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Zum Ende der Seite springen Chevaliers Season IV 7 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,00
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Thorsten Kerensky
Colonel


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Caliban IV
unbekanntes Gebirge, Südlicher Kontinent
31. 10.3066, 09:00 Uhr

Als Jara aus dem provisorischen Stabszelt in die langsam unangenehm warme Sonne Calibans trat, kniff sie ihre blauen Augen nicht nur vor der Helligkeit zusammen, sondern auch aus tiefreichender, grundlegender Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation.
Sie hatte sich in der kurzen Zeit, die Germaine da war, vor ihm wie ein kleines, dummes Kind benommen. Sie hatte gescherzt, wo ihr nach Heulen zumute gewesen war, hatte zugestimmt, als sie alles zum Teufel jagen wollte und Hoffnung geäußert, wo sie sich selber keine erlaubte. Warum?
Einfach alles auf die Müdigkeit, die Erschöpfung zu schieben, erschien ihr zu einfach. Zugegeben, auch Brennstein, Shepard und Steinberger hatten sich ohne zu Zögern mit Aufgaben beladen lassen, aber das war nicht ihr Problem.
Sie zögerte, kämpfte sich durch den zähen Schleim ihrer Gedanken und schließlich entfuhr ihr ein lautes „Stravag!“. Es WAR ihr Problem. Der Alte hatte ihr gerade für drei Jahre die Einheit geliehen. Einfach so, eiskalt. Für drei Jahre. Solange war sie noch nicht einmal dabei. Germaine hatte Recht: Sie war nicht Phelan Kell. Sie war nicht einmal 21 Jahre alt, die Beförderung zum Captain war ihr schon zu viel gewesen und nun sollte sie – so nebenbei quasi – die Chevaliers führen? Das war Wahnsinn. Sie hätte ablehnen sollen, ablehnen müssen. Himmel, sie hatte ablehnen wollen! Warum hatte sie das nicht getan?
Jemand sprach sie an und als sie sich umdrehte, erkannte sie Kyle Kotare. Den guten, zuverlässigen Kotare, der immer wusste, wann er ihr Arbeit abnehmen musste. Er hätte befördert werden sollen, nicht diese menschliche Bestie Steinberger. Auch das war jetzt ihr Problem. Und, zumindest darauf war Verlass, sie würde sich darum kümmern.
„Captain Jara?“ Der Rückfall in das clanübliche Formulieren ließ auch bei Kotare die Erschöpfung durchscheinen.
„Ja?“
„Major Est… McAllister bereitet die DORNKAAT zum Flug zur LZ APOLLO vor. Da Corporal Ivan im Kampf gefallen ist und Private Hanna wegen Erschöpfungserscheinungen im Lazarett ist, wollte ich vorschlagen, dass ich sie begleite. Das ist in Deinem Sinne, frapos?“
„Neg…“ Jara schüttelte den Kopf. „Nein“, verbesserte sie sich, „der Colonel hat acht Stunden Dienstpause befohlen und Du wirst Dich an den Befehl halten, solange ich hier bin.“ Sie sah dem Claner an, dass er davon gar nicht begeistert war. Kotare gehörte nicht zu den Menschen, die ausruhen konnten, bevor die Arbeit getan war. Sie verstand ihn gut, denn sie war ja nicht anders.
„Ich werde allerdings nicht lange hier sein, denn ich werde Major McAllister persönlich begleiten.“
„Seyla“, antwortete Kotare. „Du sorgst Dich um Lieutenant Dawn, frapos?“
„Darauf kannst Du deinen Arsch verwetten“, gab Jara zurück.
Kotare, der sonst alles andere als ein emotionaler Mensch war, legte ihr eine Hand auf die Schulter und sah sie ernst an. „Ich wünsche Dir alles Gute, Captain Jara.“
„Danke, Sergeant“, antwortete sie und war froh, dass sie sich auf den ehemaligen Nebelparder derart verlassen konnte.
„Sergeant? Wie müde bist Du?“
Jara rang sich ein schiefes Grinsen ab: „Sehr müde. Aber Sergeant stimmt schon. Ich habe Dich gerade befördert. Es war überfällig.“
„Ist das nicht Vorrecht des Kommandeurs?“
„Ja. Und wie es aussieht, habe ich gerade die Chevaliers geschenkt bekommen. Und dann kann ich auch wenigstens etwas Vernünftiges damit anfangen.“
„Du bist eine sehr gefährliche Frau“, sagte Kotare und meinte es ernst.
Jara wandte sich zum Gehen und nickte ihrem Flügelmann bestätigend zu. „Das werden hier einige noch merken.“

Das Gewicht der Verantwortung lastete schwer auf Jaras Schultern, während sie sich ihren Weg zur DORNKAAT bahnte. Sie verstand die Entscheidungen, die Germaine traf, sehr oft nicht. Vielleicht war er wirklich verrückt geworden. Wer wusste schon, was im Hirn dieses Menschen ablief? Vielleicht musste sie seine Fehler zum Wohle der Einheit korrigieren?
Sie spielte für einen Augenblick mit dem Gedanken, ihre Dienstwaffe zu ziehen, erst Steinberger und dann Clarke und am Ende noch diesen psychopatischen Piraten standesrechtlich zu erschießen, anschließend Germaine für unzurechnungsfähig erklären zu lassen und schließlich alles hinzuschmeißen und Copeland die Chevaliers zu übertragen. Zumindest der Teil mit der Pistole klang verlockend und für einen gar nicht so kurzen Moment musste sie ernsthaft mit sich kämpfen, um nicht den Weg zu den Gefangenen einzuschlagen. Selbst den gebrochenen rechten Arm, ihren Schussarm, würde sie irgendwie kompensieren können.
Aber es gab vorher noch etwas Wichtigeres, etwas vor dem sie nicht weglaufen konnte und für das auch ihre bisherigen Lösungsstrategien – Härte, Härte und Härte – nicht funktionierten. Und das war Dawn.
Ganz gleich, was passierte, sie musste jetzt und sofort zum Rest ihrer Kompanie, musste sehen, wie es dort aussah und wie es ihrer Freundin ging. Warum wurde dann jeder Schritt schwerer, je näher er sie an ihr Ziel führte?
Sie erreichte die DORNKAAT und musste nicht lange nach der quirligen McAllister Ausschau halten, die ihre Leute zur Eile antrieb.
Jara verzichtet auf den militärischen Gruß – wer wusste schon, ob nicht doch noch Scharfschützen irgendwo auf ihre Chance lauerten – und nickte der anderen Söldnerin lediglich kurz zu. „Major McAllister?“
„Captain Fokker! Ich dachte, ihr habt alle Dienstpause?“
„Stimmt. Aber ich würde mich gerne dem Flug zu meiner Kompanie anschließen.“
Die Infanteristin musterte die arg erschöpft wirkende Jara und schüttelte leicht, aber nachdrücklich den Kopf. „Kommt gar nicht in Frage. Der Colonel hat sich sehr deutlich geäußert und ich kann nicht verantworten, dass einer seiner Captains sich derart überstrapaziert.“
„Ich kann meine Energiereserven ganz gut einschätzen. Es wird gehen.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Das reicht mir nicht. Ich hab keine Lust, Ärger mit dem Alten zu bekommen.“
Jara verfluchte Germaine innerlich und seufzte äußerlich. „Ich nehme an, es bringt mir gar nichts, wenn ich darauf hinweise, dass die Einheit bald mir gehört?“
„Korrekt. Das würde absolut gar nichts ändern.“
Jara fasste die ältere Söldnerin an der Schulter und sah ihr eindringlich in die Augen. „Major McAllister, ich bitte, nein, ich flehe darum, mitgenommen zu werden. Meine Kompanie, meine Leute sind noch da draußen und es ist meine verdammte Pflicht, nach ihnen zu schauen. Außerdem muss ich einfach da hin und schauen, was aus meiner Freundin geworden ist.“ Ihr fiel es schwer, weiterzusprechen und trotzdem würgte sie die Worte heraus. „Ob sie überhaupt noch lebt. Ich muss das einfach sehen. Mit meinen eigenen Augen. Das bin ich ihr, das bin ich meiner Kompanie schuldig.“
„Da hat Ihnen der Colonel aber eine gute Portion von seinem Heldenmut zur Einheit dazugegeben.“ McAllister überlegte einen Moment lang, musterte Jaras gebrochenen Arm, ihren Gesichtsausdruck und ihre verzweifelte Körperhaltung und zuckte schließlich mit den Schultern. „Na gut. Aber auf Ihr persönliches Risiko, Captain.“ Sie ignorierte Jaras dankbaren Blick und wandte sich für einen Moment einem Tech zu, der ihr ein Signal gab. „Es geht los, Captain Fokker. Steigen Sie ein, halten Sie sich fest und wagen Sie es ja nicht, mir unterwegs zusammenzubrechen.“


Caliban IV
Landezone APOLLO
31. 10.3066, 10:15 Uhr

Jara hatte den kurzen Flug zur Landezone ihrer Kompanie in einem tranceartigen Dämmerzustand verbracht. Fleischer, der Chefarzt der Chevaliers, war zwischendurch neben sie getreten, hatte ihr eine Spritze voller Vitamine und Nährstoffe in den unverletzten Arm gejagt und ihr sehr deutlich gesagt, dass sie von hier an auf eigenes Risiko arbeitete und er als Arzt und Freund der festen Überzeugung war, dass sie sich lieber ausruhen sollte.
Jara hatte ihn reden und machen lassen und nur geschwiegen. Fleischer war an Bord, um die Arbeit zu machen, die sie ihm eingebrockt hatte. Um ihre Leute zusammenzuflicken, sofern es noch ging. Um die Toten festzustellen, die auf Dauer Versehrten auszumustern und die Überlebenden für das nächste große Sterben einsatzbereit zu machen. Er war an Bord, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
Die Berichte, die Sharpe übermittelt hatte, waren äußerst dürftig gewesen. Drei Tote. Sechs Verletzte. Keine Namen, keine Details. Immerhin hatte er in seine knappe Meldung einfließen lassen, dass Dawn sehr schwer verwundet worden war. Wie schwer? Jara wusste es nicht. Vielleicht war alles halb so wild. Vielleicht war sie schon tot.
Vielleicht war ihre Tochter nun Halb-Waise. Die blonde Söldnerin schluckte. Was für ein Wahnsinn! Was hatte sie nur getan?
Als die DORNKAAT zur Landung ansetzte, war Jara froh, dass McAllister das Kommando hatte und diejenige war, die schon über Funk die ersten Befehle und Informationen übermittelte. So konnte sie, kaum dass sich die mächtige Laderampe des Unions geöffnet und einen Schwall sandiger heißer Caliban-Luft hereingelassen hatte, ins Freie treten und sich auf den Weg machen.
Das Lager hatte sich in den letzten Stunden gewaltig verändert. Die meisten Zelte waren verschwunden, es herrschte eine grimmige, konzentrierte Betriebsamkeit. Die Gesichter der Chevaliers waren angespannt, alle trugen Waffen, alle schienen bereit, jederzeit aufzubrechen. Niemand stand oder saß untätig herum, es wurde nicht gescherzt oder überhaupt unnötig viel geredet. In der Ferne konnte sie zwei BattleMechs ausmachen, die – notdürftig geflickt – über das verschwindende Feldlager wachten. Wenn sie sich nicht täuschte, dann erkannte sie den Buchwacker von Simon Moore, einem ehemaligen Waräger und den Enfield, den Eliden Kush, ihr hoffnungsvoller Neuzugang, in der Schlacht geführt hatte.
Sie lief Miles Sharpe über den Weg. Der erfahrene Unteroffizier wirkte nicht halb so ausgezehrt wie sie sich fühlte, aber auch ihm sah man die Spuren der Nacht deutlich an. „Captain Fokker, ich…“
Weiter kam er nicht, denn Jara schnitt ihm das Wort ab: „Wo ist sie?“
„Im Krankenbereich der DEN HAAG. Ich begleite Sie.“ Keine Frage, keine Bitte, eine einfache Feststellung. Guter Mann, guter Unteroffizier. Jara nahm sich vor, ihn später zu belobigen. Sie musste alle ihre Leute belobigen. We few, we happy few… das war ihr persönlicher Codesatz für ihren Waldwolf und jetzt wahrer und richtiger als je zuvor.
„Wie geht es Ihrem Arm, Ma’am?“
„Gebrochen. Dumme Geschichte. Verheilt aber auch wieder.“
„Könnten wir das nur über alle unsere Wunden sagen“, murmelte Sharpe.
Jara konnte nicht länger warten, sie brauchte Infos über Dawn: „Wie schlimm ist es, Sarge?“
„Zu Tear kann ich nichts sagen, Ma’am. Viking, Cookie und Adler sind gefallen. Baron, Zyklon und Shiva sind verwundet. Ich habe Corporal Nobbs rausgeschickt, um Zyklon abzulösen. Er und Kush sichern die Bergungsarbeiten. Ich werde Kush in 30 Minuten ablösen, der Junge ist am Ende.“
„Setzen Sie Ripper mit auf die Liste der Gefallenen.“ Jara blieb in der Stimme emotionslos, aber innerlich war sie zutiefst erschüttert. Vier bestätigte Tote und Dawn irgendwo auf der Schwelle. Fünf von Sechzehn. Selbst die fürchterlichen Materialschäden wirkten daneben lächerlich. Was für ein unfassbares Massaker.
„Ist es vorbei?“
„Der Alte sagt, dass es vorbei ist, ja.“ Die beiden Söldner betraten den kühlen, schattigen Bauch der DEN HAAG und Jara steuerte die Krankenstation an. „Aber wir wissen beide, dass es niemals vorbei ist.“
„Nicht solange wir leben“, stimmte Sharpe zu.
Jara blieb kurz stehen. „Von hier aus finde ich den Weg alleine, Sarge.“ Ihre Stimme war ebenso bestimmt und entschieden wie seine es vor wenigen Augenblicken noch gewesen war.
Der Unteroffizier verstand. „Alles Gute, Ma’am.“
„Danke.“ Sie meinte es ernst. „Ach und Sharpe?“
„Ma’am?“
„Wenn Sie nach der ganzen Scheiße hier keine anderen Pläne haben… einen fähigen Sarge kann ich immer gut gebrauchen.“
„Ich werde daran denken, Ma’am.“
Sie nickten sich zu und Jara setzte ihren Weg alleine fort, kam aber nicht weit.
Vor der Krankenstation versperrte ein Infanterist ihr den Weg. „Der Zutritt ist nur für medizinisches Personal gestattet. Tut mir leid.“
Das Mitleid in seinen Augen war echt und Jara konnte ihm nicht böse sein. Sie hatte einfach nicht mehr die Kraft dazu. „Können Sie mir sagen, wie schlimm es ist?“
„Sanitätssergeant Yilmaz hat drei Stunden operiert und vor einer Stunde aufgehört. Lieutenant Ferrow lebt, aber ihr Zustand ist außerordentlich kritisch. Wir warten auf Dr. Fleischer, um weiterzumachen.“
Wie aufs Stichwort tauchte der Chefarzt im Korridor hinter Jara auf, gefolgt von einer Handvoll Sanitäter und wurde von dem Wachsoldaten anstandslos durchgelassen.
„Captain, Sie können sich darauf verlassen, dass die Sanis und Fleischer alles tun, um den Lieutenant durchzubringen. Legen Sie sich ruhig hin, ich geben Ihnen Bescheid, sobald es etwas Neues gibt.“

Jara legte sich natürlich nicht hin. Langsam begannen die Präparate, die Fleischer ihr gespritzt hatte, doch noch zu wirken und sie konnte sich immerhin weit genug zusammenreißen, um die Mechkrieger ihrer Kompanie zusammenzutrommeln, die – mehr oder weniger verletzt – ebenso auf Neuigkeiten warteten wie Jara selbst. Lediglich Sharpe und Nobbs fehlten, da sie Wache schoben. Zehn Chevaliers saßen vor ihr. Sie musterte die Reste der Truppe.
Eliden Kush, der erst auf Fury Station zu ihnen gestoßen war, das Gesicht gezeichnet von der Erschöpfung und den Erfahrungen der letzten Nacht. Für ihn war das neu gewesen. Jara dachte an ihre ersten Kriegserfahrungen zurück und fühlte Mitleid mit dem jungen Mechkrieger.
Haruka Yamada, deren Verbrennungen gerade zu heilen begannen. Sie hatte die Schlacht von der Seitenlinie aus erlebt, aber seit ihrem Ende schonungslos bei den Aufräumarbeiten geholfen.
Elisa Bräuning, die aus ihrem Mech geschossen worden war, aber danach nicht eine Sekunde gezögert hatte, im Lazarett auszuhelfen, als Not am Mann gewesen war.
Noah-Joel van Eening, der junge Adlige, der den Verlust seiner Maschine erstaunlich gut zu verkraften schien. Auf Fury Station war er noch ein unsicherer, hilfsbedürftiger Jüngling gewesen, nun wirkte er reifer, abgebrühter. Er trug frische Verbände, hielt sich aber tapfer.
Martin Jännicke, Simon Moore, Evangelista Barrios, drei ehemalige Waräger, die letzteren beiden mit leichten Verletzungen. Jara fiel es schwer, sich vorzustellen, dass diese Söldner noch vor wenigen Tagen ihre Feinde gewesen waren. Alle hatten sie sich in der Schlacht bewährt und ohne zu zögern ihre Pflicht getan.
Bill Tracy, im Rollstuhl seit dem Gefecht gegen die Waräger, saß neben ihnen als hätte es das Gefecht gar nicht gegeben. Selbst er hatte geholfen, hatte an Bord der DEN HAAG die Rettungs- und Bergungsarbeiten mit koordiniert und protokolliert und damit fittere Chevaliers freigemacht zur Arbeit draußen.
Ben Torres, der ebenfalls nicht hatte mitkämpfen können, obwohl seine Verletzungen bereits verheilten. So wie der Rest der Einsatzgruppe hatte auch er nach seinen Möglichkeiten geholfen, wo es nur ging.
Und Stefan Hellmann, jetzt der ranghöchste der ehemaligen Waräger. In der Schlacht um die Landezone war er Dawns Flügelmann gewesen, hatte Seite an Seite und später Rücken an Rücken mit ihr gekämpft, bis ihre Mechs gemeinsam gefallen waren. In ihrem Untergang war er Dawn näher gewesen als Jara es hatte sein können und die wenigen Sätze, die er ihr hatte mitgeben können, hatten die blonde Söldnerin zutiefst erschüttert und sich tief in ihre Seele eingebrannt.
„Hört zu“, begann sie das Gespräch zu den Leuten, auf die sie mächtig stolz war. Ihre Kompanie, ihre Leute. Auch jetzt, nachdem es schlimmer gekommen war, als sie sich alle ausgemalt hatten, selbst jetzt konnte sie auf diese Menschen vertrauen. Durfte sie das einfach so abtun und verspielen?
„Ihr seid alle müde. Ich weiß das und verstehe das. Ihr habt gekämpft, geblutet, geholfen und gelitten, so wie alle Chevaliers in dieser Nacht. Kyle Kotare, Miles Sharpe und Charlie Nobbs sind noch immer draußen im Einsatz, Hanna Dünkirch liegt am Basislager im Lazarett, Dawn Ferrow kämpft nur wenige Räume weiter um ihr Leben.
Und vier Kameraden sind heute Nacht gefallen. Ivan Voronin, Lars Asmussen, Anne Patty-Smith und Lars Steigenberg waren nicht nur Kampfgefährten. Sie waren Freunde, sie waren Teil dieser Kompanie, sie waren Chevaliers. Sie haben selbstlos ihre Leben gegeben, damit wir hier sitzen können.
Ich kann jeden von Euch verstehen, der sich jetzt leer fühlt, der sich fragt, ob das alles überhaupt einen Sinn hat. Ich kann jeden von Euch verstehen, der für sich entscheidet, dass es ihm reicht und dass jetzt Schluss ist mit dem Söldnerleben. Ich bin niemandem böse, der uns auf Wayside oder schon vorher verlässt.“
Sie machte eine Pause und blickte in die Runde, in die müden, starren Gesichter, die darauf warteten, was sie ihnen zu sagen hatte.
„Ihr fragt Euch wahrscheinlich, wie es jetzt weitergeht. Ganz ehrlich? Ich weiß es selber noch nicht. Das meiste werdet Ihr in den nächsten Tagen erfahren. Aber ich kann Euch schon eines verraten:
Sobald wir Wayside erreichen, wird sich Colonel Danton vorübergehend zurückziehen und er überlässt Harrison Copeland die Leitung der Chevaliers.“
Ein Raunen ging durch die versammelten Mechkrieger.
„Und damit Copycat keine Dummheiten begeht, hat Colonel Danton mich zur Besitzerin der Chevaliers ernannt, bis er zurückkehrt.“
Jara gab ihren Leuten einen Moment, die Nachricht sacken zu lassen.
„Ich kann Euch nicht versprechen, dass alles leichter wird“, fuhr sie fort, „oder so wie früher. Die Wunden, die wir heute Nacht erlitten haben, werden Narben hinterlassen. Es wird Veränderungen geben und eine Menge Dinge werden uns daran erinnern, welche Lücken in unseren Reihen klaffen.
Aber ich kann Euch versprechen, dass es weitergehen wird. Es wird weiterhin diese Einheit geben und jeder und jede von Euch ist willkommen, weiter Teil der Chevaliers zu sein. Ihr alle habt bewiesen, dass Ihr die besten, tapfersten Mechkrieger diesseits und jenseits von Terra seid. Ich bin stolz auf Euch.“
Sie zögerte, unsicher, ob ihre Worte die beabsichtigte Wirkung erzielen würden. Sie war mittlerweile gut darin, Leute auf einen Kampf einzuschwören, aber diese psychologische Nachbetreuung war ihr in dieser Form völlig fremd und neu.
Schließlich rang sie sich dazu durch, weiterzusprechen: „Colonel Danton hat eine achtstündige Dienstpause für jeden Chevalier befohlen. Danach geht es mit der Bergungsaktion weiter und wenn hier alles verstaut ist, vereinigen wir uns mit dem Rest der Truppe. Ich werde wieder zur ROSEMARIE zurückkehren, sobald ich weiß, ob Dawn es schaffen wird. Alle transportfähigen Verletzten können sich dann anschließen. Alle einsatzfähigen Chevaliers packen hier mit an.“
Jara erhob sich mühsam und langsam. „Das wär’s. Ihr erfahrt alles weitere über die Tagesbefehle und Einheits-News. Ihr könnt jetzt schlafen gehen.“
Zu ihrer Überraschung standen die zehn Mechkrieger zwar geschlossen auf, machten aber keine Anstalten, zu gehen.
Es war Bill Tracy, der in seinem Rollstuhl leise, aber gut hörbar zu singen anfing und nach und nach stimmte die gesamte Kompanie mit ein:
„Wir lernten in der Schlacht zu stehn
bei Sturm und Höllenglut.
Wir lernten in den Tod zu gehen,
nicht achtend unser Blut.
Und wenn sich einst die Waffe kehrt
auf die, die uns den Kampf gelehrt,
sie werden uns nicht feige sehn.
Ihr Unterricht war gut.“
Jara fühlte sich überwältigt von der Geste ihrer Leute und ihr wurde in diesem Moment klar, dass sie ihre Selbstzweifel hinten anstellen musste. Die Chevaliers waren ihr Zuhause, diese Leute waren ihre Familie. Sie würde kämpfen. Gegen jeden Feind, aber auch gegen ihre eigenen Dämonen, um diesen Menschen eine gute Anführerin zu sein.
Mit belegter Stimme sagte sie das Einzige, was sie noch zu sagen hatte und sie legte ihre ganze Überzeugung, ihre ganze Ehrlichkeit in dieses eine Wort: „Danke.“

Jara konnte kaum noch die Augen offen halten und kauerte halb zusammengesunken über dem Tisch des Besprechungsraums des DEN HAAG. Die Zahlen und Buchstaben auf dem DataPad in ihrer unverletzten Linken verschwammen vor ihren Augen. Sie war draußen gewesen, hatte die Arbeiten begutachtet, hier und dort ein paar Worte gewechselt, Präsenz gezeigt und versucht, den Chevaliers Anerkennung zu zollen, aber mittlerweile ging es einfach nicht mehr. Sie wollte nur noch schlafen. Der reine Schlafmangel war nicht einmal so schlimm, aber die vielen Stunden im Cockpit, die Ruhelosigkeit zerrten an ihr.
Dennoch schaffte sie es, sich aufzurichten, als Fleischer mit einem weiteren Mann in den Raum trat. Sie trugen noch immer OP-Kleidung und wirkten erschöpft.
„Jara, Du kennst Obersanitäter Muhammad Yilmaz natürlich. Wenn – und ich betone WENN – Dawn es schafft, dann ist er der Mann, dem Du ihr Leben verdankst“, begann der erfahrene Arzt das Gespräch.
Jara nickte und bekam die Worte ihrer Antwort nur mühsam heraus: „Danke, Obersanitäter Yilmaz. Ich bin Ihnen zutiefst dankbar.“
Der Sani nickte ihr bescheiden zu und lies Fleischer weiter das Wort führen.
„Um es kurz zu machen: Wir haben gerade zwei Stunden operiert. Muhammad hat vorhin schon Stunden im OP verbracht und Dawns Zustand ist nach wie vor ausgesprochen kritisch. Wir haben sie in ein künstliches Koma versetzt, aber es ist unsicher, ob sie den Tag überlebt. Willst Du die Details?“
Jara, die sich fest vorgenommen hatte, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen, bejahte.
„Dawn hat eine Menge Schnittwunden am gesamten Körper, die aber kaum ins Gewicht fallen. Sie hat eine kritische Menge Blut verloren, was auch nicht schlimm wäre. Allerdings hat eine Stahlstrebe sich durch ihren Körper gebohrt. Ihr Verdauungssystem wurde erheblich verletzt und ihre Wirbelsäule gebrochen. Es ist ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebt.“
„Wie groß sind ihre Chancen?“
„Schwer zu sagen.“ Jara, die sonst die Ehrlichkeit des Arztes sehr zu schätzen wusste, hasste ihn in diesem Moment für seine harten Worte. „Ich gebe ihr eine Chance von 30% dass sie den Tag übersteht. Wenn sie das geschafft hat, kriegen wir sie durch.“
„Ich verstehe.“
„Ich befürchte nicht“, attestierte der Mann, der schon ihre Geburt begleitet hatte und sie besser kannte als die meisten anderen Chevaliers. „Jara, wenn Dawn es schafft, wird sie sich nie wieder erholen.“
Jara wollte eigentlich gar nicht mehr wissen, aber sie zwang sich, nachzufragen: „Was bedeutet das?“
„Auch das ist schwer zu sagen. Mit viel Glück wird sie im Rollstuhl sitzen, einige künstliche Organe brauchen, aber ansonsten ein mehr oder weniger normales Leben führen können. Mit sehr viel Pech wird sie aus dem Koma nicht wieder aufgeweckt werden können oder den Rest ihres Lebens ein schwerer Pflegefall sein.“
Jara schluckte. Verdammte Realität, verdammte Realität! Jetzt saß sie hier, trug ihren Arm im Gips und durfte sich doch die Glückliche nennen und Dawn, ihre Freundin, die ihr vertraut hatte, die ihr gefolgt war, war raus. Wenn sie Glück hatte, konnte sie sich immerhin noch um ihre Tochter kümmern. Im Rollstuhl. Verdammte Realität!
„Wie willst Du jetzt weitermachen?“, erkundigte sich Fleischer und lenkte damit ein bisschen von dem niederschmetternden Thema ab, dass sie gerade besprochen hatten.
„McAllister fliegt in einer Stunde zurück zum Hauptlager. Ich werde mich ihr anschließen und dann ein paar Stunden schlafen.“ Sie unterdrückte ein Gähnen und deutete dann ein Schulterzucken an. „Und dann mache ich das, was alle machen: Die Trümmer beiseiteschaffen, die Wunden lecken und alles wieder neu aufbauen.“
„Ich verstehe.“ Er warf einen Blick auf die Uhr und nickte Yilmaz zu, der wortlos und ausgelaugt dem Gespräch gefolgt war. „Wir operieren heute Nachmittag nochmal. Ich halte Dich auf dem Laufenden.“
„Danke.“ Sie musste die Dankbarkeit nicht spielen und sie fragte sich kurz, zum wievielten Male sie an diesem Tag irgendjemandem gedankt hatte. Sie war gerührt davon, wie sehr das Netz der Einheit sie auffing. Aber auch dieser Rückhalt hatte seine Grenzen und die nächste Frage musste sie ganz alleine stellen. Nur deswegen war sie hergekommen und plötzlich war sie sich nicht mehr sicher, ob sie die Kraft dazu hatte.
Nach einem Augenblick, der sich zu einer Ewigkeit dehnte, fragte sie doch: „Kann ich sie sehen?“
Fleischer schüttelte bedauernd den Kopf: „Noch nicht. Frühestens morgen.“
Jara hätte argumentieren können, bitten oder flehen, aber sie tat nichts dergleichen. Sie war froh, durch seine Antwort nicht mit ihren Ängsten konfrontiert zu werden. Froh, einen weiteren Tag nicht eigenen Auges auf das Unheil blicken zu müssen, dass sie angerichtet hatte. Sie war froh, am Leben und mehr oder weniger unversehrt zu sein. Und sie schämte sich dafür.

__________________
Ama-e-ur-e
is-o-uv-Tycom‘Tyco
is-o-tures-Tesi is-o-tures-Oro
is-u-tures-Vo-e-e

11.02.2014 13:37 Thorsten Kerensky ist offline E-Mail an Thorsten Kerensky senden Beiträge von Thorsten Kerensky suchen Nehmen Sie Thorsten Kerensky in Ihre Freundesliste auf
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Caliban IV
unbekanntes Gebirge, Südlicher Kontinent
31.10.3066, 20:30 Uhr

„Captain Fokker?“
Die Stimme drang wie durch Nebel an Jaras Ohren und vermischte sich mit den Resten ihres unruhigen Traums. War der Ruf real oder nicht? Wer rief sie dort? Ihre Eltern? Dawn? Oder…
„Captain Fokker!“
Diesmal war die Stimme lauter, dringlicher – realer. Jaras Instinkt übernahm das Kommando und riss ihren Verstand aus seiner Traumphase, um ihn brutal in die staubig-heiße Wirklichkeit von Caliban zu schleudern.
Hastig und noch ein wenig fahrig fuhr sie von dem Feldbett hoch, auf dem sie zusammengebrochen war, kaum nachdem sie das Hauptlager wieder erreicht hatte.
Ein junger Infanterist stand neben der Pritsche im Halbdunklen des Zeltes und wirkte seltsam erleichtert, dass die Mechkriegerin tatsächlich aufgewacht war.
„Wie spät ist es, Private?“, murmelte Jara schläfrig. Ihr Körper teilte ihr unmissverständlich mit, dass sie noch nicht genug Erholung bekommen hatte. Aber verglichen mit ihrem Zustand vor dem Schlaf war sie ein wahres Wunder an Energie.
„Zwanzig-Dreißig, Ma’am.“
Sechs Stunden Schlaf. Immerhin und besser als nichts. Die nächsten Tage würde sie genug Zeit haben, das restliche Schlafdefizit aufzuholen.
„Danke für die Info.“ Sie war jetzt fast komplett wach, ihr Gehirn begann wieder zu arbeiten und löste sich aus den Fesseln der Traumwelt.
„Ma’am, der Colonel will Sie sprechen.“
„Der Colonel?“ Jara runzelte die Stirn, fragte sich, was Danton diesmal an Überraschungen für sie bereithielt und streifte die Decke ab, um sich anzuziehen.
Wenn der junge Soldat, der sie geweckt hatte, überrascht davon war, dass sie nur in Shorts und T-Shirt geschlafen hatte und nun halbnackt vor ihm stand, so ließ er sich das zumindest nicht anmerken. Andererseits rannten die Mechkrieger auch regelmäßig in Unterwäsche umher, wenn sie sich auf dem Weg zu ihren Maschinen, den Simulatoren oder zurück befanden.
„Wissen Sie, warum der Colonel mich sehen will?“
„Nein, Ma’am. Er hat mir lediglich befohlen, sie zu wecken und ihnen zu sagen, dass sie sich bei ihm melden sollen.“
Jara knöpfte ihre Uniformhose zu und warf sich die Feldbluse über. Kein Spiegel zur Hand. Sie überlegte kurz, den Fußsoldaten zu fragen, ob sie wenigstens halbwegs ordentlich aussah, verwarf den Gedanken dann aber. Erstens weil es momentan absolut keine Rolle spielte und zweitens, weil sie sich bewusst wurde, dass sie nach fast zwei Tagen ohne Dusche, Kleiderwechsel und Kamm definitiv keinen Beauty-Contest mehr gewinnen würde. Sie kontrollierte flüchtig, ob wenigstens ihr geflochtener Zopf noch halbwegs hielt – ein zu schlechtes Bild wollte sie vor den niedrigeren Dienstgraden im Lager auch nicht abgeben – und legte sich anschließend ihren Waffengürtel um.
Mit dem vertrauten Gewicht ihrer Pistole, des Kampfmessers und den anderen Ausrüstungsgegenständen fühlte sie sich gleich besser.
„Danke, Private. Ich werde den Colonel umgehend aufsuchen. Sie können wegtreten.“
„Jawohl, Ma’am“, antwortete der Soldat und zog sich aus dem Ruhezelt zurück.

Germaine Danton hatte Quartier an Bord der ROSEMARIE bezogen und bis Jara das in Erfahrung gebracht und den Weg zu ihm durch das immer noch hektisch beschäftigte Feldlager zurückgelegt hatte, war sie wieder vollständig wach und Herrin ihrer Sinne. Sie mochte noch nicht wieder frisch und fit aussehen, aber sie war durchaus wieder belastbar. Die Gewöhnung an kurze Schlafphasen und hohe Belastungen machte sich jetzt bezahlt.
Sie straffte sich und war, als sie an die Tür klopfte, wieder ganz die zähe und unverwüstliche Kriegerin, zu der sie ihre Zeit beim Wolfsclan hatte werden lassen.
Jara wartete, bis sie hereingebeten wurde, salutierte zackig und wunderte sich, dass der Colonel ganz alleine in seinem provisorischen Büro saß. Er wirkte müde, allerdings weniger körperlich als emotional.
„Ah, Jara, schön, dass du da bist. Kaffee?“ Er deutete auf einen freien Stuhl, einige unbenutzte Tassen und eine Thermoskanne.
„Ja, gerne“, antwortete sie und ließ sich nicht zweimal bitten, ihrer Wachphase mit dem Gebräu nachzuhelfen.
„Hast Du Deine Ruhephase eingehalten?“, erkundigte sich der Chef aller Chevaliers.
„Größtenteils. Du weißt sicherlich, dass ich zuerst nach den restlichen Teilen meiner Kompanie sehen musste.“
„Natürlich. Wie geht es Dawn?“ Direkt, auf den Punkt, ohne großes Herumreden, stellte Danton die Frage in den Raum und Jara war durchaus bewusst, dass er über den medizinischen Zustand der rothaarigen Mechkriegerin selbstverständlich im Bilde war.
„Fleischer und Yilmaz haben sie ins künstliche Koma gelegt. Mit Glück wird sie überleben, aber sie wird nie wieder in einen Mech steigen.“ Oder überhaupt auf ihren eigenen Füßen irgendwohin gelangen, fügte Jara zynisch in Gedanken an, sprach das Offensichtliche aber nicht aus.
„Und wie gehst Du damit um?“
Sie zuckte mit den Schultern. Was sollte sie auch sagen? Sie wusste ja selber noch gar nicht, wie sie fühlen sollte. „Ich werde weiter meine Pflicht tun“, versprach sie ausweichend.
Danton beließ es dabei. „Gut“, sagte er, „genau deswegen habe ich Dich rufen lassen.“
„Ich bin ganz Ohr.“
„Wie Du ja weißt, wirst Du die Einheit übernehmen, sobald wir Wayside erreichen. Ich möchte, dass Du vorher aber bereits in die Entscheidungen einbezogen wirst. Sprich, dass wir beide gemeinsam wichtige Themen besprechen.“
„Worauf willst Du hinaus?“
„Es kann gut sein, dass wir überlebenden Blutparder und Diamanthaie als Isorla nehmen. Ich möchte, dass wir uns einen Plan machen, wie wir diese Leute in die Chevaliers integrieren können.“
Jara runzelte die Stirn. „Darf ich frei sprechen?“
„Nur zu!“
„Ich möchte weder diese noch jene aufnehmen. Wenn es nach mir ginge, dann hätten wir schon Steinberger und Co. nicht aufgenommen, geschweige denn diesen Piraten.“ Ihre Miene drückte ihr Missfallen sehr deutlich aus. „Und auch bei den Warägern war ich nicht begeistert. Aber die fanatischen Blutparder? Oder Diamanthaie, die nicht einmal genug Skrupel hatten, ihren eigenen Clan zu verraten? Diese Leute, an deren Händen Chevaliers-Blut klebt? Ich weiß nicht, wie wir die integrieren können. Ich will es aber auch ganz einfach gar nicht.“
Nun war es an Danton das Gesicht zu verziehen. „Die Aufnahme der Husaren hat doch auch funktioniert.“
„Ja“, konterte Jara, „aber nur, weil es doppelten Sold gab und wir absolut keine andere Wahl hatten. Ich bezweifle aber, dass wir die Blutparder mit doppeltem Sold locken können. Und auf ihre Ehre als Clankrieger würde ich auch nicht wetten. Sonst hätten sie uns kaum mit einem Kriegsschiff – einem verdammten Kriegsschiff!!! – bombardiert. Wie kannst Du das einfach ignorieren?“
Danton kniff die Augen zusammen. „Aber wir könnten die Krieger und das Material gut gebrauchen.“
„Wir können auf Wayside, auf Outreach und überall sonst loyalere und pflegeleichtere Krieger anheuern. Und unser Kontrakt sollte die Materiallücken ziemlich gut wieder auffüllen, wenn ich alles richtig verstanden habe.“
„Und dann sehen wir zu, wie diese Menschen von den Diamanthaien zu Tode gehetzt werden?“, appellierte Danton an ihre Menschlichkeit.
Eiskalt zuckte Jara mit den Schultern. „Wir müssen nicht zusehen. Wir können es einfach ignorieren. Das geht uns nichts an und bezahlt werden wir für unsere Einmischung auch nicht mehr. Sollen sie sich doch alle gegenseitig umbringen. In der Zeit lassen sie uns in Ruhe. Und jeder, der da draußen abgeschossen wird, hat es mehr als verdient. Wir machen schon viel mehr als nötig, wenn wir diesem abtrünnigen Diamanthai einen intakten – und unfassbar teuren – Mech unter den Arsch klemmen, nur damit er sich ehrenvoll abknallen lassen darf. Unnötige Ressourcenverschwendung.“
„Du würdest ihn einfach so rausschicken?“
Jara, die sich in Rage geredet hatte, nickte. „Er ist doch sowieso tot.“
„Er ist unser Kriegsgefangener.“
„Ist er das? Ich würde behaupten, spätestens mit dem Einsatz eines Kriegsschiffes gegen Bodenziele hat keiner unserer Feinde mehr einen Anspruch auf Behandlung nach den Ares-Konventionen. Und wenn doch, dann sollten wir ein Kriegsgericht einsetzen und den ganzen Gefangenen den Prozess machen. Auf welcher Grundlage schicken wir denn Kriegsgefangene ohne Urteil in den Tod?“
„Politik, Jara.“
„Politik!“ Beinahe hätte sie einem Impuls folgend vor Danton ausgespuckt, besann sich aber im letzten Moment eines Besseren. Wir sind Söldner und keine Haustruppen und wir haben nichts davon, mit den Diamanthaien Politik zu betreiben. Wir sollten uns an Prinzipien halten.“
„Und welche Prinzipien wären das?“, wollte der ältere Söldner von ihr wissen.
„Überleben. Kontrakterfüllung. Konsequenz.“
„Konsequenz?“
„Ja. Entweder wir halten uns an Kriegsrecht – dann steht allen Kriegsgefangenen ein fairer Prozess zu und das war’s dann. Oder wir halten uns aus der ganzen Sache raus, übergeben alle Gefangenen an ComStar, die Diamanthaie oder sonstwen und das war’s dann. Keine Isorla-Regelung, keine politischen Deals, keine Adoption von Kriegsverbrechern.“
Danton lehnte sich in seinem Stuhl zurück und überlegte für lange Augenblicke, dann – schließlich – nickte er. „Gut. Wir machen es so: Alle bisher als Isorla beanspruchten Claner bleiben bei den Chevaliers. Clarke wird wie von mir befohlen auf dem anderen Kontinent ausgesetzt. Das ist auch meine persönliche Rache an ihm. Und ja: Diese Freiheit nehme ich mir durchaus heraus.
Wir nehmen niemanden auf, der zu uns flieht. Jeder Kriegsgefangene hat Anspruch auf einen fairen Prozess. Du selber kümmerst Dich darum, dass diese Prozesse schnell und unkompliziert über die Bühne gehen. Bevor wir aufbrechen, übergeben wir alle Verurteilten den örtlichen Behörden. Kannst Du damit leben?“
Jara, die einen Großteil ihrer Forderungen umgesetzt war, nickte. Mehr Arbeit für sie, aber sie hatte mit nichts anderem gerechnet. „Ja, damit kann ich leben.“
„Wie verfahren wir mit den Leibeigenen und zur Kollaboration gezwungenen Teilen der Blutparder? Da sind zum Teil Sphärler dabei, die schlichtweg keine Wahl hatten, als zu helfen.“
Jara nahm einen Schluck Kaffee und überlegte einen Moment. „Ist das eine Fangfrage?“, wollte sie schließlich wissen.
Dantons Gesicht war ausdruckslos. „Vielleicht.“
„Sie sind befreit. Wir klären, ob sie sich eines Verbrechens schuldig gemacht haben, ansonsten dürfen sie tun, was sie wollen. Wir nehmen sie bis Wayside mit, wenn sie wollen und wer möchte, darf sich bei den Chevaliers bewerben. Vor allem fähige Techs können wir immer gebrauchen.“
„Dann wäre das geklärt.“ Danton schloss die Augen und atmete einen Moment durch, ehe er fortfuhr: „Die Chevaliers werden bald Deine Einheit sein und Du wirst Entscheidungen treffen, die ich nicht treffen würde. So wie jetzt. Kein Einheitsführer ist davor sicher, irgendwann das Falsche zu tun. Ich nicht und Du auch nicht. Aber ich traue Dir zu, den richtigen Weg zu gehen. Traust Du Dir zu, auf Deine Offiziere zu hören, wenn sie Dich vor Fehlern warnen?“
Jara wollte erst ganz reflexhaft zustimmen, dachte dann aber doch über ihre Antwort nach. Würde sie auf Copeland oder Juliette hören? Auf Brennstein, Kotare, McAllister und die übrigen Offiziere? Würde sie ein Ohr haben für die Unteroffiziere, für die Mannschaften? Ihr wurde klar: Sie wusste es nicht. Bisher war sie immer irgendwie durchgekommen und hatte vielleicht auch einfach nur Glück gehabt. Jetzt hing von diesem Glück das Schicksal der ganzen Einheit ab. Jara fühlte, wie die Verantwortung, die auf ihren Schultern lastete, ihr Gewicht plötzlich vervielfachte.
Als sie Danton schließlich antwortete, brachte sie nicht mehr zustande als: „Ich werde mein Bestes geben.“

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War es das Richtige? War es das, was er tun wollte, was da Beste war für ihn und die Einheit? Als er die Reste von Team Stampede übernommen hatte, um eine neue Einheit zu schmieden, hatte er sich selbst versprochen, für diese Leute, für diese Menschen alles zu tun, was in seiner Macht stand. Aber was stand wirklich in seiner Macht? Was wirklich konnte er tun? Und vor allem: Nachdem er so viele von ihnen in ihren Tod geführt hatte, war es da nicht viel besser, einen Ort zu finden, an dem sie diesmal leben konnten? Statistisch gesehen starben Soldaten zweimal häufiger in der Inneren Sphäre als Zivilisten, in der Peripherie anderthalbmal so viele, aber auch nur, weil die Grenzen hier fließend waren.
"Ngh..."
"Ausgeschlafen?", fragte Danton, den Kopf hebend, in Richtung des Krankenbetts.
Miko Tsuno schlug die Augen auf und blinzelte verblüfft. "Was?"
"Ob du ausgeschlafen hast." Danton grinste seine Verlobte frech an. "Wir haben nämlich Arbeit zu erledigen, und wenn du dich kräftig genug fühlst, können wir damit beginnen."
Sie hob ihre Rechte und betrachtete sie. Der Arm und die Hand waren bandagiert, eine Schiene richtete die Elle, die sie sich gebrochen hatte. Dann ging ihr Blick zu dem Mann, den sie liebte. Zumindest war sie bisher immer davon ausgegangen. War dem immer noch so? Nahtoderfahrungen veränderten Menschen. Sie sah in seine Augen und blinzelte. Nein, ihre Gefühle waren immer noch die gleichen. "Ich kann Dr. Fleischers Fängen entkommen?"
"Sofort, wenn du willst. Außer natürlich, der Gedanke, unter dreihunderttausend Tonnen Stein begraben zu sein macht dir noch zu schaffen."
Sie grummelte leise, aber es war mehr ein Geräusch aus dem Affekt als eine Beschwerde. "Ach, hör auf. ICH hatte meinen Mech, während die armen Schweine rund um mich viel mehr Pech hatten." Sie stockte und schluckte. "Ich... Habe versucht, sie zu schützen. Ist es mir gelungen?"
Danton erhob sich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. "Drei Tote, sieben Schwerverletzte, aber achtunddreißig Überlebende. Sie haben Ihre Aufgabe sehr gut gemacht, Sergeant Tsuno. Ich bin sehr stolz darauf, Ihr kommandierender Offizier zu sein."
Tränen traten in ihre Augen. Erneut blinzelte sie, um das Wasser fortzutreiben. Erleichterung erfüllte ihren Magen und machte ihr Herz leicht. "Wen hat es noch erwischt?"
"Icecream ist tot. Sie hat das Kriegsschiff im Orbit gerammt, das eure Stellung bombardiert hat."
Entsetzt fuhr sie hoch. "Aber sie war schwanger! Schwer verletzt! Und frisch verheiratet! Welcher Idiot hat sie in einen Flieger gelassen?"
"Sie hat sich den Weg freigekämpft, hat man mir gesagt." Danton zögerte und richtete sich wieder auf. "Es ist vielleicht besser so."
"Wie, es ist vielleicht besser so? Germaine, manchmal bist du draconischer als ein Drac, ich sage es dir."
"Metellus ist tot."
Sekundenlang sah sie ihn fassungslos an. Minutenlang. Ihr Mund stand offen, erneut füllten Tränen ihre Augen. Sie schluchzte lautlos. Aber ihre Erziehung half ihr, sich schnell wieder zu fangen. Ihre Hände krampften sich um ihre Bettdecke, aber ihre Stimme klang beinahe emotionslos. "Du hast Recht. Vielleicht ist es besser so. Wen hat es noch erwischt?"
"Alles in allem hatten wir viel Glück. Mehr als wir verdient haben. Und mehr, als eine Korvette im Orbit beim Orbitalbombardement eigentlich zulassen sollte. Alle anderen kommandierenden Offiziere sind wohlauf. Dennoch hatten wir einige Verluste."
"Meine Lanze?"
"Merkwürdig, dass du das fragst. Eine Zeitlang sah es so aus, als wäre Hightower tot, aber er läuft gerade ziemlich lebendig im Lager rum und arbeitet angestrengt."
"Nelissens?"
"Flucht wie ein Rohrspatz, aber seine heißgeliebte Mühle ist start- und raumklar. Noch eine Woche länger, und er schließt einen permanenten Kontrakt mit uns", scherzte Danton.
"Die Infanterie?"
"Hatte recht wenige Verluste. Die Panzer hat es da wesentlich schlimmer getroffen. Neun Ausfälle, die meisten total."
"Was ist mit den Clans?"
"Die Glitzerfische machen gerade Jagd auf ihre Abtrünnigen und die Reste der Blutparder. Nach dem feigen Bombardement und einiger anderer Aktionen bin ich nicht geneigt, dagegen zu protestieren. Außerdem habe ich mich mit Jara kurzgeschlossen und auch mit Copycat. Wir haben unseren Auftrag mehr als erfüllt, und der Rest geht uns nichts mehr an. Wer dennoch bei uns bleiben will, wird vor Gericht geprüft, ob er oder sie sich an die Ares-Konvention gehalten haben. Ansonsten übergeben wir sie den Glitzerfischen oder ComStar."
"Die sie töten werden."
"Wenn sie Glück haben."
Die beiden sahen sich an. "Gut", schloss Miko. Auch hier wieder, ihre draconische Ausbildung.
"Ach, und bevor ich es vergesse: Ich habe mit Trauthild geschlafen."
"Du hast was?"
"Mit ihr geschlafen. Sie hat mir da nicht wirklich eine Wahl gelassen, aber ich habe mich auch nicht gerade gewehrt. Alles in allem ist sie niedlich, und bei ihr muss man die Clanregeln anlegen, nicht die Werte der Inneren Sphäre."
"Das ist mir eigentlich egal. Vergiss nicht, wer von uns beiden der Drac ist, ja? Ich verstehe nur nicht, was sie an einem alten Mann wie dir gefunden hat. Ich meine, nach Clanbegriffen musst du ihr Uropa sein."
Danton lachte leise, und die junge Frau fiel ein. "War das deine ganze Rache, oder kommt da die Tage noch mehr?"
"Ich überlege es mir. Vielleicht nehme ich mir noch einen schnuckligen Clansburschen als Isorla, oder so. Nur, um so richtig clansgemäß zu sein", erwiderte sie zwinkernd. "Du weißt, die Clans-Offiziere schlafen mit ihren Stellvertretern."
"Clanner werden aber auch nicht schwanger."
Verblüfft sah sie ihn an. Ihr Gesicht wurde rot und Aufregung ließ ihr Herz schneller schlagen. "Willst du mir etwa sagen, dass ich...?"
"Nein!" Danton riss die Arme hoch. "Nein, sorry, so habe ich das nicht gemeint. Nein, du bist nicht schwanger. Ich denke, damit können wir uns durchaus noch Zeit lassen."
Sie blies die Luft aus den Wangen heraus und sagte lange Zeit nichts. "Einen Moment lang hätte mir das sehr gefallen, Germaine."
Danton wirkte überrascht, aber auch erfreut. "Wie ich schon sagte, später ist dafür Zeit."
Sie setzte sich wieder auf, schlug die Bettdecke beiseite und schwang die Beine aus dem Bett. Kurz wurde ihr schwindlig, aber alles in allem ging es. "Reden wir später drüber. Jetzt sehe ich erst mal zu, dass ein Bett frei wird. Einen verdammten Schreibtisch werde ich wohl steuern können. Meine Sachen, Germaine."
Gehorsam reichte Danton ihr ihre Kleidung. Während sie sich umzog und er ihr beim Uniformhemd wegen dem Verband half, beobachtete er sie hingerissen.
"Was?", fragte sie amüsiert.
"Ach, ich freue mich nur aufs Wiederauspacken."
"Dafür ist später noch Zeit", sagte sie verheißungsvoll. "Und? Noch was, was ich wissen sollte?"
"Ja. Eines noch. Ich habe vor, die Einheit an Copeland zu übergeben und mein Lehen aufzubauen. Drei Jahre, vielleicht auch für länger oder für immer."
"Ab wann?"
"Wenn wir auf Wayside sind."
Sie schwieg einen Moment. "Ich kriege doch hoffentlich einen ordentlichen Posten in der Miliz, damit mir nicht langweilig wird? Charity-Lady wie meine Mutter, das kannst du vergessen, Graf Danton."
Für einen Moment schwieg Germaine verblüfft. "Ich dachte, wenn du vielleicht lieber bei der Einheit bleiben willst..."
"Was nützt mir die beste Einheit, wenn alles ist, was ich will, bei dir zu sein?" Sie seufzte. "Aber natürlich kann ich nichts von dem Mann erwarten, der nicht mal eifersüchtig wird, wenn ich mit seinem besten Freund zusammen bin." Miko drückte ihm einen Kuss auf die Wange. "Deshalb nehme ich diese Dinge ab jetzt selbst in die Hand. Ich bleibe bei dir, egal wo du hingehst. Und Basta."
Sie testete ihr Gleichgewicht, befand es für gut und nickte. "Lass uns arbeiten gehen, ja?"
Danton nickte, überrascht, aus dem Gleichgewicht gebracht und doch irgendwie froh. "Ich bringe dich zu deinem Schreibtisch, Schatz."
***
"Sir?"
Danton sah auf. Er hatte seinen Befehlsstand unter ein Sonnensegel verlegt, um die wenigen Räume für wichtigere Aufgaben freizumachen. Daher konnte jeder kommen und gehen, wie er es wollte. Irgendwie gefiel Danton das sehr. "Prince? Was gibt es denn?"
Der Captain der Mechtruppe räusperte sich. "Colonel, ich bin gekommen, um Sie um einen Riesengefallen zu bitten."
Danton räusperte sich und deutete auf den einsamen Klappstuhl vor seinem Schreibtisch.
Wortlos nahm Brenstein Platz. Der Kommandeur der Chevaliers bot Kaffee an und dankbar nahm der Chef der Dritten Kompanie das heiße Gebräu entgegen. An heißen Tagen trank man besser was heißes. Alte Wüstenregel.
"Matthew, Sie wissen, dass Sie eine Menge einfordern können. Sie haben zu viel geleistet. Und Sie haben verdammt gute Arbeit gemacht. Sie haben mehr getan, als ich erwarten dürfte. Müsste ich Jara nicht etablieren, dann..."
"Schon in Ordnung, Sir. Ich werde genug Arbeit damit haben, meine Kompanie wieder aufzubauen und Jara den Rücken freizuhalten. Ich bin auf meiner Position sehr glücklich. Sofern man das bei all der Gewalt und dem allgegenwärtigen Tod sagen kann."
Danton seufzte erleichtert auf. "Gott sei Dank. Nicht, dass ich Sie in Dantonville nicht gerne gesehen hätte, aber die Einheit hätte wirklich Probleme gehabt, wenn Sie hätten ersetzt werden müssen."
Brenstein lachte abgehackt und starrte dann in seine Tasse. "Keine Sorge, Sir, kämpfen liegt mir mehr als alles andere. Oder könnten Sie sich mich als Anwalt vorstellen?"
"Gutes Argument." Danton grinste. "Was kann ich denn für Sie tun?"
Brenstein sah wieder in die Tasse, sah wieder auf und räusperte sich. "Sir, ich würde gerne ein wenig Vitamin B einsetzen. Als Ausgleich für treue Dienste oder was auch immer."
Der Colonel zog eine Augenbraue hoch. "So was haben wir zwei doch nicht nötig. Sagen Sie mir einfach, was Ihnen auf dem Herzen liegt, Matthew. Und sagen Sie Germaine zu mir. Endlich mal."
"Ja, Sir." Er zögerte. "Germaine."
Die beiden Männer lächelten kurz. "Was ich möchte, wird Ihnen nicht gefallen. Und es wird Fokker nicht gefallen. Aber ich habe meine Gründe."
"Hn?", machte Danton, der noch immer nicht wusste, wo dieser Zug hinfahren würde.
"Sie haben mit der Erbin vereinbart, dass die Renegaten der Diamanthaie ausgeliefert werden und dass der Rest an ComStar geht oder vors Kriegsgericht kommt. Nach der Feigheit der Diamanthaie und dem Orbitalangriff der Blutparder auch kein Wunder und ich kann das nachvollziehen. Und da auch noch Blakes Wort mitspielt, ist es nur gut und gerecht, dass wir jedem Neuen mächtig auf den Zahn fühlen. Es wäre nicht das erste Mal, dass vermeintliche Opfer, die von den Blutpardern adoptiert wurden, am Ende schlimmer waren als die Clanner selbst."
"Aber?"
"Aber ich bitte Sie darum, dieses Verfahren in einem Fall auszusetzen. Ich würde diese eine Situation ganz clangemäß handhaben wollen. Ich bin gerne bereit, dafür die vollen Konsequenzen zu tragen, aber bitte, diese eine Person muss in die Einheit kommen, egal was sonst passiert."
"Ist es die Person, von der ich glaube, dass sie es ist? Die Pilotin?"
Matthew Brennstein nickte. "Ja, Sir."
"Gibt es besondere Gründe? Sind Sie verliebt?"
"Das ist es nicht, Sir."
"Germaine."
"Das ist es nicht, Germaine. Aber ich habe sie als Isorla genommen und sie damit unter meinen Schutz gestellt. Bitte, wenn meine Dienste für irgendetwas gut sind, wenn unser gemeinsames Jahr für irgendetwas taugt, Germaine, dann lassen Sie nicht zu, dass ich mein Gesicht verliere. Dass mein Wort so wenig wert ist. Lassen Sie sie mich behalten."
"Als was, Matthew? Sie ist eine Clannerin, gewiss, aber sie hat auch fast zehn Jahre als Pirat gelebt."
"Ich habe nicht vor, sie zu meiner persönlichen Sklavin zu machen, falls Sie das denken. Und an eine Umerziehung in Richtung Mechpilotin denke ich auch nicht. Aber ich habe sie da oben am Himmel gesehen. Und ich denke, nein, ich weiß, dass sie den Chevaliers lebend sehr viel nützen wird. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Und für ihre Loyalität mir gegenüber lege ich noch einen Fuß obendrauf."
"Matt, Loyalität dir gegenüber ist nicht das Gleiche wie Loyalität der Einheit gegenüber", erwiderte Germaine, persönlich werdend.
"Das weiß ich. Aber ich verspreche, dass sie sich integrieren wird, Germaine."
Danton betrachtete den Mann taxierend. "Nein."
"Verdammt, ich bitte ein einziges Mal darum, einmal, dass du etwas für mich tust", sagte er gepresst. "Bitte, Colonel, mein Captain, dieses eine Mal nur!"
"Nein, ich bin der falsche Ansprechpartner", sagte Danton schmunzelnd.
"Eh?" Verdutzt sah Brennstein den "Alten" an. "Soll ich dann zu Copycat..."
"Nein. Jara hat das mir gegenüber durchgesetzt, also musst du dich mit ihr herumschlagen. Sag ihr meinetwegen, du hast meinen Segen, aber sie hat das letzte Wort."
"Ich bin mir nicht sicher, ob Jara bei mir genug in der Kreide steht, um einen schwarzen Handel mit ihr machen zu können", knirschte Brennstein.
"Aber sie war eine viel zu lange Zeit Clannerin. Wenn sie nein sagt, fordere sie zu einem Widerspruchstest heraus. Sie wird nicht widerstehen können. Außerdem ist das eine sehr gute Gelegenheit für euch beide, eure Grenzen abzustecken."
"Jara ist erbarmungslos."
"Jara ist Chevalier. FÜR die Einheit tut sie alles. GEGEN ihre Feinde tut sie alles. Mach ihr nur klar, dass deine Isorla keine Feindin ist, auf diese oder auf die andere Art. Und dass du für sie gerade stehst. Dann geht die Geschichte gut aus. Einverstanden?"
"Du könntest auch einfach ein Machtwort sprechen."
"Sicher, das könnte ich. Aber warum soll ich sie in den Arsch treten, nachdem ich sie auf die Leiter geschickt habe?" Danton dachte nach. "Wenn Jara ablehnt, werde ich sie mit nach Dantonville nehmen. Aber sag ihr das bloß nicht, okay?"
Brennstein sah erleichtert drein. "Okay. Okay, danke. Danke. Ich versuche es." Er sah in seinen Kaffee. "Ist da Schuss drin?"
Danton sah ihn mit ärgerlicher Miene an. "Cole hat mich gezwungen, mit ihm eine Flasche Whisky zu trinken. Nun habe ich Schwierigkeiten, wieder aufzuhören, deshalb senke ich nach und nach meinen Level ab. Keine Sorge, ich habe das schon oft gemacht und weiß, wie es geht. Wieso, willst du noch einen?"
Brennstein hielt ihm den Becher hin. "Aber logo."
Lachend schenkte Danton nach.
***
"Colonel Germaine!", gellte die hektische, beinahe panische Stimme zu Danton herüber. Gerade wurde Clarkes Maschine an Bord der DEVON'S PRIDE verladen. Nelissens hatte den Auftrag, die Maschine samt Piloten auf den Nachbarkontinent zu schaffen und dort zur Jagd durch die Diamanthaie freizugeben. Eine Aufgabe, die ihm mehr als gefiel. "Sollen sich die Kanistergeburten doch alle gegenseitig umbringen", so erzählte man sich, war sein Kommentar gewesen. Tatsächlich hatte er gesagt: "Solange es für uns ungefährlich ist, sicher."
James Clarke riss sich von seinen Begleitern los und eilte auf den Colonel zu. Sergeant Rowan Geisterbär, seit einigen Tagen wieder Dantons permanenter Schatten, grunzte unwillig, trat vor und schleuderte den heraneilenden Mechkrieger mit der Brust voran zu Boden. Sein Blick ging zu Clarkes Bewachern. "Ihr macht keine gute Arbeit!"
Die beiden Männer, die eilig hinterhergelaufen kamen, wirkten angemessen betreten. "Er... Er ist unbewaffnet", versuchte einer der Männer sich zu rechtfertigen. Das Knurren des riesigen Elementare ließ erkennen, dass diese Ausrede nicht zog.
Clarke ächzte vor Schmerzen auf, als Rowan ihm den Arm bis zum Anschlag hochdrehte.
"Lass ihm Luft zum atmen", befahl Danton, und gehorsam nahm der Geisterbär den Druck vom Arm des Diamanthais. Dann, mit einem Ruck, richtete er ihn wieder auf und stellte ihn auf die Füße.
"Was kann ich für Sie tun, Mr. James?", fragte Danton, bewusst den Blutnamen des Mannes ignorierend.
"Sie lassen mich vor die Läufe Nagasawas schaffen", sagte der Mann anklagend, als er wieder sprechen konnte. "Das ist Mord! Nichts weiter als feiger Mord! Sie haben mich besiegt! Sie müssen mich als Isorla nehmen!" Ein Glitzern trat in seine Augen. "Meine Maschine ist zu wertvoll."
"Nein!", sagte Danton rigoros. "Es bleibt dabei. Sie fliegen. Aber bevor wir Sie absetzen, munitionieren meine Techs den Mech voll auf. Trauthild wird auch nicht wissen, wo Sie sind. Zumindest nicht, wo genau Sie sind. Der Rest liegt dann bei Ihnen."
"Sie missachten die Clansregeln", stieß der Mann entsetzt und wütend hervor.
"Sie meinen, weniger als Sie?", blaffte Danton. Sein Speichel flog dem anderen dabei ins Gesicht. "Darf ich mal aufzählen? Sie paktierten mit der Banditenkaste, sind daher mitverantwortlich für einen Angriff durch ein Orbitalbombardement, und zudem haben Sie auch noch mit einem Geheimdienst der Inneren Sphäre paktiert! Und das alles nur, um meine Einheit bis zum letzten Mann auszurotten! Zudem haben Ihre Leute dabei geholfen, meine Soldaten, die sich ergeben hatten, zu exekutieren! Das war erst Recht nicht clansgemäß!"
"Davon hatte ich keine Kenntnis! Ich habe..."
"Dann sind Sie ein Idiot!", blaffte Danton. "Man sollte immer wissen, in wessen Bett man sich legt! Wer das nicht kann, hat auf seinem Rang nichts verloren! Und wer die Konsequenzen seiner Entscheidungen nicht tragen kann, ist eine Gefahr für jeden Mann und jede Frau in seiner Einheit! So jemanden kann ich NICHT gebrauchen! Haben Sie das verstanden? Und jetzt schafft diesen Abschaum von meinem Stützpunktboden! Er soll den Ort, an dem Chevaliers ihr Blut vergossen haben, nicht länger als unbedingt notwendig mit seiner Anwesenheit besudeln!"
Entschlossen übernahmen die Infanteristen und schleiften den sich sträubenden Mechkrieger in Richtung PRIDE.
"War sie so ein verdammt guter Fick, Germaine?", rief der Clanner höhnisch.
"Kommando zurück. Noch einmal zu mir."
Danton trat vor dem ehemaligen Stellvertreter Trauthild Nagasawas, bis sich fast die Nasen berührten. "Wissen Sie, was mir bei Ihnen am meisten sauer aufstößt, James? Jeder anständige Clankrieger hätte genug Eier gehabt, Trauthild zu einem Positionstest herauszufordern. Jeder andere hätte die Sache auf Clansart geregelt. Aber Sie mussten ja nicht nur mit den Blutpardern paktieren, die bestenfalls den Wert der Piratenkaste haben, nein, Sie haben sich sogar mit Verrückten eingelassen, die jedem ehrenwerten Nachfolger Alekzandr Kerenskys nicht mal eine Erwiderung wert sind. Sie sind kein Clankrieger. Sie sind Ihren Rang, Ihren Mech und Ihren Blutnamen nicht wert! Also gehen Sie, und wenn Sie schon nicht wie ein Clankrieger leben konnten, sterben Sie wenigstens wie einer! Bringt ihn weg!"
Ungerührt sah Danton dabei zu, wie der zeternde Mann fortgeschafft wurde. Er spürte die schwere Hand Rowans auf seiner Schulter. "Seyla, Colonel."
Danton musste lächeln. "Seyla."

Zwei Tage später brachten die Glitzerfische ein Geschenk. Die fast intakte Maschine Clarkes. Nur das Cockpit war beinahe fein säuberlich herausgestanzt worden. Beinahe glaubte Danton, in der Panzerung daneben ein Autogramm vom SternColonel lesen zu können.
***
Die Unterredung fand so geheim statt, wie dies im derzeitigen Feldlager der Chevaliers möglich war. Alle Offiziere ab Hauptmann nahmen daran teil. Thema war die wundersame Wiederauferstehung von Antom Brahmert. Und so verbrachte der junge Agent die meiste Zeit damit, von sich selbst zu erzählen und davon, was er erlebt hatte.
Betretene Gesichter waren die Folge. Stimmen tauschten Eindrücke aus, aber alle waren sich einig, nicht einen Moment daran gezweifelt zu haben, dass der Mann, den sie als Anton Brahmert kennengelernt hatten, und jener hier auf Caliban auch tatsächlich Brahmert gewesen sein musste. Aber die Narbe in Brahmerts Gesicht sprach für sich selbst.
Als er schließlich davon berichtete, wie er in seiner Rüstung das Feldlager von Blakes Wort entdeckt und nach eigener Entscheidung vernichtet hatte, raunten einige erstaunt auf.
"Ich denke, wir sind uns einig, dass das erklärt, warum es uns nicht noch schlimmer entgangen ist", sagte Danton schließlich, der bereits ein Kommando von McAllisters Leuten rausgejagt hatte, um das Lager aufzuräumen und die Toten zu beerdigen. Persönlich weinte er den Blakisten keine Träne nach. Zu schlecht waren seine Erfahrungen und die der Einheit mit ihnen. Und zu sehr lasteten die Toten, die auf das Konto der Fanatiker gingen auf der Soll-Seite, die eines Tages beglichen werden musste. Beim Gedanken an all jene, die damals in der Chaosmark gestorben waren, ballte der große Mann die Hände zu Fäusten. Der junge Peterson stand stellvertretend für sie alle.
"Aber die Crux ist: Was tun Sie jetzt, Anton?"
"Sir, wenn Sie und die anderen nichts dagegen haben, würde ich gerne wieder Chevalier werden."
"Als wenn wir jemanden abweisen würden, der so viel Mühe auf sich genommen hat, um wieder zu uns aufzuholen", sagte Harrison Copeland lächelnd.
"Damit ist das beschlossen. Sehen Sie zu, dass Sie helfen, Ihre Maschine wieder instand zu setzen, Anton. Und willkommen zurück."
Die beiden Männer schüttelten sich die Hände. Damit war die Rückkehr des Agenten in ihre Reihen besiegelt.
***
Rund vierzig Tage nach der Landung, zwanzig Tage nach dem letzten Schuss und fünf Tage nach der letzten Aufräumrunde verlegten die Chevaliers geschlossen zum Stützpunkt von ComStar. Danton hatte vor, sich bei der anstehenden Versteigerung billig mit Material einzudecken. Danach aber würden ihn keine eintausend Pferde oder Clanner mehr im System halten. Es wurde Zeit. Zeit, seine Grafschaft zu übernehmen. Zeit, Harry und Jara die Chevaliers zu übergeben. Zeit, dem Töten ein Ende zu machen, wenigstens für einige Monate oder Jahre. Zeit, einen Platz zu schaffen, an dem alle Chevaliers - ehemalige, jetzige und zukünftige - einen Platz haben würden. Ihren Platz.
Und Zeit, ein paar verirrte Schäfchen nach Hause zu schaffen. Fury Station zum Beispiel.


Die Chevaliers hatten eine Premiere. Und mit ihnen auch die Husaren und die Waräger - zumindest jene, die noch lebten. Zum ersten Mal hielten die Chevaliers ihren Trauergottesdienst nicht auf einem Planeten ab, sondern während des freien Falls ihrer Landungsschiffe in Richtung Zenitsprungpunkt Calibans. Dass die Ehrengarde schwebte, dass die angetretenen Chevaliers in Gala-Uniform schwebten, dass der Colonel schwebte, tat der Würde des Moments keinen Abbruch. Im Gegenteil: Alle verhielten sich vorbildlich, kaum jemand rutschte aus seiner Reihe. Lediglich der Trompeter, der zuerst "Amazing Grace" zur Einleitung der Zeremonie spielte, und nach Pater O'Hierlihys Predigt "Ich hatt' einen Kameraden", hakte sich unauffällig mit einem Fuß in einer Bodenschlaufe ein, um nicht fortgetrieben zu werden.
Nach der Predigt des großen alten Mannes des geistigen Beistands der Chevaliers trat der Colonel selbst ans Pult. Er wusste, nicht nur hier an Bord der ROSEMARIE waren die Soldaten angetreten, zeitgleich taten es die Chevaliers in allen Hangars an Bord all ihrer Lander in Begleitung ihrer Offiziere. Videokameras nahmen die Szenen hier wie drüben auf und projizierten sie auf extra aufgestellte Leinwände, damit die Chevaliers ihrer Kameraden sehen konnten.
"Chevaliers", begann Danton seine Rede in normalem Tonfall, "die letzten Tage und Wochen waren hart. Glaubten wir noch vor kurzem, dem Mahlstrom von Wayside entkommen zu sein, der uns überhaupt erst zur Einheit zusammengeschweißt hat, mussten wir schnell lernen, dass es doch schlimmer geht. Alles, was wir vorgehabt hatten, das war, ein paar abtrünnige clanslose Nebelparder zu jagen und zur Strecke zu bringen." Germaine Danton hielt zwei Giftakes hoch. "Unsere Missionsziele wurden nicht nur erreicht, sondern auch großzügig übertroffen. Ich weiß, es ist für niemanden hier ein Trost, aber das Oberkommando der Sternenbundselbstverteidigungssstreitkräfte in Form von Präzentor Martialum Focht hat uns für die Vernichtung Der Vincent-Korvette RIPPER einen Bonus zugesagt, der bedeutet, dass jeder Chevalier einen Halbjahressold als Bonus erhalten wird - gemessen am doppelten Sold der Wayside-Vereinbarung natürlich." Es wurde nicht erfreut aufgeraunt, es gab keine Disziplinlosigkeit und dergleichen, denn zu frisch waren die Wunden. Aber viele Augen leuchteten auf. Im Endeffekt waren sie alle halt Söldner. Und als Söldner wusste man, dass man nie zuwenig Geld haben sollte, auch wenn Geld nicht der Lebenszweck an sich war.
"Stattdessen griffen uns neben den Nebelparder-Banditen auch noch abtrünnige Diamanthaie an, wir bekamen es mit Söldnern aus der Inneren Sphäre zu tun - " leises Gelächter auf Kosten der Waräger " - und schließlich und endlich hat sich Blakes Wort wieder einmal eingemischt. War unser Verhältnis zu Blakes Wort schon zuvor eingetrübt, so würde ich mich hier und heute durchaus zur Aussage hinreißen lassen, wir stünden im Krieg miteinander."
Germaine beobachtete die Gesichter seiner Soldaten sehr genau. In nicht wenigen Augen sah er Zustimmung aufleuchten. Blakes Wort war endgültig zu weit gegangen. Aber das war vollkommen typisch für sie. Es wurde Zeit, dass jemand sie empfindlich abstrafte.
"Dennoch haben wir uns hervorragend gehalten. Mehrere Angriffe, Hinterhalte, diplomatische Attacken, der Komplettausfall unseres Funks, die Internierung des Mobilen HQ's inklusive meiner Person und ein heimtückischer Angriff aus einer Sandsturmfront heraus und das orbitale Bombardement haben uns hart getroffen - aber bei weitem nicht hart genug! Wir Chevaliers existieren noch immer, und wir werden es eine sehr lange Zeit tun!"
Nun bröckelte die Disziplin doch ein wenig, als einige der Soldaten zustimmend aufschrien, andere salutierten und wieder andere energisch nickten.
Danton lächelte und wartete, bis die Leute sich wieder beruhigt hatten. "Tatsache ist, dass die komplette Einheit hätte ausgelöscht werden können. Stattdessen haben wir empfindliche Verluste eingesteckt, aber wir sind immer noch eine vollwertige Kampfeinheit. Und das werden wir auch bleiben. Mehr noch, wir sind jetzt eine vollwertige Kampfeinheit mit einer Heimatbasis. Zwar befindet sich diese Basis nur in der Peripherie, aber in einem Bereich von ihr, in dem es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sehr aktiv werden wird, wie wir alle am eigenen Leib erfahren haben. Es wird spannend bleiben, Herrschaften."
Danton umfasste das Rednerpult mit beiden Händen. "Einige von euch haben sicher schon die Gerüchte gehört, wenn sie nicht gleich dabei waren, als ich meine Befehle gegeben habe. Ja, es stimmt: Auf Wayside V werde ich das Kommando abgeben, zuerst einmal für drei Jahre. Ja, es stimmt: Ich habe das Oberkommando an Colonel Copeland abgegeben. Und ja, solange ich nicht bei der Einheit bin, ist Captain Fokker offizielle Eigentümerin der Chevaliers. Zu diesem Zweck habe ich sie unter Berücksichtigung von draconischem und Sternenbundrecht adoptiert.
Der Grund für meinen Rückzug ist leicht erklärt: Ich will Dantonville aufbauen. Ich will, dass dieser Ort eine Heimat wird für jeden, der einmal die Chevaliersfarben getragen hat. Wenn ich das wünschen darf, eine friedvolle Heimat, solange der Planet existiert, aber so blauäugig bin ich nicht. Wir werden in Dantonville auch ein Trainingscamp gründen, in dem wir jene Truppen trainieren, die aus dem aktiven Kampf zurückgezogen wurden, und jene, die wir für die Arbeit in der aktiven Einheit heranbilden. Zudem will ich einen Zufluchtsort für all jene schaffen, die mit dem Kampf gebrochen haben, die ihre Auszeit oder ihren Ruhestand haben wollen. Dantonville wird für sie alle ein Rückzugsort werden, wird die neue Heimat der Chevaliers werden. Zu diesem Zweck habe ich entgegen unserer üblichen Vorgehensweise unsere Toten von Caliban einfrieren lassen, um ihren Körpern auf Wayside V das letzte Geleit und die letzte Ruhestätte geben zu können. In der Heimat der Chevaliers. Jene von euch, die Colonel Copeland begleiten wollen, werden hier ihren Rückzugsort haben, einen Ort, an dem sie nie abgewiesen werden. Jene von euch, die von Krieg, Tod und Verwüstung genug haben, bieten die Chevaliers hier eine Möglichkeit, in Zukunft in Frieden und Wohlstand zu leben. Sei dies nun als Ausbilder, als Teil der Miliz, oder in einer anderen Position oder Branche, die euren Fähigkeiten entspricht." Danton machte eine Pause, sah in die offenen, erwartungsvollen Gesichter.
"Um euch diese Entscheidung ein wenig zu erleichtern, werden wir zwei Monate Rest and Recreation in Dantonville einsetzen, bevor die Chevaliers unter Colonel Copeland und Captain Fokker erneut aufbrechen, um unsere verlorenen Schäfchen auf Arc Royal einzusammeln und sich wieder mit den Dantons Höllenhunden zu vereinigen. Anschließend werden die Chevaliers wieder auf Outreach einen Kontrakt eingehen und weiterhin als Söldner tätig sein. Nur diesmal mit der Einstufung als Veteranen-Einheit!"
Damit war die Bombe geplatzt, und lauter, wilder Jubel erfüllte den Laderaum. Nicht nur diesen, sondern alle Laderäume der kleinen Flotte, in der die Chevaliers angetreten waren.
Als es wieder leiser geworden war, fuhr Danton fort. "Jeder Soldat, jede Soldatin soll nun in sich gehen und sich fragen, was er oder sie tun will: Colonel Copeland begleiten, in Dantonville bleiben, für immer oder für eine gewisse Zeit, oder die Einheit zu verlassen. Wir alle haben viel nachzudenken und müssen Entscheidungen treffen. Sicher sind dabei aber zwei Dinge: Erstens, die Einheit wird die Entscheidungen, die jeder einzelne trifft, respektieren. Und zweitens: Alle, die je die Cartoonmaus getragen haben, sind immer und jederzeit als Familie in Dantonville willkommen."
Wieder ließ Danton seinen Blick schweifen, suchte nach bekannten Gesichtern. Viel zu viele von ihnen fehlten, und die Erkenntnis versetzte ihm einen Stich durchs Herz. Aber die Reihen waren dennoch gut gefüllt, besser als man nach den Ereignissen auf Caliban hätte erwarten sollen oder gar dürfen. Und das lag nicht daran, dass die Chevaliers nie personalstärker gewesen waren. Und er wusste, dass jene, denen er die Chevaliers anvertraute, ihr Bestes geben würden, um die Einheit zusammenzuhalten.
"Das ist alles, was ich euch sagen wollte, Chevaliers", sagte der Mann, den alle meistens "den Alten" nannten, wie es für einen Kommandeur in unangefochtener Position üblich war. Er schmunzelte bei diesen Gedanken. Copeland würde bald "der Alte" sein, und wer wusste es schon, bald vielleicht schon Jara? "Colonel Copeland, übernehmen Sie."
"Ja, Sir." Der Mechkrieger schwebte heran, salutierte vor Danton und tauschte mit ihm den Platz.

Danton ließ sich nach hinten treiben, bis er die Wand in seinem Rücken spürte. Zusammen mit der Weisung, dass die SBVS diesen großzügigen Bonus auszahlen würden, war auch eine verschlüsselte Depesche des Koordinators eingetroffen. Einer der Geheimagenten Kuritas, die Danton nie enttarnt hatte, hatte ihm die Meldung entschlüsselt. Es war ein Befehl gewesen, und er war eindeutig gewesen: "Souzouzuru Ryoken Kyusan, waga no Hachimoto."
***
Eine Stunde nach der Zeremonie sprang der Verband aus Landern und Sprungschiffen, ließ Caliban mit all den unliebsamen, ja, traumatischen Erinnerungen vorerst hinter sich. Er rematerialisierte um jene einsame Sonne, in deren Orbit Fury Station kreiste. Sie waren einen großen Schritt auf dem Weg nach Zuhause voran gekommen. Copeland ordnete an, wieder auf der Station anzulanden.

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unbekanntes Transitsystem
an Bord der DORNKAAT
20.11.3066, 21:30 Uhr

„Seit einer Stunde schläfst du, du atmest tief und still.
Nichts von dem verstehst du, was ich gerade fühl.
Seit einer Stunde sitz ich hier, bewache deinen Schlaf
und überleg, wie sag ich dir, dass ich nicht bleiben darf.“
Jaras Stimme klang sanft zum schlichten Klang ihrer Akustik-Gitarre durch den Mechhangar der DORNKAAT. Hoch oben, auf dem höchsten Wartungs- und Arbeitssteg, saß sie vor dem Cockpit ihres Waldwolfs und hätte eine wunderbare Aussicht über die leere Halle genießen können, hätte sie die Augen nicht geschlossen gehabt. Die Akkorde waren einfach genug, ein Notenblatt brauchte sie nicht und den Text kannte sie längst auswendig, so oft hatte sie das Lied in den letzten Tagen gespielt. Immer dann, wenn sie Freizeit hatte, wenn ihre tausenden Dienstpflichten sie nicht vom Nachdenken abhielten.
A-Moll, G-Dur, A-Moll, zweimal, dann D-Moll, G-Dur, A-Moll und wieder einmal wie am Anfang. Nicht kompliziert, sondern schlicht und schnörkellos. Das gefiel ihr.
„Die Zeit mit dir war schön, es war die beste Zeit von allen.
Ich hab dir angesehen, auch dir hat sie gefallen.
Doch manchmal muss man Dinge tun, die man gar nicht will.
Seit einer Stunde schläfst du nun und atmest tief und still.“
Schritte hallten durch den menschenleeren Hangar, aber Jara ignorierte sie. Als sie auf Father O’Hierlihys Rat hin wieder mit dem Gitarre spielen begonnen hatte, war sie schüchterner gewesen, hatte aus Angst vor spöttischen Kommentaren nur heimlich geübt, aber mittlerweile war ihr das egal. Sollten die Leute doch denken, was sie wollten.
Sie dachte auch, was sie wollte und zwar immer und immer wieder über Caliban IV nach. Die Schlacht um ihre Landezone, die grausamen Entscheidungen, zu denen der Krieg sie gezwungen hatte. Es hatte keine Alternativen gegeben, das hatten sie ihr alle gesagt. Sie selber hatte die Aufzeichnungen sicherlich fünfhundert Mal gesehen, hatte alles an Karten, Gefechtslogs und anderen Infos durchgearbeitet, was es gab und selber nichts gefunden, was die Situation geändert hätte.
Sicher, wären sie besser vorbereitet gewesen, besser gedrillt, besser ausgerüstet… aber sie hatte aus ihrer Kompanie das Beste herausgeholt, hatte alles Mögliche getan. Oder?
„Ich sollte dir noch sagen, warum ich heute geh.
Doch bleiben all die Fragen, die ich selber nicht versteh.
Es ist als wollt ich schreien und man knebelt mir den Mund.
Manchmal tut man Dinge, ganz einfach ohne Grund.“
Sie hatte alles getan und trotzdem stand da am Ende die vernichtende Bilanz, die „Schlächterrechnung“, wie es im Militärjargon hieß. Vier tote Chevaliers unter ihrem Kommando. Viele Verletzte. Gewaltige Schäden am militärischen Gerät. Und sie hatten es noch gut gehabt. Ihre Unterstützungskräfte hatten nichts, aber auch wirklich gar nichts abbekommen. Wenn sie an die Verluste der 1. Kompanie dachte, wurde ihr übel und doch, doch… es fraß an ihr.
Die Schritte waren dem Geräusch einer Person gewichen, die eine Leiter hinaufklettert.
„Die Zeit vergeht im Sauseschritt, wie immer viel zu schnell.
Noch eben war es dunkel, jetzt wird es schon wieder hell.
Wie gerne würd ich bleiben und noch länger bei dir sein.
Doch die Zeit vergeht so schnell und niemand holt sie ein.“
Es fraß an ihr, dass sie vier Menschen, vier gute Menschen verloren hatte, es fraß an ihr, dass sie mit ihrer ganzen verstärkten Kompanie nicht in der Lage gewesen war, einen zahlenmäßig krass unterlegenen Feind zu schlagen, es fraß an ihr, dass sie nicht vorbereitet gewesen war, es fraß an ihr, dass sie nur ein Mensch war, es fraß an ihr, dass sie eine Lanze in den Opfertod hatte schicken müssen und zur Hölle, es fraß an ihr, dass sie Dawn aufgegeben hatte wie eine Spielfigur.
Das Klettern hatte aufgehört und als sie die letzte Strophe anstimmte, stimmte eine Tin Whistle, eine irische Flöte, in das Lied mit ein.
„Ich schau dich noch mal an, meine Hand streift dein Gesicht.
Die Haut ist weich und warm, du bemerkst mein Streicheln nicht.
Morgen, wenn du aufwachst, bin ich schon lange fort.
Der Brief wenn du ihn aufmachst – es steht darin kein Wort.“
Auch nach dieser letzten Zeile hörte Jara nicht auf zu spielen, ließ die Akkorde noch zweimal wortlose Strophen bilden, begleitet von den harmonischen Klängen des Blasinstrumentes. Sie wusste längst, wer neben ihr saß, hatte ihn an seinem Gang, seinem Geruch erkannt. Nach den vielen, vielen Übungseinheiten und dem engen Kontakt hätte sie jeden einzelnen ihrer Leute erkannt.
Als sie schließlich die Gitarre verstummen ließ, brauchte sie sich nicht einmal umzudrehen, um Sergeant Major Miles Sharpe anzusprechen. „Was treibt Sie zu so später Stunde hierher, Miles?“
Die Ansprachen-Kombination von Vorname und Siezen war in den meisten Haustruppen dem Offizierskorps vorbehalten, aber bei den Chevaliers hatte sie sich für die Freizeitgespräche auch für andere Dienstgradgruppen eingebürgert.
„Ich wollte die Ruhe nutzen, um wenigstens einem meiner Hobbies nachgehen zu können. Eine Aikido-Gruppe hat sich bisher nicht wirklich etablieren lassen.“
„Ich dachte immer, Sie spielen Dudelsack?“
„Das ist richtig. Aber mein Dudelsack ist doch etwas sehr laut und die Flöte ist ein schönes Übungsinstrument.“
„Sie haben auf jeden Fall einen guten Einsatz gefunden.“
„Es war ein sehr emotionales Lied. Das macht es leichter. Darf ich fragen?“
Jara zuckte mit den Schultern. Miles Sharpe war die „Mutter der Kompanie“, vermutlich war es nicht verkehrt, offen mit ihm zu sein.
„Nur zu“, ermunterte sie ihn. Vielleicht wäre es ja auch gut, eine etwas objektivere Meinung zu ihren Gedanken zu hören.
„Ich weiß, dass die Kompanie moralisch und emotional schwer an den letzten Gefechten zu arbeiten hat. Die Leute schauen aber zu Ihnen auf und suchen dort ihre Kraft und ihren Antrieb. Wie gehen Sie damit um, Jara?“
Erneutes Schulterzucken. „Ich werde weitermachen, vorwärts schauen und meine Pflicht erfüllen.“ Sie zögerte, überlegte, wie viel sie dem Unteroffizier anvertrauen sollte. „Aber einige Sachen lassen mich einfach nicht los.“
„Darf ich fragen, was genau?“
„Es ist so viel passiert… Schauen Sie, als wir Outreach verlassen haben, da… war ich noch Lieutenant, völlig zufrieden mit dem Kommando über eine Lanze. Ich war zwar sehr junge für den Job, aber am Ende nur eine von vielen jungen Offizieren. Ich hatte meine Dämonen und ich habe gegen sie gekämpft. Alles war so anders.
Da war Metellus, der mich für mein Offizierspatent gedrillt hat. Himmel, ich kann immer noch nicht glauben, dass der alte Haudegen nicht mehr da ist!“
Sie unterbrach sich, als erwarte sie, jederzeit die Stimme des Marianers durch das Landungsschiff dröhnen zu hören.
„Ich war gerade erst aus den Reihen der Kreuzritterwölfe zurückgekehrt und einfach nur froh mit dem, was ich hatte. Auch wenn es immer wieder jemand behauptet… ich reiße mich nicht um Beförderungen und mehr Verantwortung.“
Sie starrte in die Weite des Hangars. „Macht und Verantwortung bringen auch immer Schmerz und Leid. Nach den Gefechten auf Wayside war es Eric Stein, der die Rechnung zahlte. Und was war mein Lohn für Befehlsverweigerung und einen ausgefallenen Soldaten? Eine Beförderung und ein Kompaniekommando. Es ist so absurd!“
Ihre Stimme, die sich kurz in ihrer Lautstärke gesteigert hatte, wurde wieder ruhiger. „Aber ich dachte ja auch, dass die Integration der Husaren oder der Waräger Wahnsinn sei. Völlig verrückt, verstehen Sie? Da schießt man sich gegenseitig die Seele aus dem Leib und einen Tag später bildet man eine neue Kompanie aus den Überlebenden beider Seiten. Und es geht weiter.
Den nächsten Toten hatten wir noch bevor sich der Staub gelegt hatte. Toni Holler, Sie kannten ihn ja. Vor einen LKW gelaufen. Mit so etwas Banalem rechnet dann wieder niemand. Und dann sind Sie ja zu uns gestoßen. Den Rest kennen Sie.“
Sharpe hatte sie reden lassen, aber nun meldete er sich das erste Mal selber zu Wort und Jara hörte an seinem Tonfall, dass die letzte Zeit auch an dem Unteroffizier Spuren hinterlassen hatte. „Der Krieg ist ein grausamer Vater, aber er ist der einzige, den wir haben“, sagte er leise.
Jara, die nicht so recht wusste, was sie darauf erwidern sollte, ließ die Worte in der Luft hängen und wartete. Der Unteroffizier sprach schließlich einfach weiter.
„Jara, als ich meinen Dienst bei den Chevaliers begonnen habe, habe ich Sie für hoffnungslos ehrgeizig und emotionslos gehalten. Meine Aufgabe war es, Sie zu bremsen und zu mäßigen. Ich habe in den letzten Wochen gesehen, dass mein erster Eindruck nicht ganz richtig war.“
Er schien zu überlegen, wie er fortfahren sollte.
„Sie verlangen Ihrer Kompanie so viel ab, weil Sie sich um jeden Einzelnen sorgen. Und weil jeder Verlust schmerzt. Aber es gibt etwas, das Sie nicht sehen.“
Jara wurde neugierig. Sharpe war offen und schonungslos ehrlich zu ihr. Er konnte sich das längst herausnehmen und sie schätzte das an ihm. Wenn er dabei aber dermaßen direkt war, dann musste es einfach einen verdammt guten Grund dafür geben.
„Was Sie übersehen“, fuhr er fort, „ist doch, dass die Kompanie das Powerhouse der Chevaliers geworden ist. Aus einem Haufen Grünschnäbel ist eine Einheit geworden, die überall dort ist, wo es brennt, die aus dem tiefsten Schlamassel rauskommen kann und die erst dann rastet, wenn die Gefahr gebannt ist. Die Leute vertrauen Ihnen und die Chevaliers vertrauen der Kompanie. Und keiner, mit dem ich gesprochen habe, gibt Ihnen die Schuld an den Verlusten. Ohne Captain Fokker, sagen die Leute, wäre es noch viel schlimmer gekommen. Die Kompanie steht hinter Ihnen. Wir brauchen Sie aber auch. Jetzt noch mehr als vorher.“
„Und das aus Ihrem Mund, Miles. Bevor wir Fury Station erreicht hatten, dachte ich, Sie und ich würden niemals in einer Einheit funktionieren.“
„Bis es bei Ihnen ein Umdenken gab. Woher kam das?“
„Der Alte hat mir den Kopf gewaschen“, gab Jara unumwunden zu und erinnerte sich dabei an das Gespräch, dass sie mit Danton auf dem Gravdeck des Sprungschiffes geführt hatte. Über ihre Art der Kommandoausübung, aber auch über ihre damals frische Beziehung zu Dawn.
„Ein guter Mann, unser Colonel.“
„Es freut mich, dass Sie das sagen. Unser Colonel und nicht euer Colonel, meine ich.“
„Es ist schwer, sich bei den Chevaliers nicht schnell zuhause zu fühlen.“
Die Offizierin seufzte: „Das gilt lange nicht für alle. Ich bin gespannt, wer uns auf Wayside alles den Rücken kehren wird. Und ich mache mir Sorgen, wie die Chevaliers die Auszeit von Danton verkraften. Er hat es einfach drauf, für jeden ein Auge und Ohr zu haben.“
„Reden Sie jetzt von sich, Jara?“
„Natürlich“, bestätigte sie seine Vermutung. „Ich habe mich bisher immer darauf verlassen können, dass er mir meine Grenzen aufzeigt, mich motiviert oder ausbremst, je nachdem, was ich gerade gebraucht habe. Das wird es dann nicht mehr geben. Nicht mehr in einer Person. Copycat ist ein großartiger Vorgesetzter und ich kann wunderbar mit ihm arbeiten und es gibt auch einige Leute, die mir ins Gewissen reden können… aber diese Mischung wird nicht mehr da sein und das gibt mir zu denken. Das sollte uns allen zu denken geben.“
„Oh, keine Sorge. Wir machen uns alle unsere Gedanken dazu. Aber ich teile Ihre Sorgen nicht. Wissen Sie, warum ich guter Dinge bin?“
„Erzählen Sie’s mir!“
„Zum einen, weil ich unter Copycat gedient habe und weiß, was für ein ausgezeichneter Kommandeur er ist. Zum anderen bin ich aber optimistisch, weil ich auf Caliban eine Jara Fokker erlebt habe, die es schafft, eine Einheit zu formen und den Soldaten Hoffnung und Mut und Begeisterung zu schenken. Aber, Jara, Sie müssen dafür aufhören, an sich zu zweifeln.“
Jara seufzte. Wie oft hatte sie diese Worte in den letzten Tagen und Wochen gehört. Vielleicht war ja doch etwas dran? Sie musste darüber nachdenken, aber das fiel ihr so schwer, weil ihre Aufmerksamkeit so oft bei Dawn lag.
Das Gespräch mit Sharpe hatte ihr gut getan, der Unteroffizier war seinen Sold wert, aber nun wurde es ihr zu viel und sie bekam auch das Gefühl, wieder auf den Rangunterschied achten zu müssen.
„Miles, ich bin Ihnen für die offenen Worte dankbar. Nein, wirklich! Sie haben mir viel zum Nachdenken gegeben. Aber es wird spät und ich müde. Wollen wir noch ein Lied zusammen spielen, bevor ich mich verabschiede?“
Der Unteroffizier verstand den unübersehbaren Wink und hob seine Flöte, während er die Gesprächsfäden fallen ließ. „Gerne, Jara. Es würde mich sehr freuen, wenn wir ein schottisches Stück spielen könnten. Kennen Sie die Akkorde zu The Parting Glass?“

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Ama-e-ur-e
is-o-uv-Tycom‘Tyco
is-o-tures-Tesi is-o-tures-Oro
is-u-tures-Vo-e-e

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Raumstation Fury
Verwaltungstrakt
22. November 3066, 12:00 Uhr

Eliden Kush hatte die DORNKAAT in der Felduniform der Chevaliers verlassen, als Corporal der Söldnereinheit und mit einem gewissen Stolz auf das Einheitsabzeichen, das er trug. Er hatte zwar auch gar keine andere Wahl gehabt, denn seine Stationsuniformen hatte er alle auf Fury Station zurückgelassen, aber irgendwie hatte es sich auch richtig angefühlt.
In seinem Quartiert hatte er lange überlegt, welche Uniform er tragen würde, um sich bei seinen Stationsvorgesetzten offiziell zurückzumelden. In seinen zwei Monaten bei den Chevaliers hatte er sich an den qualitativ guten Stoff der Feldkleidung gewöhnt und die kurze, aber intensive Zeit hatte auch in seinem Denken deutliche Spuren hinterlassen.
Erfahrungen hatte er sammeln wollen, vor allem aber Hals über Kopf einer Frau hinterherlaufen. Einer Frau, die sich als so anders entpuppt hatte, als er sich das vorgestellt hatte. Ja, er fand Captain Jara Fokker immer noch unglaublich attraktiv. Durch die räumliche Nähe zu ihr vielleicht sogar noch attraktiver als vorher. Aber er hatte sie auch als Mensch und – vor allem – als Vorgesetzte kennengelernt und war sich auch jetzt noch nicht sicher, wie er sie eigentlich einschätzen sollte.
Eliden hatte halb und halb erwartet, sauer oder eifersüchtig auf Dawn Ferrow zu sein, die Partnerin seiner Angebeteten. Dann aber war sie seine Lanzenführerin geworden und hatte ihm Respekt abverlangt. Er hatte es einfach nicht geschafft, negative Gefühle ihr gegenüber zu entwickeln.
Aufgebrochen war er als junger, naiver Mann, blind vor… was eigentlich? Hormonen? Gefühlen? Trieben? Neugier?
Er wusste es nicht. Blind auf jeden Fall.
Aber wie war er zurückgekehrt? Er hatte sich verändert, das stand fest, aber zu wem war er geworden? Und würde das alles wieder verschwinden, wenn er sich wieder in den Alltag der Raumstation einfügen würde?
All diese Fragen hatten ihn dazu bewegt, die Uniform der Chevaliers abzustreifen und in sein altes Leben zu schlüpfen, in den etwas raueren Stoff, den etwas langweiligeren Schnitt der Dienstuniform des Stationswachpersonals.
Oberwachtmeister, das war – zumindest auf dem Papier – ein bisschen mehr als Corporal. Trotzdem fühlte es sich in der Enge der Weltraumanlage weniger an, unfreier. Fünf Wachmänner unter seinem Kommando statt tonnenweise Stahl und Myomere. Zeit totschlagen statt aufregender Abwechslung. Er begann bereits, das harte, fordernde, aber ausfüllende Training der zweiten Kompanie zu vermissen.
Als er nun vor dem Wachbüro der Raumstation stand, kam er nicht umhin, eine gewisse Schwere zu fühlen und sich erneut zu fragen, ob er die richtigen Entscheidungen in seinem Leben getroffen hatte. Eliden Kush seufzte, straffte sich und klopfte schließlich laut und deutlich an.
„Herein!“, erklang die Stimme von Leutnant Schwank, so vertraut und nun doch so ungewohnt. Vermutlich hätte Eliden sich weniger deplatziert gefühlt, wäre einer der vertrauten Frauenstimmen Fokkers oder Ferrows an sein Ohr gedrungen. Dennoch trat er ein.
„Herr Leutnant, Oberwachtmeister Kush meldet sich zurück!“, grüßte er mit einem militärischen Schliff, der hier einfach übertrieben wirkte. Der harte Drill der Chevaliers traf ungebremst auf das legere Arbeiten der Stationssicherheit.
Schwank sah ihn entsprechend irritiert an, trug selber seine Uniform mit geöffnetem Hemd und schien auch sonst die Lässigkeit in Person zu sein.
„Hätte Sie kaum wiedererkannt, Kush“, antwortete er schließlich. „Haben diese Söldner tatsächlich einen Soldaten aus Ihnen gewacht, eh?“
Eliden versuchte, sein mühsam eintrainiertes militärisch-korrektes Auftreten zurückzufahren und stand dabei etwas verloren in dem Büro, bis Schwank ihn mit einer Geste zum Sitzen aufforderte.
„Spaß beiseite“, fuhr der Offizier fort, „es ist schön, Sie wieder an Bord zu haben. Ging ja doch recht schnell. Ich dachte, Sie wollten ein halbes Jahr wegbleiben?“
„Maximal, Sir. Es ging dann doch alles zügiger, als wir uns das erhofft haben.“
Schwank, dem das „wir“ durchaus nicht entgangen war, hob die Augenbraue zu seiner Version eines skeptischen Gesichtsausdrucks, ging aber nicht weiter darauf ein. „Na dann erzählen Sie doch mal! Hat sich Ihr Ausflug gelohnt? Können Sie uns jetzt brandheiße neue Taktiken beibringen?“
„Ich befürchte nicht, Sir“, gab Eliden zu. „Ich bin in Mechtruppe eingesetzt worden. Ich habe… meine Vorhaben alle nicht umsetzen können, aber es war dennoch eine lehrreiche Zeit.“
„Die Frau nicht erobert?“, grinste Schwank.
„Sir?“
„Ach, kommen Sie! Jeder hier weiß doch, warum Sie eigentlich Ihren Urlaub eingereicht haben.“
„Wenn es Sie wirklich interessiert… nein, ich habe die Frau nicht erobert.“
Schwank lachte auf: „Das hätte mich auch sehr gewundert. Die Realität ist kein Liebesfilm. Vor allem nicht für Soldaten.“
„Es scheint so, Sir.“
„Na, dann haben Sie ja jetzt wenigstens den Kopf frei und können sich wieder ganz dem Dienst widmen. Ihr Team freut sich sicherlich schon.“
Eliden konnte sich die Freude bei den Leuten bildhaft vorstellen. Es gab Kartenspiele, du zu fünft einfach weniger Spaß machten als zu sechst. Und das war es dann. Sie waren auf Fury immer zu schwach aufgestellt gewesen, um echte Bedrohungen angehen zu können und zu stark, um im Routinedienst wirklich gefordert zu sein. Es gab hier nichts zu verlieren, aber es gab auch nichts zu gewinnen. Ihm dämmerte, dass er hier nicht mehr hinpasste.
„Sir, ich… ich möchte bei den Chevaliers bleiben.“
Irritiert sah Schwank ihn an, überlegte einen Moment und lächelte dann: „Sie haben ja noch vier Monate Urlaub.“
Eliden schüttelte den Kopf: „Nein, Sir, ich meinte nicht für die restliche Urlaubszeit. Ich möchte ein vollwertiger Chevalier sein.“
Der Offizier sah ihn ernst an und legte die Fingerspitzen seiner beiden Hände aneinander. „Haben Sie denn schon mit Colonel Danton darüber gesprochen?“
„Nein, Sir.“
„Wissen Sie, Kush, ich weiß nicht, was für Sie das Beste ist. Ihre Entscheidung. Sie können hier bleiben oder gehen. Aber ich brauche eine Entscheidung und ich brauche sie jetzt. Wenn Sie gehen wollen, dann sind Sie von mir aus ein freier Mann. Sie haben so viel Resturlaub, dass Ihre Kündigung mehr als rechtzeitig kommt. Und ich halte niemanden in meiner Truppe, der mit dem Herz woanders ist. Reisende soll man nicht aufhalten und so. Sie wissen schon. Aber wenn Sie jetzt gehen und die Chevaliers Sie nicht nehmen oder wenn es Ihnen dort doch zu gefährlich ist, dann kann ich Ihnen nicht mehr helfen.“
„Ich verstehe, Sir“, gab Eliden zurück und er glaubte, er verstand wirklich. Schwank wollte ihn nicht gehen lassen, auch wenn er da kaum eine Wahl hatte. Die Station hatte immer Probleme, neue Leute zu rekrutieren und jeder Abgang wog schwer. Also setzte er ihn unter Druck. Was blieb ihm auch übrig?
„Es ist Ihre Entscheidung, Kush“, wiederholte der Offizier.
Eliden brauchte nicht lange, um sich endgültig zu entscheiden. „Korporal Mercer wird einen guten Truppführer abgeben. Er hat das Zeug dazu“, sagte er, während er sich die Rangabzeichen von der Uniformjacke zog und sie zusammen mit seinem Dienstausweis auf den Schreibtisch legte.
Als er aufstand, fühlte er sich genötigt, dem verbittert wirkenden Schwank eine Erklärung zu geben. „Ich war draußen, Lieutenant Schwank, ich habe gesehen, was dort alles möglich ist und zur Hölle, das war auf einem menschenleeren Drecksball irgendwo im Nirgendwo. Es ist so viel dort und hier ist es…“
„…eng?“, unterbrach Schwank ihn und Eliden glaubte, Verständnis in den Augen des Wachoffiziers zu sehen.
„Ja. Es ist eng. Ich habe jetzt schon das Gefühl, erdrückt zu werden. Ich muss hier raus. Mit den Chevaliers oder ohne.“
Schwank sah offenbar ein, dass er keine Chance mehr hatte, die Entscheidung des jungen Mannes zu ändern. „Ihre Entscheidung, wie gesagt. Ich bin nicht glücklich darüber, aber ich wünsche Ihnen alle Gute und viel Glück. Sie werden es brauchen. Und ich verspreche Ihnen, dass Sie sich bald nach dem ruhigen Leben hier zurücksehen und sich für Ihre Entscheidung verfluchen werden.“
Eliden schüttelte bedächtig den Kopf: „Ich glaube nicht.“
Dann ging er. Hinter ihm schloss sich die Tür zum internen Bereich von Fury Station mit einem leisen, aber endgültigen Geräusch.


Raumstation Fury
Öffentlicher Bereich
22. November 3066, 13:30 Uhr

Eliden fand den Herren der Chevaliers im Restaurant und im tiefen Gespräch mit Jara Fokker und er entschloss sich spontan, sein unvermeidbares Gespräch mit dem Alten zu verschieben und die beiden Offiziere nicht zu stören. Dummerweise ging sein Plan nicht auf.
Danton hatte ihn entdeckt, hatte mitbekommen, dass er suchend zu den beiden hinübergeschaut hatte, und winkte ihn heran.
„Corporal Kush, ich sehe, Sie tragen wieder die alte Uniform! Ich hoffe, Sie behalten die Chevaliers trotzdem in guter Erinnerung.“
„In der Besten, Sir“, antwortete er vorsichtig.
Fokker zog einen Stuhl heran und deutete ihm, sich zu setzen. „Wir haben gerade über Sie gesprochen, Eliden“, offenbarte sie ihm. „Also nicht direkt über Sie, sondern vielmehr über alle Chevaliers, die uns jetzt verlassen werden.“
„Es ist immer so sentimental, dieses Kommen und Gehen“, führte Danton aus. „Haben Sie sich bei uns wohlgefühlt?“
Eliden zögerte. Die beiden hatten ihn offenbar schon mental abgeschrieben. Er hatte das ungute Gefühl, dass das schlecht für sein Anliegen sein könnte.
Fokker deutete sein Zögern offensichtlich falsch. „Antworten Sie ruhig ehrlich. Wir werden Ihnen schon nicht den Kopf abreißen.“
„Ich war nicht sehr lange dabei“, gab er zu Bedenken. „Ich habe mich aber gut aufgehoben gefühlt und es war mir eine große Ehre als Mechkrieger Seite an Seite mit den übrigen Chevaliers kämpfen zu dürfen.“
„Das will ich auch meinen“, antwortete die Kompaniechefin mit einem Lächeln im Gesicht. Es war genau dieses Lächeln, das Eliden seinerzeit bewegt hatte, bei der Söldnereinheit anzuheuern und auch jetzt noch machte es ihn ein wenig benommen. Es war gut gewesen, dass Jara Fokker als seine Vorgesetzte nicht oft gelächelt hatte. Ihm wurde klar, dass sie das einfach nicht nötig hatte, dass sie ihre weiblichen Reize nicht einsetzen musste, um sich Achtung zu verschaffen.
„Ich würde Ihnen ja viel Glück für Ihren weiteren Weg wünschen, Corporal… Oberwachtmeister Kush, aber Captain Fokker hat mir das ausdrücklich verboten.“ Danton schmunzelte. „Ein Mechkrieger der zwoten Kompanie braucht kein Glück, hat sie gesagt. Er hat ja genug Training gehabt.“
„Und es stimmt doch!“, lachte die junge Frau auf. „Im Ernst, Kush, Sie haben einfach Pech, dass Sie uns schon verlassen, bevor ich unseren Herrn und Meister davon überzeugen konnte, einen verdammten Chevaliers-Orden zu stiften. Den hätte ich Ihnen höchstpersönlich an die Brust geheftet. Es ist schade, dass Sie hier auf Fury bleiben.“
„Ich habe gerade gekündigt“, platzte es aus Eliden heraus und die beiden Offiziere sahen ihn irritiert an.
„Das weiß ich doch“, antwortete Danton. „Ich habe Ihren Auflösungsvertrag doch eigenhändig unterschrieben.“
Eliden schüttelte den Kopf: „Nicht das. Hier auf Fury habe ich gekündigt. Ich möchte Chevalier werden.“
Fokker und Danton tauschten einen langen Blick und schließlich zuckte der Alte mit den Schultern. „Ich würde Sie ja liebend gerne wieder aufnehmen, aber…“
Er ließ den Satz in der Luft hängen und rang dem nervösen Corporal ein „Ja?“ ab.
„Aber ich kann ja nun wirklich niemanden mehr einstellen, wo ich doch Captain Fokker die Einheit überlasse. Jara, was sagst Du?“
Gespannt und nervös beobachtete Eliden die junge Söldnerin, der man das Nachdenken am hübschen Gesicht ansehen konnte.
„Sagen Sie, Corporal… da haben Sie vorgestern erst gekündigt und das mit Vertrag und allem drum und dran und nun wollen Sie wieder mitmachen. Wissen Sie überhaupt, wie viel Arbeit das unserem Stab macht?“ Sie legte den Kopf schief. „Man könnte auch das Gefühl bekommen, ihre Loyalitäten sind… schwankend.“
Eliden saß wie versteinert und traute seinen Ohren kaum.
Bis Danton sich das Grinsen nicht mehr verkneifen konnte und seiner Offizierin einen amüsiert-tadelnden Blick zuwarf. „Du bist ja wirklich abgebrüht, Jara. Aber jetzt kannst Du den armen Jungen ruhig mal erlösen.“
Jara grinste nun ebenfalls. „Na gut, dann will ich mal nicht so sein. Corporal, natürlich dürfen Sie Chevalier werden. Sie haben sich das mehr als verdient. Wir machen gleich morgen den Papierkram. Und dann machen wir einen richtigen Mechkrieger aus Ihnen.“
Eliden war zwar einerseits ein wenig verärgert darüber, dass sie ihn so hatte auflaufen lassen, aber seine Erleichterung und seine Freude überwiegten und so schloss er sich der guten Laune der beiden Offiziere an. „Vielen Dank! Ich werde Sie nicht enttäuschen, Ma’am!“
„Nicht wenn ich Sie selber ausbilde“, stimmte sie zu und war plötzlich wieder ganz die Kompaniechefin. „Willkommen zurück und so weiter. Und jetzt ziehen Sie sich schleunigst wieder eine vernünftige Uniform an, Corporal!“
„Jawohl, Ma’am!“, antwortete Eliden, stand auf und salutierte zackig, eher er sich auf den Weg zur DORNKAAT machte.
Er bemerkte nicht mehr, wie ein leicht zerknirschter Germaine Danton seiner Einheitserbin 50 C-Noten zuschob und sie zur gewonnenen Wette beglückwünschte.

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Ama-e-ur-e
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is-o-tures-Tesi is-o-tures-Oro
is-u-tures-Vo-e-e

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Raumstation Fury
Öffentlicher Bereich
22. November 3066, 13:35 Uhr

„Ein guter Junge“, urteilte Germaine, nachdem Kush außer Hörreichweite war. „Auch wenn es mich wundert, dass er nach den Gefechten nicht die Schnauze voll hat. Das muss an dir liegen.“
Jara steckte ihr gerade gewonnenes Geld weg und schüttelte dabei den Kopf: „Nein. Mit mir hat das nichts zu tun. Das ist ganz alleine seine Entscheidung. Sonst würden nicht so viele aus meiner Kompanie die Chevaliers verlassen.“
„Tun sie das? Ich habe noch keine einzige Kündigung gesehen.“
„Noch nicht“, pflichtete sie ihm bei. „Aber sobald wir auf Wayside sind, werden die kommen.“
„Was macht dich da so sicher?“
„Ich beobachte einfach, wie sich die Leute verhalten. Nach den Gefechten auf Caliban ist die Kompanie noch enger zusammengerückt. Fast jeden Abend sitzen wir zusammen. Und es gibt eben einige, die sich raushalten. Die nicht dazugehören wollen.“
„Die Waräger?“, mutmaßte Germaine.
„Hauptsächlich. Aber nicht alle. Auf jeden Fall werden diese Leute die Chevaliers verlassen. Und dann kommen die Chevaliers dazu, die aus anderen Gründen die Kompanie verlassen.“
„Aus anderen Gründen?“
„Du weißt schon… Versetzungen, Beförderungen… Ich habe nur noch sieben einsatzbereite Maschinen, das macht derzeit sieben entrechtete Mechkrieger. Und du weißt selber, wie es läuft, wenn wir uns neu aufstellen. Und zwei meiner Leute werden definitiv auf Wayside bleiben. Corporal Tracy wird noch mindestens drei Monate im Rollstuhl sitzen und eine ausgedehnte Reha brauchen und Dawn liegt immer noch im Koma. Ihr Zustand ist zwar stabil, aber sie wird nie wieder aktiven Dienst in einer Kampfeinheit versehen können.“
Germaine legte seiner Kompanieführerin eine Hand auf den Unterarm und sah sie mitfühlend an: „Ich habe für Dawn eine Stelle in der Verwaltung von Wayside vorgesehen. Etwas, wo sie sich ihre Zeit selber einteilen kann und viel Kontakt zu ihrer Tochter haben wird.“
„Danke.“ Jara seufzte. „Wenn sie denn wieder aufwacht…“
„Dawn wird wieder aufwachen.“ Germaines Tonfall ließ nicht den leisesten Hauch von Zweifel erkennen. „Und sie wird sich um ihre Tochter kümmern können. Und wo wir gerade bei Töchtern sind… Jara, du erbst in Kürze die Chevaliers und hast immer noch nicht entschieden, wie die Erbfolge nach dir aussehen soll.“
„Ich weiß. Ich habe Juliette gefragt, aber sie wollte nicht. Dabei erschien sie mir als so naheliegende Wahl. Vielleicht frage ich ja Brennstein“, überlegte sie laut.
„Vielleicht fragst du mich was, Jara?“, ertönte die Stimme eben jenes Offiziers hinter ihr. „Darf ich?“, fragte er und deutete auf den Stuhl, den Eliden Kush leer hinterlassen hatte.
„Gerne“, lud Germaine ihn ein. „Jara hat gerade überlegt, dich zum nächsten Erben der Chevaliers zu ernennen.“
„Nein, danke“, beeilte der Mechkrieger sich zu antworten. „Kein Interesse. Zu viele moralische Entscheidungen.“
Jara verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. Sie wusste ganz genau, worauf Brennstein anspielte. Er war nach den Gefechten auf Caliban zu ihr gekommen, eine Pilotin der Blutparder im Schlepptau, und hatte sie um die Erlaubnis gebeten, die Gefangene als Isorla zu nehmen. Sie vom Kriegsgericht zu verschonen.
Sie hatten lange und hitzig diskutiert und schließlich hatten sie einen Deal gemacht. Jara stellte ihr Moralempfinden hinten an und im Gegenzug stand der Söldneroffizier persönlich für seinen neuen Schützling.
„Wenn ich dich nicht benennen darf, dann wird es langsam wirklich dünn.“
„Copeland?“, schlug Brennstein vor.
Jara schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Warum nicht?“
„Er ist noch kein halbes Jahr lang Chevalier und wird schon die militärische Führung übernehmen. Ich möchte die Einheit nicht auch juristisch in seinen Händen sehen.“
„Es ist ja noch etwas Zeit“, beschwichtigte Germaine. „Bevor ihr Wayside nicht mit einem Kontrakt im Gepäck verlasst, muss das nicht in Blei gegossen sein. Ich wollte dich nur daran erinnern.“
„Ich denke auch, dass die Reorganisation der Einheit wichtiger ist“, warf Brennstein ein. „Wir haben einige Verluste zu kompensieren.“
Germaine lehnte sich zurück und grinste selbstzufrieden: „Das könnt ihr mal in Ruhe unter euch ausmachen. Und mit Copycat. Ich bin gar nicht unglücklich darüber, dass ich mich nun neuen Aufgaben widmen kann.“ Langsam und gelassen erhob er sich aus seinem Stuhl und legte einigen C-Noten auf den Tisch, um seine Getränke zu bezahlen. „Jara, Matthew, ihr entschuldigt mich?“
Brennstein nickte, aber Jara zögerte noch einen Augenblick: „Ich habe noch tausende organisatorische Fragen. Eine ganze Liste. Wann besprechen wir die Übergabe?“
„Nicht jetzt. Alles Wichtige können wir auf zwischen den Sprüngen klären, der ganze Rest dann auf Wayside. Aber das eilt nicht. Gönn dir besser noch ein paar Tage Ruhe. Du wirst davon nicht mehr viel bekommen, wenn du die ganze Einheit an der Backe hast.“


Raumstation Fury
Öffentlicher Bereich
22. November 3066, 14:50 Uhr
„Auf die gefallenen Kameraden!“, sagte Simon Moore. Er sagte es laut, deutlich und mit einem Tonfall, der nicht nur am Tisch der ehemaligen Waräger Ruhe einforderte, sondern auch die Nachbartische zum Verstummen brachte.
Stefan Hellmann schloss sich, ebenso wie die anderen fünf Überlebenden ihrer alten Einheit, dem Trinkspruch an, hob das Glas mit dem klaren Doppelkorn und stürzte sich den Schnaps den Rachen runter.
Die Hälfte der Kompanie war tot. Zumindest die Hälfte der Mechkrieger. Allen voran Lars Steigenberg, ihr Kommandant und ein unnachgiebiger und sturer Idiot. Aber er war trotz allem ihr Kamerad gewesen und im Gegensatz zu Hellmann hingen einige der Anwesenden an seinem Andenken. Er ließ seinen Blick über die Gesichter seiner Mitstreiter gleiten.
Simon Moore, der einzige von ihnen, der seinen Mech durch die Gefechte gerettet hatte, verschlossen, wortkarg. Sein Wort besaß ein gewisses Gewicht bei den Warägern, aber er ließ kaum erkennen, welche Ziele er nun verfolgte.
Charlie Nobbs, der keinen Hehl daraus machte, dass er die Chevaliers immer noch für den Feind hielt und der bei der nächsten Gelegenheit sein Glück bei einer anderen Einheit suchen würde.
Martin Jännicke und Evangelista Barrios, die seit dem Angriff auf die Landezone entrechtet waren, aber eigentlich Glück hatten, überhaupt noch am Leben zu sein. Beide wirkten verbittert und beide hielten sich von den Chevaliers fern, wollten oder konnten nicht dazugehören.
Und schließlich Hanna Dünkirch, die ebenso wie er selbst für einen verletzten Chevalier eingesprungen war und ihr Leben in den Kämpfen gegen und für die Söldnereinheit riskiert hatte. Sie schien sich in ihrer neuen Umgebung deutlich wohler zu fühlen, als sie sich bei den Warägern je gefühlt hatte. Kein Wunder, fand Hellmann, denn er hatte das starke Gefühl, dass die junge Frau den zivilisierten Umgangston des Regiments sehr viel ansprechender fand als das Raue und Ungeschliffene der ehemaligen Steiner-Kompanie.
Damit war sie nicht ganz alleine, denn Hellmann hatte für sich längst den Entschluss gefasst, sein Glück mit den gut zahlenden, gut organisierten und gut ausgebildeten Chevaliers zu suchen. Auch ihm gefiel das Arbeitsklima hier deutlich besser und nach dem Fiasko auf Caliban hatte er nie wieder komplett in die Gruppe der Waräger zurückgefunden.
„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Jännicke in die Stille hinein und sechs Augenpaare wandten sich ihm zu. „Ich meine… Steigenberg ist tot, wir sind alle entrechtet und die meisten unserer Techs fühlen sich bei den Chevaliers verdammt wohl.“
„Ist doch klar, wie es weitergeht“, gab Nobbs umgehend zurück. „Wir lassen uns bis nach Wayside mitnehmen, ausbezahlen und dann sind wir an Bord des ersten Schiffes auf dem Weg nach Outreach oder Galatea und suchen uns eine neue Einheit.“
„Um uns im Bürgerkrieg verheizen zu lassen? Dann hätten wir auch in den LAAF bleiben können“, warf Moore ein, mehr als eine Spur Bitterkeit in der Stimme. „Bei den Chevaliers wissen wir wenigstens, dass wir nicht auf ehemalige Kameraden schießen werden.“
„Dafür kämpfen wir nicht für die Einheit, die unsere Kameraden aus ihren Mechs geschossen hat“, gab Barrios grimmig zurück.
„Wir sind Söldner“, gab Moore zu Bedenken. „Geschäft ist Geschäft und wir können den Chevaliers kaum vorwerfen, dass sie sich gegen unseren Angriff gewehrt haben.“
„Würde gerne mal hören, was Steigenberg dazu sagen würde, wenn er mitbekäme, wie seine Kompanie für seine Mörder arbeitet“, ereiferte sich Nobbs.
„Genau“, pflichtete Barrios ihm bei, „geht doch auch um unsere Ehre als Einheit.“
„Aber Steigenberg ist gefallen, als er für die Chevaliers gekämpft hat“, mischte die sonst so ruhige Dünkirch sich ein, aber außer Hellmann schien es niemand zu hören.
Nobbs fuhr zumindest unbeeindruckt fort: „Wir müssen unbedingt versuchen, so viel Kohle wie möglich rauszuschlagen, bevor wir uns aus dem Staub machen.“
Moore hielt dagegen: „Wir müssen unseren Kontrakt erfüllen. Und den hat Danton gekauft.“
„So ein Blödsinn, wir müssen…“
Weiter kam er nicht, denn Hellmann hieb mit der flachen Hand auf den Tisch, so stark, dass die leeren Schnapsgläser kleine Luftsprünge machten. „Ruhe!“, blaffte er mit aller Autorität, die er aufbringen konnte.
„Wir müssen gar nichts“, fuhr er etwas ruhiger fort, als die Waräger ihm ihre Aufmerksamkeit schenkten. „Als ranghöchster Offizier der Waräger-Wache erkläre ich unsere Söldnerkompanie hiermit für aufgelöst.“
„Das kannst du gar nicht!“, protestierte Barrios.
„Ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung, ob ich das kann. Aber wenn ich das nicht kann, dann kann es niemand, denn Steigenberg hat seine Nachfolge nie geregelt. Und was mich angeht, werde ich meine eigene Entscheidung treffen und ich empfehle jedem von euch, das gleiche zu tun. Wer gehen will, der soll gehen und wer bleiben will, der soll bleiben. Ist doch eigentlich ganz einfach, oder?“
„Wenn du das tust, dann…“, setzte Nobbs an.
„Ich werde jetzt gehen“, unterbrach Hellmann ihn und erhob sich. „Einen schönen Abend noch.“
Ohne sich umzudrehen ließ er die verdutzten Waräger – die ehemaligen Waräger zurück.
Zwei von ihnen holten ihn an der Tür ein.
„Ich komme mit“, verkündete Dünkirch. „Ich hab mich bei denen schon lange nicht mehr wohlgefühlt.“
„Ich glaube nicht, dass sie die richtige Entscheidung treffen“, schloss Moore sich an. Und damit waren die Fronten geklärt.

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Es war... Entspannend. Es kam selten vor in den letzten vier ereignisreichen Jahren, dass Germaine sich so gefühlt hatte; in diesem Moment war es der Fall. Während er auf sein Steak aus echtem Tier aus den Wassertanks der Station wartete, in Ruhe einen Kaffee schlürfte und mindestens zum siebenhundertsten Male die Frage danach, ob es eine gute Idee gewesen war, Jara zur Erbin zu machen, mit Ja beantwortete. Er war die Ruhe und die Ausgeglichenheit selbst. Alles, was zu seinem Glück noch fehlte, war...
"Wir haben ein Problem."
Er sah hinter sich, seine Verlobte an, die sich gerade zu ihm gesellte. Kurz ging ihm ein Stich durchs Herz, denn unwillkürlich erinnerte er sich an Marie-Claire und an ihr grausames Schicksal, als sie seine Verlobte gewesen war. Seine erste Verlobte. Nach ihrem Tod war Germaine auf einen blutigen Rachefeldzug gegangen, in dem keine Regeln geherrscht hatten... Doch, eine Regel hatte es gegeben: Keine Unschuldigen zu involvieren. Aber viele Unschuldige hatte er auf seinem Rachefeldzug nicht getroffen. Würde es mit Miko besser laufen? Er wagte es nicht, diesem Gedanken mehr Raum einzuräumen. "Was für ein Problem?", fragte er stattdessen und bot ihr einen Sitzplatz ihm gegenüber an. Dann rief er dem Kellner eine Bestellung zu. Grüner Tee für Miko.
Flüchtig nahm sie das zur Kenntnis. Sie waren seit Jahren zusammen, aber erst zwei Jahre das, was man ein Paar nennen würde. Ihre Lippen wurden kraus gezogen. "Haruka."
"Haruka? Ist sie nicht richtig glücklich und voll aufgegangen in ihrer Söldnerliebe zu Chappie?", fragte Germaine.
"Ja. Nein. Vielleicht. Ich weiß es nicht. Jedenfalls überlegt sie ernsthaft, bei den Chevaliers zu bleiben. Aber zugleich will sie mich "nicht in Stich lassen", wie sie sich ausdrückt."
Germaine nickte. "Und was willst du?"
"Was weiß ich." Sie zuckte mit den Schultern. Haru-chan ist mir eine gute Freundin, wahrscheinlich meine Beste nach Julie, und ich würde sie wirklich vermissen, sobald die Chevaliers wieder einen Kontrakt haben und von Wayside aufbrechen. Aber sie hat ihr eigenes Leben und jetzt eine eigene Liebe. Dass wir uns getroffen haben, war reiner Zufall, und sie hat auch nie wirklich die Pflicht übertragen bekommen, auf mich aufzupassen... Es ist der Familiensinn, weißt du?"
Germaine zog eine Augenbraue hoch. "Familiensinn? Und wie ist sie dann Söldnerin geworden?"
"Du, das ist eine lange Geschichte, die..." Nun wanderten auch Mikos Augenbrauen nach oben. "Denkst du, sie hat das absichtlich gemacht, um die Chevaliers zu infiltrieren?"
"Würde es etwas ändern? Zwischen euch, meine ich."
"Ja. Nein. Vielleicht. Ach, ich weiß nicht. Sie bedeutet mir viel. Mehr als eine Freundin aus Kindertagen. Ich denke nicht, dass sich das ändern würde, nur weil sie die Chevaliers infiltriert hat, um mich zu beschützen. Gibt es Anhaltspunkte?"
"Nur eine schwere Clanwaffe, die ich gegen die überlebenden Söldner auf Bryant eingetauscht habe, unter denen zufällig Katana zu finden war", sagte Danton gedehnt. "Und das ist reichlich dünnes Eis, selbst für die ISA. Du hast Recht, es gibt nichts, was sie über eure Freundschaft hinaus an dich bindet." Germaine lächelte. "Möchtest du deine Meinung revidieren und lieber mit den Chevaliers gehen? Wir haben mindestens ein halbes Jahr R&R auf meinem Lehen vor uns, bevor wir die Truppe wieder los schicken. Das können wir nutzen."
Unschlüssig sah sie ihn an. "Führe mich nicht in Versuchung, Onee-chan." Ein Schütteln ging über ihren Körper. "Verlockend, wirklich verlockend, aber ich liebe dich viel mehr als Krieg, Tod, Explosionen und die Chance, verkrüppelt zu werden."
"Und das sagst du nicht auch einfach nur so?", fragte Germaine mit einem Augenklimpern.
Verdutzt sah sie ihn an, dann begannen beide zu lachen. Todernst erwiderte sie: "Auf jeden Fall, Colonel."
Ihre Bestellung kam, und einige Zeit starrte sie in ihre Tasse. "Schau mal, da ist ein Stück Teeblatt. Es schwimmt aufrecht in der Mitte der Tasse. Das ist ein Zeichen für großes Glück."
"Ach, wenn ich alle Zeichen für Glück aufzählen würde, die mir heute begegnet sind, dann..."

In diesem Moment gellte der Alarm durch Fury Station. Eine Lautsprecherdurchsage trug schnell zur Klärung bei: "Alarm! Wir werden angegriffen, ich wiederhole, wir werden angegriffen! Zwei schnelle Shuttles mit Infanterie befinden sich im Anflug und werden uns in zwei Stunden und fünfunddreißig Minuten erreichen! Alle Zivilisten suchen die Schutzräume auf, der Stationsschutz sammelt sich in den Ausfallräumen und bereitet sich auf den Ernstfall vor!"
"Was ist dir denn heute so an Glückszeichen aufgefallen?", spöttelte Miko.
Germaine seufzte. "Reden wir ein andernmal über das Thema." Er aktivierte sein Kommgerät. "Verbinden Sie mich mit dem Kommandeur der Station. Ich habe ihm ein Angebot zu machen."
***
Zwei Stunden und vierunddreißig Minuten später stand Germaine neben Lt. Colonel McAllister. Die ehemalige Husarin sprach mit ihrer Kommunikationsoffizierin. Sie lächelte plötzlich.
"Was schönes geschehen?", fragte Danton.
"Wie man es nimmt. Eines der Shuttles wird an einem Schott festmachen, das zu Rowan Geisterbärs Strahl' Einzugsgebiet gehört." Sie dachte kurz nach. "Die Shuttles sind Nur Raum-Shuttles und massen sechzig metrische Tonnen. Genug, um eine Kompanie ausgerüsteter Infanteristen zu befördern. Pro Shuttle. Also ungefähr einhundert Angreifer."
"Macht ein Mutterschiff irgendwo da draußen", sagte Danton.
"Kiki wird sich dessen schon annehmen. Habe selten jemand so auf einen Einsatz brennen gesehen wie bei der Besprechung", erwiderte McAllister.
"Sie muss Dampf ablassen", erwiderte Danton. "Und zwar viel und zwar schnell. Wir werden sehen, ob es ihr gelingt, den Lander zu finden, von dem aus die Piraten gestartet sind."
"Genau wie meine Leute", knurrte die Infanterie-Offizierin. "Die machen sich schon Vorwürfe, weil wir die Teileinheit mit den prozentual geringsten Verlusten sind. Die wollen dringend was tun."
"Und genau deshalb nehmen wir der Stationssicherheit ja auch die Arbeit ab."
"Touchdown!", rief jemand, und ein lauter metallischer Schlag, der ein Echo zu haben schien, ging durch die Station.
"Na dann", brummte Germaine.
***
Als das Schott des Kampfshuttles aufsprang, stürzten sich zwanzig zu Tode entschlossene, bis an die Zähne bewaffnete Piraten in die Station. "Keiner bewegt sich!", brüllte ihr Anführer, ein schweres Lasergewehr vor sich haltend wie ein Schutzschild. "Und keinem passiert was!"
"Okay", sagte ein sehr tiefe Stimme.
Der Anführer erstarrte, und auch die Bewegung seiner Leute stockte. Der Besitzer der Stimme steckte in einem Elementare-Anzug, und er war nicht allein. Insgesamt waren es fast dreißig Rüstungen, die in verschiedenen Stadien des Selbstschutz Stellung bezogen hatten. Und alle zielten auf die anstürmenden Piraten. Nur der Besitzer der Stimme schwebte inmitten des Gangs, beide Krallen in die Hüfte gestemmt, das V-Visier böse funkelnd.
Die Entscheidung zu dem, was er nun tun konnte, war relativ simpel. Der Anführer ließ seine Waffe los und gab ihr einen Schubs in Richtung der Rüstungsträger. Seine Leute folgten seinem Beispiel. Keine Sekunde später stürmten zehn Elementare an ihnen vorbei ins Shuttle. Schüsse fielen, was bewies, dass nicht alle so vernünftig waren wie diese zwanzig. Es war aber schnell vorbei.
***
Auch beim zweiten Shuttle war es relativ schnell vorbei. Der psychologische Effekt der Elementare-Rüstungen fehlte, aber McAllisters Leute waren gut positioniert und sehr gut trainiert. Nach einem kurzen, heftigen Schusswechsel stürmten auch sie das Shuttle und eroberten es nach kurzem Gefecht. Es dauerte nicht lange, bis fünfzig Gefangene und siebzehn tote Piraten gezählt werden konnten.
Zugleich lösten sich vier Luft-Raumjäger von den Schiffen der Chevaliers und flogen auf dem entgegengesetzten Kurs, den die Shuttles genommen hatten, in den freien Raum hinaus. Es würde Stunden brauchen, vielleicht Tage, aber Kiki war wild entschlossen, dem Piraten zumindest ein Brandzeichen aufzusetzen.
***
"Und? Was machen wir jetzt mit ihnen?"
Germaine Danton legte die Fingerspitzen aneinander. "Wir identifizieren sie."
"Wir identifizieren sie?"
"Ja, wir identifizieren sie. Alle steckbrieflich gesuchten Piraten werden in die Brigg geworfen. Wir nehmen sie mit nach Wayside, wo wir ihnen den Prozess machen werden. Auf Piraterie steht die Todesstrafe."
"Und was machen wir mit dem Rest?"
"Nun, wenn sie nicht gesucht werden, haben sie möglicherweise keine Akte der Piraterie begangen", sagte Germaine amüsiert. "Dann können wir sie nur für versuchte Piraterie drankriegen, und da ist die Strafe bei weitem nicht so schlimm."
Sein Gegenüber wollte etwas sagen, schloss aber den Mund wieder.
"Es ist mir egal, was Sie mit denen machen", knurrte der Stationskommandant. "Nur sehen Sie zu, dass Sie beizeiten mein beschauliches Reich wieder verlassen. Ich gebe zu, wir erscheinen vielleicht dem einen oder anderen Piraten, der sich sonst keine Chancen ausrechnen würde, als leichte Beute, so wie die Blutparder mit uns umgesprungen sind. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Ihr Karma mehr von denen anzieht - mehr als die Gerüchte über uns."
Germaine nickte. "Wir machen uns zum Sprungpunkt auf, sobald unsere Luft/Raumjäger zurück gekommen sind. Versprochen."
"Danke."
"Und dann geht es auf nach Wayside." Und dort würde die Geschichte der Chevaliers fortgeschrieben werden. Nur mit neuen Namen an alten Stellen...

__________________
Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

Ace bloggt!

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Thorsten Kerensky
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Landungsschiff DORNKAAT, nahe Fury Station
Mechhangar
23. November 3066, 10:15 Uhr

Eliden zog die Fadenkreuze seiner Waffen über die Silhouette des feindlichen Warhammers, fest entschlossen, diesmal besser zu treffen.
Schweiß rann ihm über den gesamten Körper, die Hitze im Cockpit war unerträglich und selbst in Shorts und Kühlweste fühlte er sich deutlich zu schwer angezogen.
Nervös glitt sein Blick über seine Anzeigen. Es war kaum noch Panzerung über an dem Tempest, den er in die Schlacht führte und seine Reaktorabschirmung hatte einen Treffer einstecken müssen. Dem Warhammer, der ihn so zu gerichtet hatte, hatte er bisher kaum etwas davon heimzahlen können. Und nun wurde es Zeit, das zu ändern.
Mit grimmiger Entschlossenheit beobachtete er, wie die Zielhilfen über die Rückenpanzerung des schweren Mechs wanderten und golden aufleuchteten. Mühsam hatte er sich in den Rücken seines Gegners gekämpft und nun wollte Eliden Blut sehen.
Er presste den Auslöser für das Gaussgeschütz und stieß einen kurzen Erfolgsschrei aus, als die schwere Nickel-Eisen-Kugel mit voller Wucht im Ziel einschlug. Ohne auf die Überwärme-Warnungen zu achten, setzte er mit dem schweren Impulslaser nach, in der Hoffnung, eine Lücke in der Panzerung seines Gegners zu finden.
„Ach, scheiß drauf!“, murmelte er vor sich hin und jagte die mittelschweren Laser und die Kurzstreckenraketen hinterher – nur um zu sehen, wie diese knapp an dem Warhammer vorbeigingen, was ihm einen Fluch entlockte.
Die Hitze im Cockpit seines Tempest kletterte noch ein paar Grad nach oben, als die Wärmetauscher die immense Abwärme des Waffeneinsatzes nicht komplett ableiten konnten.
Mit Erschrecken musste Eliden beobachten, wie der schwere Feindmech sich herumwuchtete, um den Beschuss zu erwidern. ‚Die Sprungdüsen!‘, schoss es ihm durch den Kopf. Der Tempest verfügte ja über vier Stück davon.
Kurz suchten seine Füße das richtige Pedal, fanden es und einen Augenblick später erhob sich der stählerne Gigant auf Plasmastrahlen in die Luft.
Das Waffenfeuer des Warhammers traf die Beine des schweren Mechs und Eliden verlor die Kontrolle über die Flugbewegung. Hilflos versuchte er, den in der Luft taumelden Mech wieder zu stabilisieren, aber er merkte nur zu deutlich, dass es ihm nicht gelang.
Dann wurde es schwarz, als die Simulation abgebrochen wurde. Zischend öffnete sich die Luke des Simulators und ließ einen Schwall angenehm kühler Luft und eine sichtlich unzufriedene Jara Fokker hinein.
Auch die Kompaniechefin trug nur kurze Shorts und ein enges T-Shirt. Im Gegensatz zu Eliden hatte sie aber noch nicht geschwitzt und wirkte körperlich ausgesprochen ausgeruht. Der junge Mann kam nicht umhin, ihren Körper zu mustern. Er hatte sich sagen lassen, dass die Jara Fokker, die vor zwei zwei Jahren bei den Chevaliers angeheuert hatte, ein Küken gewesen war, aber die Frau, die jetzt hier stand, hatte nichts Kindliches mehr an sich. Sie war durchtrainiert, körperlich fit, ihre Muskeln zeichneten sich deutlich unter der straffen Haut ab. Einige Narben an ihren Unterarmen und Schienbeinen bezeugten ihre Kampfeinsätze, der rechte Arm war noch leicht gerötet an der Stelle, die bis vor Kurzem in Schiene und Verbänden gelegen hatte. Ihre langen blonden Haare waren zu einem strengen Zopf geflochten, der ihr über die Schulter fiel.
Doch neben dieser beeindruckenden soldatischen Physis drängte sich in ihrem knappen Outfit auch ihr weiblicher Sex-Appeal auf, der flache Bauch, die Rundungen von Brust und Hüfte, ihr hübsches Gesicht.
Eliden war von ihrer Körperlichkeit beeindruckt und hingerissen gewesen seit er sie das erste Mal gesehen hatte und sie hatte immer noch nichts von ihrer Wirkung auf ihn verloren. Es war, als füllte sie durch ihre Anwesenheit das gesamte Cockpit aus und er fühlte sich auf seiner Pilotenliege wie festgezurrt und paralysiert.
„Das war wirklich beeindruckend schlecht“, eröffnete sie das Gespräch.
„Fanden sie?“, antwortete er lahm.
„Haben wir das gleiche Gefecht gesehen, Corporal?“ Sie verzog ihr Gesicht zu diesem unglaublich einschüchternden wölfischen Grinsen, von dem Eliden immer noch nicht wirklich wusste, was es ihm sagen sollte. „Sie haben eine Trefferquote, die wirklich fürchterlich ist und ich hatte das Gefühl, sie haben vergessen, dass ihr Mech Sprungdüsen hat.“
Eliden schwieg betreten, weil er wusste, dass sie Recht hatte. Daran gab es nichts zu rütteln.
„Ich hab eine Idee“, fuhr Fokker ungerührt fort. „Der schwere Mech scheint ihnen ja deutlich besser zu liegen als die leichten, die wir davon ausprobiert haben. Sind sie noch fit genug für eine Runde heiße Action?“
Der junge Chevalier musste sich zusammenreißen, um keine anzügliche Antwort zu geben und noch mehr Willenskraft kostete es ihn, sich auf das Gespräch zu konzentrieren und die Bilder aus seinem Kopf zu bekommen, die sich dort einnisten wollten. Er atmete tief durch. „Wenn ich eine Pause machen darf und einen Schluck trinken kann…“
„Fünf Minuten“, gestattete ihm seine Vorgesetzte.


Landungsschiff DORNKAAT, nahe Fury Station
Quartierbereich
23. November 3066, 14:15 Uhr

„Sie will was?“
Miles Sharpe starrte ungläubig zu Kyle Kotare, als hätte dieser ihm gerade die Rückkehr Kerenskys verkündet.
„Captain Jara möchte, dass ich Corporal Eliden auf einem Bluthund ausbilde“, widerholte der ehemalige Nebelparder ruhig und ohne mit der Wimper zu zucken. Er vertraute seiner Vorgesetzt und zweifelte nicht einen Moment daran, dass sie wusste, was sie tat, das merkte Sharpe nur zu deutlich.
„Seine Trefferquote ist bestenfalls mittelmäßig und er hat absolut keine Erfahrung auf schweren Maschinen. Der Bluthund ist wertvolle Clan-Tech, die… es hat absolut gar keinen Wert, zu argumentieren, oder?“
Kotare schüttelte den Kopf. „Neg. Captain Jara war sehr deutlich, was das angeht.“
„Dann rückt er für Voronin in die Kampflanze?“
Der Claner zuckte mit den Schultern. „Corporal Kush wird auf dem Bluthund trainieren bis er umfällt und dann noch zwei Stunden länger. In zwei Wochen beherrscht er die Maschine gut genug, um zu kämpfen.“
„Jaras Worte?“
„Pos. Sie fügte an, dass sie im Zweifel selber dafür sorgen würde, dass er die Standards der Kompanie erreicht.“
„Klingt, als müsstest du dir Gedanken machen, Kush zu einem Positionstest zu fordern“, scherzte Sharpe, während er im Kopf mögliche Optionen für die Kompanieaufstellung durchspielte.
„Ich werde sehen, was passiert“, gab Kotare zurück, ohne eine Gefühlsregung erkennen zu lassen. „Wir wurden schwer getroffen und es wird einige Veränderungen geben. Wenn ich in meiner Zeit in der IS etwas begriffen habe, dann ist es, dass es sehr viel Rücksicht auf das Personal genommen wird. Und niemand weiß, wer als Ersatz für die ausgefallenen Mechkrieger angeheuert werden wird.“
„Das stimmt. Oder wer uns noch verlassen wird.“
Es war Kotare nicht anzusehen, ob er die Andeutung verstand, die sich in dem Satz versteckte. Er blieb ruhig, nickte dazu und ließ Sharpe fortfahren.
„Ich soll also Corporal Kush und dich von allen anderen Verpflichtungen freistellen?“
„So hat es Captain Jara formuliert.“
„Weitere Befehle?“
„Sie erwartet dich um Punkt 1700 zur Lagebesprechung.“
Sharpe nickte. Den Termin hatte er bereits auf dem Schirm. Die wöchentlichen Besprechungen der Kompanieführung waren mit dem Ausfall von Dawn Ferrow und Lars Steigenberg hinfällig geworden und momentan trafen Jara und er sich in unregelmäßigen Abständen, um die wichtigen Themen zu klären. Heute stand die moralische Verfassung der Kompanie – oder dem was davon übrig war – auf dem Programm. Vielleicht würde er dort ja etwas über die Pläne seiner Vorgesetzten in Erfahrung bringen können.


Landungsschiff DORNKAAT, nahe Fury Station
Sanitätsbereich
23. November 3066, 21:30 Uhr

Stumm saß Jara an dem Krankenbett, auf dem ihre Freundin, Kameradin und Geliebte, an dem die junge Mutter und Söldnerin Dawn Ferrow im künstlichen Koma lag. Die rothaarige Mechkriegerin reiste mit ihr und mit ihrer Kompanie, Jara hatte darauf bestanden. Aus medizinischer Sicht war es egal. Ihr Zustand war stabil, Fleischer konnte während der Reisepausen bequem durch das Sprungschiff in alle Lazarette schweben und das nötige medizinische Gerät war sowieso überall vorhanden.
Vielleicht war es auch für Dawn egal. Seit ihren lebensgefährdenden Verletzungen auf Caliban lag sie im Koma, hatte vermutlich nichts von dem mitbekommen, was passiert war. Fleischer hatte Jara zwar versichert, dass auch komatöse Menschen auf Umgebungsreize reagierten, aber im Kopf der blonden Söldnerin war kein Platz für solche Vorstellungen.
Trotzdem saß sie bei Dawn, wie fast in jeder freien Minute. Vielleicht tat sie das nur für sich. Sie erzählte der Freundin von allem, was passierte, redete über Banalitäten, als gäbe es nichts Wichtiges.
Sie hatte ihr davon erzählt, dass sie Kush aufbauen wollte. Sie hatte verschwiegen, dass sie mit dem Gedanken spielte, ihn auf Kotares Platz zu setzen, damit der Nebelparder ihr neuer Leutnant werden konnte.
Sie hatte ihr von ihrem Treffen mit Sharpe erzählt, davon dass er vermutlich bald Regimentsspieß werden würde und dass sie gemeinsam versuchten, die Moral der Kompanie zu erhalten. Sie hatte verschwiegen, dass ihre eigene Moral gerade auf eine harte Probe gestellt wurde.
Sie hatte ihr erzählt, dass sie Hellmann für ein Kompaniekommando vorschlagen würde, weil sie in dem Steiner-Offizier ein großes Talent sah. Sie hatte verschwiegen, dass sie sich diesen Karriereschritt für Dawn gewünscht hatte, ganz heimlich.
Und so viele andere Sachen hatte sie ihr nicht erzählt, hatte sie, wenn sie ehrlich war, niemandem erzählt, nicht einmal dem Father. Sie hatte nicht erzählt, dass sie kaum Schlaf fand in den Nächten, weil ihre Schuldgefühle sie plagten, dass sie sich nach körperlicher Nähe sehnte, nach jemandem, an den sie sich anschmiegen konnte. Sie hatte nicht davon erzählt, wie schwer es ihr gefallen war, die Briefe an die Hinterbliebenen ihrer Untergebenen aufzusetzen und dass sie schreien könnte bei dem Gedanken daran, dass in Zukunft für ein ganzes Regiment verantworten zu müssen. Sie hatte auch nicht davon gesprochen, wie viele Dinge sie nicht mehr an sich heranließ, nicht mehr heranlassen konnte, dass sie sich schuldig und schäbig fühlte, weil Metellus Tod sie nicht belastete wie so viele andere Tode auch nicht. Sie war sich nicht sicher, ob das ein Schutzreflex war oder ein Abstumpfen oder beides, aber auch davon hatte sie beredet geschwiegen.
Stattdessen hatte sie von dem Bowie-Messer gesprochen und wie sie seinen Vorbesitzer davon überzeugt hatte, es der Kompanie zu schenken, hatte über das Essen, das Bergegut und ähnliche Belanglosigkeiten philosophiert und sich dabei sogar eingebildet, eine Entspannung in Dawns Gesichtszügen feststellen zu können.
Und nun saß sie wieder hier, wie so oft und schwieg. Schwieg, weil sie nichts mehr zu erzählen wusste, schwieg, weil sie nichts mehr zu sagen fand, weil sie sich schämte vor Dawn und vor sich selbst.
Müde und leer fühlte sie sich, innerlich abgeschlafft, so kraftlos wie Dawns Hand, die bleich und fahl in der ihren lag. Nur das monotone Piepen und Summen der Maschinen und das dumpfe Vibrieren des Schiffsrumpfes brachen die Stille.
„Es ist meine Schuld“, sagte sie, nicht zum ersten Mal. „Ich wünschte, ich hätte einen anderen Weg gesehen, Dawn. Einen Weg, auf dem ich dich nicht hätte in diesen Kampf schicken müssen. Du bist mir so wichtig, so teuer. Ich weiß nicht, wie ich weitermachen soll.“
Jara spürte, wie die Worte in ihr nachhallten, spürte die Wahrheit in ihnen, spürte die Tiefe ihrer Freundschaft zu Dawn. Sie spürte sich und das Elend und den Tod und den Zweifel.
Und dann spürte sie, wie Dawns Hand ihren Druck ganz leicht erwiderte.

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"Gehen Sie mit Gott, aber gehen Sie. Und wenn Sie wiederkommen, dann bitte als Graf von Wayside, nicht aber mit den Chevaliers." Mit diesen Worten hatte man sie verabschiedet, als sich die Landungsschiffe der Chevaliers final von Fury Station gelöst hatten. Germaine konnte es verstehen. Zwar waren sie am Überfall der Blutparder unschuldig, und außerdem hatten sie den Tag gerettet, als die kleine Horde an Piraten gedacht hatte, die Station wäre fürderhin leichte Beute; aber es war eben einfacher, die Chevaliers mit Schlechtem zu verbinden und loszuwerden - sie waren ja eh auf dem Sprung. Nachdem sie ein paar verirrte Schäfchen in die vertraute Umgebung von Fury Station entlassen hatten, hatte es auch keinen Grund mehr gegeben, die Station in Anspruch zu nehmen. Im Gegenteil, auf sie alle warteten die mittlerweile fertiggestellten Gebäude von Dantonville an der Southern Sea, nur einen Hubschrauberflug von Parkensen City entfernt. Und noch schneller ging es, wenn der kleine Raumhafen der Ansiedlung seinen Betrieb aufgenommen hatte.
Ein halbes Jahr hatte Germaine angeordnet, ein halbes Jahr der Organisation, der Erholung und der Abgänge und Neuankünfte. Sie hatten vor, nachdem einige Leute ihren Weggang oder ihre Integration in seine Garde angekündigt hatten, die Lücken mit weiteren Husaren und einigen Versehrten zu stopfen, die wieder kampfbereit waren. Zu seiner Überraschung hatten sich tatsächlich einige Waräger darum beworben, weiter in der Einheit dienen zu dürfen. Hauptsächlich Techs, die sie auch sehr gut brauchten, aber auch einige Mechkrieger. Dafür aber hatte "sein Schoßhund", wie Jack Ryan-Jones oft genannt wurde, allerdings nur leise und hinter vorgehaltener Hand, bereits angekündigt, die Einheit zu verlassen und wieder eigene Wege zu gehen. Das fand der Kommandeur schade, denn er fand, der ehemalige Pirat hatte die Truppe bereichert. Und er hatte Steinberger dazu gebracht, wieder mit dem Cerebrum zu denken, nicht länger mit dem Kleinhirn. Diese Lücken mussten geschlossen werden, wenn die Einheit schlagkräftig bleiben sollte.
Also waren weitere Rekrutierungen zum Beispiel auf Arc Royal und Outreach im Gespräch, und fähige Leute konnte die Truppe immer gebrauchen. Die Schlagkraft musste hoch bleiben. Einerseits für eine zukünftige Einstufung der Einheit durch die Söldnerkontraktkommission als "Elite", was Germaines heimlicher Wunschtraum war, andererseits hatte sich die noch immer junge Einheit genug Feinde gemacht, seit sie existierte. Und dabei war es nicht hilfreich, dass einige dieser Feinde im Draconis Kombinat saßen, genau dem Reich, dem Germaine seit einem halben Jahr als Adliger zu dienen hatte. Außerdem war der Geheimauftrag des Koordinators an seinen neuen Adligen noch so eine Geschichte.

Germaine Danton seufzte. Ihm war klar, dass Copycat und Jara die Einheit anders führen würden als er. Zwar war er sich nicht bewusst, gravierende Fehler gemacht zu haben, die tadelswert waren oder gar mutwillig destruktiv, aber die unbewussten Fehler gab es zur Genüge und gehörten zu seinem Stil. Immer wieder sein eigenes Leben mutwillig zu riskieren, wie bei der "Anwerbung" der Waräger, würde es unter Copeland nicht geben, geschweige denn unter Jara. Dafür würde sie andere Marotten entwickeln, denn jeder Mensch hatte sie, brauchte sie, förderte sie, bewusst oder unbewusst. Ihr Aufenthalt bei Clan Wolf und ihr Aufstieg dort in die Kriegerränge hatte sie zu einer entscheidenden Zeit maßgeblich geformt und aus der Frau, die Mechkrieger geworden war, weil ihre ganze Familie Mechkrieger waren, jemanden gemacht, der gelernt hatte, dass Ziele durch harte Arbeit erreicht werden konnten. Zudem verlangte sie nie mehr von anderen als von sich selbst. Das allerdings war schon eine ganze Menge. Harry würde ihr beibringen müssen, wie der Mittelweg aussah. Der frisch gebackene Colonel würde ohnehin beide Hände voll zu tun haben, um ihr den letzten Schliff zu geben. Denn eines wussten er und Harry auf jeden Fall: Die Einheit würde eines Tages von Jara befohlen werden. Sie darauf vorzubereiten war richtig und vorausschauend. Sie respektierte Copeland und hörte auf ihn, wenngleich sie nicht immer machte, was man ihr sagte, geschweige denn dass sie immer auf ihn hörte. Sie würde letztendlich selbst entscheiden, und ein entscheidungsfreudiger Kommandeur war besser als ein zögerlicher, alles hinterfragender.

Sein Gedankengang wurde unterbrochen, als es an der Tür klopfte. Da sie gerade in der Beschleunigungsphase waren, herrschte etwa ein halbes G Schwerkraft auf der Rosemarie. Damit entfiel der lästige Versuch, bei Schwerelosigkeit Disziplin zu wahren.
"Herein."
Jara trat ein. "Colonel, Captain Fokker, Captain Brenstein, First Lieutenant Hillebrand und Sergeant Major Hellmann melden sich wie befohlen."
"Treten Sie ein."
Zuerst betrat Jara das kleine Büro, dann kam Matthew, anschließend Dualla Hillebrand und zum Schluss Stefan Hellmann.
Germaine deutete auf die Faltstühle vor seinem kleinen Schreibtisch, die platzsparend an die Wand geschnallt werden konnten. "Bitte setzen Sie sich, meine Damen und Herren."
Die vier taten wie geheißen. "Keine Sorge, es wird relativ schnell gehen. Captain Fokker und Captain Brenstein sind bereits informiert, wundern Sie sich also nicht. Lieutenant Hillebrand, Sergeant Major Hellmann, ich möchte Ihnen zwei einfache Fragen stellen. Erstens: Mögen Sie die Chevaliers?"
Die beiden Krieger tauschten für einen Moment einen verdutzten Blick miteinander.
"Ja, Sir", erwiderten sie danach synchron.
"Gut. Die zweite Frage lautet: Bleiben Sie bei den Chevaliers?"
Wieder sahen sie erstaunt auf, zu ihren beiden Kompanieführern und schließlich zum Einheitsführer selbst.
"Ja, Sir, das hatte ich vor", sagte Hellmann.
"Ebenso, Sir", schloss sich die Frau an.
"Gut. Dann will ich zur Sache kommen. Captain Brenstein, was können Sie mir über First Lieutenant Hillebrand sagen?"
Brenstein räusperte sich. "Sie hat ihre Einheit im Griff, ist beliebt bei ihren Leuten, weiß Befehle auszuführen und zu interpretieren. Ich wäre eigentlich sehr froh, so fähige Untergebene zu haben."
Das "aber" schwang in der Luft mit, und die beiden Mechkrieger rutschten für einen Moment unruhig auf den Stühlen.
"Sie beherrscht also ihr Kommando?", hakte Germaine nach.
"Unbedingt."
"Captain Fokker?"
"Als Vorgesetzte von Sergeant Major Hellmann könnte ich nicht zufriedener mit ihm sein. Er hat enormes Wachstum und ein sehr hohes Potential, das ich im Moment als verschwendet betrachte, da, wo er jetzt dient. Ich würde vorschlagen, ihm das Offizierspatent zu geben, außerdem mehr um die Ohren."
Der derart gelobte bekam rote Ohren, war aber auch sichtlich stolz auf das Lob von der strengen Chefin.
"Ist dem noch etwas hinzu zu fügen?"
Jara räusperte sich. "Eines vielleicht noch, der Fairness halber. In meiner Eigenschaft als Verbindungsoffizierin der Chevaliers habe ich dem hinzu zu fügen, dass First Lieutenant Hillebrand nach meinem Wissensstand nicht schwanger ist."
Für einen Moment wurde Hillebrand knallrot im Gesicht, bis ihr dämmerte, dass Schwangerschaft ein Grund für eine Auszeit von der Truppe war, etwas, was einen Mann nicht betreffen konnte.
"Gut." Danton taxierte beide mit ernstem Blick. "Sie zwei sind mir oft und nachhaltig empfohlen worden. Wie Sie wissen, ist unser Spieß dabei, seinen Abschied zu nehmen."
Beide nickten, noch immer unsicher, warum sie hier waren.
"Damit fällt er als Wahlmöglichkeit aus. Leider. Neue Mutter des Regiments wird Master Sergeant Sharpe. Was Sie zwei betrifft, so haben Sie sicherlich mitbekommen, dass wir einerseits beabsichtigen, die Größe der Einheit beizubehalten, beziehungsweise wieder aufzubauen. Und sicher haben Sie mitbekommen, dass mir dafür ein Kompaniechef fehlt."
Das war vornehm ausgedrückt für den Tod auf dem Schlachtfeld, den Decius Metellus erlitten hatte. Aber die Trauerfeier war gehalten und der Dienst ging weiter. Brenstein seufzte leise, wenngleich lächelnd. Er wusste ja, was jetzt kam.
"Mit anderen Worten: Sie zwei wurden mir bei der Wahl nach einem neuen Kompaniechef wärmstens ans Herz gelegt. Das heißt, einer von Ihnen Captain. Trauen Sie sich eine solche Position zu, Lieutenant Hillebrand, Sergeant Major Hellmann?"
Nun sahen sie einander freudig an, dann zu Danton herüber. "Jawohl, Sir!"
Danton nickte zufrieden. "Gut. Dann will ich Ihnen sagen, wie es jetzt weitergeht. Sie zwei werden sich während des R&R nicht so gut ausruhen können wie Ihre Kameraden. Wir, das heißt Colonel Copeland, Captain Fokker und natürlich Captain Brenstein Vorgesetzter werden Sie beide durch einige Tests jagen, um herauszufinden, wer in unseren Augen das kleine Quentchen mehr hat, das ihn vor dem anderen zum Kompaniechef befähigt. Dass Sie beide das Zeug dazu haben, daran zweifle ich nicht. Und das ist es auch, was ich von jedem Lanzenführer verlange: Fähig zu sein, eine Kompanie zu führen. Das ist auch, was ich von meinen Kompaniechefs verlange: Fähig zu sein, ein Bataillon zu führen."
"Und vom Regimentschef, eine Division zu führen?", stichelte Jara grinsend.
"Oder einen Touman", konterte Danton grinsend, die Gesamtheit der Krieger eines Clans benennend. Jara lächelte zurück, verzichtete aber auf eine Revanche.
"Wie gesagt, ich halte Sie beide für fähig, und wenn das Universum es so will, werden Sie beide eines Tages eine Kompanie führen. Aber einer von Ihnen wird das in spätestens einem halben Jahr tun. Sind Sie zwei fähig und willens, eine meiner Kompanien zu führen?"
Darauf folgte eine längere Pause. "Ja, Sir, das bin ich", sagte Hillebrand schließlich.
"Jawohl, Sir. Das kann ich und das werde ich", sagte der Sergeant Major.
"Dann machen Sie sich auf einige Prüfungen gefasst, Lieutenant Hillebrand, Sergeant Major Hellmann. Sie können wegtreten."
Die beiden erhoben sich, salutierten und verließen den Raum.

"Also, wer wird es machen?", fragte Danton.
"Wenn du mich so fragst, wird Stefan die Nase vorn haben", sagte Jara.
"Ich denke eher, Dualla setzt sich durch", sagte Matthew bestimmt.
"Und genau deshalb jagen wir sie ja auch durch die Tests." Danton grinste leicht. "Ach ja, Matthew. Du kannst noch etwas Glück verteilen, wenn du möchtest. Sag den Corporals Watson und Wilcox, dass sie sich auf ihren Positionen als Flügelführer bewährt haben und diese Woche mit einer Einstufung als Sergeant rechnen können.
Jara, du musst auch in deiner Scoutlanze und in deiner Befehlslanze jemanden zum Sergeant befördern. Und in der ersten Kompanie, sobald wir sie wieder sortiert haben, wird das ebenfalls geschehen."
"Verstanden", erwiderten die beiden Offiziere.
Danton erhob sich. "Dann kommen wir mal zum angenehmen Teil. Gehen wir zum Mittagessen."

Hinter den dreien schloss sich die Tür, das Büro blieb leer zurück. Es war erstaunlich, das ein so kleiner Raum schon so viele große Entscheidungen gesehen hatte.

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Teil 1

Landungsschiff Rosemarie Krankenstation, Anflug auf Fury Station

Sie waren weg, endlich diesem in der Einsamkeit der Randzone liegenden Staubball entkommen. Der Hölle eines planetaren Bombardements entkommen, schwere Gefechte lebend überstanden und beim aufräumen geholfen. Viele waren tot oder verletzt, einiges an Gerät für immer verloren, aber auch einiges in den Nachwehen an Beutegut bekommen. Das wichtigste, so dachte Haruka bei sich, ist, wir sind weg, Auftrag erledigt.
Was würde nun weiter passieren? Es konnte jedoch nur besser werden als dieser letzte Einsatz. Ja, dieser Einsatz war für mich auch nicht ohne Spuren geblieben. Ich hatte immer noch Zeichen von Verbrennungen an Gesicht und anderen Körperstellen. Im Gesicht sah man sie noch sehr deutlich, die Ärzte der Chevalliers schätzten aber das ich keine Narben davon zurück behalten würde. Trotzdem hatte ich immer ein wenig Angst was wohl Rudi sagen würde wenn er mich sieht. Diese Angst war aber völlig ohne Belang, denn Rudi nahm mich in den Arm, hielt mich einfach nur fest und ich? Ja ich geniesse es bei diesem Kerl. Ich hing noch ein wenig meinen Gedanken nach, während ich auf dem Weg zur Krankenstation der Rosemarie war. Dort lag Rudi, der zwar nach seinem Abschuss überlebt, sich aber im Nachgang der Aufräumarbeiten überanstrengt hatte und mitten in den Arbeiten zusammen gebrochen war. Der Arzt hatte ihn sofort aus dem aktiven Dienst genommen, bis er wieder in guter Verfassung war. Die Einsatzfähigkeit als Mechpilot war nicht eingeschränkt und sobald er wieder Kraft gesammelt hatte, würde er wie einige andere auch wieder seinen Dienst versehen können.
Sie öffnet das Schott zur Krankenstation, trat ein und ging zum Bett von Rudi.

„Hallo mein Samurai“, hauchte Haruka zu dem anscheinend schlafenden Rudi.
„Meine schöne Lotusblume, ich bin wach“, hauchte Rudi zurück und schlug die Augen auf.
Ein Lächeln stahl sich auf das Gesicht von Haruka, es war ein kurzer Augenblick, und doch war es genau dieser Moment, der offenbarte, wie sehr sich die beiden liebten. Ihr Herz schlug schneller und eine leichte sanfte Röte zeichnet sich auf den Wangen der Japanerin ab und Rudi lächelte wie der Hauptgewinner der Terra Lotterie. Unausgesprochen blieb nichts. Liebe, Vertrauen und Respekt stand in beider Augen geschrieben. Rudi griff die Hand seiner Haruka und sie ließ sich zu ihm ziehen und setzte sich auf die Bettkante. Sie neigte den Kopf und schon berührten sich ihre Lippen, aus einem zarten ersten Kuss wurden mehrere und dann ein langer entschlossener und voller Hingabe.
Nach einer Weile räusperte sich ein MedTech, beide schauten auf und lächelten. Der Tech gab Rudi ein Datapad, dieser las und unterzeichnet mit dem Lichtgriffel auf dem Display. Dann nahm er Harukas Hand und schlug die Klammern und die Decke zurück, die ihn in der beinahe Schwerelosigkeit auf dem Bett gehalten hatten. Er setzte sich auf und Haruka sah ihn fragend an.
„Ich bin gerade aus der Krankenstation entlassen worden, als gesund. Jetzt kümmern wir uns noch ein wenig um dich, meine Kriegerin.“
„Herr Teuteberg, also so macht man einer Dame aber nicht den Hof. Das musst du noch üben.“ Mit einem Lächeln und Funkeln in den Augen wollte Haruka aufstehen. Doch Rudi hatte sie schon am Arm gegriffen und wieder zu sich gedreht. Er hauchte ihr etwas ins Ohr, sie wurde rot und sagte leise, für den Medtech unhörbar: „Ja, das werde ich, mein Mann. Hoffentlich werde ich das immer zu dir sagen dürfen.“ Sie gab ihm noch einen flüchtigen Kuss und ging dann zum Ausgang der Krankenstation.

Rudi folgte ihr hinaus in Richtung der oberen Decks wo sein Quartier und der Offiziersbeprechungsraum waren. Kaum hatte Rudi sein Quartier bezogen, eine Zwei Mann-Kabine, in der er aber allein wohnte, da Anton ja tot war, da meldet sich auch schon sein Bordcom und übermittelte ihm eine Dienstbesprechung der Scoutlanze, die in zwei Stunden stattfinden sollte. Die weiteren Dienstpläne ging er amüsiert durch und fand schnell heraus, dass viel Sport auf dem Plan stand und auch einige Auswertungen des Einsatzes auf Caliban.
Die noch Scoutlanze bestand auf dem Papier derzeit aus zwei Mechs, dem Steppenwolf und dem Puma Prime. Der Lynx war geköpft und musste repariert werden und der Enforcer war auf Caliban schon ausgeschlachtet worden, und hinter seinem Namen stand noch kein neuer Mech. Im Flurfunk hörte man schon es solle sich einiges in der Lanze tun und zu Rudis Überraschung hielt sich das Gerücht, dass der echte Anton aufgetaucht sei und in dem Einsatz ein Loki Agent und Doppelgänger Antons den Tod gefunden hatte. Dagegen sprach derzeit, dass niemand den möglichen echten Anton auf der Rosemarie gesehen hatte und dass Rudi selbst allein in seinem Quartier saß.
Nach Ablauf der zwei Stunden saß Rudi nun in einem kleinen Besprechungsraum der Rosemarie, mit ihm waren noch Miko Tsuno die Lanzenführerin, anwesend und der Steppenwolfpilot.
„Hallo Jungs“ empfing sie Miko im Besprechungsraum.
„Hallo.“ Brachte Billy nur raus.
„Hallo. Wie schön dich zu sehen Miko.“ erwiderte Rudi.
„Da wir nicht mehr sind, fangen wir an mit der Nachbesprechung. Ich habe mir die Gefechtsroms angesehen und muss sagen wir haben uns gut geschlagen. Trotz das ich festsaß habt ihr den Rückzug gut gemacht. Nur ein paar Fragen sind aufgetaucht wieso Billy mit dem Steppenwolf abgedrängt wurde und durch diese Schlucht gestürmt ist. Du hast damit zwar zwei Mechs gebunden, nur dein Steppenwolf, Billy, hat gelitten. Auch wenn du dic mit deinem Mech retten konntest, so war das eine sehr waghalsige und gefährlich Aktion. Rudi dir muss ich sagen deine Aktion mit dem Cauldron Born war auch sehr waghalsig. Ich verstehe auch nicht wie der Pilot diesen Kopftreffer überleben konnte. Es war ein guter Einsatz, deine Trefferwertung spricht für sich, das Useless schlussendlich zum Wrack zusammengeschossen wurde tut mir leid, aber zu retten war da nichts mehr. Was mich zum letzten Punkt und ehemaligen Mitglied bringt. Der Pilot des Lynx.“
„Moment, was heisst hier Pilot des Lynx. Wir reden von Anton, hier. Meinem Freund der sich verzweifelt auf den Cauldron Born warf, diesen Abschoss und dann selbst niedergestreckt wurde.“
„Ach Rudi, du weisst es noch nicht?“ schaute ihn die verblüffte Miko an.
„Was weiß ich nicht?“
„Na das wird noch eine Überraschung für dich. Die Daten dazu überspiele ich dir in dein Quartier und wir sprechen später darüber, hier ist der Falsche Zeitpunkt und Ort.“
„Ok, dann bin ich aber sehr neugierig. Jedenfalls das Problem mit einem neuen Mech habe ich nicht. Da auf Wayside ich zwei Mechs stehen habe. Und ich werde einen Verfolger führen, dies kannst du bitte weiter an den Stab melden. Außerdem hätte ich noch einen zweiten Mech den ich den Chevalliers gern zum kauf anbieten würde.“
„Ja, das habe ich notiert und reiche es weiter. Nun noch zu etwas ernsten. Ich werde die kämpfende Truppe auf Wayside verlassen und bei Germain bleiben, dies ist bestimmt keine Überraschung für euch. Was ihr macht und wo ihr nach der Neustrukturierung eingesetzt werdet kann ich nicht sagen. Nur soviel, dies ist die letzte Zusamenkunft unserer Lanze. Wir gelten hiernach als Aufgelöst. Im Stab gibt es bereits Planung, die werden dann aber erst konkret auf Wayside vorgestellt. Damit das alles aber nicht zu traurig hier wird, gehen wir auf Wayside zusammen noch einen Trinken und begraben dann die alte Lanze. Ist das in Ordnung für euch?“
„Ja, sehr gern. Und ich wünsche dir und Germain alles Gute und Glück.“
„Ich wünsche ihnen das selbe“ brummte Billy .
Vor allem wer blieb, welche Mechs zur Verfügung standen und dann noch das die Lanze personell volle Stärke hatte. Rudi würde seinen Verfolger in die Lanze bringen und somit den schwersten Mech der Lanze übernehmen, des weiteren würde Miko aus der Lanze raus gehen und bei Germaine auf Wayside bleiben. Der Steppenwolf würde wohl auch aus der Lanze ausscheiden. Somit stand auf dem Display nach derzeitigen Planungen nur noch Rudi mit seinem Verfolger, sowie Anton in dem Lynx, der repariert werden sollte. Zwei Plätze blieben offen und sollten neu besetzt werden. Auch der Platz des Lanzenführers war noch frei. Alle genaueren Planungen würden in Besprechungen auf Fury Station und weiter auf Wayside passieren. Keiner wusste wieso der Name Anton Brahmert noch aufgeführt war, doch dieses Mysterium änderte sich, als sich die Tür öffnete und vorsichtig das Gesicht von Anton herein schaute. Rudi traf der Schlag, da stand sein Freund, lebendig, unversehrt. Er war sprach und regungslos, dann fing er an zu lachen, stand auf und packte Anton und zog ihn zu sich. Beide sahen sich an, lachten und beglückwünschten sich zur Überstandenen Operation. Danach ging es ins gemeinsame Quartier und die beiden unterhielten sich die ganze Nacht.
Dann suchte Rudi Haruka in ihrem Quartier auf und erzählte ihr die frohe Botschaft, dass Anton noch lebte und er hier in seinem Quartier sei. Sie säuselte nur, dass das jeder wusste, man die Überraschung für ihn aber perfekt hatte machen wollen. Ein verdutzt wirkender Rudi schwor ihr eine romantische Rache, worauf Haruka ein weiches „Hai. Bitte um eine gerechte langandauernde Strafe“ zurück gab.
„So wird es geschehen. Nur eins noch, wie wird es weitergehen? Ich meine, bleiben wir bei der kämpfenden Truppe oder willst du bei Miko bleiben auf Wayside?“
„Ich weiss es noch nicht. Mein Auftrag ist ihr Schutz, und von daher ist es meine Pflicht zu bleiben. Nur jetzt durch die Heirat bin ich nicht sicher, was meine Pflicht ist.“
Rudi hört die Worte, bemerkte erst jetzt wie einfältig es war zu glauben mit dieser Frau ein Leben bei den Chevaliers oder auf Wayside zu führen. Sie gehörte immer noch den Draconiern mit ihren eigenen Werten und Vorstellungen, das hatte er völlig übersehen bei seinen Planungen. Was nun? Warum wurde es auf einmal alles so nebelig? Haruka merkte plötzlich, das Rudi weiss wurde und sprach weiter: „ Mach dir keine Sorgen. Da ich weiss, dass Miko in Sicherheit und gut geschützt ist, ist es mir eigentlich egal. Ich denke, ziehe mit dir, mein Samurai, wohin du willst.“
„Mach das nie wieder mit mir“, brachte Rudi ein wenig ruppig heraus, aber auch glücklich und erleichtert. „Du weisst, finanziell sind wir abgesichert, egal was wir machen. Mir stehen zwei Mechs zu. Ich habe dazu noch die Abfindung von den Streitkräften und eine Wohnung auf Solaris 7, die verkauft wurde. Wir könnten es uns sehr gut gehen lassen, und falls du keinen eigenen Mech haben solltest, habe ich ja noch einen da, den ich dir geben oder an den Chevalliers verkaufen würde.“
Haruka sah ihn mit großen Augen an, diese Informationen hatte sie nicht gehabt. Sie wusste, dass er ein wenig Geld hatte und auch von dem einen Mech war ihr berichtet worden. Jedoch die restlichen Informationen hatte sie nicht, und eigentlich war das auch unwichtig, denn sie liebte diesen Kerl, der hier stand und sie anlächelte.
„Wie wir es machen werden, dazu brauche ich noch ein wenig Zeit. Ich muss mit Miko sprechen und sehen was ihr lieber ist. Ich denke, eine gute Freundin könnte sie immer brauchen. Vielleicht ist sie aber auch lieber mit Germaine zusammen und braucht mich daher nicht. Sie weiss ja woher ich bin und was ich als meine Pflicht angesehen habe. Bitte, wir werden das auf Wayside regeln, vielleicht bietet uns Copeland ja was an. Ansonsten machen wir es uns in der Miliz gemütlich. Was meinst du?“ Sie lächelte und strahlte, denn egal was passieren würde, sie wusste, dass es das Beste und Richtigste im ganzen Universum sein würde.

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02.08.2014 14:47 Marodeur74 ist offline E-Mail an Marodeur74 senden Beiträge von Marodeur74 suchen Nehmen Sie Marodeur74 in Ihre Freundesliste auf
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Landungsschiff DORNKAAT, auf dem Weg zum Sprungpunkt
Besprechungsraum
25. November 3066, 08:00 Uhr

Jara wirkte abgekämpft, müde und zerschlagen. Sie starrte mit kleinen Augen in die Gesichter der Männer, die ihr gegenübersaßen. Sie schlief wenig, verbrachte viel Zeit an Dawns Krankenbett und nebenbei fiel sehr viel Aktenarbeit in der Einsatznachbereitung an. Schadenslisten, Anforderungsformulare, Versetzungsanträge, Auszeichnungen, Munitionsverbrauchsnachweise, Disziplinarvorgänge, Gefechtsauswertungen, Trainingspläne – die Liste war schier endlos.
Einen guten Teil ihrer derzeitigen Müdigkeit verdankte sie aber dem Umstand, dass sie am letzten Abend mit ihrer Restkompanie die Beförderung von Stefan Hellmann gefeiert hatte. Aus genau diesem Grund sah auch Miles Sharpe nicht besonders fit aus, der auf einem der Stühle am Besprechungstisch saß und seine Tasse Tee anbetete. Lediglich Kyle Kotare wirkte frisch und wie immer einsatzbereit. Der ehemalige Claner war unverwüstlich und seiner Physis zollte sogar die „eiserne“ Jara Respekt.
Jara nahm einen Schluck Kaffee und genoss den Geschmack und die beinahe sofort einsetzende Wirkung. Es war nicht ihre erste Tasse für den Tag und es würde auch nicht die letzte bleiben.
„Ich habe gute Neuigkeiten“, eröffnete sie das Gespräch, während sie einen Stoß Papier beiseite schob. „Die würde ich gerne zuerst besprechen, wenn es in euren Bereichen nichts Dringendes gibt?“
„Ich habe nicht einmal etwas nicht Dringendes zu berichten“, warf Sharpe ein. „Alles ruhig. Ich beschäftige die Soldaten mit leichtem Training, damit keiner Langeweile bekommt und schicke sie regelmäßig los, um den Techs bei den Reparaturen zu helfen. Keine Vorkommnisse dabei.“
„Bei mir sieht es nicht anders aus“, schloss Kotare sich an. „Ich habe begonnen, Eliden Kush auf Omni-Mechs zu trainieren, wie du es gewünscht hast. Er macht… Fortschritte.“
„Gut.“ Jara lehnte sich zurück und massierte sich die Nasenwurzel, in der Hoffnung, etwas Leben in ihren Kopf zurückreiben zu können. „Gute Nachricht Nummer Eins: Dawn zeigt erste Reaktionen auf äußerliche Reize. Fleischer hält das für ein gutes Zeichen. Wann sie wieder aufwacht, kann er allerdings auch nicht sagen.“
Während sie die frohen Gesichter der beiden Männer studierte, kroch die Erinnerung an den vorletzten Abend zurück. Ihr Glück, als Dawn ihre Hand gedrückt hatte – und die große Enttäuschung, als die eiligst herbeigerufenen Sanitäter ihr gesagt hatten, dass es noch Wochen dauern könnte, bis ihre Freundin wirklich aufwachen würde.
„Ich bitte euch, diese Info nicht zu verbreiten. Es wird sich früh genug herumsprechen, aber fürs Erste reicht die Aussage, dass Lieutenant Ferrow stabil und medizinisch auf dem Weg der Genesung ist. Ich möchte den Gesundheitszustand von Dawn nicht zum Hauptthema für die nächsten Tage machen.“ Und sie wollte vor allem nicht, dass ihre Soldaten zu angestrengt über Tod und Einsatzunfähigkeit nachdachten. Ihnen drohten schon genug Abgänge, dachte sie zynisch.
„Kommen wir zur nächsten guten Nachricht: Miles, du kannst dich darauf einstellen, ab unserer Ankunft auf Wayside eine Beförderung zu bekommen.“
„Eine Beförderung? Aber ich habe ausdrücklich gesagt, keinen Offiziersposten bekleiden zu wollen!“, protestierte der erfahrene Soldat.
Jara grinste: „Keine Angst, das musst du nicht. Aber der Spieß hat seine Entlassung beantragt und ich bin mit Danton und Copeland einer Meinung, dass du der geeignete Nachfolger bist. Du wirst also Regimentsspieß und Master Sergeant. Herzlichen Glückwunsch!“
„Eine gute Wahl. Du wirst dich gut bei dieser Aufgabe machen“, gratulierte auch Kotare. Auf seine Art.
„Ich… danke. Ich kann nicht sagen, dass ich damit gerechnet hätte“, gab Sharpe zu.
„Es bedeutet vor allem viel mehr Arbeit“, kommentierte die Kompaniechefin mit einem Augenzwinkern. „Das ist allerdings auch noch vertraulich zu behandeln. Du sollst nur Zeit haben, dich vorzubereiten. Deine Ernennung erfolgt offiziell erst auf Wayside. Selbstverständlich behältst du deine Lanze und bleibst der Kompanie erhalten.“
„Und werden auch langsam die Lanzenführer knapp, nachdem Sergeant Major Stefans Versetzung beschlossen wurde“, warf Kotare ein. Für seine Verhältnisse ausgesprochen humorvoll.
Jaras Grinsen wurde noch etwas breiter: „In der Tat. Und damit kommen wir zur dritten guten Nachricht.“
Kotare, der etwas zu ahnen schien, schrumpfte ein wenig in seinem Stuhl zusammen, sagte aber nichts.
Jaras Miene wurde wieder ernst: „Dawn wird ihren aktiven Dienst beenden müssen, in dem Punkt war Fleischer sich sehr sicher. Das heißt, uns fehlt ein Lanzenführer und stellvertretender Kompanieführer. Diese Aufgabe wirst du übernehmen, Kyle. Und zwar als Lieutenant 1st Class. Ich habe mir sagen lassen, dass es aktuell einen gewissen Aberglauben über die Kurzlebigkeit niederer Lieutenants unter meinem Kommando gibt und dem muss ich keine Nahrung liefern. Außerdem hast du problemlos die Befähigung eine Kompanie zu führen, da kann der höhere Dienstgrad schon drin sein. Herzlichen Glückwunsch dazu!“
„Auch von mir meinen herzlichsten Glückwunsch. Vom Corporal zum Lieutenant 1st Class in wenigen Wochen. Man merkt Jaras Training“, witzelte Sharpe, während er seinem Kameraden auf die Schulter klopfte.
„Und wenn ich die Beförderung gar nicht möchte?“, wollte Kotare wissen, offensichtlich nicht ganz so begeistert.
„Die Beförderung war kein Vorschlag oder eine Bitte, sondern eine Feststellung. Es gibt da keinen Raum für Interpretationen. Du bist für deine jetzige Verwendung überqualifiziert. Du wirst eine Lanze führen und du wirst meine rechte Hand in der Kompanie sein und mich dort entlasten. Genau genommen wirst du vermutlich eine gute Zeit die Kompanie alleine führen, weil ich nebenbei ja auch noch die Chevaliers leiten soll.“
„Dann verstehe ich auch, warum ich Eliden auf dem Bluthund trainiere. Er soll nicht Ivans Maschine bekommen, oder?“ Kotare schien nicht glücklich bei dem Gedanken zu sein, den Mech zu wechseln.
Jara nickte. „Du wirst einen anderen Mech übernehmen. Ich kann dir noch nichts genaues sagen, solange wir kein neues Material kaufen konnten, aber ich werde mir große Mühe geben, dir adäquaten Ersatz zu beschaffen. Eliden wird mein neuer Flügelmann. Auf dem anderen Bluthund möchte ich Haruka ausbilden und meinen alten Puma soll Hanna Dünkirch übernehmen, wenn sie uns nicht verlässt.“
Der Ex-Claner fügte sich: „Ich kämpfe dort, wo ich hingestellt werde.“
„Das ist mein Wahlspruch“, beschwerte sich Jara mit gespieltem Ärger.
„Ich weiß“, gab Kotare trocken zurück. Ich dachte, als angehender Offizier könnte ich mir das erlauben.“
Jara und Sharpe lachten über den völlig untypischen Anflug von Humor, aber die Kompaniechefin wurde schließlich wieder ernst: „Auch diese Info ist derzeit noch vertraulich. Die offizielle Ernennung wird auf Wayside stattfinden. Dort werden dann auch die übrigen Beförderungen, Versetzungen und so weiter vorgenommen. Aber auf euch beide kommen deutlich größere Aufgaben zu, deswegen gebe ich euch die Möglichkeit, euch darauf einzustellen.“
Sie nahm einen Schluck Kaffee und musterte die Akten, die sich mitgebracht hatte. „Ihr werdet meine Lanzenführer sein und wir werden bei allen Entscheidungen eng zusammenarbeiten. Ich freue mich sehr darüber, dass ich zwei sehr fähige und erfahrene Soldaten habe, die mich in der Kompanieführung unterstützen. Ich könnte mir keine besseren wünschen.“
Sie schlug den obersten Aktenhefter auf. „Und nun zu den Schadenslisten…“

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