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Zum Ende der Seite springen Chevaliers Season IV 7 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,00
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CeGrudke CeGrudke ist männlich
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Nachdem die Kobe gelandet war, schifften die Scouts der Chevaliers als erste aus. Sergeant Tsuno versammelte ihre Lanze um sich herum. "Also schön, Chevaliers. Wir tun das, was wir am besten können und wofür wir ausgebildet sind - aufklären. Die Teams sind klar, Sky bildet mit mir Team Eins in Form von Auge Eins und Auge Zwei, Haruka und Chappi bilden Team Zwei als Auge Drei und Auge Vier. Wir bleiben in Formation, bis ich anderslautende Anweisungen gebe. Haben das alle verstanden?"
Zustimmendes Gemurmel erklang im Kom-Kanal und die vier Mechs machten sich mit Höchstgeschwindigkeit auf die Socken.

Bramert bewegte sich über das weite Feld, behielt mit den Sensoren die Umgebung und seine Lanzenführerin im Auge und hing gleichzeitig seinen Gedanken nach, während er sich hauptsächlich auf seine Reflexe verließ.
Was wusste er inzwischen, nachdem seine „wahre“ Identität zurückgekehrt war? Die Erinnerungen an seine Vergangenheit, seine richtige Vergangenheit, kamen langsam wieder zurück.
Word of Blake hatte zahlreiche Fraktionen. Die größte waren eindeutig die Wahren Gläubigen unter der Führung von William Blane, dem Precentor Gibson und engem Freund des Exilprimus Thomas Marik.
Dann gab es da zum Beispiel auch noch die Toyama und vor allem die Splittergruppe der Toyama-Fraktion, den 6. Juli. Diese Gruppe hatte sich danach benannt, dass die Verräter Anastasius Focht und Sharilar Mori die damalige Prima Myndo Waterly hinterrücks ermordeten und Comstar in die Ketzer-Organisation verwandelten, die sie heute war. Der 6. Juli besaß einige besondere Spezialisten in Bezug auf Infiltration, Sabotage und Attentate. Bramert war ebenfalls zu einem solchen Spezialisten ausgebildet worden und sollte seine besonderen Talente jetzt dafür einsetzen, um die Chevaliers zu zerstören. Soweit war alles klar. Was theoretisch noch störte waren die Probleme, die Bramert mit der Philosophie des Word of Blake hatte. Er glaubte nicht an die Prophezeiungen (oder was auch immer) einer Person, die vor mehr als dreihundert Jahren gestorben war. Und er glaubte auch nicht daran, dass Word of Blake die Innere Sphäre verändern könnte, um sie „zur Reinheit des Lichts des wahren Glaubens“ zu führen, wie manche dieser Verrückten, die zum größten Teil zur Organisation gehörten, gerne mal ausführten. Ihn interessierten nur zwei Dinge, wie ihm klar wurde, auch wenn ihm niemand glauben würde, spräche er offen darüber: Geld und die damit einhergehende Macht. Er war mehr wie ein Söldner und nicht wie einer dieser fanatischen Idioten, mit denen WoB durchzogen war. Vielleicht war das auch der Grund gewesen, warum man ihn zu den Chevaliers geschickt hatte – um ihn aus dem Weg zu bekommen und ihn gleichzeitig als Waffe benutzen zu können. Vielleicht glaubten die hohen Persönlichkeiten auf Terra oder Gibson oder wo auch immer aber auch tatsächlich, dass er den wahren Glauben mit ihnen teilte – und er würde ihnen irgendwann die Wahrheit beweisen, ja beweisen müssen. Aber bis es soweit war würde er folgsam seine Aufgaben ausführen, würde Verwirrung im Herzen des Feindes – in diesem Fall der Chevaliers – stiften und auf die große Chance warten, um den endgültigen Todesstoß auszuführen.
Mitten in seine Gedanken hinein blinkten auf einmal seine Sensoren und auf seiner Anzeige tauchten mehrere Signale auf, allerdings nicht vor sondern schräg hinter ihm und den anderen Scouts. Sollten diese Kontakte ihren Kurs weiter beibehalten, würden sie ziemlich genau zwischen die Scouts und die ihnen folgenden Einheiten der Chevaliers, in Form von Mechkrieger Ryan, den Eagles und der Wayside-Miliz geraten - nicht gerade ein positives Szenario für eine ScoutLanze, selbst wenn es eine so gut ausgerüstete wie die der Chevaliers war. Er aktivierte sein Kom. „Auge Eins von Auge Zwei. Sarge, ich hab ein paar ungewöhnliche Kontakte auf dem Schirm. Bitte um Erlaubnis, aus der Formation auszuscheren, um die Kontakte zu überprüfen.“
Zunächst hörte Bramert nichts, dann folgte ein kurzes Knacken und die Stimme von Sergeant Tsuno hallte durch das Kom. „Negativ, Auge Zwei. Keine Einzelaktion. Ich melde die Kontakte an Major Klein und er entscheidet, wie wir darauf reagieren. Das ist keine Übung mehr, Sky. Dieses Mal dürfen wir uns keine Fehler mehr erlauben. Außerdem folgt uns das Hauptfeld. Wenn diese Kontakte sich als feindlich erweisen sollten, dann wären sie ziemlich dämlich, wenn sie sich so in die Zange nehmen lassen.“
Bramert verzog angewidert das Gesicht. Seine Ausbildung, bevor er zum Schläfer wurde, hatte ihm auch einiges an Taktikverständnis eingebracht, allerdings kam damit auch die Arroganz, alles besser wissen zu wollen als die eigenen Vorgesetzten. Aber er hatte eine Rolle zu spielen, also spielte er seine Rolle. „Bestätigt, Auge Eins. Kontakte im Auge behalten und Befehle abwarten. Kein Problem."
Er schaltete sein Kom ab und schnaubte. „Dich werde ich mit Freuden als erstes abschießen, kleine Draco-Zicke! Warte nur, deine Zeit kommt noch.“
Er lockerte kurz seine Finger, bevor er die Steuerkontrollen wieder fest umfasste. Er überlegte sich bereits Szenarien, wie seine „Freunde“ und „Kameraden“ reagieren würden, wenn er ihnen seine wahre Identität offenbarte – kurz bevor sie starben. Was er auch verdecken musste, waren seine wahren Mechkrieger-Fähigkeiten, die deutlich über dem standen, was er angeblich konnte. Er selbst hatte das auch erst mitbekommen, seit er „erweckt“ worden war. Das erklärte auch seine verrückten Aktionen, wie beispielsweise einen Luft/Raumjäger mit einer Sprungattacke abschießen zu wollen.
Seine Zeit würde kommen. Dann würde er zuschlagen und sie alle vernichten. Und dann würde er sich seinem nächsten Ziel zuwenden und WoB wäre danach nur noch eine Anekdote für die Geschichtsbücher.

Befände sich jemand mit Bramert im Cockpit, könnte er oder sie den fiebrigen Glanz des Wahnsinns in den Augen des jungen Mannes sehen, während Bramert sich ganz seinen Fantasien hingab. Romano Liao ließ grüßen.

Zwei Minuten später, die Entfernung zu den unbekannten Kontakten war inzwischen gleichbleibend, nachdem Tsuno mitgeteilt hatte, dass der Major entschieden hätte, sich den Kontakten nicht zu nähern, um einen verfrühten Feindkontakt zu vermeiden, krachte das Kom erneut, diesmal war es allerdings Major Klein direkt, dessen Stimme über den Befehlskanal erklang. "Sakura, Katana, von der Flanke detachieren und an den Seiten jeweils fünf Kilometer vorstoßen. Auf Marschspuren und Metallortungen achten. Ich würde gerne die Möglichkeit ausschließen, umgangen worden zu sein."
"Sakura, habe verstanden", antwortete Tsuno. "Sakura und Skyscraper lösen sich und scouten auf linker Flanke."
"Katana verstanden. Katana und Chappi lösen sich und scouten auf rechter Flanke", kam fast im selben Moment die Antwort von Haruka. Bramert wich also nach links aus und schob sich neben seine Lanzenführerin. "Ich könnte einen Vorstoß wagen und die Gegend in wenigen Sekunden aufklären, Sarge."
"Negativ, Sky", antwortete Tsuno. "Du weißt ganz genau, was passiert, wenn du alleine vorstößt! Wir machen das als Team. Keine Sorge. Ich bin ein ebenso guter Teamplayer wie Chappi."
Bramert schaltete wieder das Kom ab. "Du vielleicht, Tsuno. Aber wer redet denn von dir?", fragte er leise ins leere Cockpit, dann passte er sich der Geschwindigkeit seiner Lanzenführerin an und behielt weiter die Sensoren genau im Auge.

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A rose by any other name is still a rose

Ein Narr ist eine gefährliche Waffe im Haus der Vernunft

Tu as dèjá le baton fleurdelisé dans ta giberne

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22.06.2010 23:58 CeGrudke ist offline E-Mail an CeGrudke senden Beiträge von CeGrudke suchen Nehmen Sie CeGrudke in Ihre Freundesliste auf
Ace Kaiser Ace Kaiser ist männlich
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Themenstarter Thema begonnen von Ace Kaiser
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„Tower eins von Grave. Ich weiß ja nicht ob Sie es schon gemerkt haben, aber wir befinden uns hier auf tektonisch instabilem Grund. Grave Ende.“
Klein musste ein Schmunzeln unterdrücken, als er diese Nachricht vom neuen Mechkrieger bekam. Der Junge tat was für sein Geld, ganz davon abgesehen, dass er nicht auf den Mund gefallen war. Er hatte zwar einige Gerüchte darüber gehört, dass Ryan an der Flasche hing, aber so was kam in den besten Familien vor. Für ihn persönlich zählten zwei Dinge: Einsatzbereitschaft und Zurechnungsfähigkeit. "Registriert, Grave. Die Kavernen sind nicht auf unserem Kurs, aber wir werden sie mit Markern belegen, damit sie nicht zur Falle für einen unserer schweren Brocken werden." Klein wechselte die Frequenzen. "Michael, wir haben hier in der Gegend Kavernen. Einige davon haben bei Grave die tektonischen Anzeigen klingeln lassen, meine jedoch nicht. Schicke doch mal ein paar Scouts aus und lass die Gefährlichsten mit Funkfeuer markieren."
"Habe verstanden, Harry." Der Panzerfahrer hüstelte nervös. "Du führst uns doch hoffentlich nicht in ein Gebiet mit tektonischen Instabilitäten, in dem wir kämpfen müssen?"
"Hast du die erste Regel vergessen, was Geländefragen angeht? Wenn wir auf brüchigen Höhlendecken kämpfen müssen, dann auch unsere Feinde", erwiderte Klein grinsend. "Keine Sorge, der Bereich um das Wasserloch wurde untersucht. Dort erwarten uns keine Überraschungen."
"Dein Wort in Gottes Ohr. So, ich habe zwei Panzerteams ausgeschickt. Ich schätze, sie brauchen zwanzig Minuten, um die Höhlen entlang unserer Route zu markieren."
"Keine Sorge. Ich habe nicht vor, unwillkürlich zu beschleunigen. Im Gegenteil. Ich bin zwar sehr erpicht darauf, ihnen dafür eine zu verpassen, dass sie mir eine Lanze vernichtet haben, aber ich will nicht auch noch den Rest verlieren."
"Gut zu hören. Viel Glück, Harry."
"Viel Glück, Michael." Erneut wechselte er die Frequenz. "Tower eins an alle Einheiten. Detachierte Teams zurückkehren. Wir gehen auf Gefechtsformation in dreißig Minuten. Haltet die Augen offen und gebt ihnen Saures."
Bestätigungen trafen ein. Gut, den Stimmlagen nach zu urteilen waren sie alle mehr als erpicht darauf, die Piraten für ihren Angriff teuer bezahlen zu lassen. So wie er selbst. Er würde seinen Herzog nicht enttäuschen.
***
In den letzten Minuten hatte sich unter den Offizieren am Holotisch weitere Nervosität breit gemacht. Der Briefing-Raum lag unter tiefem Schweigen, die Männer und Frauen wirkten konzentriert, während auf dem Raumhafen eine zweite Rotte Luft/Raumjäger startete, um die bereits patrouillierende Rotte der Miliz bei der Suche nach möglichen Bedrohungen zu unterstützen.
Die Anzeichen waren unüberschaubar. Danton schaute schon seit Minuten in seine volle Kaffeetasse, ohne einen Schluck zu nehmen, Mikado wippte bei übereinander geschlagenen Beinen mit dem rechten Fuß, Fokker marschierte als einzige auf und ab, jeden Blick und jedes Gespräch meidend, Harris betrachtete dumpf brütend die Hololandschaft, und Benton trug bereits das Unterfutter für seine Gefechtsrüstung, während er vornübergebeugt auf seinem Stuhl sah.
Die anderen Offiziere wagten es weder zu atmen, noch sich bemerkbar zu machen.
"Die Jäger kontern einander aus", stellte Danton fest. Der gegnerische Missetäter war schwer beschädigt notgelandet, dafür war ein Miliz-Killer ausgefallen und abgestürzt. Nachrichten vom Piloten gab es noch keine. Der Rest der Lufteinheiten beschränkte sich seither darauf, einander gegenseitig davon abzuhalten, die Bodeneinheiten anzugreifen. Damit lagen die Vorteile bei Klein und der Miliz, wenn es bei diesem Kräfteverhältnis blieb. Wenn es ihnen gelang, die Wasserdiebe zu überwältige und die Union-Landungsschiffe zu erobern, war dies zudem ein enormer Sieg.
Andererseits... Jeder Soldat, der mehr als eine Schlacht überlebt hatte, wusste das nichts so heiß gegessen wurde, wie man es kochte. Und er wusste auch, dass Sun Tzu, also der Klassische, mit der Aussage Recht hatte, dass sich ein Gefecht nie so entwickelte, wie es geplant worden war. Auch oder gerade in ihrem Fall, wo so wenige sichere Faktoren vorhanden waren.
Mikado schloss für einen Moment die Augen, um den Männern und Frauen da draußen mit einem Stoßgebet Glück zu wünschen. Er hatte sie ausgesucht, er hatte sie losgeschickt. Er hatte Harrison Klein zum Befehlshaber gemacht. Er hatte Germaines Einheiten angenommen. Jeder Tote da unten würde eine Kerbe mehr auf seinem Kerbholz sein, unabhängig davon, ob es Untergebene oder Feinde gewesen waren. Das stand unumstößlich fest. Ihm blieb nur zu hoffen, dass es wenige Tote sein mochten. Und dass er, so seine Leute siegten, mit dem Feind so gnadenvoll verfahren konnte wie er mochte, und wie der Feind es zuließ. Viel zu oft hatte ein fanatischer Gegner versucht, sich von seinen Leuten töten zu lassen oder Selbstmord begangen. In seinen Augen die schlimmste Verschwendung von Leben, die er sich vorstellen konnte.
"Er zieht die Flanken näher heran. Gleich hat er seine Formation", fügte Benton hinzu.
"Eagles Nest von Tower eins: EE", klang die knappe Meldung von Klein auf. EE, oder auch Engage Enemy, war das Zeichen dafür, dass er nun den Kampf gegen die Piraten aufnehmen würde.
Die Offiziere traten nun geschlossen an den Holotisch, um die weitere Entwicklung direkt zu beobachten.
"Hier Eagles Nest. Gute Jagd", sagte Mikado mit fester Stimme. Das Gefecht begann.
***
Der Grand Dragon schoss in zermürbender Regelmäßigkeit seinen Front-Mediumlaser im Wechsel mit der PPK auf den Boden ab, während die mit LSR bewaffneten Mechs immer mal wieder eine Salve verschwendeten, um eventuelle Minen aufzuspüren. Eine eintönige Routine, die Feldwebel Stella O'Brien gegen den Strich ging, aber wenigstens, ging es ihr ironisch durch den Kopf, hatte sie in dieser Schlacht schon gesschossen.
"Tower eins an alle Einheiten. Auge zwei-vier meldet Feuergefechte mit getarnten Stellungen nahe der Landungsschiffe. Keine Verluste, aber seine Krads kommen nicht näher an das Wasserloch heran. Dafür gibt es aber auch noch keine Anzeichen von Minenverlegung. Augen offen halten, Leute." Ein Blinken an ihrer Konsole ließ O'Brien aus ihrer eintönigen Arbeit aufsehen.
"Feldwebel, feuern Sie auch ein paar Schüsse in die Büsche. Ein wenig Rauch könnte den Gegner verwirren."
Sie sah auf, betrachtete die auch einhundertachtzig Grad komprimierte Rundumanzeige, und bemerkte unordentlich verteilt die Büsche, die teilweise in ihrer Marschrichtung lagen. So nahe am Wasser musste es ihnen gut gehen. Mehr Wasseradern. "Verstanden, Tower eins."
Der Feind nahm nun Aufstellung, bildete eine Feuerlinie im Deckschatten der Landungsschiffe. Es waren zwar nur Union-Lander, aber selbst deren Bewaffnung sollte man nicht unterschätzen. Auch, oder besser gerade nicht, wenn man in einem Mech saß.
Automatisch nahm sie wieder ihren Kanon auf, visierte einen der Büsche an, den sie beinahe schon passiert hatte, und feuerte einen mittelschweren Impulslaser hinein. Ein Schrei, wie sie ihn noch nie zuvor gehört hatte, ließ sie zusammen zucken. Das Blattwerk und das Gehölz brannten lichterloh, als sich eine am ganzen Leib brennende Gestalt aus dem Buschwerk drängte. Sie schrie wie von Sinnen, eingehüllt von den Flammen, als wäre es ihre lebendige Haut, und schreiend ging sie zu Boden. Entsetzen durchfuhr sie! Das war einmal ein Mensch gewesen! Sie führte den Grand Dragon ein paar Schritte vor, und dann trat sie auf die brennende Gestalt, bevor sie sich bewusst machte, was sie überhaupt gerade tat. Eigentlich hatte sie das Feuer löschen wollen, aber nach und nach wurde ihr klar, dass dieser schnelle Tod für den Brennenden, zweifellos ein Infanterist der Piraten, eine Gnade gewesen war. Schaurig, so sterben zu müssen...
Schaurig? Ihr gehetzter Blick ging zum brennenden Gebüsch zurück, ruckte zum Nächsten. Aus dem zog plötzlich der Kondensstreifen einer Kurzstreckenrakete auf sie zu. Dann ein zweiter. Ihre Anzeige war voll mit Raketensymbolen, und viel zu viele waren auf dem Weg zu ihr. Die erste schlug ein, ihr folgte die zweite. Die Distanz war einfach zu gering für sie, um überhaupt reagieren zu können. Eine weitere explodierte auf ihrer Cockpitscheibe, und schüttelte sie gehörig durch. Ohne sich wehren zu können, kämpfte sie verzweifelt um die Kontrolle über ihren Mech.
"Die Büsche!", rief sie gellend. "Sie sitzen in den Büschen!" Weitere Raketen trafen sie, und der Grand Dracon wurde zwei Schritte nach hinten geschleudert. Erneut kämpfte sie mit dem Gleichgewicht. Ihr Schadensbildschirm teilte ihr mit, dass sich treffen lassen bis jetzt eine saudumme Idee gewesen war. Und ihre Fernortung zeigte ihr, dass die gegnerischen Mechs und Panzer nun zum Angriff übergingen. Gleich drei Raketen explodierten auf ihren rechten Oberschenkel, durchschlugen die Panzerung, beschädigten die Myomer. Ein azurblauer PPK-Blitz, dessen Absender sie nicht erkennen konnte, besorgte dann den Rest, um ihr Mechbein sauber zu amputieren. Noch stand sie, noch hielt die Maschine das Gleichgewicht. Wütend löste sie einen Alphaschlag gegen alles aus, was vor ihr lag. Die meisten Waffen gingen ins Leere, pflügten nur den Boden um. Aber die ER-PPK traf zumindest einen der Union-Lander, und riss ihm Panzerung ab.
Eine weitere Rakete traf sie so ungeschickt, dass der Gyrokreisel überfordert wurde. Der Mech neigte sich wie eine gefällte Eiche nach vorne und rauschte in die Tiefe. Und sie wusste: Das würde ein verdammt heftiger Aufprall werden. Für den Bruchteil einer Sekunde spielte sie mit dem Gedanken, den Schleudersitz auszulösen. Aber das hätte sie mitten in die nun heran eilenden Feindmaschinen geschleudert. Der nächste Sekundenbruchteil nahm ihr die Entscheidung ab, und schickte sie in eine äußerst unfaire Ohnmacht.
***
"Gebe Unterstützungsfeuer, Tower eins", sagte DelaRoya ruhig. Die beiden Maschinengewehre seines vonLuckners trieben bereits ihre Bahnen durch die nächststehenden Gebüsche, und zerfetzten, was immer ihnen im Wege war: Erde, Holz, Fleisch, Knochen. Verdammt, wie tief ging die Staffelung der feindlichen Infanterie? Wie viele Infanteristen hatte der Gegner? Die Mechs wurden jedenfalls aus allen vier Himmelsrichtungen beschossen, und die Panzer hatten alle Hände voll zu tun, wenigstens jene Nester auszuschalten, die sie auch treffen konnten. Vor ihnen ging der Grand Dragon zu Boden. Der erste Abschuss. Nicht für ihre Seite. Verdammt.
"Tower eins an alle Einheiten: Vierzehn neue Kontakte, ich wiederhole, vierzehn neue Kontakte! Sie kommen direkt aus dem Wasserloch! Ich wiederhole, sie kommen direkt aus dem Wasserloch! Zurückfallen auf Panzerlinie!"
DelaRoya betrachtete die Schlachtreihe, sah den nächsten Mech wanken und stürzen, den Huron Warrior. Man sollte die Schrecken einer zu allem entschlossenen, eingegrabenen Infanterie nie unterschätzen, ging es ihm durch den Kopf. Außerdem schien es ihm unmöglich, dass so viele Soldaten, Panzer und Mechs in nur zwei Union gepasst haben sollten. Wenn jemand jemals das Recht besessen hatte, die Phrase vom Wespennest und dem hineinstechen zu benutzen, dann war es mit Sicherheit Harrison Klein.
"Panther eins an alle Panther: Bereit machen für die Aufnahme unserer Geschwister", sagte er ruhig. Noch hatten sie ihre volle Feuerkraft gar nicht ausgepackt. Noch hatten die gegnerischen Infanteristen die Locust der Mechkompanie weitestgehends ignoriert. Nette kleine Falle, aber die Eagles waren eine sehr interessante Beute; sie waren selbst Raubtiere.
"Grave, bereit?"
"Es geht wohl los, was? Teufel, in so einen Ameisenhaufen Infanterie bin ich noch nie rein getreten." Irgendwie klang es verständnisvoll. Ein Umstand, der in DelaRoyas eisiger inneren Ruhe beinahe den Reflex ausgelöst hätte, ihn lächeln zu lassen. "Ja, es geht los, Grave. Und ich fürchte, wir kriegen heute viel zu tun."
"Scheiß drauf. Was sollten wir sonst mit dem angebrochenen Nachmittag anfangen?", erwiderte Ryan.
DelaRoya lächelte nun doch knapp. "Wenn ihr mit den Infanterienestern fertig seid, konzentriert euch auf den Marauder", befahl er ernst. Das war das Schöne am Krieg. Wenn man selbst in Waffenreichweite des Feindes war, dann war er selbst auch in Waffenreichweite. Und die Eagles neigten eher selten dazu, daneben zu schießen. Drei Ausfälle. Einer der Locusts ging zu Boden. Sein Lächeln erstarb. Noch nicht einen Abschuss beim Gegner. Sie wurden hier ordentlich über den Kamm barbiert.
***
Imara lächelte nicht, wie es sonst seine Art war. Sein Gesicht blieb vollkommen ausdruckslos, als er die Nachricht vom Beginn der Kämpfe vernahm. "Die Thermoplanen haben ihren Zweck erfüllt", stellte er tonlos fest. Er dachte kurz nach. Die Mechkompanie der Miliz war da draußen. Die Panzerkompanie, die Ace mitgebracht hatte, war da draußen. Die Gelegenheit konnte günstiger nicht sein.
"Wir greifen an", befahl er mit ernster Stimme. Dieser Tag war noch nicht beendet. Und bevor sich die Nacht senkte, würde noch eine Menge Blut und Kühlflüssigkeit den Boden dieser Welt weihen. Wieder einmal.
Imara spürte die leichte Erschütterung, mit der das Landungsschiff abhob, um Kurs auf Parkensen City zu nehmen. Wenn sie Raumhafen, Kaserne und Stadt schnell eroberten und die Eagles vor vollendete Tatsachen stellen konnten, dann hatte das Töten vielleicht ein schnelles Ende. Wenn nicht... Nun, dafür wurden sie schließlich bezahlt.
***

__________________
Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

Ace bloggt!

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25.06.2010 18:47 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
Taras Amaris Taras Amaris ist männlich
Lieutenant


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Beiträge: 523
Herkunft: Hessen

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Ankerpunkt der Schlachtordnung
Kurita-Senke
Wayside V

Dieser heutige Tag bot alle Gegebenheiten, um der absolut schwärzeste in Jack’s Leben zu werden, seit Jessy von den Marodeuren ermordet worden war. Überall um ihn herum schrillten die Sirenen der Bordelektronik hektisch auf und die Stimme seiner toten Verlobten rasselt beständig Meldungen herunter.
„Jack, die erste Welle des Gegners ist auf Kampfreichweite heran und nimmt unsere Truppen unter Beschuss. Mehrere feindliche Feuerstellungen ausgemacht. Zielcomputer nimmt Erfassung auf.“
Auf den Anzeigen um ihn herum kristallisierte sich ein nur allzu deutliches Bild der Situation heraus. Das sah wirklich nicht gut aus. Innerhalb von nur wenigen Sekunden Kampf hatte seine Seite bereits einen schweren sowie einen mittelschweren Battlemech verloren und das Gefecht hatte gerade erst begonnen.
Gar nicht gut.
Direkt vor dem Marodeur fing plötzlich eine Bodenwelle an, sich ruckartig zu bewegen.
Er erhaschte einen kurzen Blick auf eine Feuerstellung des Feindes, welche bis jetzt unter einer erdfarbenen und wahrscheinlich wärmeisolierten Plane verdeckt gewesen war.
Während einer der Infanteristen sich beeilte, den Sichtschutz von ihrem Deckungsloch zu ziehen, richtete der zweite bereits den auf einem Stativ ruhenden halbmobilen Laser auf Jacks Kampfmaschine aus. Die beiden waren definitiv Profis. Soldaten mit jahrelanger Gefechtserfahrung auf ihrem Gebiet und zusätzlich ein eingespieltes Team.
Zu ihrem Pech war auch Jack ein wahrer Virtuose in seiner Branche.
Ein schneller Schritt seines dunklen Engels brachte ihn direkt vor die mit Sandsäcken befestigte Stellung und mit einem grausamen Grinsen auf den Zügen setzte er den zweiten Schritt direkt in das Erdloch hinein. Weder der Stahl der massiven Infanteriewaffe noch die Körper der beiden Gegner oder auch die Sandsäcke konnten der Gewalt seines fünfundsiebzig Tonnen schweren Giganten etwas entgegen setzen und wurden einfach zermalmt.
Jack wollte sich gar nicht vorstellen welche Verwüstungen seine Attacke in der Stellung hinterlassen hatte, weshalb er einfach auf ihr stehen blieb.
"Grave, bereit?"
DelaRoyas Stimme klang professionell aus den Lautsprechern seines Neurohelms was ihm nun doch Respekt vor dem Mann abverlangte. Zwar war die Stimme durch die miserable Funkverbindung verzerrt, aber er bildete sich ein, keinen einzigen Unterton von Panik oder gar Angst aus den Worten heraushören zu können.
"Es geht wohl los, was? Teufel, in so einen Ameisenhaufen Infanterie bin ich noch nie rein getreten."
Jack musste über seine eigenen Worte grinsen.
Im wahrsten Sinne des Wortes.
Er beobachtete den schweren von Luckner Panzer des Captains, wie er an seiner linken Flanke mit Höchstgeschwindigkeit vorbeizog, eine riesige Staubwolke mit seinen Ketten aufwirbelnd. Das Maschinengewehr im Turm des Tanks feuerte lange Garben schwerer Geschosse über das Gefechtsfeld und deckte damit mehrere Stellungen des Gegners ein. Jack konnte mindestens zwei Soldaten sehen die von dem todbringenden Feuersturm erfasst und regelrecht zerfetzt wurden.
"Ja, es geht los, Grave. Und ich fürchte, wir kriegen heute viel zu tun."
Irgendwie beruhigte die Art des Captains auch seine blank liegenden Nerven. Die Ruhe schien doch wirklich ansteckend zu sein. Es war kaum zu glauben.
"Scheiß drauf. Was sollten wir sonst mit dem angebrochenen Nachmittag anfangen?"
Er quetschte die Worte zwischen seinen Zähnen hindurch, während er versuchte ein neues Ziel zu finden.
In diesem Moment raste ein Savannah Master mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Lücke in der Phalanx, die der Ausfall des Großdracons und des Huron Warrior gerissen hatte. Mit über zweihundert Stundenkilometern bretterte der ultraleichte Schweber an den reglosen Wracks der Kampfmaschinen vorbei, direkt hinter die erste Linie der Miliz, wo er in einem Versuch einschwenkte, die dünne Rückenpanzerung des No-Dachi in den Feuerbereich seines einzelnen mittelschweren Lasers zu bekommen.
Zu seinem Pech raste er damit jedoch auch geradewegs in Jacks frontales Schussfeld.
Routiniert bewegte dieser das Zielkreuz in seinem Blickfeld über die flinke Maschine und wartete bis die Zielerfassung des Feuerleitcomputers golden aufleuchtete.
„Das, mein Freund, war eine ganze Spur zu wagemutig!“
Mit einem wahnsinnigen Glitzern in den Augen presste Jack den Auslöser seiner rechten Partikel Projektor Kanone und beobachtete dann den künstlichen Blitz, wie er aus der rechten Armmanschette des Marodeurs schlug.
Das gleißende Licht der Schussbahn wurde automatisch von dem Sichtsystem seiner Instrumente abgedunkelt, aber das Kreischen der Megajoules an plötzlich freiwerdender Energie schallte in seinen Ohren.
Mit einer überwältigenden Befriedigung sah er dabei zu, wie der azurblaue Partikelstoß in die Seitenpanzerung des Savannah Master schlug, diese in Sekundenbruchteilen verdampfte und das Fahrzeug dann von Innen heraus zu verzehren begann.
Führerlos der Bewegungsenergie folgend, schlingerte der Schweber erst, bevor die dünnen Schürzen nachgaben und er sich taumelnd überschlug.
Immer und immer wieder prallte das Wrack, sich dabei ständig überschlagend, von dem harten, steinigen Boden der Kuritasenke ab und kam dabei auch beständig näher auf den Marodeur zu.
„Nein, du beschädigst meinen dunklen Engel nicht. Nicht nachdem du deinen Todeskampf bereits hinter dir hast!“
Während er noch zu sich selbst sprach, zog er das rechte Bein seiner Kampfmaschine nach vorne und begrub dann das fast zum stehen gekommene Schweberwrack unter dem Tonnen schweren Fuß.
Meterlange Flammen brachen kurzzeitig unter der Sohle des Marodeurs hervor und ein berstendes Geräusch übertönte selbst die schrille Sirene der Ortung, als der Fahrzeugrahmen dem Gewicht nachgab und wie in einer Schrottpresse zerquetscht wurde.
„Verdammt, ich stehe einfach auf so was!“
Seine eigenen Worte hallten noch in seinem Gedächtnis nach, als die Lautsprecher in seinem Helm ein weiteres Mal knackend zum Leben erwachten.
"Wenn ihr mit den Infanterienestern fertig seid, konzentriert euch auf den Marodeur."
Captain DelaRoya schien ebenfalls ein Freund der Feuerkonzentration und der überlappenden Schussfelder zu sein. Genau wie Klein. Ganz eindeutig.
Gerade als Jack seine Ortung nach dem gegnerischen Mech absuchte, erbebte der Marodeur unter zwei tosenden Einschlägen, welche ihn schwer in die Gurte warfen und seine schwere Kampfmaschine einen Schritt zurück taumeln ließen.
Benommen blickte er auf die Schadensdiagrammanzeige, aber der Hauptcomputer, der mit Jessy’s Stimme sprach, war schneller.
„Autsch, Jack. Du musst besser Acht geben. Ich habe zwei Treffer an der linken Schulter erhalten. Kurzstreckenraketenbeschuss aus einer Stellung auf zehn Uhr. Treffer haben nur oberflächlichen Panzerungsschaden bewirkt. Keine internen Systeme betroffen.“
Wütend blickte er in die angegebene Richtung und erkannte auch sofort die Stellung, aus der noch die schlohweißen Rauchschwaden des Abschusses der Raketen abzogen.
Die Angreifer waren bereits wieder dabei, hektisch ihre schweren Werfer nach zu laden, jedoch hatte Jack nicht vor, sie noch einmal feuern zu lassen.
Zumal nun auch noch ein mobiles Maschinengewehr aus derselben Stellung auf ihn zu feuern begann.
Funkensprühend prasselten die Geschosse auf die Panzerung der linken Armmanschette, vermochten jedoch nur den mattschwarzen Lack von dem Panzerstahl zu kratzen.
Die wertvollen Waffensysteme im Inneren der dicken Schutzhülle waren absolut sicher vor solch leichten Waffen.
„Es war eine wirklich gute Idee den Panzerschutz aufzustocken, Jack. Ich persönlich hatte ja die Befürchtung das ein solch hohes zusätzliches Gewicht die Knochen der alten Dame überfordern würde, aber in technischen Dingen warst du ja schon immer weit Voraus.“
Peters Stimme klang nachdenklich. Es schien fast so, als hätte sein alter Freund etwas auf dem Gewissen. Wenn Jack nicht absolut klar gewesen wäre, dass Peter weder im Leben noch im Tode überhaupt jemals ein Gewissen besessen hatte.
Reflexartig drehte er den Torso des Marodeurs einige Grad und richtete das Fadenkreuz dann auf die Stellung aus, in der gerade ein weiterer Soldat einen frischen Vorrat an Munition für das Maschinengewehr in einer länglichen Kiste heranschleppte.
„Ja, ich weiß. Aber wenn das hier so weitergeht werden mir auch die zusätzlichen Platten nichts nutzen. Das sind einfach zu viele, Peter. Und wenn Klein sich jetzt zurück zieht…“
Ohne die Hilfe des hochgezüchteten Zielcomputers erfasste Jack die Mündungsflamme des Maschinengewehrs und presste den Auslöser für die Rotationsautokanone. Das Geschütz war auf niedrigste Feuerrate eingestellt, aber trotzdem klingelten seine Ohren als eine Salve von Granaten, mit einem Kern aus abgereichertem Uran, die Waffe donnernd verließ.
Feurig zog sich die Spur der Detonationen erst knapp vor den Sandsäcken der provisorischen Stellung durch den Boden, dann jedoch zielgenau hinein.
Fünfundsiebzig Millimeter Granaten waren zwar eigentlich nicht dazu angedacht Infanterie zu bekämpfen, aber durch die Schrapnellwirkung der explodierenden Geschosse war seine Kanone doch wesentlich wirkungsvoller, als ein Strahl aus einem seiner mittelschweren Lasern es gewesen wäre.
Als das ohrenbetäubende Hämmern der Autokanone verstummte, regte sich in der aufgerissenen Feuerstellung nichts mehr.
„Dann sag ihm das doch einfach mal, Jack. Du bist hier um zu helfen. Dann hilf diesem Klein doch auch endlich mal. Bevor wir alle hier drauf gehen!“
Schnell riss er sich bei Peters Worten von dem Anblick der teilweise noch rauchenden Leichen der Infanteristen los und öffnete dann die Gefechtsleitung der Miliz, bevor er es sich anders überlegte und eine Privatverbindung zu dem Major herstellte.
Er wollte dem Milizoffizier die Chance geben, seinem Ratschlag zu folgen, ohne dass seine Soldaten es hören konnte. Eitelkeit hatte schon so manche Siege in Niederlagen verwandelt.
„Tower Eins von Grave. Hören Sie mir zu. Sie müssen die erste Welle der Angreifer abbremsen bevor Sie den Rückzug antreten. Ich habe genau das schon einmal erlebt. Wenn Sie Ihre Einheiten jetzt zurücknehmen, dann stürmt die erste gegnerische Welle während der Absetzbewegung mitten in Ihre Formation. Die setzen sich fest und verwickeln Ihre Piloten in Nahkämpfe. Die zweite Welle macht dann kurzen Prozess.
Lassen Sie den Gegner abprallen und gehen Sie dann erst geordnet zurück. DelaRoya und ich können Ihnen Deckungsfeuer liefern.“
Die Antwort des Majors wurde von einem statischen Rauschen, gefolgt von einem massiven Einschlag bis zur Unverständlichkeit verstümmelt.
Jack rang angestrengt mit den Kontrollen der Kampfmaschine, hatte es jedoch lediglich seinem ausgeprägten Gleichgewichtssinn zu verdanken, dass er Sie auf den Beinen halten konnte.
Unter einem heftigen Aufheulen des Gyroskops warf er sich nach vorne, der Einschlagenergie entgegen und suchte gleichzeitig in seinem Blickfeld nach dem Gegner.
„Treffer einer Partikelprojektilkanone, Jack. Die Panzerung des rechten Beines ist zu einem Drittel neutralisiert. Keine internen Systeme betroffen. Gegner ist ein Marodeur, Standardmodell MAR-3D auf drei Uhr.“
Tatsächlich hatte er den gegnerischen Marodeur bereits gesehen, konnte jedoch nicht glauben, dass dieser wirklich der Angreifer gewesen war.
„Jessi, wie weit ist der Bastard von uns entfernt?“
Seine Stimme verriet bereits eine gewisse Anspannung.
„Jack, der Gegner hat das Feuer aus einer Entfernung von fünfhundertdreißig Metern eröffnet. Das ist fast maximale Reichweite für die ermittelte Waffe.“
Grimmig nickte er zu ihren Worten. Ja, dies war ein wirklich herausragender Mechkrieger. Er hatte bei voller Laufgeschwindigkeit durch die Phalanx der Miliz hindurchgeschossen und sein ausgewähltes Ziel aus maximaler Kampfentfernung getroffen. Oder er hatte daneben geschossen und einfach nur sehr viel Glück gehabt, Jack zu treffen.
Im Gegensatz zu dem Angreifer verfügte Jacks nachgerüsteter Marodeur über hochmoderne Partikelprojektorkanonen aus dem Clanraum, die wesentlich zielgenauer waren und auch eine höhere Reichweite besaßen. Zusammen mit dem Zielcomputer bildeten sie eine absolut tödliche Kombination.
Kurz blickte er noch einmal auf die Wärmeanzeige des Mechs.
Noch lief sein Prachtstück so kühl wie eine Gefriertruhe. Die doppelten Wärmetauscher waren überaus effektiv darin, die Hitze abzuleiten, welche die Systeme der Kampfmaschine erzeugten.
Konzentriert richtete er das Zielkreuz erneut aus. Als das Visier ein weiteres Mal golden aufleuchtete um die Zielerfassung durch den Computer zu signalisieren, presste er den Feuerleitkreis auf dem beide Partikelkanonen lagen.
Wieder ertönte das Kreischen der ultrahoch erhitzten Luft, die von den beschleunigten Teilchen verdrängt wurde.
Fast zeitgleich mit dem Verlassen der Blitze aus den Läufen der Waffenmanschetten, schoss die Temperatur im Cockpit des Mechs in die Höhe und ließ Jack Schweißperlen auf die Stirn treten.
Ein erneuter Blick auf die nun gelb blinkende Anzeige machte ihm deutlich, dass er solche Aktionen nicht all zu oft durchführen sollte. Es war schon mehr als nur ein Krieger in seinem eigenen Saft gebraten worden, nur weil er die Abwärme seiner Waffen nicht im Auge behalten hatte.
Das Kühlsystem des Battlemechs fuhr summend die Leistung hoch und er fühlte das angenehm kühle, verstärkte Zirkulieren der Kühlflüssigkeit in seiner Weste. Sehr gut. Die Wärmetauscher nahmen nun ihre volle Arbeit auf.

Was Jack nicht ahnte, war die Tatsache, dass die beiden Raketentreffer der Infanteristen nicht ganz so annähernd spurlos an seinem dunklen Engel vorbei gegangen waren, wie Jessi es ihm mitgeteilt hatte. Zwar waren die Explosionen der Gefechtsköpfe nicht in der Lage gewesen, die hochdichte Panzerung zu durchschlagen, aber die Erschütterung brachte nun ein ganz anderes, wesentlich schwerwiegenderes Problem mit sich.
In einer der Kühlflüssigkeitsleitungen, welche von den Techs der Chevaliers auf der Basis durchgespült worden waren, hatte sich während dieser Arbeiten ein zähflüssiger Brocken gebildet. Losgerissen durch die Erschütterung der Detonationen und angetrieben durch die nun immer stärker werdende Strömung des Kreislaufs, setzte sich dieser Brocken nun in Bewegung. Unaufhaltsam und unbemerkt von den Sicherheitssystemen des Marodeurs wanderte der gefährliche Pfropfen durch die Leitung. Immer weiter dem engen Einlass des Wärmetauscher entgegen. Einer möglicherweise fatalen Kettenreaktion entgegen.


Erste Verteidigungslinie der Infanterie
Kurita-Senke
Wayside V

Benommen schüttelte Brian den Kopf. Das Klingeln in seinen Ohren, welches von den Detonationen der einschlagenden Autokanonengrananten herrührte, wollte jedoch auch jetzt nicht aufhören.
Unendlich langsam öffnete er die Augen und blinzelte in die gleißende Helligkeit des Himmels über Wayside V. Er lag auf dem Rücken und irgendetwas drückte ihn auf den Boden der Stellung, die er und sein Trupp in den Stunden vor dem Angriff der Miliz gegraben hatten.
Verwirrt blickte er sich um und erkannte die reglosen Körper des Sarges sowie Björn und Keelien in unnatürlichen Positionen unweit von ihm entfernt liegen.
Das tote Gewicht, welches ihn zu Boden drückte, stammte von Mira. Seine Kameradin lag mit blutüberströmtem Gesicht auf ihm und hatte wahrscheinlich damit sein Leben gerettet. Ihr Uniformhemd war auf der Rückseite völlig zerfetzt und er konnte mehrere großflächige Wunden ausmachen, die eine Untersuchung ihrer Körperfunktionen unnötig werden ließen.
Seine Kameradin war tot. Genau so tot wie der Rest seines Trupps.
Behäbig rang er seine Hände unter Miras Körper hervor und schob sie dann vorsichtig von sich herunter.
Nun wurde offensichtlich, dass er der jungen Frau wirklich sein Leben verdankte. Die Wände der Stellung, die Körper der Toten wie auch der Boden rings herum waren gespickt mit den todbringenden Schrapnellen der Autokanonensalve des gegnerischen Marodeurs. Seine Freunde hatten keine Chance gehabt.
Überall um die verwüstete Stellung herum tobte die Schlacht. Er konnte hören wie duzende Detonationen über die Ebene hallten, er vernahm die kreischenden Entladungen von Partikelprojektorkanonen und das tödlich Zischen von Laserwaffen.
Geduckt erhob er sich und blickte zu den rauchenden Trümmern des Maschinengewehrs hinüber. Die Waffe hatte einen direkten Treffer erhalten, der den Sarge getötet, und sie selbst völlig zerstört hatte.
Nein, damit konnte er nicht weiterkämpfen.
Ein kurzer Blick über den Grabenrand zeigte ihm, dass die Miliz von Wayside V voll in die vorbereitete Falle der Angreifer getappt war.
Ihre vordersten Einheiten befanden sich im Gefecht mit den befestigten Infanteriestellungen der Hauptkampflinie, während die Panzer des mittleren Feldes gerade aufrückten um ihre Kameraden zu unterstützen.
Nur der mattschwarze Marodeur ragte noch immer bewegungslos dreißig Meter von seiner Stellung entfernt in die Höhe.
Eine eiskalte Wut überkam Brian. Dieser gegnerische Mechkrieger hatte seine Freude auf dem Gewissen. Hatte einige seiner Kameraden einfach unter seinem Fuß zerstampft.
Dafür würde er bezahlen.
Kraftlos ließ sich der junge Soldat in den Graben sinken.
Wie nur sollte er das anstellen? Wie sollte er einem fünfundsiebzig Tonnen schweren Kampfkoloss Schaden zufügen können?
Noch während er krampfhaft über seine Möglichkeiten nachdachte, fegten die Geräusche von tosenden Einschlägen über das mit Sandsäcken befestigte Loch hinweg.
Erneut wagte er einen Blick über den Grabenrand und konnte erkennen, wie dampfende Panzerungsbruchstücke rund um das Bein der feindlichen Kampfmaschine nieder gingen. Der Mech taumelte einen Schritt zurück, richtete seinen Torso dann jedoch in Richtung der anstürmenden Battlemechs aus.
Das war seine Chance. Brian vernahm das Knistern von sich aufladenden Kondensatoren der Partikelprojektilkanonen des schweren Mechs.
Der Krieger wollte offensichtlich gegen einen der Angreifenden Mechs zurück schlagen und setzte dabei auf seine primären Waffensysteme. Das Problem bestand nur darin, dass gerade diese Geschütze Unmengen an Wärme frei setzten.
Hektisch sah er sich in der Stellung um, bis sein Blick auf den halb begrabenen Raketenwerfer fiel.
Es war ein Kurzstreckenmodell aus lyranischer Produktion mit einer Kammer und einem primitiven Zielsystem, aber ordentlicher Durchschlagskraft.
Er beeilte sich, zu dem Werfer zu kriechen und ihn aufzuheben. Schnell befreite Brian die Infanteriewaffe grob von Dreck und Blut und warf sich dann wieder an die schräge Wand der Stellung.
Ein kurzer Blick genügte, um ihm die Art der frisch geladenen Rakete zu zeigen.
Ein mit grellen Flammen verzierter Infernosprengkopf zauberte ein Lächeln auf sein junges Gesicht.
Ja, das war genau das, was er im Moment benötigte.
Zwar war Björn der Schütze des Werfers gewesen, aber auch Brian als Munitionsträger besaß eine grundlegende Ausbildung für solche Waffen. Für eine dermaßen geringe Entfernung absolut ausreichend.
Entschlossen legte er das Stahlrohr des Werfers auf seiner Schulter ab und blickte durch das optische Zielvisier.
Das die Gummimanschette, welche sein Auge umschloss, dabei einen blutigen Abdruck auf seinem Gesicht hinterließ, störte in nicht im Geringsten.
Bei der Masse an gegnerischen Kräften in diesem Gebiet, waren seine Chancen, diesen einen Schuss zu überleben, verschwindend gering.
Aber er würde sich den Rest seines erbärmlichen Lebens selbst nicht mehr im Spiegel betrachten können, wenn er es nicht wenigstens versuchte.
Der Marodeur hatte sich mittlerweile der Hauptkampflinie zugewandt und präsentierte Brian damit sein Profil.
Dieser brachte den massigen Torso der Kampfmaschine in das grün leuchtende Fadenkreuz des Visiers und machte den Annäherungszünder der Rakete mit einem kurzen Knopfdruck scharf.
Kleine Blitze züngelten über die massive Panzerung der Armmanschetten, kurz bevor die extrem beschleunigten Teilchen der beiden Feuerstöße die Waffenläufe verließen. Für Brian das Signal aktiv zu werden.
„Hier, du Schwein. Friss das!“
Mit einem tosenden Fauchen erwachte der Raketenmotor des Geschosses zum Leben und stieß eine vier Meter lange Feuerlanze aus dem rückwertigen Teil des Werfers. Kurz darauf verließ die Rakete das Rohr auf einem feurigen Schweif, eine schneeweiße Rauchspur hinter sich herziehend.
Brian ließ den Werfer von seiner Schulter gleiten und beobachtete die perfekte Flugbahn seiner Rakete. Immer weiter reckte er den Kopf aus dem Erdloch um die Explosion und die damit verbundene Wirkung seiner Aktion beobachten zu können.
Die Maschinengewehrsalve erwischte ihn völlig überraschend.
Ein kurzer Schlag auf die Brust und er wurde quer durch die Stellung geschleudert und blieb an der gegenüberliegenden Sandsackwand hängen, an der er langsam herab rutschte.
Er fühlte keine Kälte. Keinen Schmerz. Noch immer beobachtete er die feurige Erscheinung der Rakete wie sie sich höher und höher in den Himmel über Wayside V schraubte. In dem Moment, als der Gefechtskopf explodierte und eine Wolke aus ultraheiß brennenden Chemikalien auf die Kampfmaschine spie, begann sein Blickfeld zu verschwimmen.
Er wollte Jubeln, seinen Triumph hinausbrüllen, aber nur ein klägliches Gurgeln entrang sich seiner Kehle.
Mit letzter Kraft griff der junge Soldat in seine Hemdtasche und brachte ein verblichenes Foto hervor. Seine ebenso junge Frau war darauf zu sehen. Sie hielt seinen einjährigen Sohn im Arm und winkte dem Fotografen zu.
Ihr aufmunterndes Lächeln verzauberte ihn auch in den letzten Sekunden seines Lebens. Wenigstens war den beiden eine großzügige Rente aus dem Fond der Einheit sicher.
Noch einmal riss sich Brian von dem Foto los und blickte zu dem lichterloh brennenden Marodeur hinüber. Sein Versuch zu grinsen wurde von einem Schwall Blut vereitelt, der sich in einem Hustenanfall aus seinem Mund ergoss.
Dann brachen die Augen von Brian Felton für immer, während sein massenhaft ausströmendes Blut den Boden des Stellung tränkte.

__________________
Wahnsinn und Genie liegen oft näher beieinander als man denkt.

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„Tower von Grave. Hören Sie mir zu. Sie müssen die erste Welle der Angreifer abbremsen bevor Sie den Rückzug antreten. Ich habe genau das schon einmal erlebt. Wenn Sie Ihre Einheiten jetzt zurücknehmen, dann stürmt die erste gegnerische Welle während der Absetzbewegung mitten in Ihre Formation. Die setzen sich fest und verwickeln Ihre Piloten in Nahkämpfe. Die zweite Welle macht dann kurzen Prozess. Lassen Sie den Gegner abprallen und gehen Sie dann erst geordnet zurück. DelaRoya und ich können Ihnen Deckungsfeuer liefern.“
"Bullshit, Grave! Die Hälfte der Mechs des Gegners sind nicht einmal ansatzweise auf Kurzdistanz, die anderen bestenfalls auf mittlerer Distanz, und was immer schnell und gelenkig genug ist, um zwischen uns oder an uns vorbei zu kommen, wird von den Panzern durch den Fleischwolf gedreht. Haben Sie schon mal zwei Ontos gesehen, die einen Scoutmech beschossen haben?" Er grinste dünn. Noch immer stiegen KSR auf, noch immer wurden seine Leute getroffen. DelaRoya war ein hervorragender Teamspieler, und teilte sein Feuer einerseits auf den Infanteriehinterhalt, und andererseits auf das auf, was der Gegner gegen sie vorbringen konnte. Sie waren nicht aus dem Schneider, und die Gefahr, dass der Feind zwischen ihre Linien geriet, war hoch. Aber selbst wenn seine restlichen neun Maschinen rückwärts marschierten, hatten sie mehr als genügend Zeit, um zwischen die Panzer zu treten und eine geschlossene Formation zu bilden, deren überlappende Schussfelder zum tödlichen Mahlstrom werden würden.
Immerhin, sie zogen sich zurück, seine Befehlslanze dabei langsamer als die Kampflanze. Aber sie drehten dem Feind nicht den Rücken zu.
Nachdem die Bestätigungen eingetroffen waren, senkte sich bereits seine dritte LSR-Salve auf den Warhammer. Die wendigen kleinen Locusts mit ihren MGs halfen dabei aus, die restlichen MG-Nester auszuradieren - sofern die nicht ohnehin schon die Beine in die Hand genommen hatten und vom Schlachtfeld rannten. Oder weiter auf sie feuerten.
Siebzehn der zwanzig Raketen trafen Torso und rechte Seite, schälten Panzerung davon, vergrößerten die Treffer auf der 6er KSR-Lafette auf der Schulter. Hatte die Raketenabwehr noch den Großteil seiner ersten Salve abgefangen, die zweite war hart und gnadenlos eingeschlagen und hatte das System vernichtet. Die jetzigen Treffer schälten Panzerung von der Mordmaschine. Mit einem unterdrückten Knall, der auf diese Entfernung wie ein Seufzen wirkte, verabschiedete sich die KSR-Lafette auf der Schulter, und blies dabei den Kopf mitsamt Cockpit davon. Die zweite Salve hatte dort bereits schwere Schäden verursacht, und die Sekundärexplosion hatte den Rest erledigt. Oh, er liebte sein Artemis-Feuerleitsystem. Gut, jetzt stand es nur noch drei zu eins für den Gegner. Aber mit zwei stolzen Mechkompanien und eine Panzerkompanie hatte er noch immer das Übergewicht.
Zwei übereifrige Stinger sprangen mit ihren Sprungdüsen näher an ihn heran. Offensichtlich hatten sie ihn als Befehlshaber identifiziert. Ihre Absicht war klar. Sie wollten die Verwirrung nutzen, um entweder einen Todessprung auf seinen Kopf zu versuchen, oder die eher dünne Rückenpanzerung durch zu nagen. Bevor er sich ihnen zuwenden konnte, sprangen sie erneut. Er feuerte eine LSR-Salve ohne Feuerlösung nach dem Burschen, der ihm am nächsten war, und erwischte die Beine mit mindestens acht Raketen; sie explodierten nicht, wirbelten den Zwanzigtonner jedoch durcheinander wie eine Kinderpuppe im Tornado. Sie stürzte knapp hinter ihm zu Boden und blieb vorerst liegen. Die zweite Maschine landete relativ sicher hinter ihm. Sie wurde als 3D-Variante identifiziert. Die mit dem Schweren Laser. Der würde ihm weh tun, in jedem Fall.
Der Gegner fackelte nicht lange, legte an, und verschwand in einem azurblauen Blitz, der ihn nach vorne trieb und Dreck fressen ließ. Einer der Locusts, die er kurz zuvor von der Leine gelassen hatte, huschte am sprungfähigen Scout vorbei, auf der Suche nach einem neuen Ziel für die kleine, feine Snub Nose PPK, die aus dem Scout eine mindestens so fiese Überraschung machte wie ein Schwerer Laser in einem Stinger.
Für den Moment hatte er etwas Druck von sich genommen, während die überlebenden Einheiten seiner Kompanie rückwärts schritten, auf die Linie der Panzer zu. Die Chevaliers und Scoutpanzer an den Flanken wurden im Moment beschossen, aber nicht bedrängt. Noch nicht. Wenn der Feind meinte, ein Umweg über die Flanke würde ihm einen Vorteil bringen, würde er es sicher tun. Für ihn blieb im Augenblick nur eine wichtige taktische Überlegung: Vereinigte sich die Streitmacht seines Gegners zu einer geschlossenen Front, rechnete sich Schuss gegen Schuss, Panzerplatte gegen Panzerplatte hoch. Der Ausgang war verheerend, in jedem Fall verheerend. Im Stillen dankte er der Vorsehung, die sie die mit Thermodecken getarnten Infanteristen hatte entdecken lassen, bevor die volle Einheit in Feuerreichweite der Union-Lander gewesen war. Beschuss von allen Seiten hätte sie alle sehr schnell ausgelöscht. Schon jetzt hatten sie einen teuren Preis bezahlt.
Neben ihm ging der Daikyu nach einem Schlagabtausch mit dem Archer zu Boden, dessen Bekämpfung er sich mit seinem Flügelmann im No-Dachi geteilt hatte. Die andere draconische Maschine erledigte die Arbeit sauber und schickte auch den Archer auf die Knie und dann zu Boden. Gut, ein Gegner mit Artemis-Feuerleitsystem weniger. Zudem ein Gegner, den er von den Gefechts-ROMs von DelaVitos letztem Kampf kennen- und hassengelernt hatte. Der Daikyu erhob sich nicht mehr. Ein Seitenblick verriet den Grund: Ein sauberer Cockpit-Treffer. Auf gegnerischer Seite erwischte es nun kurz hintereinander den Ostsol, einen der beiden Trebuchet, sowie einen Patton-Kampfpanzer, der sich vorwitzig in das Gefecht eingeschaltet hatte. Na bitte, sie begannen auszugleichen. Aber noch waren nicht alle Einheiten des Feindes im Gefecht. Außerdem waren seit dem ersten wirklichen Schusswechsel gerade einmal achtzig Sekunden vergangen, und der feindliche Centurion musste vom Wolverine aus dem Wasser gezogen werden und fiel im Moment für den Kampf aus. Bald würden die dicken Pötte auch in Feuerreichweite kommen. Und wenn dann noch jemand auf die völlig durchgeknallte Idee kam, die Union zu starten und in das Gefecht eingreifen zu lassen, dann hieß es gute Nacht. Doch danach sah es nicht aus; ein Eagle hätte es zumindest versucht.

Zwei Minuten. Er feuerte auf sein neues Ziel, den Marauder, der sich für ein Fernduell ausgerechnet Grave und seine Maschine ausgesucht hatte. Mit den Lasern beharkte er einen vorwitzigen Enfield, der es sich in den Kopf gesetzt zu haben schien, zu schaffen was den Stingern nicht vergönnt gewesen war. Ansonsten konnte sich Klein nicht über übertriebene Aufmerksamkeit beschweren. Ihre Gegner konzentrierten ihr Feuer ebenso wie die Eagles und folgten so dem Grundsatz, dass konzentriertes Feuer zwar weniger Ziele traf, dafür aber schneller aus dem Gefecht nahm. Und ein Mech, der aus dem Gefecht war, bedeutete weniger Waffenfeuer. Schnell die Zahl des Feindes zu reduzieren war eine Maxime der Eagles.
Oder wie der Herzog sagte: Waffen töten Menschen. Aber es sind Menschen, die Menschen mit Waffen töten. Also ist es sinnvoll, die Menschen auszuschalten, bevor sie töten können.
Der Shadow Hawk und der Wolverine des Gegners versuchten tatsächlich zwischen sie zu kommen. Allerdings hatten sie die Rechnung ohne die Panzer gemacht. Die beiden Sturmfeuer, im Gefecht mit der Infanterie eher von geringem Nutzen, nahmen sich der Bedrohung auf der linken Flanke an und feuerten jeder eine Salve 20er LSR auf den Shadow Hawk. Die Wirkung war erstaunlich, und von einer faszinierenden Grausamkeit. Fast dreißig Raketen trafen. Die meisten krachten mittig in den Torso und warfen die Maschine dabei beinahe um. Acht von ihnen schlug in die Ultra-Autokanone ein, rissen sie von der Schulter der Maschine. Der Pilot trat auf die Sprungdüsen und setzte nach hinten, während unter ihm die Autokanone mit der Restmunition explodierte. Es war leider nicht heftig genug, um ihn zu vernichten, aber eine verstolperte Landung warf ihn zu Boden und setzte ihn außer Gefecht, hoffentlich für immer. Der Wolverine wurde von den beiden Ontos in Empfang genommen. Die insgesamt sechs leichten Gauss-Geschütze feuerten, und sandten Tod und Verderben auf den mittelschweren Mech. Er antwortete mit seinen beiden Schweren Lasern; allerdings nicht in Richtung der Tanks, sondern auf den Grashopper seiner Befehlslanze, der durch seinen Schlagabtausch mit dem gegnerischen Archer schon Schäden hatte einstecken müssen. Vier der sechs Gaussgeschosse trafen den Wolverine, schalteten einen Medium-Laser aus und vernichteten die KSR. Es kam leider nicht zu Sekundärexplosionen der Munition, was die Maschine mit Sicherheit zur Hölle geblasen hätte.
Drei Minuten. Die Strategie des Gegners war so offensichtlich, das es beinahe schon weh tat: Sie wollten die Mechs zwischen der Infanterie binden, bis die schweren Brocken heran gekommen waren, um ihnen Saures zu geben. Und das würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
"Weg jetzt!", rief er ins Mikro, und trat seine Sprungdüsen durch. Die anderen Mitglieder seiner Lanze erhoben sich ebenfalls leicht in die Luft, und rasten auf die Panzerlinie zu. Dies ließ den No-Dachi und die Locusts etwas sehr im Fokus des Gegners, aber dank der Deckung durch die Kommandolanze hatte der No-Dachi schon einiges an Strecke gut gemacht, und die flinken Scouts rasten ohnehin vor der Front der Angreifer entlang und setzten ihre PPKs ein, und waren dadurch schwierig zu treffen. Als der No-Dachi aufgeschlossen hatte, bildeten sie eine nicht mehr ganz so flexible, aber dafür geschlossene Front. An den Flanken kamen nun auch die Chevaliers und die Panzerscouts zurück.
Aus den Augenwinkeln registrierte er, dass Graves Marodeur als überhitzt gemeldet wurde.
"Alles in Ordnung, Ryan?"
"Es ist nichts. Nur zu heiß gebadet. Eine gute, alte Inferno-KSR. Geben Sie mir ein paar Minuten, und ich kriege meine Abwärme wieder runter."
Klein biss sich auf die Unterlippe. Er hatte sich einiges von den PPKs und der Autokanone des Marodeurs erhofft. Wären sie in der Nähe des Wasserlochs gewesen, hätte Ryan einfach hinein steigen können. So aber konnte er nur warten, bis das brennende Gel verbraucht war. Und dabei hoffen, dass seine bisherigen Gefechtsschäden keine Breschen hinterlassen hatten, die das Inferno-Gel in seine Interna lassen würde. Was definitiv sein Todesurteil gewesen wäre.
Er feuerte seine LSR auf den zweiten Trebuchet ab. "Sie kriegen Ihre paar Minuten, Grave."
Vier Minuten. Dieses Gefecht verlief nicht sehr erfolgreich. Die Locusts waren eine erschreckende Überraschung für den Feind, aber leider waren es nur Scouts. Der zweite ging zu Boden, von einem Gausstreffer niedergestreckt. Zum Glück war es nicht Amandas Maschine. Dennoch richtete sich das zähe Biest wieder auf und humpelte schwer angeschlagen auf die Linie der Miliz zu. Die Kommandolanze der Miliz deckte den Rückzug des Zwanzigtonners, so gut sie es vermochte. Auf jeden Fall war die Maschine aus dem Gefecht. Wenn sie nicht doch noch zu Kleinholz verarbeitet wurde. Sehr wahrscheinlich, wenn der Locust nicht bald ein paar Tage Wartung sehen würde.

Fünf Minuten.
Die plötzliche Attacke auf der rechten Seite überraschte Klein; die Existenz dieser Bodenwelle war ihm nicht bekannt gewesen. Sie waren plötzlich da, knapp außerhalb jenes Bereichs, den sie im bisherigen Gefecht genutzt hatten, und versuchten sich gegen die Flanke durchzusetzen. Ein Blick auf die Anzeigen offenbarte Klein die Fakten. Dort stand Sergeant Tsuno mit Private Bramert, unterstützt von den beiden Kampfrichter der Erkundungslanze DelaRoyas.
Ein Spector, ein Derwish, flankiert von einem Rommel und einem Behemoth-Panzer. genügend Feuerkraft, um in seinen Rücken zu gelangen, oder die Flanke einzudrücken, schossen auf das normale Bodenniveau hoch und nahmen den Kampf auf.
Die Chevaliers reagierten beinahe automatisch, lösten sich wieder aus der Front und zogen rechts außen am Feind vorbei, um in seinen Rücken zu kommen. Die gegnerischen Mechs reagierten, und der feindliche Spector-Pilot nahm die Herausforderung seines gegnerischen Bruders an. Damit blieb für den Nightsky der annähernd gleich schwere Derwish als Gegner. Blieben noch die beiden fiesen Panzer, die mehr als genug waren, um DelaRoyas Flanke weh zu tun. Die Reaktion hierauf war simpel, er musste Major Stannic bitten, einzugreifen. Das war die einzige Möglichkeit, ohne die gerade erst mühevoll hergestellte Phalanx zu zerstören. Doch bevor er die Anweisung erteilen konnte, war da plötzlich der Marauder von Ryan genau an der richtigen Stelle, beharkte den Behemoth mit der PPK und seiner Rotations-Autokanone. Der Black Watch von Major Stannic trat neben den Marauder, und beschoss seinerseits den Rommel mit MSR und seiner Autokanone. "Ich kümmere mich mit Mr. Ryan um diese Flanke. Sehen Sie zu, uns geordnet raus zu bringen, Major Klein", klang die Stimme des Eagles auf.
"Tower eins an alle: Geordnet in Formation rückwärts zurückziehen!" Mal sehen, wie viel Eier die Piraten hatten, wenn sie sich von ihren gewohnten Stellungen entfernen mussten und er selbst die Feuerreichweite bestimmte.
Sechs Minuten.
Für eine unsagbar lange Zeit, die sein Chronometer mit achtzig Sekunden betitelte, tauschten die Fronten keine Schüsse aus, von der rechten Flanke einmal abgesehen. Die überschweren Einheiten waren nicht oder noch nicht in Reichweite, warteten darauf das die anderen Maschinen nachzogen, um seiner Phalanx eine eigene entgegen stellen zu können, und die leichten und mittelschweren waren entweder vernichtet oder hatten sich beschädigt zurückgezogen.
"Tower eins: Von oben!", gellte eine Stimme auf, die er als jene von Trevor Smith identifizierte, einen der Stingray-Piloten aus dem Gefolge des Herzogs. Er sah auf die Langstreckenortung und erkannte den Stuka, der eigentlich gerade zwanzig Klicks hinter ihm mit den Luft/Raumjägern der Eagles kämpfen sollte. Er näherte sich von schräg rechts hinten, genau auf jene Position zu, an der Tsuno, Bramert, Ryan und Stannic kämpften. "Rechte Flanke, Luftangriff!", brüllte er, drehte halb seine Maschine und vernachlässigte für bange Sekunden seine Aufmerksamkeit für die Front. Das Artemis-Feuerleitsystem schloss auf, und nicht nur von ihm stieg eine volle Salve LSR auf, als der gegnerische Jäger Feuerreichweite erreicht hatte. Zwei Stingrays der Eagles schossen ihm hinterher, weshalb Klein eine zweite Salve verbot. Die gegnerischen Einheiten nutzten diese Chance für einen Angriff. Gestützt von den beiden überschweren Demolisher- und Alacorn-Panzern stieß der Gegner wie ein massiger Keil vor, um seine Einheit aufzuspalten. Gleichzeitig wurde er mehrfach von Laserfeuer getroffen und der Demolisher landete einen Gausstreffer in seinem Torso.
Auf seinem Hilfsbildschirm erkannte Klein, dass Ryans Marodeur plötzlich erstarrte. Eine hastig aufleuchtende Anzeige bedeutete Stillegung durch technischen Fehler, etwas was sie in dieser Situation überhaupt nicht gebrauchen konnte. Vor allem Grave nicht. Verdammte Inferno-Rakete. Sie musste ihm mehr zu schaffen gemacht haben, als er bereit gewesen war zu zu geben. Verdammter Ryan. Er würde jederzeit wieder mit ihm kämpfen.

Der Stuka raste auf die Flanke zu, versenkte auf Maximaldistanz LSR und mittelschwere Laser auf den Black Watch. Er hätte mit seinen KSR auch Ryan getroffen, wenn die Maschine nicht so plötzlich ausgefallen wäre. Dann trafen ihn mindestens dreißig LSR und fetzten die Panzerung von seiner Maschine. Sie explodierte in der Luft, das Heck wurde angehoben und drückte sie direkt in Richtung Erdboden. Das, was von einhundert Tonnen Tod und Vernichtung noch übrig war, nahm diese Aufgabe bis zum bitteren Ende ernst. Die Maschine ging als Schrappnellregen über den leichten und mittelschweren kämpfenden Mechs der Chevaliers und der Piraten nieder.
Klein hätte es nicht beschwören wollen, aber er glaubte zu sehen, wie sich der Spector halb vor den Nightsky schob, bevor der tödliche Schrappnellregen auf sie niederging.
Dann erinnerte ihn ein weiterer Gausstreffer an seine eigenen Probleme. Er hatte keine Zeit, sich um die Chevaliers zu kümmern, sich um Major Stannic zu kümmern, der vom Stuka-Angriff schwer getroffen worden war; er musste dem Gegner klar machen, dass die Idee, sie anzugreifen, eine sehr dumme war, auch wenn er mittlerweile die Hälfte seiner Mechs eingebüßt hatte.
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Rechte Flanke der Schlachtordnung
Kurita-Senke
Wayside V

„Halt endlich die Klappe, Jessi! Ich weiss selbst wie tief ich im Dreck stecke.“
Jack knurrte die Worte, während er mit einer schnellen Bewegung in Richtung der Lautstärkeregelung den Bordcomputer zum Schweigen brachte.
Und wie tief er im Dreck steckte!
Irgendetwas musste seine Kühlmittelleitungen verstopft haben und die Schutzmechanismen des Marodeurs hatten eine Stilllegung eingeleitet als die Wärmeableitung durch den Treffer der Infernorakete und seinen darauf folgenden Waffeneinsatz nicht mehr sichergestellt werden konnte.
Verdammt!
Zwar war es ihm gelungen, die Systeme neu zu starten, aber einige Sekunden würde die Kampfaschine hilflos und wie auf dem Präsentierteller neben dem gestürzten Black Watch von Stannic stehen.
Der Luftangriff des gegnerischen Stuka hatte den Eagel völlig überrascht und aus dem Rennen geworfen. Er hatte mehrere der todbringenden Raketen unter anderem in das Cockpit einschlagen sehen, was in den allermeisten Fällen doch zumindest eine schwere Verwundung des Kriegers zu Folge hatte.
Nicht das er selbst nicht genügend eigene Probleme hatte. Durch die verstopfte Leitung arbeitete sein Kühlsystem nur noch auf halber Leistung und der Tauscher in der linken Schulter hatte den Betrieb vollständig eingestellt. Die Betriebstemperatur seiner Maschine bewegte sich am Rande des gelben Bereiches, mit der eindeutigen Tendenz in den roten und damit wirklich gefährlichen Sektor zu klettern.
Keine wirklich beruhigende Situation. Aber im Vergleich zu den Geschützrohren des überschweren Behemoth-Panzers der Angreifer, welche sich langsam, aber stetig in seine Richtung drehten, absolut erträglich. Genau wie die Innentemperatur des Cockpits, welche mittlerweile die fünfzig Grad Grenze überschritten hatte. Trotz der auf voller Leistung arbeitenden Kühlweste floss der Schweiß ihm in Strömen vom Körper und er musste im Sekundentakt Tropfen der nervigen Flüssigkeit aus seinen Augen blinzeln.
„Nun mach doch, du elende Mistkiste. Ich brauche meine Waffen sonst sind wir beide gleich Geschichte. Bitte, komm schon!“
Er brüllte seinen Frust in die hektische Betriebsamkeit der Steuerzentrale seines Mechs heraus, was den Ladebalken der Starsequenz aber nicht im Geringsten zu beeindrucken schien.
Der feindliche Marodeur, der ihm auf seinem Weg aus dem Zentrum der Milizformation zur rechten Flanke gefolgt war, schloss nun wieder auf und näherte sich mit Höchstgeschwindigkeit der geschwächten Position.
Tsunos Nightsky und Bramerts Specter, waren seit dem Absturz des Stuka Luft-/Raumjägers von seiner Position aus nicht mehr auszumachen. Er hoffte, dass die charismatische Lanzenführerin und der andere Scoutpilot nicht unter den tonnenschweren Trümmern begraben worden waren.
Zumindest konnte er den feindlichen Specter wie auch den Derwisch auf der Ebene liegen sehen. Sie waren zwar nicht zerstört, wohl aber durch den Regen von Trümmerteilen fürs erste aus dem Gefecht genommen.
Aus dieser Richtung waren also weder Angriffe noch Hilfe zu erwarten.
Noch sechs Sekunden bis zur Wiederinbetriebnahme der Systeme. Jack packte die Kontrollen und starrte angsterfüllt auf die Rundumsicht, die ihm seine zurückweichenden Verbündeten wie auch die nachrückenden Gegner zeigte.
Und natürlich die Rohre des Behemoth-Panzers, die mittlerweile genau in seine Richtung zeigten. Offensichtlich hatte der Schütze des Fahrzeugs Probleme ihn zu erfassen, was er auf seine noch immer aktive ECM-Phalanx zurückführte.
Es war aber nur eine Frage von Sekunden bis der Gegner die Zielerfassung deaktivieren würde und ihm auf kurze Entfernung einfach manuell die Lichter ausknipste.
Noch drei Sekunden bis zur Wiederinbetriebnahme der Systeme. Er prüfte seine Möglichkeiten.
Für einen Alphaschlag gegen das gegnerische Gefährt war seine Temperatur noch immer zu hoch. Blieb also nur die todbringende Rotationskanone des Marodeurs.
Ein schneller Blick auf die Zustandsanzeige und er nickte zufrieden. Das Geschütz war vollständig einsatzbereit und ausreichend mit Munition versorgt. Jetzt musste er es nur noch einsetzen können.
Wie in Zeitlupe zogen die nächsten Geschehnisse an Jacks Augen vorbei. Seine Aktionen waren völlig automatisiert.
In dem Moment, als die Anzeigen des Marodeurs auf Funktion wechselten, richtete er blitzschnell das aufleuchtende Fadenkreuz auf die massige Silhouette des Panzers aus und presste den Feuerknopf voll durch.
Auch sein Gegner hatte eine Ziellösung errechnet und setzte seine Hauptwaffen gegen das vermeintlich wehrlose Opfer ein.
Meterlange Flammenzungen leckten aus den Läufen der Autokanonen und feurige Granateneinschläge bedeckten den Battlemech wie auch den Behemoth mit zuckenden Explosionsblitzen.
Auf diese kurze Entfernung war ein Verfehlen so gut wie nicht möglich.
Die schweren Geschosse des Panzers schlugen donnernd in den linken wie auch mittleren Torso des Marodeurs und sprengten in einem Spektakel rotglühender Trümmerteile mehr als eine Tonne besten Panzerstahls von der fünfundsiebzig Tonnen schweren Mordmaschine, die dabei einen wankenden Schritt nach hinten getrieben wurde.
Schuldig blieb der dunkle Engel seinem Peiniger jedoch nichts. Die stakkatoartig verschossenen 75 Millimeter Granaten der Rotationskanone hämmerten in die Panzerung des Geschützturms und hüllten ihn vollständig in einen orangenfarbenen, wabernden Feuerball ein. Die Explosionen einer der sechs Salven, rissen die Nähte zwischen einigen alten Stahlplatten und irgendwann erneuertem Material auf und drangen bis in das Munitionslager der Kurzstreckenlafette vor.
In einer gewaltigen Detonation reagierten die Raketen auf die unsanfte Behandlung und ließen den kompletten Turm wie ein Landungsschiff vom Fahrwerk abheben und erst einige Meter entfernt dröhnend wieder aufkommen.
Gleichzeitig trat Jack, einen freudigen Schrei auf den Lippen, die Pedale der Sprungdüsen durch und erhob den Marodeur damit auf zwei feurigen Plasmasäulen in die Luft. Die Treffer des Panzers hätten ihn beinahe das Gleichgewicht gekostet, aber nun konnte er die Ausrichtung der Maschine im Flug korrigieren.
Nur Sekundenbruchteile später fauchten Partikelprojektilblitze, Laserstrahlen wie auch Granaten und Raketen dort durch die Luft, wo sich der schwere Mech gerade noch befunden hatte. Man hatte sich auf gegnerischer Seite wohl darauf geeinigt, den nervigen Marodeur erstmal mit gemeinsamen Kräften aus dem Spiel zu nehmen.
„Aber ohne mich, ihr Bastarde. Ich bin Jack Ryan!“
Er überbrückte die Entfernung von etwa siebzig Metern bis zu seinem Opfer mit einem flachen Sprung und landete direkt auf dem Rauch und Feuer speienden Loch, auf dem einmal ein gepanzerter Turm gesessen hatte. Mit einem protestierenden Kreischen verzog sich die stählerne Struktur des Panzers und seine Ketten wurden fast einen halben Meter tief in das eigentlich feste Erdreich gerammt.
Wenn man vor der Sprungattacke schon nicht von Kampfunfähigkeit in Bezug auf den Behemoth sprechen wollte, so traf nun die Beschreibung vernichtet definitiv zu.
Jack war wieder im Spiel.
Leider hatte der Einsatz seiner Sprungdüsen eine ganze Menge Abwärme produziert, welche nun seine eigentlich sinkende Innentemperatur wieder auf eine neue Rekordmarke hinauf setzte. Er unterstützte diesen Vorgang sogar noch, indem er seine beiden mittelschweren Extremreichweitenlaser auf den feindlichen Marodeur abfeuerte und dabei langsam rückwärts Richtung seiner eigenen Formation marschierte.
Er war mit dem Angriff viel zu weit nach vorne geprescht.
Mit einer gewissen Befriedigung nahm Jack wahr, dass der feindliche Klon seiner eigenen Maschine in Ihrem Urzustand, die beiden Strahlen mit seinem linken Arm sowie seiner Torsomitte abfing. Die beiden ultraheißen Strahlen kohären Lichts schmolzen gezackte Furchen in genau die Sektionen, welche schon von seinem Partikelkanonenfeuer geschwächt worden waren. Nur noch ein paar Treffer hier, und es würde unerfreulich Auswirkungen auf den Betriebszustand der Maschine haben.
Als Antwort schälte die Autokanone des Gegners einige Panzerung von dem bisher noch unbeschädigten linken Bein des dunklen Engels. Der Partikelkanonenblitz wie auch die Laserbahn verfehlten Ryan um mehrere Meter.
Mit einem Anspannen seiner Kiefer öffnete er einen freien Funkkanal.
„Du blutiger Anfänger. Geh noch mal in die Kadettenschule und lern vernünftig zu zielen.“
Erneut presste er den Auslöser für die Rotationsautokanone und sandte seinem Gegenüber einen Strom aus Urangranaten entgegen.
Die flammenden Blumen der Einschläge zogen sich über das linke Bein des Battlemechs, weiter über den mittleren Torso bis hinauf an die rechte Schulter und ließen den Giganten taumelnd zurückweichen.
Nur wenige der Geschosse verfehlten ihr Ziel und verteilten Staubwolken und Erdbrocken über das Schlachtfeld wo immer sie auftrafen.
Auf eine Antwort wartete Jack vergebens. Wahrscheinlich war der Pilot zu sehr damit beschäftig seine Maschine aufrecht zu halten.
Langsam aber stetig stapfte sein Todesengel rückwärts den eigenen Truppen hinterher, welche sich ebenfalls immer weiter absetzten. Er musste sich beeilen, um nicht von der Gruppe getrennt und eingeschlossen zu werden. In diesem Fall rechnete er sich nicht allzu hohe Überlebenschancen aus.
Die feindliche Einheit rückte nun bedrohlich auf und Jack konnte einen Donnerkeil, einen Kreuzritter sowie eine bereits beschädigte Hornisse auf seine Position einschwenken sehen. In Kombination mit dem weidwunden Marodeur und in Anbetracht des erbärmlichen Wärmehaushalts seines Lieblings eine nicht zu bestehende Aufgabe.
Erneut zündete er die Sprungdüsen und katapultierte sich wieder in die Ausgangsposition neben dem Wrack des Black Watch. Aus den Augewinkeln bemerkte er wie die Cockpitluke des Milizmechs aufgestoßen wurde und eine blutüberströmte Gestalt heraus fiel.
Stannic hatte das Bombardement aus Raketen offensichtlich überlebt, aber der Feind war im Anmarsch und die eigenen Truppen bereits ein ganzes Stück zurück gewichen. Seine Chancen diesen Tag zu überleben tendierten gegen Null.
Ihm war das gleich. Er hatte seine Pflicht erfüllt und war dabei eine der ältesten Taktiken von Piraten anzuwenden. Die Flucht.
Geschickt wich er dem wütenden Feuer des Marodeurs aus und antwortete mit einem Feuerstoß seiner linken Partikelkanone, der jedoch genau wie das Feuer des Gegners, vergeblich nach einem Ziel suchte.
„Jack, du kannst Stannic nicht einfach zurücklassen.“
Es war keine Aufforderung. Nein, es war eine Feststellung. Peters Stimme klang trübe durch sein hitzevernebeltes Gehirn und ließ ihn schmunzeln.
„Ach nein? Und warum nicht, alter Freund. Er gehört nicht zu den Chevaliers und selbst wenn dem nicht so währe, ich habe keinen Kontrakt für Selbstmordaktionen unterschrieben. Da kommt eine komplette Lanze angestürmt. Ich bin doch nicht wahnsinnig!“
Seine Stimme kam brüchig über seine aufgeplatzten Lippen. Er war erstaunt, dass überhaupt ein Ton zu hören war.
„Ich werde dir zeigen warum nicht, Jack.“
Mit einem Mal befand er sich nicht mehr auf Wayside V. Die trostlose Felslandschaft des öden Planeten war einer grünen Hügellandschaft gewichen. Einer ehemals idyllischen Hügellandschaft die zu einem blutigen Schlachtfeld geworden war.
Vor sich registrierten die Sensoren seines dunklen Engels Peters am Boden liegenden Greif. Die Maschine war schrecklich zugerichtet. Der sowieso schon hitzeempfindliche Battlemech war von brennendem Infernogel bedeckt, das sich durch die zahlreichen Krater und Risse in der Panzerung seinen Weg in das Innere des Greif suchte.
„Jack. Bitte! Du musst mir helfen. Jack. Halt sie auf. Du musst sie aufhalten. Bitte. Tu doch irgendetwas.“
Bei den flehenden Worten seines besten und einzigen Freundes zerbrach etwas in ihm.
„Peter, nein!“
Er war wieder auf Greenich. Wieder. Und es war dieselbe Situation wie er sie immer und immer wieder in seinen Alpträumen durchlebte. Das war Peters letztes Gefecht. Sein Freund starb in dem Greif, während die Milizmaschinen ihre Formation stürmten. Gleich würde Jack seinen Maroudeur umdrehen und feige die Flucht ergreifen.
„Nein!“
Seine Stimme klang brüchig aber unheiliger Zorn erfüllte das einzelne Wort.
„Nein, nicht noch einmal, ihr Bastarde. Lasst ihn in Ruhe!“
Unbewusst hatte er die Funkverbindung erneut geöffnet und schrie die Sätze in die offene Verbindung. Tränen rannen sein Gesicht hinab als er die Sprungdüsen erneut auslöste um den Marodeur zwischen den Greif und die Angreifer zu bringen.
„Infanterie, holt ihn da raus verdammt! Holt ihn da endlich raus. Ich halte sie auf.“
Mit einer dröhnenden Erschütterung landete der Battlemech auf der angepeilten Position und Jack begann sein todbringendes Werk. Wie ein Erzengel brach die Feuerkraft des stählernen Monsters über seine Artgenossen herein.

Feldwebel Waylon Yamamoto preschte mit wahnwitziger Geschwindigkeit über das Gefechtsfeld, während die zwei überlebenden Soldaten seines Trupps mit ihren Lasergewehren vom Rücksitz des Jeeps aus auf feindliche Stellungen feuerten. Ein verdammt mieser Tag. Er riss das Lenkrad gerade noch rechtzeitig herum um der Explosion einer verirrten Granate zu entgehen als er die Stimme des neuen Mechkriegers der Chevaliers über einen freien Kanal in seinem Headset hörte.
„Infanterie, holt ihn da raus verdammt! Holt ihn da endlich raus. Ich halte sie auf.“
Durch das Tosen der Sprungdüsen und dem allgemeinen Gefechtslärm war die brüchige Stimme des Mannes kaum zu verstehen, aber Yamamoto war ein Mann mit schneller Auffassungsgabe.
Er sah den gestürzten Black Watch des Majors und davor den gerade gelandeten mattschwarzen Marodeur der damit begann, die anrückenden Feinde mit Waffenfeuer zu überschütten.
„Festhalten Jungs. Wir müssen den Major da rausholen. Das könnte holprig werden.“
Damit drückte er das Gaspedal voll durch und der Jeep machte mit durchdrehenden Reifen einen gewaltigen Satz nach vorne.
Yamamoto schickte ein Stoßgebet an alle Götter die ihm gerade einfielen. Hoffentlich würde der Marodeurpilot lange genug durchhalten. Er hatte eine vierfache Übermacht gegen sich und seine Maschine dampfte schon jetzt. Wenn auch nur einer der Gegner an ihm vorbeikam war es vorbei mit seiner kleinen Aufklärungseinheit. Aber er würde dem Herzog nicht erklären wollen, dass er einen Eagles-Offizier zurück gelassen hatte, obwohl er in der Nähe und in der Lage gewesen war zu helfen.
Nicht nachdem ein anderer Söldner sein Leben dafür einsetzte um ihnen einen Rettungsversuch überhaupt erst zu ermöglichen.
Entschlossen schaltete der Feldwebel einen Gang zurück und sprang mit dem Jeep über eine langgezogene Bodenwelle wobei der Motor protestierend aufbrüllte.

„Hier steht ein Gegner der sich wehrt, ihr Bastarde. Kommt nur her!“
Die azurblauen Partikelblitze seiner Clangeschütze flirrten über das Gefechtsfeld und schlugen in die Brust der Hornisse ein, durchschlugen die papierdünne Panzerung des Scoutmechs und fraßen sich in die interne Struktur.
Die leichte Maschine hatte nicht den Hauch einer Chance. Jedweder Stabilität die eine solche Bezeichnung wert gewesen wäre beraubt, schlug die Hornisse wie ein gefällter Baum vornüber und wirbelte dabei eine massive Staubwolke in den Himmel über Wayside V. Der Pilot war nicht einmal dazu gekommen den Schleudersitz zu betätigen.
Mit einem kurzen Torsoschwenk bracht er den Marodeur in das Schussfeld seiner mittelschweren Extremreichweitenlaser und den schräg versetzt laufenden Donnerkeil visierte er mit der mittelschweren Rotationsautokanone an.
„Nicht noch mal. Nicht noch mal. Nicht noch mal. Nicht noch mal.“
Immer und immer wieder zuckten die Worte durch sein Gehirn als er die Auslöser der Waffensysteme betätigte. Kindheitserinnerungen wühlten ihn auf. Erinnerungen an seinen besten Freund.
Die Laser brannten hässliche Löcher in den rechten Torso des feindlichen Marodeurs und erweiterten die Presche in der Torsomitte. Aus einer der gezackten Einschläge strömte grüne Kühlflüssigkeit wie Blut und bildete sekundenschnell eine große Lache auf dem Boden zu Füßen des Mechs.
Die sechsfache Salve aus Urangranaten ließen den Donnerkeil seine Geschwindigkeit verlangsamen, auch wenn nur eine einzige Kette aus Granaten die Panzerung seines rechten Armes verwüstete.
Jack schüttelte sich Schweiß und Tränen aus den Augen. Er musste sich konzentrieren. Er musste die Angreifer auf Abstand halten, musste der Infanterie Zeit verschaffen, Peter zu bergen.
Bei jedem Atemzug brannten seine Kehle und seine Lungen wie Feuer. Er wollte gar nicht wissen wie heiß es in dem Cockpit war. Erneut schlug er auf den Vetoschalter um eine automatische Stilllegung des Reaktors durch die Sicherungssysteme zu verhindern.
Im Geist bereitete er sich auf den Gegenschlag seiner Feinde vor.
„Kommt doch her ihr Bastarde. Zeigt mir was ihr könnt.“

Schlitternd brachte Feldwebel Yamamoto den Jeep auf Höhe des Battlemechcockpits zum stehen und sprang vom Fahrersitz.
„Los ihr beiden. Kümmert euch um den Major. Aber Beeilung. Nur einladen. Verarzten können wir den Eagle auf dem Landungsschiff.“
Er schrie die Worte im rennen, während er auf die Schulter der gestürzten Maschine zuhielt um sich einen Überblick verschaffen zu können, wie es Stannics Verteidiger erging.
Er steckte den Kopf gerade rechtzeitig aus der Deckung einer verbogenen Panzerplatte als der Marodeur in einer Hölle aus Flammen und Explosionen verschwand.
Langstreckenraketen sowie Laserfeuer und Autokanonensalven aus drei schweren Kampfmaschinen geiselten ihr Ziel in einem grausigen Schauspiel purer Gewalt. Immer wieder wurde die mattschwarze Mordmaschine herumgerissen, während ganze Sektionen an Panzerung in hohem Bogen weggeschleudert oder zu reißenden Metallbächen zerkocht wurden.
Als die letzte, dicht gedrängte Formation Langstreckenraketen des Kreuzritters nieder regneten, war die Umgebung des Chevaliersmechs erfüllt von grauem Rauch und Staub, welche eine dichte Wand bildeten. Yamamoto schluckte hart. Jetzt war es aus. Mit der Exekution des Marodeurs hatte auch ihr letztes Stündlein geschlagen.
Ein leichter Südwind, der nach brennenden Chemikalien und verbranntem Sprengstoff roch, ließ ihn die Augen aufreißen und nach Luft ringen.
Das war einfach nicht möglich.
Aus der sich langsam auflösenden Wolke trat mit donnernden Schritten ein völlig zerschossenes Wrack. Vor Hitze dampfend und aus mehreren Stellen Kühlflüssigkeit blutend, aber dennoch aufrecht gehend.
Er schloss seinen Mund erst, als ein trockenes Knacken in seinen Kopfhörern erklang.
„War das schon alles? Mehr habt ihr nicht auf Lager? Dann habe ich euch nur noch eines zu sagen. Ihr solltet besser nicht mehr hier sein wenn wir zurück kommen!“
Die Stimme des Mechkriegers war kaum zu verstehen. Es war mehr ein leises Flüstern. Aber der Hass, welcher in den Worten mitschwang war selbst über die schlechte Funkverbindung für Jedermann klar und deutlich.
Wie ein Blitz dreht der Feldwebel auf dem Absatz um und stürmte zu dem Jeep zurück, in den seine beiden Soldaten gerade einen böse zugerichteten Major Stannic legten.
„Los, los. Verdammt beeilt euch oder ihr könnt mit den Piraten ausdiskutieren wem dieser Planet gehört. Einsteigen!“
Er brüllte die Worte während er sich auf den Fahrersitz schwang. Dieser Chevalier war entweder ein Held oder einfach nur verrückt und auf die Standfestigkeit weder des einen, noch des anderen wollte Yamamoto sich verlassen.
Dafür hing er zu sehr an seinem Leben.

Jack deaktivierte die Funkverbindung. Irgendwie war er froh, dass es nun vorbei sein würde. Sein dunkler Engel war am Ende, genau wie er selbst. Er hatte es nicht geschafft. Mit der nächsten Salve würden die Gegner ihn aus diesem Universum blasen.
Und dann war Peter dran.
Aber wenigstens hatte er es versucht. Würden sie eben auch den Weg in die Hölle gemeinsam gehen.
Nicht das es der längste gewesen wäre, den sie gemeinsam schon beschritten hatten.
Ein Blick auf die Anzeigen veranschaulichte den katastrophalen Zustand seines Battlemechs. Die Partikelprojektilkanone des rechten Arms war zerstört, genau wie sein Feuerleitcomputer und der mittelschwere Laser in der linken Armmanschette. Sein Reaktor hatte einen Treffer abbekommen, was der Abschirmung und damit dem Wärmehaushalt nicht gerade zuträglich gewesen war.
Und zu allem Überfluss hatte die Autokanonensalve des gegnerischen Marodeurs seine Kopfpanzerung durchschlagen und die Sensorenphalanx in ihre Einzelteile zerlegt.
Hatte er in seiner geistigen Aufzählung schon den zehn Zentimeter langen Splitter erwähnt, der in seiner Schulter steckte und ihm höllische Schmerzen bereitete. Nein. Gut, auch nicht weiter tragisch.
Er spürte, wie das Blut seinen Arm hinab lief, aber er weigerte sich, die Kontrollen los zu lassen. Wenn das hier schon sein letzter Kampf war, dann wollte er mit einem großen Knall unter gehen.
„Grave, verdammt. Absetzen. Absetzen. Ich gebe Ihnen Feuerschutz. Ziehen Sie sich zur Phalanx zurück. Hören Sie mich Grave? Absetzen. Das ist ein Befehl.“
Die weibliche Stimme drang wie durch einen Nebel in seinen Verstand. Er schüttelte kurz den Kopf um sie zu verscheuchen, aber Sie blieb trotzig wo sie war. In den Lautsprechern seines Neurohelms.
„Hier spricht Sakura. Die Miliz hat den Major geborgen. Los Mensch, ziehen Sie sich endlich zurück!“
Ein Nightsky stürmte durch seinen rückwärtigen Sichtbereich und feuerte dabei mit allen ihm zu Verfügung stehenden Waffen auf die anrückenden Feindmechs.
„Du solltest jetzt wirklich einen Rückzieher machen, Jack. Das ist deine letzte Chance.“
Peters Stimme klang freundlich. Der hämische Klang war aus ihr verschwunden. Wer war Major Stannic?
„Peter; du irischer Misthund hast mich reingelegt.“
Mit einem Mal erfasste Jack die Situation. Sein Verstand arbeitete wieder messerscharf. Was zum Teufel tat er hier?
„Sakura von Grave. Verstanden. Verlege Position zu eigenen Truppen. Danke für den Feuerschutz.“
Seine Wut versetzte ihn in die Lage mit abgehackten Worten zu sprechen, während er nach Luft rang.
Dann trat er auf die Pedale der Sprungdüsen und schoss den eigenen Linien 120 Meter entgegen.
Das verhaltene Feuer des Gegners schabte dabei nur etwas Panzerung von dem bisher fast unbehelligten rechten Bein seines gebeutelten Engels. Er konnte erkennen wie Tsuno eine perfekte Kehre lief, die Piraten noch einmal mit ihrem Feuer eindeckte und dann pfeilschnell aus deren Feuerbereich in seine Richtung eilte.
Der gegnerische Specter wie auch der Derwisch zogen sich beschädigt in Richtung der gegnerischen Landungsschiffe zurück.
Dann, mit einem plötzlichen Ruck, setzte der Marodeur schwer auf dem Boden auf und Jack wurde in die Gurte geschleudert. Ein schmerzerfülltes Keuchen entrang sich seiner ausgedörrten Kehle als eine der lebensrettenden Befestigungen das Schrapnell, welches noch immer in seiner Schulter steckte, streifte.
„Ach ja, Jack. Danke.“
Peters Stimme hallte leise durch das Chaos von Warmtönen und das Wummern des beschädigten Reaktors.
„Und bevor du dich aufregst möchte ich dich daran erinnern, was du einmal zu mir gesagt hast. Jeder Mensch verdient eine zweite Chance. Jeder Mensch. Auch du.“
Eine Mischung aus Wut, Trauer, Aggression und Konzentration verzerrten seine Gesichtszüge. Wie er es hasste, verarscht zu werden.
„Tower eins von Grave. Ziehe mich aus dem Gefecht zurück. Maschine hat beträchtliche Schäden und läuft heiß. Pilot ist verwundet. Tut mir leid Major. Hier kann ich nicht mehr helfen. Wir sehen uns an Rückzugspunkt alpha. Grave aus.“
Wieder löste er die Sprungdüsen aus und katapultierte sich damit aus der Schusslinie zweier Salven Langstreckenraketen des Kreuzritters, der die Aussicht auf einen Abschuss offensichtlich noch nicht aufgegeben hatte.
Die Detonationswolke welche die Sprengköpfe der Raketen auslösten, verbargen seinen weiteren Rückzug zumindest für einige Sekundenbruchteile vor den Augen und Sensoren seiner Häscher.
Noch während er die Maschine wendete und sie in einen schwerfälligen Trab verfallen lies, begann er völlig unbewusst ein Lied über seine spröden, aufgeplatzten Lippen zu pfeifen. Peter hatte es ihm in frühster Kindheit beigebracht.
Hätte er Zeit und Muße gehabt, darüber nachzudenken, wäre ihm auch der Titel wieder eingefallen. Es war ein Lied aus dem terranisch-amerikanischen Bürgerkrieg. Es war das Lied der irischen Brigade der konföderierten Staaten von Amerika.

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Wahnsinn und Genie liegen oft näher beieinander als man denkt.

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Es war die Hölle, losgelassen auf die acht Miliz-Mechs, welche den Kern der Formation bildeten. Zwei volle Bataillone, mit Anti-Mech-Ausrüstung ausgestattet, unter Büschen und Isofolie verborgen, eröffneten das Feuer auf die heran marschierenden, Waffenstarrenden Monstren.
Das Versprechen von Major Estelle McAllister wurde mindestens zehn Minuten zu früh eingelöst, dafür aber umso effektiver. Der Plan war es gewesen, die Miliz im besten Fall durch die Techs "beim einräumen" zu einem Sturmlauf zu verlocken, dem auch die restlichen Truppen folgen würden, sodass sie die Mechs in Front und die Infanterie im Rücken hatten. Und wie erwartet hatten die Wayside-Eagles zwar nach Minen gesucht, aber Infanterie-Nester ignoriert. Im Stillen beglückwünschte sich Major Copeland zu seiner Idee, die Hälfte seiner Truppen im Wasserloch zu verstecken, und die Späher der Miliz nahe genug heran kommen zu lassen, um die Einladearbeiten zu sehen.
Es hatte nicht geklappt. Bei den meisten anderen Milizen hätten die Truppen Morgenluft gerochen, wären über den wehrlosen Gegner, der eine ihrer Lanzen ausradiert hatte, hergefallen, nur um ihnen bereitwillig in die Falle zu stolpern. Ungeachtet der Feuerkraft der Union-Landungsschiffe. Nun, Copeland hätte gestürmt, bei gleicher Informationslage. Und hätte dabei seine ganze Einheit riskiert. Sein Gegner, entweder Herzog Mikado persönlich, oder aber Major Klein, ging sehr offensiv, sehr direkt und flink, aber auch angemessen vorsichtig vor. Wie ein Bollwerk rückte er heran, näher und näher. Und dann fiel der unheilvolle Schuss, der eines der Mannlöcher in Brand setzte, die KSR-Munition explodieren ließ, und zwei guten Infanteristen das Leben nahm. Dann gab McAllister Feuerbefehl. Die Kompanie Mechs steckte tief drin, nicht zu tief, aber tief genug. um ihnen weh zu tun.
"Na, dann müssen wir wohl", seufzte Major Copeland, und trat auf die Pedale seines Marodeurs, um die Maschine in Trab zum Gegner zu setzen. "Blanket, Blanket, Blanket!"
Schräg rechts hinter ihm teilte sich das Wasser des kleinen Sees, und entließ die andere Hälfte seiner Truppen, um der Miliz wirklich weh zu tun. Er selbst sah sich nach einem geeigneten Gegner um, während sich eine Wolke aus Feuer und Rauch über die Miliz-Maschinen senkte. Das Witzige bei der Geschichte war, fand Copeland, dass erfahrungsgemäß zwei Drittel ihrer Infanteristen entkommen würden. Nachdem sie den Angreifern furchtbar eingeschenkt hatten.
"Riverdale eins von Tranquil eins-eins, kommen."
"Sprechen Sie, Tranquil."
"Sir, die Panzerkompanie entspricht nicht der Typenbeschreibung der Miliz. Es handelt sich um einen Teil der persönlichen Einheit des Herzogs."
Unwillkürlich nahm er etwas Gas zurück. Er hatte schon einen gesunden Respekt vor den Miliz-Einheiten Wayside V's. Alleine schon wegen der Nebelparder und dem ganzen Mist, der hier passiert war. Aber die Angry Eagles, das war gleich noch mal ein ganz anderes Kaliber. Und dies hier war Panzergelände. Er zögerte für einen Moment, dann feuerte er eine PPK auf den vorderen Grand Dragon. "Informieren Sie Cesar eins darüber, dass wir eine Kompanie Miliz-Mechs, eine Panzerkompanie der Angry Eagles und rudimentäre Einheiten der Chevaliers gebunden haben."
"Verstanden, Sir."
Copeland wechselte den Kanal, als der feindliche Grand Dragon vor ihnen in die Knie sank. "Riverdale eins an alle Einheiten! Panzerkompanie ist nicht Miliz, ich wiederhole, nicht Miliz. Greift den Feind an, versucht ihn zu binden, aber seid vorsichtig."
"Riverdale eins von Riverdale drei-eins. Erbitte Erlaubnis, einzubrechen und die Linie aufzuspalten."
Copeland übersah die Situation, bevor er antwortete. Die Mechs standen mitten im Feuer der Infanterie; ihr erhöhtes Schussfeld, ihre Flexibilität und ihre bessere Waffenkapazitäten waren gebunden. Die Breschen zwischen ihnen wurden von den Panzern gehalten. Copeland wusste, was einem Mech passieren konnte, der auf den Seiten Mechfeuer aushalten und von vorne die Gauss eines Panzers schlucken musste. Aber auch die Panzer waren damit beschäftigt, die vielen Infanterie-Nester auszuradieren. Alleine für sie würde sich der Versuch einer Entlastung lohnen. Vor ihm ging einer der feindlichen Locusts mit rauchendem Cockpit zu Boden. "Ihr habt einen Versuch, Riverdale drei-eins." Vielleicht hatte er seine Scoutlanze gerade zum Tode verurteilt. Vielleicht erreichten sie aber auch viel mehr, als den Gegner zu binden, und er konnte so Kleins Front aufbrechen und zumindest einen Großteil seiner Einheit vernichten. Mehr erhoffte er gar nicht. Bestimmt nicht gegen eine Miliz, die als Veteran eingestuft war. "Arizona eins von Riverdale eins."
"Sprechen Sie, Riverdale eins", meldete sich Captain Chase.
"William, schicken Sie zwei Halblanzen Mechs und schwere Panzer durch das Wadi im Süden und greifen Sie die Südflanke des Feindes an. Dort stehen ein paar Chevaliers, also nicht der Rede wert. Wir versuchen zugleich die Mitte aufzubrechen."
"Habe verstanden, Riverdale eins."
Copeland suchte sich ein neues Ziel, feuerte auf mittlere Distanz auf den nachtschwarzen Marodeur, der bei den Panzern stand. Hinter ihnen bewegte sich eine überschwere Lanze, feuerte mal hier, mal dort auf Maximalreichweite. Ein echter Schmerz in Arsch, und dabei noch unverschämt zielsicher. Himmel.
"Riverdale eins von Myrmidone eins und zwei. Feuer frei?"
"Negativ, Myrmidone eins und zwei. Keine Feuererlaubnis."
"Die Feuerkraft der Lander kann aber zumindest unterstützen."
"Negativ, Myrmidone eins. Das ist auf diese Distanz nur eine marginale Hilfe. Außerdem drohen wir die Lufthoheit zu verlieren. Dann sollten wir die Miliz besser nicht daran erinnern, dass wir hier zwei Riesenziele für sie ausgebreitet haben."
Zögern. "Myrmidone eins und zwei haben verstanden."
Die Antwort des Marodeurs traf ein, ließ seine Maschine erzittern. Rotations-AK. Das Ding war bestimmt nicht mit Werkseinstellungen unterwegs. "Riverdale zwei-eins, bei Ziel, Marodeur, schwarz, Entfernung dreihundertsiebzehn Meter, helfen."
"Roger Riverdale eins." Danielle Vascot, seine Flügelfrau und Pilotin des Battlemaster, schwenkte ein und beteiligte sich am Angriff. Alles in allem glaubte Copeland, das Beste aus der Situation geholt zu haben, nachdem sie nicht optimal gelaufen war. Wirklich nicht optimal gelaufen war. Die Zeit würde zeigen, ob sein Bestes gut genug war.
***
Gianna Lollo hörte das Donnern der Schüsse, das charakteristische Brausen, das entstand, wenn Laserfeuer ein Vakuum in die Luft brannte, und dieses Vakuum sich wieder füllte. Sie hörte das Heulen der PPK-Schüsse. Die multiplen Abschüsse von KSR, LSR und MSR ließen ihre Ohren klingeln. Es ging also los. Es ging also verdammt noch mal los. Sie war keine Idiotin, gewiss nicht. Sie wusste, dass ihre Leute in eine Falle liefen. In einen Hinterhalt. In die Gefahr. Und sie konnte nichts tun. Rein gar nichts. Sie war gefesselt, an diesen Stuhl, in diesem Zelt, wurde von zwei Wächtern beobachtet, die sich vom Gefechtslärm nicht im Mindesten beeindruckt gaben. Warum erschossen sie sie nicht einfach? Das hätte zwei Soldaten für die Front frei gemacht.
Lag darin vielleicht ihr persönlicher Trost? Zwei Gegner davon abzuhalten, sich am Gefecht mit ihren Leuten zu beteiligen? Sie wusste es nicht. Sie wusste gar nichts mehr. Sie ruckelte an ihren Handschellen, riss daran, bis frisches Blut von den eingeschnittenen Handgelenken die Hände hinab rann. Die beiden Wächter zuckten nicht einmal mit den Augenlidern.
Sie ächzte auf, unterdrückte ein Schluchzen. Wenn sie wenigstens misshandelt worden wäre... Gefoltert, vergewaltigt, wenn man sie im Psychoverhör geschliffen hätte. Aber die Piratenbande hatte keinerlei Interesse am Wissen in ihrem Kopf gezeigt, außer der Frage, ob sie den Eagles oder der Miliz zuzurechnen war. Danach hatten sie Lollo nichts mehr gefragt, rein gar nichts. Vielleicht noch: Haben Sie Hunger, Korporal? Oder: Müssen Sie mal, Korporal?
Das bedeutete schlicht und einfach nur eines: Ihr Wissen war für den Gegner obsolet. Und das bedeutet entweder, einen von sich überzeugten Feind zu haben... Oder jemanden, der all die Informationen für diese Gefechte bereits hatte. Verräter? In der Miliz? Saboteure vielleicht? Ja, das erschien ihr ein brauchbarer Ansatz. Eine hohe Wahrscheinlichkeit, die nicht besonders viel Glauben erforderte, genauso wie es Occams Skalpell erforderte. Dabei genügte ein subalterner Rang und Zugang zum internen Computernetz. In dem Punkt war die Miliz verwundbar - Nebelparderkrieger waren keine Hacker, und eine Crackerkaste gab es bei ihnen auch nicht. An Krieg mit der Inneren Sphäre, hier draußen, hatten sie bisher bestenfalls in Planspielen gedacht. Wer hätte auch ein Interesse daran gehabt, eine Welt zu halten, dessen kürzester Nachschubweg ins Draconis-Kombinat führte? Wer hätte ein Interesse daran gehabt, diesen Staubball zu erobern, der sich nur durch den Handel mit den Clans auszeichnete? Nun, irgendjemand entwickelte dieses Interesse, dessen war sich Gianna sicher. Diese Leute waren keine Peripherie-Piraten, aber auch keine Haustruppen. Die Einheitssprache war Deutsch, aber ihr waren viele Dialekte zu Ohren gekommen, einige von ihnen beinahe clannisch. Sie ahnte, wusste beinahe, dass es sich um Innere Sphäre-Einheiten handelte. Söldner. Anhand der Akzente meinte sie drei, vier Hauptdialekte herausgehört zu haben. Das machte Colonel Imara zum großen Gleichmacher, zum Vereiniger dieser Truppen. Unter anderen Umständen hätte so ein Großwerk den Beifall der Eagles und der Miliz gefunden. Kompromisse beim Zusammenleben standen hier an vorderster Stelle. Außer natürlich, dieser Kompromiss griff sie an. Feldwebel Lollo fragte sich, wie stabil die Einheit noch war, wenn Imara tot war. Nicht, dass sie diesbezüglich hätte etwas tun können. Sie schnaubte empört, wütend, verzweifelt. Die Hilflosigkeit machte ihr am Meisten zu schaffen. Beinahe noch mehr als die Höflichkeit und Freundlichkeit, mit der sie behandelt wurde. Beinahe so als... Wäre dies ein Sport, und sie wäre auf die Strafbank geschickt worden, und würde jetzt mit den Ersatzspielern der anderen Truppe über Züge und Angriffe reden, um sie im Nachhinein zu bewerten.
Eine Waffenmündung, die an ihre Schläfe gehalten wurde, ein paar schmerzhafte Stromstöße durch ihre Nippel oder ein sadistischer eierloser, schwitzender Fettsack, der mit seinem Messer Symbole in ihre Haut ritzte wären ihr jetzt viel lieber gewesen als dieses Gefühl, vollkommen wertlos zu sein. Sie konnte nicht einmal sterben im Versuch ihre Einheit zu beschützen, weil sie nichts gefragt wurde. Hätte sie den Mut dazu gehabt, hätte sie sich ihre Zunge abgebissen und verschluckt.
***
Fragend sah Tancrid Vogt den Korporal an. Der nickte nur und grinste breit. Also griff der Leutnant zu, hob den Wasserkanister und goss sich mehrere Liter über den Kopf. Er wurde bis auf die Knochen durchgeweicht. Anschließend hielt er seinen Kopf über den Rand der Heckladeluke hinaus und ließ den Fahrtwind des Anhur hindurch pfeifen. Beinahe hätte er vor Freude gejauchzt.
Seine Gefangene, die mittlerweile richtige Handschellen trug, musterte ihn spöttisch. "Männer."
"Alles zu seiner Zeit am richtigen Ort. Auch ein paar Liter?"
Sie musterte ihn ärgerlich. "Dies hier ist kein Wet T-Shirt-Contest, Pilot."
Vogt runzelte die Stirn. "Du meinst, es wäre wirklich was von dir zu sehen, in einem nassen T-Shirt?"
"Laut Ares-Konvention ist die Folter von Gefangenen verboten, Leutnant Vogt", erwiderte sie frostig. "Das beinhaltet sowohl körperliche als auch geistige Folter."
"Kann ich was dafür, dass du so flach wie ein Brett bist, Trudy?"
Sie stöhnte ärgerlich. "Kann mich bitte jemand erschießen? Dann muss ich mir wenigstens nicht mehr diesen Idioten anhören."
"Tut mir Leid, Ma'am, das können wir leider nicht machen. Sie sind als Informationsquelle für unsere Schlapphüte zu wertvoll", sagte der Korporal grinsend. Er deutete auf Tancrid Vogt. "Aber ich könnte ihn erschießen."
Entsetzt starrte die Piratin ihn an. "Das war ein hoffentlich ein Scherz, Korporal."
"Wieso? Dann hätten Sie wenigstens Ruhe."
Als das Gesicht der Frau von entsetzt zu makaber erschrocken wechselte, lachte die Lademannschaft des Anhur.
"Ihr seid ein sehr merkwürdiger Haufen", murrte Swanson und sah ärgerlich zur Decke.
"Das Leben ist ernst genug. Warum es noch mit Gewalt ernster machen?" Vogt grinste sie an. "Ich mache gerne Fehler in meinem Leben. Oft und häufig. Weil ich festgestellt habe, dass man so mehr Spaß hat, als in einem durch und durch korrekten Leben. Und ich lache, wann immer ich kann. Das solltest du auch mal probieren, Trudy. Es macht Spaß."
"Ist das wieder deine subtile Verhörmethode?", argwöhnte sie ächzend.
"Stell mich nicht auf ein Podest. Du hast dich andauernd verplappert, dich und Imaras Husaren betreffend. Gib mir keine Schuld, Pilotin. Außerdem hätten unsere Spezialisten das problemlos selbst raus gefunden, auch ohne einen Fliegerjockey wie mich. Oh, Fehler. Ich meinte Imaras Ranger."
"Nein, die Ranger unterstehen McAllister, und..." Wütend sah sie Vogt an. "Du hast es schon wieder getan! Du verdammtes Arschloch!"
"Hey, LT, ich glaube, der feindliche Lieutenant mag Sie", scherzte der Korporal.
"Nein, sie ist nur ein verdammtes Plappermaul. Als Pilotin ist sie passabel. Als Kriegsgefangene jedoch... Sagen wir mal, Mittelmaß wäre übertrieben. Als Geheimagentin hätte sie soviel Glück wie ein Hundewelpe in einem Leinensack in der Flussmitte des Mississippi."
"Na, danke", brummte Swanson noch ärgerlicher.
"Beschränke dich da nächste Mal halt aufs Fliegen. Und gerate nicht wieder an mich", meinte Vogt schmunzelnd.

Bevor Swanson etwas erwidern konnte, flammten rote Lichter auf. Automatisch setzten sich die Männer und Frauen der Ladecrew und schnallten sich an. Kurz darauf schwenkte der Anhur die Rotorblätter und setzte sanft wie eine Feder auf.
Tancrid Vogt war der Erste, der sich wieder los geschnallt hatte. Er löste Trudys Anschlüsse und half ihr beim Hochkommen. "Hm, du hast da ja tatsächlich was. Ich bin angenehm überrascht."
"Und ich bin überrascht, weil der Herr Leutnant anscheinend tief drinnen doch ein kleines Schweinchen ist. Was machst du wenn ich das deinen Vorgesetzten sage?"
"Oh, bitte nicht. Das wäre dann mein vierter Verweis."
"Dein vierter?"
"Diese Woche."
Sie blinzelte. "Und alle wegen..."
"Wie ich schon da draußen gesagt habe, ich bin im Dienst und zeige dir meine beste Seite."
"Hey, hey, ich hoffe doch, man lässt uns zwei nicht nach deinem Dienstschluss alleine", erwiderte sie trocken.
"Tut mir Leid, aber für das Erfüllen von Wünschen sind Feen zuständig, nicht Leutnant Vogt."
Sie verließen den Anhur über die Rampe. Hauptmann Bruning, stellvertretender Stabschef der Miliz, erwartete sie bereits. "Das ist die Sperber-Pilotin, Tancrid?"
"Ja, Sir. Lieutenant Trudy Swanson, Imaras Rangers." "Gleich zum Verhör mit ihr. Wir können ein paar mehr Fakten dringend gebrauchen."
"Er hat mir an die Titten gepackt!", platzte es aus Trudy hervor.
Der Hauptmann runzelte die Stirn. "Er hat WAS?"
"Nun, Sir, das ist so... Ich..."
"Ich habe Sie nicht gefragt, Tancrid. Also, Lieutenant Swanson, würden Sie diese Anschuldigung bitte wiederholen?"
Im Gesicht der Pilotin schien es zu rumoren. Schließlich gab sie sich einen Ruck. "Eben gerade. Er half mir beim Aufstehen, weil ich mit Handschellen an den Sitz gefesselt war. Dabei hat er mir an die... Auf meinen Busen gefasst."
"Tancrid?", fragte der Hauptmann in strengem Tonfall. "Normalerweise würde ich das als Versehen abtun, aber in Ihrem speziellen Fall wird der Herzog davon erfahren."
"Aber Sir, ich..." "Kein Aber." Hauptmann Bruning winkte zwei wartende Posten heran. "Bringen Sie Lieutenant Swanson in den Kommunikationsraum zur Interrogation. Sie bleiben hier, Oberleutnant Vogt!"
Die beiden Soldaten nahmen Trudy wortlos in die Mitte und setzten sich mit ihr in Bewegung in Richtung KOBE. Sie sah kurz zurück zu Vogt. Vielleicht war es doch nur ein Zufall gewesen, aber... Nein, so durfte sie nicht denken. Imara hatte es immer wieder gesagt: Hat der Feind Schwächen, verwende sie gegen ihn. Und eine überhöhte Moral konnte so eine Truppe von innen aushöhlen. Sie tat das Richtige. Vogt war ihr Gegner. Auch wenn er letztendlich doch zugegeben hatte, dass sie einen Busen hatte. Verdammt, was dachte sie da nur? Irgendwie war dieser Tag nicht nur Mist, sondern hatte auch noch verdammt schlecht mit Aufstehen begonnen.

"Tancrid, ich kann dich da nicht vor bewahren", sagte Bruning streng.
"Mein Gott, es war ein Versehen. Ich habe auf dem Weg hierher Witze über ihre mangelnde Oberweite gerissen, um sie zum Reden zu bringen. Sonst wäre das ein sehr langweiliger Marsch geworden. Und eben habe ich sie rein zufällig berührt. Seitlich, unter der Achsel. Ich hatte es nicht vor!"
"Aber du Vollidiot hast sie prompt drauf angesprochen. Verdammt noch mal, Tancrid, was ist los mit dir? Willst du degradiert werden? Willst du deinen Job verlieren? Willst du, dass der Herzog dich von dieser Welt kickt? Er hat dich aus dem Staub aufgelesen! Und was tust du nun für ihn?"
Betreten sah der Leutnant zu Boden. "Ich..."
"Was hast du denn über den Feind heraus gefunden? Vielleicht wird Mikado nicht ganz so sauer auf dich, wenn ich ihm vorher was zu beißen gebe."
"Charles?" "Es war ein langer Marsch, und sie war stinksauer auf dich. Also, was hast du für mich?"
"Es sind mindestens zwei Einheiten. Imaras Husaren und eine Truppe, die sich Ranger nennt."
"Ranger? Zwei Drittel aller Innere Sphären-Einheiten heißen Ranger."
"Das habe ich auch gedacht. Deshalb habe ich sie etwas provoziert. Erfolgreich."
"Was weißt du über Ausrüstung? Truppenstärke? Gefechtsziele?"
"Ich fürchte, es sind genügend, um sich häuslich einzurichten. Genaue Zahlen habe ich da nicht, aber..."
"Das sagt dir dein Magen?" "Nein, der ist mir schon zu den Knien gerutscht, neben mein Herz. Das sagt mir mein Verstand. Unser Gegner stammt aus der Inneren Sphäre, zumindest wenn ich Swansons Dialekt richtig eingeordnet habe. Es sind mehrere Einheiten, mindestens zwei. Ihr Anführer heißt Imara. Ich tippe hier auf Söldner. Hauseinheiten wären mit einer RKG aufgeschlagen, vor allem so weit hier draußen."
"Haben wir es vielleicht mit einer Hauseinheit zu tun, die sich als Söldner tarnt?"
Vogt lachte leise. "Dann hätte dieses Plappermaul mir das schon längst verraten."
"Hm", machte der Stabsoffizier, halb überzeugt. "Geh duschen und was essen. Du wirst ebenfalls noch verhört werden."
"Geht in Ordnung. Wie steht die Schlacht? Wie geht es meiner Flügelfrau?"
"Wir ziehen uns gerade zurück. Hatten einige empfindliche Verluste. Scheint als würde deine Theorie mit Söldnern, die länger bleiben wollen, gerade etwas Futter bekommen. Was Riordan betrifft, ihr Korsar musste ganz schön einstecken und ist in der Notreparatur. Ihr geht es gut genug, um aus dem Hangar rausgeworfen zu werden, damit sie die Techs nicht stört. Der Herzog hat sie, wie ich höre, ins Gebet genommen."
Erleichterung machte sich auf Vogts Zügen breit, bis er die vollkommen unpassende Gefühlsregung bemerkte und wieder verbannte. "Gut. Gibt es hier draußen eine Ersatzmaschine für mich?"
"Wir sind hier nicht auf Solaris VII, du Träumer, und du bist nicht der Kai Allard-Liao der Lüfte."
"Ich kriege eine in der Kaserne?", fragte Vogt hoffnungsvoll.
"Geh duschen", sagte Bruning mit Nachdruck. Mit viel Nachdruck.
***
Tod. Verwüstung. Feuer. Sie stand noch. Aber die Beschädigungsanzeige ihres Mechs blinkte gelb und rot. Über dem rechten Torso wurde überhaupt keine Panzerung mehr angezeigt, und der Arm fehlte ganz. Von ihren Gegnern war nicht viel übrig, außerdem sah sie das Wrack von Major Stannics Black Watch am Boden liegen. Wenigstens hatte die Infanterie den Elite-Piloten mit Graves Hilfe bergen können. Sie war noch am Leben. Das Inferno der Rettungaktion von Major Stannic war vorbei, die Infanterie und Grave hatten sich wieder zurückgezogen. Aber sie konnte nicht gehen. Noch nicht. Sie hatte noch eine Aufgabe zu erfüllen, egal wie angeschlagen ihre Maschine war.
Weiter vorne rauchte auch das Wrack des Behemoth, vom Rommel war gar nichts mehr zu sehen. Überall lagen die Trümmer der abgestürzten Stuka herum. Ein schauriges Bild. Sie sah sich nach ihrem Flügelmann um. "Sky?" Keine Antwort. "Sykscraper, kommen!"
Sie entdeckte den Spector. Am Boden liegend, halb verbrannt, halb zerstört. Sie setzte ihre Maschine in Richtung des Mechs in Bewegung, geriet aber sofort, beim ersten Lebenszeichen, unter das Feuer eines vorwitzigen Savannah Master, den sie mindestens so sehr überrascht hatte wie er sie. Sie flankierte und zog zur Einheit zurück. Dabei gelang ihr eine kurze Aufnahme des Cockpits ihres Flügelmanns. Anscheinend war der Schleudersitz ausgelöst worden. Eventuell hatten die Bikes der Infanterie ihn aufgesammelt. Hoffentlich. Sie zog sich weiter zurück, um sich wieder der Frontlinie anzuschließen, die mittig durchbohrt zu werden drohte.
"Sakura von Tower eins: Sergeant, kommen Sie verdammt noch mal auf unsere Linie zurück! Ich finde es schon schwer genug, Ihrem Chef erklären zu müssen, warum ich einen Chevalier nicht mit zurückbringe! Machen Sie nicht zwei draus!"
"Sakura hat verstanden. Komme zurück", erwiderte sie tonlos, und löste die Sprungdüsen aus.
Sie konnte nichts für Bramert tun. Sie war hilflos. Was für ein Scheiß Gefühl.
***
"Nicht mehr bedrängen", klang die ruhige Stimme von Major Copeland auf. Nachdem seine Einheit ein Drittel Verluste hatte, und der Rest mehr oder weniger Schäden hatte einstecken müssen, scheute er sich davor, den sicheren Feuerschutz der Landungsschiffe allzuweit zu verlassen. Die Miliz hatte nun Luftüberlegenheit, und nur die Lander bläuten ihnen Respekt genug ein. Sie konnten nicht beides, die Miliz bedrängen und auf die Luft/Raumjäger achten.
"Arizona eins, halten Sie Kontakt zum Feind, aber halten Sie sich Kapazitäten für Luftabwehr frei."
Chase' Stimme klang ruhig und routiniert, obwohl ihm die halbe Kompanie zusammen geschossen worden war. "Habe verstanden, Tower eins. Schätze, den Tag hier haben wir gewonnen, was?"
"Ja, aber er ist noch nicht zu Ende, und die Verlängerung wird woanders gespielt werden", erinnerte Copeland. "Myrmidone eins und zwei von Riverdale eins: Sobald wir die Kämpfe beendet haben, verladen wir alle einsatzbereiten und reparierbaren Mechs, unsere wie Feindmaschinen, und fliegen unser neues Einsatzgebiet an."
"Myrmidone eins und zwei: Verstanden."
Copeland lächelte dünn. Die Verlustliste war auf seiner Seite. Hauptsächlich Panzer und leichte Mechs hatten sie bisher verloren. Der Warhammer war natürlich ein empfindlicher Schlag gewesen, aber sie waren ja auch nicht zum Topfschlagen hier. Und Colonel Imara würde für die anderen einsatzbereiten Assault-Mechs mehr als dankbar sein. Hier gab es ohnehin nichts mehr zu gewinnen. Sie hatten... "Riverdale eins-zwei, das ist tektonisch instabiles Gebiet! Danielle, das ist der schwarze Marodeur nicht wert!"
"Ich kann es schaffen! Ich kann ihn kriegen! Er besteht nur noch aus Staub und Stahlresten! Einmal gegen gehustet, und er ist weg! Außerdem trägt mich der Boden!"
"Negativ, Danielle! Der Boden trägt dich nicht mehr, wenn der schwarze Marodeur..."
Oh, Copeland hasste sich selbst erfüllende Prophezeiungen. Genau in diesem Moment setzte der Marodeur-Pilot natürlich eine PPK ein, um den Boden unter Vascots Battlemaster zu beschießen, und dem instabilen Boden einen mitzugeben. Sie schrie auf, und die Maschine fiel haltlos in die unterirdische Kaverne. "Riverdale eins-zwei! Riverdale eins-zwei!" Er checkte die Positionen seiner Truppen. "Verdammt, das Ganze stopp! Dieser Arsch von feindlichem Kommandeur zieht uns über die Kavernen! Stellung halten und Feind abziehen lassen!"
Bestätigungen trafen ein, wenngleich Copeland wusste, dass viele der Mechkrieger und Panzer-Kommandeure garantiert glaubten, dass sie den Feind hätten vernichten können, wenn sie nachgesetzt hätten. Aber nach dem Ende ihrer Stuka hatte die Miliz die Lufthoheit, je weiter sie von den Landungsschiffen entfernt kämpften. Ein schwerer Luftangriff, danach die Gegenoffensive... Das war nicht seine Vorstellung von Sieg. Im Moment hieß es, Einheiten retten, eigene und feindliche abgeschossene Mechs bergen und für den weiteren Kampf bereit machen. Und natürlich die Überlebenden einsammeln.
Was ihn betraf, war die Schlacht am Wasserloch vorbei, und er hatte die viel gerühmte Wayside-Miliz mit blutiger Nase nach Hause geschickt.
***
"Ich übernehme selbstverständlich die volle Verantwortung für diese Niederlage, Mylord, Colonel", sagte Major Klein ernst.
Der Koshaku hob eine Augenbraue. "Sind das Verbrennungen, Harry?"
Verdutzt starrte der Major seinen Lehnsherrn an. "Ich hatte einen Kabelbrand im Cockpit. Habe wohl etwas abgekriegt. Nur ein paar Haare weniger, und etwas Haut. Aber das ist doch jetzt nicht wichtig!"
"Nicht wichtig? Harry, Sie sehen aus, als hätte Sie jemand mit einem Flammenwerfer gefönt! Lassen Sie sich behandeln! Sofort!"
"Ich biete Ihnen hiermit meinen Rücktritt an!", rief der Miliz-Chef beinahe verzweifelt.
"Abgelehnt! Das weitere Briefing übernimmt DelaRoya. Michael, sorgen Sie dafür, dass Harry behandelt wird."
Der Panzeroffizier nickte knapp. Er winkte zwei wartende MedTechs heran, die bisher von der Autorität des Majors gestoppt worden waren. Diesmal verweigerte er die medizinische Hilfe nicht. Gegen die Autorität seines Herrn gab es kein Wiederwort. Jedenfalls kein Zusätzliches. Allerdings weigerte er sich, den Besprechungsraum zu verlassen, auch nachdem ihm eine wirklich große Spritze gegen die Schmerzen verabreicht worden war.
"Um es kurz zu machen, wir wurden an den Eiern gegriffen und herum geschleudert. Wir hatten eine recht gute, wenn auch vage Aufklärung. Alles schien plausibel zu sein. Die Wasserpumpenanlagen, die gerade abgebaut wurden, vereinzelte Kämpfe gegen Infanterienester, die Anzahl der Feindeinheiten in Relation mit den beiden Landungsschiffen. Es hat gepasst, und der Feind schien auf der Flucht. Aber er hatte eine gute gemischte Kompanie aus Mechs und Panzern im Wasserloch verborgen. Als wir über die Infanterie gestolpert sind, hat sie uns mit KSR und Inferno eingedeckt. Wir haben in der Miliz-Kompanie fünf Maschinen verloren, drei brauchen lebensnotwendige Reparaturen. Wir vermissen vier Mechkrieger."
"Details, bitte." "In der Kommandolanze muss Major Kleins Imp dringend repariert werden. Seine Elektrik hat ihn beinahe gebraten, und die Panzerung muss komplett wiederhergestellt werden. Der Grasshopper ist nur noch springend nach Hause gekommen. Schwerer Knieschaden rechts, diverse Waffenschäden. Die Erkundungslanze hat zwei Locust verloren. Higgins' Maschine hat mehrere interne Treffer und gehört in die Wartung. Die Kampflanze hatte drei Verluste. Der No-Dachi, die einzige Maschine, die es zurück geschafft hat, braucht eine Generalüberholung. Die Lanze von Major Stannic kam relativ glimpflich davon, aber wir mussten seinen abgeschossenen Black Watch zurücklassen. Ihm selbst geht es besser als erwartet." DelaRoyas Blick ging zu Danton. "Colonel, am Schlimmsten hat es Grave erwischt. Wirklich schwere Schäden an seinem Mech, und er selbst hatte einen fiesen großen Panzerungssplitter in der Schulter. Hoher Blutverlust, aber die MedTechs arbeiten dran. Er genießt hier gerade ein besonderes Ansehen dafür, dass er ausgehalten hat, bis die Miliz Major Stannic retten konnte.
Sakura hat schwere Gefechtsschäden einstecken müssen, aber nichts was ein paar Tage Tech-Arbeit nicht richten würden. Leider muss ich Ihnen den Verlust ihres Flügelmanns Anton Bramert melden, und seines Mechs, des Spectors. Der Schleudersitz wurde ausgelöst. Wir haben keine Ahnung, ob er überlebt hat. Sein Peilsender ist nicht angesprungen. Aber die Richtung, in die sein Mech zeigt, deutet auf das Wasserloch hin. Bei meinen Panzern hatten wir mehr Glück. Ich habe einen J.Edgar verloren, dazu einen Manticore. Ein Ontos musste mit gerissener Kette vom anderen Ontos abgeschleppt werden, um in Sicherheit gebracht werden zu können. Ich hätte gerne für den zweiten Ontos unter Feldwebel Schüring eine Tapferkeitsauszeichnung, Mylord."
"Ich werde die GefechtsVids studieren", versprach der Herzog. "Wie sieht es mit gegnerischen Verlusten aus?"
"Wir zählen noch. Aber mit einiger Sicherheit verifizieren konnten wir sieben Abschüsse, beziehungsweise Ausfälle bei Mechs und Panzern. Hauptsächlich Scouts und Panzer." DelaRoya räusperte sich. "Nach Punkten liegen unsere piratischen Freunde vorne."
"Wenn ich an dieser Stelle etwas einwerfen darf, Mylord", sagte Hauptmann Bruning. "Die Truppen, welche uns präsentiert wurden, hätten es nur sehr unvorteilhaft in die beiden Lander geschafft. Es ist praktisch unmöglich, ohne die Infanterie zu stapeln und mindestens drei bis vier Mechs komplett zu zerlegen. Und selbst dann würden die Union noch aus allen Nähten quellen. Will sagen, irgendwo auf dieser Welt muss mindestens noch ein Landungsschiff sein, das die Kapazität eines Unions hat."
"Registriert. Wir sind auf der Hut und erwarten jederzeit einen Angriff", erwiderte der Herzog ernst. Was er nicht sagte war die Tatsache, dass da draußen mehr als ein Union ankommen würde, wenn er den Angriff auf die Hauptstadt wagte.
"Gibt es noch etwas?" "Ja, Mylord. Oberleutnant Vogt hat in der Ebene einen gegnerischen Piloten gefangen genommen. Eine Frau, Sir. Sie hat ihm einiges verraten, wenngleich nur Einzeldetails." Er räusperte sich. "Demnach besteht der Gegner aus mindestens zwei unterschiedlichen Einheiten, einmal Imaras Husaren und dann einer Truppe, die sich mit dem Namen Ranger schmückt. Vogt äußert die Vermutung, und ich schließe mich dem an, dass es durchaus drei oder sogar mehr Einheiten sein können, die uns hier auf den Hals gehetzt wurden. Es wäre vielleicht eine Möglichkeit, der einen oder anderen Einheit mehr zu bezahlen, als es ihre Auftraggeber tun."
"Registriert", erwidert Ace mit steinerner Miene. Er mochte keine Söldner, die für ein paar C-Noten mehr ihre Verträge brachen. Aber wenn er diese Taktik benutzen musste, würde er es tun. "Noch etwas?"
"Nichts über Truppen und dergleichen. Wir haben die gefangene Pilotin, Lieutenant Swanson, noch nicht zu Ende verhört. Aber wir wissen jetzt, dass die Jäger über dem Wasserloch voraussichtlich die gesamte Kapazität unserer Angreifer waren. Wir ermitteln da weiter."
"Gut. Ich nehme an, Sie funken von der KOBE aus und bereiten den Rückflug vor."
"Jawohl, Mylord", sagte DelaRoya. "Alles was wir nicht zurück lassen mussten ist jetzt hier unter dem Tafelberg Kaname, und bereitet sich auf Notfallreparaturen und das Ausrücken vor."
"Sobald Sie dazu bereit sind, kehren Sie entweder nach Parkensen City zurück, oder wenn dies nicht möglich ist, nach Sterling."
"Verstanden, Mylord."
"Eines wäre da noch", meldete sich Bruning noch mal. "Lieutenant Swanson hat sich darüber beschwert, dass Oberleutnant Vogt ihr an die Brust gefasst hat."
"Er hat was?" Die Augenbrauen des Herzogs stießen aneinander. Kein gutes Zeichen.
"Beide berichteten übereinstimmend, dass es beim Aufstehen passiert ist, als er der mit Handschellen gefesselten Pilotin hoch geholfen hat. Dennoch ist das sicher keine Entschuldigung. Und ihre Beschwerde bleibt bestehen. Wenn es auch kein Gericht der Inneren Sphäre gibt, das Lieutenant Swanson im Moment anders behandeln würde als einen Piraten, ändert das nichts daran, dass Vogt ein Eagle ist, Mylord."
Major Benton fluchte lauthals. Es klang irgendwie nach verdammter Hitzkopf.
Die Kiefer des Herzogs mahlten. "Ich möchte, dass Tancrid empfindlich bestraft wird. Er ist mir diese Woche schon mal sehr unangenehm aufgefallen."
"Mylord, ich möchte noch mal betonen, dass es ein Zufall war."
Davon ließ sich Mikado nicht berühren. "Oberleutnant Vogt ist ab sofort Lieutenant Swanson unterstellt. Er wird ihr im Rahmen der Sicherheitsbestimmungen dienlich sein, sie persönlich betreuen und ihre Mahlzeiten überwachen. Am besten bereitet er sie auch noch selbst zu. Sein Geflügelcurry ist scharf, aber sehr lecker. Dies gilt, bis ich etwas anderes sage. Aber erklären Sie diesem Dummkopf vorher in langsamen Worten mit wenigen Silben, dass dieses "dienen" nicht umfasst, Swanson bei der Flucht zu helfen."
Erleichtert sah Bruning den Herzog an. "Ich habe verstanden, Mylord. In langsamen Worten mit wenigen Silben."
"Ich erwarte so schnell wie möglich die Gefechtsaufzeichnungen sowie einen unbeschönigten Bericht darüber, ob Major Klein Einsatzbereit ist. Ab sofort gehen die Milizbasen auf Alarmstufe Rot. Ich hoffe, ich irre mich, aber im Moment sieht alles nach einer Invasion aus." Seine Hände ballten sich zu Fäusten. "Ich werde sie nicht in die Stadt lassen."
"Wir sind so gut wie auf dem Weg, Mylord. Und einige von uns, wie Korporal Mamoru Fujita, brennen auf ihre Revanche."
"Lassen Sie ein paar Infanterieteams da, die versuchen, das Wasserloch zu beobachten und die Schlachtfelder abzusuchen. Ich hätte gerne bessere Ergebnisse gehabt, aber niemand gewinnt immer. Letztendlich ist es auch nur wichtig, als Letzter zu gewinnen."
Kurz flüsterte ihm Danton etwas ins Ohr. Der Herzog hakte nach, tuschelte zurück, und nickte schließlich. "Die Chevaliers stellen für die Infanterie-Operation weiterhin ihren Helikopter zur Verfügung. Unterrichten Sie die Crew entsprechend."
"Jawohl, Mylord."
Die Verbindung erlosch.

"Ja, jetzt haben wir die Lufthoheit. Die Frage ist nur, wird sie uns was nützen?", klang Germaines Stimme laut auf.
"Ich für meinen Teil werfe mich in meine Rüstung und beginne mit dem Perimeter-Aufbau. Es ist bald dunkel, und nachts sind alle Katzen grau", sagte Benton. Er nickte in Richtung der Offiziere und verließ den Besprechungsraum.
"Wir alle sollten uns auf eine lange Nacht und einen Angriff zwischen zwei und vier Uhr morgens bereitmachen. Unser Handicap, die Stadt zu beschützen, wird uns noch teuer genug zu stehen kommen. Aber ich erwarte, dass wir wie immer unser Bestes geben."
Die Offiziere antworteten entschlossen. "Ja, Mylord!"
"Germaine?" "Mylord?" "Ich entschuldige mich dafür, dass Sie einen Verlust hatten."
Die Kiefer des Chevaliers arbeiteten. "Entschuldigung angenommen. Hoffen wir, dass Ihr Euch nicht noch öfters bei mir entschuldigen müsst, Mylord."
Ein dünnes Lächeln huschte über die Züge des großen Davions. "Ihr Wort in Hanses Ohr, Germaine."
***
Knapp unter der Erdkrümmung, fünfundvierzig Kilometer entfernt, Richtung Nordost von der Hauptstadt gesehen, nutzten die Lander der Piraten eine natürliche Senke als Landepunkt. Ein motorisiertes Bataillon Infanterie, eine verstärkte Kompanie Mechs und zwei Panzerkompanien wurden ausgeladen, formierten sich und marschierten in Richtung Parkensen City und Raumhafen. Die Senke war nur die dritte Wahl gewesen, deshalb hatte Imara berechtigte Hoffnung, dass Ace mit einem Angriff aus dieser Richtung nicht auf jeden Fall rechnete. Gegen einen Offizier der Operation Bulldog musste man selbst um die kleinsten Vorteile feilschen.
Ihre Gegner waren die restlichen Eagles, acht an der Zahl, eine unterzählige Kompanie der Chevaliers, die Panzer-Kompanie der Miliz, und ein gutes Bataillon Infanterie von Miliz und Chevaliers. Wenn es ihnen gelang, schnell genug auf den Raumhafen und in die Stadt vorzurücken, um die Luftangriffe zu minimieren, würde ihre Überlegenheit den Herzog und seine Leute erdrücken.
Imara lächelte unter seinem Neurohelm. "Ist die bisherige Entwicklung in Ihrem Sinne, Kapitan Weilder?"
Der Offizier, der im mobilen Stabsfahrzeug mitfuhr und half den Einsatz zu koordinieren, antwortete nicht sofort. "Ich hätte wirklich mehr von Copeland erwartet. Lassen Sie sich solche Vorteile auch entgehen, Aaron?"
"Nie im Leben", erwiderte der Colonel lachend. Er setzte seinen Masakari Prime in Bewegung. Nun setzten sich auch die übrigen Einheiten in Bewegung, im Marsch auf die Hauptstadt, auf eine draconische Welt. Aufklärer zogen an ihm vorbei, um die Spitze und die Flanken zu übernehmen. Sie würden sehen, wer hier am Ende triumphierte. Spontan tippte Imara auf sich.
***
Als die Zeltplane zurückgeschlagen wurde, fuhr Lollo zusammen. Es wurden drei Stühle gebracht. Ihnen folgten zwei Frauen und ein Mann. Der Mann sah mitgenommen aus, aber seine Begleiter wirkten nicht viel besser. Sie zwangen ihn zu viert auf den Stuhl, und fesselten seine Füße an die hinteren Beine, nicht die vorderen. Zum Abschied schlug ihm einer der Männer die Faust ins Gesicht. Ihm fehlte augenscheinlich ein Zahn, und die Nase war gebrochen. Frisch gebrochen.
"Korporal Lollo", sagte eine der Frauen erleichtert. "Ihnen geht es gut?"
Sie musterte die Sprecherin. "Feldwebel O'Brien!" Erleichterung durchwühlte sie, als sie die erfahrene Mechkriegerin erkannte. "Tut gut, Sie zu sehen." Ihr Blick ging zur zweiten Frau. "Korporal Medina." "Gianna. Haben sie dir was getan?"
Heftig schüttelte sie den Kopf. "Nicht einmal annähernd so viel wie dem da. Einer von den Chevaliers?"
O'Brien nickte. "Mechkrieger Bramert. Hat sich mit Händen und Füßen gewehrt. Verdammt, Bramert, wenn wir hier erstmal raus sind, lade ich Sie zur Sause Ihres Lebens ein. Wie Sie dem Lieutenant den Arm gebrochen haben, das war mir eine tiefe innere Befriedigung."
Der Chevalier sah sie aus einem halb geschwollenen Auge und vor blauen Flecken kaum sichtbaren Gesicht an. "War mir ein Vergnügen, Ma'am. Keine Ahnung, wer diesen Idioten eingeredet hat, ich würde mich von Piraten ohne Gegenwehr gefangen nehmen lassen." Sein Lächeln verflog. Er musterte die beiden Wachen im Zelt. "Die Gastfreundschaft hier behagt mir nicht besonders, Ma'am, wenn Sie verstehen."
O'Brien verstand sehr wohl. "Gut, Mechkrieger. Ich werde Sie Ihrem Chef in höchsten Tönen lobend erwähnen.
Lollo blinzelte. Hatte die Feldwebel gerade dem Chevalier mitgeteilt, dass er einen Weg zur Flucht finden sollte? Auf jeden Fall würde die nächste Zeit nicht annähernd so frustrierend sein wie ihre bisherige Zeit hier.

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Zum Ende der Schlacht:

Bramert wachte auf und schmeckte Blut. Er versuchte sich aufzurichten und anscheinend tat ihm nichts weh. Das war wenigstens ein gutes Zeichen. Dann fuhr er sich über das Gesicht. Als er seine Hand ansah, war sie völlig verdreckt und blutig. Dann spürte er den stechenden Schmerz an der rechten Schläfe. So wie es sich anfühlte, hatte er eine Gehirn-OP ohne Betäubung hinter sich – oder irgendwas Schweres war ihm gegen den Kopf geknallt.
Er sah sich um. Soweit er erkennen konnte war er am Wasserloch gelandet. Nicht gerade beruhigend, besonders, wenn man bedachte, dass das Wasserloch in Feindeshand lag. Sein Mech war – zerstört. Das wurde ihm gerade bewusst. Er hatte mit Sergeant Tsuno zu Beginn der Schlacht an der Flanke gestanden und sie hatten viel Feuer kassieren müssen. Dann war Major Stannic zu ihrer Hilfe aufgetaucht und Bramert wusste nicht mehr genau, ob der Major sich, Tsuno und wer sonst noch da war - irgendwann hatte er einfach den Überblich verloren - hatte retten können. Und dann war diese Stuka in ihre Einzelteile zerfallen und abgestürzt. Einige der größeren Schrappnellstücke hatten Bramerts Spector getroffen und der Mech hatte einen schweren Reaktortreffer erhalten, die Panzerung war in Splittern und ganzen Platten davon geflogen und das Gyroskop war nur noch ein Scherbenhaufen. Bramert hatte keine andere Möglichkeit gesehen, als den Schleudersitz zu zünden. Dann war er anscheinend von irgendwas getroffen worden und ohnmächtig geworden.
Er erhob sich und sah an sich herunter. Seine Kleidung war zerrissen und er hatte anscheinend einige leichtere Schnittwunden, aber es war wohl nichts Gravierendes, abgesehen von der Wunde am Kopf. Um die sollte er sich besser kümmern. Seine Kühlweste war nur noch ein Flickenteppich, darum zog er sie aus, ließ sie zu Boden fallen und riss ein paar Stofffetzen ab, mit denen er einen Druckverband machte und so die Kopfwunde verband. Er wollte gerade aus dem Schleudersitz das Überlebenspaket herausholen, das er drin hatte, als er ein lautes Geräusch hinter sich hörte. Ein Hover APC kam angerauscht und hielt schlitternd vor ihm. Das auf ihn gerichtete MG zeigte ihm, dass das Fahrzeug nicht zu den Verteidigern von Wayside, sondern zu diesen Piraten gehörte. Nun, dann sollten sie doch mal versuchen, ihn gefangen zu nehmen. Aber leicht würde er es ihnen bestimmt nicht machen.
Drei Soldaten sprangen aus dem Fahrzeug und richteten sofort ihre Gewehre auf ihn. Dann folgte ein junger Mann, der in derselben Tarnuniform gekleidet war, aber die Rangabzeichen eines Lieutenants hatte. Er trat an Bramert heran. „Guten Tag, Mechkrieger. Sie scheinen verletzt zu sein. Würden Sie bitte die Güte haben, mit meinen Leuten und mir zu kommen, damit wir Sie in unserer Basis medizinisch versorgen können?“
Bramert überlegte kurz, ob er ihm ins Gesicht spucken oder das Genick brechen sollte, dann aber dachte er sich, dass es besser wäre, wenn er Zurückhaltung übte. Er glaubte nicht, dass diese Leute für WoB arbeiteten, aber bei den vielen verschiedenen Gruppierungen, die innerhalb der Organisation existierten, konnte man natürlich niemals sicher sein und dann wäre es ein Fehler, einen potentiellen Verbündeten einfach so zu beleidigen oder aus dem Weg zu räumen. Also hob er einfach nur folgsam die Arme und ließ sich in den Transporter führen. Dort saßen weitere Soldaten mit schussbereiten Waffen und zwei Frauen in grauen, formlosen Overalls. Da beide Handschellen trugen, nahm Bramert an, dass sie zu den Eagles oder der Wayside-Miliz gehörten. Man warf ihm ebenfalls einen Overall zu, den er überzog, dann bekam er Handschellen angelegt und wurde neben die ältere Frau gesetzt. Dann wendete der APC und raste mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Lager zurück.

Die Fahrt war relativ kurz, keine fünf Minuten später waren sie bereits inmitten der feindlichen Piratenbasis. Bramert und die beiden anderen Gefangenen wurden aus dem Transporter geholt, dann trennte man sie kurzzeitig. Bramert kam zunächst zu einem Sanitäter, der ihm die Stirnwunde klammerte, dann wurde er zu den Frauen zurückgebracht. Sein Bewacher hielt ihn auf einmal am Arm fest. „Sie haben mehr Verbündete hier als Sie denken, Mr. Bramert.“
Der junge WoB-Agent stockte leicht, wurde aber sofort weitergezogen. „Bleiben Sie niemals stehen, junger Mann. Die Leute sollen nicht denken, dass wir uns unterhalten. Tun Sie so, als würde ich Sie beleidigen.“
Bramert setzte also ein wütendes Gesicht auf, während er sich leise mit dem Bewacher unterhielt. „Woher wissen Sie, wer ich bin?“
„Wie gesagt, Mr. Bramert: Sie haben mehr Verbündete als Sie denken. Der Lieutenant ist allerdings keiner unserer Freunde. Im Gegenteil, er scheint eher Comstar zugeneigt zu sein und ist uns bereits gefährlich nah gekommen. Wenn Sie die Möglichkeit haben, dann schalten Sie ihn aus.“
„Ich soll ihn töten?“
„Nein“, antwortete sein „Wächter“, „sorgen Sie einfach dafür, dass er eine Zeit lang außer Gefecht gesetzt wird. Wie Sie das anstellen, interessiert mich nicht.“
„Können Sie mir garantieren, dass ich dafür nicht erschossen werde?“
„Vielleicht", kam die vage Antwort. "Allerdings werden Sie einige Schläge abbekommen. Aber diejenigen, die sich mit Ihnen anlegen, würden es niemals wagen, Sie einfach so zu erschießen. Dazu sind diese Leute viel zu diszipliniert.“
Zum Schein versuchte Bramert, sich von seinem „Wächter“ loszureißen, aber dieser hielt ihn im festen Griff und während sie miteinander rangen, sprachen sie weiter. „Sie sind doch keine Piraten, oder? Piraten wären niemals so gut organisiert und unsere Organisation würde sich auch nie mit solchen Gesetzlosen abgeben.“
„Wer hat denn behauptet, dass das hier Piraten wären, Bramert?“, wollte sein „Wächter“ wissen und schleifte ihn weiter. „Sorgen Sie einfach dafür, dass der Lieutenant ausgeschaltet wird. Um alles Weitere kümmern wir uns.“
Bramert nickte bestätigend, dann kamen sie bei der Gruppe an.
Der Lieutenant unterhielt sich mit einem Vorgesetzten, dann sagte er zu seinen Leuten. „Wir bringen sie zu der anderen Gefangenen.“
Sein „Bewacher“ wechselte jetzt mit einem anderem Soldaten die Position und in diesem Moment schlug Bramert los. Er gab seinem neuen Bewacher einen Magentreffer mit dem Ellbogen, sodass der Soldat zu Boden ging. Aber sofort waren zwei weitere Soldaten da, schlugen auf ihn ein und drückten ihn unsanft zu Boden. Damit hatte Bramert seine Antwort. Diese Leute würden ihn tatsächlich ohne Waffen ruhigstellen wollen, egal was er machte. Das erleichterte ihm die Arbeit ungemein. Dann wurde er hochgerissen und der Lieutenant schüttelte bewundernd den Kopf. „Sie beweisen Mut, Mechkrieger. Das ist beeindruckend. Dämlich und sinnlos, aber beeindruckend. Natürlich wären Sie keine zehn Meter weit gekommen, bevor man Sie geschnappt oder erschossen hätte, dass dürfte Ihnen doch klar sein, nicht wahr?“
Bramerts Antwort bestand darin, dass er dem Offizier Blut und Speichel ins Gesicht spuckte, was ihm direkt einen weiteren Schlag ins Gesicht einbrachte. Der Offizier schaute angewidert an sich herab, dann meinte er zu seinen Untergebenen. „Wir sollen den Gefangenen eigentlich nichts tun, aber ich denke, bei diesem können wir eine Ausnahme machen. Sorgt dafür, dass er die Latrinen einmal von innen betrachten kann.“
Die Soldaten wollten Bramert abführen, aber dazu sollte es nie kommen. Bevor nämlich jemand reagieren konnte, stand Bramert auf einmal direkt neben dem Lieutenant und machte nur ein paar verwischte Bewegungen. Dann hörte man es knacken und der rechte Armknochen ragte auf einmal gesplittert aus dem Ärmel der Uniform des Lieutenants. Dieser jaulte und schrie vor Schmerzen unmenschlich auf, dann brach er zusammen und krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden. Bramert wirbelte herum und schlug einen anderen Soldaten mit dem Handballen ins Gesicht. Dabei schlug er ihm einen Zahn aus und brach ihn mit einem feuchten Knirschen die Nase. Dann waren sie über ihn, drückten ihn erneut zu Boden und traktierten ihn mit Schlägen und Tritten. Der Lieutenant war inzwischen wieder aufgerichtet worden. Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Gesicht schmerzverzerrt. Es war ein Wunder, dass er überhaupt noch einigermaßen gerade stehen konnte. Aber er hatte sogar noch genug Kraft, um mit der linken Hand seine Waffe aus dem Holster zu nesteln und auf Bramerts Kopf zu richten. „Dein Kopf gehört mir, du Drecksschwein!“
„Genug“, brüllte eine befehlsgewohnte Stimme hinter dem jungen Offizier, der ebenso wie seine Untergebenen zusammenzuckte. Bramert, der auf dem Boden kniete und mehrmals Blut spuckte – ihn überraschte es, dass er keinen Zahn verloren hatte und seine Nase auch einigermaßen heil geblieben war – hörte die Stimme ebenfalls, konnte sie aber nicht zuordnen. Aber der Mann musste über einen ziemlich hohen Rang verfügen, denn die Soldaten kuschten alle vor ihm. "Bringen Sie ihn mit den anderen ins Gefangenenzelt. Ich würde ihn zwar gerne isolieren, aber dafür fehlt uns der Platz. Wenn Sie ihn festgekettet haben, dann geben Sie ihm noch etwas, worüber er nachdenken kann."
Der Sprecher wandte sich an den Lieutenant. "Und Sie, Lieutenant, melden sich gefälligst beim Lazarett und lassen sich Ihren Arm versorgen."
Dann wandte sich der Sprecher erneut Bramert zu. "Sie sollten sich nicht allzu viele Gedanken darüber machen, wie Sie von hier entkommen können, junger Mann. Wenn ich mit Ihnen fertig bin, dann werden Sie höchstens noch das Denkvermögen eines Dreijährigen besitzen."
Der Sprecher wandte sich ab und Bramert wurde hinter den beiden anderen Gefangenen zum Gefangenenzelt geschleift.

„Gut, Mechkrieger. Ich werde Sie Ihrem Chef in höchsten Tönen lobend erwähnen.“
Bramert hörte diesen Satz und lächelte innerlich. Wenn diese Leute ahnen könnten, was hinter ihrem Rücken alles passierte, würden sie vor Schock wahrscheinlich umfallen.
Aber er durfte nicht zu selbstsicher bleiben. Dieser Offizier, der so befehlsgewohnt und selbstsicher die anderen Soldaten herumgescheucht hatte, hatte etwas ausgestrahlt, was Bramert nicht gefiel - und was ihn verunsicherte. So unglaublich es war, aber ihn verließ der Mut, lebend aus diesem Lager entkommen zu können.

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A rose by any other name is still a rose

Ein Narr ist eine gefährliche Waffe im Haus der Vernunft

Tu as dèjá le baton fleurdelisé dans ta giberne

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Rechte Flanke der Schlachtordnung
Kurita-Senke
Wayside V

Das Pfeifen war Jack mittlerweile vergangen. Zum wiederholten Male verfluchte er seinen alten Freund, der ihn erst in diese prekäre Lage gebracht hatte, während er mühsam dem Partikelstrahl des gegnerischen Kampftitan auswich.
Nur wenige Zentimeter trennten die ionisierten Partikel des künstlichen Blitzes von der gepanzerten Scheibe seines Cockpits und ließen die empfindliche Elektronik des Marodeurs erneut unter massiven Störungen rauschen und aufgeregt fiepen.
Nicht das es im allgemeinen Schrillen der Warntöne noch aufgefallen wäre.
Zu seinem Glück hatten seine restlichen Häscher von der weidwunden Beute abgelassen und waren auf der Suche nach lohnenderen Zielen wieder auf das Hauptfeld der gebeutelten Milizstreitmacht eingeschwenkt.
Ihm konnte das nur Recht sein. Sollten die Milizionäre auch einmal etwas für ihr Blutgeld tun.
Im Allgemeinen schien es jedoch so, als ob die Angreifer nicht mit vollem Elan den fliehenden Truppen des Herzogs folgten.
Jack sah es realistisch.
Ein weiterer Sturmangriff der schweren und überschweren Einheiten des Gegners würde Kleins Formation aufbrechen und sie alle innerhalb von Minuten ins Nirvana befördern. Ohne Umwege.
Es schien jedoch eher so, als ob die Angreifer die Miliz binden wollten. Sie daran hindern, sich zurück zu ziehen.
„Na da bist du Schlaumeier aber echt früh drauf gekommen. Herzlichen Glückwunsch. Vielleicht solltest du in einer Quizshow mitmachen, Jack. Vorsicht Raketen!“
Peters Warnung kam zu spät. Oder aber es war Jack, dessen müde Reflexe nicht mehr ausreichten um mit dem fünfundsiebzig Tonnen schweren Marodeur ausweichen zu können.
Die zerstörten Sensoren erlaubten ihm nicht mehr das Gefechtsgeschehen zu überblicken und die unmenschliche Hitze machte ihn fast wahnsinnig.
Egal bei wem der Fehler lag, die Salve aus zwanzig Langstreckenraketen donnerte auf ihn herab. Einige der explosiven Grüße donnerten in seinen linken Torso, weitere hämmerten geborstene Panzerplatten von seinem rechten Bein. Der Rest detonierte um die angeschlagene Maschine herum und wirbelte fontänenartig Erde und Staub auf.
Wieder wurde er in die Gurte geworfen und ein weiteres Mal streifte dabei eine der Halterungen den Splitter in seiner Schulter.
Der Schmerz fuhr feurig durch sein Nervensystem und holte ihn in die Realität zurück, aus der er wahrscheinlich aufgrund des zu hohen Blutverlusts abzudriften drohte.
„Verdammt. Das macht so langsam keinen Spaß mehr, ihr Bastarde. Lasst mich doch wenigstens mitspielen.“
Seine brüchige Stimme war nicht dazu angetan irgendjemanden zu ängstigen. Viel eher hätten die gegnerischen Krieger wohl Mitleid mit ihm gehabt.
Trotz der Hitze konzentrierte er sich auf den Kampftitan und schätzte die Ausrichtung seiner Autokanone ab.
Ohne seine Sensorenphalanx, welche nur noch als rauchende Trümmer existierte, konnte er den Schützen der Raketensalve nicht identifizieren und erhielt auch kein Fadenkreuz in seinem Sichtfeld angezeigt.
Aber der Kamptitan war nicht allzu weit entfernt. Und das Geschütz feuerte auf höchster Geschwindigkeit auch genügend Granaten ab um einige Treffer zu garantieren.
Hochkonzentriert presste er den Auslöser während er sich weiter langsam rückwärts laufend auf die eigenen Truppen zu bewegte.
Tosend brüllten die Abschüsse über ihm auf und sandten sechs Ketten aus abgereicherten Urangeschossen in die Richtung des überschweren Gegners.
Er hätte vor Freude brüllen können, als alle seiner Geschosse ins Ziel einschlugen. Vom linken Bein des Kampftitans über den linken Torso bis zur Torsomitte zogen sich die Detonationen über die Mordmaschine, sprengten Schichten gehärteten Stahls ab und ließen das Ungetüm einen Moment lang wanken.
Sein Triumphschrei verging ihm jedoch ziemlich schnell, als unter den rauchenden Trümmern der beschädigten Panzerung lediglich neue Stahlschichten zum Vorschein kamen.
„Das Problem an überschweren Battlemechs besteht einfach darin, Jack, dass sie nicht nur hervorragend bewaffnet sind, sondern eben auch vorzüglich gepanzert. Aber da erzähle ich dir ja wahrscheinlich nichts Neues.
Dieser hier wird zusätzlich noch von einem herausragenden Mechpiloten gesteuert. Hätte nicht jeder dahergelaufene Agromechpilot geschafft, die Maschine aufrecht zu halten, nach deinem massiven Einsatz von Gewalt. Ringt einem schon Respekt ab. Findest du nicht?“
Peters Analyse der Kampfhandlungen im gemütlichen Plauderton brachten das Fass zum überlaufen.
„Kannst du nicht mal jetzt die Schnauze halten, Peter. Verdammt, ich verrecke hier. Meine Mech ist nur noch ein wandelnder Haufen Schrott, hier drin herrschen Temperaturen wie in einem Backofen und zu allem Überfluss blute ich auch noch wie ein angestochenes Schwein. Ich bringe uns hier schon irgendwie raus, aber bitte, mach endlich die Futterluke dicht und lass mich nachdenken.“
Er schrie die Worte heraus, was seinen Gesprächspartner jedoch nicht im Mindesten zu stören schien.
Hartnäckig war Peter eben immer schon gewesen. Mal ganz davon abgesehen, dass Verbote jedweder Art ihn einfach überhaupt nicht interessierten, genau wie die Probleme Anderer.
„Du und dir was einfallen lassen?“
Sein meckerndes Lachen war nicht dazu angetan Jack zu beruhigen. Ganz im Gegenteil.
Leider brachte der ehemalige Pirat aufgrund der massiven Hitzewelle die infolge seines Waffeneinsatzes durch das Cockpit brandete, kein weiters Wort mehr heraus.
Jacks japsendes nach Luft ringen schien seinen Freund noch zu ermutigen.
„Mir persönlich ist das Funkfeuer schon vor Minuten aufgefallen. Da, du musst nur auf die Peilung deines Empfängers achten. Die zeigt an, dass du mitten in dem markierten Gebiet stehst. In dem tektonisch instabilen Gebiet, Jack. Ist der Groschen jetzt endlich gefallen oder soll ich dir vielleicht ein Bild malen?“

Danielle Vascot war völlig in den Kampf vertieft. Dieser mattschwarze Marodeur war endlich einmal ein Gegner der ihrer würdig erschien. Völlig zerschossen und auf der Wärmeanzeige weißglühend weigerte sich der Pilot immer noch aufzugeben und seine Maschine mit dem Schleudersitz zu verlassen.
Was für ein Krieger.
Er hatte sogar ihren verzogenen Schuss der Primärwaffe des Kampftitan beantwortet und ihr fast das Gleichgewicht mit den Einschlägen der tödlichen Rotationsautokanone geraubt.
Sie hatte all ihr Können aufwenden müssen um nicht der Schwerkraft folgend mit ihrem Battlemech im Staub von Wayside V zu landen.
Dies würde ein Abschuss werden, der es wert war, ihre lange Liste besiegter Gegner anzuführen.
Gerade als sie ihre Partikelprojektilkanone erneut auf den schrottreifen Gegner ausrichtete, knackten die Lautsprecher des massigen Neurohelmes.
Der andere Mechpilot funkte sie offensichtlich über eine nichtverschlüsselte Frequenz an. Wollte er sich vielleicht ergeben? Bedingungen aushandeln, die es ihm ermöglichten, lebend diese Senke zu verlassen? Das würde sie zwar sehr enttäuschen aber das Gefecht verkürzen.
„Hey, Kampftitan! Also ein Wayne Waco bist du an den Geschützkontrollen deines Mechs ja nicht gerade. Wenn du weiter so mit Blitzen um dich wirfst wird man noch glauben, dass ein Gewitter aufzieht. Geh lieber nach Hause und spiel noch ein wenig mit deinen Freunden. Wenn du gelernt hast richtig zu zielen kannst du ja wiederkommen und wir tragen unseren Disput noch einmal aus.“
„Was?“
Heiße Wut kochte in ihrem Innersten auf. Was bildete sich der Kerl ein? Seine Stimme war so brüchig, dass er kaum zu verstehen war, aber die Beleidigung hatte sie doch getroffen wie eine Schiffsrakete. Das würde er ihr büßen!
„Nicht mehr bedrängen. Arizona eins, halten Sie Kontakt zum Feind, aber halten Sie sich Kapazitäten für Luftabwehr frei.“
Copelands Stimme klang auf der Einheitsfrequenz durch den Äther und ließ sie einen Moment inne halten.
Verdammt. Ihr kommandierender Offizier pfiff seine Kampfhunde zurück obwohl die Beute schon tödlich verletzt war.
Einen Moment rang sie mit dem Gedanken, den Marodeur ziehen zu lassen, verwarf ihn jedoch schnell wieder.
Der Kerl hatte ganz eindeutig eine Trachtprügel verdient.
Entschlossen ließ sie den Kampftitan in einen schnellen Trab verfallen und feuerte einen weiteren Blitz auf ihr Ziel ab.
Genüsslich betrachtete sie den Einschlag der hochenergetischen Teilchen auf der Torsomitte ihres Gegners wo nun nur noch eine hauchdünne Schicht Panzerung die interne Struktur schützte.
Von wegen. Wer war denn schon Wayne Waco?
Diesen Abschuss würde sie sich holen. Egal was Copeland später tun würde. Sollte er sich doch aufregen und herumschreien. Sie war Battlemechkriegerin. Eine hoch gezüchtete Kampfmaschine. Genau für diese Momente lebte sie.
„Riverdale eins-zwei, das ist tektonisch instabiles Gebiet! Danielle, das ist der schwarze Marodeur nicht wert!“
Nun sprach Copeland sie direkt an. Der Marodeurpilot und Kommandant war der einzige in der Einheit, der eine höhere Abschusszahl vorzuweisen hatte als es ihr möglich war.
Natürlich. Er wollte verhindern dass sie ihn übertrumpfte. Zumal mit dem Sieg über einen Gegner, an dem er sich die Zähne ausgebissen hatte.
„Ich kann es schaffen! Ich kann ihn kriegen! Er besteht nur noch aus Staub und Stahlresten! Einmal gegen gehustet, und er ist weg! Außerdem trägt mich der Boden!“
Ihre Stimme zitterte vor Erregung. Der Sturmlauf hatte sie fast in die Schussreichweite ihrer mittelschweren Laser und Kurzstreckenraketen gebracht.
Der gegnerische Pilot wollte offensichtlich ein weiteres Mal seine Rotationskanone einsetzen, aber außer dem schnellen Drehen der Geschützläufe geschah nichts.
Plötzlich wurde eine einzelne Granate aus dem Hülsenauswurf geschleudert, die taumelnd durch die Luft flog und mit einer grellen Explosion einige Meter neben dem Marodeur detonierte.
Ladehemmung.
Danielle grinste kalt. Der Kerl hatte eine Ladehemmung in seiner gefährlichsten Waffe. Das würde sein Untergang sein.
Sie rammte den Geschwindigkeitsregler voll durch und ließ ihren Kampftitan auf den Marodeur zusprinten. Gleich würde sie ihm eine volle Breitseite verpassen. Diesem Angeber.
Harrison Copelands Worte drangen nicht in ihre konzentrierten Gedankengänge vor.
„Negativ, Danielle! Der Boden trägt dich nicht mehr, wenn der schwarze Marodeur...“

Das Jaulen eines heute noch völlig neuen Alarms dröhnte durch die Pilotenkanzel und wischte Jack das Grinsen aus dem Gesicht. Nein! Bitte nicht!
Ein hektischer Blick auf die Anzeigen bestätigte seine schlimmste Befürchtung. Die Autokanone hatte eine Ladehemmung. Verdammter Prototyp. Wahrscheinlich hatten die Erschütterungen des eben eingeschlagenen Partikelblitzes eine der Granaten verkantet.
Schnell ließ er das verklemmte Geschoss mit einigen kurzen Eingaben aus dem Schacht auswerfen, aber der Alarm gellte weiter. Es schien ein größeres Problem mit seiner selbst erdachten Munitionszuführung zu geben.
Der Kamptitan war nun fast auf kurze Reichweite heran und befand sich direkt über dem von der Miliz verlegten Funkfeuer, aber wie er sich schon gedacht hatte, benötigte der Boden noch eine besonderen Behandlung um endgültig nach zu geben.
Eine Behandlung für die sein Werkzeug gerade streikte.
Das sah wirklich nicht gut aus.
Er hatte den feindlichen Piloten mit seinen Worten bis aufs Blut gereizt und dieser war nun auf dem Weg um ihn in der Luft zu zerreißen.
Nein, wirklich gar nicht gut.
„Dann feuere eben mit der Partikelkanone du Vollidiot. Nun mach schon, sonst ist es wirklich gleich vorbei. Da kommen gerade fünfundachtzig Tonnen Tod auf uns zu.“
Auch Peters Stimme klang auf einmal völlig aufgelöst. Konnte es sein das sein bereits toter Freund Angst verspürte?
„Erst mal können vor Lachen. Meine Wärmeskala ist im roten Bereich und ich werde bereits jetzt im eigenen Saft gegart. Wenn ich die Energiewaffen einsetze haut mich der Hitzestau völlig aus den Socken. Dann gehen endgültig die Lichter aus!“
Die Worte kamen nur noch undeutlich aus seinem Mund.
Er wollte seine Zunge über die Lippen führen um die ausgedörrte Haut zu befeuchten, aber das Gefühl glich eher dem von Schleifpapier auf Holz.
„Wenn du es nicht tust, stampft dich der Kampftitan ein. Dann müssen die dich mit einer Spachtel aus dem Cockpit kratzen. Jetzt schieß doch endlich!“
Peters Gebrüll überzeugte Jack. Wenn selbst ein Geist Angst vor einer Situation hatte, dann war es vielleicht wirklich eine gute Idee, alle Register zu ziehen.
Kurz entschlossen richtete er seine verbliebene Partikelprojektilkanone auf den Boden vor dem anstürmenden überschweren Mech und drückte den Feuerknopf.
Kreischend schlug der künstliche Blitz eine Brück zwischen seiner linken Armmanschette und der Oberfläche und zerstörte die Struktur des Bodens, indem er ihn meterweit aufriss.
Zusammen mit dem hohen Gewicht und den Erschütterungen der Schritte des mordgierigen Monsters war diese Belastung für die Decke der Kaverne einfach zu hoch.
Zuerst sackte der Boden und damit der Battlemech drei Meter ab, dann verschwand der Angreifer völlig in dem immer größer werdenden Loch.
Einen gigantische Staubwolke legte sich sekundenschnell wie ein Leichentuch über das Gebiet, aber Jack war das völlig egal.
Die erneute Hitzewelle war über ihm zusammen gebrochen und gab ihm den Rest.
Er konnte einfach nicht mehr.
Keuchend brach er auf der Liege zusammen während die Kontrollen seinen Händen entglitten.
Es war ihm egal. Seine Welt bestand nur noch aus einem immer kleiner werdenden Blickfeld, Hitze und Schmerz.
„Keine Angst, alter Freund. Ab hier übernehme ich für dich. Du hast mich früher so oft nach Hause gebracht, da bin ich jetzt wohl mal an der Reihe.“
Peters Worte ergaben keinen Sinn. Was meinte er damit? Diese unerträgliche Hitze. Er konnte nicht atmen.
Sein Blickfeld verschwamm und gnädige Dunkelheit senkte sich über seine Gedanken.


Landungsschiff Kobe
Krankenstation
Wayside V

„Ich weiss, nicht, wie er das geschafft hat, Captain DelaRoya. Es ist eigentlich unmöglich. Alleine die Schmerzen, welche eine solche Verletzung hervorruft, bringen die meisten Menschen an den Rand der Ohnmacht. Dazu der massive Blutverlust und der Hitzschlag. Ich bin ganz ehrlich zu ihnen. Es ist ein Wunder, dass der Mann seine Maschine überhaupt noch hierher gebracht hat.“
Die Stimme klang zwar freundlich, aber Jack mochte sie jetzt schon nicht.
Wo war er? Langsam versuchte er die Augen zu öffnen, aber das grelle Neonlicht ließ ihn lediglich blinzeln.
„Das mag ja sein, Doktor, aber lassen Sie mich genau so ehrlich zu ihnen sein. Das war definitiv nicht das letzte Mal das wir gegen diese Banditen kämpfen mussten. Wahrscheinlich sammeln die gerade unsere abgeschossenen Battlemechs ein und machen sich dann geradewegs auf in Richtung der Hauptstadt. Ich muss ihnen ja wohl nicht erklären was das bedeutet. Der Herzog hat zwar unsere Reserven alarmiert, aber wir brauchen jeden Mann und jede Frau die kämpfen kann, sonst werden wir verlieren. Ich stelle ihnen die Frage also noch einmal. Ist Jack Ryan in der Lage zu kämpfen?“
DelaRoya. Na toll. Der hatte Jack zu seinem Glück gerade noch gefehlt.
Diese verdammten Kopfschmerzen brachten ihn um den Verstand und in der Bude war es eiskalt. Konnte nicht irgendjemand mal das Fenster schließen?
„Nein, Captain. Definitiv nicht. Wir haben seine Schulterwunde mit sechzehn Stichen genäht, haben ihm Plasma gegen den Blutverlust gegeben und versucht der Dehydrierung durch Kochsalzlösung intravenös entgegenzuwirken. Er ist momentan stabil, aber kämpfen kann er nicht.“
Jack hasste es wenn man über ihn sprach als wäre er nicht anwesend. Die Wut über diese Tatsache alleine ließ ihn die Augen aufschlagen und den Captain wie auch seinen Gesprächspartner im weißen Kittel böse anblicken.
„Ich habe schon lange aufgehört auf Leute zu hören, die sich so beschissen kleiden wie Sie Doc. Also behalten Sie ihre Ratschläge für sich, bevor ich Ihnen verrate wohin Sie sich die stecken können und ziehen sie verdammt noch mal diese Nadeln aus mir raus. Ich stehe nicht besonders auf Akupunktur.“
Seine Stimme klang brüchig. So verdammt schwach das er selbst davor erschrak. Aber ihm war klar, dass er sich stark geben musste, sonst würden die ihn hier behalten.
In diesem viel zu weichen Bett, umgeben von den nervig fiependen Gerätschaften die seine Lebensfunktionen anzeigten und dem typischen Geruch von antiseptischem Reinigungsmittel.
Zum kotzen.
Erstaunt blickte der Milizoffizier zu ihm hinab.
„Ryan, sie sind…“
„Jack. Wir hatten uns auf Jack geeinigt, Michael.“
„Ja, Jack, natürlich. Sie sind wach?“
Was für eine bescheidene Frage.
Vielleicht sollte der Doc mal nach dem Offizier sehen. Möglicherweise hatte der bei dem Gefecht etwas auf den Kopf bekommen.
„Natürlich bin ich wach. Sollte ich jemals einen Alptraum haben in dem ihr beide vorkommt und ich in einem Bett liege, werde ich mir sofort nach dem Aufwachen eine Kugel durch den Kopf schießen. Versprochen.“
Träge versuchte er sich aus dem Bett in eine sitzende Position zu stemmen, aber ein schneidender Schmerz durchzuckte seine Schulter und ließ ihn gequält aufstöhnen. Und diese verdammten Kopfschmerzen.
„Langsam, langsam, Mechkrieger. Für sie ist der Kampf erst einmal vorbei. Bleiben Sie einfach liegen. Wir kümmern uns schon um Sie.“
Irgendwie schien der Arzt ihn nicht verstanden zu haben. Vielleicht war er taub. Na ja, man konnte es ja mit einer etwas höheren Lautstärke versuchen.
„Dein Kampf beginnt gleich, du Quacksalber. Und ich garantiere dir, dass du dann einfach liegen wirst wenn ich mich um dich gekümmert habe. Jetzt schwing die Keulen und hilf mir hoch bevor ich entscheide, dass dieser Tag ganz einfach zu beschissen war um weiter mit dir zu diskutieren.“
Das entsetzte Gesicht des Doktors zeigte Jack, das seine Taktik die richtige gewesen war.
Zumindest hatte er jetzt die volle Aufmerksamkeit des Mannes. Und natürlich die von DelaRoya, der bereits neben ihm stand und ihn stützte.
„Ich… ich werde eine Schwester schicken. Es warten auch noch andere Patienten.“
Damit wirbelte der grauhaarige Weißkittel auf dem Absatz herum und durch den dünnen Vorrang, aus der Sicht des ehemaligen Piraten.
„Nun das war jetzt vielleicht nicht wirklich ganz so klug, Jack. Doktor Lessing hat sie wieder zusammen geflickt nachdem wir Sie aus ihrer zusammengeschossenen Maschine gezogen haben. Da wäre ein wenig Dankbarkeit wohl zu erwarten gewesen.“
Während er sprach griff der Milizoffizier nach einer Schnabeltasse die auf der kränklich weißen Anrichte neben dem Bett stand und reichte sie einem sichtlich dankbaren Jack, der gierig die Flüssigkeit in sich hinein schüttete.
„Bah? gibt es auf diesem Drecksklumpen am Ende des Universums denn eigentlich nur lauwarmes Wasser zu saufen. Jetzt mal ehrlich, wenn ich erfahren sollte, dass die andere Seite Freibier ausgibt, dann desertiere ich sofort, Captain. Und was diesen kitteltragenden Weißkopfadler angeht, so lasse ich mir von keinem studierten Trottel vorschreiben was ich zu tun oder zu lassen habe.“
„Sie kennen doch das alte Sprichwort, Jack. Je besser die Armee, desto schlechter das Essen. Das schließt natürlich auch die Getränke ein. Seien Sie vorsichtig. Die sind hier ein wenig pingelig mit der Bettwäsche und wir haben schon genug damit zu tun ihr Blut aus dem Marodeur zu spülen. Wenn ihre Wunde wieder aufbricht, dann setzt der Doc wahrscheinlich eine Schwester mit einer Narkosespritze auf Sie an.“
Die offenen Worte und das Lächeln auf dem Gesicht des anderen Mannes gaben Jack kurzzeitig Kraft und ließen auch seine schlechte Laune etwas an Masse verlieren.
Wie auf ein Stichwort erschien eine grobschlächtige Frau in dem grünen Kittel einer Schwester, eine Nierenschale in der Hand und einen wirklich angepissten Ausdruck auf den Zügen in dem abgetrennten Bereich seines derzeitigen Quartiers.
Wortlos begab sie sich stampfender Weise auf die andere Seite des Bettes und begann, die verschiedenen Infusionsnadeln aus seinen Extremitäten zu ziehen.
Man konnte wohl sagen dass sie mit Leidenschaft bei der Arbeit war, nur leider vermisste Jack ein wenig die Zärtlichkeit.
„Wie geht es Stannic?“
Bei seiner Frage verzog DelaRoya schmerzhaft das Gesicht, wobei er nicht zuordnen konnte, ob das an seinen Worten oder der Tatsache lag, dass die Schwester gerade brutal eine lange Infusionsnadel aus seiner Vene zog.
„Major Stannic geht es den Umständen entsprechend gut. Er hat mehrere Rippen- und Knochenbrüche sowie ein ganzes Sortiment an Platz- und Schnittwunden. Aber er wird es überleben.“
Jack nickte. Gut, dann hatte sich sein todesverachtender Einsatz wenigstens gelohnt.
Während die wirklich hässliche Schwester die leicht blutenden Einstiche seiner Arme mit unverdünntem Alkohol und einem triefenden Tupfer desinfizierte, fuhr der Milizoffizier fort.
„Wir haben ziemlich heftig einstecken müssen, Jack. Auch Major Klein ist in seiner Maschine fast geröstet worden. Elektrobrand. Er liegt hier zwei Abteilungen weiter und hat Zeter und Mordio gebrüllt, bis Doktor Lessing ihm ein starkes Narkotikum in Sprizenform verpasst hat.“
Das wiederum machte den Doc in Jacks Augen zumindest achtenswert.
„Wir haben fünf Maschinen verloren plus den Black Watch des Majors. Der Rest ist in einem erbärmlichen Zustand. Die Techs tun alles, aber der Herzog wird jede Unterstüzung brauchen die er bekommen kann. Deshalb bin ich hier. Nach allem was ich während des Gefechts gesehen habe, sind Sie ein Elitepilot, Jack. Ein absolut tödlicher Schütze und der Gegner hat genug von ihnen eingeschenkt bekommen um zumindest Respekt zu haben. Ich verstehe natürlich wenn sie die Schnauze voll haben, aber wir brauchen Piloten wie Sie, wenn die Invasoren gegen die Hauptstadt ziehen.“
„Wenn ich noch genug Blut in mir hätte, würde es mir jetzt vor Verlegenheit ins Gesicht schießen, Michael. Hören Sie bloß auf Loblieder auf mich zu singen, sonst werde ich eingebildet und mein Preis steigt. Wie sieht es mit dem Rest der Chevaliers aus?“
Die Krankenschwester hatte ihre Arbeit beendet. Die Nierenschale war voll mit blutigen Plastik- und Stahlkanülen und ihr Gesichtsausdruck war wesentlich befriedigter als zuvor. Fröhlich summend verschwand sie aus dem Vorhangquadrat, in dem Jacks Bett stand.
DelaRoyas Gesichtsausdruck wurde nun noch düsterer.
„Tsuno und Yamada geht es gut. Teuteburg ebenfalls. Bramerts Mech allerdings wurde bei dem Absturz des Stuka zerstört. Er wird vermisst.“
Wieder nickte der ehemalige Pirate nur. Er hatte es sich gedacht als Tsuno ihn alleine aus der brenzligen Situation heraus gehauen hatte. Scouts waren niemals alleine unterwegs. Immer mindestens zu zweit. Die einzige Ausnahme von dieser Regel bestand dann, wenn der Flüglmann aus dem Gefecht genommen wurde.
Suchend blickte Jack sich in dem kleinen Bereich um und setzte sich auf die Bettkante. Der Milizoffizier schien protestieren zu wollen, überlegte es sich bei dem brutalen Gesichtsausdruck des Chevaliers jedoch anders.
„Ich brauche meine Klamotten aus dem Cockpit. Es sei denn ich soll in diesem OP-Hemdchen, das hinten offen ist, durch euer Landungsschiff latschen. Mir persönlich würde das zwar nicht besonders viel ausmachen, aber ich kann mir denken, dass sich vielleicht die weiblichen Mitglieder der Miliz daran stören könnten. Und eine Kopfschmerztablette. Nein. Eine ganze Packung wäre wohl besser. Mein Hirn fühlt sich an als ob eine Lanze Atlas-Mechs in ihm Stepptanz proben würde.“
Der Milizoffizier lachte laut auf und wand sich dann durch einen der Vorhänge durch.
Kurze Zeit später erschien er erneut, nun jedoch in Begleitung.
„Na, da haben wir ja unseren frischgebackenen Helden. Dachte ich mir doch das du es nicht allzu lange im Krankenrevier aushältst, deshalb hab ich deine Sachen geholt. Mein Name ist Teuteburg. Rudi Teuteburg oder einfach Chappi. Ich bin der Pilot des Enforcer. Sergeant Tsuno schickt mich um nach dir zu sehen.“
Für Jack sah der Mann nun wirklich nicht nach einem Mechkrieger aus.
Bauchansatz, Halbglatze und eine schon fast ledrig wirkende Haut machten eher den Eindruck eines erfahrenen Infanteristen.
Der Händedruck war beachtlich. Etwas verschwitzt, aber fest und freundschaftlich.
„Freut mich. Jack. Jack Ryan-Jones. Warte mal. Enforcer? Tut mir leid, aber die Sternenbundanglik Bezeichnungen der Mechs sind mir nicht so geläufig. Ich glaube auf lyranisch heißt die Mühle Vollstrecker, oder? Ganz anständiges Design. Danke für meine Sachen.“
Jack nahm seinem neuen Kamerade das selbstgepackte Bündel aus der Hand und stellte sich dann vorsichtig auf die Füße. Fast sofort wurde ihm schwarz vor Augen und es kostete ihn seine volle Konzentration damit seine zitternden Beine nicht nachgaben. Er bemerkte, wie beide Anwesenden zu ihm sprangen um ihn zu stützen.
„Na jetzt aber mal Vorsicht, Junge. Es hat dich ziemlich erwischt. Vielleicht solltest du doch noch eine Weile das Bett hüten.“
Erster Minuspunkt für Teuteburg. Ganz definitiv.
„Etwas in der Art hat der Doktor auch gesagt. Aber ihr Kamerad scheint mit den Angreifern noch eine Rechnung offen zu haben.“
DelaRoya. Typisch Offizier. Erst betteln, dass man mitmachte und vor den anderen dann sagen, dass es die eigene Entscheidung war.
Jack war es egal. Er hätte gegen alle Clans gleichzeitig gekämpft um aus dieser verdammten Krankenstation heraus zu kommen.
Schnell öffnete er den Knoten in der Schnur des Kleiderbündels und zog sich dann langsam und vorsichtig die Uniformteile an, darauf bedacht nicht an die Wunde an der Schulter zu kommen. Zum Schluss legte er den schweren Ledergürtel mit dem tief hängenden Holster seiner Automatikpistole und dem Bowiemesser an und überprüfte abschließend den Sitz seiner Augenklappe.
Endlich fühlte er sich wieder wie ein Mensch. Zeit für die nächste überaus schmerzhafte Aufgabe.
„Wie geht es meiner Maschine?“

Er hätte heulen können. Nicht vor Trauer, sondern vor Wut. Sein Engel stand in dem Metallgerüst des Mechkokons und bildete einen Anblick des Grauens.
„Der Marodeur hat ziemlich eingesteckt, Mechkrieger.“
SeniorTech Keene blickte seufzend von ihrem Compblock auf und deutete sein Zähneknirschen richtig. Die Frau mochte vielleicht keine Schönheit sein, besaß aber zumindest Intelligenz und Taktgefühl.
„Tut mir auch echt weh, ne so schöne Maschine in so einem Zustand zu sehen, aber keine Angst. Wir bekommen ihr Baby schon wieder in die Reihe. Die aufgedickte Panzerung hat die meisten Schäden abgefangen. Leider ist sie dabei an fast allen Stellen zu siebzig Prozent draufgegangen. Der Zielcomputer ist hinüber. Er hat einen Lasertreffer abbekommen und dann hat sich auch noch die Bleiabschirmung zum Reaktor verflüssigt und ist reingelaufen.
Sorry, aber das ist ein Totalverlust. Die Abschirmung des Reaktors konnten wir wieder kitten, genau wie ihren Kühlkreislauf. Ist zwar nur provisorisch aber besser kriegen wir es mit den hier zu Verfügung stehenden Mitteln nicht hin. Der mittelschwere Extremreichweitenlaser wurde komplett aus der Verankerung gerissen. Wir haben ihn erst Mal vom Feuerleitkreis nehmen müssen. Aber sie haben ja noch einen. Die Partikelprojektilkanone hingegen war ein Glücksfall. Der Schaden beschränkte sich auf die Kabel der Energieversorgung und die konnten wir ziemlich schnell flicken.“
Vorsichtig blickte sie ihn von der Seite an.
„Das wahrscheinlich größte Problem ist die Sensorenphalanx. Da haben die Granaten ganze Arbeit geleistet. Wurde alles zu Klump gesprengt. Aber das dürften Sie ja gemerkt haben.“
Er starrte auf die faustgroßen Löcher in Höhe seines Cockpits, aus denen Drähte und Verkleidungsteile der internen Struktur hervorstanden.
Der feindliche Marodeurpilot war ein wirklich herausragender Schütze. Vor dem musste er sich in Acht nehmen.
„Wir haben keine passenden Ersatzteile an Bord des Landungsschiffes. Wenn Sie sich also dazu entscheiden mit der Lady in den Kampf zu ziehen, dann nur mit den optischen Systemen und ohne automatisierte Zielerfassung. Keine IFF-Kennung, keine Wärmesignatur. Rein gar nichts.“
Resignierend klappte Seniortech Keene den Compblock zu und blickte ihn wieder an.
„Schweißen Sie Panzerung auf das Chassis. Ich brauche mindestens fünfzig Prozent Schutzwirkung auf jeder Lokation. Und machen Sie die zusätzlichen Ventilationslöcher in meinem Cockpit dicht. Wenn es zu sehr zieht wird mir schnell kalt und ich kann mich nicht direkt bei Colonel Danton krank melden.“
Seine Worte klangen hart, brachten die Umherstehenden jedoch zumindest zum grinsen.
„Mechkrieger Ryan, Sie sind schwer verletzt. Ihre Maschine ist nur noch Schrott, und so wie Sie unter den Angreifern gewütet haben, werden die Sie aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem primären Ziel erklären. Ich habe heute bereits einen Mann verloren und absolut gar keine Lust dem Colonel auch noch Sie als Verlust melden zu müssen.“
Miko Tsuno hatte die Fäuste in die Hüfte gestemmt und drehte sich nun langsam von dem Marodeur weg in seine Richtung.
„Sie haben wirklich genug getan. Sie müssen nichts beweisen nur weil Sie neu in der Einheit sind. Die Feuertaufe bei den Chevaliers haben Sie mit wehenden Fahnen bestanden und ich denke der Colonel wird das genau so sehen.“
Verkniffen auf der Unterlippe kauend blickte sie in sein gesundes Auge. In diesem Moment verstand Jack warum es diese Einheit überhaupt noch gab. Mit solchen Anführern konnte Danton selbst die Hölle erobern.
„Wenn ich heute noch einmal in diese Maschine steige, Sergeant Tsuno, dann garantiert nicht weil ich jemandem etwas beweisen will. Colonel Danton ist der erste Mensch seit Jahren, der mir sein Vertrauen geschenkt hat. Ich werde ihn nicht einfach im Stich lassen weil mein Battlemech ein wenig Panzerung lassen musste oder wegen der leichten Fleischwunde in meiner Schulter.
Sie brauchen einen neuen Flügelmann. Ich bin zwar kein Scout, aber mit ihrem zusammengeschossenen Nightsky halte ich noch alle Mal mit. Und ich bezweifle ernsthaft, dass Sie bei der Verteidigung der Hauptstadt auf meine Feuerkraft verzichten können.“
Sein Grinsen war kalt und die Narbe tanzte wie ein Lebewesen über seine Züge.
„Außerdem hatte Captain DelaRoya Recht als er vermutete, dass ich noch eine Rechnung offen habe. Da gibt es noch jemanden, der sich einfach so aus einem Schlagabtausch gestohlen hat. Und ich habe vor, diesen Jemand als Grabkreuzmarkierung auf eine Manschette meines Mechs zu malen.“
Mit einer überraschenden Plötzlichkeit nahm er Haltung an. Militärisch korrekt blickte er starr geradeaus, die Kampfstiefel perfekt nebeneinander, Hände an den silbernen Münzen der Hosennaht.
„Mechkrieger Ryan-Jones, melde mich einsatzbereit auf eigene Verantwortung, Sergeant Tsuno. Ich bitte um Erlaubnis, mich ihrer Lanze anschließen zu dürfen.“
Aus den Augenwinkeln sah er, wie Sergeant Tsuno den Kopf schüttelte.
„Wo bekommt Germaine nur immer solche Krieger her? Es ist einfach unglaublich. Hauen Sie sich irgendwo aufs Ohr Ryan. Ich werde dem Colonel Ihren Wunsch mitteilen. Die Entscheidung darüber liegt natürlich bei ihm.“

__________________
Wahnsinn und Genie liegen oft näher beieinander als man denkt.

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Wayside V, „Wildkatz“ Nahe Parkensen City, Äußerer Perimeter
01. August 3066, Spätabend kurz vor Mitternacht



Der Stingray sauste über die grüne Landschaft. Die Sonne war mittlerweile untergegangen und die Sterne funkelten am Firmament.
„Home Base von Hotshot! Passieren Perimeter acht-fünnef. Alles grün und klar. Out!“
„Home Base hier, Roger verstanden. Dreht eure Kurve, nächste erwartete Meldung in 0:05!“
„Roger, Hotshot verstanden.“
Sandy tippte an ihren Steuerknüppel und korrigierte leicht ihren Kurs. Sie waren am äußersten Perimeter angekommen und würde nun dieselbe Strecke zurück fliegen und an jedem Markierungspunkt Meldung machen.
„Hey Hotshot, wo wir gerade etwas Luft haben, wie wäre es mit einer Runde Fang das Kaninchen?“
Sandy schmunzelte. Fang das Kaninchen war ein kleines Spiel, dass sie und Jean sich auf ihren Patrouilleflügen ausgedacht hatten.
Einer der Piloten nannte einen ausgedachten Wegpunkt und wer als erstes dort eintraf, gewann das Spiel. Meistens waren es Dinge wie versteinerte Bäume, Berge oder ähnliches, allerdings fand sich das alles auf ihrer aktuellen Wegstrecke nicht, als tat es ein Navpunkt für diesen Falle.
„Klar, sag an!“
„Markierung auf null-sieben-drei. Kurz vor dem Horizont, die Planetenkrümmung.“
„Das ist recht weit, da wird die Zeit knapp zur nächsten Meldung.“
„Wir haben doch genug Treibstoff oder rechnest du etwa mit einem Ausflug zum Sprungpunkt?“
Sandy schnaubte:
„Nein. Dann go auf drei, du zählst!“
„Aye.“
Die Leitung blieb kurz ruhig als die beiden Piloten ihre Geschwindigkeit anglichen.
„Drei.“
Sandy schwenkte leicht nach Steuerbord, nähe an ihren Flügelmann. Nur wenige Meter trennten die beiden Jäger.
„Zwo.“
Mit einer ruhigen Bewegung prüfte sie den Höhenmesser und den Kompass. Ihre Füße ruhten auf den Schubpedalen.
„Eins!“
Sie gab Schub und jagte los, der Korsar schoss leicht an ihr vorbei und setzte sich vor sie.
Sandy fluchte und korrigierte leicht den Kurs, sonst wäre sie dem anderen Jäger direkt in seinen Abgas Strahl geflogen.
Dies brachte diesem allerdings wieder ein paar mehr Meter.
Knurrend trat sie das Schubpedal durch und beschleunigte.
Der Abstand schmolz allerdings eher behäbig.
Beide Jäger waren gleich schnell und es gab wenig Dinge, denen man ausweichen musste. Im Endeffekt kam es nur darauf an, wer den besseren Start erwischte und den Nachbrenner zum richtigen Moment zündete.
Jean hatte 50% für den Sieg schon auf seiner Seite.
Jetzt ließ er den Korsar auch noch leicht hin und her tanzen.
„Na warte.“
Wieder gab sie mehr Schub und schloss schneller zu dem Jäger auf.
Stück für Stück arbeitete der Stingray sich vor, bis die beiden Piloten auf gleicher Höhe flogen.
Sandy blickte zur Seite und konnte Dante sehen, wie er fröhlich gestikulierte.
Sie tippte den Steuerknüppel an und ließ den Jäger auf seinen zu springen, nur um kurz vor einer möglichen Tragflächenberührung wieder abzuschwenken.
„Du willst also spielen, das kannst du haben!“
Sie wiederholte das Manöver, diesmal noch knapper, was Dante unruhig zu ihr blicken ließ.
Sein Korsar brach leicht zur Seite weg und vergrößerte den Abstand wieder.
Sandy setzte zum dritten Mal an, als der Annäherungsalarm los schrillte und anfliegende Raketen meldete.
„Was zum…!“
Eher reflexartig zündete sie den Nachbrenner. Der Druck presste sie in den Sitz und ließ den Jäger ruckartig nach vorne schießen.
Warnmeldungen blinkten auf und zeigte mehrere Treffer.
„Hellboy von Hotshot. Was zum Geier war das?“
Sie prüfte hektisch die Sensoranzeige und konnte auf den ersten Blick nicht glauben was sie da sah.
Der Scanner zeigte ihr Mechs, Panzer, ja sogar Infanterie an, alle ohne Kennung und mindestens ein Bataillon.
Erst danach fiel ihr auf, dass Danté nicht antwortete.
„Hellboy? Kannst du mich hören?“
Auf dem Scanner leuchtete sein Icon im satten grün, nur kurz hinter ihr. Hatte es ihn erwischt? War sein Komm ausgefallen?
„Bin hier…getroffen. Überall rot. Fliegt aber noch..“
Die Worte kamen schmerzerfüllt und gepresst hervor.
Sie drängte das Adrenalin zur Seite, so gut es ging und versuchte das unruhige Pochen in ihrer Brust zu ignorieren.
„Home Base von Hotshot. Melde Feindkontakt. Fall rot. Beschuss von unbekannt. Feindliches Bataillon. Planquadrant null-sechs-acht in Richtung Parkensen City! Wiederhole: Feindkontakt. Fall rot. Beschuss von unbekannt. Feindliches Bataillon. Planquadrant null-sechs-acht in Richtung Parkensen City!“
„Home Base, copy. Statusbericht?“
„Keine Verluste, aber Schäden an der Maschine.“
Sie überflog die Schadensanzeige und stellte beruhigt fest, dass alles noch im grünen Bereich war und sie bestenfalls einige, wenige Panzerplatten eingebüsst hatte, insgesamt nicht einmal eine halbe Tonne. Der kurze Schub hatte den Großteil wohl verfehlen lassen.
„Hotshot ist grün. Hellboy scheint es getroffen zu haben, er fliegt, scheint aber verletzt!“
„Verstanden. Medteam steht bereit. Rückkehr zur Basis, ihr könnt dort nichts ausrichten.“
„Verstanden, kehren zur Basis zurück.“
In der Regel ein Satz, der ihr nicht gefiel, aber noch weniger gefiel es ihr, dass ihr Wingleader und Flügelmann verletzt schien und sie nicht wusste wie schwer. Die Gefechtsdaten, die ihr Zielcomputer abspulte gefielen ihr noch weit weniger. Der Angreifer war schwer und nicht wenig. Knapp ein Dutzend Mechs, zwei Dutzend Panzer und einiges an Infanterie. Die genaue Zusammenstellung hatte sie nicht mehr erfassen können.
Das war ganz und gar nicht gut.
„Hellboy, wir fliegen zurück zur Basis, schaffst du das?“
„Aye, solange ich nur geradeaus muss.“
Sie schmunzelte, als sie antwortete und legte den Stingray in eine leichte Kurve.
„Häng dich einfach an mein Heck, ich bring dich heim.“

Etwa zur gleichen Zeit

Rationsriegel schmeckten auch nach jahrelangem Militärdienst keinen deut besser. Das stellte Matthew fest, als er in seinem Cockpit saß und eher lustlos auf dem Riegel herumkaute.
Er und Sterncaptain Frederic hatten eine kurze Rast eingelegt, nachdem sie bereits mehrere Stunden auf Patrouille waren. Ihre Maschinen waren definitiv nicht als Scouts ausgelegt, aller höchstens für eine kurze Etappe zum nächsten Quick Markt reichte es, zeitlich.
Aber er beschwerte sich nicht. Es war ein ruhiger Abend, sie konnten ein wenig die Landschaft genießen, die Stille außerhalb der doch stets belebten Kaserne und Matthew konnte ein wenig seine Probleme für den Moment vergessen.
Dies hier war sein Mech und keiner konnte ihm hier drin etwas anhaben, wer ihn hier gegen seinen Willen herausholen wollte, musste den Mech schon zu klump schießen. Vorher würde er keinesfalls aussteigen.
Mit der Zeit verdrängte er auch sämtliche negativen Gedanken und starrte fasziniert auf den kleinen „Steinwald“, an dessen Rand sie es sich bequem gemacht hatten. Überall standen kleinere Felsen, Schrotteile und anderes herum. Die beiden Chevaliers Mechs standen mit reduzierter Leistung, dicht an einem fast fünf Quadratkilometer breitem Friedhof. So würde er es zumindest bezeichnen. Ein breites Feld an Schrotteilen, Mechüberresten, Panzerteilen, Kettengliedern, sogar ein alter Visigoth Jäger steckte zur Hälfte noch im Boden. Dazwischen ragten immer wieder fast 15 Meter hohe Felssteine auf. Die beste Deckung weit und breit.
Es war unwahrscheinlich, dass sie jemand sehen würde, dennoch schrieb das Handbuch vor, eine Rast auf Bereitschaftspatrouille niemals im Freien abzuhalten.
Auch wenn es eine Weile her war, dass er das Handbuch gelesen hatte und die Chevaliers eine Söldnereinheit waren, so gab es doch Regeln im Leben eines Mechkriegers, die eben dieses oftmals deutlich verlängerten.
Matthew hätte es auch keinem Soldaten unter seinem alten Kommando durchgehen lassen und würde nicht damit anfangen bei sich damit zu schludern.
Nostalgie ergriff ihn, als er an seine alte Einheit auf Kathil dachte.
Die fünfte Davion Guards. Lange Jahre sein zu Hause. Nahezu ausgelöscht. Manchmal vermisste er die Abende im Offizierskasino und die Sprüche über Marshal Archer und ihren Führungsstab.
Doch das war eine andere Zeit gewesen. Noch war er nicht lange bei den Chevaliers, aber sie waren so etwas wie ein Ersatz zu Hause geworden.
Er mochte Leute, sogar Danton, so komisch er manchmal auf ihn wirkte, schien ein fairer und solider Kommandeur zu sein.
Irritiert starrte er auf die Ebene vor sich, die Ähnlichkeit war durchaus verblüffend und schien den Moment der Nostalgie gut zu erklären.
Erinnerungsfetzen an die Gefechte auf der Tango Ebene kamen ihn in den Sinn, aber mehr auch nicht, als das Kom sich mit einem lauten Knacken meldete und seine Aufmerksamkeit wieder in das Diesseits zurückholte.
„Home Base von Hotshot. Melde Feindkontakt. Fall rot. Beschuss von unbekannt. Feindliches Bataillon. Planquadrant null-sechs-acht in Richtung Parkensen City! Wiederhole: Feindkontakt. Fall rot. Beschuss von unbekannt. Feindliches Bataillon. Planquadrant null-sechs-acht in Richtung Parkensen City!“
„Was zum…!“
Er wach schlagartig wieder voll da und aktivierte seine Aktivsonde.
Das Bild, das sich ihm bot, war erschreckend. Rote Dreiecke, der ersten Schätzung des Computers nach wirklich ein Bataillon.
„Wolf von Prince. Status!“
„Hier Wolf. Status grün. Volle Kampfbereitschaft!“
Matthew runzelte die Stirn und überlegte nur kurz, um zu einem Schluss zu kommen.
„Negativ Wolf. Parkensen City ist zu weit weg und wir sind nur zu zweit. Bestenfalls könnten die Jäger uns unterstützen, aber wir würden keinesfalls lang genug durchhalten, um nennenswerte Schäden zu verursachen. Von einem Rückmarsch nach Parkensen City ganz zu schweigen. Der Feind ist beinahe in Waffenreichweite. Ein Wunder, dass sie uns noch nicht bemerkt haben!“
Er wusste, dass das folgende Frederic nicht gefallen würde, aber es war die logischste Entscheidung, die sie in diesem Moment treffen konnten.
„Wir ziehen uns weiter hinter die Setine zurück, fahren unsere Systeme auf absolute Minimalleistung herunter und beobachten vorerst. Absolute Funkstille. Verstanden?“
„Pos.“
Das Zähneknirschen klang nur zu deutlich über die Leitung mit, aber der Daishi an seiner Flanke setzte vorsichtig zurück.
Matthew tat es ihm nach und beobachtete weiterhin die Sensoranzeige. Dann begann er nach und nach sämtliche aktiven Systeme auszuschalten, bis der Mech tief genug im „Steinwald“ stand und er auch den Reaktor auf Minimalleistung drosselte.
Es wurde dunkel um ihn herum, und still. Wenn er den Weg des Gegners richtig kalkuliert hatte, würde die äußerste Flanke nicht einmal einen Kilometer entfernt vorbei ziehen. Er hoffte inständig, dass er sich irrte. Das hier war der perfekte Ort für einen Hinterhalt, er konnte nur beten, dass sein Gegner den Überraschungsmoment auf seiner Seite wähnte und hier mit keinem Hinterhalt rechnete oder gar auf die Idee kam, selber einen zu legen.


Eine Sanddüne, nahe dem Draconis-Meer. Westlicher Bereich, außerhalb von Parkensen City


„Oh Jegor. Du bist unser Held.“
Corporal Lukas Hicks erhob sich und klopfte sich den Sand aus der Uniform.
„Lass uns mal eben über das Kurita Becken fahren, sagt er. Lass uns mal gucken, ob wir diese Düne hochkommen, sagt er und trifft eine verdammte Strandliege und schafft es, wie auch immer uns das halbe Hubpropellersystem zu schrotten.“
Fluchend trat er gegen die Seitenschürze des Schwebepanzers vom Typ Bandit und fluchte erneut, als ein scharfer Schmerz sein Bein hinaufzuckte.
„Super, dein Fahrstil bringt uns irgendwann noch mal ins Grab!“
Er massierte sich das Bein und blickte auf das Meer hinaus, das unweit ihrer Position gegen den flachen Strand rauschte.
Das rauschen der Brandung und der salzige Geruch waren durchaus beruhigend für das Gemüt und so reagierte er nicht, als sein Fahrer den Kopf aus der Luke steckte und wilde Flüche in seien Richtung schleuderte. Allesamt in deftigstem Russisch.
Lukas hob die hand, bevor sich noch jemand einmischen konnte:
„Nein Sam, ich will nicht wissen, welche Tiere er diesmal als meine Mutter bezeichnet hat und auch nicht, dass ich mit Mechschmiermittel gefüttert wurde. Im übrigen ist die Schürze gerissen.“
Seine Richtschützin, Samantha Grammat grinste über beide, öl-verschmierten, Backen, während sie entspannt auf dem Waffenturm lümmelte und die Sterne beobachtete.
„Sag mal hast du nicht irgendwas zu tun? Mir war so, als stünde was von Mechaniker Qualifikation in deiner Akte.“
Die smarte Rothaarige grinste noch breiter, was die leichten Sommersprossen um die etwas kleine Nase, stark verzerrte.
Sie war hübsch, eher im klassischen Sinne, mit einem scharf gezeichneten Gesicht, hohen Wangenknochen, aber klaren grünen Augen, wilden rotbraunen Haaren und diesen verführerischem Mund. Zu seinem Leidwesen war dies nicht alles, wie er wiederholt feststellte, als sie schnaubend in der nächst besten Geschützluke verschwand und die schier endlosen langen Beine, in dem viel zu knappen Overall mitnahm.
„Seh ich hier aus, als hätte ich es verbockt? Frag doch Jegor ob er so lieb ist.“
Wieder ein russischer Fluch aus dem inneren.
„Das hab ich gehört. Wo hast du eigentlich fahren gelernt? Bei der Arkab Legion, oder wie?“
Grummelnd strich er sich über den leichten Bauchansatz und seufzte wieder seiner Richtschützin hinterher. Zu schade, dass er ihr Vorgesetzter war und sie scheinbar nichts für Männer übrig hatte.
Samantha liebte nur eines, und das waren ihre Waffen. Dabei war sie selber eine Waffe. Die kleinen festen Brüste, der knackige Arsch.
Jegor riss ihn aus seinen Gedanken, als der Russe urplötzlich aus dem Boden zu wachsen schien.
Der konkrete Gegensatz zu der schlanken und groß gewachsenen Richtschützin, war Jegor ein Berg an Mann, wenn man Berge auf die Seite legen konnte.
Eher breit, als hoch, erfüllte Jegor das Prinzip Quadratisch, praktisch nur zu getreu. An manche Tage fragte Lukas sich, wie der auf Vega geborene Mann sich in dem engen Fahrerbereich überhaupt bewegen konnte. An Tagen wie dem heutigen wusste er es nur zu gut.
Jegor starrte ihn finster an, und das Öl in seinem Gesicht schien so gar nicht die Ausstrahlung von Samantha zu haben, auch wenn es vom gleichen Ort stammte.
„Ja schon klar, ich soll die Arkab Legion da raus lassen. Ist ne feine Truppe. Hast du schon mal gesagt.“
Er schnaubte und drehte dem Hünen den Rücken zu, während zum Heck des Panzers ging.
Die Frachtluke zum Transportabteil, ihre Economy-Class, wie Lukas sie liebevoll nannte, stand offen. In rotes Licht getaucht stapelten sich einige Werkzeuge und übergroße Flicken.
Er bückte sich und griff nach dem Handfunkgerät, als er sich wieder aufrichtete blickte er wieder in das hübsche Gesicht von Samantha, die kopfüber von der Dachluke hing und ihn wieder mal dick angrinste.
„Hallo, Grinsekatze. Immer noch nichts zu tun?“
Sie zwinkerte ihm zu und schwang sich dann wieder zurück durch die Dachluke, einen der übergroßen Flicken unter dem Arm geklemmt.
„Ich wird mal zusehen, ob ich das Nest erreiche, jegor sieh du mal zu, dass du unser kleines Eselchen wieder fahrtauglich kriegst, ich wollte zum Frühstück wieder zu Hause sein. Und wenn du gerade dabei bist, bring das Funkgerät wieder in Ordnung, das Ding hier hat keine sonderlich große Reichweite.“
Er hielt das Handgerät hoch, während er die Düne erklomm und kopfschüttelnd zu Boden starrte.
Die beiden waren eine super Crew, die beste, die er je gehabt hatte, aber manchmal brachten sie ihn um den Verstand.
Jegor, der sich schlichtweg weigerte etwas anderes als Brummlaute, Grunzen oder russische Flüche von sich zu geben und Samantha, die unentwegt grinste.
Sein Blick fiel auf die Strandliege, die in Stück verteilt in der Düne lag und wieder schüttelte er betrübt den Kopf. Sie waren etwas übermütig geworden, als sie auf einer kleinen Übungsfahrt über das Kurita Becken gefahren fahren und Jegor der Meinung gewesen war so ein Dünensprung wäre etwas Lustiges.
Das hatte Lukas ja auch irgendwo gefunden, bis sie die Strandliege mit einem lauten Scheppern in den Hubpropeller gebohrt hatte und kurz darauf in alle Winde verteilt unter dem Schwebpanzer hervor geschossen war. Nicht ohne vorher noch mal ein wenig an dem rüpelhaften Gefecht ihren Ärger auszulassen und den nichts ahnenden Panzerkommandanten, nämlich ihn. Aus der offenen Luke zu schleudern.
Das nächste Mal würde er sicher verschnürt in seinem Kommandostand sitzen, mitsamt Vierpunkt Gurt, Sicherheitsgestell und Helm. Das wusste er.
Wieder schmerzte das Bein und er setzte sich auf den Dünenrand, während er es sich wiederholt massierte. Scheinbar hatte er sich da verletzt, als er mit dem Rand der offenen Dachluke Kontakt geschlossen hatte.
Er hob das Funkgerät an die Lippen.
„Hier Romeo eins. Romeo Eins hier!“
Nichts. Er wechselte die Frequenz und wiederholte die Meldung, aber auch wieder nichts.
„Sieht schlecht aus für uns. Ich krieg nichts rein.“
Plötzlich knackte das Funkgerät:
„Home Base von Hotshot. Melde Feindkontakt. Fall rot. Beschuss von unbekannt. Feindliches Bataillon. Planquadrant null-sechs-acht in Richtung Parkensen City! Wiederhole: Feindkontakt. Fall rot. Beschuss von unbekannt. Feindliches Bataillon. Planquadrant null-sechs-acht in Richtung Parkensen City!“
Lukas hielt erschrocken inne und starrte auf das Gerät in seiner Hand. Auch Samantha steckte ihren Kopf hinter dem Waffenturm hervor und Jegor kroch unter dem Panzer heraus.
„Öh Boss…das ist doch..“
„Shit, ja ich weiß.“
Er warf sich herum und in den Sand und rutschte an den Rand der Düne.
„Jegor hol das Tarnnetz raus. Sam, Fernglas!“
Er drückte sich tiefer in den Sand und spähte in die Nacht hinaus.
Der genannte Bereich lag nur etwa einen Kilometer direkt voraus, viel zu nah, wenn es nach Lukas ging, zumindest wenn er mit einem fahruntüchtigen Bandit so vor sich herum dümpelte.
Er konnte sich ja wohl kaum als Strandtourist im Badeurlaub ausgeben.
Samantha hielt ihm das fernglas vor die Nase und rutschte neben ihm in Position, während sie sich beiden eine Tarndecke überwarf.
Lukas griff nach dem gerät und blickte in die angegebene Richtung.
„Wenn die Angaben des Luftjockeys stimmen, dann kommt da so einiges auf Parkensen City zu.“
„Ich befürchte sie stimmen, und noch viel schlimmer. Sie sind verflucht nah und wir können nur hoffen, dass sie nicht per Zufall über uns stolpern. Das Problem ist die vorderste Einheit. Ich sehe da zwei Masakaris, einen Awesome und sogar einen Atlas. Das sieht echt nicht fein aus.“
Mit einem Brummen rutschte Jegor neben ihn und starrte ebenfalls in die Dunkelheit. Lukas hielt ihm das Fernglas hin und erntete ein dankendes Brummen, gefolgt von einem Schwall diverser Flüche.
„Ja genau das sehe ich ausnahmsweise auch so.“
„Was machen wir, Boss?“
„Tja, ich würde sagen, Mäuschen spielen und beobachten und hoffen, dass wir nicht in der großen Mausefalle sitzen.“



Kommandozentrale der Wayside Miliz, Parkensen City

Es war toten still im Kommandozentrum.
Germaine Danton stand mit verschränkten Armen und starrte den Holotisch an.
Mikado Mamuro stand aufgestützt auf eben diesen.
Jeder hier hatte die Meldung vernommen und für einen Moment herrschte schockiertes Schweigen und starre Regungslosigkeit nur um kurz darauf in einen Hornissenschwarm der Betriebsamkeit auszubrechen.
„Das kommt nicht unerwartet, aber dennoch ist es nicht gut. Wie konnten die so nah landen ohne entdeckt zu werden?“
Die Antwort blieb aus.
„Germaine, ich muss ihre Leute doch stärker in Angriff nehmen, ich brauche alles was sie haben!“
„Ich verstehe Ace, wir werden tun was wir können.“
Er griff nach seinem Kommunikator und gab die allgemeine Kampfbereitschaft aus. Überall schrillten die Alarmsirenen und versetzte sämtliches Personal in vollste Kampfbereitschaft.
„Fallen Angels von Knave!“
„Kiki hört.“
„Bring alles in die Luft was geht. Ich möchte dass ihr als erste zuschlagt. Es wird hart werden, aber treft sie härter und kommt mir heil zurück. Wir haben die Lufthoheit und werden sie spüren lassen, was das bedeutet!“
„Kiki hat verstanden.“
„Irgendetwas von Prince?“
„Negativ, die letzte Meldung lag im Rahmen. Seine Position müsste, wenn er nach Plan weitergemacht hat direkt…in der feindlichen Stellung sein, Sir.“
Germaine sparte sich ein Fluchen und blickte auf den Holotisch, auf dem sich allmählich eine taktische Situation ergab. Sein Hirn arbeitete fieberhaft.


Auf dem Raumhafen

„Fallen Angels kommen rein!“
Kiki unterbrach ihre Vorbereitungen und tauchte unter der Tragfläche ihrer Stuka hervor.
Ihr Jäger stand am äußersten Rand des Hangars, diverse Tankschläuche wurde gerade zusammengerollt und die Halterungen unter den Tragflächen trugen jeweils zwei mehrere Tonnen schwere Bomben. Das gleiche Bild bot sich bei der anderen Chevaliers Stuka, in der Sarah Slibowitz bereits erste Startüberprüfungen durchführte.
Es war Eile geboten, dennoch nahm sich Kiki die Zeit, die Ankunft der anderen beiden Chevaliers zu beobachten.
Hellboy war der erste, der mit seinem Corsair zur Landung ansetzte.
Die Maschine wackelte gefährlich. Man konnte glatt annehmen, dass ein blutiger Amateurpilot am Steuer saß.
Die Mannschaften am Raumhafen wussten es aber besser.
Zwei Löschfahrzeuge und der Jeep mit Doktor Fleischer schossen auf das Landefeld, direkt dem hüpfenden Raumjäger hinterher, gefolgt von einer emsigen Doreen Simstein und ihrer Techcrew.
Kiki selber kletterte die Sprossen zu ihrer Stuka hinauf und griff nach dem Funkgerät, um das Ganze mitzuhören, während sie ihren Flugoverall verschloss und die letzten Kontrollen durchführte.
Der Corsair war gelandet und wurde sofort von einem wilden Schwarm umringt.
„Doreen, wie sieht es aus?“
Die Stimme von Germaine Danton dröhnte durch den Lautsprecher. Er war mittlerweile wohl auf bestem Wege zu seinem Mech, wenn nicht gar schon an Bord.
Das Schlucken auf der anderen Seite war überdeutlich.
„Nun ja, auf den ersten Blick, Maschine voll einsatzbereit..“
Sie sprach nicht weiter und mit einem würgen hörte man, wie sie sich geräuschvoll übergab.
„Hier Fleischer, melde Status rot für Piloten, die Maschine hat er in einem Stück runtergebracht, sich selber nicht. Er wird glücklicherweise von einem Splitter an Ort und Stelle gehalten. Wir werden ihn da rausschweißen müssen, sofern er das überlebt. Ich brauch sofort eine Notfalleinheit und einen vorbereiteten OP, am besten gestern!“
Die schärfe in seiner Stimme war unüberhörbar, auch wenn die letzte Aussage nicht an Danton oder Kiki gerichtet war.
„Kiki?“
Das scharfe Knirschen der Zähne vom Colonel war überdeutlich zu hören.
„Kiki hört!“
„Starterlaubnis. Gebt ihnen saures!“
„Verstanden!“
Sie änderte die Frequnez und schielte zum Stingray, der gerade seine Bahn zog. Sandy hatte alles richtig gemacht und die sichere Landung ihres Flügelmannes abgewartet, auch wenn die Gefahr bestanden hätte, dass ein Crash sie noch länger in der Luft gehalten hätte. Sie setzte nun auf der paralellen Bahn zur Landung an.
„Hotshot von Kiki!“
„Hotshot.“
„Landefreigabe widerrufen. Du bleibst in der Luft, wir starten gleich durch!“
Sie schwang sich in ihr Cockpit und schloss die Kanzel über sich. Ein kurzer griff hinter sich und der Helm saß auch an Ort und Stelle.
„Hotshot hat verstanden.“
Der Fluglotse wies Kiki gerade die Bahn und erteilte ihr kurz darauf die Startfreigabe, während die beiden Stukas leicht versetzt auf die freie Fläche der Startbahn rollten.
Beide Jäger starteten innerhalb kürzester Zeit und schlossen sich mit dem einsamen Stingray zusammen.
„Wir werden ihnen saures geben. Dreier Formation, eng. Ich möchte dass wir als einer reingehen und als drei wieder abziehen und so viel Verwirrung wie möglich stiften.
Wir werden nur einen Überflug wagen und sämtliche Bomben aus geringer Höhe abwerfen. Das heiß wir werden dichtes Gegenfeuer bekommen und müssen da so schnell wie möglich wieder raus.“
Sie atmete tief durch, bevor sie weiter sprach:
„ Wir drehen dann ein und werden den perimeter kontrollieren. Wir werden dann kleinere Störflüge fliegen, uns aber vorrangig auf die Lufthoheit konzentrieren. Wir hatten genug Verluste für einen Tag!“
Mit diesen Worten sausten die drei Chevaliers dem Feind entgegen, während unter ihnen die Kampflanze der Chevaliers ausrückte, allen voran Kyle Kotare in seinem Vulture, gefolgt von Jara Fokker in ihrem Mad Cat.

By Thorsten Kerensky
Zitat:
Jaras Sportschuhe quietschten über den Boden der Turnhalle, als sie nach links hastete und ihren Schläger hochriss, um den hohen Ball ihrer Gegenspielerin noch irgendwie zu bekommen. Gerade so gelang es ihr, ihn über das Netz zu befördern, aber die Infanteristin hatte aufgepasst und war schon zur Stelle.
Kraftvoll schlug sie zu und der Ball ging unparierbar über die Mechkriegerin hinweg und landete in ihrer Feldhälfte.
Während Jara den Ball aufhob, auf die andere Feldseite warf und zur Grundlinie trottete, spürte sie, wie der Schweiß ihr über das Gesicht, den Hals, Brust und Rücken lief.
Zwar trieben die Chevaliers nur leichten Sport, um sich im unwahrscheinlichen Fall einer Gefahrensituation nicht zu sehr verausgabt zu haben, aber die Temperaturen im Trainigscenter waren quälend hoch.
Jara warf einen kurzen Blick zum Nachbarfeld, wo Stein und Kotare mit eine Handvoll Fußsoldaten Fußball spielten und war zufrieden, dass auch die Männer schwitzten. Mulgrew hatte es bei seinem Strafdienst im Sanitätsbereich beinahe gut.
Sie wandte sich wieder ihrem Badminton-Spiel und ihrer Gegnerin zu und konzentrierte sich. Die Mannschafterin war gut und eine Herausforderung, aber die Mechkriegerin lag klar in Führung. Sie hatte den ersten Satz mit 21:17 gewonnen und auch im zweiten Satz lag sie mit 20:14 klar vorne. Wenn es ihr gelang, nur noch einen Punkt zu holen, hatte sie gewonnen.
Endlich kam der Aufschlag. Der Ball war scharf gespielt und Jara hätte ihn beinahe nicht bekommen. Entsprechend schwach war ihr Rückschlag, aber auch ihre Gegnerin schien langsam müde und fahrlässig zu werden, denn sie reagierte sehr spät.
Jara sah ihre Chance, sprintete zum Netz und blockte den Ball direkt hinter der Mittellinie. Die Infanteristin versucht zwar noch einen Hechtsprung, um ihren Schläger unter den Ball zu kommen, aber sie war nicht schnell genug. Der Ball landete in ihrem Spielfeld und entschied die Partie.
Hinter der Mechkriegerin applaudierte jemand. Eine einzelne Person. Jara drehte sich um und erkannte einen jungen Mann in Felduniform der Angry Eagles. Sie entschied sich, ihn noch einen Moment warten zu lassen und traf sich erst einmal an einem Netzpfosten mit ihrer Gegnerin und reichte ihr die Hand: „Gutes Spiel, Private!“
„Danke, Ma’am. Aber es war nicht gut genug, um zu gewinnen.“
Jara zuckte mit den Schultern: „Wir können beizeiten gerne eine Revanche spielen.“ Sie warf einen Blick auf die Uhr am Kopfende der Halle und stellte fest, dass die Trainingszeit beinahe um war. „Gehen Sie duschen. Und sagen Sie vorher den anderen Bescheid, dass wir Feierabend machen!“
Die Soldatin nickte und machte sich in Richtung Fußballfeld davon, während Jara zum Hallenrand ging, wo nicht nur der Eagle, sondern auch ihr Handtuch auf sie wartete.
„Gutes Spiel!“, begrüßte er sie. Oberleutnant den Abzeichen nach. Mechkrieger, wenn man den ausrasierten Schläfen glaubte. Dunkle Haare, dunkle Augen, durchtrainiert.
„Danke“, erwiderte Jara und wischte sich den Schweiß von Gesicht und Händen.
„Ich nehme an, Sie sind Lieutenant Fokker?“
Jara setzte sich auf eine Bank und sah zu ihm auf. Der Blick, mit dem er ihr durchgeschwitztes Top musterte, gefiel ihr nicht. „Da liegen Sie richtig, Lieutenant…“
„… Furey. Albert Furey, Flügelführer einer Mechlanze der Angry Eagles.“
„Ah.“ Jara legte sich das Handtuch in den Nacken und beugte sich vor, um ihre Schuhe zu öffnen. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie der Blick des Offiziers in ihren Ausschnitt wanderte. „Was kann ich für Sie tun, Lieutenant Furey?“
„Ich wollte mir nur die Frau anschauen, die in meiner Einheit alle nur noch die Amazone nennen.“
„Und gefällt Ihnen, was Sie sehen?“, entgegnete sie bissig.
Allerdings überging Furey ihren Unterton geflissentlich: „Ich bin etwas überrascht, wenn ich ehrlich bin. Als meine Kameraden mir von Ihnen erzählt haben, habe ich eher an einen Drachen gedacht. Sie haben ja mit unserer Lanze im Training ziemlich den Boden aufgewischt.“
Jara zögerte ihre Antwort durch einen Schluck aus ihrer Wasserflasche hinaus. „Ihre Kameraden haben mich und meine Lanze gehörig unterschätzt. Das zweite Gefecht war deutlich knapper.“
„Trotzdem: eine bemerkenswerte Leistung. Vielleicht liegt es ja daran, dass sie sogar in einer Alarmsituation Zeit für Sport haben.“
Jara deutete auf einen Tisch vor dem Ausgang der Halle. Dort standen Kampfstiefel aufgereiht am Boden und auf dem Tisch lagen Helme und Schutzwesten. Die Soldaten, die gerade ihr Fußballspiel beendet hatten, waren dabei, ihre Ausrüstung wieder an sich zu nehmen. „Wir sind vorbereitet.“
Er musterte ihren geflochtenen Zopf, der Jara bis fast zur Hüfte reichte. „Und ich hätte nie erwartet, dass jemand mit solchen Haaren einen Neurohelm tragen kann.“
„Ich stecke voller Überraschungen“, erwiderte sie gleichgültig. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen. Ich möchte unter die Dusche, denn wie Ihnen sicher nicht entgangen ist, bin ich reichlich verschwitzt.“
„Eine Frage noch, dann halte ich Sie nicht länger auf…“
Jaras Blick verengte sich: „Wenn Sie jetzt fragen, ob ich mit Ihnen einen Kaffee trinken möchte oder ob Sie mich zum Essen ausführen dürfen, lautet die Antwort: Nein!“
„Woah.“ Furey wich einen halben Schritt zurück und hob abwehrend die Hände. „Ich habe für einen Moment wirklich daran gedacht“, antwortete er grinsend und schien sich selber ziemlich witzig zu finden. „Aber eigentlich wollte ich fragen, ob wir ein Trainingsgefecht Lanze gegen Lanze abhalten können, sobald der Alarm beendet ist. Meine Leute und ich fühlen uns berufen, die Ehre der Eagles wiederherzustellen.“
Die Mechkriegerin der Chevaliers pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Es tut mir leid. Ich befürchte, der Plan für die nächsten Tage nach Beendigung der Alarmierung steht schon. Vielleicht die Woche danach, wenn wir dann noch auf diesem Planeten sind. Und Ihre Chancen stehen deutlich besser, wenn Sie mich während meiner Dienstzeit in meinem Büro aufsuchen.“
Sie schnappte sich ihre Wasserflasche und ihr Handtuch und machte sich auf den Weg zu den Duschen. Sie konnte fast körperlich spüren, wie der Blick des Eagles ihrem Hintern folgte. Arschloch.

Wenig später war Jara frisch geduscht und in Uniform auf dem Weg in ihr Büro. Zwar hatte sie regulär jetzt frei, aber die Alarmierung hatte sie von ihrem Papierkram abgehalten und sie plante, die nächsten Stunden zu nutzen, um ihren Schreibtisch freizubekommen.
Jara war zufrieden mit sich. Die Mechs ihrer Lanze waren in einem Top-Zustand, ebenso die Piloten. Lediglich Mulgrew war momentan etwas unausgeglichen, aber sie war sich sicher, dass er in der Lage war, im Gefecht einen kühlen Kopf zu bewahren.
Auch die Elementare waren einsatzbereit und erfreuten sich bester Stimmung. Sie verstanden alle nur einfach nicht, warum Danton sie in der Kaserne behalten hatte.
Sie ballte die Hände zu Fäusten und verkniff das Gesicht. Es war nicht gerecht. Die Scout-Lanze war noch nicht so weit und begab sich unnötig in Gefahr, während die schlagkräftigsten Truppen die Kaserne hüteten.
„Schlechte Laune?“ Dawns Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Die rothaarige Frau lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen am Türrahmen von Jaras Bürotür. Man musste kein besonders empathischer Mensch sein, um zu merken, dass sie emotional aufgewühlt war.
„Hallo Dawn!“ Jara wusste nicht so recht, wie sie sich verhalten sollte und auch ihrer Freundin schien es ähnlich zu gehen. Sie machte einen Schritt auf Dawn zu, um sie zur Begrüßung zu umarmen und zögerlich, beinahe verlegen ließ Dawn sie gewähren.
Jara schloss ihr Büro auf und die beiden jungen Frauen traten ein. „Wie geht es dir?“
„Ging schon besser“, gab Dawn zu. „Und selbst?“
„Hm“, machte Jara. „Ich bin ziemlich im Stress und etwas sauer, dass der Chef meine Lanze nicht rausgeschickt hat.“
„Hm.“ Dawn setzte sich und schien nach den richtigen Worten zu suchen. Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus.
Schließlich war es Jara, die sprach: „Ich nehme an, du willst reden?“
„Du nicht?“ Es klang wie ein Vorwurf.
Jara seufzte. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich… es tut mir Leid, was passiert ist. Ich hätte das nicht tun dürfen.“
„Du? Ich war auch dabei. Und habe mich nicht gewehrt.“
Wieder schweigen. Wieder Jara, die die Stille brach: „Wie fühlst du dich?“
„Hm… ich… bin verwirrt. Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen soll.“
Die blonde Mechkriegerin ahnte Übles. Sie hätte es besser wissen müssen. Vorher. „Hast du Angst?“
„Ich will nicht, dass unsere Freundschaft daran zerbricht.“
„Warum sollte sie?“
„Du hast dich tagelang nicht bei mir gemeldet und warst auch nicht erreichbar. Was soll ich denken?“
Jara seufzte: „Du hast Recht. Ich hatte so viel zu tun und…“ Ihr fiel auf, wie Dawn sich fühlen musste und dass sie ihr gerade erzählen wollte, dass andere Dinge wichtiger waren. „Nein, du hast ja Recht. Ich war zu feige. Ich… weiß selber nicht so genau, was los ist.“
„Meinst du, es war nur eine Frage der Zeit?“
„Ich weiß es nicht.“ Jara zuckte mit den Schultern. „Bereust du es?“
„Nein, ich…“
Plötzlich schrillten die Alarmsirenen der Kaserne und unterbrachen das Gespräch. „Achtung! Achtung! Wir werden angegriffen! Alles kämpfende Personal sofort kampfbereit machen! Dies ist keine Übung! Ich wiederhole…“, tönte es scheppernd aus den Lautsprechern.
„Scheiße!“, fluchte Jara und sprang auf. „Wir reden später weiter.“ Sie warf Dawn ihren Schlüsselbund zu und stürzte aus dem Raum.
Schon im Laufen in Richtung Mechhangar begann sie, ihre Uniform auszuziehen und als sie an ihrem Mech angekommen war, trug sie nur noch ihren BH, Kampfhose und Stiefel. Hastig schlüpfte sie auch aus der Hose und kletterte, jetzt nur noch in Shorts, zum Cockpit ihres BattleMechs.
Geschickt schwang sie sich durch die Luke und griff nach ihrer Kühlweste.
Jara stieg auf die Pilotenliege des Waldwolfs und stöpselte die Weste an den Kühlkreislauf an, ehe sie hinter sich griff und den Neurohelm auf ihren Kopf setzte.
„Dann wollen wir mal“, murmelte sie und betätigte den Aktivierungsschalter des schweren Omnis.
„Bitte identifizieren!“, begrüßte sie der Bordcomputer.
„Jara Fokker, Dantons Chevaliers.“
„Bitte Erkennungssatz nennen!“
„Im Krieg wird kein zweiter Preis vergeben.“ Jara schauderte. Diesen Satz hatte sie erst vor kurzem in den Computer eingespeist. Es war ein Zitat eines Generals aus dem 18. oder 19. Jahrhundert, so genau wusste sie das nicht, aber er fasst zusammen, was sie bei den Chevaliers gelernt hatte.
„Korrekt. Willkommen an Bord, Lieutenant!“
Summend und surrend erwachten die Systeme des Waldwolfs zum Leben. Am Boden des Hangars war niemand unterwegs, aber in den Kokons rings um sie herum, erwachten noch andere Mechs zum Leben. Ein Blick auf ihre Monitore zeigte ihren Mech in bester Verfassung.
Ein zweiter Blick zeigte, dass sie Freigabe hatte, den Hangar zu verlassen und so ließ sie ihren Stahlgiganten vorsichtig aus dem Kokon treten und in Richtung Ausgang drehen.
Ein dritter Blick bewies ihr, dass Kotares Bluthund schon auf sie wartet und dass Mulgrew und Stein ihre Mechs gerade hochfuhren.
Sie öffnete den Lanzen-Funk: „Schlaglanze, wir sammeln uns bei Nav Charlie, bis wir weitere Informationen vom HQ bekommen. Erkannte Feinde sind zu bekämpfen. Bis wir Übersicht haben, bleiben wir flügelweise zusammen. Und keine übereilten Aktionen, wer weiß, wie lang und heiß die Nacht noch wird.“
Prompt kamen die Bestätigungen über den Funk. Der Waldwolf schritt aus dem Hangar, beschleunigte und schloss zu seinem Flügelmann auf.
„Dann kommen die Mäuse also zur Katze…“, murmelte Jara und öffnete eine Leitung zum Hauptquartier, um Informationen und Einsatzbefehle zu erfragen.


__________________
Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein!

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"Oh, ich hasse das", brummte der Herzog. Er ergriff ein Headset. "Hier spricht der Chef. Ab sofort gilt auf dem gesamten Gelände Lande- und Startverbot. Sämtliche sensiblen Bereiche sind erneut auf Sabotage zu kontrollieren. Die bewaffneten Wachteams für die Techs werden dafür verdoppelt. Alle Zivilisten im Bereich des Raumhafens haben selbigen sofort zu verlassen oder die Schutzbereiche aufzusuchen. Verteidigungsschema B, Vorbereitung auf F."
Er wechselte die Frequenz seines Headsets. "Michael? Sie übernehmen das Kommando über die Heimkehrer, bis Harry wieder fit ist. Was? Nein. Wenn er kämpfen kann, lass ihn kämpfen. Virgil? In welchem Mech, bitteschön? Das hätte er sich überlegen sollen, bevor er sich hat aus seinem Black Watch schießen lassen. Bei plus hundert Klicks Meldung an mich. Falls das durch Funkstörung nicht möglich ist, sucht die Laserverbindung. Begleitschutz bleibt bei euch. Unser Gegner hat, so scheint es bisher, keine Jäger, also haben wir hier Lufthoheit und brauchen die KOBE nicht zu riskieren. Gut. Ace Ende."
Er sah zu Germaine rüber. Der Lieutenant Colonel winkte bestätigend. "Meine drei Maschinen beginnen bereits mit der Bombardierung des näher rückenden Gegners. Der erste Angriff erfolgt im Tiefflug. Nachdem wir ihm auf diese Weise gezeigt haben, das wir von ihm wissen, wird Kiki vorsichtiger taktieren."
"Falls der Gegner noch nicht weiß, das wir seine Position kennen."
"Es kann nicht alles schief gehen", brummte Germaine als Erwiderung.
"Sir, ein Anruf von der KOBE für Sie", informierte ein Stabsdienstler den Colonel.
Danton sah kurz herüber und nickte. "Knave hier. Ja... Ja... Ja... Das hat er gesagt?" Germaine schien kurz nachzudenken. Dann schnaubte er entschlossen. "Es ist seine Entscheidung. Aber sobald er sich deiner Lanze formell angeschlossen hat, hast du die Verantwortung für ihn, Miko. Und dann sagst du ihm, wann er nicht mehr kann. Sage ihm, ich bin sicher, dass er mich nicht enttäuschen wird. Was? Stimmt, diese aufbauenden Reden haben dich immer dazu gebracht, eine Stunde länger im Schießstand zu bleiben, oder?" Danton lachte kurz darauf. "Ich verlasse mich auf dich, Sakura. Bring den Rest heil rüber. Und höre auf DelaVito und Klein. Knave Ende."
"Es ging um Grave?", hakte Mikado nach.
"Schulterwunde, Blutverlust, sein Mech hat Waffen und siebzig Prozent Panzerung verloren, et cetera, et cetera. Aber er will kämpfen."
Im Gesicht des Koshakus arbeitete es. "Hören Sie, Germaine, es hat mir von Anfang an Magenschmerzen bereitet, Ihnen diesen Mann geschickt zu haben. Aber ich sage Ihnen was: Wenn er wirklich mit seinem Marodeur erneut da raus geht und kämpft, kriegt er von mir einen Orden und einen draconischen Pass." Er sah zu seinen Stabsdienstlern herüber. "Verdächtige Aktivitäten auf dem Raumhafengelände oder an der Kaserne?"
"Wir beobachten seit Beginn des Rotalarms die Schaltzentralen der automatischen Waffen, ihre Munitionsbunker und die Energieversorgung. Außerdem checken unsere Scharfschützenteams sämtliche Punkte, von denen aus in den Kasernenraum geschossen werden kann."
"Gute Arbeit, Roseanne", lobte der Herzog. "Also keine Sabotage, und keine Mordanschläge. Noch nicht. Da haben wir ja einen fast clannischen Gegner erwischt."
"Oder einen Gegner, der viel zu sehr Innere Sphärler ist, als uns lieb ist. Das riecht alles nach "Sauberer und fairer Kampf", und das schmeckt mir nicht", wandte Danton ein.
"Mit den Truppen, die dort anrücken, kann sich unser Gegner einen fairen Kampf auch leisten", knurrte der Herzog. "Eine halbe Stunde vor der AZ des Gegners stoßen wir mit unseren Maschinen zur Verteidigungslinie, Germaine."
"Einverstanden. Darf ich meine Pioniere anbieten? Wir haben noch die eine oder andere Schweinerei in petto."
"Sie sollen sich mit meinen Pionieren absprechen."
Danton nickte ernst. "Gut, Mylord, dann möchte ich mich für die nächste halbe Stunde verabschieden. Da der Feind noch über zwei Stunden entfernt ist, sehe ich da kein Problem."
"Ist es wichtig?" Mikado hob eine Augenbraue, runzelte die Stirn und fügte an: "Natürlich ist es wichtig. Ich ziehe die Frage zurück."
"Aye, Mylord." Danton salutierte lässig, nickte noch einmal in Richtung der Offiziere, vor allem in Richtung von Captain Juliette Harris, dann verließ er den Planungsraum.
***
Vor dem Saal erwartete ihn Sergeant Brauer, der ihm in solchen Zeiten als Adjutant zur Verfügung stand, sofern es die Gefechtslage zuließ. Danton ging ihm mit weit Raum greifenden Schritten voran. "Rufen Sie Sergeant Ferrow. Sie soll sich sofort bei mir im MechHangar melden, Gustav!"
Brauer war ein kluger Mann mit wachem Geist und Gefühl fürs Detail. Zum Beispiel wusste er, dass genau jetzt weder Nachfragen noch Wiederworte erwünscht waren. Daher beschränkte er sich, bevor er los lief, auf ein kurzes: "Ja, Sir."
Danton eilte weiter in den Hangar, dessen Tore nur halb geöffnet waren. Halb-Friedenszeit, hieß das im Jargon. Nicht ganz geschlossen wie im Fall eines direkten Angriffs, nicht ganz geöffnet, wie in Zeiten des Friedens. Irgendwo dazwischen, wie der ganze Planet. Auf dem Dach, so wusste Germaine, hockten Scharfschützen, und suchten feindliche Ihresgleichen, die auf Offiziere lauerten. Nicht, dass es ihn beruhigt hätte, dass er nach seiner Ermordung sofort gerächt worden wäre. Zu gut war ihm noch Petersons Schicksal in Erinnerung, und die blutige Entscheidung, zu der Wallace ihn gezwungen hatte.
Er huschte in den Hangar, in dem nur noch wenige Maschinen standen, eine davon sein Hauptmann, eine andere die des Herzogs. "Doreen!"
"Ja, Sir!", erklang es direkt neben ihm. Die MeisterTech der Chevaliers stand wie hingezaubert kaum einen Arm weit von ihm entfernt. Verschwitzt, mit Öl und Kühlflüssigkeit besudelt, und reichlich überarbeitet.
"Mach sofort alle Reservemaschinen bereit."
"Ich habe mir erlaubt, alle drei zur Probe hoch zu fahren, nachdem Dawn ihre erste Runde mit dem Crusader gedreht hat. Sie können in gut achtzig Minuten Gefechtsbereit sein."
"Gut. Volle Bewaffnung für alle." Suchend sah sich der Colonel um. "Stonefield und Steinberger sollen sich sofort bei mir melden."
"Aye, Sir." Sie ergriff das Mikrophon für die Sprechanlage. "Hier spricht MeisterTech Simstein. Die Techs Stonefield und Steinberger haben sich sofort am Eingang zu melden. Simstein Ende."
Danach schien bei ihr der Groschen gefallen zu sein. "Mist, Germaine, du wirst doch nicht etwa..."
"Wie machen sie sich? Alle drei, meine ich? Stonefield, Steinberger und Schwarze?"
"Nun, der ehemalige MeisterTech Klaus Schwarze macht sich naturgemäß sehr gut. Er hat viel Erfahrung, und ich wette, er hat die unmöglichsten Sachen auf Maestu zusammen schrauben müssen. Ich bin froh, dass ich ihn hier habe. Und wären die Dinge nicht so wie sie sind, hätte ich ihn längst zu meinem Stellvertreter gemacht. Ich lasse ihn bewachen, aber er macht schon seit längerem die Arbeit eines Seniortechs."
Germaine hob fragend eine Augenbraue. Simstein winkte ab. "Ein Tech überwacht ihn, kein Infanterist. Der erkennt am ehesten, ob der alte Schwarze was zusammen pfuscht, oder ob er gute Arbeit leistet."
"Verstehe. Die anderen beiden?" "Haben noch den Offizier in den Knochen. Aber sie leisten als AsTech ihren Teil. Bisher keine Auffälligkeiten oder Sabotageversuche."
Danton brummte zufrieden.
"Das hast du nicht erwartet, oder?", hakte Doreen nach.
"Nein, ehrlich gesagt hätte ich gedacht, dass sie bei der erstbesten Gelegenheit desertieren." Germaine seufzte. "Genügend Gelegenheiten habe ich ihnen gegeben. Aber so leicht wollen sie es mir wohl nicht machen."
"Bestimmt hat der kleine Steinberger eine Teufelei deinerseits dahinter vermutet", mutmaßte Doreen grinsend.
Danton lächelte dünn. Er hatte dem kleinen Bruder eines erwiesenermaßenen Kriegsverbrechers nichts geschenkt.

Stonefield und Steinberger kamen nicht gerade im Laufschritt, aber doch zügig heran. Ihnen folgten zwei Infanteristen, die immer noch mit ihrer Bewachung betraut waren.
Der ehemalige Miliz-Hauptmann Jesse Stonefield übernahm dabei die Führung. "Sir, AsTech Stonefield und AsTech Steinberger melden sich wie befohlen."
Danton musterte die beiden Männer. Stonefield war ein alter, erfahrene Soldat. So etwas, was man sich als Master Sergeant wünschte. Und als Gegner fürchtete. Seine Miene war ausdruckslos, eine Maske, undurchdringbar. Steinberger hingegen hatte keinerlei Schwierigkeiten, seine Gefühle zu zeigen. Er starrte Germaine mit unverhohlenem Hass an. Mühsam beherrschte er seine Zunge. Noch immer glaubte er an den Vorwurf, Germaine hätte seinen Bruder Robert erschossen. Die offizielle Variante lautete, dass er sich mit Dantons Dienstwaffe erschossen hatte. Das war die Wahrheit. Aber wahr war auch, dass Germaine ihn dazu gezwungen hatte. Der Preis dafür was das Überleben dieser beiden Männer und des MeisterTechs der Maestu-Miliz gewesen.
"Rühren sie, alle beide." Germaine sah zu den Wachleuten. "Wegtreten, Gunnar."
Der Infanterist sah irritiert auf. "Sir?"
"Treten Sie weg, Gunnar." "J-jawohl, Sir." Der Corporal schnappte sich seinen Kameraden und trat ab, allerdings blieb er in Rufweite.
Germaine musterte die beiden Männer einige Zeit. Dann hob er beide Hände und klatschte hinein. "Ich gratuliere, meine Herren. Sie sind mit sofortiger Wirkung entlassen. Packen Sie Ihre persönliche Habe, holen Sie sich Ihren Sold beim Zahlmeister ab und verlassen Sie die Kaserne. Der Stab stellt in diesem Moment Ihre Entlassungspapiere aus. Außerdem mache ich mich beim Herzog stark, damit Sie eine kostenfreie Passage zurück in die Innere Sphäre erhalten. Alles andere geht mich nichts mehr an."
"Das ist ein Trick", zischte der Jüngere und ballte die Hände zu Fäusten. Stonefield reagierte besonnener. "Sir, darf ich fragen, warum wir so plötzlich entlassen werden?"
"Natürlich dürfen Sie. Ich traue ihnen beiden nicht. Das sollte sie zwei nicht gerade überraschen. Im Moment befinden wir uns in einer Notsituation, wie sie zwei sicherlich mitgekriegt haben. Wir stehen kurz vor einer massiven Attacke eines unbekannten Gegners, und das Letzte, was ich dann hier in der Basis haben will, sind zwei Männer, die nach Herzenslust sabotieren."
"Was ist mit Schwarze?", fragte Stonefield.
"Er erhält das gleiche Angebot. Allerdings ist er nützlich. Ihn würde ich unter Vertrag nehmen wollen."
"Was heißt hier nützlich?", rief Steinberger aufgebracht. "Es kann sich ja wohl niemand über unsere Arbeit beschweren! Wir haben hier sehr gute Arbeit geleistet! Oder etwa nicht, MeisterTech?"
Germaine lächelte dünn. "Für die sie zwei auch angemessen entlohnt werden. Aber es ist müßig darüber zu sprechen. Ich rede hier mit dem Mann, der mir vorwirft, seinen Bruder ermordet zu haben. Verschwinden Sie einfach, so schnell wie Sie können, und wir haben unseren Frieden. Sie und ich. Egal, welche Flagge morgen über dieser Welt weht. Sie können nur noch wählen zwischen einem freiwilligen Abgang, oder einem Rausschmiss."
"Also geben Sie es zu, ja? Dass Sie ihn erschossen haben, in der engen Zelle, ja? Ich wusste es! Und jetzt wo Ihnen der Arsch auf Grundeis geht, da wollen Sie uns fort haben, ja?"
Germaine trat einen Schritt vor, und schlug ihm die Faust ins Gesicht. Der Kopf des jungen Steinbergers wurde nach hinten geworfen. "Ihr Bruder war ein Schlächter, ein Vergewaltiger und ein Monster! Aber er hatte auch noch einen Funken Ehre, und er hat seinen jüngeren Bruder geliebt. Natürlich hat er sich nicht wegen seines Offiziespatent erschossen. Ich habe ihm dafür in die Hand versprochen, sie beide und Schwarze am Leben zu lassen. Jetzt sind wir weit, weit weg von der lyranischen oder Arc Royalischen Justiz, und sie zwei können abhauen, untertauchen, verschwinden. Wohin auch immer. Nehmen Sie meinetwegen Schwarze mit. Falls er will. Damit ist der Deal mit Ihrem Bruder beendet."
Im Gesicht des ehemaligen Leutnant arbeitete es. Und das lag nicht nur am blauen Fleck auf seiner Wange.
Stonefield legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ruhig, Junge. Wir werden drüben in Parkensen City einen Logenplatz dabei haben, wenn sie Danton frittieren. Und danach finden wir schon irgendeinen Platz. Irgendwo."
Anklagend hob Steinberger die rechte Hand und deutete auf Danton. "Du meinst, ich soll es irgendwelchen dahergelaufenen Söldnern überlassen, ihn zu töten? Nach all der Zeit, nach allem was wir erlebt haben?"
"Immerhin, er hat uns am Leben gelassen!", zischte Stonefield.
Steinberger glitt unter der kräftigen Linken hervor und trat auf Danton zu. "Das werde ich nicht zulassen. Nein, das will ich nicht. Nicht so! Niemand hat das Recht, Sie zu töten, Danton! Niemand außer mir! Ich will meine verdammte Chance!"
"Ich bin beschäftigt! Und jetzt hauen sie beide endlich ab! Ich muss hier eine Invasion abwehren!", blaffte Danton. Speichel flog aus seinem Mund und landete auf der Tech-Uniform seines Gegenübers.
"Ich will meine Rache!", beharrte er.
"Soll ich Sie gleich hier erschießen? Soll ich das? Sofort? Ja?" Danton zog seine Dienstwaffe und rammte sie hart in die linke Wange seines Gegenübers.
"Sir, er hat doch nur...", begann Stonefield.
"Das tun Sie nicht, Danton. Nein, das wäre nicht Ihr Stil. Zu viele Zeugen. Sie mögen es eher heimlich, oder?" Steinberger grinste breit. "Was halten Sie davon? Ich helfe Ihnen bei Ihren Piratenproblem. Letztendlich habe ich acht Jahre Erfahrung als Mechkrieger und Guerilla-Führer. Und dafür geben Sie mir die Chance, Ihnen den dürren Hals zu brechen!"
"Ich soll Sie in einen meiner Mechs lassen?" Danton spuckte aus und zog die Waffe zurück. "Ich werde nicht so dumm sein und einen Feind in meinen Rücken lassen und ihn auch noch selbst ausrüsten und bewaffnen."
"Oh, haben Sie keine Sorge. Ich werde Ihnen nicht in den Rücken schießen. Aber ich werde auch nicht zulassen, dass ein Anderer Sie tötet." Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. "Und wenn die ganze Geschichte vorbei ist, dann gebe ich Ihnen die gleiche Chance, die Sie Wolf gegeben haben!"
Stonefield trat neben ihn und zog den jungen Offizier zurück. "Hören Sie nicht auf ihn, Sir. Wir verlassen jetzt die Kaserne, und..."
"Sie kriegen einen Mech. Mit einer schönen fetten Bombe, direkt im Cockpit. Und wenn ich glaube, dass Sie nicht nur wie ein Arschloch sprechen, drücke ich selbst auf den Zünder. Haben wir uns verstanden, Robert Steinberger?"
"Ich kriege meine Chance?", hakte er nach, plötzlich atemlos vor Aufregung.
"Sie kriegen Ihre Chance."
"Sie haben einen Mechkrieger für die Schlacht gewonnen!", sagte Steinberger grimmig.
Stonefield trat hastig einen Schritt vor. "Sir, bei dieser Gelegenheit möchte ich mich freiwillig melden! Sie können auch zwei Mechkrieger gebrauchen, nicht nur einen!"
Danton musterte den ehemaligen Offizier ernst. "Haben Sie auch vor, mich hinterher zu töten?"
"Nein, Sir. Aber einer muss ja auf diesen Idioten aufpassen!"
"Gut, dann lassen Sie mich mein Angebot verfeinern: Wenn das hinter uns liegt, und sie beide hinterher noch am Leben sind, garantiere ich, dass ich sie zwei persönlich mit zurück in die Innere Sphäre nehme und auf einer Welt ihrer beider Wahl aussetze, die wir passieren." Er deutete auf Steinberger. "Das gleiche gilt für meinen Nachfolger, falls dieser Hitzkopf mich tatsächlich tötet."
"Einverstanden, Sir", sagte Stonefield. "Einverstanden", fügte Steinberger an.
"Gut. Sie zwei werden auf die Reservemaschinen gesetzt. Stonefield, Sie sind wegen Ihrer bisherigen Erfahrungen für den Clint geeignet. Steinberger, ich überlasse Ihnen den Phoenix Hawk. Aber ich gebe Ihnen einen hübschen Aufpasser mit." Er winkte Dawn Ferrow heran, die bisher in respektvollem Abstand dem Schauspiel zugesehen hatte. "Sergeant Ferrow, Ihr neues Kommando, die provisorische zweite Kampflanze."
"Das ist nicht dein Ernst, Germaine", raunte sie.
"Oh, das ist mein tödlicher Ernst." Er musterte die Männer. "Ab sofort sind Corporal Steinberger und Corporal Stonefield in Dienst gesetzt. Als Mechkrieger. Sergeant, übernehmen Sie das Kommando."
"Ja, Sir. Übernehme das Kommando."
"MeisterTech Simstein, machen Sie die Mechs klar und eichen sie sie auf die neuen Piloten."
"Aye, Sir."

Als Germaine Danton den Hangar verließ, war hinter ihm längst die große Hektik ausgebrochen. Und die Einheit hatte eine fast komplette Lanze aufgestellt. Zwar war eine Mischung aus Scouts und einem schweren Battlemaster nicht gerade eine Ideallösung. Aber er stellte sich die Überraschung jedes Gegners vor, der die beiden mittelschweren Maschinen der Lanze verfolgte, und unvermittelt unter dem Raketenbombardement des Crusaders geriet. Dawn würde ihre Strategie entwickeln. Und die beiden ehemaligen Maestu-Milizoffiziere waren erfahren in Taktik und Mechführung. Für ein Provisorium versprach es interessant zu werden.
Über Steinbergers Ambitionen ihn zu töten verlor er keinen weiteren Gedanken. Zuerst würden die beiden überleben müssen. Und das würde nicht leicht werden.

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Landungsschiff Kobe
Mechhangar
Wayside V

Die hektische Betriebsamkeit in dem riesigen Mechhangar wurde durch den Start des Landungsschiffes nicht im Geringsten beeinflusst. Im Gegenteil, nun wussten die zahlreichen Techs und Mechkrieger, dass es einem weiteren Gefecht entgegen ging. Das sie an anderer Stelle gebraucht wurden.
„Du verdammtes Mistding. Wenn du nicht sofort dein Futter einsaugst, wie es deine Aufgabe ist, dann werde ich dich eigenhändig aus der Verankerung reißen und durch eine Standartwumme ersetzen.“
Jack trat beherzt gegen die Kupplung der Rotationskanone und brüllte seinen Frust heraus. Er hatte alles getan um die Ladehemmung zu beseitigen und seine Lieblingswaffe damit wieder gefechtsklar zu bekommen, aber bei jedem der Testläufe verkantete die eingezogene Granate in der Kammer und blockierte erneut das empfindliche System.
„Hey, hey, ganz Sachte, Heißsporn. Damit bringst du die Dame auch nicht dazu, besser auf deine Wünsche ein zu gehen.“
Rudi Teuteburgs Kopf erschien in der Luke der Autokanonenmunitionszufuhr. Sein Gesicht war völlig mit schwarzen Pulverresten bedeckt, so dass die weißen Zähne bei dem fröhlichen Grinsen hervorstrahlten.
„Oder hast du schon mal eine Frau mit Fußtritten dazu bewegen können dir einen Wunsch zu erfüllen?“
Bei den aufmunternden Worten seines Lanzenkameraden kam Jack nicht umhin, ebenfalls ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern, trotz der Schmerzen der Schulterwunde, seiner miesen Laune und der nun noch hinzukommenden pochenden Schmerzwellen seines Fußes, der den ungestümen Kontakt mit der Stahlkupplung wirklich übel nahm.
Der andere Mechkrieger war ihm durchaus sympathisch, und alleine die Tatsache, dass er ihm half, seinen Marodeur wieder in einen kampftauglichen Zustand zu bekommen, sprach Bände über dessen Wesen. Und den Zusammenhalt von Dantons Chevaliers, seiner vorerst neuen Heimat.
„Nein, meistens habe ich mir in solchen Situationen dann einen Tritt ins Gemächt eingefangen. Ist aber eher unwahrscheinlich, dass mein Baby mir so was antun würde. Nicht wahr mein dunkler Engel?“
Während er sprach tätschelte Jack die Läufe des Rotationsgeschützes und blickte dann prüfend zu der Techcrew hinab, die eine weitere massive Panzerplatte auf einem Hubwagen herankarrte um sie auf dem breiten Torso der Mordmaschine anzubringen. Die Flammen der Schweißgeräte würden heute wohl Überstunden schieben müssen.
Seniortech Kenee wischte sich gerade den Schweiß mit dem Ärmel ihres Overalls von der Stirn als sie seinen Blicken gewahr wurde.
„Was gucken Sie so, Mechkrieger? Noch nie wirklich hart arbeitende Menschen gesehen?“
Ihr Lachen war ansteckend, und Jack wie auch Teuteburg fielen ein.
„Arbeitende Menschen? Da kann ich ja nur müde grinsen. Wahrscheinlich wisst ihr nicht einmal wie Arbeit überhaupt geschrieben wird!“
Er sah gerade noch den ausgestreckten Mittelfinger, dann bekam er einen weiteren Schwächeanfall und musste sich an der Autokanone festhalten, bis die dunklen Schatten in seiner Sicht verschwunden waren.
Schnell griff er zu der bereit stehenden Trinkflasche und sog gierig die Flüssigkeit in sich hinein. Der verdammte Blutverlust machte ihm schwer zu schaffen. Aber sein Wille war stärker. Musste stärker sein.
„Jack, das hälst du nicht mehr lange durch. Junge, steig in dein Cockpit und ruh dich ein wenig aus. Es bringt keinem was, wenn du hier zusammen brichst. Außer vielleicht den Angreifern. Die würden sich freuen, wenn du dich selbst aus dem Spiel nimmst. Hör auf den alten Chappi und mach endlich mal ne Pause.“
Die Stimme von Rudi klang besorgt und er war sich sicher, dass wenn er den Gesichtsausdruck des älteren Mannes hätte sehen können, dieser noch ein wenig besorgter gewesen wäre.
Leider verdeckten bunte Lichter noch immer sein Blickfeld. Erneut trank er einen Schluck des widerlichen Wassers und schüttelte den Kopf um die Störungen zu beseitigen. Das brachte ihm einen Schwindelanfall astronomischen Ausmaßes ein.
Um seine Schwäche zu verstecken schnaubte er verächtlich und ließ sich dann mit dem Rücken an dem Geschütz nach unten in eine sitzende Position gleiten.
Verdammt, ging es ihm dreckig.
„Chappi, wir alle können uns noch genug ausruhen wenn wir tot sind. Und das könnte eher früher als später passieren wenn wir den Bastarden nicht alles entgegen stellen, was wir noch aufzubieten haben.“
Er bemerkte wie kalter Schweiß sein Gesicht herunter lief und entschied, etwas gegen die Hitzewallungen zu unternehmen. Kurz entschlossen schälte er sich aus dem ärmellosen Shirt und warf es zu seiner Weste, die bereits etwas abseits auf dem Torso des Marodeurs lag, nachdem er sich damit die Nässe aus dem Gesicht gewischt hatte.
„Außerdem hat mein alter Herr immer gesagt, dass der welcher rastet auch stets rostet. Und das wirklich Letzte, was ich im Moment gebrauchen kann, ist auch noch Rost anzusetzen.“
Mit einem verschmitzten Grinsen blickte er sich zu Chappi um und sah in ein völlig entsetztes Gesicht.
Erst jetzt dämmerte es ihm, was für einen Fehler er begangen hatte.
„Jack, was zur Hölle ist mit deinem Rücken passiert? Sind das alles Narben?“
Sein Unterkiefer zitterte. Was sollte er nun tun? Fieberhaft dachte er nach, aber eine plausibel klingende Lüge fiel ihm einfach nicht ein. Dieses eine Mal würde er wohl bei der Wahrheit bleiben müssen.
„Ja, Rudi. Das passiert wenn ein eigensinniger Leibeigener der Nebelparder nicht den Befehlen seines vorgesetzten Offiziers folgt. Die haben da eine tolle Erfindung. Nennt sich Elektropeitsche. Nicht nur, dass dieses Foltergerät dir Schocks verpasst, die dich daran hindern, ohnmächtig zu werden - nein, sie brennt dir auch noch die Haut vom Rücken. Eine wirklich unangenehme Sache. Kannst du mir glauben.“
Mit einem entschlossenen Ruck zog sich Jack wieder in die Höhe und drehte sich nun vollends zu seinem Gesprächspartner um, damit dieser nicht noch weiter von den schrecklichen Wunden irritiert wurde. Aber Chappi schien so entsetzt, dass er jedwede Pietät verlor.
„Du warst Leibeigener der Nebelparder? Wie viele Schläge waren das? Dein ganzer Rücken sieht aus, als ob sie dir die Haut in Streifen runtergeschnitten hätten! Und was ist das für ein rundes Mal auf deinem Schulterblatt?“
Eigentlich wollte Jack nicht darüber sprechen. Er hatte in den letzten Jahren erfolgreich versucht, die Geschehnisse zu verdrängen, aber Rudis Stimme war ein Quantum zu fordernd und er gestand sich selbst ein, dass ein neuer Lanzenkamerad ein Anrecht darauf hatte, so etwas zu erfahren.
„Ja, Rudi. Ich war eine Zeitlang Leibeigener einer abtrünnigen Nebelpardergruppe. Ihre Anführerin hatte ein Auge auf mich geworfen. Aber Sie hasste Freigeburten, vor allem wenn sie ein so loses Mundwerk hatten, wie ich mit einem gesegnet bin. Irgendwann hatte sie genug von meinen ständigen Entgegnungen und hat mir fünfzig Schläge verordnet. Angebunden an einem Gerüst, vor der gesamten Einheit. So als Exempel. Sie wollte mich brechen. Aber sie hat nur erreicht, dass ich stärker wurde. Stärker in meinem Willen.“
Verlegen kratzte er sich am Kopf, während die Erinnerungen schmerzhaft durch seine Gedanken brandeten. Der Knebel, der ihn am Schreien gehindert hatte. Die Fesseln, welche blutige Striemen auf seinen Handgelenken hinterlassen hatten. Und natürlich ihre verfluchte Stimme, die erbarmungslos jeden einzelnen Schlag mit einer Zahl versehen hatte.
Sein Gesicht wurde zu einer Maske aus Wut und Verachtung.
„Die runde Wunde ist ein Brandzeichen. Das war ihre ganz persönliche Methode, dir zu zeigen, dass man nun ihr Eigentum war. Ein glühendes Stück Metall, das deine Haut verbrannt hat. Ich habe schon versucht es entfernen zu lassen, aber die Ärzte in sechs unterschiedlichen Kliniken haben mir gesagt, dass ich es wohl immer mit mir herumtragen werde.“
Von einem Moment zum anderen verschwand der Groll aus seinem Gesicht und machte einem zuversichtlichen Lächeln Platz.
„Wie sieht es da unten aus. Hast du die abgelagerten Sprengstoffrückstände an den Führungsschienen der Granaten entfernt?“
Der plötzliche Themenwechsel verwirrte Rudi sichtlich, er besaß jedoch offensichtlich genug Anstand, um nicht noch weiter in Jacks Vergangenheit herum zu stochern.
Noch bevor er jedoch antworten konnte, ertönte eine missmutige, weibliche Stimme aus der Tiefe des Hangars.
„Mechkrieger Ryan! Was zur Hölle tun Sie da oben. Hatte ich ihnen nicht ausdrücklich befohlen sich auszuruhen?“
Sergeant Tsuno schien wirklich aufgebracht zu sein. Jack schnaubte verächtlich.
„Nein, Sergeant. Sie haben mir nahegelegt, mich ein wenig aufs Ohr zu hauen. Das ist nicht wirklich dasselbe.“
Missmutig griff er nach einem Schraubenschlüssel und begann, das Gehäuse der Rotationskanone zu demontieren.
Leider hatte er nicht mit dem aufbrausenden Temperament der Asiatin gerechnet.
Nur Sekunden nach seiner Antwort stand sie plötzlich neben ihm. Ihre Stimme glich dem Fauchen einer Kurzstreckenrakete.
„Wollen Sie mich verarschen, Mechkrieger? Wenn das nämlich so sein sollte, dann werden wir beide jetzt richtigen Ärger bekommen.“
Ihr Wutausbruch bewog Rudi dazu, in der Luke unterzutauchen und zauberte ein Lächeln auf Jacks Gesicht.
Das kleine Mädchen schien es wirklich darauf ankommen lassen zu wollen. Langsam legte er den Schraubenschlüssel auf dem Gehäuse ab und drehte sich in Zeitlupe herum. Verächtlich blickte er zu ihr hinunter. Mit etwas über einem Meter sechzig war sie einen ganzen Kopf kleiner als er.
„Ich bezweifle stark, dass Sie Ärger mit mir bekommen möchten… Sergeant Tsuno. Ich habe mich freiwillig ihrer Lanze angeschlossen, was beinhaltet, dass ich Ihren Befehlen folge leisten werde. Das wiederum erfordert allerdings, dass Sie sich verständlich ausdrücken und keine wagen Andeutungen fallen lassen.“
Der plötzliche Schmerz, der seine Schulter durchzuckte, brandete bis in die letzte Ecke seines Verstandes, ließ ihn aufkeuchen und in die Knie gehen. Er war nicht in der Lage irgendetwas zu unternehmen. Sogar zum Schreien fehlte ihm die Luft.
Ihre kleine Hand lag wie ein Schraubstock auf dem Verband der frisch genähten Narbe seiner Wunde während sie ihn kalt anstarte.
„Gut, Mechkrieger Ryan. Dann lassen Sie mich meine Anweisungen doch noch einmal präzisieren. Ich befehle Ihnen, sich auf der Krankenstation zu melden und dort, bis ich Sie wecke, auszuruhen. Ich habe gerade mit Colonel Danton gesprochen und er hat mir die Entscheidung überlassen ob Sie als gefechtstauglich einzustufen sind oder nicht. Also entweder Sie befolgen nun meine Befehle oder aber ich lasse Sie von der Miliz in die Krankenstation eskortieren. Da können Sie dann zusehen wie das Gefecht verläuft. Wie ist Ihre Antwort Ryan?“
Als ihre Hand den Druck von der Wunde nahm, kippte er einfach nach hinten gegen die Kupplung des Rotationsgeschützes. Der Schmerz ließ etwas nach, machte jedoch deutlich, dass eine weitere Konfrontation mit dem jungen Sergeant innerhalb der nächsten Minuten zweifellos zu seiner Ohnmacht führen würde.
„Sergeant, das war nun überaus deutlich!“
Er rang nach Luft und blickte in Ihre kalten, berechnenden draconischen Augen, welche ihn eingehend musterten.
„Sie haben gewonnen. Ich möchte aber anmerken, dass die Techs der Miliz völlig überlastet sind. Alle unsere verbliebenen Maschinen weisen schwere Gefechtsschäden auf. Wenn ich mal raten dürfte, dann waren die Truppen gegen die wir auf der Ebene gekämpft haben, nicht alleine. Die passen nämlich gar nicht alle in die beiden gesichteten Landungsschiffe. Und wenn die jetzt auch noch ein paar der abgeschossenen Milizmechs wieder herrichten, dann werden Colonel Danton und der Herzog jeden einsatzbereiten Krieger mit seiner Maschine benötigen. Einsatzbereit, Sergeant Tsuno.
Ich habe meine Karriere vor langer Zeit als Tech begonnen und als solcher kann ich Ihnen mitteilen, dass der Marodeur in seinem jetzigen Zustand keine zwei Minuten im einem Kampf wie dem letzten durchhalten wird. Ich habe diesen Battlemech mit meinen eigenen Händen zusammen geschraubt. Ich kenne jedes einzelne Bauteil. Wenn Sie mich jetzt auf die Krankenstation schicken, werden die Reparaturarbeiten an dieser Maschine wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, die sonst in die anderen Battlemechs der Einheit gesteckt werden könnte.
Es ist natürlich Ihre Entscheidung, Sergeant Tsuno. Aber wollen Sie wirklich auf einen fünfundsiebzig Tonnen Mech verzichten, nur weil der dazu passende Krieger einen etwas schwachen Eindruck macht?
Ich garantiere Ihnen, dass ich voll einsatzfähig bin. Ich kann und werde kämpfen. Das verspreche ich Ihnen.“
Ihr verbissener Gesichtsausdruck zeigte ihm, dass er Sie fast soweit hatte. Sie dachte wirklich darüber nach. Es fehlte nur noch ein wenig Überzeugungskraft um ihr die Wahrheit in seinen Worten klar zu machen.
„Sergeant Tsuno, wenn Sie erlauben werde ich Ihnen etwas zeigen.“
Mit langsamen Bewegungen griff er sich an die Augenklappe und zog die Abdeckung von seinem schrecklich zugerichteten Auge.
Er konnte das Entsetzen in ihrem Blick sehen, als sie die schweren Verletzungen erblickte, die er sonst vor der Allgemeinheit zu verstecken versuchte.
„Das war ein Splitter aus einer LB-X Autokanone, welcher meine Cockpitpanzerung durchschlug. Er hatte nicht mehr genug Kraft um mich zu töten, aber es reichte um mein Gesicht zu zerfetzen, Sergeant Tsuno. Ich habe trotzdem weiter gekämpft.
Für meine Kameraden habe ich den verdammten Hügel gegen eine Horde angreifender Clanner gehalten.
Ganze zwölf Minuten lang.
Bis auch der letzte überlebende Mech meiner Einheit evakuiert war.
Zwölf Minuten in denen mich der Schmerz fast wahnsinnig gemacht hat.
Zwölf Minuten, in denen ich mein Blut vergossen habe um meine Leute zu retten.
Zwölf Minuten, die mich anschließend Jahre meines Lebens zur Leibeigenschaft verdammt haben.“
Als er ihre mentale Verteidigung brechen sah zog er die Augenklappe wieder über sein Gesicht und stemmte sich stöhnend in die Höhe.
„Colonel Danton hat mir etwas gegeben, was ich seit Jahren nicht mehr hatte, Sergeant. Er hat mir eine Heimat gegeben. Und egal wo er in der Zukunft kämpfen wird, ich werde an seiner Seite stehen.“
Er baute sich zu seiner vollen Größe auf. Auf seiner nackten, narbenübersäten Brust zuckten unkontrolliert einige Muskelstränge und seine Hände waren zu Fäusten geballt, die Knöchel standen weiß hervor. Miko Tsuno konnte in seinem Blick ganz klar die Ernsthaftigkeit seiner Worte erkennen.
Jack Ryan-Jones war ein Bluthund dessen Aggressionspotential kurz vor dem Ausbruch stand.
Ein verwundetes Tier, welches man in eine Ecke gedrängt hatte.
Offensichtlich hielt sie es für besser, dieses Potential gegen den Gegner zu richten, anstatt selbst eine Konfrontation mit dem neuen Mechkrieger zu riskieren.
Bevor sie jedoch etwas sagen konnte, fuhr Jack ihr noch einmal ins Wort.
„Wie also lautete ihr Befehl, Sergenat Tsuno.“
Sie nickte kurz. Dann blickte sie ihm erneut streng in das gesunde Auge, aber die Härte war zumindest teilweise aus ihrer Stimme gewichen.
„Also gut, Mechkrieger Ryan. Ich erlaube Ihnen, die Reparaturarbeiten an Ihrem Battlemech vom Cockpit aus zu überwachen und dem Techteam per Bordfunk Hilfestellungen zu geben. Aber nur wenn Sie mir versprechen sich auszuruhen und genügend zu trinken. Ich kann keinen Flügelmann gebrauchen, der zwar in einem kampftauglichen Mech steckt, aber mitten im Gefecht zusammenbricht.“
Damit drehte sie ihm den Rücken zu und begann an dem Wartungsgerüst hinab zu klettern. Er blickte ihr starr hinterher.
Noch einmal wendete sie sich zu ihm um, als die erste Sprosse der Leiter hinter ihr lagen.
„Mechkrieger Ryan…“
„Sergeant Tsuno?“
Seine Stimme klang hoffnungsvoll, irgendwie jedoch auch gleichgültig.
Miko Tsuno musste grinsen.
„Ich soll Ihnen von Colonel Danton ausrichten, dass er sich sicher ist, dass Sie ihn nicht enttäuschen werden.“
Damit verschwand die kleine Draconierin aus seinem Sichtfeld und Jack drehte sich zu der Einstiegsluke des Cockpits herum.
„Verdammt, Jack, du musst Eier aus Granit haben um so mit dem Sergeant zu sprechen. Ich habe schon gedacht Sie würde dich an den Ohrlappen zurück in das Krankenrevier schleifen.“
Der Kopf von Chappi war erneut aus der Versenkung aufgetaucht und der ältere Mechkrieger starrte fassungslos seiner kommandierenden Unteroffizierin hinterher.
Der ehemalige Pirat blickte zu seinem neuen Lanzenkameraden hinab und lächelte dabei.
„Sie sind aus Titan, Rudi. Aus purem Titan. Ich muss dir aber sagen, dass ich echt froh darüber bin, dass Sie nicht auf den Kampf bestanden und nachgegeben hat. Ich glaube das draconische Girly hätte mich, in meiner jetzigen Verfassung, in der Luft zerrissen. “

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Thorsten Kerensky
Colonel


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Dawn war fürs Erste bedient. Ihr ganzes Leben schien momentan scheiße zu laufen und sie hatte die Schnauze gestrichen voll. Die Trennung von Markus war schon schlimm genug, aber diese hirnrissige Aktion mit Jara hatte dem ganzen wahrlich die Krone aufgesetzt. Und warum zur Hölle konnte sie das nicht einfach vergessen und auf sich beruhen lassen? Jara schien damit weniger Probleme zu haben.
Dazu kam dann noch ihr Job: Ihre Versetzung auf einen interessanteren Posten war zwar beantragt, aber bei dem ganzen Chaos konnte sie nicht erwarten, dass Danton oder Harris dafür Zeit hatten. Und sie wollte wieder Soldatin sein. Die Übungsrunden im Simulator wurden zunehmend frustrierender, hatte sie doch immer im Hinterkopf, dass sie nicht in ein reales Gefecht durfte.
Schweren Schrittes trottet sie zu ihrer Unterkunft, während um sie herum Hektik tobte. Fast alle Chevaliers waren jetzt beschäftigt, hasteten zu ihren Fahrzeugen oder an ihre Arbeitsplätze. Vielleicht würde sie sich später dem kleinen Zirkel der Untätigen anschließen, sich zu Father O’Hierlihy, Leon, Kleinweich, den Al Haras und den übrigen Non-Kombattanten gesellen. Und vielleicht konnte sie Susan mitnehmen, dann konnten die älteren Chevaliers das Baby verwöhnen und alle waren abgelenkt und glücklich.
Dawn verzog bei ihrem Sarkasmus das Gesicht und schloss ihre Tür auf. In ihrer Unterkunft war es ruhig, die Kleine schlief noch tief und fest und die rothaarige Söldnerin gönnte sich den Luxus, einen langen Augenblick einfach nur neben ihrem Bettchen zu stehen und ihren einzigen Lichtblick zu betrachten. Sie spürte, wie der Anblick ihrer Tochter sie mit Glück, Zufriedenheit und neuer Kraft erfüllte. Es war fast, als würde das schlafende Kind eine Art Zauberspruch wirken…
Ein leises Räuspern riss sie aus ihren Gedanken und Dawns Kopf wirbelte herum. Ein breitschultriger, großgewachsener Soldat stand im Türrahmen und war taktvoll genug, sich leise zu verhalten. Er deutete ihr mit einer Kopfbewegung zum Flur an, dass er ihr etwas mitzuteilen hatte und als er einen Schritt aus ihrer Unterkunft ins helle Licht des Korridors machte, erkannte Dawn ihn auch. Es handelte sich um Sergeant Gustav Brauer, einen der Gefechtsrüstungsträger aus Jaras Lanze.
Sie warf einen letzten Blick auf Susan und folgte ihm dann hinaus.
„Es tut mir leid, dass ich störe, aber der Colonel möchte Sie unverzüglich im Mechhangar sprechen.“
Dawn legte die Stirn in Falten: „Wieso denn das?“
„Das weiß ich leider nicht. Er sagte nur, dass es dringend sei.“
„Wird es länger dauern?“
Brauer, der etwas zu ahnen schien, zuckte mit den Schultern: „Gut möglich.“
„Dann bringe ich meine Tochter vorher zu O’Hierlihy.“
Der Infanterist schüttelte den Kopf: „Nein, dafür ist keine Zeit. Ich kann mich aber darum kümmern, wir rücken erst später aus.“
Dawn behagte es gar nicht, ihr Baby einem nur flüchtig bekannten Soldaten anzuvertrauen, aber sie ahnte auch, dass sie keine große Wahl hatte. Wenn sie jetzt nicht Dantons Befehlen Folge leistet, wäre ihre Chance auf vollständige Eingliederung vermutlich endgültig zunichte.
„Wenn der Kleinen etwas zustößt, mache ich Sie persönlich verantwortlich“, knurrte sie und ein „Außerdem ist Ihre Lanzenführerin Patentante und wird Ihnen den Kopf abreißen!“ schwang nicht sehr verhohlen mit.
Brauer nickte und folgte Dawn, die in ihr Quartier ging, um Susan in einen Tragekorb zu legen und eine Tasche zu holen, in der sie für so einen Fall alles nötige untergebracht hatte: „Hier sind Windeln, Milch, ein Ersatzschnuller und so weiter drin. Der Father und Esmeralda wissen, was zu tun ist. Und erinnern Sie beide daran, dass Susan mittlerweile sehr ausdauernd krabbelt, wenn man nicht aufpasst!“
Der Sergeant nickte und griff nach den Sachen. Er trat vor die Tür und wartete, bis Dawn abgeschlossen hatte. „Das hier sollten Sie vielleicht tragen“, riet er ihr und drückte ihr die Rangabzeichen eines Sergeant in die Hand. „Zumindest wollte der Alte einen Sergeant Dawn Ferrow sehen, da kann ich ihm keinen Corporal schicken.“
Jetzt machte sie Überraschung auf dem Gesicht der Rothaarigen breit. „Eine Feldbeförderung?“
„Es scheint ganz so.“
„Dann will ich den Colonel nicht warten lassen. Passen Sie auf mein Baby auf!“
Brauer versuchte sich an dem, was hünenhafte Muskelberge als beruhigendes Lächeln durchgehen ließen. Es sah reichlich bizarr aus bei einem Riesen mit Baby-Korb: „Und passen Sie auf seine Mutter auf… Sergeant!“
Dawn nickte und rauschte in Richtung Hangar davon.

Es war nicht schwer herauszufinden, wo der Chef steckte. Zum einen war es in dem Hangar eh ziemlich übersichtlich geworden, nachdem die Mechtruppen der Eagles und Chevaliers ausgerückt waren, zum anderen war das Geschrei der drei erwachsenen Männer nicht zu überhören.
„…Ich muss hier eine Invasion abwehren!“, brüllte Danton gerade zwei Männer an, die Dawn vage bekannt vorkamen. Gefangene, die nun als Techs arbeiteten, wenn sie sich richtig erinnerte.
„Ich will meine Rache!“, schrie einer der beiden Männer zurück, sein Gesicht vor Wut und Hass verzerrt.
„Soll ich sie gleich hier erschießen? Soll ich das? Sofort? Ja?“ Während der Colonel seine Pistole zog und dem Mann ins Gesicht drückte, fasst Dawn den Entschluss, sich zurückzuhalten und dem Schauspiel aus einem sicheren Abstand zu folgen. Sie hatte so ein Macho-Gehabe reichlich satt und die drei Männer dort benahmen sich kaum besser als die Piraten, bei denen sie die Hölle auf Erden durchlitten hatte.
Unangenehme Erinnerungen krochen aus den Tiefen ihres Gedächtnisses und brachen sich einen Weg in ihr Bewusstsein, aber mittlerweile hatte Dawn ein ganz brauchbares Mittel gegen ihre Vergangenheit gefunden. Sie rief sich das friedliche und im Schlaf entspannte Gesicht ihrer kleinen Tochter vor ihr inneres Auge und setzte die Zukunft gegen die Dämonen der vergangenen Jahre.
Nun etwas entspannter verfolgte sie den Disput und versuchte herauszufinden, was eigentlich Thema der Auseinandersetzung war. Soweit sie das verstand, wollte Danton die beiden Männer loswerden.
Das schien dem älteren Tech auch ganz sympathisch zu sein, aber der jüngere versprühte Gift und Galle, stellte sich als den John Wayne der Anti-Clan-Guerilla da und war wohl darauf aus, die Chevaliers um einen Kommandeur ärmer zu machen.
„Sie kriegen einen Mech. Mit einer schönen, fetten Bombe, direkt im Cockpit…“
Dawn musste sich beherrschen, um nicht zu stören. Das war alles etwas lächerlich und sie begann, an der geistigen Gesundheit des Alten zu zweifeln. Erst wollte er die Männer töten, dann rauswerfen und nun setzte er sie auf BattleMechs. Stand es so schlimm um ihn? Oder stand es so schlimm um die Situation der Verteidiger?
„…Aber ich gebe Ihnen einen hübschen Aufpasser mit.“
Sie hätte beinahe nicht mitbekommen, dass Danton sie heranwinkte. Hastig, aber nicht hektisch trat sie zu den drei Männern und nahm Haltung an.
„Sergeant Ferrow, Ihr neues Kommando, die provisorische zweite Kampflanze.“
Jetzt war es klar: Danton musste definitiv verrückt sein! Erst ernannte er sie hinter ihrem Rücken zum Sergeant, dann heuerte er zwei Möchtegern-Mörder an und nun sollte sie diese beiden Typen in die Schlacht führen. Und das, obwohl ihr Thunderbolt noch immer eingemottet war.
„Das ist nicht Dein Ernst, Germaine“, raunte sie ihm dann auch folgerichtig zu und wartete halb auf das erlösende Lachen, dass seinen Plan als schlechten Witz entlarvt hätte.
„Oh, das ist mein tödlicher Ernst.“ Tödlich konnte hinkommen, schoss es Dawn durch den Kopf, aber der Colonel fuhr fort, als wäre alles normal: „Ab sofort sind Corporal Steinberger und Corporal Stonefield in Dienst gesetzt. Als Mechkrieger. Sergeant, übernehmen Sie das Kommando!“
„Ja, Sir.“ Sie konnte sich ein Seufzen und Kopfschütteln gerade noch verkneifen. „Übernehme das Kommando.“
Während Danton noch Anweisungen an Simstein gab, musterte Dawn ihre Lanze. Provisorische Kampflanze Zwei. Na danke… nicht einmal ein eigener Name. Nicht einmal Callsigns.
Und schon war der Alte verschwunden und hatte die beiden Männer und die beiden Frauen alleine gelassen.
„MasterTech, würden Sie mir freundlicherweise sagen, was hier gerade geschehen ist?“
Simstein schien kurz verwirrt, dann winkte sie ab: „Du bekommst den Crusader, Dawn. Stonefield…“ Sie deutete auf den älteren, ruhigeren der beiden Mechkrieger. „… bekommt den Clint und Steinberger den Phoenix Hawk. Den Rest wird dir Danton vermutlich über Funk geben. Jetzt seht erst mal zu, dass ihr die Maschinen auf euch eichen lasst. Das heißt… den Crusader haben wir ja schon, aber ihr müsst euch ja auch noch umziehen…“
Die Chef-Technikerin, der man die Müdigkeit und Erschöpfung sichtlich anmerkte, verschwand ohne weitere Worte wieder in den Tiefen des Hangars.
Dawn war alleine mit zwei Männern, die scheinbar nicht einmal freiwillig bereit waren, zu kämpfen. Klasse. Großes Kino.
„Also gut. Ich bin Sergeant Ferrow und wie es aussieht Ihre neue Vorgesetzte. Da wir keine Zeit für Kennenlern-Runden haben, verschieben wir das auf die Zeit nach der Schlacht.“
„Ich verzichte“, knurrte Steinberger und Dawn verzog das Gesicht.
„Das ist mir herzlich egal, Mechkrieger. Und eine Wahl lasse ich Ihnen sowieso nicht.“
„Ich bin Corporal und ich mache das, was ich für richtig halte.“
„Wenn Sie wollen, können Sie sich bei Lieutenant Colonel Danton ausweinen, aber nicht bei mir. Und jetzt sehen Sie zu, dass sie ins Cockpit kommen und den Mech eichen lassen!“, blaffte Dawn und war überrascht von sich selbst.
Fürs Erste schien der Tonfall aber zu funktionieren, denn Steinberger machte sich, von Stonefield geschoben und Flüche murmelnd, auf den Weg zum Phoenix Hawk.
Dawn, die davon profitierte, dass ihre Neuralmuster schon im Crusader gespeichert waren, hatte dadurch genügend Zeit, sich im Cockpit in aller Ruhe umzuziehen und die Felduniform im Staufach unterzubringen.
Nun würde sie also doch ins Gefecht ziehen dürfen. Der Moment, auf den sie so lange gewartet hatte, war da. Und plötzlich fühlte sie sich nervös. Was, wenn ihr etwas passierte? Wenn Markus etwas passierte? Wer würde sich dann um Susan kümmern?
Saß sie gerade wirklich in einem Mech, mit dem sie kaum vertraut war? War sie wirklich im Begriff, mit zwei Menschen von fragwürdiger Loyalität gegen einen übermächtigen Feind zu ziehen?
Während sie den Reaktor aus dem Stand-By-Modus hochfuhr, wurde ihr klar, dass es tatsächlich genau so aussah. Mist!
„Tear von Simstein: Wir haben deine Raketenbunker mit Standard-Raketen gefüllt. Die Bomben, die wir beim Clint und Phoenix Hawk eingebaut haben, können nicht nur Danton und Harris zünden, sondern auch du hast dafür eine Freigabe. Wenn es geht, vermeide das, die Arbeit würde ich mir gerne ersparen.“
„Alles klar, ich habe verstanden. Tear Ende.“
Dawn erfasste in einem Blick ihre Anzeigen und Monitore und registrierte mit gemischten Gefühlen, dass auch die beiden anderen Mechs ihrer Lanze soeben aktiviert wurden.
„Home Base von Tear. Erbitte Callsigns und Marschbefehl!”
“Hier Home Base”, antwortete die Stimme von Captain Harris. „Du bist Tear 1, Stonefield ist Tear 2 und Steinberger ist Tear 3. Ihr habt Freigabe. Sammelt euch bei Navigationspunkt Yankee und wartet auf Knave! Ende!“
Dawn gab die Informationen an ihre Begleiter durch und setzte den schweren Mech in Bewegung. Das konnte heiter werden.

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Ama-e-ur-e
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is-o-tures-Tesi is-o-tures-Oro
is-u-tures-Vo-e-e

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Kaserne der Miliz
Mechhangar
Wayside V

„Wenn diese Möchtegernkriegerin denkt, dass ich nach Ihrer Pfeife tanze, dann hat Sie sich gehörig geschnitten, Jesse. Die rothaarige Schlampe hat wahrscheinlich nicht mal ein Drittel meiner Gefechtsstunden und weder von Strategie noch von Taktik auch nur den blassesten Schimmer.“
Wütend stampfte Robert Steinberger, geschoben von seinem Kameraden, in Richtung des ihm zugeteilten Feuerfalken.
„Verdammt, Robert. Sei doch wenigstens ein bisschen leiser.“
Der ehemalige Hauptmann der Maestu-Miliz, Jesse Stonefield, blickte sich schnell zu ihrer neuen Befehlshaberin um und nahm erleichtert zur Kenntnis, dass diese mittlerweile außer Hörweite war.
„Ich gebe dir ja Recht, Junge. Aber wir können froh sein, dass uns dieser Danton eine solche Chance gegeben hat. Die Aussicht den Rest meines Lebens als AsTech an irgendwelchen Geräten herum zu schrauben oder gar auf dieser gottverlassenen Welt zu stranden will mir nun mal nicht wirklich behagen.“
Wieder gab der große, ehemalige lyranische Offizier dem Bruder seines verstorbenen Kommandanten einen Stoß, als dieser aufbegehren und sich umdrehen wollte. Das der jüngere Mechkrieger jedoch weiter sprach, konnte er nicht verhindern.
„Chance? Willst du mich verarschen oder bist du wirklich auf den Mist von dem Mörder reingefallen, Jesse. Dem geht der Arsch doch auf Grundeis. Der brauch uns, Jesse. Sonst würde der uns nie auch nur in die Nähe eines seiner Battlemechs lassen. Das sind schon wieder seine billigen Psychospielchen, hörst du.“
Mit einer heftigen Bewegung riss er sich aus dem Griff des älteren Mannes los und blickte diesen über die Schulter hinweg an.
„Hast du schon vergessen was dieser Danton meinem Bruder angetan hat? Hast du vergessen, dass dieser verlogene Söldnerabschaum Wolf kaltblütig in seiner Zelle erschossen hat? Jesse, wir sind zusammen durch dick und dünn gegangen, haben alles überlebt und dieser Colonel ohne richtiges Offizierspatent erschießt einfach meinen Bruder.“
Seine Stimme war vor Wut und Trauer belegt. Der ehemalige Hauptmann merkte, dass sein Schützling die Fassung verlor und versuchte besänftigend einzuschreiten, wie er es schon so häufig seit dem letzten Verhandlungstag des Militärgerichtes hatte tun müssen.
„Robert, ich habe es nicht vergessen. Genau so wenig wie ich die vierhundertelf Anklagepunkte gegen uns vergessen habe. Ich habe noch immer die weinenden Gesichter der geschändeten Frauen vor Augen. Das brennende Dorf. Die Massengräber. Wenn Colonel Danton deinen Bruder erschossen hat, dann war das ein Verbrechen. Aber mach dir doch bitte mal klar was wir auf Maestu getan haben. Herrgott, wir sind Amok gelaufen. Wir waren keine lyranischen Offiziere mehr, wir waren Tiere. Gottverdammte Tiere, Robert. Und dein heldenhafter Bruder war der schlimmste von uns.“
Der Angesprochene war stehen geblieben und blickte seinen Gegenüber fassungslos mit offenem Mund an bevor er seine Stimme wieder fand.
„Jesse, wir haben die Allianz verteidigt. Wolf hat die Fahne unserer Streitkräfte auch nach der Invasion hoch gehalten. Wir haben dutzende Übergriffe der Wölfe gegen unsere Zivilbevölkerung verhindert und den Kampf gegen diese Arschlöcher auch weiter geführt nachdem keine Versorgungslieferungen mehr kamen. Wir haben auf direkten Befehl der Archon-Prinzessin gehandelt, Jesse. Auf direkten Befehl hin.“
Resignierend schüttelte der weißhaarige Stonefield den Kopf. Wie oft hatten sie dieses Gespräch wohl schon geführt?
„Robert, natürlich haben wir die Allianz verteidigt. Wir haben gekämpft, solange es noch einen Sinn gemacht hat, aber ich muss dir sagen, dass ich ernsthaft bezweifle, dass die Archon-Prinzessin unsere Methoden gut geheißen hätte. Sie hat uns die freie Wahl der Mittel zugestanden, aber im Vertrauen darauf, dass Ihre Offiziere diese Macht nicht missbrauchen. Und was haben wir getan? Wir haben uns wie die Bestien benommen. Jedes Militärgericht von hier bis zum Tharkard würde uns ohne Verhandlung direkt an die Mauer stellen. Oder wahrscheinlich eher hängen. Stricke kann man wiederverwenden. Ist wesentlich lyranischer.“
Mittlerweile sah es der alternde, ehemalige Hauptmann eher von der pragmatischen Seite. Die Maetzu-Miliz hatte alle jemals verfassten Konventionen gebrochen, auf die sich je Menschen geeinigt hatten. Das war mit keiner noch so brutalen Vorgehensweise der Clanner zu rechtfertigen gewesen. Wolf hatte den Tod verdient. Genau wie er und Robert, die bei der Ausführung der Taten gehorsame Helfer gewesen waren. Eigentlich mussten Sie dem Söldnerkommandanten dankbar sein, noch leben zu dürfen. In relativer Freiheit.
Ihm war jedoch auch klar, dass Robert Steinberger eine andere Sicht der Dinge besaß.
Der Junge war traumatisiert und voller Hass. Hass auf Germaine Danton.
„Es ist mir absolut egal, was die Militärgerichte mit mir machen würden. Und es ist mir auch egal was du denkst. Wolf war Offizier des Nagelring. Er hat einfach nur seine Befehle nach bestem Wissen und Gewissen befolgt. Er hatte es nicht verdient in einer kleinen Zelle mit einer Kugel im Kopf zu enden. Schon gar nicht durch so einen dahergelaufenen Söldner.“
Robert Steinberger war stehen geblieben um zwei AsTechs vorbei zu lassen, die im Schweiße ihres Angesichts einen voll beladenen Munitionskarren durch den Hangar rollten und blickte seinem Freund nun in die Augen.
„Es ist mir egal was aus mir wird, Jesse. Völlig gleichgültig. Aber ich will den Mord an meinem Bruder rächen. Ich will Germaine Dantons Leben genau so auslöschen wie er Wolfs Leben ausgelöscht hat. Ich will ihm in die Augen sehen wenn das Leben ihn verlässt und ich will, dass das letzte, was er während seines Todeskampfes sieht, mein lächelndes Gesicht ist. Verstehst du mich, Jesse. Niemand anderes soll ihm die Lichter ausknipsen. Ich will es sein. Ich ganz alleine.“
Damit drehte er sich um und marschierte weiter auf den Feuerfalken zu, an dem einige Techs gerade letzte Wartungsarbeiten vornahmen. Wieder nahm Jesse Stonefield den Schritt seines Kameraden auf und schloss zu ihm auf.
„Sei doch kein Idiot, Robert. Wolf hätte einen noch ganz anderen Tod verdient als Danton ihn ihm zugestanden hat. Und das weißt du verdammt gut. Zum Teufel, wie oft hast du selbst seine Befehle in Frage gestellt weil sie einfach brutal und falsch waren? Willst du denn nicht verstehen, dass sein Ableben nur die logische Konsequenz seiner Taten war? Es wäre auf jeden Fall dazu gekommen. Das Germaine Danton Richter und gleichzeitig Henker war, ist nur ein Zufall. Was willst du denn mit deinem Rachefeldzug gegen den Mann erreichen?“
Die beiden Männer hatten die Wartungsgestelle ihrer zugeteilten Mechs nun fast erreicht und passierten gerade einige riesige Container, welche wohl Ersatzteile für die Mordmaschinen enthielten.
Mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit wirbelte der jüngere Steinersoldat herum, packte Stonefield am Kragen des Techoveralls und drückte ihn in die Nische zwischen zwei der Behältnisse.
„Ich will erreichen, dass der Mörder meines Bruders nicht mehr existiert. Verstehst du das nicht, Jesse? Ich will das Wolf endlich in Frieden ruhen kann. Selbst wenn es stimmt, was Danton sagt, dann ist mein Bruder für uns in den Freitod gegangen. Für mich, Jesse. Kannst du mich denn wirklich nicht verstehen?“
Steinberger ließ die Kragenaufschläge genau so schnell los wie er sie gepackt hatte und drehte sich dann weg. Seine Schritte hallten laut auf dem Beton des Mechhangars und ließen einen erschütterten Stonefield zurück.
Die leisen Worte des ehemaligen Hauptmanns konnten den jungen Mechkrieger nicht mehr erreichen.
„Genau, Robert. Dein Bruder ist gestorben, damit du leben kannst. Warum willst du das nicht akzeptieren?“

Robert Steinberger war allein in der Einsamkeit des Mechcockpits. Nur das leise Summen des hochfahrenden Reaktors und die gelegentlichen Töne der Instrumente unterbrachen seine tiefschwarzen Gedanken.
Hatte Stonefield vielleicht Recht? Hatte der Hass ihn aufgezehrt und geblendet, so dass er die Wahrheit nicht mehr sehen konnte? Nicht mehr sehen wollte?
Ein kurzes Schwindelgefühl erfasste ihn, als die Neuralsensoren des klobigen Helms auf seinem Kopf seinen Gleichgewichtssinn anpeilten und die Steuerung des Gyroskops daran anglichen.
Ein Hochgefühl überkam ihn als er die ersten Bewegungen aus dem Stahlgerüst heraus machte, um sich an die Steuerung des Feuerfalken zu gewöhnen. Endlich konnte er wieder das tun, wozu er auf Sanglamore ausgebildet worden war. Er hatte wieder die Möglichkeit ein Mechkrieger zu sein. Entschlossen ließ er die Maschine einige Schritte tun, während er die Instrumente überprüfte. Alle Anzeigen deuteten auf einen voll einsatzbereiten Mech hin.
Hervorragend. Er würde alle Eigenschaften des Feuerfalken benötigen um dieses Gefecht zu überleben. Und um dafür zu sorgen, dass Danton die Kampfhandlungen überlebte. Er hatte das Wort des Söldners. Er würde Stonefield und ihn zurück in die Innere Sphäre nehmen und sich dort seiner Rache stellen. Endlich.
Vor sich sah er den Kreuzritter von Sergeant Ferrow durch die weit geöffneten Tore des Hangars treten. Ihr folgte Stonefields Clint.
Ein Lächeln schlich sich auf seine brutalen Züge. Das würde eine Schlacht werden wie sie nach seinem Geschmack war. Er stand zwar auf der falschen Seite, aber dass ließ sich nun mal nicht ändern. Hauptsache er konnte seine aufgestauten Aggressionen abbauen.
Schnell schloss er zu den anderen beiden Maschinen der improvisierten Lanze auf.

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11.07.2010 14:25 Taras Amaris ist offline E-Mail an Taras Amaris senden Beiträge von Taras Amaris suchen Nehmen Sie Taras Amaris in Ihre Freundesliste auf
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Nervös marschierte Germaine Danton vor dem Hologrammtisch auf und ab. Eine Klatsche hatte seine Einheit schon erhalten; der Verlust von Bramert samt Mech und die Verletzung von Ryan waren harte Schläge, von der Reparaturzeit für seinen Marodeur gar nicht mal zu sprechen. Und es versprach nicht besser zu werden.
In einem Kaleidoskop schossen ihm alle großen und kleinen Fehler durch den Kopf, die er sich hatte zuschulden kommen lassen: Der überstürzte Aufbruch in die Besatzungszone Clan Wolfs, als Gordon, Caprese und Jara entführt worden waren. Die Annahme eines Auftrags, der ihm Blakes Wort zum langfristigen Feind machte. Oder die achtzehnjährige Nutte auf Thorim, die hatte sterben müssen, weil er sie einmal beschützt hatte, und zum zweiten Mal zu spät gekommen war.
Als er die Hände zu Fäusten ballte, knirschte die Haut wie altes Leder. Er war Söldner. Und es war üblich in der Branche, das jene die bei ihm anheuerten, für Geld ihre Haut zu Markte trugen. Aber das war kein Trost für jene, die tatsächlich den höchsten Preis bezahlen mussten. Eher im Gegenteil. Eigentlich wunderte sich Germaine immer noch darüber, das Snobs Familie seiner Einheit kein Killerkommando auf den Hals gehetzt hatte, nachdem der junge Mann gefallen war. Geld hätten sie genug gehabt. Eigentlich.
War das heute auch wieder ein Fehler? Immerhin wurde Bramert vermisst. Er konnte tot sein. Und Ryan mochte ein Pirat sein, aber er stand unter Germaines Kommando. Und damit hatte der Colonel auch die Verantwortung für Wohl und Leben des Mannes angenommen. Es würde nicht mehr lange dauern, und auch er selbst würde in seinen Hauptmann steigen. Sein siebter Mech, seit er die Karriere als Söldner eingeschlagen hatte. An den Kontrollen sitzen, aktiv dabei zu helfen den Feind zu schlagen während er die Einheit mit Metellus' Hilfe führte, das war sein Ding. Das war seine Beruhigungsspritze. Verantwortung war eine verdammt miese Droge mit wenigen Highs. Aber diese knappen Augenblicke lohnten es wirklich. Er selbst würde wohl nie ganz von den Mechs los kommen, selbst wenn er mal - wovor ihn Blake bewahren mochte - einmal ein Regiment oder gar eine Division anführen sollte. Er war ein aktiver Kommandeur, der aus dem Feld heraus agierte. Keiner, der hinten saß und beobachtete. Er brauchte seine Daten aus erster Hand. Immer. Und seine Chancen standen nicht schlecht in einer Zeit, in der selbst erfahrene Soldaten wie Morgan Kell, Victor Davion, Adam Steiner oder Jaime Wolf aus dem Cockpit führten. Einheiten, die erheblich größer waren als seine. Vielleicht war das auch ein Fehler. Aber sein deutscher Großvater hatte ihm immer gesagt: "Schuster, bleib bei deinen Leisten." Oder anders ausgedrückt, wenn du etwas konntest, dann solltest du es pflegen, anstatt nach anderem zu streben.
Danton schüttelte kurz den Kopf. Warum überkamen ihn seine Weltzweifel eigentlich immer kurz vor einem Kampf?

Er trat an den Tisch heran und deutete auf einen schraffierten Bogen, der den Raumhafen nach Norden umgab. "Was ist, wenn die vorbereiteten Stellungen vermint sind?"
Der Koshaku, der mittlerweile einen Kühlanzug unter seinem leichten Mantel, einen original draconischen Yukata, trug, lächelte zufrieden. "Ich habe mich schon gefragt, wann Sie diese Frage stellen würden, Germaine." Der Herzog griff in das Hologramm hinein und ließ dadurch Einzelheiten als zweidimensionale Bilder aufpoppen. Sie zeigten Teiche, Erdhügel und Modenmulden, die teilweise ebenfalls mit Wasser gefüllt waren. "Was Sie hier sehen, Germaine, sind unsere Stellungen zur Verteidigung des Raumhafens. Natürlich gab es damals bei den Angriffen der Nebelparder noch keinen Raumhafen, aber wir haben vieles von dem, was sich damals bewährt hat, in das neue Verteidigungsnetz übernommen. Und wir hatten vier Jahre Zeit dafür." Mikado grinste breit. "Diese Stellungen verminen? Viel Spaß. Es sind etwas über achthundert alleine hier im Norden, wo wir den ersten Angriff erwarten. Sie sind unregelmäßig verteilt und in fünf grob bogenfärmigen Mustern gestaffelt. Das heißt, sobald wir eine Feuerlinie aufgeben, können wir uns viermal zurückfallen lassen, bevor wir den Raumhafen verteidigen müssen. Und bevor Sie fragen, Germaine, wir haben in der Region genügend natürliche Furchen, um die Mechs und Panzer halbwegs geschützt nach Süden zu führen."
"Die auch der Feind nutzen kann", wandte Danton ein.
"Worauf wir eingestellt sind. Jedenfalls ist es illusorisch, all diese Stellungen zu verminen, ohne das wir etwas davon bemerkt hätten. Die Teiche sind teilweise sechs Meter tief, und können einen gehockten Scoutmech komplett verschwinden lassen. Das Wasser senkt darüber hinaus eine Zeitlang seine Abwärme. Selbst die größeren Brocken befinden sich hier hinter einer vortrefflichen Barriere."
"Die aber die Chance auf einen Cockpittreffer vergrößert."
"Allerdings. Jedoch die Chance auf einen direkten Treffer mehr als halbiert. Die Strategie ist also annehmbar. Im Gegenzug haben wir freies Feuer auf den Gegner. Nachdem wir zur zweiten Linie zurückgefallen sind, verfügt der Gegner über diese Stellungen. Aber wir haben darauf geachtet, dass wir von den hinteren Linien in die vorderen hinein schießen können."
Skeptisch wischte Germaine durch das Hologramm und deutete nach Osten und nach Westen. "Was ist, wenn sie einfach nach Westen schwenken, Richtung Raumhafen? Was ist, wenn sie im Osten die Stellungen umgehen und uns zum Stadtkampf zwingen?"
"Die Stellungen sind überall. Wie gesagt, wir hatten verdammt viel Zeit. Außerdem würde ich es dem Gegner nie erlauben, ausgerechnet die Stadt anzugreifen. Dafür müsste er sich durch eine schlimmere Feuerwand kämpfen, als wir sie am Raumhafen parat halten." Mikado räusperte sich. "Wir verwenden in dem Fall unsere Landungsschiffe als Schilde und Waffenplattformen, indem wir sie vor der Stadt landen lassen. Ich bin durchaus bereit, alle meine Lander zu opfern, wenn ich dafür verhindern kann, dass der Feind meine Bevölkerung abschlachtet. Außerdem erlauben es die Stellungen, schnell und effektiv Truppen in die geschützten Stellungen zu verlegen. Je nach Bedarf." Abwehrend hob der Herzog die Hände. "Oh, ich behaupte nicht, an alles gedacht zu haben, Germaine. Aber wir haben alle sehr viel von den Pardern lernen müssen. Und selbst wenn es unserem neuen besten Freund Imara gelingen wird, uns mit Kniffen und Tricks vollkommen zu überraschen, so ist er doch immer noch der Angreifer. Und wir sind die Verteidiger. Verteidiger, die am Raumhafen über befestigte Stellungen und automatische Waffen verfügen."
"Und warum igeln wir uns dann nicht gleich am Raumhafen ein, Mylord?", fragte Captain Harris.
"Erstens, weil wir nicht wissen, ob der Raumhafen wirklich ihr Ziel ist. Es ist allgemein bekannt, dass ich... für einen planetaren draconischen Herrscher ein recht weicher Mann bin. Geiseln bedeuten mir etwas. Menschenleben sind mir kostbar. Wenn wir uns am Hafen einigeln und zulassen, dass die ganze Stadt zur Geisel wird, haben wir verloren. Und der zweite Grund ist, dass wir hier die gute alte militärische Taktik der verzögernden Verteidigung verwenden. Wir attackieren hier zum ersten Mal, bremsen ihn aus. Gehen zur nächsten Linie, zwingen ihm entweder unseren Kampf auf oder bekämpfen seine Einheiten, die ungeachtet des Feuers vorstürmen, versuchen sie zu vernichten. Dann weichen wir wieder aus. Das geht so lange, bis der Feind im Idealfall nur noch auf dem Zahnfleisch kriecht, wenn er in Waffenreichweite des Raumhafens ist. Dort massiert sich dann noch einmal die Feuerkraft unserer Vehikel und der Abwehrtürme. Wobei ich hoffe, dass Imara es gar nicht erst bis hierhin schafft. Nicht nur weil die Verteidigungsanlagen teuer sind."
Germaine grunzte. Ein hässliches Geräusch. Es konnte vieles bedeuten. Da aber kein weiteres Wort folgte, war er entweder zufrieden, oder er hielt Wiederworte für unpassend.
Sein Blick ging wieder zum Holotisch. Drei schnelle grüne Punkte näherten sich da den Symbolen, die im Moment noch für die teilweise aufgeklärten Feindeinheiten herhalten mussten. "Da kommt Kiki", murmelte er. "Niedriger Anflug über einen Vektor. Überraschungsmoment, hoffentlich. Bis er die Stukas in der Ortung hat."
"Ich gönne ihm die Freuden eines Luftangriffs. Die einen verstecken ihre Einheiten im Wasser, die anderen lassen Bomben regnen", erwiderte der Herzog.
Germaine grinste kalt. "Ich steige dann in meinen Mech. Juliette?"
"Ich übernehme."
"Ich klettere auch in meine Maschine. Larry?"
"Keine Sorge. Ich bin zwar ein miserabler Stabsdienstler, aber ich und die Jungs und Mädels vom Miliz-Stab kriegen das Kind schon geschaukelt."
Der Colonel und der Herzog nickten in die Runde, dann verließen sie den Raum.
"Habe ich Ihnen schon gesagt, Germaine", begann der Herzog, "dass es eine große Beruhigung für mich ist, Sie hier und auf meiner Seite zu wissen?"
"Nein, das ist das erste Mal, Ace."
"Dann möchte ich dem noch etwas hinzu fügen. Lassen Sie sich nicht abschießen, mein Freund."
Danton blieb stehen, musterte den Herzog und streckte ihm spontan die Rechte hin. "Du auch nicht, alter Junge."
Die beiden Männer tauschten einen festen Händedruck aus, bevor sie sich wieder auf den Weg zu ihren Kampfmaschinen machten. Auf in die Schlacht um Wayside V.
***

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Wayside V, „Wildkatz“ Nahe Parkensen City, Äußerer Perimeter 02. August 3066, Mitternacht

Mit einem dumpfen Donnern jagten die drei Chevaliers Luft-Raumjäger über die Landschaft. Ein Stingray und zwei Stukas, allesamt in einem weiß-blau gehalten. Auf den Tragflächen schwang die Cartoon Maus der Chevaliers ihren Säbel. An der Nase stürzte sich ein Engel in die Tiefe. Ikarus gleich prangte das Wappen der Fallen Angels auf den Maschinen.
Die Konzentration bei den drei Pilotinnen war enorm hoch. Schweigend flogen sie nebeneinander in Formation. Der Stingray leicht nach vorne versetzt, die beiden überschweren Stukas dahinter, auf Backbord und Steuerbord. unwillkürlich biss Sandrina Gurrow sich auf die Unterlippe. Die Hand lag fast schon verkrampft am Steuerknüppel. Sie war nervös. Das erste Mal seit langer Zeit. Es war nicht der erste Bomberangriff den die Angels flogen, dennoch ließ dieses mulmige Gefühl sie nicht los. Auf der einen Seite war das wohl in der Sorge um Jean Dante begründet, von dem sie noch nichts neues gehört hatten oder die Tatsache, dass sie auf einen nahezu unbekannten Gegner zuflogen, der sie vermutlich mit scharfen Waffen empfangen würde. Sie konnten sich nur darauf verlassen, dass der unbekannte Angreifer keine Luftabwehrgestützten Zielerfassungssysteme zur Verfügung hatte, wie das System, das im alten Kampfschützen verbaut war.

Die Taktik der Angels war bestechend einfach: Sie würden in enger Formation anfliegen, um, zum einen ihre wahre Anzahl zu verschleiern und zum anderen es den Gegnern schwerer machen saubere Ziellösungen zu erhalten. Die derzeitige Formation stellte sicher, dass der Stingray, das erste Ziel sein würde und die beiden Stukas ihre Bomben abwerfen konnten. Das hieß allerdings im schlimmsten Falle, dass Sandy in ihrer Maschine einige Treffer einstecken würde. Ein Vorteil war jedoch, dass sie so eng flogen, dass weniger gut gezielte Schüsse sich auf die drei Jäger verteilen würden und so der Schaden an sich für den einzelnen moderat ausfallen würde. Die Bomben sollten das übrige erledigen. Der Gegner rechnete vermutlich mit Bomberflügen, und würde gestaffelt auseinander stehen, aber die Verwirrung, die solche Bomberangriffe in der Regel nach sich zogen würden reichen, damit die drei Chevaliers Jäger abdrehen konnten, den Rest würden dann die vereinten Truppen der Chevaliers, Eagles und Wayside Miliz erledigen. Sandy hatte keine Ahnung welche Taktik die Verteidiger bevorzugen würden, aufgrund der Funkstille hatte es keine weiteren Order gegeben. Allerdings vermutete sie stark, dass der Colonel nicht lange stillhalten würde und früher oder später einen Ausfall wagen würde. Sun Tzu musste wohl dazu vor Jahrhunderten etwas gesagt haben, jedenfalls war das nicht ihr Spezialgebiet.

Ihre Sensoren fiepten laut und signalisierten ihr mehrere Mechsignaturen voraus. Sie würden in wenigen Sekunden in der Waffenreichweite sein. Mit mittlerweile, kalter Ruhe schaltete sie sämtliche Wärmetauscher auf volle Leistung und lud die ER PPC in der Nase ihres Jägers auf. Sandy flog seit ihren Kindestagen und man sagte den Piloten der Außenweltallianz nach, dass sie die besten der gesamten Inneren Sphäre hervorbrachten, doch Sandy verließ sich lieber auf ihre Fähigkeiten und das, was sie gelernt hatte. Sie gab mehr Schub auf den Nachbrenner und jagte voraus. Beide Stukas hielten den Abstand perfekt und sausten hinterher. Dann gellte der Alarm und kündigte an, dass sie in Feuerreichweite war.
Vier azurblaue Blitze jagten ihr entgegen, drei davon zu niedrig gezielt, der vierte schrammte über den Bauch ihres Jägers und ließ Warnsirenen aufheulen. Stoisch meldete der Bordcomputer ihr die Schäden. Fast die halbe Bauchpanzerung war unter dem Streifschuss weg geschmolzen oder abgesprengt worden. Schnell kam die Analyse auf den Schirm:
>>Schadenswerte entsprechen Clantyp Waffe: ER PPC
>>Zielbestimmung null-null-drei
>> Zielmech Masakari 95% Wahrscheinlichkeit
>> Primärkonfiguration 95% Wahrscheinlichkeit

Zähneknirschend zog Sandy ihr Fadenkreuz in Richtung des Masakaris. Dicht dahinter standen drei weitere Mechs und mindestens ein weiterer Masakari. Ihre Zielerfassung jaulte auf und sie ließ ihrerseits einen PPC Blitz los. Der Azurblaue Strahl donnerte durch die Luft und hinterließ ionisierte Partikelreste, durch die ihr Jäger kurz darauf flog. Der Schuss ging knapp über die Schulter des führenden Masakari und schlug in den Mech dahinter ein. Mit einer grimmigen Zufriedenheit registrierte Sandy den Treffer und die Warnungen der gegnerischen Zielerfassung. Sofort zuckten Blitze, Autokanonengranaten und sogar vereinzelte Raketen durch die Luft und verwandelte den Himmel in ein kleines Inferno. Der Gegner war auf sie vorbereitet gewesen, aber er traf nicht sonderlich gut. Als ihr Zielcomputer wieder Feuerbereitschaft meldete, löste sie die PPC wiederholt aus, diesmal mit den schweren Tragflächenlasern als Unterstützung. Sofort schwappte eine Hitzewelle über sie ein, die sie für einen Moment nach Luft ringen ließ, doch dann nahm der Fliegeranzug seine Kühlaufgaben war und erlöste sie für den Moment.

Sandy ließ den Finger auf dem Auslöser und sandte Tod und Verderben als sie über die gegnerische Stellung hinweg donnerte. Eins schlichtes Überflugmanöver, das ihr aber genug Aufmerksamkeit einbrachte. Der Vorteil war, dass man selber deutlich schlechter getroffen wurde, aber im Gegenzug selber wenig Möglichkeiten zur Zielkorrektur hatte. Man flog in gerader Linie mit einer hohen Geschwindigkeit und ließ die Waffen eine Schneise schlagen. Sehr hilfreich bei Gegnern, die eng beieinander standen. In diesem Falle, aber nur bedingt. Ihr Gegner war schlau und hatte sich geschickt verteilt. Dennoch konnte sie einige Treffer registrieren bevor sie über den Feind hinweg war und in den nachtschwarzen Himmel jagte. Vereinzelte Schüsse jagten ihr nach, dann wurde die Nacht taghell, als die beiden Stukas zuschlugen.


„Ziemlich größenahnsinnig würde ich sagen, dieser Jäger Pilot.“
„Man sollte meinen der hat die Schnauze voll, nachdem wir seinen Kumpel in dem Corsair vom Himmel geholt haben.“
„Vielleicht haben sie sich aufgeteilt Brea, man weiß ja nie.“
Brea Wilkins schnaubte verächtlich im Cockpit ihres Loki, während sie das Fadenkreuz über den sich nähernden Jäger zog. Der Pilot hielt in einem selbstmörderischen Kurs direkt auf ihre Stellung zu und das mit einer mindestens ebenso mörderischen Geschwindigkeit.
„Selbst wenn, Matt, ich sehe jetzt nur den Stingray und den werde ich gleich vom Himmel pusten, sowie seinen Kameraden. Der liegt bestimmt irgendwo im Dreck und verreckt, wie es dieses räudige Pack verdient hat!“
Sie spuckte den Satz nahezu aus, während sie auf die Bestätigung ihres Zielcomputers wartete. Der Loki besaß die wunderbare Eigenschaft eines optimierten Zielsystems, dem des Kampfschützen sehr ähnlich, aber weitaus moderner und dank der Clantechnologie deutlich zuverlässiger.
Brea war damit die Hauptverantwortliche für die Luftverteidigung und Imara vertraute ihr, ebenso Matt, ihr Lanzenführer in seinem Mad Cat. Sie waren Imaras Elite und hatten das Vorrecht diese hochwertigen Clanmaschinen zu steuern.
Endlich wurden ihre Fähigkeiten honoriert.
„Habe Feuerlösung!“
„Na dann! Feuer frei Succubus!“
Brea lächelte eiskalt, als ihr Lanzenführer ihren Rufnamen aussprach und drückte dann den Auslöser für den Primärfeuerkreis. Die beiden roten Laserblitze der schweren ER Laser jagten nahezu unsichtbar durch den Nachthimmel auf den heranrasenden Jäger zu. Mit einem dumpfen Hämmern schlossen sich die schweren Urankerngranaten der Ultra Autokanone in ihrem rechten Waffenarm an. Dann betätigte sie den Auslöser für die Langstreckenraketen und jagte auch davon eine Salve hinaus. Rauch verhüllte kurz ihre Sicht, als die Raketen die Schulterlafette verließen. Bei all der modernen Technik setzten die Mechsensoren auf einen optischen In- und Output und so kam es leider vor, dass natürliche Sichthindernisse wie Rauch oder Abgase die Sicht kurzfristig behinderten, bevor die Hochleistungsfilter das aus den Sensordaten herausnehmen konnten.
Also verfolgte Brea den Flug ihrer Raketen auf dem taktischen Kampfschirm und registrierte grimmig, wie die beiden Masakaris aus Imaras Befehlslanze sich mit ihren PPCs angeschlossen hatten und einer sogar einen Treffer an dem Jäger landete.
Breas Schüsse gingen allesamt vorbei.
Knurrend zog sie das Fadenkreuz über den immer näher kommenden Jäger, als dieser seinerseits das Feuer erwiderte,
Gleißend schoss ein PPC Blitz auf die Masakaris zu, gefolgt von kurzen roten Lichtbolzen der Laser des Jägers. Donnernd und fauchend jagten die Schüsse ununterbrochen auf ihre Stellung zu.
Sie steuerte ihren Mech direkt in die Flugbahn des Jägers und visierte ihn erneut an.
„Succubus zurück in Formation, du stehst direkt in der Schussbahn!“
“Negativ, ich hole mir diesen Vogel runter und dann werde ich ihn unter dem Absatz meines Mechbeines zerstampfen!“
Wütend löste sie wieder die Laser und die Autokanone aus und spürte den Hitzeschwall, der augenblicklich durch ihr Cockpit fuhr und wieder traf sie nicht. Das Ziel bewegte sich zu schnell. Dann war der Stingray heran und pflanzte seine Laser in den Loki.
„Meine Panzerung mag nicht die dickste sein, aber für dich Witzfigur reicht sie noch!“
Während der Jäger über sie hinweg donnerte, versuchte sie sich mitzudrehen und registrierte erst jetzt die beiden anderen Jäger, die im dichten Kielwasser des Stingray geflogen waren.
„Das ist unmöglich, wie können die so dicht…“
Dann sah sie die Bomben, die sich gemächlich unter den Tragflächen lösten und auf sie zusausten. In einem erstickten Schrei ging Breas Wilkins Welt in einem Inferno unter.


„Uh das gefällt mir nicht, absolut nicht.“
Mehr mit sich selbst redend, starrte Matthew Brennstein durch seinen Feldstecher von der Schulter seines Nightstar.
„Was ist denn?“
Frederic lehnte aus seiner Cockpitluke, während die beiden Mechs quasi Schulter an Schulter standen. Sie hatten sich auf die gute alte Verständigungsart entschieden, die, die man nur schwer abhören konnte, sofern man kein Richtmikrofon besaß.
Allerdings wer rechnete heutzutage schon damit, dass sich Mechkrieger noch persönlich unterhielten und nicht über die nächst beste Funkfrequenz den Mechbunny Jahreskalender durchgingen. Wobei Miss März dieses Jahr durchaus sehr ansehnlich gewesen war.
„Da kommt was auf uns zu. Ich zähle vier Panzer. Zwei Condor und zwei Drillson! Das dürfte hässlich werden.“
Matthew setzte den Feldstecher ab und blickte zu Frederic, der wölfisch grinsend seinen Neurohelm hochhob.
„Das wird lustig werden!“
Dann zog der Exilwolf die Luke zu und verschwand in seinen Omnimech.
Matthew schüttelte ungläubig den Kopf, musste aber auch schmunzeln.
Irgendwo hatte der Clanner recht, es war utopisch gewesen zu glauben, sie würden ewig unentdeckt bleiben und auch wenn es vier Panzer waren, so sollten die beiden überschweren Mechs damit umgehen können, von ihren Piloten ganz zu schweigen.
Er schwang sich ebenfalls in sein Cockpit und aktivierte die Schnellstart Sequenz seines Mechs. Mit einem zufriedenen Brummen erwachte der 95 Tonnen Koloss aus seinem Schlummer. In einem bunten Kaleidoskop erwachten die Anzeigen und Lichter auf seiner Konsole zum Leben, während er sich die Neuropflaster und den Helm aufsetzte und in seine Liege sinken ließ.
Da der Gegner den spontanen Energieanstieg bemerken würde, nutzte Matthew die Gelegenheit und öffnete die Frequenz der Chevaliers.
„Home Base von Prince. Melde zwei voll einsatzbereit auf sieben-drei-acht. Östliche Flanke des Gegners. Gegner verfügt über schweres Material, inklusive Artillerie Panzer und diverser Clan Omnimechs. Wolf und Prince greifen feindliche Scoutlanze an, sind entdeckt worden. Prince Ende!“
Er wartete die Meldung nicht ab, sondern schob den Mech näher an den vorderen Stein heran und legte die beiden Waffenarme auf den vorderen Drillson an. Scheinbar hatten die Panzerleute sie noch nicht bemerkt.
Der Daishi neben ihm tat es ihm gleich und nahm den anderen Panzer, einen der Condor ins Visier.
Die Entfernungsanzeige schrumpfte auf knappe 500 Meter und Matthew löste seine beiden Gaussgeschütze aus.
Die beiden Nickeleisen Kugeln schossen mit Überschnallgeschwindigkeit aus den Waffenläufen an den Armen seines Mechs und überbrückte die Distanz zu dem Panzer innerhalb eines Lidschlages.
Er konnte sich das Krachen förmlich vorstellen, als die beiden Geschosse purer Kinetik in den Panzer einschlugen.
Der Drillson wurde förmlich gespalten, als beide Kugeln in die Front einschlugen. Die Schürze riss auf, der Panzer verlor sofort an Höhe, während die beiden Seiten sich voneinander wegbewegten und er sich scheppernd in den Boden bohrte.
Kein tödlicher Treffer, aber dieser Panzer würde nirgendwo mehr hinfahren.
Frederic seinerseits ging deutlich mörderischer zu Werke. Die beiden ER PPCs blitzten kurz über das Feld und schlugen mit einem mörderischen Donnern in den Condor ein. Gleich der erste Blitz schälte die Panzerung von der Front, während der zweite sauber den Turm absprenge.
Die Raketen aus den beiden ATM Lafetten des überschweren Clan Omnimechs vollendeten das Werk, als sie sich auf den Panzer senkten und ihren Weg durch den abgerissenen Turm in das innere fanden.
Auch dieser Panzer kam zum stehen, während die beiden anderen beschleunigten und sich aufteilten.
„Na dann, fröhliches Jagen.“

__________________
Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein!

"Ich treffe alles, was ich sehe!"
Starcolonel Kurt Sehhilfe, Clan SeeBug
14.07.2010 22:51 Andai Pryde ist offline E-Mail an Andai Pryde senden Homepage von Andai Pryde Beiträge von Andai Pryde suchen Nehmen Sie Andai Pryde in Ihre Freundesliste auf Fügen Sie Andai Pryde in Ihre Kontaktliste ein
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GAZ zwei Stunden, elf Minuten. Die Techs im Hangar der KOBE arbeiteten mit Hochdruck an den kurzfristig reparablen Maschinen, und auch die Mechkrieger und Panzerfahrer beteiligten sich an den Arbeiten, um ihre Mühlen flott zu bekommen. Wer nicht über eigene Techfähigkeiten verfügte, leistete zumindest Handlangerdienste.
Hauptmann Charles Bruning, stellvertretender Stabschef der Wayside V-Miliz, fühlte sich im Moment reichlich überflüssig. Die Schlacht um den Raumhafen war durch einen Luftschlag seitens der Chevaliers eröffnet worden; die Stingray- und Visigoth-Rotten, welche die KOBE eskortierten, begleiteten das Maultier weiterhin, um das Luft/Raum-Kontingent des Gegners vom Wasserloch von Abenteuern abzuhalten, die zwei knappen Kompanien Panzern und Mechs gefährlich werden konnte. An ihrer Front ein Patt, an der anderen hatte der heiße Teil des Gefechts noch gar nicht begonnen.
Es gab einen alten draconischen Witz über Piloten. Zwei Kommandeure der Schwerter des Lichts trafen sich nach dem Eroberungsfeldzug gegen die Außenweltallianz auf der Hauptwelt Alpheratz, und der eine fragte: "Wer hat eigentlich den Luftkrieg gewonnen?"
Wenn man danach ging, dann war klar, dass ein Luft/Raumjäger zwar Bodenziele zerstören, aber nicht halten konnte. Deshalb tat jeder Kommandeur gut daran, seine Bodentruppen zu pflegen und gegen Luftangriffe zu schützen.
Ein lauter Fluch drang an seine Ohren, übertönt nur von einer hellen, aber energischen Stimme, die wieder mit einem Fluch beantwortet wurde. Leiser, allerdings, und irgendwie zustimmend. Bruning lächelte dünn. Dieser Ryan war schon eine Nummer für sich, anscheinend aus Endostahl gegossen, und nicht geboren. Aber es gab einen Menschen, der ihn vorbehaltlos im Griff zu haben schien, und das war ausgerechnet die kleine draconische Lanzenführerin der Chevaliers. Nun, vielleicht führte es dazu, dass Ryan-Jones einigermaßen hydriert und ausgeruht war, wenn sie ankamen. Und dass er dann nicht nach den ersten zehn Minuten der Schlacht nach einem Schwächeanfall zusammen klappen würde.

Charles Bruning verließ die Hangarsektion, war auf dem Weg zu den Quartieren, wo die Gefangene untergebracht war. Viel hatte sie nicht gewusst, und viel hatte sie nicht verraten können. Das Meiste wussten sie ohnehin schon, seit Imaras Haupttruppen einen Chevaliers-Jäger beinahe vom Himmel geholt hatten. Darüber hinaus war sie aber immer noch eine Gefangene der Miliz, und die Wayside-Eagles nahmen ihre Pflichten und ihre Verantwortungen immer sehr ernst. Außerdem war Vogt bei ihr, und mit seiner unwiderstehlichen, widerlichen Art konnte er vielleicht noch etwas aus ihr raus holen, was ihnen auf irgend eine Weise weiterhelfen würde. Die Situation war bei weitem nicht schlimm genug, um auf solche Schweinereien wie Psychoterror oder physische Folter zurückgreifen zu müssen. Dafür war noch Zeit, wenn der Feind sich geschlagen zurückzog, und der Herzog ein wenig über die Rückzugswege und Sammelpunkte des Gegners wissen musste. Und das auch nur im absoluten Notfall, denn für die Eagles galt die Ares-Konvention nicht erst seit sie alle den Cameron-Stern der Sternenbundverteidigungsstreitkräfte auf der Brust trugen. Sie waren die Guten. Meistens. Irgendwie.
"Ah... Aaaah... Nhhh... Nein, Tancrid... AH!"
Konsterniert blieb der Hauptmann stehen. Entsetzen kroch wie eine eiskalte Schlange seine Wirbelsäule hoch, und schien nach seinem Herzen greifen zu wollen. Er stand nur noch wenige Meter von der Arrestzelle entfernt, vor der ein einsamer, sichtlich irritierter Wachtposten stand, während die Stimme von Lieutenant Swanson gedämpft bis auf den Gang reichte.
"Nun ziere dich nicht, Trudy. Du willst es doch. Beschwere dich nicht, wenn ich dir zu rau bin."
"Aber... AH! N-nicht so tief! Du reißt mich... Uuuuuuuuuh... Tancrid, da reißt was... TANCRID!"
"Jetzt schreist du vielleicht, mein kleiner Sonnenschein, und willst, das es aufhört. Aber ich verspreche dir, wenn ich mit dir fertig bin, dann wirst du ein glückliches, zufriedenes Mädchen sein."
"AAAH! ZU FEST! SANFTER! SANFTER!"
"Aber wenn ich nicht tief in dich eindringe, dann funktioniert es nicht so gut. Du musst schon ein wenig mehr aushalten können, wenn du Soldat spielen willst. Aber meinetwegen. Besser?"
"AH! Du... legst immer noch... zuviel Kraft rein. Tancrid, du Monster! Du willst mir nur wehtun!"
Mit hochrotem Kopf raste Bruning auf die Zelle zu. "Öffnen!", schnarrte er dem Wächter zu.
Der Mann entriegelte wortlos das Schott und ließ den Hauptmann ein.
Bruning sprang ins Zimmer. "Oberleutnant Vogt! Was zum..."
Irritiert nahm er die Szene in sich auf. Trudy Swanson saß am Verhörtisch und trug nur ein leichtes Tanktop. Vogt stand hinter ihr, und war gerade dabei ihre Schultern zu massieren. Seine Daumen bohrten sich dabei mit beachtlicher Energie unter ihre Schulterblätter. Vom Gesicht der Pilotin perlte Schweiß, während sich Schmerz, Wohlbefinden und Erschöpfung darin widerspiegelten.
Als der Hauptmann unvermittelt im Raum stand, spritzte Vogt vom Stuhl fort, als bestünde der plötzlich aus flüssigem Eisen. "Sir! Sie wollte es! Ehrlich, sie wollte es! Ich..."
Bruning schnaubte, halb aus Frustration, halb aus Resignation. Dazu kam eine große Portion erleichtertes Amüsement. "Halten Sie die Klappe, Vogt. Ich hatte Ihnen zwar befohlen, Lieutenant Swanson dienlich zu sein, aber niemand hat von Ihnen verlangt, ihr die Füße zu waschen. Oder ihre Verspannung weg zu massieren." Er schüttelte den Kopf. Dann sah er zur neugierig herein äugenden Wache herüber. "Es ist gut, Will. Schließen Sie wieder."
"Ja, Sir", sagte der Posten erleichtert. Mit metallischem Klacken schloss sich das Schott wieder.
Bruning nahm sich einen freien Stuhl und setzte sich. Er stützte sein Gesicht in beide Hände und sah abwechselnd von Vogt zu Swanson. "Himmel, Arsch und Zwirn. Wisst ihr zwei, wie sich das da draußen angehört hat? Wie ein Bums-Gespräch. Entschuldigt, eher wie eine Vergewaltigung. Es wundert mich, dass ich mich nicht durch ein halbes Hundert entrüsteter Eagles kämpfen musste, das Lieutenant Swanson beistehen wollte."
"I-ich habe es nur gut gemeint. Sie hatte diese harte Stelle vom Absprung, und der Marsch durch die Einöde hat es nicht gerade besser gemacht. Da habe ich halt... Ich meine, da habe ich halt..."
"Ihr gesagt, sie soll ihr Shirt ausziehen. Und dann hat Leutnant Vogt ihr von oben ins Tanktop gelinst", stellte Bruning fest.
"D-das stimmt doch gar nicht! Ich bin nur meiner Pflicht nachgekommen, die der Herzog mir auferlegt hat!"
"Tancrid?" "Sir?" "Halte einfach die Klappe." "Jawohl, Sir."
"Und was Sie angeht, Lieutenant Swanson... Hat er Ihnen die Füße gewaschen?"
Die junge Pilotin grinste schief. "Abgewaschen, getrocknet, und anschließend mit Salbe versorgt. Ich habe da ein paar Stellen vom Marschieren."
"Aber ein Bettbad hat er Ihnen noch nicht verpasst, oder?"
Entrüstet sah die Gefangene ihn an. "SIR!"
"Schon gut, nur eine dumme Frage meinerseits." Er grinste schief. "Hier steht ja auch kein Bett."
"SIR!", rief sie wieder entrüstet.
"Jedenfalls ist der Herzog angemessen von Ihrer Loyalität beeindruckt, Miss Swanson. Bis auf die Sachen, die Leutnant Vogt hinterhältig aus Ihnen heraus gekitzelt hat, haben Sie bemerkenswert dicht gehalten und der Ares-Konvention Ehre gemacht. Ich bin ermächtigt, Ihnen ein Angebot zu machen, Lieutenant: Mikado will Ihren Kontrakt übernehmen und Sie in die Miliz holen."
"Was, bitte?"
"Er hat wortwörtlich gesagt: Leute für die dreckigen Aufgaben habe ich genug, Ich brauche noch ein paar ehrliche, Standfeste. Und keine Sorge, eine Übernahme Ihres Kontrakts beinhaltet nicht, persönliche Daten Ihres derzeitigen Arbeitgebers zu verraten. Wir können Sie ohnehin erst einstellen, sobald Imaras Truppen besiegt sind. Das Angebot des Herzogs steht."
"Sie sind ja sehr davon überzeugt, zu gewinnen", erwiderte die Pilotin spöttisch.
"Natürlich. Wir haben uns aus der besten Falle raus gewühlt, die Ihre Leute uns stellen konnten. Major Schneider war ambitioniert, hat uns aber nicht das Wasser reichen können, nur ein wenig anknabbern."
"Major Copeland", sagte sie automatisch, bevor sie merkte was sie tat. Erschrocken schlug sie sich eine Hand vor den Mund. "Ihr verdammte Eagles. Ihr scheiß verdammten Angry Eagles! Alle in einen Sack stecken sollte man, und dann immer mit dem Knüppel drauf, es trifft nie den Falschen!"
"Harrison Copeland?", hakte Bruning nach.
"D-das haben Sie nicht von mir."
"Okay, das erklärt allerdings einiges." Bruning erhob sich. "Das Angebot des Herzogs steht, Miss. Sie habe bis zu dem Zeitpunkt Zeit, an dem Sie diese Welt verlassen werden. Tancrid, folge mir."

Sie ließen die erschrockene Frau in der Zelle zurück. Draußen drückte Charles Bruning seinen rechten Ellenbogen gegen Vogts Kehle und presste ihn gegen die nächste Wand, während das Schott erneut zuschlug. "Jetzt höre mir mal gut zu, Kleiner. Ich sage das nur einmal! Diese Frau ist unsere Gefangene und unsere Schutzbefohlene! Du bist hier um auf sie aufzupassen, nicht um sie zu ficken!"
Vogts Ohren wurden rot. "Ich hatte nicht vor..."
"Vollidiot! Ich rede nicht davon, dass du ihr etwas antun wirst, was sie gar nicht will. Es geht davon, dass dir ein Strick gedreht wird, wenn du sie noch einmal unsittlich berührst, egal ob sie dabei deine Hand führt! Du kannst sie bumsen wenn sie den neuen Kontrakt unterschrieben hat!"
"Ich habe gar nicht vor, sie zu bumsen! Dieses flachbrüstige Etwas ist doch überhaupt nicht in meinem Visier!", rechtfertigte sich Vogt.
"Außerdem treibt sie es sowieso mit jedem, oder?"
Entrüstet schnappte der Pilot nach Luft. "So kannst du nicht von ihr reden!"
Der Ellenbogen an seiner Kehle verschwand. Stattdessen legte Bruning eine Hand in seinen Nacken. "Jetzt hör mal zu, Tancrid. Stresssituation. Lebensgefahr. Ein Mann und eine Frau. Ein wenig Freundlichkeit. Vielleicht sogar Verstehen. Dann die Ruhe, die Nähe. Weißt du was aus diesen Zutaten wird?"
"Nein, was?"
"Wahrscheinlich der beste Sex deines Lebens. Und ein halbes Leben lang Selbstvorwürfe, weil ihr zwei euch ständig fragt, ob es wirklich eure willentliche Entscheidung war. Oder ob euch nicht die Todesangst geritten hat. Also, junger Mann, du darfst ihr ruhig die Füße waschen. Aber beim Füße massieren hört es auf. Das gehört schon zum Vorspiel. Himmel, Tancrid, muss ich dir das alles wirklich erst noch erklären? Du hast doch die Erfahrung."
"Nicht mit Kriegsgefangenen, wie es scheint", erwiderte Vogt deprimiert. Er schüttelte wie benommen den Kopf. "Gott, Gott, Gott, was hätte ich da beinahe gemacht? Was... Ich... Seit der Sache in St.Ives dachte ich eigentlich immer... Ich dachte, so etwas gibt es gar nicht... Ich..."
Bruning packte fester zu. Half dem Leutnant, sich zu orientieren. "Junge! So etwas passiert ständig. Post-Stress-Syndrom. Hat schon einige gute Ehen gestiftet. Aber auch 'ne Menge Ärger. Reiß dich einfach zusammen."
Irritiert sah Vogt auf. "Ich weiß nicht, ob ich da noch mal rein gehen kann. Ich..."
"Du musst. Und zwar für die nächsten einhundert Minuten. Dann erwarte ich dich im Hangar. Einer unserer Anhur wird dich und Swanson dann zur Kaserne bringen. Auf sie wartet dann eine komfortable Arrestzelle, und auf dich eine neue Maschine."
"Eine neue Maschine?"
"Die Chevaliers haben einen Piloten an den Operationssaal verloren. Ein Panzersplitter hat ihn halb aufgeschnitten. Das Cockpit wird gerade repariert. Wir leihen dich für die Dauer der Kämpfe an die Chevaliers aus. Es ist ein CSR-V12 Corsair. Damit solltest du klar kommen."
"Ja, das Modell kenne ich. Geht klar."
"Ach, noch etwas. Du fliegst damit unter dem Kommando von Captain Sleijpnirsdottir. Normalerweise würde mir das Sorgen machen, so wie du mit ihr aneinander geraten bist. Aber was Frauen angeht, hast du deinen Kopf gerade vollkommen woanders. Erstaunlich, aber gerade sehr praktisch." Er tätschelte Vogt die Wange. "Weitermachen, Soldat."
Der Pilot schluckte hart. "Manchmal bist du ein Riesenarschloch, Charly."
"Aber ein Arschloch, das sieht, was du übersehen hast, oder?"
"Hoch zwei", fügte Vogt mürrisch an, während der Stellvertretende Stabschef im Gang verschwand.
Dann atmete der Pilot noch einmal tief durch, widerstand der Versuchung seinen Schädel hart und schnell gegen das nächste Schott zu hämmern, und stellte sich dem Ernst des Lebens. "Öffnen."
Der Infanterist besah ihn von oben bis unten. "Viel Glück."
Normalerweise hätte er mit einem flotten Spruch reagiert, im schlimmsten Fall den Jungen gemaßregelt. So aber seufzte er nur leise.
Das Schott öffnete sich, und Swansons besorgter Blick ruhte auf ihm. "Alles in Ordnung? Hast du Ärger wegen mir?"
Unwillkürlich machte er einen Schritt zurück. Dann aber trat er entschlossen ein. Wenn man sich entschloss, ein Eagle zu werden, dann stellte man sich den Herausforderungen, so wie sie sich einem stellten. Und da war ja immer noch die kleine, unwahrscheinliche Möglichkeit, dass Trudy nun ihrerseits ein Psychospiel mit ihm trieb. An diese Hoffnung klammerte er sich, während sich das Schott hinter ihm wieder schloss. Endgültig. Mist.
***
Aaron Imara rief die Verlustliste auf. Ein Loki samt Pilot verloren, dazu zwei mittelschwere Panzer, ein Condor und ein Drillson. Der Gegner setzte auf seine Luftüberlegenheit, und an der Flanke lauerten zwei Assault-Mechs. Laut den Daten der überlebenden Panzer handelte es sich um einen Dire Wolf und ein Nightstar. Er übersah seine eigene taktische Situation. Rein rechnerisch war er dem Gegner an Tonnage überlegen. Aber er war es hier, der angriff. Das Ziel war es, den Raumhafen zu nehmen und besetzt zu halten, um ein für allemal klar zu machen, wer auf dieser Welt das Sagen hatte. Die Stadt und dessen Bevölkerung als zukünftige, lukrative Steuerzahler sollte unangetastet bleiben. Allerdings wussten die Eagles davon nichts.
Die Situation, die sich ihm stellte, war natürlich weit schwieriger als sie für den optimalen Angriffsfall angenommen worden war, nämlich nur die Miliz als Gegner zu haben, und am Wasserloch während der Vorbereitungen nicht entdeckt zu werden. Dann hätte er mit einer vier zu eins-Überlegenheit alles hinweg fegen können. Der schlimmstmögliche Fall wäre eingetreten, wenn beispielsweise ein Schwert des Lichts zu Gast gewesen wäre. So aber, mit dem Herzog und diesen Chevaliers, die sich prompt mit Mikado verbündet hatten, würde es schwer genug werden.

Ihre Kontakte in der Miliz hatten einiges verraten. Viele wussten nicht einmal, dass es militärische Geheimnisse gewesen waren, für die sie gutes Geld oder Gefälligkeiten bekommen hatten. Deshalb wusste Imara genug über den Verteidigungsgürtel rund um Raumhafen und Stadt, um die Erdlöcher und Gräben, die zwei Divisionen gute Stellungen geboten hätten.
Er hatte mit dem Gedanken gespielt, einen Teil der Löcher verminen zu lassen. Die Laufwege zurück verminen zu lassen. Aber das wäre eine Mammutaufgabe von mehreren Monaten gewesen, wenn die Saboteure nicht entdeckt werden wollten.
Auch die Option, ein paar Verräter in die Miliz einzuschleusen, die zum richtigen Zeitpunkt Sabotage betrieben und die kommandierenden Offiziere assassinierten, hatte im Raum gestanden. Allerdings waren die Wayside-Eagles nicht irgendeine Milizeinheit, sondern eine Truppe, die sich sehr erfolgreich gegen die Parder zur Wehr gesetzt hatte. Eine Gruppe Rekruten, die beim Schellen des Alarms in die falsche Richtung liefen, oder gar die falsche Uniform trugen, wären von den Eagles mit scharfem Waffenfeuer beantwortet worden. Das war das Draconische an dieser Truppe. Manchmal schoss sie zuerst und fragte dann. Vor allem, wenn es darauf ankam, eine Entscheidung in Sekundenbruchteilen zu treffen. Die Zeit, die Miliz langfristig zu infiltrieren und damit vertraute Gesichter zu integrieren, die für so ein Kommando keinen Argwohn erregten, hatten sie aber nicht gehabt.
Imara seufzte leise. Es hätte funktionieren können. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass er ein paar gute Kommandosoldaten verheizt hätte, war wesentlich höher gewesen.
Wenigstens wusste er nun über die schweren PPK-Geschütze am Raumhafen, die seinen Landern gefährlich werden konnten; der Hauptgrund, warum er sich gegen einen Gefechtsabwurf über dem Gelände entschieden hatte. Es wären längst nicht genügend Landungsschiffe bis zum Hafen gekommen, ihre Ladung unwiederbringlich verloren gewesen. Nein, unterhalb der Erdkrümmung landen, sammeln, und dann in offener Formation gegen den Raumhafen marschieren, das war die wichtigste Option. Was ihnen jetzt noch fehlte, das war, den Gegner bereits an der ersten Front so gut es ging zu binden, damit die Panzertruppen vorpreschen und in die gegnerischen Linien gelangen konnten, um den Feind von innen zu vernichten. Sobald seine Mechs das Feindfeuer gebunden hatten, würden sie es zum ersten Mal versuchen. Feuer binden, einbrechen, Feuerstellungen einkesseln, Feind vernichten. Bis sie zum Raumhafen kamen. Dort hieß es, die automatischen Feuerstellungen zu überwinden. Aber das würde das kleinste Problem für sie sein, denn der Herzog hatte dafür gesorgt, dass die automatischen Waffen die Rückmarschwege zur Raumhafenverteidigung nicht einsehen und damit kaum beschießen konnten. Eine kleine Rückversicherung, der Imara nur auf die Spur gekommen war, nachdem er das Geländeholo ein paar Tage studiert hatte. Aber das war so vollkommen typisch Ace. Irgendwo ein kleines Risiko verstecken, um vielleicht einen verlorenen Raumhafen leicht zurückerobern zu können. Ja, das war sein Stil. Ebenso wie es sein Stil war, sich nach der Niederlage am Raumhafen nach Stirling zurück zu ziehen. Außer seine Leute waren so dumm, die Stadt anzugreifen, oder sogar Geiseln zu nehmen. Dann würden sich einige seiner Subkommandeure wünschen, sie würden hier gegen Nebelparder oder Wölfe kämpfen - die kannten mehr Gnade gegenüber einem shravashii Gegner.
Er warf einen weiteren Blick auf die Formation. Dafür, dass die vier Einheiten, seine Husaren, die Ranger, die Dragoner und das Freikorps erst seit einem halben Jahr zusammen trainierten, leisteten sie Großartiges. Aber er wusste zu gut, dass darin auch ihre große Schwäche lag. Eine Schwäche, die sie zerbrechen konnte, wenn es zu hart wurde. Oder aber, das war eine Stärke.
"Hören Sie mich, Weilder?", rief er den Kontaktoffizier, der in seinem Landungsschiff am Planungstisch saß und die Situation beobachtete.
"Laut und deutlich, Colonel. Was gibt es?"
"Beginne Feuereröffnung auf Verteidigungsstellung in zehn Minuten. Weitere Luftangriffe wahrscheinlich. Falls Sie den Herzog zur Kapitulation überreden wollen, wäre jetzt ein ziemlich guter Zeitpunkt."
"Klopfen Sie ihn doch bitte für mich vorher etwas weich. Wir sprechen noch mal darüber, nachdem er zehn bis fünfzehn Mechs und Panzer verloren hat. Weilder Ende."
Imara starrte auf seine Anzeigen. Wäre die Situation nicht so abstrus gewesen, er hätte gelacht. Laut gelacht. Andererseits war er Söldner, hatte das Geld seines Auftraggebers genommen, stand hier auf Wayside V, und griff gerade einen alten Freund und Kameraden an. Manchmal war die Welt doch sehr gerecht. Aber nicht heute.
Er öffnete die allgemeine Frequenz. "Achtet mir auf diese fliegenden Bastarde", knurrte er.
Verschiedentlich klangen Bestätigungen auf.

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Angry Eagles

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Landungsschiff Kobe
Mechhangar
Wayside V

Noch immer fluchend ließ Jack sich auf die Pilotenliege fallen, was ihm einen erneuten, äußerst schmerzhaften Stich der Schulterwunde einbrachte. Missmutig griff er nach der Wasserflasche und trank eher halbherzig einige Schlucke des abgestandenen Wassers.
„Schwingen Sie ihren Arsch wieder in das verdammte Cockpit, Ryan…“
Mittlerweile konnte er die Stimme von Miko Tsuno schon recht gut nachäffen.
„Und dass Sie mir auch ja genug trinken, Ryan!“
An der Stimmlage musste er noch etwas arbeiten, aber ansonsten war die Imitation fast perfekt.
„Ach ja, das ist ein Befehl, Ryan!“
Kampflustig schleuderte er die mittlerweile leere Trinkflasche in das Privatfach und blickte wütend zu der feixenden SeniorTech Keene hinab, die sich über den Aufstand auf dem Torso des Marodeurs köstlich zu amüsieren schien.
„Ich habe Ihnen gesagt, dass es eine schlechte Idee ist, aus ihrer Kanzel zu kriechen. Ihre Lanzenführerin hat ein wachsames Auge auf Sie geworfen.“
Die belustigte Stimme der Technikerin drang aus den Lautsprechern seines Headsets und sorgte für einen erneuten Anstieg seines Blutdrucks.
„Ich müsste nicht aus dem Cockpit klettern, wenn ich Ihren Leuten nicht alles dreimal erklären müsste, Keene! Sie sollen den Marodeur reparieren, nicht zerstören. Wenn Sie so weitermachen, habe ich am Ende dieses beschissenen Tages einen verdammten Mülleimer auf Beinen und keinen Battlemech.“
Obwohl er die Worte aggressiv in das Mikrophon knurrte, bog sich die Tech auf dem Hangarboden vor Lachen, während ihr Team weiter beschädigte Panzerplatten mit Schneidbrennern vom Rumpf löste.
Mit einem lauten Quietschen ergab sich eine weitere Platte den ultraheißen Flammen der Laserschneidwerkzeuge und landete mit einem tosenden Scheppern auf dem stählernen Hangarboden.
„Keene! Verdammt noch mal, ich brauche mehr Panzerschutz. Mehr! Verstehen Sie mich nicht? Mehr, nicht weniger! Diese Vollidioten sollen endlich damit aufhören Löcher in mein Baby zu brennen. Mit euch als Techcrew brauche ich keine verdammten Gegner mehr. Meine Maschine ist ja schon kaputt, bevor Sie den Hangar verlässt.“
Völlig aufgelöst beobachtete er, wie die beiden Schweißarbeiter sich ein Stück auf dem Wartungsgerüst bewegten und dann knapp unterhalb seines Cockpits erneut die Flammen ihrer Arbeitsgeräte zündeten, um wieder ein Stück aus seinem Liebling heraus zu schneiden.
Das war genug. Endgültig. Fassungslos fiel seine Kinnlade herab, als die beiden Miliztechniker die blauweißen Flammen unterhalb seiner gepanzerten Sichtscheibe anbrachten.
„Keene! Was soll das verdammt noch mal? Pfeifen Sie diese Irren zurück oder ich komme da raus und stecke ihnen die Schweißgeräte dahin, wo die Sonne nie scheint. Habt Ihr denn alle den Verstand verloren? Für welche Seite kämpft Ihr denn eigentlich? Bin ich etwa im falschen Landungsschiff? Seid Ihr die Angreifer? Ihr sollt jetzt aufhören, Ihr Missgeburten! AUFHÖREN!“
Seine Stimme war immer lauter geworden, bis er das letzte Wort gegen die gepanzerte Scheibe brüllte. Tobend trat er gegen die Innenverkleidung des Cockpits, was aber den Arbeitern außerhalb herzlich egal zu sein schien.
„Jetzt kommen Sie mal wieder runter, Mechkrieger. Wir müssen die beschädigten Platten ersetzen. Wenn wir einfach nur neue Schichten draufschweißen, besteht die Chance, dass ein unglücklicher Treffer eine ganze Sektion abreist. Und das wissen Sie so gut wie ich. Also lehnen Sie sich zurück, entspannen Sie sich ein wenig und lassen Sie uns vor allem unsere Arbeit vernünftig machen. Wir werden ihren Engel schon nicht ungepanzert ins Gefecht schicken. Vertrauen Sie mir, Mechkrieger. Ich mache diesen Job nicht erst seit heute.“
Die beruhigende Stimme der SeniorTech ließ ihn resignierend zusammensinken.
Er war von völlig Wahnsinnigen umgeben. Alle komplett durchgedreht. Irreparabler Sockenschuss. Definitiv!
„Und wenn Sie noch einmal aus ihrem Kabuff klettern, Ryan, dann schwöre ich, schlage ich Sie nieder und lasse Sie anschließend auf der Pilotenliege festketten. Haben wir uns verstanden?“
Sergeant Tsuno. Natürlich. Wer auch sonst. Die nächste Kandidatin für die Zwangsjacke. Was glaubte dieses Dracogirly eigentlich wer Sie war?
Zornig schluckte er eine bissige Antwort hinunter und versuchte stattdessen seinen inneren Ruhepol zu finden.
Gar nicht so einfach, bei dem Chaos, das in ihm herrschte.
„Jawohl, Sergeant Tsuno. Niederschlagen und festketten. Habe verstanden.“
Er wollte seiner neuen Vorgesetzen nicht auch noch die Genugtuung des letzten Wortes geben.
„Na bitte, geht doch, Ryan.“
Mist.
Kurz warf er einen sehnsüchtigen Blick auf den Flachmann in dem Privatfach, verwarf den Gedanken an einen beruhigenden Schluck des betäubenden Absinths jedoch sofort wieder. Er benötigte alle seine Sinne. Nicht nur für den kommenden Kampf, sondern auch für seine Verbündeten.
Man konnte ja nicht mal erraten, auf was für tolle Ideen Keene und ihr Team noch so kamen. Reaktorausbau? Oder vielleicht eine Gyroskopdemontage. Das würde ihm jetzt gerade noch fehlen.
Das hämische Lach überraschte ihn völlig. Noch bevor es ihm auf die Nerven gehen konnte.
„Jack, wie es scheint hast du neue Freunde gefunden. Herzlichen Glückwunsch. Es scheint immer noch Leute zu geben, die dumm genug sind dir Ihr Vertrauen zu schenken.“
Zähneknirschend drehte Jack den Kopf und blickte auf den Notsitz des Cockpits, auf dem Peter herumlümmelte. In einem kunterbunten Hawaihemd und einer Boxershorts in grellgrüner Farbe mit schwarzen Fragezeichen.
„Was zum Teufel treibst du hier?“
Schnell deaktivierte Jack den Bordfunk, nachdem er das bösartige Lächeln seines Freundes richtig gedeutet hatte.
„Ich genieße meinen Ruhestand, Jack, alter Freund. In vollen Zügen.“
Langsam griff die Einbildung seines kranken Verstandes hinter sich und holte ein Cocktailglas mit einem hübschen gelben Schirmchen inklusive Strohhalm hervor.
Jack lief das Wasser im Mund zusammen, während Peter genüsslich an dem Röhrchen zu saugen begann, um dann im Plauderton fortzufahren.
„Außerdem bin ich eine Schöpfung deiner geschundenen Seele. Du hast mich erschaffen, um jemanden zum Reden zu haben. Ergo willst du dich im Moment wohl mitteilen, nur fehlt dir ein Gesprächspartner. Und schwups, da bin ich. Also schieß los, alter Grießgram. Wo drückt der Schuh?“
Nachdenklich schloss der ehemalige Pirat die Augen und entschied, dass es nicht schaden konnte. Blind tippte er auf einen Schalter auf der Armlehnenkonsole seiner Pilotenliege und sofort schloss sich das Panzerschott der Eingangsluke mit einem lauten Zischen der hydraulischen Systeme.
„Ich weiss wirklich nicht, was ich hier tue, Peter. Eigentlich will ich doch Rache an Conny nehmen. Das ist der einzige Grund, aus dem ich noch immer am Leben bin! Und jetzt stehe ich hier in einem Kampf, der mich eigentlich rein gar nichts angeht. Unter dem Kommando eines Mannes, den ich nicht im Geringsten kenne. Was zum Teufel tue ich hier, Peter? Und warum tue ich es? Warum steige ich nicht einfach in das nächste Landungsschiff, welches diesen elenden Dreckklumpen verlässt und jage den Marodeuren hinterher? Warum, Peter?“
Geräuschvoll schlürfte der Geist seines toten Freundes den Rest des Cocktails aus dem Glas und ließ es dann achtlos zu Boden fallen, wo es klirrend zersprang.
Verwirrt blickte Jack seinen Gesprächspartner nun wieder an.
„Das mein lieber Jack, ist deine Seele. Zerbrochen. Hunderte kleiner Scherben, verstreut in deinem Kopf. Sie alle ringen darum, die Kontrolle über deinen Geisteszustand zu gewinnen und wechseln sich dabei immer wieder ab. Eine Scherbe ist dein Selbsterhaltungstrieb. Der war dafür verantwortlich, dass du mich auf Greenich zurückgelassen hast, was im Übrigen keine Entschuldigung ist.“
Verächtlich stieß Peter eine der Scherben mit seinem roten Badelatschen davon.
„Eine andere Scherbe ist dein Verantwortungsgefühl. Die tritt häufig zusammen mit deinem Ehrgefühl und dem Schutzinstinkt des Rudelführers auf. Ein feines Trio. Zusammen lassen die Drei dich zum Beispiel einen Hügel gegen einen Stern anstürmender Clanner halten. Oder eben einen verletzten Verbündeten verteidigen. Sind schon echt harte Bastarde.“
Entspannt lehnte sich Peter zurück und schlug die Beine übereinander. Wenn Jack ihn so betrachtete, erinnerte er ihn an einen Professor. Nur eben im Urlaub.
„Eine weitere Scherbe ist dein Hass. Der hat dich überleben lassen. Macht dich unglaublich hart und verbissen. Es ist ein tiefer, brennender Hass. Und der ist schon lange in dir. Vorsichtig musst du nur sein, wenn zu dieser Scherbe, dein ausgeprägtes Aggressionspotential kommt. Oder deine antrainierte Grausamkeit. Diese Kombinationen lassen dich Dinge tun, die du später definitiv bereust, weil du weißt, dass sie nicht richtig sind. Hier kommt dann deine Intelligenzscherbe ins Spiel. Und ich muss zugeben, das ist eine gewaltige Scherbe. Eine Riesenscherbe.“
Erklärend hob Peter den Fuß des Glases samt Stiel auf und hielt sie Jack vor das verständnislos dreinschauende Gesicht.
„Ganz Recht, Jack. Für einen Peripheriepiraten bist du ein ziemlich schlauer Bursche. Du hast es geschafft, dir eine eigene Einheit aus dem Nichts zu erschaffen. Und die war wesentlich realer, als ich es jetzt bin. Du hast dir einen Ruf als tödlicher Stratege unter deinen Gegnern geschaffen und es verstanden fast zehn Jahre lang deinen Häschern zu entkommen. Ihnen jedes Mal einen Schritt voraus zu sein. Ein völlig neues Konzept der Piraterie hast du erschaffen. Ein Konzept, welches deine Schattenkonten bei ComStar mächtig aufgebläht hat. Schattenkonten, Jack. Die meisten Mitglieder unserer Zunft wissen ja nicht einmal, was das ist. Die versaufen ihre Beute oder verhuren sie in miesen Bordellen.“
Gedankenverloren griff Peter in seine Hemdtasche und zog eine Zigarette hervor, welche er sich genüsslich zwischen die Lippen klemmte.
„Ich dachte, du hast aufgehört!“
Jack sprach, noch bevor ihm klar wurde, dass Peter nur eine Einbildung war.
„Ich bin tot, Jack. Was soll mir denn noch passieren? Soll ich vielleicht Gespensterkrebs bekommen?“
Ärgerlich zündete sein alter Freund den Glimmstängel mittels eines altmodischen Feuerzeugs an und fuhr dann, eine blaue Dunstwolke in das Cockpit blasend, fort.
„Außerdem wäre ich dir dankbar, wenn du mich nicht unterbrechen würdest. Wo war ich denn jetzt… ach ja. Die Scherben. Jede davon stellt eine Facette deines Wesens dar. Trauer, Schmerz, Schuldgefühle. Jede lässt dich anders reagieren. Damit wirst du wohl leben müssen, Jack, bis du das Glas wieder zusammengesetzt hast.“
Zufrieden grinsend verschränkte sein Freund die Hände hinter dem Kopf und blickte den völlig verwirrten Jack belustigt an.
„Also gut, Peter. Ich möchte nicht behaupten, dass ich verstanden habe, was du mir damit sagen willst, aber wenn das da auf dem Boden meine zerbrochene Seele repräsentieren soll, dann stellt sich mir doch noch eine Frage.“
Neugierig lehnte Peter sich nach vorne und betrachtete den, nun nachdenklichen, ehemaligen Piraten.
„Na dann, nur raus damit, Jack. Wie lautet deine Frage?“
Er starrte seinem toten Freund in die Augen. In diese eiskalten, stahlblauen Augen.
„Was repräsentiert dich, Peter? Welcher Teil meiner Seele bist du?“
Das herzhafte Lachen schallte durch sein Gehirn wie ein Donner, während Peter sich mit der flachen Hand auf den Schenkel klopfte.
Dann beugte er sich zu den Scherben auf dem Boden hinunter und hob etwas auf, das er Jack triumphierend vor das Gesicht hielt.
„Ich, mein lieber Jack, ich bin das lustige, bunte Schirmchen deines Seelencocktails.“
Als Jack nach der grellgelben Verzierung griff, verschwand Peter mit einer erschreckenden Plötzlichkeit. Nur seine Stimme blieb in Jacks Gedanken.
„Denk immer an das gelbe Schirmchen, Jack.“
Gedankenverloren richtete der frisch gebackene Chevalier seinen Blick wieder aus der gepanzerten Cockpitscheibe und betrachtete die fleißig arbeitenden Techs,
bis er sich gewahr wurde, dass er das gelbe Schirmchen noch immer in seiner Hand hielt. Konsterniert blickte er den realen Gegenstand an.
Wie verrückt war er eigentlich?

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Wahnsinn und Genie liegen oft näher beieinander als man denkt.
20.07.2010 00:12 Taras Amaris ist offline E-Mail an Taras Amaris senden Beiträge von Taras Amaris suchen Nehmen Sie Taras Amaris in Ihre Freundesliste auf
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Imara wusste, dass Mikado ihn erwartete. Der Luftangriff, und die Attacke in der Flanke waren Zeichen genug gewesen. Der Anführer des Söldnerkonglomerats hatte auch nicht erwartet, dass der Anführer der Angry Eagles blind, taub oder uneinsichtig genug war, um ihn mit seinen Leuten bis an den Raumhafen heran kommen zu lassen. Andererseits konnte er zwei schwere Brocken dieses Kalibers an seiner Flanke nicht ignorieren. Deshalb hatte er die Kampflanze der zweiten Panzerkompanie detachiert, um ihnen zu zeigen, was die Husaren von Stärkeren hielten, die auf Schwächere einprügelten. Die holten dann nämlich ihre großen Brüder. Und letztendlich war dies hier Panzergelände. Er hoffte dabei ein wenig, dass sich die beiden Assault-Mechs abdrängen ließen, bevor sie sich mit der Hauptmacht vereinigten. Zum getrennten Schlag war die Detachierung zu gering; Imara vermutete wohl nicht zu Unrecht, dass seine Panzer da eine Gefechtspatrouille aufgeschreckt hatten. Mittlerweile würden die Mechs der Eagles, der Miliz und der Chevaliers ihre Stellungen erreicht haben. Und darin lag der große Vorteil Imaras. Denn ein Großteil der Krieger dort draußen hatte die für Mechkämpfe vollkommen unübliche Stellungskriegsführung noch nie trainiert, geschweige denn im Gefecht erlebt. Je besser, je schneller er zwischen die gegnerischen Maschinen geriet, desto höher würden die Verluste des Gegners sein. Vor allem wenn er sich zurückzog, um die nächste Stellungslinie zu erreichen. Seine Leute hingegen hatten den Kampf gegen ein solches Abwehrsystem bis zum Erbrechen geübt. Die Unerfahrenheit der Verteidiger, dazu das geradezu ideale Panzergelände, das aus den gegnerischen Mechs vor allem Zielscheiben machte, in Verbindung mit seinen griffigen Infanteristen, die hinter ihnen aufräumen würden, konnte die Einheit bis zum Raumhafen bringen. Dort war es wichtig, die Antischiffswaffen zu beschädige, damit die Verstärkung direkt am Hafen landen konnte, wo sie Imara in dieser Situation am meisten nützte. Dabei war es sicherlich von Vorteil, dass seine Leute schneller hier waren als die zerschlagene Miliz vom Gefecht am Wasserloch; beschädigten sie die Schiffswaffen nicht oder nur unzureichend, mussten die Verstärkungen dreißig oder mehr Kilometer zurücklegen, bevor sie seine Einheit verstärken konnten. Mist, die einzige Variable im Plan, die er nicht mit Feuerkraft ausgleichen konnte. Hätte diese verdammte Patrouille sie doch nur nie entdeckt, dann wäre Ace vollkommen überrascht worden.

Zum wiederholten Male machte sich Aaron Imara auch nicht sehr freundliche Gedanken über seine Auftraggeber, die unbedingt einen "sauberen" Sieg geliefert haben wollten. Also keine Sabotage, keine Sniperkommandos auf dem Raumhafen, um Mikados hohe Offiziere auszuknipsen, keine zufällig auf die Hafenverteidigung abstürzenden Landungsschiffe... Das Übliche halt, wogegen sich die Eagles nicht wehren konnten, egal wie dicht ihre Antispionage war. Und zum wiederholten Male war er sehr froh darüber, dass sein Sieg schon beschlossene Sache war. Er kannte Ace einfach zu gut, viel zu gut. Er grinste hässlich in der Dunkelheit seines Masakari-Cockpits. Die Höflichkeiten waren ausgetauscht worden. Nun wurde es Zeit, jemandem weh zu tun. Und der hieß sicher nicht Imara.
Die großen, weithin sichtbaren Mechs würden dabei Zielscheiben spielen, während die Panzer einhundert Meter vorweg eine erste Angriffslinie bilden würden. Der Vorteil der Verteidiger, in ihrem tiefen Tümpeln zu stehen, gekühlt zu werden und hinter den Erdwällen geschützt zu sein würde sich damit in einen Nachteil verwandeln, weil es die Bekämpfung der Panzer erschwerte. Nicht viel, aber hoffentlich genug. Und wenn er sich nicht vollkommen irrte, dann... Ja, da war er. Der Tai-Sho mit dem zornigen Cartoon-Adler auf der linken Brust, dahingestellt, als wenn seine Einheiten nicht nur noch eintausend Meter entfernt wären und jederzeit das Feuer auf ihn eröffnen konnten. Typisch für diesen Mann. Leider auch typisch, das er damit zumeist durch kam. Vielleicht auch diesmal.
***
Als der Feind nur noch acht Klicks entfernt war, begannen die kombinierten Stäbe von Miliz, Eagles und Chevaliers, den Panzern und Mechs die bereits vorhandenen Stellungen zu zu weisen. Dabei hielt Danton seinen von den Wölfen verstärkten Elementare-Stern bewusst für die zweite oder dritte Verteidigungslinie zurück; gegen einen angeschlagenen Angreifer würden sie sehr, sehr effektiv sein.
"Home Base von Knave."
"Hier Knave."
"Prince und Wolf haben sich gemeldet. Sie wurden während ihrer Patrouille vom Angreifer überrascht und hatten ihre Maschinen kalt gestellt. Leider wurden sie entdeckt. Sie melden einen Drillson und einen Condor als Abschuss."
"Ein besserer Anfang als am Wasserloch, würde ich sagen."
"Kiki meldet die Vernichtung des feindlichen Lokis und bittet um Erlaubnis zu weiteren Angriffen."
"Sie soll warten. Die Jäger der Eagles und der Miliz steigen gerade auf. Erster Angriff, sobald wir auf die zweite Verteidungslinie zurückfallen. Erstens können wir die Rückendeckung dann brauchen, und zweitens werden die gegnerischen Einheiten dann vielleicht unvorsichtig genug, um sich abschießen zu lassen. Hauptmann Kreuzer von den Eagles führt das Kommando. Ihre Drossel ist wendiger, und sie hat mehr Flugstunden auf dem Buckel."
"Das wird Kiki jetzt nicht so gut gefallen", warf Captain Harris ein.
"Wer bezahlt, hat Recht. Und im Moment kriegen wir unseren Sold vom Herzog, Juliette."
"Wie wahr, wie wahr." "Weitere Meldungen?"
"Ja. Shadow meldet die Purifier-Einheit für die Operation Retro-Hydra bereit. Wortwörtlich sagte er: Sag wann."
"Er kann los ziehen. Aber er soll warten, bis wir mindestens zur dritten Verteidigungslinie zurückgefallen sind. Und ich erwartet natürlich absolute Funkstille. Ab Auftragsbeginn eigenständiges Handeln."
"Das wird ihn erfreuen."
"Ach, und nachher kann er mir erklären, wo er so lange gesteckt hat."
"Ich werde es ihm ausrichten. Go für Operation Full Metal Panic?"
"Kitty soll zuschlagen, sobald sie eine Möglichkeit für sich sieht. Die dürfte sich mittlerweile längst ergeben haben. Ob sie dabei die Nacht nutzt, oder den Morgen, ist mir egal. Nur klappen muss es."
"Verstanden. Ich reiche die Befehle weiter. Viel Glück, Germaine, und halte den Kopf unten."
"Dir auch viel Glück. Denn wenn ich keinen Kopf mehr habe, stehen deine Chancen auch schlecht."
"Spötter", erwiderte sie und verließ den Kanal.
Germaine Danton grinste breit. Dann ging er direkt auf den Funkkanal zum Herzog. "Mylord. Ich habe alles in meiner Macht Stehende organisiert. Jetzt müssen wir nur noch den Raumhafen halten. Und hoffen, dass der Feind nicht plötzlich Richtung Stadt marschiert."
"Er wäre ein gefundenes Fressen für unsere Raumjäger, wenn er Teileinheiten detachieren würde. Und wir würden ihm folgen, falls er komplett umschwenkt", erwiderte Mikado. "Nein, ich denke, unser Freund Imara will den Raumhafen. Das ist sein einziges Ziel. Und eigentlich erwarte ich jede Sekunde eine Explosion vom Hafen zu hören, oder die Meldung zu bekommen, dass eine Bombe entschärft, ein Saboteur erschossen oder ein feindlicher Sniper entdeckt wurde."
"Teufel auch, die werden doch nicht etwa sauber gegen uns kämpfen?", scherzte Germaine.
"Hüte dich vor solchen Gegnern, alter Freund", mahnte Ace amüsiert. "Die Gefahr bei ihnen ist nicht, dass ihr ausgeprägtes Ehrgefühl es nicht zulässt, ein wenig Sabotage zu betreiben oder ein paar Offiziere zu eliminieren, sondern dass sie es überhaupt nicht nötig haben. Das sind die wirklich gefährlichen Gegner."
"Wir werden sehen. Viel Glück, Mylord."
"Viel Glück, mein erster Chevalier."
Die Verbindung erlosch, und Germaine hatte nicht viel mehr zu tun, als seinen Hauptmann in das ihm zugewiesene Wasserloch zu steuern. Das ging ganz gut über die flache Rampe. Das System hatte seine Vorteile, solange sie nicht von Luft/Raumjägern attackiert oder Artillerie bombardiert werden konnten. Und es hatte schon Clan Nebelparder aufgehalten. Es würde auch diesmal ausreichen. Entschlossen schnaubte der Chevalier durch, und sichtete die ersten zaghaften Ortungs-Blips auf dem zweiten Hilfsbildschirm. Na also, die ungeladenen Tanzgäste waren fast in Feuerreichweite.
***
Mamoru Mikado atmete für einen Moment tief ein, und dann wieder aus. Als Kind hatte er eine Zeitlang Asthma gehabt. Das hatte sich mit der Pubertät verflüchtigt, aber er erinnerte sich noch sehr gut an die Enge im Hals, an den schnellen Atem, der nicht zu kontrollieren war, an die hastigen, tastenden Griffe nach dem Spray, das ihm Erleichterung bringen sollte, und einfach nicht zu finden war, besonders Nachts nicht. An die Angst, die in ihm gewühlt hatte, und mit jedem Hustenreiz, jedem Stückchen Schleim, das er nicht sofort schlucken konnte, größer geworden war. So fühlte er sich auch heute noch manchmal, bevorzugt vor einem Gefecht, kurz bevor die Abwärme seiner Maschine versuchte ihn bei lebendigem Leibe zu kochen. Kurz ging sein Blick zu dem einlaminierten Foto, das er knapp unter die 180°-Sicht gepappt hatte, um es vor dem Durchweichen zu schützen. Es zeigte seine Familie. Jean und die Kinder. Da war er also nun, auf seinem eigenen Lehen, aber dreihundert Lichtjahre von den drei Menschen entfernt, die ihm das Allerwichtigste auf der Welt waren. Und das Schlimmste war, dass er, kaum wieder Zuhause, schon nach wenigen Wochen erneut würde aufbrechen müssen, um seinen Eagles einen Kontrakt zu suchen. Nichts war schlimmer als eine Söldnertruppe ohne Beschäftigung. Er verpasste so viel, so verdammt viel aus dem Leben seiner Kinder, dass ihm alleine der Gedanke starke Stiche durchs Herz jagte. Aber er tat hier das, was er am besten konnte. Er konnte nicht anders, und Jean wusste das auch. Sie war sich vollkommen im Klaren darüber, wen sie da geheiratet hatte. Auch das sie das Hausmütterchen spielen musste, während er seinen humanitären Auftrag in die Innere Sphäre trug. Allerdings ein Hausmütterchen, das über ein knappes gemischtes Regiment verfügte. Das mächtigste Hausmütterchen diesseits von Terra, quasi. Und es würde auch nur noch ein paar Jahre dauern, bis Rebecca und David sie begleiten konnten... Was dann? Würden sie versuchen, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten? Rebecca war defacto designierte Herzogin von Wayside V, David ein Adliger vom Range eines Vicomte; vielleicht würde ihnen das höfische Leben auf Luthien besser gefallen. Noch vor vier Jahren wäre es keine gute Idee gewesen, aber nachdem sich die ehemalige Parderwelt so sehr gemausert hatte, wären sie auf Augenhöhe mit den anderen Kindern adliger Eltern am Hofe. Denkbar wäre für die zwei auch das NAIW, eine Karriere in einer Hauseinheit, diplomatischer Dienst, oder etwas vollkommen anderes. Für ihn als Vater galt die Pflicht, ihnen alle möglichen Türen offen zu halten. So viele er immer nur konnte. Und dafür musste er leben.

Der letzte Gedanke ernüchterte ihn ein wenig. Er strich mit den Fingerspitzen über das Bild, berührte Frau und Kinder flüchtig, schickte ihnen in Gedanken einen kurzen Gruß. Dann stieß er einen derben Fluch aus, sandte ein Stoßgebet hinterher und öffnete einen Kanal zum Hauptquartier: "Larry, ich will mit maximaler Sendeleistung gehört werden."
"Ist bereits alles arrangiert, o allmächtiger Koshaku. Leg los, und das Kurita-Becken wird beben."
Ace lächelte amüsiert. Auf Larry konnte er sich verlassen. Ebenso wie auf Virgil... Eigentlich. Die letzten Prognosen hatten für ihn gut ausgesehen. Aber Ace drängte das beiseite. Jetzt hieß es arbeiten. Erfolgreich arbeiten.
"Schalte mich auf. Jetzt."
Eine kleine Rückkopplung bewies, dass er nun gehört werden konnte. Theoretisch überall auf dem Planeten. "Hier spricht Koshaku Mikado Mamoru, Herscher über Wayside V im Dienste des Koordinators. Ich spreche hier zu den angreifenden Panzer-, Mech-, und Infanterietruppen unter dem Kommando von Colonel Aaron Imara. Als Herzog von Wayside V biete ich hiermit jedem Soldaten, ob Krieger, ob Tech, ob Raumfahrer an, seinen Kontrakt zu übernehmen. Ich bin bereit dafür in jeder beliebigen Phase der Schlacht den doppelten üblichen Sold für den Zeitraum eines Standard-Jahres zu zahlen. Und am liebsten wäre mir sofort. Mein Angebot steht, wird nicht zurückgenommen. Alle angreifenden Einheiten, die sich für mein Angebot entscheiden, müssen ihr Waffen deaktivieren und ihre Mechs abschalten, beziehungsweise ihre Panzer beidrehen und verlassen, oder ihre Waffen entladen und am Lauf tragen, bis dieser Konflikt vorbei ist. Ich verspreche hiermit als erfahrener Feldkommandeur und Söldneroffizier, das ich alle Einheiten, die sich diesem Verfahren unterwerfen, so gut ich kann vor Übergriffen ihrer Kameraden beschützen werde. Mögen sie alle die richtige Wahl treffen. Mögen sie alle diese Wahl nicht zu spät treffen."
Mikado trennte die Verbindung wieder. Er hoffte nicht darauf, dass plötzlich die gesamte Söldnereinheit geschlossen in seine Dienste trat, das wäre allzu illusorisch gewesen. Aber die Kämpfe würden hart werden, hart und brutal. Und die Hoffnung blieb, dass diese zusammengewürfelte Einheit keine so enge Verbundenheit aufwies wie die Eagles, das sich die Krieger beeinflussen ließen von der Aussicht auf den baldigen Tod. Das einzelne, oder vielleicht sogar eine ganze Teileinheit aus Imaras Gefolge zu ihm desertieren würde. Obwohl, in Söldnersprech hatte er kein Wort von Desertion gesagt. Er hatte es Kontraktübernahme genannt. Und das war schon immer eine beliebte Floskel gewesen, derer sich die Söldner bedient hatten. Sie hielt sogar so manchem Gerichtsverfahren stand. Der Herzog grinste dünn. Sie würden sehen, ob sich ein paar Mechs, Panzer oder Infanteristen selbst aus dem Rennen nehmen würden. Es blieb zu hoffen, Lufthoheit hin oder her.
Mikado bewegte seinen Tai-Sho rückwärts, die anmarschierenden Einheiten im Blick, bis die Maschine abrutschte. Wenig elegant, aber dafür zielstrebig landete sie in ihrem ganz eigenen Graben, den der Regen der letzten Herbstsaison fünf Meter tief mit Wasser gefüllt hatte. Er war bereit. Auf alles. Auf wirklich alles. Den Rest würde hoffentlich sein neuer bester Freund besorgen.

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Sechs Stunden vorher:

"Wenn ich es Ihnen doch sage: Herzog Mikado hat Rotalarm ausgerufen. Der Planet steht vor einer planetaren Invasion. Es wurde Start- und Landeverbot für alle Landungsschiffe erteilt. Sie hatten einfach Glück. Ihr Union war der letzte, der landen durfte. Und jetzt müssen Sie sich entscheiden, ob Sie mit dem letzten Shuttle nach Parkensen City fahren wollen, oder eines der Hotels am Raumhafen aufsuchen. Alle Hotels haben eigene Schutzräume und liegen weit genug vom Frontverlauf entfernt, falls es zu Kämpfen kommen sollte." Beinahe konnte man sehen, wie der draconische Zollbeamte mit beiden Händen ringend flehte: Kapier doch endlich.
Sein Kunde, ein erzkonservativer Geschäftsmann mit einem lyranisch-grauen Geschäftsanzug, war über diese Aussichten nicht gerade amüsiert. "Mein Aufenthalt auf diesem Dreckball sollte exakt acht Stunden dauern. Dann sollte mein Anschlussflug auf der JEOPARDY Richtung Diana gehen. Ein Hotelaufenthalt oder laue Zeit waren nicht eingeplant. Ich kann nicht verstehen, dass die Wege von freien Allianzbürgern von Ihrem sogenannten Herzog dermaßen behindert werden. Unterbunden werden. Das ist kein freier Handel, und das ist auch kein gutes Benehmen. Wo leben wir denn? In einer Diktatur?"
Dies brachte den Zollbeamten dann doch zum Schmunzeln. "Ja, mein Herr, das ist eine sehr gute Interpretation. Sie befinden sich auf dem Staatsgebiet des Draconis-Kombinats. Und das ist, nach lyranischer Deklaration, eine Diktatur."
Für einen Moment schien dem dicken Lyraner der Wind aus den Segeln genommen worden zu sein. "Oh. Oh. Aber die JEOPARDY wird..."
"Das Schiff hat Startverbot. Es wird garantiert nicht ohne Sie abfliegen, weil hier nichts abfliegen wird", erklärte der Zollbeamte mit stoischer Geduld. "Niemand. Nur ein Luft/Raumjäger darf jetzt noch starten, und die sind alle in Kampfbereitschaft, da wir einen Angriff auf den Hafen erwarten."
"Und dann wollen Sie mich auf dem Hafen einquartieren? Eine mehr als dumme Idee, finde ich", murrte der Lyraner.
Der Mann hinter ihm, dem das Treiben zu bunt wurde, mischte sich ein. "Sir, wenn ich da etwas einwenden darf: Die Hotels des Raumhafens befinden sich zwischen Hafengelände und Parkensen City. Selbst wenn die Piraten den Raumhafen erobern, selbst wenn auf dem Hafen gekämpft wird, müsste es schon einen sehr unglücklichen Fehlsschuss geben, um überhaupt eines der Hotels anzusengen. Und sollten sich die Kämpfe tatsächlich in die Stadt ziehen, sollten Sie froh über ein Hotel sein. Denn die haben, im Gegensatz zu den zivilen Gebäuden in der Stadt, tatsächlich Bunker, die sogar einem abstürzenden Landungsschiff widerstehen können. Also ziehen Sie schon in das Scheiß Hotel, bevor ich oder einer der anderen hier wartenden Passagiere versucht ist, Ihnen in den Arsch zu treten!"
Zustimmendes Gemurmel aus der Reihe wurde laut.
Der Lyraner erblasste leicht, nur um daraufhin sofort wieder rote Wangen zu bekommen. "Was die Kosten für diesen unfreiwilligen Aufenthalt angeht, so meine ich..."
"Selbstverständlich", begann der Zollbeamte erneut, "lädt Koshaku Mikado, Stellvertreter Theodore Kuritas auf Wayside V, alle gestrandeten Passagiere auf Kosten der Staatskasse ein. Sie erhalten all Inclusive, bis Sie Ihre Reise fortsetzen können, mein Herr. Ace bezahlt alles. Darin ist auch ein Service enthalten, der Sie wecken und in den Schutzraum bringen lässt, sollte dies nötig werden."
"Alles? Das Hotel, das Zimmer? Mein Essen, meine Drinks?"
"Ausnahmslos alles", erwiderte der Draconier mit einem leisen Flehen in der Stimme.
"Das ist dann natürlich etwas vollkommen anderes. Selbstverständlich wähle ich dann das Raumhafenhotel. Natürlich müssen wir alle ein wenig zurückstecken, wenn rechtschaffende Männer wie Herzog Mikado die Zivilisation gegen Barbaren und Piraten verteidigen. Es ist sogar unsere Bürgerpflicht. Wer, wenn nicht ein Lyraner, würde das aus erster Hand wissen?"
Der Zollbeamte reichte ihm eine Registerkarte. "Kowloon Hotel. Zimmerflucht zweiter Stock."
"Möge der Segen Blakes auf Sie fallen, mein guter Mann." Freudig nahm der Geschäftsmann die Karte entgegen und eilte freudestrahlend zum Gepäckschalter.

"Danke, Sir. Das war Rettung in letzter Minute", stöhnte der Beamte. "Eine Minute länger, und ich hätte die Sicherheit gerufen."
Der Andere lächelte freundlich, während er sein Handgepäck auf dem Tresen abstellte. "Dieser Mann ist kein typischer Lyraner, Sir. Bitte sehen Sie jetzt nicht alle im gleichen Licht."
Der Draconier warf einen Blick in die Papiere seines Gegenübers und lächelte. "Natürlich nicht, Herr Schwarzburg. Was ist der Zweck Ihrer Einreise? Wie lange werden Sie bleiben? Haben Sie bereits eine Reservierung? Werden Sie ein Hotel am Raumhafen mit Schutzräumen beziehen, oder nehmen Sie das letzte Shuttle in die Stadt?"
"Zweck meiner Einreise ist eine Erkundungsmission für ein lyranisches Geschäftskonsortium. Wir planen Filialen auf Wayside V für den Außenhandel mit den Clans. Ich habe dafür ein Zwei Wochen-Visum beantragt und genehmigt bekommen. Und ja, ich habe eine Reservierung im Gettys am Raumhafen." Er lächelte freundlich. "Keine Sorge, mit mir haben Sie nicht annähernd so viele Scherereien wie mit meinem Vorgänger."
"Ich merke das schon. Sie können passieren, Herr Schwarzburg. Willkommen auf Wayside V."
"Möge Blakes Segen Sie verschonen, Sir", erwiderte Schwarzburg freundlich, und machte sich auf zur Gepäckannahme.

Die Fahrt im Shuttle zu den Hotels dauerte nicht lange. Auch wenn das Auge meinte, die Dimensionen seien gigantisch, auch wenn die erst vier Jahre alte Stadt durchaus mit dem einen oder anderen Wolkenkratzer aufwarten konnte - viele wurden gerade gebaut - so waren Raumhafen und Parkensen City doch nur mittlere Großstädte. Kein Vergleich mit der tharkadischen Triade, oder dem Hof des Generalhauptmanns auf Atreus. Schwarzburg gefiel dennoch, was er hier sah. Als waschechter Lyraner mochte er jede Sorte von Mensch, die aus Staub etwas erschaffen konnte. Dieser Menschenschlag gab so herrliche Handelspartner ab. Beständige Partner, die über einen langen Zeitraum soliden Profit versprachen.
Das Einchecken im besten Hotel am Platz verlief relativ problemlos. Lediglich sein Wunsch, im Gefahrenfall nicht geweckt werden zu wollen, stieß beinahe auf blankes Entsetzen und führte dazu, dass der Nachtconcierge persönlich eine halbe Stunde auf ihn einredete, doch "nicht so unvernünftig zu sein". Schließlich ließ man ihn von der Leine, nachdem man ihm eine Haftungsausschlusserklärung unterschreiben lassen hatte.

Auf seinem Salon angekommen - Zimmer wäre eine maßlose Untertreibung gewesen - inspizierte er zuerst die Getränke. Er entschied sich für einen gut temperierten Rosé, entkorkte ihn und schenkte sich direkt in das erstbeste Glas ein. Wie sagte man so schön? Wein hatte keine Augen. Ihm war es egal, woraus er getrunken wurde.
Dann inspizierte er seine Post. Tatsächlich waren die Lieferungen von einheimischen Wayside-Händlern bereits eingetroffen. Herr Schwarzburg reiste stets mit kleinem Gepäck und pflegte sich auf den Welten einzudecken, auf denen er arbeiten musste. In diesem Fall waren dies zwei Geschäftsanzüge, mehrere Sätze Unterwäsche, Hygiene-Artikel für den persönlichen Bedarf, ein Rolle Mono-Draht, eine klassische Projektilpistole mit Schalldämpfer, etwas Einbruchswerkzeug, ein Schleichkampfanzug, eine nette Sortierung an Hand- und Blendgranaten, sowie zwei Shimatsu-MP's, für den Fall, dass es hässlich wurde. Das sollte mehr als ausreichen, um seinen Auftrag zu erfüllen. Und die Verwirrung durch den Angriff, das Chaos der baldigen Schlacht, würde ihm nur noch in die Hände spielen. "Mamoru Mikado, eh?", meinte er lächelnd. Er hatte nicht damit gerechnet, den Herrscher des Planeten anzutreffen. Schlecht meinende Stimmen rechneten ihn zu Alibi-Adligen, die regieren ließen und ansonsten ihrem Vergnügen nachgingen, in diesem Fall der Söldnerei. Aber das wäre eine halbherzige Einstufung gewesen. Er war sicher nicht perfekt, aber ein sehr sorgender Mensch und Vorgesetzter. Alleine die Unterbringung der letzten Passagiere auf seine Kosten sprach da Bände.
Dann zog er ein Foto seines Ziels hervor. Die Yakuza, die hier vor Ort für ihn recherchiert hatten, hatten gute Arbeit geleistet. Sie hatten essentielle Informationen zusammen getragen, wenngleich dies einen Konflikt mit der örtlichen Gumi bedeuten konnte, wenn ihre Ermittlungen den falschen Leuten auffiel. Und das es eine Gumi, eine Yakuza-Gruppe in Parkensen City gab, daran zweifelte er nicht. Sicherlich kontrollierte die örtliche Gruppe die Verladearbeiter am Jaffray-Raumhafen. Oder sie kooperierte direkt mit dem Herzog, um das unvermeidliche Schwarzgeschäft wenigstens unter Kontrolle zu halten.Sein Auftraggeber hatte sich den Yakuza für diese Vorbereitungen sehr großzügig gezeigt, was Gefallen und Geld anging. Und nur weil sein Auftraggeber viele Gefallen eingefordert und Unsummen an C-Noten ausgegeben hatte, war Schwarzburg jetzt hier, und konnte trotz eines Minimums an Vorbereitung seinen Auftrag ausführen. Und, im Idealfall, wieder unbehelligt abreisen.
Er schraubte den Schalldämpfer auf, heftete das Foto an die Panzerglasscheibe, und feuerte einen einzelnen Schuss. Dann nahm er das Foto wieder ab. Genau zwischen die Augen. Er besah sich das Foto und lächelte. "Sterben Sie nicht in dieser Nacht, Colonel Danton. Wir beide haben noch einen Termin miteinander. Und ich habe leider noch nicht herausgefunden, wie man einem Ziel ins Totenreich folgen kann."
Man konnte sagen was man wollte, aber Herr Schwarzburg nahm seine Aufgaben immer sehr ernst.
Und er legte größten Wert darauf, sie auch zu erfüllen. Ein Profi wie Germaine Danton würde das verstehen...

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