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CeGrudke CeGrudke ist männlich
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Im Feuer der Sterne - Die Delta Legion Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Eine kleine Einleitung vorweg:

Ich habe mich schon früher mit ein paar BattleTech-Stories beschäftigt, hauptsächlich sind diese im Mechforce-Forum gelandet, eine bekam den dritten Platz beim damaligen Autorenwettbewerb und ein Teil meiner Stories bzw. meiner RPG-Erfahrung im BattleTech ist bei Lordprotector gelandet. Eigentlich sogar ein ziemlich großer Teil dieser Erfahrung.

Und jetzt mal eine Geschichte über eine Einheit, die mich bereits seit Beginn meiner Schreiberkarriere beschäftigt (so wie BT mich seit Beginn meiner Schreiberkarriere beschäftigt hat). Vielleicht schaff ich's ja diesmal, sie auch soweit zu bringen, dass es literarisch ein wenig was hermacht... Kritik wird immer gerne angenommen, mir wär es lieb, wenn ihr es da wie immer halten würdet, also nen eigenen Thread dazu aufmacht.

Soviel dazu, vielen Dank für die Aufmerksamkeit...

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27.07.2008 16:45 CeGrudke ist offline E-Mail an CeGrudke senden Beiträge von CeGrudke suchen Nehmen Sie CeGrudke in Ihre Freundesliste auf
CeGrudke CeGrudke ist männlich
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Helen
Mark Draconis, Vereinigte Sonnen
17. Juni 3025

Marcus Black, ehemals Captain bei der 1. Crucis-Lanciers RKG der AVS, sah an sich herunter und musste lächeln. Er war vor anderthalb Wochen aus der AVS ausgeschieden und hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass er jetzt Zivilist war – oder so etwas ähnliches wie ein Zivilist. Er war aus der AVS ausgetreten, weil er eine eigene Söldnereinheit gründen wollte. Die theoretischen Voraussetzungen dafür brachte er bereits mit. Er hatte sich durch das reiche Erbe seiner verstorbenen Eltern mehrere Mechs kaufen können – unter anderem den Thunderbolt, den er seit seinem Abschluss an der Sakhara-Militärakademie steuerte – und wollte heute in Verhandlungen mit dem Eigner/Kapitän der Barracuda, einem Landungsschiff der Union-Klasse treten, der ihn zumindest nach Galatea, dem Söldnerstern, transportieren sollte. Möglicherweise konnte er Kapitän Charles Infort sogar davon überzeugen, für ihn zu arbeiten, sprich, als Transporter für seine neugegründete Einheit zu fungieren. Das wäre auf jeden Fall ein großer Erfolg für Marcus. Allerdings war es noch lange nicht soweit. Erst einmal musste er mit Infort reden, einem knorrigen Mittvierziger, der während des Marik-Bürgerkriegs auf Seiten Janos Mariks gekämpft hatte und zum Dank für seine Unterstützung die Barracuda zugesprochen bekam. Marcus hatte sich ein bisschen über den Kapitän informiert und wusste, dass Infort inzwischen hauptsächlich Söldner nach Galatea oder von dort weg transportierte. Allerdings war er sehr auf seine Unabhängigkeit bedacht und würde sich möglicherweise nicht von Marcus überreden lassen. Aber Marcus konnte sehr hartnäckig sein und würde schon eine Möglichkeit finden, Infort auf seine Seite zu ziehen.
Er sah auf seine Uhr und dann wieder hoch. Die Kneipe, in der er mit Infort verhandeln wollte, lag direkt am Raumhafen und war dementsprechend gut besucht. Aber Marcus wurde von niemandem belästigt. Das war auch gut so, denn sonst hätte er zu seiner Sunbeam-Laserpistole im Schulterhalfter gegriffen, die unter seiner Jacke versteckt war. Dann sprach ihn doch noch jemand an. „Sind Sie Black?“
Marcus drehte sich um und sah einen kleineren, grauhaarigen Mann mit blitzenden Augen vor sich stehen. „Allerdings. Und Sie sind Kapitän Infort?“
„Der bin ich, Junge. Also los, kommen Sie. Ich will das hier schnell hinter mich bringen.“
Marcus lächelte still und folgte dem Raumfahrer in die Kneipe. Sie suchten sich einen Tisch weitab vom Hauptgeschehen und setzten sich gegenüber. Als die Kellnerin kam, bestellte Infort sich ein Timbiqui-Dunkel und Marcus ein Mineralwasser. Dann sah Infort Marcus sehr genau an. „Sie sind jünger, als ich erwartet hatte. Wie alt sind Sie? 25?“
„23. Frisch von der Akademie und mit fünf Jahren Fronterfahrung gegen das Draconis-Kombinat ausgestattet.“
„Hm, hm. Und was wollen Sie von mir?“
„Ich brauche Ihre Dienste, Kapitän. Ich möchte nach Galatea und Sie sollen mich nach Möglichkeit dorthin transportieren.“
Infort lehnte sich zurück. „Nach Möglichkeit. Sie sind sehr höflich für einen Mechjockey. Was wollen Sie denn auf Galatea, wenn ich das mal fragen darf, häh?“
Marcus wartete, bis die Kellnerin die gewünschten Getränke bei ihnen abgeliefert hatte, dann antwortete er. „Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht, Kapitän. Können Sie mich nach Galatea bringen oder nicht?“
„Oh, ich kann schon.“, antwortete der ältere Mann. „Die Frage ist bloß, ob ich es möchte. Haben Sie Fracht, die Sie transportiert haben wollen?“
„Allerdings. Sechs Mechs.“
„Sechs Mechs!“, Infort fielen fast die Augen aus dem Kopf. „Junge, wollen Sie etwa ne Söldnereinheit aufbauen?“
„Wie gesagt, dass geht Sie eigentlich nichts an, Kapitän.“
„Sechs Mechs, Junge, Junge.“, Infort schüttelte verwundert den Kopf. „Also schön, ich kann Sie dorthin bringen, aber das wird nicht billig werden. Vor allem, weil Sie die Hälfte meines Frachtraums für sich belegen.“
Marcus rollte mit den Augen und unterdrückte ein Seufzen. Landungsschiffskapitäne waren doch alle gleich, wenn es um Geld ging, aber am schlimmsten waren die Freihändler. „Wie viel?“
Infort rechnete kurz im Kopf. „Also, wenn man die Strecke, die Anzahl der Sprungschiffe, die Fracht und Sie einrechnet, dann komme ich auf ungefähr… 700000. In C-Noten selbstverständlich.“, ergänzte er mit einem Raubtierlächeln. Marcus erwiderte das Lächeln auf dieselbe Weise. „Selbstverständlich.“
Er holte einen Umschlag heraus und schob ihn über den Tisch. „In dem Umschlag befinden sich 800000 C-Noten. Den Rest können Sie als Sonderzuschlag behalten.“
Infort sah aus, als hätte er ein Gespenst gesehen. Sein Gesicht wurde bleich und er nahm den Umschlag mit zitternden Händen an sich. Als er ihn öffnete und durchzählte, schienen ihm die Augen schon wieder aus den Höhlen treten zu wollen. „Unglaublich.“, murmelte er und wiederholte dieses Wort noch ein paar Mal, immer begleitet von einem Kopfschütteln. Dann sah er Marcus misstrauisch an. „Sie haben doch irgendwas vor, oder nicht?“
Marcus lächelte unschuldig. „Allerdings. Ich möchte Sie dazu bringen, für mich zu arbeiten, mitsamt Schiff und Besatzung.“
Infort wollte schon verneinen, aber Marcus ließ ihn gar nicht erst dazu kommen. „Hören Sie zu, Infort. Ich weiß, dass der Transport von sechs Mechs keine 700000 C-Noten kostet. Höchstens die Hälfte, selbst wenn man die Reise mit einem Stafettensystem abkürzt. Ich habe Ihnen diese 800000 gezahlt, weil ich Ihnen zeigen möchte, dass ich genügend Geld habe, um Ihr Schiff und Ihre Besatzung für ein komplettes Jahr zu mieten, wenn ich das möchte. Ich biete Ihnen an, in meine Einheit einzusteigen. Gut, ich gebe zu, dafür brauche ich einen Kontrakt und Piloten, aber auf Galatea dürfte ich beides relativ einfach finden. Die Mechs für meine Einheit habe ich ja bereits. Sie sind ein guter Raumfahrer und Ihre Besatzung soll Ihnen angeblich vertrauen. Nun möchte ich Sie bitten, mir zu vertrauen und mit mir zusammenzuarbeiten.“
Infort schien immer noch ablehnen zu wollen, aber er überlegte sehr lange. Dann fragte er. „Woher haben Sie das ganze Geld? Haben Sie es gestohlen?“
Marcus musste lachen. „Nein, habe ich nicht. Ich bin auch kein Adliger, falls Sie das denken. Meine Eltern stammen beide aus Familien, die als Großindustrielle sehr viel Geld verdient haben. Als sie vor einem Jahr starben, habe ich jede Menge Geld geerbt – ungefähr 75 Millionen! In C-Noten ausgedrückt natürlich.“
Infort wiederholte die Zahl lautlos und seine Augen wurden ganz groß. Marcus nickte freundlich. „Ganz genau. Ich habe natürlich den größten Teil davon ausgegeben, um mir diese sechs Mechs von der AVS zu kaufen, aber ich fand, dass war es wert. Und ich habe noch immer genügend Geld übrig, um die Einheit eine Zeit lang finanzieren zu können, selbst wenn wir keinen Kontrakt bekommen sollten. Meine Frage an Sie ist jetzt: Wollen Sie wirklich nicht für mich arbeiten?“
Infort runzelte die Stirn, während er die Für und Wider gegeneinander abwog. Dann antwortete er langsam. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Black. Ich bringe Sie mit Ihren Mechs nach Galatea. Sie bezahlen bloß die Reise mit den Sprungschiffen. Wenn wir auf Galatea ankommen, dann gebe ich Ihnen zwei Wochen Zeit, mindestens fünf weitere Piloten zu finden und in Ihre Einheit zu integrieren. Außerdem müssen Sie in diesen zwei Wochen auch einen passenden Kontrakt gefunden haben. Wenn Sie das alles erreicht haben, dann werde ich für Sie arbeiten und als Transporter für Ihre Söldnereinheit fungieren.“
„Und wenn ich es nicht schaffe?“, wollte Marcus wissen. Infort grinste breit. „Dann zahlen Sie mir 5 Millionen C-Noten und müssen sich einen anderen Transportkapitän suchen.“
Marcus strich sich über das Kinn. „Sie geben mir zwei Wochen Zeit, alles zu erledigen?“
Infort nickte schweigend und Marcus grinste nun ebenfalls. „In Ordnung, ich nehme Ihren Vorschlag an.“
Die beiden Männer schüttelten sich die Hände, dann stand Marcus auf und legte ein paar C-Noten auf den Tisch. „Ich übernehme Ihre Rechnung, Kapitän. Aber jetzt muss ich mich darum kümmern, dass die Mechs in Ihr Landungsschiff transportiert werden.“
Infort sah Marcus an. „Sie glauben wirklich, dass Sie eine Chance haben, nicht wahr?“
„Nein, Infort, ich weiß, dass ich eine Chance habe. Was Sie nämlich vergessen haben – die Mechs liefern mir die nötigen Piloten. Und den Kontrakt kann ich mir im Notfall selber liefern. Das Geld dafür habe ich ja noch.“
Marcus lächelte fröhlich als er die Kneipe verließ und ließ einen konsternierten Infort zurück, der erkennen musste, dass der junge Mann womöglich sogar Recht hatte.

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27.07.2008 16:46 CeGrudke ist offline E-Mail an CeGrudke senden Beiträge von CeGrudke suchen Nehmen Sie CeGrudke in Ihre Freundesliste auf
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Galatea
Isle of Skye, Lyranisches Commonwealth
6. Juli 3025

Die Reise nach Galatea war schnell vonstatten gegangen. Auf Galatea hatte die Landung und vor allem die Kunde, dass Marcus über mehrere Mechs verfügte, für ziemliche Furore gesorgt. Er war auch sofort von mehreren entrechteten Mechkriegern bestürmt worden, hatte aber gleich gesagt, dass er sich ein paar Tage Zeit nehmen würde, um jeden Mechkrieger zu prüfen. Das war jetzt vier Tage hergewesen und bisher hatte er noch niemanden gefunden, der ihm zusagte. Er hätte eigentlich nicht erwartet, dass es so schwer werden würde. Gerade hatte er wieder zwei enttäuschte Bewerber abblitzen lassen und saß in einer kleinen Kneipe hinter einer dampfenden Tasse Tee, während er sich mehrere Kontraktangebote ansah. Das war das Lustige am Söldnergeschäft: Er hatte noch nicht einmal eine richtige Einheit zusammen, aber es waren bereits die ersten Kontraktangebote eingetrudelt. Er wusste natürlich, dass seine Einheit noch als unerfahren galt und er darum keine großartigen Angebote erwarten konnte. Deshalb war er auch nicht überrascht, dass die meisten Angebote ausschließlich Garnisonskontrakte auf irgendwelchen Hinterwelten am Arsch der Inneren Sphäre waren. Viele kamen aus dem Lyranischen Commonwealth, wo man anscheinend Angst hatte, dass Piraten aus der Peripherie auf sie einstürmen könnten. Marcus schüttelte darüber bloß den Kopf. Typisch für diese Händler, dass sie glaubten, ihre Welt wäre wichtig genug, dass die Piraten ihre seltenen Ressourcen darauf verschwendeten. Er hatte gerade ein Angebot weggelegt und sich das nächste vorgenommen, als er einen Schatten über sich fallen sah. „Entschuldigen Sie bitte. Sind Sie Marcus Black?“
Marcus sah hoch und bemerkte einen jungen Mann, vielleicht drei Jahre älter als er selbst. Er trug einen Mechkriegeroverall unter einer Fliegerjacke und an seinen Stiefeln waren – wie auch bei Marcus – radlose Sporen angebracht, die ihn als Absolvent einer Militärakademie der Vereinigten Sonnen auswiesen. Marcus nickte und wies einladend auf den Stuhl vor sich. „Allerdings. Und Sie sind?“
„Blaze, Jerry Blaze ist mein Name. Eigentlich Lieutenant Jerry Blaze, ehemals 4. Leichte Deneb-Kavallerie RKG.“
„Freut mich Sie kennenzulernen, Mr. Blaze. Was kann ich für Sie tun?“
„Ich habe gehört, Sie suchen Mechkrieger, Sir. Ich wollte mich Ihnen gerne anschließen.“
Marcus lehnte sich zurück, dann erinnerte er sich daran, dass sie sich ja in einer Kneipe befanden. „Möchten Sie etwas trinken, Mr. Blaze? Ich lade Sie ein.“
Blaze zögerte, dann nickte er. „Einen Kaffee hätte ich gerne, Sir.“
Marcus winkte eine Bedienung heran und bestellte das Gewünschte. Galateas Kneipen hatten zwar nicht den besten Ruf, aber Kaffee oder Tee konnten sie zumindest noch einigermaßen passabel hinbekommen. „Mr. Blaze, woher haben Sie erfahren, dass ich Mechkrieger suche?“
„Nun, Sie sind eines der großen planetaren Gespräche, seit Sie angekommen sind, Sir. Es gibt sicherlich nicht viele Menschen, die nach Galatea kommen und gleich sechs BattleMechs mitbringen. Sie haben da einen ungeheuren Reichtum, den Sie ungenutzt mit sich herumschleppen. Und dann habe ich ein paar der Leute getroffen, die Sie haben abblitzen lassen. Ich dachte mir, ich könnte es einfach mal versuchen.“
Marcus strich sich über das Kinn, dann nahm er einen Schluck von seinem Tee. „Welchen Mech haben Sie zuletzt gesteuert, Mr. Blaze?“
„Einen Phoenix Hawk, Sir. Und zuletzt gesteuert kann man nicht sagen. Ich steuere den Phoenix Hawk immer noch.“
„Sie haben einen eigenen Mech?“ Jetzt war Marcus doch erstaunt. „Und warum haben Sie sich noch keiner Söldnereinheit angeschlossen? Es gibt doch mit Sicherheit mehrere Einheiten, die gute Mechkrieger suchen.“
„Ja, schon… aber…“
Marcus wartete, ob Blaze weitersprechen würde. Als das nicht der Fall war, hakte er nach. „Aber?“
„Ich möchte meinen Rang nicht verlieren, Sir. Ich bin ein guter Scoutpilot und ein guter Lanzenführer. Aber jede Einheit, der ich mich angeschlossen hätte, hätte mir einen niedrigeren Rang gegeben und ich hätte mich zunächst wieder hocharbeiten müssen. Ich war nicht vier Jahre lang auf der MANA und dann noch mal acht Jahre in der AVS, um mich zum einfachen Mechkrieger runterstufen zu lassen. Das habe ich einfach nicht verdient!“
Marcus musste ein Lächeln unterdrücken. Blaze war tatsächlich 26 Jahre alt – zumindest nahm Marcus das an – und anscheinend ziemlich impulsiv. Aber wenn er wirklich so ein guter Scoutpilot war, wie er behauptete, dann wäre er auf jeden Fall eine Bereicherung für Marcus’ Einheit. Und da er einen eigenen BattleMech hatte und zudem auch noch die ScoutLanze verstärken konnte, sollte er nicht lange zögern. Aber irgendwie traute er dem Ganzen noch nicht so recht. „Mr. Blaze, ich denke, ich könnte Sie gut in meiner Einheit gebrauchen, aber ich möchte Ihnen noch eine letzte Frage stellen. Wenn Sie denken, dass Sie ein guter Offizier sind – warum haben Sie keine eigene Einheit gegründet?“
Blaze zögerte wieder, dann senkte er den Kopf und meinte leise. „Aus Geldmangel. Ich habe eine große Leidenschaft, nämlich das Glücksspiel. Meistens habe ich meinen Sold verpulvert und irgendwann reichte es meinen Vorgesetzten und sie schmissen mich raus. Und das letzte bisschen, was ich noch übrig hatte, reichte gerade mal aus, um den Flug nach Galatea, ein Zimmer und alte Spielschulden zu begleichen.“
„Interessante Entwicklung, Mr. Blaze. Ich bin noch nicht sehr alt – um genau zu sein, ich bin erst 23 – aber ich habe schon einige Leute wie Sie getroffen, denen die Spielleidenschaft zu viel wurde. Das kann sich als ziemlich gefährlich herausstellen. Sie sind von Ihrer Leidenschaft wohl auch noch nicht geheilt, nicht wahr?“ Blaze schüttelte zur Antwort nur den Kopf und Marcus seufzte leise. „Das habe ich mir gedacht. Also schön, Mr. Blaze, ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie kommen als Lanzenführer der ScoutLanze in meine Einheit. Ich werde Sie unter Beobachtung behalten und wenn ich irgendwie bemerke, dass Sie sich wieder auf Glücksspielchen mit Leuten außerhalb der Einheit einlassen, dann schmeiße ich Sie hochkant aus der Truppe und behalte Ihren Mech ein. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann schlagen Sie ein. Wenn nicht, dann müssen Sie sich eine andere Einheit suchen.“
Blaze lächelte fröhlich und schüttelte Marcus überschwänglich die Hand. „Danke, Sir, vielen Dank. Äh, wie soll ich Sie ansprechen?“
„Nun, das kommt darauf an. Wenn wir unter uns sind, dann sagen Sie ruhig Marcus. Ansonsten bin ich Captain Black, auch wenn der Rang bisher noch nicht viel hermacht.“
Blaze nickte. „Dann danke ich Ihnen, Marcus. Ach ja, ich hätte vielleicht einen Piloten für die Javelin für Sie, wenn Sie interessiert sind.“
Marcus horchte auf. „Ist das Ihr Ernst?“
„Na ja, es könnte sein, dass er inzwischen bei einer anderen Einheit angeheuert hat, aber vor einer Stunde war er noch frei. Ich kenne ihn aus meiner Zeit bei der 4. Deneb. Er hatte damals schon eine Javelin gesteuert und war ziemlich gut gewesen.“
Marcus strich sich über das Kinn. „Können Sie ihn gleich herholen? Ich würde mich gerne mit ihm unterhalten.“
Blaze runzelte die Stirn. „Ich kann es versuchen, Sir. Aber es könnte einige Zeit dauern, bis ich ihn finde.“
Marcus nickte und Blaze stand auf und verließ die Kneipe. Vielleicht lief es ja jetzt doch besser als erwartet, dachte Marcus und bestellte sich noch einen Tee.

Es dauerte tatsächlich anderthalb Stunden, bis Blaze wiederkam und er hatte sogar gleich zwei Personen im Schlepptau, einen etwa dreißigjährigen Mann und eine jüngere Frau. Blaze stellte den Mann als Paul Bufort vor und die Frau als Oberleutnant Linda Vight. Dann sagte er entschuldigend. „Sie wollte sich partout nicht abwimmeln lassen, Captain. Tut mir leid.“
Marcus winkte ab und ließ alle drei Platz nehmen, Blaze direkt neben sich, die beiden anderen ihm gegenüber. Marcus wandte sich zunächst Bufort zu. „Sie haben mit Lieutenant Blaze zusammengearbeitet?“
„Ja, ungefähr drei Jahre. Dann bin ich für anderthalb Jahre im Bau gelandet, wurde unehrenhaft und entrechtet entlassen und bin schließlich hier gelandet.“
Marcus warf Blaze einen Blick zu, den dieser hilflos erwiderte. Anscheinend hatte er nichts davon gewusst, dass Bufort unehrenhaft entlassen worden war. Marcus unterdrückte ein Seufzen und sah wieder Bufort an. „Warum waren Sie im Gefängnis, Mr. Bufort?“
„Ich hab mich mit ner Lusche von Offizier geprügelt. Hab dem Idioten drei Zähne rausgeschlagen und ihm die Nase und den Unterkiefer gebrochen. War hübsch blutig gewesen.“
Marcus schickte einen weiteren Blick zu Blaze, der soviel besagen sollte, wie: Was haben Sie mir denn da angeschleppt?, dann wollte er wissen. „Und warum haben Sie sich mit diesem Offizier geschlagen, Mr. Bufort?“
„Er hatte Wettschulden bei mir und wollte sie nicht zahlen. Und wer Paul Bufort bescheißen will, der kriecht erstma mächtig einen vorn Latz geknallt.“
Marcus musste noch ein Seufzen unterdrücken und dachte an das, was Blaze ihm kurz vorher erzählt hatte. Aber offensichtlich war er es nicht gewesen, der bei Bufort Schulden gehabt hatte. „Mr. Bufort, ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Egal, wie gut Sie als Mechkrieger sind, als Mensch sind Sie ein mieses, arrogantes Arschloch. Warum sollte ich Sie in meiner Einheit aufnehmen?“
„Sie sind meine letzte Chance, noch mal in das Cockpit eines Mechs zu kommen… Captain.“, antwortete Bufort, wobei das „Captain“ mit deutlicher Verspätung und sehr widerwillig aus ihm heraus kam. „Ich bin seit anderthalb Jahren hier auf Galatea. Wenn ich nicht bald jemanden finde, der mich bei sich aufnimmt, dann kann ich mir auch gleich die Kugel geben, weil ich dann nämlich niemals die Chance bekommen werde, wieder einen Mech zu steuern.“
Marcus legte die Fingerspitzen aneinander. „Das Leben ist nun mal kein Zuckerschlecken, nicht wahr, Mr. Bufort?“
„Darauf können Sie aber einen lassen.“, kam es wie aus der Pistole geschossen von dem älteren Mann. Marcus verdrehte die Augen, dann traf er seine Entscheidung – auch wenn er sicher war, dass er sie noch bereuen würde. „Also schön, Bufort. Da Lieutenant Blaze der Ansicht ist, dass Sie ein guter Pilot sind, weil Sie dieselbe Ausbildung wie der Lieutenant und ich hinter sich gebracht haben und weil ich, verdammt noch mal, gerade gute Laune habe, werde ich Ihnen eine Chance geben. Lieutenant Blaze wird Sie in den Simulator stecken und mir dann Ihre Trainingsergebnisse zeigen. Wenn ich der Ansicht bin, dass diese Ergebnisse meinen Ansprüchen genügen, dann werde ich Sie in die Delta Legion aufnehmen. Allerdings muss ich Sie warnen, Mr. Bufort.“, sagte er in einem leisen, drohenden Tonfall, als er das Leuchten in Buforts Gesicht sah. „Wenn Sie in irgendeiner Form Scheiße bauen, egal ob es um Prügeleien, Glücksspiel oder sonst was geht, dann fliegen Sie schneller, als Sie „Mechdreck“ sagen können. Und wenn Sie mit mir oder einem anderen Vorgesetzten sprechen, dann beenden Sie die Sätze korrekt. Haben Sie mich verstanden, Mr. Bufort?“
Bufort schien schon eine patzige Antwort auf der Zunge zu haben, überlegte es sich dann aber anders und nickte einfach. „Ja, Sir.“
Marcus erwiderte das Nicken und lächelte dabei kalt. „Gut. Lieutenant Blaze, ich glaube, Sie haben eine Aufgabe zu erfüllen.“
Blaze erhob sich und folgte Bufort nach draußen. Sein Blick zu Marcus schien noch ein bisschen mehr als Dankbarkeit auszudrücken, aber da war Marcus sich nicht ganz sicher – und er glaubte nicht, dass er es wirklich erfahren wollte. Stattdessen wandte er sich der Frau zu, die die ganze Zeit geduldig gewartet hatte. „Also, Oberleutnant…“
„Vight, Sir. Oberleutnant Linda Vight.“, antwortete die junge Frau und Marcus nickte. „Richtig, Oberleutnant Vight. Warum sind Sie hier und wie sind Sie auf mich gekommen?“
„Ich bin hier, weil ich eine Söldnereinheit suche, der ich mich anschließen kann, Sir. Und ich bin auf Sie gekommen, weil ich Lieutenant Blaze zufällig getroffen habe.“
Marcus lehnte sich zurück. Das wurde ja immer bizarrer. Inzwischen musste er sich wirklich fragen, ob es auf Galatea überhaupt noch andere Söldnereinheiten gab, die Mechkrieger aufnehmen wollten. „Bei welcher Einheit waren Sie vorher gewesen, Oberleutnant?“
„Beim 5. Lyranischen Heer, Sir.“
„Mhm, mhm. Und warum sind Sie ausgeschieden?“
Jetzt schien Vight ins Stocken zu geraten. „Das… möchte ich lieber nicht erzählen, Sir.“
„Das ist nicht gerade gut für den weiteren Verlauf unseres Gesprächs, Oberleutnant. Wenn Sie wollen, dass ich Sie bei mir aufnehme, dann sollten Sie schon ehrlich zu mir sein und mir alles erzählen, was Ihnen passiert ist. Wurden Sie von einem höheren Offizier belästigt?“
Das schien Vight zu schockieren. „Nein, Sir!“
Marcus beugte sich vor und legte wieder die Fingerspitzen aneinander. „Oberleutnant Vight. Ich gebe Ihnen jetzt mal meinen ersten Eindruck von Ihnen. Sie sind eine junge Frau mit einer guten militärischen Ausbildung. Sie haben Geduld, eine seltene Eigenschaft, vor allem bei Mechkriegern. Und Sie wollen in meine Einheit eintreten. Aber ich kann Ihnen keinen Platz in meiner Einheit geben, wenn Sie mir nicht endlich sagen, warum Sie ausgeschieden sind.“
Vight zögerte noch kurz, dann ließ sie die Luft mit einem tiefen Seufzer heraus und begann endlich zu erzählen. „Ich wurde an der Militärakademie Coventry ausgebildet und kam dann gleich zum 5. Heer. Wir wurden vorrangig an der Front zum Draconis-Kombinat eingesetzt. Ich hatte einen Whitworth gesteuert und befehligte eine mittelschwere ArtillerieLanze. Das Bataillon, zu dem ich gehörte, hatte meistens seine Garnison auf Fatima. Dann kam es zu einem Überfall durch die Schlangen. Meine Lanze wurde zusammengeschossen und am Ende war nur noch ich übrig. Ich stellte einen Crusader und besiegte ihn, indem ich das Cockpit durchschlug. Mein Mech ging verloren, aber wir gewannen den Kampf und ich hatte theoretisch Anspruch auf den Crusader, den ich besiegt hatte.“
Marcus nickte zustimmend. So hatten sie es auch in der AVS gehalten und soweit er wusste, wurde das in den meisten Linieneinheiten der Inneren Sphäre und bei so ziemlich allen Söldnereinheiten so gehandhabt. Vight sprach langsam weiter und sie konnte nur noch mit Mühe die Tränen unterdrücken. „Mein Kompaniechef meinte, ich hätte den Mech nicht verdient, weil ich meine Leute im Stich gelassen hätte und dazu noch meinen Mech verloren. Das hatte er nur gesagt, weil ich auf seine vorherigen Annäherungsversuche nicht reagiert hatte und er sich an mir rächen wollte. Aber ohne den Mech wäre ich entrechtet gewesen und hätte mein Kommando verloren. Meine Karriere wäre endgültig ruiniert gewesen!“
Auch dem stimmte Marcus mit einem Nicken zu, dann reichte er Vight wortlos eine Serviette. Sie tupfte sich die Tränen aus dem Gesicht und wirkte dann wieder sehr gefasst, als sie weiter sprach. „Also habe ich mich ins planetare Computernetzwerk eingehackt und Frachtpapiere gefälscht. Dann habe ich meinen Abschied eingereicht und den nächsten Flug nach Galatea genommen – mit dem Crusader, den ich als Fracht deklarieren ließ.“
Marcus stieß einen leisen Pfiff aus. „Nicht schlecht. Und jetzt brauchen Sie dringend eine neue Einheit, damit Sie nicht so einfach von der lyranischen Justiz überrollt werden können, nehme ich an.“
Vight nickte schweigend und Marcus ließ sich die Sache durch den Kopf gehen. Ein Crusader war ein guter ArtillerieMech und würde möglicherweise gut in die Kommando- oder KampfLanze passen. Und Vight hatte einen Akademieabschluss und Erfahrung als Lanzenführer. Sie könnte die Leitung über die KampfLanze übernehmen. Er sah der jungen Frau direkt in die Augen. „Angenommen, ich nehme Sie bei mir auf. Was macht Sie so sicher, dass Sie nicht von der lyranischen Justiz angeklagt werden?“
„Ich würde einfach behaupten, der Mech würde Ihnen gehören und Sie hätten mich als Pilotin eingestellt. Und niemand kann beweisen, dass ich etwas mit dem Diebstahl des Crusader zu tun habe. Inzwischen sind auch längst alle Einheitsmarkierungen verschwunden. Der Mech ist im Grunde völlig frei.“
Marcus fuhr sich durch die Haare, während sich in seinem Kopf ein Plan breit machte. „Wären Sie auch bereit, ein paar Umbauarbeiten an dem Mech vornehmen zu lassen?“
„Was für Umbauarbeiten?“, wollte Vight misstrauisch wissen. Marcus lächelte unschuldig. „Nun, ich würde ein wenig die Bewaffnung des Mechs ändern wollen. Ich nehme mal an, es ist ein Crusader K, nicht wahr?“
Vight nickte und Marcus lächelte noch breiter. „Gut zu wissen. Es wird nicht einfach werden und auch nicht sehr billig, aber ich würde den Crusader gerne in eine Abwandlung der Davion-Variante verwandeln. Natürlich nur mit Ihrer Zustimmung.“
Vight überlegte lange, dann nickte sie. „In Ordnung. Es ist vielleicht auch besser so, weil man so noch viel schwerer erkennen könnte, dass es der gestohlene Mech wäre.“
„Ganz genau.“, meinte Marcus und freute sich fast wie ein kleines Kind. „Schön, schön. Dann denke ich, dass ich Sie herzlich in der Delta Legion begrüßen darf – Lieutenant Vight.“
Vight war zunächst etwas verwirrt, dann verstand sie und lächelte nun ebenfalls. „Sie nehmen mich auf?“
„Nicht nur das. Ich übergebe Ihnen die KampfLanze. Natürlich ist sie im Moment etwas sehr spärlich besetzt – nämlich mit Ihnen – aber ich hoffe, dass sich das in den nächsten Tagen noch ändern wird.“
Vight schien wieder zu Tränen gerührt zu sein, aber sie hielt sie tapfer zurück und nickte mit einem schwachen Lächeln. „Ich danke Ihnen, Sir.“
„Keine Ursache, Lieutenant.“, antwortete Marcus müde. „Am besten, Sie gehen gleich zu Lieutenant Blaze und teilen ihm die freudige Nachricht mit. Ich bleibe noch etwas sitzen und werde mich weiter durch die Kontraktangebote wühlen.“
Vight nickte verstehend, erhob sich, salutierte und verschwand aus der Kneipe. Marcus sah ihr hinterher, dann schüttelte er verzweifelt den Kopf. Er schien irgendwie tatsächlich der Wohltäter von Galatea zu sein. Ein Glücksspieler, ein Rüpel und eine Diebin und Hackerin waren tatsächlich seine ersten Rekruten. Einfach unglaublich. Aber es sollte noch schlimmer kommen, was ihm noch gar nicht bewusst war.

Marcus saß immer noch in der Kneipe und wühlte sich inzwischen zum fünften Mal durch die Kontrakte, als Infort hereinkam und sich ihm ungefragt gegenübersetzte. „Also schön, Black. Sie haben gewonnen.“
Marcus sah verwirrt auf. „Gewonnen? Ich wusste gar nicht, dass ich bei einer Lotterie mitgemacht hätte.“
Infort verengte seine Augen zu wütenden Schlitzen und seine Mundwinkel zuckten verdächtig nach unten. „Das meine ich auch nicht, Sie blöder Idiot. Ich habe mit meiner Crew geredet und den Leuten auch von der Wette erzählt, die wir beide abgeschlossen haben. Sie waren nicht gerade begeistert davon, dass ich das so über ihre Köpfe hinweg entschieden habe und darum musste ich mich mehrere Stunden mit ihnen auseinandersetzen. Und das Ergebnis war, dass sie sich unbedingt Ihrer Truppe anschließen wollen!“
Infort warf frustriert die Arme hoch, während Marcus, immer noch leicht verwirrt, einfach nur da saß und den Landungsschiffkapitän ansah. „Heißt das, ich spare mir jetzt meine fünf Millionen?“
„Was glauben Sie denn, was es sonst heißen soll?“
Marcus lächelte breit, dann nahm er sich einen Notizzettel und schrieb etwas darauf. Er schob den Zettel herüber und meinte. „Nehmen Sie das und sagen Sie Ihrer Mannschaft, dass ich mich bedanke.“
Infort starrte auf den Zettel, als ob er ihn in Flammen aufgehen lassen wollte, dann sah er Marcus an. „Und was soll das sein?“
„Die Nummer eines Kontos, das ich bei der hiesigen Bank für Sie und Ihre Crew eingerichtet habe. Es enthält die vollen fünf Millionen, die wir vereinbart haben. Nehmen Sie sie vom Konto und teilen Sie sich das Geld mit Ihren Leuten.“
Infort lief puterrot an, dann steckte er den Zettel ein und reichte Marcus die Hand. „Ich glaube, wir kommen doch gut miteinander aus – Captain Black.“
Marcus schüttelte den Skipper die Hand, dann bestellte er ein Bier für Infort und ein Wasser für sich. Diese Zusammenarbeit musste gefeiert werden.

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Galatea
Isle of Skye, Lyranisches Commonwealth
11. Juli 3025

Marcus hatte jetzt seit etwa fünf Tagen ein Landungsschiff, die entsprechende Crew, zwei Lanzenführer, einen Choleriker als Scoutpiloten und sich selbst als Einheitsführer. Dazu waren bisher noch zwei weitere Mechkrieger gekommen, die beide jeweils einen Platz in der Einheit als einfache Mechkrieger erhalten hatten, da Marcus sich bisher dagegen entschieden hatte, Unteroffiziersränge zu verteilen.
Claire Veggel war zu ihm gekommen, kurz nachdem er mit Infort seine kleine Feier abgehalten hatte. Ihre Kleidung war staubig und sie sah auch aus, als hätte sie bereits bessere Tage gesehen, aber Marcus hatte sich dagegen entschieden, auf Äußerlichkeiten zu achten – das erschien ihm auf einem Dreckball wie Galatea einfach nicht richtig. Und tatsächlich bewies die junge Frau ausgezeichnete Manieren, die ihr Aussehen deutlich Lügen straften. Er erfuhr von ihr, dass sie jemanden suche, der ihr einen Mech geben könne. Bereits diese Formulierung ließ Marcus aufhorchen. Er kannte, wie die meisten Mechkrieger der Inneren Sphäre, die Geschichten um die Arenen, die auf Galatea existierten. Sie waren im Gegensatz zu denen auf Solaris VII richtige Drecklöcher und es passierte nicht selten, dass ein Mechkrieger in einer der dortigen Arenen zu Tode kam. Wie sich herausstellte war auch Veggel bis vor einigen Tagen in diesen Arenen tätig gewesen. Sie hatte ziemlichen Erfolg in ihren Kämpfen gehabt, aber bei ihrem letzten Kampf hatte sie Pech. Ein Treffer in die AK-Munition des Victor, den sie in ihrem letzten Kampf gesteuert hatte, hatte den Mech explodieren lassen – sie selbst hatte gerade noch den Schleudersitz betätigen können. Damit war der Kampf verloren. Leider verlangte der Besitzer des Mechs, dass sie diesen gefälligst zu bezahlen hätte. Und da er ein mächtiger Mann war, blieb Veggel gar nichts anderes übrig, als zu zahlen. Damit gingen ihre sämtlichen Ersparnisse verloren und sie musste sich von Grund auf eine neue Existenz aufbauen. Und die einzige Möglichkeit, für eine Mechkriegerin, sich auf Galatea eine neue Existenz aufzubauen, waren die Arenen, in die sie nicht mehr durfte, weil ihr Chef sie gefeuert hatte, oder eine Söldnereinheit, die gerade möglicherweise einen Mech besaß, der einen Piloten brauchte. In dieser Hinsicht hatte sie Glück, dass sie Marcus ansprechen konnte. Und Marcus hatte das Glück, jemanden gefunden zu haben, der den überschweren Mech seiner Einheit führen konnte. Veggel hatte sich bereits einen Tag später mit der Banshee, die er der AVS für einen Spottpreis abgekauft hatte, vertraut gemacht und war mit dem Mech mehr als zufrieden gewesen. Sie war zwar mehr eine Einzelkämpferin als eine Teamspielerin, aber sie hatte versprochen, an sich zu arbeiten und Linda Vight, die als ihre Lanzenführerin fungieren würde, war mit dem bisherigen Verlauf, den das Training der ehemaligen Arenakämpferin nahm, durchaus zufrieden.
Nur einen Tag später hatte sich ein weiterer Kandidat eingefunden. Geoffrey Smith stammte wie Marcus aus den Vereinigten Sonnen. Er stammte auch aus der Mark Draconis und hatte eine gute militärische Ausbildung bei der 17. Avalon-Husaren RKG genossen. Dummerweise hatte er ein großes Problem: sein vorlautes Mundwerk und sein Hang zur Angeberei. Das hatte ihn soweit geführt, dass er sich – ähnlich wie Bufort – mit einem anderen Mitglied seiner Kompanie geprügelt hatte. Die beiden waren für einige Tage in den Bau gesteckt worden, dann hatte man beiden nahe gelegt, sich gefälligst aus den AVS zu verabschieden. Smith hatte daraufhin seine sämtlichen Ersparnisse zusammengekratzt und eine Passage nach Galatea gebucht. Ein Viertel dieser Reise hatte er sogar als zeitweiliges Crewmitglied verbracht, weil seine Geldreserven nicht ganz für den Flug nach Galatea gereicht hatten. Auf Galatea suchte er lange nach einer Einheit, ohne fündig zu werden – bis Marcus auftauchte. Normalerweise hätte dieser den vorlauten Mechkrieger ebenfalls abblitzen lassen wie schon so viele Einheitsführer vor ihm, aber er brauchte jemanden, der mit mittelschweren Mechs vertraut war – und wie es der Zufall wollte war Smith auf einem Shadow Hawk ausgebildet worden und hatte ihn bis zu seiner Entlassung aus der AVS gesteuert. Das und das Versprechen des Mechkriegers, sein Temperament und sein Mundwerk im Zaum zu halten, hatten Marcus umgestimmt, sodass er Smith in seine Einheit aufnahm. Er würde den Shadow Hawk in der KommandoLanze einsetzen, konnte Smith also immer unter Beobachtung halten, wenn es nötig war.
Da die Einheit sich weit genug vergrößert hatte, um eine längerfristige Basis nützlich erscheinen zu lassen, hatte Marcus einen kleinen Mechhangar in der Nähe des Raumhafens, wo die Barracuda gelandet war, angemietet. Der Hangar war groß genug, um eine komplette Mechkompanie aufzunehmen – was nicht sonderlich groß war, wenn man bedachte, dass sich auf Galatea zum Teil Einheiten von Bataillons- oder sogar Regimentsstärke befanden – und hatte außerdem zwei Büros, von denen Marcus eines für die Dauer seines Aufenthalts auf Galatea in einen Schlafraum verwandelte. Seine Leute wurden in einem gesonderten Abschnitt des Hangars untergebracht, wobei Marcus eine vollständige Abtrennung der männlichen von den weiblichen Schlafplätzen hatte einrichten lassen.
Er saß gerade in seinem Büro und wälzte wieder einige Kontraktangebote und die Personalakten von mehreren potenziellen neuen Mitgliedern für seine Einheit, als ein Klopfen an der Bürotür ihn aufblicken ließ. Veggel, die zeitweilig als eine Art Sekretärin fungierte, öffnete die Tür und steckte den Kopf herein. „Captain, da wartet eine kleine Gruppe von Leuten. Sie sagen, sie suchen Arbeit und wollten Ihnen ihre Dienste anbieten.“
Marcus zog eine Augenbraue hoch, dann nickte er. „In Ordnung, Claire. Schicken Sie sie hoch.“
Veggels Kopf verschwand wieder und zwei Minuten später führte sie drei Männer und eine Frau in das Büro hinein. Sie blickte Marcus an und wartete auf sein bestätigendes Nicken, bevor sie das Büro wieder verließ. Marcus sah sich die vier Personen, die da gegenüberstanden, sehr genau an. Keiner von ihnen war über dreißig, aber da endete auch schon jegliche Gemeinsamkeit. „Guten Tag. Ich bin Captain Marcus Black, der Kommandeur der Delta Legion. Was kann ich für Sie tun?“
Marcus hatte erwartet, dass einer der Männer das Wort ergreifen würde, aber überraschenderweise war es die Frau, die ihm antwortete. „Wir benötigen Arbeit, Captain Black, und hatten gehofft, dass Sie uns möglicherweise einstellen würden.“
Marcus nickte freundlich. „Aha. Und als was bitte?“
Die Frau zögerte kurz, weil sie nicht sicher war, wie sie diese Frage verstehen sollte, dann antwortete sie. „Als Techs. Jeder von uns hat eine abgeschlossene Ausbildung als MechTech und jeder von uns hat mindestens sechs Jahre bei einer Militäreinheit verbracht. Außerdem haben wir noch einige andere Fähigkeiten, die wir in die Einheit einbringen könnten.“
Marcus lehnte sich zurück und begutachtete die kleine Gruppe noch etwas genauer. Ihre Kleidung und ihre Haltung machte deutlich klar, dass sie keine Krieger waren. Allerdings zeigten sie auch so etwas wie Stolz, wahrscheinlich ein Hinweis darauf, dass sie sich wirklich für so gut hielten wie sie angegeben hatten. Er lächelte wieder. „Nun gut. Dann brauche ich zunächst einmal ihre Namen.“
Die Frau stellte sich als Adrienne Volkan vor. Die drei Männer hießen Thomas Klaus, Jin Kawali und Carlos Brogas. Marcus nickte zu jeder Vorstellung freundlich, dann sah er wieder Volkan an. „Gut. Dann benötige ich Ihre Personalakten, aber das ist bloß eine Formalität. Ich schätze, Sie haben jetzt einen neuen Arbeitgeber gefunden, Gentlemen, Miss Volkan.“
Die vier Techs bedankten sich überschwänglich bei ihrem neuen Chef, der aber abwinkte. „Danken Sie mir lieber noch nicht. Ich habe nämlich auch ein paar Bedingungen. Erstens: jeder Mech, der bisher zur Einheit gehört, muss auf das Genaueste überprüft werden. Ich möchte, dass die Einheit in einem Zustand ist, der den Ausdruck Elite verdient. Dann, nächster Punkt: keine illegalen Aktivitäten, außer mit meiner Kenntnisnahme und Genehmigung. Wenn irgendetwas schief geht, dann muss ich dafür meinen Kopf hinhalten und ich will dann zumindest wissen, warum und dass ich die Sache auch wirklich genehmigt habe.
Dritter Punkt: Sie werden auf das hören, was ich Ihnen sage. Es gibt kein Wenn und Aber und ich lasse in dieser Hinsicht auch nicht mit mir reden.
Der letzte Punkt: Sie alle müssen sich in dieser Einheit zunächst beweisen. Wenn ich denke, dass Ihre Fähigkeiten nicht einmal annähernd dem entsprechen, was Sie mir hier vorspielen, dann fliegen Sie raus – ohne Verhandlung, ohne Chance auf Berufung. Wenn Sie mit diesen Punkten nicht einverstanden sind, dann kann ich Sie in meiner Einheit nicht gebrauchen.“
Die vier Techs mussten nicht lange überlegen, sondern erklärten sich sofort mit sämtlichen Punkten einverstanden, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, mit Marcus zu diskutieren. Das bewies Marcus mehr als alles andere, dass sie wirklich gute Techs waren. Er nickte zufrieden. „Gut. Jetzt noch zu einem anderen Punkt: Die Einheitshierarchie.
Im Moment habe ich neben mir selbst noch zwei Lanzenführer in der kämpfenden Einheit, sowie einen Landungsschiffkapitän als Offizier. Die restlichen Crewmitglieder des Landungsschiffes fallen nicht in meinen direkten Zuständigkeitsbereich, sondern sind Charles Infort, dem Skipper des Landungsschiffes gegenüber verantwortlich. Nun zu der Hierarchie, die bei Ihnen zu herrschen hat. Da Sie nur eine kleine Gruppe darstellen, wäre es unfair, Sie in vier verschiedene Ränge aufzuteilen. Daher bestimme ich bloß Miss Volkan als ChefTech. Sie hat damit denselben Rang wie die Lieutenants Blaze und Vight sowie Skipper Infort. Außerdem ist sie mir direkt unterstellt. Sobald ich einen stellvertretenden Einheitskommandeur bestimmt habe, ist dieser Ihnen ebenfalls übergeordnet, Miss Volkan. Wären damit alle Unstimmigkeiten bereinigt?“
Volkan sah ihre drei Kollegen an, die alle zustimmend nickten, dann antwortete sie im Namen der gesamten Techcrew. „Ja, Sir.“
Marcus musste wegen dieser förmlichen Anrede lächeln, dann meinte er. „Gut. Sie können dann gehen und Ihre Sachen hierherholen. Ich lasse dafür sorgen, dass Ihnen im Schlafbereich Plätze zugesichert werden.“
Die vier Techs verließen sein Büro und er lehnte sich zufrieden zurück. Es lief besser, als er erwartet hatte. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass es noch eine ganze Zeit lang dauern würde, bis ihm die Techs zur Verfügung standen, die er benötigte, um die tonnenschweren Metallmonster im Hangar reparieren und umrüsten lassen zu können.

Nachdem die Techs gegangen waren und Marcus ein weiteres Kontraktangebot geprüft hatte, entschied er sich dafür, eine Pause einzulegen und in die Kneipe zu gehen, die sich gleich nebenan befand. Er wurde dort inzwischen schon als Stammgast gesehen und bekam, nur wenige Minuten, nachdem er eingetreten war, einen heißen Tee vorgesetzt. Er wusste, dass er heute nicht lange alleine bleiben würde, da diese Kneipe ein besonders beliebter Treffpunkt für Mechkrieger auf der Suche nach einer neuen Einheit war. Und tatsächlich, keine zehn Minuten, nachdem er seinen Tee bekommen hatte, trat bereits jemand an ihn heran. „Captain Black? Haben Sie kurz Zeit für mich?“
Marcus sah auf und nickte, was den Blondschopf, der an seinen Tisch getreten war, veranlasste, sich einen Stuhl zu schnappen und sich ihm gegenüberzusetzen. Anscheinend wollte er, dass Marcus den Anfang des Gesprächs übernahm, aber dieser dachte gar nicht daran, etwas zu sagen. So saßen sie dann einige Zeit still, bis der Blondschopf zu sprechen begann. „Mein Name ist Otto Crespow. Ich brauche dringend eine Söldnereinheit, die bereit ist, mich aufzunehmen.“
Marcus nickte zum Zeichen, dass sein Gegenüber weitersprechen sollte. Crespow holte eine dünne Mappe hervor und schob sie über den Tisch. „Das ist meine Lebensgeschichte, soweit sie aufgezeichnet werden konnte. Nicht sehr beeindruckend, ich weiß, aber mehr kann ich nicht bieten.“
Marcus schlug die Akte auf und runzelte die Stirn. Crespow hatte diese Lebensgeschichte offensichtlich selbst geschrieben, denn Marcus konnte sich nicht vorstellen, dass eine andere Person in eine Personalakte geschrieben hätte, dass Crespow eine Karriere als Pirat hinter sich hätte. Allerdings war er ein Veteran der internen Piratenkriege und, was ziemlich wichtig für Marcus war, er verfügte über einen eigenen Mech – einen Ostscout. „Wie konnten Sie aus der Peripherie fliehen? Und dann auch noch Ihren Mech mitnehmen?“
„Sie würden es mir nicht glauben, wenn ich es Ihnen erzähle.“, antwortete der ehemalige Pirat, aber Marcus machte eine auffordernde Handbewegung. „Bitte, erzählen Sie ruhig.“
Crespow holte tief Luft, dann nickte er und antwortete. „Ich habe ihn rausgeschmuggelt.“
Marcus blieb todernst, als er diese Aussage mit einem „Stimmt, das glaube ich Ihnen nicht.“ kommentierte. Crespow musste grinsen. „Es ist tatsächlich so. Mein Vater war ein ehrlicher Händler – ich weiß, auch das klingt ziemlich unglaubwürdig – und hatte viele Kontakte zu anderen Händlern gehabt. Einer von ihnen nahm mich mit meinem Mech auf und wir zogen bis nach Galatea. Jetzt wartet er darauf, dass er sein Sprungschiff und sein Landungsschiff an eine Söldnereinheit übergeben kann, die ihm vertrauenswürdig erscheint und die seine Leute auch in einer Krisensituation schützen würde, während ich mich auf die Suche nach einer neuen Einheit machte, um mir eine völlig neue Existenz aufzubauen.“
Marcus horchte auf, als er das mit dem Händler hörte. „Habe ich das eben richtig verstanden? Ihr Bekannter sucht nach einer vertrauenswürdigen Einheit, der er seine Transporter übergeben kann?“
„Stimmt. Er möchte gerne in Rente gehen, aber er möchte auch seine Mannschaft in Sicherheit wissen und glaubt, das nur erreichen zu können, wenn er die beiden Schiffe an eine Söldnereinheit übergibt.“
Marcus nickte. Er kannte auch zahlreiche Geschichten von Sprungschiffen und ihren Besatzungen, die von den Militärs der Nachfolgerstaaten, größeren Söldnereinheiten und ganz besonders häufig von Piraten aufgegriffen und für einen Zwangstransport verwendet wurden – häufig ohne Bezahlung. Interessanterweise wurden die Schiffe, die sich einer Militäreinheit aus freien Stücken anschlossen, in Ruhe gelassen, da sie ja nun unter dem Schutz eben dieser Militäreinheit standen. Allerdings gab es nicht viele Söldnereinheiten, die über eigene Sprungschiffe verfügten. Wolfs Dragoner oder die Leichte Eridani-Reiterei waren zwei dieser Einheiten, die das Glück hatten, eigene Sprungsschiffe zur Verfügung zu haben, aber soweit Marcus wusste waren es weniger als zwanzig Einheiten, die ein solches Transportmittel ihr eigen nennen konnten. Marcus überlegte kurz. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Crespow. Ich nehme Sie, zunächst auf Probe, in meine Einheit auf. Dann sprechen Sie mit Ihrem Bekannten. Wenn er sich damit einverstanden erklärt, mit meiner Einheit einen längerfristigen Transportvertrag zu schließen, dann sorge ich dafür, dass er vor anderen Einheiten geschützt ist.“
Crespow überlegte kurz, dann nickte er. „In Ordnung, Sir. Ich rede mit meinem Bekannten über Ihr Angebot. Ich bin sicher, dass er einverstanden sein wird.“
Marcus lächelte das neueste Mitglied seiner Einheit freundlich an, dann erhob er sich. „Kommen Sie. Ich stelle Sie dem Rest der Einheit vor. Dann lernen Sie auch gleich Ihren Lanzenführer kennen.“
Er legte etwas Geld auf den Tisch und verließ mit dem ehemaligen Piraten im Schlepptau die Kneipe, um zum Mechhangar hinüber zu gehen. Dort erwartete ihn eine kleine Überraschung, als er eine Spider sah, die vor dem Tor darauf wartete, eingelassen zu werden. Blaze stand mit einem Asiaten vor dem Mech und die beiden unterhielten sich angeregt. Blaze bemerkte Marcus und kam auf ihn zugelaufen. „Sir, ich glaube, dass wir einen weiteren Piloten für die ScoutLanze gefunden haben.“, er wies auf den Asiaten. „Das ist Tajohi Gunter. Er möchte unserer Einheit beitreten und der Mech dort gehört ihm.“
Marcus sah an dem leichten Mech hoch, dann lächelte er heimlich. Sollte sich Gunter tatsächlich seiner Einheit anschließen, dann hatte er zum einen eine komplette Lanze zusammen und zum anderen den perfekten Partner für den Ostscout von Crespow. Marcus nickte dem Asiaten kurz zu, dann wandte er sich wieder an Blaze. „Ich habe bereits ein weiteres Mitglied für Ihre Lanze gefunden, Jerry. Otto Crespow, das ist Lieutenant Jerry Blaze – Ihr Lanzenführer.“
Blaze registrierte jetzt erst, dass sein Vorgesetzter nicht alleine aufgetaucht war, dann grinste er breit und reichte Crespow die Hand. „Willkommen bei der Delta Legion. Wenn das so weitergeht, dann müssen wir bald eine weitere Halle als reinen Schlafplatz mieten.“
Marcus lächelte ebenfalls, besonders über diesen Kommentar, dann ging er zu Gunter herüber. „Hallo. Ich bin Marcus Black, Captain und Chef der Delta Legion. Sie wollen sich also uns anschließen?“
Gunter nickte einfach und Marcus wies auf die inzwischen geöffneten Hangartore. „Dann bringen Sie mal Ihren Mech hinein. Mit Ihrer Erlaubnis lasse ich ihn von unseren Techs einmal gründlich durchchecken. Kostenlos, sozusagen als Freundschaftsangebot. Was sagen Sie dazu?“
„Arigato.“, antwortete der Asiate und Marcus konnte ihn damit ziemlich genau ins Draconis-Kombinat einordnen. Ungewöhnlich war, dass ein Mechkrieger aus dem Draconis-Kombinat tatsächlich nach Galatea kam, um Söldner zu werden. Das würde mit Sicherheit eine interessante Unterhaltung werden.

Die beiden Männer hatten es sich in Marcus’ Büro bequem gemacht, dann reichte Gunter eine Personalakte an Marcus weiter. Marcus begann zu lesen und stutzte bereits bei den ersten Worten. „Sie sind was?“
Gunter nickte ernst. „Ich gehöre zu den Yakuza von Benjamin, Captain Black. Meine Gruppe hat sich allerdings mit einigen größeren Gruppen überworfen und wir wurden fast vollständig ausgelöscht. Meine Frau und meine beiden Söhne sind dabei uns Leben gekommen und ich selbst konnte dem Tod nur entrinnen, weil ich mich zu dieser Zeit gerade auf einer Scoutmission in einer völlig anderen Gegend befand – ein Ablenkungsmanöver unserer Feinde.“
Marcus sah in das ernste, von Trauer durchzogene Gesicht des Draconiers und bemerkte zum ersten Mal den Ausläufer einer Tätowierung am unteren Halsansatz. Wahrscheinlich war der halbe Oberkörper des Mannes, der ihm gegenübersaß, mit einer kunstfertigen Körperbemalung verziert, ein besonderes Zeichen des Respekts für den Mann. Marcus schüttelte kurz den Kopf, dann traf er eine Entscheidung. „Mr. Gunter, ich entnehme Ihrer Akte, dass Sie eine hervorragende militärische Ausbildung genossen haben. Sie gehörten zwar keiner offiziellen Militäreinheit an, aber die Kämpfe die Sie bestritten haben, waren bestimmt nicht weniger real. Über Ihren persönlichen Schmerz kann ich Ihnen leider nicht hinweghelfen, aber ich bin gerne bereit, Ihnen einen Platz in meiner Einheit zu gewähren – zunächst einmal auf Probe, aber ich denke, dass es nicht lange dauern wird, bis Sie vollständig in die Einheit integriert sind. Jetzt habe ich allerdings eine Frage an Sie. Warum gerade ich und warum die Legion? Es gäbe bestimmt noch einige andere Söldnergruppen, die mindestens genauso gut sind wie wir – und deutlich länger im Geschäft.“
Die Antwort, die Marcus bekam, war etwas überraschend. „Weil Sie mich nicht wie einen Ausgestoßenen behandeln.“
Dann erhob sich Gunter, salutierte kurz und verließ das Büro seines neuen Kommandeurs. Marcus lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander, während er Revue passieren ließ, was in den letzten Tagen passiert war. Er hatte jetzt einen Spieler, einen chronischen Choleriker, eine Diebin, ein Großmaul, eine ehemalige Arenakämpferin von Galatea, einen Piraten und einen ausgestoßenen Yakuza in seinen Reihen – bisher das perfekte Rezept für eine Katastrophe. Was würde wohl als nächstes passieren?

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Galatea
Isle of Skye, Lyranisches Commonwealth
13.Juli 3025

Marcus befand sich seit etwas mehr als einer Woche auf Galatea und konnte bereits eine eindrucksvolle Bilanz aufweisen, was sein Personalmanagement betraf. Er hatte es geschafft ein Landungsschiff mitsamt Crew, zwei Offiziere mitsamt ihren Mechs, zwei weitere Mechkrieger mit Mechs und drei Mechkrieger ohne Mechs zu organisieren, dazu eine Gruppe von vier Technikern, die tatsächlich erstaunlich fähig waren. Was ihm jetzt bloß noch fehlte waren ein Kontrakt und zwei weitere Mechkrieger, die er in die restlichen Maschinen, einem Dervish und einem Marauder stecken konnte. Natürlich hätte er diese Maschinen auch verkaufen können, aber er hatte das Ziel, eine Kompanie auf die Beine zu stellen und hatte außerdem ziemlich lange mit einigen sehr hochrangigen Leuten in der AVS verhandeln müssen, um diese beiden Mechs zu bekommen. Daher war er nicht bereit, sie einfach zu verkaufen.
Er hatte seinen Leuten für den Rest des Tages Ausgang gegeben und stand nun alleine vor seinem Thunderbolt, als er hinter sich ein leises Räuspern hörte. Er drehte sich um und bemerkte eine junge Frau, die höflich an der offenen Tür stand und wartete. „Ja bitte?“
„Verzeihung, habe ich Sie gestört?“
Marcus lächelte. „Nein, ganz und gar nicht. Bitte, kommen Sie herein.“
Die junge Frau machte ein paar zögerliche Schritte hinein, dann bemerkte sie den Marauder, der direkt am Eingang stand und ihre Augen leuchteten auf. Marcus bemerkte das und musterte seinen unbekannten Gast jetzt etwas genauer. Ihm fiel auf, dass sie die Haltung einer Mechkriegerin hatte und ihr Blick sagte ihm, dass sie früher bereits zumindest einen Marauder gesteuert hatte. „Dürfte ich Ihren Namen erfahren?“
Die junge Frau zuckte zusammen und drehte sich schnell um. „Natürlich, Entschuldigung. Mein Name ist Britana York. Ich stamme aus dem Magistrat Canopus.“
Marcus nickte freundlich. „Schön, Sie kennenzulernen, Miss York. Und was kann ich für Sie tun?“
„Ich bin auf der Suche nach einer Einheit, die einen Platz für mich hat. Man hat mich an diese Adresse hier verwiesen.“
Marcus nickte wieder. Er hatte in einigen Bars und Kneipen seine Adresse mit einem sehr großzügigen Trinkgeld und dem Hinweis, dass sich arbeitswillige Mechkrieger bei ihm melden sollten, hinterlassen. Allerdings erkannte York nicht, dass sie den Chef der Einheit vor sich hatte, denn ihr Blick sagte aus, dass sie ihn für einen einfachen Mechkrieger hielt - allerhöchstens für einen rangniedrigen Offizier. „Nun, soweit ich weiß, ist Captain Black noch immer auf der Suche nach fähigen Mechkriegern. Er ist zwar gerade ziemlich beschäftigt, aber ich könnte ein erstes Gespräch mit Ihnen führen und ihn darüber informieren. Was halten Sie davon?“
York verzog das Gesicht zu einer leichten Grimasse, dann nickte sie. „In Ordnung.“
Marcus wies auf den Fuß des Marauder. „Setzen wir uns doch da hin. Im Sitzen redet es sich meist leichter.“
Sie ließen sich auf dem Fuß des fünfundsiebzig Tonnen schweren avoiden Metallmonsters nieder und Marcus machte eine auffordernde Handbewegung. „Erzählen Sie mir von sich.“
„Nun ja, meinen Namen kennen Sie ja bereits. Ich wurde an der Militärakademie Canopus ausgebildet und bin dann direkt zu den 2. Canopischen Füsilieren gekommen. Wie sich allerdings herausstellte war ich für die Position der Lanzenführerin nicht geeignet. Ich verlor meinen Rang ziemlich schnell, aber das war mir egal, ich wollte nur einen Mech steuern. Ich hatte damals einen Marauder, ähnlich wie dieser hier.“, Sie tätschelte den Fuß des Mechs, als sei er ein alter Freund, „Wir kämpften häufig gegen Piratenbanden, gegen das Tauruskonkordat und gegen Übergriffe von Seiten der Konföderation Capella und besonders der Liga Freier Welten. Ich nahm an vielen Schlachten teil und verlor dabei dreimal meinen Mech. Zweimal konnte er wieder geborgen und repariert werden, aber beim dritten Verlust war er irreparabel beschädigt. Die MKS hatten danach keine Verwendung mehr für mich und legten mir nah, doch meinen Abschied zu nehmen. Also kam ich hierher, in der Hoffnung, eine Einheit zu finden, die einen Mech für mich hat.“
Marcus seufzte leise. Es war verrückt, aber es schien irgendwie so, als wäre die Geschichte bei der Hälfte seiner Leute immer die gleiche – na ja, vielleicht nicht ganz die Hälfte. „Ich verstehe. Nun, wie es der Zufall will suchen wir tatsächlich noch jemanden. Sie kennen sich mit Marauders aus?“
York nickte enthusiastisch. „Allerdings, besser als mit jedem anderen Mech.“
Marcus lächelte wieder. „Na dann würde ich sagen, herzlichen Glückwunsch. Sie können sich als neue Pilotin des Marauder der Delta Legion betrachten.“
York blieb erst einmal ruhig sitzen, bis sie die Worte richtig registrieren konnte, dann blinzelte sie. „Bitte?“
„Na, Sie haben schon richtig gehört. Ach ja, ich sollte mich vielleicht vorstellen – ich bin Marcus Black, vom Rang her Captain und der Chef der Delta Legion. Ihr neuer Boss sozusagen.“
York sprang auf und wollte sofort Haltung annehmen. „Ich bitte um Verzeihung, Captain. Ich wusste nicht, wer Sie sind.“
Marcus winkte ab und erhob sich ebenfalls von seinem Sitz. „Bleiben Sie ruhig, Miss York, bleiben Sie ruhig. Es ist doch alles in Ordnung.“
York zögerte, dann lockerte sie ihre Haltung etwas. „Aber Sie meinten doch, Captain Black wäre beschäftigt.“
„Stimmt ja auch, nicht wahr? Oder habe ich mich mit Ihnen etwa nicht beschäftigt?“
York verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Ich würde Ihnen jetzt entweder am liebsten um den Hals fallen oder das Genick brechen. Sie haben mich ja total verarscht.“
„Stimmt. Hat echt Spaß gemacht.“
In diesem Moment tauchte Linda Vight auf, eine weitere junge Frau im Schlepptau. „Oh, entschuldigen Sie bitte, Captain. Ich wusste nicht, dass Sie beschäftigt sind.“
„Schon in Ordnung, Linda, bitte kommen Sie herein. Britana York, das ist Lieutenant Linda Vight, die Kommandeurin der KampfLanze der Legion. Linda, das ist Britana York. Sie übernimmt den Marauder.“
Die beiden Frauen nickten sich freundlich zu, dann meinte Vight zu ihrem Vorgesetzten. „Ich habe noch jemanden mitgebracht, Sir.“
Sie holte die junge Frau nach vorne, die deutlich selbstbewusster aussah als York einige Minuten zuvor. Vor allem konnte Marcus eine Haltung an ihr erkennen, die ihm völlig neu war. Er konnte zunächst nicht sagen, was es war, aber dann fielen im die Bilder verschiedener Adliger ein, die er während seiner Zeit in der AVS gesehen hatte und sofort fiel es ihm wie Schuppen von den Augen – sie hatte dieselbe Haltung. „Nun, dann werde ich mich mal mit ihr unterhalten. Danke, Linda.“, er wandte sich an York. „Ich benötige noch Ihre Personalakte. Sobald ich die habe sind sie endgültig aufgenommen – zunächst aber auf Probe, bis ich absolut sicher bin, dass Sie keine psychopathische Nymphomanin oder ähnliches sind.“
York lächelte aufgrund dieses Kommentars etwas unsicher, nickte aber fröhlich und verließ mit Vight zusammen den Mechhangar. Marcus blieb mit der Adligen zurück und wies in Richtung seines Büros. „Kommen Sie. Es ist für Sie wahrscheinlich bequemer, wenn wir uns in mein Büro setzen.“
„Um ehrlich zu sein, Captain Black, wäre es mir lieber, wenn wir hier bei den Mechs bleiben könnten. Ich fühle mich in der förmlichen Umgebung eines Chefbüros nicht sehr wohl.“
Marcus konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Natürlich, ganz wie Sie meinen. So, dann brauche ich jetzt erstmal Ihren Namen – oder Ihre Akte, mir wäre beides recht.“
Die Adlige nickte und holte aus ihrer Tasche eine Mappe heraus, die sie Marcus reichte. Er schlug sie auf und überflog sie kurz. An einigen Stellen pfiff er anerkennend, dann machte er sie wieder zu. „Sagen Sie mal, wollen Sie mich vielleicht verarschen?“
Damit hatte die junge Frau offensichtlich nicht gerechnet, denn sie riss die Augen weit auf. „Was meinen Sie damit?“
„Ich meine dieses Schundwerk von Personalakte, das Sie mir da gegeben haben!“ Marcus schlug wieder wütend die Akte auf und zeigte ihr die Stellen, die ihm nicht passten – ziemlich viele. „Ihr Name ist weg, Ihre militärische Ausbildung und Laufbahn ist weg, Ihre Familie wird mit keinem Wort erwähnt – dieses Zeug hier reicht gerade mal als Verbrennungsmaterial für kalte Wintertage.“
Die junge Frau blickte ihn immer noch mit erschrockenen Augen an, dann veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Ihre Augen wurden kalt und ihr Gesicht schien aus Stein gemeißelt zu sein. „Also schön. Mein Name ist Victoria Leere. Mein Vater ist Roland Leere, Graf von Horneburg.“
Jetzt war es an Marcus, die Augen aufzureißen. Roland Leere gehörte zu den bekanntesten Adligen der Inneren Sphäre. Ihm gehörte eines der größten Bankenimperien des Lyranischen Commonwealths – nicht zu vergessen, dass er eine ganze Welt für sich besaß – und er galt als einer der ganz großen Geldgeber für zahlreiche Unternehmen, die über die gesamte Innere Sphäre verteilt waren – selbst im Draconis-Kombinat und der Konföderation Capella. Victoria Leere nickte ernst. „Ganz recht. Ich bin seine zweite Tochter. Dummerweise kam mein Vater auf die glorreiche Idee, mich mit dem Sohn und Erben eines anderen Adligen zu verheiraten, der ebenfalls im Bankengeschäft ist und ein fast so großes Finanzimperium wie mein Vater besitzt. Das Kind, das aus dieser Beziehung entstanden wäre, hätte zu den reichten Menschen der Inneren Sphäre gezählt – womöglich noch reicher als die Herrscher der Großen Häuser. Dummerweise, für meinen Vater, hat mich meine Mutter so erzogen, dass ich meinen eigenen Willen durchsetzen wollte – und ich wollte ganz sicher nicht so einen Schnösel heiraten, der vom Leben nicht die geringste Ahnung hat. Also bin ich auf meine Weise geflohen. Ich hab mich am Nagelring eingeschrieben und meinen Abschluss gemacht. Da mein Vater aber seinen Einfluss geltend machte, um mich zurückzubekommen, nahm mich keine der regulären Einheiten der LCS auf. Also bin ich in die 12. Sternengarde eingetreten. Aber die dortigen Offiziere wollten sich offensichtlich auch nicht mit meinem Vater anlegen, sodass ich schon kurze Zeit später wieder aus der Einheit austreten musste – und darum bin ich jetzt hier und rede mit Ihnen.“
Marcus hatte all diese Punkte auf die Rückseite der Akte geschrieben, die sie ihm gegeben hatte, dann nickte er. „Das hört sich für mich schon eher nach einer Personalakte an. Haben Sie irgendwelche Gefechtserfahrung?“
„Nun ja, meine Ausbildung natürlich. Ansonsten habe ich mit der 12. Sternengarde zwei kleinere Überfallmissionen gegen die Liga Freier Welten durchgeführt. Aber mehr kann ich leider nicht aufweisen.“
Marcus notierte sich auch diese Punkte. „Na schön, das dürfte dann erstmal reichen. Also, Miss Leere, ich kann Ihnen den Dervish und einen Platz unter dem Kommando von Lieutenant Vight anbieten – die Sie ja bereits kennengelernt haben. Und um Ihren Vater kümmere ich mich, falls er irgendwelche Besitzansprüche auf Sie geltend machen sollte.“
Leere fiel ihm um den Hals, dann bemerkte sie, was sie gerade getan hatte und nahm schnell Haltung an. „Danke, Sir. Äh ja, danke.“
Marcus winkte ab. „Keine Ursache, Miss Leere. Hauptsache, Sie enttäuschen mich nicht.“

Der Tag hatte gerade erst begonnen und Marcus hatte bereits zwei neue Rekruten zu vermelden. Damit fehlten ihm eigentlich nur noch zwei weitere Mechkrieger, die am besten ihren eigenen Mech mitbrachten, damit er eine volle Kompanie auf die Beine stellen konnte. Außerdem brauchte er dringend einen ersten Kontrakt, denn obwohl er noch immer über reichliche Geldreserven verfügte, waren diese nicht unbegrenzt – und eine Mechkompanie plus einem Landungsschiff zu finanzieren war nicht gerade ein Pappenstiel.
Er hatte Leere zu ihrem Hotel zurückgeschickt, damit sie ihre Sachen packen und in die zeitweilige Basis der Legion umziehen konnte und war jetzt wieder alleine im Mechhangar, als er draußen Stimmen hörte. Er streckte kurz seinen Kopf heraus, was denn der Lärm zu bedeuten hatte – und hätte ihn am liebsten wieder hineingesteckt. Zwei Männer, beide mindestens in den Dreißigern, standen sich gegenüber und beschimpften sich gegenseitig. Der eine war offensichtlich russischer Abstammung, erkennbar an seiner Sprache und vor allem an seiner Nase, die den starken Alkoholiker markierte. Der andere dagegen schien von einem Planeten zu stammen, der mehr in die Richtung der terranischen Südländer ging, mit einem leicht arabischen Einschlag. Marcus begab sich nun vollends nach draußen und stellte sich mit verschränkten Armen in den Türrahmen, während die beiden Männer sich weiterhin anschrien. Dann bemerkte der russische Streithahn, dass sie inzwischen unter Beobachtung standen und unterließ zunächst einmal die heftigen Beschimpfungen .Sein Gegenüber bemerkte es ebenfalls und hielt sein Temperament zunächst einmal in Zaum. Marcus wartete einige Sekunden, ob die Wut oder was auch immer bei einem der beiden wieder ausbrechen würde. Da dies nicht der Fall war, nickte er zufrieden. „Also schön, Gentlemen. Ich weiß nicht, wer Sie beide sind und im Moment interessiert es mich auch nicht wirklich. Da Sie Ihren Streit aber unbedingt vor meinem Hangar durchführen mussten, nehme ich mal an, dass es in irgendeiner Form um meine Legion geht. Also, legen Sie los.“
Der Russe fing an. „Sind Sie Captain Black?“
„Allerdings, echt und sogar in Farbe. Und Sie sind?“
„Juri Tovashin. Ich war bisher fünfzehn Jahre lang bei Hazler’s Leichter Reiterei – genauso wie dieser Versager dort drüben.“
Der Südländer – Marcus hatte irgendwie den Verdacht, dass er aus der Liga Freier Welten stammte – reagierte sofort darauf. „Versager? Wenigstens habe ich nicht gesoffen wie ein Loch und bin deswegen aus der Einheit geflogen!“
„Nein, du bist geflogen, weil du dich an die Frau vom Boss herangemacht hast, du geiler Bock.“, zischte es zurück. Marcus hob beide Hände. „So, jetzt beruhigen Sie beide sich erst einmal. Ihre Vorgeschichte interessiert mich nur insoweit, dass ich erst einmal wissen möchte, was Sie überhaupt von mir wollen.“
„Wir wollen beide dasselbe von Ihnen, Captain. Wir möchten jeder Ihrer Einheit beitreten.“
Marcus nickte verständnisvoll. „Aha, natürlich. Nun, dann brauche ich Ihre Personalakten und wenn ich denke, dass ich etwas mit Ihnen anfangen kann, dann werden Sie auf Probe eingestellt.“
Tovashin sah von Marcus zu seinem Kontrahenten, dann meinte er. „Sie wollen ihn auch einstellen?“
Marcus sah ebenfalls beide an, dann nickte er. „Natürlich, warum denn auch nicht? Schließlich bin ich ja auch bereit, Sie einzustellen, Mr. Tovashin. Übrigens“, wandte er sich an den anderen Mann, „Ihren Namen müsste ich auch noch einmal erfahren.“
Der andere Mann richtete sich auf. „Ich heiße Marcello Rodriguez. Und hören Sie nicht auf das, was dieser Suffkopf von sich gibt. Davon stimmt, wenn überhaupt, höchstens die Hälfte.“
Marcus seufzte leise, dann meinte er. „Also, ich mache mir das jetzt ganz einfach, weil mir dieser Kindergarten auf die Nerven geht. Sie beide gehen jetzt Ihre Personalakten holen und kommen in spätestens einer Stunde hierher zurück. Ich werde mir die Personalakten ansehen und dann meine Entscheidung bezüglich einer Einstellung von Ihnen beiden treffen. Wenn ich Sie einstelle, dann nur gemeinsam. Das ist meine Bedingung. Sie sollten sich also zusammenraufen oder sich gefälligst eine andere Einheit suchen.“
Rodriguez und Tovashin sahen sich an, dann Marcus, dann erneut sich, bevor sie schließlich einstimmig nickten. „Einverstanden.“
Sie wollten sich in zwei verschiedene Richtungen abwenden, aber Marcus hielt sie noch einmal auf. „Stopp. Eine Frage habe ich noch. Haben Sie beide jeder einen Mech?“
Auch das wurde mit einem doppelten Nicken bestätigt, dann sagte Rodriguez. „Ich habe einen Griffin. Nicht mehr unbedingt das neueste Modell, aber noch ganz brauchbar.“
Marcus wandte sich an Tovashin. „Und was für einen Mech haben Sie?“
„Einen Blackjack. Ist seit dreißig Jahren im Familienbesitz.“
Marcus strich sich über das Kinn, dann meinte er. „In Ordnung. Herbringen.“
Die beiden Männer sahen Marcus verwirrt an und Tovashin fragte. „Wie bitte?“
„Sie sollen Ihre Maschinen herbringen, habe ich gesagt.“, antwortete Marcus. „Ich lasse sie von meinen Techs durchchecken und notfalls Reparaturen durchführen. Das ist ein kostenloser Service für Sie, selbst wenn ich Sie nicht aufnehmen sollte. Ach ja, da ist noch eine Sache, bevor ich Sie fürs Erste entlasse. Wenn Sie gleich mit Ihren Mechs ankommen, dann will ich nicht, dass Sie versuchen, sich gegenseitig umzubringen. Sollte auch nur einer von Ihnen beiden seine Waffen gegen den anderen richten, dann werden Sie beide Ihr blaues Wunder erleben. Haben Sie das verstanden?“
Die beiden Männer nahmen Haltung an und salutierten. „Ja, Sir!“
Marcus nickte wieder zufrieden. „Gut. Sie können wegtreten.“
Er blickte ihnen nach, wie sie in die jeweilige Richtung, aus der sie gekommen waren, wieder verschwanden, dann schüttelte er lächelnd den Kopf und begab sich wieder nach drinnen. Dort begegnete ihm Blaze. „Was war denn das?“
„Das, mein lieber Jerry, war ein ungewöhnliches Vorstellungsgespräch. Ich habe zwei potentielle Rekruten, die beide über einen eigenen Mech verfügen. Einen Säufer und einen Schwerenöter, wenn ich das richtig verstanden habe.“
Blaze schüttelte mit gespielter Verzweiflung den Kopf. „Wer soll das bloß mit den beiden aushalten?“
„Na Linda.“, antwortete Marcus und die beiden Männer mussten lachen.

Es dauerte wirklich weniger als eine Stunde, da tauchten zwei mittelschwere Mechs vor dem Hangar auf und Marcus gab die Erlaubnis, sie hereinzulassen. Blaze dirigierte die beiden Mechs auf die letzten beiden freien Plätze, dann schalteten die Mechkrieger ihre Maschinen ab und begannen mit dem Abstieg. Unten wurden sie bereits von Marcus und ChefTech Volkan erwartet. Marcus nickte Volkan zu, die daraufhin ihre drei Untergebenen hinter sich her winkte, damit die vier Techs sich auf die Maschinen stürzen konnten. Marcus hatte, um zu verhindern, dass es wegen einer solchen Lappalie wieder zu Streitigkeiten kam, die Anordnung gegeben, sich zunächst nicht auf einen Mech zu konzentrieren, sondern auf beide Mechs zu verteilen und gleichmäßig beide abzuarbeiten. Außerdem hatte er Volkan die Erlaubnis gegeben, im Notfall weitere Kräfte in Form der anderen Mechkrieger, die gerade in der Nähe waren, anzufordern. Volkan war allerdings deutlich humaner als Marcus, denn sie unterließ es, einen der Mechkrieger zum Techdienst abzukommandieren – vielleicht dachte sie aber auch bloß, dass sie und ihre Leute deutlich schneller arbeiten konnten als jeder Mechkrieger, der vielleicht gerade mal die Grundlagen der Mechwartung kannte. Marcus kümmerte sich nicht weiter um die Techs, sondern wandte sich an die beiden potentiellen Rekruten. Blaze und Vight traten hinzu und Marcus stellte seine beiden Offiziere vor. Dann reichte er den beiden Lieutenants die Akten, während er selbst zunächst einmal in sein Büro ging und sich einen Kaffee genehmigte. Als er wieder herauskam winkte er die beiden Offiziere zu sich. Die beiden Anwärter mussten wie bestellt und nicht abgeholt warten, bis Marcus bereit war, sich wieder mit ihnen zu beschäftigen. Marcus wandte sich an Blaze. „Ihre Einschätzung, Jerry?“
„Also Rodriguez ist kein schlechter Mechkrieger, aber diese Aktion mit der Frau des Einheitskommandeurs war wirklich nicht gerade geschickt. Aber hier steht, dass er sieben Jahre lang als Ausbilder bei Hazler’s Leichter Reiterei fungiert hat – also im Grunde jemand, dem man die Position eines Unteroffiziers gut zutrauen könnte.“
Marcus nickte und wandte sich an Vight. „Ihre Einschätzung?“
„Tovashin ist bzw. war ein starker Alkoholiker. Das hat sich laut dieser Akte zwar in den letzten drei Jahren gebessert, aber er trinkt immer noch genug, um schnell aggressiv zu werden.“
„Hat er unter Alkoholeinfluss mal einen Einsatz mitgemacht?“
„Ja, kurz nachdem er bei der Leichten Reiterei angefangen hat. Er hat dafür eine Verwarnung bekommen und ist danach zumindest im Einsatz nicht wieder aufgefallen. Marcus, es ist Ihre Entscheidung, aber ich schätze, mit etwas Glück könnte man beide in die Einheit integrieren. Rodriguez könnte einen guten Unteroffizier abgeben und Tovashin wäre eine tolle Ergänzung für meine Lanze, damit wir über ein gewisses Maß an Luftabwehr verfügen. Aber, wie gesagt, am Ende müssen Sie es entscheiden.“
Marcus sah Blaze an, der mit den Schultern zuckte. „Ich stimme Linda zu, Marcus. Sie könnten eine tolle Ergänzung für Legion sein oder aber sie entwickeln sich zu einer tickenden Zeitbombe, die uns alle ins Verderben reißt. Aber Sie müssen es entscheiden, dass können wir Ihnen nicht abnehmen.“
Marcus grummelte leise, dann traf er seine Entscheidung. Er trat an die beiden Anwärter heran und reichte ihnen beiden die Hand. „Also schön, Gentlemen, willkommen in der Legion.“
Die beiden schüttelten ihm erfreut die Hand und wollten sich bedanken, aber Marcus hob die Hand und unterbrach ihren Redefluss. „Damit eines klar ist: Sie beide sind auf Probe hier. Sie werden noch mehr unter Beobachtung stehen als der Rest der Einheit. Tovashin, Sie halten sich gefälligst mit dem Alkohol zurück. Wenn ich Sie dabei erwische, dass Sie sich sinnlos betrinken und in irgendeiner Form, egal ob während eines Einsatzes oder in Ihrer freien Zeit, negativ auffallen, dann fliegen Sie raus! Sofort und ohne eine Möglichkeit der Berufung. Verstanden?“
Er wartete das bestätigende Nicken ab, dann wandte er sich an Rodriguez. „Und Sie, Rodriguez, halten sich gefälligst zurück, was die weiblichen Mitglieder der Legion angeht. Für Sie gilt nämlich dasselbe: Sollten Sie einmal in irgendeiner Form negativ auffallen, dann fliegen Sie raus. Haben Sie das auch verstanden?“
Marcus erhielt wieder ein bestätigendes Nicken, dann lächelte er schwach. „Gut. Und, ein letzter Punkt noch: Was auch immer Sie beide für Probleme miteinander haben, begraben Sie sie. Ihr alter Kommandeur mag es vielleicht gutgeheißen haben, dass Sie sich gegenseitig fast verprügelt haben, aber ich werde so etwas nicht dulden, unter gar keinen Umständen. Sollte mir irgendetwas in dieser Form zu Ohren kommen, dann gilt dasselbe: Sie beide fliegen raus! Ohne Widerrede, ohne Berufung, ohne Entschuldigung. Verstanden? Gut. Dann können Sie jetzt Ihre Sachen wegbringen. Lieutenant Blaze zeigt Ihnen, wo Sie schlafen können.“
Er blickte Blaze und den beiden Männern hinterher, dann fragte er so leise, dass nur Vight ihn hören konnte. „Haben wir da auch keinen Fehler gemacht, Linda?“

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27.07.2008 16:49 CeGrudke ist offline E-Mail an CeGrudke senden Beiträge von CeGrudke suchen Nehmen Sie CeGrudke in Ihre Freundesliste auf
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Galatea
Isle of Skye, Lyranisches Commonwealth
14. Juli 3025

Marcus hatte jetzt eine volle Kompanie unter seinem Kommando und war mit diesem Ergebnis sehr zufrieden. Es würde auf der Barracuda zwar ziemlich eng werden, sobald Galatea verließen, aber damit mussten die Legionäre klarkommen. Außerdem hatte jeder von ihnen bereits vorher in einer Militäreinheit gedient und waren daher mit der Enge eines Landungsschiffs der Union-Klasse vertraut.
Marcus hatte die komplette Einheit, einschließlich der Techs, in einem kleinen Haus direkt neben dem Mechhangar versammelt. Er hatte dieses Haus angemietet, nachdem klar war, dass seine Leute jetzt etwas mehr Platz brauchen würden, als ihnen bloß im Mechhangar zur Verfügung stand. Außerdem war das Haus leer und die Miete ziemlich billig, daher konnte er sich das erlauben – allerdings musste er ziemlich bald einen ersten Kontrakt finden, weil er seine Geldreserven rasant verschwinden sah. Aber das war ein Problem, um das er sich später kümmern konnte. Er sah seine Leute an, dann lächelte er ihnen zu. „Also schön, Ladies und Gentlemen. Sie alle hatten jetzt etwas Zeit, um sich kennenzulernen. Sie alle wissen, wer ich bin – kein Wunder, schließlich habe ich Sie eingestellt.
Wir verfügen jetzt über die Mechs, um eine komplette Kompanie zu bilden. Das ist sehr gut, weil es viele Dinge, speziell auch die Suche nach einem Kontrakt, deutlich einfacher macht. Wir alle wissen natürlich, dass wir zurzeit als unerfahrene Einheit eingestuft werden – womit man wahrscheinlich sogar ziemlich dicht an der Wahrheit liegt – und daher können wir nicht die besten Aufträge erwarten. Um genau zu sein habe ich bisher nur Angebote für Garnisonsdienst auf irgendwelchen Hinterwäldlerplaneten bekommen. Da meine Geldreserven für die Finanzierung dieser Einheit noch für ungefähr drei Monate reichen, werde ich uns etwa einen Monat Zeit geben. In dieser Zeit muss ich einen Auftraggeber gefunden haben, außerdem haben wir dann auch etwas Zeit, um erste Trainingseinheiten miteinander zu absolvieren.
Und damit kommen wir zu einem weiteren wichtigen Punkt: Die Lanzenaufteilung.
Da wir ja bekanntlich eine volle Kompanie sind können wir uns in drei Lanzen aufteilen. Ich habe mich dafür entschieden, den Lanzen die Bezeichnung Alpha, Bravo und Charlie zu geben. Alpha bleibt unter meinem direkten Kommando, Bravo wird die Lanze von Lieutenant Blaze und Charlie die Lanze von Lieutenant Vight. Außerdem habe ich, nach langer Überlegung und auch in Absprache mit den betroffenen Personen, eine Entscheidung bezüglich des Postens des stellvertretenden Einheitskommandeurs getroffen.“
Er hielt kurz inne und sah, dass die gesamte Einheit gespannt auf seine Entscheidung wartete. „Lieutenant Jerry Blaze wird der stellvertretende Kommandeur der Einheit. Zum einen ist er mein erster Rekrut für die Legion gewesen, zum anderen hat er während seiner Zeit bei der 4. Leichten Deneb zeitweilig das Kommando über seine Kompanie geführt und hat daher die entsprechende Erfahrung.
Als Ausgleich dafür habe ich Lieutenant Vight zum Personaloffizier ernannt. Im Klartext bedeutet das, wenn ihr ein Problem habt, entweder mit einem Mit-Legionär oder einem Mitglied des Führungsteams, dann wendet ihr euch zunächst an Lieutenant Vight, die das Problem an mich weiterleitet – oder entsprechende Maßnahmen ergreift, sollte ich das Problem sein. Soweit klar? Gut.
Ich weiß, dass Sie alle genügend Erfahrung besitzen, um mindestens im Unteroffiziersrang zu stehen. Allerdings werde ich wahrscheinlich nur dreien von Ihnen einen Rang als Unteroffizier geben. Die Einheit wird einen Sergeant und zwei Corporals bekommen, die uns Offiziere bei unserer Arbeit mit Ihnen unterstützen sollen. Jeder von Ihnen hat die Chance, einen solchen Rang zu erreichen, aber dafür werden Sie sich höllisch anstrengen müssen. Sie haben dafür eben diesen einen Monat Zeit, den wir zusammen trainieren werden.
Möglicherweise werden Sie sich fragen, welche Fähigkeiten ich von Ihnen verlange, damit Sie einen höheren Rang erreichen? Nun, das ist relativ einfach: Sie müssen das Vertrauen der Einheit besitzen. Wenn das nicht gegeben ist, dann kann ich Ihnen auch keinen Rang geben, mit dem auch eine höhere Verantwortung für die Einheit dazukommt. Außerdem müssen Sie bereit sein, besondere Initiative zu zeigen und selbständig Verantwortung übernehmen zu können. Ihre Fähigkeiten als Mechkrieger zählen natürlich auch, aber diese zählen so oder so. Wir sind eine kleine Einheit und dementsprechend muss jeder jedem helfen können. Jeder von Ihnen, egal ob er jetzt den Unteroffiziersrang erreicht oder nicht, muss bereit sein, eine gewisse Verantwortung zu übernehmen und jeder von ihnen wird eine bestimmte Aufgabe zugeteilt bekommen, die möglicherweise auch einmal variieren kann.
So, das war jetzt meine Ansprache an Sie. Haben Sie im Moment Fragen?“
Niemand meldete sich und Marcus nickte zufrieden. „Gut. Dann wäre das geklärt. Mr. Rodriguez?“
Der ältere Mechkrieger blickte auf. „Sir?“
„Ihrer Personalakte habe ich entnommen, dass Sie früher auch als Ausbilder tätig gewesen sind?“
Rodriguez nickte. „Das stimmt, Sir. Ich habe sogar ziemlich lange und ziemlich erfolgreich als Ausbilder bei Hazler’s Leichter Reiterei gearbeitet.“
Marcus nickte erneut. „Schön zu hören. Sie werden zeitweilig in den Rang eines Corporals befördert und übernehmen das Ausbildungsprogramm der Legion. Arbeiten Sie zunächst für jeden von uns, einschließlich Ihnen selbst, eine Simulationsübung aus. Sie kann je nach Mechtyp variieren, allerdings sollte der Schwierigkeitsgrad überall der gleiche sein. Mit mir selbst beginnen Sie bitte. Und ich möchte diese Übungen spätestens morgen um 10:00 Uhr ausgearbeitet in meinem Büro sehen. Verstanden?“
Rodriguez nickte und erhob sich. „Mit Ihrer Erlaubnis würde ich dann sofort beginnen, Sir.“
Marcus lächelte. „Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten, Mr. Rodriguez.“
Der ältere Mechkrieger verließ den Raum und Marcus wandte sich an seine ChefTech. „Miss Volkan?“
Volkan nahm weder Haltung an, noch ließ sie in irgendeiner anderen Form Respekt gegenüber Marcus erkennen, aber der störte sich nicht an diesen unnötigen Förmlichkeiten. „Sir?“
„Da Sie es sind, die hauptsächlich Nachschub für uns braucht, ernenne ich Sie zum Logistikoffizier der Legion. Sie werden sich darum kümmern müssen, dass wir regelmäßig mit Lebensmitteln versorgt sind und das die Ersatzteile und Munition für unsere Maschinen in ausreichender Menge vorhanden und einsatzbereit sind. Ich gebe Ihnen außerdem die Vollmacht, Aktionen auf dem planetaren Schwarzmarkt durchzuführen – sofern einer vorhanden ist und solange ich über diese Aktivitäten Bescheid weiß. Aber darüber hatten wir ja bei Ihrem Vorstellungsgespräch bereits gesprochen. Und ich erwarte, dass meine Anweisungen auch befolgt werden!“
Die ChefTech nickte, sagte ansonsten allerdings kein Wort. Marcus wandte sich wieder an den Rest der Gruppe. „Ich habe dem größten Teil der Mechs der Einheit Modifikationen aufgegeben, die jede Maschine hoffentlich etwas effektiver machen werden. Wir werden zum größten Teil von munitionsabhängigen Waffen abkommen und leichtere Energiewaffen benutzen. Natürlich sind diese mit einer höheren Wärmeentwicklung belastet, aber ich hoffe, dass die Modifikationen ausreichend Platz für zusätzliche Wärmetauscher schaffen werden.
Da ich jetzt schon bei den Mechs bin, wird auch gleich eine Lanzenaufteilung vergeben. Glauben Sie aber nicht, dass das irgendetwas zu sagen hätte in Bezug auf eine mögliche Beförderung.“
Die anderen Mitglieder seiner Einheit lächelten aufgrund dieses Kommentars. Marcus nickte und sprach weiter. „Also, die Alpha Lance wird von mir persönlich kommandiert – welche Überraschung. Außerdem habe ich mir die Freiheit genommen, Miss York, Mr. Smith und den abwesenden Mr. Rodriguez in die Alpha Lance zu übernehmen. Die Bravo Lance ist wahrscheinlich am offensichtlichsten. Neben Lieutenant Blaze werden Mr. Bufort, Mr. Crespow und Mr. Gunter unsere Scoutelemente bilden.
Die Charlie Lance besteht aus dem Rest der Einheit, heißt Lieutenant Vight, Miss Leere, Mr. Tovashin und Miss Veggel. Freuen Sie sich Linda. Sie haben im Grunde das schwerste Gerät der gesamten Einheit unter Ihrem Kommando.“
Die Kommandeurin der Charlie Lance lächelte bloß und nickte zur Bestätigung. Marcus blickte sich noch einmal in der Runde seiner Untergebenen um, dann meinte er. „In Ordnung, das soll es für heute gewesen sein. Bei irgendwelchen Fragen können Sie zu jeder Tageszeit zu mir kommen. Ich werde Ihnen bestimmt nicht den Kopf abreißen, nur weil ich denke, dass Sie mich um meinen wohlverdienten Schönheitsschlaf gebracht haben. Also, haben Sie jetzt noch irgendwelche Fragen? Wenn das nicht der Fall ist, dann können Sie wegtreten und haben den Rest des Tages frei. Aber ich möchte jeden von Ihnen um Punkt 0700 morgen früh bei seinem Mech stehen sehen. Die Zeit des ruhigen Lebens ist vorbei. Wir sind jetzt eine richtige Militäreinheit und sollten uns dementsprechend benehmen. Also los, haut ab.“
Seine Leute teilten sich in kleinen Gruppen auf und verließen den Raum. Schließlich blieben außer Marcus nur noch seine beiden Lanzenführer übrig. Er sah beide an und beide strahlten eine gewisse Zuversicht aus. Marcus hatte lange überlegt, ob er Blaze wirklich zum stellvertretenden Kommandeur der Einheit machen sollte, aber schließlich hatten die beiden die Sache selbst in die Hand genommen. Vight war zu Marcus gekommen und hatte von ihm fast schon verlangt, dass er Blaze zum stellvertretenden Kommandeur machte, weil sie der Meinung war, dass er die größere Erfahrung in dieser Hinsicht mitbrächte – und außerdem wäre er bereits viel früher als sie in die Legion aufgenommen worden. Marcus hatte sich dieser Argumentation nicht verschließen können und außerdem war keiner der beiden davon enttäuscht, dass Blaze jetzt der XO der Kompanie war – und Marcus war soweit zufrieden. Vight erhob sich ebenfalls von ihrem Sitz und lächelte immer noch. „Ich glaube, wir haben da eine gute Truppe zusammenbekommen, Marcus.“
Blaze nickte zustimmend, aber Marcus winkte ab. „Vielleicht, aber jede Söldnereinheit ist nur so gut wie der Kontrakt, den sie bekommt. Und wir haben noch nicht einmal einen.“
„Sie haben sich selbst einen Monat Zeit gegeben, Marcus.“, antwortete Blaze und stand ebenfalls auf. „Wir werden Sie bei der Arbeit tatkräftig unterstützen. Außerdem haben Sie innerhalb kürzester Zeit eine funktionierende Einheit aufgezogen – da dürfte die Suche nach einem Auftraggeber ein Kinderspiel sein.“
Marcus war sich da weniger sicher, aber er wollte vor seinen Leuten, selbst vor zweien seiner engsten Vertrauten, nicht allzu pessimistisch wirken. „Ja, wahrscheinlich haben Sie recht, Jerry.“
Die beiden Offiziere winkten ihrem Kommandeur kurz zu, dann verließen sie den Raum. Marcus stand jetzt ebenfalls auf und blickte aus einem der Fenster, die auf den nächsten Raumhafen hinausgingen. Irgendwo dort draußen wartete bestimmt schon ein Kontrakt auf ihn. Er musste ihn bloß noch finden.

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27.07.2008 16:50 CeGrudke ist offline E-Mail an CeGrudke senden Beiträge von CeGrudke suchen Nehmen Sie CeGrudke in Ihre Freundesliste auf
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Galatea
Isle of Skye, Lyranisches Commonwealth
18. Juli 3025

Das Training seiner Einheit war im vollen Gange und Marcus konnte bereits eine Sache feststellen – er hatte den größten Chaotenhaufen der Inneren Sphäre unter seinem Kommando.
Er hatte bereits einen Tag nach der Besprechung als erster das Trainingsprogramm des zeitweiligen Corporals Marcello Rodriguez absolviert und mit Bravour bestanden. Jetzt war es an seinen Leuten, nachzulegen. Die Lieutenants Jerry Blaze und Linda Vight waren ihrer Ausbildung und Erfahrung entsprechend in etwa so gut wie Marcus, während der Rest der Truppe von ausgezeichnet bis gerade mal mittelmäßig variierte. Allerdings war niemand so schlecht, dass Marcus gesagt hätte, er müsste direkt einen Ersatz für denjenigen finden. Und die Leistung der Leute, die etwas schlechter waren, waren wohl darauf zurückzuführen, dass sie ungewohnte Mechs steuerten oder schon etwas länger nicht mehr im Kampfeinsatz gestanden hatten. Positiv überrascht war Marcus von den beiden Scoutpiloten Otto Crespow und Tajohi Gunter. Die beiden waren nicht nur ausgezeichnete Scoutpiloten, sie fungierten auch als Team ganz hervorragend und Blaze lobte die beiden in den höchsten Tönen. Der Lieutenant selbst arbeitete sehr eng mit Bufort zusammen, der die JVN-10F Javelin steuerte, die auf Energiewaffen umgebaute Version des dreißig Tonnen schweren ScoutMechs. Diese Zusammenarbeit erfolgte zum einen, weil die beiden Mechs von der Geschwindigkeit ziemlich gleich waren, zum anderen, weil Blaze besonders auf Bufort achten sollte, da Marcus die Befürchtung hatte, dass dieser nicht sehr positiv auf einen ehemaligen Piraten und einen ehemaligen Yakuza in der Einheit reagieren würde. Aber Bufort hielt sich sehr zurück, ebenso wie andere potentiell kritische Kandidaten, zum Beispiel Geoffrey Smith oder Victoria Leere. Marcus war sowieso überrascht davon, wie gut das Zusammenleben der Einheit funktionierte, obwohl sie alle aus verschiedenen Nationen stammten. Er hatte sich einmal kurz mit Crespow unterhalten und dieser meinte dazu nur, dass er es so sehe, dass die Vergangenheit Vergangenheit sei und er sich jetzt nicht mehr als Pirat und Bewohner der Peripherie sondern als Mitglied der Delta Legion sehe – und wahrscheinlich würden es die anderen Mitglieder der Legion ebenso halten. Blaze hatte dem zugestimmt und Marcus hatte diese Argumente zur Kenntnis genommen.
Marcus sah jetzt zu, wie die Charlie Lance gegen eine zweifache Übermacht antrat. Vight organisierte ihre Leute so, dass die beiden ArtillerieMechs den Feind aus der Distanz beschießen konnten, während die Banshee mit Claire Veggel am Steuer in den Nahkampf ging und den Gegner mit ihren Energiewaffen unter Beschuss nahm. Tovashins Blackjack stand noch hinter den ArtillerieMechs und setzte den gegnerischen Mechs mit Nadelstichen zu. Natürlich hatte die Lanze eigentlich keine Chance, aber Vight zielte auch nicht darauf, gegen diesen Gegner zu gewinnen, sondern sie plante einen geordneten Rückzug – und wollte den Gegner verwirren. Wenn dieser nämlich durch ihre Aktion glaubte, dass womöglich Verstärkung ankommen würde, würde er sich natürlich zurückhaltender verhalten und ihre Lanze nicht überrennen. Diese Taktik war ziemlich ungewöhnlich, zeugte aber von einem relativ hohen taktischen Verständnis. Marcus konnte allerdings erkennen, dass nicht alle Mitglieder der Lanze mit dieser Taktik vertraut waren. Vight und Leere zogen sich langsam zurück, aber Veggel stürmte stattdessen vor und wurde dabei auch noch von Tovashin unterstützt, der seine sichere Position aus der Distanz verließ und stattdessen in den Nahkampf überging – eine denkbar ungünstige Wahl. Sein Blackjack verfügte zwar über vier M-Laser, aber der Mech war eigentlich darauf ausgelegt, den Gegner aus der Distanz zu treffen, nicht, ihn direkt anzugehen. Dementsprechend wurde er auch ziemlich schnell in seine Einzelteile zerlegt und auch die Banshee hielt dem konzentrierten Feuer von acht BattleMechs nicht lange stand. Kurz darauf hatten sich Vight und Leere zurückgezogen und die Übung war beendet. Marcus schaltete den Bildschirm ab und sah zu Rodriguez herüber, der den Kopf schüttelte. „Das war gar nicht gut.“
„Ich gebe Ihnen recht, Rodriguez. Aber Veggel kennt es bisher nicht anders. Sie kommt aus den hiesigen Arenen und hat bisher immer alleine gekämpft. Sie ist keine Teamspielerin, das hat man jetzt wieder gesehen. Was ich nicht verstanden habe ist, warum Tovashin in den Nahkampf gegangen ist. Wäre er in der Position verblieben, die er zuvor eingenommen hatte, hätten Lieutenant Vight und Leere sich neben ihn in Position bringen können und Veggel wäre vielleicht noch mit heiler Haut herausgekommen.“
„Das liegt an seiner Art zu kämpfen, Captain. Auch schon bei Hazler’s Reiterei ist er mit seinem Mech gerne in den Nahkampf gegangen. Außerdem hat er immer das Gefühl, dass er einen Kameraden in Not unterstützen muss und das geht bei diesem Mech meist nur auf kurze Entfernung. Die AKs machen einfach nicht genug Schaden.“
Marcus stimmte dieser Einschätzung zu, dennoch fand er, dass der Blackjack für diese Lanze eine ausgezeichnete Ergänzung war. Die Charlie Lance war bewusst so aufgebaut worden, dass sie als Artillerielanze fungierte. Die Banshee steckte einzig darum in der Lanze, um eine höhere Feuerkraft im Nahkampf zur Verfügung zu haben – sollte es nötig sein. Marcus sah wieder zum Chefausbilder seiner Einheit auf. „Haben Sie ein Infanterieabwehrprogramm entwickelt, Rodriguez?“
„Ja, Sir. Es ist noch etwas unausgereift, aber in spätestens zwölf Stunden kann es eingesetzt werden.“
Marcus nickte zufrieden. Er hatte gemerkt, dass seine Einheit katastrophal unterversorgt war, was Infanterieabwehrwaffen anging. Die drei einzigen Mechs der Einheit, die in der Grundausstattung über Infanterieabwehrwaffen – also MGs – verfügten, waren Marcus’ Thunderbolt, der Phoenix Hawk von Lieutenant Blaze und der Crusader von Lieutenant Vight. Aber all diese Mechs waren umgebaut worden, um Platz für stärkere Waffen, zusätzliche Panzerung, Munition oder Wärmetauscher zu schaffen. Daher hatte Marcus den zeitweiligen Corporal darum gebeten, ein Trainingsprogramm zu entwickeln, mit dem seine Legion lernen konnte, sich besser gegen Infanterieverbände zur Wehr zu setzen. Er klopfte dem älteren Mann auf die Schulter. „Reden Sie bitte mit Veggel, Rodriguez. Um Tovashin kümmere ich mich persönlich, das müssen Sie nicht übernehmen.“
„Das ist kein Problem für mich, Sir.“, antwortete der andere Mechkrieger. „Ich kann mich im Notfall mit Juri zusammenraufen, auch wenn er ein stinkender Säufer ist.“
Marcus schüttelte lachend den Kopf. „Also schön, aber das geschieht dann auf Ihre eigene Verantwortung, Rodriguez.“
Er wandte sich ab und verließ den Überwachungsraum des kleinen Trainingscenters, das er auf Rodriguez’ Bitte hin gemietet hatte. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er für seinen nächsten Termin, ein erstes Gespräch mit einem potentiellen Auftraggeber, noch zehn Minuten Zeit hatte. Das Trainingscenter war nicht weit entfernt von dem Hotel, in dem der Auftraggeber abgestiegen war und Marcus beschloss, zu Fuß dorthin zu gehen. Er trug immer noch Zivilkleidung, weil er noch nicht dazu gekommen war, sich mit einem Schneider über eine einheitliche Uniform zu einigen. Ihm schwebten bloß die Einheitsfarben – blau und schwarz – im Kopf herum, außerdem hatte er schon eine ungefähre Vorstellung davon, wie das Abzeichen der Einheit aussehen sollte, aber weiter war er bisher noch nicht gekommen – es hatte einfach zu viel anderes zu tun gegeben. Er war gerade ganz in Gedanken versunken, als er neben sich eine Stimme hörte. „Entschuldigen Sie bitte, aber sind Sie Captain Marcus Black, der Kommandeur der Delta Legion?“
Marcus blieb stehen und drehte sich zum Fragesteller um. „Der bin ich. Und Sie sind?“
„Georg Ballberg.“, antwortete ihm ein junger Mann, der höchstens zwei Jahre älter als Marcus sein konnte. Die beiden jungen Leute reichten sich die Hand, dann fragte Marcus. „Was kann ich für Sie tun, Mr. Ballberg?“
„Diese Frage sollte ich eher Ihnen stellen, Captain. Ich möchte Ihnen meine Dienste anbieten.“
Marcus schüttelte mit einem entschuldigenden Lächeln den Kopf. „Es tut mir leid, Mr. Ballberg, aber ich habe bereits eine vollbesetzte Kompanie. Ich kann keine weiteren Mechkrieger einstellen.“
„Ich bin kein Mechkrieger, Captain Black. Ich bin Anwalt.“
Marcus verengte die Augen. „Wie alt sind Sie, Mr. Ballberg?“
„25 Jahre. Ich habe an der Universität Tharkad meinen Abschluss gemacht.“
Marcus nickte. Die Universität von Tharkad gehörte zu den besten Unis der Inneren Sphäre – auch wenn das von Prinz Hanse Davion gegründete New Avalon Institut der Wissenschaften inzwischen allen anderen Hochschulen diesen Rang abgelaufen hatte. „Und wie viele Klienten hatten Sie bisher?“
Jetzt zögerte Ballberg kurz, bevor er antwortete. „Nun… Sie wären mein erster.“
Marcus musste lachen. „Himmel, ist das Ihr Ernst? Warum sollte ich dann an Ihren Diensten interessiert sein?“
Ballberg seufzte leise. „Ja, ich habe mir gedacht, dass Sie das sagen würden. Es ist so, Captain, das ich Sie seit geraumer Zeit beobachte. Ich habe gesehen, dass Sie Leuten, die in einer anderen Einheit nicht einmal für den Putzdienst eingesetzt werden würden, eine faire Chance gegeben haben, sich zu beweisen. Ich möchte diese Chance ebenfalls ergreifen können.“
Marcus strich sich über das Kinn. Der junge Anwalt hatte mit diesem Argument einen bestimmten Nerv bei ihm getroffen. „Also schön, Mr. Ballberg. Ich werde es so halten wie bei den meisten meiner Mechkrieger – ich stelle Sie auf Probe ein. Und Ihre erste Bewährungsprobe kommt bereits jetzt: Sie begleiten mich jetzt zu einem potentiellen Auftraggeber und werden in meinem Namen die Verhandlungen führen. Ich werde mich zurückhalten und das Ganze aus der Distanz beobachten. Und wenn ich mit Ihrer Leistung zufrieden bin, dann können wir darüber reden, Sie fest einzustellen.“
Ballberg strahlte wieder. „Vielen Dank, Sir.“
Die beiden jungen Leute reichten sich erneut die Hand, dann gingen sie gemeinsam zum Hotel weiter, während Marcus sich von seinem neuen Anwalt dessen bisherigen Lebensweg erzählen ließ.

Marcus und Ballberg betraten das New Excelsior, wo ihr Gesprächspartner sie erwartete. Das Hotel galt als eines der besseren auf dem gesamten Planeten und war dementsprechend teuer. Die Eingangshalle bestand zum größten Teil aus Marmor und Teakholzvertäfelungen und gab dem Besucher das Gefühl, in das Umfeld der Reichen und Mächtigen eingetreten zu sein. Ballberg ließ sich davon nicht beeindrucken, während Marcus, der bisher nur einfachere Absteigen oder die spartanischen Räume von Militärunterkünften gewohnt war, seinen Blick bewundernd durch die Halle schweifen ließ. Er blieb einen Augenblick stehen, um die Eindrücke der Halle auf sich wirken zu lassen, bis Ballberg ihm am Arm ergriff. „Kommen Sie, Captain. Es wäre nicht gut, wenn wir unseren Gesprächspartner warten lassen.“
Marcus schüttelte kurz den Kopf, um wieder auf klare Gedanken zu kommen, dann nickte er. „Natürlich. Es wäre sehr unhöflich, ihn warten zu lassen.“
Sie gingen durch die Eingangshalle und kamen in die Hotelbar, wo ein älterer, teuer gekleideter Mann sie erwartete. Er reichte zunächst Marcus die Hand. „Sie müssen Captain Black sein. Mein Name ist Ernst Hobel, ich vertrete die Talmers AG.“
Marcus schüttelte Hobel die Hand. „Sehr erfreut, Mr. Hobel. Das ist Georg Ballberg, der Anwalt meiner Einheit. Er wird die eigentlichen Verhandlungen mit Ihnen durchführen.“
Hobel und Ballberg schüttelten sich höflich die Hände, dann setzten sich alle drei an einen Tisch und ein Kellner erschien, um die Getränkewünsche aufzunehmen. Nachdem er wieder verschwunden war begann Ballberg mit den Verhandlungen. „Also, Mr. Hobel. Sie sind sicherlich ein Mann, der nicht sehr viel Zeit hat und das gilt auch für meinen Klienten und mich. Wir wollen also nicht lange um den heißen Brei herumreden. Welche vertraglichen Konditionen bieten Sie uns?“
Marcus lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Er hatte mit Ballberg abgesprochen, dass er sich erst dann zu Wort melden würde, wenn er von dem jungen Anwalt ein bestimmtes Zeichen in Form eines Codewortes erhielt. Je nachdem, wie das Codewort ausfallen würde, würde Marcus den angebotenen Kontrakt entweder annehmen oder die Verhandlungen direkt ablehnen. Hobel blickte kurz zu ihm herüber, bevor er auf die Frage des Anwalts antwortete. „Die Talmers AG hat zahlreiche Verträge mit den Regierungen verschiedener Planeten in der Peripherie. Es geht dabei hauptsächlich um den Abbau von Ressourcen und den Transport sowie die Lieferung von Lebensmitteln und anderen Gütern, die auf den Planten importiert werden. Das Problem ist, dass einige dieser Planeten seit kurzem das Ziel heftiger Piratenangriffe geworden sind. Wir brauchen darum eine größere militärische Präsenz, um die Piraten abzuschrecken und notfalls abzuwehren. Es sollte eine Einheit von mindestens Kompaniestärke sein und soweit ich informiert bin, trifft das auf die Delta Legion zu, oder nicht?“
Diese Frage war an Marcus gerichtet, der als Antwort schweigend nickte. Hobel lächelte und sprach weiter. „Die Talmers AG bietet Ihnen einen Standardkontrakt für ein Jahr. Sie erhalten einen Garnisonssold von 10.000 im Monat – in C-Noten selbstverständlich. Außerdem bekommen Sie bei möglichen Piratenangriffen zwei Drittel des Bergeguts zugesprochen. Die Kosten für den Transport werden natürlich von der Talmers AG übernommen.“
An dieser Stelle hätte Marcus das Gespräch sofort abgebrochen. Der Kontrakt war ein Witz, der Sold wäre gerade mal ausreichend, um die Wartungskosten für etwa die Hälfte der Einheit zu decken und er war sich sicher, dass Hobel das wusste. Aber er blieb ruhig und wartete ab, was Ballberg dazu zu sagen hatte. Dieser überraschte Marcus. „Das klingt sehr interessant, Mr. Hobel. Was ist mit entstandenen Schäden an Personal oder Material?“
„Für Personalverluste müssten natürlich Sie selbst aufkommen.“, antwortete Hobel. „Allerdings würden wir sämtliche Schäden an der Ausrüstung Ihrer Einheit übernehmen. Außerdem können wir Ihnen eine ehemalige Milizbasis mit entsprechenden Wartungsanlagen zur Verfügung stellen.“
Ballberg strich sich über das Kinn, dann antwortete er. „Nun, Mr. Hobel ich glaube…,“, damit sprach er das Codewort aus, das Marcus dazu bewegen sollte, den Kontrakt anzunehmen. „dass wir eine positive Vereinbarung treffen können. Was meinen Sie, Captain?“
Marcus lächelte, als ob er zustimmen wollte, dann erhob er sich und reichte Hobel die Hand. „Vielen Dank für Ihre Zeit, Mr. Hobel, aber die Delta Legion ist an Ihrem Angebot nicht interessiert. Vielleicht finden Sie ja eine andere Einheit, die das Angebot annehmen würde.“
Hobel erhob sich ebenfalls und schüttelte Marcus die Hand, sein Gesicht zeigte keinerlei Gefühlsregung. „Ich verstehe. Einen schönen Tag noch, Captain Black.“
Marcus nickte höflich, dann verließ er die Bar, ohne sich danach umzusehen, ob Ballberg ihm folgte oder nicht. Er hatte die Hotelhalle gerade verlassen, als Ballberg ihn endlich eingeholt hatte. „Verdammt, Captain, was sollte das? Der Kontrakt war doch hervorragend. Ein besseres Angebot werden Sie wohl kaum bekommen.“
Marcus blieb stehen und sah dem Anwalt direkt in die Augen. Dieser hielt seinem Blick nur kurz stand, dann wandte er den Kopf zur Seite. Marcus blieb ganz ruhig, als er sagte. „Mr. Ballberg, ich mag einige Dinge nicht. Und dazu gehören Lügner und schlechte Schauspieler. Sie sind offensichtlich beides. Diese Farce, die ich da drinnen eben erleben musste, war hoffentlich ein schlechter Scherz. Der Kontrakt, den Sie für so perfekt halten, ist in Wirklichkeit die größte Verarsche aller Zeiten. Wie viel haben Sie dafür bekommen, dass Sie meinen Anwalt mimen und mich dazu bringen sollten, dieses Angebot anzunehmen? Ich hoffe, es reicht aus, um Ihnen auf Galatea ein einigermaßen angenehmes Leben zu bereiten, denn für die Delta Legion werden Sie ganz bestimmt nicht arbeiten.“
Ballberg verengte die Augen. „Sie glauben wohl, alles besser zu wissen, was? Sie haben keine Ahnung davon, wie die Welt der Geschäftsleute wirklich ist, Black. Sie sind vielleicht ein ganz passabler Mechkrieger, aber vom Geschäftsleben eines Söldners haben Sie wirklich keine Ahnung. Wissen Sie eigentlich, welche Macht die Talmers AG im Lyranischen Commonwealth besitzt? Dieses Unternehmen gehört zu den größten Transportdienstleistern des ganzen Commonwealths. Ihr untersteht eine Flotte von fast zwanzig Sprungschiffen, die zahlreichen Landungsschiffe, die sie besitzen gar nicht mit eingerechnet. Wenn Sie glauben, dass Sie noch einen Fuß auf die Erde bekommen, wenn Sie sich mit Talmers anlegen, dann sind Sie völlig verrückt. Die werden Sie zerquetschen und sich Ihre Einheit einfach so nehmen, ohne auch nur eine C-Note zu bezahlen. Ich habe wirklich versucht, Ihnen zu helfen, aber da Sie glauben, alles besser zu wissen, haben Sie sich jetzt einen mächtigen Feind geschaffen, der alles daran setzen wird, Ihnen das Leben zur Hölle zu machen. Sie wollen meine Dienste nicht annehmen? Damit kann ich leben. Aber glauben Sie mir, in spätestens einem Monat werde ich wiederkommen und dann werden Sie mich auf Knien anflehen, Ihnen den Kontrakt der Talmers AG zu vermitteln, damit Ihre Einheit überhaupt noch lebensfähig ist. Ich bin über Ihre finanzielle Situation vollkommen informiert, Captain Black. Glauben Sie mir, Sie werden in diesem Leben keinen Kontrakt mehr bekommen. Niemand legt sich ungestraft mit der Talmers AG an.“
Marcus blickte den Anwalt nur an, dann wandte er sich wortlos ab und ging weiter. Ballberg kam nicht mehr hinter ihm her, aber er schickte ihm noch einen letzten Abschiedsgruß mit auf die Reise. „Denken Sie daran, Black. In einem Monat sehen wir uns wieder und dann sind Sie völlig erledigt.“
Marcus blieb stehen und drehte sich noch einmal um. „Ich sag Ihnen was, Ballberg. In einem Monat habe ich einen Kontrakt, der mich ruhig schlafen lässt, weil er dafür sorgt, dass meine Leute und ich gut versorgt sind – und Sie werden mich auf Knien anflehen, eingestellt zu werden, weil Sie keine bessere Arbeitsstelle finden werden. Ich glaube nämlich nicht, dass Talmers mit einem Versager wie Ihnen noch weiter zusammenarbeiten wird. Und auch sonst wird bestimmt niemand bereit sein, die Dienste von einem verlogenen Schweinehund wie Ihnen anzunehmen.“
Ballberg lachte bloß abfällig und verschwand in die andere Richtung. Marcus schüttelte den Kopf und ging weiter, als ihn erneut eine Stimme aufhielt, allerdings dieses Mal eine Stimme, die er sofort erkannte. „Anwälte sind doch wirklich etwas Feines. Ich bin wirklich froh, dass ich keiner bin.“
Marcus drehte sich um und zum ersten Mal an diesem Tag lachte er wirklich befreit auf. „Erik! Mein Gott, was hat dich denn bloß auf diesen Staubball verschlagen?“
Sein Gegenüber lächelte ebenfalls, während er zu Marcus trat und die beiden Männer umarmten sich freundschaftlich. Dann trat Marcus ein Stück zurück und begutachtete seinen alten Freund. Dieser trug eine Uniform der Lyranischen Commonwealthstreitkräfte, allerdings hatte er das Einheitsabzeichen der 1. Crucis-Lanciers RKG an der Uniform. Marcus lächelte, als er das sah, dann blickte er seinem Freund direkt in die Augen.
Erik Hochbauer war auf Cruz Alta im Lyranischen Commonwealth geboren und aufgewachsen. Sein Vater war Herzog Karl Hochbauer, der Herrscher von Cruz Alta und er hatte seinem Sohn ermöglicht, in die Vereinigten Sonnen zu reisen, um an einer der dortigen Militärakademien zu studieren. Hochbauer war wie Marcus zur Sakhara MA gegangen und die beiden jungen Männer hatten sich gut angefreundet. Sie hatten gemeinsam ihren Abschluss gemacht und waren gemeinsam zu den 1. Crucis-Lanciers gekommen, wo Hochbauer vier Jahre verbracht hatte, bevor er wieder ins Lyranische Commonwealth zurückzog. Hochbauer lächelte, dann beantwortete er Marcus’ Frage. „Ich bin hier, weil ich dir und deiner Einheit einen Kontrakt im Namen meines Vaters einen Kontrakt anbieten möchte.“
Marcus verengte leicht die Augen, als er das hörte. „Du möchtest was machen?“
„Ich möchte euch einen Kontrakt anbieten, Marcus. Mein Vater möchte die Delta Legion gerne engagieren und ich bin hier, um das zu ermöglichen.“
Marcus schüttelte kurz den Kopf, dann nahm er Hochbauer am Arm und zeigte auf seine Stammkneipe, direkt gegenüber seiner kleinen Basis. „Lass uns da einen trinken gehen, Erik. Es redet sich bei einem kühlen Getränk immer besser.“
Hochbauer ging bereitwillig mit, immer noch ein leichtes, nachdenkliches Lächeln auf den Lippen. Marcus hatte gelernt, dieses Lächeln zu fürchten und zu hassen, weil es meist bedeutete, dass der Lyraner ihn bei den Schachpartien, die sie während ihrer Zeit an der Akademie und den gemeinsamen Jahren bei den Crucis-Lanciers, gespielt hatten, im nächsten Zug Schachmatt setzen würde. Und auch dieses Mal sah es irgendwie so aus, als würde Hochbauer gleich „Schachmatt“ rufen, ohne dass Marcus eine Chance hätte, mit entsprechenden Gegenmaßnahmen darauf zu reagieren. Sie betraten die Bar und Marcus wurde vom Barkeeper bereits wie ein Stammkunde behandelt. Eine der Bedienungen brachte sie zu einem kleinen Ecktisch, verschwand kurz und kam dann mit einer Flasche Wasser und zwei Gläsern zurück. Dann fragte sie Hochbauer. „Möchten Sie vielleicht noch etwas anderes haben, außer Wasser?“
Der Lyraner lächelte sie an und schüttelte den Kopf. „Danke, Wasser reicht völlig aus.“
Die junge Frau nickte und verschwand wieder. Marcus schüttete erst Hochbauer und dann sich selbst etwas ein, dann stießen sie an und tranken. Marcus stellte das Glas wieder ab und lehnte sich zurück. „Also schön, Erik. Dann erzähl mir doch bitte mal von diesem Kontrakt.“
Hochbauer stellte das Glas ebenfalls ab und beugte sich vor, die Arme leicht verschränkt, die Ellbogen auf den Tisch gestützt. „Es ist eigentlich ziemlich einfach, Marcus. Mein Vater möchte die Delta Legion für zunächst einmal ein Jahr verpflichten. Du kennst ja die Situation auf Cruz Alta. Die LCS sind nicht bereit oder in der Lage, uns eine Linieneinheit als Garnison zur Verfügung zu stellen. Das Oberkommando kann anscheinend nicht einmal ein einzelnes Infanteriebataillon erübrigen. Natürlich liegt Cruz Alta auch weit entfernt von sämtlichen Grenzen der Inneren Sphäre, aber die Peripherie ist dicht genug.“
Marcus nickte. Er hatte selbst bereits ein paar Wochen auf Cruz Alta verbracht – dafür hatte er den Urlaub von zwei Jahren Dienstzeit angespart und in diesen paar Wochen verbraucht, weil allein die Anreise bereits über einen Monat gedauert hatte – daher wusste er, wie anfällig die Heimatwelt seines Freundes gegenüber Piratenangriffen war. Außerdem hätte die Liga Freier Welten den Versuch starten können, einen Angriff aus der Peripherie zu starten, um mehrere Welten, die zum Teil wichtige Industrieanlagen enthielten – unter anderem eben auch Cruz Alta – zu attackieren. Er hatte Berichte gesehen und Gerüchte gehört, dass das Draconis-Kombinat etwas Ähnliches vor etwa einem oder zwei Jahren mit der Welt Trellwan versucht hatte. Nur das beherzte Eingreifen eines jungen Söldners namens Grayson Death Carlyle hatte verhindert, dass der Plan der Kuritisten aufging. Das Lyranische Commonwealth konnte froh sein, dass in der Liga Freier Welten niemand so intelligent war, um eben solch einen Plan durchzuziehen. Aber die Gefahr war immer noch real und auch mögliche Piratenangriffe waren nicht ungefährlich. Hochbauer sprach weiter. „Seit etwa sechs Monaten ist die Lage nun so, dass die Piratenangriffe immer besser organisiert wurden. Ich vermute, dass sie die Hilfe von ausgebildeten Militärs in Anspruch nehmen konnten, möglicherweise ehemalige Söldner oder Militärs aus den LCS oder der Liga Freier Welten. Auf jeden Fall werden die Verluste für die Miliz immer größer. Meinem Vater standen bis vor sechs Monaten noch fast zwei volle Regimenter an Panzern und Infanterie zur Verfügung, dazu eine Mechkompanie. Jetzt sind außer der Mechkompanie nur noch ein Bataillon Panzer und zwei Infanteriebataillone übrig geblieben – mehr als fünfzig Prozent Verluste in nur sechs Monaten. Und die Angriffe waren bloß sporadisch, vielleicht alle zwei Monate mal einer. Du verstehst unser Problem?“
Marcus nickte erneut, schwieg allerdings. Hochbauer nahm noch einen Schluck, dann sprach er weiter. „Ich hatte meinem Vater darum vor etwa zwei Monaten vorgeschlagen, dass wir besser ausgebildete Truppen zur Verteidigung bräuchten. Die LCS kann uns diese aber nicht liefern, also hat Vater mich losgeschickt, damit ich auf Galatea Söldner rekrutiere, die uns verteidigen können. Ich bin vor zwei Wochen angekommen und habe erfahren, dass du dabei warst, deine eigene Einheit aufzubauen. Ich hätte dich viel früher angesprochen, aber ich dachte mir, dass du wahrscheinlich zu beschäftigt sein würdest, um mit mir ein ordentliches Gespräch zu führen, also wartete ich ab, bis du etwas mehr Zeit hattest – und siehe da, du hast es geschafft eine komplette Kompanie auf die Beine zu stellen. Darum sitzen wir jetzt hier und darum sülze ich dich mit meinen Problemen voll.“
Marcus musste lachen, dann nahm er ebenfalls einen Schluck. „Deine Probleme sind nur allzu verständlich, Erik. Ich möchte dir gerne helfen, aber ich muss zuerst an meine Leute denken. Ich bin jetzt kein Offizier der AVS mehr, sondern ich bin Söldner. Daher muss ich Geld verdienen, damit meine Leute ihren Sold bekommen. Du verstehst das?“
Erik nickte. „Natürlich. Ich habe auch nicht erwartet, dass du umsonst für uns arbeiten würdest. Mein Vater hat mir die komplette Vollmacht für die Vertragsverhandlungen gegeben. Sag mir, was du haben möchtest und ich setze es in den Vertrag hinein.“
Marcus zögerte. Er vertraute seinem Freund, aber dieses Angebot war doch zu verlockend. „Und wenn ich dir jetzt sagen würde, dass ich zwei Millionen C-Noten monatlich verlange?“
„Dann müsste ich Rücksprache mit meinem Vater halten, ob ich dir das Geld in Hunderten auszahlen soll oder ob wir es auf elektronischem Weg bezahlen.“
Marcus musste lachen. „Erik, du bist verrückt. Ich könnte dir jeden Betrag nennen und du würdest ihn bezahlen?“
„Nein, nicht jeden Betrag. Die Höchstgrenze würde bei den eben genannten zwei Millionen C-Noten monatlich liegen. Allerdings wäre dieser Betrag an die Bedingung geknüpft, dass deine Einheit einen dauerhaften Vertrag mit der Regierung von Cruz Alta abschließen würde, was im Klartext hieße, dass wir dich und deine Einheit in die Miliz assimilieren. Ihr würdet euren Namen und euer Rangsystem behalten, hättet aber eure Unabhängigkeit verloren.“
Marcus nickte. „Gut zu wissen. Dann bist du doch nicht so verrückt, wie ich befürchtet hatte. Also schön, kommen wir zum ernsthaften Teil. Fünfzigtausend monatlich. In C-Noten. Volle Bergungsrechte für meine Einheit. Sämtliche Materialschäden werden von euch ersetzt, für verlorenes Personal komme ich auf, wenn es notwendig ist. Der Transport wird von euch bezahlt, allerdings habe ich einen Vertrag mit einem Sprungschiffeigner, dass er sich bereit erklärt, die Delta Legion zu transportieren, wenn wir ihm den Schutz gegen Übergriffe von Piraten oder anderen Militäreinheiten garantieren können. Und ich hätte eine Idee, wie ihr euer Piratenproblem möglicherweise beseitigen könnt. Dieser Plan könnte katastrophal schief gehen oder aber zum gewünschten Erfolg führen.“
Hochbauer schrieb sich Marcus’ Bedingungen auf, ebenso den Punkt mit dem Sprungschiff, dann sah er hoch. „Erzähl mir von diesem Plan.“
Marcus beugte sich vor. „Du bräuchtest dafür weitere Söldnereinheiten und ich müsste wissen, wie stark die Piratenkräfte eurer Meinung nach sind.“
„Laut einer Einschätzung des militärischen Nachrichtendienstes dürfte ihre Stärke bei etwa zwei Bataillonen liegen, Mechs, Fahrzeuge und Infanterie zusammengerechnet. Und sie haben uns nie mit mehr als zwei Kompanien angegriffen.“
„Dann brauchen wir, um meinen Plan durchführen zu können, mindestens fünf weitere Einheiten von mindestens Kompaniestärke. Also im Grunde genug Truppen, um zwei Mechbataillone zusammenzustellen.“
Hochbauer sah seinen Freund irritiert an. „Was zum Teufel hast du vor, Marcus? Willst du etwa eine Invasion auf die Piratenbasis starten?“
Marcus lächelte bloß. „Ganz genau das habe ich vor. Wie gesagt, der Plan könnte katastrophal schief gehen oder euer Piratenproblem aus der Welt schaffen.“
Hochbauer strich sich über das Kinn. „Das ist ein interessanter Vorschlag von dir, Marcus. Wenn ein anderer mit so einer Idee an mich herangetreten wäre, dann hätte ich ihn sofort für verrückt erklärt. Aber bei dir bin ich mir da gar nicht so sicher. Würdest du mir bei der Auswahl der passenden Söldnereinheiten helfen?“
„Das versteht sich von selbst, Erik.“, antwortete Marcus, dann meinte er. „Allerdings werden wir Söldner für diese Invasion zusätzliche Prämien verlangen. Ich würde sagen, ihr bezahlt zum einen den Garnisonssold weiter, zum anderen noch einen zusätzlichen monatlichen Sold von Fünfzigtausend C-Noten für sechs Monate – und bei erfolgreichem Abschluss der Invasion eine einmalige Zahlung von sechshunderttausend. C-Noten, selbstverständlich.“
Hochbauer rechnete kurz nach, dann lächelte er. „Du bist ein echtes Schlitzohr, Marcus. Damit würde für jede Söldnereinheit ein Betrag von bis zu 1,5 Millionen C-Noten für ein Jahr zustande kommen. Das ist eine ziemlich hohe Summe.“
„Würde dein Vater dem zustimmen?“, wollte Marcus wissen und glaubte bereits die Antwort zu kennen. Allerdings überraschte sein Freund ihn. „Ich denke schon. Wie gesagt, er hat mich mit entsprechenden Rechten ausgestattet und neun Millionen C-Noten für sechs Söldnereinheiten dürfte noch vertretbar sein. Außerdem wäre der wirtschaftliche Verlust durch die Piratenangriffe wahrscheinlich fünfmal so hoch. Dagegen ist diese Summe als Bezahlung für Söldner ein Klacks.“
Marcus nickte, dann stellte er eine Frage, die ihm bereits seit dem Anfang ihrer heutigen Begegnung auf der Seele brannte. „Wie geht es Tanja?“
Tanja Hochbauer war Eriks jüngere Schwester. Marcus hatte sie kennengelernt, als die Familie Hochbauer ihren Sprössling bei der Abschlussfeier der Sakhara MA besucht hatte, um ihm zu gratulieren. Damals war Tanja erst sechzehn Jahre alt gewesen, aber Marcus hatte sich sofort in sie verliebt, kaum, dass er sie gesehen hatte. Dann hatten sie ihre Beziehung während seines kurzen Besuchs auf Cruz Alta intensiviert und Marcus wusste, dass es für ihn keine andere Frau in seinem Leben mehr geben würde. Hochbauer grinste, woraufhin Marcus rot anlief. „Es geht ihr gut, Marcus, aber sie vermisst dich. Sie trägt dein Bild immer bei sich und schwärmt immer wieder von dir. Jede Nachricht, die du an sie geschickt hast, hat sie aufbewahrt. Sie ist auch ein Grund, warum ich wollte, dass deine Einheit nach Cruz Alta kommt.“
Marcus lächelte träumerisch und musste an diese wunderschöne, junge Frau mit den langen, rehbraunen Haaren und den strahlend blauen Augen denken – ein jüngeres Ebenbild ihrer Mutter. „Du hast mich endgültig überzeugt, Erik. Die Legion wird nach Cruz Alta einschiffen. Aber wir haben doch noch etwas Zeit, oder?“
„Natürlich. Ich muss schließlich noch die anderen Söldnereinheiten finden. Ich hoffe, hier gibt es jemanden, der uns nützen kann.“
Marcus wurde sofort wieder ernst. „Erik, wir sind hier auf Galatea, dem Söldnerstern. Wenn du hier keine passenden Einheiten findest, dann findest du sie nirgends.“

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Ein Narr ist eine gefährliche Waffe im Haus der Vernunft

Tu as dèjá le baton fleurdelisé dans ta giberne
27.07.2008 16:51 CeGrudke ist offline E-Mail an CeGrudke senden Beiträge von CeGrudke suchen Nehmen Sie CeGrudke in Ihre Freundesliste auf
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