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Casper Casper ist männlich
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Kaserne der Nagelring Akademie, Tharkad,
X: -215,94 Y:152,83
Alle folgenden Koordinaten bezeichnen die Lichtjahre in der XY Ebene relative zur Erde bei 0/0.
Lyranisches Commonwealth
22.März 3030

„Stehen Sie bequem, Fähnrich!“, der in Ehren ergraute Ausbilder hatte es sich in seinem fensterlosen Büro hinter seinem Schreibtisch bequem gemacht. Der Drehstuhl mit der hohen Lehne quietschte erbärmlich als er sich darin zurücklehnte. Unter seinen buschigen Augenbrauen musterte er interessiert sein jugendliches Gegenüber und ließ die Stille wirken. Er war gespannt wann sie es diesmal nicht mehr aushalten würde. Vor seinem inneren Auge vergegenwärtigte er sich noch einmal die Informationen, die ihm seine Mitarbeiter über die junge Frau vor ihm zusammengestellt hatten. Er fragte sich, ob sie für die Aufgabe geeignet sein würde. Natürlich sprachen ihre Bewertungen für sie, doch das psychologische Gutachten stimmte ihn nachdenklich. Doch wahrscheinlich war genau das der Grund aus dem er sie gehen lassen sollte.

Die junge Frau mit dem Kurzhaarschnitt, dessen Farbe im Licht der Neonröhren nur mit Wohlwollen als strohig-blond bezeichnet werden konnte, wich kaum einen Zoll von ihrer vorbildlichen Habacht-Haltung ab. Das Kinn war trotzig nach vorne gereckt, eine Eigenheit die sie seit ihrer Kindheit nicht hatte ablegen können. Ihr Aussehen verbesserte das nicht. Sie hatte keine Idee was sie in das Büro ihres Chefausbilders, des Alten, führte.
„Pah, der Alte.“, dachte sie bei sich. „Das ist wieder die übliche Gefühlsduselei, der die Jungs und Mädels nachhängen. Anstatt sich auf ihre Ausbildung zu konzentrieren und sich einmal mit Mechtaktik zu beschäftigen, hängen sie lieber irgendeinem Personenkult oder was anderem nach. Wahrscheinlich will mir einer von denen was anhängen und deshalb steh ich jetzt hier. Oh Scheiße Natasha, da kannst du nur hoffen, dass er nix weiß von… .“

Übergangslos straffte sie sich. Ihr Chefausbilder, Oberstleutnant Madrich auf der anderen Seite des Tischs, konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. Jetzt war der Moment gekommen. Wie auf Knopfdruck sprudelte es aus der jungen Frau hervor:
„Sir, es ist nicht so, wie es ihnen berichtet wurde, ich hatte keine andere Wahl…,“, Fähnrich Natasha Perica stockte als ihr Chefausbilder lässig abwinkte.
„Fähnrich Perica, warum sie keine andere Wahl hatten ist mir herzlich egal. Ich weiß nämlich gar nicht worum es geht, mir wurde rein gar nichts über sie berichtet.“ Bei sich selbst dachte er: „Vielleicht sollte ihr das zu denken geben.“ Mit erhobener Stimme fuhr er dann jedoch fort: „Ich habe ihnen vielmehr ein Angebot einer Spezialabteilung zu machen. Sie werden, falls sie dieses Angebot annehmen, die Akademie verlassen müssen.“

Ein Schatten zeichnete sich auf Natashas Gesicht ab, doch Oberstleutnant Madrich ließ sich in seinem Redefluss nicht stören. Auch der Bleistift auf dem er mittlerweile mit Hingabe kaute änderte daran nichts. Vieles deutete darauf hin, dass er eine gewisse Übung in dieser Disziplin entwickelt hatte: „Sie werden direkt im Range eines Leutnants in einer Sondergruppe der Streitkräfte eingesetzt. Lassen sie sich das durch den Kopf gehen Fähnrich Perica. Ich erwarte ihre Antwort Morgen 1100. Noch Fragen?“
Der Schatten war von Natashas Gesicht verschwunden. Ihre Wangen hatten einen fleckig roten Ton angenommen als sie die Hacken zusammenschlug. Das Gesicht zur Grimasse verzogen, salutierte sie vor ihrem Ausbilder: „Da muss ich nicht nachdenken, Herr Oberstleutnant. Ich nehme an.“

Innerlich aufstöhnend, weil das psychologische Gutachten einmal mehr recht behalten hatte wandte sich Madrich an seine Untergebene: „Perica, schließen sie die Tür und nehmen sie bitte Platz.“ dabei wies er auf einen alten, ausgeblichen blauen Polsterstuhl der seitlich neben dem Schreibtisch stand: „Es wird länger dauern.“

****

Wüste, Andiron
X: -428,3 Y: -47,70
Peripherie
22.März 3030

Feldwebel Carol Shultz von der ersten und einzigen Miliz von Andiron stapfte in ihrer Wespe durch die Wüstenlandschaft ihres Heimatplaneten. Der Schweiß lief in Strömen über ihren Körper, obwohl sie ihre Maschine nur im Schritttempo bewegte. Er sammelte sich unter ihr und versickerte in die dünne Auflage ihrer Pilotenliege wo er sich mit den Ausdünstungen ihrer Vorgänger vereinigte. Das Gemisch bildete den typischen Geruch, den sie wahrnahm wenn sie die Pilotenkabine betrat. Der vertraute Geruch, der ein wenig von einem selbst enthielt, an den man sich aber doch nicht gewöhnen konnte. Mit einem leisen Fluch auf den Lippen ordnete sich die Enddreißigerin hinter Hesse, dem Flügelmann ihres Vorgesetzten, ein. Diese dämliche Alarmübung hätte sich Oberleutnant Krämer auch sparen können. Der Peripherie-Planet an der Steiner-Grenze war einfach zu unwichtig, als dass jemand hierher kommen würde. Sie hatten kaum Wasser genug um die ungefähr tausend Bewohner zu versorgen. Tharkad hatte letztlich doch herausgefunden, dass die Kosten für die Eislieferungen den dadurch erwirtschafteten Profit mit dem Peripherieplaneten bei weitem überschritten. So war auch ComStar abgezogen und mit ComStar auch jede Überwachung des Orbits verschwunden.

Um sich nicht weiter aufzuregen tat Carol das, was sie während solcher Übungen immer tat. Mechanisch spulte ihr Körper die Routinen ab, während sie ihre Maschine von Kontrollpunkt zu Kontrollpunkt bewegte. Ihr Geist war aber bei ihren beiden Kindern. Den beiden wunderbarsten Menschen in ihrem Leben, dem zehnjährigen Nils und seiner vierzehnjährigen Schwester Kristine. Vom Foto, das neben der Temperaturanzeige ihrer Maschine befestigt war, lachten die beiden sie an. Beide hatten die helle Haut ihrer Mutter, doch während Nils auch ihre dunkelblonden Haare bekommen hatte, zeigte sich bei Kristine mehr das Erbe ihres zu früh verstorbenen Vaters. Eine einzelne Strähne ihrer dunklen Locken hing ihr wie fast immer vor den dunklen Augen aus denen der Schalk blitzte. In Punkto Scherze standen sich die Geschwister in nichts nach. Carol beneidete sie um ihre unbeschwerte Jungend. Zugleich überwog aber der Stolz ihnen dieses Leben zu ermöglichen. Bevor sie weiter in ihren Gedanken versinken konnte, riss sie jedoch ein Funkspruch ihres Flügelmanns Anton Prill aus den Gedanken. Der Heuschreck des blutjungen Mechkriegers verfügte nicht nur über die schnellsten Beine, sondern auch die besten Sensoren der Lanze.

„Beduine an Wüstenpack, hab hier ´n paar Anomalien auf dem Schirm. Der Canyon südlich vor uns. Erwarte Anweisungen.“
Ein kurzer Blick auf die eigenen Anzeigen brachte Carol keine erhellenden Neuigkeiten. Wahrscheinlich wieder nur ein Test von Krämer. Der meldete sich nun über Funk.
„Scheich für Beduine, was heißt Anomalie. Ich erwarte einen detaillierten Bericht.“, Krämers Stimme klang arrogant wie eh und je, dennoch glaubte Carol auch ein wenig Unsicherheit zu hören. Also doch kein Test. Prill funkte zurück.
„Beduine an Scheich, dazu müssten wir näher ran. Die Berge schirmen meine Sensoren ab.“
„Scheich für Dshinn und Beduine, abgestimmtes Vorrücken nach eigenem Ermessen.“, Carol lag ein derber Ausdruck auf den Lippen, für den sie ihre Kinder getadelt hätte. Krämer schützte erst mal den eigenen Arsch und schob ihren Flügel vor.

Doch Befehl war schließlich Befehl und so funkte sie ihren Flügelmann an. „Dshinn für Beduine, wir rücken auf optimale Sensorenreichweite vor. Dann ein kurzer Komplettscan und zurück. Bei Kontakt sofort absetzen.“ Die Wahrscheinlichkeit auf einen Kontakt war gering, aber das Adrenalin das plötzlich durch ihren Körper schoss, sagte ihr etwas anderes. Es gab keine weiteren Mechs auf diesem Planeten. Nur ein kurzer Blick fiel auf das Bild ihrer Kinder, Körper und Geist wurden jetzt am selben Ort gebraucht.

***

Kaserne der Nagelring Akademie, Tharkad,
X: -215,94 Y:152,83
Lyranisches Commonwealth
22.März 3030

Natasha hatte packen wollen. Wenn sie ehrlich mit sich selber war, hatte sie diesen Tag durchgespielt seit sie bei der Nagelring Trainings Brigade eingetroffen war. Packen mit einem eigenen Kommando in der Tasche. Mit ihren 23 Jahren war es sicher auch an der Zeit, und wenn sie an ihre Eltern dachte, erfüllte sie es mit Genugtuung. War es doch ihr Vater gewesen, der ihr immer und immer wieder vorgehalten hatte, dass aus ihr nichts werden würde. Ihre Mutter hatte in ihrem unterwürfigen Verhalten nichts Besseres zu tun gehabt als ihm zuzustimmen. Jetzt hielt sie das heißersehnte Offizierspatent in Händen, nur blieb ihre keine Zeit es ihrem arroganten Vater unter die Nase zu reiben.
Doch während das Packen in ihrer Vorstellung nur die zweiminütige Ouvertüre zu ihrem Dasein als Heldin gewesen war, kam sie in der Wirklichkeit nicht recht voran. Immer wieder türmten sich die Worte von Oberstleutnant Madrich vor ihr auf: ….Pflichtbewusstsein…, …Ergebenheit…, …Vorbild…, …Verantwortung…. Mehr als Worte wie ihr auf einmal bewusst wurde und die Frage, ob sie dem gerecht werden würde türmte sich bösartig vor ihr auf.
Sie warf sich auf die bereits abgezogene Matratze ihres Bettes, was der Sprungrahmen mit einem Knacken beantwortete, das sie in den letzten Jahren in den Schlaf gewogen hatte. Mit einem Griff in ihren Militär-Rucksack hatte sie das Combrett zur Hand, in dem Oberstleutnant Madrich die Aufstellung der Einheit und einige Basisinformationen zusammengefasst hatte.

Sie wühlte sich durch die Daten der anderen Mechkrieger ihrer Lanze. Dabei blieben aber mehr Fragen, als dass sie Antworten erhalten hätte. Alle ihre Untergebenen waren älter und erfahrener als sie. Die andere Mechkriegerin wäre in ihrem alten Rang sogar jetzt noch ihre Vorgesetzte. Alle waren entrechtet, dass heißt sie hatten die Familienmaschine verloren oder eine Leihgabe wieder entzogen bekommen. Die ganze Zusammenstellung mutete sehr dubios an. Die Daten der Techs hatte sie sich noch gar nicht angeschaut. Dazu hatte sie auch jetzt nicht mehr die Kraft. Ihre Hände waren schweißnass und eiskalt. Worauf hatte sie sich da eingelassen. Aber sie hatte sich dafür entschieden, ein Zurück war nicht mehr möglich.

„Reiß dich zusammen Natasha.“, befahl sie sich selbst und zwang sich vom Bett aufzustehen. Sie packte die graue Stoffreisetasche zu Ende mit den wenigen Dingen an denen sie hing. Auch der Stoffhase, der immer gut versteckt in ihrem Schrank gelegen hatte fand seinen Platz. Dann verließ sie die Akademie. Ohne Abschluss, ohne Abschied.
„Es wäre wohl auch kaum jemand gekommen um mich zu verabschieden. Vielleicht hätte ich vieles anders machen sollen.“, die Gedanken waren bitter und eine einzelne Träne fand ihre Weg.

***

Wüste, Andiron
X: -428,3 Y: -47,70
Peripherie
22.März 3030


„Kontakt, Kontakt!“ die Stimme von Beduine, so der Rufname von Mechkrieger Prill, überschlug sich.
Carol Shultz reagierte besonnener, auch wenn sie die Angst um das eigene Leben und das ihrer Lanzenkameraden fest im Griff hatte. Die eigene Ortung zeigte erwartungsgemäß nicht viel mehr her als zwei große, heiße Metallklumpen auf 12 Uhr. Die überlegenen Sensoren von Prill sollten jedoch sehr wohl in der Lage sein genauere Daten zu liefern.
„Bleib ruhig Beduine!“ sie versuchte der eigenen Stimme einen gleichmütigen Ton zu geben. „Scan einmal drüber, dann zurück und Bericht.“
„Scheiße Mann, ich hab da einen Jenner und ´ne Valkyrie auf dem Schirm. Beide topp in Schuss und die kommen hier rüber.“ Es bestand für Carol kein Zweifel daran, dass dieser junge Mann, der gerade auf dem Weg in sein erstes Gefecht war, dabei war die Nerven zu verlieren. Auf der taktischen Frequenz schaltete sich Oberleutnant Krämer ein:
„Scheich für Dshinn und Beduine. Taktischer Rückzug aus dem Canyon. Lasst den Jenner nicht seine überlegene Beweglichkeit ausspielen.“
„Seine ersten vernünftigen Worte für heute.“, dachte Carol bei sich und brachte ihre Maschine in dem unwegsamen Gelände auf Touren. Eine Hitzwelle schlug über ihr zusammen, als die Wärmetauscher ihrer Maschine den ungleichen Kampf gegen die mörderischen Außentemperaturen aufnahmen. „Wenn ich den Laser einsetzen muss, werde ich gegrillt.“

In diesem Augenblick senkten sich zwei weitere Kampfkolosse auf den Flammenzungen ihrer Sprungdüsen vom Rand des Canyons aus zwischen sie und die eigenen Linien. Die erste der Maschinen, ein mittelschwerer Greif, nahm noch im Sprung den Heuschreck von Mechkrieger Prill unter Feuer. Die PPK des Greifen zerschmolz den rechten Arm der leichten Aufklärungsmaschine zu einem Haufen Schlacke. Prill drehte die Maschine instinktiv zur Seite um die Schwachstelle dem Feuer des zweiten Banditen-Mechs zu entziehen. Eben dieser Mech, ein Steppenwolf, hatte bereits seinen rechten Arm erhoben und feuerte die dort montierte Waffe ab. Doch statt der erwarteten Geschosse der Autokanonen, löste sich eine gewaltige rote Energieentladung. Der schwere Laser fraß sich durch die Torsopanzerung in die Eingeweide des Heuschrecks. Ein Blick auf ihre Sensoren ließ Carol trotz der Hitze einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Der Treffer hatte die, im Torso gelagerte MG-Munition zur Explosion gebracht und die kleine Maschine wurde von innen heraus zerlegt. Prill hatte keine Chance, der junge Mechkrieger war tot bevor er nur einen einzigen Schuss abgegeben hatte. Nach einer kurzen Schrecksekunde übernahm Carols Instinkt.
„Dshinn für Wüstenbande, ich habe hier einen modifizierten Steppenwolf und einen Greifen zwischen mir und der Homebase. Beduine ist down. Erbitte Unterstützung für den Rückzug.“
Krämer reagierte ruhig: „“Scheich für Wüstenbande. Fellache rückt vor, ich decke den Rückzug.“
Das brachte für Carol das Fass zum überlaufen. Die Valkyrie von Krämer war ganz klar die kampfstärkste Maschine ihrer Lanze und der Oberleutnant zog es vor sie zurückzuhalten. Der Hass auf ihren Vorgesetzten und der Schmerz über den Verlust des eigenen Flügelmanns schnürten ihren Magen zu einem harten, festen Knoten zusammen und sie spie ihm über Funk entgegen:
„Krämer du Arsch. Ich habe hier echt gewaltige Probleme. Die Banditen werfen hier gerade zwei 55 Tonner ins Feld und du kneifst.“

„Scheich für Dshinn, ich spiele lediglich meine Langstreckenbewaffnung vernünftig aus.“ war Krämers Antwort. Wie um seine Worte zu unterstreichen erzitterte der Steppenwolf unter den Einschlägen von zehn Raketen aus der Lafette der Valkyrie. Carol blieb jedoch keine Zeit sich an dem Bild zu erfreuen, das zeigte wie Panzerung vom rechten Bein der mittelschweren Maschine gesprengt wurde und tiefe Scharten zurückließ. Den kurzen Moment der Überraschung hatte der Jenner genutzt um aufzuschließen und setzte ihr von hinten mit seinen mittelschweren Lasern zu. Der Pilot der vogelähnlichen Maschine feuerte wohlweislich nur zwei seiner Laser ab, um sein Hitzeniveau nicht überzustrapazieren. Einer traf Carols Maschine im linken Bein und zerschmolz die Panzerung, während der andere sie knapp verfehlte.

Carol fokussierte sich auf den Steppenwolf und sandte ihm ihren mittleren Laser entgegen, der den Banditen frontal traf und einiges seiner Torsopanzerung zerkochte. Eine neuerliche Hitzewelle brandete über ihr zusammen. Der Greif deckte in der Zwischenzeit die Hornisse von Fellache mit Feuer aus seiner PPK ein, so dass dieser keine Chance hatte mit seiner Kurzstreckenbewaffnung in das Kampfgeschehen einzugreifen. Carol war auf sich alleine gestellt. Der Steppenwolf bewegte sich auf ihre linke Flanke hin, und feuerte seinen schweren Laser erneut ab. Panzerung verkochte von ihrem Bein und verschmolz die Rohre ihrer Kurzstreckenlafette.
Wutentbrannt feuerte sie ihren Laser erneut auf den Steppenwolf ab und versuchte gleichzeitig aus der direkten Gefahrenregion zu springen. In ihrer Hast verfehlte sie den Banditen jedoch und auch der Sprung erwies sich als Fehler. Sie war so auf den Steppenwolf fixiert gewesen, dass sie den Jenner aus den Augen gelassen hatte. Nach ihrer Landung tauchte der Bandit direkt vor ihr auf und feuerte alle vier Laser ab. Gleich drei davon bohrten sich durch den Torso der humanoiden Maschine und zerlegten die interne Struktur, der Kreiselstabilisator wurde irreparabel beschädigt und auch die Reaktorabschirmung bekam einiges mit. Während die Schäden der Maschine noch schmerzhaft über den Neurohelm auf sie einhämmerten, zog Carol die Abdeckung vom Knopf für den Schleudersitz. Ein letzter Blick fiel auf das Foto ihrer Kinder.
„Gott steh uns bei.“, dachte sie und hämmerte auf den Knopf. Sekundenbruchteile später schlug der Schleudersitz gegen das noch nicht vollständig abgesprengte Kanzeldach.

Ende Teil 1

***

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Alle Menschen sind Brüder - aber das waren schließlich auch Kain und Abel.
Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker
28.02.2011 22:21 Casper ist offline E-Mail an Casper senden Beiträge von Casper suchen Nehmen Sie Casper in Ihre Freundesliste auf
Casper Casper ist männlich
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Lorant-Schule, Andiron
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Peripherie
22. März 3030

„Nils du meldest dich sofort beim Direktor.“, Miss Wilson, die 72 jährige Erdkundelehrerin war genervt wie jeden Tag. Da war der tägliche Kampf gegen die Hitze, die ihrem Körper mit jedem Jahr mehr zu schaffen machte. Dann war da dieser Junge, der sie fürchterlich nervte. Immer wider heckte er etwas Neues aus um ihr das Leben schwer zu machen. Nils verließ den Raum grinsend, nicht ohne vorher seinen Freund Tom abgeklatscht zu haben und machte sich auf den Weg.

Vor dem Direktorenzimmer stellte er fest, dass er nicht alleine war, auch seine Schwester wartete hier. „Na Brüderchen, was hast du angestellt?“, fragte die Vierzehnjährige gelangweilt, während sie sich in ihrer Schuluniform auf einem der Besucherstühle fläzte.
Nils ließ sich neben sie fallen und fächelte sich selbst ein wenig Luft zu, bei der Hitze war es in dem Jackett der Schuluniform kaum auszuhalten. Er grinste Kristine an und meinte: „Mama würde sagen, dass du dich nicht sehr damenhaft verhältst. Das könnte Männer auf die falschen Ideen bringen.“
„Ich will doch hoffen, dass der Direx auf dumme Gedanken kommt, dann lässt er mich ohne Nachsitzen abziehen und außerdem lass Mam aus dem Spiel.“, unwirsch blies Kristine sich eine Strähne ihrer dunklen Haare aus dem Gesicht, um dann abrupt das Thema zu wechseln. „Also, was hast du gemacht?“
„Die Nummer mit dem Knallfrosch.“, Nils zuckte mit den Schultern. „Ist auch eigentlich gut gelaufen, aber leider hat die alte Wilson mich erwischt. Da machst du nix.“

Die Tür von Direktor Leidens Büro öffnete sich und der Direktor bat sie herein. Der Herr über die 200 Schüler von Andiron seufzte, die Akte der Shultz Kinder würde heute mal wieder um einen Eintrag reicher werden. Sie sahen einfach nicht ein, dass sie hier etwas für ihr Leben lernen sollten. Bewusst ließ er sie vor seinem Schreibtisch stehen während er es sich in seinem orthopädischen Lederbürostuhl bequem machte.
„Also ihr Beiden, was gab es heute wieder.“, die Stimme des Mittvierzigers mit dem braunen Vollbart war voll und er strahlte eben jene Souveränität aus, die die Kinder bei den anderen Lehrern vermissten. Nie hatten die Shultz Kinder bei ihm einen ihrer Streiche versucht. Er musterte die Beiden genau.

Sowohl Kristine als auch Nils fanden den hellen Teppich im Büro ihres Direktors auf einmal sehr interessant. Sie drucksten ein wenig herum und gerade als Nils sich ein Herz fassen wollte hörten sie den einzelnen Knall.
Die Miene des Direktors war wie verwandelt, auf einer Peripheriewelt musste man immer mit Allem rechnen. Eine konzentrierte Angespanntheit war in seinem Blick zu sehen, als er sich an die beiden Shultz Kinder wandte: „Ihr bleibt hinter mir. Wir sehen zu, dass wir rauskommen.“ Er ging zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Er hatte keine zwei Schritte in den Gang hinein gemacht als er gegen einen bewaffneten Mann in paramilitärischer Uniform stieß. Der Fremde reagierte schnell und rammte Leiden den Kolben seines Sturmgewehrs in den Magen.
„Du bist der Direktor hier?“, herrschte er Leiden an, der sich auf dem Boden krümmte. „He, ich hab dich was gefragt.“ Er hielt Leiden die Mündung der vollautomatischen Waffe an den Kopf. Leiden hatte der Kolbenhieb die Luft geraubt, doch er erkannte, dass sein Leben am seidenen Faden hing.
„Ja der bin ich.“
Der Bewaffnete sprach daraufhin in ein Kehlkopfmikro: „Ernesto hier, ich hab ihn. Kommt hier rauf.“ Er zog Leiden an den Haaren zurück in das Büro als sein Blick auf die beiden Shultz Kinder fiel. „Bleibt schön ruhig.“, abschätzend musterte er die Beiden, schien aber zu beschließen, dass sie keine unmittelbare Gefahr darstellten. Er drängte die Drei in eine Ecke des Raums und zündete sich, das Sturmgewehr immer noch schussbereit, eine Zigarette an.

Keine Minute später standen zwei weitere Männer in dem kleinen Büro und ruinierten den Teppich mit ihren verdreckten Springerstiefeln. Ernesto erstatte einem von ihnen, einem älteren Glatzkopf, Bericht. Der wandte sich an den Direktor:
„Du machst jetzt eine Durchsage. Die Mädchen sollen sich auf dem Schulhof sammeln, die Jungen in der Turnhalle.“
„Aber warum?“, Leiden sah käsig aus, der Hieb steckte ihm nach wie vor in den Knochen, aber er hatte noch nicht aufgegeben.
Die Augen des Glatzkopfs wurden zu Schlitzen: „Du tust was ich sage, sonst passiert ein Unglück.“, er zog Nils mit einem harten Griff aus der Ecke und hielt ihm eine Pistole an den Kopf.

Leiden sah den Augen seines Gegenübers an, dass er keine Scherze machte. Resigniert griff Leiden zu seinem Mikrofon: „Liebe Lehrer, liebe Schüler, aufgrund einer außerplanmäßigen Veranstaltung begeben sich die Jungen bitte in die Turnhalle, die Mädchen auf den Schulhof. Die Lehrkörper begleiten die Schüler.“, fragend blickte er den Glatzkopf an. Der nickte zufrieden.

„Geht doch Direktor.“, meinte er lakonisch, dann schoss er Nils in den Kopf. Das Projektil durchschlug den Schädel des elfjährigen Jungen und bohrte sich in die gegenüberliegende Wand. Eine überraschend kleine Menge Blut spritzte aus dem Ausschussloch. In einem Moment blickten Nils Augen noch ungläubig, dann brachen sie und der Körper sackte in sich zusammen. „Oooh, Pardon.“ Der Glatzkopf sah spöttisch auf die Leiche des kleinen Jungen hinab. Lächelnd blickte er den Direktor an, dann erschoss er auch ihn. In ihrer Ecke brach Kristine schluchzend zusammen. Als nächstes wäre sie wohl an der Reihe.
Wie durch einen dichten Nebel hörte sie die Worte des Glatzkopfs: „Lutz, du sorgst dafür, dass die Turnhalle abgebrannt wird. Geh auch sicher, das alle Männer die du findest mit eingesperrt werden. Ernesto, du bringst die Weiber, die nicht für Eden taugen, mit Edgars Leuten in Lager 2. Die Kleine hier kannst du direkt ins Eden bringen. Das wär’s, gute Arbeit.“

***

Wüste, Andiron
X: -428,3 Y: -47,70
Peripherie
22. März 3030

Zwei Schüsse ertönten und Carol nahm eine Stimme war. Sie war also noch nicht tot. Auch die Schmerzen fühlten sich sehr real an. Sie nahm einen metallischen Geschmack in ihrem Mund wahr. Das musste ihr eigenes Blut sein.
„Knallen wir die Braut auch ab?“, die Stimme des Fremden klang lapidar, als ob es darum ginge ein Glas Bier zu bestellen. Carol zwang sich ruhig zu bleiben, aber erneut stieg die Angst in ihr auf.
„Lass mal, du weißt der Alte will alle Frauen lebend. Die sind schließlich unser Kapital.“, antwortete eine zweite, ölige Stimme aus einiger Entfernung und lachte dreckig.
„Die wird aber in Zukunft ´ne hübsche Narbe im Gesicht zurückbehalten.“, war der Erste nun wieder zu hören, nun ganz nahe bei ihr. „Naja, wem´s gefällt.“

Carol wurde unsanft gepackt. Reflexartig wollte sie ihn abwehren, doch sie hielt sich im Zaum und die Augen weiterhin geschlossen. Sollten die Beiden ruhig denken, dass sie bewusstlos war. Vielleicht bot sich so eine Möglichkeit zur Flucht. Die beiden Kerle drehten sie auf den Bauch, wahrscheinlich um sie zu fesseln. Einer griff ihr dabei unsanft an die Brüste, die nur notdürftig von der Kühlweste und einem Sport-BH bekleidet waren. Bei den Temperaturen auf Andiron wäre etwas anderes in einem Mechcockpit auch verrückt gewesen. Der mit der öligen Stimme war nun wieder zu hören: „Fühlt sich doch eigentlich noch ganz knackig an und du wolltest sie abknallen.“
Ihre Hände wurden auf den Rücken gebunden als der Erste antwortete: „Dann nimm sie dir doch. Ich denke mal der Alte wird jedem von uns Eine geben, so wie die Sache hier gelaufen ist. Ich halte es da ganz wie der Alte. Ich will lieber was Junges, da holt man sich wenigstens keine Krankheiten.“

Carols Magen rebellierte. Es war klar, dass ihr diese beiden Kerle an die Wäsche wollten. Die Ares-Konvention war hier draußen nicht viel Wert. Doch die Worte dieser Männer machten deutlich, dass sie völlig verroht und fern jeglicher Moral standen. Da wurden wurde keine Chance zur Kapitulation gegeben, da wurde offen über die Vergewaltigung von Frauen und wahrscheinlich auch Mädchen gesprochen. Das Bild ihrer Tochter tauchte vor ihrem inneren Auge auf und provozierte eine Reaktion.
Ruckartig setzte sie sich auf und spuckte einen der Männer an. Ihre Aktion kam so überraschend, dass die Männer zögerten. Sie rammte dem Zweiten ihre Schulter in den Unterleib. Unbewusst nahm sie wahr, dass die Beiden, wie sie selbst, nur notdürftig mit Shorts und Kühlweste bekleidet waren. Carol ergriff ihre Chance, sprang auf und rannte los. Stechende Kopfschmerzen drohten sie zu überwältigen, doch sie lief weiter. Einfach nur weg. Tatsächlich schaffte sie es hinter den ersten kleinen Hügel der Schotterwüste und der Schrecken des Krieges raubte ihr den Atem. Vor ihr lagen im Geröll die Leichen von Fellache und Scheich, ihrer beiden Lanzenkollegen. Beide waren mit Kopfschüssen im wahrsten Sinne des Wortes hingerichtet worden. Die Täter hatten Deformationsgeschosse eingesetzt, so dass die Ausschüsse mehr als faustgroß waren. Blut sickerte in das Geröll und bildete einen seltsamen Kontrast zum hellen Wüstenboden.

Hinter dem Hügel ertönte die ölige Stimme des zweiten Banditen:
„Du müsstest es doch eigentlich wissen. Du kommst doch von diesem Dreckball. Entweder du kommst raus und gehst mit uns oder du läufst und verreckst in dieser elenden Wüste.“
Carol wusste, dass er recht hatte, tot würde sie ihren Kindern nicht helfen können.
„Ich werde euch rächen, das verspreche ich euch.“, sagte sie hilflos in Richtung ihrer beiden ehemaligen Kameraden, dann machte sie sich auf den bitteren Weg zurück.

Ende Teil 2
***

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Alle Menschen sind Brüder - aber das waren schließlich auch Kain und Abel.
Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker
04.03.2011 19:20 Casper ist offline E-Mail an Casper senden Beiträge von Casper suchen Nehmen Sie Casper in Ihre Freundesliste auf
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Graf Dillenburg Kaserne, Tharkad,
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Lyranisches Commonwealth
24.März 3030

Natasha war angekommen. Die neue Unterkunft ähnelte sehr der alten Kaserne. Es war ein nüchterner Zweckbau, wie die Militärs ihn liebten, und wie er sich auf wohl allen Planeten der Inneren Sphäre finden würde. Der einzige wesentliche Unterschied zu alten Anlage war wohl die Größe. Während auf der Nagelring Akademie alles in Regimentsmaßstäben angelegt war, würde in dieser Unterkunft wohl maximal eine Kompanie Platz finden. Natasha fand selbst das groß und hatte sich zuerst darüber gewundert, schließlich würde sie ihr Kommando nur mit vier Maschinen beginnen.

Endlich hatte sie ihr Büro bezogen und das sorgfältig angefertigte Namensschild mit ihrem neuen Rang im Schein der Abendsonne an der Türe befestigt. Mit dem Combrett bewaffnet hatte sie sich hinter dem kleinen Schreibtisch verschanzt. Zum zehnten Mal strich sie sich die Unformjacke glatt. Sie wollte einen guten Eindruck auf ihren ersten Besucher machen und gleichzeitig ihren Führungsanspruch demonstrieren. Sie fand es verwunderlich, dass ihr zunächst der Mastertech seine Aufwartung machen würde, hielt sie ihn doch für vergleichsweise unwichtig. Dass er und seine Leute die Maschinen der Einheit mitbringen würden machte Natasha kribbelig. Die Machtposition, die der Unbekannte damit bekam, sah der junge Leutnant nicht. Natasha wandte sich gerade wieder ihrem Combrett zu, um die Unterlagen von Mastertech Dieter Kelin zu studieren, als es klopfte. Bevor sie auch nur die Gelegenheit hatte zu reagieren wurde die Tür geöffnet.

Das erste was Natasha an dem Mann erblickte waren seine Dienstabzeichen. Er bekleidete den Rang eines Hauptstabsfeldwebels. Reflexartig, wie sie es auf der Akademie gelernt hatte, schoss Natasha von ihrem Stuhl hoch und salutierte vorbildlich. Erst dann wurde ihr bewusst, dass sie in ihrem neuen Rang die Vorgesetzte dieses Mannes war. Ihr Gegenüber war mittlerweile ebenfalls in den Salut verfallen. Das leichte Zittern seiner Hand entging Natasha, obwohl sie ihn nun genauer musterte. Er schien ihre Reaktion nicht als Schwäche auszulegen. Dieter Kelin war mit seinen 63 Jahren auf einem guten Weg ins Renteneintrittsalter und sah auch entsprechend aus. Das schüttere blonde Haar war an vielen Stellen grau durchsetzt. Er wirkte körperlich nicht mehr topfit. Natasha konnte sich des Verdachtes nicht erwehren, dass er gerne und ausgiebig aß. Seine wässrigen blauen Augen machten im Gegensatz dazu einen wachen, überaus intelligenten und im Augenblick genervten Eindruck.

„Ah, stehen sie bequem Kelin.“, erst jetzt war Natasha aufgefallen, dass sie immer noch in Habachtstellung verharrt hatten. Erneut strich sie nervös über ihre Uniformjacke, wie sollte sie mit diesem viel älteren Mann umgehen? Unsicher sah sie ihn an: „Nein, setzen sie sich doch. Ah, mein Name ist Perica, Leutnant Perica.“
„Hauptstabsfeldwebel Kelin, bin mit meinen Leuten von der achten Donegal Garde zu ihnen versetzt worden.“ Schnarrte der Mann zur Antwort. Kelin verharrte noch einen Augenblick im Salut und nahm dann Platz.
„Ja, Kelin dann werden sie wohl für unsere Maschinen zuständig sein.“ Natasha versuchte ihre Unsicherheit mit Jovialität zu überspielen, doch das ging gründlich schief.
„Entschuldigung Frau Leutnant, aber da müssen sie falsch informiert sein.“ Kelin schaute angriffslustig auf die junge Frau in der grauen Felduniform, die sich wieder hinter dem Schreibtisch verschanzt hatte. „Wenn sie noch einmal genau in die Dienstanweisungen schauen, die zur Schaffung dieser Einheit geführt haben, werden sie sicher feststellen, dass sie für die Steuerung meiner Maschinen zuständig sind.“

Natasha blickte Kelin fragend an, so dass dieser sich bemüßigt fühlte weiterzusprechen: „Die Dienstanweisung legt dar, dass es Sinn und Zweck dieser Einheit ist Maschinen aus dem Lyranischen Commonwealth und den Vereinigten Sonnen zu modifizieren und dann entsprechenden Feldtests zu unterziehen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Modifikationen. Dementsprechend sind es meine Maschinen und sie sind lediglich das ausführende Organ in den Tests.“
Natasha wollte aufbegehren, doch Kelin wischte das mit einer Handbewegung beiseite. „Natürlich haben sie den Oberbefehl, aber ich rate ihnen sich nicht in meinen Aufgabenbereich zu mischen. Meine Jungs und Mädels sind nach meinen Maßstäben handverlesen und unsere Ausrüstung ist auf dem neusten Stand. Sie können sich glücklich schätzen uns an Bord zu haben. Haben sie noch was für mich oder war es das erst mal. Ich hab zu tun. Die Maschinen müssen in den Hangar, das Inventar muss gesichtet werden. Ich muss die Teams einteilen und so weiter…?“
Konsterniert saß Natasha hinter ihrem Schreibstich. Die Angst der Aufgabe nicht gerecht zu werden hatte sich bewahrheitet. Resigniert winkte sie ab. Kelin wandte sich ab und hatte die Tür schon fast wieder geschlossen als er noch einmal den Kopf in das Zimmer steckte: „Wir werden unsere ersten Modifikationen übrigens an einer Banshee, einem Zeus, einem Donnerkeil und einem Streitross vornehmen. Sie sollten mal überlegen welche Maschine von wem pilotiert werden soll.“, dann verließ er endgültig den Raum.

Nur mühsam gelang es Natasha den Verlust ihrer Autorität zu verdauen. Vor zehn Minuten hatte sie sich noch sicher gefühlt, die neue Raute auf der Schulterklappe. Jetzt war sie desillusioniert. Ihr war klar warum man einer wie ihr das Kommando gegeben hatte, ein gestandener Offizier hätte sich wohl kaum vor eine solche Karre spannen lassen. Doch es half nichts, sie hatte das Kommando angetreten. Sie hatte es sogar viel mehr, ohne wenn und aber, eingefordert. Zynisch stellte sie fest wie das Gesicht ihres Vaters vor ihrem inneren Auge auftauchte: „Eine Suppe, die man sich eingebrockt hat, muss man auch auslöffeln. Aber das konntest du ja noch nie Natasha.“
Natasha straffte siech unwillkürlich, das Kinn schoss trotzig nach vorne. Sie würde es schaffen, alleine um es ihrem Vater zu beweisen. Schon klopfte es erneut an der Türe. Sie würde es dieses Mal besser machen. In Gedanken zählte sie langsam bis fünf.
„Kommen sie rein Mechkrieger.“, sie bemühte sich ihrer Stimme einen entspannten Klang zu verleihen.
Der obere Teil der Tür wurde geöffnet. Zumindest sah es im Gegenlicht so aus. Natürlich stand nun die ganze Tür offen, aber der kleingewachsene Mechkrieger war so korpulent, dass er die untere Hälfte des Türrahmens komplett ausfüllte. Nun schloss er die Tür von Innen stapfte zwei Schritte vor und riss den Arm zum Salut hoch.

„Frau Leutnant, Mechkrieger Sören Brönstett von der fünften lyranischen Garde zu ihnen versetzt. Ich melde mich zum Dienst Leutnant.“, er verharrte im Salut.
„Äh, nehmen sie doch Platz Mechkrieger.“, unwillkürlich strich sich Natasha über die Uniformjacke, ertappte sich dabei und erteilte sich selbst einen Verweis. Dann musterte sie ihr Gegenüber und kam nicht umhin ihn fett zu nennen. Wenn Kelin schon nicht in Topform war, dann war Brönstett ein Fall für eine Abmagerungskur. Es war aber wohl klar, dass man ihr für ihre Aufgabe wohl kaum die Creme des Commonwealth Militärs zur Verfügung stellen würde. Sie war selbst der beste Beweis. „Brönstett, erzählen sie doch mal etwas über sich.“

Der Mechkrieger hatte sich gerade auf dem Besucherstuhl niedergelassen und betrachtete Natasha mit leerem Blick. „Entschuldigung Frau Leutnant was haben sie gesagt?“
Natasha warf einen Blick auf ihr Combrett. Sie sprach jetzt langsam und deutlich: „Sie sollen etwas über sich selbst erzählen.“
„Ach so Leutnant. Ja also, äh ich bin Sören Brönstett, ehemals lyranischen Garde, jetzt bei ihnen hier. Ja was soll ich sagen.“, unsicher lächelnd sah er sich um.

Was sollte sie mit dem anfangen. Natasha war ratlos, seine Ergebnisse wiesen ihn als fähigen Mechpiloten aus. Sein voriger Kommandant hatte ihn sogar zum Unteroffizier befördert, dann aber wieder degradiert. Er war der intellektuellen Anforderung einer solchen Aufgabe nicht gewachsen stand in dem Bericht. Nach ihrer ersten Einschätzung konnte Natasha dem nur zustimmen.
„Danke, Brönstett, das wäre es dann erst einmal. Beziehen sie Quartier. Wir treffen uns Morgen um 0800 zum Frühsport, um 1100 dann im Besprechungsraum. Haben sie das Verstanden?“
Brönstett schoss, für seine Masse erstaunlich schnell, von seinem Stuhl hoch. Er fiel in den Salut: „Frau Leutnant, 0800 Frühsport, 1100 Besprechung. Jawohl Frau Leutnant.“, dann verließ er den Raum.
„Schicken sie den Nächsten rein“, sandte Natasha ihm noch kopfschüttelnd nach. Immerhin hatte sie das Gespräch sicherer gemacht.

Die Tür blieb offen und einige Sekunden später kam eine Frau herein. Vielleicht ein wenig älter als Natasha und ein Contrapunkt zu dem jungen Leutnant. Sie war eher kleingewachsen, nicht dick und nicht dünn, mit dunklen langen Haaren, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte. Alles an ihr wirkte elegant und fließend. Natasha erkannte augenblicklich, dass dieser Frau bereits alles gesehen hatte was die Welten der Inneren Sphäre zu bieten hatten. In dieser Mechkriegerin vereinten sich Freude und Leid, da war Tod und Leben. Natasha war verwirrt. Routiniert grüßte die Dunkelhaarige, nicht pflichtschuldig wie das Brönstett getan hatte, sondern befehlsgewohnt.
„Mechkriegerin Hoogma, Frau Leutnant, zu ihren Diensten.“, auch die Stimme hatte diesen eleganten befehlsgewohnten Ton, der Natasha gedanklich auf einen der harten Kursstühle zurückversetzte. Diese Frau sollte das Kommando haben und nicht sie. Natasha räusperte ihre Stimme frei: „Setzen sie sich Hoogma.“
Natasha wartete einige Sekunden bis sich die andere Frau gesetzt hatte und fuhr dann fort: „Sie werden verstehen, dass ich nachfrage Hoogma. Aber wie kommt es, dass ein Major der dritten lyranischen regulären Truppe sechs Monate von der Bildfläche verschwindet und dann als Mechkrieger in dieser, äh meiner Einheit auftaucht?“ Natasha hatte sich zum Frontalangriff entschlossen, vielleicht konnte sie so ihre Autorität erhalten.
Mechkriegerin Hoogma saß einige Sekunden reglos auf ihrem Stuhl, dann lächelte sie. Natasha würde jedoch noch eine Weile brauchen, bis sie lernen würde das Manöver zu durchschauen. Leonie Hoogma nutzte es, um die eigene Unsicherheit zu verbergen.
„Wissen sie Leutnant, Oberst Nikolow war der Meinung, dass ein Sanatoriumsaufenthalt meiner angeschlagenen Gesundheit gut tun würde. Ich war damals anderer Meinung. Der Streit eskalierte. Ich habe sowohl den Streit als auch den Rang verloren und landete im Sanatorium. Wenn es ihnen nichts ausmacht, würde ich diese Kapitel meiner Akte gerne zuschlagen und hier neu beginnen.“

Natasha atmete durch, ihr Gegenüber war offen gewesen. Sie war zwar nicht zum Kern des Problems vorgestoßen, doch es war ein Anfang: „Ich danke ihnen für ihre Aufrichtigkeit Hoogma. Beziehen sie Quartier. Wir treffen uns Morgen um 0800 zum Frühsport, um 1100 dann im Besprechungsraum. Haben sie noch Vorschläge?“ Die Frage war ihr einfach so herausgerutscht. Diese Frau mit dem großen Erfahrungsschatz könnte ihr Lauflernhilfe bei ihrem ersten Kommando werden.
Leonie Hoogma hatte bereits aufstehen wollen, als die Frage kam. Sie schien überrascht und wirkte auf der Hut, wie eine Katze der man einmal zu häufig die Beute weggeschnappt hatte. Dann antwortete sie aber doch gradlinig.
„Da wäre tatsächlich etwas.“
Natasha nickte begierig: „Bitte!“
„Wenn ich die Möglichkeit bekäme Informationen über die restlichen Mitglieder der Lanze und die zur Verfügung stehenden Maschinen bekommen könnte. Ich würde gerne einige Alternativpläne erarbeiten.“
Natasha warf einen Stick über den Tisch. Sie wirkte gelöst: „Gerne, ich bin gespannt auf ihre Einschätzung Mechkrieger. Sie können gehen und bitten sie doch den Nächsten herein.“ Es gab doch Hoffnung auf dieser Mission.
Auch Leonie Hoogma wirkte entspannter, als sie den Raum verließ. Ein alter Mann wartete auf dem Flur. Er machte einen desorientierten Eindruck und sah aus wie ein Obdachloser. Schulterzuckend sagte sie: „Sie können reingehen.“

Im Büro blickte Natasha von ihrem Combrett zur Tür. Zum Abschluss also noch ihren Stellvertreter in der Lanze Unteroffizier Pflüger. Sie hoffte inständig, dass der alte, ungepflegt aussehende und auch ein wenig verwirrte Mann, nicht jener Pflüger war. Eigentlich wusste sie es besser.
Den Salut von Pflüger konnte man nur mit viel gutem Willen also solchen erkennen. Mit krächzender Stimmer meldete er: „Unteroffizier Pflüger, von der vierten Donegal Garde abkommandiert, bin ich hier richtig bei Leutnant Perica?“ Er sprach den Namen mit einem K aus, was in Natasha sofort Widerstand erregte.
„Ja, sie sind hier richtig bei Leutnant Perica.“ Sie sprach überdeutlich und auch lauter als normal. Unbewusst hielt sie den alten Mann für schwerhörig. „Es freut mich sie kennenzulernen und ich hoffe auf gute Zusammenarbeit.
„Ja, ja junge Frau, das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite.“, krächzte der Alte zurück, um dann urplötzlich vom belanglosen Smalltalk zur Sache zu kommen, auch sein Gesicht war mit einem Mal angespannt und konzentriert: „Wie sind die Pläne für den morgigen Tag?“
Natasha war verwundert, aber nach diesem Tag voller Überraschungen machte das jetzt auch keinen Unterschied mehr. Morgen würde sie mehr wissen: „Beziehen sie erst mal Quartier. Wir treffen uns Morgen um 0800 zum Frühsport, um 1100 dann im Besprechungsraum.“
Pflüger nickte kurz, dann war der wache Gesichtsausdruck wieder verschwunden. Mit einem senilen Grinsen auf den Lippen stand er auf und ging zur Tür. „Bis Morgen junge Frau.“


Ende Teil 3
***

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Alle Menschen sind Brüder - aber das waren schließlich auch Kain und Abel.
Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker
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Eden, Lager 1 von Wetzels Drecksbande, Andiron
X: -428,3 Y: -47,70
Peripherie
24. März 3030

Vor zwei Tagen hatte man Kristine nach Eden gebracht. Uneingeweihten erschloss sich die Namensgebung für diesen Ort nicht, handelte es sich doch um ein ausgedörrtes Tal, das mit einem hohen Zaun umschlossen war. Männer überwachten das Gelände von zwei Türmen aus. Kristine hatte man einfach in einen der beigefarbenen Container gesperrt, von denen hier ein Dutzend, weit verstreut, standen. Dort hatte man sie einfach sich selbst überlassen. Kristine, die zunächst noch unter Schock stand, hatte getobt, geschrien, geschluchzt und schließlich bitterlich geweint. Als der Schrecken sie schließlich endgültig einholte, war sie mit einem Mal ganz still geworden.
Sie hatte mit ansehen müssen wie zwei Menschen ermordet worden waren, einer davon war ihr kleiner Bruder gewesen. Ihr war klar geworden, dass diese Bastarde Hundert ihrer Mitschüler bei lebendigem Leib verbrannt hatten. Die Flammen und die Schreie aus der Turmhalle waren auch im Schockzustand weder zu übersehen noch zu überhören gewesen. Der Geruch von verbranntem Fleisch hing immer noch unheilschwanger in ihrer Nase.
Im Handstreich schien der Planet von diesen Bestien genommen worden zu sein und nur die üble Laune des Schicksals, diese Kombination aus zwei X-Chromosomen hatte sie bislang vor dem Tod bewahrt. Kristine hatte auf dem einfachen Bett ihres Gefängnisses gesessen und sich still hin und hergewiegt bis sie schließlich zur Seite sackte und in einen unruhigen Schlaf gefallen war.

Am darauffolgenden Tag hatte sie zunächst mit neuem Mut ihre Zelle, wie sie den Container in Gedanken nannte, in Augenschein genommen. Vielleicht gab es eine Chance zu entkommen.
Doch vergeblich, weder hatten sich die massiven Bodenplatten anheben lassen, noch gab es eine Möglichkeit die vergitterten Fenster zu öffnen. Draußen herrschte trotz der Mittagshitze, die sich auch im Container unangenehm bemerkbar machte, rege Betriebsamkeit. Es waren ausschließlich Männer unterwegs, welche im äußerlich alle denen ähnelten, die sie hierher gebracht hatten. Sie trugen paramilitärische Kleidung, die den hohen Temperaturen geschuldet, knapp geschnitten war. Alle trugen Wasserflachen bei sich, einer trug eine Wassermelone durch das Lager. Erst dadurch wurde Kristine bewusst, dass sie seit gestern Morgen nichts mehr gegessen und getrunken hatte. Sie hielt es aber nicht für ratsam, sich bemerkbar zu machen, dennoch war ihr als Wüstenkind klar, dass sie zumindest trinken musste. Sie wollte den Durst an dem kleinen Waschbecken in der angeschlossenen Nasszelle ihrer Zelle stillen, doch sie entlockte dem Hahn nicht einmal ein spärliches Tropfen.
Obwohl sie das in offensichtliche Lebensgefahr brachte, war sie schon Minuten später wieder in die Lethargie verfallen, die die Erlebnisse mit sich gebracht hatten. Dumpf lastete die Hitze auf dem Container und die Zeit verrann.

Gegen Abend wurde dann plötzlich ein Schlüssel in das Sicherheitsschloss der Tür geschoben. Die massive Tür wurde geöffnet und durch den Spalt konnte Kristine den Glatzkopf erkennen. Angst war das beherrschende Gefühl. Er schaute nur kurz herein warf einen abschätzenden Blick auf das junge Mädchen mit den verheulten Augen und sagte: „Mach dich frisch, ich komme in zehn Minuten. Wenn mir nicht gefällt was ich dann sehe…“ Die Pause war lang genug, um die Erinnerungen wieder wach werden zu lassen. „Na du weißt schon.“

Die Tür wurde wieder geschlossen und Kristine sich der Unausweichlichkeit ihrer Situation bewusst. Übelkeit stieg in ihr auf, doch der Überlebenswille war stärker.

Als der Glatzkopf zehn Minuten später wieder kam, hatte sich die Vierzehnjährige so gut es ging zurechtgemacht. Ihr war übel, vor Durst aber vor allem aus Furcht. Der Glatzkopf musterte sie kurz, ein Tablett mit Brot, Wurst und einer großen Flasche in den Händen drehte den einzelnen Holzstuhl und setzte sich falsch herum auf ihn. Einen Jutebeutel legte er sorgsam neben den Stuhl. Gierig beobachtete Kristine wie ein Tropfen Kondenswasser an der beschlagenen, eiskalten Flasche Wasser entlang lief.

„Ja, das gefällt mir.“, theatralisch schlug sich der Glatzköpfige gegen die Stirn. „Aber wo sind meine Manieren geblieben. Ich sollte mich vorstellen.“ Er stand auf verneigte sich spöttisch vor Kristine, die wieder, die Beine eng an den Körper gezogen, auf der Pritsche saß und sagte: „Gestatten Alfons Wetzel, Kommandant von Wetzels Drecksbande und seit gestern uneingeschränkter Herrscher über diesen Planeten.“, er brach ab und schien zu warten. Kristine fragte sich was er hören wollte. Während dieses stillen Momentes musterte Wetzel Kristine eindringlich. Alleine dieser Blick jagte dem dunkel gelockten Mädchen einen eisigen Schauer über den Rücken. Schließlich fuhr er fort: „ Die erste Lektion hast du also schon gelernt. In meiner Gegenwart sprichst du nur, wenn ich dich dazu auffordere. Ich frage gar nicht erst nach deinem Namen. Er ist mir gelinde gesagt egal. Ihr Weiber seid einfach nur eine Ware. Wir werden einfach so lange hier bleiben bis alle anderen Waren, sprich eure Vorräte aufgebraucht sind. Dann werden wir alle die Frauen mitnehmen, die noch einen Marktwert haben, der Rest muss leider hierbleiben.“

Er stand auf und setzte sich neben Kristine auf das Bett. Sie versuchte wegzurutschen, doch plötzlich hielt er sie mit eisernem Griff im Nacken fest. Mit einem Mal war er ganz nahe an ihrem Gesicht. Sie spürte seinen schalen Atem auf ihrem Gesicht und sie musste würgen: „Glaub mir es wäre besser für dich, wenn du dann noch einen Marktwert hättest.“
Er rückte ein Stück von ihr ab und sah sie aus diesen fürchterlichen Augen kalt und berechnend an: „Nahrung und vor allem Wasser gibt es nur für Leistung, damit das klar ist. Ich hoffe du hast alles verstanden und jetzt zieh dich endlich aus. Ich will sehen ob du die Flasche Wasser auch wert bist. Wenn nicht bist du tot.“

Kristines Körper war leer als sie aufstand und die Bluse der Schuluniform aufknöpfte. Ihr Geist war weit weg bei ihrem kleinen Bruder.

***

Mechhanger der Graf Dillenburg Kaserne, Tharkad,
X: -215,94 Y:152,83
Lyranisches Commonwealth
24.März 3030

Dieter Kelin tauchte ein in sein Element, als er die Felduniform im Umkleideraum des Hangars gegen den ölverschmierten und mit Flecken von Kühlflüssigkeit übersäten Overall tauschte. Wenn er in dem Konglomerat aus Gerüchen des Hangars ankam, dann spürte er das Gebrechen, das ihn mit jedem Tag mehr einschränkte, kaum. Müsste er heute noch die Arbeiten selbst durchführen, sähe es vermutlich anders aus. In den letzten zwanzig Jahren kam er aber immer seltener dazu, selbst an den Kampfkolossen zu arbeiten. Den größten Teil seiner Zeit verbrachte er mit Planungen, dem Wälzen von Inventarlisten, Statistiken über Leistungsparameter und dem Delegieren von Aufgaben. Mit einem so kleinen Team wie bei dieser Mission, würde das vielleicht anders werden. Er schüttelte den Gedanken ab sich wieder einmal kopfüber in die Eingeweide eines Centurion zu stürzen um die defekte Hydraulik zu reparieren.

Nachdem er die Sicherheitsschuhe mühsam verschnürt hatte, machte er sich auf den Weg in den Besprechungsraum des Hangars. Obwohl der Raum 35 qm maß, wirkte er, verglichen mit den riesigen Ausmaßen der Halle, winzig. Zwölf, der über zehn Meter Giganten, konnten in den Wartungsbuchten Platz finden. Bedächtig öffnete er die Tür am hinteren Ende des Raums und sah zählte die Anwesenden.
Alle Sieben waren gekommen, was ihn rührte. Er kannte sie von früheren Einsätzen, oder hatte sie direkt aus seiner letzten Einheit mitgebracht. Schnellstmöglich begab er sich nach vorne zum Rednerpult ohne sie anzublicken. Mit dem Rücken zu seinen neuen und alten Mitstreitern fand er erst nach einigen Sekunden die Fassung wieder, wandte sich ihnen zu und griff mit beiden Händen fest nach den Kanten des Rednerpultes.
„Schön, dass ihr alle gekommen seid!“, er musterte jeden einzelnen von ihnen einige Sekunden lang. Die Stille lastete schwer auf ihnen, denn fast alle warteten endlich den Grund zu erfahren, der sie hierher geführt hatte. Kelin genoss den Augenblick der Anspannung. Nach einem langen arbeitsreichen Leben konnte man diese jugendliche Ungeduld kaum noch nachvollziehen. Nur Sepp Armbruster, der Mann in der hinteren linken Ecke begegnete seinem Blick nicht. Gedankenverloren strich er mit der rechten Hand über die Schuppenflechte, die seine Ellbogen verunstaltete. Hautschuppen rieselten zu Boden, als Kelin den Blick von dem Mann abwandte, den alle Bischof nannten. „Bevor ich euch etwas über unsere Aufgaben erzähle möchte ich euch kurz einander vorstellen. Steht bitte kurz auf, wenn ich euren Namen nenne. Da hätten wir zunächst Konstantin Geiger.“

Ein muskulöser End-Zwanziger mit Glatze sprang von seinem Stuhl. Er trug Springerstiefel zu seiner Militärhose und ein khakifarbenes T-Shirt unter dem sich immense Muskeln abzeichneten. Der tumbe Ausdruck verschwand von seinem Gesicht als sich ein gewinnendes Lächeln auf seine Lippen stahl. Mit einer angenehmen Tenorstimme meldete er: „Freut mich hier zu sein Hauptstabsfeldwebel.“ Zu den anderem gewandt fuhr er fort: „Man nennt mich Patriot.“

So ging es weiter. Ein langhaariger, lockenköpfiger Mann mit leicht olivfarbener Haut hieß Hakeem Nasser. Er mochte um die vierzig sein und hörte auf den Namen Wirrkopf.
Ein bleicher rothaariger mit etlichen Kilo zu viel auf den Rippen bezeichnete sich selbst mit einem ironischen Lachen als Athlet.
Die junge Frau neben ihm sah aus als würde sie kollabieren, als sie sich von ihrem Stuhl quälte. Sie wirkte wie ein Skelett über das jemand Haut gespannt hatte. Dass ihr Name Hänfling war, schien kein Zufall zu sein.
In der hinteren Reihe fand sich neben dem Bischof noch ein Mann mit Vollbart, der ein T-Shirt eines Skiclubs von Tharkad trug. Er nannte sich schlicht Joe.
In eine Ecke gedrückt und krampfhaft bemüht nicht aufzufallen schließlich noch eine junge Frau ganz in schwarz. Die langen, schwarzen Haare umrahmten das bezaubernd ebenmäßige Gesicht. Der voluminöse Körper schien die anwesenden Männer nicht zu stören, wahrscheinlich fiel er ihnen aber auch nicht auf, so sehr nahm sie die Schönheit des Gesichtes gefangen. Schüchtern nannte sie ihren Namen: Maulwurf.

Kelin blickte zufrieden über seine Herde. Einige wie Hänfling machten ihm Sorgen, aber das war hinzukriegen. Er breitete die Hände aus und es gelang ihm zumindest kurzfristig das Zittern zu vertreiben: „Wir haben viel zu tun, aber auch die besten Möglichkeiten.“ Und er berichtete. Gespannte Stille herrschte in dem kleinen Besprechungsraum.

Er endete mit den Worten: „Bischof und Maulwurf übernehmen die Banshee. Wirrkopf und Joe den Zeus. Athlet und Patriot den Donnerkeil. Hänfling wird mit mir nach dem Streitross schauen.“ Er lächelte die ausgemergelte Frau an, die seinem Blick nicht standhalten konnte und ihr Gesicht abwandte. „Daneben wird Patriot das Ersatzteillager verwalten. Joe, ich erwarte jetzt gleich deine Vorschläge bezüglich der Modifikationen. Die Beiden sind vom Entladen befreit.“ Er blickte auf, da sich im Raum ein leises Raunen breitmachte. Kelin klärte gerade eben Hierarchien ab und einige schien seine Auswahl zu überraschen. Belustigt klatschte Kelin in die Hände. „Macht euch alle an die Arbeit.“


Ende Teil 4
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Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker
20.03.2011 16:47 Casper ist offline E-Mail an Casper senden Beiträge von Casper suchen Nehmen Sie Casper in Ihre Freundesliste auf
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Graf Dillenburg Kaserne, Tharkad,
X: -215,94 Y:152,83
Lyranisches Commonwealth
25.März 3030

Am frühen Morgen war Natasha noch frohen Mutes gewesen. Sie hatte gut geschlafen und war mit sich selbst und dem gestrigen Tag im Reinen. Natürlich stellten die starken Persönlichkeiten von Kelin und Hoogma ihre eigene Autorität in Frage, aber es war nicht so schlecht gelaufen wie sie befürchtet hatte. Schließlich bot ihr das auch Möglichkeiten. Mit diesen Gedanken und mit geringen Erwartungen war sie beim Frühsport angetreten. Sie hatte einen leichten Lauf durch den verschneiten Wald geplant. Sie wollte die drei Mechkrieger, von deren Fitness sie nicht besonders viel erwartete, nicht überfordern. Nach dem Lauf war sie konsterniert und das in zweierlei Hinsicht. Zum einen da die klein gewachsene Hoogma und der schwere Brönstett direkt noch eine zweite Runde anhängten, da sie sich nach 15 Minuten laufen unterfordert fühlten. Zum anderen aber aufgrund der desolaten Darbietung von Pflüger. Er hatte nicht einmal die halbe Runde hinter sich gebracht, als er mit Seitenstechen abbrach.

So hatte sie sich mit schwerem Herzen auf den Weg in den Besprechungsraum gemacht. Aber ihre Ausbilder hatten ihr früh klar gemacht, dass ein Vorgesetzter auch unbequeme Entscheidungen zu treffen hatte. Im Besprechungsraum hatte sie neben den Mechkriegern auch Kelin und einen weiteren Tech angetroffen. Sie hatte sie zuerst nicht weiter beachten wollen, aber sich noch rechtzeitig an ihre gestrige Begegnung mit Kelin erinnern können. Sie trat zu dem Mastertech und seinem Assistenten: „Freut mich, dass sie hier sind, Hauptstabsfeldwebel. Ich hoffe sie können uns einiges über ihre Maschinen berichten.“

Kelin wirkte aufrichtig erfreut, als er sich von seinem Stuhl erhob und vor Natasha salutierte: „Das konnte ich mir doch nicht nehmen lassen, Leutnant. Darf ich ihnen auch unseren Modifikationsspezialisten Hauptgefreiten Stanzel vorstellen.“ Der junge Mann mit dem Vollbart war ebenfalls aufgestanden und grüßte förmlich. Kelin legte Natasha väterlich eine Hand auf die Schulter, was ihr unangenehm war zugleich aber ein seltsames Gefühl von Geborgenheit vermittelte. Kelin fuhr fort: „Nennen sie mich doch bitte Hirte, Leutnant. Das tun alle meine Schäfchen.“
Natasha schluckte und begab sich dann an das kleine Rednerpult. Mit einem Schlag war die Nervosität dar. Sie begann stockend und war froh, dass sie sich ihre Rede zurecht gelegt hatte: „Meine Dame, meine Herren. Sie alle wissen warum wir hier sind. Wir haben einen Auftrag für das Commonwealth und dieser Auftrag ist wichtig. Wir alle wissen noch gar nicht wie wichtig. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden hat uns das Oberkommando eine hochklassige Truppe von Techs zur Seite gestellt, die vier Maschinen mitgebracht haben. Außerdem greifen sie auf ein großes Arsenal von Ersatzteilen zurück. Wir sollten uns also glücklich schätzen in einer solchen Situation zu sein und alles daransetzen den Erwartungen gerecht zu werden. Leider werden wir dem nicht alle gerecht.“ Ihr Blick blieb an Pflüger hängen und sie war kurz davor zu kneifen. Dann entschied sie sich dagegen, reckte das Kinn nach vorne, und fuhr fort. „Daher sehe ich mich gezwungen Unteroffizier Pflüger das Kommando über einen Mech zu entziehen.“
Unruhe machte sich breit. Keiner der Anwesenden schien die Entscheidung zu befürworten. Alleine Pflüger wirkte einmal mehr merkwürdig Abwesend. Natasha stellte aber erleichtert fest, dass niemand sofort gegen ihre Autorität aufbegehrte. Sie wartete noch kurz, sammelte sich und sprach weiter: „Sobald der Unteroffizier den Waldlauf in weniger als 30 Minuten absolviert, erhält er sein Kommando zurück. Jetzt aber zu etwas erfreulicherem. Hauptstabsfeldwebel Kelin, den hier scheinbar alle Hirte nennen, wird ihnen jetzt etwas über die Maschinen erzählen und dann werden wir ins Training einsteigen, das Mechkriegerin Hoogma vorbereitet hat. Haben sie noch Fragen?“

Hoogma erhob sich von ihrem Stuhl. Sie wirkte beherrscht und strahlte die Ruhe aus, die Natasha schon jetzt an ihr bewunderte: „Mit Verlaub Frau Leutnant, aber alle meine Planungen beruhen auf der Arbeit mit einer Lanze. Wie sollen wir mit nur drei Maschinen effektiv trainieren?“
Mit dieser einen Frage hatte die dunkelhaarige Mechkriegerin Natasha in die Defensive gedrängt. Ihr blieb ein verlegenes Lächeln, um Zeit zu gewinnen. Da kam die Hilfe von unerwarteter Seite. Tech Stanzel hatte sich erhoben, nickte Natasha freundlich zu und wandte sich an Hoogma und begann in seinem deutlich österreichisch gefärbten Akzent: „Wenn i die Frau Leutnant recht verstanden hoabe, hat sie dem Herrn Unteroffizier zwoar die Berechtgung einen Mech zu führen entzogen. Die Maschinen sind zwecks der anstehandan Modifikationen im Hangar. Sie können doaher ohnehin nua im Simulator arbeiten und doas hot die Frau Leutnant dem Herrn Unteroffizier nicht untersagt.“ Stanzel ließ sich behäbig wieder auf seinem Stuhl nieder. Kelin nickte anerkennend als er nun aufstand und ans Rednerpult ging. Natasha hätte auch Worte der Dankbarkeit gefunden, doch dafür blieb im Augenblick keine Zeit.

Wie immer griff Kelin fest nach den Kanten des Rednerpults bevor er begann: „Sie alle haben bereits die Maschinen gesehen. Wie Joe…“ er wies auf Stanzel „bereits erklärt hat werden sie gerade modifiziert. Um letzte Erkenntnisse zu sammeln möchten wir sie bitten in ein Simulatorgefecht gegen eine Lanze schwerer Maschinen anzutreten. In unmodifizierten Maschinen. Wir erhoffen uns davon einige Aufschlüsse. Achten sie insbesondere auf die Probleme der Hitzeentwicklung und der Gefährdung durch explodierende Munition. Vielen Dank.“


In der kurzen Lanzenbesprechung hatten sie sich entschieden ihre Maschinen am Nordostrand des Geländes zu positionieren. Die Hügel dort versprachen einiges an Deckung, die sie bei ihrem Vorrücken nutzen wollten. Natasha spürte das Adrenalin durch ihren Körper wogen. Keiner der Mechkrieger hatte ihre Entscheidung Pflüger betreffend weiter kommentiert und alle wirkten ruhig und konzentriert, auch der Unteroffizier machte mit einem Mal nicht mehr den Eindruck des senilen Greises. Einzig Natasha war mit jeder Sekunde angespannter geworden. So war es jedes Mal wenn sie in einem Mech oder auch nur im Simulator saß. Sie hatte nie zu denjenigen gehört, die im Angesicht der Maschinen eiskalt und ruhig wurden.
Jetzt saß sie in dem schmutzigen Sitz der schmutzigen Simulatorkapsel und blickte auf das gleichfalls schmutzig wirkende Braun der Steppe vor ihr. Die Ebene war von Hügeln durchsetzt und einzelne grüne Baumbestände, die wie bunte Tupfer wirkten, waren zu sehen.
Drei der gegnerischen Maschinen tauchten auf ihrer Ortung auf. Im Augenblick noch weit entfernt, südlich eines großen Sees, der sich auf dem südöstlichen Bereich des Schlachtfeldes befand. Natasha konnte einen Schützen, ein Katapult und einen Grashüpfer ausmachen.
„1 für Lanze.“, sie musste die Stimme freiräuspern. „1 für Lanze, schaltet eure Ortungsinfos zusammen. Langsames vorrücken auf Position Alpha.“, damit war eine Position hinter einem der Hügel gemeint, der ihnen Deckung, aber gleichermaßen Schussfeld bot. Hoogma hatte das ausgetüftelt und auch bei der Besetzung der Maschinen hatte sich Natasha auf das Urteil der ehemaligen Majorin verlassen. Das hatte auch vielleicht damit zu tun, dass sie die Aufstellung in das Cockpit des riesigen humanoiden Zeus-Mechs gespült hatte. Eine Tatsache, die ihr schmeichelte.

Die drei schweren Maschinen machten sich behäbig auf den Weg und auch Natasha brachte ihren Zeus auf Touren als unvermittelt die Mitglieder ihrer Lanze das Feuer aus ihren Energiewaffen eröffneten.
„1 an Lanze. Verdammt noch mal, was macht ihr da?“, Natasha war erschrocken versuchte es aber mit Unmut zu übertünchen. Entsprechend frostig blaffte sie. „Ich habe keinen Feuerbefehl erteilt.“
„4 für 1.“, meldete sich Hoogma mit einer, wie Natasha fand, verboten entspannten Stimme. „Verzeihung Leutnant aber in Simulatorgefechten ist es eine Standardprozedur Wälder in Brand zu setzen. So schaffen wir durch den entstehenden Rauch für uns selber Deckung und vernichten auch Deckungsmöglichkeiten für den vorrückenden Gegner.“
„1 für 4. Haben sie noch nie was von Kolateralschäden gehört?“ reagierte Natasha gereizt. Hier wurde gerade ihre Autorität untergraben und das wollte sie nicht.
„4 für 1. Kolateralschäden spielen in einem Simulatorgefecht keine Rolle. Wir sollten keinen Vorteil aus der Hand geben.“, war die gelassene Antwort aus dem Streitross. Auf einem privaten Kanal funkte Leonie Hoogma den jungen Leutnant an: „Lassen sie uns unsere Arbeit tun.“

Gleich darauf gingen zwei der, in der Nähe liegenden, Wäldchen in Flammen auf. Natasha schluckte ihren Ärger für das erste hinunter und nahm wieder Tempo auf. Ganz unbeabsichtigt war sie in eine langsamere Gangart verfallen als sie das kurze Wortgefecht mit Hoogma ausgetragen hatte. An der Akademie war einfach nicht genug Zeit geblieben, um einen Mechkrieger ausreichend an jeder Maschine auszubilden. Natasha hatte alle Hände und Füße voll zu tun um das Ungetüm, das sie steuerte, auf Kurs zu halten. Sie konnte sich bildlich vorstellen, wie Hoogma über ihre Behäbigkeit aufstöhnte, als sie Position Alpha einnahm. Bevor sie auch nur daran gedacht hatte ihr weiteres Vorgehen zu planen, stand sie unter Feuer. Blau entlud sich auf Maximalentfernung ein Partikelstrahl aus der Primärwaffe des Grashüpfers und brannte sich in ihren linken Torso. Panik stieg in ihr auf, denn in der leichten Übungsmaschine der Akademie wäre ein solcher Schuss das Ende gewesen. Der Körper des Zeus war jedoch von massiven Panzerplatten geschützt und so zeigte der Schuss keine weitere Wirkung. Auch die Banshee wurde von Langstreckenraketen getroffen und lediglich Pflüger, der im Mech eine ganz andere Figur als im wirklichen Leben machte, erwiderte das Feuer. Der Schuss aus seinem Laser schmolz Panzerung vom linken Bein des Grashüpfers.

Die Ereignisse schienen sich für Natasha zu überschlagen. Geschäftsmäßig meldeten die drei Mechpiloten einander ihren Status um gleichzeitig weiter zu feuern und ihre Position zu verändern. Natasha erinnerte sich noch an den Ausspruch eines Lehrers: „Stillstand ist der Tod“ als der Gegner mit aller Härte zuschlug. Vierzig Raketen aus den Lafetten des Schützen und 30 aus denen des Katapults schossen auf sie zu. 13 gingen komplett fehl und 22 bohrten sich in den Hügel, der ihr als Deckung diente. 35 Sprengköpfe fanden aber schließlich ihr Ziel und zerlegten Natasha und ihre Maschine nachhaltig. Nicht nur ihre Panzerung wurde demoliert. Die Salve zog die Abschirmung des schweren Lasers in Mitleidenschaft und die künstliche Intelligenz der Maschine deaktivierte die Waffe. Das schlimmste waren jedoch die Raketen, die auf den Kopf der Maschine einhämmerten. Natasha fühlte sich schummrig und nahm nur noch unterbewusst war, dass sie auch noch erneut von der PPK des Grashüpfers getroffen wurde. Was die Waffen ihre Mitstreiter anrichteten entging ihr völlig. Auch die Kontrolle über die Lanze ging ihr verloren, als sie die Maschine mühsam aufrecht hielt und sich in Bewegung setzte.

Der Weg zur Position Beta führte sie jetzt über den Hügelkamm und dort natürlich auch durch das Schussfeld des Gegners. Während es Hoogma schaffte ihr Streitross in die nächste Deckung zu manövrieren, gerieten die drei anderen unter Feuer. Hart hämmerten die LSRs der feindlichen Lanze diesmal auf den Donnerkeil von Unteroffizier Pflüger und die Banshee von Brönstett ein. Auch der Kreuzritter der Gegner steuerte diesmal 20 Raketen bei. Als schließlich noch der Grashüpfer seine PPK und die Laser auf den Donnerkeil abfeuerte, brachte das dessen mittelschwere Laser zum Schweigen. Immerhin gelang es Brönstett und Pflüger aber auch den Grashüpfer, der in das freie Feld vor dem Hügel gesprungen war, empfindlich zu treffen. Natashas Schüsse der Langstreckenlafette und der Autokanone schlugen weitab des Kampfgeschehens ein. Immerhin hatte sie jetzt eingegriffen.

Über Funk meldete sich jetzt Hoogma. „Verdammt noch mal hier 4 für Lanze. Ihr müsst den Abstand zum Gegner verringern, damit der seine Langstreckenbewaffnung nicht mehr ausspielen kann. Das muss euch doch klar sein.“
Natasha erkannte die Weisheit der Worte und die Stimme in ihre fragte böswillig warum sie die Anweisung nicht gegeben hatte. Schon wieder Zeit die sie mit Nachdenken verplemperte, und wieder blieb sie zurück. Sie hatte den Hügelrücken noch immer nicht passiert, doch es immerhin bis hinter ein paar Bäume geschafft. Die anderen stellten jetzt die beweglicheren Maschinen des Gegners im Feld. Wie ein Fluch lastete der Misserfolg auf Natashas Schultern und das Feuer aus ihren Waffen traf das Ziel erneut nicht. Ungleich erfolgreicher war Brönstett und Hoogma, die mit Feuer aus PPK und ihren Lasern das Katapult einer Lafette beraubten, die sich bei der Maschine an Stelle des linken Arms befand. Erneut schlug jedoch auch der Grashüpfer zu. Mit einem gewagten Sprung ins Zentrum der Lanze brachte er Pflüger in Bedrängnis. Die mittelschweren Laser durchschlugen den Torso des Donnerekeils, so dass der linke Arm unbrauchbar zu Boden fiel. Ein groteskes Stillleben in der Steppe des Schlachtfeldes. Unbeeindruckt attackierte Brönstedt in seiner Banshee den Grashüpfer mit den voll ausgeformten Händen seiner Maschine. Eine Faust traf die feindliche Maschine hart in die linke Flanke und Panzerungstrümmer regneten zu Boden.

***

Fegefeuer, Lager 2 von Wetzels Drecksbande, Andiron
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Peripherie
26. März 3030

Vor Carol und ihrem Track tauchte in der Ferne eine Hügelkette auf. Durstig schleppten sich die achtundzwanzig Frauen hinter dem Jeep her. Bei jedem Schritt schepperten die altmodischen Metall-Ketten, die ihre Füße miteinander verbanden und die sie von Anfang an in einen schlurfenden Gang getrieben hatte. Die Ketten verhinderten effektiv jede Fluchtmöglichkeit, denn die fünf Kettenglieder zwischen den Fußfesseln erlaubten eben nur diese lethargische Gangart. Nach vier Tagen ohne nennenswerte Nahrung und mit einem Minimum an Wasser waren sie jetzt ohnehin zu nichts anderem mehr fähig. Sobald der vordere Jeep anhielt suchten sie den spärlichen Schatten der Dornbüsche auf und kauerten sich dort nieder. Der Jeep hielt regelmäßig alle vier Stunden, um die karge Ration Wasser auszuteilen, die sie gierig tranken. Der Mann am Maschinengewehr des hinteren Jeeps hielt während dieser Pausen ein besonderes Auge auf sie. Die drei Mann Bewachung mit den beiden Jeeps war effektiv darin auf ihren trostlosen Haufen zu achten.
Träge schleppte sich Carol hinter dem Jeep her. Verzweifelt und verbittert dachte sie darüber nach, dass sie am ersten Tag wirklich an eine Fluchtmöglichkeit geblaut hatte. Nachdem die beiden Mechpiloten sie in das Dorf Barndorf gebracht hatten, war sie diesem Trupp Frauen zugeordnet worden, einem Arbeitstrupp wie sich herausstellte. In der Dorfmitte hatte man ihnen die Ketten angelegt und die dreißig Frauen in Richtung des Dorfrandes zur Wüste getrieben.
Carol hatte gehofft noch im Dorf fliehen zu können, da dort Aussicht auf eine Versorgung mit Wasser bestanden hätte. Ihre Bewacher hatten jedoch unmissverständlich klar gemacht, dass die Flucht von Einer mit dem Tod Aller bestraft werden würde.
Dies war keine leere Drohung. Die Fremden verfolgten einen perfiden Plan und hatten in ihrem Beisein mit grausamer Präzision begonnen die Jungen und Männer des Dorfs zu erschießen. Niedergemäht lagen ihre Leichen schließlich am Ausgang des Dorfes. Die Besatzer zwangen die Frauen die Leichen zu einem großen Scheiterhaufen aufzuschichten. Die Tatsache ihre eigenen Männer und Söhne, ihre Neffen und Enkel dem Allmächtigen zu überantworten, hatte die meisten Frauen gebrochen. Verzweifelt dachte Carol an ihre Kinder, vor allem an ihren kleinen Nils. Als sie die Leiche eines Fünfjährigen in die Arme nahm und zu dem Berg der Toten trug, wusste sie die Wahrheit und ein Stück ihres Innersten zerbrach. Nur die Hoffnung Kristine lebend zu finden hielt sie noch aufrecht. Als die Fremden den Arbeitstrupp schließlich in die Wüste zwangen sahen sie noch aus der Ferne den schwarzen Rauch aufsteigen und den süßlichen Geruch des verbrannten Fleischs würden sie nie mehr vergessen.
Schon am nächsten Morgen hatte sich gezeigt, dass nicht alle von ihnen Carols Überlebenswillen hatten. Eine junge Frau, kaum zwanzig Jahre alt, das Gesicht von Akne verunstaltet, hatte es nicht ausgehalten. Sie hatte sich in der Nacht mit einem spitzen Feuerstein, de den sie in der Wüste gefunden hatte, die Pulsadern aufgetrennt. Von einer älteren Frau erfuhr Carol, dass die junge Frau Halbwaise gewesen war. Gestern hatte sie ihren Vater und ihre beiden Brüder verloren. Es waren ihre letzten noch lebenden Verwandten gewesen. Carol und den anderen blieb nichts anderes als die junge Frau in der Wüste zurückzulassen. Die Fremden gestatten keine Bestattung. Die Kleider der Toten nahmen die Frauen an sich, eine Grausamkeit die Carol jedoch das Überleben sicherte. In der ersten Nacht in der Wüste hatte sie, nur in Shorts und Kühlweste, erbärmlich gefroren.
Zwei Tage später hatten sie eine zweite Frau verloren. Die kleine, etwas plump gebaute, Asiatin war auf dem Weg durch ein ausgetrocknetes Flussbett in der Mittagssonne in Carols Armen gestorben. Sie hatte erst vor kurzem einen Sohn entbunden, den sie vor drei Tagen durch die Fremden verloren hatte. Auf dem strapaziösen Marsch durch die Wüste hatte sie am Vortrag schreckliche Blutungen bekommen. Die Bewacher hatten keine Rücksicht darauf genommen und auch ihre Wasserration nicht erhöht. Die letzten drei Stunden hatten Carol und die anderen sie mitgeschleift, doch es hatte nicht gereicht. Verzweifelt mussten sie auch ihre Leiche in der Wüste zurücklassen.
So schleppte sich der Haufen der 28 verbliebenen Frauen in der Abenddämmerung schließlich in das Tal zwischen den Hügeln. Am Eingang stand ein aus Balken gezimmertes Tor. Auf dem geschwungenen Schild stand: Willkommen im Fegefeuer.
Die Fremden führten sie auf diesen staubigen Appellplatz mitten im Nirgendwo, auf dem bereits viele andere Gefangene angetreten waren. Carol musste schlucken, es waren nur Frauen. Sie schätzte ihre Zahl auf um die 500. Das musste die ganze weibliche Bevölkerung von Andiron sein. Carol schöpfte Hoffnung, auch wenn sie nun endgültig wusste, dass Nils tot war. Wenn alle Frauen hier waren, dann musste Kristine wohl auch hier sein.

Ende Teil 5
***

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Alle Menschen sind Brüder - aber das waren schließlich auch Kain und Abel.
Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker

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Mechhangar der Graf Dillenburg Kaserne, Tharkad,
X: -215,94 Y:152,83
Lyranisches Commonwealth
26.März 3030

„Bitter woars, wenns mich fragen Meister“, Josef, genannt Joe Stanzel wälzte seine füllige Figur über eines der beiden zerschlissenen, schwarzen Ledersofas, die Dieter Kelin für unabdingbare Ausrüstungsgegenstände hielt.

„Ich schätze deine Meinung sehr Joe, aber das war der erste Simulatortest und keiner der Vier ist im Augenblick in Topform.“, beschwichtigend legte er die zitternden Hände zusammen. Auch ihm war klar, dass die Ergebnisse der ersten Simulatorübung nur von einem wohlwollenden Standpunkt aus als nicht desaströs bezeichnet werden konnten. Das würde zwar auch für ihn ein Problem werden, aber im Augenblick gab es dringendere Baustellen. Er warf einen Blick auf sein Memopad. „Lass uns erst mal unsere Hausaufgaben machen.“
„S schon recht Meister.“ Auch Joe zog sein Pad zur Hand. „Ich denk wir warn uns so weit einig, was die Modifikation vom Zeus und vom Donnakeil angeht.“

Während Kelin zustimmend nickte, nahm Stanzel einen Schluck aus seiner Flasche mit Diät-Cola.
„Was die Banshee angeht, is es eigentlich offensichtlich. Ohne eine Veränderung der Geschwindigkeit, werdn wir kein Blumentopf gewinnen. Wir solltn also den GM 380 Reaktor durch eine VOX 280er Maschine ersetzen, der Oberstleutnant von der Beschaffung hat mir da schon grünes Licht geben. Die schlachten grad ein alten Kriegshammer aus. Außer der PPK schmeißn wir die ganze Bewaffnung raus. Zu der PPK machen wir vier mittlere Laser und eine schwere Kurzstreckenlafette. Inn linken Torso pack wir ne schwere Autokanone. Die linke Hand ersetzen wir durch eine zwote PPK, dann habn wir noch Luft für a MG und fünf neue Wärmetauscher. Woas meinst Meister.“

„Das hört sich gut an Joe.“, Mastertech Kelin war wirklich zufrieden. Das war genau der Grund aus dem er den jungen Mann verpflichtet hatte. Er war sicherlich kein begnadeter Schrauber und schien auf den ersten Blick nur sein Snowboard im Kopf zu haben. In sofern musste ihm Tharkad als wahres Paradies erscheinen. Wenn es aber darum ging eine Maschine aufzumotzen, dann vergaß er alles. Sein analytischer Verstand und das intuitive Gespür für sinnvolle Modifikationen machten Joe Stanzel unbezahlbar. „Nimm nur das MG raus und setz zwei leichte Laser rein, die machen sich gegen Infanterie genau so gut und wir haben weniger Probleme mit explodierender Munition.“

Wenn es nach Kelin ginge, so würde er alle munitionsgebundenen Waffen verbieten, bis es eine Lösung für die ständig explodierenden Maschinen gab. Der Verlust an Piloten war das eine, Kelin schmerzte der unwiederbringliche Verlust an Maschinen mindestens genau so. Stanzel hatte sich in der Zwischenzeit eine entsprechende Notiz auf seinem Pad gemacht.
„Ehrlich gesagt Meister, was wir mitm Streitross machen könn, weiß ich noch net.“, verlegen wippte der braunhaarige Tech mit den Beinen. „Wir müssen den LTV400er Reaktor loswerden, aber gegen was solln wir n tauschen?“
Kelin freute sich, dass er immerhin hier seinem Spezialisten einen Schritt voraus war. „ Ich hätte da einen Pitban 240 für dich Joe. Der ist gesetzt, jetzt mach was draus.“ Kelin lehnte sich entspannt zurück, als sein junger Assistent wie elektrisiert auf sein Pad einzuhacken begann.
„Mia könntn, … Mmmh, na...“, schließlich und endlich vergingen dann doch fast zehn Minuten bis Joe seinen Vorschlag vorbrachte. Dieter Kelin wäre auch schockiert gewesen, wenn es noch schneller gegangen wäre. Jetzt war er nur noch neugierig.
„Wir machen ein massives Panzerungsupdate, so an die fünf Tonnen dazu. Dann packn wir 18 Wärmetauscher drauf, denn diesmal folgen i deiner Meinung Meister, keine Munition in die Maschine. Als Bewaffnung hab ich dann an vier schwere und ein mittelschwern Laser gedacht.“
Dieter Kelin war geschockt, das war ein radikaler Umbau. Radikal aber auch genial. Stanzel war wirklich verrückt.


***

Eden, Lager 1 von Wetzels Drecksbande, Andiron
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Peripherie
26. März 3030

Vorgestern war er das erste Mal bei ihr gewesen, gestern Abend war er wieder gekommen und auch heute Abend wurde die Tür wieder aufgeschlossen. Auch heute hatte Kristine keinen Bissen Brot und auch nichts von der Wurst angerührt. Lediglich die große Flasche Wasser stand geleert auf dem kleinen Tisch. Alfons Wetzel erschien über das Verhalten der Vierzehnjährigen mehr belustigt als verwundert. Vielleicht war die Tatsache ihm aber auch einfach egal. In seinen Händen balancierte er das Tablett mit der täglichen Ration an Lebensmitteln und die überlebenswichtige Flasche mit Wasser.

Kristine saß, sich sacht hin und herwiegend, auf dem zerwühlten Bett. Sie hatte sich kaum bewegt, seitdem sie der Piratenführer am gestrigen Abend verlassen hatte. Es hatte gerade gereicht sich einmal zur chemischen Toilette zu bewegen um ihren Körper von den Spuren des Besuchs grob zu reinigen und ihre Notdurft zu verrichten. Der Rückweg zum Bett hatte sie noch an der Flasche mit Wasser vorbeigeführt. Etwas zu Essen hatte sie jedoch nicht heruntergebracht, der Ekel vor dem was passiert war und auch der Ekel vor dem eigenen Körper war zu groß. So hatte sie sich wieder auf das Bett zurückgezogen und war in einen unruhigen Schlaf gefallen. Als sie am Morgen erwachte, war sie einfach lethargisch sitzengeblieben. Nur mit der von Wetzel in drei Nächten nachhaltig ramponierten Bluse bekleidet, die schwarzen Locken wild zerzaust und verklebt, bot sie einen erbärmlichen Anblick. Auch wenn keine ihrer alten Freundinnen sie jemals als Modepüppchen bezeichnet hatte, nie hätte sie sich vorstellen können einmal so auszusehen.
Wetzels zuckte kurz zusammen als er sie sah, vor allem als seine Nase den Geruch in seinem Container wahrnahm und ein missmutiger Ausdruck stahl sich auf sein Gesicht.

„Jeden Moment kommt eine Wanne mit Wasser und dann richtest du dich her Mädchen.“, der Ton des Glatzkopfs war geschäftsmäßig. „Ich komme in einer Stunde wieder.“
Ungläubig schaute Kristine den Piratenchef aus ihren dunklen Augen an. Das konnte nicht sein Ernst sein, Wasser war auf Andiron ein so kostbares Gut, dass es nie für ein Bad verschwendet wurde. Kristine kannte die chemische Dusche, eine effektive Methode zur Körperreinigung, aber kein Bad mit Wasser. Dieser Piratenchef war wirklich gestört. Kopfschüttelnd sah Kristine Wetzel nach, als dieser sich im Gehen wieder zu Kristine umwandte.
„Denk nicht im Traum daran einen Teil des Wassers als Trinkwasser abzuzweigen Mädchen. Ich kann dir versichern, das wirst du nicht überleben. Wenn du dann fertig bist, zieh die Sachen aus der da Tüte an. Das reicht.“, er wies auf die kleine Papiertüte, die er mit dem Essen hereingebracht hatte Kurz schaute er auf seinen Chronographen. „In fünfundfünfzig Minuten komme ich zurück. Du solltest dann fertig sein.“

In diesem Moment schleppten zwei Kerle einen Holzzuber herein. Er war ungefähr einen Meter lang, fünfzig Zentimeter breit und ebenso tief. Der Nebel, der sich nach den erlittenen Misshandlungen über Kristines Geist gelegt hatte, lichtete sich als sie versuchte auszurechnen wie viele Liter Wasser hier wohl verschwendet wurden. Einen Moment lang saß sie wieder in der Lorant-Schule in der Mathematikstunde, doch dann war sie wieder zurück in dem Container der Piraten. Einer der Kerle musterte Kristine und er bemerkte ihre Blöße. Sein Blick bekam einen gierigen Ausdruck und er schnalzte vernehmlich mit der Zunge. Einen Augenblick später hatte Wetzel ihn in eisernem Griff. Eine Ader pulsierte wütend auf der Schläfe des Piratenführers. Bei jedem Wort gab er seinem Untergebenen einen kräftigen Faustschlag auf den Kopf:
„Denk nicht im Traum daran mein Mädchen anzurühren. Du weißt was mit Adrian passiert ist.“, zischte Wetzel seinen Untergebenen dabei kalt an. Dann ließ er ihn los und beförderte ihn mit einem Tritt aus dem Zimmer. Sorgfältig schloss er die Tür ab. Er ließ Kristine mit der wiederholten Erkenntnis zurück, dass dieser Mann jeden einzelnen Satz todernst meinte. Es blieb ihr nichts, wollte sie überleben, dann musste sie sich weiterhin fügen.

Als sich eine knappe Stunde später der Schlüssel im Schloss drehte, stand Kristine resigniert vom Bett auf. Die schwarzen lockigen Haare fielen auf ihre Schultern und bildeten dort gemeinsam mit dem schwarzen Spitzentanga einen perfekten Kontrast zu der milchigweißen Haut des ansonsten unbekleideten jungen Körper. Wetzels Blick blieb an ihren knospenden Brüsten hängen. Scharf zog er die Luft ein, die nun nicht mehr abgestanden war, sondern den Duft nach Jasmin angenommen hatte, der dem Badezuber entströmte.
„Ja Mädchen, wir werden auch weiterhin großes Gefallen aneinander finden.“


***

Graf Dillenburg Kaserne, Tharkad,
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Lyranisches Commonwealth
30.März 3030

Kopfschüttelnd saß Natatasha auf ihrem Schreibtischstuhl. Sie hatte sich verschanzt hinter der verschlossenen Bürotür, hinter ihrem Schreibtisch und dann noch einmal hinter ihren Händen, deren leichtes Zittern viel über ihrem Gemütszustand verriet. Fünf Tage und auch fünf Simulator-Übungen waren nach der ersten gigantischen Niederlage vergangen und alle hatten sich in dieser Zeit im Mechhandling und in der taktischen Zusammenarbeit erheblich verbessert.

Alle, außer einer, und auch wenn sie es nur ungern zugab, das war sie selbst. Natürlich gab es eine ganze Reihe von Erklärungen, die sie hätte vorbringen können, um ihren Status vor einem Vorgesetzten zu retten. Die mangelnde Erfahrung mit der schweren Maschine oder Probleme mit der neuen Hierarchie kamen ihr in den Sinn. Das Problem war nur, dass es keinen Vorgesetzten gab, der sich dafür interessierte. Sie selbst war die Vorgesetzte und sie wusste nun einmal, dass dies nicht die Gründe für ihr Versagen waren. Blieb nur ein Problem, sie wusste einfach nicht, was der wirkliche Grund war.

Kurz fragte sie sich noch, ob der Umbau der schweren humanoiden Maschine vom Typ Zeus ihre Leistungsfähigkeit verbessert hatte. Zumindest die Antwort auf diese Frage war ein klares ja. Der Ausbau der Autokanone im linken Arm hat eine gewaltige Masse an Gewicht freigemacht, die dieser Tech Stanzel auf ganz exzellente Art genutzt hatte. So fand sich an der Stelle der Autokanone jetzt eine PPK mit ähnlicher Reichweite, aber einer ungleich höheren Feuerkraft. Die zusätzliche Hitzeentwicklung kompensierte er mit zwei zusätzlichen Wärmetauschern und schließlich und endlich machte er die Maschine durch den Austausch gegenüber einer Munitionsexplosion deutlich unanfälliger. Die Verbesserungen der Maschine waren eklatant, ihr Abschneiden in den Übungen hatte sich dagegen nur marginal verbessert. Immerhin Kelin hatte sich da einen außerordentlichen Haufen Techniker zusammengesucht, wie sie anerkennen musste. Diesen Maßstab konnte sie nicht auf alle anderen Mitglieder anlegen, am allerwenigsten auf sich selbst.

Die Hände sanken wieder auf das Memopad auf ihrem Schreibtisch herab, ihre Augen glitten an den kahlen Wänden entlang und blieben am Fenster hängen. Leichter Schneefall hatte am frühen Abend eingesetzt und bis jetzt angehalten. Kurz dachte sie an die Mitglieder ihrer Einheit, denen sie auf Anraten von Kelin freigegeben hatte. Seufzend wandte sie sich wieder den Simulatorberichten zu, hoffte sie doch eine Botschaft darin zu entdecken, die ihr weiterhelfen konnte. Doch abgesehen von einigen Wärmetauchern, deren Parameter aus der Toleranz liefen, konnte sie nichts entdecken, als es an der Tür klopfte.

Natasha kam fahrig von ihrem Stuhl hoch und setzte sich gleich wieder hin. Mit beiden Händen rieb sie sich durchs Gesicht, was ihre Wangen fleckig erscheinen ließ, die Neonbeleuchtung kannte da keine Gnade. Sie räusperte sich und versuchte sich einer kräftigen und deutlichen Stimme zu bemächtigen, doch der Versuch misslang. Übrig blieb ein abgespanntes: „Herein.“
Als Leonie Hoogma den Raum ihrer Vorgesetzten betrat hatte diese kaum einen Blick für sie übrig. Einerseits schätzte Natasha die ältere Mechkriegerin. Sie musste zugeben, dass die Soldatin über ein außergewöhnliches taktisches Verständnis verfügte. Die Analysen vor und nach sowie ihre Entscheidungen während der Simulatorgefechte sprachen da eine deutliche Sprache. Dennoch spürte Natasha gewisse Vorbehalte und diesmal wusste sie auch woher sie kamen. Weniger hatten sie mit der Vorgeschichte von Hoogma zu tun. Es war eher so, dass sich Natasha in ihrer Gegenwart unterlegen fühlte, eine Tatsache, die ihr nicht im geringsten behagte.
„Leutnatnt Perica!“, Hoogma salutierte. In einer fließenden Bewegung glitt die Hand an die Schläfe der kleingewachsenen, dunkelhaarigen Soldatin. Sie verharrte kurz in dieser Stellung und fiel dann in eine entspanntere Haltung. Natasha störte dies nicht. Eine der ersten Tatsachen, die sie als Kommandantin gelernt hatte, war, dass sie Rekruten schleifen konnte, gegenüber diesem ehemaligen Major ein kollegialeres Verhalten jedoch angebrachter war. Eine Erkenntnis, die sie bislang nicht bereut hatte.

„Leutnant, ich habe etwas mit ihnen zu besprechen.“, begann Hoogma wie immer vorsichtig abschätzend. Noch immer schien sie nicht zu wissen wo sie stand und wie es um die Gesamtverfassung ihrer Kommandantin bestellt war. Sie blieb auf der Hut: „Könnten sie fünf Minuten ihrer Zeit für mich erübrigen?“
Natasha wies resigniert auf den Platz vor ihrem Schreibtisch. Mittlerweile hatte sie dort einen Stuhl platziert, denn in den Gesprächen mit ihren stehenden Untergebenen hatte sich bei ihr kein Gefühl der Überlegenheit eingestellt. Daher versuchte sie es nun auf Augenhöhe. Als Leonie Hoogma den ihr angebotenen Platz annahm, platzte es aus Natasha heraus:
„Was machen sie eigentlich an ihrem freien Abend hier in der Kaserne Mechkriegerin?“
Belustigt zuckten Hoogmas Mundwinkel als sie antwortete: „ Nun ja Frau Leutnant, ich kann wohl kaum mit Brönstett, Geiger und Pfister durch die Bars ziehen. Sie wissen doch.“, mit der linken Hand deute sie die Bewegung an, mit der ein Glas zum Mund geführt wird.
„Oh ja richtig, die Alkoholgeschichte.“, Natasha fühlte sich unbehaglich und wandte die Augen von Hoogma ab. „Verzeihung.“
„Kein Problem Frau Leutnant, das ist ja meine Vergangenheit. Sie schränkt mich zwar ein wenig ein, aber das ist in Ordnung. Abgesehen davon, dass sie sich schlecht mit den anderen gemein machen können, was hält sie hier?“, das Lächeln war aus Hoogmas Gesicht verschwunden. „Es gibt doch viele schöne Offiziersclubs hier auf Tharkad, glauben sie mir. Ich kenne die Läden, sie sollten auch mal hier raus.“
„So einfach ist das nicht Mechkriegerin, sie kennen doch auch das Berichtswesen.“, Natasha wies auf die verschiedenen Pads auf ihrem Schreibtisch und fuhr dann mehr zu sich selbst fort. „ Ich bin mit unseren Leistungen immer noch nicht einverstanden. Ich muss das Verbesserungspotential einfach finden.“

Hoogma rollte unbemerkt die dunklen Augen, sie konnte ihrer Kommandantin ansehen, an wessen Verbesserungspotential sie dabei wohl vor allem dachte. Sie war sich aber auch darüber im Klaren, dass sie sich hier nicht einmischen durfte, jedenfalls nicht unter den momentanen Vorzeichen. Also versuchte sie das Thema auf ihr Anliegen zurückzulenken.
„Frau Leutnant, ich habe mir einige Gedanken über den Donnerkeil von Unteroffizier Pflüger gemacht. Die vom Mastertech und von Joe angedachten Verbesserungen sind gut. Ich bin aber der Meinung, dass sie nicht weit genug gehen, um das volle Potential der Maschine auszuschöpfen.“

Natasha hörte fasziniert zu, fast fühlte sie sich an die Akademie in eine wirklich gute Vorlesung zurückversetzt, so lebendig erschienen ihr die Ausführungen welche die dunkelhaarige Meschkrigerin nun darlegte.
„Sehen sie hier.“, Hoogma wies mit der linken Hand auf den Bildschirm ihres Memopads. Gleichzeitig strich sie sich in einer gleitenden Bewegung eine ihrer langen dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht. „ Natürlich stellt das Herausnehmen der Langstreckenlafette, der kleinen Kurzstreckenlafette, des schweren Lasers und der Maschinengewehre zu Gunsten einer PPK und einer schweren Kurzstreckenlafette einen Fortschritt dar. Vor allem wenn man an die sechs zusätzlichen Wärmetauscher denkt.“
Hoogma blickte kurz auf um die Reaktion ihrer Vorgesetzten zu überprüfen und stellte fest, dass diese zustimmend nickte. „Ich habe aber einen noch radikaleren Umbau im Sinn. Wir sollten die Maschinengewehre und die KSR´s des Basismodells entfernen, die LSR auf eine Zehner Lafette reduzieren und einen zusätzlichen Wärmetauscher einbauen. Sehen sie was wir dann mit dem eingesparten Gewicht anstellen könnten, Frau Leutnant?“
Natasha blickte ein wenig verständnislos auf die Grafik, aber ihre Untergeben war in solch guter Stimmung, dass sie es nicht bemerkte. „Wir können Sprungdüsen einsetzen, Frau Leutnant.“
Erst hier ging Natasha ein Licht auf. Eine 65 Tonnen schwere Maschine, die in den Rücken des Feindes springen konnte, stellte in der Tat eine gewaltige Bedrohung dar. Besonders wenn sie in der Lage war dort einen schweren und drei mittelschwere Laser abzufeuern ohne eine Abschaltung zu riskieren. „Ich halte ihre Überlegung für sehr gut Mechkriegerin. Sie sollten sie Kelin vortragen, ich werde diesen Antrag unterstützen. Eilig machte sich Natasha einige Notizen.

Leonie Hoogma wurde bewusst, dass sich der Leutnant auf einmal tatsächlich wir der Kommandeur einer Einheit benahm. Das steigerte ihre eigene Begeisterung noch weiter und sie startete einen weiteren Versuchsballon.
„Wir sind heute die einzigen Einheitsmitglieder hier, Frau Leutnant. Würde es ihnen etwas ausmachen, wenn ich ihnen beim Essen Gesellschaft leiste?“
Nein, nicht im Geringsten.“, antwortete Natasha nach kurzem Nachdenken. Ihre eigenen Probleme waren zwar nicht kleiner geworden, aber vielleicht hatte sie wirklich einen Vertrauten gefunden.

Ende Teil 6
***

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Alle Menschen sind Brüder - aber das waren schließlich auch Kain und Abel.
Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker
31.03.2011 20:19 Casper ist offline E-Mail an Casper senden Beiträge von Casper suchen Nehmen Sie Casper in Ihre Freundesliste auf
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Eden, Lager 1 von Wetzels Drecksbande, Andiron
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Peripherie
30. März 3030

Die Tage von Kristine Shultz, dem Mädchen in Wetzels Container verliefen weiterhin nach demselben eintönigen und grausamen Muster. Am Abend kam Wetzel zu ihr, in ihr Gefängnis. Er zwang sie durch die ständige Wasserknappheit dazu, seinen Wünschen Folge zu leisten. Was Wetzel als vergnüglichen Zeitvertreib empfand quälte die Vierzehnjährige auf unbeschreibliche Art und Weise. Hatte Wetzel sie benutzt, ließ er sie in der Nacht zurück wie einen Gegenstand. Doch erst wenn er sie verlassen hatte und sie in dem dunklen Container auf dem zerwühlten und beschmutzten Bett zurückblieb erlaubte sie sich die Tränen der Verzweiflung. Er konnte ihren Körper benutzen und sie als sein Eigentum betrachten, ihre Würde und ihren Stolz wollte sie sich jedoch erhalten. Erst spät in der Nacht überfiel sie die Müdigkeit und sie sank in einen unruhigen Schlaf. In diesem Schlaf bescherten ihr die Ungewissheit um das Schicksal ihrer Mutter und der Tod ihres kleinen Bruders schlimme Alpträume.

Als Kristine am Morgen erwachte, wusste sie das Geräusch nicht recht einzuordnen. Als ihr klar wurde, dass das Geräusch von einem Schlüssel stammte, übernahm ihr Unterbewusstsein die Kontrolle. Ruckartig setzte sie sich auf und zog das fleckige Bettlaken über den nackten Körper.
Nur kurz öffnete sich die Tür und ein Bündel Mensch wurde in den Raum gestoßen. Kristine erkannte das blasse Mädchen, sie war mit ihr auf die Lorant-Schule gegangen. In die gleiche Klasse, die auch ihr Bruder Nils besucht hatte, ihren Namen hatte sie sich nie merken können.

Schluchzend kauerte sich das Mädchen mit den kurzen roten Haaren auf dem Boden zusammen und versuchte ihren Körper zu schützen. Die Überreste ihrer Schuluniform waren in einem erbärmlichen Zustand. Die schwarzen Schuhe waren abgestoßen. Die weißen Kniestrümpfe waren dunkelgrau gefärbt vom Staub der letzten Woche und hingen auf den Knöcheln des zarten Mädchens. Der knielange Rock wies einen Riss auf und die weiße Bluse hatte zwei Knöpfe verloren. Das Mädchen blickte sich aus den grünen Augen gehetzt im Raum auf. Ihr Blick blieb auf Kristine hängen, die eilig aufgestanden war und durch den Raum auf das Mädchen zueilte. Kristine war sich der eigenen Nacktheit kaum bewusst, als sie den knabenhaften Körper der Elfjährigen an sich drückte, um ihr Schutz zu bieten. Erschaudernd wurde ihr klar, was die Anwesenheit des Mädchens für dieses Kind bedeutete. Sie versuchte sich selbst im Zaum zu halten und mit erstaunlich ruhiger Stimme sprach sie das Mädchen an:

„Hi, ich bin Kristine, aber alle nennen mich Kris. Ich kenne dich aus der Schule. Wie heißt du denn?“
„Melina.“, antwortete das andere Mädchen stockend und schmiegte sich enger und schutzsuchend an Kristine.
„Also gut Melina.“, beruhigend streichelte Kristine der Kleineren durch die Haare. Auf dem Hinterkopf fühlte sie eine große blutverkrustete Beule. Melina zuckte zusammen als Kristine die Stelle berührte. „Was hältst du davon einen Schluck zu trinken und dann machen wir dich ein bisschen sauber?“
Einen kurzen Moment lang wurde der flackernde Blick der kleinen Melina fest. Kristine erkannte, dass sie mit dem Thema Wasser den entscheidenden Punkt angesprochen hatte, um dem Mädchen etwas von ihrem Lebensmut zurückzugeben. Sie führte Melina zu dem Bett, auf dem sie noch kurz zuvor gesessen hatte. Zaghaft ließ sich Melina darauf nieder und panische Angst zeigte sich auf ihrem Gesicht, als Kristine sie aus ihren Armen entließ.
„Schht, ich bin sofort wieder da.“, versuchte Kristine das Mädchen zu beruhigen. „Ich hole nur das Wasser.“

Langsam ging sie zu dem kleinen Tisch auf dem die Flasche mit ihrer täglichen Wasserration stand und füllte das Glas. Vorsichtig, um nichts von der kostbaren Flüssigkeit zu verschütten, kehrte sie zum Bett zurück. Sofort flüchtete sich das rothaarige Mädchen wieder in Kristines Arme. Sie atmete hektisch und war kurz davor zu hyperventilieren. Beruhigend redete Kristine auf sie ein, während sie ihr in kleinen Schlucken von dem Wasser zu trinken gab. Sie wusste genau, dass sie dem Kind gerade einen Teil ihrer lebenspendenden Ration abtrat, aber es war ihr egal. Sie fühlte sich verantwortlich.
„Alles wird gut Melina. Egal was war, du bist jetzt bei mir und ich passe auf dich auf.“, wie ein Mantra wiederholte sie diesen Satz und schließlich brach es aus dem kleinen Geschöpf, kaum einen Meter vierzig groß, hervor:
„Und wenn ich bei dir bleibe Kris, dann schlagen sie mich nicht mehr.“
„Nein Melina, schlagen werden sie dich hier nicht mehr.“, kurz zuckte ein zynisches Lächeln über ihre Mundwinkel. „Nein, schlagen werden sie dich hier wirklich nicht, Aber jetzt komm, wir richten dich wieder ein wenig.“

Vorsichtig half Kristine Melina auf die Beine, die ihr tapsig in Richtung der Nasszelle half. Wasser gab es hier nach wie vor nicht, aber einige grundlegende Hygieneanforderungen ließen sich auch mit den primitiven chemischen Möglichkeiten des Containers erfüllen.
Zu sehr säubern wollte Kristine Melina ohnehin nicht, da sie so hoffte das Schicksal des Mädchens aufschieben zu können. Nachdem Melina jetzt einmal Mut gefasst hatte sprudelte es nur so aus ihr heraus. Sie hatte Vertrauen in Kristine gefasst, den ersten Menschen, der ihr in den letzten Tagen geholfen hatte. Als Kind, das sie war, musste sie den Ballast der letzten Tage abschütteln. Dass sie diese Last mit Kristine auf ein anderes Kind abwälzte konnte sie nicht verstehen und Kristine war bereit die Last zu tragen. Sie wollte dem Mädchen helfen und ließ sie reden:
„Weißt du Kris, ich hab ja immer Glück gehabt, aber heute hatten mich zwei von den Kerlen dazwischen und ich hab gedacht die schlagen mich kaputt. Dabei hat ich gar nix gemacht. Aber dann kam so n großer mit ner Glatze und hat gesagt sie solln damit aufhören und mich herbringen. Der Mann hat mich echt gerettet.“, endete sie schließlich.

Ob man Melinas Anwesenheit in diesem Container als Rettung bezeichnen konnte war für Kristine mehr als fraglich. Melina lebte noch, das war klar. Nur was für ein Leben ihr bevorstand, davon hatte sie keine Vorstellung. Wetzel hatte Melina ganz bewusst ausgewählt, sie war ein ausgesprochen hübsches Kind. Kristine hatte ihrerseits in den letzten Tagen auf tragische Art ein klares Bild gewonnen warum Wetzel ausgerechnet eine Vierzehnjährige ausgewählt hatte. Doch Melina war noch jünger, wirklich noch ein Kind. Kristine würde alles tun, um sie vor dem gleichen Schicksal zu bewahren. Während Kristine noch mühsam versuchte ihre Gedanken zu ordnen, fragte sie Melina auf einmal wie aus heiterem Himmel:
„Sag mal Kris, warum bist du eigentlich nackig?“
Erst jetzt nahm Kristine ihre Blöße wieder bewusst wahr und legte sich unbeholfen eine Geschichte zurecht:
„Weißt du Melina, als ich hier herkam sahen meine Klamotten wirklich fürchterlich aus. Außerdem ist hier drinnen Mittags immer eine furchtbare Hitze, da fand ichs ganz praktisch.“
„Mhm .“, stimmte ihr Melina nachdenklich zu. „Meine Mama sagt bestimmt das is nicht okay. Aber wahrscheinlich hast du recht. Ich zieh meine Sachen auch aus.“
„Auf keinen Fall.“, unterbrach sie Kristine bestimmt und warf sich ihre eigene Bluse über. „Deine Mama hat vollkommen recht. Das ist nur so lange okay wie man allein ist. Wir sind jetzt zu Zweit, da zieh ich auch was an.“
„Aber du hast doch recht Kris. Es is wirklich heiß hier.“, maulte die kleine Rothaarige.
„Nein, Melina, das kommt nicht in Frage.“, Kristines Stimme hatte einen strengen Ton bekommen und inzwischen hatte sie auch ihre restlichen Kleider wieder angelegt. Sie musste das Mädchen schützen, dazu gehörte auch dass sie die Wahrheit ein bisschen zu recht bog: „Melina, es gibt n paar Regeln an die du dich unbedingt halten musst. Wenn du es nicht tust gibt uns der Mann mit der Glatze kein Wasser mehr.“
Das Wort Wasser hatte eine solche magische Bedeutung, dass Melina nickte und meinte: „Klar, was muss ich machen.“
„Als erstes ist wichtig, dass du auf mich hörst. Der Mann hat gesagt ich bin der Chef hier. Wenn er kommt will er nur mit mir reden. Du gehst dann in das Badezimmer. Ich schließ ab, damit du nich lauschst. Wenn er weg is, kannst du wieder zu mir kommen. Klar?“

Als der Abend über das Lager hereinbrach, schloss Kristine die Tür zum Bad und drehte den Schlüssel im Schloss. Seufzend setzte sie sich auf den Stuhl vor dem Spiegel und betrachtete sich selbst. Kurz fragte sie sich, ob sie es schaffen würde. Der Gedanke Melina zu schützen vertrieb das Gefühl jedoch wieder. Sorgfältig begann sie mit den Fingern ihre Haare zu entwirren. Mit dem verbliebenen Wasser aus der Flasche reinigte sie ihr Gesicht und dann auch den Rest ihres Körpers. Sie zog den kurzen Rock, den sie gestern von Wetzel bekommen hatte über ihre langen Beine. Ihren BH rückte sie unter der Bluse so zu recht, dass dieser im Ausschnitt deutlich zu sehen war. Die langen Strümpfe der Schuluniform und die schwarzen Lederschuhe mit den flachen Absätzen vervollständigten ihre Kleidung.
Als sie hörte wie sich der Schlüssel drehte seufzte sie erneut, stand dann aber auf.
Wetzel erschien im Türrahmen und sah sich suchend um: „Wo ist die Kleine?“, schnauzte er Kristine an. Die ging unbeeindruckt auf ihn zu und zog in an seinem Arm zum Stuhl:
„Wer braucht dieses Mädchen, Sir.“, sie sah ihn aus ihren dunklen Augen ernst an und drückte ihn auf den Stuhl herab. Langsam drehte sie sich von ihm weg und unterdrückte die aufsteigende Übelkeit. Vorsichtig begann sie ihre Bluse aufzuknöpfen um Wetzel eine Show zu bieten.
Mit einem erregten Stöhnen lehnte sich der Piratenchef auf dem Stuhl zurück und verschränkte die Arme hinter seinem glatzköpfigen Schädel. Das kleine rothaarige Mädchen hatte er für heute vollkommen vergessen.

***

Mechhangar der Graf-Dillenburg-Kaserne, Tharkad,
Lyranisches Commonwealth
X: -215,94 Y:152,83
31. März 3030

Mit dem gewohnten Surren bewegte sich das Exoskelett durch die Halle, das bis hinauf zu Matertech Kelin drang. Der hing in einem Wartungsschacht des Streitross in sieben Metern Höhe. Er trug seinen geliebten, ölverschmierten Overall und gefiel sich in der Rolle des Schraubers eigentlich ganz gut. Kopfschüttelnd musterte er seine Untergebene Antonia Fritz, die mit dem Exoskelett massive Panzerplatten zu der Wartungsbucht beförderte. Es war unglaublich, dass selbst eine so zarte Frau mit den Exoskelett ohne Schwierigkeiten eine Tonnenlast transportieren konnte. Der Umbau des Mechs schritt nur langsam voran. Der Reaktor war inzwischen ersetzt. Diese Arbeit hatte sie dann doch fünf Tage gekostet. Kelin war positiv von einem Tag Arbeitszeit weniger ausgegangen. Leider hatte seine weiteren dienstlichen Verpflichtungen, sein eigener Gesundheitszustand und auch die körperliche Konstitution von Antonia Fritz das verhindert. Sei es drum, fünf Tage waren eine gute Zeit. Schließlich hatte es sich nicht um das simple Wechseln eines Reaktors gehandelt. Der LTV 400 hatte einen gewaltigen Platzbedarf gehabt, so dass nicht einmal die grundlegenden Halter für den Pitban 240 zu verwenden gewesen waren.

Die Aufpanzerung der überschweren Maschine stellte nun den nächsten Schritt auf ihrer to do Liste dar, bevor sie sich den wahnwitzigen Umbauplänen von Stanzel zuwenden würden. Diese Waffenkombination machte Kelin immer noch fassungslos. Selten hatte ein Tech sein eigenes Mantra von der Gefahr der Munitionsexplosion so radikal verfolgt. Mastertech Dieter Kelin war auf den Praxistest wirklich gespannt.
„Linnet, sei so gut und pack die Platten in die hintere Ecke. Wir müssen erst die Aufhängung an den Hüften verstärken, bevor wir mit der Montage der Panzerplatten beginnen können.“ Der Mastertech kletterte mühsam aus der Wartungsluke im linken Brustbereich und machte sich mit zitternden Gliedern an den Abstieg.
Antonia „Linnet“ Fritz tat wie ihr geheißen und parkte das Exoskelett in seiner Ladestation. Keuchend befreite sie sich aus den Gurten. Die junge Frau, deren Schulterblätter sich spitz unter dem Tanktop abzeichneten, blickte zweifelnd nach oben. Alleine der Ausstieg aus dem Skelett schien sie an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit geführt zu haben. Verstohlen blickte sie sich um. Als sie sich unbeobachtet wähnte, langte sie plötzlich in eine Tasche ihrer Arbeitshose und beförderte deren Inhalt in den Mund. Mit neuem Mut blickte sie nach oben und machte sich an den Aufstieg.

Ungerührt erwartete sie der Mastertech auf der Hüftplattform der Maschine.
„Siehst du hier Linnet, ich habe ja schon einige Überschwere modifiziert, aber diese Hüfte macht mir auch schlaflose Nächte.“, obwohl die Ausbildung der 25jährigen bereits seit 5 Jahren abgeschlossen war, wusste der Mastertech doch recht genau, dass Arbeiten an überschweren Maschinen in der Regel von dienstälteren Techs vorgenommen. Kelin nutzte daher jede Gelegenheit den Erfahrungsschatz seiner Mitarbeiter zu vertiefen. „Die Hüftgelenkskonstruktion ist im ganzen Querschnitt einfach zu schwach für einen 80 Tonner angelegt. Warum will ich also die Aufhängung hier verstärken?“
„Wir müssen besonders die Panzerung verstärken.“, antwortete Antonia zappelig. Sie wirkte frischer als noch fünf Minuten zuvor. In ihren Augen lag ein gehetzter Ausdruck „Wenn es hier einen Treffer gibt, der auf das Gelenk durchschlägt hat es das Bein wohl direkt hinter sich.“
„Ich teile ihre Meinung, Frau Fritz.“, unbemerkt war Leonie Hoogma zu den beiden Technikern auf die Plattform getreten. Sie wandte sich an den Mastertech „Entschuldigen sie bitte die Störung Hirte, aber könnten sie zwei Minuten für mich erübrigen.“
„Gerne Asket, ich hoffe es stört sie nicht, wenn ich sie auch mit ihrem Rufnamen anspreche.“ Kelin lächelte und wischte sich die mit Kühlflüssigkeit beschmierte Hand am Overall ab. Er wies in Richtung Boden. Bevor er sich an den Abstieg machte wies er Fritz noch kurz an: „Lass dir von Athlet das Schweißgerät bringen und ändere die Aufhängung gemäß der Zeichnung vom Zeus ab. Lass dir von Patriot und Athlet helfen, die hängen eh nur rum, weil sie auf eine Lieferung warten.“

Unten angekommen lehnte sich Kelin an den Fuß des Streitross und musterte die ehemalige Majorin. „Was kann ich für sie tun?“
„Ich habe mit Leutnat Perica ihre Umbaupläne diskutiert Mastertech. Wir sind absolut begeistert von ihren Vorschlägen und auch von dem Tempo mit dem sie die Umbauten angehen.“
Kelin, der sich kurz versteift hatte, entspannte sich wieder. Es war eine Schande, dass diese Frau nicht mehr die Geschicke einer Kompanie führte. Sie verstand etwas von Menschenführung, von Zuckerbrot und Peitsche. Aber Kelin war zu lange im Geschäft um den Schachzug nicht zu durchschauen. „Worauf wollen sie hinaus?“
„Touché Mastertech.“, Hoogma lächelte ihn gewinnend an. „Wir haben uns gefragt, ob der Umbau des Donnerkeils nicht ein wenig radikaler ausfallen könnte.“, sie zeigte Kelin ihre Aufzeichnungen und dieses Mal war der alt gediente Kämpe wirklich überrascht. Die Frau hatte wirklich Ahnung und beschäftigte sich auch mit Themen, die sie nicht direkt betrafen. Genau diesen Sprungdüsen-Umbau hatte ihm auch Stanzel vorgeschlagen. Einzig dieser arrogante Arsch von der Beschaffungsstelle, Oberstleutnant Sassenhoff, gab die Anderson Propulsion 21 Sprungdüsen aus einem alten Katapult nicht frei. Seit vier Jahren lagerten sie in den Beständen des Beschaffungsamtes. Sassenhoff wartete bis heute noch auf den Tag, an dem ein Katapult nach Tharkad kam und neue Sprungdüsen brauchte.
„Der Vorschlag ist wirklich gut Asket. Es gibt nur ein Problem, wir haben keine passenden Sprungdüsen.“
„Das kann nicht ihr Ernst sein, Hirte. Sie haben doch sonst alles in ihren Beständen oder können es besorgen.“, Leonies Stimme war immer noch leicht und fließend, der Blick ihrer dunklen Augen jedoch hart.
„Das stimmt schon Asket, es gibt tatsächlich vier Anderson Propulsion 21 hier auf Tharkad aber der zuständige Oberstleutnant gibt sie nicht frei.“
Leonie wirkte nachdenklich. „Wie kriegen wir das hin Mastertech? Trotzdem, der Umbau ist zu wichtig, lassen sie ihn uns zurückstellen.“

Ende Teil 7

***

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Alle Menschen sind Brüder - aber das waren schließlich auch Kain und Abel.
Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker
17.04.2011 16:44 Casper ist offline E-Mail an Casper senden Beiträge von Casper suchen Nehmen Sie Casper in Ihre Freundesliste auf
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Fegefeuer, Lager 2 von Wetzels Drecksbande, Andiron
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Peripherie
03. April 3030

Carol musste bei der Suche nach ihrer Tochter heimlich vorgehen. Die Bewacher zeigten keinerlei Toleranz gegenüber Unterhaltungen unter den Gefangenen. Das Arbeitspensum war hart, so dass ohnehin kaum Zeit für die Suche blieb. Morgens trieb man sie in die Hügel, wo sie innerhalb der ersten Woche einen der alten Stollen wieder geöffnet hatten. Ihre Peiniger waren in dem hinter dem Eingang liegenden staubigen und weit verzweigten Gangnetz augenscheinlich auf der Suche nach etwas. Carol fragte sich, ob es in diesem Stollen wirklich noch etwas von Wert gab und wenn die Antwort auf diese Frage ja war, warum bislang keiner danach gesucht hatte. Zwar war der Grund aus dem Andiron überhaupt besiedelt worden war das Erz gewesen, das sich auf dem Planeten befand. Doch im Laufe der Jahrzehnte der Besiedlung waren die Bewohner von Andiron dazu übergegangen die tief liegenden Schichten abzubauen. Die relativ oberflächennahen Schichten mussten seit mindestens 50 Jahren ausgebeutet sein, oder aber sie waren im Verhältnis zum Tiefbau zu unproduktiv. Gedanken wie diese streiften immer wieder kurzzeitig Carols Bewusstsein, doch die Sorge um ihre Tochter war das beherrschende Thema.

Während der Nachtstunden hatte sie die Frauen in ihrer Baracke nach Kristine befragt. Carol kannte die meisten der Frauen. Schließlich hatte Andiron vor der Invasion nur ungefähr 1000 Bewohner gehabt. In ihrer Baracke hatte jedoch keine der andren Frauen eine Ahnung was mit Carols Tochter geschehen war und ob sie im Lager war. Die meisten Frauen waren durch die zermürbenden Erlebnisse der letzten Woche bereits gebrochen. Sie wagten nichts. Sie klammerten sich an das armselige bisschen Leben, dass ihnen in diesem Lager geblieben war und hofften den nächsten Tag zu überleben. Hätte Carol nur für sich sorgen müssen, hätte sie sie anderen wahrscheinlich verstehen können. Aber noch hoffte Carol Kristine lebend zu finden. Daher gab sie nicht auf und verlegte sich auf die Heimlichtuerei.

Carol hatte es zunächst morgens auf dem Marsch zum Stollen versuchen wollen. Beim morgendlichen An-, beim abendlichen Abmarsch und in den kurzen Pausen während der Arbeit wachten die Fremden jedoch mit Argusaugen über sie und unterbanden jedes Gespräch mit drakonischen Strafmaßnahmen. Eine ältere Frau ließen sie bis zum Abend in der prallen Sonne stehen, weil sie eine andere um ein wenig Wasser gebeten hatte.

Heute war Carol mit einigen anderen Frauen tiefer im Stollenlabyrinth beschäftigt, um eine alte Abstützung zu reparieren. Der Bewacher war nicht weit mit in den Stollen gegangen. Die Gefahr des Stolleneinbruchs erschien ihm wohl zu groß, als dass er sich länger als nötig in eine solche Notsituation brachte. Das seine Gefangenen in ebendieser Situation würden arbeiten müssen, kümmerte ihn nicht. Er begleitete sie lediglich bis zur letzten gesicherten Weggabelung und raunzte sie an: „Ihr sichert den Balken da Vorne.“, und er wies mit dem Kegel seiner Lampe in die Dunkelheit vor ihnen. „Die Ersatzstütze bringt euch gleich ein anderer Trupp. Wenn ich in zwei Stunden wiederkomme, ist der Bereich hier sicher. Wenn nicht mach ich eine von euch kalt.“
Wortlos und verbissen machten sich die Frauen auf den Weg zu ihrem Arbeitsplatz. Die Drohung wirkte nach, denn die Fremden hatten bis jetzt noch jede davon wahrgemacht. Ein Menschenleben kümmerte sie nicht. Der Stollen war weiter Vorne in einem desolaten Zustand. Felsgestein war aus der Decke gebrochen nachdem die alte Spritzbetonverschalung nicht mehr Stand gehalten hatte. Dennoch musste auch danach noch weitergearbeitet worden sein. Der Komposit-Stützpfeiler, den sie jetzt abstützen sollten, war definitiv später errichtet worden. Ellen, die drahtige Mitfünfzigerin ergriff das Wort. Sie war Architektin und Carol und die drei anderen Frauen aus ihrer Gruppe hatten ihr fachmännisches Urteil schnell schätzen gelernt. In einer solchen Umgebung erwies es sich als deutlich lebensverlängernd:
„Wir sollten die neue Stütze einen Meter vor der alten Stütze errichten. Bis die Frauen uns die Pfeiler bringen, können wir schon Vorarbeit leisten. Carol, Maria reinigt bitte die Ecken hier und hier.“, dabei wies sie auf zwei Punkte am Boden. „Dann können wir gleich mit dem Komponentenkleber die Stütze mit dem Boden verbinden. Die Anderen rücken mit mir vor und wir überlegen wie wir den alten Pfeiler weiter stabilisieren.“
Verbissen arbeitete Carol mit Maria, einer grauhaarigen Frau von circa 65 Jahren, die in der ganzen Zeit im Lager kein einziges Wort gesprochen hatte. Als sie nach 15 Minuten ihre Vorarbeiten beendet hatten, tauchte der zweite Trupp Frauen mit den Ersatzstreben auf. Carol kannte eine von ihnen flüchtig, hatte aber bislang keine Gelegenheit gehabt mit ihr zu sprechen. Daher wandte sie sich leise an die kräftige und kantige Frau, die die Querstrebe auf der Schulter trug:
„Jessi, hast du was von Kristine gehört?“, obwohl der Satz nur geflüstert war, drehte sich die Truppführerin der anderen Gruppe ruckartig zu Carol um. Funkelnd blickte sie der Mechpilotin in die Augen: „Halt deinen Mund. Wir haben zehn Minuten, um hier wieder rauszukommen. Ich habe keine Lust, dass ich eine meiner Frauen verliere, nur weil du ein bisschen schwatzen willst. Klar?“
Noch bevor Carol zu einer heftigen Erwiderung ansetzen konnte trat Maria zwischen die beiden Frauen und hob beschwichtigend die Hände. Sie blickte die Truppführerin ernst an, dann nahm sie sie in den Arm. Mit tränenerstickter Stimme flüsterte sie der anderen Frau zu: „Ich weiß Silvia, du hast die, die du liebst, verloren. Genau wie ich. Du willst nicht schon wieder verlieren. Aber sollten wir Carol nicht wenigstens die Chance geben zu erfahren, ob ihre Kristine noch lebt. Das dauert keine zehn Sekunden. Wenn wir uns gegenseitig helfen, können vielleicht einige ihre Töchter wiederfinden.“
Schluchzend nickte die Truppführerin und nickte dann auch der kantigen Jessi kurz. Leider hatten weder Jessi noch die anderen etwas von Kristine gehört. Trotzdem hatte Carol wieder Hoffnung. Denn mit Maria, der Frau die drei Söhne und fünf Enkel an die Bastarde von Besatzern verloren hatte, hatte sie eine Kameradin bei ihrer Suche nach Kristine gefunden.



***

Mechhangar der Graf-Dillenburg-Kaserne, Tharkad,
Lyranisches Commonwealth
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06. April 3030

Der Mastertech war mit dem Fortschritt der Arbeit wirklich zufrieden. In den letzten Tagen hatten sie die Panzerung des Streitross an den kritischen Stellen verstärkt. Die zusätzlichen Wärmetauscher hatten ihre Plätze gefunden und auch drei schwere Laser hatten ihre Bestimmungsorte im rechten Arm und im Torso der überschweren Maschine eingenommen. Patriot und Athlet vom Donnerkeil abzuziehen hatte sich beschleunigend auf die Arbeit am Streitross ausgewirkt. Die beiden Techs waren im Augenblick damit beschäftigt den letzten der schweren Laser zu montieren. Dazu hatten sie den pistolenförmigen leichten Laser aus der Hand der überschweren Kriegsmaschine entfernt und die komplette Hand abgenommen. Nun ersetzten sie diese Baugruppe durch den schweren Laser, den sie mit einem zusätzlichen Wärmetauscher versehen hatten. Wie üblich scherzten die beiden laut miteinander und tauschten sich über die letzten Ergebnisse von Solaris VII aus.

Kelin wandte sich wieder seiner Arbeit auf der Kopfplattform zu. Gemeinsam mit Linnet begann er den leichten Kopflaser zu demontieren, der durch ein mittelschweres Gegenstück ersetzt werden sollte. Das war ebenfalls eine knifflige Aufgabe, war doch der Platz im Kopf der Maschine unglaublich knapp bemessen. Hier war besondere Akkuratesse von Nöten und genau die wollte er von Linnet sehen. Die junge Tech machte heute einen klaren Eindruck auf ihn, auch wenn ihr Blick bisweilen unstet flackerte. Sie war gerade dabei mit einem schweren Drehmomentschlüssel eine der Halteschrauben zu lösen. Kelin betrachtete ihren schmächtigen Körper und fragte sich einmal mehr, ob die Evolution manche Berufe nicht doch eher Männern zugedacht hatte. Er rief sich selbst zur Ordnung. In der emanzipierten Welt des lyranischen Commonwealth war diese Einstellung geradezu Blasphemie.
„Linnet kannst du mir kurz beschreiben wo die Hauptprobleme bei diesem Umbau liegen?“, Kelin führte sein Augenmerk wieder auf die Vervollständigung des Wissens seines Schützlings zurück. Der Wissensschwund innerhalb der letzten Generation war dramatisch und Kelin stemmte sich mit aller Kraft dagegen.
„Das sicher offensichtlichste Problem stellt die schiere Größe der neuen Waffe da.“, reagierte Antonia gefasst und rezitierte wie aus dem Lehrbuch. Die Augen waren jedoch fest auf den Schraubenschlüssel gerichtet. „Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass vor allem die zuführenden Leitungen ein Problem verursachen. Es ist außerdem kaum zu schaffen das Cockpit ausreichend gegen die Hitze des Lasers abzuschirmen.“
„Wunderbar Linnet, das hätte ich nicht besser sagen können.“, Kelin war wirklich zufrieden. „Löse bitte die verbliebenen Schrauben bis auf die zwei Centerschrauben. Ich komme dann mit Athlet und Patriot dazu um die Waffe herauszuheben.“

Mühsam stieg Kelin die Leiter hinab zu der Plattform, auf der Tyrome „Athlet“ Pfister und Constantin „Patriot“ Geiger Schwerstarbeit verrichteten. Sie hatten den Laser in die Armbucht gehievt und befestigten ihn. Die körperliche Herausforderung hatte beiden den Schweiß auf die Stirn getrieben. Das graue T-Shirt von des korpulenten Pfister wies unter den Achseln große Schweißränder auf. Geiger hatte sein Shirt abgelegt und arbeitete mit freiem Oberkörper. Der Schweiß ließ Geigers enorme Muskeln glänzen.
„Wie sieht es bei euch aus Jungs?“ Kelin war in aufgeräumter Stimmung, denn hier wurde wirklich gute Arbeit geleistet.
Mit seinem charmanten Lächeln wandte sich Geiger an den Mastertech: „Gut Hauptstabsfeldwebel, ich denke in zehn Minuten können wir mit der Abschirmung beginnen.“
„Jaha, vorausgesetzt Patriot hört auf hier wie ein Schulmädchen rumzuquatschen.“, fuhr ihm Pfister launig dazwischen.
„Wir wären natürlich schon fertig, wenn Athlet heute Morgen zeitig aus dem Bett gekommen wäre.“, noch immer grinste Geiger seinen Vorgesetzten an und tat so, als hätte er Pfisters Bemerkung nicht gehört.
Kelin konnte sich ein Lachen ebenfalls nicht verkneifen. Er kannte die beiden Freunde schon lange und wusste, dass sie ohne die ständigen Kabbeleien nicht leben konnten. Trotzdem mussten sie sich außerhalb des Techteams mäßigen „Denkt bitte daran, dass die Frau Leutnant euren Ton vielleicht missverstehen könnte.“
„Pff, das kann ich mir vorstellen.“, prustete Geiger. Von oben hörten sie einen dumpfen Ton, Metall schlug gegen Metall.
„Ah, Linnet ist fertig.“, erklärte Kelin den beiden Technikern, die verständnislos nach oben geblickt hatten. Geiger wandte sich wieder seinem Vorgesetzten zu, während Athlet immer noch mit leicht geöffnetem Mund nach obern starrte. „Ich bin hier um euch zu holen, wir brauchen….“

„Achtung!“, mit einem plötzlichen Satz schnellte Pfister von der seitlichen Armplattform auf die einen Meter tiefer liegende Hüftplattform und breitete die Arme aus. Im selben Moment schoss von oben ein Bündel in seine Arme. Der Aufprall war so stark, dass er Pfister von den Füßen riss. Im Versuch nicht von der Plattform zu stürzen entglitt das menschenförmige Bündel seinen Händen. Athlet versuchte einen Träger zu greifen, doch seine Arme griffen ins Leere und er schlug hart auf die Knieplattform, wo er benommen liegen blieb. Geiger war inzwischen auch auf die Hüftplattform gesprungen und barg in seinen starken Armen den leblosen Körper. Antonia Fritz war von der Kopfebene gestürzt.
Ächzend und unter Schock stehend krächzte Kelin in sein Pad: „Kelin hier. Unfall in Wartungsbucht 2C, wir haben zwei Verletzte durch Sturz. Brauchen dringend ärztliche Hilfe. Kelin Ende.“, angestrengt und heftig zitternd machte er sich an den Abstieg.
Stöhnend setzte sich Pfister in diesem Augenblick auf und betrachtete irritiert sein Handgelenk, das in einem unnatürlichen Winkel abstand. Der Schock schien ihn den Schmerz noch nicht spüren zu lassen. Gleichzeitig drängte sich Geigers Stimme in Kelins Kopf. Der Hauptstabsfeldwebel hörte die Hysterie, doch die Botschaft sickerte erst langsam in seine erschütterten Gedanken:
„Hirte, sie atmet nicht! Sie atmet nicht!“
Dann waren auch schon die beiden Sanitäter da und nahmen Geiger die junge Tech aus den kraftvollen Armen. Ohne Zeit dem schluchzenden Geiger eine Sekunde zu widmen, begannen sie mit der Reanimation.

Stoßweise atmend kam Pfister kurze Zeit später zu ihnen auf die Plattform geklettert. Er war grün im Gesicht und spürte mittlerweile augenscheinlich die Schmerzen des zertrümmerten Handgelenks. Trotzdem hatte er nur Augen für die junge Technikerin, die nun intubiert und mit einer Infusion versorgt war. Einer der Sanitäter erstatte einem großgewachsenen Orientalen im Arztkittel Bericht. Der nickte ein paar Mal mürrisch und gab dann seine Anweisungen.
Die beiden verfrachteten, die immer noch bewusstlose Technikerin auf eine Schwebeliege um sie ins Hospital zu bringen. Der Arzt wandte sich zu den drei Technikern. In gebrochenem Deutsch grollte er sie an: „Irgend was nimmt die doch. Bluttest eindeutig. Wenn ihr wusstet ihr mir sagen. Hoffentlich sie wird wieder.“, die dunklen Augen funkelten Kelin an. Dann wandte er sich an Pfister „Gute Arbeit, ohne dich sie wär tot. Ich seh dich in Klinik wegen Hand.“
Er sprach in sein Com und verschwand.


***

Fegefeuer, Lager 2 von Wetzels Drecksbande, Andiron
X: -428,3 Y: -47,70
Peripherie
06. April 3030


Tief im Stollen arbeitete Carol mit ihrem Trupp. Die Luft war extrem heiß und stickig und die Stollen wurden immer enger je weiter sie vordrangen. Noch immer hatten die Frauen keine Idee was die Fremden hier suchten. Carol hegte den verdacht, dass die Fremden bei der Exekution der männlichen Bevölkerung Andirons zu viel Wissen vernichtet hatten. So war es wahrscheinlich unmöglich geworden die komplexen Belüftungsanlagen der tiefliegenden Gruben der Andiron Mining zu Nutzen. Die Ausbeutung des Restmaterials aus den alten Mienen war damit die einzige Möglichkeit überhaupt noch Kapital aus Andiron zu ziehen. Mittlerweile wussten sie auch, dass es sich bei den Fremden um eine Bande aus Peripheriepiraten handelte, die sich Wetzels Drecksbande nannte. In Carol regte sich der bösartige Verdacht, dass sie hier alle verrecken würden, denn die Lebensbedingungen hatten sich keinen Deut verbessert und auch in ihren Bewachern regte sich nach wie vor keinen Funken Barmherzigkeit. Staub bedeckt und heftig schwitzend schleppte Carol das Joch mit zwei Eimern voll mit Schutt in Richtung Eingang. Sie tat damit die Arbeit der meisten Frauen. Sie schleppte Steine aus den Stollen. Auf halbem Weg kam sie an Maria vorbei, die in einer Felsnische kauerte. Neben der grauhaarigen Frau lag ein Besen, um für den unwahrscheinlichen Fall, das sich ein Bewacher so tief in die Mine hinein verirrte, Arbeit vorzutäuschen. Ihre wirkliche Aufgabe war für die gefangenen Frauen jedoch von unschätzbarem Wert. Sie sammelte Informationen über jede noch lebende Frau auf Andiron in ihrem fotografischen Gedächtnis. Wie immer, wenn Carol an ihr vorbeikam, fragte sie: „Hast du was von Kristine gehört?“
„Leider nicht.“, bedauernd zuckte Maria mit den Schultern. „Aber Angelika ist vorbeigekommen. Du weißt schon, die Mutter von Denise, sie ist mit deiner Kristine in einer Klasse. Angelika hat keine Ahnung wo sie ist. Sie ist jedenfalls der festen Überzeugung, dass sie auch nicht hier im Lager ist. Jetzt mach, dass du weiter kommst, sonst fallen wir noch auf.“
Mühsam und bedrückt keine Neuigkeiten von Kristine bekommen zu haben schleppte sich Carol mit ihrem Joch dem Ausgang entgegen.
„Den Rest besprechen wir heute Abend bei uns“, raunte ihr Maria hinterher.

Abgekämpft, hundemüde und nach dem kargen Abendmahl auch hungrig und durstig strömten die Frauen in ihre Baracke. Vor drei Tagen war jede von ihnen auf die eigene Pritsche gekrochen und hatte versucht zu schlafen. Nachdem Maria jedoch die großartige Idee gehabt hatte Informationen über die Verschwundenen zu sammeln, waren sie eine verschworene Gemeinschaft geworden. So versammelten sie sich auch heute um den aus rohen Holzlatten gefertigten Tisch. Die Nacht war wie immer schnell über das Lager hineingebrochen und so saßen die Frauen in der Finsternis und lauschten den Neuigkeiten, die Maria im Flüsterton vortrug:
„Wir haben heute wieder einer Mutter sagen können, dass ihre Tochter hier im Lager ist. Ich denke das ist ein Erfolg, denn sie weiß nun, dass ihre Tochter lebt.. Beunruhigender ist jedoch die Tatsache, dass wir mittlerweile in 21 Fällen mit ziemlicher Sicherheit sagen können, wir vermissen junge Frauen. Ihre Mütter sind hier im Lager, aber die Töchter sind nicht hier. Drei der Mütter sind gemeinsam mit ihren Töchtern von den Banditen aufgegriffen worden. Wir wissen von ihnen, dass sie von ihren Töchtern getrennt wurden. Eine Mutter berichtet, dass einer der Fremden ihr sagte, die Tochter käme ins Eden. Ich muss sicherlich nicht betonen, dass die Vermissten die besonders Hübschen sind. Die meisten können wir auch nicht Frauen nennen. Sie sind aus der Lorant-Schule verschleppt worden. Es sind Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren.“
Auf der Bank neben Carol schnaufte eine Frau erschreckt auf, während Carol die Lippen nur fester aufeinander presste. Unbeirrt fuhr Maria fort:
„Da ist noch eine weitere Sache, die mir Sorgen bereitet. Ich habe heute mit Danielle Kaltenborn gesprochen. Ihr wisst, ihre Tochter war die letzte Miss Andiron. Es hätte nicht ins Bild gepasst, wenn sie gewusst hätte wo ihre Tochter ist. Sie hat mich aber nie nach ihrer Tochter Arabella gefragt. Es gehört nicht unbedingt zu meinen Stärken taktisch vorzugehen, daher habe ich sie gefragt. Sie hatte nicht viel Zeit, sie bringt den wasserhärtenden Beton in den tiefen Stollen. Trotzdem hat sie mir gesagt was los ist. Sie vermisst ihre Tochter nicht. Sie weiß was mit ihr passiert ist. An dem Tag als sie gefangen genommen wurde, war Danielle gemeinsam mit ihr unterwegs. Als die Banditen sie aufgelesen haben hat Arabella sich gewehrt. Sie hat einem der Bastarde den Nothammer aus ihrem Bus über den Schädel gezogen. Sie haben letztendlich drei Mann gebraucht um sie zu bändigen. Sie haben sie mit Kabelbindern gefesselt und ziemlich rüde angefasst. Der Typ, dem sie eins übergezogen hat, wollte Arabella erschießen, doch die anderen haben es verhindert. Dann ist ein glatzköpfiger Typ aufgetaucht und hat gesagt Arabella geht als erste in die Hölle. Zuerst hat Danielle noch gedacht, dass würde ihr zumindest das Leben retten. Als die anderen Männern aber gegrölt haben, wusste sie dass der Glatzkopf ihre Tochter zum Tode verurteilt hatte.“
Am Tisch der Frauen herrschte Schweigen. Stumm wischte sich Carol die heißen Tränen aus dem Gesicht. Sie wusste, dass sie nicht die einzige war die weinte.

Ende Teil 8
***

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Alle Menschen sind Brüder - aber das waren schließlich auch Kain und Abel.
Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker
27.04.2011 12:47 Casper ist offline E-Mail an Casper senden Beiträge von Casper suchen Nehmen Sie Casper in Ihre Freundesliste auf
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Ein Spa in Tharkad Stadt, Tharkad,
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Lyranisches Commonwealth
06. April 3030

Leise plätscherte das Wasser aus dem marmornern Füllhorn der Elfenfigur in der Mitte des Springbrunnens. Alles hier war vollkommen, das warme Licht, das auf die strukturierten Terracottafliesen strahlte und die gedämpfte klassische Musik, die aus überall versteckten Lautsprechern klang und sogar unter Wasser zu vernehmen war. Auch der Duft nach frischen Aprikosen kitzelte Leonie wohlig in der Nase, als sie aus dem angenehm warmen Wasser stieg. Ihre nassen Haare fielen, wie ein dunkler Wasserfall auf ihre nackten Schultern. Dort bildeten sie einen bemerkenswerten Kontrast zu den bunten Ornamenten, die sich vom rechten Schulterblatt über die Schulter zu ihrer rechten Brust zogen. Die Tätowierung war ein Überbleibsel ihrer bewegten Vergangenheit, aber sie war in einem erstklassigen Studio gemacht worden, daher scheute sich Leonie nicht sie zu zeigen. Überhaupt war ihr Körper wieder in einem ansehnlichen Zustand. Leonie hielt es durchaus für angebracht den unbekleideten Körper noch einen Augenblick zur Schau zu tragen, bevor sie den weißen Frottebademantel überzog. Sie genoss es wirklich hier zu sein, in diesem elitären Club. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich wie viel Geld Leutnant Perica wohl angelegt hatte, um sie hier hineinzubringen.

Ihr Blick traf den ihrer Vorgesetzten, die hinter ihr aus dem Wasser stieg. Schnell hüllte Perica sich in den eigenen Bademantel. In diesem Augenblick war Leonie klar, dass der Leutnant ihr mit dem Besuch hier eine Freude machen wollte. Das Verhalten sagte Leonie deutlich, dass Natasha Perica aus eigener Neigung heraus wohl nicht in ein Spa gehen würde. Sei es drum, es sprach für ihre Vorgesetzte, dass sie ihre Untergebene mittlerweile so gut eingeschätzt hatte. Außerdem freute sie sich über die Aufmerksamkeit. Gemeinsam schlenderten sie an dem großen Entspannungsbecken mit seinen zahlreichen Winkeln und Höhlen entlang, um es sich in ihrer privaten Nische auf den großen Rattanliegen bequem zu machen. Eine junge Servicekraft hatte ihnen neue Badelaken über die Liegen gespannt und einen großzügigen Obstkorb auf dem kleinen Beistelltisch zwischen den Liegen zurückgelassen.

„Frau Hoogma, ich muss sie um Rat fragen.“, Natashas Stimme wirkte angespannt und Leonie die gerade dabei war sich wohlig auf der Liege auszustrecken zuckte zusammen. Natasha saß auf der Kante ihrer Liege, das Gesicht Leonie zugewandt. Mit den Fingern zerbröselte sie eine Erdnuss, die sie abwesend aus dem Obstkorb genommen hatte. „Ich weiß einfach nicht mit wem ich sonst sprechen sollte.“
Auch Leonie setzte sich nun auf und nickte ihrer jungen Vorgesetzten aufmunternd zu. Irgendwie hatte sie so etwas schon in den letzten Tagen erwartet, aber erst jetzt schien sich ihr Gegenüber ein Herz gefasst zu haben.
„Ich bekommen einfach keinen Kopf daran.“, fahrig fuhr sich Natasha durch ihre kurzen, vom Bad noch feuchten Haare. „Der Umbau hat den Zeus dramatisch verbessert. Dennoch bleiben meine Leistungsdaten in der Maschine dramatisch hinter dem zurück, was durch das Update zu erreichen gewesen wäre. Wo liegt der Fehler Hoogma, wo liegt mein Fehler?“
Tränen standen in den Augen von Natasha, eine tiefe Verzweiflung hatte sie ergriffen und Leonie Hoogma erkannte, dass ihre Vorgesetzte die Antwort auf die Frage schon kannte. Der Leutnant hatte lediglich Angst die Wahrheit auch auszusprechen.

In der ihr typischen, harmonischen Art erhob sich Leonie von ihrer Liege. Mit einer flüssigen Bewegung schloss sie die Vorhänge vor ihrer Nische. Kurz dachte sie amüsiert darüber nach aus welchen Grund die Vorhänge normalerweise geschlossen wurden und was die anderen Besucher des Spa´s jetzt wohl dachten. Doch der Anlass war zu Ernst und das feine Lächeln verschwand vom Gesicht der kleinen Mechkriegerin im weißen Bademantel als sie sich zu ihrer Kommandantin umwandte. Ganz bewusst hatte sie diese vertraute Atmosphäre geschaffen, denn das folgende Gespräch konnte sie nicht als Untergebene mit einer Vorgesetzten führen. Deshalb hatte der Leutnant sie nicht angesprochen und das war es auch nicht das was der Leutnant im Augenblick brauchte.
„Frau Leutnant, sie haben den Sachverhalt in meinen Augen völlig richtig beschrieben, die Analyse ist absolut fehlerfrei. Die letzten Übungen haben uns weitergebracht. Alle haben wir noch Verbesserungspotential, aber wir dürfen von keinem, sie eingeschlossen, jetzt noch Wunderdinge erwarten.“, Leonie hatte sich zu Natasha auf die Liege gesetzt und sah sie ernst an. Sie erwartete Widerspruch doch im Gesicht ihres Gegenübers war nur der Schmerz der Erkenntnis zu sehen. Leonie kniff kurz die Lippen zusammen und beschloss die Rolle anzunehmen, die ihr das Schicksal zuzudenken schien.

„Natasha“, ganz bewusst fiel sie in das vertraute Du, das ihr eigentlich nicht zustand. „In den letzten zwei Wochen habe ich dich kennengelernt und ich glaube wir sind einander bereits vertraut wie Freunde, obwohl wir es noch nicht ausgesprochen haben. Eine Freundschaft kann auch die Wahrheit ertragen. Natasha, als ehemaliger Offizier kann ich dir sagen: Im Augenblick bist du keine gute Mechpilotin. Als deine Freundin muss ich dir allerdings auch sagen: Du wirst wahrscheinlich auch nie eine richtig gute Mechpilotin werden.“
Stille legte sich über die Nische. Schließlich sah Natasha mit verheulten Augen auf und blickte in die dunklen, so unendlich erfahrenen Augen, ihrer neuen Freundin.
„Das weiß ich doch, Leonie. Aber was qualifiziert mich dann für diese Stelle?“
„Eigentlich müsstest du es schon gemerkt haben.“, die ehemalige Majorin war nicht einmal verwundert. Natasha Perica war in den vergangenen Tagen so sehr damit beschäftigt gewesen ihr eigenes Versagen im Mech zu verdrängen, dass sie den Blick für die Dinge, die sie in der Zwischenzeit erreicht hatte, vollkommen verloren hatte. „Natasha, du bist zwar ein höchstens mittelmäßiger Pilot, aber du zeigst schon jetzt verdammt viele Züge eines guten Kommandanten. Wie lange hast du gebraucht um Brönstett zu durchschauen?“
Natasha nahm eine der Servietten, die mit dem Obst gebracht worden waren, und schnäuzte sich. „Naja, vielleicht drei Tage. Er ist halt intellektuell kein Überflieger, eher das Gegenteil. Aber das wusste ich ja schon aus dem Bericht über ihn. “
„Vielleicht“, gab Leonie zurück und griff sich eine Zitrusfrucht aus dem Korb. „Aber in dem Moment als du ihn wirklich durchschaut hast, hast du ihm nur noch eindeutige Befehle gegeben. Befehle, die selbst ein Gorilla hätte ausführen können. So hast du nicht nur zu einem wertvollen Mitglied im Cockpit gemacht, sondern ihn auch aus seiner Trägheit gerissen. Er muss sich jetzt schließlich mit Taktik beschäftigen.“ Übergangslos wechselte sie zum nächsten Teammitglied und begann die Frucht mit einem Messer in einer mühelosen Bewegung von der harten Schale zu befreien.
„Bei Pflüger hat es ja auch nur zwei Tage länger gedauert. Ihn auf Grund seiner Ausfälle zum Arzt zu schicken, war die einzig richtige Entscheidung. Die Medikation schlägt an und auch seiner körperlichen Verfassung kommt es zu Gute. Erst mit den Medikamenten kann er sich wieder konzentrieren.“
„Ja klar, er schafft jetzt sogar die Trainingsrunde und kann wieder in den Mech zurück.“ Natashas Stimme klang nach wie vor resigniert, aber Leonie hatte den Eindruck, dass in ihren Augen ein Funken Hoffnung glomm. „Aber das würde ich von jedem Kommandanten erwarten, du etwa nicht Leonie?“
„Das ist ja genau der Punkt, der den schlechten vom guten Kommandanten unterscheidet.“, Leonie genehmigte sich das erste Viertel ihrer Frucht. „Den schlechten Kommandanten interessiert nur, dass der Soldat in seiner Maschine funktioniert. Pflüger konnte man viel anlasten, aber im Mech hat er immer funktioniert. Aber das war dir egal, du willst ihn als vollwertiges Mitglied deiner Einheit. Ich denke das unterscheidet dich von einem schlechten Kommandanten. Meinst du nicht?“
„Kann schon sein.“ Natasha fasste wieder ein wenig Mut.
Ok, du bist immer noch nicht überzeugt, also gebe ich dir ein letztes Beispiel.“, Leonie hatte sich wieder auf ihre Liege zurückgezogen. Wohlig räkelte sie sich auf ihrem Badelaken. „Nur ein guter Kommandant würde einem schwarzen Schaf wie mir noch einmal eine Chance geben. Ich gebe zu, ich bin dir zugeteilt worden, aber du hast mir auch persönlich aufgeholfen und eines kann ich dir versprechen: Ich werde für sie durchs Feuer gehen Frau Leutnant.“
In diesem Moment aktivierte sich Natashas Compad mit einer Überrang-Nachricht. Ihre Zeit auf Tharkad lief ab.

***

Eden, Lager 1 von Wetzels Drecksbande, Andiron
X: -428,3 Y: -47,70
Peripherie
06. April 3030

„Kris, verkauf mich nich für dumm. Ich bin elf.“, trotzig stemmte die kleine Melina die Hände in die Hüften. „Du musst mir nix vorspielen. Ich weiß, dass der Glatzkopf nich kommt um mit dir zu reden.“
Kristine sah die störrische Elfjährige liebevoll an. Sie hatte sie vom ersten Moment an in ihr Herz geschlossen und würde alles für sie tun. Im selben Augenblick durchlief die nächste Welle des stechenden Schmerzes ihren Unterleib. In der letzten Nacht hatte Wetzel sie brutal gequält, um seine angestaute Wut über die schlechten Fördermengen heimischen andironischen Erzes abzureagieren. Kristine hatte ihn gewähren lassen, denn sie wusste dass sie Wetzel nur mit dem eigenen Körper von der zierlichen rothaarigen Melina ablenken konnte. Stöhnend krümmte sich Kristine zusammen, kalter Schweiß sammelte sich auf ihrer Stirn.

Nachdem Wetzel sie in der Nacht verlassen hatte, war sie kaum noch zu der Tür gekommen, hinter der sie Melina versteckt hatte. Auf allen Vieren kriechend hatte sie sich zum Bett zurückgeschleppt und dort das Bewusstsein verloren. Melina hatte sie mit dem schmutzigen Bettlaken zudecken wollen und dabei die stark blutenden Verletzungen bemerkt. Kurz überkam das Mädchen die Übelkeit, hatte sie sich doch vor Blut immer geekelt. Doch die Tatsache, dass Kris, die ihr immer beigestanden hatte ihre Hilfe brauchte, gab ihr den Schub den Schock zu überwinden. Sie hatte ein Glas des kostbaren Wassers aus der Flasche abgezweigt und damit die Verletzungen des anderen Mädchens gereinigt. Ein Stück des Bettlakens hatte sie mit Wasser gesäubert und daraus einen Verband gefertigt. Schon vorher hatte Melina, die zwar jung aber nicht naiv war, geahnt was in dem Zimmer vor sich ging. Sie wusste was dort in den Stunden passierte, in denen Kristine sie einsperrte. Sie hatte Sexualität bislang für etwas unanständiges aber auch etwas Spannendes gehalten. Die letzten Tage hatten ihr ein verstörend neues Bild davon geliefert, zu was Menschen in der Lage waren.

Die ganze Nacht hatte sie am Bett der Vierzehnjährigen gewacht und verängstigt bemerkt, dass das Fieber stieg. Kristine war ihr Halt geworden in diesen unwägbaren Tagen. Sie wollte sie nicht verlieren. Sie musste jetzt für Kristine einstehen. Als das schwarzgelockte Mädchen am Morgen schließlich aus der Bewusstlosigkeit erwachte, hatte sie dies auch gesagt. Kristine, obwohl sie sehr schwach war und große Schmerzen hatte, reagierte heftig. Doch Melina war standhaft geblieben:
„Der macht so schmutzige Sachen mit dir und tut dir echt weh Kris. Das is nich okay.“
„Ne, okay ist es nicht Melina.“, Kristine war tief berührt von der Zuneigung, die das kleinere Mädchen ihr gegenüber empfand. Von heftigem Schüttelfrost geplagt fuhr sie fort. „Wir haben aber keine Wahl. Wenn wir nich tun was er sacht, dann macht er noch Schlimmeres mit uns Melina.“
„Gut, aber dann bin ich heut Abend dran.“, stellte Melina resolut klar.
„Kommt nicht in Frage Melina. Du kannst dir nicht vorstellen, was er mit dir macht. Das willst du nicht erleben.“, diesmal schauderte Kristine nicht nur wegen des Fiebers.
„Kris nur zwei Dinge. Ich bin elf, ich kann das.“, fuhr Melina wenig überzeugt dazwischen. Fahrig strich sie sich mit der Hand durch die kurzen Haare. „Außerdem kannst du heute nix tun, auch nich das eklige Zeug, was der Glatzkopf will. Du bis krank.“
„Das geht schon Melina, ich muss mich nur n bisschen zu Recht machen. Dann krieg ich das hin.“, Kristine war davon zwar selbst nicht überzeugt, aber es ging nicht anders. „Hilf mir mal ins Bad Melina.“
Schwankend stand Kristine vom Bett auf und schaffte es mit der Hilfe von Melina tatsächlich in das Bad. Schwer atmend hielt sie sich an dem nicht funktionierenden Waschbecken fest als Melina die Tür von Außen schloss und den Schlüssel drehte. Träge und von den Schmerzen gepeinigt drehte sich Kristine um und klopfte kraftlos an die Tür:
„Melina, was soll das. Mach sofort die Tür auf.“
„Mach ich nich. Ich hab das genau geplant.“, Melinas Stimme hatte einen leicht hysterischen Unterton angenommen. „Ich hab dir zwei Decken und n Kissen hingelegt. Du brauchs Ruhe. An der Wunde kanns du sterben. Ich will nich, dass du stirbst.“
„Mach auf Melina.“, Kristine klopfte noch einmal heftig an die Tür, merkte aber wie ihr schwindlig wurde. „du has keine Ahnung worauf du dich da einlässt.“
„Das is mir egal Kris. Du legs dich jetz hin. Morgen lass ich dich wieder raus.“
Resigniert und schwach sank Kristine auf der Decke zusammen. Verzweifelt fragte sie sich, warum Melina das tat, als sie erneut die Bewusstlosigkeit umfing.

Als sie aufwachte hörte sie Melina schreien. Hilflos und in Agonie schrie das kleine Mädchen sich die Seele aus dem Leib. Dieser Schrei, der schließlich in ein vezweifeltes Wimmern überging, würde Kristine ein Leben lang verfolgen. Sie spürte ihren eigenen Körper nicht, als sie aufsprang und die Schulter gegen die Tür rammte. Im zweiten Anlauf gab der spröde Türstock nach und Kristine stürzte über die fallende Tür in das Zimmer. Im selben Augenblick war Wetzel jedoch schon vom Bett aufgesprungen. An den schwarzen, lockigen Haare riss er die Vierzehnjährige rüde auf die Beine.
„Denk nicht im Traum daran dich hier einzumischen, Mädchen. Deine Zeit hier ist vorbei.“
An den Haaren zog er sie zur Tür des Containers und warf sie wie einen alten Müllsack nach draußen. Kristine erahnte noch das zitternde, rothaarige Bündel als sie auf die ins Schloss fallende Tür zurückblickte.

Ende Teil 9

***

__________________
Alle Menschen sind Brüder - aber das waren schließlich auch Kain und Abel.
Hans Casper, dt. Hörspielautor, Lyriker u. Satiriker
13.05.2011 14:12 Casper ist offline E-Mail an Casper senden Beiträge von Casper suchen Nehmen Sie Casper in Ihre Freundesliste auf
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Krankenstation der Graf-Dillenburg-Kaserne, Tharkad,
X: -215,94 Y:152,83
Lyranisches Commonwealth
06. April 3030

„Was ist passiert Hirte?“, mit eiligen Schritten stürmte Leutnant Perica an Leonie Hoogma vorbei auf den Hauptstabsfeldwebel zu. Der kauerte zusammengesunken auf dem einzigen Stuhl vor der Krankenstation und wartete auf Nachricht von Antonia Fritz. „Wir sind sofort hergekommen, als wir die Nachricht bekommen haben.“
Haakem Nasser, der lockenköpfige Tech, und Constantin Geiger umrahmten den Mastertech wie zwei unnachgiebige Leibwächter, doch ihre gesichter sprachen dem Hohn. In ihren Augen waren die Furcht und der Schrecken des Erlebten zu sehen. Einzig der Hauptgefreite Stanzel, der ebenfalls ein Auge auf seinen Vorgesetzten hielt, wirkte halbwegs gefasst.
Mühsam und heftig zitternd wandte sich Kelin der jungen Offizierin zu. „Sie ist gestürzt. Ich weiß doch auch nicht.“, müde verbarg er sein Gesicht in den faltigen und mit Öl verschmierte Händen.
Stanzel legte sachte die Hand auf die Schulter seines Vorgesetzten und übernahm für ihn. „Laut dem vorläufgen Bericht Frau Leutnant, hat die Toni ein Schwächanfall gehabt und is dann von der Kopfplattform sechs Meter abgestürzt. Der Pfister hier hat sie aufgefangen, sonst wär sie jetzt tot. Pfister wird im Augenblick operiert, die Prognose für seine Hand ist noch unklar.“
„Wie ist der Zustand von Tech Fritz im Augenblick?“, fragte Natasha nervös. Das Drama um die fast Gleichaltrige hämmerte in ihrem Kopf.
„Stabil, aber immer noch ohne Bewusstsein, Frau Leutnant.“, entgegnete der vollbärtige Tech und kratzte sich verlegen am Kragen seines Skirollis.
„Gut.“, Natashas Kinn schoss vor und sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen, um nichts zu vergessen. Leonie hatte sie schon auf der Fahrt informiert. Diesen Vorteil galt es zu nutzen, vereinfachten die Geschehnisse im Mechhanger ihre weiteren Planungen doch nicht.
„Leonie, du kümmerst dich um Fritz und Pfister, wir brauchen sie und werden keinen Ersatz bekommen. Nasser und Geiger, sie begleiten den Hauptstabsfeldwebel in sein Quartier. Lassen sie sich vorher noch ein Beruhigungsmittel für ihn mitgeben.“
Die beiden Techs nickten dem jungen Leutnant zu und Geiger half seinem Vorgesetzten auf die Beine. Abwesend trottete der älteren Mann mit den beiden Techs aus der Krankenstation. Natasha nickte Leonie kurz zu und sah der Mechkriegerin hinterher, als diese tief Luft holte und auf die Krankenstation stürmte. Ein wenig hatte Natasha den Eindruck Leonie würde auf einen Tauchgang mit einem gefährlichen Hai gehen.

***

Leonie hatte noch nicht einmal ausgeatmet, als sie dem Mann, den sie schon lange nicht mehr gesehen hatte den sie aber noch viel länger kannte, in die Arme lief. Als Fattih Rasheed sie erblickte verdunkelten sich seine tiefbraunen Augen und er blaffte sie übergangslos an: „Was du hier tun auf meiner Krankenstation.“
Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen, aber befehlsgewohntem Unterton in der Stimme grollte Leonie zurück: „Ebenfalls sehr erfreut dich wiederzusehen Dr. Rasheed, oder darf ich wieder Fattih sagen.“, Herausforderung lag in ihrem Blick. „Leutnant Perica schickt mich. Ich soll mich nach dem Befinden von Antonia Fritz erkundigen.“
„Schlecht es ihr geht Leonie. Sie gestürzt sechs Meter, was du denken.“, erwiderte der Arzt ungleich freundlicher und stützte sich auf einem Rollwagen ab, auf dem verschiedene diagnostische Geräte standen. „Ich sie verlegen in Tharkad Central, denn sie nicht nur gestürzt. Sie auch krank. Essen, Kotzen, Essen, Kotzen.“, der großgewachsene Orientale raufte sich seine dunklen Haare. „Sie Pillen genommen, damit sie kann arbeiten. Ich ihr nicht helfen hier. Ich hier haben Geräte für Kampfverletzungen und Knochenrüche wie bei diesem Pfister. Mit Glück sein Handgelenk wird wieder. Braucht aber mindestens zwei Monate. Bei dem Mädchen kann ich Sturzverletzungen behandeln, aber Kopfproblem braucht Spezialisten. Das geht hier nicht.“, mit einer Geste wies er auf seine Krankenstation.
„Ich glaube du hast schon unter viel schlechteren Bedingungen gearbeitet Fattih.“, Leonie blickte sich spöttisch um. „Außerdem kannst du sie auf dem Union weiterbehandeln, der uns Morgen abholt.“
„Das nicht gehen Leonie, sie muss in Spezial-Klinik.“, die dunklen Augen der Beiden begegneten sich und Dr. Fattih Rasheed erkannte, dass es der kleinen Mechkriegerin bitter ernst war.
„Fattih, wir können uns nicht erlauben auf einen Tech zu verzichten. Wir bekommen bis Morgen keinen Ersatz, schon gar keinen, der den Ansprüchen vom Hirten genügt. Wir brauchen sie. Nicht Morgen, aber langfristig geht es nicht anders. Wir werden so schnell nicht mehr an neue Leute kommen.“
„Ich protestiere, ihr sie richtet zu Grunde so. Aber da wart ihr Militärmenschen ja schon immer gut.“, wütende Falten zogen tiefe Linien in sein dunkles Gesicht, aber seine Schultern zuckten resignierend. „Ich mach was geht. Auf enge Raum von Landungsschiff wir sie auch besser beobachten. Aber ich nicht Verantwortung übernehmen für ihr Kopfproblem. Du jemanden finden, der Verantwortung hat für Mädchen, klar?“. Rasheed starrte sie noch einmal finster an, dann schloss er sie in die Arme. „Lange her Leonie.“
„Und vorbei, Fattih“, Leonies Augen waren wieder hart, als sie sich von ihm losmachte.

***

Währenddessen standen sich Natasha Perica und Josef Stanzel auf dem Flur vor der Krankenstation gegenüber. Ernst blickte der Hauptgefreiten den jungen Leutnant an. Natasha war nervös, aber sie nahm sich ein Herz: „Herr Hauptgefreiter, wir haben nicht mehr viel Zeit. Um genau zu sein noch 24 Stunden, dann reisen wir ab. Antonia Fritz und Tyrome Pfister sind beim Doktor hoffentlich in guten Händen, der Mastertech bereitet mir im Augenblick mehr Sorgen. Ich lege die Techtruppe für den Augenblick daher in ihre Hände. Wenn es irgendetwas gibt, was dem Feldwebel hilft, so ermächtige ich sie die nötigen Maßnahmen zu ergreifen. Verstanden?“
„Jawohl Frau Leutnant.“, Stanzel schlug, von der Geschäftsmäßigkeit überrascht, die Hacken zusammen.
Natasha holte tief Luft, bevor sie fortfuhr. Der Themenwechsel erschien ihr unangemessen, aber ihnen lief die Zeit davon
„Des Weiteren habe ich mit Frau Hoogma über die Modifikationen des Donnerkeils gesprochen. Sie sagte mir, dass der Mastertech und sie eine Sprungdüsenvariante bevorzugen, sie aber nicht realisieren. Können sie mir das erklären?“
„Joa, wissen Sie Frau Leutnant. Wir haben einfach keine Anderson Propulsion 21 im Bestand.“, antwortete Stanzel und strich sich verlegen durch den Bart. Als Natasha ihn fragend ansah, erklärte er ihr den Sachverhalt genauer. Im Prinzip schien er froh, einen Augenblick nicht an das Unglück denken zu müssen. „Das sind die Düsen von einem Katapult und eigentlich die einzigen, die wir für den Donnerkeil brauchen könn. Der Meister hat zwar welche in der Bestandsliste gefunden. Er hats aber nicht kriegt.“
„Wollen sie damit sagen, es gibt die Düsen, aber einer sitzt drauf?“, Natasha fühlte sich bösartig an ihren Vater erinnert.
„Ja, so könnt mans sagn.“, Stanzel zuckte resigniert mit den Schultern.
„Wie heißt der Kerl?“, angriffslustig fletschte Natasha die Zähne.

***

Zentrales Beschaffungsamt der 3. Flotte, Tharkad,
X: -215,94 Y:152,83
Lyranisches Commonwealth
07. April 3030

Der junge Attache im Grade eines Fähnrichs der Flotte war bemüht möglichst unsichtbar zu arbeiten. Am Morgen war Oberstleutnant Sassenhoff, der sich in seinem Büro am großen Schreibtisch niedergelassen hatte, einfach ungenießbar. Den Rest des Tages kam Fähnrich Ding gut mit seinem Vorgesetzten zurecht, er hatte aber schnell begriffen, dass am Morgen alles seinen gewohnten Gang zu gehen hatte.
Ding hatte die Kanne Kaffee bereitgestellt und auch die Gemüseplatte stand an ihrem Platz. Die Scheibenverdunklung im Büro des Oberstleutnants war auf die gewünschten 40% Transmission eingestellt. Daher war der Fähnrich guter Hoffnung, dass er den Morgen ohne Rüge hinter sich bringen würde. Er hätte es besser wissen müssen, als ein weiblicher Leutnant der Spezialkräfte in das Büro trat.

Natasha war vorbereitet. Das war ihr Terrain, hier gab es keine Nervosität. Ein solches Gespräch ließ sich planen. Sie setzte ein gewinnendes Lächeln auf und sah den jungen Fähnrich mit den mandelförmigen Augen und dem braunen, modischen Kurzhaarschnitt direkt an:
„Guten Morgen Fähnrich Ding, mein Name ist Leutnant Perica, ich leite die I. lyranische Testgruppe der Inneren Sphäre. Sie können mir sicher ein Gespräch mit Oberstleutnant Sassenhof vermitteln.“
„Freut mich sie kennenzulernen, Leutnant.“, Ding wirkte sichtlich geschmeichelt, dass dieser Leutnant ihn mit Namen angesprochen hatte und nicht wie ein sächliches Anhängsel von Sassenhoff behandelte. Andererseits wusste er auch, dass es einem Tanz auf dem Vulkan gleichkam, Sassenhoff jetzt einen Besucher zu präsentieren. Darum entgegnete er ihr mit einem aufrichtigen Lächeln:
„Bitte reichen Sie doch bitte den Vordruck 1387/1268 in doppelter Ausführung ein. In ihm legen sie den Grund ihres Besuches da. Ich versichere ihnen, ich werde ihren Antrag bevorzugt bearbeiten.“
„Da bin ich absolut sicher, Fähnrich.“, Natasha blickte den Attache ruhig an. „Aus diesem Grund habe ich den Vordruck bereits ausgefüllt, und wenn ich es recht sehe könnten sie ihn doch direkt bearbeiten. Ich war so frei und habe das Datum von heute als Termin für die Besprechung eingetragen. Für die Uhrzeit könnten wir doch“, sie sah kurz auf ihren Chrono. Er zeigte 08:04h. „sagen wir 0800 eintrage. Dann bin ich ein wenig zu spät und ihr Oberstleutnant wird mich dafür zerlegen und sie haben ihre Ruhe.“
Fähnrich Ding war überrumpelt, aber der Vorschlag des Leutnants schien ihm annehmbar. Das Vorgehen sollte die schlimmsten Ausbrüche von Sassenhoff auf den Leutnant lenken. Außerdem fand er sie einfach sympathisch. „In Ordnung Leutnant, weil sie es sind.“

Er ging zu der großen doppelflügligen Holzür, die das Vorzimmer mit dem Büro verband. Zaghaft klopfte er an, öffnete den einen Flügel der Tür, streckte seinen Kopf hinein und meldete: „Herr Oberstleutnant, ihr 0800 Termin ist jetzt da. Leutnant Perica von der I. lyranischen Testgruppe der inneren Sphäre.“
„Für 0800 terminiert. Wir haben doch schon 0805.“, antwortete eine Baritonstimme gereizt. „Schicken sie ihn rein und sagen sie ihm er hat noch 10 Minuten. Außerdem habe ich keine Meldung über diese Besprechung in meinem Rechner Fähnrich. Sorgen sie dafür, dass sich eine solche Schlamperei nicht wiederholt.“
Ding winkte Natasha kurz zu und öffnete die Tür ein Stück weiter. Natasha betrat den Raum und kam sich vor als ob sie in eine andere Welt treten würde. In den Erzählungen ihres Urgroßvaters hatte sie von den Kapitänskajüten der niederländischen Handelsfahrer gehört. Das Büro von Oberstleutnant Sassenhoff glich ihrer kindlichen Vorstellung einer solchen Kajüte sehr. Freilich sagte ihr Intellekt, dass das Büro viel größer war als eine Schiffskajüte. Andererseits ließ die verzerrte Wahrnehmung eines Kindes Räume größer erscheinen als sie eigentlich waren. So war es dann auch mit diesem Büro und der Kajüte aus der Kindheit: Zehn Schritte bis zum Schreibtisch!

Natasha legte den Weg gemessen zurück und ließ das Interieur auf sich wirken, während Fähnrich Ding leise hinter ihr die Tür schloss. Der Oberstleutnant hatte einen exquisiten Geschmack für Altes und Teures und er zeigte ihn auch. Eine komplette Wand wurde von einem doppelstöckigen Bücherregal aus dunklem Mahagoni eingenommen, in dem sich ein in Leder gebundener Wälzer an den Nächsten reihte. Eine Gleitleiter aus poliertem Messing ermöglichte den Zugang zur zweiten Ebene. Auf dem großen Besprechungstisch, der mit edlen Wurzelholzintarsien verziert war, stand ein imposantes historisches Modell des Solsystems mit allen Planeten und Monden. Der Schreibtisch war schließlich ebenso groß wie beeindruckend und aus dunklem Holz gearbeitet, mit zahlreichen geschnitzten allegorischen Figuren versehen. Hinter diesem Schreibtisch trohnte der Oberstleutnant in einer frischgestärkten Ausgehuniform. Natasha nahm Haltung an und salutierte förmlich, das Kinn vorgereckt. Die Einschätzung der Lage war einfach. Ein absoluter Herrscher, oben links im Quadrat nach Jung, eher rational aber extrovertiert. Das sollte nicht so schwierig werden.
„Leutnant Perica von der I. lyranischen Testgruppe der Inneren Sphäre, ich habe gemäß Formblatt 1387/1268 um eine Besprechung mit ihnen ersucht.“
Sassenhoff blickte suchend auf seinem überdimensionierten Bildschirm umher, um den entsprechenden Eintrag zu finden. Naturgemäß fand er ihn nicht und Natasha gönnte ihm keine Verschnaufpause:„Bevor ich allerdings auf mein Anliegen zu sprechen komme, muss ich sie etwas fragen, Herr Oberstsleutnant.“
„Sie haben noch neun Minuten, Frau Leutnant.“, gab dieser übellaunig zurück und strich ein imaginäres Stäubchen vom rechten Ärmel seiner Uniform.
„Mich interessiert Herr Oberstleutnant“, fuhr Natasha unbeirrt fort. „Wie ist ihr Amt aufgebaut?“

Verwirrt blickte Sassenhoff sein Gegenüber zum ersten Mal wirklich an. So etwas war er noch nie gefragt worden. Ungleich freundlicher erwiderte er daher: „Eine sehr gute Frage Frau Leutnant. Unser Amt unterteilt sich in drei Hauptabteilungen, die sich wiederum jeweils in vier Unterabteilungen mit den einzelnen Ressorts untergliedern. Da wären zunächst die sogenannten Sucher…“
Innerhalb der nächsten zehn Minuten entwarf Sassenhoff ein ausführliches, wenn auch verworrenes Bild seines Amtes. Immer wieder bat ihn Natasha den einen oder anderen Punkt näher zu erläutern. Eine Bitte, der Sassenhoff nur zu gerne nachkam.
„Ja Frau Leutnant, haben sie noch Fragen?“, endete er schließlich und sah Natasha erwartungsvoll an.
„Da wäre in der Tat noch etwas, Herr Oberstleutnant.“, innerlich grinste Natasha, ihre Fassade zeigte aber keinen Riss. Die antrainierte Professionalität behielt die Oberhand und sagte Natasha, dass der Kampf gewonnen war. „Mich würde interessieren, was sie von einem perfekten Antragsteller erwarten?“
„Das wird dann aber länger dauern Frau Leutnant.“ Sassenhoff lachte befreit auf und sprach dann kurz in sein Com. „Fähnrich, verschieben sie alle Termine um zwei Stunden. Um auf ihre Frage zurückzukommen Leutnant an erster Stelle ist das korrekte Einhalten der Formalitäten zu nennen.“ Im Verlauf der nächsten Stunde redete sich Sassenhoff mehr und mehr den angestauten Frust von der Seele. Viele Antragsteller stellten seiner Meinung nach einfach ungenaue, überzogene oder einfach überhaupt nicht fundierte Anträge. Natasha hörte nur zu. Sie warf gelegentlich eine vertiefende Frage ein, wenn Sassenhoff einmal stockte.
„Sie sind wirklich eine angenehme Gesprächspartnerin Frau Leutnant. Man kann anregend mit ihnen diskutieren. Wir sollten das wiederholen, meinen sie nicht?“, stellte er abschließend fest.
Natascha nickte und dachte kurz über das von Sassenhoff verwandte Wort plaudern und die verzerrte Wahrnehmung von Gesprächsanteilen nach.

„Was war eigentlich der Grund für ihren Termin?“, mit dieser Frage kehrte Sassenhoff in die Realität zurück.
„Ah, gar nicht wichtig Herr Oberstleutnant. Ich wollte sie nur um die Freigabe der Anderson Propulsion 21 bitten. Wie sie ja richtig erwähnten ist dabei die Einhaltung der Formalitäten von oberster Priorität. Ich werde daher unseren Lageristen Obergefreiten Constantin Geiger anweisen, den LKW mit den ausgefüllten Formularen anliefern zu lassen. Damit sie nicht ihre Abteilung 3.4, Ressort Logistik bemühen müssen, werde ich meine Techs bitten die Formulare direkt in ihr Büro zu bringen. Wir haben uns erlaubt für die Anträge ausnahmsweise auf Papier zurückzugreifen.“
Sassenhoff lachte herzlich auf und hob abwehrend die perfekt manikürten Hände. „Sie sind wirklich eine Marke Leutnant. Sie kriegen ihre Düsen, nur abholen müssen sie selbst. Und Bitte, halten sie mir das Papier vom Leib.“
„Abgemacht Oberstleutnant.“ Natasha bot Sassenhoff die Hand und dieser schlug ein.

Ende Teil 10
***

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18.07.2011 15:57 Casper ist offline E-Mail an Casper senden Beiträge von Casper suchen Nehmen Sie Casper in Ihre Freundesliste auf
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