mühe gemacht, an der Flanke der Abraumhalde, auf der wegen dem Salzgehalt nichts wächst, genügend fruchtbaren Boden heranuschaffen, damit darauf Sträucher und Blumen wachsen können. Und sogar ein paar Bäume. Das sind Eichen, oder? Zweihundert Jahre alte Eichen.“
Die anderen beiden bestaunten den Fleck kultivierter Erde. Wirklich, die Ecke hier war etwas versteckt, aber dort standen wirklich mehrere Eichenbäume, Büsche und Blumen.
Henriette umrundete das kleine, nur ein paar Dutzend Quadratmeter große Terrain mehrfach, bis sie erneut in der Flanke des Hügels zu graben begann.
„Jetzt wären Soldaten mit Klappspaten ganz nett. Außerdem noch ein paar BattleMechs“, sagte sie, während durch ihre Grabungsarbeiten ein Kasten zum Vorschein kam, der unter dem Schutt versteckt gewesen war. „Ich denke, das Areal kann jetzt eine Menge Schutz gebrauchen.“
Sojus starrte sie an wie einen Geist. „Ich glaube, das ist richtig.“ Er griff zu seinem Funkgerät. „Wir ziehen die BattleMechs nun nach“, orderte er. Henriette Nagasawa war eine ungewöhnliche Frau. Er verstand, wieso ihm diese Händlerin empfohlen worden war – und warum man ihn vor ihr gewarnt hatte.

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

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