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Ace Kaiser Ace Kaiser ist männlich
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Themenstarter Thema begonnen von Ace Kaiser
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14.
Am späten Nachmittag des Tages der Abreise der Konoha-Ninjas traf ein prominenter Vertreter der gleichen Ninja-Stadt ein. Ein Clan-Chef, ein Ratsherr, ein herausragender Ninja. Shikaku Nara.
Er wurde im kleinen Kreis empfangen. Nur Hanako Yodama, Karin Akimichi, Hassin und Khal erwarteten ihn.
Mit steinerner Miene musterte der Herr des Nara-Clans die Angetretenen. "Es ist also passiert", sagte er anstelle einer Begrüßung.
Hanako nickte zögerlich. "Ja, Onkel Shikaku. Es ist passiert. Und beinahe hätte er etwas gemerkt."
"Aber das ist doch großartig. Dann werden endlich auch die letzten Gerüchte verstummen, die Yuria immer unterstellen, Mamoru könnte eventuell doch nicht von Kenshiro sein. Wie hat es sich geäußert?"
Karin lächelte verlegen. "Als Mamoru gehen wollte, hat Akira-chan ihn mit Hilfe der Nara-Schattenkunst gestoppt. Du kannst dir nicht vorstellen, wie wir uns erschrocken haben, Onkel Shikaku. Zweimal musste ich sein Jutsu auflösen. Danach hat der Kleine eine Stunde geschmollt."
"Hm." Nachdenklich rieb sich der Nara das Kinn. "Gibt es einen besonderen Grund dafür, das er Mamoru nicht hatte gehen lassen wollen?"
"Und dafür, das er Mamo-chan Papa genannt hat?", hakte Hassin nach.
Die beiden Mädchen drucksten verlegen und sahen zu Boden. "Nun. Maria hat Aki-chan wohl ein Foto von ihm gezeigt, und ihm erklärt, dass das sein Papa ist", sagte Hanako in entschuldigendem Tonfall.
Shikaku Nara musterte die Frauen mit strengem Blick. "Und das Foto hat sie wie bekommen?"
"Wir haben es mitgebracht", gestand Karin. "Aber es konnte ja auch keiner wissen, dass er ausgerechnet hierher kommt, ohne sich anzukündigen. Zum Glück ist Khal in die Bresche gesprungen und hat sich als Vater ausgegeben."
Shikaku sah den riesigen Ninja an. "Und das hat er geglaubt?"
Khal grinste schief. "Ich kann sehr überzeugend sein, wenn ich will."
"Gut. Soviel dazu. Bringt mich zu ihm."
"Hier entlang, bitte, Nara-tono", sagte Hassin, und ging voran.

Während sie in Richtung von Marias Haus gingen, brummte Shikaku, wer weiß zum wievielten Male: "Warum um alles in der Welt wollt Ihr Akiras Existenz unbedingt vor Mamoru verheimlichen? Sicher, mit sechzehn ist er etwas jung dafür, um ein Kind aufzuziehen, aber das steht doch auch gar nicht zur Debatte, oder?"
"Es...", stammelte Karin, "es ist etwas komplizierter."
"So? Ich habe Zeit."
Hanako wischte sich flüchtig den Schweiß von der Stirn. "Da ist zum Beispiel Maria. Mamo-chan hasst sie, und sie hat Angst, das er sein eigenes Kind auch hasst, nur weil es von ihr ist."
"Was für ein Schwachsinn."
"Mag ja sein, dass es Schwachsinn ist. Und sie hat ja auch nicht ewig vor, Aki-chan vor Mamo-chan zu verheimlichen. Nur ein paar Jahre, bis etwas Gras über die Oto-Sache gewachsen ist", erklärte Karin. "Und dann ist da noch die andere Geschichte."
"Welche andere Geschichte?", fragte der Nara.
"Daran sind wohl wir schuld", murmelte Hanako fast unhörbar.
Shikaku schnaubte amüsiert. "Oh, ich ahne übles. Was also habt Ihr getan, in eurer grenzenlosen Eifersucht?"
Die beiden Mädchen sahen betreten zu Boden, und sagten lange Zeit kein einziges Wort.
"Volltreffer, nehme ich an", sagte Shikaku, und für einen Augenblick amüsierte ihn diese doch sehr ernste Situation.
"Wir...", begann Karin leise, "...wir dachten halt, da Mamo-chan Maria hasst... Ich meine, sie hat ein Kind von ihm. Das haben sie gemacht als er glaubte, sie wäre seine Geliebte. Wenn sie jetzt mit dem Kind kommt, und an die Gefühle von damals appelliert, dann hat sie einen unfairen Vorteil, finde ich. Und Hanako sieht das auch so. Und P-chan ebenso."
"Moment mal, ihr habt Maria VERBOTEN, Mamoru die Wahrheit zu sagen?", rief Shikaku entsetzt.
"N-nicht verboten", verteidigte Hanako sich und Karin. "Sie hatte selbst keinerlei Hoffnung, dass Mamo-chan Aki-chan anerkennen würde. Wir haben ihr den Vorschlag einfach nie gemacht. Wir haben das immer ausgespart für den Tag, an dem Mamo-chan ihr vergeben kann, dass sie Katou getötet hat."
"So, wie ich ihr vergeben habe", murmelte Karin.
"Und bis zu diesem Tag kümmern wir uns gemeinsam um Aki-chan. Ich meine, er ist Mamorus Sohn."
Shikaku legte eine Hand an die Stirn und schüttelte seinen plötzlich schwer gewordenen Kopf. "Oh, Ihr selbstsüchtigen kleinen Mädchen."
Die beiden Kunoichi zuckten wie unter einem Schlag zusammen. "Du... Du wirst es Mamo-chan doch nicht sagen?"
"Wie könnte ich, wenn die Mutter wünscht, dass Ihr damit noch etwas wartet? Es ist vollkommen plausibel, noch ein wenig Zeit ins Land gehen zu lassen, damit Mamorus Zorn verraucht. Aber ich denke, dieser Tag ist nicht mehr allzu fern. Sein Besuch hier in Getsugakure hat sicherlich einiges von seiner Wut genommen."
"Ja, das hat er", sagte Hassin. "Er hat Aki-chan sehr gut kennen gelernt, und sich auch selbst um ihn gekümmert. Wenn du meine Meinung als Vater hören willst, Nara-tono, dann sollten diese drei Frauen sich nicht mehr allzu viel Zeit lassen, solange Mamoru positive Gefühle für Aki-chan hat."
Nun sahen die Mädchen erst Recht betrübt zu Boden. Selten hatte Shikaku so niedergeschlagene Kunoichi gesehen. Kunststück, wenn alles, was sie gesagt und gedacht hatten, von anderen als falsch auseinander genommen wurde.
"Hier ist es", sagte Hassin, und öffnete die Tür.

Hassins Frau Padme empfing sie. "Nara-sama", sagte sie, und nickte den Konoha-Nin freundlich zu. "Ist es normal, dass ein Kleinkind die Schattenkunst anwenden kann, ohne ein Jutsu erlernt zu haben?" Sie reichte ihm Akira.
Shikaku nahm den Jungen auf den Arm, und musterte ihn eingehend. Der fasste das als Einladung auf, und zupfte interessiert an seinem Kinnbart herum.
"Na, du bist aber ein lebendiger kleiner Bursche. Du hast eindeutig Yurias Augen. Und das Gesicht geht recht genau in Richtung Nara." Mit dem kleinen Jungen auf dem Arm setzte er sich auf die Couch. "Nehmt Platz. Ich fürchte, das dauert länger."
Gehorsam setzten sich die Mädchen. Die Getsu-Nins folgten ihrem Beispiel. "Es ist nicht gerade üblich, das ein Kind die Nara-Schattenkunst beherrscht. Ich würde auch nicht behaupten, dass Akira sie beherrscht. Ich denke aber, das er sie auf einer unbewussten Ebene anwenden kann. Ohne Form, ohne besondere Kunst. Einfach nur... anwenden kann."
Er kitzelte den Jungen am Bauch, was diesen erfreut kichern ließ. "Ja, das mögen alle Nara-Jungs."
Sein Blick ging zu den Frauen. "Es kommt selten vor, das ein Nara-Kind so etwas kann. Aber es ist gefährlich. Ein so junger Körper kann dem Jutsu nicht so viel Chakra spenden, wie die Schattenkunst braucht. Wenn wir ihn das Jutsu weiterhin unkontrolliert ausführen lassen, kann er daran sterben."
Erschrocken sprangen Hanako und Karin wieder auf. "Sterben?"
Shikaku lächelte zufrieden, als er die ehrlichen, positiven Gefühle für Mamorus Sohn in ihren Augen las. Ja, das war wohl der Hauptgrund, warum sie hier waren. Nur für Mamorus Kind, wohl eher weniger für Getsugakure oder gar Maria. "Keine Sorge, deshalb bin ich ja hier. Padme-san, von einhundert Kindern kann das vielleicht eines. Es passiert meistens dann, wenn die Schattenkunst eine Generation überspringt. In diesem Fall aber hat sie zwei Generationen übersprungen. Kenshiro, Mamorus Vater, beherrscht die Nara-Kunst ebenfalls nicht. Aber er hatte auch nie Ambitionen, ein Ninja werden zu wollen. Mamoru ist ebenfalls das, was wir einen Aussetzer nennen, und das war schon mehr als ungewöhnlich. Und einer der Gründe dafür, warum die Shinobi unter den Nara Mamorus Karriere aufmerksam verfolgt haben. Beziehungsweise zu Unrecht geglaubt haben, ohne Schattenkunst würde sich Mamoru selbst umbringen." Er griff dem Kleinkind unter die Arme und setzte es auf seinem Schoß um. "Das Ergebnis ist hier. Ein Nachkömmling der Naras, der das Jutsu der Nara auf einem Level beherrschen können wird wie ich oder mein eigener Sohn. Und wir gehören zu den Stärksten im Clan. Allerdings muss er da erst einmal hinkommen."
"Was schlägst du vor, Nara-tono?", fragte Hassin.
"Ich werde sein Chakra versiegeln. Das verhindert, das er sich durch unkontrollierten Gebrauch seiner Kunst zu sehr verausgabt und sich selbst tötet. Wenn er sechs ist, werden wir die Siegel entfernen, und ihm die Grundlagen unserer Kunst beibringen. Allerdings werde ich dann ein zusätzliches Siegel anbringen, das ich jederzeit aktivieren kann."
Hassin und Khal nickten zustimmend. Die Schattenkunst der Nara einem fremden Ort zu überlassen machte nur Sinn, solange beide Ninja-Dörfer Verbündete waren. Es war weitaus humaner, im Falle eines Krieges die Kunst dieses Kindes zu versiegeln, als es zu töten.
"Hana-chan, nimm ihn bitte mal", sagte Shikaku, und reichte ihr das Kind.


Der Nara erhob sich und trat in den Raum hinein. Aus seiner Shuriken-Tasche holte er Kreide hervor. Mit geübtem Griff begann er einen Beschwörungskreis aufzuzeichnen.
"Ich gestatte eure Anwesenheit im Zuge der guten Beziehungen, die Getsugakure und Konohagakure unterhalten", sagte er in Richtung der Getsu-Nin, die mit Interesse die Elemente musterten, die Shikaku für seinen Kreis verwendete.
"Wir werden es nicht gegen Konoha verwenden", versprach Hassin.
"Lügner", sagte der Nara grinsend. Sie wussten beide nur zu genau, dass er es doch tun würde, sollten sie einmal Feinde sein.
"Aber ein guter", erwiderte Hassin, ebenfalls grinsend.
"Gebt mir jetzt Akira", sagte Shikaku.
Zögerlich erhob sich Hanako, den Kleinen auf dem Arm. "Und ihm kann nichts passieren?"
"Er wird danach ein normaleres Kleinkind sein als zuvor", versprach der Clanchef.
Es dauerte trotzdem einige Zeit, bis sich Hanako dazu entschließen konnte, Akira in die Mitte des Bannkreises zu setzen. Der kleine Junge musterte interessiert seine Umgebung. Womöglich ahnte er, das gleich etwas passieren würde.

Der Ratsherr aus Konoha legte beide Hände auf den Kreis, dessen Symbole dabei aufleuchteten. Sie begannen, um Akira als Mittelpunkt zu rotieren. Als eine bestimmte Konstellation erreicht war, setzte Shikaku Nara das Siegel an. "FUIN!"
Der Kreis erlosch, die Kreideschriftzeichen lösten sich vom Boden. Sie flossen auf das Kleinkind zu, krochen an ihm hoch, und verschwanden mit einem letzten Aufglühen in seinem Körper.
Shikaku atmete erleichtert auf. "Gut. Sein Leben hätten wir erst mal gerettet."
"Danke, Onkel Shikaku", sagte Hanako, beeilte sich aber, Akira wieder auf den Arm zu nehmen und zu ihrem Platz auf der Couch zurück zu gehen.
Der Nara grinste. "Nachdem wir das erledigt haben, versprecht mir eines."
"Wenn wir es erfüllen können", sagte Karin gedehnt.
"Sobald Ihr Mamoru diesen ganzen Schlamassel erklären müsst, will ich dabei sein."
"Ich übrigens auch", sagte Hassin todernst. "Und Khal sicherlich auch."
Der Riese lachte. "Vergessen wir Amir nicht. Der wird für sein Leben gerne dabei sein wollen."
Deprimiert sahen die beiden Mädchen in die Runde.
Padme lachte verhalten, bevor sie es mit einem Hüsteln unterdrückte. "Wer den Schaden hat, braucht für den Spott eben nicht zu sorgen", sagte sie würdevoll.
Sie hatte vollkommen Recht.
***
Auch wenn Kabuto Yakushi es nicht zeigte - als er den Raum betrat, in dem sein Meister residierte, verspürte er kreatürliche Angst angesichts seines Versagens.
"Orochimaru-sama, ich bin zurück", sagte er in seinem üblichen, freundlichen Tonfall, der diese Angst überdecken sollte.
"Oh, gut. Du kommst rechtzeitig genug, um einige Fortschritte von Sasuke zu begutachten", erwiderte der ehemalige Sannin. "Er entwickelt sich gut, der kleine Uchiha."
Für einen Moment war Kabuto verwirrt. War Orochimaru-sama etwa noch nicht über das Geschehen im Land der Steine informiert worden?
Kabuto beschloss, konkreter zu werden, anstatt darauf zu hoffen, dass die Niederlage der Aufmerksamkeit seines Meisters entgehen würde. "Orochimaru-sama, ich habe versagt."
Dies erzeugte die erste wirkliche Reaktion des Nukenin. Er sah zu Kabuto herüber, und Erstaunen lag in seinem Blick. "Was? Wobei hast du versagt?"
Nun war Kabuto erst recht verwundert. Er machte eine fahrige Geste, und setzte zu einer Erklärung an. "Nun, ich habe den Stützpunkt im Land der Steine verloren."
"Ach, das." Der große, schwarzhaarige Mann wandte den Blick wieder ab. "Halb so wild."
"Halb so..." Entsetzt schnappte Kabuto nach Luft. "Halb so wild? Orochimaru-sama, ich habe den gesamten Stützpunkt verloren! Ich habe alle unsere Verbündeten in der Stadt verloren! Ich habe die Experimente verloren! Ich habe etliche Versuchsobjekte verloren!"
"Ja, ich weiß. Es ist gut, Kabuto."
"Orochimaru-sama!" Entsetzt eilte er an die Seite seines Meisters. "Ich habe versagt!"
"Und?", fragte Orochimaru ironisch. Er sah seinen Schüler ernst an. "Was erwartest du jetzt, was ich tue?"
Kabuto straffte sich. "Ich erwarte eine nachdrückliche Bestrafung für mein Versagen."
Orochimaru musterte den jungen Mann einige Zeit, bevor er leise zu lachen begann. Aus dem leisen Lachen wurde ein lautes, und daraus ein schallendes Gelächter, das im Raum widerhallte.
Kabutos Verwirrung wuchs. Noch schlimmer, für einen winzigen Moment zweifelte er an der geistigen Zurechnungsfähigkeit seines Meisters. "Orochimaru-sama, ich..."
"Kabuto, Kabuto", tadelte der Nukenin. "Denkst du nicht auch, dass deine Arbeit mir mehr wert ist, als es jeder Stützpunkt sein könnte?"
Überrascht erstarrte der Medi-Nin. So hatte er das noch nicht gesehen. "Aber...", haspelte er hervor, "die Verbündeten! Die Experimente!"
Orochimaru seufzte. "Du machst dir so viele Sorgen darum, angemessen bestraft zu werden, sodass ich mir mehr als bewusst bin, wie sehr du unter dem Geschehenen leidest. Selbst wenn du Strafe verdient hättest, nichts könnte schlimmer sein als diese Selbstkasteiung, die du dir antust, Kabuto."
Orochimaru erhob sich. "Darüber hinaus bist du nicht mit leeren Händen zurückgekommen. Man sagte mir, du hättest die besten acht Ninjas aus dem Labor mitgebracht."
"Ursprünglich waren es neun, aber meine Verfolger haben einen gefangen genommen."
Orochimaru schien ihn gar nicht gehört zu haben. Oder seine Erwiderung interessierte ihn einfach nicht. "Aus diesem Experiment die Essenz mitzubringen, war eine gute Idee. Alleine das hat meine Truppen verstärkt. Die besten acht, die nun Kampferfahrung haben. Ich habe gehört, das es ein schwieriger Rückweg war. Eure Verfolger müssen gut gewesen sein."
Für einen Moment brannte Kabutos Gesichtshaut so heftig, als wäre er wieder in dem Raum im Versteck, Augenblicke nachdem dieser Wahnsinnige sein Dai Endan ausgespien hatte. Zwar hatte er sich mittlerweile selbst geheilt, aber diese Phantomschmerzen würden ihn wohl noch einige Zeit begleiten. "Sie waren sehr hartnäckig."
"Berichte mir von ihnen", verlangte Orochimaru.
"Es waren Kankurou vom Sand, Ratsherr aus Sunagakure, und Mamoru Morikubo, einer der Schüler des Sandaime. Der, der den Kontrakt mit den Affen hält."
"Mit den Affen?" Interessiert sah Orochimaru seinen Gefolgsmann an. "Ah, ich erinnere mich. Man sagt, alles was er kann, ist, Affen zu beschwören und für sich kämpfen zu lassen. Aber das sagen sie zu allen, die Affen beschwören können. Was denkst du?"
"Er hat durchaus Talent. Er ist alleine ins Versteck eingedrungen und hat die Gefangenen befreit. Damit hat er uns von innen heraus besiegt. Dabei bediente er sich dreier Affen, aber..."
"Du hast einen der Affen mit deiner Kunst verletzt", sagte Orochimaru bestimmt. "Einen Hibiki."
Kabuto war überrascht über die Detailgenauigkeit, mit der sein Meister informiert zu sein schien. "Ich kenne seinen Namen nicht. Aber Morikubo nannte ihn Ryoga."
"Eindeutig ein Hibiki. Sein Sohn, nehme ich an", murmelte Orochimaru zu sich selbst. "Wurde er getötet?"
"Nein, Meister. Morikubo hat ihn auf den Affenberg zurück geschickt."
"Dann können wir davon ausgehen, das er noch lebt." Ein kühles Lächeln glitt über Orochimarus Züge. "Du hast Glück gehabt, dass dir so ein Streich gegen einen Affenkrieger gelungen ist. Viele von ihnen können es mit einem Jounin aufnehmen."
"Ich habe so gehandelt, wie ich es in dieser Situation für angemessen gehalten habe", erwiderte Kabuto.
"Zweifellos hast du so dein Leben gerettet." Nachdenklich ging Orochimaru ein paar Schritte. Kabuto folgte ihm.
"Wie viele Affen konnte er zugleich beschwören?"
"Drei, Orochimaru-sama."
"Drei?" Verblüfft sah er wieder herüber. "Das ist nicht schlecht für einen so jungen Shinobi. Er muss gute Chakra-Reserven haben."
"Ja, Orochimaru-sama. Das denke ich auch. Und hartnäckig ist er auch noch."
Der Nukenin nickte zufrieden. "Alleine diese Informationen sind es wert, das wir diesen unsäglichen Stützpunkt losgeworden sind."
"Losgeworden?", fragte Kabuto erstaunt.
Orochimaru seufzte. "Weißt du, Kabuto, die Sache mit der Stadt und dem Versteck stand von vorne herein auf wackligen Füßen. Die Menschen in der Stadt wollten zu schnell zu viel, und in ihrer Arroganz nutzten sie ihre Macht aus. Und das nicht gerade unauffällig. Sie hielten sich für unverwundbar."
"Jetzt wo du es sagst, Orochimaru-sama, sehe ich die Anzeichen dafür auch."
Der Nukenin nickte zustimmend. "Es war schon lange abzusehen, das sich die Stadt diesen Kurs nicht mehr lange würde leisten können. Ihr Hochmut hatte längst die Behörden alarmiert, und ich habe schon vor langer Zeit begonnen, den Stützpunkt zurückzubauen und in den Labors falsche Fährten zu legen. Weißt du, wenn die Shinobi der fünf großen Nationen nicht ab und an einen meiner Stützpunkte finden, suchen sie zu intensiv nach den anderen, die wirklich wichtig sind. Und deren Verlust würde mich sehr treffen."
"I-ich verstehe, Orochimaru-sama", sagte Kabuto, meinte aber doch das Gegenteil. Hatte Orochimaru tatsächlich vorgehabt... Den Stützpunkt im Land der Steine zu opfern? Dann hatte er die Dinge nur unwesentlich beschleunigt.
"Du hast nichts falsch gemacht, Kabuto. Du bist mit wichtigen Informationen zurückgekommen, und mit acht wertvollen Shinobi, die nun mehr Erfahrung haben als zuvor. Weit mehr Erfahrung. Und was den Kontraktnehmer angeht..."
"Morikubo, Orochimaru-sama."
"Morikubo. Nun, sollte er das Pech haben, erneut auf uns zu treffen, werden wir uns seiner angemessen annehmen. Aber... Bis dahin interessiert er mich nicht, der kleine Kohai."
Es kam nicht oft vor, aber Kabuto spürte, dass Orochimaru log. Ob er nun seinen Untergebenen anlog oder sich selbst, konnte der Medi-Nin nicht sagen. Aber er tat es. Und die Verwendung des Suffix Kohai, der für Untergebene in der eigenen Abteilung oder Schule gedacht war, zeigte an, das er seine Zeit als Kontraktpartner der Affen nie wirklich hinter sich gelassen hatte. Kabuto wusste natürlich, dass Orochimaru von der Schriftrolle gelöscht worden war, und er hatte gehört, dass sein Meister darüber sehr betrübt gewesen war. Konnte es sein, dass Morikubo nun einen Bonus erhielt, weil er selbst Kontraktträger der Affen war?
"Sehen wir uns jetzt Sasukes Fortschritte an, Kabuto."
"Jawohl, Orochimaru-sama." Er machte einen Schritt vorwärts, und mit dieser Bewegung kam die Erkenntnis. Er war immer noch am Leben. Er stand weiterhin hoch im Ansehen bei seinem Meister. Und er würde nicht bestraft werden. Na, wenigstens etwas Positives nach all dem Ärger mit diesem hartnäckigen Spürhund aus Konoha.
***
Ich nieste. Mehrfach hintereinander.
"Sand in der Nase?", fragte Kankurou, was im Anbetracht der riesigen Wüste, über die wir hinweg flogen, eine logische Erklärung gewesen wäre.
"Nein, da hat wohl jemand an mich gedacht."
"War sicherlich nichts nettes", murmelte Pakkun.
"Du bist still, du Hund", tadelte ich. "Ich habe zwar gesagt, wir machen Urlaub, aber das du drei geschlagene Tage auf der Insel herumstreunst und erst Minuten vor dem Abflug auftauchst, war nicht sehr nett von dir."
"So interpretiere ich eben Urlaub", murrte Pakkun.
"Wir wäre fast ohne dich geflogen, weil wir dich schon fast vergessen hätten", erwiderte ich streng.
"Ist ja schon gut", murrte er, rollte sich zusammen, und gab vor zu schlafen.
Gut, das ließ ich ihm durchgehen. Diesmal noch.
"Mamo-chan!", gellte Nekohimes helle Stimme zu uns herüber. Die ANBU und Kaminari, der sich langsam mal in Konoha melden musste, flogen auf einem eigenen von Sais Zeichenvögel, während diejenigen, die nach Suna weiter reisen würden, mit mir zusammen waren. "Wir müssen hier ab! Aber Sai sagt, wenn Ihr euren Vogel aus Sandstürmen und Regenschauern raus haltet, wird er euch bis Sunagakure tragen!"
Ich winkte. "Verstanden! Jeder Meter, den wir nicht laufen müssen, ist pure Erholung für uns! Ich sollte dich öfter dabei haben, Sai!"
"Besser nicht, Mamoru-san!", rief der blasse Ninja zurück. "Du bist so anstrengend!"
Das brachte Kankurou zum Lachen. "Oh, da kenne ich aber einige Konoha-Shinobi, auf die das auch zutrifft!"
"Wie dem auch sei!", rief ich, den Ratsherr aus Suna ignorierend, "ich wünsche euch eine gute Heimreise!" Ich winkte erneut.
Die ANBU und Kaminari winkten zurück, dann machte ihr Vogel einen scharfen Schwenk nach Nordosten in Richtung Konohagakure. Es dauerte nicht lange, und sie waren außer Sicht.
"Tja, damit wäre unser Begleitschutz passé. Aber wir sind unserem Ziel einen Riesenschritt näher gekommen." Ich sah hinter mich, wo die Getsugakure-Kunoichi saß. "Du hast dann noch ungefähr eine Woche, um für das Finale zu trainieren, Anne-chan."
Das Mädchen griente mich an. "Du denkst doch nicht, dass ich nach dieser Tour mit dir ein Trainingsdefizit haben könnte? Außerdem, wenn es dicke kommt, kann ich immer noch einen Affenkrieger beschwören."
Energisch schüttelte ich den Kopf. "Von wegen. Du solltest sofort einen Affenkrieger beschwören. Es nützt überhaupt nichts, wenn du mit deinen starken Jutsu zurückhältst und deshalb verlierst."
"Aber ich will aus eigener Kraft gewinnen", erwiderte sie störrisch.
"Kapiere es: Affenkrieger zu beschwören ist ab jetzt Teil deiner eigenen Kraft. Es ist absolut legitim, sie zu beschwören, damit sie dich unterstützen können. Du wirst übrigens hart an dir arbeiten, damit du möglichst bald zwei Krieger zugleich beschwören kannst. Und dann noch härter, damit es für drei reicht. Es muss für dich so selbstverständlich sein wie atmen, Chakra für die Stabilisierung ihrer Beschwörung zu spenden. Ich sage dir das als dein Sempai."
Missmutig sah Anne mich an. "Aber ich hätte durchaus aus eigener Kraft..."
"Sagte die Genin, die sich mit Kabuto angelegt hat", kam es spöttisch von Kankurou. "Seit wann hast du ein so überbordertes Selbstbewusstsein?"
"Überbordert?", fragte sie erstaunt. "Was bedeutet das?"
"Das bedeutet soviel wie dass du dich selbst überschätzt, und zwar gewaltig", sagte ich. "Und ein Shinobi, der sich selbst überschätzt, hat in Shinobi-Kreisen einen eigenen Fachbegriff."
"Habe ich noch nie gehört. Wie lautet dieser Fachbegriff?", fragte Anne maulig.
Kankurou grinste sie an, was bei seiner voll aufgetragenen Schminke schon ein wenig gruselig war. "Wir nennen diese Shinobi Opfer."
Ein kalter Schauder ging über Anne hinweg. Es war deutlich zu sehen, wie es sie schüttelte. "Okay", murmelte sie, "ich glaube, ich habe es kapiert."
"Wir werden sehen", sagte ich. "Wenn wir zurückgekehrt sind, wirst du als erstes einen Affenkrieger beschwören und mit ihm trainieren."
"Ja, ja, Sempai."
"Das Sempai klang ja schon ganz gut, aber zweimal Ja heißt Arschloch, oder?"
Das junge Mädchen wurde rot. "S-so habe ich das aber nicht gemeint, Mamoru-sama!"
"Also?", fragte ich lächelnd.
"Ich habe verstanden, Mamoru-sama. Wenn wir in Sunagakure sind, beschwöre ich einen Affenkrieger, und trainiere mit ihm."
"So will ich das hören", murmelte ich zufrieden.
Und was mich betraf - ich hatte ein wenig Angst, Hatake-sempai unter die Augen zu treten und ihm zu erklären, dass ich Kabuto hatte entwischen lassen.
***
Wir landeten vor dem Haupttor Sunas, um die Luftabwehr nicht unnötig zu beschäftigten. Ich löste das Jutsu Sais auf, und zu viert schritten wir auf die lange Schneise zu, die in die Stadt führte.
Wir wurden schon früh erkannt, und anfangs befürchtete ich Probleme, aber ich konnte unmöglich wissen, was sich in Sunagakure während unserer Abwesenheit abgespielt hatte. Dementsprechend war ich schon sehr erstaunt, dass ich den Wachen nicht erklären musste, wieso ein Mamoru Morikubo in die Stadt wollte, während er doch als Gast von Lians Familie bereits drin war.
Schon beim ersten Wachtposten erfuhr ich, dass Kurenai-sensei meine Tarngeschichte nach der Ankunft Kakashis und der anderen eingestellt hatte. Danach war es allgemein bekannt gewesen, was ich in der Zeit getrieben hatte. Also ich, Kankurou, Anne, Pakkun, und meine Affenkrieger in wechselnder Besetzung.
Hinter dem Gang erwartete uns auch das Empfangskomitee: Kakashi Hatake, der Kazekage, Ratsmitglied Baki, wieder gesund, wie es schien, und Amir. Letztgenannter starrte so intensiv auf Anne herab, dass sie sich spontan hinter mir versteckte.
"Alles in Ordnung, Amir!", sagte ich hastig. "Sie hat nicht allzu viel falsch gemacht, war den Großteil der Zeit nützlich, und ist jetzt Getsugakures einzige Kontraktträgerin mit den Affen."
Amir sah mit dem gleichen missbilligenden Blick von Anne zu mir. "Die lange Version will ich auch noch hören."
"Das ist doch selbstverständlich", versicherte ich.
Jemand räusperte sich. Es war der Kazekage, den ich dank des Disputs mit Amir ungewollt ignoriert hatte. "Ihr seid spät dran", sagte er.
Kankurou machte ein zustimmendes Geräusch. "Wir haben einen Kurzurlaub an einem herrlichen Sandstrand eingelegt. Getsugakure hat sich fast schon rührend um uns gekümmert."
"Einen Kurzurlaub?" Gaara hob eine Augenbraue. Ein äußerst seltenes Ereignis bei dem jungen Mann, der nur Wut als Emotion zu kennen schien.
"Kurzurlaub", bestätigte ich. "Meine Entscheidung. Meine Verantwortung."
Kakashi lachte leise. "Niemand klagt dich an, Mamo-chan."
"Noch nicht?", riet ich.
"Überhaupt nicht", versicherte der Copy-Ninja. "Übrigens, Kabuto konnte nicht aufgespürt werden. Er muss während des Sturms unerkannt an Land gegangen sein."
Ich ächzte auf. Wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein. "Also Versagen auf der ganzen Linie", sagte ich deprimiert. Ich hatte ihn gehabt, verdammt, ich hatte ihn gehabt! Ganz nahe war ich dran gewesen! Und warum hatte ich nicht zugegriffen? Ach ja, weil das bedeutet hätte, sich nicht nur mit Kabuto anzulegen, sondern auch mit seinen sieben Gefolgsleuten, während ich alleine auf weiter Flur gewesen wäre. Mist, verdammter.
"Was Suna angeht, so war die Mission erfolgreicher, als sie hätte sein müssen", sagte Gaara. "Das Reich des Windes ist zufrieden, wie der Daimyo mir versichert hat."
Na, immerhin etwas.
"Hätte mich auch schwer gewundert", sagte Kankurou, und das tat er mit beeindruckender Selbstsicherheit. "Haben wir schon Nachricht aus dem Reich der Steine erhalten?"
Gaara ließ für einen winzigen Augenblick den Ansatz eines Lächelns aufblitzen. "Du meinst wegen dem Versteck Orochimarus, das Ihr ausgehoben habt?"
Baki räusperte sich. "Uns wurde ein Dankesschreiben des Daimyos zugestellt. Damit verbunden war eine Prämie, die wir, deine Entscheidung vorweg nehmend, einem guten Zweck zur Verfügung gestellt haben."
Kankurou starrte seinen Sensei entsetzt an. "Äh, ja, ich hätte selbstverständlich ebenso entschieden."
"Nachdem das geklärt ist, kommt bitte in mein Büro. Ich will aus erster Hand wissen, was ich bisher nur durch deine äußerst knappen Berichte lesen konnte, Kankurou. Danach könnt Ihr zwei, Anne und Mamoru, zum Haus der Toroza zurückkehren. Ich glaube, da muss sich auch jemand noch dringend auf die Abschlussprüfung vorbereiten, oder?"
Unter Gaaras Blick zuckte Anne schuldbewusst zusammen. "Ja, Kazekage-sama."
Kein Widerspruch, ein reines Schuldbekenntnis. Ich wusste nicht, wie Gaara das gemacht hatte, aber ich wollte das auch können. Definitiv.
"Also los, gehen wir. Kakashi-sensei, es ist wohl eine gute Idee, die anderen Konoha-Jounin hinzu zu ziehen, damit die drei nicht alles doppelt erzählen müssen."
"Wir werden sie in deinem Büro treffen, Kazekage-sama", erwiderte der Ninja.
"Wie immer hast du mitgedacht. Das ist sehr erfreulich. Also los, gehen wir."
Gaara wandte sich um, ging los, und verließ sich absolut darauf, das wir ihm folgten. Ohne Zweifel, ohne Zaudern. Und was taten wir? Wir folgten ihm. Ich wusste nicht, wie Gaara das hinbekam, aber auch das würde ich sehr gerne erlernen.
***
Nach der Sitzung mit den Jounin und dem Kazekage musste ich meine Geschichte doch noch ein zweites Mal erzählen - zumindest die Passagen, die nicht unter Geheimhaltung fielen. Und zwar unseren Genin, und dem Haushalt Lokke-samas im Toroza-Stammhaus.
Und diesmal mussten Anne und ich auch noch jenen Part übernehmen, den Kankurou erzählt hatte, da er nicht mit uns gekommen war.
Der Abschied von ihm war merkwürdig gewesen, obwohl wir nur wenige hundert Meter voneinander getrennt waren. Aber nachdem wir fast drei Wochen miteinander verbracht hatten, fiel es mir schwer, ihn nach all den überstandenen Abenteuern und Gefahren nicht an meiner Seite zu wissen. Ich fand wirklich, wir waren ein sehr gutes Team. Deutlich merkte ich, dass sich meine Bande zu Suna erneut vertieft hatten. Und der Kazekage schien da auch nichts gegen zu haben.
Wenigstens war Pakkun noch bei uns. Noch hatte Kakashi-sensei es nicht für nötig befunden, ihn zurück zu senden.

Als wir geendet hatten, bemerkte ich die gedrückte Stimmung unter den Genin. Und das konnte nicht an der Erzählung unserer Abenteuer liegen. "Also, was ist los?", fragte ich geradeheraus.
Neji zuckte die Schultern. "Wir haben die Aufteilung für die Kämpfe ausgelost. Es gibt zwölf Finalteilnehmer, also sechs Kämpfe."
"Das heißt also, selbst im ungünstigsten Fall führt Ihr drei Kämpfe gegen euch selbst, wenn ich eure Getsu-Kohais mitrechne."
Neji nickte. "Das Problem ist, dass wir in vier von vier möglichen Kämpfen gegeneinander antreten werden." Er deutete auf Tenten und auf Lee. "Die beiden sind im ersten Kampf."
Dann sah er Hinata an. "Hinata-sama wird gegen Kiba antreten."
Sein Blick ging zu Anne. "Du kämpfst gegen Shino. Und Affenkrieger hin oder her, den du jetzt beschwören kannst, damit hast du den schwerstmöglichen Gegner erwischt."
Er sah zu Mohad herüber. "Du hast das unglaubliche Pech, gegen mich antreten zu müssen."
"Pech oder nicht, wir werden es noch sehen", erwiderte Mohad, und reckte gespielt das Kinn herausfordernd vor. Die anderen lachten, als sie das sahen.
"Nur Illan hat einen Shinobi aus Sunagakure zugelost bekommen. Ach, und dann gibt es noch den sechsten Kampf. Der besteht ebenfalls aus zwei Suna-Shinobi."
Mit einem Schlag wurde mir wieder bewusst, weshalb ich eigentlich nach Suna gekommen war. Ich hatte zwar die ganzen Tage immer daran gedacht, Anne rechtzeitig zum Finale zurück zu schaffen, aber die Bedeutung war mir nicht mehr so richtig ins Bewusstsein gerutscht. Es ging darum, diese jungen Menschen auf die nächste Stufe der Verantwortung vorzubereiten, zu schauen, ob man ihnen Leben anvertrauen konnte.
"Bullshit", murmelte ich. "Natürlich ist es toll, wenn man seinen finalen Kampf gewinnt, aber das ist nicht nötig, um zum Chunin befördert zu werden. Erinnerst du dich an deinen Kampf, Neji? Naruto hat dich nach allen Regeln der Kunst eingeseift, obwohl du seine Tenketsu, die Chakra-Knoten, geschlossen hattest. So hat man es mir zumindest erzählt."
Ein flüchtiges Lächeln huschte über das Gesicht des Hyuugas. "Das kann man durchaus so stehen lassen."
"Und? Wurde Naruto ein Chunin? Nein. Warum nicht? Weil er zwar hervorragende Fähigkeiten gegen einen überlegenen Gegner bewiesen hat, aber sich diese Fähigkeiten mehr für einen Einzelkämpfer eignen. Shikamaru hingegen, der sachlich einem nachvollziehbaren Plan gefolgt ist, unter Einbeziehung aller Möglichkeiten und Fähigkeiten, hat aufgegeben, und wurde dennoch Chunin."
"Ja. Das ist wahr", gab er zu.
Shino räusperte sich. "Und das heißt für uns?"
"Das heißt für euch, dass Ihr gar nicht gewinnen müsst. Ihr müsst euch nur so gut Ihr könnt verkaufen. Bei einem Chunin wird auch gerne gesehen, wenn er zurückzieht, sobald er merkt, dass es nicht geht. Es gibt zehntausende Shinobi, aber jeder ist ein Einzelstück. Ich habe mal in einem Buch gelesen. In dem hieß es, die Shinobi wären Goldstücke, die man oft benutzen, aber nur einmal ausgeben kann. Hat man sie ausgegeben, dann hoffentlich für eine wichtige Sache, denn dann sind sie weg." Ich grinste in die Runde. "Wenn erkennbar wird, dass Ihr eure Goldstücke beisammen haltet, anstatt sie sinnlos zu verschleudern, bringt euch das dem Chunin-Rang näher. Also, wenn der Kampf unmöglich zu gewinnen ist, bricht man lieber ab und wartet auf die nächste, bessere Gelegenheit. Und da das so ist, müsst Ihr auch keine Angst umeinander haben. Im Gegenteil, Ihr solltet die seltene Gelegenheit nutzen, und mit voller Kraft gegeneinander kämpfen. Nie wieder werdet Ihr aus erster Hand erfahren, wie die Kampfkunst eurer Freunde ist. Verstanden?"
Rock Lee stand mit verbissenem Gesichtsausdruck vor mir. Seine Augen füllten sich mit Tränen der Rührung, und sein Mundwinkel war eisern verkniffen. "Das ist der Elan der Jugend! Das soll unser Ziel sein! Lasst uns alle mit voller Kraft kämpfen und Ruhm erwerben! Keiner soll zögern oder zaudern! Das Finale soll unser Wendepunkt werden, an dem sich für uns alles verändert!"
Nach dieser reichlich Pathos enthaltenden Rede flossen die Tränen richtig bei ihm. Aber zu meinem großen Erstaunen reckte ausgerechnet Neji die rechte Faust. "So soll es sein!"
Kiba grinste und hob ebenfalls die Faust. Akamaru bellte zustimmend.
Illan sprang auf die Füße und reckte die Rechte empor. "Ich bin dabei!"
Nach und nach folgten auch die anderen Genin, und schließlich waren sie sich alle einig, ihr Bestes geben zu wollen, um ihre Kameraden nicht zu enttäuschen.
"Und damit", sagte ich lächelnd, "habt Ihr den ersten Schritt auf dem Weg zum Chunin bereits hinter euch gebracht."
Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Sie gehörte Asuma. Als ich ihn ansah, nickte er zufrieden. Anscheinend hatte auch ich gerade etwas richtig gemacht. Von Asuma sah ich zu Kakashi-sensei, der mit zugekniffenem rechten Auge zu mir herüberlächelte. Ebenso Kurenai-sensei - Yuuhi-sensei! - Yugao-sensei und Guy-sensei, wobei sich die Augen des grünen Biests von Konoha ebenfalls mit Tränen gefüllt hatten. Selbst Amir grinste mich sehr zufrieden an. Ich musste irgend etwas sehr richtig gemacht haben.

Später am Tag nahmen Lian und Tooma mich beiseite. Keema, Lians Mutter, gesellte sich dazu, und wir gingen auf mein Zimmer. In das wohlgemerkt die Wohnung meiner Eltern hinein gepasst hätte. Allein daran konnte ich erkennen, wie sehr mich Clan Toroza schätzte. Aber mittlerweile konnte ich damit umgehen.
Wir ließen uns auf Sitzmatten am Boden nieder, einen flachen Tisch zwischen uns, und Lian schenkte jedem einen Grüntee ein.
"Also?", eröffnete ich das Gespräch. "Was ist so wichtig, dass Ihr mich vom Training meiner Kohais wegholt?"
"Geradeheraus direkt ans Ziel", sagte Keema staunend. "Ohne sich groß bei Höflichkeitsfloskeln aufzuhalten oder ein wenig Small Talk zu betreiben."
Verlegen räusperte ich mich. "Verzeihung, Keema-sama, aber ich dachte, das ist unter uns nicht notwendig."
"Oh, ich habe dich nicht getadelt, Mamo-chan", erwiderte sie lächelnd. "Ich war eher beeindruckt."
"Oh." Nun war ich beeindruckt.
"Die Sache ist die", sagte Tooma, und hüstelte leise, "zuerst einmal, denke ich, sollten wir dir gratulieren, dass du ausgerechnet diesen Kabuto vor dir hergetrieben hast, und einen von Orochimarus Stützpunkten zerstören konntest."
"Mit geringer Hilfe von Kankurou-sama", warf Lian ein. Alle drei lachten darüber. Mir hingegen wäre jedes Lachen im Halse stecken geblieben, wenn es Kankurous Leistungen gemindert oder lächerlich gemacht hätte. Mir war klar, dass die drei es so nicht gemeint hatten. Aber nachdem wir so lange Seite an Seite gereist waren und gekämpft hatten, kam es mir nicht richtig vor.
"Er ist mir entwischt", betonte ich.
"Ach, komm", erwiderte Tooma. "Die Tatsache, dass du die Verfolgungsjagd überlebt hast, ist doch schon ein Riesenerfolg. Ich meine, wir reden hier von Kabuto."
"Dann bedanke ich mich bei euch." Bedächtig nahm ich die Teeschale auf und trank einen Schluck. "Und was ist der wahre Grund?"
Lian und Tooma wechselten einen schnellen Blick. "Der Termin für unsere Vermählung steht fest", sagte sie mit ernster Miene. "Und ich hätte gerne, dass Hanako meine Brautjungfer wird."
Dazu musste ich lächeln. "Und ich soll sie dazu überreden? Das wird nicht notwendig sein. Um nichts auf der Welt würde sie sich dieses Erlebnis entgehen lassen. Wann soll es denn soweit sein?"
Tooma sagte: "Zwei Jahre hat sie noch. Wenn wir beide zwanzig sind, werden wir heiraten. Aber Lokke-sama war es wichtig, so früh wie möglich einen Termin festzulegen, damit die Planung beginnen kann. Und auch mein Clan hat gerne etwas mehr Vorlaufzeit, und deshalb..."
Lian stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. "Los jetzt, du Feigling", flüsterte sie ihm zu.
"Äh, ja. Mamo-chan, hättest du etwas dagegen, bei der Hochzeit mein Sekundant zu sein? Natürlich nur wenn du willst."
"Dein Sekundant?", fragte ich verwirrt. "Musst du dich vorher duellieren?"
Keema seufzte laut und lange auf. "Tooma hat dich gerade gefragt, ob du sein Trauzeuge werden wirst, Mamo-chan. Sekundant ist ein alter Name für diese Aufgabe, der schon eine Ewigkeit nicht mehr benutzt wird."
"Trauzeuge? Ich?" Bestürzt sah ich die beiden an. "Ich meine, ich?"
Tooma und Lian verschränkten je eine Hand in die des anderen. "Es ist unser gemeinsamer Wunsch, das unser Lebensretter uns hilft, den neuen Lebensabschnitt, den wir betreten werden, begleitet. Und das in prominenter Rolle."
"Muss ich da viel machen? Kann ich was falsch machen? Kann ich euch was versauen?", fragte ich ängstlich.
"Nein, du musst nur zeugen", sagte Keema.
"Wie, zeugen? Vor allen Leuten? Und wieso ausgerechnet ich?"
Lian lachte auf. "Mutter, jetzt hast du ihm den Rest gegeben. Mamo-chan, du sollst Zeugnis ablegen, dass Tooma und ich die Ehe geschlossen haben. Mehr nicht. Und, wenn es geht, dabei vielleicht einen guten Anzug tragen."
Mein Entsetzen wich einer gewissen Erleichterung. "Okay, das werde ich wohl hinkriegen. Ich meine, ich habe einen Angriff von zweihundert Shinobi koordiniert. Da werde ich ja wohl neben euch stehen können und eure Ehe bestätigen."
"Okay, jetzt hat er es kapiert", sagte Lian amüsiert. Sie streckte ihre andere Hand über den Tisch aus und griff nach meiner Rechten. Sanft drückte sie die Hand. "Und du musst natürlich Karin bequatschen, damit sie meine zweite Brautjungfer wird."
"Oh, das sollte ich auch noch hinkriegen." Ich erwiderte den Druck ihrer Hand. "Es ist mir eine Ehre, das Ihr mir eine so bedeutende Aufgabe anvertraut. Auch wenn ich zugegeben nicht viel falsch machen kann. Was vielleicht besser so ist."
"Es bedeutet uns auch sehr viel, dass du diesen Job machst." Tooma klopfte mir auf die Schulter. "Wenn ich mich nicht auf dich verlassen könnte, Konoha, dann wäre diese ganze Welt für mich verlassen."
Ich fühlte Stolz bei diesen Worten. Stolz, von Tooma und Lian Freund genannt zu werden. Stolz, ihnen nützlich zu sein. Stolz, hier in Suna beinahe eine zweite Familie zu haben, die mich derart hoch schätzte.
"Du weißt, wenn ich es kann, bin ich für dich da. Bin ich für euch da."
"Ja, das wissen wir." Die beiden grienten sich an, und lächelten für mich. Gut, das Thema hätten wir abgearbeitet.
"Und?", fragte Keema salopp. "Wann ist es bei dir mal so weit, dass du zumindest in feste Hände kommst, Mamo-chan?"
Ich verschluckte mich, und versuchte hustend, meine Kehle frei zu bekommen. Mist, das war wirklich ein schlechtes Thema.
"Und jetzt", lachte Lian erneut, "hast du ihn wieder verschreckt, Mutter."

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15.
Am Tag des Examens war Sunagakure bis zum Platzen gefüllt. Schaulustige, potentielle Auftraggeber, Vertreter der anderen Ninja-Dörfer, Prominente, Politiker, Verwaltungsbeamte und normale Touristen füllten die Stadt und das großzügig ausgelegte Stadion auf. Nun, das verstand ich unter einem wirklich gechäftigen Freitagnachmittagsmarkt in Konoha.
Natürlich entsandte Getsugakure zwei Jounin, welche zusammen mit Amir die Leistungen von Mohad, Illan und Anne beurteilen würden. Den ersten erkannte ich sofort wieder. Es war natürlich Hassin.
Kaum hatte ich ihn entdeckt, war ich auch schon auf ihn zugeeilt und hatte ihm die Hand gedrückt.
"Hätte ich mir doch gleich denken sollen, dass du dabei zuschauen willst, wie dein Sohn abschneidet."
Hassin lachte. "Um nichts in der Welt würde ich mir einen Kampf gegen einen Hyuuga entgehen lassen. Und wie es scheint, werden das viele nicht tun."
Ich nickte. "Ja, Sunagakure stößt an die Grenze seiner Kapazitäten. Und, wie geht es meinen Mädchen und Aki-chan?"
"Hanako und Karin dürften mittlerweile wieder daheim sein. Und was Aki-chan angeht, kannst du dich selbst überzeugen."
"Du hast ihn mitgebracht?", fragte ich argwöhnisch. Wo war eigentlich die Mutter unterwegs, wenn sich immer jemand anderes um ihren Sohn kümmern musste? War er also mit dem Vater hier?
"Ich nehme an, Khal ist der dritte Jounin?"
"Äh, nein, nicht ganz. Es ist... Komisch, eben war sie doch noch neben mir." Suchend wandte er sich um. Schließlich grinste er. "Du brauchst dich gar nicht zu verstecken, du kleiner Feigling."
Zögernd trat ein Shinobi hinter einer Häuserecke hervor. Jung, gut aussehend, feminies Gesicht, ein aparter schwarzer Kurzhaarschnitt, und ein schüchternes Lächeln auf den Lippen. In einem Tragegurt transportierte er Aki-chan vor dem Bauch.
"Nun komm schon. Suna ist neutrales Gebiet. Dir kann nichts passieren", sagte Hassin drängend.
Zögerlich trat der Shinobi näher heran. Der kleine Mann im Tragegurt reckte den Kopf, um sehen zu können, was geschah. Als er mich erkannte, strahlten seine Augen. "PAPAPAPAPAPA!"
Das ließ den schwarzhaarigen Getsu-Nin zusammen zucken. Verlegen sah er herüber.
Okay, spätestens in diesem Moment hätte mir etwas auffallen müssen. Irgend etwas. Aber das tat es nicht. Ich bin Shinobi und stolz darauf, aber genauso war und bin ich auch ein Mann. Und Männer konnten dazu neigen, betriebsblind zu werden. Vielleicht war ich auch nur zu sehr auf das Kleinkind fixiert.
Besagtes Kleinkind streckte die Ärmchen nach mir aus. "PAPAPAPAPAPA!"
Daraufhin nahm der Shinobi das Kind aus dem Tragesitz und stellte ihn auf die eigenen Füße. Prompt lief er in meine Richtung, legte sich mit großer Kunst auf die Nase, rappelte sich wieder auf, und lief weiter in meine Richtung. Als er nahe genug war, bückte ich mich nach ihm und nahm ihn auf den Arm. "Na, Akira, hast du mich vermisst?" Natürlich gab es keine Antwort. Stattdessen schlief der kleine Mann einfach ein.
"Die Reise war wohl etwas viel für ihn", sagte der fremde Shinobi, während er zögerlich näher trat. Auch die Stimme passte zu seinem femininen Auftritt. Sie war sehr weiblich, sehr hell.
"Hallo, Mamoru-sama", sagte er, und endlich, jetzt endlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Vor allem, warum sich Khal nicht um seinen Sohn kümmerte. "Maria", sagte ich erschrocken.
Sie legte den Kopf auf die Seite, und ich merkte, das ich mich vom raspelkurzen Haarschnitt hatte ordentlich über den Hühnerdreck führen lassen. "Ach ja? Hast du mich tatsächlich jetzt erst erkannt, Mamoru-sama?"
Ich schwankte zwischen Aufregung und Bestürzung. Außerdem hatte ich ihren Sohn auf dem Arm. "Es ist vielleicht keine gute Idee, wenn du Tooma oder Lian oder beiden unter die Augen trittst, Maria", sagte ich schroff.
"Heißt das, du hast mir vergeben?"
Ich wollte lachen, aber ich konnte es nicht. "Rein rechtlich gesehen sind wir jetzt wohl Verbündete, und meine Mädchen scheinen das wohl getan zu haben." Erneut musterte ich die Frau vor mir. Weibliche Hüften, flacher, kaum auftragender Busen, schmale Taille, ungeschminkte Lippen, raspelkurze Haare, die besser zu einem Mann passten, aber dieselben tiefblauen Augen und das aparte, symmetrische Gesicht mit den hohen Wangenknochen. Wir hatte ich sie auch nur für eine Sekunde für einen Mann halten können? Wirklich nur wegen der Haare?
Ihre Wangen röteten sich, und sie sah zur Seite. "W-wenn du mich so anstarrst, Mamoru-sama, dann machst du mich ganz verlegen."
"Tja, da musst du wohl durch", sagte ich leicht gehässig. "Ich versuche mir gerade klar zu werden, warum ich dich nicht sofort erkannt habe."
Ich musterte sie eingehender. Dabei bemerkte ich kaum, dass Hassin mir Aki-chan abnahm. "Du bist größer. Zumindest was die Körpergröße angeht. Und dein Gesicht hat nicht mehr so viel Babyspeck. Obwohl ich das ganz niedlich fand, bevor du versucht hast, mich im Chunin-Examen zu töten."
"Ach ja. Die Geschichte, in der mich Tooma gelähmt zurückgelassen hat, damit mich eine fleischfressende Pflanze verschlingen konnte", sagte sie tonlos.
"Sagen wir unentschieden?"
Erstaunt sah sie mich an. "O-okay. Einverstanden. Unentschieden."
Ich musterte sie weiterhin, vollkommen ungeniert. Immerhin hatte ich diese Frau nicht nur nackt in meinen Armen gehalten - was durchaus keine schlechte Erfahrung gewesen war, nein eine einprägsame, sodass ich mir bis heute keine weiteren sexuellen Kontakte erlaubt hatte - sondern sie auch geliebt. Was also sollte sie vor mir verbergen müssen? "Du bist mindestens drei Zentimeter gewachsen. Dein Busen jedoch nicht."
Dies ließ noch mehr Röte in ihre Wangen schießen. "N-natürlich bin ich noch etwas gewachsen. Immerhin war ich damals in Otogakure erst sechzehn. Was meinen Busen angeht..." Sie griff sich mit beiden Händen an die Brust. "...war das nach Aki-chans Geburt eine ganze Menge mehr. Aber als ich wieder anfing zu trainieren und zu arbeiten, ist es wieder weniger geworden."
Sie seufzte. "Schade, ich hätte gerne ein wenig mehr behalten. Aber man kann sich halt nur für eines entscheiden: Muskeln oder Fett."
Ich räusperte mich verlegen. "Ich habe nichts gegen kleine Busen."
Nun begann sie zu lächeln. "Ja, ich weiß, Mamoru-sama. Ihr drei seid ja alte Freunde."
Nun begann ich rot zu werden. Gut, da hatte ich meine Erklärung. Sie war selbst erst achtzehn Jahre alt und noch ein Stück gewachsen. Ihr Gesicht war ein klein wenig schmaler geworden, und der Kurzhaarschnitt, der ihrer seidigen Haarflut hatte weichen müssen, hatte sie in einen ganz anderen Typ Frau verwandelt. Fest stand für mich, dass ich auf diese Frau jedenfalls nicht mehr böse genug war, um sie zu töten. "L-lassen wir die Vergangenheit hinter uns, und versuchen wir als Verbündete neu anzufangen. Wenn meine Mädchen das können, dann kann ich das auch."
Zögerlich streckte ich meine Rechte aus. Beinahe noch zögerlicher griff Maria zu. Der Händedruck, den wir tauschten, war so lasch und zaghaft wie der Kuss zweier frisch Verliebter. Und ebenso abrupt beendeten wir ihn wieder. Ein komisches Gefühl, wenn ich daran dachte, dass ich mit dieser Frau gebumst hatte. Diese Zurückhaltung schien mir nicht... richtig zu sein.

"Habt Ihr schon Quartier bezogen?", fragte ich nach einer peinlichen Pause des Schweigens.
"Ja, Amir hat uns was besorgt. Ihr wohnt bei Lian, habe ich gehört?"
"Wie ich schon sagte, geh ihr lieber aus dem Weg. Allerdings..." Ich musterte sie erneut. "Allerdings dürfte sie es schwer haben, dich wieder zu erkennen. Du bist ein vollkommen anderer Mensch."
Sie senkte den Blick. "Ich habe in einem schweren Kampf meine Arroganz verloren, wenn du das meinst. Dieselbe Arroganz, die mich mein ganzes Leben beschützt hat, die mich auf der Straße nicht verhungern ließ, bevor Orochimaru mich aufsammelte, um meine Kraft zu missbrauchen."
"Oh, wie interessant. Wer hat sie dir weggenommen?"
Ein Lächeln, schön wie ein Sonnenaufgang, huschte über ihr Gesicht. "Aki-chan. Seit er geboren wurde, da... Sehe ich alles anders."
Ich stand erstarrt da, ich wusste nicht wie lange. Aber endlich rang ich mich zu einer Entscheidung durch. "Das kann ich akzeptieren. Fall mir und meinen Freunden niemals in den Rücken, und..."
"Und?", fragte sie hoffnungsvoll.
"Und wir werden in Zukunft gut miteinander auskommen."
Das erfreute Lachen, das sie daraufhin hören ließ, erinnerte mich doch stark an das kleine, gerissene Biest, das mich unter Otogakure bis in Guins Kammer begleitet hatte, um mich dann vor dem sicheren Tod zu retten - und das mit dem gleichen Selbstbewusstsein wie jetzt. Aber etwas war anders. Vorher war es ihr um ihren eigenen Spaß gegangen. Oder ihren eigenen Nutzen. Nun aber war sie zu zweit und würde es noch eine sehr lange Zeit bleiben. Ich beschloss, diese Frau ein klein wenig zu mögen. Zumindest hatte ich diesen Gedanken, bevor sie mir um den Hals fiel und mich so fest sie konnte an sich drückte. "Danke, Mamoru-sama! Danke! Du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet!"
Konsterniert ließ ich die Annäherung über mich ergehen. Ich roch ihren Körperduft, den Geruch ihrer Haare, spürte die Wärme ihres Körpers. All das hatte ich schon einmal gehabt, erlebt, nackte Haut auf nackter Haut, und... "Du machst es mir gerade sehr schwer, meinen neuen Entschluss umzusetzen", tadelte ich sie.
"Oh. Ja, du hast Recht." Wie ein bei einem Streich ertapptes Schulmädchen ließ sie mich wieder los. Sie räusperte sich lautstark in ihre rechte Faust. "Ich nehme an, du wolltest ins Stadion gehen, Mamoru-sama?"
"Allzu viele Alternativen gibt es nicht, wenn ich meinen Genin bewerten soll, oder?"
"Äh. Das war keine ernstgemeinte Frage. Mehr so belanglose Konversation, um das Eis zu brechen, Mamoru-sama."
"Ich bezweifle, dass Eis zwischen uns lange überleben könnte."
"So habe ich das nicht gemeint. Ich wollte einfach nur ein normales Gespräch führen."
Das brachte mich zum Lachen. Nicht, weil ihre Bemerkung erheiternd war. Nein, weil sie sich so sehr um mich bemühte, das es mir schon ein wenig peinlich war. "Gehen wir einfach ins Stadion, okay?" "Okay."
Ich sah mich nach Hassin um, der noch immer den schlafenden Akira auf den Armen trug. Ein Schmunzeln zierte sein Gesicht. "So, kommt Ihr zwei jetzt miteinander aus? Und muss ich nicht befürchten, das einer versucht den anderen zu töten? Zumindest für die nächsten zwei Stunden?"
Ich hob abwehrend die Hände. "Keine Tötungsabsichten meinerseits."
Maria sah ihn angemessen entsetzt an. "Warum sollte ich, ausgerechnet ich, Mamoru-sama töten wollen?"
"Na, dann ist ja alles geklärt." Mit diesen Worten setzte er sich an die Spitze.

Als wir das Stadion betraten, besuchte ich, wie es sich für einen ordentlichen Jounin-Ersatz gehörte, die Umkleidekabine der zukünftigen Kontrahenten. Vielleicht, um ihnen ein letztes Mal Mut zu zu sprechen. Amir und die Konoha-Jounin waren bereits da, ebenso Kankurou, Temari, und ein Suna-Shinobi, den ich noch nicht kannte. Ah, das Bewertungsteam von Suna, und der dritte Shinobi musste der Gruppenführer sein.
Als Hassin mit dem schlafenden Akira auf dem Arm eintrat, war das Kleinkind sofort bewunderter Mittelpunkt der Mädchen und des aus Prinzip immer neugierigen Rock Lees. Selbst die beiden Suna-Mädchen, Kiari und Sunada, wie ich später erfuhr, waren von dem Kleinen entzückt. Illan und Anne ließen den anderen Mädchen den Vortritt, da sie Aki-chan Zuhause sehen konnten, so oft wie sie wollten.
Mohad war aus einem anderen Grund aufgekratzt. "Maria-sempai!", rief er freudig, als die ehemalige Oto-Nin nach mir eintrat. "Ich habe es ins Finale geschafft, Maria-sempai!"
Die schlanke Getsu-Jounin klopfte Mohad angemessen stolz auf die Schulter. "Das habe ich dir doch gesagt, Mohad-kun."
Stolz grinste der hagere Genin sie an. "Unser langes Training hat sich ausbezahlt. Ich konnte sogar Anne beschützen. Also ihren Schattenklon, während die Echte lieber mit Mamoru-sempai herum gezogen ist."
"Na, na, na. Wir haben Kabuto gejagt. Ist das etwa nichts?", warf ich ein.
"Maria?", klang Uzuki-senseis Stimme auf. Sie kam auf die Getsu-Nin zu. "Die Maria, die aus Otogakure desertiert ist?"
Da standen sie einander gegenüber. Die große, schlanke und kampferfahrene Yugao Uzuki, ANBU, Elite-Shinobi, Jounin Konohas, und eine der erfahrensten Kämpferinnen der hinter den Blättern versteckten Ninja-Stadt, und die etwas kleinere, etwas schmalere und etwas verlegenere junge Jounin aus Getsugakure, die aber bei der vollen Präsenz Yugaos irgendwie ins Hintertreffen geriet. "Äh... Ja."
"Dann muss ich dir danken. Du hast Mamo-chan in Oto das Leben gerettet. Auch wenn das alles von dir geplant war, um ihn in eine Falle zu locken, fest steht, das er noch am Leben ist."
Sie streckte der jungen Frau die Hand entgegen, und zögerlich griff Maria zu.
Als beide Frauen zudrückten, zeigte sich auf beiden Mienen schnell ein verbissener Gesichtsausdruck. Unbedarfte Beobachter hätten vielleicht Überschlagsblitze aus Chakra gesehen. Ich sah vor allem, wie sich die Haut auf den Händen dort wo die Finger zudrückten bei beiden Frauen bläulich zu verfärben begannen. "Keine Ursache, Uzuki-san. Ich hätte es selbst schade gefunden, wenn Mamoru-sama durch diese hinterhältige Bombe den Tod gefunden hätte. Deshalb habe ich seine Rettung von vorne herein vorbereitet gehabt. Mir war klar, das er der Erste sein würde, der Guins Raum betreten würde. Und der Letzte, der ihn verlassen würde."
Dies ließ Uzuki-sensei in jähem Erkennen aufseufzen. "Ja, da hast du vollkommen Recht."
Die beiden Frauen beendeten den schmerzhaften Händedruck. Für den Augenblick herrschte zwischen ihnen Waffenstillstand, obwohl mir nicht ganz bewusst war, worum es eigentlich im Detail ging.
"Das ist also Maria? Die Maria?" Kiba pfiff anerkennend, bevor er mich angrinste. "Dann ist es ja kein Wunder. Ich wäre dann auch nicht sauer auf sie, wenn sie..."
"Kiba-kun!", sagte Kurenai-sensei hastig.
Asuma brachte das zum Lachen. Er löste sich aus seinem Gespräch mit Amir und trat zu den beiden Frauen. "Ich bin Asuma Sarutobi, der Sohn von Mamo-chans Sensei, dem Dritten Hokage. Ich habe schon einiges über dich und Aki-chan gehört."
"Nur Gutes, hoffe ich", sagte sie flapsig.
"Sagen wir, so halb und halb." Er streckte ihr die Hand hin, und die junge Frau griff zu. Diesmal artete es nicht in einen Wettkampf aus.

Die sich abzeichnende Begrüßungsoperette wurde davon unterbrochen, dass Gaara eintrat. Sein Blick wanderte durch den Raum, in dem sofort jedes Geräusch verstummte. "Genin", sagte er mit ernster Stimme, "es ist soweit. Jeder einzelne von euch hat seinem Dorf Ehre gemacht, indem er es bis hierher geschafft hat. Jeder, der die Endrunde erreicht, hat Großes vollbracht. Das wird euch niemand mehr nehmen können, egal ob Ihr da draußen gewinnt oder verliert. Und solltet Ihr verlieren, was sechs von euch passieren wird, dann macht euch bewusst, dass es ein Mannschaftssport ist, ein Shinobi zu sein. Und Ihr habt euch in der Gruppe bewährt, mehr als so mancher Shinobi vor euch."
Gaara machte eine Pause, ließ seinen Blick schweifen. Die Genin nickten ihm lächelnd und entschlossen zu.
"Also geht da raus, und zeigt, was Ihr könnt. Und vergesst nicht, dabei euren Spaß zu haben."
Diese Worte lösten einen wahren Jubel bei den zwölf Genin aus. Na ja, ausgenommen bei Shino, der wie immer irgendwie eine Lücke, eine Nische oder einen Schatten fand, in den er sich still zurückziehen konnte. Er war eigentlich der perfekte Agent.
"Tenten, Rock Lee, Ihr habt den ersten Kampf. Ich erwarte, einiges zu sehen zu bekommen."
Kankurou lachte leise. "Das tun wir alle. Es ist eine erstaunliche Kombination, die wir hier ausgelost haben. Geschwindigkeit gegen unendlich viele Waffen."
"Wir werden sehen, was das Ergebnis sein wird", sagte Gaara. Aber er sah Lee mit einem mahnenden Blick an, so als wolle er sagen: Wehe, du verlierst, alter Freund.
Rock Lee quittierte das mit einem grimmigen Lächeln.
Das wiederum gefiel Tenten überhaupt nicht, und ich wusste, wie das bei dem sturen Mädchen endete. Von diesem Kampf konnten wir uns einiges erwarten.
"Lee!", sagte sie bestimmt. "Ich will, dass du mit voller Kraft kämpfst. Leg deine Gewichte ab, bitte."
"Wie? Jetzt schon?"
Might Guy sah seinen Schüler erstaunt an. "Du wirst gegen Tenten kämpfen. Hast du sie noch immer nicht abgelegt?"
"Ich wollte nicht unhöflich sein", erwiderte Lee verwirrt. Er bückte sich, und begann die Beinbandagen zu lösen. Er zog zwei Gewichte hervor, und legte sie behutsam zu Boden.
Gaara trat näher, und versuchte, eines der Gewichte aufzuheben. Es gelang ihm nicht, das Gewicht weit genug anzuheben, um die Finger darunter zu bekommen. "Wie immer äußerst beeindruckend, Lee", sagte er, und wischte sich heißen Schweiß von der Stirn.
Nun war ich selbst neugierig. Ich war kein Schwächling, aber natürlich auch kein Bulle wie Asuma. Dennoch versuchte ich mein Glück. Stärker als der schmächtige Gaara würde ich ja wohl sein. Mit Mühe und Anstrengung, und ohne meine Kraft mit Chakra zu verstärken, gelang es mir, eine Platte vom Boden aufzuheben. Mit tiefrotem Gesicht und Schweiß auf der Stirn schaffte ich es, mich aufzurichten. "Himmel hilf! Und davon trägst du zwei?", fragte ich den Jungen verdutzt.
"Nur permanentes Training führt letztendlich zum Erfolg, wie Guy-sensei immer sagt."
Er löste auch seine Armbänder, die mit leisem Krachen zu Boden fielen.
"Respekt", sagte ich, und ließ mein Gewicht fallen. Es zerschmetterte eine Steinfliese, als es aufschlug.
"Aber, aber, Mamoru, du willst hier doch nicht randalieren", tadelte Gaara. Sein Sand floss aus dem Behälter auf seinem Rücken hervor, nahm das Gewicht auf, das ich hatte fallen lassen, dazu die anderen drei Gewichte, und sortierte sie fein säuberlich in einer Ecke des Raumes. Zurück blieb die zerschmetterte Steinfliese.
"Äh, ich komme für den Schaden auf."
"Nein, das geht in Ordnung. Für solche Fälle haben wir uns versichert. Es geht immer einiges kaputt beim Chunin-Examen. Aber Baki möchte wissen, ob du weitere Zerstörungen anzurichten gedenkst."
"Äh, nein, eigentlich nicht."
"So? Dann bin ich beruhigt." Gaara nickte noch einmal in die Runde, dann verließ er den Raum.
Draußen in der Arena wurden die ersten beiden Kämpfer angekündigt. Tenten und Lee tauschten einen entschlossenen Blick. Wie schwer musste es ihnen fallen? Immerhin waren sie nicht nur aus dem gleichen Ort, sondern auch aus dem gleichen Team. Aber sie schienen entschlossen zu sein, die Sache durchzuziehen.
"Wir sollten auf die Empore gehen", schlug ich den Jounin vor. "Falls nicht gerade jemand versucht, diesmal Suna mit einem Überraschungsangriff zu überziehen, sollten wir von dort den besten Blick haben."
Kankurou schüttelte energisch den Kopf. "Regel Nummer eins, Mamoru. Rede solche Situationen gefälligst nicht herbei."
Erst sehr viel später sollte ich erfahren, dass die untoten Oto-Ninjas von Orochimarus Suna-Verbündeten genau dazu hatten eingesetzt werden sollen: Um das Chunin-Examensfinale zu überfallen, und die wichtigsten Shinobi, einschließlich Gaara, zu töten.
Als wir auf die Balustrade hinaus traten, fand ich mich plötzlich in einer recht merkwürdigen Paarung wieder. Hassin mit Aki-chan auf dem Arm hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit Kurenai-senseis, und damit auch die von Asuma, der sich über ihr Interesse tatsächlich zu freuen schien, anstatt sicherheitshalber die Beine in die Hand zu nehmen und so weit weg zu laufen wie er nur konnte; Guy-sensei und Amir bildeten eine Gruppe für sich und unterhielten sich über die ungeheuer schweren Gewichte, die Lee getragen hatte; Kankurou war zu Kakashi getreten, und die beiden sahen ohne ein Wort zu wechseln in die Arena hinab; Temari versuchte so unauffällig, das es schon wieder auffällig war, in die Nähe von Hassin und Aki-chan zu kommen; der mir unbekannte Suna-Jounin schloss sich dem schweigsamen Duo an; und zu meinem mittleren Entsetzen platzierten sich Uzuki-sensei links und Maria rechts von mir. Aus irgend einem Grund machte mich das nervös.

Unten auf dem Sand - wie überaus passend für Sunagakure - traten Tenten und Rock Lee in die Arena, während der Stadionsprecher beide namentlich ankündigte. Die Ränge waren voll, richtig voll. Kein Platz schien unbesetzt zu sein. Und genau diese Menge jubelte jetzt in Erwartung eines großartigen Kampfes.
"Was denkst du, Mamo-chan? Wer wird gewinnen?", fragte Kakashi unvermittelt.
"Lee", sagte ich ohne zu zögern.
"Ach, haben dich die Gewichte beeindruckt?", fragte er amüsiert.
"Das ist es nicht. Tenten hat mit ihren Waffenschriftrollen ein beeindruckendes Arsenal, dem niemand entkommen kann. Zumindest nicht auf Dauer. Nein, ich schätze, Lee wird gewinnen, weil sie schlauer ist als er."
"Eine interessante Prognose", sagte der mir unbekannte Suna-Jounin. "Wir werden sehen, ob sie wahr wird."
Der Kampf begann mit einem freundlichen Abtasten der beiden. Lee griff sofort an, und Tenten wehrte sich mit einem Hagelschauer aus Kunais, die sie aus ihren Schriftrollen beschwor. Lee wich mit seiner wahnwitzigen Geschwindigkeit aus, und versuchte sich ihr zu nähern. Genau das aber versuchte Tenten zu verhindern. Sobald der Taijutsu-Nutzer bis auf Armeslänge heran kam, war der Kampf für sie vorbei, das wusste sie nur zu genau. Aber ihre Abwehr stand wie eine Eins, und das obwohl Lee bereits durch die abgelegten Gewichte einen Geschwindigkeitsvorteil verbuchen konnte. Um noch mehr Geschwindigkeit erreichen zu können, bediente er sich einer Shinobi-Technik, die sich des Chakras bediente, ohne das Chakra an sich zu verformen. Er öffnete das erste der Chakra-Tore in seinem Chakra-System. Das Ergebnis war ein abrupter Geschwindigkeitsanstieg, der ihn für normale, untrainierte Augen verschwinden ließ.
Ich konnte seinen Bewegungen folgen. Noch. Soweit ich wusste, konnte er auf Kosten seiner Muskeln noch drei weitere Tore öffnen, bevor er nicht nur mit einem massiven Muskelkater, sondern auch mit seinem Leben spielte. Tenten hatte nur eine Chance, und genau deshalb würde sie verlieren.
Noch hielt sie mit, erahnte jeden seiner Vorstöße. Dabei bediente sie sich nicht nur ihrer Schriftrollen, sondern auch der Waffen, die sie bereits ausgestreut hatte. Geschickt wich sie Lee aus, ließ sich von ihm treiben, und erreichte dabei ihre geworfenen Salven, die sie wieder in die Rollen bannte, während sie zugleich Lee selbst abwehrte.
Der Junge erkannte, das er auf diese Weise Tenten nicht dazu bringen konnte, all ihre Waffenrollen zu verbrauchen. Also öffnete er das zweite Tor und bekam einen erneuten Geschwindigkeitsschub.
"Ich sehe ihn nicht mehr", gestand Maria.
"Ich schon." Aber auch aus meiner Sicht verschwand er für ein paar bange Sekundenbruchteile, während er die Waffen abwehrte, die Tenten nach ihm schleuderte.
Schließlich geschah, womit ich gerechnet hatte: Ein Schwert traf doch, und verletzte Lee am Arm. Es war nur ein leichter Schnitt, aber er besiegelte Tentens Ende.
Lee zog sich ein Stück weit zurück, und inspizierte seine Wunde.
"Lee! Ist es schlimm?", fragte sie, voller Sorge um ihren Teamkollegen.
"Nur ein Kratzer. Nichts ernstes." Er richtete sich auf und sah zu ihr herüber. "Tenten, ich werde jetzt das dritte Tor öffnen. Du musst dich mit all deiner Kraft wehren."
Und dies war der Punkt, an dem meine Prophezeiung Wirklichkeit wurde.
Die Kunoichi hob die rechte Hand. "Ich gebe auf."
Enttäuschtes Raunen ging durch das Stadion.
"Und daran bist nur du schuld, du Sturkopf!", warf sie Lee vor, wandte sich um und stürmte aus der Arena.
Rock Lee schien aber nicht überrascht zu sein. Er wirkte ernst, sehr ernst. Und da erkannte ich, dass er es geplant hatte.
"Du hattest Recht. Lee hat gewonnen", sagte Maria. "Aber warum hat Tenten-chan aufgegeben?"
"Weil sie keine Alternativen hatte. Sie hätte nur auf eine Art gegen ihn gewinnen können, und das wäre, ihn zu töten", erklärte ich. "Sie wusste das, Lee wusste das. Deshalb hat er sie mit jedem weiteren Chakra-Tor in Zugzwang gebracht. Sie musste sich entscheiden, ob sie seinen Tod in Kauf nimmt, oder aufgibt. Sie hat sich für Lees Leben entschieden. Lee auf der anderen Seite hätte so viele Tore geöffnet wie nötig gewesen wären, um seine Geschwindigkeit so sehr zu steigern, sodass er Tenten überwinden konnte. Es hat nur so ausgehen können. Dafür kenne ich Tenten zu gut." Ich lächelte. "Was mich aber überrascht hat, das ist, dass Lee das auch wusste und so provoziert hat. Viel versprechend für einen zukünftigen Chunin."
Der fremde Suna-Jounin nickte zustimmend. "Eine gute Analyse. Wie sieht es im nächsten Kampf aus? Wer wird gewinnen?"
"Eine Hyuuga, die gegen einen Inuzuka antritt? Da würden alle auf Hinata wetten, oder?", fragte ich grinsend. "Dennoch, ich tippe auf Kiba."
"Weil sie ihren Teamkollegen nicht töten wird?", riet der Suna-Nin.
"Nein. Das ist es nicht. Sie hat die Möglichkeit, ihn auszuschalten, ohne ihn töten zu müssen."
"Dann tippe ich auf die Hyuuga", sagte der Suna-Jounin.

Unter uns wurden die Kontrahenten angekündigt. Hinata trat ein, jeder Schritt pure Entschlossenheit. Kiba war leichtfertig wie immer. Allerdings war, wie mir gerade auffiel, Akamaru mittlerweile zu groß, um von Kiba auf dem Kopf getragen zu werden. Er hatte seine dreifache Größe erreicht und ging an der Seite seines Herrn. Soweit ich wusste, sollte er aber noch größer werden. Groß genug, dass man auf ihm reiten konnte. Nun, ich war gespannt.
"Kiba-kun! Ich werde mit allem kämpfen, was ich habe", sagte Hinata. In ihrem Gesicht erschienen die typischen Adern, die die Aktivierung des Byakugans anzeigten.
"Das ist gut. Ich werde mich nämlich auch nicht zurückhalten. Stimmt's, Akamaru?"
Sein Hund bellte bestätigend.
Als der Kampf freigegeben wurde, verschwanden die beiden in einer Rauchwolke, und hervor kamen zwei Kiba. "Juujin Taijutsu Ougi: Gatsuuga !" Die beiden Kibas verwandelten sich in einen Wirbelsturm aus Krallen und Zähnen. Wie ein Tornado huschten sie davon, und griffen Hinata von zwei Seiten aus an.
"Shugo Hakke Rokujuuyon Shou!" Hinata begann, während sie sich leicht um sich selbst drehte, mit ihren Händen einen Verteidigungskreis zu beschreiben. Dabei deckte sie dreihundertsechzig Grad ihrer Umgebung ab. Eine nahezu unpenetrierbare Verteidigung, solange ihre Kraft reichte.
Kiba und Akamaru versuchten es trotzdem. Sie griffen Hinata an, und wurden abgewiesen.
Erneut attackierten sie, und wieder scheiterten sie an der perfekten Verteidigung der Hyuuga.
"Ist schon merkwürdig", sagte Kurenai-sensei, die sich für den Kampf ihres Schützlings tatsächlich von Aki-chan hatte losreißen können. "Sie greift gleich zu ihrer stärksten Technik. Normalerweise hätte sie zuerst Juuhou Soushiken verwendet, also ihr Chakra in den Fäusten gesammelt und damit attackiert. Sie muss Kiba und Akamaru sehr ernst nehmen."
"Sie muss es ja am besten wissen. Immerhin sind beide im gleichen Team", kommentierte Kakashi.
Unter uns wurden die beiden Wirbelstürme aus Krallen und Zähnen mittlerweile ein sechstes Mal abgewiesen. Beide Kibas kamen zum Stehen, schwer atmend, aber wütend. "Du machst dich gut, Hinata", sagte einer von ihnen.
"Danke. Ich gebe mir Mühe", erwiderte sie über den Lärm der begeisterten Menge hinweg.
"Aber ich glaube, ich muss das hier und jetzt beenden, bevor ich zu erschöpft bin", verkündete Kiba, und ging mit seinem Double erneut in den Wirbelsturm.
"Erschöpft? Jetzt schon?", fragte ich verwundert.
"Hakke Sanjuuni Shou", erklärte Kurenai-sensei. "Sie schlägt mit ihrem eigenen Chakra direkt auf die zweiunddreißig Knotenpunkte des Chakra-Netzes und verschließt sie. Dadurch lassen Kraft und Geschwindigkeit bei Kiba natürlich nach."
"Das tut sie jetzt schon?", fragte ich verwundert.
"Natürlich. Jedes Mal, wenn sie Kiba und Akamaru abweist, verschließt sie auch ein oder zwei Tenketsu."
"Eieieieiei. Ich hätte doch auf Hinata setzen sollen", murmelte ich.
Unter uns brachen die beiden Wirbel in den Boden ein, wirbelten Staub und Sand hoch. Unter Hinata kamen sie wieder hoch, rissen sie von den Beinen, und wirbelten sie meterweit durch die Luft; sie attackierten auf die einzige Art, die einer Hyuuga gefährlich werden konnte.
Hinata landete geschickt auf beiden Füßen und der linken Hand, doch Kiba ließ sich den frisch gewonnenen Vorteil nicht nehmen. Er stürmte einher, und griff sie frontal an, solange sie nur eine Hand einsetzte.
Dann war es vorbei. Großer Jubel klang auf, als Kiba wehrlos wie ein Sack Wäsche zur Seite kippte. Dabei gab er die Sicht auf Hinata frei, die mit ausgestrecktem rechten Zeigefinger vor ihm stand. Der Finger glühte von ihrem Chakra.
Der zweite Kiba wandte sich ihr zu, wandte sich wieder ab, und löste seine Verwandlung auf. Es war Akamaru.
"Verdammt. Wann hast du...?", fragte Kiba aus seiner unbequemen Position.
"Drei bei jedem deiner Angriffe. Ich konnte mich vollkommen auf dich konzentrieren und Akamaru ignorieren. Aber hättest du nicht versucht, mich mit vielen Angriffen in Sicherheit zu wiegen, hättest du nach dem vierten oder fünften Angriff die Attacke durch den Boden geführt, hättest du gewinnen können."
"Ah, Mist. Natürlich erkennt dein Byakugan, wer der echte Kiba ist. Tja, da habe ich wohl verdient verloren", murrte Kiba.
Als sie als Siegerin verkündet worden war, hockte Hinata sich neben Kiba und löste die gesperrten Chakra-Knotenpunkte wieder, sodass er sich wieder von selbst bewegen konnte. "Du bist trotzdem ein großartiger Shinobi, Kiba."
Der Junge aus dem Inuzuka-Clan lachte auf. "Daran besteht doch wohl kein Zweifel, oder?"
Nun, ich hatte daran keine Zweifel. Ich kannte seinen und Hinatas Kampfstil aus erster Hand.

Als nächstes waren der Insektenbändiger und Anne an der Reihe. Ich hatte keine Zweifel daran, dass Shino Aburame mal ein großartiger Chunin werden würde. Er war von der gleichen besonnenen Art wie Shikamaru, mein jüngerer Cousin. Er würde ein guter Anführer werden. Aber in diesem Kampf setzte ich nicht einen Cent auf ihn.
"Anne gewinnt", stellte ich fest.
"Bist du sicher?", fragte Maria zweifelnd.
"Absolut sicher. Shino hat keine Chance."
"Aber was, wenn er die nutzt?", fragte sie stirnrunzelnd.
Okay, das war ein Argument. Anne konnte zum Beispiel darauf beharren, ihren Affenkrieger nicht zu beschwören. Dann würde sie verlieren.
Als der Kampf eröffnet wurde, entließ Shino sofort in einem Versuch, als Erster zuzuschlagen, seine Insekten. Sie zogen in riesigen Schwärmen auf Anne zu und hüllten sie ein.
"Schachmatt, würde ich sagen", kommentierte der Suna-Jounin. "Die Aburame-Insekten fressen Chakra. Sie wird noch schlimmer dran sein als der Inuzuka."
"Dem möchte ich widersprechen", sagte Kankurou.
Und tatsächlich, die dichte Wolke aus Insekten begann auf einmal, sich zu dehnen. Hatten sie vorher ziemlich genau Anne umschlossen, so war nun genügend Platz, damit ein ausgewachsener Mann neben ihr stehen konnte.
Plötzlich gab es einen Lichtblitz, und die Insekten wurden davon geschleudert. Sie gaben Ryoga in seiner Affengestalt frei, der siegessicher und Kampfbereit ins Rund sah - bevor er anfing, sich mit seinen langen Krallen durch sein Fell zu gehen. "Insekten! Ausgerechnet Insekten! Bah! Wehe, ich finde auch nur eines der Biester in meinem Fell. Dann gnade dir die Hokage, Shino Aburame, ich tue es nicht!"
Shino schlug eine Hand vors Gesicht. "Warum wechselst du nicht einfach in deine Menschenform, Ryoga-san?"
"Oh. Danke für den Tipp." Der große Affe verwandelte sich, und war nun ein Mensch. Tatsächlich gab die Verwandlung ein paar von Shinos Insekten frei, die nun eilig zu ihm zurückkehrten. Ebenso wie die anderen Insekten, die von Ryoga über die gesamte Arena verteilt worden waren.
"Keine Ursache. Bringen wir es zu Ende, Ryoga-san."
"Hey, und was ist mit mir?", maulte Anne.
Ryoga sah zu ihr zurück. "Du hast mich beschworen, damit ich dein Schwert sein kann. Also lass mich bitte auch dein Schwert sein."
"Wichtige Lektion für alle, die andere führen wollen", murmelte ich. "Wissen, wann man selbst eingreifen muss, oder die anderen machen lässt."
"Na gut", murmelte sie grummelig. "Ich hätte mir gleich denken sollen, das ich keinen Spaß mehr am Kampf haben werde, sobald ich Ryoga-sama beschwöre."
"Wird das hier nun was?", fragte Shino ärgerlich.
"Geht gleich los. Anne-sama, du musst das jetzt verstehen. Ich bin wie ein Teil von dir. Wie ein Arm. Das heißt, wenn du mich beschwörst, wirst du einfach nur mehr, aber du lässt keinen anderen für dich kämpfen."
"Hm, wenn man es so sieht..."
"Ich fang dann schon mal an, ja?"
"Ist in Ordnung, Shino-kun. Also, Anne-sama?"
"Ja, kapiert. Du bist von mir beschworen worden, und Shino-sempai hat ja auch seine Insekten, oder Kiba-sempai seinen Hund. Ich sehe es ein. Können wir dann mal gewinnen?"
Ryoga, der bereits von den erneut angreifenden Insekten umspült wurde, lächelte liebenswürdig. "Ich wusste, du bist logischen Argumenten zugänglich, Anne-sama." Er wandte sich Shino zu. "Entschuldige die Wartezeit."
"Macht nichts. Ich bin dankbar dafür", erwiderte der Aburame. "Auf diese Weise konnten meine Insekten einen beträchtlichen Teil deines Chakras verwerten, und mir eine echte Chance geben."
"Ach, Chakra wollen die kleinen Biester?" Ryoga grinste schief. "Sollen sie haben."
Es war wie eine Art Explosion, nur ohne Knall. Übergangslos stand Ryoga in einer einen guten Meter tiefen Mulde, die Luft um ihn schien zu flimmern, und etliche Insekten lagen betäubt am Boden.
"Waaah! Was hast du gemacht?", rief Shino verzweifelt.
"Ich habe ihnen Chakra gegeben. Sehr, sehr, sehr viel Chakra. Sie haben sich überfressen. Keine Sorge, davon werden sie sich schon noch erholen."
Shino brach in die Knie ein. "Ich gebe auf."
"Und hier haben wir wieder die wichtige Eigenschaft für einen Chunin, zu wissen, wann man zurückzieht", kommentierte ich das Geschehen.
Anne wurde zur Siegerin verkündet, was sie trotz allem Verständnis nicht so sehr freute, wie es eigentlich sollte. Aber sie versuchte es, und sie bedankte sich artig bei Ryoga, bevor sie ihn zurückschickte. Anschließend, den Kampf diskutierend und unter dem Jubel der Zuschauer, verließ sie mit Shino die Arena.

"Jetzt kommt dein Sohn. Hast du Hoffnungen, das er gewinnt?", rief ich zu Hassin herüber.
"Mohad? Gegen einen Hyuuga? Er ist ein Nahkämpfer. Als Fernkämpfer hätte er eine Chance gehabt. Aber nicht wenn nahe heran gehen genau das ist, was Neji bevorteilt."
"Ja, das dachte ich mir."
Die beiden Jungen betraten den Sand der Arena. Wieder wurde gejubelt.
Mohad sah den Älteren verbissen an. "Ich verzeihe es dir nicht, wenn du nur mit halber Kraft kämpfst, Sempai."
Neji lächelte dünnlippig. "Wieso sollte ich mit halber Kraft kämpfen? Ich habe dir vier Wochen lang beigebracht, wie man einen Hyuuga überwindet. Ich bin gespannt auf das Ergebnis."
"Gut", sagte Mohad zufrieden. "So und nicht anders will ich es."
"Das Geheimnis bei der Geschichte ist einerseits, zu verhindern, dass Neji Mohads Tenketsu verschließt", sagte Asuma, "und andererseits, lange genug durchzuhalten, sodass Nejis absolute Verteidigung wegen Erschöpfung zusammenbricht. Man kann es drehen und wenden wie man will, der entscheidende Handlungsträger hier ist Neji."
"Wir werden sehen, wie es sich entwickelt", erwiderte ich.
Tatsächlich war der erste Angriff ein vorsichtiges Abtasten auf beiden Seiten. Neji verzichtete in dieser frühen Phase darauf, sein eigenes Chakra einzusetzen. Die beiden begegneten sich nur mit Taijutsu. Diese Kampfphase dauerte ungefähr zehn Minuten. Dann erst begann Mohad, seine Fäuste mit Chakra zu umhüllen, das ihm bei einem Körpertreffer eine hohe Schadenswirkung auf Neji verschafft hätte.
Im Gegenzug hüllte sich der Hyuuga in seinen Juuken, seine absolute Verteidigung. Dies ging weitere fünfzehn Minuten gut, bevor beide Kämpfer erschöpft inne hielten. Aber für einen Shinobi waren sie noch nicht mal dabei, ihre Atemreserven anzugreifen. Ihre Körper waren damit noch nicht mal auf Betriebstemperatur.
"Jetzt wird es spannend", kommentierte Kakashi. Für diese Phase des Kampfes hatte er sogar sein Sharingan aktiviert.
Unten in der Arena gingen sich die beiden Shinobi wieder mit Taijutsu an. Dabei versuchte Mohad überraschend, seine Fäuste mit Chakra zu verstärken und einen Treffer zu landen. Und es gelang ihm. Für einem Moment hielt Neji inne, eine Hand auf die getroffene Körperstelle gepresst.
Mohad legte nach, triumphierend, den Sieg vor Augen, ganz wie er es gelernt hatte, und schlug mit Elan mit der Rechten nach Nejis Brustkorb.
Der ergriff den rechten Arm, drehte sich in Mohads Körper, und hebelte ihn einmal über sich hinweg. Mohad kam hart genug auf, um ihm die Luft aus der Lunge zu treiben. Verzweifelt nach Atem ringend blieb er liegen. Als er endlich wieder Luft bekam, sagte er: "Ich... gebe auf. Ich gebe auf. Keine Lust mehr." Er begann zu lachen. Erst war es nur ein Kichern, dann ein Keckern, wurde Gelächter, und schließlich lachte er aus vollem Hals. Neji fiel ein.
Schließlich reichte der Hyuuga dem Getsu-Nin eine Hand, um ihm beim Aufstehen zu helfen, und unter dem Jubel der Massen verließen sie angeschlagen und erschöpft die Arena.

"Illan", stellte ich fest. "Wer ist ihr Gegner?"
"Taric", sagte der Suna-Jounin. "Mein Schützling."
"Und? Ist Taric gut?"
"Er ist im Finale des Chunin-Examens", erwiderte er.
"Stimmt."
Gespannt lehnte ich mich vor. Für mich war dieser Kampf eine einzige große Überraschung, weil ich weder Illans Fähigkeiten, noch die von Taric kannte. Was war das vorherrschende Element in Suna? Spötter mochten sagen, es wäre Sand, weil der Kazekage das Sandjutsu beherrschte wie kein anderer. Aber tatsächlich war es Wind. War Taric ein typischer Suna-Shinobi? Und was war mit Illan? Was war sie außer laut, frech und hübsch? Amir war ein Erd-Nutzer, und ein guter obendrein. Erde gegen Wind, da war keiner im direkten Nachteil.
Ich wurde nicht gerade unangenehm überrascht, als sich die beiden nach der Freigabe des Kampfes fünf Minuten lange bewegungslos gegenüber standen. Meine schwache sensorische Fähigkeit sagte mir, dass die beiden wirklich dort waren, wo wir sie zu sehen glaubten. Zugleich aber bemerkte ich einen steten Fluss von Chakra von Taric in Richtung Illan. "Interessant", sagte ich, während auf den Rängen bereits lautstark nach einem Beginn oder einer Annulierung des Kampfes gerufen wurde.
Der Suna-Jounin sah zu mir herüber. "Was ist interessant?"
"Taric ist also Genjutsu-Nutzer. Und er hat Illan unter Kontrolle. Wahrscheinlich hetzt er sie durch eine Traumwelt. Und wenn sie tief genug drin ist, besiegt er sie in dieser Welt."
"Genjutsu ist nur eines seiner Talente", sagte der Suna-Nin, womit er unterschwellig zugab, das ich Recht hatte.
Tatsächlich, nach weiteren fünf Minuten, begann sich der Suna-Genin zu bewegen. Erst unsicher, dann aber mit immer festerem Schritt ging er auf Illan zu. Er fischte nach einem Kunai aus seiner Waffentasche, hob es hoch, und wollte es Illan an den Hals legen. Entweder, um seinen Sieg zu proklamieren, oder um ihr die Kehle durchzuschneiden, was, grausam wie es klang, durchaus im Rahmen der Regeln möglich war.
Da aber schoss Illans Hand vor, und hielt ihn fest. Schweißperlen standen in dicken Tropfen auf ihrer Stirn. Taric entriss ihr seine Hand wieder, musterte sie ausgiebig, und kam zu dem Schluss, das es eine unbewusste Reaktion gewesen war. Also versuchte er es von hinten. Dies endete in einem weiteren Fiasko, als sie nach seinem Arm griff, und wie zuvor Neji den anderen Genin über sich hinweg hebelte. Sie sprang hinterher und landete mit beiden Knien zuerst auf seinem Bauch. Der Aufprall war hart genug, um ihm die Luft zu nehmen.
Nun öffnete Illan langsam die Augen. "Es war eine dumme Idee von dir, mich komplett allein in der Traumwelt zu lassen", sagte sie. "Ohne deine Irrbilder habe ich relativ schnell raus gefunden. Außerdem hast du tatsächlich geglaubt, mein Körper wäre wehrlos, wenn mein Bewusstsein ihn nicht steuert."
"Ja, ich weiß. War eine dumme Idee", antwortete der Suna-Genin. Er bäumte sich auf, warf Illan von sich ab, griff nach dem Kunai, das er fallen gelassen hatte, und attackierte die Getsu-Nin erneut.
Illan zog ihrerseits ein Kunai, und die beiden trafen sich für einen schnellen Passierangriff. Dem folgte ein zweiter, ein dritter, sie steigerten ihr Tempo.
"Taijutsu scheint auch zu seinen Talenten zu gehören", sagte ich.
"Auch", gab der Suna-Jounin zu.
Nun war es an Illan, die Dinge anzuheizen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. "Katon! Endan!" Sie jagte Taric mit ihrer Flamme, einmal um sich herum, bis das Feuer erlosch.
Erneut suchten sie die direkte Konfrontation, stießen mit den Kunais aufeinander, trennten sich wieder, kollidierten erneut.
"Sie sind gleich schnell", sagte Kakashi. "Aber der Kampf wird bald zu Ende sein."
"Wie?", fragte der Suna-Jounin erstaunt.
"Kannst du es nicht erkennen, Isago?", erwiderte Kankurou. "Das Genjutsu hat sowohl Taric, als auch Illan erschöpft."
Wie um seine Worte zu bestätigen, kollidierten beide Genin erneut miteinander, stemmten sich ineinander - und fielen übergangslos und schwer atmend zu Boden.
"Ich...", japste Illan, "ich kann nicht mehr."
"Ich kann... Ich kann auch nicht mehr", erwiderte Taric im selben Tonfall. Er versuchte, sich aufzustützen, scheiterte aber kläglich. "Wollen... Wollen wir eine Münze... werfen?"
"Dummkopf", erwiderte sie. "Wir brauchen... keinen Sieger. Das hat Mamoru-sempai uns erklärt. Manchmal... ist es einfach besser... wenn man zurückzieht... damit man noch mal... antreten kann."
"Oh", machte Taric, und ließ sich wieder zu Boden fallen. "Unentschieden?"
"Wenn du... nicht noch Reserven hast... Ich bin alle."
Taric lächelte. "Also Unentschieden."
Damit war auch dieser Kampf entschieden, und höchstwahrscheinlich ahnte kaum einer der Anwesenden, was in den ersten zehn Minuten dieses Kampfes passiert war. Dafür bejubelten sie den Taijutsu-Teil aber ausgiebig.
"Schade", sagte Isago. "Ich habe auf Taric gesetzt. Also kein Geld jetzt. Ich dachte aber, er würde gewinnen."
"Und?" Kankurou sah ihn amüsiert an. "Dafür hat er eine sehr wichtige Lektion gelernt. Nicht viele Shinobi erlernen sie im Feld. Meistens sterben sie daran, weil sie selbst in aussichtsloser Lage noch versuchen zu siegen. Ich denke, er ist heute einen Riesenschritt weiter gekommen."
Isago lachte leise. "So kann man es auch sehen." Er sah dabei zu, wie die zwei langsam wieder auf die Beine kamen, die Medi-Nin wieder fort winkten, und Arm in Arm versuchten, die Arena zu verlassen. Dies geschah unter dem Jubel des gesamten Publikums. "Na, da bin ich aber gespannt, wie die Mädchen sich schlagen."

Im letzten Kampf trafen nun Kiari und Sunada aufeinander. Das versprach ebenfalls interessant zu werden.
"Mamo-chan, Yugao-chan", sagte Kakashi. "Kommt bitte mit rein."
Ich nickte, und stieß mich von der Balustrade ab. Sensei folgte mir. Ich nickte Maria zu, bevor ich ging. Sie erwiderte das Nicken mit einem Lächeln, das ich nicht so richtig einsortieren konnte.
Die Konoha-Jounin sammelten sich in einem leeren Umkleideraum, während draußen der reine Suna-Kampf spektakulär zu verlaufen schien, denn die Menge brach immer wieder in Jubelsalven aus.
Asuma führte das Wort. "Also, mittlerweile können wir, denke ich, davon ausgehen, dass Sunagakure nicht überfallen wird. Jedenfalls nicht heute."
Wir lachten. Das heißt, ich lachte gequält, und die anderen Jounin lachten über mich.
"Daher wollen wir zu einer ersten Auswertung kommen." Asumas Blick ging über die Anwesenden. "Guy-san, du bewertest Lee."
Das grüne Biest von Konoha nickte. Ein Taijutsu-Nutzer, der einen anderen Taijutsu-Nutzer bewertete. Das war logisch. "Ich bin ohne weiteres bereit, ihn als Chunin zu empfehlen. Er hat seine Fähigkeiten wohl dosiert eingesetzt und zudem mentalen Stress für Tenten aufgebaut. Seine Planung war fehlerfrei."
"Gut. Deine Empfehlung wurde registriert. Kakashi. Du hast Tenten-chan."
"Hm." Der Copy-Ninja dachte einen Moment nach. "Sie kennt ihre Grenzen, und überschreitet sie nicht. Und sie hat heute das Gleiche von Mamo-chan gelernt wie Illan. Sie hat zurückgezogen, im vollen Bewusstsein, dass sie damit einen zweiten Versuch riskiert. Aber das war ihr das Leben ihres Kameraden wert. Dafür."
"Okay. Yuuhi-chan. Du hast Hinata-chan."
Yuuhi Kurenai nickte. "Auch Hinata-chan hatte eine gute Taktik. Sie ließ Kiba-kun in dem Glauben, das er sie auspowern könnte, und hat ihn dann bei seinem letzten, alles entscheidenden Angriff matt gesetzt. Sie ist mittlerweile ruhiger, sachlicher, überlegter geworden. Sie ist nicht mehr das ängstliche Mädchen von der ersten Prüfung. Sie ist jetzt eine sehr gute Shinobi, die mit kaltem Blut an die Sachen heran geht. Dafür. Ich glaube zwar, das sie noch nicht wirklich so weit ist, eine Chunin zu werden, aber ich denke, das ihre erste Aufgabe, in der sie Verantwortung tragen muss, ihr genau das Wissen vermittelt, das sie braucht, um eine gute Chunin zu werden."
Asuma lachte bei dieser Erklärung. "Gut, das habe ich notiert." Er sah Uzuki-sensei an. "Yugao-chan. Kiba."
"Kiba hatte eine tolle Taktik, die wohl zum Erfolg geführt hätte, was bei einer überlegenen Abwehr wie die der Hyuuga eine mittlere Sensation gewesen wäre. Man könnte jetzt vielleicht sagen, er hätte nicht den Fehler begehen dürfen, Hinatas Byakugan zu unterschätzen. Aber ich denke, da steckt mehr hinter."
Ich räusperte mich. "Wenn du mich fragst, ist Kiba einfach zu nett."
"Erkläre das, Mamo-chan", sagte Kakashi.
"Nun, ich habe das Gefühl, das er Hinata hat gewinnen lassen. Nicht, das ich nicht glaube, das Hinata auch aus eigener Kraft hätte gewinnen können. Aber er hat sie so gewinnen lassen, wie es am meisten nützte. Beziehungsweise ihrem Selbstvertrauen."
Kakashi lachte. "Du willst also sagen, er hat die Chunin-Prüfung geschmissen, damit Hinata ihr Selbstvertrauen aufbauen kann?"
"Wieso die Prüfung geschmissen? Wenn er wirklich so gehandelt hat, mit diesem Gedanken im Hinterkopf, wenn er bereit war für seine Teamkollegin so weit zu gehen, dann sollte er als allererster Chunin werden", argumentierte ich.
Uzuki-sensei prustete verblüfft. "Wenn man es so sieht... Ich unterstütze seine Beförderung, Asuma."
"Ist notiert." Sein Blick ging zu mir. "Mamo-chan. Du hast Shino."
"Echt jetzt Shino? Dabei haben wir doch so gut wie gar nichts gemeinsam, was unser Jutsu angeht", murrte ich.
"Schon, aber du kennst Anne und die Affen besser als jeder von uns", warf Guy ein.
"Anne ist so gut wie Chunin", sagte ich. "Getsugakure kann gar nicht anders, denn der einzige Weg, sie zu bändigen, ist, ihr Verantwortung aufzuhalsen. So viel wie möglich. Sagt mal, warum grinst Ihr eigentlich alle plötzlich?"
Asuma winkte ab. "Nicht so wichtig, Mamo-chan. Was aber sagst du zu Shino, wegen dem du hier bist?"
"Zu Shino? Einhundert Prozent ja. Macht ihn zum Chunin. Er hat es sich verdient. Eine klare, exzellente Strategie, ein Notfallplan, und dann der Rückzug, als es aussichtslos wurde. Sein strategischer Verstand ist bei den Chunin hervorragend aufgehoben. Und wenn er noch das eine oder andere Jutsu über seine Insektenkunst hinaus lernt, dann denke ich, schafft er es bis in die Jounin-Ränge."
"Gut. Ich werde deine Empfehlung Tsunade-sama weitergeben. Bleibt noch Neji. Ich denke, Mohad hatte eine gute Strategie, um gegen ihn zu gewinnen, aber Neji hatte eine bessere Gegenstrategie. Ich möchte kurz anmerken, das er zu lange mit Mohad gespielt hat, anstatt den Kampf zu beenden. Andererseits hat er gegenüber den potentiellen Kunden sehr gut dargestellt, was ein Hyuuga zu leisten vermag. Dafür."
"Dann sind wir uns also alle einig, das unsere sechs Finalisten die Kraft haben, um Chunin zu werden", sagte Kakashi. Er sah zu Kurenai-sensei herüber. "Oder sie durch das Chunin-Amt erwerben werden."
Wir nickten, einer nach dem anderen.
Asuma zündete sich eine Zigarette an. "Normalerweise folgt der Rat den Empfehlungen der Jounin, die vor Ort zuschauen. Also denke ich, dass dieses Jahr denkwürdig für Konoha werden wird. Sechs neu ernannte Chunin bei nur einer Prüfung habe ich jedenfalls noch nicht erlebt."
"Tja", sagte ich, und verschränkte beide Hände hinter dem Kopf, "bleibt nur noch ein Problem."
"Und das wäre, Mamo-chan?", fragte Kurenai-sensei.
"Wir müssen einen Weg finden, unser Grinsen zu verbergen, bis der Rat uns offiziell bestätigt hat."
Die Jounin lachten. Doch diesmal nicht über mich, sondern mit mir.
"Holen wir unsere zukünftigen Chunin ab", sagte Asuma. Gemeinsam suchten wir ihre Kabine auf. Damit war die Prüfung vorbei, und ein verdammt harter Monat ging zu Ende.
***
Es gab Momente im Leben, die erstaunlich waren, sogar für mich, der nun wirklich noch nicht wenig erlebt hatte. Als Lian davon erfuhr, das Katous Mörderin in der Stadt war, und das ich sie getroffen hatte, ohne sie sofort zu liquidieren, war sie fuchsteufelswild geworden und kaum zu bremsen gewesen. Tooma war beherrschter, aber nur, um seine Energie für den Mord an Maria aufzusparen. Es dauerte nicht lange, und sie hatten die junge Frau, die für den Tod ihres Partners verantwortlich war, in ihrer Herberge aufgespürt. Sicherheitshalber war ich mitgekommen, um das Schlimmste zu verhindern, denn heutzutage tötete man keine Verbündete mehr, wie Maria es vorgemacht hatte.
Aber ich hatte wohl zu viel befürchtet. Zuerst erkannte Lian die Getsu-Nin nicht einmal, als sie direkt vor ihr stand, von Tooma ganz zu schweigen. Und dann, als sie wütend werden wollten, um eine riesige Dummheit zu begehen, war es ausgerechnet Aki-chan, der die Krise entschärfte. Als er "Mama" rufend auf Maria zulief und sich an ihre Beine klammerte, war der Zorn der beiden wie weggewischt. Aber es war nicht Lian, die zuerst dahin schmolz wie Butter in der Sonne, sondern Tooma. Er versuchte Akira zu locken, mit Süßigkeiten zu bestechen, sich bei ihm einzuschmeicheln; aber erst als ich dem Kind zunickte, durfte er den kleinen Mann auf den Arm nehmen. Dort wurde er von Tooma ausgiebig betüttelt, während Lian fassungslos daneben stand. Nicht, weil er eine so feminine Seite und einen guten Umgang mit Kleinkindern präsentierte, was bei drei jüngeren Geschwistern vielleicht nicht so unerklärlich war, sondern weil er sie Aki-chan erst nach langer Überredung halten ließ.
Dieses hin und her wurde schließlich sogar dem ausgeglichenen Kleinkind zuviel, und er bettelte, bei Papa auf den Arm zu dürfen. Papa war natürlich ich, und es bedurfte einer sehr langen und ausführlichen Erklärung, um den beiden zu erklären, das ich nicht wirklich sein Vater war.
Auf jeden Fall schoben die zwei ihre Rachegelüste weit in die Zukunft. Vorerst siebzehn Jahre, damit Aki-chan erwachsen werden konnte. Aber wenn er keine Mutter mehr brauchte, dann... Tja, bis dahin hatten sie ihre Wut wahrscheinlich schon vergessen. Zumindest hoffte ich es.

Am Tag nach dem Examen brachen wir wieder auf. Erneut gingen wir mit den Getsu-Nin und teilten uns einen Abschnitt des Heimwegs.
Die Verabschiedung von den Suna-Nin war sehr herzlich.
Ich reichte Baki die Hand. "Keine Ressentiments, Baki-tono."
Der große Suna-Nin schüttelte mir die Hand. "Keine Ressentiments, Morikubo-tono." Danach schüttelte er Uzuki-sensei die Hand. Sie sagten dabei kein Wort, aber die stumme Entschuldigung in seinen Augen fanden endlich Resonanz in ihren.
Temari reichte mir eine versiegelte Schriftrolle. "Hier. Für Shikamaru. Wenn du so nett bist, sie mitzunehmen..."
"Aber selbstverständlich. Was ist es denn? Ein Kuchenrezept?"
"Es ist kein Lie... Ich meine, Kuchenrezept", erwiderte sie harsch, und errötete, als sie sich verhaspelte.
"Gut. Ich gebe es ihm." Daraufhin reichte ich ihr die Hand.
Die Reihe kam an Lokke-sama, der es sich nicht hatte nehmen lassen, bis ans Stadttor mitzukommen. Er ergriff meine Hand und drückte sie fest mit einer Kraft, die sein Alter Lügen strafte. "Lian und Tooma haben mir erzählt, das du zugestimmt hast. Das freut mich sehr. Ich hoffe doch, es dauert trotzdem keine zwei Jahre, bis du mal wieder kommst, Mamo-chan. Wer weiß, wie lange ich noch zu leben habe, nicht? Und wenn du kommst, ist wenigstens ordentlich was los", sagte er mit einem Seitenblick auf Maria, die ein klein wenig verzweifelt versuchte, Aki-chan wieder von Tooma loszueisen.
"Ich werde sehen, was ich tun kann, Lokke-sama." Und das war meine ehrliche Absicht. Zumindest damals.
Keema war da ein ganz anderes Kaliber. Sie umarmte mich herzlich, bevor ich irgend etwas sagen konnte. "Komm gut heim und komm bald wieder. Das Haus der Toroza ist jetzt auch dein Haus, und das von Karin und Hanako."
"Ist gut, Keema-sama. Ich richte es aus", erwiderte ich, ihre Umarmung sehr vorsichtig erwidernd.
Als ich aus dieser Umklammerung entkam, geriet ich gleich in die nächste. Diesmal bestand Lian auf ihr Recht. "Mach es gut, sei vorsichtig und pass auf meine Freundinnen auf, versprich mir das."
"Geht klar", erwiderte ich flapsig.
"Ach, und es ist sooo schade, dass Aki-chan nicht von dir ist. Er hat ja zumindest deine grünen Augen, Mamo-chan. Wäre er deiner, dann könntest du uns mit ihm besuchen können. Und das wäre so toll." Sie sah zu Tooma herüber, der auf das Betteln Marias hin endlich Aki-chan wieder auf den Boden setzte. Dort aber wurde er von Kurenai-sensei in Beschlag genommen. Und das würde sicherlich noch ein wenig so weiter gehen. "Wir könnten dann an einer kleinen Freundin für Aki-chan arbeiten." Sie griente mich bei diesen Worten an. So fraulich war sie mir noch nie vorgekommen. Nicht einmal in ihrem Netz-Bodystocking.
"Aber leider ist er nicht meiner. Also geht das nicht. Aber du kannst dich ja mit Maria anfreunden."
Sie schnaubte amüsiert. "Scheint so, als würden neue Zeiten anbrechen."
"Ja, ganz neue Zeiten."
"Ich überlege es mir. Und jetzt verabschiede dich von Tooma."
Sie schob mich zu ihrem Verlobten herüber. Auch er schloss mich ohne große Worte in die Arme. "Verdammt, Konoha, wenn ich dir nie begegnet wäre, was wäre mir alles im Leben entgangen. Du, Junge, bist der beste Freund, den ich auf dieser Welt habe."
Meine Stimme verließ mich. Ich konnte vor Rührung nichts erwidern.
Er ließ mich los und sah mich an. "Schon klar, das ich bei dir nicht auch der beste Freund sein kann. Aber ich bin doch wenigstens in der Top Ten?"
Ich wollte antworten, aber der dicke Kloß in meinem Hals machte es mir unmöglich, etwas zu sagen.
"Du bist gemein", sagte er theatralisch, und tat, als würde er weinen.
Endlich konnte ich mich räuspern. Darauf folgte das Sprechen. "Suna, du bist einer meiner allerbesten Freunde. Mehr kann ich dir nicht geben, und mehr solltest du auch nicht verlangen."
"Danke, das reicht mir schon", sagte er fröhlich. Von Tränen keine Spur. Dieser alte Schauspieler. Er klopfte mir kräftig auf die Schulter. "Gute Reise, Konoha, und komm bald wieder. Oder sag Bescheid, wenn du Getsu besuchst, dann machen wir da zusammen Urlaub."
"Ja, das ist eine Idee", erwiderte ich. Wie zwei alte Veteranen schüttelten wir uns die Hand. Abgeklärt. So viel schon gesehen. Zuversichtlich in unsere Fähigkeiten und in unsere Freundschaft.
Schließlich gelangte ich zu Kankurou. Wir tauschten einen vollkommen stummen Händedruck aus und sahen uns in die Augen. Worte waren nicht notwendig. Wir dachten gemeinsam an die erlebte Zeit, an die Kämpfe, die wir bestritten hatten. Es war ein Gefühl der Verbundenheit.
Doch plötzlich begann Kankurou prustend zu lachen. "Gut, das du den verrückten Versuch, das Versteck zu infiltrieren, überlebt hast. Wenn ich daran denke, das ich wer weiß wie lange auf dem Affenberg festgehangen hätte, wie ein gewisser Oto-Shinobi jetzt gerade..."
Ich lachte ebenfalls. "Das Glück ist halt mit den Dummen."
"Und mit dir, Mamoru. Und mit dir." Er klopfte mir auf die Schulter, und trat dann an die Seite, um noch einmal mit Asuma zu sprechen.
"Dann war es das also", sagte Gaara. Er musterte mich nahezu emotionslos.
"Ja, das war es, Kazekage-sama."
"Gaara", sagte er beharrlich und reichte mir seine Rechte.
Ich griff zu. Der Kazekage hatte einen erstaunlich festen Händedruck. Aber das lag wahrscheinlich an seiner legendären Sandrüstung. "Du warst meinem Land eine große Hilfe. Das werde ich mir merken."
"Ich denke, wir alle waren eine Hilfe, aber Konoha hat weitaus mehr profitiert als Suna."
"Wir wollen doch nicht anfangen unter Freunden solche Dienste gegeneinander aufzurechnen", tadelte Gaara. Langsam ließ er meine Hand los. "Einer der befreiten Suna-Shinobi hat mir berichtet, das du um ein Empfehlungsschreiben gebeten hast, um Tsunade-sama gnädiger zu stimmen."
"Ja", sagte ich, "sicherheitshalber."
"Ich habe eines verfasst, und dich sehr gelobt, Mamoru. Aber ich habe nicht übertrieben. Das wäre mir auch schwer gefallen." Er lachte leise. "Du erinnerst mich an Naruto. Aber du bist dankenswerterweise eine ganze Ecke ruhiger als er."
"Ja", sagte ich, "das kann ich nur bestätigen. Narutos Überaktivität kann anstrengend sein."
Wir sahen uns an, und seufzten zugleich. Naruto war ein netter, feiner Kerl, aber eben auch anstrengend. Ich verstand, warum der Träger des Kyubis nach Anerkennung suchte, gerade bei einem Schicksal, wie er es durchlebt hatte, aber manchmal, nur manchmal ging seine Fröhlichkeit über meine Kräfte.
"Wenn du Naruto sehen solltest... Ich meine, du bist ihm ja schon einmal begegnet, oder? Dann grüß ihn von mir."
Erstaunt sah ich den Kazekage an. "Hat Tsunade-sama dich über mein Abenteuer in Mizu no Kuni informiert, Gaara?"
Er lachte auf. "Ich habe die Abschrift einer Kopie deines Berichts aus Iwagakure zugespielt bekommen."
Höflich lachte ich über den ältesten Ninja-Witz, den die Welt kannte. Obwohl, es musste nicht mal ein Witz sein. "Ich verspreche es. Wenn ich ihn sehe, werde ich ihn von dir grüßen, Gaara."
"Leute, wir wollen los", sagte Amir.
Wer sich noch nicht von allen verabschiedet hatte, holte es nun schnell nach.
Ich nickte dem Kazekage zu, er erwiderte das Nicken, und dann ging ich zu Amir und Asuma, um die sich alle, die fertig mit den Verabschiedungen waren, sammelten. Drei Minuten später verließen die erfolgreichen Ninjas aus Konoha und Getsugakure Suna.
***
Nach einem halben Tag hatten wir den Punkt erreicht, an dem wir uns auch von den Getsu-Nin trennen mussten. Diese Verabschiedung war nicht weniger laut und herzlich als die in Sunagakure.
Ich umarmte Amir und Hassin herzlich, während unsere Genin sich von ihren Kohais verabschiedeten und ihnen noch einen Haufen praktischer Tipps mit auf den Weg gaben.
Zeit genug für mich, um Aki-chan auf Wiedersehen zu sagen. Und Maria.
Verlegen sah sie zur Seite, als ich auf sie zutrat. Sie war tatsächlich ein vollkommen anderer Mensch, so ganz anders als damals im Trainingsgelände bei der Chunin-Prüfung. Oder später im Umland von Konoha. Oder in Otogakure. Es war, als wäre ihr ein Großteil ihrer Arroganz genommen worden und durch Demut ersetzt worden.
"Was?", fragte sie lachend, nachdem ich Aki-chan ein letztes Mal auf den Arm genommen hatte, und sie nun anstarrte.
"Ich frage mich sehr, wie du dich so sehr ändern konntest. Ich wünschte, du wärst schon früher so gewesen. Liegt es wirklich an dem kleinen Mann hier?"
"Nein, es liegt an dir, und an niemand anderen sonst, Mamoru-sama." Sie sah mich an, mit einem klaren Blick, den ich nicht erwartet hatte. "Als ich dich soweit manipuliert hatte, dass du die Nukenin verteidigt hast, bei unserer Flucht aus Otogakure, hatte ich dich schon viel zu gut kennen gelernt. Die ersten Stunden hatte ich noch immer eine Hand um mein Kunai gelegt, aber es fiel mir zunehmend schwerer. Ich lernte dich kennen, und ich mochte dich sehr. Ich mag dich sehr." Verlegen fuhr sie sich mit der Rechten durch ihr raspelkurzes Haar. "Als du dann erkannt hast, wie sehr ich dich getäuscht hatte, und du trotzdem bereit warst, die Oto-Nin auf der Flucht zu beschützen, da ist etwas in mir zerbrochen. Nein, nicht einfach zerbrochen. Ich habe auf einmal klar gesehen. So klar wie noch nie in meinem Leben. Bis zu diesem Moment war ich ein halbherziger Mensch gewesen, der sich mit dem begnügt hatte, was er hatte erreichen können. Aber ab diesem Moment, beschämt und doch erhöht, da... Da habe ich gelernt, das man die größte Kraft daraus schöpft, wenn man für andere da ist. Wenn man sie liebt. Du hast mir das Leben geschenkt, Mamoru-sama. Und das kann ich dir niemals vergelten."
"Oh, du hast da schon eine wunderbare Anzahlung geleistet", sagte ich, und räusperte mich verlegen.
Maria errötete bis zu den Ohren. "Mamoru-sama. Doch nicht vor dem Kleinen."
Ich lachte auf. Ein letztes Mal drückte ich Aki-chan und gab ihn dann seiner Mutter zurück.
"Gestattest du.. Ich meine, erlaubst du...?", fragte sie stockend.
"Was immer du willst, tu es ruhig. Ich bin dir nicht mehr böse."
Sie nickte dankbar. Dann senkten sich ihre Lippen zu einem flüchtigen Kuss auf meine, und das weckte Erinnerungen an ganz andere Dinge, die wir zusammen getan haben. "Auf Wiedersehen, Mamoru-sama."
"Auf Wiedersehen, Maria." Ich streichelte Aki-chan über den Kopf. "Auf Wiedersehen, kleiner Mann."
"Wiedersehen! Wiedersehen!"
Ich trat zu den Genin, umarmte Illan herzlich, und klopfte Mohad anerkennend auf die Schulter. Schließlich nahm ich auch Anne in den Arm. Sie verkniff sich mit aller Kraft, in Tränen auszubrechen, aber eine feine Spur lief bereits über ihre Wangen. Und es hätte mich nicht gewundert, wenn auch noch Rotz aus ihrer Nase gelaufen wäre. "Mamoru-sama, ich vermisse dich schon jetzt."
Ich lachte bei diesen Worten, und drückte das Mädchen an mich. Ich hätte nie gedacht, das ich einmal so empfinden würde, aber beim Gedanken, sie nach Getsu gehen zu lassen, hatte ich das Gefühl, meine eigene Schwester fortzugeben.
"Was denn, was denn?", tadelte ich sie. "Du wirst in der nächsten Zeit oft nach Konoha kommen müssen. Immerhin werden wir als die einzigen Kontraktträger der Affen viel zusammen üben müssen."
Ihre schlechte Laune verflog. "Versprochen?" Ein skeptischer Blick folgte. "Meinst du, der Tsukikage macht da mit?"
"Natürlich macht er da mit", sagte Amir, und klopfte ihr auf die Schulter. "Du bist jetzt die einzige Kontraktträgerin der Affenkrieger in Getsu. Es ist doch klar, das wir einen solchen Goldschatz pflegen und hegen, und dir so oft wie möglich die Chance geben werden, von deinem Sempai zu lernen." Er grinste mich an. "Natürlich kann dein Sempai auch mal nach Getsugakure kommen, anstatt uns die ganzen Reisekosten tragen zu lassen."
"Wenn ein Wochenende am Strand drin ist, bin ich dabei", lachte ich.
Ich ließ Anne fahren. "Also, sei nicht traurig. Wir sehen uns schon wieder. Und bis dahin trainierst du schön deine Fähigkeiten, einen Affen zu beschwören."
"Jawohl, Mamoru-sama." Sie schniefte, drückte mir einen Kuss auf die Wange und wandte sich ab. "Wir sehen uns wieder, Mamoru-oniichan!"
Teufel auch, damit hatte ich wohl tatsächlich eine kleine Schwester. Was würde Mutter darüber erfreut sein. Allerdings vermutete ich, dass sie mir gleich darauf einen Vortrag halten würde, doch zuerst mit einer Freundin aufzuschlagen, bevor ich adoptierte Schwestern mit nach Hause brachte.

Als sich die Getsu-Gruppe von uns trennte, winkten wir noch einige Zeit hinter ihnen her, bevor wir uns auf den eigenen Heimweg machten.
"Aki-chan ist ja sowas von niedlich", sagte Uzuki-sensei, und prickte mir in die Seite. "Ich wünschte, er wäre von dir, dann könnten wir ihn öfter sehen."
"Sensei, ich bin doch erst siebzehn", beschwerte ich mich.
"Und? Maria ist achtzehn, und sie kümmert sich bereits um ein Kind, und sie ist weiterhin Kunoichi im aktiven Dienst."
"Trotzdem. Etwas mehr Zeit hätte ich schon noch, bevor ich einen weiteren Morikubo auf die Welt los lasse."
Dies brachte die Genin und die Jounin zum Verstummen. Zumindest bis Asuma zu lachen begann, und sich dabei den Bauch halten musste. "Ich finde, Yugao-chan, da hat er aber ein ziemlich gutes Argument, oder?"
Uzuki-sensei grinste. "Ja, das ist ein sehr plausibler Gedanke. Konoha hat ja schon Naruto-kun und Mamo-chan. Ob wir einen zweiten Mamo-chan ertragen könnten?"
Wieder lachten die anderen.
"Hey", protestierte ich der Form halber. "Ich bin jedenfalls keine Naturgewalt auf zwei Beinen wie unser Naruto."
Tenten fing an zu kichern. "Das beschreibt ihn doch ganz gut, unseren Naruto. Findest du nicht, Hinata-chan?"
"Ja, Naturgewalt trifft es doch. So beharrlich, wie er immer seine Ziele verfolgt", sagte sie mit nachdenklichem Blick. Als sie unsere Aufmerksamkeit spürte, sah sie auf, und winkte mit beiden Händen ab. "I-ich meine, Naruto-kun ist Naruto-kun, und das ist auch gut so. Wir wollen ihn doch gar nicht anders."
"Wollen wir ihn gar nicht anders, oder willst du ihn gar nicht anders, Hinata-sama?", stichelte Neji.
"Beides", erklärte sie resolut, wandte sich um, und ging voran.
"Sie ist definitiv gewachsen", stellte Kurenai-sensei zufrieden fest. Sie klatschte in die Hände. "Also gut, wir hatten für den Moment genügend Spaß. Also, Herrschaften, auf das wir nach Hause kommen."
Nach Hause, das klang doch richtig gut. Ich konnte es kaum erwarten, wieder über Konohas Straßen zu wandeln, in meinem eigenen Bett zu schlafen, vor dem Büro der Hokage zu warten, bis sie mich rein rief, um mich zu maßregeln... Zuhause war doch der schönste Ort auf der Welt.


Epilog:
Nach Hause kommen war schön, auch wenn ich ahnte, das ich für mein Versagen im Fall Kabuto noch meinen Anteil von Tsundade-sama verpasst bekommen würde.
Als wir durch das Tor schritten, schoben wie so oft Kamizuki und Hagane am Tor Wache. Die beiden waren mittlerweile als unzertrennlich bekannt.
Izumo Kamizuki begrüßte die Neuankömmlinge und gab ihnen ihre Rapportzeiten für den Rat, wo über ihre Empfehlungen entschieden werden würde. Als er mich ansah, lag so etwas wie Mitleid in seiner Stimme. "Was dich angeht, Mamoru, so hast du leider Pech. Du musst hier warten, bis Shizune-san dich hier abholt und direkt zu Tsunade-sama bringt." Er räusperte sich. "Sie wurde sofort informiert, als du in Sichtweite warst, es kann also nicht lange dauern, bis sie hier ist."
Bestürzt sah ich den Ninja-Kollegen an. War es wirklich so schlimm, mein Versagen? Selbst die Jounin machten ihre Bemerkungen zum Thema, teil verwundert, teils entsetzt.
"Wird wohl wegen Kabuto sein. Ich habe nichts anderes erwartet."
"Mamo-chan?", klang hinter mir Shizunes Stimme auf.
Obwohl ich es nicht wollte, zuckte ich heftig zusammen. "J-ja?"
"Tsunade-sama will dich auf der Stelle sehen. Lass deine Tasche bei Kamizuki-kun und folge mir."
"Verstanden." Also stellte ich meine Tasche unter und schloss zu Tsunade-samas Sekretärin auf.
"Vergiss nicht, Mamo-chan, wir wollen heute Abend grillen gehen", rief mir Asuma hinterher. Dieser sorglose Mensch. Ich war mir nicht sicher, ob ich am Abend noch in Stimmung war, überhaupt etwas zu unternehmen. Oder gar in der Lage dazu.

"Ist es schlimm?", fragte ich leise.
"Sehr schlimm", sagte Shizune nach einem tiefen Seufzer. "Tsunade-sama ist sehr, sehr wütend auf dich."
Ich schluckte trocken. Also hätte ich doch, damals vor dem Schiff, alles auf eine Karte setzen sollen. Aber was half mir diese späte Erkenntnis? Wie ein geprügelter Hund schlich ich Shizune hinterher.
Wir erreichten das Ratsgebäude, und für meinen Geschmack viel zu schnell erklommen wir den Weg zu Tsunade-samas Büro. Erneut schluckte ich trocken, als Shizune bereits anklopfte.
"Tsunade-sama? Ich bringe Mamoru Morikubo."
"Soll reinkommen!", rief sie in einer solchen Lautstärke, das ich meinte, die Tür wäre gar nicht verschlossen.
"Viel Glück", raunte mir Shizune zu, und blieb draußen. Na, das konnte ja was werden.
"Tsunade-sama, ich habe keine Entschuldigung dafür, das ich Kabuto nicht erwischen konnte. Ich bitte um eine harte und gerechte..."
"Kabuto? Nicht erwischt? Blödsinn. Du hattest einen guten Versuch, ihn zu kriegen, und du hast getan was du konntest. Nicht viele Shinobi hätten ihm so lange auf der Spur bleiben können, und hätten nebenbei noch einen Stützpunkt Orochimarus ausgehoben. Nein, da habe ich dir nichts vorzuwerfen."
Erleichtert wollte ich aufatmen, aber laut Shizune war die Hokage sehr sauer. Das dicke Ende kam also noch.
"Jedoch!", rief Tsunade-sama, und mir wurde wieder einmal klar, warum ich Angst vor der blonden Frau hatte. "Jedoch bin ich äußerst ungehalten hierüber!" Sie schlug mit der flachen Linken auf ihren Schreibtisch. Da lagen mehr als ein Dutzend Depeschen.
"Verrate mir, Mamoru Morikubo, warum ich von acht Kage, neun Ländern und siebenundsechzig Einzelpersonen offizielle Benachrichtigungen bekommen habe, in denen dein Einsatz in Orochimarus Geheimversteck über den grünen Klee gelobt wird, und in denen ich explizit gebeten werde, dich nicht zu hart zu bestrafen? In einigen Briefen werde ich sogar gefragt, ob sie dich abwerben können! Kannst du mir das erklären, Mamoru?" Sie faltete beide Hände unter ihrem Kinn zusammen, legte das Kinn darauf und sah mich missmutig an. "Was denkst du eigentlich, wie ich jetzt in der Welt dastehe?"
Ich schluckte mehrfach. Also war die tolle Aktion, die ich mir ausgedacht hatte, vollkommen nach hinten los gegangen. Mist, Mist, Mist. "Als ziemlich streng? Was ja nichts schlechtes ist, Tsunade-sama", wagte ich einzuwenden.
"Als großer, böser blonder Drache!", murrte sie lautstark. "Ich bin äußerst unzufrieden, Mamoru! Und das hat für dich Konsequenzen! Zwei weitere Jahre Beförderungsstopp zum Jounin für dich! Und du wirst ab nächster Woche dein eigenes Dreierteam Nachwuchs-Genin übernehmen, und ihnen die Basisfähigkeiten vermitteln!"
"Müssen das nicht sonst die Jounin machen?", wagte ich aufzubegehren.
"Es wäre ja keine Strafe, wenn ich dich vorher zum Jounin machen würde, oder siehst du das anders? Und widersprich mir nicht!", rief sie ärgerlich.
"Jawohl, Tsunade-sama!"
"Also, dein eigenes Team Genin frisch von der Akademie. Solange wie ich es dir befehle, verstanden? Ach, und besser drei Jahre Beförderungsstopp! Und mach dir keine Hoffnung auf den spezialisierten Jounin, der bleibt dir auch verboten!"
Langsam besserte sich meine Stimmung. Alles in allem war das doch nicht wirklich schlecht. Und die Kids frisch von der Akademie würde ich auch noch überleben.
"Hier, für dich", sagte sie mürrisch, während sie einen Zettel über den Schreibtisch schob.
Ich trat vorsichtig näher, und nahm den Zettel auf. "Das ist was?"
"Dein Bonus für die erfolgreiche Zerstörung eines Labors von Orochimaru. Plus mehrerer Boni, die uns für dich erreichten, weil du Shinobi anderer Nationen gerettet hast. Ich denke, du wirst zufrieden sein."
Ich klappte den Zettel auf. Für einen Moment spürte ich meine Füße, meine Hände und meinen Kopf nicht mehr. "D-danke."
"Ich habe den Betrag aufgerundet. Du hast ja in nächster Zeit die Feier mit den Affenkriegern auszurichten, oder? Da wirst du ohnehin einiges an Ryou brauchen."
"Ja, das stimmt, Tsunade-sama."
Sie winkte mich fort. "Geh, Mamoru. Mein Zorn ist verraucht. Aber du wirst einiges leisten müssen, um wieder auf meine gute Seite zu gelangen."
"Verstanden, Tsunade-sama." Ich verbeugte mich lang und tief vor ihr, und wandte mich dann um. Nur noch raus, bevor was Schlimmes passierte.
"Mamoru!", rief sie.
Ich erstarrte mitten in der Bewegung. "Ja, Tsunade-sama?"
"Was für eine Schande, dass Aki-chan nicht von dir ist, oder?"
"Tsunade-sama, ich bin erst siebzehn!", tadelte ich sie.
"Ach ja. Herzlichen Glückwunsch nachträglich. Und jetzt raus mit dir, bevor mir noch was einfällt, was ich mit dir anstellen kann."
Ich nickte noch einmal, und dann hatte ich die rettende Tür erreicht.

Shizune sah mich skeptisch an. "Drei Jahre Beförderungsstopp. Das ist viel zu hart für einen Stapel Belobigungsbriefe für dich, Mamo-chan. Ich werde mit ihr reden."
Hastig winkte ich ab. "Was mich angeht, könnte ich nicht zufriedener sein. Stell dir doch mal den Schaden vor, den ich als Jounin anrichten könnte. Nein, so ist das schon in Ordnung."
"Oh. Da bin ich zwar anderer Meinung, aber na gut. Ich rede nicht mit ihr."
"Shizune!", rief die Hokage.
"Ich komme, Tsunade-sama!" Sie sah noch einmal zu mir. "Sieh zu, dass du nach Hause kommst, Mamo-chan."
Damit war ich erlöst. Beschwingt sprang ich die Treppe hinab. Nachher noch Barbeque mit den anderen, ein dicker Bonus in der Tasche, Beförderunsstopp zum Jounin... Es versprach eine tolle Zeit zu werden.
***
"Beförderungsstopp zum Jounin, aber ihm eine Anfängergruppe geben?", fragte Shizune ungläubig. "Dicker aufgetragen geht es doch gar nicht, Tsunade-sama."
"Aber er hat es gefressen, richtig?"
Shizune musste grinsen. "Augenscheinlich hat er das. Er hat nicht mal in Frage gestellt, wieso plötzlich ein Chunin den Nachwuchs trainieren soll. Gut, er ist nicht der einzige, der mit irgendwelchen Komplexen durchs Leben geht, aber seine sind gut gefüttert."
"Du musst das verstehen. Seit er geboren wurde, hat man im Nara-Clan gesagt, das er sich selbst umbringen würde, wenn er Ninja wird. Weil er eben die Schattenkunst nicht beherrscht. Und was ist passiert? Er wurde ein sehr passabler Shinobi. Aber wenn man so lange eingeredet bekommt, dass man kein Ninja werden sollte, dann ist jeder Erfolg nur schwer mit dem eigenen Weltbild vereinbar. Immerhin unterstützt ihn sein eigener Clan jetzt vorbehaltlos. Und sobald er das selbst mitbekommt, ist er vielleicht auch diesen Komplex los, der ihn glauben macht, als Jounin würde er nur Schaden anrichten. Aber bis dahin geben wir ihm das, wa er haben will."
"Einen Haufen Lügen."
"Zu seinem Besten, ja."
"Das ist eine Menge Aufwand für einen jungen Shinobi."
Tsunade lächelte. "Den er aber wert ist. Ein Ninja-Dorf ist immer die Summe aller seiner Shinobi. Und Mamo-chan neigt die Waagschale in die richtige Richtung."
"Wenn du es so siehst, Tsunade-sama..." Die Sekretärin der Hokage deutete auf die Briefe und Berichte. "Und was ist damit?"
"Ach, die Bittschriften? Du wirst sie alle beantworten, und jedem einzelnen versichern, das es sein Brief war, der mich davon absehen ließ, gegen Mamo-chan ernstere Maßnahmen zu ergreifen. Da sie ohnehin denken, das ich ein grausamer blonder Drache bin, werden sie sich geschmeichelt fühlen. Und in unserer Schuld stehen. Das tun sie ohnehin wegen der Shinobi, die Mamo-chan befreien konnte, aber es kann nichts schaden, sie daran zu erinnern."
"Ein kluges Manöver, Tsunade-sama."
Die Godaime Hokage nickte, und erhob sich von ihrem Schreibtisch. Sie sah auf Konoha herab. "Jeder Shinobi Konohas ist ein Einzelstück, und braucht seine ganz individuelle Pflege. Nur dann sind wir wirklich schlagkräftig, Shizune."
"Und Mamo-chan ist diese intensive Pflege wert."
Tsunade lächelte. "Ja, das ist er. So wie jeder andere Jounin unter meinem Kommando. Wir polieren ihn noch ein wenig auf, und dann schauen wir dabei zu, was er noch für Konoha leisten wird."
Sie trat näher an ihr Fenster heran. "Ich bin schon sehr gespannt, und habe große Erwartungen, Mamo-chan."

Ende

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Prolog: Ich blicke zurück über den Abgrund der Zeit, und sehe auf mein jüngeres Ich. Ich betrachte ihn, und frage mich, was er damals hätte besser machen können, was er besser hätte machen sollen, und was wohl genau richtig gelaufen war. Früher, fünf Jahre in der Zukunft, hätten die Kategorien eins und zwei wohl über neunzig Prozent ausgemacht. Heute, in einer Zeit, in der ich gealtert, gereift, aber auch gefestigt und bestätigt bin, macht Kategorie drei die neunzig Prozent aus, und die zwei hat bestenfalls zwei Prozent Gesamtanteil.
Will sagen: Ich denke, dass viele Fehler, die ich gemacht hatte, gar nicht so schlimm waren, und einige waren sogar richtig produktiv für mich. Weil, aus Fehlern konnte man lernen, besser werden, sich verstärken. Eine kluge Frau hat mal gesagt - sie ist ein Kino-Sternchen: "Wenn ich könnte, würde ich alle meine Fehler noch mal machen, aber früher, damit ich mehr von ihnen habe."
Nun, ich würde nicht alle meine Fehler wiederholen wollen, aber ich würde vielleicht meinem jüngeren Ich wünschen, etwas früher ein wenig von dem Selbstvertrauen, der Selbstverständlichkeit, der Sicherheit zu besitzen, die ich im Alter von fünfundzwanzig Jahren endlich erreicht hatte.
Apropos Fehler: Meinen größten Fehler darf man nicht vergessen. Nebenbei ist es aber auch mein liebster, mein allerliebster Fehler. Es war etwa eine Woche, nachdem ich vom Chunin-Examen in Suna zurückgekehrt war. Tsunade-sama hatte mich dazu verdonnert, eine Genin-Gruppe frisch von der Akademie zu trainieren. Sprich, ihnen die Grundlagen beizubringen, für sie das zu sein, was Hayate-sensei für mich, Karin und Hanako gewesen war. Diese Aufgabe wurde normalerweise von einem Jounin übernommen. Vornehmlich, damit die jungen Genin ihre eigenen Fehler, die anfangs in Massen auftreten, zu überleben. Ich hatte zuvor nie eine schrecklichere Zeit, aber sie wurde die beste Zeit meines bisherigen Lebens.
Hatte ich zuvor Genin trainiert, die teilweise erheblich älter als ich waren, in Zusammenarbeit und in Kommunikation der Fähigkeiten, die jeder einzelne besaß, so musste ich all dies erst einmal bei meinen drei Genin heraus kitzeln. Egal, für wie gut sie sich schon hielten.
Ach ja, und ich hatte herauszufinden, was sie tatsächlich schon mitbrachten.
Diese drei Genin, die mir schnell ans Herz gewachsen sind, sollten mit mir an der Spitze durch etliche Gefahren gehen, bevor sie sich selbst qualifizieren konnten, um Chunin zu werden. Dass sie es überhaupt bis zum Versuch schafften, war nach unserer ersten Begegnung noch nicht abzusehen gewesen...


1.
Mit einem wohligen Laut streckte Shinji Nanahara sich mit nach oben verschränkten Armen. Als er meinte, nun ginge es ihm gut genug, schritt er zum Tresen des öffentlichen Bades von Konoha. "Eine Erdbeermilch, Frau Yamada."
Die Frau am Tresen lächelte ihn verschmitzt an. "Die sollst du haben. Und die geht auf mich, Shinji-chan. Weil du doch jetzt die Prüfungen bestanden hast."
"Ui, danke! Das ist aber nett von Ihnen!", rief der Junge erfreut.
"Keine Ursache. Kira-chan und du habt doch so gut zusammengearbeitet, da ist so eine Kleinigkeit doch selbstverständlich." Die hübsche Frau mittleren Alters durchsuchte den Kühlschrank hinter ihrem Tresen. "Schade, hier habe ich nichts mehr. Aber ich kann hier auch nicht weg." Sie wandte sich Richtung Tür. "Kira-chan!"
Die Schiebetür des Eingangs öffnete sich, und ein schlacksiger blonder Junge trat ein, in der Hand einen Besen. "Ja, Okaa-chan?"
"Zieh doch bitte mal eine Erdbeermilch für Shinji-chan aus dem Automaten. Die habe ich ihm versprochen, wegen eurer tollen Zusammenarbeit." Sie schob eine Münze über den Tresen, die der etwas zu kräftige Blondschopf Shinji mit äußerstem Wohlwollen betrachtete.
Kira nahm die Münze auf und ließ den Besen stehen. "Es war doch nur diese eine Genjutsu-Prüfung, von der wir beide keinen Plan hatten", murrte er halblaut.
Etwas zu laut, denn seine Mutter, eine liebenswürdige weißhaarige Frau - den Haarton verdankte sie ihrem Clan, den Hatakes, während ihr Sohn das blonde Haar ihres Mannes geerbt hatte, denn für weiße Haare war sie definitiv noch zu jung - räusperte sich. "Kira-chan, was sage ich dir immer im Bezug auf deine Freunde?"
"Aber ich habe keine Freunde", erwiderte Kira trotzig.
"Eben", sagte seine Mutter mit einem energischen Ton in der Stimme. "Shinji-chan ist wohl am nächsten dran an dieser unmöglichen Aufgabe, also mach es ihm nicht so schwer. Was, wenn Ihr in eine gemeinsame Gruppe kommt und aufeinander angewiesen seid?"
Shinji betrachtete den Gleichaltrigen mit funkelnden Augen. "Keine Sorge, Frau Yamada, ich werde schon auf ihn aufpassen."
Kira lachte rau. Er trat vor Shinji, und die beiden sahen sich in die Augen. "Wer wohl auf wen aufpassen muss, du kleiner Fettsack."
"Pass mal auf, was du sagst, Funkenjunge, sonst übernehme ich nach deinem Fegen noch das Wischen, um deine Reste zu entfernen."
Frau Yamada klatschte in die Hände, und die beiden zukünftigen Genin fuhren erschrocken zusammen. "Hach, ihr versteht euch ja schon so gut. Was wünsche ich mir, dass Ihr Freunde werdet und in eine Gruppe kommt. Vielleicht steckt man euch ja mit Konohamaru-chan zusammen. Das wäre doch schön." Sie lächelte liebenswürdig, mit leicht zusammengekniffenen Augen. Aber wer genauer hinsah, der erkannte, dass sich ihre Rechte um einen zerbrochenen Bleistift spannte. "Kira-chan, die Milch." Sie schob eine weitere Münze über den Tisch. "Hier, trink auch eine, und mach ein paar Minuten Pause, um mit deinem Freund zu reden."
"Er ist nicht...", begann Kira, aber das Lächeln seiner Mutter ließ ihn erblassen. Letztendlich war sie eine Hatake, und vor ihrer Hochzeit eine aktive Medi-Nin gewesen, und solch einem Menschen widersprach man nicht. Mit gesenktem Kopf kam er zum Tresen und nahm die Münze auf. "Danke, Okaa-chan."
"Gut", erwiderte sie. Sie wandte sich um, und damit waren sowohl Kira als auch Shinji aus dem Schneider, denn Shinjis Mutter, ebenfalls eine ehemalige Medi-Nin, war die Ausbilderin von Kiras Mutter gewesen. Und die beiden Frauen verstanden sich vor-züg-lich, was wohl auch zum Wunsch von Kiras Mutter beitrug, dass die beiden zukünftigen Genin mehr freundschaftliche Zeit miteinander verbrachten.
Eingeschüchtert schlichen die beiden zu den Automaten.

Kira zog zweimal Milch. Einmal Erdbeer für Shinji, und einmal eine normale für sich selbst.
"Hier." Er reichte sie dem anderen.
"Danke."
Als Shinji zugriff, ließ Kira aber nicht los. Nicht sofort. "I-ich wollte dir nur sagen, das mit dem Fettsack, das habe ich nicht so gemeint."
"Keine Sorge, ich kenn dich doch. Und wenn es dich beruhigt, ich hab's auch nicht ernst gemeint. Aber wenn mir jemand auf die Füße steigt, dann reagiere ich immer gleich. Mutter sagt immer, ich schlage damit so sehr aus der Art, und ich soll mir doch ein Beispiel an Kawada-nii nehmen. Aber irgendwie schaffe ich das nicht. Ist bestimmt irgend ein Trick dabei."
Kira öffnete seine Milch und setzte sich auf eine nahe Bank. Dabei lachte er. "Dein Bruder ist neun Jahre älter als du. Der hat seine Sturm- und Drang-Zeit schon hinter sich und ist in der Chakra-Forschung. Kein Wunder, dass er ruhiger ist. Und disziplinierter. Und stärker. Und erfahrener. Und..."
Shinji sah den anderen Jungen gequält an.
Kira schoss kurz peinliche Röte über die Wangen, als er seinen Fehler bemerkte. "Was ich sagen will, das ist ganz einfach, dass Ältere fast immer besser sind als Jüngere. Du bist leider keine Ausnahme."
"Okay, das kann ich akzeptieren." Shinji öffnete ebenfalls seine Milch, und trank einen kräftigen Schluck. "Aaaahhhh, eisgekühlte Erdbeermilch, es gibt nichts Besseres nach einem heißen Bad. Sag mal, warum arbeitest du überhaupt? Alter, du bist jetzt ein Genin."
"Ach, halt die Klappe. Ich habe keine Angst davor, zu arbeiten, im Gegensatz zu dir. Du bist ja nur am Lesen, wenn du nicht gerade wie ein Verrückter durch die Gegend rennst."
Shinji zuckte die Schultern. "Du hast es doch selbst gesagt. Ich muss eine Menge aufholen, wenn ich den Stand meines Bruders erreichen will. Und ich habe vor, da nicht stehen zu bleiben, sondern es bis zum Voll-Jounin zu schaffen." Der blonde Junge legte beide Hände hinter den Kopf und sank gegen die Wand. "Morgen, also. Meinst du, wir kommen tatsächlich in ein Team? Nach unserer Kooperation bei der Genjutsu-Prüfung kann ich mir das gut vorstellen."
"Weiß nicht. Du bist mir auf jeden Fall lieber als Konohamaru und seine beiden Spinner. Der hält sich ja für was Besseres, weil er der selbsterklärte kleine Bruder von Naruto Uchimaki ist."
"U-zu-maki", verbesserte Shinji. "Naruto Uzumaki! Der Mann, der gegen das einschwänzige Bijou gekämpft hat! Der Schüler vom legendären Sannin Jiraiya-sama!"
"Ja, ja, stell mal 'nen Ton leiser. Du und dein Jounin-Tick, Ihr geht mir auf die Nerven. Aber ich sage dir was. Dein Naruto ist auch nur bloß ein Genin."
"Aber das wird er nicht mehr lange bleiben", sagte Shinji im Brustton der Überzeugung. "Ich gehe fest davon aus, dass er nach seiner Reise mit Jiraiya-sama so verdammt stark ist, dass er all die anderen hoffnungsvollen Genin mit einen Wink beiseiteschieben kann."
Kira lachte laut. "Na, dann hoff mal lieber, das er nicht ausgerechnet auf deiner Chunin-Prüfung antritt, und dich mit beiseite schiebt."
"Oh." "Ja, daran hast du nicht gedacht, eh?", erwiderte Kira grinsend.
"Aber das ist doch toll! Stell dir vor, ich darf gegen Naruto antreten, das ist doch..."
Kira seufzte auf. "Dir und deinem Jounin-Tick ist echt nicht mehr zu helfen."
"Ach was", meinte Shinji grinsend. "Ein wenig mehr Begeisterung würde dir auch gut tun. Wenn du mich fragst, fängt das damit an, dass du deine Verbissenheit endlich los wirst."
Kira sah auf seine Hände. "Leichter gesagt als getan. Für mich ist sie die Motivation, überhaupt weiter zu kommen. Ich habe die ganze Akademie-Zeit wie an mich vorbei plätschern gesehen. Als es dann ernst wurde, da..." Er ballte die Hände zu Fäusten. "Ich wusste, dass ich Shinobi werden will, um eines Tages in der Lage zu sein, meine kleine Schwester zu rächen. Oder wenigstens zu verhindern, dass so etwas noch mal in Konoha passiert."
"Lobenswert", sagte Shinji ungewöhnlich ernst. "Aber damit du als Einzelner was erreichen kannst, musst du schon Jounin werden."
Kira zuckte mit den Schultern. "Das habe ich doch sowieso vor."
Die beiden Jungen tauschten erneut einen langen Blick aus. "Dann sind wir Rivalen, Alter", sagte Shinji schließlich. Er reichte ihm die rechte Hand, genauer gesagt den kleinen Finger. "Los, wir werden gemeinsam Jounin, und scheiß auf die anderen. Wer es nicht schafft, muss eintausend Nadeln essen."
"Da bin ich dabei. Jetzt, wo es um was geht, habe ich wenigstens einen Grund, mich ins Zeug zu legen." Er hakte seinen kleinen Finger bei dem von Shinji ein, und beide sangen den Sermon von den eintausend Nadeln, die ihr Versprechen absicherten.
Als sie geendet hatten, widmeten sie sich wieder der Milch.
"Also, warum arbeitest du heute?"
"Frau Kubo ist krank, und meine Mutter bezahlt mein Taschengeld. Alles klar?"
"Oh, wie nett."
"Ja, genau das. Ist egal. Ich habe das hier schon oft gemacht." Kira trank aus und stellte die Glasflasche im bereit stehenden Kasten ab. "Hm, wenn ich es mir wünschen könnte, hätte ich gerne Yumi in unserer Truppe. Man macht ja immer gemischte Trupps, und Yumi hat schon richtig Busen."
"Yumi?" Shinji verdrehte gespielt die Augen. "Was findest du denn an Busen?"
"Gar nichts. Aber Kakashi hat mir gesagt, dass das für uns Jungs noch mal ein wichtiges Thema werden wird. Besser, wir sind vorbereitet."
"Äh, hast du auch nur den leisesten Hauch einer Ahnung, warum Hatake-sensei dir das gesagt hat?"
Kira seufzte über diese dumme Frage. "Na, weil es für uns WICHTIG sein wird. Darum."
Shinji lachte prustend. "Na ja, wir sind auch erst zwölf."

"Frau Yamada?", klang eine helle Frauenstimme aus dem Bad auf. "Ich habe mein Wasser fallen gelassen. Haben Sie bitte einmal Besen und Kehrblech für mich?"
"Ach, baden Sie einfach weiter, Fräulein Akimichi. Ich schicke jemanden, um das aufzukehren."
"Oh, danke. Sehr freundlich, Frau Yamada."
"Keine Ursache. Sie sind heute hier Gast, Fräulein Akimichi. Sind Sie denn gar nicht mit Herrn Morikubo hier?"
"Nein, der hatte keine Zeit." Die helle Frauenstimme seufte. "Für nichts. Darum bin ich mit Hana-chan hier."
"Mit der besten Freundin zu baden ist doch auch was feines. Die Männer können bei so einem kultivierten Ereignis gar nicht mithalten, denke ich."
Shinjis Augen strahlten. "Mensch, das wusste ich ja gar nicht! Karin Akimichi und Hanako Yodama sind bei dir im Bad?"
"Ja. Und? Außerdem ist es nicht mein Bad", erwiderte Kira. "Ich arbeite nur dreimal die Woche hier."
"Aber... Aberaberaber, die beiden sind Chunin! Chunin, verdammt! Und sie haben geholfen, als Morikubo-sama Otogakure ausgelöscht hat! Der Mamoru Morikubo, der, der Affenkrieger beschwören kann! Begeistert dich das denn überhaupt nicht?"
Kira zögerte. "Nun, mir ist bekannt, was er geleistet hat, und das er ein guter Shinobi ist. Aber bedenke, das er wirklich glaubt, Tsunade-sama hätte ihn tatsächlich noch elf weitere Jahre von der Beförderung zum Jounin ausgeschlossen. Das klingt nicht sehr erwachsen."
"Ach, Papperlapapp, jeder darf seine eigenen Macken haben! Sag mal, hättest du da keinen Spaß dran, Affenkrieger zu beschwören? Es gibt nur zwei Kontraktpartner insgesamt in den Ländern, und Morikubo-sama ist einer davon! Das macht ihn fast unbesiegbar!" Shinjis Augen begannen zu strahlen. "Ich würde sofort einen Kontrakt mit den Affen unterschreiben."
"Nee, das ist nicht meins. Ich habe es mehr mit den Hunden, oder noch besser, mit den Wölfen oder den Katzen."
"Aber... Aber stell dir doch mal vor, wir kriegen ihn zu unserem Sensei! Wenn wir seine Genin-Truppe werden, dann macht er einen oder alle von uns vielleicht zu Kontraktpartnern!", rief Shinji aufgeregt.
Dies ließ Kira nur schmallippig lächeln. "Eher würde ich Tsunade-sama fragen, ob ich einen Kontrakt mit den Schnecken kriegen kann, bevor ich..."
Eine gut gezielte Bürste, der Kira ziemlich genau am Hinterkopf traf, beendete den Satz.
"KIRA!", rief seine Mutter mit zorniger Miene. "Wirst du endlich herhören?"
"Autsch! Ich meine, ja, was ist denn, Okaa-chan?"
"Ich rufe dich schon seit zwei Minuten!", sagte sie böse.
"Ja, aber du hast mir doch gesagt, ich soll mit Shinji quatschen", entschuldigte er sich.
Dies ließ die böse Miene vom Gesicht seiner Mutter wieder verschwinden. "Ach, na gut. Geh bitte ins Frauenbad und kehre dort das Glas zusammen. Akimichi-chan hat eine Wasserflasche fallen lassen."
"Ist gut. Komme."
Kira sprang auf und wollte zu seiner Mutter eilen, aber Shinji hielt ihn fest. "Sag mal, bist du wahnsinnig? Du kannst doch nicht ins Frauenbad gehen!"
"Was? Wieso nicht?"
"Schau dir mal die Schriftzeichen der Tücher über den Türen an! Das da liest man "Mann", und das da liest man "Frau". Was denkst du, zu welcher Sorte du gehörst, Alter?"
"Und? Was willst du mir damit sagen?"
"Also, das verstehe wer will. Da möchtest du Yumi-chan wegen ihrem Busen im Team haben, und dann verstehst du nicht, worauf ich hinaus will?" Shinji seufzte. "Du hast wahrscheinlich Recht. Geh ruhig."
"Danke für deine großzügige Erlaubnis", brummte Kira. "Und mach dir keine Sorgen, ich gehe jedes Mal, wenn ich hier arbeite, ins Frauenbad. Das hat noch niemanden gestört. Ich bin doch erst zwölf." Er ging weiter, um Kehrblech und Handfeger zu holen.
"Ja, und Konoha reicht das Alter aus, um dich zum Genin zu machen", murmelte Shinji ihm hinterher.
***
Im Frauenbad ließ sich Karin wieder ins heiße Wasser sinken, direkt neben Hanako. "Frau Yamada ist richtig nett. Sie sagt, ich brauche mich um nichts zu kümmern. Sie schickt jemand zum Auffegen."
Hanako kicherte. "Vor drei Jahren hätte sie Mamo-chan schicken können. Der hätte sich überhaupt nichts dabei gedacht, hier rein zu kommen."
"Ach, Quatsch", widersprach Karin. "Erinnerst du dich nicht mehr an die Szene im Frauenbad in Kumogakure? Da ist er beinahe am Blutverlust gestorben, als Omoi ihn als Frau verwandelt mitgeschleppt hat. Was eine Frau ist, das wusste er damals schon."
Die beiden Mädchen grienten sich an. Anschließend streckten sie sich wieder genüsslich im Wasser aus.
Dabei wurden sie von einem mageren Mädchen beobachtet, das, ein Badehandtuch um den Körper geschlungen, bis zur Nase ins Wasser gesunken war, und mit den Nasenlöchern Blasen produzierte, während sie die beiden Chunin neidisch beobachtete.
Hanako reckte sich genießerisch, und ließ dabei einen Laut äußersten Wohlbehagens hören. Dann sah sie zu dem jungen Mädchen herüber. "Ja, Mai-chan? Was hast du denn?"
Das Mädchen wurde knallrot, und versuchte noch tiefer unterzutauchen. Dabei bekam es Wasser in die Nase, und musste wieder hochkommen, um es auszuniesen.
Karin sah ihr dabei interessiert zu. Sie lächelte nachsichtig. "Mai-chan?"
"Ach, sie kauft immer im Blumenladen der Hauptfamilie ein. Ich helfe da öfters, seit Ino auch eine Shinobi geworden ist und weniger Zeit für das Familiengeschäft hat. Sie ist so ein nettes, wohlerzogenes Mädchen. Und sie hat die Prüfung der Akademie abgeschlossen, nicht wahr, Mai-chan?"
"Ja, habe ich", erwiderte sie in einem trotzigen Ton.
"Dann freust du dich also auf deine eigene Gruppe und deinen eigenen Jounin?"
"Weiß nicht", murmelte sie. "Wir werden sehen, was passiert."
"Oh, glaub mir", sagte Hanako lächelnd, "mit der eigenen Gruppe beginnt dein Leben als Ninja überhaupt erst. Du wirst viel Spaß haben, durch viele Gefahren kommen, viel von der Welt sehen - vorausgesetzt, du kriegst einen guten Jounin als Sensei. Na, Konoha hat ja nur gute Jounin."
"Ja, und Mamo-chan", kicherte Karin. "Ob er es jemals merken wird?"
"Du meinst, ob er jemals aufhören wird, es zu ignorieren", erwiderte Hanako in tadelndem Ton. "Also, Mai-chan, du darfst dich ruhig freuen. Ich wette, deine Teamkollegen werden dir aus der Hand fressen. Alleine schon wegen der niedlichen Sommersprossen."
Diese Worte brachten die junge Frau dazu, wieder tiefer ins Wasser einzusinken. "Ich mag die Sommersprossen nicht. Sie machen mich so kindisch. Und außerdem habe ich nicht... Habe ich nicht... Nicht..."
"Du hast was nicht?", hakte Karin nach.
Sie fuhr aus dem Wasser und stand nun vor den beinen Chunin. "Na, na, na, ich habe nicht DAS!"
"Oh, du meinst das", sagte Hanako amüsiert, und griff sich mit beiden Händen an ihren Busen. "Du meinst, das unterscheidet dich von einem Kind, wenn du auch welche hast?"
"Komisch, der Ansatz ist doch schon da, Mai-chan", sagte Karin. "Das sehe ich doch auch durch das Handtuch. Der wird schon noch wachsen. Oder meinst du, wir beide hatten großartig Brust, als wir Genin geworden sind?"
"Da wart Ihr zwölf! Aber ich bin doch schon dreizehn!", rief sie aufgebracht.
"Oh, mit dreizehn hatte ich noch keine Brust", kommentierte Karin. Sie drückte ihre große Oberweite zusammen. "Das hier ist erst gekommen, als ich begonnen habe, weniger Akimichi-Techniken einzusetzen, oder sie mit Hilfe von Hayate-sensei zu modifizieren. Aber so einen Busen solltest du dir besser nicht wünschen, Mai-chan. Du glaubst ja gar nicht, was der wiegt, und wie das auf den Rücken geht. Ich hätte lieber sowas wie Hana-chan. Wann ist er denn bei dir gewachsen?"
"Oh, ich muss zugeben, das ging mit dreizehn los. Aber seit der Chunin-Prüfung ist nicht mehr viel dazu gekommen. Zwei Körbchengrößen, etwa." Misstrauisch beäugte sie ihre Brust. "Meinst du, da kommt noch was? Ich nehme Rückenschmerzen jederzeit gerne in Kauf, wenn ich auf E aufsteigen kann."
"Oh, glaub mir, das tust du nicht", erwiderte Karin lächelnd.
Hanako schmunzelte. "Käme auf einen Versuch an."

"Entschuldigt mein Eindringen", klang eine Jungenstimme vom Eingang auf. Kira Yamada, bewaffnet mit einem Kehrblech und einem Handfeger, trat in den Waschraum ein. "Wo hast du das Glas denn fallen gelassen, Karin-chan?"
Die Akimichi drehte sich im Becken und reckte sich ein Stück über den Rand. "Beim hintersten Waschplatz links. Von mir aus gesehen. Danke für's Auffegen, Kira-chan."
"Oh, gern geschehen, Karin-chan."
Karin wälzte sich wieder auf den Rücken. Dabei fiel ihr Blick auf die junge Mai. "Was hast du denn, Mädchen?"
"Also, so ist sie schon, seit Kira rein gekommen ist", murmelte Hanako.
Mai war erstarrt. Eine Hand hatte sie angstvoll um ihr Handtuch gelegt, die andere deutete in den Raum mit den Waschplätzen. Ihre Augen waren unnatürlich weit aufgerissen, und ihre Lippen zitterten. "D-d-d-d-da...", stotterte sie. "M-m-m-m-m-mann!"
"Wo?" Karin wandte sich wieder um. "Kira, siehst du einen Mann in unserem Bad?"
Der Gefragte drehte sich mehrfach um, bückte sich, guckte unter die Tische. Schließlich schüttelte er den Kopf. "Nein, kein Mann im Raum."
"Doch! DU bist im Bad, Kira!", rief Mai entrüstet.
Dies ließ für einen Moment alle Gespräche im Becken verstummen. Dann begannen alle Frauen zu lachen. "Aber das ist doch bloß Kira. Der kommt hier öfters rein", beschwichtigte Karin das Mädchen. Nun, zumindest versuchte sie es.
"Ö-ö-öfters? Kira, ich hatte keine Ahnung, dass du so..."
"Hä? Ich bin doch erst zwölf. Was interessieren mich Frauen? Und du interessierst mich schon mal gar nicht."
"Hä?" Entsetzt sah sie den Jungen an. "Nichts könnte mir egaler sein, ob du dich für mich interessierst oder nicht, aber deshalb bleibst du trotzdem ein Mann!" Sie fuhr sich mit der Linken fahrig über ihre von der Stirn nach hinten geflochtenen Haare. "Ach, feg einfach auf und geh, Kira. Geh, und..." Ungefähr in diesem Moment rutschte ihr Handtuch, das nun nicht mehr von ihrer linken Hand gestützt wurde. Erschrocken kreischte Mai auf, und schaffte es gerade so, zu verhindern, dass es ganz fiel. "N-nicht gucken, du Perverser!" rief sie mit hochrotem Kopf.
"Warum sollte ich gucken? Nicht, dass mich Frauenbrüste überhaupt interessieren, aber du hast ja noch nicht mal welche!", murrte der Junge.
Mais Hände ballten sich zu Fäusten. Ihr Kopf wurde tiefrot vor Wut. Reflexartig griff sie hinter sich, um die Tasche mit ihren Shuriken zu erreichen, aber natürlich trug sie die nicht im Bad. Also entspannte sie sich und öffnete die Fäuste wieder. "Ach, Kira, hier ist noch etwas, was du mitnehmen solltest", flötete sie in freundlichem Ton.
"Ja? Was denn? Ich bin immer hilfreich, wenn ich kann", sagte er, und trat bis an das Becken heran.
"Ach, nur eine Ohrfeige."
"Eine was?"
Da knallte es aber auch schon, und Mais Hand zeichnete sich weiß vor einer roten Wange ab.
"Ach das", nuschelte Kira.
***
Shinji kringelte sich vor Lachen am Boden. "Ich habe es dir doch gesagt", ächzte er zwischen zwei Lachanfällen. "Irgendwann musste das ja passieren. Aber das du ausgerechnet Mai-chan erwischst... Und dann machst du dir nicht mal was aus Frauen."
Kira, der neben ihm auf der Bank saß, und sein blessiertes Gesicht mit einem Steak kühlte, murmelte: "Keine Sorge, an Mai-chan ist auch nichts Frauliches dran."
Diese töricht ausgesprochenen Worte hatten zur Folge, dass der Kopf der besagten Mai Kobashi herum ruckte und Kira mit einem stechenden Blick fixierte. Dazu entrang sich ihrer Kehle ein angriffslustiges Knurren.
Kira wurde blass. Er hatte nie wirklich gelernt, sich gegen Frauen zu wehren, und das wurde jetzt zu einem richtigen Nachteil. Seit seine kleine Schwester eher nebensächlich in der Schlacht um Konoha getötet worden war, hatte er nicht mal einen Gedanken daran verschwendet, jemals eine Frau auch nur hart anzufassen. Und das, obwohl er ihre Mörderin anschließend eigenhändig mit einem Wakizashi erstochen hatte. Dies gereichte ihm nun zum Nachteil. Unter dem zwingenden Blick der Akademie-Abgängerin machte er sich klar, dass das ein tödliches Defizit war, das er sich da aufgehalst hatte.
Shinji hörte auf zu lachen. Er erhob sich wieder, und ging auf Mai zu. "Hör mal, Mai-chan, du weißt doch hoffentlich, dass Kira noch viel zu doof ist, um..."
"Ja, das weiß ich!", fauchte sie. "Und wahrscheinlich wird er so den Rest seines Lebens bleiben! Aber was er über mich gesagt hat, das... Das..."
"Ach, verdammt, dann entschuldige ich mich eben dafür, dass ich gesagt habe, dass du so fl..."
"Ach, ist es denn schon so spät?", rief Hanako, und schnitt Kira das Wort im Mund ab. "Da sollten wir wohl besser nach Hause gehen. Mai-chan, wir haben doch den gleichen Weg. Bitte begleite mich. Karin, kommst du?"
"Ja, natürlich." Hanako hakte sich rechts bei Mai ein, Karin links. Dabei tauschten sie einen sehr amüsierten Blick aus, weil ihnen die Situation sehr vertraut war. Kichernd schickten sie sich an, das öffentliche Bad zu verlassen.
"Guten Abend noch, Frau Yamada."
"Guten Abend noch, Fräulein Yodama, Fräulein Akimichi, Mai-chan."

Dann waren sie draußen, und genossen die laue Luft des Frühjahrs, das in den Sommer überging.
"Puh", machte Karin. "Zum Glück haben wir es raus geschafft, bevor unser kleiner Schatz hier richtig durchgedreht ist."
Mai errötete, diesmal vor Verlegenheit. "I-ich weiß doch, das ich nicht so weit bin wie die anderen in meinem Alter. Aber dass dieser Idiot so absolut keine Rücksicht nimmt, das ist... Das ist so gemein."
"Das erinnert mich an Mamo-chan", sagte Hanako mit einem Seufzer. "Wollen wir ihr die Geschichte erzählen?"
Karin nickte lächelnd. "Ja, vielleicht geht es ihr dann besser. Mai, gehen wir ein Stück."
"Was für eine Geschichte?", fragte Mai interessiert, während die beiden Frauen sie mitzogen.
"Ach, weißt du, als wir beide Genin geworden sind, da wurde uns Mamo-chan zugeteilt." Sie stutzte. "Mamoru Morikubo aus dem Nara-Clan. Hast du schon von ihm gehört?"
"Flüchtig. Er soll Affen beschwören können, und er hat Otogakure zerstört. Ein guter Shinobi."
Karin lächelte und schnaubte amüsiert. "Ja, so kann man das nennen. Und das war auch schon alles."
"Wie jetzt?"
Hanako tätschelte Mais Hand. "Ach, weißt du, als ich Mamo-chan kennen lernte, da dachte ich, dass er ein ruhiger, etwas zurückgebliebener Zeitgenosse wäre. Wie er die Prüfungen geschafft hat, war mir damals schleierhaft. Er war jemand für mich, den ich rumkommandieren konnte. Schließlich musste ja einer das Denken übernehmen, und das war ich. Aber er hat so eine Art, so ein Wesen, dass..."
"Ich war sofort in ihn verliebt. Von der ersten Sekunde, als ich ihn einmal sein Endan abfeuern gesehen habe", warf Karin ein. "Man sagt sich nicht ohne Grund, das sein Feuer eines der heißesten in ganz Konoha ist. Leider betrifft das nur sein Katon. Damals zumindest."
Hanako lächelte. "Ich habe mich in ihn verliebt, als wir überfallen wurden, und uns Hayate-sensei zurück geschickt hat. Ich wollte beim Sensei bleiben, und hätte ihn als kleine Genin damit unnötig gefährdet. Also hat Mamoru mich gezwungen - GEZWUNGEN - nach Konoha zu fliehen. Ich dachte mir, Wow, ist das wirklich dein Fußabtreter, der ein bisschen dämlich geblieben ist? Ab dem Moment entdeckte ich mehr und mehr von seinem wahren Ich. Und bevor ich mich versah, waren wir Konkurrentinnen, Karin und ich."
Die Akimichi griente die Freundin an. "Aber leider gab es ein Problem."
Hanako seufzte bei diesen Worten. "Ja, ein Riesenproblem."
"Und das war?", fragte Mai interessiert.
"Mamo-chan hat nicht gemerkt, was wir für ihn empfinden", sagte Hanako. "Jahrelang nicht. Ich meine, wir haben ihn geküsst, auf den Mund. Wie oft eigentlich?"
"Oft genug", erwiderte Karin.
"Und es hat nichts genützt. Für ihn waren Frauen... Ich weiß nicht, Shinobi mit einer anderen Bezeichnung?" Karin lachte leise. "Unsere Sensei hatten schon befürchtet, das er niemals Interesse an Frauen entwicken würde, und diese Vorstellung war für Hana-chan und mich einfach schrecklich. Aber wir gaben nicht auf. Und da wir keine Rivalen sein konnten, weil es nichts gab, warum man Rivalin sein konnte, beschlossen wir zumindest dafür zu sorgen, dass sich Mamo-chan ausgerechnet dann, wenn ihm klar wird, was Frauen sind, nicht einfach in irgendeine Frau verliebt, sondern in eine von uns."
"Und stell dir vor, als er endlich gemerkt hat, dass Kunoichi sich frappierend von Shinobi unterscheiden, da hat er sich mit uns beiden hingesetzt, und uns seine Liebe gestanden", erzählte Hanako seufzend. "Unsere Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Und ich denke, bei Kira-chan ist auch noch nicht Hopfen und Malz verloren gegangen."
Mai schoss vor Verlegenheit noch mehr Röte in die Wangen. "I-ich will doch gar nichts von Kira! Ich meine, er ist zwölf! Und wenn, dann mag ich Shinji ohnehin lieber!"
Hanako und Karin kicherten.
"Was wir dir erklären wollten", begann Karin, "das ist, das auch jemand wie Kira-chan irgendwann einmal nicht nur weiß, was eine Frau ist, sondern dass er ihr gegenüber auch delikater werden wird. Das heißt, irgendwann kann er das Frauenbad eben nicht mehr einfach so betreten. Und dann wird er sicher auch merken, dass man eine Frau nicht auf ihre Brüste reduzieren kann."
Verstohlen fasste sich Mai an den Brustkorb. "Es ist mir egal, was Kira denkt. Ich will nur nicht, das er mich wie ein Kind behandelt, weil ich wie eines aussehe. Oder dass er mich für schwach hält. Das bin ich nämlich nicht", sagte sie trotzig. Ein wenig leise fügte sie hinzu: "Meint Ihr, da wächst doch noch was?"
Hanako lachte leise. "Du bist dreizehn, Mai-chan. Natürlich wächst dir da noch was. Schau dir doch deine Mutter mal an. Oder die Schwester deines Vaters. Auf beiden Seiten der Familie haben die Frauen Busen. Du kriegst auch noch einen, versprochen."
"Und wenn die ganze Krankengesch... Ich meine, ich bin doch so dünn geworden. Wenn sich das auch auf die Brust auswirkt..."
"Oh, das hat nichts damit zu tun. Aber es schadet sicher nichts, wenn du ein wenig fett isst, und jeden Tag Milch trinkst", sagte Karin.
"Oh. Hast du das damals gemacht, Karin-sempai?", fragte sie, plötzlich aufgeregt, und starrte auf ihren Busen.
"Oh ja, jeden Tag einen Liter, um genau zu sein", sagte sie mit großem Ernst. "Und das mache ich heute noch."
"Wenn ich einen Busen habe, dann nehmen sie mich auch ernster", sagte Mai entschlossen. "Und vielleicht verschwinden dann auch diese dämlichen Sommersprossen."
"Ganz bestimmt. Und für die Sommersprossen musst du Buttermilch trinken, und aus der Sonne bleiben", erklärte Hanako.
Die drei Frauen hielten an. "So, Endstation für dich." Hanako ließ ihren Arm fahren. "Geh früh schlafen, denn morgen ist ein wichtiger Tag, wenn deine Gruppe zusammengestellt wird. Da musst du fit und munter sein."
"Ja, da hast du wohl Recht, Karin-chan." Sie löste sich auch von Hanako. Die kleine Gruppe stand vor dem Haus ihrer Familie. "Ich gehe am besten sofort schlafen", versprach sie. "Gute Nacht!"
"Gute Nacht, Mai-chan", sagte Hanako, und winkte ihr hinterher.
"Gute Nacht, Mai-chan", sagte Karin.

Als sich die Tür hinter dem Mädchen geschlossen hatte, gingen die beiden Mädchen weiter.
"Das erinnert mich doch sehr an unsere Anfänge, Karin."
"Was du nicht sagst, Schatz. Sie wird mit ihrer Gruppe viel Spaß haben." Die Akimichi kicherte leise. "Mindestens so viel Spaß wie wir damals."
Hanako fiel ein. "Komm, gehen wir weiter. Ich muss dir noch erzählen, was Samui mir geschrieben hat..."
***
Am nächsten Morgen ging Mai Kobashi mit zwiespältigen Gefühlen zur Ninja-Akademie. Einerseits war sie sehr gespannt darauf, mit wem sie in ein Team kommen und wer ihr Jounin werden würde. Andererseits machte sie sich Gedanken über den gestrigen Abend im Bad. Sie haderte mit sich selbst, weil sie Kira geohrfeigt hatte, und dann auch noch wegen so einer Lappalie. Im Grunde hatte er ja vollkommen Recht, wenn er absolut kein Interesse für ihren Körper aufbrachte. Immerhin dachte sie ja selbst nicht besonders gut über sich selbst, zumindest was ihre weiblichen Reize anging. Aber es ärgerte sie schon, dass sie sich mit ihren dreizehn Jahren von ihren Klassenkameradinnen, die alle ein Jahr jünger als sie waren, nur durch ein paar Zentimeter mehr Körpergröße unterschied. Schuld daran war nur diese vermaledeite Krankheit, die sie ein geschlagenes Jahr ans Bett gefesselt hatte. Auch daran, dass sie immer noch nicht weiblich aussah, und deshalb grundsätzlich weite Klamotten tragen musste. Die Krankheit hatte sie ausgezehrt, und um ein Haar ihren Wunsch zunichte gemacht, eines Tages Kunoichi zu werden, weil sie kaum noch in Form und bei Kräften gewesen war. Aber wenn man sie sich heute ansah, auf ihrem Akademie-Abschlusstag, dann musste doch jeder sehen, welche unglaublichen Mühen sie auf sich genommen und gemeistert hatte, um so weit zu kommen. Schade nur, dass es nie jemand außerhalb ihrer Familie erfahren würde. Sie hatte ihr Bestes gegeben, um allen einzuschärfen, dass es ihr peinlich war, ein Jahr krank gewesen zu sein. Darum galt sie für diesen Zeitraum als "verreist". Hauptsache, es spielten alle mit. Und Hauptsache, sie erlitt nicht wieder einen dieser Schwindelanfälle, die sie die erste Zeit nach dem Krankenhaus sporadisch gehabt hatte.
Daher konnte Kira doch gar nichts von ihren inneren Dämonen wissen. Und hatte die Ohrfeige eventuell unverdient erhalten. Andererseits hatte er sie flach wie ein Brett genannt, und das war eigentlich unverzeihlich, denn sie hatte sehr wohl Busen! Er war halt noch sehr klein...
Oh, es war zum Verrücktwerden!

"Mai-chan?"
Die Kunoichi schreckte auf. "Was?"
Neben ihr stand Moegi, eines der wenigen Mädchen, mit denen sie überhaupt zurecht kam. Was wohl daran lag, dass Moegi genau wie sie die Gesellschaft von Jungs denen von Mädchen vorzog. Sie war grundsätzlich mit Konohamaru und Udon unterwegs. "Ah, Moegi-chan. Guten Morgen."
"Guten Morgen, Mai-chan." Das Mädchen mit der buschigen, zu zwei hohen Strängen gebundenen Frisur lächelte sie fröhlich an. "Bist du auch schon so aufgeregt wie ich? Wir kriegen heute unseren Jounin."
"Es geht so", murmelte sie. Kein Wunder, sie war in Gedanken ja vollkommen woanders.
"Was? Interessiert es dich gar nicht, mit wem du in ein Team kommst?"
"Mit wem du in ein Team kommen willst, steht ja außer Frage", erwiderte Mai schelmisch grinsend. "Und wer weiß, vielleicht hat ja Konohamarus Onkel was gedreht..."
Nachdenklich verschränkte Moegi ihre Hände ineinander und streckte sie vor sich. "Na ja, ich fände es schon Klasse, mit Konohamaru-chan und Udon-chan in ein Team zu kommen. Aber manchmal muss man sich ja auch auf was Neues einlassen können, oder?"
Mai hob die Schultern. "Ich glaube, neuer als bei mir geht es gerade nicht. Ich hoffe nur, ich werde nicht mit allzu unfähigen Idioten zusammengespannt, auf die ich dann aufpassen muss."
"Hast du da wen Bestimmtes im Sinn?", fragte Moegi.
"Yumi zum Beispiel."
Das andere Mädchen seufzte. "Ach, du wieder. Du findest doch alle Mädchen als Klotz am Bein. Du bist eine richtige Frauenhasserin. Gibt es auch nur ein Mädchen, das vor deinen Augen Gnade finden würde?"
"Ja, du, Moegi-chan."
Das brachte Moegi zum Lächeln. "Ich hätte nichts dagegen, mit dir ein Team zu bilden, Mai-chan."
Okay, zumindest mit einer Frau verstand sie sich.

Als sie den Klassenraum betraten, befand er sich noch im Aufruhr. Die fünfzehn Schüler, die dieses Jahr fünf Teams bilden würden, plapperten aufgeregt miteinander. Mai ließ das kalt. Egal mit wem sie zusammen kommen würde, bis zu einem gewissen Punkt konnte sie jeden mit durchziehen. Davon war sie fest überzeugt.
"Mai-chan!", hörte sie Shinji rufen, und sah auf. Er saß auf der obersten Bank des Raums, und winkte ihr zu. Erst wollte Mai zurück winken, aber dann erkannte sie Kira neben ihm, und mürrisch zu ihr herab sehen.
Mit einem Misslaut der Verachtung wandte sie sich ab, und nahm ihren eigenen Platz in der ersten Reihe ein. Dieser Platz hatte ihr überhaupt erst ermöglicht, ihr Nachholjahr durchzustehen. Sie würde ihn vermissen. Jedenfalls mehr als diesen Idioten Kira. Shinji schon ein klein wenig mehr. Aber man traf sich ja immer wieder in Konoha, oder?
"Wäre echt schön, wenn wir in ein Team kommen", sagte Moegi noch mal und lächelte pausbäckig.
Mai versuchte, Zustimmung zu heucheln, denn sie war sich sehr sicher, dass Konohamarus Team schon feststand. "Ja, das wäre super, Moegi-chan. Ich drücke uns beiden die Daumen."
"Wird schon schief gehen", erwiderte sie, griente sie an wie ein Stück Sachertorte, und ging zu ihrem eigenen Platz zwischen Udon und Konohamaru.

Kurz darauf betrat Iruka-sensei den Klassenraum. "Morgen. Ich werde jetzt die Aufstellung der Teams verkünden, die Ihr bilden werdet. Anschließend bleibt Ihr so lange hier, bis euer Teamchef euch abholt. Ich sage euch gleich, das kann bei einigen dauern." Der Sensei setzte sich, und kramte eine Akte aus seiner Tasche hervor. "Die erste Gruppe besteht aus Konohamaru, aus Udon und aus Moegi."
Mai verkniff sich ein zustimmendes Schnauben. Hatte sie es doch gewusst. Aber sie gönnte es den dreien. Sie klebten ohnehin wie Pech und Schwefel aneinander. Von ihrem Platz hier unten konnte sie die drei aufgeregt miteinander plappern hören, als ihr Traum erfüllt wurde.
"Euer Sensei wird Ebisu sein."
"Was? Wieso denn Ebisu-san?", rief Konohamaru aufgeregt. "Den kenne ich doch schon!"
"Eben gerade drum. Ein Siegerteam soll man nicht auseinander brechen", erklärte Iruka-sensei grinsend. Dann widmete er sich wieder seiner Akte. "Die zweite Gruppe besteht aus Kira..."
Mai spitzte die Ohren. Gut, war der Bursche schon mal aus ihrem Sichtkreis raus.
"Shinji..."
Ob das gut ging? Die beiden verstanden sich zwar, aber Kira hatte oft so eine ablehnende Art, und ob sich das mit Shinjis strahlendem Wesen vertrug? Außerdem neigten sie ständig dazu, miteinander zu konkurrieren, und... "...und Mai."
"Hääää?" Mai war aufgesprungen, und für einen Moment dachte sie, sie selbst hatte gerufen. Aber wenn sie genauer darüber nachdachte, dann war es von oben gekommen. Sie wirbelte herum, und sah, das Kira auch aufgesprungen war.
"Ich werde doch nicht mit der..."
Mai blies ärgerlich die Wangen auf. "Ich werde auf keinen Fall mit dem da..."
Dazu hockte Shinji wie zwischen zwei Fronten, und versuchte beide zu beruhigen. "Versuchen wir es doch mal miteinander."
"Ach, ich bitte euch!", rief Iruka-sensei. "Wir stellen die Gruppen so zusammen, sodass ihre Kampfstärke möglichst ausgeglichen ist, und sich die Fähigkeiten der Gruppe ergänzen. Dazu kommt, dass zwei von euch, nämlich Shinji und Mai, Fuuton-Charakter haben. Euer Sensei ist gerade dabei, sich ein zweites Element anzueignen, und das ist zufällig Fuuton. Und für dich, Kira, ist entscheidend, das er zu den guten Schwertkämpfern Konohas gehört. Das wird dich im Taijutsu weiter bringen."
Mai schnaubte überheblich, und verschränkte die Arme vor der Brust. Oben hörte sie Kira einen ähnlichen Laut von sich geben.
"Echt jetzt? Ein zweites Element? Heißt das, wir kriegen einen Voll-Jounin, keinen spezialisierten?", rief Shinji aufgeregt. Himmel, war der Junge leicht zu begeistern.
"Äh, nein, das heißt es nicht wirklich. Euer Sensei ist nur ein Chunin, und er übernimmt eure Gruppe auf Befehl von Tsunade-sama."
Das brachte die anderen Abgänger zum Kichern. Nur ein Chunin. Mai duckte sich ein wenig, denn irgendwie schämte sie sich gerade ein bisschen und fühlte sich selbst wie Ausschussware, weil sie keinen eigenen Jounin bekommen würde.
Oben auf der Bank von Shinji und Kira erklang ein sehnsuchtsvolles Schluchzen. "Dann... Dann ist es also wahr? Wir kriegen ihn? Sensei, kriegen wir wirklich ihn?"
"Kommt drauf an, wen du mit "ihn" meinst, Shinji", sagte Iruka-sensei amüsiert.
"Na, ihn! Den Affenkrieger-Kontraktträger! Der Mann, der mit acht Ninjas eine Burg erobert hat! Den Vernichter von Otogakure!"
Mai sah erneut hoch zu den Jungs, die nun, tja, den Rest ihrer Gruppe bildeten. Shinji schien regelrecht in Ekstase zu geraten, während Kira eher die Hand vor die Augen hielt und leise flehte: "Oh nein, bitte nicht dieser leichtgläubige Idiot."
"Ihr bekommt Mamoru Morikubo", verkündete Iruka-sensei.
Shinji quittierte das mit einem triumphierenden Freudenschrei, und wurde mit dem neidischen Gemurmel der anderen belohnt, denn die Vernichtung Otogakures war Teil des Lehrstoffs gewesen.
Kira stieß einen Seufzer absoluter Entsagung aus, weil das Schicksal so grausam zu ihm war.
Und Mai erinnerte sich gerade daran, woher sie den Namen kannte. Nicht nur aus dem Lehrstoff, sondern vor allem - von gestern Abend, als sie mit Karin und Hanako nach Hause gegangen war. "Ausgerechnet der?", rief sie erstaunt. Okay, ab hier wurde die Sache interessant.
"Keine Widerrede. Ihr seid so aufgestellt, wie es für euch das Beste ist", mahnte Iruka-sensei.
Dabei war sie erstaunt gewesen, und hatte mitnichten versucht zu protestieren.
"Kommen wir zur nächsten Gruppe..."
Aber da hörte Mai schon nicht mehr zu.

Etwa eine Stunde später saßen Shinji, Mai und Kira allein im Klassenraum. Nur Iruka-sensei war noch da und wartete mit ihnen. Entschuldigend sagte er: "Ich habe euch gewarnt. Jeder von uns Shinobi hat auch Pflichten, die er erfüllen muss. Und Mamo-chan, ich meine Morikubo-tono ist ein hoch geschätzter Gruppenführer, der meistens mit Neuner-Teams unter sich eingesetzt wird. Ihr seid zwar seine neueste Aufgabe, das aber erst, wenn er durch diese Tür kommt, und euch mitnimmt." Er sah auf seine Uhr. "So, ich muss los. Auf mich wartet Unterricht. Viel Glück, und viel Spaß wünsche ich."
Die drei murmelten ihre Verabschiedungen mehr gequält - wenn man davon absah, welche gute Laune Shinji hatte, und welchen Elan er an den Tag legte. Selten war seine gute Laune weniger hilfreich gewesen.
Als sie alleine waren, rieb sich der etwas dickliche Junge die Hände. "Also, was tun wir? Machen wir die Tür einen Spalt weit auf und klemmen einen schmutzigen Tafelschwamm dazwischen, damit er Morikubo-sama auf den Kopf fällt, weil er so spät dran ist?"
"Kindischer geht es wohl nicht", murrte Mai.
"Richtig. Es reicht vollkommen, wenn sich unser neuer Gruppenführer wie ein Kind benimmt und seinen Pflichten nicht nachkommt", stimmte Kira ihr zu.
Die beiden sahen sich zufrieden an, und nickten sich zu. Bis sie merkten, was sie taten, und sich wieder brüsk voneinander abwendeten.
"Leute. Leute!" Shinji legte beiden eine Hand auf die Schulter. "Wir sind ab jetzt ein Team. Eine Mannschaft. Ein Körper mit drei Köpfen, sechs Armen und sechs Beinen. Wir müssen wie eine gut geschmierte Maschine sein, wenn wir die Welt der Shinobi überleben wollen. Da ist es ein ganz schlechter Start, wenn wir das gleich mit einem Streit tun. Könnt Ihr nicht wenigstens versuchen, miteinander auszukommen?"
Kira blinzelte vorsichtig hinter sich. "Wenn... Wenn sie nicht so schnell beleidigt ist in Zukunft, wenn man mal die Wahrheit sagt..."
"Hm", machte Mai. "Wenn dieser Idiot eventuell, und ich meine wirklich nur eventuell begreifen könnte, was es mit Frauen an sich auf sich hat, und wie man sie richtig behandelt, dann ganz vielleicht."
"Normalerweise töte ich sie", entfuhr es Kira.
Mai schreckte auf. "Was?"
"Ahaha! Ahahahahaha! Mai-chan, komm doch mal mit!" Hastig zog Shinji sie ein paar Schritte fort. "Pass auf, das ist jetzt ziemlich wichtig. Damals, als Suna und Oto Konoha angegriffen haben, wurde seine kleine Schwester getötet, weil sie von der Evakuierungsgruppe getrennt wurde. Eine Oto-Nin hat sie umgebracht. Kira gibt sich daran heute noch die Schuld. Ach, und dann hat er die Kunoichi mit einem Wakizashi erstochen. Seither hat er es nicht so mit Frauen."
"D-du meinst, er hat schon mal getötet?"
"Ja, das meine ich. Aber das Wichtige hier ist, dass du das Thema besser... Aussparst, bis er selbst drauf zu sprechen kommt. Bitte? Ich meine, jeder von uns hat doch irgendeine Macke."
Das erinnerte Mai an ihre Macke, Frauen betreffend, und ihre körperliche Schwäche nach der Krankheit, die sie immer noch nicht ganz in den Griff gekriegt hatte.
"Okay?", fragte Shinji hoffnungsvoll.
"Okay", sagte Mai, und ging mit dem Jungen zurück zu Kira.
Sie sah zur Seite, streckte aber die Rechte aus. "I-ich entschuldige mich für die Ohrfeige. U-und ich wünsche uns eine gute Zusammenarbeit im neuen Team."
Misstrauisch beäugte Kira die ausgestreckte Rechte. "Shinji, was hast du ihr gesagt?"
"Dass du eine ehrliche Entschuldigung annehmen kannst, zum Beispiel?"
Für einen Moment rang er mit sich, dann aber schlug er ein, und sie schüttelten sich die Hände.
Als sie sich wieder voneinander lösten, scharrte er verlegen mit den Füßen. "U-und mir tut es leid, was ich über dich gesagt habe. Ich meine, dass du so flach wie ein Brett bist, und so. Ich habe das nicht böse gemeint. Ehrlich nicht. Und ich verspreche dir, ab jetzt achte ich darauf, was sich bei dir tut. Und ich freue mich mit dir über jeden Zentimeter Umfang. Ich meine, das wird schon, vertrau mir. Ich... Ist was?"
Shinji hatte beide Hände vor dem Gesicht zusammengeschlagen und schüttelte in stillem Leiden den Kopf, während Mai ihre Linke schützend vor ihren Brustkorb gelegt hatte und mit der Rechten ausholte. "Kiiiiiiiraaaaaaaa..."
"Autsch!"

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2.
"Maria! Pass auf!"
Auf den Warnruf von Hassin hin warf sich die Getsu-Nin herum, und entging so dem Erdpfahl, der sie andernfalls aufgespießt hätte. Den zweiten blockte sie mit einem Kunai, und benutzte dessen kinetische Energie, um sich in Sicherheit zu bringen. "Danke!", rief sie dem Kampfgefährten zu, ohne den Blick von den Gegnern abzuwenden. Acht waren es jetzt, und durch die Bank waren sie Nukenin. Nicht gut, nicht gut. Und sie vertraten alle fünf Aspekte der Elemente: Erde, Feuer, Wasser, Luft und Blitze. Zudem hingen sie an ihrer Freiheit, und sie würden es überhaupt nicht gerne sehen, wenn die beiden Getsu-Ninjas ihren Dörfern erzählten, wo sie die Deserteure das letzte Mal gesehen hatten. Das hatten sie schon den ganzen Tag über deutlich gemacht. Verdammt hartnäckig, diese Nukenin.
"Sollen wir uns trennen?", fragte Hassin.
Maria winkte ab. "Wir sind stärker als sie, und ihr einziger Vorteil ist ihre Zahl. Wir müssen sie nach und nach reduzieren. Dafür sollten wir aber zusammen bleiben. Fliehen wir, und warten wir auf unsere Chancen."
"Du bist der Boss", sagte Hassin. Die beiden nickten einander zu, dann sprangen sie mit Step davon. Die acht Nukenin folgten ihnen ohne jede Verzögerung.
***
"Guten Morgen, Sempai!"
Zu Tode erschrocken fuhr ich aus dem Bett auf. Ich hatte die ganze Nacht damit verbracht, die Akten meiner drei Genin zu wälzen, und war erst spät ins Bett gegangen. Ich hatte mir schon die ganze Woche einen Kopf drum gemacht, wie ich meine Genin behandeln sollte, und gestern war es nicht besser gewesen. Derart aus dem Bett gebrüllt zu werden machte es nicht gerade leichter.
So, da stand ich also nun hellwach in meinem Bett. Ja, ich stand. Und vor mir stand Lee. Wieder mal. Die Szene kam mir doch sehr bekannt vor. Oder hatte ich die ganze Suna-Geschichte etwa nur geträumt? Nein, unmöglich. "Morgen, Lee-kun", erwiderte ich. "Was machst du hier?"
"Yuriko-chan hat mich geschickt, um dich zu wecken", erklärte der Schüler des Grünen Biests von Konoha mit stoischer Miene.
"Das sehe ich. Aber was machst du hier, Lee-kun?"
Nun sah er ein wenig verlegen zu Boden. "Es ist so... Obwohl du uns auf das Chunin-Examen begleitet hast, bin ich nicht dazu gekommen, dich in Aktion zu sehen. Und bis die Entscheidung, ob ich ein Chunin werde oder nicht, gefallen ist, habe ich keine Aufträge zu erfüllen. Eigentlich habe ich Urlaub. Und da ich gehört habe, dass du deine eigene Genin-Gruppe übernimmst, dachte ich mir... Da dachte ich mir, ich biete dir meine Hilfe an, Sempai."
Gut, das war schlüssig. Ich seufzte, und setzte mich wieder auf mein Bett. "Ich wurde schon mal angenehmer geweckt, weißt du?", tadelte ich ihn.
Lee wurde ein klein wenig nervös. "Yuriko-chan hat mich darauf hingewiesen, dass du einen tiefen Schlaf hast, und..."
"So, hat sie das?", fragte ich teils verärgert, teils amüsiert, und sah zur Zimmertür. Meine große Schwester beobachtete mich durch einen Türspalt und kicherte. War ja wieder klar gewesen.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Acht Uhr morgens. Eine Stunde später, als ich hatte aufstehen wollen. Aber vor zwölf musste ich die Genin auch nicht abholen. Ich hatte noch genügend Zeit, um ein paar drängende Fragen zu klären, die ich mir gestern gestellt hatte.
"Also, darf ich...?", fragte Lee vorsichtig.
"Was? Mitkommen?" Nachdenklich rieb ich mir das Kinn. Männlichmarkante Stoppeln machten diese Geste zu einem maskulinen Erlebnis. Noch zehn mehr, und ich würde mich sogar rasieren müssen. "Warum eigentlich nicht? Wenn du schon mal Zeit hast."
"Danke, Sempai!", rief Lee erfreut. Erstaunt sah ich, dass er vor Freude sogar ein wenig weinte.
"Nun übertreib mal nicht gleich. Genin zu trainieren, die frisch von der Akademie kommen, ist extrem langweilig."
"Merkwürdig. Mir ist die Anfangszeit mit Guy-sensei und den anderen nie langweilig vorgekommen", sinnierte Lee. "Es kommt wohl drauf an, was man daraus macht."
Ich musste lachen. Da war der junge Lee genau eine Minute mein Helfer, und schon hatte er mir eine wichtige Lektion erteilt. "Also gut. Machen wir was draus. Hast du schon gefrühstückt? Lust, mit mir zu essen?"
"Macht Yuriko-chan wieder diese tollen Pfannkuchen?", fragte er hoffnungsvoll.
"Darauf kannst du dich verlassen", brummte ich, und schwang die Beine aus dem Bett. "Wir treffen uns in der Küche."
"Jawohl, Sempai." Mit strahlenden Augen verließ er mein Zimmer. Zeit für mich, um mich anzuziehen. In der vollen Einsatzmontur mit kompletter Bewaffnung. Dazu gehörte nicht nur meine Kunai-Tasche, sondern auch das Kampfschwert, das ich von Maria erhalten hatte, als ich Amnesie gehabt und sie für meine Gefährtin gehalten hatte. Das weckte wiederum meine Erinnerung an die "neue" Maria. Sie verwirrte mich ein wenig, denn sie war genauso wie die Maria, die mir vorgespielt hatte, sie würde mich lieben. Ob sie mir immer noch etwas vorspielte? Das war wahrscheinlich nicht der Fall. Aber wer verstand schon die Frauen? Ich versuchte es seit siebzehn Jahren, und war bisher immer noch gescheitert.
Zum Beispiel war da Aki-chan. Es bestand eine ziemlich hohe Wahrscheinlichkeit, das ich sein Vater war, dass er entstanden war, als Maria - um mich noch enger an die fliehenden Oto-Nin zu ketten - mit mir geschlafen hatte. Dass sie ausgerechnet mit Khal geschlafen haben sollte, war in etwa so wahrscheinlich wie das es in Sunagakure regnete, aber dennoch mühten sie eine ganze Stadt ab, um mich davon zu überzeugen, dass ich mit Akira nichts zu tun hatte.
Gut, ohne einen Beweis konnte ich nur vermuten, sein Vater zu sein, und den blieben mir Maria und die Mädchen schuldig. Ich wusste nicht, warum sie zu so einer hanebüchenen Ausrede gegriffen hatten, aber wenn sie es unbedingt so wollten, dann war ich eben nicht sein Vater. Das war mir genauso Recht. Ich mochte den kleinen Burschen zwar sehr, und hatte ihn tief in mein Herz geschlossen, und es würde mir nichts ausmachen, tatsächlich für ihn ein Fremder zu sein... Aber wenn es doch so war, dann würden sie es mir irgendwann von selbst erzählen. Irgendwann. Und bis dahin spielte ich eben mit. Dann war es halt so, und nicht anders. Ich hatte ja Erfahrung darin, den Naivling zu spielen, der nichts mitbekam.

Als ich voll ausstaffiert war, schnappte ich mir die drei Akten meiner Genin und trat ich auf den Gang, und von dort in die Küche. Kou erwartete mich grinsend, einen Becher Kaffee in der Hand. "Morgen, Mamo-chan."
"Guten Morgen, du Perle der Hyuuga. Was treibt dich so früh in unser Haus?"
"Wer sagt dir, das ich erst heute gekommen bin?", fragte er grinsend.
Ich zuckte die Achseln und setzte mich an den Tisch, wo Lee bereits an einem Pfannkuchen mampfte. "Yuriko-oneechan ist eine erwachsene Frau, gesund obendrein, und sehr attraktiv. Sie kann tun und lassen, was immer sie für richtig hält. Wenn sie sich also an dich Trottel verschenken will, kann ich wohl schwerlich was dagegen haben."
Kou sah missmutig zu meiner Schwester herüber. "Früher hat es mehr Spaß gemacht. Da ließ er sich noch foppen."
"Tja, wir alle werden erwachsener. Ich, mein kleiner Bruder, Lee... Und sogar du, Kou Hyuuga. Aber die letzte Nacht war schon toll."
Nun regte sich doch so etwas wie Widerstand in mir, als die Fopperei von Kou einen wahren Kern zu bekommen schien. "Ha! Wissen Mama und Papa davon?"
Yuriko schaufelte mir einen Pfannkuchen auf den Teller. "Reg dich gar nicht erst auf, kleiner Bruder. Wir sind verlobt, und da ist es heutzutage normal, dass man auch die Nächte miteinander verbringt."
Ich stutzte. "Verlobt? Seit wann das denn?"
"Seit über drei Wochen. Ich habe es dir erzählt, Mutter hat es dir erzählt, Vater hat es dir erzählt, Kou hat es dir erzählt, aber du läufst ja seitdem herum wie ein Schlafwandler, ständig am Grübeln, und immer in diese drei Akten vertieft. Ich kenne deine drei Genin noch nicht mal, und schon werde ich eifersüchtig, weil ich dich nicht mal mit ihnen teilen kann. Sie nehmen dich total ein", tadelte sie mich.
"Ihr seid tatsächlich verlobt?", hakte ich nach.
Yuriko seufzte. "Ich gebe es auf. Mehr hat er nicht mitgekriegt. Und so ist er schon, seit Tsunade-sama ihn einbestellt hat. Ja, Mamoru, wir sind verlobt. Wir hatten dir eine Nachricht geschickt, damit du deinen Aufenthalt in Suna unterbrichst und für die Feier nach Konoha zurückkehrst, aber du bist ja lieber diesem Kabuto hinterher gejagt, als beim großen Tag deiner Schwester und deines besten Freundes dabei zu sein."
Mein Kinnladen klappte nach unten. Was? WAS? Das hörte ich echt zum ersten Mal. Und genau das war das Problem. Mit einer erbärmlich winselnden Stimme versuchte ich, mein Leben zu retten. "Entschuldigung?"
Kou lachte. "Ist schon in Ordnung, Mamo-chan. Wir haben damit gerechnet, dass du es nicht schaffst. Aufträge gehen immer vor, und es war auch eine sehr spontane Entscheidung, damit ich aus dem Anwesen der Hyuuga-Familie ausziehen konnte."
"Ausziehen? Wohin?", fragte ich erstaunt.
Kou warf meiner Schwester einen amüsierten Blick zu. "Er hat wirklich nichts mitbekommen, was?"
"Jedenfalls ziehen Kou und ich bald zusammen. Das Nebenhaus wird frei, weil der alte Herr Nobu nach dem Tod seiner Frau zu seinem ältesten Sohn zieht. Und dann machen wir die alte Verbindungstür auf, und es wird sich nicht allzuviel ändern."
"Oh. Das ist toll. Beides, meine ich. Die Verlobung, und dass Ihr zusammenzieht. Aber ich hatte ja eigentlich immer die Hoffnung, dich mal selbst heiraten zu können, Onee-chan", scherzte ich.
Sie drohte mir amüsiert mit dem Pfannenwender. "Du! Du hast mich gar nicht verdient, mich, deine unglaubliche, talentierte und wunderschöne große Schwester. Gib dich mit dem zufrieden, was du kriegen kannst. Und das ist ja auch ganz nett."
"Kann man so sagen", kommentierte Kou, und schenkte sich Kaffee nach. "Nicht so gut wie meins, zugegeben."
"Das hast du schön gesagt, Schatz." Sie gab meinem besten Freund einen Kuss auf den Mund.
"Gerne wieder, Yuriko."
"Aber Ihr turtelt jetzt nicht jeden Tag vor meinen Augen, oder?", stöhnte ich.
"Wieso nicht? Das haben wir vorher doch auch schon gemacht."
"Stimmt auch wieder." Ich ächzte leise. Und ich stand auf, um zuerst Kou brüderlich zu umarmen, und dann meine Onee-chan. "Na, da wünsche ich euch doch verdammt viel Glück, wenn Ihr wirklich versuchen wollt, euch zusammenzuraufen. Ich helfe gerne, wo ich nur kann."
"Ha", machte Yuriko, "als wenn ausgerechnet du uns in Beziehungsfragen eine Hilfe sein könntest."
"Nun sei doch nicht so gemein zu ihm, Yuriko. Er gibt sich schließlich Mühe", tadelte Kou.
"So? Ich bin wie immer zu ihm. Würde ich das ändern, dann würde ihn das mehr stören." Sie bleckte grinsend ihre Zähne. "Nicht, Mamoru?"
"Oh ja, eine verständnisvolle, sanfte und liebe Onee-chan würde mich zu Tode ängstigen."
Yuriko schlug mir gegen den Oberarm. "Redest du wieder. Ab, zurück auf deinen Platz. Der Pfannkuchen wird kalt."
Grinsend nahm ich wieder Platz. "Tee, bitte."
"NACHSCHLAG, BITTE!", rief Lee. "Yuriko-chans Pfannkuchen sind die Besten von ganz Konoha!"
"Dann bist du gar nicht gekommen, um mir zu helfen, sondern weil du Pfannkuchen essen wolltest, Lee-kun?", scherzte ich.
"E-ein bisschen von beiden, zugegeben."
Ich senkte den Blick und schnaubte leise. "Ihr schafft mich. Ehrlich, irgendwann schafft Ihr mich."
"Das war der Plan, kleiner Bruder", sagte Kou, und grinste mich über den Rand seiner Tasse an.

"Ach ja, bevor ich es vergesse. Ich war in der Kommission, die die neuen Genin-Gruppen zusammen gestellt hat. Ich habe dafür plädiert, dir Kira Yamada zuzuteilen. Er gehört zum Hatake-Clan, und seine Familie hat gute Beziehungen zum Haupthaus."
Ich horchte auf. Mit "Haupthaus" meinte er natürlich die Hyuuga-Familie, und dort die offiziellen Oberhäupter.
"Sein Vater ist Händler, aus Kumogakure eingewandert, ein, zwei Jahre vor dem Krieg. Er wird auch heute noch, fünfzehn Jahre später, sporadisch von den ANBU kontrolliert."
"Hm. Aus Kuro, Händler und in Konoha eingeheiratet, ausgerechnet bei den Hatakes", sagte ich nachdenklich. "Lass mich raten: Er wird verdächtigt, ein Spion zu sein."
"Ja, noch immer, obwohl es nie Beweise dafür gab. Und obwohl Tsunade-sama sagte, dass es immer ein paar Spione geben müsste. Er unterhält eben noch familiäre Bindungen nach Kumo, und sein Sohn hat eine Raiton-Affinität. Typisch für Kumo."
"Blitze also. Wie nett. Und wo ist das Problem? Ich nehme jeden Genin."
Kou schüttelte den Kopf. "Du verstehst nicht. Genau deswegen habe ich dafür plädiert, ihn dir unterzuschieben. Du denkst nicht alle zwei Minuten drüber nach, ob der Junge ein Spion sein könnte. Oder ob sein Vater einer ist. Du stehst da so vollkommen drüber, das es bewundernswert ist. Du weißt doch, der normale Bewohner Konohas ist von Natur aus misstrauisch und argwöhnisch."
"Ja, das unterschreibe ich sofort. Und was mache ich mit diesem Kira dann? Selbst ausbilden kann ich ihn nicht."
"Für sein Raiton wird Kakashi-san sorgen, sobald der Junge weit genug ist. Mach dir also darum keinen Kopf. Bring du ihm die Grundlagen des Teamplays bei, so wie es sich gehört."
Yuriko schenkte mir Tee ein. "Grüner heute mal."
"Danke, Onee-chan. Kou, alter Freund, mach dir keine Sorgen um Kira Yamada. Ich behandle ihn wie die anderen Genin auch."
"Das wollte ich hören", erwiderte Kou, und nahm einen Schluck Kaffee.
"Nur habe ich noch absolut keine Ahnung, wie ich die behandeln sollte", gab ich zu.
Kou erschrak von diesen Worten so sehr, dass er den Schluck Kaffee wieder ausspuckte. "Ach ja", murmelte er, "da haben wir wieder das Mamoru-Prinzip."
Yuriko hielt ihm einen Lappen vor die Nase.
"Hä?"
Sie deutete zu Boden. "Aufwischen, mein Lieber. Oder denkst du, ich bin deine Putzfrau?"
"Natürlich nicht", erwiderte er, und trocknete den Boden vom ausgespuckten Kaffee.
"Ah, ich sehe schon, wer von euch die Hosen anhaben wird." Grinsend machte ich mich über meinen Pfannkuchen und den Tee her.
"NACHSCHLAG BITTE!", rief Lee.
Was mich wieder daran erinnerte, worüber ich schon die ganze Woche gegrübelt hatte. Da waren immer noch drei Genin.
***
Etwa gegen halb neun Uhr morgens fand ich den ersten Menschen auf meiner Liste, die ich befragen wollte. Ich erwischte Asuma zwischen Tür und Angel im Sarutobi-Haupthaus. "Asuma! kann ich dich was fragen?"
Der große, bärtige Mann steckte sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. "Mamo-chan, Lee, guten Morgen. Ich gratuliere zu deiner ersten eigenen Gruppe, Mamo-chan."
"Da sind wir ja genau beim Kern. Wie soll ich meine Genin eigentlich behandeln? Ich weiß, ich soll sie ausbilden, aber..."
"Ja, das weiß man anfangs nie so genau. Lass es doch einfach so auf dich zukommen, und entscheide spontan. Außerdem hast du doch einen guten Anfang, wenn ich dir und zweien deiner Genin die Grundlagen des Fuuton beibringe." Er dachte kurz nach. "Nein, das ist keine gute Idee. Dann stündest du mit ihnen auf einer Stufe, und das ist sehr, sehr schlecht. Besser, ich bilde dich aus, und du gibst dann das an deine Genin weiter. Schritt für Schritt für Schritt."
"Ist das nicht ein bisschen falsch? Und täuscht das nicht eine Stärke vor, die ich gar nicht besitze?", tadelte ich.
"Sagte der Mann, der Otogakure vernichtet hat", schmunzelte Asuma. "Ich sage, lass es auf dich zukommen, und entscheide spontan. Der Rest wird sich ergeben. Komm morgen vor sieben noch mal vorbei. Ich zeige dir dein erstes Fuuton-Jutsu."
"Danke für's Jutsu, Asuma, aber bei meinem Problem mit den Genin hast du mir nicht sehr geholfen. Ich kann es doch nicht unvorbereitet auf mich zukommen lassen. Ich brauche doch einen Plan. Irgendwas."
Asuma klopfte mir auf die Schulter. "Und den muss jeder Jounin für sich alleine herausfinden, wenn er eine Gruppe übernimmt. Also auch du."
"Ja, verstehe. Nur bin ich eben nur Chunin", murrte ich.
"Und du meinst, deshalb muss bei dir alles perfekter laufen als bei uns? Ach komm, Mamo-chan, versuch doch einfach Spaß zu haben."
"Auch das", murmelte ich bedrückt, "hilft mir nicht weiter. Die sollen was lernen bei mir, oder?"
"Auch", wandte Asuma ein. "Hm, vielleicht fragst du mal Yuuhi. Kiba, Shino und Hinata sind ihre allererste Gruppe. Du kannst sie fragen, wie sie sich vorbereitet hat."
"Okay, das ist eine gute Idee. Danke, Asuma."
"Viel Glück bei deinem Projekt. Lee, was machst du eigentlich hier? Bist du nicht auf einer Mission?"
"Äh, ich habe Freizeit, bis die Chunin-Kommission tagt. In der Zeit wollte ich Mamoru-sempai helfen, und mit ihm daran arbeiten, die Wunder der ungezügelten Jugend in kämpferische Bahnen zu lenken, sprich: Mich nützlich machen."
Asuma lachte lauthals. "Eine gute Idee. Wer rastet, der rostet. Yuuhi ist übrigens Zuhause, Mamo-chan."
"Danke dir", erwiderte ich, reichte ihm die Hand, und machte mich mit Lee auf den Weg.

Gegen halb zehn fand ich Kurenai-sensei. Ich wollte sie rufen, gerade als sie aus ihrem Haus kam, und zwar mit ihrem Nachnamen. Das erinnerte mich allerdings an ihre Reaktion. "Yuuhi... sensei", rief ich. Sie bestand zwar immer darauf, das ich sie mit ihrem Vornamen ansprach, aber ich konnte das Sensei einfach nicht weglassen.
Die Genjutsu-Nutzerin lächelte, als sie uns kommen sah. "Oh, schön, du lernst ja doch dazu. Hallo, Mamo-chan. Hallo, Lee. Was gibt es denn?"
"Wir wollen der Unrast der stürmischen Jugend nachgehen", sagte Lee mit ernster Stimme.
"Was er meint, ist, ich habe keine Ahnung, wie ich meine Genin-Gruppe handhaben soll. Asuma war mir keine große Hilfe. Er sagte, ich solle es einfach auf mich zukommen lassen."
"Und damit hast du ein Problem?", fragte sie mitfühlend. "Deine erste Gruppe, hui, da werden Erinnerungen wach."
"Ja, ja, genau darauf habe ich gesetzt! Wie hast du das gehandhabt, mit Hinata-chan, Shino und Kiba?"
Mitleidig sah sie mich an. "Ich habe es einfach auf mich zukommen lassen. Tut mir leid, Mamo-chan, aber es ist die beste Methode."
"Aber doch nicht für mich! Ich meine, ich bin nur ein Chunin, und da muss ich doch besser vorbereitet sein als Ihr. Tsunade-sama lässt mich bestimmt beobachten. Und sobald ich Mist baue..."
"Na, na, na, nicht so wehleidig. Hast du es denn schon bei Guy oder Kakashi probiert?"
"Kakashi ist mein Notnagel, wenn alles andere versagt. Aber Might Guy fragen ist auch eine gute Idee. Wo finde ich ihn denn?"
"Äh", machte Lee, "er ist gerade auf einer Mission an der Küste. Kommt nicht vor morgen zurück."
"Mist", entfuhr es mir. "Wen außer Kakashi kann ich denn noch fragen?"
"Wie wäre es mit Yamashiro-kun? Du kennst ihn doch recht gut."
"Ja, aber Aoba-san ist spezialisierter Jounin, und hat mit einer eigenen Gruppe nichts am Hut. Der Glückliche", erwiderte ich.
"Wie wäre es dann mit Genma? Oder gleich mit Yugao-chan?"
"An Shiranui habe ich noch gar nicht gedacht. Und Uzuki-sensei ist auch eine gute Idee. Danke dir, Yuuhi." Ich stutzte. "Entschuldige bitte, aber warum lächelst du so entrückt?"
Kurenai-sensei legte lächelnd den Kopf schräg. "Du hast mich gerade das erste Mal Yuuhi genannt, ohne ein Suffix zu benutzen. Das macht mich glücklich, Mamo-chan. Ich glaube, für dich gibt es tatsächlich Hoffnung."
"Wirklich?", fragte ich verblüfft.
"In der Tat. Und nun beeil dich mit den anderen. Deine Genin warten, oder?"
"Danke für die Hilfe, Yuuhi." Teufel, es ging ganz leicht über die Lippen. Ich umarmte sie zum Abschied, und eilte mit Lee davon. Wo also fand ich Genma Shiranui?

Gegen zehn, und zwar im Büro der Hokage. Dort wartete ich bis elf im Vorraum darauf, das Genma wieder rauskam, aber es tat und tat sich nichts. Schließlich wurde es mir zu bunt, und ich beschloss Uzuki-sensei zu suchen. "Komm, lass uns gehen, Lee. Es gibt noch andere Jounin, die ich fragen kann."
"Aber Mamoru-sempai, Ausdauer ist auch eine wichtige Eigenschaft für einen Shinobi", erwiderte er.
"Mamoru? Soll reinkommen!", hörte ich Tsunade-samas Stimme durch die Tür donnern.
Mist, das hatte ich jetzt davon. Entsprechend vorsichtig öffnete ich ihr Büro. "Ich wollte nicht stören, Tsunade-sama, nur mit Shiranui sprechen."
"Da hast du aber Glück. Er steht vor dir", sagte sie. "Nur zu, die kleine Unterbrechung können wir uns leisten. Oder, Shizune?"
"Wir liegen gut in der Zeit", sagte ihre Sekretärin nach einem Blick auf ihr Klemmbrett.
"Was gibt es denn, Mamo-chan?", fragte der große Jounin.
"Äh, das ist mir jetzt ein bisschen peinlich, aber Kurenai-sensei meinte, ich sollte dich mal fragen, Shiranui."
"Yuuhi weiß keinen Rat für dich? Na, das ist ja mal interessant", murmelte die Hokage.
Ich spürte, wie mir leichte Röte in die Wangen schoss. Gleich würde ich mich restlos blamieren.
"Es ist so...", begann ich, mit meinem Leben abschließend...

Schallendes Gelächter hallte durch den Amtssitz der Hokage. Es stammte von Tsunade-sama, und mit jeder Sekunde, die es anhielt, wurde ich kleiner und kleiner.
Als sie meinen zutiefst getroffenen Blick sah, hörte sie auf zu lachen und räusperte sich. "Entschuldige, Mamoru. Ich lache nicht über dich. Es ist die Duplizität der Ereignisse, die mich amüsiert."
"Duplizität der Ereignisse?", fragte Lee interessiert.
"Nun, diese Frage, die sich Morikubo da stellt, die hat sich jedem von uns gestellt, als er seine erste Gruppe anzuführen hatte", erklärte sie, und faltete ihre Hände vor dem Gesicht, die Ellenbögen auf dem Schreibtisch abgestützt, "und es wird wahrscheinlich so bleiben, solange Konoha Jounin an Genin zuteilt, um Drei Mann-Zellen zu bilden. Und ich gestehe, ich war genauso ratlos, als ich meine eigene Gruppe übernommen hatte. Ehrlich gesagt bin ich Zeit meines Lebens besser damit zurecht gekommen, Medi-Nin auszubilden. Was nicht heißen soll, dass ich meine Gruppe von damals missen möchte. Nicht, Genma?"
"Nicht eine Sekunde, Tsunade-sama", erwiderte der Shinobi fröhlich. Er nahm den Senbon aus dem Mund, auf dem er stets zu kauen pflegte - eine kleine Erniedrigung für den kurzen Wurfspieß, fand ich - und deutete damit auf mich. "Wenn du erlaubst, Tsunade-sama..."
"Oh, sei mein Gast. Dich wollte er doch von vorne herein fragen. Und mich interessiert, wie du antwortest, Genma."
"Ich bemühe mich, Tsunade-sama", sagte er grinsend, und steckte den Senbon wieder zwischen die Zähne. "Weißt du, Mamo-chan, am besten lässt du alles auf dich zukommen."
Lee und ich ächzten auf. "Wieder der gleiche Rat", murrte ich. "Ich kann aber so nicht arbeiten. Hast du nicht was besseres für mich?"
"Nun, so hat es Tsunade-sama mit uns gemacht, und so habe ich es mit meiner Gruppe gemacht. Aber es gibt noch eine Methode, die Aobas Jounin benutzt hat. Der hat seine Genin bestochen."
"Mit dem Kunai?", fragte ich argwöhnisch.
"Mit einer Belohnung. Hat sie super motiviert. Und schau dir an, wo Aoba heute steht. Er ist spezialisierter Jounin."
"Okay, darüber werde ich nachdenken. Aber das ist noch nicht die Antwort, die ich suche. Ich werde Uzuki-sensei fragen gehen."
"Das ist schwer möglich. Sie ist mit ihrem Team im Reich der Steine unterwegs", sagte Shizune.
"Oh. Dann also gleich zu Kakashi." Ich nickte Lee zu. "Und ich weiß auch schon, wo wir ihn finden könnten. Lass uns gehen."
Ich sah kurz zur Hokage herüber. "Tsunade-sama, Genma, Shizune, entschuldigt noch mal die Unterbrechung, und vielen Dank für eure Zeit."
Hinter Lee und mir schloss ich die Tür.
"Er entwickelt sich, nicht wahr?", hörte ich Tsunade-sama sagen. Meinte sie mich damit? War sie mit mir zumindest ein bisschen zufrieden? Das machte mich zufrieden.

Gegen halb zwölf fanden wir Kakashi auf dem Friedhof. Von den drei Orten, an denen ich ihn erwartet hatte, war er der letzte, den wir besuchten.
Nachdem ich den Gräbern meines Senseis und des Sandaime Hokages Respekt gezollt hatte, suchte ich ihn auf. Zu diesem Zeitpunkt plapperte Lee allerdings schon ausgelassen mit ihm. Das hieß, Lee redete, und Kakashi hörte zu. War der Junge doch zu was nütze. Er hatte Kakashi für mich schon vorgewärmt.
"Ah Mamo-chan", begrüßte er mich lächelnd. "Lee hat mich schon weitestgehend eingeweiht. Was bereitet dir denn Schwierigkeiten, wenn du an deine Genin denkst? Du hast doch so oft große Genin-Gruppen trainiert."
"Ach, das ist doch das Problem. Diese Genin waren alle ausgebildet, hatten Erfahrung. Was ich tun musste, war, sie subtil oder mit der Brechstange dazu zu bringen, zusammen zu arbeiten, und das in Gruppen, die größer als die üblichen Drei Mann-Zellen sind. Aber bei den dreien weiß ich nicht, was ich... Ich bin unsicher. Die älteren Genin musste ich korrigieren. Aber die kleinen muss ich ausbilden. Genma meinte, ich sollte sie bestechen, aber das hilft mir nicht weiter. Ebenso wenig wie Asuma und Kurenai-sensei, die sagten, ich solle es auf mich zukommen lassen."
Kakashi nickte. "So, so. Verstehe. Du hast die Hosen voll, weil du denkst, du könntest was falsch machen, oder ordentlich versauen."
"Ja, so in etwa, Kakashi."
"Ich würde damit anfangen, sie zu beeindrucken. Dann wissen sie gleich, wie der Hase läuft. Kennst du das Zwei Glöckchen-Spiel? Der Sandaime hat es erfunden, Jiraiya-sama hat es beim Yondaime angewendet, der hat es bei mir benutzt, und ich wende es auch an. Dabei geht es darum, herauszufinden, ob deine Genin echte Kameraden sein können und einander unterstützen, selbst wenn ihnen ihr Jounin das verbietet. Ich könnte dir..."
Hastig winkte ich ab. "Keine Sorge. Gute Kameraden zu sein bringe ich ihnen schon so bei."
"Mamo-chan", sagte Kakashi in weinerlichem Tonfall. "Ich spreche hier von einer Methode, die ich vom Yondaime geerbt habe, und die ich an dich weiter geben will. Und du bist so herzlos..."
Mit leichtem Entsetzen sah ich den Hatake an. Ich hatte ihn verärgert, schlimmer noch, verletzt. "Äh, vielleicht erklärst du mir noch mal, was du da gemacht hast. Eventuell kann ich es in meinem Sinne extrapolieren."
"Wirklich? Und das sagst du nicht auch nur so?"
"Wirklich. Du bist mein Sempai, Kakashi, und der Sandaime war mein Lehrer. Es geht mir ja auch nur darum, dass dieses Kameradenschwein-Spiel nichts für mich ist", sagte ich hastig.
"Oh, dann musst du dir eben deinen eigenen Schlussgag suchen. Jedenfalls geht das Spiel so: Du sagst ihnen, sie sollen am nächsten Morgen zum Trainingsgelände kommen, und das nüchern. Da hängst du dir zwei Glöckchen an den Gürtel, genau zwei. Wer von deinen drei Genin eines der Glöckchen kriegt, hat deine Prüfung bestanden, und kommt in die neue Gruppe, erklärst du. Dazu bringst du ihnen Mittagessen mit. Aber nur zwei Portionen. Du lässt sie dich ein wenig jagen, gönnst ihnen kleinere Erfolge, aber achtest darauf, das sie die Glöckchen nicht wirklich kriegen. Und wenn einer von ihnen schwach wird und wegen dem beißenden Hunger vor dem Mittag an die Bentos geht, bindest du ihn an die Pfähle. Es gibt immer einen, der das tut."
"Ach, deshalb stehen die Pfähle da. Ich habe mich immer darüber gewundert", murmelte ich.
"Ja, unter anderem. Dann sagst du den anderen beiden, sie dürfen zu Mittag essen, aber dem Dritten am Pfahl nichts abgeben, oder sie fallen durch. Na ja, ab hier setzt dann die Philosophie ein, die ich vom Sandaime und Jiraiya-sama habe. Sobald sie ihrem gefesselten Kameraden was abgeben, weil er ihnen nur etwas nützt, wenn er bei Kräften bleibt, tauchst du wieder auf, und verkündest, das alle drei bestanden haben. Wer seinen Auftrag nicht ausführt, ist ein wertloser Ninja, aber wer seine Kameraden in Stich lässt, ist ein noch wertloserer Ninja."
Nachdenklich strich ich mir übers Kinn. "Ja, das hat doch Potential. So kann ich mir gleich ein Bild von ihrem Leistungsstand machen. Aber die Motivation, die Motivation, die muss woanders her kommen."
"Heißt das, du nimmst die Methode an?", fragte Kakashi strahlend.
"Ja, im Großen und Ganzen schon. Ich brauche halt nur, wie du so schön sagtest, Sempai, einen anderen Schlussgag."
"Oh, das freut mich zu hören. Willst du dann morgen das Trainingsgelände haben?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, ich denke, das kann ich auch heute noch durchziehen. Ich weiß noch nicht ganz wie, aber... Mir fällt schon was ein. Danke, Kakashi. Du bist mir wie immer eine große Hilfe."
"Das freut mich zu hören, Mamo-chan."
"Was die Motivation angeht", meldete sich Lee zu Wort, "hätte ich eine Idee. Wenn ich schon mal dabei bin, warum sollte ich sie nicht prüfen? Einen anderen Genin werden sie schnell unterschätzen, und das werden wir ausnützen können."
Verblüfft sah ich Lee an. "Das ist eine grandiose Idee. Wir lassen sie gegen dich antreten, und dann sehen wir, was sie können, wie ihr Teamwork ist, und wo noch Bedarf zur Bearbeitung ist. Was denkst du, Kakashi?"
"Ich habe eine Idee, wie du sie mit Aobas Rat motivieren kannst. Und schon weißt du auch, wie du deine Genin behandeln musst. Spätestens nach dieser Erfahrung."
Erneut lächelte er, und mir kam das Grinsen. "Ich bin ganz Ohr, Sempai."
***
Mit Lee vorweg ging ich zur Akademie. Auf dem Wege machte ich mir klar, das ich diesen Ort vor fünf Jahren das letzte Mal betreten hatte. Ich verband mit ihm einige Erinnerungen, obwohl ich mich meistens im Hintergrund gehalten hatte. Nach all der Kritik durch die Erwachsenen der Naras war mein Motto gewesen: Nur nicht auffallen. Also hatte ich mich zwanghaft bemüht, möglichst mittelmäßige Leistungen zu erbringen. Nicht zu gut, nicht zu schlecht. War mir nicht ganz gelungen. Von neun Absolventen meines Jahrgangs war ich Viertbester geworden. Doch, ich hatte hier meinen Spaß gehabt, das konnte ich sagen.
Wie war es mit meinen Genin? Wie würden sie diese Schule ansehen? Würden sie sie vermissen? Ich träumte manchmal noch von ihr, lief durch Hallen und Gänge, weil ich zu spät kam. Wahrscheinlich eine Spätfolge des Drucks durch die älteren Naras... Wenn ich es recht bedachte, sollte ich eventuell einigen von ihnen bei Gelegenheit den Arsch aufreißen, für mein Seelenheil. Andererseits waren sie nie gehässig gewesen. Also richtig gehässig. Eher besorgt, und das war eigentlich nett. Aber ein wenig Arsch aufreißen würde schon nicht schaden.

Wieder nahm ich die Akten zur Hand, die ich in der letzten Woche so oft durchgelesen hatte.
Wieder wälzte ich den Inhalt, den ich schon lange auswendig kannte.
Mai Kobashi, dreizehn, wegen Krankheit ein Jahr ausgefallen. Mochte es nicht, darauf angesprochen zu werden. Vater spezialisierter Jounin. Keine besonderen Taijutsu-Fähigkeiten, keine besonderen Veranlagungen für Genjutsu, dafür gute Affinität für mittlere und große Reichweite im Ninjutsu. Wind-Nutzerin. Vom Charakter ruhig, überlegt, zurückhaltend, mit gelegentlichen cholerischen Zügen, die wahrscheinlich von ihrer Krankheit her rührten.
Ich schloss die Akte und dachte über sie nach. Anführermaterial? Kontraktpartnermaterial? Ich wusste es nicht. Noch nicht.
Shinji Nanahara, zwölf, Vater ehemals spezialisierter Jounin, Mutter ehemalige Medi-Nin. Älterer Bruder, 21, in der Chakra-Forschung tätig. Wenig Talent für Genjutsu, recht begabt im Ninjutsu, besser im Taijutsu. Ebenfalls Wind-affin. Der Nahkämpfer der Truppe? Neigte dazu, größere Brocken abzubeißen, als er kauen konnte. Hm. Keine schlechten Eigenschaften für jemanden, der vorne stand. Und er beherrschte Senpuken bereits, eine Fuuton-Technik. Nicht mal ich hatte das drauf. Aber ich hatte mein Fuuton-Training ja auch noch gar nicht begonnen, wenn man es genau nahm.
Der Letzte: Kira Yamada, zwölf, Vater Händler aus Kumogakure, Mutter Medi-Nin im Ruhestand.
Beim Angriff auf Konoha vor drei Jahren wurde Ai getötet, die jüngere Schwester. Kira hatte daraufhin die Oto-Nin erdolcht, die diese schreckliche Tat ausgeführt hatte. Seither keine Anzeichen von Labilität, aber pathologische Schuldgefühle. Oh, das war interessant. Die Mutter war Shinjis Mutters Sensei gewesen. Also gab es da schon mal eine Bindung. Yamada? Ich erinnerte mich an eine Schalterdame im öffentlichen Badehaus. War das seine Mutter? Ach nein, das wäre ein zu großer Zufall gewesen. Was gab es noch von ihm zu berichten? Raiton-Natur, hatte sich bei mehreren Besuchen in Kumogakure bei dem dortigen Zweig der Familie einige der leichteren Künste der Blitzkunst beibringen lassen. Vom Charakter verschlossen, keine Freunde. Wird aber als loyal beschrieben. Und tatsächlich, die ANBU überwachten seinen Vater spontan und sporadisch auf Geheimdienstaktivitäten.
Ein Vermerk machte mich stutzig: Er hatte die Akademie weit unter seinen Fähigkeiten abgeschlossen. Genjutsu kein erkennbares Talent, aber besondere Fähigkeit, sich aus einem Genjutsu zu wecken. Bevorzugte Taijutsu, Schwertkampf mit dem Wakizashi, mit dem er die Mörderin seiner Schwester getötet hatte. Ninjutsu passabel, aber nur Grundkenntnisse. Noch ein Nahkämpfer? Auf jeden Fall ein überlegterer Kämpfer als Shinji. Aber was und wie sie alle drei waren, würde sich erst entscheiden, wenn sie in ihrem ersten wirklichen Kampf waren. Kira ausgenommen.

"Wir sind da, Sempai", klang Lees Stimme zu mir herüber. Der junge Genin schob die Tür zum Klassenraum auf, und prompt fiel ein schmutziger Tafelschwamm auf seinen Kopf. Eine Kreidewolke flog auf, und staubte ihn ein. Er hustete pikiert. "Also, was mich angeht, Mamoru-sempai, ich mag diese Genin schon mal nicht besonders."
Kurz war ich versucht zu lachen. Aber nur bis ich realisierte, dass der Schwamm für mich gedacht gewesen war. Und dabei war es noch nicht mal zwölf.
"Hm. Das scheinen ja drei wirkliche Früchtchen zu sein", kommentierte ich, während Lee versuchte, den Staub abzuklopfen.
Ich betrat den Klassenraum. Shinji sah erfreut zu mir herüber. Beinahe mit Herzchenaugen, wie man im Jargon zu sagen pflegte. Mai war interessiert, aber auch distanziert. Kira wirkte gelangweilt. "Mahlzeit, Team dreizehn", sagte ich, und trat an das Lehrerpult. "Ich bin euer Gruppenführer Mamoru Morikubo, und dies ist mein Assistent Rock Lee. Die nächsten Tage und Wochen werdet Ihr mit uns beiden verbringen, und ehrlich gesagt bin ich mir nach der Lektüre der Akten noch nicht sicher, ob ich wirklich Zeit in euch investieren sollte."
Diese harschen Worte lösten unterschiedliche Reaktionen aus. Für Shinji schien eine Welt zusammen zu brechen. Seine Miene zierte blankes Entsetzen. Kira sah plötzlich interessiert zu mir herüber. Wohl wegen der Möglichkeit, das ich sie aufgeben würde. Und Mai spielte die Desinteressierte, lauschte aber aufmerksam auf jedes meiner Worte. Na, das war ja ein Haufen.
"Ich will es kurz machen. Die Godaime Hokage hat mich dazu verdonnert, euch zu trainieren, und euch die Grundlagen beizubringen, die Ihr braucht, um in der Ninja-Welt zu überleben. Leider habe ich gerade verdammt wenig Zeit, weil eine Mission ansteht, die eine längere Reise erfordert. Der Groß-Daimyo des Reichs des Wassers hat mich in sein Land gerufen, genauer gesagt in die Festlandprovinzen."
"In die Provinzen, wo du eine Burg erobert hast, Sensei?", rief Shinji aufgeregt.
Ich war erstaunt. War das tatsächlich Allgemeinwissen?
Ich räusperte mich verlegen. "Ja."
"Geil!"
"Wie dem auch sei. Ich werde übermorgen aufbrechen. Und ich werde euch mitnehmen. Dazu gehört auch ein Abstecher nach Kumogakure, weil ich einiges mit dem Raikage zu besprechen habe. Das wäre eine gute Gelegenheit für dich, Kira, um an deinem Raiton zu feilen."
Nun zeigte der Junge aufrichtiges Interesse. "Das klingt interessant. Ich habe Verwandte in Kumo."
Ein leises Seufzen entrang sich meiner Kehle. Da war ja jemand nicht gerade freigiebig mit seinen Emotionen.
"Außerdem", fuhr ich fort, "bietet der Weg nach Kumogakure einige berühmte Onsen, die durch legendäre Heilquellen gespeist werden. Bisher habe ich in jeder einzelnen gebadet, wenn ich diesen Weg gegangen bin, und seht mich an. Gesund wie ein Bär."
Nun hatte ich auch Mais Aufmerksamkeit. "Heilquellen?"
"Mich interessiert natürlich eher der Bäder-Aspekt."
"M-mich auch", korrigierte sie sich.
"Also", sagte ich, und legte beide Handflächen auf den Tresen, "ich kann diese Reise mit euch machen, oder ohne euch. Im Moment sieht es so aus, als würde ich sie ohne euch machen, aber ich will nicht unfair sein. Ihr bekommt eine faire Chance, euch euren Platz zu erstreiten. Schafft Ihr es nicht, werdet Ihr bis zu meiner Rückkehr mit Lee-sensei hier neben mir Grundlagen trainieren. Und das zehn Stunden am Tag, volle sieben Tage. Ich verspreche euch, das wird kein Zuckerschlecken." Ich sah zur Seite. "Lee, die Beingewichte."
Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Taijutsu-Spezialisten. "Gerne doch."
Er entfernte die Beingewichte, und legte sie auf den Tisch, vor dem die drei Genin saßen. Das heißt, er versuchte es. Sie krachten sofort durch die Deckplatte und landeten auf dem Fußboden, den sie ebenfalls durchbrachen, bis sie blanken Beton erreichten.
"Er wird euch trainieren. Ohne Gewichte."
Blankes Entsetzen stand nun in den Augen der Genin, während Lee seine Gewichte wieder einsammelte und erneut befestigte.
"Wie sieht diese Chance aus?", fragte Kira direkt, ohne zu zögern.
"Nun, das erkläre ich euch vor Ort. Trefft mich in einer Stunde auf dem Konoha-Trainingsgelände."
Und damit begann das Spiel.
***
Die drei Genin fanden sich pünktlich ein, beinahe auf die Minute. Shinji kam als Erster, aber das hatte ich erwartet. Er schien begeistert von mir zu sein. Mai als zweite. Sie hatte eine neutrale, aber latent interessierte Haltung. Kira kam als Letzter, aber nicht zu spät nach den anderen. Einerseits demonstrierte er Desinteresse, andererseits war er nicht zu nachlässig. Immerhin drohte Lees unbarmherziges Training.
Mittlerweile hatten Lee und ich alles vorbereitet. Wir waren bereit.
"Willkommen auf meinem Spielplatz", begrüßte ich meine drei Genin, während ich auf dem mittleren von drei Pfählen hockte. "Willkommen in meinem Spiel."
Ich hielt drei Glöckchen hoch. "Das Spiel geht folgendermaßen. Ich verteile genau sechs Glocken. Drei behalte ich. Ich werde sie an die drei Pfähle heften. Zwei bekommt Rock Lee. Das dritte bekommt P-chan. Eure Aufgabe wird es sein, jeweils ein Glöckchen zu erobern. Nur wer eines hat, wird mich begleiten. Wer keines ergattern kann, sagen wir bis Sonnenuntergang, bleibt in Konoha, und trainiert mit Lee."
Kira hob eine Hand. "Frage. Wer ist P-chan?"
Ich zwinkerte, und ein kleiner Affe kletterte von meinem Rücken auf meine Schultern. In Händen hielt er bereits ein Glöckchen. "Das ist P-chan. Sie ist eine Affenkriegerin von großer Macht, aber heute wird sie lediglich vor euch davon laufen. Wenn Ihr sie einholt und berührt, gibt sie euch das Glöckchen freiwillig. Das bedeutet für einen von euch, mich begleiten zu dürfen."
"Aha. Für einen."
"Ja."
Kira zuckte die Achseln. "Eine reicht mir."
"Das hättest du wohl gerne", giftete Shinji. "Wenn jemand Morikubo-sensei begleiten wird, dann bin ich das."
"Jungs, Jungs", mischte sich Mai ein, "über ungelegte Eier streitet man sich nicht." Sie wandte sich wieder mir zu. "Gibt es auch Auflagen für Lee-sempai?"
Bemerkenswert, dass sie das fragte. "Keine Auflagen. Er ist schließlich nur Genin wie Ihr. Er ist älter, erfahrener, aber Ihr solltet ihm in Teamarbeit die Glöckchen abnehmen können. Oder Ihr fragt einfach."
"Ja, ja, sehr witzig", murrte Shinji.
"Und wie sieht es mit dir aus, Morikubo-sensei?", fragte Shinji mit leuchtenden Augen.
"Oh, ich werde die drei Glöckchen hier mit all meinen Fähigkeiten verteidigen. Verlasst euch nicht darauf, dass mich zwei ablenken können, und einer sammelt die Glöckchen ein. Ich kämpfe mit voller Kraft. Und das erwarte ich auch von euch."
"Und wir brauchen jeder ein Glöckchen?", hakte Kira nach.
"Eventuell, wenn mich eure Performance überzeugt, lasse ich vielleicht bei einem Gnade vor Recht ergehen, wenn er kein Glöckchen hat... Also strengt euch bitte an. Okay?"
Die drei Genin tuschelten miteinander. "Also jeder für sich", schloss Shinji laut. "Vorerst."
"Ja, vorerst", sagte Kira.
"Hm. Ich bin skeptisch. Aber wir können es erst mal auf eure Art versuchen, Jungs", murrte Mai.
"Also seid Ihr dabei? Nicht, dass Ihr eine Wahl hättet. Wer ablehnt, bleibt automatisch für das Training mit Lee-sensei hier in Konoha."
"Wir sind dabei", sagte Mai. "Und wir werden jeder so ein verdammtes Glöckchen erobern. Versprochen, Morikubo-sensei."
"Ach, eines noch. Nennt mich bei meinem Vornamen. Mamoru-sensei."
"Jawohl, Mamoru-sensei."
"Dann kann es ja los gehen. Ich hoffe, Ihr seid in guter Form. Bis zum Sonnenuntergang ab... Jetzt!"
P-chan schnellte von meiner Schulter, sprang ins Gras hinab, und raste mitten zwischen den drei überraschten Genin hindurch in Richtung Wald.
Lee nutzte genau diesen Moment, zwei Glöckchen am Gürtel, um ebenfalls stiften zu gehen. Zurück blieb ich allein. Ich sprang vom Pfeiler herab, und befestigte in aller Seelenruhe die drei Glöckchen an den Stämmen. "Wir haben bereits angefangen", kommentierte ich.
Die drei Genin wechselten einen entschlossenen Blick, dann verschwanden sie zugleich per Step.
Meine sensorischen Fähigkeiten verrieten mir, dass Kira hinter P-chan her war, und sich Shinji anschickte, Lee hinterher zu jagen. Mai hingegen war gar nicht gesprungen, sondern hatte nur ein nahes Gebüsch erreicht, von dem aus sie mich beobachtete. Für Anfänger gar nicht mal schlecht. Das versprach interessant zu werden.

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Die erste Begegnung mit seinem "Feind" hatte Kira. P-chan, der kleine Affe, war gerade knapp vor ihm im nahen Wald verschwunden, und er war dem Biest dicht auf den Fersen. Als er jedoch die ersten Bäume passierte, war von dem kleinen Vieh nichts mehr zu sehen. Das hatte er erwartet. Sicher war der Affe, kaum das er die Bäume erreicht hatte, im Geäst verschwunden. Und sicher hatte das Mitsvieh geglaubt, ihm damit entkommen zu sein. Na, dann hatte er sehr schlechte Nachrichten für den Affen, denn er war alles andere als ein mickriger kleiner Genin frisch von der Akademie. In ihm steckte schon ein wenig mehr. Und das würde er jetzt beweisen.
Kira zog seine Klingenwaffe, das Wakizashi, mit dem er die Mörderin seiner Schwester getötet hatte, und stieß es vor sich in den Erdboden. Dann begann er zu rechnen. P-chan war etwa zwei Sekunden vor ihm im Wald angekommen. Als er dem Affen gefolgt war, hatte er jedoch nichts gehört, was auf schnelle Fluchtgeräusche deuten ließ. Das bedeutete für ihn, dass das Biest höchstens fünfzig Meter entfernt war.
Stark an seinem Limit, aber auf jeden Fall für sein Lieblingsjutsu einen Versuch wert. Kakashi-jii hatte es ihm beigebracht, aber es war ihm nie gelungen, es auf einem wirklich hohen Niveau umzusetzen. Dabei hatte Kakashi-jii es im Alter von neun Jahren gemeistert, und er war schon elf gewesen. Die Technik hieß Raikin Issen, und sie bestand im Wesentlichen daraus, das man seine komplette Umgebung unter Strom setzte, der von der Raiton-Natur des Anwenders geschaffen wurde. Wie gesagt, sein Raikin Issen war nicht besonders stark, nicht stark genug für einen Kampf. Selbst auf kürzeste Distanz verursachte es nur schmerzende Schocks. Kakashi-jii hatte ihm zwar versichert, dass das mit mehr Chakra-Kontrolle besser werden würde, aber für einen Kampf reichte es eben noch nicht. Kira hatte aus der Not eine Tugend gemacht, und eine Taktik entwickelt, in der sein Raikin Issen nützlich war. Wenn er sein ohnehin schwaches Jutsu ausdehnte, bis an sein Maximum, erreichte es zwar nur die Wirkung eines milden Stromschlags, aber genau darauf war er aus. Er konnte alles im Radius von fünfzig Metern unter Strom setzen. Erdverstecke, Hinterhalte über ihm, all das war egal. Mit diesem Jutsu konnte er sie aufspüren und sie dazu bringen, ihre Position durch einen schmerzhaften Schrei zu verraten. Es bestand immer die Gefahr - noch -, dass er an Gegner geriet, denen sein Strom nichts ausmachte, die stumm blieben, weil er nicht stark genug war. Aber ausgerechnet der winzige Affe sollte dazu in der Lage sein? Lächerlich. Oder auch nicht. Immerhin wusste er so gut wie nichts über die Affen. Also kam es auf einen Versuch an.

"RAIKIN ISSEN!", rief er, schmiedete Chakra, und griff nach seiner Klinge. Über sie leitete er sein Raiton direkt in den Boden, von wo es irrlichternd eine Sphäre aus Blitzen erschuf, die fünfzig Meter Radius hatte. Das war höher als die meisten Bäume.
"Autsch!", hörte Kira, und triumphierend zog er das Schwert wieder aus dem Boden. Bis ihm etwas auffiel. Sagten Affen Autsch?
Hastig folgte er dem Laut, den er gehört hatte, und zu seinem großen Entsetzen sah er eine hochgewachsene, schlanke und sehr schöne junge Dame mit goldblondem Haar, das sogar noch kräftiger glänzte als das von Hina-chan. Das Mädchen, vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre alt, hockte wie eine Porzellanpuppe auf dem Waldboden, und rieb sich die schmerzenden nackten Füße. Dabei zeigte ihre Miene mehr als deutlich, dass sie die Geschichte sehr unangenehm fand. Sie trug einen rosa Yukata, auf denen rote Blütenblätter hin- und hergeweht zu werden schienen. "Mmhhh", machte sie, "damit habe ich nun aber wirklich nicht gerechnet."
Kira stand wie angewurzelt da. Sicher, er machte sich nichts aus Frauen, aber das hieß nicht, dass er Schönheit nicht erkannte, wenn er sie sah. Und die junge Frau vor ihm hatte die Anmut und die Schönheit einer Prinzessin aus den Legenden - die meisten echten Prinzessinnen sollten ja eher schrecklich normal aussehen, als sich an die Regeln zu halten und Filmstars Konkurrenz zu machen. Ihre Leidensmiene berührte etwas in Kira, und als er genauer nachforschte, was das für ein neues Gefühl war, da erkannte er: Es war Schuld.
Als sie wie zufällig zu ihm herüber sah, verschwand das gequälte Gesicht, das seine Schuldgefühle zementiert hatte, und wich einem Lächeln, für das geringere Männer getötet hätten. "Das war eine gute Strategie. Ich wusste zwar, das du eine Raiton-Natur hast, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass du sie schon anwenden kannst. Vor allem so gut." Sie legte den Kopf schräg und kniff die Augen zusammen, während sie lächelte. Kiras Herz machte einen Sprung bei so viel geballter Schönheit, Grazie und Anmut.
"Ich bin Perine."
"I-i-i-ich...", stotterte er, von der Situation überfordert. Er spürte, wie er errötete. "I-ich entschuldige mich für das Raiton..."
"Das musst du nicht", sagte sie bestimmt. Sie winkte ihn heran.
Wie von Fäden geführt schritt Kira näher.
"Komm, setz dich", sagte sie, und klopfte auf das weiche Moos neben sich.
Kira ließ sich dort nieder. Er konnte einfach nicht den Blick abwenden.
"Du bist Kira", sagte sie. Und so wie sie es sagte, war es eine Feststellung, keine Frage gewesen.
Der Junge nickte. "Ja. Und es tut mir wirklich leid, wenn ich dich verletzt habe. Eigentlich sollte mein Raikin Issen nicht so stark sein, um wirklich weh zu tun. Ich nutze es nur, um versteckte Gegner aufzuspüren."
Nun verzog das hübsche Mädchen das Gesicht zu einer enttäuschten Miene. "Was denn? Wolltest du etwa den niedlichen kleinen Affen mit einem Stromschlag aus den Büschen treiben?"
Kira spürte, wie sein Gesicht vollends rot anlief. "Aber das ist doch meine Aufgabe!", rief er viel zu laut. "A-außerdem wusste ich doch nicht, dass ich es jetzt besser beherrsche!"
Das Lächeln kehrte auf die wunderschönen Züge zurück. Kira sah, wie sich ihr rechter Arm näherte. Dann legte sich ihre Hand auf seinen Kopf. Mit bedächtigen, aber kraftvollen Zügen ging sie ihm über das struppig stehende kurze Blondhaar. "Okay, dann vergebe ich dir. Weil du dir Mühe gegeben hast. Aber ich erwarte, dass du dir auch weiter so viel Mühe gibst. Mamo-chan erwartet viel von euch. Enttäuscht ihn nicht."
"Mamo-chan?" Erstaunt sah er die hübsche junge Frau an. "B-bist du eine Freundin von ihm?"
Das Mädchen lachte, und es passte in seiner kristallklaren Schönheit im Sopran vollkommen zu dieser feenhaften Erscheinung. "Natürlich bin ich seine Freundin."
"Und du hilfst ihm heute?", hakte er nach.
Das brachte Perine zum Schmunzeln. "Natürlich helfe ich ihm. Immerhin bin ich der kleine Affe, den du verfolgt hast", erklärte sie. Nach einem letzten Streichler nahm sie die Hand zurück und zog die Glocke hervor, die Kiras Ziel war. "Hier. Siehst du?"
"D-du bist der kleine Affe?", rief Kira erstaunt. Aber das währte nur eine Sekunde, und er griff nach der Glocke. Leider griff er ins Leere, denn Perine benutzte Step und war fort, bevor er die Glocke erwischen konnte. Sie erschien ihm auf dem Ast eines nahen Baumes wieder. Lächelnd schwenkte sie das Glöckchen, das dabei leise bimmelte. "Bitte gib dir Mühe. Sonst kannst du nicht mit auf den Ausflug, und musst in Konoha bei Lee bleiben und die ganze Zeit Basisübungen machen!", rief sie.
"Warte!", rief Kira. "Der Auftrag war doch, dass ich dich nur berühren brauche, und du gibst mir die Glocke! Und wir haben uns doch gerade berührt, oder?"
Perine lachte erneut. "Was für ein schnell schaltender, aufgeweckter kleiner Genin du doch bist. Aber du begehst einen Denkfehler. Dein Auftrag lautet, mich zu berühren, oder die Glocke zu schnappen. Ich aber habe dich berührt, wenn du dich daran erinnern würdest, Kira-chan."
Der Junge konnte sich nicht helfen, aber das Suffix Chan, von diesem wunderschönen Mädchen an seinen Namen angehängt, ließ ihn für einen Moment träumen.
Perine bemerkte das, benutzte Step, und stand plötzlich hinter dem Genin. Mit der rechten flachen Hand klopfte sie ihm auf den Po. "Los, gib dir Mühe, und mach Mamo-chan stolz auf dich", raunte sie ihm zu, und sprang ins Geäst des Waldes zurück.
Kira, nach dem ersten Schreck wieder aufgetaut, sprang ihr hinterher. "WARTE!"
"Junge, Junge, du glaubst doch nicht, das ich darauf höre, Kira-chan", spöttelte die Affenkriegerin milde.
Da hatte sie natürlich Recht. Hm, es schien für Kira ganz so, als wäre die vermeintlich leichteste Aufgabe nun die schwerste Aufgabe. Vielleicht waren die anderen Ziele leichter zu erreichen? Der Gedanke kam zu früh. Erst wollte er hier sein Glück probieren. "Gib mir wenigstens eine Chance, Perine-chan!", rief er, und eilte der Affenkriegerin nach.
***
Rock Lee war auf den See hinaus gelaufen. Nicht weit. Nur ein paar Meter. Aber an dieser Stelle war das Wasser beeindruckend tief. Dennoch stand er oben auf den Wellen.
"Boah, das ist cool!", rief Shinji, als er das sah. "Das hatten wir in der Akademie aber noch nicht! Wie machst du das, Sempai?"
Lee lächelte geschmeichelt. "Weißt du, eigentlich kann ich ja nur Taijutsu anwenden. Ich beherrsche nicht ein einziges Ninjutsu. Ich habe dafür einfach keine Affinität. Streng genommen aber ist das Wasserwandeln ein Ninjutsu. Und dann wieder doch nicht."
"Hä?", fragte der junge Ninja, und kratzte sich am Stirnansatz unter dem Konoha-Stirnschutz. "Das verstehe ich gerade nicht."
"Ich erkläre es dir", sagte Lee generös. "Weißt du, die Technik des Wasserwandelns oder des auf die Bäume kletterns verwendet Chakra. Man konzentriert einen Teil davon in den Füßen und benutzt es, um sich festzusaugen oder abzustoßen. Das ist so simpel, dass sogar ich das beherrsche."
"Kann ich das auch lernen?", rief Shinji begeistert. "Ich meine, nachdem ich dir die beiden Glöckchen abgenommen habe?" Just in diesem Moment durchstieß ein zweiter Shinji die Wasseroberfläche, und versuchte nach den beiden Glöckchen an Lees Gürtel zu greifen.
Der junge Mann mit dem grünen Trainingsanzug lächelte darüber nur müde. Es war zwar eine verdammt gute Leistung von dem grünen Bengel gewesen, seinen Schattenklon im Wasser entstehen zu lassen, einfallsreich dazu, aber weder die Fingerzeichen des Genin, noch die kleine Welle, die entstanden war, als der materialisierte Klon Wasser verdrängt hatte, waren Lee entgangen. Dazu hatte er den Kurs verfolgt, den Shinjis Klon unter Wasser genommen hatte. Er war also alles andere als überrascht.
Lee trat einfach einen Schritt nach hinten, und ließ den Schattenklon ins Leere fallen. Der Klon-Shinji fiel ins Wasser zurück, und sah seinen Sempai böse an. "Menno."
"Ha, ha. Etwas mehr Mühe musst du dir schon geben, Shinji-kun", sagte Lee in ermutigendem Ton.
Ungefähr in dem Moment realisierte Lee, dass der Junge zwei Klone erschaffen hatte, einen unter dem anderen. Und genau dieser zweite Klon war in diesem Augenblick in Lees Rücken zu spüren, und drohte ihn zu berühren.
Lee sah hinter sich, spürte mehr als das er es sah, Shinjis Hand näher kommen, nur noch Zentimeter entfernt, und... Trat mit dem rechten Fuß ins Wasser. Dies geschah mit einer solchen Wucht, mit so einer Kraft, das sich im Wasser eine Kuhle bildete, welche die beide Schattenklone für einen Moment in der blanken Luft rudern ließ, bevor sie durch den immensen Luftdruck, der dem Tritt folgte, vergingen, und danach eine große Welle ringförmig von Lee ausgehend auf dem See ausbreitete.
"Hey!", gelang es Shinji noch zu sagen, da verschluckte sie ihn schon, und ließ ihn erst drei Dutzend Meter das Ufer hoch aus ihrem Würgegriff.
Der junge Genin spuckte eine Zeitlang Wasser. Was war der Kerl für ein Monster? Und warum war er immer noch Genin? Und wie hatte er das gemacht, wenn er doch nur Taijutsu beherrschte? Konnte jemand so hart treten, das sich mehrere hundert Kubikmeter Wasser bewegten - und das sehr schnell und sehr kraftvoll? Wie geil war das denn?
Als er sich wieder aufrichtete, freute sich Shinji auf die zweite Runde mit dem Jungen im grünen Trainingsanzug.
Aber leise fragte er sich, ob die anderen beiden Prüfungen nicht eventuell leichter gewesen wären.
***
Mai hockte in einem Busch, zwanzig Meter von Mamoru entfernt. Sie hatte absichtlich den Eindruck erweckt, mit Kira mitgegangen zu sein, um den kleinen Affen zu jagen; stattdessen lag sie hier auf der Lauer und suchte nach einer Schwäche des Chunin vor ihr.
Sie durfte ihn auf keinen Fall unterschätzen wie Kira das tat. Andererseits brauchte sie ihn auch nicht zu heroisieren, wie es Shinjis Art war.
Sie hatte, kurz bevor sie mit den anderen beiden hierher gekommen war, ihren Vater aufgesucht. Shouta Kobashi hatte der aufgeregten Rede seiner Tochter über ihre neue Gruppe, über die anstehende Reise und die dafür notwendige Prüfung wortlos zugehört. Dann hatte der spezialisierte Jounin das Wort ergriffen, und eindringlich auf seine Tochter eingeredet. "Kind", hatte er zu ihr gesagt, und diese Formulierung hatte er nicht mehr verwendet, seit sie im Krankenhaus mit ihrer schweren Krankheit gekämpft hatte, "du musst eines verstehen, so wie jeder Genin zuvor, der von seinem Jounin geprüft wurde: Du hast es mit einem Jounin zu tun, mit jemandem vom Kaliber deines Vaters."
"Aber", hatte sie aufbegehrt, "Morikubo-sensei ist doch nur ein Chunin."
Ihr Vater hatte bei diesen Worten nur milde gelächelt. "Es würde zu weit führen, dir alles en detail zu erklären, was der Rat und die anderen Jounin, geschweige die Godaime Hokage sich von Mamoru-chan versprechen und was sie von ihm erwarten. Ich sage nur, das er ein besonders starker Chunin ist, der sich mehrfach bewiesen hat. Denke an Otogakure, das hattest du sicherlich im Unterricht. Oder denk an seinen Lehrer, den Sandaime Hokage, den man wegen seines Wissens um so viele Jutsu auch den Professor genannt hat. Denkst du, jemand kann eine andere Ninjastadt zerstören, oder der Schüler des Sandaime sein, ohne dass nicht zumindest das eine oder andere hängen bleibt? Und wenn wir es umdrehen, was denkst du, wie gut wird er sein, wenn er alle Erwartungen erfüllt?"
"Und warum ist er dann noch kein Jounin, so wie du, Otoo-chan?", hatte Mai trotzig gefragt.
Dies ließ ihren Vater erneut milde lächeln. "Sagen wir, weil er feststeckt. Irgendwo zwischen dem besten und dem schlechtesten Ergebnis. Wo, das musst du mit deinen beiden Teamkameraden herausfinden."
"Na, danke. Das hilft mir genauso wenig weiter, wie mit diesen beiden Dummköpfen in ein Team gesperrt zu werden", hatte sie gemurrt.
Ihr Vater war ihr über den dunkelbraunen Schopf gegangen, den Seitenscheitel hoch über die aus dem Pony nach hinten geflochtenen Haare, und diesmal hatte er gegrinst wie ein Honigkuchenpferd auf Zucker. "Oh, ich habe Vertrauen. Vertrauen in dich, Vertrauen in Shinji-kun und Vertrauen in Kira-kun. Immerhin kenne ich ihre Eltern, und wenn sich etwas von ihnen in ihren Söhnen wiederfindet, werdet Ihr ein tolles Team bilden. Doch dazu müsst Ihr lernen, zusammen zu arbeiten."
"Hmpf."
"Du, deine Vorliebe sind doch Shuriken. Ich glaube, ich habe da was für dich", hatte Vater gesagt, war in seinem Arbeitszimmer zugange, und anschließend mit einer großen rechteckigen Schachtel wiedergekehrt.
"Was ist das?", hatte Mai neugierig gefragt, und mit der Erlaubnis ihres Otoo-chan hatte sie sie geöffnet. In der Schachtel fand sie eine zusammengefaltete Riesenshuriken, eine Fuusha, die vier Blätter besaß. Entfaltet maß sie sechzig Zentimeter im Durchmesser. Vater hatte gelächelt, ihr die Waffe aus der Hand genommen und sie aufgefaltet. Mai war vor Entsetzen einen Schritt zurückgesprungen, als eine der Klingen nur Millimeter vor ihrer Nase zur Ruhe gekommen war.
Dann hatte Vater mit beiden Händen zugegriffen, und plötzlich waren es zwei gewesen.
"Ich erkläre dir jetzt einen Geheimtrick. Wenn du wirklich versuchst, die Prüfung alleine zu bestehen, dann hast du nur eine Chance. Du musst deinen Sensei einmal überraschen, um ihn zu überrumpeln. Aber das klappt auch wirklich nur dieses eine Mal. Wenn er merkt, was für ein Früchtchen du bist, wird er dich nicht mehr unterschätzen, und du hast keine Chance mehr. Hat dir schon mal jemand das Schatten-Shuriken gezeigt?"

Nun hockte sie hier, in ihrem Busch, hatte ihr Augenmerk auf Mamoru-sensei gerichtet, und auf die drei Glöckchen an drei Pfählen, von denen sie nur eines erwischen musste - und ihr Sensei marschierte sichtlich gelangweilt vor den Pfählen auf und ab, hüpfte auf einem Bein, kickte nach Steinchen, oder starrte gedankenlos in die Wolken. Verhielt sich so ein Shinobi? Vielleicht hatte ihr Vater seine Schilderungen absichtlich übertrieben, damit sie sich besonders anstrengte. Vielleicht aber verstellte sich Mamoru-sensei auch nur, damit sie ihren einzigen Versuch versaute, an eines der Glöckchen zu kommen. Mai beschloss vorsichtig zu bleiben und sich nicht einlullen zu lassen. Sie blieb bei dem Plan, den sie sich zurecht gelegt hatte, und der die größte Aussicht auf Erfolg versprach. Und sie beherzigte die Worte ihres Vaters, dass sie nur einen Versuch hatte.
Mamoru-sensei indes trug ein wenig Holz zusammen, und schichtete es einen halben Meter vor der mittleren Holzsäule auf. Er vollführte ein paar Fingerzeichen, die Mai aus ihrer Position nicht genau erkennen konnte, und flugs brannte der kleine Stapel mit einer halbmeterhohen Flamme. Mai beschloss, sich das zu merken. Beim Campieren in der Wildnis war der Sensei also ein vorzügliches Feuerzeug. Hm, wenn er schon mit Feuer spielte, dann musste er sehr gelangweilt sein. Sie wusste, dass er eine Feuernatur hatte. Zeit, ihren Plan in die Tat umzusetzen.
***
Etwa zwanzig Minuten waren vergangen, seit ich den Test um die Teilnahme an der Reise begonnen hatte. Shinji lernte unbewusst von Lee, wie man auf Wasser wandelte, während er versuchte, den anderen Shinobi zu erreichen - mehr schlecht als recht, aber ich war beeindruckt, das es ihm überhaupt gelang, sein Chakra so zu lenken - und ich wusste, dass P-chan Kira kräftig durch den Wald hetzte... Und Mai-chan hockte noch immer in ihrem Busch. Natürlich wusste ich einiges über sie. Mehr als sie vielleicht vermutete. Wichtig für mich waren ihr Chakra-Level, die Anzahl ihrer Jutsu, die sie gut beherrschte, und ihre Vorliebe für mittlere und weite Distanzen. Für den Nahkampf fehlte ihr das Selbstvertrauen. Noch. Verständlich, wenn der Eindruck, ihr Körper habe sie während der Krankheit schmählich in Stich gelassen, noch immer in ihr vorherrschte. Eine Veränderung in ihrem Chakra-Fluss warnte mich vor, dass sie ihr Vorhaben nun langsam beginnen wollte. Ich war sehr gespannt darauf, was sie mir bieten würde. Hm, hatte Shouta-sempai ihr nicht gesagt, das ich zwar ein nur schwacher, nichtsdestotrotz aber ein sensorischer Ninja war? Anscheinend nicht, sonst hätte sie ihre Vorbereitungen nicht innerhalb meiner Reichweite vollzogen.
Langsam begann ich ein wenig Holz aufzuschichten. Mit einem Katon Bunshin setzte ich es in Flammen.
Dann begann für mich das Warten. Ich war sehr gespannt auf ihre Strategie; ihre Teamkollegen schlugen sich nicht schlecht, und jeder bewies eigene Fähigkeiten und Qualitäten. Mich interessierte aber vor allem, wie sie sich zusammen schlugen. Und dazu mussten sie einzeln scheitern.

Es begann mit einem quiekenden Schmerzenslaut und dem völlig unerwarteten Ruf: "Ameisen!"
Mai Kobashi huschte aus dem Busch hervor, sich dabei kräftig abklopfend, um die schwarzen, beißenden Plagegeister von ihrer Kleidung und von ihren Armen zu befördern. Als sie damit fertig war, wurde ihr augenscheinlich bewusst, was sie gerade getan hatte. "B-bilde dir ja nichts ein!", rief sie enrüstet. "Wenn die dämlichen Ameisen nicht gewesen wären..."
Sie errötete, als sie mich grinsen sah. "U-und mach dich nicht lustig über mich!"
"Ein Shinobi wird öfters mal in Situationen geworfen, die er nicht herbei geführt hat, oder die er nicht kontrollieren kann. Dann gilt es zu improvisieren", sagte ich ihr. "Ich bin gespannt, wie du es damit hältst."
"D-das wirst du schon noch sehen, Sensei!", rief sie wütend. Sie griff in ihre Kunai-Tasche, und Augenblicke darauf fuhr ein Schwarm Kunai auf mich zu, denen ich jedoch problemlos ausweichen konnte. Eines der Kunai trug ein Spreng-Tag, und so nahm ich mir die Zeit, es zu zertreten, bevor es explodieren konnte. Nicht auszudenken, wenn es losgegangen wäre und das Feuer gelöscht hätte.
"Das war nur zum aufwärmen!", rief sie trotzig. Ihr nächster Angriff erfolgte mit Wurfsternen, die eine Serie neben mich schlugen und mich zwangen, nach links auszuweichen. Dort erwartete mich eine Salve Senbon, die ich tatsächlich mit meinem Kunai abwehren musste. Für einen Genin frisch von der Akademie war das schon beeindruckend. Nebenbei bemerkt machte sie einen guten Job dabei, mich von den Pfosten fort zu drücken, um das eigentliche Ziel hier zu erreichen, nämlich eines der Glöckchen an den Holzpfählen zu ergattern. Dies stellte ich mit einem Schmunzeln fest. Aber ich ließ mich dann doch nicht ganz fort treiben und kehrte mit Step an meinen alten Platz zurück. "Das war schon sehr beeindruckend. Ich bin sehr gespannt, was du mir ansonsten zu bieten hast."
Mais Miene zeigte Ärger. "Das werde ich dir zeigen, Sensei!"
Wieder warf sie Shuriken, und diesmal wehrte ich sie gleich mit meinem Kunai ab. Um sie ein wenig zu motivieren, ließ ich einen von ihnen meine Kleidung aufritzen. Ich kommentierte es nicht, so als hätte ich es nicht mal bemerkt. Aber ich sah, wie sich Mais Blick darauf heftete, und wie Triumph in ihren Augen aufglomm.
"Etwas mehr musst du mir schon bieten", sagte ich in gemütlichem Ton.
Ich wusste von Kakashi, das er, als er Naruto, Sakura-chan und diesen Uchiha-Spross geprüft hatte, nebenbei provokativ in einer von Jiraiya-samas Novellen gelesen hatte, um seinen Genin seine absolute Überlegenheit vor Augen zu führen. Und es waren nicht die "Erzählungen eines verwegenen Ninjas" gewesen, sondern eine seiner erotischen Novellen. Davon hielt ich nicht ganz so viel. Aber ein wenig Überheblichkeit zu demonstrieren war ja auch nicht so schlecht.
Diesmal sagte sie nichts, sondern warf einfach nur ihre Shuriken. Ich wich nicht mal aus, weil Mai daneben geworfen hatte. Das wiederum alarmierte mich. Mai warf nie daneben. Wie Recht ich damit hatte, verstand ich, als Mai ihre Rechte nach hinten zog. Die Shuriken, die mich passiert hatten, zogen nun eine enge Schleife, und rasten auf meinen Rücken zu. Ich wich seitlich nach vorne aus, und war damit mehr als fünf Meter von den Pfosten entfernt. Würde ihr das schon reichen? Nein, sicher nicht. Diesmal warf sie ein großes, vierarmiges Shuriken, ein Fuusha, wie es oft im Krieg verwendet wurde. Ich erkannte es als eine der Lieblingswaffen ihres Vaters wieder. Sie beherrschte es für einen Neuling recht gut. Ich wich zur Seite aus, und drückte die Waffe zusätzlich mit meinem Schwert zur Seite. Das war ungefähr eine Sekunde bevor ich bemerkte, das im Deckschatten des ersten Shurikens ein zweiter folgte, und dieser scherte genau in meine Richtung aus, kaum das ich ihn sehen konnte. Shouta, verdammt! Ich beschloss, mit dem Kollegen ein ernstes Wort zu wechseln. Andererseits war es mein eigener Fehler, wenn ich mich von einem Genin töten ließ, oder? Mit Step in letzter Sekunde, besser noch, im letzten Sekundenbruchteil, wich ich der Waffe aus. Diesmal war ich zwanzig Meter von den Pfählen entfernt, und diese Distanz reichte Mai, um ihre Chance zu nutzen.

Gerade als ich aus dem Step kam, bewarf mich Mai erneut mit Senbon. Wieder musste ich sie mit meinem Kunai abwehren. Währenddessen aber sprangen zwei weitere Mais aus dem Gebüsch hervor, und rasten auf die Balken zu. Alles was sie zu tun hatten, das war, eines der Glöckchen zu ergreifen. Kage Bunshin, wie überaus interessant. Dazu hatte sie zwei erschaffen, und diese waren nun schon zehn Minuten stabil. Nicht schlecht für einen Genin, vor allem für einen, der noch immer an den Nachwirkungen einer einjährigen Erkrankung litt.
Die beiden Schattenklone hatten sich den vordersten Pfosten als Ziel ausgesucht, und flogen regelrecht darauf zu. Vier Hände streckten sich aus nach der Beute, die nur noch Zentimeter entfernt war, als aus der Flamme mein Feuerklon sprang, und beiden Mädchen die Fäuste in die Mägen rammte. Sie klappten wie Papier um seine Arme, stießen kurze, knappe Laute aus, die nach Schmerzen und viel zu wenig Luft klangen, und verpufften vor unseren Augen.
"Sensei!", rief Mai vorwurfsvoll. "Du kannst doch nicht..."
Doch das war nur Ablenkung. Einerseits ihre Worte, andererseits die beiden Schattenklone, die ich gerade vernichtet hatte. Ein dritter Klon hastete über meinen Feuerklon hinweg, benutzte den ersten Pfosten als Zwischenstation, und stürzte auf den letzten Balken mit seinem Glöckchen zu. Bevor der Schattenklon jedoch danach greifen konnte, entließ mein Feuerklon einen Flammenspeer, der das Mädchen regelrecht aufspießte. Mit einem Laut des Entsetzens verging auch der dritte Klon.
Ich applaudierte. "Nicht schlecht, nicht schlecht. Das waren drei Kage Bunshin. Und deine Strategie war auch nicht schlecht. Hätten die anderen zwei dir geholfen, dann könntet Ihr jetzt drei Glöckchen haben."
Mit Entsetzen im Blick sah sie mich an. "Sensei", hauchte sie erschüttert, "was, wenn der letzte Klon gar kein Klon gewesen wäre? Was, wenn ich das selbst gewesen wäre?"
Ich lachte auf. "Ein sensorischer Ninja wird ja wohl bei einem Genin frisch von der Akademie erkennen können, wer der Klon und wer das Original ist, oder?" Ich stutzte, als ich ihre Verblüffung sah. "Sag mal, hat dir Shouta-sempai etwa seine Fuusha geliehen, dir aber nicht verraten, das ich sensorischer Ninja bin?"
Ihr vollkommen verblüffter Blick war Antwort genug. Ich lachte. Das glich die Schatten-Shuriken-Technik, die mich überrascht hatte, doch vollkommen wieder aus.
Mein Katon Bunshin zog sich wieder auf das Holz zurück und spielte weiterhin ein fröhliches Feuerchen, und ich nahm meine alte Position vor den Holzpfosten wieder ein.
"Du bist schon sehr gut geworden", lobte ich das junge Mädchen und zog die Shuriken, Kunais und Senbon aus der Erde und aus den Balken, um sie ihr wieder zu geben, "aber ich denke, du hast dein Feuer nun verschossen. Ich schätze es wird Zeit, dass Ihr es mit Teamarbeit versucht."
***
"Du hast dein Feuer nun verschossen", sagte Mai, und versuchte dabei, Mamoru-senseis Tonfall nachzuäffen. "Du musst es jetzt mit Teamarbeit versuchen."
Kira warf ihr einen missmutigen Blick zu, während er einen großen Schluck Wasser trank. "Ach, sei doch still. Wir sind alle gescheitert. So, wie wir da stehen. Und dafür haben wir eine geschlagene Stunde gebraucht. Sensei hat vollkommen Recht. Jetzt müssen wir es mit Teamwork probieren."
Shinji, das Haar patschnass am Kopf klebend, weil er ihn einmal im kühlen See untergetaucht hatte, nickte bestätigend. "So ist das nun mal. Ich kriege Lee-sempai nicht von diesem See runter, und so sehr ich es auch versuche, ich schaffe nur ein paar Schritte, bevor mein Chakra versagt und ich einsinke. Wie ist der Affe denn mit dir Schlitten gefahren, Kira?"
"Ach, hör auf, daran will ich gar nicht denken. Sie hat mit mir gespielt. Einmal hat sie die Verletzte gespielt, dann die Erschöpfte, ein anderes Mal die Gefangene in einer garstigen Klappfalle, und jedes Mal hat sie mich heran kommen lassen, nur um mir kurz zuvor zu entwischen. Und dabei... Nun, es waren sehr schmerzhafte Lektionen."
"Sie?", fragte Shinji.
"Sie", bestätigte Kira.
"Aha. Und wie war es bei dir, Mai-chan?"
Das Mädchen seufzte, lehnte sich nach hinten ins Gras, und kaute auf einem Grashalm. "Ja, wie war es denn? Überraschend. Ich habe versucht, Sensei von den Pfählen weg zu drängen. Ihr wisst ja, die Aufgabe an den Pfählen lautet nicht, ihn zu berühren, sondern die Glöckchen zu schnappen. Um das zu schaffen, hatte ich drei Kage Bunshin in der Nähe versteckt, die zuschlugen, als Sensei so weit weg war, das er mit Step nicht mehr rechtzeitig bei den Pfosten sein konnte, bevor meine Klone nicht wenigstens eins erwischt hatten. Dachte ich. Vorsichtshalber ließ ich einen Klon mit Verzögerung angreifen. Tatsächlich hat Mamoru-sensei einen Feuerklon bei den Pfählen zurückgelassen, und der hat rabiaten kurzen Prozess mit den drei gemacht. So schnell konnte ich gar nicht gucken. Ich habe es dann noch ein paarmal auf andere Art probiert, aber Ihr seht es ja. Kein Glöckchen. Stattdessen sitze ich hier bei euch. Und nun? Hat jemand Vorschläge?"
"Ich plädiere dafür, das wir es zuerst bei Perine versuchen", sagte Kira. "P-chan", ergänzte er, als Shinji ihn fragend ansah. "Wenn wir sie zu dritt einkreisen, sollten wir zumindest ein Glöckchen bekommen. Danach können wir entscheiden, ob wir Lee-sempai vom See runter locken, oder ob wir unser Glück bei Sensei versuchen. Aber vorsicht. Glaubt nicht, nur weil P-chan ein Affe ist, würde es leicht werden."
"Ja, man sollte seinen Gegner niemals unterschätzen", rief Shinji fröhlich. "Nicht mal, wenn er nur ein kleiner, harmloser Affe ist."
"Hast du eine Ahnung", seufzte Kira.

Sie setzten den Versuch um. Nachdem Kira, wenig zimperlich, mit seinem Raiton die Position des Affen ermittelt hatte, stürzte er dem davon huschenden Kerlchen hinterher. Diesmal aber lagen Shinji und Mai auch auf der Lauer, und wie abgesprochen versuchten sie, ihm den Weg abzuschneiden.
Shinji gelang es am Besten, weil er auf der Außenflanke war. Bevor er sich versah, rauschte er fast in einen rosa Kimono hinein. Nur knapp konnte er ausweichen. Die Besitzerin des Kimonos quiekte lieblich und erschrocken zugleich, als sie ihm ebenfalls auswich, und sich auf dem Boden wiederfand. "Na, du bist mir aber ein rabiater kleiner Kerl", murmelte sie, und tastete ihre Beine auf Verletzungen und Verstauchungen ab, die durch ihren Sturz fast bis zur Hüfte nicht mehr vom rosa Yukata bedeckt wurden. "Autsch."
Shinji errötete bis an die Haarspitzen beim Anblick der blonden Schönheit und ihrer perfekten Beine. "Bi-bi-bi-bi...", stotterte er.
"Bin ich verletzt?", vervollständigte das Mädchen. "Nein, sieht nicht so aus. Das ist aber reines Glück, und das habe ich nicht dir zu verdanken, Shinji-kun."
Die Frage, woher sie seinen Namen kannte, kam ihm gar nicht in den Sinn. So wie ihm vieles nicht in den Sinn kam, zum Beispiel die Jagd auf P-chan. Zu seinem großen Bedauern bedeckte das blonde Mädchen die Beine mit dem Stoff des Yukatas, als sie seinen starren Blick bemerkte. "Und frech bist du auch noch", tadelte sie ihn in einem amüsierten Ton.
Das entsetzte Shinji, gerade so als würde er aus einer Starre erwachen. Er sah auf, und hätte es doch besser nicht getan. Das schöne, wie modelliert wirkende Gesicht war beinahe noch faszinierender als die langen, perfekten Beine. Er wusste zwar nicht genau, warum das so war. Aber hätte es in der Nähe einen Sockel gegeben, er hätte sie drauf gestellt und sie angebetet. Verlegen sah er zu Boden.
"Nanu, was ist denn jetzt mit dir? Kannst du mir nicht in die Augen sehen?", fragte sie amüsiert.
"I-ich will nicht unhöflich sein und starren. Du bist so hübsch", murmelte er verlegen, und zeichnete mit dem rechten Fuß verlegen Kreise auf den Boden.
Das blonde Mädchen strahlte. "Danke. Deine Komplimente sind etwas unbeholfen, aber sehr erfrischend. Du darfst mich ruhig ansehen, Shinji-kun."
Vorsichtig hob er den Blick - und starrte in Mais Gesicht, auf deren Stirn eine Zornesader pochte.
"Ach, fängst du jetzt auch noch damit an? Siehst ein hübsches Gesicht, und vergisst total, warum wir hier sind? Wer bist du? Kira Nummer zwei?" Ärgerlich deutete Mai hinter sich. "Und dann hat sie noch nicht mal Titten, nur ein hübsches Gesicht."
Shinji sah, wie das Lächeln auf dem Gesicht des blonden Engels einfror. "Ach, ist das so, Mai-chan?", hörte er das Mädchen sagen, und so wie sie es sagte, machte es ihm Angst.

Kira holte auf, so schnell er konnte. Ihm fiel gerade ein, dass er den beiden eine essentielle Information unterschlagen hatte, und die konnte über Sieg oder Niederlage entscheiden! Als er endlich die beiden Kameraden eingeholt hatte, war es bereits zu spät. Perine hatte sich mit pochender Zornesader auf der Stirn, Mai gegriffen, auf jeder Kopfseite eine Faust gespannt, und kräftig zu drehen begonnen. "Wie, keine Titten? Das sagst ausgerechnet du? Möchtest du das gerne wiederholen?"
"Auuuuuuuu! Nein, will ich nicht, Sempai! Es tut mir leiiiiiiiiiiid!"
Für einen Moment war Kira versucht, die Situation zu nutzen, und Perine ihr Glöckchen abzunehmen, aber bevor er auch nur einen Schritt gemacht hatte, traf ihn ihr böser Blick, der ihn erstarren ließ. Der Druck, den sie mental aufbaute, ließ keine weitere Handlung zu.
"Setzt euch!", befahl Perine, und die drei Genin gehorchten.
Was folgte, war ein geharnischter Vortrag darüber, andere nicht nach ihren Äußerlichkeiten zu beurteilen, was vor allem Mai eifrig bestätigte, sowie eine längere Tirade darüber, was die Aufgaben des Einzelnen in einem Team waren, und wie man verschiedene Strategien miteinander kombinieren musste, und auch konnte oder sollte, um zum Erfolg zu kommen.
Sie schloss den Vortrag damit, dass sie im Großen und Ganzen von den Genin enttäuscht war, und von nun an mit voller Kraft agieren würde. Zu diesem Zweck verwandelte sie sich in einen Affen. Nicht in das niedliche Äffchen, das sie zuvor gewesen war, sondern in ihre eigentliche Gestalt.
Auch in dieser war sie erhaben schön, und ihr goldener Pelz leuchtete, als wäre er wirklich aus purem Gold. Aber ihr hübsches Gesicht war von Augen geprägt, die nur den Sieg kannten, und ihre Hände wurden von wohlgeformten Klauen gekrönt, die gefährlicher als ein Kunai waren. Bei diesem Anblick und der augenscheinlichen Wut in den Augen der Affenkriegerin beschlossen die drei Genin, vorerst ihr Glück bei einer anderen Aufgabe zu versuchen.

Als die drei aus der Sitzhaltung aufgestanden und im Wald in Richtung See verschwunden waren, entging ihnen leider, dass sich Perine wieder in das Mädchen verwandelte. Sie sah den dreien nach und lächelte zufrieden. "Das war keine schlechte Teamarbeit, um mich in die Enge zu treiben. Ihr seid auf einem guten Weg." Sie öffnete den Yukata und ließ das Oberteil von ihrem Körper gleiten, damit sie leichter an die Wickel kam, die ihre Brust zurückgebunden hatte. Mai-chan machte ihr ein klein wenig Sorgen, weil sie etwas zu berechenbar war. Noch. Aber ihre strategischen Anlagen waren viel versprechend.
***
"Lee-sempai!", rief Mai so laut sie konnte zum jungen Genin herüber, der in der Mitte des Sees wie auf einer grünen Wiese da lag und in die Wolken starrte.
Lee richtete sich auf und sondierte das Wasser. "Was? Versucht es Shinji-kun wieder tauchend?" Er sah zum Ufer. Dort standen alle drei Genin beisammen. "Was gibt es denn, Mai-chan?"
"Wir wollen verhandeln!"
Interessiert erhob sich Lee und kam näher. "Verhandeln?"
"Lee-sempai, du bist auf dem See unangreifbar für uns. Aber es ist wohl klar, dass das nicht deine Aufgabe ist. Du musst uns die Gelegenheit geben, dich zu berühren, und dir ein oder zwei Glöckchen abzunehmen", sagte Mai.
"Ha. Und wenn ich das nicht will? Mamoru-sempai hat drei Glöckchen, und Perine-chan hat auch eines. Das sind vier. Mehr als genug für euch drei."
Als der Name der Affenkriegerin fiel, erschauderten die drei Genin für einen Moment. "Wenn du nicht willst, können wir dir auch nicht helfen. Aber wir bieten dir eine Herausforderung an. Wenn du darauf verzichtest, auf dem See zu bleiben, nehmen wir ein Handicap auf uns."
Interessiert kam Lee näher. "Wie sieht dieses Handicap aus, Mai-chan?"
"Wir verzichten auf Ninjutsu und Genjutsu, solange du an Land bleibst", sagte sie, und die beiden Jungs nickten bekräftigend. "Und wenn du noch einen weiteren Vorteil aufgibst, sind auch wir bereit, ein weiteres Handicap aufzunehmen."
"Und wie soll das aussehen?"
Kira räusperte sich. "Wir malen einen Kreis auf den Boden. Er wird zehn Meter durchmessen. Dir ist nicht erlaubt, ihn zu verlassen."
"Im Gegenzug", kam es von Shinji, "zählen wir die Körpertreffer, die wir bei dir erzielen, nicht als Erfolg. Solange wir im Kreis sind, müssen wir dir die Glöckchen abnehmen. Alles andere zählt nicht. Und wir werden auch immer nur ein Glöckchen zur gleichen Zeit attackieren."
"Das ist aber sehr interessant. Gerne doch. Ich liebe Herausforderungen."
Nun begannen die drei Genin untereinander zu diskutieren. Wortfetzen wehten zu Lee herüber, die Dinge beinhalteten wie: ...wusste doch gleich, das die Forderungen zu harmlos waren... ...hätten bestimmt mehr herausholen können... ...ihn nicht unterschätzen...
Als sie zu Ruhe gekommen waren, nickte Mai. "Dann ist es abgemacht! Wir malen den Kreis, und es geht in dem Moment los, in dem du in den Kreis eintrittst, Lee-sempai."

Den Kreis zu "malen" übernahm Kira. Mit seinem Wakizashi jagte er sein Raiton in den grünen Rasen, und erschuf so einen schwarzen Kreis. In diesen traten die drei Genin. "Bereit, wenn du bereit bist, Sempai", sagte Mai.
Das ließ sich Lee nicht zweimal sagen. Er jagte auf den Kreis zu und sprang hinein. Dann löste er die beiden Glöckchen von seinem Gürtel und hob sie provozierend mit der Linken, während er die Rechte ausgestreckt hielt, und den Genin nicht wenig provozierend winkte. "Kommt."
Das ließen sie sich auch nicht zweimal sagen.
Den Anfang machte Shinji mit einer Schlag-Tritt-Kombination, der Kira mit einem Spinkick folgte, der auf Lees Kopf zielte. Lee blockte Shinji mit der Rechten ab und stieß Kira mit einem Schlag in die Seite mitten im Tritt so weit von sich, das er erst außerhalb des Kreises wieder aufschlug. Diesen Augenblick nutzte Mai, indem sie nach einem kraftvollem Sprung von oben auf Lee herabfuhr. Keiner konnte verwunderter sein als sie selbst, als Lee das linke Bein hoch streckte, und ihr komplettes Körpergewicht mit einem Fuß abfing. Dann gab er Gegendruck, und auch das Mädchen wurde meterweit aus dem Kreis befördert.
"Ups", machte Shinji.
"Ja, ups", sagte Lee, und gab Druck auf den rechten Arm, der immer noch den Fuß des Genins blockte. Der Junge überschlug sich mehrfach, und landete ebenfalls außerhalb des Kreises.
"Na, na, gebt euch doch ein bisschen mehr Mühe", tadelte Lee.
"Sempai, wenn du ein Genin bist, dann fresse ich mein Kunai", ächzte Shinji, während er wieder hoch kam.
"Ich komme gerade von meiner Chunin-Prüfung", sagte Lee. "Ich denke, meine Chancen auf Beförderung sind nicht schlecht."
"Aber das ist unfair!", rief Mai. "Woher hätten wir wissen sollen, dass wir es mit einem baldigen Chunin zu tun haben?"
"Nun, Ihr hättet fragen können. Mich zum Beispiel. Informationen sind genauso wichtig wie ein durchtrainierter Körper." Langsam zog Lee das Bein wieder ein und zog den rechten Arm zurück. Er hielt die Linke mit den Glöckchen hoch. "Aber jetzt wisst Ihr, dass ich fast ein Chunin bin, und diese Information bedeutet, dass ich die Hälfte ihres Vorteils verloren habe. Stellt euch darauf ein, und versucht es erneut."
"Los", ächzte Kira, und kam wieder auf die Beine. Er zog sein Wakizashi, und ließ sein Raiton darum aufleuchten. "Keine falsche Rücksichtnahme mehr."
Shinji nickte, rappelte sich ebenfalls auf, und zückte sein Kunai.
Mai erhob sich, hustete kurz, und griff in ihre Kunai-Tasche. "Entschuldige, wenn wir jetzt etwas grob werden, Sempai."
"Aber nicht doch", erwiderte Lee strahlend. "Macht ruhig! Um so mehr lernt Ihr doch."
"Spötter", sagte Mai mit einem wilden Grinsen und trat wieder in den Kreis. Kaum hatte sie das getan, warf sie eine Salve Shuriken nach Lee, während Kira mit seinem Raitongeladenen Schwert heransprang, und Shinji in Lees Rücken angriff. Es folgte eine Art Detonation.

Etwa eine Stunde später lagen die drei Genin erneut schwer atmend auf dem Boden.
"Toller Plan", sagte Shinji sarkastisch, und schnappte nach Luft.
"Wir schaffen das", beharrte Mai. "Unsere Kombi ist schon ganz gut, und wir schaffen das! Lee-sempai wird auch mal müde, Jungs."
"Das glaube ich weniger", brummte Kira, und deutete auf den grüngewandeten Genin, der gerade einhundert Liegestütze auf dem rechten kleinen Finger absolvierte. Dabei lächelte er, ohne einen Tropfen Schweiß auf der Stirn, zu ihnen herüber. "Lasst euch nicht zu viel Zeit. Sonnenuntergang ist in zehn Minuten."
Diese Information ließ die drei hoch fahren. Nur noch zehn Minuten! Schafften sie es nicht, in dieser Zeit die drei Glöckchen zu erobern, würden sie mit Lee in Konoha bleiben müssen, und ihre Basisfähigkeiten trainieren, bis sie kotzen mussten. Und wenn sie Lees Fitness und seine Kampfkünste in Betracht zogen, würden sie es oft tun. Kotzen.
Lee beendete seine Liegestütze und schnellte sich in den Stand. "Wisst Ihr, ab welchem Punkt es schief gelaufen ist?"
"Was? Unser kombinierter Angriff auf dich?", fragte Kira.
"Genau. Er ging schief, als Ihr freiwillig auf Ninjutsu und Genjutsu verzichtet habt. Taijutsu ist meine absolute Spezialität. Sich mit mir auf diesem Gebiet zu messen, während man noch andere Fähigkeiten hat, ist im besten Falle zweifelhaft, wenn nicht wagemutig. Oder sogar dumm. Ein anderes Handicap hätte es auch getan."
Resignierend ließen sich alle drei Genin wieder zurücksinken.
"Allerdings... Es gibt da immer noch eine Möglichkeit, mit der Ihr gewinnen könnt", sagte Lee.
Das brachte die Genin dazu, sich wieder aufzurichten. "Und die wäre?", fragte Shinji interessiert.
Lee deutete auf die drei Pfähle, vor denen Mamoru-sensei gelangweilt herum tänzelte. "Da oben sind drei Glöckchen, und mit ihm habt Ihr keine Absprache, euch zurück zu halten. Für einen Angriff mit all eurer Kraft reicht es noch."
Die drei wechselten entschlossene Blicke. Kira erhob sich, und reichte Mai die Hand zum Aufstehen. Sie griff zu und ließ sich hoch ziehen. Dann griff sie nach Shinji, und zog ihn auf die Beine.
"Einer von uns", sagte Kira ernst. "Wenigstens einer von uns muss so ein verdammtes Glöckchen erobern! Es geht hier um unsere Ehre und um unseren Stolz als Shinobi von Konoha." Er streckte die Rechte aus, und Shinji legte seine Hand darauf. "Einer wird es schaffen! Einer mindestens! Aber wir versuchen die drei trotzdem!"
Mai nickte begeistert und legte ihre Rechte obenauf. "Alle für einen!"
"Dann los! Auf Mamoru-sensei mit Gebrüll!"

Als die drei Genin auf ihren zukünftigen Gruppenführer zustürmten, lächelte Lee ihnen hinterher. Perine trat neben ihn. "Und, Lee-kun, bist du auch zufrieden mit ihnen?"
Der schwarzhaarige Genin mit den großen Augenbrauen lächelte verschmitzt. "Sie haben mir ganz schön eingeschenkt. An nur einem Nachmittag ist ihre Zusammenarbeit enorm besser geworden. Ich glaube, die drei mögen sich."
"Na, in dem Punkt bin ich mir nicht so sicher", erwiderte sie lächelnd, "aber auf jeden Fall hassen sie sich nicht."
Mit lächelnden Gesichtern sahen sie dem Ansturm zu, der auf Mamo-chan zukam. Es waren noch sieben Minuten bis zum Sonnenuntergang.
***
Das Kunai, dem ich auswich, trug einen Spreng-Tag. Das sagte alles. Meine Genin gingen nun aufs Ganze, fuhren alle verfügbaren Geschütze auf, und versuchten, um jeden Preis an mir vorbei zu kommen.
Nun, das war Grund genug, um die Glacé-Handschuhe auszuziehen. Mit Kage Bunshin erschuf ich zwei Klone, um die Zahlen auszugleichen, aber auch um sie vergessen zu machen, dass an den Stämmen noch der Katon Bunshin lauerte.
Kira fuhr mit erhobenem Wakizashi auf meinen Schattenklon nieder, und wurde von einem Kunai gestoppt. Dies war aber für ihn nur eine Gelegenheit. Er ergriff den Arm des Schattenklons, und versuchte, ihn mit Hilfe seines Raitons zu elektrifizieren. Es gelang dem Schattenklon nur mit einem derben Tritt in den Bauch des Genin, sich von ihm zu lösen, bevor das Raiton ankam.
Derweil attackierte mich Shinji. Mitten im Lauf erschuf er drei Schattenklone, was nach der Anstrengung des Nachmittags eine erstaunliche Leistung war. Mit Kunais bewaffnet fielen sie aus vier verschiedenen Richtungen über mich her, während sich neben mir Kira wieder aufrappelte und meinen Klon erneut attackierte.
Mai indes hatte meinen zweiten Klon mit Shuriken angegriffen, und dieser hatte mit Shuriken reagiert. Zwischen den beiden war es ein Werfen und Ausweichen. Mais Chakra-Level war schon stark gesunken. Viel fehlte nicht mehr zur Erschöpfung. Von ihr musste ich eine weitere Finte mit Kage Bunshin nicht befürchten. Dennoch band sie meinen zweiten Schattenklon an sich, zumindest für die ersten Minuten. Ihre Gefährlichkeit erwies sie, als ein Kunai, das sie geworfen hatte, an "ihrem" Mamoru-Klon vorbei glitt, auf Shinji zukam, der dem Wurfmesser mit einem Tritt eine neue Richtung und Beschleunigung gab, und zu Kira flog, der das Messer, als es ihn passierte, elektrisch auflud. So fuhr es meinem Schattenklon in die Flanke. Er verpuffte, etwa eine Minute vor Sonnenuntergang. Diesen Einbruch in meiner Flanke nutzten vier Kira-Schattenklone, um das Gebüsch zu verlassen, und über meine ungedeckte Flanke zu den Pfosten zu kommen.
Mai rief noch: "Nicht! Der Feuerklon!", aber da war es zu spät. Mein zuverlässiger Wächter vernichtete die ersten beiden Klone mit der ersten Abwehr, den dritten erwischte er, als dieser auswich, mit einem Flammenspeer, und Nummer vier riss er zu Boden, indem er seine Beine blockierte, als dieser nur Zentimeter von einem Glöckchen entfernt war. Noch während der Klon versuchte, doch noch das Glöckchen zu erreichen, verschwand das letzte direkte Licht der Sonne. Es war Abend, und die Dämmerung lag über dem Land. Das Spiel war beendet.
***
Drei kleine Häufchen Elend hockten vor mir im Saizen-Sitz, zutiefst deprimiert, mühsam die Tränen zurückhaltend, um Fassung ringend. Shinji schniefte leise, Kira wischte sich verstohlen eine unerwünschte Träne aus dem Augenwinkel, und Mai war die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.
"Nur ein einziges. Wir wollten doch nur eines", sagte Shinji. Der arme Junge war am Boden zerstört.
Diese Vorlage wollte ich nutzen, um mit meinem Spiel weiter zu machen, aber in diesem Moment hörte ich Perine sagen: "Aber Ihr habt doch ein Glöckchen. Das von mir." Sie kam in Lees Begleitung zu unserer Gruppe, und schlug Mais Kragen auf. Auf der Innenseite war das Glöckchen befestigt. Der Schlitz war zugestopft, damit es nicht klingeln konnte.
Erstaunt sah Mai die Affenkriegerin an, während sie das Glöckchen löste. "Was? Aber Perine-sensei, das Glöckchen kriegt man doch nur, wenn man dich berührt!"
"Und du hast mich ja auch berührt, als du die Gelegenheit dazu hattest. Im Gegensatz zu deinen beiden Kerlen." Sie lächelte liebenswürdig, und wischte dem Mädchen eine Träne der Erleichterung vom Gesicht. "Als ich dir den Kopf mit meinen Fäusten gerieben habe, da hast du zugegriffen und meine Hände berührt. Eine total vernünftige Handbewegung, nicht wahr?"
"A-aber warum hast du denn nichts gesagt? Warum hast du sie versteckt?", fragte das Mädchen erstaunt.
"Na, weil niemand die Regel aufgestellt hat, das ich es euch sagen muss. Und Ihr hättet euch womöglich nicht mehr so sehr angestrengt nach dem ersten Glöckchen. Aber Lee-kun, ich und Mamo-chan wollten sehr gerne eure Teamarbeit sehen. Die hat uns übrigens gut gefallen." Sie drückte dem erstaunten Mädchen einen Kuss auf die Wange. "Du hast sie dir gemäß der Regeln verdient."
Mai strahlte über das ganze Gesicht. Die roten Flecken, die sie kurz zuvor in ihrer Trauer bekommen hatte, tanzten über ihr Gesicht. Stolz zeigte sie das Glöckchen ihren Teamkollegen.
"Gut gemacht, Mai-chan. Das hast du dir verdient", sagte Shinji.
"Ich bin vollkommen Shinjis Meinung. Gut gemacht. Dein Sieg, Mai-chan", sagte Kira.
Sie lächelte glücklich, schloss die Hand um das Glöckchen, und nickte. Dann aber stockte sie.
Zögerlich öffnete sie die Hand wieder. "Wir haben sie aber zusammen erobert. Es wäre egoistisch von mir, wenn ich sie behalten würde." Sie reichte das Glöckchen Kira. "Hier, nimm du sie. Du hast am meisten Chakra verbraucht. Und dein letzter Angriff war erfolgreicher als unsere zusammen genommen."
"Was? Ist das dein Ernst?" Zögerlich nahm der Junge das Glöckchen von ihr entgegen. Er betrachtete es voller Freude. "Danke, Mai-chan!" Aber sein Lachen erstarb. "Nein. Ich habe sie nicht verdient. Shinji, du hast dich als einziger von uns auf Mamoru-sensei als Meister gefreut. Du hast als einziger gewusst, wie er uns einschenken würde. Du solltest das Glöckchen haben, und Sensei auf seiner Reise begleiten."
Mit Ehrfurcht im Blick nahm der Windaffine Junge das Glöckchen in die Hand. Fest schloss er sie zur Faust, um es nie wieder los zu lassen. Dankbarkeit und Triumph lagen in seinem Blick, und eine einzelne Träne floss ihm die Wange herab. Dann aber öffnete er die Augen wieder und hielt das Glöckchen auf der Hand. "Nein, ich habe kein Recht auf das Glöckchen. Mai-chan, du hast sie erobert. Du hast alles gegeben. Du hast vielleicht nicht mehr Chakra verbraucht als Kira, aber du bist stärker an dein Limit gegangen. Du solltest sie haben. Hier."
Das Folgende sollte ich besser nicht in der exakten Beschreibung wiedergeben. Es war eine etwa dreiminütige Kakophonie aus: ...hast es viel mehr verdient... ...sollte deine sein... ...aber Kira... ...besser Shinji... ...Mai-chan es geschafft...
Dies erfolgte mit immer mehr zunehmender Lautstärke, und einem erheblichen Glöckchen-hin-und-her-schieben.
"Genug!", blaffte ich, und riss es Mai aus der Hand. Böse sah ich die drei Genin an. "Wenn Ihr euch nicht darüber einig werden könnt, wer die Ehre haben soll, das Glöckchen zu bekommen und mich auf meiner Reise zu begleiten", sagte ich, das Glöckchen hoch haltend, bevor ich eine Handbewegung machte, die aus einem Glöckchen drei machte, "dann solltet Ihr doch besser alle drei mitkommen. Oder nicht?"
Der Angriff, der darauf folgte, war so nicht zu erwarten gewesen. Ich hatte wohl vergessen, dass die drei bei aller Härte und aller Fähigkeiten noch immer... Kinder waren.
So aber stürzten sie aus ihrer sitzenden Haltung hoch und fielen mir zu dritt um den Hals. Was mir selbigen erheblich zuschnürte. Das hatten Hana-chan, Karin und ich oft bei unserem Sensei gemacht. Nun wusste ich endlich, wie er sich dabei gefühlt hatte. Und ich wusste, was es bedeutete, eine eigene Genin-Gruppe zu haben. Ich schwor mir, keinen von ihnen je verletzen zu lassen, geschweige denn einen von ihnen sterben zu sehen.
"Ich sagte es doch. Sie sind vielversprechend", sagte Lee strahlend zu Perine.
"Habe ich nie bestritten. Hach, bei diesem Anblick würde ich mir am liebsten selbst Schüler zulegen", erwiderte sie lächelnd.

"So", rief ich, während meine Genin mich noch immer umarmten, und löste meine Klone wieder auf, "damit steht es fest, dass Team dreizehn offiziell gegründet ist. Und zur Feier des Tages lade ich alle Anwesenden zu mir zu Hause zum Essen ein. Und nein, Lee, es gibt keine Pfannkuchen."
"Oooch, schade."
Shinjis Augen blitzten auf. "Heißt das, Yuriko-sama wird für uns kochen?"
Ich lachte leise. "Leider nein. Meine große Schwester hat auch ein eigenes Leben."
"Schade. Sie soll eine wahre Meisterin sein", sagte der blonde Junge mit dem struppigen Haaren enttäuscht.
"Dafür aber hat meine Mutter Zeit. Sie hat Yuriko-nee alles beigebracht", sagte ich.
Nun ruckte der Kopf von Kira hoch. "Wir kriegen das Essen von Yuria-sama bereitet? Der Sempai meiner Mutter?"
Mai schloss sich an. "Yuria-sama? Mein Vater hat mir von ihr erzählt. Exzellente Medi-Nin, und in der Lage, selbst in der Wildnis ein achtgängiges Menu zu bereiten."
Die drei Genin sahen sich mit blitzenden Augen an, bevor sie meine Hände ergriffen, und mich Richtung Kernstadt zerrten. "Los geht's, Sensei!"
Na, wenigstens wusste ich jetzt zwei Dinge. Ich hatte dieses Team auch bekommen, weil die ältere Generation miteinander verstrickt war; und ich kannte nun einen Weg, um sie zu kontrollieren, wenn es sein musste: Über das Essen meiner Schwester oder meiner Mutter.
Ich sah über die Schulter und rief: "Worauf wartet Ihr denn noch, P-chan, Lee?" Ich sah über die andere Schulter. "Ihr könnt auch mitkommen. Ich habe mit euch gerechnet, Kakashi, Asuma."
Die beiden Jounin tauchten per Step neben mir auf, und begleiteten mich und die fröhlichen Genin.
"Deine sensorischen Fähigkeiten sind besser geworden", stellte Asuma fest. "Oder hast du geraten?"
"Nein, Ihr wart zu nahe an mir dran."
"Na, da wird ja ein Hyuuga neidisch, Mamo-chan", sagte Kakashi, und klopfte mir anerkennend auf die Schulter. "Herzlichen Glückwunsch zur eigenen Gruppe, und pass mir auf unseren kleinen Kira auf. Und du, junger Mann, mach dem Clan Ehre."
"Natürlich", brummte der Junge, als Kakashi ihm über den Kopf streichelte, "ich bin ja jetzt ein Genin."

"Da will man ja glatt mit auf diese Reise gehen, um zu sehen, wie die Dinge sich entwickeln", lachte Lee.
"Also, ich gehe mit", verkündete Perine. "Und, was hindert dich?"
"Meine Ernennung zum Chunin, fürchte ich", sagte der grüngewandte Junge deprimiert. Aber das währte nur einen Augenblick, dann sah er fröhlich wieder auf. "Yuria-samas Essen kenne ich noch gar nicht. Darauf freue ich mich!"
Zu Recht, wie ich anmerken möchte.

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3.
Wenn man Maria zwei Dinge nachsagen konnte, die in jedem Fall stimmten, dann waren das erstens, dass sie auch mit den kurzgeschorenen Haaren eine gute Figur machte und definitiv zu den hübscheren der Kunoichi Getsugakures zählte, und zweitens, dass sie nicht dazu neigte, sich selbst mit falscher Sentimentalität zu schwächen. Richtige Sentimentalität war eine andere Geschichte, aber die betraf ohnehin nur eine einzige Person, nämlich Mamoru-sama. Ansonsten neigte sie nicht besonders dazu, sich von ihren Gefühlen ablenken zu lassen. Wozu auch? Sie war ja bereits so sehr verliebt, dass es alle anderen Gefühle mühelos überschattete. Dazu gehörten auch Furcht und Panik. Sie musste nur an Mamoru-sama denken, und daran, wie er wohl eine gefährliche Situation gemeistert hätte, und Angst und Unsicherheit verflogen.
So auch jetzt, als sie ihr Chakra quasi voll aufdrehte, um ihr Jutsu zu erfüllen.
"Wie lange noch, Maria?", fragte Hassin nervös.
"Zehn... Sekunden...", brachte sie mühsam hervor, während sie das letzte Fingerzeichen formte. Schweiß stand auf ihrer Stirn, und sie spürte, wie ihr lebenswichtiges Chakra regelrecht aus ihr heraus floss. "Fünf... Geschafft!"
"Gut, denn da kommen sie!", rief Hassin, sprang und wich so einer Salve Shuriken aus, und wehrte eine zweite mit seinem Kunai ab. "Hat es funktioniert?"
"Es hat funktioniert", versprach sie, sprang auf und zog ihr Schwert. Es war exakt die gleiche Klinge, die sie Mamoru-sama gegeben hatte. Geschmiedet vom gleichen Schwertmeister, aus der gleichen Charge Eisenerz, kurz nacheinander im gleichen Feuer gebadet. Sie war ihre ganz persönliche Verbindung zu ihrem Schwarm. Als ein besonders voreiliger Nukenin mit Step in ihren Rücken gelangen wollte, zuversichtlich, dass der Frontalangriff sie ablenken würde, war dies der letzte Fehler seines Lebens. Da stand er, Marias Rücken vor sich, sein Schwert zum tödlichen Streich erhoben - und eine Klinge in der Lunge. Das kaum erwachsene Mädchen hatte seine Klinge ohne hinzuschauen hinter sich gestoßen, und dabei die Rippen seines Gegners durchbrochen und die linken Lungensäcke durchbohrt. Blutiger roter Schaum trat auf seine Lippen. "Duuu..."
Zu mehr kam er nicht, denn Maria riss die Klinge höher und spaltete sein Herz. Dann zog sie den toten Shinobi vor sich, wo er als Schutzschild für eine weitere Salve Shuriken diente.
"Los, jetzt!", rief Hassin, und benutzte Step.
Maria nickte. Sie vollendete ihre Vorbereitungen, Augenblicke vor dem Generalangriff der anderen Nukenin.

Als die angreifenden Nukenin ihren von Wurfwaffen gespickten Kameraden erreichten, erkannten sie, dass die gefährliche Frau ihn gar nicht mehr stützte. Er stand von selbst, obwohl er schon tot war. Und auf seiner durchbohrten Brust klebte ein Spreng-Tag, das in dem Augenblick los ging, als ein besonders voreiliger Ninja den anderen umdrehte. Die Explosion hüllte fünf Nukenin ein, aber nur vier sprangen aus der Explosionswolke wieder hervor. Es war klar, dass die Frau die gefährlichere der beiden Getsu-Nin war. Sie mussten sie zuerst töten.
***
"Langt ordentlich zu", sagte meine Mutter lächelnd, "es ist genügend für alle da."
Meine Genin, Lee, Perine und meine Sempais sahen die extra aufgestellte große Tafel im Wohnzimmer vor sich, überladen mit den exquisitesten Beispielen ihrer Kochkunst. Ja, überladen traf es doch ganz gut.
Nach einem anstrengenden Tag war dieser Anblick genau das Richtige, um gute Laune zu bekommen. Und da sich mein Magen ohnehin schon meldete, beeilte ich mich, meine Gäste am Tisch zu platzieren und zum Essen zu ermuntern.
"Äh, eigentlich hatten wir gar nicht vor...", begann Asuma, aber Mutter war resolut und geradeheraus. "Setz dich, Asuma-chan. Du willst doch nicht, dass das schöne Essen umkommt."
"Natürlich nicht, Yuria-neechan."
Ihr Blick wanderte zu Kakashi. Der zuckte nur mit den Schultern, und nahm neben Asuma Platz. Wenigstens einer, der mit einer aussichtslosen Lage umzugehen verstand.
"Wow! Das sieht so gut aus", sagte Lee freudig, und rieb sich die Hände. "Guten Appetit!"
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. "Guten Appetit."
Nun griffen auch die anderen zu. "Guten Appetit."
Als erstes tat ich mir eine große Portion gebratener Nudeln auf, dazu nahm ich knusprig gebratene Entenbrust mit süßsaurer Soße. Da ich den Tag über nicht gerade wenig Chakra verbraucht hatte, konnte ich auch eine große Portion vertragen.
"Mutter, setz dich", sagte ich auffordernd.
"Danke, ich habe schon mit deinem Vater gegessen. Dies hier sind deine Gäste, und es ist dein Abend. Apropos Gäste." Sie spitzte die Ohren, und tatsächlich klopfte es an der Tür. "Da kommen wohl noch Nachzügler."
Sie verließ das Wohnzimmer und öffnete die Tür. Dem Geräuschorkan vom Flur entnahm ich zwei weibliche Stimmen. Na, das konnten ja nur meine Mädchen sein.
Perine lächelte erfreut, als sie die Ohren spitzte. "Ah. Hanako und Karin."
Tatsächlich standen sie schon bald in der Tür. "Guten Abend", sagte Karin verlegen. "Ich hoffe, wir stören nicht." "N'Abend", schloss sich Hanako weniger förmlich an.
Eine schnelle Zählung der Stühle ergab das Gegenteil. Mutter hatte die beiden erwartet, wenn nicht gleich eingeladen.
"Setzt euch und langt zu. Sonst schaffen wir das hier nie."
"Wenn wir euch auch nichts wegessen", sagte Karin bescheiden. Aus dem Mund einer Akimichi war das Untertreibung pur. "Guten Appetit", sagte sie förmlich, lud sich ihren Teller voll, und tat dann das, was ich für mich "staubsaugen" nannte. Alles, was sie vom Teller mit den Stäbchen zum zierlich-kleinen Mund führte, verschwand dort, als hätte es sich in Luft aufgelöst. Oder wäre eingesaugt worden.
Hanako war da schon ein etwas anderes Kaliber. Sie rieb sich die Hände, während sie die Pracht an Speisen begutachtete, rief gut gelaunt: "Guten Appetit!", und lud sich ebenfalls den Teller voll. Nicht ganz so graziös wie Karin, dafür aber wählte sie ihre Speisen mit Bedacht und in einer wesentlich kleineren Portion. Dass es beiden schmeckte, stand vollkommen außer Frage. Es stand in ihren Gesichtern geschrieben, und Mutter freute sich darüber natürlich.
Dazu gab es Bier für die Erwachsenen, und Fruchtsaft und Tee für meine Genin und Lee.

"Superlecker!", rief Shinji begeistert. "Probiert unbedingt das Omelette!"
"Du hast ja keine Ahnung!", tadelte Kira scharf. "Das Curry! Du musst das Curry essen, oder du hast noch nie ein Curry probiert!"
"Amateure", murmelte Mai-chan mehr zu sich selbst. "Wie immer fehlen euch die Sinne für die kleinen Untertöne. Nehmt zum Beispiel das Sushi. Alle tun das Gleiche rein, und es gibt nur wenige Zutaten. Nur ein wahrer Meister schafft es, da noch mehr Geschmack heraus zu kitzeln, als die natürlichen Zutaten überhaupt hergeben, so wie hier geschehen."
"Danke, Mai-chan", flötete Mutter, und stellte ein Schälchen eingelegte Gemüsegurken vor ihr ab. "Süße Kappa?"
"Ui, danke!"
Shinji und Kira sahen sich erstaunt an, und dann beeilten sie sich, noch etwas von den Sushi-Röllchen abzubekommen.
"Lecker! Lecker! Lecker!" Lees Augen wurden wässrig, als er die vielen Genüsse in sich hinein stopfte. "Das schmeckt alles so vertraut, und dann doch soviel besser. Du solltest ein Restaurant aufmachen, Yuria-sama!"
Dies brachte sie doch zum Schmunzeln. "Aber ich habe doch ein Restaurant, Lee-kun. Ich koche dort jeden Abend für unsere Gäste. Na, heute macht das Yuriko, weil ich ja hier bin. Ich habe es eröffnet, kaum das Mamoru in die Ninja-Akademie gekommen ist. Sonst wäre mir ja Zuhause die Decke auf den Kopf gefallen."
"Echt jetzt? Wie heißt es denn, und warum kenne ich es nicht?", rief Lee aufgeregt.
"Ach, es ist nur ein kleines Eckrestaurant. Vielleicht hast du schon mal davon gehört. Es heißt Sindo."
Lee fielen die Stäbchen aus der Hand. Mit herabgesunkener Kinnlade starrte er meine Mutter an.
Er schlug die Handflächen aufeinander und verbeugte sich. "Vielen herzlichen Dank, dass ich heute Abend hier essen darf, Yuria-sama!"
Irritiert sah ich auf. "Hey, hey, was ist denn nun kaputt, Lee-kun?"
Hanako seufzte vielsagend. "Das ist so typisch Mamoru, ich habe es kommen sehen."
Karin schloss sich mit einem eigenen Seufzer an. "Ja, nicht wahr?"
Shinji knuffte mich in die Seite. "Deine Mutter betreibt das Sindo!"
"Ja, ich weiß. Wenn ich früher von der Akademie kam, habe ich da gegessen. Ich habe auch ab und an bedient, wenn Not am Mann war. Vor meiner Zeit als Genin."
"A-aber das Sindo! Mamoru-sensei, das Sindo!"
"Vergiss es, Shinji", sagte Hanako resignierend. "Für ihn ist es das kleine, feine Familienrestaurant, in dem er ein- und ausgegangen ist, wie es ihm beliebte, wo er immer was zu essen bekommen hat, wenn er es wollte, und wo er manchmal ein weißes Hemd und eine schwarze Schürze getragen hat, um Abends die Gäste zu bedienen. Ein einfaches kleines Restaurant mit zwölf Tischen für je vier Personen."
"Das trifft es ungefähr. Und?", fragte ich, nun ehrlich erstaunt.
"Dass es eine drei Monate lange Warteliste gibt, um dort essen zu können, interessiert dich wohl auch nicht, oder?", warf Karin ein. "Dass zum Beispiel Tsunade-sama dort Stammgast ist, sagt dir auch nichts, was?"
"Hä? Das weiß ich doch. Ist vollkommen normal. So war es doch schon immer."
Wieder seufzten meine Mädchen, während meine Genin mich entsetzt ansahen.
Da fiel mir endlich der Groschen. "Ach so. Ich glaube, ich habe verstanden. Tut mir leid, aber für mich ist es nun mal alltäglich, von der besten Köchin Konohas bekocht zu werden, und auch heute noch im besten Restaurant der Stadt eine Zwischenmahlzeit zu bekommen, wann immer ich will. Ich gebe zu, dass ich Mutters gutes Essen so sehr gewohnt bin, ist unfair für alle anderen Köche der Welt, weil ich sie an ihrem Essen messe. Ich neige eben dazu, Dinge als gegeben zu sehen."
Hanako starrte mich mit offenem Mund an. "Du hast das tatsächlich mitbekommen?"
"Natürlich hat er das", erklärte Mutter an meiner Statt. "Er hat sogar ein Sammelalbum mit Ausschnitten aus Zeitungen und Magazinen, in denen das Sindo erwähnt wird. Er ist mein größter Fan."
"Also ist er nicht in jeder Hinsicht lernunwillig", schloss Karin lächelnd.
"Wollen wir es hoffen", sagte Mutter. "Immerhin will ich irgendwann einmal auch von ihm Enkel sehen. Nicht wahr, Hana-chan, Karin-chan?"
Karin, die gerade einen Schluck Tee genommen hatte, prustete ihn wieder aus, während Hanako sich an ihrem letzten Bissen verschluckte. Das Opfer der Tee-Attacke wäre Kakashi geworden, hätte dieser nicht geistesgegenwärtig eine Serviette entfaltet und hoch gehalten und den Tee aufgefangen. Den, der ihn beinahe getroffen hätte, und den, der beinahe auf die Speisen gekommen wäre.
"Danke, Kakashi-sensei", sagte Karin verlegen. "Okaa-chan, du kannst das doch nicht so aus heiterem Himmel sagen! Du weißt doch, dass wir noch..."
"Dass Ihr noch was?", fragte sie mit grimmiger Miene. "Der Bengel ist immerhin schon siebzehn. Er kann dem Thema höchstens noch fünf bis zehn Jahre davonlaufen."
"Mutter, du bist gerade nicht sehr konstruktiv", tadelte ich.
"Hm", machte sie. "Glaube nicht, du bist vom Haken. Das Thema ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben."
"Mutter, nicht jeder kann wie du mit zwanzig schon das erste Kind bekommen", sagte ich streng. "Manche sind noch viel früher dran. Maria zum Beispiel, nicht, Karin, Hanako?"
Diesmal erfolgte es umgekehrt. Hanako spuckte den Schluck Bier aus, den sie gerade im Mund gehabt hatte, und Karin verschluckte sich fast an ihrem nächsten Bissen. Asuma tupfte sich gerade pikiert die Weste und das Gesicht mit seiner Serviette ab.
"Maria?" Mutter horchte auf. "Du meinst, die Maria, die dich vor gut zwei Jahren amnesiert und ausgenutzt hat? Sie ist Mutter? Wie alt ist denn das Kind?"
"Ein gutes Jahr. Sie hat ihn Akira genannt", sagte ich.
Deutlich konnte ich sehen, wie sie zu rechnen begann. "Könnte es nicht sein, dass...", begann sie.
Shinji sah mich aus großen Augen an. "Dann bist du vielleicht schon Vater, Sensei?"
Mai-chan wurde rot, und Kira riss die Augen auf.
Ich winkte ab. "Nichts dergleichen. Er ist der Sohn eines Getsu-Ninjas. Man hat mir mehrfach versichert, dass Aki-chan zwei Wochen zu alt ist, um von mir zu sein."
"Zwei Wochen sind doch gar nichts", sagte Mutter bestimmt. "Als ich mit dir schwanger war, bist du drei Wochen vor deinem Termin geboren worden. Nein, zwei Wochen sind kein Argument."
"Das mag ja sein, aber wenn mir jedermann sagt, dass er nicht von mir ist, einschließlich Maria, dann wird da ja wohl was dran sein. Ich meine, abgesehen davon, das sie versucht hat, mich umzubringen, ist Maria mich betreffend von einer schon peinlichen... Wie soll ich das nennen? Verliebtheit? Unterwürfigkeit? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie mir nichts abschlagen würde, und ich habe keine Ahnung, warum das so ist."
Meine beiden Mädchen seufzten erneut, aber ich ging nicht näher darauf ein.
"Und deshalb sehe ich keinen Grund für sie, mich, was Aki-chan angeht, anzulügen."
"Er ist also nicht von dir, weil man dir gesagt hat, er ist nicht von dir, Sensei?", fragte Kira. Er schnaubte amüsiert und schüttelte den Kopf. "War ja so klar."
"Nun, Kira-kun, es gibt Menschen in meinem Leben, denen ich vertraue. Absolut vertraue. Perfekt vertraue. Ich nehme alles, was sie mir sagen, als bare Münze, weil ich keinen Grund habe, an ihnen zu zweifeln." Mein Blick ruhte bei diesen Worten auf Karin, Hanako und P-chan. "Oder an ihren Worten. Ich lege mein Leben zu oft in ihre Hände, als dass ich zweifeln dürfte oder müsste. Warum also sollten ausgerechnet sie mich anlügen? Und wenn sie es doch tun würden, so bin ich sicher, hätten sie ihre Gründe. Wichtige Gründe." Ich sah zu Kira herüber und lächelte. "Und genau aus diesem Grund ist Aki-chan nicht mein Sohn."
Mutters Hände ruhten auf meinen Schultern. Sie drückte sie leicht, und ich spürte, wie etwa ein Viertel meiner Nerven aktiviert wurden, und fiese Stromimpulse bis in meine Zehen jagten.
"Nun, nun, als ehemalige Kunoichi kenne ich das Thema Vertrauen und Ehre ausgiebig, mein lieber Sohn. Und als deine Mutter ist mir deine grenzenlose Naivität natürlich vertraut. Aber ich sage dir eines: Wenn ich Oma bin, und es nicht weiß, weil du wieder mal so grenzenlos zutraulich bist, dann mach dich auf was gefasst, wenn es rauskommt."
"Kö-könntest du bitte aufhören, mit deinem Medi-Jutsu meine Nervenzellen anzuregen?", bat ich.
"Nein!", erklärte sie resolut. Es folgte ein besonders heftiger Schock, der meine Haare aufstellte. "Autsch!"
Damit ließ sie es dann doch bewenden. Ihr Blick ging zu Karin, Hanako und Perine. "Ihr drei. Küche. Jetzt."
Mit mulmigen Mienen erhoben sich die beiden Kunoichi und die Affenkriegerin, um meiner grimmig lächelnden Mutter in die Küche zu folgen.

"Sensei, wie kannst du nur so grenzenlos nai...", begann Kira.
"Das ist es, was ich mit Vertrauen meine", erklärte ich. "Ich habe mit Hana-chan und Karin-chan mein Team gebildet. Wir waren als Genin, und später als Chunin fast immer zusammen, haben Seite an Seite gekämpft, uns gegenseitig unsere Leben anvertraut. Jeder hat dem anderen ein Dutzend Mal oder öfter das Leben gerettet. Wenn ich ihnen nicht vertrauen soll, wem dann? Und selbst wenn sie mich angelogen haben, werden sie ihre Gründe haben. Gewichtige Gründe."
"Gut, wenn man es so sieht", murmelte Kira.
"Das nenne ich die Grundform der Kameradschaft", sagte Lee. "Du machst es vollkommen richtig, Mamoru-sempai. Gib Vertrauen, erhalte Vertrauen. Das ist die Kraft der Jugend."
"Wie siehst du das, Kakashi-ji?", fragte Kira.
Der weißhaarige Ninja, ebenso wie Kira ein Teil des Hatake-Clans, lächelte. "Ich denke, es gibt hier zwei Möglichkeiten. Alles ist so, wie es ist, oder es gibt da etwas, was Mamo-chan nicht erzwingen kann, egal wie sehr er es versucht. Weil er damit mehr kaputt machen kann, als er zu gewinnen vermag."
"Oh."
"Ich finde es trotzdem nicht so wirklich richtig", sagte Mai-chan unvermittelt. "Sicher, diese Frau hat dich betrogen, ausgenutzt, gegen deine eigenen Kameraden kämpfen lassen, und angelogen, was sie als Partnerin mehr als disqua... disku... ausscheiden lässt, aber dafür kann doch der Kleine nichts, Mamoru-sensei." In ihren Augen glomm es vorsichtig. "I-ich für meinen Teil hätte nichts dagegen, Klein-Akira mal näher kennen zu lernen."
Ich unterdrückte ein Schmunzeln. Aki-chan war schon immer gut bei Frauen angekommen. Dass das nun auch schon Frauen betraf, die ihn noch nie gesehen hatten, war eine deutliche Steigerung.
"Vielleicht lässt es sich einrichten. Wie ich schon sagte, ich werde mit euch zuerst in ein befreundetes Dorf in den Festlandprovinzen des Landes des Wassers reisen, und dann noch einige wichtige Dinge in Kumogakure mit dem Raikage klären. Anschließend ist es fast soweit..."
"Fast soweit für was, Mamoru-sensei?", fragte Shinji.
"Fast soweit für die alle zwei Jahre stattfindenden Affenparty." Nachdenklich tippte ich mir an den linken Nasenflügel. "Na, warum auch nicht. Es ist so, alle Kontraktpartner fordern ein Opfer von jenen, die sie beschwören. Einen Tribut in einer Form, die ihnen gefällt. Die Schlangen wollen Blut und Fleisch, die Schnecken nehmen - man glaubt es kaum - Salat, die Frösche vereinnahmen ihre Kontraktpartner... Und die Affen wollen in unserer Welt eine zünftige Party feiern."
"Was, bitte? Eine Party?", rief Kira erstaunt. "Wie sinnlos ist das denn?"
"Das sagst du auch nur, weil du noch nie eine Affenparty erlebt hast", erwiderte ich grinsend. "Meine letzte Party hat noch der Sandaime veranstaltet, kurz vor der Vernichtung Otogakures. Durch seinen Tod ist einiges durcheinander geraten, aber langsam muss ich den Tribut leisten. Zu diesem Zweck mieten die Kontraktpartner der Affen gemeinsam ein Lokal, beschwören so viele Affen, wie immer sie können, und feiern mit den Affen so lange, wie sie die Beschwörung aufrecht erhalten können."
"Das kann ja was werden, wo du doch der einzige Kontraktpartner der Affen bist, Sensei", sagte Shinji mit leuchtenden Augen. "Wenn du aber, sagen wir mal, einen Kohai hättest, der ebenfalls Affen beschwören kann, könntest du die Party bestimmt größer machen. Zufälligerweise habe ich..."
"Er hat eine Kohai", sagte Kira bestimmt, was ihm eine bittere Leidensmiene von Shinji einbrachte. "Hä? Was? Wen?"
"Eine junge Kunoichi aus Getsugakure. Sie heißt Anne. Wir haben vor gut einem Monat einen Schergen Orochimarus über drei Länder hinweg gejagt. Sie hat den Affen sehr gefallen, und deshalb wurde ihr ein Kontrakt angeboten. Ich werde sie kontaktieren, und mich mit ihr... In einem bestimmten Lokal mit Onsen-Quelle verabreden. Sie wird mich bei der Beschwörung unterstützen. Ich erwarte nach einem Monat noch nicht allzu viel von ihr, geschweige denn mehr als einen Affen zu beschwören, doch so oder so wird sie mir eine Hilfe sein." Ich lächelte zu Mai-chan herüber. "Ich weiß nicht, ob es möglich ist, aber vielleicht bringt sie ja Aki-chan mit, wenn ich sie darum bitte."
Kurz leuchteten Mais Augen auf. Doch nicht für lange. Sie setzte eine betont gleichgültige Miene auf und murmelte: "Wenn es sich so einrichten lässt, warum nicht? Oder wir gehen mal nach Getsugakure mit. Du musst deinem Kohai doch sicher noch was beibringen, oder, Sensei? Dann würde sich das doch zwangsläufig ergeben."
"Gut mitgedacht, Mai-chan", lobte ich. Das war ungefähr eine Sekunde, bevor ich drei schmerzende Blicke in meinem Nacken verspürte. Ich wandte mich um. Dort standen meine Mädchen, alle drei. "Mamoru, selbstverständlich helfen wir dir, die Party zu entrichten", sagte Hanako bestimmt. "In einem Monat, in dem Onsen-Gasthaus im Land der heißen Quellen, nehme ich an?"
Ich nickte bestätigend.
Karin sah mich ernst an. "Gut, dann ist das abgemacht. Bis dahin wirst du Perine-chan in Beschwörung halten, Mamoru."
Das brachte mich doch zum Schlucken. Wenn beide so förmlich waren, dann war meistens irgendwas im Argen. Nicht unbedingt für die Welt, aber eventuell für mich. "Gut, ich hätte sie eh mitgenommen, aber..."
"Freut mich zu hören, Mamoru-sama", sagte Perine. Sie sah mir mit einem strahlenden Lächeln in die Augen. Spätestens jetzt beim Suffix Sama wären meine Alarmanlagen losgegangen, aber das waren sie ja schon längst.
"Es ist mir immer eine Freude, mit dir unterwegs zu sein. Das weißt du doch, P-chan." Ich sah zu Lee herüber. "Kommst du auch mit?"
"Was? Nein, entschuldige. Aber für die Entscheidung über meinen Chunin-Status muss ich in Konoha bleiben. Wahrscheinlich bekomme ich dann auch schon meine erste Mission als Anführer. Ich werde also wohl auch nicht zur Affenparty mitkommen können. Leider, so sehr ich das auch tun wollte." Er seufzte entsagungsvoll.
"Ach, Mädchen, steht doch nicht in der Tür rum. Setzt euch wieder. Das Essen wird ja kalt", klang Mutters Stimme vom Flur auf. Sie strahlte über das ganze Gesicht, und während sie die Mädchen aufforderte, wieder Platz zu nehmen, schienen sich ihre Hände vervielfältigt zu haben, weil sie allein dreien liebkosend über Köpfe und Schulter ging - und das zugleich. Die Mädchen inklusive P-chan nahmen das mehr als dankbar an. Was hatten die vier bloß in der Küche besprochen? Mein fragender Blick ging zu Asuma, aber dessen Antwort war ein Zieh mich da bloß nicht mit rein, das ist deine Suppe-Blick.
Kakashi lächelte auf meine stumme Frage freundlich mit zusammengekniffenen Auge: Das findest du noch früh genug raus, Mamo-chan, hieß das.
Na, danke. Wenigstens das Essen war ein Erfolg.

"Und wann brechen wir auf, Sensei?", fragte Mai-chan schließlich.
"Übermorgen. Wir treffen uns mit vollem Gepäck am Haupttor."
"Hä? Aber warum denn übermorgen?", fragt Shinji erstaunt. "Meinetwegen können wir morgen schon aufbrechen."
"Absolut kein Problem, von mir aus gesehen", stimmte Kira zu.
"Klappt nicht", sagte ich. "Vorher muss ich noch eure Eltern besuchen.
"Was? Wieso das denn?", fragte Mai entrüstet.
"Meinst du, das bringt irgendwas, Sensei?", meinte Kira.
"Geil! Sensei bei mir Zuhause! Da musst du unbedingt mein Zimmer sehen! Und meine Shuriken-Sammlung! Und vielleicht haben wir noch Zeit für die Gamestation! Und..."
"Shinji-kun. Ich besuche deine Eltern, nicht dich."
"Och, menno."
"Und was euch beide angeht, so hängen eure Leben ab sofort von mir ab. Außerdem sind eure Eltern mit meinem bekannt. Es ist eine Frage der Höflichkeit, wenn sich der Metzger meldet, der euch Lämmer zur Schlachtbank führt. Ironisch betrachtet."
"Ironie versaut er also auch", murrte Kira. "Ich sehe da absolut keine Notwendigkeit zu. Ich meine, wir sind alt genug, um zu kämpfen. Warum also sollte es meine Eltern interessieren, wer mein Sensei ist?"
"Weil du noch Zuhause wohnst?", konterte ich. "Und weil sich Eltern immer Sorgen um ihre Kinder machen, egal wie alt sie sind?"
Verblüfft sahen sich die Genin an. "Da hat er Recht."
"Also gut, dann kommst du halt morgen vorbei, und wir gehen übermorgen los", sagte Kira großzügig. "Bei mir bitte nicht so früh. Vater ist auf Handelsreise, und Mutter macht vormittags das Badehaus."
"Bei mir ist es egal", sagte Shinji rasch. "Mein Bruder ist eh auf der Uni am Forschen, und meine Eltern haben beide morgen frei."
"Mein Vater ist auch unterwegs", sagte Mai. "Und Mutter ist erst am Nachmittag wieder Zuhause. Wenn es dir recht ist, Sensei."
"Na also, dann haben wir doch eine Reihenfolge. Vormittags besuche ich Familie Nanahara. Dann kommt Familie Yamada an die Reihe. Und den Abschluss macht dann Familie Kobashi."
Die drei nickten zustimmend.
Mutter lehnte sich schwer auf mich. "So, das ist jetzt aber genug über die Arbeit geredet. Hier warten noch so viele leckere Sachen auf euch. Esst, esst, esst. Ihr zwei auch, Asuma-chan, Kakashi-kun. Ihr langt gar nicht richtig zu."
Das veranlasste Asuma dazu, sich den Teller zuzuschaufeln. Auch Kakashi nahm sich nach. "Bei dem guten Essen lasse ich mich nicht lange bitten", sagte er lächelnd. Obwohl, bei seiner Maske und dem Konoha-Stirnband, das er immer über das Sharingan gelegt hatte, fiel es schwer, das eindeutig zu erkennen.
Aber er hatte Recht, und ich nahm wie alle am Tisch weiter kräftig nach. Wer wusste schon, wann ich wieder so etwas Gutes zu essen bekommen würde?
"Karin, hast du morgen vormittag Zeit?"
"Eh?"
"Ich würde es toll finden, wenn du zu den Nanaharas mitkommst."
"Natürlich, Mamo-chan."
"Warum nur Karin?", fragte Hanako schmollend.
"Dich wollte ich bitten, mich zu den Kobashis zu begleiten."
"Oh. Ah, da habe ich selbstverständlich Zeit für."
"Und du, P-chan, gehst bitte bei den Yamadas mit."
"Was immer du mir befiehlst, mein Kontraktpartner."
"Na, dann kann der Spaß ja kommen." Ich grinste zufrieden. Zumindest jetzt noch.
***
Ein wenig mulmig war es mir schon, als ich nach langer Zeit vor dem großen, wirklich großen Stadthaus stand, das sich ein wenig außerhalb in der Nähe des Stadions befand. Ich wusste, dass Ryouro Nanahara einen wichtigen Posten in der Stadtverwaltung bekleidete, seit er als Jounin ausgeschieden war, und dass die Familie ohnehin Geld hatte. Es reichte zu einigem Luxus. Wenigstens erschien es mir nicht mehr so groß zu sein, wie es mit vier oder fünf Jahren auf mich gewirkt hatte.
Ich wechselte einen Blick mit Karin, die nicht im Mindesten beeindruckt zu sein schien. Was hatte ich auch erwartet? Die Akimichi gehörten selbst zu den reicheren Sippen im Ort, und für sie musste das Haus gerade groß genug sein. Wie bescheiden kam mir da mein Elternhaus und die Wohngegend der Nara an sich vor. Doch bevor ich in Selbstmitleid versinken konnte, räusperte ich mich, straffte meine Haltung, und klopfte an der Haustür an.
"Mamo-chan", sagte die Frau des Hauses erfreut, als sie mir öffnete. "Na, das ist ja eine Freude. Was führt dich denn zu uns? Und wen hast du da mitgebracht? Ist das nicht die kleine Karin?"
"Guten Morgen, Frau Nanahara", sagte Karin ein wenig verlegen.
"Hallo, Soma-sama", sagte ich freundlich. "Hat Shinji-kun mich nicht angekündigt?"
Die braunhaarige Mittfünfzigerin sah mich erstaunt an. "Für was denn?"
"Äh, ich wollte ihn mit auf eine längere Tour nehmen, und muss da vorher mit euch einige Dinge besprechen."
Soma Nanahara nickte gewichtig. "Ja, das ist immer eine gute Entscheidung, wenn man eine Gruppe Genin übernimmt. Ich nehme also an, du besuchst die anderen Familien auch noch. Aber was rede ich, kommt doch rein, Ihr zwei. Papa ist in der Bibliothek, aber Shinji schläft noch. Kawada ist schon auf seiner Arbeit, aber ich nehme nicht an, dass du Shinjis großen Bruder unbedingt sprechen musst." Sie trat beiseite und ließ uns ein. "Geh durch. Du kennst den Weg, Mamo-chan. Ich mache uns Tee."
"Danke, Soma-sama", sagte ich, und beinahe hätte ich mich im Reflex verbeugt. Alte Konditionierungen brach man nur langsam auf, und gegenüber Soma-sama war ich zu Respekt erzogen worden, zumindest bei den seltenen Gelegenheiten, zu denen Mutter mich hierher mitgenommen hatte. Immerhin war Soma-sama ihr Jounin und ihr Ausbildungsleiter zum Medi-Nin gewesen, und die beiden Frauen unterhielten noch immer eine lebhafte Verbindung. Dennoch war es gewiss acht Jahre her, das ich zuletzt in diesem Haus gewesen war. Und wie gesagt, damals war mir alles noch viel größer vorgekommen.

"Warst du schon mal hier?", fragte ich Karin, während Soma-sama in der Küche verschwand, um den Tee zuzubereiten.
"Meine Eltern, ja, aber ich noch nicht. Was sollte ich auch hier? Kawada ist zu alt, als dass wir miteinander gespielt hätten, und Shinji-kun viel zu jung."
"Gut, dann gehe ich voran." Hinter uns hörten wir, wie ein Wasserkessel etwas zu schwungvoll auf einen Herd gesetzt wurde.

Wir nahmen die Treppe in den ersten Stock. Es war eine breit ausladende Treppe, die sich sicherlich dabei bewährt hätte, wenn es darum ging, einen Konzertflügel um ein Stockwerk zu befördern. Ironischerweise erwartete uns ein solcher Flügel in der Bibliothek. Nach kurzem Anklopfen wurden wir herein gebeten. Ryouro Nanahara sah auf, als wir eintraten. "Mamoru! Akimichi-kun! Was verschafft uns die Ehre eures Besuchs?", fragte er mit strahlendem Lächeln, und eilte auf uns zu, um uns die Hände zu schütteln. "Ach, was druckse ich herum, es geht sicher um Shinji. Ich hoffe, er hat sich bei dem Test gestern gut gemacht." Beinahe lag etwas Ängstliches in seinem Blick.
Ich lachte, um den plötzlichen Druck wieder zu nehmen, der in der Bibliothek herrschte. "Nein, keine Sorge. Er hat genau wie die anderen beiden meine Erwartungen erfüllt. Eigentlich sogar noch übertroffen." Ich räusperte mich. "Er hat sich mit Rock Lee angelegt, und den guten Jungen beinahe überlistet."
"So? Guys Schüler, nicht? Dann war das sicher keine schlechte Leistung. Warum ist er gescheitert?"
"Welcher angehende Chunin lässt sich schon von einem frisch gebackenen Genin hinters Licht führen?", erwiderte ich trocken.
Daraufhin lachte Ryouro erneut. Er deutete in Richtung einer Sitzecke. "Kommt, setzt euch doch. Shinji schläft noch, aber das ist nach dem Tag gestern auch kein Wunder. Muss ja hoch hergegangen sein, insgesamt gesehen."
"Ja, insgesamt gesehen", erwiderte ich lächelnd, und ließ Karin den Vortritt.
Wir setzten uns auf die breite Couch. Kaum das wir saßen, betrat Soma-sama mit einem Tablett den Raum. Der Tee roch schon von weitem angenehm.
Während sie die Tassen austeilte und beschenkte, schwiegen wir. Erst als auch sie sich in einen Sessel mir gegenüber gesetzt hatte, nahm ich das Wort wieder auf.

Zuerst verneigte ich mich in meiner sitzenden Haltung. "Ich möchte mich in aller Form bei euch entschuldigen, Ryouro-sensei, Soma-sama. Ich weiß, welche Zurücksetzung es für euch bedeuten muss, dass euer Sohn von einem Chunin ausgebildet werden soll, und nicht, wie es sich gehört, durch einen Jounin. Da Ihr beide Jounin wart..."
"Wie kommst du denn darauf, Mamoru?", fragte Ryouro verblüfft, und fiel mir damit ins Wort. "Gewiss, du bist nur Chunin, aber auch nur, weil der Rat dich mit einem Beförderungsstopp belegt hat. Verständlich, wenn ich bedenke, dass du deinen kühlen Kopf von Emotionen hast beherrschen lassen. Davon, und von einem prächtigen..."
"Schatz, ich bitte dich. Wir hatten doch gesagt, dass das kein Thema ist, wenn wir mit ihm reden", mahnte Soma-sama.
Ryouro brummelte etwas Unverständliches, fügte sich aber.
Soma-sama lächelte mich an. "Keine Sorge. Wir denken beide, dass du ein guter Sensei für Shinji sein wirst. Selbst Kawada sagt das, und du weißt, auf sein Urteil ist Verlass."
"Oh. Das freut mich zu hören", erwiderte ich verblüfft.
"Vor allem freut es mich, dass unsere alten Beziehungen aus meiner Zeit als aktiver Medi-Nin berücksichtigt wurden. Dass der Sohn von Yuria-chan nun meinen Shinji betreut, nachdem ich ihr Jounin war, das schließt den Kreis wieder. Ich habe größtes Vertrauen in dich, Mamoru."
Ich verneigte mich erneut. "Danke. Ich fühle mich sehr geehrt."
"Gern geschehen." Sie lächelte.
Nun nahm Ryouro das Wort wieder auf. "Aber erzähl schon. Warum bist du hergekommen?"
"Ich bin hier, um euch um Erlaubnis zu bitten, Shinji auf eine private Reise mitzunehmen. Ich muss zum Raikage, und wollte dabei ein paar Stationen meines bisherigen Lebens besuchen. Dies ist keine offizielle Mission, daher wird er dafür auch nicht bezahlt. Aber ich habe vor, eine sehr lehrreiche Erfahrung daraus zu machen. Für ihn und für seine beiden Kameraden."
"Der finanzielle Aspekt ist absolut kein Problem, das solltest du wissen. Wir sind mehr als bereit, ihm sämtliche Auslagen mitzugeben", sagte Soma-sama bestimmt. "Aber wie ich dich kenne, geht es eher darum, das es kein offizieller Auftrag Konohas ist."
"Richtig, Soma-sama. Wir sind dann quasi im Urlaub. Eventuell wird es sich in seiner Akte nicht so gut machen, wenn er im ersten Monat als Genin nicht mal eine einzige D-Mission hinter sich gebracht hat."
"Und ich denke, dass solide Grundlagen hier das einzig Wahre sind", erklärte Ryouro. Er feixte mir zu. "Nimm ihn mit, und fordere ihn ordentlich. Shinji ist sehr belastbar, recht geschickt und von schneller Auffassungsgabe. Das Einzige, was mich stört, ist sein Hang, dauernd dieses unfeine Wort zu sagen. Dieses "cool". Kannst du das eventuell abstellen, Mamoru?"
"Nein, leider nicht. Ich benutze es selbst ab und an", sagte ich in bedauerndem Tonfall.
"Wie schade."
"Danke für die Erlaubnis. Ich freue mich sehr, den Jungen zeigen zu dürfen, was ich selbst von meinen Senseis gelernt habe."
"Hayate, nicht?" Soma-samas Augen füllten sich mit Mitgefühl. "Es war ein Verlust für uns alle."
"Ebenso wie der Verlust des Sandaime Hokage", fügte Ryouro an.
"Danke", erwiderte ich ehrlich gerührt. Selbst nach all der Zeit, nach zwei langen Jahren tat es immer noch weh.

"Eine Frage habe ich noch. Was muss ich beachten, wenn ich Shinji mitnehme?"
"Wie meinst du das?", fragte Ryouro verblüfft.
"Schnarcht er beim Schlafen, schwimmt er im Onsen, ist er Langschläfer oder Frühaufsteher... So etwas halt."
Soma-sama schüttelte den Kopf. "Keine Sorge, er hat keine besonders auffälligen Macken. Sein großer Bruder trainiert viel mit ihm, und Ryouro hat in letzter Zeit viel mit ihm meditiert. Ich meine ja, er sagt nur deshalb dauernd cool, weil du ihn übertrainierst und überforderst, Papa."
"Ich will nur das Beste für ihn, Mama", erwiderte Ryouro mürrisch.
Aufmerksam musterte ich die beiden bei diesem Wortwechsel. "Dann weiß ich jetzt alles, was ich wissen muss." Ich nahm meine Teetasse. "Und ich verspreche, ich bringe ihn unbeschadet wieder zurück."
Auch die anderen ergriffen ihre Teetassen. "Davon gehen wir aus, Mamoru", sagte Soma-sama, und ihre Worte begleitete ein undefinierbarer Blick.
Ich für meinen Teil beschloss jedenfalls, meinen Worten Taten folgen zu lassen.

Als wir nach dem Tee wieder auf die Straße traten, ging ich mit Karin in ein Straßencafé, das sich auf Tee und Dangos spezialisiert hatte. Bei einer großen Portion der leckeren Süßspeise reflektierte ich mit Karin das Gespräch. "Dein Eindruck?"
"Shinji hat zwei starke männliche Bezugspersonen, einmal seinen Vater, und einmal seinen Bruder. Beide sind sehr erfolgreich, und es ist klar, das er versuchen wird, ihnen nachzueifern. Dazu kommt eventuell noch ein Schuldkomplex, seine Mutter betreffend. Immerhin hatte sie kurz vor seiner Geburt ihren Job als Medi-Nin an den Nagel gehängt. Und sie ist ja auch nicht gerade von Pappe." Sie seufzte. "Ein Wunder, dass sich der Junge bei so viel Druck ein so fröhliches Gemüt bewahrt hat."
Ich zuckte die Achseln. "Der Kleine ist teuflisch schlau. Das macht wohl das viele Training mit Papa und dem doppelt so alten großen Bruder. Denkst du, er hat wirklich Komplexe? Helden kann ich absolut nicht gebrauchen."
"Oh, zum Helden taugt er schon, denke ich. Aber eher zum Mamoru-Helden, nicht zum toten Helden", tadelte sie mich. "Er wird wohl Ehrgeiz entwickeln, aber nicht zum Risiko neigen. Erst Recht nicht, wenn es seine Kameraden gefährden sollte."
Sie griente mich an. "Jetzt weiß ich wenigstens, warum ich mitkommen sollte. Du hast seine Eltern getestet."
"Ich bin nur sichergegangen, dass ich mir keine Altlasten ins Team hole. Mein Freund Naruto ist auch immer fröhlich wie Shinji, und hast du mal die Dämonen gesehen, die ihn jagen?"
"Gutes Argument. Aber beachte bitte die Hauptweisheit des Niidaime Hokage, auch bekannt als Sejuus Kunai: Wenn ein kleiner fröhlicher Junge ein kleiner fröhlicher Junge ist, dann meistens, weil er ein kleiner fröhlicher Junge ist."
"So klein ist er doch gar nicht", erwiderte ich grinsend.
"Du weißt was ich meine, Mamo-chan", sagte sie, und versetzte mir einen Klaps auf die Schulter. "Schade, das ich bei den anderen beiden Gesprächen nicht dabei sein kann."
Ich zog die Stirn kraus. "Ich muss jede von euch dreien zu ihrem Recht kommen lassen. Das ist wohl besser so, wenn ich dran denke, wie Mutter euch nach dem Gespräch in der Küche behandelt hat. Oder?"
"Äh...", machte sie verlegen.
"Na also", sagte ich zufrieden. Langsam wurde das besser mit mir und den Frauen. Wie hoffnungsvoll.
***
Es war kurz nach eins, als ich mit Perine, diesmal hatte sie die Ninja-Uniform Konohas angelegt, vor dem Haus der Yamadas stand. Auf mein Klopfen hin öffnete Kira selbst die Tür. "Ihr seid zu früh", sagte er, öffnete aber den Weg für uns. "Mutter ist noch nicht wieder aus dem öffentlichen Bad da. Aber ich kann uns Tee machen."
"Danke, mein großer Held", flötete Perine, beugte sich ein wenig vor, und gab dem Genin ungeniert einen Kuss auf die rechte Wange. Verlegene Röte huschte durch sein Gesicht, und ich hütete mich davor, zu lachen.
"Wo lang, Kira?"
"D-da lang. Geradeaus und zweite Tür rechts", stotterte er. "Das Wohnzimmer."
Ich ging voran. Der Gang war klein, und wenn ich von den Türen auf die Größe der Zimmer schloss, war es hier etwa so groß wie bei mir Zuhause. Es war sauber, ordentlich, aber vor allem gemütlich eingerichtet. An jedem verfügbaren Fleck Wand hing ein Seidenmalereibild.
"Das sind gute Arbeiten, sehr gute Arbeiten", lobte ich, als ich vor dem Bild einer Frau im Kimono stehen blieb. "Wer ist denn der Künstler in eurer Familie?"
Kira gab mir keine Antwort. Stattdessen ging er an mir vorbei, öffnete die Tür zum Wohnzimmer und sagte: "Hier rein, Sensei. Ich mache den Tee."
"Ui, da hast du ihn aber gekniffen", raunte Perine mir zu.
"Das sehe ich", murmelte ich bedrückt.
Ich trat in das Wohnzimmer, und das Erste, was mir auffiel, war ein kleiner Schrein, wie er in vielen Häusern zu finden war. Meist war er einem nahen Verwandten gewidmet, der tot war. Tatsächlich stand auch hier ein Bild im Mittelpunkt, das auf einer Ecke einen schwarzen Trauerflor trug. Ich erschrak, als ich erkannte, dass ein vielleicht sechsjähriges weißhaariges Mädchen das Portrait zierte. Darunter stand eine besonders gelungene Seidenmalerei, die ein Blumenfeld zeigte.
"Das muss seine Schwester gewesen sein. Sie starb beim Angriff Otos auf Konoha", murmelte ich mehr zu mir selbst. Vor zwei Jahren noch hätte ich ihren Tod auf meine Kappe genommen. Heute sah ich das etwas realistischer.
Ich sank vor dem Abbild in den Saizen-Sitz und legte die Hände wie zum Gebet aufeinander, um ihr Respekt zu zollen. "Du musst Ai-chan sein. Ich will deinen Bruder ein wenig entführen, damit er die Welt zu sehen bekommst. Es ist wahrscheinlich nicht verkehrt, wenn du ihm dafür deinen Segen mit auf den Weg gibst, Ai-chan. Aber ich verspreche ohnehin, gut auf ihn aufzupassen."
"Ähm, Mamo-chan", sagte Perine leise.
In der Tür stand Kira, ein Tablett in der Hand. Er musterte mich aufmerksam. Als ich seinem Blick begegnete, räusperte er sich, murmelte ein Danke, und deckte den Tisch ein.

Ich erhob mich und setzte mich mit P-chan an den Tisch. Kira schenkte ein, und ich kostete von dem Tee. Ein Grüntee mit Jasmin-Note.
"Ach, da habe ich mich so beeilt, und dann bin ich doch zu spät", klang eine Frauenstimme von der Tür her auf. "Guten Tag, Mamoru. Die junge Dame in deiner Begleitung kenne ich leider noch nicht. Ich hätte auch eher Fräulein Akimichi oder Fräulein Yodama erwartet."
Ich lächelte, als ich die Frau in der Eingangstür sah. "Guten Tag, Frau Yamada. Entschuldigen Sie, dass wir so hereingeplatzt sind." Ich deutete auf meine Begleiterin. "Das ist Perine. Sie ist eine meiner Kontraktpartner im Clan der Affen."
"So? Na, ich habe schon Unglaublicheres gesehen." Sie gab uns beiden die Hand, und setzte sich anschließend zu Kira auf die Couch. "Also, was kann ich für dich tun, Mamoru?"
Erneut verbeugte ich mich. "Zuerst einmal will ich mich entschuldigen, weil Ihr Sohn nur einen Chunin bekommen hat, und keinen Jounin."
Die Mutter von Kira lachte glockenhell. "Das macht dir doch hoffentlich nicht wirklich Sorgen, Mamoru. Du bist der Sohn meiner alten Partnerin Yuria. Wenn ich mich nicht auf dich und deine Fürsorge verlassen kann, wenn es um meinen Sohn geht, auf wen dann? Nein, ich bin ganz froh, dass die Gruppen so zusammengestellt wurden, und dass du ihr Anführer geworden bist. So ist Kira mit seinen Freunden zusammen, und ich weiß, du wirst darauf aufpassen, dass er sich nicht zu weit vorwagt. Er macht immer gerne einen auf träge und faul, aber wehe, er wittert seine Chance. Dann kann er gefährlich werden." Sie lachte begeistert und schlug sich auf die Schenkel. "Was meinst du? Seit ich meinen Beruf an den Nagel gehängt habe, musste ich meine Heilkünste glatt öfter anwenden als vorher, weil dieser Lausejunge kein Risiko scheut. Welchen Knochen, außer dem Ossicula Auditus, vornehmlich dem Linken, hat er sich wie oft gebrochen?"
"Ossi-was?", raunte Perine.
"Das Gehörknöchelchen", raunte ich zurück. "Gilt als kleinster Knochen im Körper und arbeitet mit dem Trommelfell."
Ich lächelte verlegen, als ich Haruna Yamadas Blick bemerkte. "Ich habe mir ein wenig Fachliteratur angelesen."
"Es ist nie verkehrt, ein wenig Basiswissen über den menschlichen Körper zu haben", schmunzelte sie. "Also, ich habe kein Problem damit, dass du Kiras Sensei bist, und Mitsurugi hat das ebenfalls gesagt, bevor er zu seiner Handelsreise aufgebrochen ist."
"Gut. Dann sind wir auch schon beim nächsten Thema. Ich wollte Kira mit auf eine private Reise nehmen. Es ist keine Mission, deshalb wird Kira dafür auch nicht bezahlt. Aber ich dachte mir, er sieht mal was von der Welt. Der Raikage erwartet mich."
Sie knuffte ihren Sohn gegen die Schulter. "Was für ein Pech aber auch, Kira. Da geht es für dich und deine neue Gruppe in die Welt, und dann besucht Ihr die Stadt, die du ohnehin schon auswendig kennst, was? Aber das trifft sich gut. Du kannst deinen Onkel ja bitten, mit dir ein wenig Raiton zu trainieren. Kakashi hat ja so wenig Zeit für dich."
"Oh, es geht nicht direkt nach Kumogakure", sagte ich schnell. "Wir nehmen einen kleinen Umweg. Ich möchte Freunde besuchen."
"Na, das klingt doch schon besser. Aber kommst du damit aus, jemanden zu treffen, der deinen Sensei womöglich als fähigen Shinobi ansieht, vielleicht sogar verehrt?"
"Mutter, bitte", sagte Kira gequält. "Mamoru-sensei hat seinen Chunin-Titel durchaus nicht geschenkt bekommen. Das habe ich gestern gemerkt."
"So? Na gut. Also, ich habe nichts dagegen, wenn du Kira mitnimmst, Mamoru. Vielleicht trefft Ihr ja unterwegs seinen Vater. Er dürfte dann gerade von Kumogakure zurückkommen."
"Vielleicht", erwiderte ich. "Aber eine Reise besteht aus vielen Schritten, und jeder Schritt ist anders."
Damit sollte ich Recht behalten. Doch das konnte ich damals nur ahnen.

Als wir das Haus der Yamadas wieder verlassen hatten, kehrte ich mit Perine im Ichiraku Ramen ein. Während wir unsere Nudelsuppen verspeisten, startete ich meine Analyse. "Was denkst du, Perine?"
"Über Kira und seine Eltern? Sie ist mit einem der wichtigsten Jounin Konohas direkt verwandt, und ihr Mann geht in Kumogakure als Händler ein und aus. Würde mich nicht wundern, wenn ständig ein ANBU in seiner Nähe ist."
"Er wird sporadisch überwacht", sagte ich leise genug, sodass nur sie mich hören konnte. "Und Kira selbst?"
"Du spielst auf seine tote Schwester an. Nein, ich denke nicht, dass er einen Rachekomplex hat. Aber sicherlich einen leichten Schuldkomplex. Weil er lebt, und Ai-chan tot ist. Ich denke, das liegt vor allem an seinen Eltern. Ich meine, das er sich zwar schuldig fühlt, aber kein mörderischer Rächer ist. Sie sind rau, aber herzlich. Damit locken sie ihn immer wieder aus der Reserve, sodass er gar kein Eigenbrödler werden kann."
"Und was denkst du, wie er sich in der Gruppe machen wird?"
"Schwierig zu sagen. Er ist schlau, gewitzt, schnell, aber auch zurückhaltend, abwartend, lauernd. Nicht gerade Anführermaterial, wenn er nicht aus sich raus gehen kann. Ich sehe ihn eher als Strategen. Jemand, der vorher plant. Größere Risiken wird er nicht eingehen, außer er kann sich entsprechend absichern."
"Aha. Unsere Meinungen decken sich." Ich schlürfte einen großen Happen Nudeln ein. "Und, denkst du, er schnarcht?"
Perine lachte glockenhell auf, und knuffte mich in die Seite. "Wenn du das gefragt hättest..."
Ich grinste. "Bei Shinji habe ich das. Aber für Kira wäre damit eine Welt zusammengebrochen, fürchte ich." Ich trank einen großen Schluck Brühe. "Fehlt nur noch ein Genin."
***
"Mamoooo-chaaaan!", rief Hanako fröhlich, kaum das sie mich entdeckte.
"Hana-chan. Pünktlich wie immer. Oder bin ich zu spät?"
"Nein, keine Sorge. Ich bin gerade erst gekommen", versicherte sie mir. Sie deutete auf das große Mehrfamilienhaus, da so typisch für das Stadtbild Konohas war. Wenngleich die Wohneinheiten ein wenig größer auf mich wirkten, als es in der Innenstadt üblich war. "Kennst du die Kobashis?"
"Nein, leider nicht. Aber Shouta, Mais Vater, hat als Händler öfters mit meinem Vater und dem Vater Kiras zu tun." Ich runzelte die Stirn. "Manchmal erschaudere ich, wenn ich daran denke, wie sehr Tsunade-sama, meine Genin betreffend, vorgeplant hat."
"Das lässt dich erschaudern? Denk doch mal an uns. Wir sollten doch so eine Art Neuauflage des Ino-Shika-Chou-Teams werden, oder? Ein Nara, eine Akimichi, und eine Yamanaka. Hat doch soweit ganz gut geklappt, also vertrau mal denen, die die Teams zusammenstellen."
"Ich beschwere mich nicht. Es ist eine gute Zusammenstellung", erwiderte ich.

Entschlossen klopfte ich an.
"Ah, Mamoru. Und Yodama-kun", sagte die fröhliche Frau, die uns die Tür öffnete. "Kommt doch bitte rein. Ich bin Hitomi, Mais Mutter."
"Danke, Frau Kobashi. Mai sagte uns, Shouta-san wäre auf Geschäftsreise?"
"Ja, er ist auf dem Weg nach Suna." Sie schloss die Haustür hinter uns wieder. "Geht bitte in den zweiten Raum rechts. Das ist das Wohnzimmer."
"Danke." Ich musterte die Einrichtung. Sie war ähnlich gehalten wie bei den Yamadas. Gehaltvoll, fröhlich, lebendig. Als ich das Wohnzimmer betrat, natürlich nachdem ich Hanako vorgelassen hatte, wurden wir von Mai begrüßt. "Guten Tag, Mamoru-sensei. Hallo, Hanako-sama."
"Hallo, Mai-chan", sagte Hanako fröhlich. "Na, freust du dich schon?"
"Es geht so", erwiderte sie.
"Freuen auf was?", fragte Hitomi Kobashi, als sie mit einem Tablett ins Wohnzimmer kam.
"Oh, das ist genau der Grund meines Besuchs", sagte ich.
"Setzt euch. Mai, schenk doch bitte den Tee ein."
"Ja, Mama."
Die Hausherrin nahm mir gegenüber Platz. "Also, was gibt es so wichtiges, dass Mais Sensei persönlich herkommt?"
Zum dritten mal an diesem Tag verbeugte ich mich tief. "Ich möchte mich zuallererst aufrichtig dafür entschuldigen, dass Mai nur einen Chunin, und keinen Jounin als Lehrmeister bekommen hat."
"Entschuldigen?" Hitomi zog eine Augenbraue hoch. "Du denkst doch nicht ernsthaft, dass du ein schlechter Lehrer für Mai sein könntest, oder? Immerhin dürftest du der erste Chunin seit über dreißig Jahren sein, dem in Konoha erlaubt wurde, eine Gruppe Genin zu trainieren. Alleine das spricht doch schon für deine Qualifikation, oder?"
Verblüfft sah ich sie an. "So kann man es auch sehen."
"Und ich sehe es so", sagte sie lächelnd. "Außerdem hat mir Mai heute morgen erzählt, wie du gestern mit ihr Schlitten gefahren bist, Mamoru. Ich habe keine Bedenken, sie dir anzuvertrauen."
"Womit wir beim zweiten Thema wären. Hat sie auch schon davon erzählt?"
"Oh, ja. Die Reise. Klar, kein Problem. Ich bin sicher, sie wird eine Menge dabei lernen."
"Das Problem ist, dass es keine offizielle Mission ist. Es könnte sich merkwürdig in ihrer Akte machen, wenn sie im ersten Monat als Genin nicht mal eine D-Mission erfüllt hat", erklärte ich.
"Lieber ein holpriger Anfang, als ein abruptes Ende", erwiderte sie. "Nicht, Mai? Und du willst doch unbedingt mit."
Leichte Röte schoss dem Mädchen in die Wangen. "E-es ist doch unsere Pflicht, unserem Sensei zu folgen", haspelte sie.
"So? Vorhin klang das aber noch ganz anders.
"Mamaaaaa...", sagte Mai gequält.
"Auf jeden Fall wird sie eine Menge lernen", sagte ich amüsiert.
"Ach, eines noch, Mamoru. Du kennst doch ihre Akte, richtig?", fragte Hitomi gerade heraus.
"Ja."
"Und dann kennst du auch den Hintergrund ihres Auslandjahres."
"Ja."
"Hä? Was? Aber..."
"Eine Akte kann man nicht so leicht manipulieren, Mai", erklärte ich. "Aber keine Sorge, ich werde es vertraulich behandeln. Deine Teamkameraden erfahren nichts. Aber ich werde dich auch nicht verhätscheln. Die letzten Untersuchungsberichte lasen sich sehr positiv. Kein Grund, dich in Watte zu packen."
Das schien das Mädchen etwas aufzustacheln. "Gut, so will ich es auch, und nicht anders", sagte sie zufrieden.
"Na, na, na", machte ihre Mutter. "Das Gegenteil ist der Fall. Mamoru, du brauchst sie nicht in Watte zu packen, aber ich erwarte schon, dass du auf sie achtest. Sollte sie einen Rückfall bekommen, dann musst du sie beschützen."
"Mamaa..."
"Rede nicht, Kind. Ich bin deine Mutter, und weiß es besser."
"Natürlich, Frau Kobashi. Nichts anderes hatte ich vor. Ich bringe alle meine drei Genin wohlbehalten und ohne Kratzer wieder mit nach Hause." Ich dachte einen Moment nach. "Vielleicht mit ein paar Kratzern, oder ein paar blauen Flecken."
"Oh, damit wird sie klarkommen." Hitomi beugte sich vertraulich vor. "Und was die Reise angeht: Mai spricht im Schlaf. Außerdem wälzt sie sich, wenn sie auf einem Futon schläft, durchs ganze Zimmer. Und wenn sie in einem Bett schläft, durchquert sie es fünfmal in einer Nacht."
"Mama, das ist mir jetzt aber peinlich", sagte Mai.
Hitomi fuhr ungeachtet des Protests fort. "Und in einem Schlafsack robbt sie einmal rund ums Lagerfeuer, und solche Scherze. Mit ihr hast du echt eine Handvoll zu tun, Mamoru."
Ich lachte. "Das werde ich hoffentlich überleben. Außerdem nehme ich eine gute Freundin mit, die nicht viel anders schläft. Die beiden werden sich gut ergänzen."
"Du auch noch, Sensei?", sagte Mai gequält.
"So? Das freut mich. Und trinkt den Tee, bevor er kalt wird."
Ein gutes Argument, wie ich fand.

Als wir das Haus wieder verließen, ging ich mit Hanako ein Eis essen. "Also, was denkst du?"
"Ich weiß einiges über Mai-chan. Auch, dass sie sich große Mühe gegeben hat, um ihr Fehljahr in der Akademie aufzuholen. Dabei hat sie sich oft genug überfordert. Darauf solltest du achten, Mamo-chan. Sie wird mehr leisten wollen, als sie wirklich kann. Und dabei wird ihr immer die Angst vor einem Rückfall in den Knochen stecken."
"Hm, interessant. Was denkst du ansonsten von ihr?"
"Sie ist die Fernkämpferin der Truppe. Das macht sie zum taktischen Anführer, der von hinten die Attacken koordiniert. So sehe ich es zumindest im Moment noch. Mehr lässt sich erst sagen, wenn die drei gemeinsam in ihrem ersten Kampf gesteckt haben."
"Ja, der erste Kampf. Erinnerst du dich an unseren ersten Kampf? Mit diesen Kiri-Nin?"
"Ja, so als wäre er erst gestern gewesen. Was habe ich dich für ein Weichei gehalten. Und dann erledigst du den dreimal so schweren Angreifer, der dir auch noch mit seiner Wasserkunst gegenüber im Vorteil ist, einfach mal eben so mit Taijutsu." Sie griente mich an. "Da habe ich mich übrigens in dich verliebt, Mamo-chan."
"Ich dachte, das war erst später, im Chunin-Examen", sagte ich erstaunt.
"Da waren Karin und ich schon über ein Jahr von dir hin und weg. Und du hast nichts gemerkt, du Dummerchen."
Okay, das waren neue Informationen für mich. "Tut mir leid."
"Muss es nicht. Sieh nur zu, dass deine drei Genin nicht in eine ähnliche Situation kommen, in der sie sofort ernsthaft kämpfen müssen. Ich habe damals nicht von dir erwartet, das du in der Lage wärst, deinen Gegner tatsächlich zu töten. Und außer Kira hat noch keiner deiner Genin getötet. Ob es ihm wieder gelingt, wissen wir nicht. Damals ging es um seine Schwester. Worum geht es ihm heute?"
"Danke für den guten Rat. Ich hoffe, ich bin nur halb so gut wie unser Sensei."
"Das wirst du sein, Mamoru", erwiderte sie im Brustton der Überzeugung. Sie gab mir einen kurzen Kuss. "Aber sicherheitshalber. Damit du Glück hast."
"Ich fürchte, ich werde es brauchen", murmelte ich.
Wie Recht ich doch hatte.
***
Gegen Abend erreichte mich eine unerwartete Einladung von Tsunade-sama. Sie schrieb, wenn ich noch ein wenig Zeit hätte, sollte ich doch bitte noch in ihrem Büro vorbei schauen.
Übersetzt: Wenn du nicht in zwei Minuten hier bist, lernst du mich kennen!
Entsprechend beeilte ich mich, und hätte ich nicht darauf verzichtet, durch ihr Fenster zu brechen, hätte ich auch die zwei Minuten unterboten. So aber stand ich in ihrem Büro, atmete schwer, und versuchte mich auf ihre Worte zu konzentrieren.
Aber sie sagte nichts. Sie musterte mich nur stumm. Endlich fragte sie ihre Assistentin: "Seine Zeit, Shizune?"
"Tagesrekord."
"Gut." Zufrieden wandte sie sich wieder mir zu. "Ich habe einen Auftrag für dich. Eine D-Mission."
Das ließ mich verwundert die Stirn runzeln. "Aber Tsunade-sama, ich habe doch Urlaub für mich und meine Genin genehmigt bekommen."
Wütend sah sie mich an. "Lässt du mich vielleicht mal ausreden, Mamoru?"
Ich zuckte zusammen. "Ja, Tsunade-sama."
"Schon besser. Setz dich, es könnte vielleicht länger dauern."
Hastig nahm ich Platz. Ich war so schon viel zu sehr auf Tsunade-samas Kieker, als das ich riskieren wollte, von ihr richtig in die Mangel genommen zu werden.
Sie quittierte das mit einem ergebenen Seufzer. "Fakt ist, dein Urlaub ist genehmigt, und die Abwesenheit deiner Genin ist vermerkt. Außerdem wird dir Shizune nachher noch Geheimkorrespondenz für unsere Vertreter in Kumogakure und für den Raikage mitgeben. Du wirst sie sicher dort abliefern."
"Versteht sich von selbst, Tsunade-sama. Ich werde die Post mit meinem Leben verteidigen."
"Gut. Und auf dem Weg nach Norden erfüllst du eine D-Mission für Konoha. Ich dachte mir, dass es deinen Genin nur gut tun kann, wenn sie ihre erste offizielle Mission bestreiten können. Und D-Rang, weil die erste Mission eines Genin immer eine D-Mission ist. Aber bedenke dabei, dass ein Auftrag, der mit D gekennzeichnet ist, nicht unbedingt D bleiben muss. Du hast nie die Garantie, dass es nicht plötzlich C-Rang, A-Rang oder sogar S-Rang werden kann."
"Oh ja, davon kann ich ein Lied singen", murmelte ich, in Erinnerungen an meine Solo-A-Missionen schwelgend.
"Aber danach sieht es eigentlich nicht aus. Shizune?"
Die junge Assistentin der Godaime Hokage räusperte sich. "Wir haben einen Auftrag von Murata No-Son erhalten, einem Waldarbeiterdorf im Land des Feuers nahe des Ta no Kumi. Die Dorfbewohner beklagen sich seit mehreren Tagen über denVerlust alltäglicher Dinge ohne jede Spur oder Hinweis auf den Dieb. Dies, so der Dorfvorsteher, könne nur auf die Aktivität eines Shinobi hinweisen, womöglich eines versprengten Ninjas aus Otogakure. Bevor wertvolle Dinge wie Schmuck und Barmittel aus den Holzverkäufen verschwinden, oder sogar jemand verletzt oder umgebracht wird, sollen wir uns der Sache annehmen."
"Im Klartext heißt das, du wirst dich der Sache annehmen, denn wenn es sich um einen oder mehrere Oto-Nin handelt, dann fällt es in dein ureigenstes Interesse, diese aufzuspüren."
Es war unnötig von Tsunade-sama, das auch noch zu betonen. Seit das Wort Otogakure zum ersten Mal gefallen war, hatte sie meine volle Aufmerksamkeit. Und sie hatte Recht: Versprengte und auf eigene Faust operierende Oto-Nin waren immer meine volle Aufmerksamkeit wert.
"Ich verstehe. Ich werde das regeln."
"Nicht du wirst das regeln. Deine Genin nehmen das in die Hand. Du überwachst sie aus dem Hintergrund, verstanden? Du greifst nur ein, wenn es gefährlich zu werden droht."
"Alles klar. Kriege ich eine Karte?"
Shizune reichte mir ein dickes Bündel. "Hier die Briefe und eine Karte der Umgebung von Murata No-Son inklusive eines Empfehlungsschreibens für dich und deine Begleiter."
"Danke. Wenn es das jetzt gewesen ist, dann..."
"Dann bist du entlassen. Ganz richtig. Ach, und Mamoru: Übertreib es nicht bei der Affenparty. Wenn die erste Mission mit deinen Genin zu meiner Zufriedenheit läuft, wird Konohagakure die Feier ein wenig subventionieren."
"Danke, Tsunade-sama. Solche Hilfe ist mir immer willkommen."
"Du bist unser einziger Kontraktträger mit den Affen. Solche Leute muss man pflegen." Sie lächelte dünnlippig. "Du kannst gehen, Mamoru."
Ich verbeugte mich vor meiner obersten Chefin, wiederholte das nicht ganz so tief vor Shizune, und verließ das Büro wieder. Als ich aber draußen auf dem Gang stand, fragte ich mich, seit wann Tsunade-sama mich bei meinem Vornamen rief, und was das für meine Karriere bedeuten mochte...

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4.
Wir trafen uns am frühen Morgen vor dem Hauptportal Konohas, und ich konnte eine gewisse Aufregung nicht leugnen. Seit vorgestern, meiner ersten Begegnung mit "meinen" Genin, machte mir die Geschichte immer mehr Spaß, und meine Zweifel, dass einem Siebzehnjährigen vielleicht zuviel Verantwortung aufgebürdet worden war, schwanden dahin, als die drei in trauter Eintracht mit ihrem Gepäck auf Perine und mich zusteuerten.
"Hey, Sensei!", rief Shinji überschwänglich und winkte uns.
Als die Dreierbande vor uns stand, musste ich grinsen. So musste sich Hayate-sensei auch gefühlt haben. Bei jeder Gruppe, die er in seinem Leben übernommen hatte.
Ich musterte die drei. Shinji ging ganz links, und seine blonden Haare standen wie bei einem Igel in vielen kleinen Strähnen zu allen Seiten ab. Dabei grinste er mit dem guten Wetter um die Wette. Nichts schien seiner guten Laune Einhalt gebieten zu können, aber ich wusste es besser. Als Einziger trug er die typische Konoha-Ninja-Uniform mit der grünen Weste.
In der Mitte ging Mai. Dank ihres Jahrs Vorsprung war sie genauso groß wie die Jungs. Sie trug eine graue Hose, einen dunkelgrünen, viel zu weiten Pullover, und hatte die meiste Mühe wie immer auf ihre Haare verwendet. Ihr Pony war kunstvoll nach hinten geflochten, und links trug sie Seitenscheitel. Sie schien mit Shinjis übertriebener Fröhlichkeit nicht viel anfangen zu können, aber ihre leuchtenden graublauen Augen verrieten sie. Dennoch war sie ängstlich, ein wenig zumindest.
Rechts ging Kira. Er lächelte sogar kurz und nickte mir zu. Also hatte er - vorerst - seinen Frieden mit mir und meinen Fähigkeiten gemacht. Zu seinem kurzen blonden Stachelputz trug er kurze beige Hosen und einen steingrauen Pullover.
"Guten Morgen, Team dreizehn", sagte ich mit strenger Stimme, nur um wesentlich freundlicher hinzu zu fügen: "Und? Freut Ihr euch auf eure erste D-Rang-Mission?"
"Natürlich!", sagte Shinji enthusiastisch.
"Die wird uns ja wohl nicht gerade vor Herausforderungen stellen", murmelte Kira mehr zu sich selbst als zu mir.
Mai sah für einen Moment nachdenklich drein. "Wird schon nicht so schwierig werden. Wir sind ja ein tolles Team, denke ich."
"Natürlich sind wir das!", rief Shinji im Brusston der Überzeugung.
"Ich sehe, Ihr seid soweit. Dann können wir also losgehen, oder?"
"Jawoll!", rief Shinji, und streckte die Rechte zur Faust geballt in die Luft.
Die Antwort der anderen beiden war nicht ganz so schnell, aber nicht viel weniger enthusiastisch.
"Fehlt nur noch eine Kleinigkeit", sagte ich bestimmt. "P-chan?"
Die blonde Affenkriegerin, wieder in der Verkleidung als Konoha-Ninja, reichte mir ein Paket.
Ich faltete das Papier auf, langsam und bedächtig. "Damit Ihr vollwertige Shinobis Konohas werdet, und damit das auch jeder da draußen in der Welt sieht, braucht Ihr das hier."
Mit diesen Worten hielt ich drei Stirnbänder hoch. Alle trugen das Spiralzeichen Konohas. Und alle drei hatte ich in meinem Leben schon mal getragen. Um ein Haar hätte ich keine drei zusammen bekommen, zwei hatte ich reparieren lassen müssen. Das Ergebnis war, das ich heute das Stirnband mit dem Silberbeschlag trug, das Suzume mir geschenkt hatte.
"Hier, die gehörten alle mal mir. Und ich habe sie in mancher Schlacht aufgehabt."
Die Reaktion meiner drei Genin war begeistert. Kiras Reaktion natürlich nach seinen eigenen Maßstäben gemessen.
Ich legte jedem der Genin eines der Stirnbänder in die Hände. "Shinji, deines habe ich damals von meinem Sensei erhalten. Ich habe es erst nach der Schlacht um Konoha ausgetauscht, weil es beschädigt wurde. Bis dahin hat es mir Glück gebracht."
Der junge blonde Bursche strahlte das Stirnband an wie einen gefundenen Schatz.
"Mai, deines habe ich bis zur Eroberung der Burg im Land des Wassers getragen. Dann wurde mir dieses Stirnband mit einem Beschlag aus Silber geschenkt, und ich hielt es für angemessen, mir ein neues geben zu lassen."
"Und warum habe ich nicht das aus Silber gekriegt?" Sie griente mich an. "Nur ein Scherz, Sensei."
Ich lachte kurz darüber. "Silber hält nicht viel aus. Darum."
Mein Blick ging zu Kira. "Deines habe ich bis heute morgen getragen. Es hat mich durch einigen Ärger begleitet, und viele Kämpfe gesehen. Behandle es pfleglich, und es beschützt dich so gut, wie es mich beschützt hat."
Er schloss die Hand um den Stahl. "Das werde ich, Sensei."
Zufrieden betrachtete ich die Dreierbande. "Perine, dein Part."

Die blonde Affenkriegerin nickte mir zu. Sie trat vor die drei. "So, und jetzt müsst Ihr entscheiden, wo Ihr das Stirnband tragen wollt. Ihr könnt es um die Stirn schlingen, als Kopftuch oder nur als Stirnband wie Mamo-chan. Ihr könnt es wie Lee-kun um den Bauch binden, oder um einen Oberarm. Ihr könnt es auch um den Hals tragen. Manche tragen es auch an ein Bein gebunden."
Die Genin sahen sich einen Moment irritiert an.
"Und Ihr könnt natürlich so lange herum probieren, bis Ihr die optimale Position gefunden habt", fügte P-chan an.
Entschlossen drehte Shinji sein Stirnband, und band es sich um die Stirn. "Klassisch, wie Sensei."
Kira musterte den Freund einige Zeit, dann entfaltete er das Band zur Mütze, und zog sie sich über den Kopf. "Ich probiere es mal so, für einige Zeit."
Die Blicke beider Jungen gingen zu Mai.
"Ich weiß, ich weiß!", fauchte sie. Unschlüssig hielt sie das Stirnband in den Händen. Schließlich band sie es sich lose um den Hals. "Gut so?"
Ich nickte zufrieden. "Jetzt seid ihr bereit für die Welt. Ich frage mich nur, ob die Welt bereit für euch ist."
"Die Welt hat kein Mitspracherecht!", rief Kira, plötzlich wieder enthusiastisch werdend.
Shinji und Mai fielen ein. Das ließ mich lächeln, und Perine grinste breit.
"Na dann, Welt, wir kommen!"
Derart angefeuert machten wir uns auf den Weg. Anfangs in einem anständigen Tempo, und später mit Step.
***
Wir erreichten Murata No-Son bereits am frühen Nachmittag. Ich hatte meine Genin ordentlich gefordert, und alle drei waren reichlich erschöpft. Der Dorfvorsteher, Herr Kamura, erwartete uns bereits. "Das ging schnell. Sehr gut. Je eher wir das Problem lösen, umso besser für alle." Er musterte uns fünf, und nickte. "Für die Dauer der Mission werdet Ihr in meinem Haus untergebracht. Ich habe zwei Räume, die Ihr nutzen könnt."
"Danke, Herr Kamura. Ich hoffe, dass wir Ihnen nicht lange zur Last fallen werden", erwiderte ich freundlich.
"Nicht doch, nicht doch, Morikubo-sama. Sie sind doch keine Last für uns, im Gegenteil. Als wir gehört haben, dass Konoha ausgerechnet den Sieger von Otogakure und sein neu gegründetes Genin-Team schicken würde, waren hier alle sehr aufgeregt." Er zwinkerte mir verschwörerisch zu. "Wir sind hier alle Loyalisten des Reichs des Feuers. Und das ist selten heutzutage."
Ich räusperte mich verlegen. "Danke für die Blumen. Und niemand zweifelt an der Loyalität des Dorfes, Herr Kamura. Sie brauchen das nicht zu betonen."
"Ich wollte nur sicherstellen, wie die Dinge sind. Vor allem, wenn wir es wirklich mit einem Nukenin aus Otogakure zu tun haben; dieses Pack findet hier keinerlei Hilfe. Nicht einmal bei den neu Zugezogenen." Er warf einen Blick auf meine drei jugendlichen Begleiter, die in verschiedenen Stadien der Erschöpfung nach Atem rangen. "War es ein harter Weg?"
"Wir haben uns beeilt. Könnten wir eventuell die Räume schon einmal nutzen, und könnten meine Genin Wasser und Tee bekommen, während sie sich ein wenig ausruhen?"
"Natürlich, natürlich", sagte der Dorfvorsteher jovial und winkte mich und meine Begleiter durch die Menschenmenge in Richtung seines Hauses.
Teufel auch, bei all den interessierten, teils verzückten Blicken hätte es mich nicht gewundert, wenn ich nach Autogrammen gefragt worden wäre.

Die beiden Räume, die uns zugewiesen wurden, waren klein, aber sauber, und mit den im ländlichen Gebiet sehr verbreiteten Tatami-Matten ausgelegt.
"Ich habe leider nur vier Futons vorbereitet, aber ich borge mir bereits einen", sagte Herr Kamura, und verbeugte sich entschuldigend vor Perine. "Ich hatte nicht mit einem vierten Begleiter gerechnet."
"Keine Sorge, Perine ist im Preis mit drin", schmunzelte ich. "Sie begleitet uns zu Beobachtungszwecken."
"Ah, um die frisch beförderten Genin einzuschätzen. Eine gute Idee." Er brachte einen flachen Tisch und fünf Sitzkissen. "Wenn Sie es wünschen, der Nebenraum ist etwas größer. Dort können Sie mit den Jungs schlafen, während die Damen hier bleiben können. Außer natürlich, Sie..." Verlegen stockte der Dorfvorsteher.
Ich lachte auf. "Danke, wir nehmen die Aufteilung so an." Ich nahm meinen Rucksack ab und befreite Shinji und Kira von ihren. Dann brachte ich alle drei in den Nebenraum.
Anschließend setzte ich mich zu den anderen an den Tisch, und ließ mir Tee servieren. Dabei ignorierte ich die Masse an Leuten, die durch die Fenster herein spähten, und auf dem Flur versuchten, durch die Schiebetür zu linsen. "Bitte, Herr Dorfvorsteher, erzählen Sie mir von Anfang an, was passiert ist."
"Gut. Also dann. Vor etwa fünf Tagen kam ein großer, vierschrötiger Mann in unser Dorf. Er sprach holprig und ging auf eine merkwürdige Weise. Er suchte nach Arbeit im Gegenzug für Nahrung. Zumindest hatte er das gesagt, aber einer meiner Bürger entdeckte, dass er mehrere Kunais bei sich trug. Als wir ihn mit der Frage konfrontierten, ob er ein Shinobi war, floh er. Das war, finde ich, äußerst merkwürdig. Wenn er es nötig hat zu fliehen, kann er kein Shinobi Konohas oder einer verbündeten Nation sein. Seither waren wir etwas wachsamer als sonst. Und dennoch... Wir... Nun, aus geschlossenen Häusern verschwinden seitdem Dinge. Anfangs waren das nur Nahrungsmittel. Brot, Käse, Sake, Fruchtsäfte, alles in kleinen Portionen, aber immer aus mehreren Häusern. Häuser, in denen teilweise geschlafen wurde. Aber auch tagsüber bemerkten wir die Verluste. Sie können sich vorstellen, dass sich niemand im Dorf wirklich damit wohl gefühlt hat, dass jemand während der Nacht durch das eigene Haus geschlichen ist, und man nichts davon bemerkt hat. Aber es ist niemandem etwas passiert, also hielt sich die Panik in Grenzen. Wir waren uns sicher, dass der fremde Shinobi, wenn er genügend zusammen geklaut hatte, schon von selbst gehen würde.
Am dritten Tag fehlten dann zwei Decken, die wir aber verschmerzen können; jedoch war es der Auftakt für eine dreistere Diebesserie. Nun begann, Geld zu fehlen, kleine Schmuckstücke, teilweise auch Werkzeug. Ich selbst vermisse meinen besten Satz Beitel."
"Beitel?"
"So eine Art u-förmiges Stecheisen, mit dem man Gravuren in das Holz treiben kann. Wir verkaufen nicht nur das rohe Holz, wir erledigen auch Auftragsarbeiten und erstellen Wandbilder und Statuen aus dem Holz. Mit den Beiteln geht das sehr gut. Ich hatte es gerade erst gekauft."
"Merkwürdig. Was will der Ninja denn mit einem Beitel-Set?", fragte ich nachdenklich.
"Na, was wohl? Verkaufen wird er sie! Sind ja eine Menge wert!", rief einer der Dorfbewohner. Polternd trat er ein und setzte sich uneingeladen. "Es sind alles Lügner und Diebe, diese Shinobi!"
"Kuroko-kun!", sagte Kamura scharf. "Wir reden hier mit Shinobi!"
"Shinobi? Ich sehe nur drei Kinder, und zwei etwas größere Kinder. Die sollen es wirklich mit dem roten Riesen aufnehmen?" Der Mann lachte verächtlich. "Das glaubt Ihr doch selbst nicht. Konoha nimmt uns nicht ernst, das ist es. Wahrscheinlich ist der Shinobi sogar aus Konoha, und sie stecken alle unter einer Decke, um Missionen zu generieren und Geld zu machen, und..."
Er verstummte schlagartig. Nun, jeder würde verstummen, wenn er von einem Faustschlag auf die Brust getroffen wurde, der ihn einmal durch die nächste Wand trieb, wo er sich mehrfach überschlug, und schließlich, erfüllt von Schmerzen und Leid, liegenblieb.
"Entschuldigung, Kuroko-kun", sagte ich lächelnd, und zog die Faust wieder ein. "Ich dachte, mit einer kleinen Demonstration könnte ich beweisen, dass ich durchaus kein großes Kind bin. Und da Sie gerade dabei waren, die Ehre von fünftausend Shinobi zu beleidigen, habe ich die Gelegenheit genutzt, um Ihnen zu zeigen was passiert, wenn man einen Konoha-Nin mit einem Kriminellen vergleicht. Ich hoffe, das ist angekommen. Oder muss ich der Lektion noch Nachdruck verleihen?"
Ich setzte einen Fuß auf, wie um aufzustehen. Das brachte den Neuankömmling dazu, trotz der Schmerzen auf die Knie zu rutschen und sich ehrerbietig zu verbeugen. "N-natürlich nicht, Morikubo-sama! Ich entschuldige mich in aller Form für meine Worte!"
"Gut. Sie können gehen, Kuroko-kun."
"Jawohl, Morikubo-sama!" Er verneigte sich erneut bis zum Boden, sprang hastig auf die Füße, und humpelte hinaus. Leises, schadenfrohes Kichern erfüllte die Luft.

"Kuroko-kun ist nicht gerade der beliebteste Mann im Ort, eh?", fragte ich. "Entschuldigen Sie bitte das Loch in Ihrer Zwischenwand. Ich werde es reparieren."
"Nein, das müssen Sie nicht, Morikubo-sama. Diesen vorlauten Burschen fliegen zu sehen, und ihn demütig zu erleben ist eine kaputte Wand mehr als wert." Herr Kamura grinste breit. "Er denkt, Wunder wer er ist und was er kann, und er redet, als wäre er der nächste Dorfvorsteher, aber das Meiste was er sagt und tut, ist nur heiße Luft. So ein Denkzettel tut ihm mal gut."
"Es freut mich, dass Sie das ebenso sehen, Kamura-sama." Ich verneigte mich vor dem Mann demonstrativ, um seine Autorität zu stärken.
"Aber zurück zum Thema. Ich möchte mir ein Bild der Diebstähle machen. Vor allem will ich wissen, was und wann und wo gestohlen wurde." Mein Blick ging zu meinen Genin. "Fühlt Ihr euch schon wieder kräftig genug, um mich zu begleiten?"
Shinji sprang, wie erwartet, voller Elan auf. "Natürlich, Sensei!" Kira erhob sich mit kaum zusammen gebissenen Zähnen. Mai trank zuerst ihre Schale Tee aus, dann kam sie ein wenig vorsichtig, aber entschlossen auf die Beine. "Wir können, Sensei."
Ich nickte anerkennend. Bei dem Tempo, das ich angeschlagen hatte, war ihre Erschöpfung kein Wunder. Ausdauer erlernten sie nicht auf der Akademie, aber alle drei hatten eine ansprechende Stamina, die ich ansonsten eher von ausgebildeten Shinobi erwartete, die bereits mehrere Jahre im Feld dienten. Sogar Mai, bei der ich einen Ausfall am ehesten erwartet hatte, war gut dabei, und zeigte keine Anzeichen von Zusammenbruch. Ihr Chakra-Fluss war stabil, und ihr Körper schien die Anstrengung gut verdaut zu haben. Ich war zufrieden. Perines Blick sagte mir, das sie ebenfalls sehr zufrieden mit meinen Shinobi war. Fehlte nur noch der Ernstfall.
***
Zuerst führte uns der Dorfvorsteher im eigenen Haus in die Speisekammer. "Wir wissen nicht, wie er herein gekommen ist, aber auf keinen Fall hat er das Fenster aufgebrochen." Er deutete auf ein vergittertes Fenster, das nach Norden ging. "Es ist meistens offen, wegen der Belüftung. Aber das Gitter, das wir gegen die Tiere gesetzt haben, ist unbeschädigt. Die Löcher sind zu klein, als dass ein Erwachsener hindurch greifen könnte, und die Regale mit der Nahrung stehen ohnehin zu weit weg für eine Armeslänge."
"Was wurde gestohlen?", fragte ich. Mit der Linken wischte ich über die einzelnen Streben des hölzernen Gitters, die etwa acht Zentimeter im Quadrat aussparten.
"Brot und ein paar Stücke Speck. Das Brot war aber zu groß, um durch das Gitter zu passen."
Ich betrachtete meine Hand. Ich hatte etwas bräunliches vom Gitter abgewischt. Getrockneter Pflanzensaft von frisch geschlagenen Trieben? Ich musste lächeln.
"Also muss der Dieb durch das ganze Haus gekommen sein, und das ist es, was meiner Frau und mir Angst macht. Wenn er hier so einfach rein und raus marschiert, ist ja niemand mehr sicher. Schon sagen die ersten Leute, dass der Shinobi die eine oder andere Kehle aufschlitzen wird. Einfach, weil er es kann."
"Oder einfach, weil es praktisch ist", murmelte ich mehr zu mir selbst.
"Was, bitte?", fragte der Dorfvorsteher.
"Ich habe gefragt, wie lange es her ist, dass hier Brot und Speck gestohlen wurde."
"Gleich am ersten Tag. Wahrscheinlich, während wir alle draußen standen und diskutiert haben, ob der Fremde wiederkommen würde."
Mit der Rechten glitt ich über das Wandregal. Dabei schob ich etliche getrocknete Krümel zusammen. "Was für ein Brot backt Ihr hier?"
"Wir stellen Weißbrot her, in rund sechs Zentimeter dicken und Handspannengroßen Fladen."
Ich grinste. Was für ein patenter Bursche.
Mein Blick ging zu Perine, die ebenfalls lächelte. Danach trat ich einen Schritt zurück in den Raum. "Na, dann macht mal, Mai, Kira, Shinji."
Die drei musterten mich einen Moment entgeistert, bevor sie sich zusammen rissen und nach Hinweisen suchten.
"Schaut mal, hier am Gitter, da klebt was!", rief Mai aufgeregt, und die beiden Jungs beeilten sich, ihren Fund zu betrachten.
"Das ist so eine Art Harz. Hier, riecht mal dran", stellte Kira fest.
"Nein, kein Harz. Getrockneter Pflanzensaft", stellte Mai fest.
"Oho, was haben wir denn hier?", rief Shinji, und hob etwas Braunes vom Boden. "Ein Stück getrockneter Rinde!"
"Was willst du uns damit sagen? Dass der Dieb zwei große Stäbchen benutzt hat?", fragte Kira. Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. "Wartet mal hier."
Er verließ das Haus, umrundete es, und kam nach einiger Zeit mit zwei frisch geschlagenen Trieben zurück. "Geht zur Seite!", rief er, und begann, mit den beiden Stangen durch das Gitter hindurch zu hantieren. Er wählte dafür zwei verschiedene Löcher, mit einem Loch dazwischen. Nach mehreren Versuchen gelang es ihm, auf diese Weise einen Streifen Speck vom Regal aufzunehmen, der dort zum Durchreifen lag. Vorsichtig führte er es mit den Stäben zurück und zog es bis ans Gitter heran.
"Und was jetzt? Du brauchst einen dritten Arm", tadelte Mai.
"Wer braucht einen dritten Arm?", fragte Kira lachend, beugte sich vor so weit er konnte, ohne die Stäbe und damit das Speckstück loszulassen, und biss kräftig in das Fleisch. Auf diese Weise zog er es hervor. Stolz präsentierte er seine Beute. Ungefähr so lange, bis ihm aufging, was er getan hatte. Schuldbewusst nahm er es aus dem Mund und betrachtete die Bissspuren im Speckstück. "Tut mir leid", murmelte er betreten. "Jetzt ist es ruiniert."
Herr Kamura betrachtete ihn aus aufgerissenen Augen. "Nein, nein, Junge, das ist nicht so schlimm. Behalte es. Jungs in deinem Alter brauchen ab und an einen herzhaften Happen. Aber wenn der Dieb wirklich mit deiner Methode den Speck gestohlen hat, dann war er ja gar nicht im Haus. Das ist eine große... Moment." Er runzelte die Stirn. "Und wie hat er dann das Brot gestohlen? War er etwa doch...?"
"Tja...", sagten meine drei Genin zugleich.
Shinji trat an das Regal heran. "Sensei hat hier doch irgendwas... Ah, hier. Brotkrumen... Und der fremde Shinobi hat doch Kunais dabei gehabt... Kira, schieb mal einen der Stäbe rein."
Kira tat wie ihm geheißen, und Shinji spaltete den Stock mit seinem Kunai auf. Dann klemmte er es so zwischen die beiden unter Spannung stehenden Hälften, sodass es darin sicher festsaß. Anschließend trat er an das Regal. "Kann ich bitte so einen Laib Brot haben?"
"Natürlich. Ich hole eines aus der Küche. Also, jetzt bin ich wirklich gespannt", murmelte Herr Kamura. Als er wiederkam, war seine Frau dabei. Interessiert beobachteten sie, wie Shinji das Brot platzierte.
Anschließend ging Kira zur Sache; er zerteilte das Brot mit dem Kunai, zog es zurück und nahm es wieder aus dem Stock, nur um erneut das Brot Stück für Stück durch das Gitter zu holen.
"Und was sagt uns das?", fragte Shinji freudestrahlend.
"Es sagt uns, dass Familie Kamura engere Gitter braucht", stellte Kira fest, stolz auf seine Leistung.
"Nein, du Dummkopf", erwiderte Mai tadelnd. "Es beweist, dass der Dieb nicht im Haus gewesen sein muss. Er konnte Brot und Speck auch bequem vom Fenster aus klauen." Sie sah zu mir herüber. "Sensei, wir sollten uns noch ein paar andere Ecken ansehen."
Ich grinste über mein ganzes Gesicht. Da hatte ich ja einen besonders aufgeweckten Haufen Genin erwischt. "Ja, das sollten wir. Herr Kamura?"
"Natürlich. Schauen wir uns das Haus der Imados an. Dort wurden ebenfalls Lebensmittel gestohlen, hauptsächlich Obst."

Auch im Hause Imado war der Diebstahl, auch dank des noch weitmaschigeren Gitters der Vorratskammer, mit Kiras Methode problemlos möglich. Damit erhöhte er seine Beute von einem Stück Speck und vier Streifen Brot um vier Äpfel, weil Herr Imado einfach nicht glauben wollte, was er da sah. Als Kira sogar einen besonders großen Apfel vor dem Transport zerteilte, damit er durch das Gitter passte, wäre der gute Mann vor Erleichterung fast zu Boden gegangen. Anschließend spießte Kira die Apfelstücke mit dem Kunai auf, und holte sie wie mit einer Harpune raus. In Herrn Kamuras Haus wäre das nicht möglich gewesen; die Maschen waren zu eng, um mit der Aufspieß-Methode erfolgreich zu sein. Die Gefahr, die Beute oder gar das Kunai fallen zu lassen, wäre zu groß gewesen. Und wir hatten es hier mit einem Dieb zu tun, der gerne auf Nummer sicher ging. Immerhin ging es hier um etwas zu essen.
"Sensei!", rief Kira von draußen. "Das musst du dir ansehen."
"Ich komme."
Als ich neben Kira stand, deutete er auf einen braunen Fleck an der Hauswand. "Hier, das könnte doch mit unserem Dieb im Zusammenhang stehen."
Ich betrachtete die Stelle einen Augenblick, bevor ich ein Kunai zog, und ein wenig von der Substanz in meine Hand kratzte. Ich rieb sie einige Zeit zwischen meinen Fingern und roch daran. "Blut", stellte ich fest.
"Blut?", echote Herr Kamura.
"Ja. Unser Dieb ist verletzt, und zumindest beim Raubzug auf Familie Imado hatte er mit einer offenen Wunde zu kämpfen." Ich runzelte die Stirn. "Das will mir nicht gefallen. Ein verwundeter und zudem hungriger Shinobi ist zu allem fähig."
"M-meinen Sie, er wird jemanden töten, Morikubo-sama?", fragte Herr Imado ängstlich.
"Sicherlich wird er dafür nicht in den Ort kommen. Aber jeder, der ihn verfolgt, ist potentiell in Lebensgefahr. Wäre ich auf der Flucht, wäre es bei mir nicht anders. Herr Dorfvorsteher, bitte zeigen Sie uns jetzt eine Stelle, an der wertvolle Dinge gestohlen wurden."
"Ja, natürlich, Morikubo-sama."

"Ich weiß auch nicht, wie es passieren konnte", klagte Frau Mizuki. "Am Abend lag der Goldreif noch auf meinem Nachttisch, und am nächsten Morgen war er weg. Ich hatte ihn extra abgelegt, weil ich meinen Mann und Herrn Kuroko beim gemeinsamen Bad bedient habe, damit er mir nicht verloren geht."
"Kuroko?", fragte ich.
Frau Mizuki nickte erfreut. "Ja, die beiden baden ab und an zusammen und trinken Sake dazu. Herr Kuroko ist so ein gebildeter Mann, der sich so geschickt ausdrücken kann. Und freundlich ist er auch, denn als ich meinen Mann massiert habe und Herr Kuroko aus Versehen auch das Handtuch meines Mannes benutzt hatte, hat er sofort ein Neues für ihn geholt. Was für ein freundlicher Mensch."
"Lassen Sie mich raten. Sie bewahren die Handtücher im Schlafzimmer auf", sagte ich.
"Nein, im Flur in einer Kommode", erwiderte sie etwas irritiert.
Ich schnaubte abwertend. "Was sagt Ihr, meine Meisterdetektive?"
Kira, Shinji und Mai schwärmten über die Szenerie und begutachteten alles. Sie checkten die Fenster, klopften den Fußboden und die Wände ab, und mit meiner Hilfe kontrollierte Shinji sogar die Decke auf einen leichten Zugang zum Zimmer.
"Kein Zweifel möglich", fasste Mai schließlich für die drei zusammen. "Vom Fenster aus ist es mit Stöcken so gut wie unmöglich, bis zum Nachttisch von Frau Mizuki zu greifen. Wir gehen davon aus, dass der Dieb durch das Haus gegangen ist. Und wir sind der Meinung, dass..."
Ich bedeutete ihr zu schweigen. "Das bedeutet also was?"
Ein wenig ärgerlich sah sie mich an, bevor sie deutlich schluckte und fortfuhr. "Das bedeutet, das wir es mit zwei verschiedenen Methoden zu tun haben." Ihr Blick bekam etwas trotziges. "Wir haben es vielleicht auch mit zwei Dieben zu tun."
"Vielleicht haben wir das."
"Zwei Diebe?", raunten Herr Kamura und seine Begleiter.
"Ja. Einen, der verletzt ist, und sich Essen durch die Fenster hindurch zusammenstiehlt, und einen, der in die Häuser geht, und sie von innen ausplündert."
Dass, wenn es einen zweiten Dieb gab, dieser bewusst die Diebstahlserie von Nahrungsmitteln ausnutzte, um den Diebstahl der Wertsachen unserem unbekannten ersten Dieb in die Schuhe zu schieben, behielt ich für mich.
"Ich denke, wir haben genug gesehen. P-chan, wir machen uns auf den Weg."
"Hä? Nur Perine-sama und du? Aber was ist mit uns?", fragte Kira aufgeregt. "Wir sind auch Shinobi!"
"Ihr wartet hier und haltet die Stellung. Und im besten Fall verhindert Ihr, das weitere Wertsachen gestohlen werden", sagte ich mit Nachdruck. "Unseren unbekannten, verletzten und hungrigen Freund würde eine ganze Horde von uns Shinobi nur verschrecken, und ich habe keine Lust, ihn eine Ewigkeit lang zu suchen."
"Wir sollen hier also aufpassen?", maulte Shinji.
"Auftrag ist Auftrag", sagte Mai bestimmt. "Und das Dorf vor weiterem Diebstahl zu beschützen ist eine wichtige Aufgabe." Sie zwinkerte den beiden dabei verstohlen zu, und die zwei schwenkten in ihrer Meinung um einhundertachtzig Grad.
"Ja, hast Recht, das ist eine sehr wichtige Aufgabe", sagte Shinji gedehnt.
"Den normalen Bürger vor weiteren Verbrechen schützen ist für einen Shinobi eine ehrenwerte Aufgabe", sagte Kira.
"Dann ist alles klar. Ihr passt hier auf. Und bleibt gefälligst im Dorf. Soweit ich weiß, ist dort draußen irgendwo in den Wäldern eine Bestie unterwegs, die sich zwar von den Holzfällern fern hält, aber mit ein wenig Pech nicht von euch. Verstanden?"
"Ja, Sensei", sagten sie im Chor.
Ich nickte zufrieden und verließ mit P-chan das Haus der Mizukis.

Draußen auf den Straßen des Dorfes - die Menschenmenge war noch größer geworden - benutzten Perine und ich Step, um das Dorf zu verlassen.
"Wir haben den gleichen Verdacht, oder?", fragte Perine lächelnd.
"Ja. Dieser Kuroko ist nicht nur ein Großmaul, sondern er nutzt seine Gelegenheiten, sobald sie sich ergeben."
"Denkst du, deine Genin haben das rausgefunden?", fragte sie.
"Natürlich haben sie es herausgefunden. Für die meisten Leute im Ort ist es anscheinend undenkbar, dass Kuroko sie beklaut hat, und es auf unseren unbekannten Freund schiebt. Aber die drei sind Außenstehende, die von keinem Dogma umklammert sind. Für sie ist es klar, wer oder was Kuroko ist. Sie werden ihn überwachen, um zu verhindern, das er erneut stiehlt. Und er wird reagieren, das verspreche ich." Ich griente sie an. "Und du wirst aufpassen, dass es für die drei nicht lebensgefährlich wird."
"So was habe ich mir schon gedacht", erwiderte sie lächelnd, und verwandelte sich in ihre Form als kleiner Affe. "Puki."
"Wir sind doch ein tolles Team, P-chan", stellte ich grinsend fest.
"Pukiiiii", sagte sie mit einer abwehrenden Handbewegung. Sie winkte mir, und verschwand wieder in Richtung Dorf.
Damit blieb mir die Schnitzeljagd. Vielleicht wäre eine Treibjagd doch besser gewesen.
***
Die drei Genin waren mit ihrer Aufgabe sichtlich unzufrieden. Und es dauerte nicht lange, da hatten sie sich nur mit ihren Blicken abgesprochen. In kurzen Abständen verließen sie ihre Beobachtungsposten im Dorf, die sie bezogen hatten, um weitere Diebstähle zu verhindern, um den Abort im Hause des Dorfvorstehers aufzusuchen. An diesen Positionen wurden sie von interessierten Dorfbewohnern und ihren Kindern belagert, und eine ungestörte Kommunikation war unmöglich, vor allem aber ein nicht überwachtes Gespräch. Darum erschufen sie auf der Toilette je einen Schattenklon, der ihren Platz einnahm; anschließend verließen sie heimlich zu dritt die Toilette, benutzten den Hinterausgang des Kamura-Anwesens und unterhielten sich leise im Wald. Keiner der Dorfbewohner, da waren sich die drei sicher, würden ihre Schattenklone von den Originalen unterscheiden können.
"Denkt Ihr das gleiche wie ich?", fragte Shinji mit ernster Miene.
"Wenn du denkst, dass dieser Kuroko die Diebstahlserie benutzt hat, um Schmuck, Geld und wertvolles Werkzeug zu stehlen, dann ja", verkündete Kira. "Ich verstehe nicht, warum die Dorfbewohner das nicht ebenso sehen."
"Das ist doch leicht erklärt", sagte Mai seufzend. "Der Mann reißt das Maul auf, wie wir gesehen haben, plustert sich auf, erscheint größer als er ist, und wenn man ihn dann mal belastet, so wie Mamo-chan das gemacht hat, dann bricht das Kartenhaus zusammen. Und er redet jedem nach dem Mund und macht sich so beliebt."
"Ja, das stimmt. Er will Kamura-sama als Dorfvorsteher ablösen, und deshalb schleimt er sich überall ein. Und das mit Erfolg. Nur bei einigen der erfahreneren Holzfällern hat er mit der Methode keinen Erfolg. Den Rest stimmt er für sich mit billigen Geschenken und ein bisschen Anbiederei ein." Shinji schüttelte sich. "Dass man auf so einen Typen stehen kann..."
"Manche Menschen mögen Anbiederei", sagte Kira. "Und es gibt auch Menschen, die verwechseln sie mit echter Freundlichkeit. Genau deshalb ist wohl noch niemand auf den Gedanken gekommen, dass Kuroko da irgendwie mit drin hängt. Und wenn doch einer eine Parallele zieht, dann hat er sie für sich behalten, weil Kuroko mit den normalen Dorfbewohnern sicherlich das Gleiche getan hätte, was er bei Mamo-chan versucht hat. Und ich wette, die wären nicht so konsequent gewesen."
"Das ist unsere Gelegenheit, um Beweise zu sammeln", sagte Shinji. "Ihm ist bestimmt klar, dass alles auffliegt, sobald Mamo-chan den fremden Shinobi gefunden hat. Er wird versuchen, die Beweisstücke fort zu schaffen. Wenn er nicht gleich schlau genug war, sie überhaupt gar nicht erst in seinem Haus aufzubewahren. Aber sicher hat er noch die Sachen von seinem jüngsten Raubzug bei sich."
"Ja, hoffen wir es. Ohne konkrete Beweise können wir ihn nicht anklagen. Und da er weiß, dass diese Beweise nicht mehr fern sein können, wird er handeln, solange er noch kann. Ich schlage vor, wir beobachten sein Haus", sagte Mai. "Und zwar sofort. Nicht, das er schon weg ist."
"Als ich euch gefolgt bin, stand er noch in der Menge und hat Kiras Klon beobachtet", sagte Shinji. "Das ist keine fünf Minuten her. Ich wette mit euch, er weiß, dass wir ihm auf der Spur sind."
Mai nickte gewichtig. "Ja, das setzt ihn unter Druck. Also los, wir bleiben im Wald und beobachten ihn."
"Einverstanden."
"Bin dabei."
Sie nickten einander zu, und verschwanden mit Step im Wald, um mit einem großen Bogen zur Hütte Kurokos zu kommen.

Sie hatten gerade Beobachtungsposition bezogen, als Kuroko mit einem Bündel im Arm unbeobachtet von den anderen den Hinterausgang seines Hauses benutzte. Ohne sie zu bemerken lief er in den Wald hinein. Die drei Genin folgten ihm so unauffällig, wie es ihnen möglich war.
Zuerst war es nur ein Kilometer, dann zwei, schließlich fünf. Nach elf Kilometern hielt Kuroko endlich an. Er stand schwer atmend vor einem großen Felsen, in dem sich ein großer Spalt auftat. Eine Weile musterte er den Spalt, so als wolle er etwas sagen oder rufen, aber er schien sich dagegen entschieden zu haben. Stattdessen wickelte er das Bündel aus. Hervor kamen ein großer Holzkasten und diverse Schmuckstücke. All das warf er so weit er konnte in den Spalt hinein. Schließlich, zufrieden mit seinem Werk, und ein hämisches Grinsen aufgesetzt, steckte er das Tuch wieder ein, in das er seine Beute gewickelt hatte, wandte sich um, und schlenderte zufrieden davon.
"Das war doch der Armreif von Frau Mizuki", flüsterte Shinji den beiden zu.
"Und die Ohrringe von Frau Amado", flüsterte Mai zurück.
"Hey, ich wette, in dem Holzkasten ist das Beitel-Set von Herrn Kamura", fügte Kira hinzu.
"Und was tun wir jetzt?", fragte Shinji. "Informieren wir Sensei und lassen die Sachen an ihrem Platz? Oder sammeln wir sie ein und konfrontieren Kuroko damit, was wir beobachtet haben?"
Kira zuckte die Achseln. "Es ist wie es ist. Wenn sie unseren Worten nicht glauben, haben wir ohnehin verloren. Jetzt, wo er die Sachen hier weggeworfen hat, kann sie genauso gut jeder dort hinein geworfen haben, oder? Egal ob wir die Dorfbewohner hierher führen, oder ob wir die Beute wieder ins Dorf bringen, man muss uns glauben. Also ist es relativ egal."
"Ich weiß nicht", murmelte Mai. "Natürlich, die Ecke ist weit weg vom Dorf, und ohne unseren Augenzeugenbericht könnte irgendjemand die Sachen dort rein geworfen haben. Aber warum hat er sie ausgerechnet hierher gebracht?" Sie beschattete ihre Augen mit der linken Hand und deutete mit der Rechten nach Osten. "Hier hat jemand Bäume gefällt, aber noch nicht fortgeschafft."
Shinji kratzte sich nachdenklich am Ansatz seines Stirnbands. "Das ist merkwürdig. Man könnte den Holzfäller, der hier geschlagen hat, doch sofort mit dem Diebesgut in Verbindung bringen. Eine Ablenkung seinerseits, um den Verdacht auf einen anderen Dorfbewohner zu lenken?"
"Vielleicht schlägt er hier auf eigene Rechnung Holz, und niemand außer ihm kennt diese Ecke", sagte Kira nachdenklich. "Dann kann es ihm reichlich egal sein, ob jemand diesen Ort findet. Deshalb ist sie wohl auch so weit weg vom Dorf."
Die drei Genin warfen sich bedeutsame Blicke zu. Simultan seufzten sie.
"Ich bin für konfrontieren statt herholen", sagte Mai.
"Ich auch", sagte Shinji.
"Okay, holen wir das Zeug aus der Höhle raus, und zeigen es Mamo-chan", entschied Kira. "Soll er bestimmen, wie wir weiter vorgehen."
Die drei nickten sich zu. Sie verschwanden gemeinsam mit Step, und standen kurz darauf vor dem Spalt im Felsen. "Da drin ist es hell. Muss ein Spalt in der Decke sein", murmelte Shinji. Er betrat die Höhle, bückte sich, und kam triumphierend wieder hoch. "Frau Mizukis Armband."
"Und ich kann die Ohrringe sehen", verkündete Mai, als sie Shinji folgte.
"Hoffentlich ist der Werkzeugkasten nicht kaputt gegangen", murmelte Kira. Er ging als Dritter in die Höhle.
Als plötzlich Nebel um ihn herum aus dem Boden zu steigen schien, und seine Gefährten merkwürdig starr nach vorne sahen, ohne sich zu bewegen, wurde ihm mulmig. Als er merkte, dass er sich selbst auch nicht mehr bewegen konnte, war er sicher, dass sie in erheblichen Schwierigkeiten steckten. "Au Kacke. Ein Genjutsu."

"Na, was wurde mir denn da vom Sonnenschein hereingespült?" Was da von der Decke kam, gehalten von einem weißen Faden, war mit Sicherheit die größte Spinne, die Kira je gesehen hatte. "Ein kleines Mädchen und zwei kleine Jungs. Wie interessant. Ihr wollt wohl die Sachen haben, die der Irre hier reingeworfen hat, was?" Die Spinne kicherte amüsiert. "Ich weiß nicht, ob ich es hergeben sollte. Es glitzert doch alles so schön... Aber moment mal..."
Die acht roten Augen der Bestie richteten sich unvermittelt auf Kira. "Das... Du..." Die Spinne begann am ganzen Leib zu zittern. "Du riechst... Nach Essen!" Die Spinne kam die Decke ganz herab, setzte sich auf vier der acht Beine, und stakste merkwürdig und langsam auf Kira zu. Das Maul der Spinne öffnete sich. "ESSEN!" An dieser Stelle war sich Kira sicher, dass die Dinge für einen von ihnen hier drin nicht sehr gut ausgehen würden.
Das Biest schnappte zu.
***
Also, was hatte ich da? Einen augenscheinlich verletzten Mann, der Nahrung stahl, und dabei recht gewitzt vorging. Ich wusste, dass er nur Nahrung gestohlen hatte. Die Spur der Wertgegenstände und des Geldes wies eindeutig in Richtung des Narzißten, der mich herausgefordert hatte. Dass man diese Verbindung im Dorf nicht sah, war leicht zu erklären. Man suchte zum Beispiel Diebe gerne außerhalb der eigenen Gemeinschaft, oder bei den Außenseitern. Kuroko versuchte hingegen krampfhaft im Mittelpunkt zu stehen und sich dort festzukrallen. Mit einigem Erfolg, aber auch nicht zu erfolgreich. Es reichte immerhin dazu, das jene, die in Kuroko den Dieb vermuteten, vorsichtshalber die Klappe hielten, aber es reichte nicht, um zu riskieren, bei einem Shinobi handgreiflich zu werden, was mehr als ein wenig Mut erforderte. Vor allem nach der Stärke, die ich bewiesen hatte. Na, darum würden sich meine Genin kümmern, und Perine würde dabei auf sie aufpassen.
Wie also fand ich unseren gefährlichen Mundräuber? Er war verletzt, er war immer noch hier, und er versorgte sich regelmäßig neu. Mittlerweile bezweifelte ich allerdings, dass er Sake gestohlen hatte. Den würden wir sicher eher in Kurokos Hütte finden. Wahrscheinlich leer.
Er musste also in relativer Nähe sein, hier irgendwo ein Versteck aufgeschlagen haben. Allerdings auch nicht zu nahe, weil er Entdeckung durch die Holzfäller fürchten musste. Und da meine sensorischen Fähigkeiten leider noch immer sehr eingeschränkt waren, blieb mir eigentlich nur eine Möglichkeit, um ihn zu finden: Penibel suchen. Zu diesem Zweck erschuf ich zwanzig Kage Bunshin, um mit ihnen die Peripherie des Dorfes abzusuchen. Meine Bunshin und ich vernachlässigten die Rundumsicht des sensorischen Feldes zugunsten einer breiteren Frontsicht, was uns von hinten anfällig machte. Aber es erlaubte mir, einen Bereich von über eintausendzweihundert Metern - plus minus ein wenig - abzusuchen. Ich konnte also das Dorf mehrfach umrunden und suchte jedes Mal einen über einen Kilometer breiten Streifen ab.
Meine Bunshin gingen auf Position, und gemeinsam, auf die Abstände achtend, begannen wir die Suche.

Bei der ersten Runde ergab sich nichts, aber einer meiner Bunshin entdeckte eine gut getarnte Feuerstelle, deren Asche schon lange kalt war. In der Nähe waren die Kerne von verspeisten Früchten vergraben; eine andere Stelle hatte als Abort gedient. Ansonsten ließ der Platz jeden Luxus vermissen, den ein Verletzter sich würde schaffen wollen. Nichts deutete darauf hin, dass dieser Platz in den letzten beiden Tagen genutzt worden war. Aber die Feuerstelle war sehr aufwändig angelegt worden. Ein Feuer an diesem Ort würde gar keinen oder nur wenig Rauch entwickeln, den man kaum bemerken würde. Mein unbekannter bester neuer Freund verstand sich also auf unseren Wegen. Doch ein Ninja?
Nach Beendigung der Runde wechselten meine Bunshin und ich tiefer in den Wald, und zogen einen zweiten Suchgürtel. Wir hatten im Norden gerade einmal zweihundert Meter zurückgelegt, als einer der äußeren Bunshin Kontakt meldete. Wie als wenn wir es geübt hätten, schwenkten die anderen Bunshin rund um den potentiellen sechzig Meter durchmessenden Bereich, den die Sinne meines Bunshin erfassen konnte, mich eingeschlossen. Und tatsächlich spürte ich es selbst. Das Chakra eines Menschen, irgendwo tief unter mir, bezeichnenderweise in der Erde, zwanig Meter entfernt. Das Chakra war in Unordnung, wie ich erwartet hatte. Und erfüllt von Angst. Angst vor mir? Wie schmeichelhaft.
Ich löste das Jutsu auf. Nachdem ich den Burschen einmal aufgespürt hatte, würde er mir so leicht nicht mehr entkommen. Anschließend sprang ich auf Höhe seines Lagers auf den Waldboden. Es war eine Art Buschring, in dem er es sich bequem gemacht hatte: Eine Schlafstatt aus Laub und Moos, eine ähnliche Feuerstelle wie näher am Dorf, und ein Jute-Beutel, in dem ein Stück Käse und etwas Brot steckten. Und, hinter der Feuerstelle, in einem Erdversteck, der Gesuchte.
Ich hockte mich neben die Feuerstelle, in der noch etwas Glut war. "Du kannst jetzt rauskommen, Junge. Wird doch langsam unbequem, so unter der Erde."
Das ließ sich der Fremde nicht zweimal sagen. Er sprang hervor - oder vielmehr der gewaltige Bär, der sich dort versteckt hatte - und schnappte nach meiner Kehle.
Ich fing ihn ab, legte ihm die Linke auf die Stirn. "Kai!"
Nachdem ich das Verkleidungsjutsu aufgehoben hatte, blickte ich in das wütende, ja zornblitzende Gesicht eines Jungen von vielleicht vierzehn, fünfzehn Jahren. Seine blauen Augen blitzten vor Verachtung, und sein schulterlanges, verfilztes und schmutziges Haar schien wie unter einer eigenen Spannung zu stehen. Seine rechte Hand zuckte vor, ein Kunai führend. Ich wehrte den Angriff mit einem leichten Druck meiner Rechten gegen sein Handgelenk an mir vorbei. Nun hatte ich mehr als ein Dutzend Möglichkeiten, um meinerseits anzugreifen. Seine Rechte war für mindestens eine Sekunde aus dem Spiel, und seine Linke hätte nur eine meiner Hände aufhalten können, wäre sie nicht ohnehin damit beschäftigt gewesen, ein Stück Moos an seine Seite zu pressen.
Doch ich beließ es bei der Abwehr. Ich zog die Hand von seiner Stirn zurück. "Interessante Illusion, aber du solltest noch an der Detaildarstellung arbeiten."
Er zog sich einen Schritt zurück, hielt das Kunai wie zum Schutz vor sich. Unsicher musterte er mich, bevor die Wut wieder Oberhand nahm. Er griff an, schwang das Kunai und versuchte mich zu treffen. Zwei schnelle Schritte brachten mich aus der Reichweite beider Attacken. "Ruhig, mein Großer. Wir wollen reden."
Mein Gegner schien die Sinnlosigkeit seines Tuns eingesehen zu haben. "Ich aber nicht!", rief er, griff flüchtig nach einem durchgebluteten Hemd, das am Boden lag, und verschwand mit Step vor meinen Augen. Unnötig zu erwähnen, das er meinen sensorischen Fähigkeiten so nicht entkommen konnte.

Direkt neben ihm, während er von Ast zu Ast springend zu fliehen versuchte, kam ich aus meinem Step. "Ich bin Mamoru Morikubo, ein Chunin aus Konoha."
Der junge Mann betrachtete mich entgeistert für einem Moment, dann hieb er wieder mit dem Kunai nach mir. "Geh weg!", rief er, und versuchte einen Haken zu schlagen. Als ich ihm folgte, lief ich direkt in einen Schauer Shuriken. Ich musste einiges an Mühe aufwenden, um ihnen auszuweichen. Einer ritzte mein rechtes Hosenbein auf. Verdammt, ich nahm die Sache keinesfalls ernst genug. Also zog ich eines meiner Kunai.
Schnell war ich wieder neben ihm. "Ich habe mich vorgestellt. Wie wäre es jetzt mit deinem Namen?"
"Verschwinde!", blaffte er mich an. "Lass mich in Ruhe!"
"Aber du bist verletzt. Du brauchst Hilfe. Die Wunde hat sich entzündet, und du hast Fieber. Ist es dein Plan zu sterben?"
"Hör auf, mich zu verfolgen!", blaffte er mich an.
Nun gut. Ich blieb stehen. Der rothaarige Fremde verschwand im Geäst vor mir.
Ich nutzte die Gelegenheit, um mir mit der Spitze meines Kunais die Fingernägel zu reinigen, um die Wartezeit zu überbrücken.
Fünf Minuten später erschien der Rotschopf wieder, etwa zwanzig Meter von mir entfernt. "Warum verfolgst du mich nicht weiter?"
"Du hast mir gesagt, ich soll damit aufhören. Du bist nicht mein Feind, und ich will nur mit dir reden. Vielleicht dir helfen, denn du siehst echt beschissen aus, Junge."
Wütend sah er mich an. "Kümmer dich um deinen eigenen Sch..." Er verdrehte die Augen. Die Anstrengung der Verfolgungsjagd und die Belastung durch die Entzündung hatten ihm zugesetzt. Er verlor seinen Halt auf dem Ast auf dem er stand, und fiel in die Tiefe. Ich setzte ihm mit Step nach, und fing ihn auf.
"Uuuh..."
"Ruhig, mein Kleiner. Ich kann dir helfen. Wenn du mich lässt."
"Bin... nicht... dein Kleiner...", murmelte er, während er die Zähne vor Schmerzen zusammenbiss. "Will dein... Mitleid nicht..."
"Wieso Mitleid? Du bist verletzt, und du brauchst Versorgung, wenn du nicht sterben willst. Das ist die ganze Geschichte."
Seine blauen Augen starrten mich glasig an. "Wie... viel?"
"Was, wieviel?", fragte ich überrascht.
"Niemand... macht was... umsonst..."
"Würde es dich überraschen, dass ich ab und zu dazu neige, das zu tun?"
"Ich... traue dir... nicht...", ächzte er.
"Also gut", sagte ich, "machen wir es folgendermaßen. Du lässt mich dir helfen, und wenn es dir wieder gut geht, dann arbeitest du meine Hilfe ab. Einverstanden?"
"Habe wohl... keine andere... Wahl...", raunte er. "Hand drauf."
Ich ergriff seine ausgestreckte Rechte, und drückte sie. "Hand drauf."
"Gut", murmelte er. "Nehme... meine Ver... pflichtungen... ernst..." Er verdrehte die Augen und tat seinen letzten Atemzug.
***
Perine sträubten sich die Nackenhaare, als sie aus der Höhle, in die Mai, Shinji und Kira gegangen waren, diese... Merkwürdige Präsenz spürte, dieses... Bekannte und nicht besonders geliebte Gefühl. Und die drei machten nicht einen einzigen Laut da drin!
Besorgt und kampfbereit eilte sie in ihrer Äffchenform zum Eingang der Höhle, gerade rechtzeitig, um noch was von dem Elektroschock abzukriegen, den Kira just in diesem Moment austeilte, als sie den Boden berührte.
"Autsch! Musste das sein, du Irrer?", fluchte Shinji.
"Wäre es dir lieber, weiter unter ihrem Genjutsu zu bleiben?", hörte sie Kira antworten.
"Da hat er Recht. Wo ist die Spinne?", klang Mais Stimme auf. Gut, alle drei waren wohlauf. Sie eilte in die Höhle, entschied sich dann aber dazu, erst einmal zu beobachten. Dazu krallte sie sich an der Decke fest und übersah die Szenerie.
Zwischen Shinji und Kira lag ein junges Mädchen am Boden, gehüllt in einen weißen, sehr lockeren Yukata. Ihre Haut war fast ebenso weiß wie ihr Kleidungsstück, und ihre Haare wie zum Kontrast so tiefschwarz wie eine mondlose Sturmnacht. Mit tiefroten, gefährlich funkelnden Augen sah sie zu Kira hoch. Ängstlich, übrigens. "Tu... Tu mir nichts, ich tu dir auch nichts", sagte sie hastig, und versuchte, von Kira fort zu kommen.
"Du wolltest mich beißen!", begehrte Kira auf. "Das nennst du nichts tun?"
"Wollte ich gar nicht! Aber du hast Speck und Brot und Äpfel in der Tasche, und..." Was genau sie meinte, zeigte sich, als ihr Magen laut zu knurren begann. Nun irrlichterte tiefrote Scham über ihre Wangen. "Ich habe seit Tagen nichts gegessen."
"Nun gib ihr schon was", drängte Shinji. "Gegen ihr Genjutsu sind wir ja dank dir immun."
"Aber sie ist...", begehrte Kira auf.
Shinji verdrehte die Augen. "Ja, sie ist vor uns hier gewesen. Wir haben sie gestört. Und zwar, weil Kuroko sein Diebesgut hier rein geschmissen hat."
"Kuroko? Heißt so der große Kerl, ungefähr eins achtzig, schmale Schultern, ernstes Gesicht, braune, schulterlange zum Zopf gebundene Haare, eine Augenbraue über beiden Augen, und wieselartige braunschwarze Augen?", fragte das Mädchen.
"Ja, das kommt in etwa hin. Er hat das, was wir suchen, hier herein geworfen, damit du... Ja, uns frisst, nehme ich an." Kira runzelte die Stirn. "Ich bin sicher, die Erklärung wird gut ausfallen."
Wieder knurrte der Magen des Mädchens. "Also, wenn du versprichst, uns nicht zu essen, kannst du was haben."
"Warum sollte ich das tun? Ihr seid die mit den Waffen, und ich mag es nicht, wenn ich mein Essen erst noch töten muss. Nebenbei essen wir Spinnen keine Menschen. Weil, wir sind keine Menschen", stellte das schwarzhaarige Mädchen trotzig fest.
Kira seufzte. Er hockte sich vor dem Mädchen nieder und zog einen der Äpfel hervor. "Hier, fangen wir damit an. Falls du sowas magst."
"Echt?" Hastig riss sie ihm das Obst aus der Hand und biss gierig hinein. Ein schauriger Anblick, wenn man bedachte, dass ihre Eckzähne durchaus Dolchcharakter hatten. "Oh, der ist süß. Wie schön."
Kira atmete aus. "Ich denke, die Gefahr ist vorbei. Wir... Was ist mit deinem Bein?"
"Das ist mir auch schon aufgefallen", sagte Shinji. "Die Spinne in der Illusion hat nur vier ihrer Beine benutzt."
Erneut errötete das Mädchen und versuchte, ihr linkes Bein unter den Yukata zu ziehen. "Daran ist dieser Kuroko schuld. Er hat mich gejagt. Und dabei hat er mich verletzt. Und hier rein getrieben. Aber er hat sich nicht getraut, mir zu folgen, weil er mich für gefährlich hält."
Kira zog Fleisch und Brot aus seinem Beutel hervor, und begann es in Portionen zu schneiden. Er reichte dem Mädchen je eine Portion, als der Apfel bis auf den Stiel verdrückt war.
"Speck! Endlich mal wieder Fleisch! Äh, ich meine... Tja... Ach, egal." Herzhaft biss sie in Brot und Fleisch, und kaute auf eine nicht sehr vornehmen Art, aber mit größtem Wohlbehagen. "Seit der Kerl mich hier rein gejagt hat, hatte ich nichts zu essen als etwas Farn und einer Ratte."
"Einer Ratte?", fragte Mai angewidert.
Das Mädchen warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. "Habe du mal tagelang Hunger. Dann wirst du schon sehen, was du dann alles essen kannst."
"Oh. Schon gut, entschuldige."
Sie schlang den letzten Happen runter, und rülpste leise. "Ihr habt nicht zufällig was zu trinken? Wir Spinnen können lange ohne Wasser auskommen, aber so langsam kriege ich Durst. Und der Speck war salzig."
"Natürlich." Kira griff nach seiner Wasserflasche.
"Ahahahahaha. Kira, du Witzbold", sagte Mai, drückten den Jungen beiseite und reichte dem Mädchen ihre Flasche. "Du wirst von einem Mädchen doch nicht verlangen, dass sie aus der gleichen Flasche trinkt wie ein Junge?" Sie errötete bei diesem Gedanken, und auch das Mädchen wurde wieder rot. "Danke." Sie leerte Mais Flasche in einem langen Zug.
"Na, du hast aber einen Durst."
"Wie ich schon sagte", meinte sie achselzuckend, "ich bin hier schon ein paar Tage drin."
"Mehr?", fragte Kira, und hielt ihr eine weitere Portion Brot und Speck hin.
"Danke, ja. Man soll ja nicht so viel, wenn man lange nichts gegessen hat, aber wird schon schief gehen." Herzhaft biss sie in die neue Portion.
"Mädchen, du kannst nicht...", begann Mai aufgeregt. Aber zu spät. Ob sie ihr sagen sollte, dass sie gerade das Stück gegessen hatte, in das Kira hineingebissen hatte? Sie entschied, die Unglückliche glücklich unwissend zu lassen. "...soviel auf einmal essen. Und deine Wunde müssen wir uns auch ansehen. Wie hat er dich verletzt?"
Ihre roten Augen blitzten zornig. Hastig kaute sie, um den Bissen in ihrem Mund schlucken zu können. Als sie das geschafft hatte, sagte sie anklagend: "Dieser elende Bursche hat mich auf einem Baum entdeckt. Als ich da nicht runter kommen wollte, weil ich gleich gesehen habe, was für ein Dreckskerl er ist, hat er einfach den ganzen Baum gefällt. Dabei habe ich mir das linke Bein gebrochen. Oh, ich weiß noch, wie er mich angesehen hat, als ich mich in die Höhle retten wollte. So... Widerlich. So gierig. Aber ich habe es geschafft, und als ich hier drin war, konnte ich auch endlich mein Genjutsu anwenden, und ihm vorgaukeln, ich würde ihn auffressen. Da hat er zwar Angst vor mir bekommen, aber seither kommt er ständig wieder, um zu überprüfen, ob ich noch da bin. Ich habe sogar Angst zu schlafen, weil dieser Kerl... Dieser Kerl..." Sie schien den Tränen nahe. "Und dann hat er dieses Zeug hier reingeworfen, und Ihr kamt hinterher. Den Rest kennt Ihr."
"Was für ein Widerling. Nicht nur, das er seine eigenen Leute bestohlen hat", sagte Shinji in Rage, "er hat auch noch diese harmlose Spinne bedroht."
"Oh, er bestiehlt die eigenen Leute? Warum wundert mich das nicht?" Sie griente, und biss sich noch ein Stück Brot und Speck ab. "Iff bimm übrigemmmf Kuwwomi."
"Kufomi?", fragte Kira.
"Kuwwomi!", korrigierte das Mädchen energisch.
"Sie meint Kuzomi", erklärte Mai schulmeisterisch, und das Mädchen nickte erfreut.
"Also Kuzomi-chan. Bleibt noch eine Frage: WAS bist du?", fragte Shinji.
"Ist das nicht offensichtlich?", fragte Perine, verwandelte sich in ihre Menschengestalt und sprang unter die Genin. "Sie ist eine Spinne."
"Uh, ein Affe. Heute ist wirklich mein Glückstag", stöhnte Kuzomi.
"Die Spinnen sind ähnlich wie wir, hm, formlos. Und so, wie wir Affen uns in Menschen verwandeln können, können das auch die Spinnen. Tatsächlich ist das, glaube ich, sogar ihre Urform. Zeig mal dein Beinchen, Klettermaxe."
"Wir können uns aber auch in Spinnen verwandeln. Aber ohne Haare. Ich mag diese Haare nicht. Und wir haben auch eine Mischform, so wie die Affen mit ihrer Kampfgestalt." Zögerlich streckte sie das Bein aus.
Perine legte vorsichtig ihre Hand auf die blaue Stelle am Schienbein. "Sauber gebrochen. Der Knochen hat sich nicht verschoben. Schwein gehabt, Spinnchen."
"Kriege ich jetzt eine Affenheilung?" Sie seufzte. "Dass ich das noch mal erleben darf... Was soll mich das kosten, Äffchen?"
"Nichts. Für Kinder mache ich sowas schon mal umsonst. Und du bist ja noch nicht mal trocken im Netz, Kleines."
Die Spinne blies die Wangen auf. "So jung bin ich gar nicht mehr! Ich bin immerhin alt genug, dass ich selbst ins Reich des Feuers kommen darf."
"Ja, ja, schon gut. Du bist durch und durch erwachsen. So erwachsen, dass du dein Genjutsu in einer Stresssituation nicht mal anwenden kannst."
Unglücklich sah Kuzomi die Affenkriegerin an.
Perine lächelte wie eine große Schwester, als sie ihr Chakra benutzte, um den Beinbruch zu heilen. "Aber du lässt dich nicht unterkriegen. Das finde ich gut."
"Und was machen wir jetzt mit dir?", fragte Kira. "Ich bin übrigens Kira Yamada. Das mit dem Blitz tut mir leid. Aber ich konnte ja nicht wissen, dass du das Essen in der Tasche leckerer findest als mich."
Shinji hüstelte unterdrückt. "Denk dir nichts dabei, Kuzomi-chan, er tut es auch nicht."
"So? I-ich habe mir auch nichts dabei gedacht", verteidigte sie sich. "Ich würde gerne nach Hause gehen, wenn es euch Recht ist. Dazu muss ich an einen bestimmten Ort in diesem Wald, an dem sich ein Portal zum Spinnenwald befindet. Meine Eltern machen sich sicher schon Sorgen um mich."
"Das lässt sich einrichten", sagte Perine. "Ich bringe dich in die Nähe des Portals, und ab da kannst du alleine gehen. Nicht, dass du Fremden die Position des Portals verrätst. Die Affen würden das einem der ihren übel nehmen."
"Die Spinnen auch", seufzte sie.
"Na, dann ist ja alles geklärt", sagte Mai. "Wir helfen Kuzomi-chan, nach Hause zu kommen, bringen unsere Beute zu Mamo-ch... Ich meine, Sensei, und dann klären wir mit ihm, was wir tun."
"Also bringe ich sie zum Portal, und Ihr sucht Mamoru auf", bestimmte Perine. "So, fertig. Es wird noch eine lange Zeit wehtun, aber immerhin kannst du dein Bein jetzt belasten."
"Danke. Ich danke euch. Und zahlt es diesem Kuroko so richtig heim!"
Das Mädchen zog ihr Bein wieder ein und erhob sich sittsam.
Perine drückte sie wieder auf ihr Sitzfleisch. "Hast du nicht was vergessen, Spinnchen?"
"Hä? Vergessen? Was denn?"
"Die Bezahlung."
Das Spinnenmädchen riss erstaunt die Augen auf. "Aber du hast doch gesagt, dass du nichts von mir willst!"
"Ich will ja auch nichts. Aber hast du schon vergessen, wer dir zu Essen gegeben hat?"
"OH!", machte sie. "Oh...", fügte sie leiser hinzu. "Ja, das stimmt natürlich. Kira-sama, wir Spinnen nehmen unsere Schulden sehr ernst. Aber wir neigen genauso wenig dazu, eine Schuld übertrieben zu betrachten. Ahahaha. Wenn das so wäre, müsste ich ja auch die junge Dame kompensieren, für das Wasser."
"Mai", sagte sie bestimmt. "Ich heiße Mai Kobashi. Und das hier ist Shinji Nakahara. Der Affenkrieger ist Perine, und wir sind Schüler von Mamoru Morikubo-sama. Hast du von dem schon mal gehört?"
"Nein, sollte ich?"
"Na, wenigstens einer", murmelte Kira. Shinji hingegen wirkte enttäuscht.
"Ja, was machen wir denn da, Spinnchen?"
"I-ich bin gut im Genjutsu. Ich kann eigenes spinnen oder eines auflösen. Wenn ich unverletzt bin, kann ich auch ein wenig Taijutsu. Ich würde dir bestimmt nützlich sein, Kira-sama. W-wenn du nichts dagegen hast, schließe ich einem temporären Kontrakt mit dir ab, und dann kannst du mich beschwören. Ich weiß, ich bin noch jung und unerfahren, und ich wollte eigentlich nie Soldat werden, aber... Für Kira-sama mache ich eine Ausnahme."
"Na, von mir aus. Genjutsu fehlt hier in der Truppe noch. Was heißt temporär, Kuzomi-chan?"
Die junge Frau hob dozierend den rechten Zeigefinger. "Das bedeutet, dass ich dir erst einmal für sechs Beschwörungen assistiere. Und ab da sehen wir weiter. Haben wir gut zusammengearbeitet, verlängern wir den Kontrakt. Gute Kontraktpartner sind selten heutzutage, und schwer zu finden. Passt die Chemie nicht, war es das halt. Bist du einverstanden, Kira-sama?"
"Ja, geht in Ordnung. Und wie schließen wir einen Kontrakt? Sensei musste mit Blut unterschr..."

Er wurde unterbrochen. Hauptsächlich deshalb weil ihm Kuzomi den Mund verschloss. Mit ihrem. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ sie von ihm ab. "Wir küssen unsere Kontraktpartner. Damit stellen wir uns auf sie ein. Rufen musst du mich aber mit deinem Blut."
Mai sah die beiden entsetzt an. Shinji stammelte fassungslos, und Perine war aus ihrer lockeren Haltung vor Schreck in eine verkrampftere Haltung geglitten.
"Müssen wir uns immer küssen, wenn ich dich beschwöre?", fragte Kira argwöhnisch.
Shinji knickte ächzend ein, Mai ließ einen Laut abgrundtiefer Verzweiflung hören, und Perine fragte nur: "Mamo-chan Nummer zwei?"
"Denk dir nichts dabei, Kuzomi-chan", sagte Shinji jovial, "er ist einfach noch nicht so weit."
"So? Na dann... Nein, wir müssen uns nicht jedes Mal küssen, Kira-sama. Aber ab und an, da wäre... Da wäre es nett, wenn du..."
"Oh, keine Sorge", sagte Mai, "loben kann er, und er kann auch tun, was du ihm sagst, selbst wenn er den Sinn nicht versteht."
"Ist es so schlimm?", fragte die Spinnenfrau verdutzt.
"Hey, ich bin doch erst zwölf", protestierte Kira gegen die Stimmung auf seine Kosten.
"Ja, das sagt er jedesmal", seufzte Shinji.
"Auf jeden Fall wird es interessant mit ihm", sagte Mai, aus dem unbegreiflichen Verlangen heraus, dem stupiden Kameraden auszuhelfen.
"Na immerhin." Das Spinnenmädchen lächelte mit zusammengekniffenen Augen. "Ich freue mich jedenfalls darauf, dass du mich das erste Mal beschwörst, Kira-sama. Ich verspreche auch, dir eine große Hilfe zu sein. Perine-sama, bringst du mich jetzt weg?"
"Aber klar. Los, hüpf auf meinen Rücken."
Das Mädchen erklomm den Rücken der Affenkriegerin. "Auf Wiedersehen, Shinji und Mai. Auf Wiedersehen, Kira-sama."
"Auf bald."

Perine sprintete los. "Wohin?"
"Erst mal nach Norden. Gut. Weiter so. Hm, ob das jetzt eine so gute Idee war, mit Kira-sama einen Kontrakt abzuschließen?"
"Wer weiß? Das wird die Zeit zeigen. Aber Mai hat Recht: Es wird in jedem Fall interessant werden."
Kuzomi lachte. "Also, ich langweile mich nicht so gerne. Auch wenn ich von verrückten Holzfällern erstmal die Nase voll habe."
"Keine Sorge, der Holzfäller kriegt sein Fett weg. Die drei sind gerade aufgebrochen, um ihren Sensei zu suchen. Und der ist bekannt dafür, dass er gerne mal ein Fass aufmacht."
Kuzomi kicherte. "Klingt wie jemand, den ich mögen würde."
"Oh ja, das würdest du."
***
Als der rothaarige Junge wieder erwachte, blickte er in das entrückend schöne Gesicht von Ranko. Sie lächelte ihn an, während ihre Hände auf seinem Körper ruhten. "Bleib ganz entspannt liegen, junger Mann. Ich bin hier bald fertig. Dann bist du zwar noch nicht wieder gesund, aber auf dem Weg der Besserung."
Irritiert starrte er die Frau an. Das Was? war ihm geradezu ins Gesicht geschrieben.
"Sie ist meine Freundin", sagte ich. Nun wandte er den Kopf und sah mich an.
Ich grinste und zeigte ihm mit Mittel- und Zeigefinger der Rechten das V-Zeichen. "Na, wieder unter den Lebenden? Eine Zeitlang hast du nicht mehr geatmet. Deshalb habe ich Ranko-sensei beschworen. Sie sagte, sie musste dich reanimieren, weil du teilweise schon mehr drüben als noch bei uns gewesen bist. Vergiss nicht, dich artig bei ihr zu bedanken."
"Ihr habt... Mir das Leben gerettet?", fragte er verdutzt.
"Ja, so kann man das sagen", bestätigte ich lächelnd. "Aber du wirst dich noch ein paar Tage schonen müssen, bevor du wieder unterwegs sein kannst. Ich sorge dafür, dass du einen bequemeren Platz zum Schlafen kriegst. Und genügend zu essen. Eventuell kann ich dir auch eine Anstellung im Holzfällerdorf besorgen. Ich habe so das Gefühl, dass da ohnehin bald eine Stelle frei wird."
"Nein", sagte der Junge entschieden.
"Wie, nein? Willst du nicht gesund werden?", fragte ich irritiert.
"Das ist es nicht. Du hast mein Leben gerettet, Morikubo-sama. Du und Ranko-sama. Ich stehe jetzt in eurer Schuld, bis ich euch die Leben zurückzahlen kann. Ab jetzt bin ich dein Gefolgsmann und Diener, Morikubo-sama."
Verdutzt sah ich Ranko-sensei an. Die zuckte mit den Achseln.
"Hör mal, das ist ja nett von dir, aber..."
"Eine Ehrenschuld muss abgetragen werden. Sonst bin ich es nicht wert, auf dieser Welt zu wandeln. Mein Clan sieht das sehr streng", sagte er ernst.
"Wo ist dein Clan?", fragte ich leise.
"Tot. Allesamt. Männer, Frauen, Kinder. Alle. Selbst meine kleine Schwester..." Er stockte und legte eine Hand auf sein Gesicht. "Tja. Es ist schon Jahre her, aber es tut immer noch weh."
Ich musterte den Jungen genauer. Bedeutete seine Erzählung etwa, dass er sich seit Jahren alleine durch die Welt schlug? Was für ein Schicksal. Konoha schickte zwar seine Shinobi in jungen Jahren ins Feld, und besonders begabte Kinder noch viel früher, aber wenigstens hatten sie immer einen Ranghöheren als Aufpasser und Lehrmeister. Dieser Junge hatte nichts von alldem.
"Also gut", sagte ich ernst. "Ich akzeptiere dein Angebot. Sei mein Diener und Gefolgsmann, bis du mir das Leben retten konntest. Wie du das mit Ranko-sensei regeln willst, überlasse ich dir selbst. Kann ich ihn transportieren, Ranko-sensei?"
"Ja, das geht in Ordnung. Schickst du mich zurück? Den Rest sollte Perine handhaben können."
"Ja, ist gut. Und vielen Dank für deine Hilfe, Ranko-sensei."
"Keine Ursache. Ich bin sicher, Enka-sama wird mir den Kopf auch nur halb dafür abreißen, dass ich mitten in der Sitzung verschwunden bin. Damit kann ich leben", sagte sie spöttelnd.
Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange. "Danke, dass du das für mich tust."
"Du weißt doch, bei dir werde ich immer schwach, Mamo-chan." Sie lächelte, und ich entließ sie aus der Beschwörung.

"Wie ist dein Name? Oder soll ich dich weiter Junge nennen?"
"Ich... bin Kishio. Kishio Moeru."
"Freut mich, Kishio Moeru. Komm, rauf auf meinen Rücken."
"Was?", rief er entsetzt. "Es steht mir nicht zu, meinen Herrn als Packesel zu benutzen! Eher sollte ich dich tragen!"
"Und?", fragte ich sarkastisch. "Kannst du das im Moment?"
"Nein", gestand er niedergeschlagen.
"Dann trage ich dich heute. Komm, spring auf. Das ist ein Befehl."
Resignierend fügte sich der Junge in sein Schicksal, und umklammerte meinen Hals.
"Na also", sagte ich zufrieden, und hielt ihn an den Beinen fest. "Ich hoffe, du bist schnelles Reisen gewöhnt."
"Sollte man ann... WHOA!"
***
"Sensei!"
Ich hielt an, Kishio auf dem Rücken, und wartete. Atemlos holten die drei Genin zu uns auf.
"Sensei, wir haben die Beute aus den Diebstählen gefunden, bei Kuzomi-chan, und Perine-sensei bringt sie gerade weg, und...", japste Shinji. "Und bei dir war es anscheinend auch interessant. Hallo, ich bin Shinji."
"Langsam, langsam. Mai, erzähl du mir, was passiert ist, und zwar der Reihe nach. Fang damit an, dass Ihr eure Wachtposten verlassen habt."
Das Mädchen wurde rot vor Scham und Ärger. "J-ja, Sensei."
Nun erhielt ich einen kompletten Überblick über das Geschehen, das ich mit einigem Entsetzen quittierte. "Du hast einen Kontrakt mit den Spinnen geschlossen, Kira?"
"Ja. Nein. Ja, irgendwie... Wieso, ist das schlecht?", fragte er argwöhnisch.
"Nein. Sie sind Kontraktpartner wie alle anderen auch, nur halt mit ihren ureigensten Fähigkeiten. Außerdem sind sie treu wie ein Affe, so sagt man. Nicht so eigensinnig und rechthaberisch wie die Frösche zum Beispiel."
"Ich soll das gestohlen haben?", fragte Kishio entsetzt. "Aber sowas mache ich nicht! Ich habe mir nur etwas Essen genommen. Und das von verschiedenen Orten, damit ich niemandem besonders zur Last falle. Ich konnte doch nicht weiter..." Deprimiert verstummte er.
Nun begann ich meine Geschichte zu erzählen, wies kurz darauf hin, wie nahe er dem Tode gewesen war, bevor Ranko-sensei ihn geheilt hatte, und endete mit den Worten: "Na, dann wollen wir mal jemandem einen Schrecken einjagen."
"Genau!", riefen die drei Genin, und streckten die rechten Arme in die Höhe.

Während wir weiter auf das Dorf zueilten, schloss P-chan zu uns auf.
"Alles klar mit der Spinne?"
"Oh ja, sie ist nett. Aber... Nur der Spinnenclan kommt auf den Gedanken, ein Portal in zwanzig Metern Höhe zu errichten. Und einer der Holzfäller, wahrscheinlich Kuroko, hat dem Baum gefällt, mit dem man es bequem erreichen kann. Der Mann wird mehr und mehr ein echter Schmerz im Arsch."
"Na, na, nicht so blumig vor meinen Genin", tadelte ich grinsend.
"Ach, darum mach dir keine Sorgen, Sensei", sagte Shinji jovial. "Arsch ist kein besonderes Wort. Wir kennen auch Worte wie Kacke, Mist, Kotze, Pisse, Arschloch..."
"Danke für den kleinen Exkurs, Shinji", sagte ich.
"Gern geschehen, Sensei", sagte er freudig.
"Und du darfst keines dieser Worte benutzen, wenn du in meiner Nähe bist."
"Ah, so ein M... Ich meine, das ist echt K... Dumm gelaufen."
Kira und Mai grinsten ihn an.
"Ihr zwei übrigens auch nicht."
"Sensei, das ist nicht fair."
"Niemand hat behauptet, dass ich fair sein muss, oder?" Ich lachte. "Bemüht euch, solche Worte nicht in Konversationen zu verwenden, okay? Wir sind übrigens fast da."

Tatsächlich schälte sich das Dorf schon aus dem Wald hervor. Es waren nur noch ein paar Sprünge, da hatten wir auch schon die Dorfmitte erreicht. Als wir so unvermittelt auftauchten, war die Aufregung groß.
"Da ist Morikubo-sama wieder! Mit seinen Genin!"
"Aber die Genin sind doch noch hier!"
"Schaut mal, sie haben den Dieb gefangen!"
"Und unsere Sachen haben sie auch gefunden! He, Kamura, sie haben deine Beitel wieder mitgebracht!"
Ich setzte Kishio ab, hob die Hände und schüttelte energisch den Kopf. "Es ist schon richtig. Der Junge hier hat das Essen gestohlen. Aber die anderen Diebstähle gehen nicht auf sein Konto. Löst bitte eure Kage Bunshin auf, Team dreizehn."
Meine drei Genin nickten, und im Dorf verschwanden ihre Ebenbilder in kleinen Rauchwolken.
"Langer Rede kurzer Sinn, dem wahren Dieb war natürlich klar, dass ich bei unserem Mundräuber hier kein Beutestück finden würde. Und dass ich dann den Verdacht, es könnten zwei Diebe gewesen sein, weiter verfolgen würde. Also hat er sich daran gemacht, seine Beute im Wald zu entsorgen, bevor jemand auf den Gedanken kommt, sein Haus zu durchsu... Moment Mal, Herr Kuroko, wohin wollen Sie denn? Wussten Sie, dass meine Genin den Auftrag hatten, Ihnen zu folgen? Und raten Sie mal, was sie gesehen haben?"
"Hatten wir den Auftrag?", fragte Shinji stirnrunzelnd. "Autsch."
"Natürlich hatten wir den Auftrag. Sensei hat genau gewusst, was wir tun würden. Und er hat uns Perine-sama mitgegeben", zischte Mai ihm zu, nachdem sie ihn getreten hatte.
"D-das ist doch absurd! Warum soll ausgerechnet ich der Dieb sein?", rief der Mann eingeschüchtert.
"Ich habe nicht gesagt, dass Sie der Dieb sind. Das waren Sie gerade selbst", sagte ich süffisant. "Aber wenn Sie es gerade erwähnen, so ist es doch merkwürdig, dass alle Leute, die einen Wertgegenstand vermissen, oder denen Geld abhanden gekommen ist, mir erzählt haben, Sie wären an dem betreffenden Tag oder Abend zu Gast gewesen. Und dabei haben Sie sich meist unbeaufsichtigt in den Häusern bewegt. Und dann haben Sie diese ganzen Beutestücke hier in einer weit entfernten Höhle entsorgt."
"D-das ist nicht wahr! Das Zeug hat mir jemand untergeschoben, damit es so aussieht, als wäre ich der Dieb! Das war bestimmt dieser rothaarige Teufel da!"
Ich trat vor ihn, als der Bursche mit anklagend erhobenen Zeigefinger auf Kishio zugerast kam. Er wich vor mir zurück. "Keine Ausreden mehr, Kuroko-san. Ich habe es bereits geprüft. Sie sind der Einzige, der zur Tatzeit in den betroffenen Häusern, die Wertsachen oder Geld vermissen, zu Gast war. Und die einzige Möglichkeit, die meisten Sachen zu stehlen, war von innen, nicht von außen. Kishio ist schwer verletzt, und hätte eine Rumturnerei auf einem Dachboden ohnehin nicht durchgehalten. Was sollte er auch mit Geld und Gold, wenn das was er brauchte, Nahrung war, die er sich gerade so aneignen konnte, nachdem ihm niemand hier geholfen hat? Oder ihm Arbeit gegeben hat, als er danach fragte?"
Betreten schwiegen die Dörfler. "Aber er hatte Kunais dabei. Und er hat sich so merkwürdig bewegt", sagte jemand.
"Ja, weil er eine schwere Verletzung in der Seite hat, die sich entzündet hat. Ich konnte sie beseitigen, aber gesund ist er deswegen immer noch nicht." Ich sah den Burschen an, der noch immer direkt vor mir stand. "Was kommt als Nächstes? Behaupten Sie, ich hätte die Sachen gestohlen, um sie Ihnen unterzuschieben?"
"Denkbar ist es doch", fauchte er.
"Das lässt sich alles ganz einfach regeln." Ich sah ins Rund. "Würden sich bitte alle melden, die etwas verloren haben, und schauen, ob ihre Sachen bei der Beute sind? Und würden mir die, die noch etwas vermissen dann sagen, was fehlt?"

Nach einem halbstündigen Prozedere hatten wir den Eigentümern ihre Wertgegenstände wieder gegeben. Allerdings fehlten noch ein paar Ringe, und aus einer Kette war ein Edelstein herausgebrochen worden. Alles Kleinigkeiten, die in einer Hand verschwinden konnten. Oder sich anderweitig gut verstecken ließen. "Kuroko-san, sind Sie damit einverstanden, dass wir Ihr Haus durchsuchen? Ich bin mir sicher, wir finden den Stein und die Ringe dort. Da Sie die letzten Tage nicht auf Reisen waren, hatten Sie bestimmt keine Zeit, um Ihre Beute zu verkaufen."
"Nein! Ich lasse Sie doch nicht in mein Haus, und... Und Sie die Sachen dort verstecken, um mich zu verleumden!", rief er.
"Gut, wenn Sie es mir nicht erlauben... Dann gehen eben meine Genin. Kira, Shinji, Mai. Durchsucht das Haus von oben bis unten."
"Jawohl, Sensei."
"Das werdet Ihr ni... AUUUU!"
Mai, die den Arm, der nach ihr hatte grabschen wollen, schmerzhaft verdreht hielt, lächelte freundlich, wenngleich eine Zornesader auf ihrer Stirn pochte. "Würden Sie es unterlassen zu versuchen, mich anzufassen? Das wäre sexuelle Belästigung, und das wäre nicht das erste Mal, nicht wahr? Bisher haben wir noch nicht erzählt, bei wem wir die Wertsachen gefunden haben."
"AUUU!"
"Okay, das akzeptiere ich als Versprechen, sowas zu lassen." Sie ließ ihn los, und ging weiter auf sein Haus zu. Kira und Shinji folgten ihm. "Guter Griff, Mai", lobte Kira.
"Ja, wie aus dem Lehrbuch", sagte Shinji.
"Ach, wisst Ihr, es ist wie Iruka-sensei gesagt hat. Wenn man es einmal gelernt und verinnerlicht hat, dann kommt es ganz von alleine raus, wenn man es braucht", erwiderte sie fröhlich.
Kuroko sah sich im Kreis der Dorfbewohner um. "Die wollen mir was unterschieben! Ihr wisst doch, dass ich eine ehrliche Haut bin!"
"Nun, du gewinnst beim Kartenspielen nur, wenn wir bei dir Zuhause spielen", warf jemand ein.
"Und du warst bei allen Familien, die bestohlen wurden", sagte eine andere Stimme.
"Und ein Großmaul, bei dem nichts dahinter steckt, warst du auch schon immer, Kuroko", sagte der Dorfvorsteher mit fester Stimme. "Wenn du jetzt auch noch zu klauen und zu lügen anfängst, würde mich das nicht wundern. Und es würde erklären, warum plötzlich außerhalb der Fällgebiete wild Holz geschlagen wird."
Diese Nachricht ließ die Arbeiter aufraunen. Niemand mochte es, wenn jemand auf eigene Rechnung Holz schlug und am Dorf vorbei zur eigenen Bereicherung verkaufte.
"Wartet! Ich kann das alles erklären!", rief er.
"So? Da bin ich aber gespannt", sagte ich. Um es vorweg zu nehmen, er konnte es nicht.
***
Keine zehn Minuten später hatten meine Genin die Beute gefunden. An einer Stelle, wie Mai sich ausdrückte, an der sie selbst etwas versteckt hätte. Damit war er derart in Erklärungsnot gekommen, dass sich die Dorfältesten genötigt sahen, das Bezirksgericht anzurufen, außer, Kuroko würde freiwillig das Dorf verlassen. Und Diebstahl wurde hart geahndet. Wie es sein Wesen war, ergriff er lieber das Hasenpanier, und keine halbe Stunde später - und nachdem man ihm um jenen Geldbetrag erleichtert hatte, den er gestohlen hatte, marschierte er mit Sack und Pack aus dem Dorf. Dabei sah er mich mit zitterndem Körper an. Hasserfüllt, übrigens. Aber was scherte die Eiche der Bambus? Nichts, richtig.

Kurz darauf klappte Kishio vor Erschöpfung zusammen, und wir brachten ihn ins Haus des Dorfvorstehers. Perine behandelte ihn auch noch einmal, und anschließend bekam er eine große Portion gekochten Reisbrei. Wahrscheinlich war es das erste Mal seit Wochen, dass er Reis überhaupt sah.
"Wir bleiben drei Tage hier, mit Ihrer Erlaubnis, bevor wir weiter ziehen", erklärte ich Dorfvorsteher Kamura. "Selbstverständlich bezahle ich für unsere Anwesenheit."
Der alte Mann wehrte ab. "Nicht doch, Morikubo-sama. Wir haben damit gerechnet, dass Sie eine Woche oder länger brauchen würden. Was sind da schon drei Tage? Seien Sie unser Gast. Natürlich auch Kishio-kun. Es war falsch von uns, ihn abzuweisen, als er Hilfe brauchte. Aber er hat so ein böses Gesicht gemacht, dass man sich gefürchtet hat."
"Ja. Weil er Schmerzen hatte", sagte ich leise.
"Das hat keiner von uns gewusst. Und er hat es nicht gesagt."
Ich schüttelte den Kopf. "Das war kein Vorwurf. Er hat eben bisher ein Leben geführt, in dem ihm nicht besonders oft geholfen wurde. Da ist so eine Introvertiertheit kein Wunder. Iss nicht zu hastig, Kishio, sonst bekommt es deinem Magen nicht."
"Jawohl, Morikubo-sama!"
"Sag Mamoru-sensei zu mir."
"Jawohl, Mamoru-sensei."
Ich klopfte dem Dorfvorsteher auf die Schulter, als ich den Raum verließ. "Trotzdem danke."
"Gerne, gerne, Morikubo-sama."
Draußen hockten meine Genin, und versuchten, ins Krankenzimmer zu linsen.
"So meine Herren und meine Dame Genin. Dass wir unseren Kriminalfall so schnell haben lösen können bedeutet nicht, dass wir hier drei Tage faul rumsitzen werden. Im Gegenteil. Wir werden auf Bäume klettern üben."
"Was?", rief Shinji. "Aber ich kann doch schon auf Bäume klettern!"
"Oh, du wirst überrascht sein, wie ich auf Bäume klettere", sagte ich lachend. "Folgt mir."
"Jawohl, Sensei!"
Das waren meine Genin. Meine viel versprechenden schlauen kleinen Genin. Und ab sofort auch Kishio, wie es schien. Also, langweilig wurde es wahrlich nicht.

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5.
Wir hatten den ersten Einsatz in einer D-Mission binnen weniger Stunden erledigt. Meine Genin hatten sich, nachdem sie sich leidlich an mir orientiert hatten, mit detektivischem Spürsinn und Kombinationsgabe bewährt. Das ließ für die Zukunft hoffen. Oft genug, gerade bei den höherrangigen Missionen, war der Verstand die erste eingesetzte Waffe in unserem Gewerbe. Ich war sehr zufrieden, und meine Genin hatten eine Belohnung verdient. Und was war klassischerweise die Belohnung für eine bestandene Aufgabe? Eine noch schwerere Aufgabe natürlich.

Es wurde schon dunkel, viel Tageslicht würde uns nicht mehr bleiben, aber ich wollte ihnen doch einmal vorführen, was sie die Tage bis zu Kishio-kuns Heilung trainieren würden müssen. Also ging ich mit meinen Genin aus dem kleinen Dorf in den Wald hinaus, und suchte mir einen besonders großen Baum aus. "Ihr erinnert euch doch daran, das Lee-kun über Wasser laufen kann, oder?"
"Logisch, Sensei", murmelte Shinji. "Ich dachte, mir fallen die Augen aus."
"Den Anblick kann man ja kaum vergessen", fügte Kira an. Mit leuchtenden Augen ergänzte er: "Bringst du uns das bei, Sensei?"
Mai klopfte ihm mit der rechten Faust gegen den Oberarm. "Eins nach dem anderen, Kira! Heute ist erst mal klettern dran, so wie Sensei gesagt hat."
Ich schmunzelte. "Richtig. Heute klettern wir. Auf dem Wasser zu laufen erfordert eine feine Beherrschung des Chakra-Systems, die Ihr erlernt, nachdem Ihr euch als Genin bewährt und eure Jutsu hundertfach angewendet habt. Tatsächlich ist es ein inoffizielles Zeichen dafür, dass Ihr zur Chunin-Prüfung zugelassen werden könnt, wenn Ihr auf dem Wasser laufen könnt. Doch bis es soweit ist, müsst Ihr eure Jutsu üben, üben, üben. Erst dann könnt Ihr die feinen Nuancen nutzen, die man für das Wasserwandeln braucht. Auf Bäume klettern ist wesentlich leichter."
Ich deutete den Baumriesen empor. "Was denkt Ihr, wie hoch ist die Pappel?"
Shinji kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. "Fünfzehn Meter?"
"Eher zwanzig", meinte Mai.
Kira brummte nur undeutlich.
"Es sind dreiundzwanzig Meter. Der Baum hier ist über einhundert Jahre alt, und er ist der Urtrieb für die anderen Pappeln, die ihn umgeben. Er ist sozusagen der Mutterbaum." Ich grinste frech. "Ich habe ihn vor allem deshalb ausgesucht, weil er hier schon hundert Jahre steht, und Stürme, Gewitter, Überschwemmungen und Wildfraß überlebt hat. Da wird er euch Genin auch noch verkraften, schätze ich."
"Sensei!", rief Shinji vorwurfsvoll.
"Jedenfalls", sagte ich, und klatschte dabei einmal in die Hände, "werdet Ihr den Baum hochlaufen. Oder spazieren. Wie, ist mir eigentlich egal, aber Ihr dürft eure Hände nicht benutzen."
"Wie, wir dürfen unsere Hände nicht benutzen?", staunte Mai. "Aber wie sollen wir dann...?"
"So", sagte ich, noch immer grinsend, und setzte einen Fuß auf den Stamm. Dann setzte ich den zweiten Fuß daneben, und ein kurzes Aufkeuchen ging durch meine Genin, als ich nicht wie sie erwartet hatten, stantepede auf der Erde landete. In gemütlichem Tempo spazierte ich nun den Baum bis in den Wipfel hinauf, und winkte den drei von dort freundlich zu. Für den Weg hinab benutzte ich Step. "Und?"
"Wow! Wie hast du das gemacht? Das habe ich ja noch gar nicht gesehen!", rief Kira aufgeregt.
"Es ist eine Fähigkeit, die für den Kampf bestimmt ist. Sie wird sie nicht an der Akademie gelehrt, weil es Sache des Jounin ist zu entscheiden, wann Ihr bereit seid. Meistens ist das nach den ersten Missionen der Fall, und es ist das Privileg des Gruppenanführers, euch diese Kunst beizubringen.
Deshalb werden dir, Shinji, dein Bruder und dein Vater nichts davon erzählt haben. Und dir, Kira, hat deine Mutter aus den gleichen Gründen nichts gesagt. Und Mai, ich wette, deine Eltern hätten ausweichend geantwortet, wenn du so ein Jutsu beobachtet, und sie mit Fragen bombardiert hättest."
Die drei sahen mich an und seufzten. "Typisch Erwachsene", sagte Mai. "Als wenn wir nicht selbst entscheiden könnten, ob..."
"Nun! Jetzt dürft Ihr es ja lernen. Wenn Ihr wollt!", unterbrach ich sie. "Ihr wollt doch, oder?"
"Jawohl, Sensei!", riefen sie aufgeregt.
"Nun gut. Dann will ich euch zuerst den Trick verraten, mit dem es funktioniert. Ihr dürftet heute noch, hm, dem Sonnenstand nach zu urteilen, eine halbe Stunde Sonnenschein haben. Bis zur Dämmerung lasse ich euch üben. Das ist noch mal eine halbe Stunde. Ansonsten trainieren wir die nächsten drei Tage, in denen Kishio das Bett hüten muss."
Ich ging in die Hocke, und mit einem inneren Schmunzeln beobachtete ich, dass die drei es mir nachmachten. "Das Geheimnis ist natürlich Chakra. Chakra, und die Kontrolle darüber. Je besser Ihr euer Chakra beherrscht, desto einfacher ist es. Und je besser Ihr beim Klettern seid, desto einfacher wird euch später das Wasserwandeln fallen."
Wasserwandeln. Alleine das Wort ließ die Augen der drei aufleuchten.
"Der Trick ist, dass Ihr Chakra in euren Füßen sammelt. Ihr wisst ja alle, wie man Chakra für ein Jutsu schmiedet, aber nicht, wie man es sammelt. Das werdet Ihr auf die harte Tour lernen müssen. Und dieses gesammelte fokussierte Chakra wird die einfachste Aufgabe erfüllen, die es ungelenkt vollbringen kann. Es wird sich festsaugen. Und damit könnt Ihr dann die Bäume hoch laufen."
Ihren Blicken nach zu urteilen konnte ich mir die "Habt Ihr das verstanden?"-Frage wohl sparen.

"Es hat mit Vorstellungskraft zu tun. Ihr müsst Chakra schmieden, und dann entscheiden, es in eure Füße zu schicken, wo es euch dann am Boden oder am Baum festsaugen wird. Anfangs wird es wirklich nur eure Vorstellung sein, aber mit jedem Meter, den Ihr den Baum hochkommt, wird es besser, leichter, einfacher. Von der Vorstellung bis zum Erfolg sind es nur wenige Schritte. Aber jeder Schritt muss absolviert werden. Habt Ihr noch Fragen?"
"Wenn ich es nicht gesehen hätte", murmelte Kira, "und wenn ich Lee-sempai nicht auf dem See gesehen hätte, würde ich es nicht glauben."
"Und genau das ist der springende Punkt. Es hat nichts mit Glauben zu tun. Nur etwas damit, es zu tun oder zu lassen. Oder... Hm, vielleicht erklärt euch das einiges."
Ich streckte meinen rechten Arm aus. Mit der Linken fokussierte ich mich, und sandte mein Chakra in den Arm. "So, jetzt geht's. Kira, nimm dein Wakizashi, und schlag mir auf den Arm."
"Was? Sensei, die Klinge ist Rasiermesserscharf und..."
"Keine Sorge. Mir wird nichts passieren. Los, schlag zu."
"A-auf deine Verantwortung, und weil Perine-sensei in der Nähe ist." Er zog die scharfe Klinge, zögerte, holte ein wenig aus, nahm den Schwung wieder raus, und hieb dann halbherzig zu. Nichts passierte.
"Aber... Aber..." Aus großen Augen sah er mich an.
"Zeig das Ding mal her. Autsch, ist ja doch scharf", brummte Shinji, und hielt sich die aufgeschnittene Daumenkuppe.
Der ganze Daumen hätte ab sein können. Das würde ich Shinji später noch eindringlich klar machen.
Bedächtig hob ich meinen Ärmel, um den Genin den Schnitt darin und die unverletzte Haut darunter zu zeigen. "Ich benutze sogenanntes hartes Chakra. Es hat meinen Arm so sehr verfestigt, dass er härter als Stahl ist. Diese Kunst erfordert aber viel Konzentration, und noch mehr Chakra. Früher hat man Blut für diese Technik verwendet, also aufgestautes Blut. Heutzutage nimmt man Chakra.
Chakra ist besser. Härter. Kontrollierbarer. Es geht vor allem schneller, sodass wahre Meister diese Kunst sogar in einem hektischen Kampf anwenden können. Manche wenden sie auf den ganzen Körper an, während wir armen Shinobi mit einer geringeren Chakra-Kontrolle vielleicht eine Hand oder auch nur ein paar Finger verhärten können, wenn unser Gegner uns die Zeit lässt. Das alles hängt mit der Chakra-Kontrolle zusammen. Je besser Ihr euren Chakra-Fluss koordiniert, desto mehr Möglichkeiten stehen euch offen. Das wollte ich damit sagen. Auf Bäume klettern, auf Wasser wandeln, den Körper verhärten bis ein Schwert ihm nichts anhaben kann, all das könnt Ihr erreichen, wenn Ihr euer Chakra kontrollieren lernt."
Langsam zog ich den Arm zurück. Die Stelle im Ärmel würde ich später nähen müssen. "Und wie kontrolliert man Chakra, werdet Ihr euch jetzt fragen. Wie schickt man es in die Füße? Das ist einfach, und doch ganz schwer. Ihr müsst euch vorstellen, wie das Chakra, das Ihr schmiedet, in die Füße fließt. Anfangs ist es tatsächlich nur das, eine Vorstellung. Aber je öfter Ihr das macht, je mehr Ihr euch anstrengt, desto mehr wird das Chakra tun, was Ihr verlangt. Es ist harte Arbeit, aber am Ende steht nicht nur die Fähigkeit, auf Bäume zu klettern als Belohnung an, sondern eine Verbesserung aller eurer chakrabasierten Fähigkeiten."

Skeptisch sah Kira mich an. "Du meinst, wir müssen uns vorstellen, dass wir die Bäume hochklettern können, und dann klappt das irgendwann von ganz alleine?"
"Geht doch ganz leicht, die Scheiße!", klang Shinjis fröhliche Stimme über uns auf. Unbemerkt von den anderen beiden Genin hatte er sein Glück probiert, und war mittlerweile sechzehn Meter hoch geklettert. "Man muss es sich wirklich nur vorstellen, und dann geht es ganz einfach!"
Ich schmunzelte. Besser konnte es ja gar nicht laufen. Es gab immer jemanden in der Genin-Gruppe, der bereits genügend Kontrolle über sein Chakra hatte, um den anderen weit voraus zu sein. Bei meiner Gruppe damals war es Karin gewesen. Das hatte Hana-chan und mich ganz schön angespornt.
"D-das kann ich auch!", rief Kira, schnellte hoch und rannte auf den Baum zu. Auf dem Stamm gelangen ihm tatsächlich zwei Meter, dann stürzte er wieder ab.
Mit einem Salto landete er auf dem Boden. Er zerbiss einen Fluch zwischen den Lippen.
"Sensei", sagte Mai, "warum gelingt es Shinji so problemlos, und Kira hat solche Mühen?" Sie setzte versuchsweise einen Fuß an, aber der Haftungseffekt wollte sich nicht ergeben. "Oder ich?"
"Hm, wie erkläre ich es am Besten? Stellt euch mal vor, Shinji erschafft drei Schattenklone. Die Menge Chakra, die er dafür benötigt, ist fünfzehn."
"Fünfzehn was?", fragte Kira.
"Fünfzehn irgendwas. Es lässt sich nicht wirklich messen, deshalb müssen wir uns dem Thema abstrakt nähern", erklärte ich.
"Abstrakt? Ist nicht die ganze Geschichte abstrakt?"
"Ich glaube, du kapierst es langsam, Kira", sagte ich grinsend. "Es ist tatsächlich abstrakt. Also, Shinji verbraucht fünfzehn Einheiten für drei Schattenklone. Jetzt versuchst du, Kira, ebenfalls drei Schattenklone zu erzeugen. Du brauchst aber zwanzig Einheiten dafür. Und du, Mai, brauchst sogar einundzwanzig, nur um das gleiche Ergebnis zu erzielen. Warum ist das so?"
Nachdenklich kratzten sich die beiden an der Stirn.
"Ist das ein cooler Mist!", rief Shinji enthusiastisch. "Schaut mal, ich hänge kopfüber!"
In ungefähr acht Meter Höhe wandelte der junge Genin auf der Unterseite eines besonders starken Astes.
Kira und Mai betrachteten das mit äußerstem Missfallen. "Warum brauche ich also fünf Einheiten Chakra mehr als Shinji, Sensei?", fragte Kira ärgerlich.
"Weil du zu wenig Kontrolle über dein Chakra hast", erklärte ich. "Und du noch weniger, Mai."
Das ließ sie verlegen beiseite sehen.
"Um mal einen Vergleich heran zu ziehen: Ich als trainierter Shinobi kann mit fünfzehn Einheiten Chakra, also mit der Menge Chakra, die Shinji für drei Schattenklone verbraucht, dreißig Schattenklone erschaffen."
Ich ließ die Zahl auf meine Genin wirken. Verblüfft sahen sie mich an.
"Dreißig? Ist das cool! WHOA!" Vor Überraschung hatte Shinji aufgehört, Chakra zu schmieden, und den Halt verloren. Er fiel in die Tiefe, drehte sich dabei und landete, mit den Beinen nachfedernd, in der Hocke.
"Wirklich dreißig?", staunte Mai.
"Das ist noch gar nichts. Kakashi kann mit dieser Menge Chakra vierzig Schattenklone erzeugen", erklärte ich. "Vielleicht sogar fünfundvierzig. Versteht Ihr, was einen guten Shinobi ausmacht? Natürlich ist die Menge an Chakra, die er erzeugen kann, wichtig für ihn, aber je besser er sein Chakra kontrolliert, desto mehr und desto stärkere Jutsus kann er ausführen. Und ein guter Shinobi versucht stets so wenig Chakra wie möglich zu verbrauchen. Denn wenn er kein Chakra mehr hat, dann ist er im ungünstigsten Fall bald tot. Auf einen Baum zu kletttern ist eure erste echte Herausforderung, seit man euch Kage Bunshin und Verwandlung beigebracht hat. Ihr müsst sie überwinden, um vollwertige Shinobi zu werden. Denn hier beginnt euer Jutsu überhaupt erst."
Ich musterte meine drei Genin, einen nach dem anderen. "Ich sag euch was. Wenn Ihr es zusammen in den drei Tagen schafft, alle bis auf die Spitze dieser Pappel zu klettern, bringe ich dir, Mai, und dir, Shinji, ein Fuuton bei, das mir Asuma neulich erst gezeigt hat. Kein Anfänger-Jutsu, sondern etwas für Fortgeschrittene. Und dir, Kira, zeige ich eine schwierige Schwertparade. Na?"
Shinji war aufgesprungen. "Das wird dann mein erstes ernsthaftes Fuuton!" Sein Blick ging blitzend zu den anderen. "Wir alle müssen es schaffen, in nur drei Tagen. Bereitet euch darauf vor, dass ich euch erbarmungslos antreibe."
"Du hast leicht reden", murrte Kira. "Du kannst es doch schon."
"Und auf dich warten neue Schwerttechniken. Davon redest du doch immer die ganze Zeit. Dass unser Sensei ein anerkannter Schwertmeister ist, und so. Jetzt hast du die Gelegenheit, von ihm einen besonderen Kniff zu lernen. Ich an deiner Stelle würde jetzt schon wieder am Baum stehen."
"Ist ja gut, ist ja gut." Kira erhob sich. "Du denkst doch nicht, dass ich dir diesen Vorsprung lange belassen werde."
Ich musterte Mai, die noch immer in der Hocke vor mir saß. Ihr Blick ging ein wenig ängstlich und skeptisch den Baum hoch.
Ich musste lächeln. "Eine gute Chakra-Kontrolle hilft einem guten Shinobi übrigens dabei, Krankheiten zu bekämpfen", sagte ich wie nebensächlich. "Tatsächlich habe ich Asuma oder Kakashi noch nie mit einem Schnupfen gesehen, geschweige denn etwas Schlimmeren."
"Mutter ist auch nie krank", murmelte Mai vor sich hin. "Das fällt mir jetzt erst auf."
Ihre Mutter hatte bis zu ihrer Hochzeit als Medi-Nin gedient, nicht gerade in der Gruppe von Nanahara-sama, aber sie war eine Heilerin. Daher war es kein Wunder, dass sie ihren eigenen Körper im Griff hatte. Und für die Tochter war es der Ausweg. Zumindest aus ihrer Angst vor einem Rückfall in jene Tage der Zusammenbrüche und der entwürdigenden Krankheit.
Entschlossen erhob sie sich und ging auf den Baum zu. "Ich schaffe das!"
"Wartet. Nehmt eure Kunais, und markiert die aktuelle Höhe, die Ihr erreicht. Das wird euch anspornen, um die Marke wieder und wieder nach oben zu verschieben. Ihr habt eine Stunde ab jetzt", sagte ich, zu Recht stolz auf meine Genin. "Ich kümmere mich bis dahin um Kishio. Und ich schaue mal nach, was Frau Kamura uns zum Abendessen bereitet. Shinji, sobald du es bis zur Spitze geschafft hast, übernimmst du hier das Training."
Der etwas dicke Genin salutierte vor mir. "Jawohl, Sensei."
"Dann legt los."
Und sie legten los.
***
Als ich ins Haus Kamura zurückkam, empfing mich Perine mit einem Gesichtsausdruck, den man nur mit genervt umschreiben konnte.
"Frustriert?", fragte ich.
Die blonde Schönheit seufzte tief vom Abgrund ihres Herzens, mit einer Wehmut, die schwächere Männer als mich dazu gebracht hätte, eine Armee aufzustellen, um den Verursacher ihres Leids in Grund und Boden zu stampfen.
"Kishio?", hakte ich nach.
"Du glaubst es nicht. Du glaubst es einfach nicht", begann sie, sich mehr und mehr in Fahrt redend, "nach der letzten Behandlung war er wach, und das Fieber war zurückgegangen. Ich habe angemerkt, dass er sich dann ja mal waschen könnte, weil er riecht wie ein Iltis in der Brunft. Und weil er das mit einem Arm kaum hinkriegen wird, weil der linke Arm mindestens noch einen Tag aktionsunfähig bleiben wird, habe ich gesagt, das ich ihn waschen werde. Du glaubst nicht, was der Junge für einen Aufstand veranstaltet hat. Um ein Haar hätte ich ihn wie ein verschrecktes Eichkätzchen von der Decke holen müssen. Ich verstehe das nicht. Absolut nicht. Ich meine, es gibt Männer, die würden töten, um sich von mir im Bad helfen zu lassen, oder?"
"Ich würde mich dafür duellieren", versicherte ich ihr.
"Und dann reagiert der Junge so? Ich wollte ihm doch nicht mal etwas Böses. Ich wollte doch nur..."
"Er ist einfach keine Nettigkeit gewöhnt, verstehst du das? Erst recht nicht ohne jeden Hintergedanken. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, seit sein Clan ausgelöscht wurde, aber seither ist er nicht gerade auf Freundlichkeit gestoßen. Wenn ihn niemand in all dieser Zeit adoptiert hat, dann... Dann ist mit der Auslöschung seines Clans irgendetwas verbunden, was... Hm, die Leute hier hoffen lässt, das es sie verschont, solange sie Kishio fortschicken. Ich werde ihn deshalb befragen. Wenn er uns begleiten will, wenn er mich begleiten will, fangen wir am Besten mit etwas Ehrlichkeit an."
"Das hast du gut gesagt, Mamo-chan", erwiderte Perine. "Aber wir werden sehen, was letztendlich dabei herauskommt. Übrigens, das Bad ist heiß."

Ich nickte ihr für den Hinweis zu, und betrat das Haus. Frau Kamura winkte mir von der offenstehenden Küche zu, wo sie mit zwei Nachbarsfrauen werkelte. Es schien, als würde unser Essen reichlich ausfallen. "Schatz, er ist jetzt da!", rief sie durchs Haus.
"Sehr schön. Danke." Herr Kamura kam aus dem Wohnraum. "Morikubo-sama, auf ein Wort."
"Ja, Herr Dorfvorsteher? Was kann ich für Sie tun?"
"Es geht um Moeru-kun."
Ich runzelte die Stirn. "Ist es wegen der Aufregung, die er mit Perine verursacht hat? Ich versichere Ihnen, ich habe den Jungen im Griff."
Heftig schüttelte der Dorfvorsteher den Kopf. "Das ist es nicht. Es geht mehr um... Basisfragen. Bei der ganzen Aufregung des Tages ist es mir nicht in den Sinn gekommen, aber es fiel mir gerade wieder ein. Als der Junge in den Ort kam, um nach Arbeit zu fragen, da sah er aus wie Mitte zwanzig. Da bin ich mir sicher. Ebenso sicher wie ich mir jetzt bin, dass Sie mit Kishio-kun den Richtigen gefunden haben, Morikubo-sama. Das irritiert mich doch erheblich."
Ich erinnerte mich, dass die Dorfbewohner, und speziell Herr Kamura von einem vierschrötigen Kerl gesprochen hatten. Das brachte mich zum Schmunzeln. "Verwandlungsjutsu", sagte ich erklärend. "Sicher dachte er, er kriegt eher Arbeit im Ort, wenn er wie ein Erwachsener aussieht. Es ist ein einfaches Jutsu, aber es will auch erst einmal erlernt sein."
"Verwandlungsjutsu?", argwöhnte Herr Kamura.
"Henge!" Vor seinen Augen verschwand ich in einer Rauchwolke. Als sich die Schwaden verzogen hatten, stand er seinem Ebenbild gegenüber.
"Das ist eine der Möglichkeiten, die die Verwandlung bietet. Wir Shinobi wenden übrigens einen großen Teil unserer Aufmerksamkeit auf, um zu erkennen, ob unser Gegenüber ist, was er ist, oder ob uns ein anderer Shinobi mit diesem Jutsu täuschen will", erklärte ich ihm mit seiner eigenen Stimme. "Kai!"
Nun stand ich wieder in meiner normalen Form vor ihm. Ich lächelte ihn schief an. "So einfach ist das." Oder auch nicht. Die Nachwuchs-Shinobi verbrachten fast ihre ganze Zeit in der Akademie, damit sie dieses Jutsu beherrschen lernten.
"Und das hat... Kishio-kun damals auch getan? Hätte er die Kunai nicht bei sich gehabt, wir hätten so einen großen starken Kerl gerne genommen. Aber er hätte nicht die Arbeit leisten können, die wir erwartet hätten."
"Oh, er hätte sich bis zur Erschöpfung verausgabt, um die Erwartungen zu erfüllen. Was nicht viel gewesen wäre, weil er verletzt ist. Andererseits hätte sich die Wunde vielleicht nicht entzündet, wenn er im Dorf hätte bleiben können. Aber das sind alles Ereignisse aus der Vergangenheit. Kümmern wir uns jetzt um Gegenwart und Zukunft."
"Es gibt da noch etwas, Kishio-kun und die Vergangenheit betreffend", sagte der Dorfvorsteher. "Seine dunkelroten Haare, und seine blauen Augen sind eine seltene Kombination im Reich des Feuers. Tatsächlich gibt es einen Clan, der für seine dunkelroten Haare bekannt ist. Oder vielmehr war." Herr Kamura zögerte. "Er wurde von Unbekannten bis auf das letzte lebende Mitglied ausgelöscht. Seither fürchten sich die Menschen vor Rothaarigen, weil sie eventuell diese Gefahr mit sich bringen könnten. Natürlich nicht in Murata No-Son, was aber auch nur daran liegt, dass sich diese Tragödie nicht im Reich des Feuers abgespielt hat, sondern drüben im Reich der Reisfelder."
Ich hielt inne. Orochimaru? Wahrscheinlich war das so. Dann konnte ich den Konflikt, der Kishios Clan ausradiert hatte, auf fünf bis sechs Jahre in die Vergangenheit datieren, jenem Zeitpunkt, an dem der Abtrünnige Otogakure gegründet hatte. Dafür hatte er das Land der Reisfelder ins Chaos gestürzt. Eventuell war Kishios Clan ihm im Weg gewesen. Eventuell waren sie eine Bedrohung gewesen. Ich nahm mir vor, Kishio deshalb zu befragen. Kein Wunder, dass er seither elternlos umher streifte. Viele Menschen mussten Angst davor haben, dass sie sich mit dem Rothaarigen auch die Gefahr ins Haus holten, die seinen Clan ausgelöscht hatte. Die Vernichtung Otogakures hätte das eigentlich obsolet machen sollen, aber ich war mir sicher, dass sich die Warnung vor Rothaarigen verselbstständigt hatte. Viele Menschen machten es sich einfach, anstatt zu differenzieren. Diesmal hatten sie es auf Kosten eines Jungen getan. Und wer konnte es ihnen verdenken? Orochimaru trieb immer noch sein Unwesen.
"Ich denke, ich kann mir meinen Teil dabei denken. Den Rest wird sicherlich er mir erzählen können. Wenn er es überhaupt will." Ich nickte dem Dorfvorsteher dankbar zu. "Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?"
"Natürlich, Morikubo-sama. Es gibt wohl kaum etwas, worum der legendäre ewige Chunin nicht bitten dürfte. Und noch weniger, was ihm nicht gegeben wird."
"Ewiger Chunin?", fragte ich amüsiert. War der Spitzname sogar bis hierhin vorgedrungen?
"Nun, es ist allgemein bekannt, dass der Mann, der Otogakure zerstört hat, für fünfzehn Jahre davon ausgeschlossen ist, ein Jounin zu werden", erklärte Herr Kamura. "Was ich übrigens für eine viel zu harte Strafe halte."
Ich musste lachen, als ich sah, was für ein wütender Blick diese Worte begleitete. "Machen Sie sich keine Sorgen um mich, Herr Kamura. Für mich ist das keine Strafe, sondern ein Segen. Ich bin noch nicht bereit für noch mehr Verantwortung."
"Wenn man es so sieht...", sagte er gedehnt. "Was also kann ich für Sie tun?"
"Ich möchte um saubere Sachen für Kishio-kun bitten. Außerdem würde ich gerne mit ihm das Bad benutzen, wenn ich darf."
"Morikubo-sama", sagte der Dorfvorsteher in tadelndem Ton, "offenbar verstehen Sie nicht, wer Sie wirklich sind, und welchen Respekt Sie genießen, gerade nachdem Sie die Diebstahlreihe so problemlos aufgelöst haben. Die Dinge, um die Sie gebeten haben, sind so selbstverständlich, dass es mir peinlich ist, dass Sie meinen, darum bitten zu müssen."
Ich fühlte, wie ich peinlich berührt errötete. "Entschuldigen Sie, Kamura-sama, ich hatte nicht vor, Sie in Verlegenheit zu stürzen."
"Die Verlegenheit hält sich in Maßen", versicherte mir der Ältere freundlich. "Das Bad ist heiß, und frische Wäsche liegt für Kishio-kun bereit, seit Perine-sama angedeutet hat, dass sie ihn waschen will."
"Danke sehr. Das Waschen übernehme ich dann wohl."

Ich öffnete die Tür zum Raum, in dem Kishio lag. "Kannst du aufstehen?"
"Ja, Herr", antwortete er.
"Gut. Denn wir wollen gehen."
"Wohin?"
Ich grinste. "Ins Bad des Hauses, dich waschen."
Erschrocken verhielt er so, wie er gerade war, halb aufgestanden, halb liegend. "Was?"
"Das war keine Bitte, Kishio", sagte ich streng.
"Aber. Aberaberaberaber..."
"Und ein Befehl wird auch nicht diskutiert", fügte ich an. Ich maß ihn mit meinem strengsten "So, so, du hast also eine eigene Meinung?"-Blick, und nach stattlichen zehn Sekunden sah er fort. Respekt. Ich hatte schon doppelt so alte Genin als ihn mit diesem Blick traktiert, und sie waren weit schneller eingeknickt als er.
"Also hoch mit dir", sagte ich, trat an ihn heran, und half ihm beim Aufstehen.
"Ja, Herr."
"Und lass den Herr-Scheiß. Sag Mamoru-sensei zu mir."
"Ja, Mamoru-sensei."
Gemeinsam traten wir auf den Flur. Dabei hielt ich den jungen Mann am Arm und stützte ihn.
"Perine. Du hilfst uns."
Das Grinsen der blonden Schönheit mit frech zu umschreiben wäre eine Untertreibung gewesen. "Ja, Herr."
***
Hatte es sich doch gelohnt, noch ein wenig in der Nähe des Dorfes zu bleiben. Akemi Kuroko beobachtete die drei Genin von seinem Versteck aus, während sie versuchten, eine Pappel hinauf zu laufen. Erstaunlicherweise gelang es dem Dicken recht gut. Er war bis zur Spitze gekommen, und feuerte seine Kameraden, den dürren Blonden und das magere Mädchen, von da aus an. Genau das kam Kuroko entgegen. Sobald sie erschöpft genug waren, würde er sie angreifen, die beiden Jungen töten, und sich mit dem dürren Mädchen vergnügen, bevor er auch sie tötete. Das würde diesem verfluchten Shinobi eine Lehre sein. Das würde seine Rache dafür sein, dass dieser miese kleine Ninja all seine Pläne, Murata No-Son betreffend, zunichte gemacht hatte. Als Dorfvorsteher hätte er die Verkäufe verwaltet, und sich dumm und dusselig verdient, und nach drei, vier Saisons hätte er sich steinreich absetzen können, um im Wohlstand in einer Stadt zu leben, umgeben von schönen Frauen, die ihm zu Willen waren. Das dünne Mädchen war zwar nicht ansatzweise das, was er normalerweise bevorzugte, aber diese spezielle Form der Rache würde es dennoch zu einem Vergnügen machen. Er musste nur darauf warten, dass sich die drei genügend verausgabt hatten, dann konnte er zuschlagen. Es waren schließlich nur Kinder.
***
Es gab eine ganz einfache Methode, um mit Kishio umzugehen. Ich musste ihm nur unmissverständlich befehlen, was er tun sollte. Das machte er dann auch. So dauerte es nicht sehr lange, bis er nur mit einem Handtuch um die Hüfte im Bad saß, und sich in sein Schicksal ergeben hatte. Vielleicht half es ihm ein wenig, das ich nicht mehr trug als er. Als ich seinen Dreckverkrusteten Körper betrachtete, fragte ich mich unwillkürlich, wann er das letzte Mal gebadet hatte. Und ob ich nicht besser einen Haarschirm verwenden sollte, der bei Kindern verhinderte, dass das Shampoo in die Augen lief.
"Ich komme dann mal rein", klang Perines fröhliche Stimme auf. Die Tür wurde aufgeschoben, und Kishio wollte hochfahren.
"Augen geradeaus und sitzen bleiben", kommandierte ich scharf. Der Junge gehorchte.
Ich sah zur Tür. Perine trat lächelnd ein und schloss hinter sich wieder. Sie hatte sich mit zwei Tüchern bewaffnet. Eines trug sie um die Hüfte geschlungen, eines um die Brust. Damit zeigte sie viel nackte Haut. Ansehnliche nackte Haut. "Na, was denkst du, Mamo-chan?"
"Ich denke gerade überhaupt nicht", erwiderte ich. Was für ein Anblick. Und all das konnte mir gehören, wenn ich... "Du versuchst doch gerade nicht, mich zu bestechen?", fragte ich argwöhnisch.
Mürrisch blies sie ihre Wangen auf. "Du hast auch schon mit Hana-chan und Karin-chan gebadet. Ich hole mir nur zurück, was sie an Vorsprung haben. Und wenn ich da an Maria denke, dann..." Immer noch mürrisch dreinblickend hockte sie sich neben mir nieder. "Es gefällt dir also?"
"Ich wünsche mir gerade, Konoha würde Polygamie erlauben. Himmel, ist es hier drin wirklich so heiß?"
"Danke, Mamo-chan", sagte sie lächelnd. "Soll ich dir jetzt den Rücken waschen, Herr?"
"Nein, hilf mir erstmal bei Kishio. So wie der Junge aussieht, hat er seit Jahren kein Bad von innen gesehen."
"Ich wasche mich regelmäßig", protestierte er. "Und immer wenn ich einen Bach oder einen Fluss finde, bade ich."
"Aber ich wette, ein heißes Bad ist eher selten zu finden, oder?", sagte ich amüsiert.
Für einen winzigen Augenblick fiel seine stoische Ratio, und sehnsüchtig sah er zum dampfenden Becken herüber.
"Lass mich doch gleich mal sehen", murmelte Perine, und ließ sich an Kishios verwundeter Körperseite nieder. Sie hob den halb tauben Arm an, und betastete die Entzündung, die sich langsam zurückbildete, gerade weil die Affenkriegerin eine so tolle Heilerin war. "Ja, das sieht doch alles gut aus. Wenn du heute zeitig schlafen gehst, erlaube ich dir morgen vielleicht schon aufzustehen."
"Danke, Perine-sama", sagte er zögerlich.
"Oh, er starrt mir in den Ausschnitt", sagte sie.
Ein Ruck ging durch den Jungen, und die Röte schoss ihm in die Wangen. "Tu-tut mir leid, Perine-sama!"
"Aber, aber. Gucken darfst du ruhig. Ich bin ja kein Unmensch." Sie ließ Kishio wieder los. "Was denkst du, brauchen wir eine Bürste?"
"Vor allem brauchen wir einen groben Kamm für die Haare. Kein Wunder, das er so ausschaut, wenn er eine Woche lang in Laubbetten campiert hat. Ich sag dir was. Du reinigst seine Haare, und ich kümmere mich um diese Dreckkruste auf seiner Haut."
"Einverstanden. Wo ist denn das Shampoo? Ah, hier. Mit Jasmin-Geruch."
"Perine, gibt es einen besonderen Grund dafür, dass du dich gebückt hast, um das Shampoo aufzuheben?", fragte ich amüsiert.
"Nur einen. Ich wollte dir einen schönen Anblick bieten, Mamoru-sama", shakerte sie.
"Das hast du", versicherte ich. Eines war klar: Ich durfte niemals mit ihr alleine baden, wenn sie ihre Menschenform angenommen hatte, oder ich würde an Blutverlust sterben. Es hätte mich zudem nicht gewundert, wenn meine Nase geblutet hätte.
Nun, meine Nase war in Ordnung, aber Kishio wischte sich verstohlen einen Tropfen Blut weg. Natürlich, dank des Spiegels, vor dem er saß, hatte er mindestens einen ebenso guten Blick wie ich auf Perines wunderschöne Kehrseite gehabt. Aber wie hatte sie so schön erklärt? Gucken durfte man ja.
Sie kam mit dem Shampoo und einem groben Holzkamm zurück. "Na, dann wollen wir doch mal."
Zuerst holte sie alles an Dreck und Staub aus den Haaren, was sich herauskämmen ließ. Zugleich rieb ich mit einem groben, nassen Tuch Kishios Körper ab.
Als Perine so weit war, ihn einzushampoonieren, war ich dazu übergegangen, den Jungen einzuseifen.
"Autsch, das ziept", entfuhr es ihm.
"Also doch den Duschring", sagte ich nach dem ersten Lacher. Auch P-chan konnte sich nicht zurückhalten, aber nur ein Mensch mit schlechten Absichten hätte bei diesem Lachen unterstellen können, sie lache den Jungen aus. Flink holte sie die Vorrichtung, und setzte sie Kishio auf den Kopf. "Besser?"
Statt einer Antwort senkte er beschämt den Kopf.
Ich lachte erneut. Dann nahm ich einen Kübel mit kaltem Wasser, und goss es ihm über den Rücken, um die Seife abzuspülen. Darunter kamen verschiedene blaue, rote und lila Flecken verschiedenen Alters hervor. "Junge, Junge. Du gehst Ärger nicht gerade aus dem Weg, was?", scherzte ich.
"Auch. Aber du hast ja keine Ahnung, wie schlecht es sich auf einem Laubbett schläft, Mamoru-sensei", seufzte er.
Nun war auch Perine so weit, um nachzuspülen. Mit ihrem Werk zufrieden nahm sie den Shampoo-Ring ab und fühlte die Strähnen seines Haars. "Jetzt, wo du sauber bist, sieht man erst, was du für schönes, seidenweiches Haar hast, Kishio-kun. Ich kann mir vorstellen, dass die Mädchen ganz schön hinter dir her sind."
"M-mit Mädchen habe ich nichts am Hut. Die sind doof und verstehen nichts vom Leben", erwiderte er, erneut errötend, und den Blick fest auf den Spiegel geheftet.
"So? Das erschien mir vorhin aber ganz anders, als du auf meinen Busen geschaut hast", neckte sie ihn. "Vielleicht hast du einfach noch kein Mädchen getroffen, das deine Erwartungen erfüllt. Wie immer die aussehen."
"Sie sollte... Nicht so leicht zu töten sein", erwiderte er.
Ich wechselte einen schnellen Blick mit Perine. Der Junge öffnete sich gerade ein wenig.
"Na, dann solltest du es mal mit einem Affenmädchen probieren. Die anderen sind zwar nicht so hübsch wie ich, aber sie sind verdammt schwer zu töten, glaub mir das."
Sie gab ihm einen Klaps auf den Hintern. "So, ab ins Bad mit dir. Ich seife derweil deinen Herrn und Meister ein."
"J-jawohl, Perine-sama." Er schrak hoch. Für die zwei Schritte zur Wanne brauchte er keine Hilfe, und auch in das warme Wasser ließ er sich alleine gleiten. "Heiß!"
"Danke. Das hört ein Mädchen doch immer wieder gerne", scherzte Perine.
"N-nicht du, Perine-sama! O-obwohl das ja eigentlich auch so stimmt, und... Nein, so habe ich das auch nicht gemeint! O-obwohl du wirklich..."
"P-chan, necke den Jungen nicht so sehr", tadelte ich.
"Aber wenn es doch so einen Spaß macht. Und es ist so einfach." Sie umarmte mich von hinten. Ich spürte dabei ihre Oberweite deutlich an meinem Rücken. "Dich kann ich ja nicht necken. Du hast leider zu früh herausgefunden, was Frauen sind, bevor ich erwachsen genug war. Aber ich wette, Ranko-sensei hat dich oft geneckt."
Ich runzelte die Stirn. "Oh, sie hat oft mit mir gebadet. Eigentlich fast immer, wenn wir uns getroffen haben. Damals habe ich mir nie was dabei gedacht. Aber sie ließ sich mindestens ebenso gerne Komplimente machen wie du, mein goldenes Wunderäffchen."
"Das hast du schön gesagt. Dafür kriegst du ein Küsschen", sagte sie strahlend, und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Dann begann sie meinen Körper einzuseifen. "Himmel, ich dachte gerade daran, wie du vor vier Jahren ausgesehen hast, als du zur Chunin-Prüfung unterwegs warst. Seitdem bist du gewachsen. Und hast mehr Masse zugelegt. Wer hätte das gedacht, dass du mit siebzehn schon den Körper eines Veteranen haben würdest. Und wer hätte gedacht, dass ich dir den Rücken würde schrubben können?"
Verblüfft sah ich in den Spiegel. Der Mamoru, der mir da entgegen sah, hatte schon viel gesehen und viel erlebt. Vielleicht sogar ein wenig zu viel. Aber er hatte auch viel dafür zurück bekommen, wenn ich an meine drei Mädchen dachte. Sie waren nicht nur schön, sondern auch liebe, warmherzige Menschen - solange man an der richtigen Seite ihrer Kunais stand. Und wieder fragte ich mich, wer die letzten beiden Mädchen sein konnten, die es mit Perine, Hanako und Karin aufnehmen können sollten.
"Ich schätze, das bin ich jetzt. Ein Veteran, eh? Vater hat gesagt, ich werde wohl noch drei Zentimeter wachsen. Dann bin ich so groß und stabil wie Großvater in seiner besten Zeit. Aber immer noch schmaler gebaut als Asuma."
"Und du bist eindeutig hübscher, mein Schatz." Diesmal gab sie mir einen richtigen Kuss, und das war ja auch nach den Regeln der drei erlaubt.

Neben uns rauschte das Wasser, und ich erschrak. War Kishio das heiße Wasser nicht bekommen? Oder entrüstete er sich, weil wir beiden so unverhohlen miteinander shakerten? Wir sahen herüber, wo Kishio zitternd in der Wanne stand. Er hatte sein Handtuch verloren, aber das störte ihn nicht. Oder er hatte es nicht bemerkt. Mit zitternden Fingern deutete er in den Wald. "Die Kinder sind in Gefahr! Ich spüre jemanden mit Mordlust in ihrer Nähe!"
Erstaunt sah ich ihn an. "Du bist sensorisch begabt? Und das auf eine Entfernung von dreihundert Meter? Ich kann sie gerade mal so erkennen, weil ich mich ausschließlich auf sie fokussiere. Das ist erstaunlich. Deckst du permanent dreihundert Meter Umfeld ab, oder fokussierst du dich auch?"
"Aber, aber, aber, aber, Mamoru-sensei! Sie sind in Lebensgefahr!"
Ich tauschte ein Grinsen mit Perine aus. "Sie sind stolze Ninjas aus Konoha. Sie können ihre Leben verteidigen, sonst hätte ich sie weder mitgenommen, noch alleingelassen. Gegen einen Feigling wie Kuroko werden sie schon ankommen."
"Aber... Sie sind doch noch KINDER!", rief er entsetzt.
"Sie sind Shinobi. Selbst der schwächste und dümmste Shinobi ist stärker als ein untrainierter Mensch. Das ist eine Lektion, die du noch lernen musst: Vertrauen zu vergeben und es zu verdienen."
"Aber... Aber... Aber...", stammelte er.
Perine lachte leise. Sie beschloss offensichtlich, dass sie die Debatte beenden musste. "Nun, Kishio-kun, für deine fünfzehn Jahre bist du ja schon gut entwickelt."
Der Junge sah an sich herab, errötete bis zu den Haarspitzen, und bedeckte seine Blöße mit beiden Händen, bevor er mit einem spitzen Mädchenschrei wieder in der Wanne versank.
Perine kicherte. Dabei wisperte sie mir beinahe lautlos ins Ohr: "Ist es wirklich in Ordnung?"
"Ich habe Vertrauen in meine Genin", erwiderte ich. "Aber sieh es dir an, bitte. Und beurteile später ihre Handlungen."
"In Ordnung", hauchte sie mir zu.
Langsam erhob ich mich. "Mach mal Platz. Jetzt kommt der dienstälteste Shinobi in die Wanne, Kishio-kun."
"J-jawohl, Mamoru-sensei." Er rückte so weit zur Seite, wie es die Wände der Wanne zuließen. Mehr als genügend Platz für mich.
Mit einem Laut des Wohlbehagens ließ ich mich ins heiße Wasser gleiten. Wer immer die ganze Badekultur unserer Nation erfunden hatte, ich hoffte, jemand hatte ihm noch zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt.
Perine stand nun auch auf. "Warum ist nur für mich kein Platz mehr in der Wanne?", neckte sie. Die Frage alleine genügte, um Kishio erneut zusammenzucken zu lassen.
"Es ist wahrscheinlich besser so. Kishio-kun würde sonst vielleicht einen Herzinfarkt bekommen", erwiderte ich.
Perine kicherte amüsiert. "Ich gehe dann mal wieder. Ruft mich, wenn es ans Abtrocknen geht. Dann komme ich wieder rein." Sie winkte uns zu, und verließ das Bad.
Als die Affenkriegerin gegangen war, streckte ich mich aus, so weit ich konnte. Bei der geradezu luxuriösen Wanne bedeutete das, dass ich beinahe komplett in ihr liegen konnte. "Aaaaaaa, das ist Leben", seufzte ich. Fehlte nur noch ein kaltes Getränk.
"Und du meinst wirklich, dass...", begann Kishio erneut.
"In die Wanne legen. Entspannen. Und die Umgebung meiner Genin überwachen. Nur für den Fall, dass da draußen mehr als ein Gegner ist."
"J-jawohl, Mamoru-sensei."
Okay, was entspannen bedeutete, würde ich ihm noch beibringen müssen.
***
Schwer atmend, aber mit sich und der Welt zufrieden lag Kira auf dem Gras unter der Pappel. "Wie hoch bin ich gekommen?", fragte er zwischen zwei Japsern.
"Zehn Meter. Aber ich habe schon zwölf geschafft", erwiderte Mai. "Sieh mal, ich kann auch schon am Baum haften. Aber nicht sehr lange."
Kira knurrte wütend und wollte wieder aufspringen, aber für einen Sekundenbruchteil versagte sein Körper ihm den gewohnten Dienst. "Uff, bin ich fertig."
"Das wird gleich kein Problem mehr sein", klang eine Männerstimme auf, kurz bevor über ihm der Mann erschien, dessen Verbannung aus Murata No-Son sie gerade erst bewirkt hatten. Hasserfüllt starrte er auf Kira herab. Er hielt mit beiden Händen einen Dolch, den er auf den Shinobi niederfahren ließ. Unglücklicherweise betrog sein Körper Kira erneut.

"Kira!", schrie Mai auf. Aus purem Reflex heraus hatte sie ein Kunai aus ihrer Shurikentasche gezogen, und bevor sie es sich selbst bewusst gemacht hatte, hatte sie die Waffe auch schon geworfen. Die Waffe drang dem Mann in die Brust ein, und er verharrte bei seinem tödlichen Angriff auf Kira. Verdutzt betrachtete er das Messer in seiner Brust, dann ging sein Blick höher, zu Mai. "D-du kleine Schlampe!" Mit wutverzerrter Miene trat er auf sie zu.
Shinji erschien zwischen den beiden, und trieb ein weiteres Kunai in seine Brust. "Hände weg von Mai-chan!", zischte er. Der große Kerl starrte ungläubig auf das zweite Kunai. Er versuchte, Shinji festzuhalten, aber der Junge wischte den zupackenden Arm fort. Dann war da dieses Geräusch, das klang, als würde Stoff reißen, und der Mann verdrehte die Augen, bevor er zuerst in die Knie, und dann zu Boden ging. Hinter ihm kam Kira zum Vorschein, noch immer seine Waffe so haltend, wie sie nach dem tödlichen Streich gegen Kuroko gewesen war. Blut aus der klaffenden Rückenwunde, die er Kuroko angetan hatte, bedeckte sein Gesicht und seine Kleidung. "Tut mir leid, das ich nicht reagieren konnte, aber mein Körper hat mich in Stich gelassen." Seine Miene war hart, als er den Toten betrachtete. "Danke, das du mich gerettet hast, Mai-chan. Mit dem Kunai hast du sein Herz getroffen. Aber er hat sich beim Sterben Zeit gelassen."
"I-ich habe nicht konsequent genug reagiert", erwiderte sie. "Ich hätte einen ganzen Fächer Shuriken werfen müssen. Das hätte ihn sofort gestoppt. Shinji, wenn du nicht gewesen wärst, dann hätte er mich attackieren können. I-ich wollte gerade noch ein Kunai ziehen, statt der Shuriken, und ich weiß nicht mal, warum."
"Keine Ursache", erwiderte Shinji, und versuchte sich an einem Grinsen, obwohl er noch reichlich blass um die Nase war. "Aber mein Angriff hat ihn auch nicht gerade rechtzeitig gestoppt. Das hat erst dein Schwertstreich, Kira. Ein sauberer Treffer."
"Wir haben ihn alle drei tödlich getroffen", erwiderte Kira, und reinigte die Klinge seines Wakizashis mit Reispapier. "Merken wir uns für die Zukunft, dass tödlich treffen und aufhalten manchmal nicht das gleiche ist." Er fixierte Mai. "Alles klar bei dir? Oder machst du dir Vorwürfe? Musst du nicht. Er hatte es augenscheinlich auf uns abgesehen, um Mamo-chan eins auszuwischen. Er hätte uns alle drei getötet, wenn er gekonnt hätte. Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Und immerhin hast du mir das Leben gerettet."
"Nein." Sie schüttelte energisch den Kopf. " Das ist es nicht, Kira. Ich habe mich nur die ganze Zeit gefragt, ob ich... Nun, wenn es soweit ist, ob ich..." Während sie gesprochen hatte, war sie immer blasser um die Nase geworden. Schließlich sank sie zu Boden, die Beine abgewinkelt auf dem Gras gespreizt, und landete mit ihrem Allerwertesten. "Uff. Klar hatte er es verdient, aber..." Sie hob ihre Hände vor die Augen. "Vorhin war es ganz leicht, aber jetzt zittere ich vor Angst."
"Uff", machte Kira, als er sich neben ihr zu Boden fallen ließ. "Mir geht auch ganz schön die Muffe. Ich glaube, ich stehe unter Starkstrom."
Shinji lachte, während er sich mit zitternden Händen den beiden gegenüber niederließ. "Du stehst doch immer unter Starkstrom, Funkenjunge."
Kira lachte wie über einen guten Witz. "Ihr hattet auch Angst?"
"Wahnsinnige Angst", gestand Shinji. "Aber vor allem um euch, nicht um mich. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn er dich oder Mai verletzt hätte." Er ballte die Hände zu Fäusten. "Ich würde für euch jederzeit wieder töten. Ihr seid meine Freunde."
Ohne jeden Übergang legte Mai je einen Arm um die Jungs, und drückte sie an sich. "Ich hatte auch Angst, furchtbare Angst. Aber ich bin doch die Älteste, und ich muss auf euch aufpassen. Und ich wollte nicht, dass er dir was tut, Kira. Es war doch richtig so, oder?"
"Natürlich war es richtig so, Mai-chan. Und die Sau hatte es verdient." Er schnüffelte an ihr. "Hey, hast du ein neues Shampoo?"
"Na hör mal. Ich sitze hier und zittere, weil ich einen Menschen getötet habe, und du fragst nach meinem Shampoo. Du hast keinen Sinn für den Ernst einer Situation, Kira", tadelte sie. "Es ist mit Tannennadelduft. Gut, nicht?"
Die drei lachten. "Ihr dürft übrigens jederzeit sagen, wenn ich damit aufhören soll, euch zu umarmen", sagte sie leise.
"Noch nicht", sagte Kira. Übergangslos steckte ihm ein Kloß im Hals, und er klammerte sich seinerseits an Shinji und das Mädchen. "Bleiben wir noch etwas so."
"Ja, bleiben wir noch so", sagte Shinji mit plötzlich stockender Stimme. "Aber erzählt Mamo-chan nachher nichts davon."
Das brachte die drei zum kichern.

Perine beobachtete die Genin von einem nahen Baum aus. Kurz hatte sie erwägt, einzugreifen, aber sie hatten souverän gesiegt. Sie beschloss, ihre Anwesenheit nicht zu verraten. Die meisten üblichen Gefahren würden die drei ohnehin mit ihrer Teamarbeit bewältigen können. Aber dass sie sich so aneinanderdrängten wie Hundewelpen, das würde sie Mamo-chan brühwarm erzählen, war es doch das beste Zeichen dafür, dass die drei ihren ersten Ernstfall gut verdauen würden. Und es war ein unverbrüchliches Zeichen dafür, dass sie zueinander standen. In solchen Momenten entstanden Freundschaften, die ein Leben lang hielten. Auch das würde sie Mamo-chan berichten.
***
Es hatte einiges an Aufregung gegeben, als die Genin zurück ins Dorf gekommen waren und vom Angriff auf sie berichtet hatten. Nach ein paar Erklärungen, die die Entrüstung der Dorfbewohner hochgepeitscht hatte, waren auch schon ein paar Männer unterwegs, die den Leichnam holen, und die nach seinen Habseligkeiten suchen sollten, die er zweifellos irgendwo in der Nähe versteckt hatte. Diese Artikel würden verkauft, und zusammen mit dem Geld, das er bei sich gehabt hatte, in das Vermögen der Gemeinde übergehen. Im Gegenzug würde ihm die Gemeinde ein ehrenvolles Begräbnis bereiten. Letzteres durch meinen energischen Zuspruch, bei dem es keine Widerrede gab.
Noch bevor ich meine noch immer nervösen Genin ins Bad gescheucht hatte, um sich zu reinigen vom Erlebten, hatte ich jeden einzelnen kräftig umarmt. Ihr Sträuben hatte ich mit dem Hinweis, selbst doch erst siebzehn zu sein, zerstreut. Und schließlich hatte ich noch Perine umarmen müssen, die sehnsüchtig und mit bettelndem Blick die Szene verfolgt hatte. Zum Glück hatte Kishio nichts davon gesehen, sonst hätte es wohl tatsächlich eine Umarmungswelle in Murata No-Son gegeben.
Ich schickte P-chan zu Mai ins Bad, und nutzte die Gelegenheit, die beiden Jungs beiseite zu nehmen, und mit ihnen das Geschehen zu besprechen.

Kira schimmerten die Augen feucht, als er jene Stelle erzählte, in der Kuroko angegriffen hatte. "Plötzlich hatte ich keine Kraft mehr. Es ging gar nichts. Weder vor, noch zurück. Ich hatte keine Angst, die kam erst hinterher. Aber ich war so erschöpft. Ich hatte das Gefühl, mein Körper würde keinen Finger mehr rühren können. Erst als Kuroko Mai und Shinji attackiert hat, bin ich aufgesprungen, habe mein Schwert gezogen, und..." Er schluckte heftig. "Ich war nicht feige", sagte er betont.
"Nein, das warst du tatsächlich nicht. Und du hast schon die Antwort darauf, wie du solche Momente überwinden kannst, gefunden." Listig lächelte ich ihn an, und in seinen Augen glomm Verstehen.
"Tatsächlich, das habe ich." Kurz flackerte ein triumphierendes Lächeln über sein Gesicht.
Ich klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. Wie oft hatte Sensei das bei mir gemacht? Ich wusste es nicht mehr, aber ich war jedesmal sehr stolz auf mich gewesen. Wie sehr hatte ich Hayate-sensei geliebt. Für diese Liebe war ich bereit gewesen, einen Krieg mit Suna zu riskieren. Ob ich für diese Kinder eines Tages ebenso wertvoll sein würde?
"Waa! Du hast ja doch ganz schön was obenrum! Wie machst du das, Perine-sama? Und wie hast du überhaupt so viel gekriegt?", klang Mais Stimme aus dem Bad auf.
Ich räusperte mich verlegen. "Setzen wir uns doch besser woanders hin, wo wir die beiden nicht hören können."
"Ja, gehen wir, bevor das Geflenne losgeht", sagte Kira. "Wenn sie Perine-sama mit sich selbst vergleicht, wird sie in Tränen ausbrechen."
"Das habe ich gehört, Kira!", rief Mai zornig durch die Tür hindurch. "Und ich breche nicht in Tränen aus!"
"Gehen wir besser ganz weit weg", sagte ich schmunzelnd.

"Sensei, bleibt es immer so leicht?", fragte mich Shinji, kaum das wir am anderen Ende der das Haus umlaufenden Veranda wieder Platz genommen hatten.
"Bleibt was so leicht?"
"Das Töten", sagte er schlicht.
"Nein, das tut es nicht. Und ich wette, heute ist es dir auch nicht leicht gefallen.
"Oho, das ist doch ein viel versprechender Ansatz, Mai-chan", hörte ich Perines Stimme leise zu uns herüber wehen.
"W-was für ein Ansatz? Meinst du, ich kriege mal so viel wie Karin-chan? Sie hat gesagt, sie trinkt täglich einen Liter Milch, und ich trinke sogar zwei."
"Können wir nicht ganz woanders hingehen?", fragte Shinji mit gerötetem Gesicht. "Ich bin zwar auch erst zwölf, aber ich weiß schon ziemlich gut, um was es geht."
"Das weiß ich auch, aber es interessiert mich einfach nicht", sagte Kira ärgerlich.
Shinji griente ihn an. "Siehst du, das ist der Unterschied. Mich interessiert es."
"Jungs, Jungs", sagte ich und klatschte in die Hände. "Darüber könnt Ihr später reden. Jetzt geht es um den Kampf."
Die beiden sahen wieder zu mir. "Sensei, war es richtig, dass ich... Ich meine, ich habe ihn erstochen, und er hatte es verdient. Aber hätte ich ihn nicht besser nur abwehren sollen? Seinen Dolch, meine ich."
"Das ist eine gute Frage", murmelte ich. "Hast du denn das Gefühl, dass du ihn besser nur hättest abwehren sollen?"
"Nein, eigentlich nicht", erwiderte er.
"Das Ergebnis ist ausreichend, also hast du das Richtige getan. Es ist wichtig für einen Shinobi, Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit zu haben." Ich klopfte beiden auf den Rücken. "Und natürlich Vertrauen in seine Teamkollegen zu haben. Wenn Ihr das verinnerlicht habt, seid Ihr einen Riesenschritt in Richtung Chunin unterwegs."
"Chunin?" Kira hob eine Augenbraue. "Ist es nicht noch viel zu früh, davon zu reden?"
"Es sollte das Ziel jedes normalen Shinobis sein, so hoch wie möglich zu streben", sagte ich dozierend.
Als ich ihr Kichern bemerkte, spielte ich den Beleidigten. "Was lacht Ihr so? Habt Ihr vergessen, dass ich vom Rat und von Tsunade-sama mit einem Verbot belegt wurde, zum Jounin aufzusteigen?"
"Also willst du doch Jounin werden?", fragte Shinji. "Ich habe gehört, das jemand gesagt hast, du wärst froh, wenn du nur Chunin bleiben kannst."
"Das ist so nicht richtig, aber auch nicht falsch", sagte ich mit einem Lächeln. "Tatsächlich bin ich mir sicher, dass ich eines Tages ein Jounin Konohas sein kann. Aber bitte erst zu einem Zeitpunkt, an dem ich es mir zutraue, und keinen Tag früher. Ein Jounin zu sein ist eine weit größere Verantwortung, als Ihr zwei ahnen könnt. Ruckzuck bin ich dann im schlimmsten Fall für hunderte Shinobi verantwortlich."
"Aber das warst du doch schon mal", sagte Shinji eifrig. "Damals, als du Otogakure vernichtet hast, hattest du das Oberkommando über zweihundert Shinobi! Zweihundert!"
"Und es war eine Riesenverantwortung, der ich leider nicht die volle Zeit gerecht geworden bin. Deshalb bin ich ja mit dem Bann belegt worden. Aber eines Tages, da werde ich genug Selbstvertrauen haben. Und wenn Konoha dann denkt, dass ich das Zeug dazu habe, wird mich der Rat zum spezialisierten Jounin ernennen, und später zum Voll-Jounin. Aber das liegt alles weit in der Zukunft. Weeeiiiiit in der Zukunft. Ihr drei und Kishio-kun seid aber direkt vor mir."
"Kishio-kun", sagte Kira mit Ärger in der Stimme. "Ist er den ganzen Aufwand überhaupt wert? Ich meine, warum musst du ihn mitschleppen, und unsere Ausbildung behindern? Lass ihn doch hier im Dorf. Ich bin sicher, er findet hier was zu tun, sobald er wieder gesund ist."
"Ja, ich weiß. Und das wäre auch das Beste für ihn. Aber genauso wie ich nicht bereit bin, Jounin zu werden, so ist Kishio-kun nicht bereit, sich auf ein normales Leben einzulassen. Eines Tages aber wird er das sein, und das wird er mir dann auch sagen. Bis dahin aber müsst Ihr euch dran gewöhnen, dass Ihr euren Sensei ein wenig teilen müsst."

Für einen Moment befürchtete ich, Kira würde aufbrausen und erklären, nicht teilen zu wollen, und schon gar nicht mich. Aber er beherrschte sich. "Nun, wenn es nur ein bisschen ist, und solange er auf seine Sempais hört, ist ja alles in Ordnung."
"Du siehst dich als seinen Sempai?", fragte Shinji erstaunt. "Hey, alles in Ordnung da oben?"
"Wir waren ja wohl vor ihm da", sagte Kira knurrig. "Außerdem verstehen wir sicher mehr vom Shinobi-Handwerk als er. Also sind wir seine Sempais, und er ist unser Kohai."
"N-nicht da, Mai-chan. Da bin ich doch kitzli-hihihihihi. Das gibt Rache!"
"Ah! Sensei, nicht! Ieks!"
Ich verdrehte die Augen. "Lasst uns einen Spaziergang machen, bis die beiden fertig sind, okay?"
Wir erhoben uns.
"Sensei, machen die das jetzt etwa jeden Tag, wenn wir ein Bad haben?", fragte Shinji. "Das ist doch Folter."
"Was meinst du, wird passieren, wenn wir ein schönes Onsen für uns entdecken?", erwiderte ich trocken.
"Oh. Man könnte fast meinen, die machen es absichtlich", murmelte Kira.
Shinji und ich bedachten ihn mit einem wissenden Blick.
"Echt jetzt?", fragte er verblüfft. "Und wieso?"
Die beiden Jungs folgten mir zwischen die Häuser. "Um das zu erklären, braucht es aber einen sehr langen Spaziergang..."

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6.
Wenn ein Shinobi im Einsatz war, dann kam es durchaus vor, dass er einen oder gar mehrere Tage am Stück wach bleiben musste. Wahre Meister ihres Fachs schafften es, bis hin zu einer Woche aktiv zu bleiben, indem sie sich selbst ab und an in eine Art Dämmerschlaf versetzten, der den Schlaf ersetzte, ohne dass ihre Aufmerksamkeit darunter litt. Allerdings kam es eher selten vor, dass sie folgenlos einen ganzen Tag aktiv sein konnten, sprich: Kämpfen konnten, ohne den Preis dafür zu bezahlen. Für Hassin und Maria waren es nun schon fast vierzig Stunden, in denen sie ohne Unterbrechung kämpfen oder fliehen mussten. Die Anzahl ihrer Verfolger hatte in dieser Zeit nicht abgenommen - wenn man von jenen absah, die sie getötet hatten - und die Intensität, mit denen sie die beiden Getsu-Jounin verfolgten, hatte nicht nachgelassen.
Während Hassin und Maria die Schmerzen durchlitten, die ihnen die übermüdeten Leiber und die überstrapazierten Muskeln bereiteten, während ihnen jede Bewegung im Besonderen und jeder Muskel ohnehin weh tat, schienen ihre Gegner frisch wie ein Fisch im Wasser. Das war natürlich nur mit Drogen zu erreichen, und davon schienen die Nukenin reichlich konsumiert zu haben. Tatsächlich schienen sie nicht einmal Schmerz zu spüren. Und dass sie tot waren, bekamen sie auch nur mit Verzögerung mit. Einmal auf ihre Fährte gesetzt, war es den Getsu-Nin nicht mehr möglich, zu entkommen, ohne jeden einzelnen zu besiegen. Aber das war utopisch, solange die Drogen in ihren Leibern wirkten. Und bevor die aufputschende Wirkung nachlassen würde, bevor die Drogen ihnen die Gehirne frittierten, wären Hassin und Maria längst vor Erschöpfung zusammengebrochen. Sich der Überzahl an Gegnern zu stellen, war ebenso illusorisch und hätte mit ihrem sicheren Tod geendet. Aber eine Möglichkeit gab es ja immer.

Maria und Hassin waren im Kreis gelaufen. Sie erreichten einen Ort, den sie schon vor über zwanzig Stunden passiert hatten. Zudem waren sie zu langsam gewesen; als sie gerade erst aus dem Step kamen, erschienen rings um sie die Nukenin, immerhin noch neun an der Zahl, und alle bis zum Unterrand ihrer Augen mit Drogen vollgepumpt.
"Das war es dann wohl", sagte Hassin. Aber es klang nicht deprimiert. Es lag eine seltsame Zufriedenheit in seiner Stimme.
"Tatsächlich. Es sind alle da, wie ich sehe", erwiderte Maria, ebenfalls zufrieden. "Dann kann die Party ja steigen."
Die selbstsicheren Worte ihrer sicher geglaubten Beute tat ihren Teil und verunsicherte die Nukenin. Von diesem einen Zögern bis zu jenem Moment, in der der erste Shinobi ein brennendes Explosions-Tag entdeckte, war es nur ein Augenblick. Bei ihrem letzten Besuch hatten die Getsu-Jounin diesen Ort präpariert, unauffällig genug, sodass die Nukenin nicht ahnen konnten, dass sie in eine riesige Mine gelockt worden waren.
Hassin legte Maria eine Hand auf die Schulter. Die junge Frau nickte grimmig. "Feuerwerkszeit!"
"Tamaya", sagte Hassin, bevor die ersten Explosionen im Rücken ihrer Gegner aufblühten. Ihnen folgten Serien an weiteren Explosionen, die sich immer mehr auf das Zentrum zupflanzten, bis alles in einer einzigen, gewaltigen Detonation unterzugehen schien, um alles unter sich ein für allemal auszulöschen. Bäume, Sträucher, Gras, die Nukenin... Und die Getsu-Jounin...
***
"Morikubo-tono", wisperte eine Stimme. Sofort schreckte ich auf. Alles lag ruhig da, meine Genin schliefen, und auch aus dem Raum, wo P-chan und Mai schliefen, war kein Laut zu vernehmen. Aber ich registrierte, dass die Affenkriegerin ebenfalls erwacht war. Sie, und... Kishio.
Ich sah den jungen Mann an, der auf seinem Futon lag, und mit geöffneten Augen zu mir herüber sah. Fragend.
"Nein. Du bist verletzt. Und ich erwarte keinen Angriff", erwiderte ich leise, um Shinji und Kira nicht zu wecken. Er akzeptierte das mit einem Nicken.
Ich schlug das Deckbett zur Seite und erhob mich. Ich nahm außer einem Kunai nichts mit, nur mein Stirnband legte ich an, das mich als stolzen Shinobi Konohas auswies. So trat in erst auf den Flur, und danach auf die Verande.
"Morikubo-tono", hörte ich das Wispern erneut. Ich hatte die Ahnung einer groben Richtung. Mit Step huschte ich auf das Dach des nächsten Hauses, und von dort ging es für mich in den Wald hinein.
Am Fuße eines Hügels, der von mehreren ineinander verkeilten Granitplatten gebildet wurde, und der grasbewachsen war, hielt ich an. Interessant, das musste die Höhle sein, in der meine Genin das Spinnenmädchen entdeckt hatten. Wie hieß sie doch gleich? Kuzomi-chan.
"Morikubo-tono", erklang die Stimme ein drittes Mal, diesmal jedoch in geläufiger Lautstärke. Ich sah zu ihr hoch, und was ich sah, das war mehr als beeindruckend. Vor dem Lichterschein des Mondes, der voll am Himmel stand, und der zudem eine rötliche Färbung angenommen hatte, hing die riesigste Spinne, die ich je gesehen hatte, von einem Baum herab. Der Mond bildete den Hintergrund, sodass ich nicht viel mehr erkennen konnte als den Umriss der Spinne. Und ach ja, die acht rotglühenden Augen konnte ich auch zweifelsfrei erkennen.
"Der bin ich", sagte ich mit ernster Stimme. "Mit wem habe ich die Ehre?"
Die Spinne seilte sich langsam ab. Dabei ging eine geradezu abenteuerliche Verwandlung mit dem Tier vor sich. Je näher es dem Erdboden kam, desto mehr ähnelte sie nicht mehr einer Spinne, sondern mehr und mehr einem Menschen. Das, was dann schließlich den Waldboden berührte, war ein Mann, für den das Wort Hüne schon nicht mehr ausreichte. Auf eine gewisse Weise erinnerte er mich wegen seiner bleichen Haut und den langen, pechschwarzen Haaren an Hyashi Hyuuga-sama, den Herrn des Hyuuga-Clans. Allerdings hatten Hyuuga keine tiefroten Augen, die im Dunkeln leuchteten. Der Riese, aus dessen Schultern man zwei für mich hätte machen können, hatte ein fein geschnittenes, aber sehr ernstes Gesicht, in dem ich die Andeutung für etwas zu lange Reißzähne erkennen konnte. Die Lippen waren bleich und wirkten blutleer. Er trug einen weißen Kimono, wie man ihn den Toten anzulegen pflegte, zumindest den toten Zivilisten. Der Unterkimono aber war, soweit ich das sehen konnte, von einem wunderhübschen hellblau und mit Schmetterlingen bedruckt.
"Ich bin Kuzomis Vater, Kageji vom Kuzokami-Clan", sagte der andere. "Du weißt von ihr und ihrem temporären Kontrakt mit Kira Yamada?"
Ich nickte. "Er hat mich darüber informiert. Ich habe nichts einzuwenden."
Der Riese wies mit der Rechten zur Seite. "Gehen wir ein Stück, Morikubo-tono."
Erneut nickte ich. Ich schritt an die Seite des Spinnenmanns, und zusammen verließen wir die Höhle. Während wir gingen, zog Kageji-sama an etwas Unsichtbarem, und die Höhle fiel in sich zusammen. Verständlich, denn dieser Ort symbolisierte Hunger, Durst und Angst für seine Tochter.
"Als unsere Tochter nicht heimkam, waren wir in Sorge. Aber nicht genug in Sorge, um schon nach ihr zu suchen. Als wir es dann doch taten, galt unsere Suche den Städten und Dörfern, wo wir sie nicht finden konnten. Sie tauchte schließlich von selbst wieder auf und war nahezu unverletzt."
Er sah mich an und deutete eine Verbeugung an. "Sag bitte Perine-tono meinen aufrichtigen Dank dafür, dass sie Kuzomi geheilt hat."
"Ich werde es ausrichten", versprach ich. "Worum wird es genau in diesem Gespräch gehen? Es ist doch ein Gespräch mit dir, Kageji-sama?"
Um die blutleeren Lippen des bleichen Riesen spielte ein Lächeln. "Was hat mich verraten?"
"Du bist sehr selbstsicher und befehlsgewohnt. Der Gedanke liegt nahe, dass du im Clan der Spinnen einen hohen Rang hast."
"In der Tat. Ich bin der Wesir des Clans, und Ehemann der großen Clansführerin. Kuzomi ist unsere jüngste Tochter mit Rang fünf in der Erbfolge. Doch es geht nicht direkt um die Herrschaftsverhältnisse im Clan, oder um ein Gespräch nur mit mir, Morikubo-tono."
Er streckte die Hand aus und ließ mich vor.

Ich betrat eine Lichtung. Sie war mit Spinnweben zu allen Seiten hin abgesperrt. Aber nicht einfach nur versperrt. Die Spinnenseide bildete massive Wände, die wie kostbare, leicht drapierte Vorhänge wirkten. Ebenfalls aus der Spinnenseide waren Möbelstücke erschaffen worden. Tische, Stühle, Bänke. Die meisten waren besetzt, zumeist von Erwachsenen. Diese deckten das übliche Bild von Menschen ab, die ich auch in Konoha erwartet hätte. Wenn man vielleicht einmal davon absah, dass man nicht so viele schöne Menschen auf einem Schlag erwartete. Außer, man kannte wie ich den Hang der Affen zur Eitelkeit.
"Hier entlang, bitte", sagte der Wesir, und deutete auf das andere Ende der Lichtung. Dort saß auf einem Thron aus Spinnenseide eine junge Frau, die nicht älter wirkte als ich. Im Gegensatz zu Kageji-sama hatte sie einen gut gebräunten Teint, und auch ihr Haar war nicht schwarz, sondern weißblond, was einen merkwürdigen Kontrast bildete. Natürlich waren auch ihre Reißzähne einen Tick zu lang. Aber ihre Augen strahlten golden, nicht tiefrot. Tatsächlich waren bleiche Leute hier relativ deutlich in der Unterzahl. Ich erkannte sogar ein paar, die direkt aus Kumogakure importiert zu sein schienen.
"Ich möchte dir meine Frau und unsere Clansführerin vorstellen, Morikubo-tono."
Ich verbeugte mich lange und steif vor der Frau auf dem Thron. "Es ist mir eine Ehre, dich heute kennenlernen zu dürfen, Ohime-sama."
Ihre Stimme war klar und weich, als sie sprach. Sie klang ein wenig nach Ranko-sensei, und war sehr angenehm in meinen Ohren. "Erhebe dich, Mamoru. Niemand verlangt von dir, jemandem Respekt zu zeigen, der ihn sich nicht von dir erworben hat. Mein Name ist Hino Kuzokami, Herrin des Spinnenvolks. Du kannst mich Hino-chan nennen, wenn du möchtest."
Ich räusperte mich verlegen. "Hino-sama?", bot ich an.
Sie wechselte einen amüsierten Blick mit ihrem Gatten, der auffallend schmunzelte. "Er ist, wie man sich berichtet, nicht wahr?"
Kageji-sama nickte.
"Meinetwegen Hino-sama. Setz dich, bitte. Und habe keine Angst. Dein Leben ist hier nicht in Gefahr und wird es auch nie sein."
Das ließ mich doch ein klein wenig abfällig schnauben. "Ich fühle mich keinesfalls in Gefahr, Hino-sama." Ich setzte mich auf einen Hocker, der dem Thron gegenüber aufgebaut war.
"Dann haben wir einen guten Start", sagte sie wohlwollend.

Sie räusperte sich leise. "Weißt du, Mamoru, als Kuzomi nach Hause kam und davon berichtete, dass sie einen Kontrakt mit einem Menschen eingegangen war, wenn auch nur einen temporären Kontrakt, waren wir nicht sehr erfreut. Es hat seine Gründe, warum wir in der Anderswelt residieren, und diese Welt durch das Portal nur dann und wann betreten. Und dass wir diese Welt auch wieder verlassen. Einst... Einst waren wir Menschen wie du, Mamoru. Aber für unsere Künste und unsere Verwandlungsfähigkeit wurden wir gefürchtet und gehasst. Deshalb zogen wir uns zu einer Zeit, die Ihr den ersten Shinobi-Weltkrieg nennt, in die Anderswelt zurück, hin zu den anderen Tier-Enklaven, um dort in Frieden und für uns selbst zu leben. Dort wurden wir mehr. Dort wurden wir das Spinnenvolk. Und durch die sphärische Energie der Anderswelt wurden wir... Nun, wir wurden nach und nach mehr Oni als Menschen. Das sind wir nun.
Weißt du, Mamoru, in den vergangenen Jahrzehnten kam es durchaus vor, dass ein Krieger der Spinnen einen Kontrakt mit einem Menschen geschlossen hat, das er sich benutzen ließ für die vielen Kriege, die Ihr Menschen führt. Und wenn er es überlebte, kam er mit reicher Beute heim. Gold, Schmuck, teure Stoffe - wenngleich keine Stoffe, die Ihr Menschen produziert, mit unserer Seide mithalten können - exquisite Speisen und exotische Tiere. Es war genug, um unsere Neugierde zu wecken, weshalb wir zumindest begannen, regelmäßig in eure Welt zu kommen. Aber es ist nun einige Zeit her, dass wir einem Menschen erlaubt haben, Kontraktpartner zu sein. Damals führtet Ihr den dritten Ninja-Weltkrieg, wenn ich mich nicht irre. Und wir hatten auch keinen Bedarf dafür. Unsere lose Verbindung zur Menschenwelt, fern der Kriege, die Ihr führt, reichte uns.
Als Kuzomi als Kontraktträgerin nach Hause kam, den mehr als deutlichen Geruch von Kira Yamada an sich, hatte das etwas Irritierendes. Aber wir Spinnen nehmen unsere Verpflichtungen sehr ernst, und geleistete Hilfe vergessen wir nicht, bis sie abgegolten ist. Daher konnten wir gegen einen temporären Kontrakt auch nichts sagen. Einem permanenten Kontrakt aber standen wir ablehnend gegenüber. Es gibt nichts, was Ihr Menschen uns bieten könnt über das hinaus, was wir käuflich erwerben. Und selbst wenn Kira Yamada ein für sein Alter ehrenwerter und akzeptabler junger Mann zu sein scheint, gibt es immer jemandem über ihn, der ihm befehlen könnte, Kuzomi auszunutzen oder zu opfern."
"Ich... verstehe." Ich wusste nicht, ob man es meinem Gesichtsausdruck ansehen konnte, aber diese pauschale Unterstellung, so berechtigt sie auch war, machte mich wütend. Natürlich würde ich, solange wie ich für Kira verantwortlich war, dafür sorgen, dass niemand Kuzomi-chan ausnutzte oder gar in den Tod schickte.
"Doch dann hörten wir, wer sein Jounin ist, und das weckte unser Interesse." Sie lächelte ein wirklich süßes Lächeln, das mir durchaus eine Gänsehaut bescherte. "Denn wer in dieser Region der Welt einkauft, der weiß natürlich, was hier vor sich geht. Und wer Ohren hat um zu hören, hat mitbekommen, was mit Otogakure geschehen ist, und wer die Ninja-Stadt Orochimarus vernichtet hat. Du bist eine lokale Berühmtheit, Mamoru, und besonders lobenswert finde ich deinen unerschütterlichen Entschluss, bei der Bombe zu bleiben, bis der letzte Mensch Otogakure hat verlassen können. Außerdem gefällt mir dein Blick." Sie schlug sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel. "Ja! Ich bin mir sehr sicher, dass wir dir, oder ja vielmehr Kira-kun, unsere Tochter anvertrauen können. Ich weiß, dass du für sie kämpfen wirst, egal gegen wen."
Ihre Augen begannen zu leuchten. "Und dazu musst du auch bereit sein, denn auch wenn Ihr einen aufrechten Hokage in der Enkelin des Ersten Hokage habt, so ist nicht alles Licht in Konoha, und unter der Stadt dräuen Schatten. Zum Beispiel diese schrecklichen ANBU-NE."
Ich senkte den Blick. Viel Erfahrung mit den ANBU-NE, von Sai einmal abgesehen, hatte ich noch nicht gemacht, aber die Schatten hatte ich zur Genüge gesehen. Ich hatte erlebt, wie mein kleiner Kumpel Naruto behandelt worden war, einfach nur weil die Leute, normale Bürger auf der Straße, ihrer Angst anstatt ihrer Vernunft gefolgt waren. Ich war anfangs ähnlich gewesen, hatte nicht involviert werden wollen, und dafür schämte ich mich heute noch. Aber damals hatte ich auch noch nicht einmal den Hauch meines jetzigen Selbstvertrauens besessen, war nicht ansatzweise so stark gewesen. Sicher, ich war nicht Narutos wichtigster Vertrauter in Konoha, aber wir mochten uns, und ich mochte es vor allem, dass er mich Onii-chan nannte, auch wenn er es nicht wirklich ernst meinte. Sein wirklicher Onii-chan blieb Iruka, und das war wohl auch gut so, denn beide konnten eine Familie bitter gebrauchen. Davon abgesehen war Iruka nun wirklich schon viel zu lange allein, obwohl er in dem Alter war, eine anständige Familie zu gründen, am besten mit einer ruhigen Frau, die sein Kontrollfreakiges Wesen auskontern konnte, und...
"Mamoru!", klang die tadelnde Stimme der Herrin der Spinnen auf. "Hörst du mir nicht zu?"
"Was? Entschuldige, Hino-sama, ich war noch in den Schattenseiten von Konoha."
"Es sei dir vergeben. Du beschäftigst dich mit meinen Worten, das mag ich. Wirst du also auf unsere kleine Kuzomi achten?"
Ich grinste schief. "Nein."
Kageji-sama zuckte neben mir zusammen, und rund um mich raunte das Spinnenvolk. Nur Hino-sama lächelte tiefgründig. "Und warum wirst du nicht auf sie achten?"
"Weil ich nicht ihr Kontraktpartner bin. Auf sie zu achten, mit ihr zu arbeiten, das ist Kiras Sache, nicht meine. Aber es sollte außer Zweifel stehen, dass ich sie mit all meinen Kräften beschützen werde, sollte Kiras Kraft nicht ausreichen. Doch ich kann ihm nicht vorgreifen. Wie ich schon sagte, es ist sein Kontrakt."
Erneut ging ein Raunen durch den Hain, diesmal bestand er aus Erleichterung. Hino-sama ließ ein helles, teils arrogant klingendes Lachen hören. "Das war gut gesprochen, mein süßer Shinobi. Dann denke ich, haben wir alles getan, was wir haben tun wollen. Wir..."

"Einspruch!", klang die mädchenhafte Stimme einer weiteren Person auf. Neben dem Seidenthron der Herrin der Spinnen erschien eine weitere Gestalt. Eine junge Frau, die wie die kleine Schwester Hino-samas aussah. Sie hatte langes, im Mondlicht grün leuchtendes Haar, das ihr über den ganzen Rücken ging, ein schmales, hübsches Gesicht mit hohen Wangenknochen, und die gelben Augen ihrer Mutter. Ja, ich war mir sicher, dies musste eines der fünf Kinder von Kageji-sama und Hino-sama sein. Sie trug einen gelben Yukata, der knapp über ihren Knien endete. Kunoichi pflegten so etwas ab und an zu tragen. Und sie war schlank und groß, aber nicht gerade mit einem Busen gesegnet, wie er oft im Affenclan vorkam. Anders ausgedrückt, sie war reichlich flach.
Sie errötete und verschränkte beide Arme vor dem Brustkorb. "W-wo siehst du mir denn hin? Hast du keine Manieren, du ekliger Mensch?"
"Na, na, na. Nun tu nicht so, als gäbe es da viel zu gucken, Kuzoko-chan", tadelte ihre Mutter. "Verrate mir lieber, warum du hier so einen Aufstand machst, und das zu einem Zeitpunkt, an dem alles klar ist. Und jetzt erzähl mir nicht, dass du die Menschen hasst. Dafür bist du wirklich zu oft in ihren Städten unterwegs."
Die schlanke Frau schüttelte ärgerlich den Kopf. "Das ist es nicht, Mutter. Das ist es wirklich nicht. Und es geht mir auch nicht darum, dass du diesen Luftikus Kuzomi tatsächlich auf die Menschen loslässt. Aber angenommen, aus ihrem temporären Kontrakt wird ein permanenter, dann hat Kira-kun das Recht, sofern sein Chakra ausreicht, jeden von uns zu beschwören, sogar Vater oder dich, Mutter. Oder mich. Und entschuldige bitte, wenn ich da was gegen habe."
"Warum hast du denn etwas dagegen, mit Kira Yamada im Kontrakt zu stehen?", fragte ihr Vater.
"W-weil er nur ein mickriger kleiner Genin ist, darum!", sagte sie ärgerlich. "Und vor uns steht nicht mal ein Jounin, sondern nur ein Chunin! Wie sollte er einen aus unserem Clan beschützen, geschweige denn die kleine, schwache Kuzomi?"
"Apropos Kuzomi. Wo ist sie eigentlich? Hütet sie brav das Bett, wie ich es ihr befohlen habe?", hakte Hino-sama nach.
"Kuzohito hat die Sache im Griff", versicherte Kuzoko-chan. "Notfalls setzt er sich auf sie."
Die Herrscherin der Spinnen lachte hinter vorgehaltener Hand. "Was habe ich nur für eine unruhige Brut. Nun, Kuzoko-chan, was würdest du also vorschlagen? Sollen wir den Kontrakt ebenso wie dem temporären Kontrakt für null und nichtig erklären?"
"Ja, das wäre wohl das Beste!", sagte sie ärgerlich.
"Das kann ich nicht gutheißen. Mein Untergebener Kira hat diesen Kontrakt abgeschlossen, und ich kann nicht akzeptieren, dass er wegen mir beendet wird."
Hino-sama sah zu ihrer Tochter herüber. "Da siehst du es. Und ehrlich gesagt neige ich dazu, ihm zu vertrauen und seinem Ersuchen stattzugeben. Der Ehre willen, und weil er ein guter Shinobi ist, werden wir zustimmen."
"Hm", machte Kuzoko-chan. Langsam zog sie ein mittellanges schwarzes Schwert hinter ihrem Rücken hervor. "Ich sehe, hier ist ein Kompromiss vonnöten. Ich will gegen ihn kämpfen. Wenn ich von seinem Potential überzeugt bin, ziehe ich den Einspruch zurück. Besiege ich ihn oder töte ich ihn sogar, will ich, das meinem Einspruch entsprochen wird."
"Also gut. Mamoru, bist du damit einverstanden?"
"Es liegt mir fern, Kuzoko-chan zu verletzen. Ich würde das lieber auf einem friedlichen Weg lösen wollen."
"Hast du Angst, du kleiner Feigling?", zischte sie.
"Nein, das ist es nicht. Ich meine... Hm. Hino-sama, könntest du die Nordecke räumen lassen? Ich möchte Kuzoko-chan gerne zeigen, worauf sie sich einlässt."
"Natürlich, Mamoru. Aber bitte nur ein Endan. Wir wollen nicht den ganzen Hi no Kuni wecken", sagte sie in amüsiertem Tonfall.
"Einverstanden."

Als die Ecke geräumt war, fixierte ich mein Ziel, irgendwo auf den Falten des Spinnwebenvorhangs.
Kuzoko-chan grinste mich voller Überlegenheit an. "Feuer-Jutsu, was? Na, dann streng dich mal an. Unsere Seide ist härter als Stahl. Wir..."
"Katon: ENDAN!" Ich sammelte Öl im Mund und spie es aus. Zugleich entzündete ich es. Das Ergebnis war ein beachtlicher Feuerball, der auf die ferne Wand zujagte. Es kam nicht gerade zu einer besonders großen Detonation, aber das war auch gar nicht mein Ziel gewesen.
"Sicher, dass das kein Dai Endan war, Morikubo-tono?", fragte mich Kageji-sama zweifelnd.
"Soll ich ein Dai Endan verwenden?", bot ich an.
"Nein. Für mich hat die Demonstration gereicht. Und wie sieht es bei dir aus, Kuzoko?"
Entsetzt starrte das Spinnenmädchen auf den Seidenvorhang. Nicht nur, dass die Seide brannte, in ihr klaffte ein mannshohes Loch. "Da... Da... Da..."
"Mein Feuer gilt als eines der heißesten von ganz Konoha", erklärte ich. "Meine Flamme brennt so sehr, dass ich einen Angreifer mit meinem Endan bei einem Volltreffer zu Asche verbrennen kann."
"D-das ändert gar nichts! Du darfst halt einfach kein Feuer-Jutsu verwenden, so! Wir machen das mit gutem altem Taijutsu aus, jawohl!", blaffte sie ein wenig hysterisch.
"Kuzoko-chan", sagte ihre Mutter, "er kann auch Affenkrieger beschwören."
"D-das darf er auch nicht!"
"Ich arbeite gerade an meiner Windaffinität. Darf ich das auch nicht benutzen?", fragte ich sarkastisch.
"Was? Zwei Elemente? Aber... Du darfst gar kein Ninjutsu benutzen, basta!"
"Aber wehren darf ich mich noch, oder?"
"Nun sei nicht albern! Natürlich darfst du dich wehren!" Ansatzlos sprang sie mich an, ihr Schwert an der linken Hüfte, um es wie bei einem Ziehschlag über meinen Leib zu ziehen. Eine alte Kunst, die sich vor Jahrzehnten in Konoha einer gewissen Beliebtheit erfreut hatte. Zumindest bis das Kunai das Schwert mehr und mehr abgelöst hatte.
Ich wich aus, sprang einen Schritt nach hinten. Nun erwies es sich als weise Voraussicht, das ich das Kunai mitgenommen hatte. "Ich versuche, vorsichtig mit dir umzugehen, Kuzoko-chan. Du bist keine Kunoichi, und ich will dich nicht versehentlich töten."
"Soweit kommt's noch! Als wenn ein Mensch gegen mich eine Chance hätte!" Wieder griff sie an, frontal, und diesmal stoppte ich sie mit meinem Kunai. Sie drückte mit all ihrer Kraft, und das war beachtlich viel. Aber nicht genug für einen durchtrainierten Shinobi Konohas. Als sie merkte, dass sie mit dem Angriff nichts erreichte, spuckte sie mir ins Gesicht. Spinnenseide, die meine Augen verschloss. Sie sprang zurück, aus meiner Reichweite raus.
"Kuzoko, das war nicht fair", tadelte ihr Vater.
"Wir haben nicht ausgemacht, dass ich auf etwas verzichten muss", verteidigte sie sich. "Und in der Ninja-Welt muss man auf alles gefasst zu sein, oder? Sogar darauf, dass der Gegner einen blendet. Na, wie fühlt es sich an, Morikubo, mir so hilflos ausgeliefert zu sein?"
Bedächtig schüttelte ich den Kopf. "Ich bin ein Ninja. Ich brauche meine Augen nicht."
Sie schnaubte wütend und begann mich zu umkreisen. "Angeber! Die Seide macht dich blind, bis ich sie wieder entferne! Du bist absolut hilflos und meiner Gnade ausgeliefert. Sieh deine Niederlage besser ein, bevor ich dich aus Versehen töte!"
"Kuzoko-chan!", rief ihre Mutter tadelnd.
"Ist doch wahr! Er hat angefangen!", murrte sie.
"Wie ich schon sagte, Kuzoko-chan, ich brauche meine Augen nicht. Wenn du ein Shinobi bist, spielst du in einer vollkommen anderen Liga als die anderen Menschen. Natürlich behindert es mich, dass du mich geblendet hast, aber nicht in dem Maß, den du dir erhofft hast. Ich versuche dennoch, nett zu sein."
"Nett? Du kannst mich mal am..."
Gut, das ich ihr nicht verraten hatte, dass ich auch ein sensorischer Ninja war, sonst hätte sie womöglich auch noch verlangt, dass ich auch das wegließ. So aber konnte ich sie sehr gut erkennen, wie sie in all ihrer Wut von schräg rechts hinter mir herangestürmt kam, ihre Klinge zum Schlag von oben, dem Karatake, erhoben. Dies tat sie lautlos, was ich für sie als Pluspunkt vermerkte. Dennoch würde ich die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Ich blieb still stehen, bis zu jenem Moment, an dem sich ihre Arme für den Schlag erneut anspannten. Dann passierte ich sie mit Step. "Es ist vorbei", sagte ich mit leiser Stimme.
"Wie, vorbei?", fragte Kuzoko erstaunt. Das war ungefähr eine Sekunde, bevor ihr gelber Yukata vorne aufging, und ungefähr eine weitere Sekunde, bevor er sich auf dem Rücken in zwei Teile spaltete. "Kyaaaaa!"
Mit Hilfe meiner sensorischen Fähigkeiten sah ich, wie sie erneut die Arme vor die Brust legte, und sich zu Boden hockte. "Du Perverser!"

Ich ging zu ihr, nahm das Schwert an mich, das sie fallen gelassen hatte, und kniete mich vor ihr nieder. "Das meinte ich damit, als ich sagte, dass du keine Kunoichi bist. Eine wahre Kunoichi hätte sich vom Verlust ihrer Bekleidung nicht beeindrucken lassen. Oder sie hätte aus dem Gefühl der Scham, das du gerade erfährst, die Kraft für den nächsten Schritt gezogen, um mich zu besiegen. Du aber bist wie ein hochgeborenes Prinzesschen in dich zusammengesunken, als das Spiel nicht mehr so ging, wie du es dir vorgestellt hast. Aus deinem Clan bist du wahrlich die schlechteste Wahl, um meine Fähigkeiten zu prüfen."
Ich spürte, wie sie kräftig errötete, allerdings vor Wut, nicht aus Scham. "Aber ich denke, du hast deine Lektion gelernt, Kuzoko-chan, und wirst deine kleine Schwester nun Kira anvertrauen. Ich verspreche auf sie aufzupassen, wann immer er sie ruft und ich zugegen bin."
"Gut, du bist nicht vollkommen unfähig. Aber können wir Kuromi wirklich mit so einem Perversen allein lassen, Mutter?"
"Vorsicht, Töchterchen. Nenn ihn nicht pervers. Du hast ihn selbst geblendet, damit er nichts sehen kann", tadelte sie. "Und wenn wir gerade dabei sind, mach es ab."
"Aber Mutter, dann kann er sehen, dass ich..."
"Mach! Es! Ab!"
"Ja, Mutter." Sie nahm die Linke, berührte die Seide auf meinem Gesicht, und löste sie von meinen Augen.
Höflich wie ich war, hielt ich sie verschlossen, bis sie fertig war. "Danke, Kuzoko-chan." Ich erhob mich und wandte mich von ihr ab. Erst jetzt öffnete ich meine Augen wieder. "Gibt es noch jemanden, der gerne widersprechen möchte, oder haben wir die Sache jetzt geklärt?"
"Nein, ist geklärt", kam es mürrisch von Kuzoko-chan. Zustimmendes Gemurmel lag in der Luft.
"Dann ist alles gesagt und getan", sagte Kageji-sama. Er zog seinen weißen Oberkimono aus und legte ihn seiner Tochter über die Schulter.
"Danke, Paps", murmelte sie und schniefte leise dazu.
"Dem gebe ich Recht", sagte Hino-sama. "Wir prüfen Kira Yamada-kun auf seine Tauglichkeit zum permanenten Kontraktpartner der Spinnen."
Ich deutete eine Verbeugung an. "Ich bedanke mich im Namen Konohas." Verlegen deutete ich auf das Loch im Vorhang. "Ich bitte um Entschuldigung für das Malheur."
"Das musst du nicht. Es war eine interessante Vorführung." Sie erhob sich von ihrem Thron und trat zu mir herab. Am Fuß des Throns aus Spinnenseide nahm sie ein Päckchen auf und legte es mir in die Hand. "Nimm dies als Geschenk des Spinnenclans für dich, deine Genin, für Kira-kun und für deine anderen beiden Begleiter. Sie werden nützlich für euch sein."
"Sie?", fragte ich, als ich das federleichte Paket in meinen Händen wog.
"Es sind Hemden. Hemden aus Spinnenseide. Sie sind weich und angenehm zu tragen, aber zugleich so hart wie Stahl. Wenn Ihr sie unter den Westen tragt, werden Kunais und Pfeile von ihnen abprallen. Ich hoffe, das wird euch eine kleine Hilfe sein."
Erstaunt sah ich das schmale kleine Päckchen an, das die Größe hatte, welches die Größe eines meiner Shirts hatte, wenn ich es zusammenfaltete. Und hier sollte genug für alle meine Gefährten drin sein? Aber es war ein Geschenk, und ein Geschenk wies man nicht ab. "Danke, Hino-sama."
"Das ist noch nicht alles. Leider bin auch ich nur eine Mutter, und deshalb will ich... Ah, eine Sicherheit haben. Das wirst du sicher verstehen, Mamoru."
"Ja, das tue ich. Welche Sicherheit?"
"Ich möchte, dass du auch einen temporären Kontakt mit uns eingehst. Nur für den Notfall, zum Beispiel, um einen von uns beschwören zu können, wenn etwas wirklich schief gelaufen ist. Oh, ich mag da gar nicht dran denken, aber... Nur um sicherzugehen."
Ich runzelte die Stirn. "Und mit wem soll ich einen Kontrakt eingehen? Kageji-sama wäre sicher eine gute Wahl."
Hino-sama kniff überrascht die Augen zusammen. "Mamoru, du weißt, wie wir einen Kontrakt eingehen, oder?"
"Ja, weiß ich. Und?"
"Nicht, dass ich nicht weiß, dass Kageji ein guter Küsser ist, aber stört dich das nicht?"
"Zugegeben, das ist ungewohnt für mich, aber es geht hier nicht ums Knutschen, sondern um einen tieferen Sinn", erwiderte ich.
"Ich bewundere deine Entschlossenheit, aber es ist vielleicht etwas vermessen von dir, einen Kontrakt mit dem Wesir der Spinnen eingehen zu wollen."
Verlegen senkte ich den Blick. "Verzeihung, Hino-sama."
"Allerdings hast du deinen Wert bewiesen, und da ist jemand, der die Lektion gebrauchen kann. Kuzoko-chan!"
"Mutter, das ist nicht dein Ernst!"
"Was mein Ernst ist, und was nicht, das überlasse bitte mir, Schatz. Und jetzt komm und geh mit diesem tapferen Shinobi einen temporären Kontrakt ein."
Mürrisch erhob sie sich, raffte den Oberkimono enger um sich und band ihn mit dem Gürtel ihres Yukatas zu. "Wenn es denn sein muss."
Sie trat vor mich. In ihren gelben Augen glitzerte etwas, das ich nicht kannte. Hass war es jedenfalls nicht. "Hiermit biete ich dir einen temporären Kontrakt an, für sechs Beschwörungen", sagte sie, und drückte mir einen harten, schnellen Kuss auf die Lippen. "Glaub jetzt nur nicht, das machen wir jedesmal, wenn wir uns sehen", murmelte sie, und trat einen Schritt von mir fort.
"Keine Sorge, Kuzoko-chan, ich erwarte nichts." Ich trat den Schritt, der uns trennte, zu ihr hin und drückte ihr den Knauf ihres Schwertes in die Hand. Kurz ruhten meine Lippen an ihrem rechten Ohr. "Und mach dir keine Sorgen. Du bist obenrum schon ganz gut ausgestattet. Ich kenne flachere Mädchen als dich. Sehr viel flachere."
Ich erwartete eine harsche Reaktion von ihr, immerhin fuhr ich hier eine harte Provokation. Aber sie reagierte nicht. Also trat ich einen Schritt von ihr zurück. "Kuzoko-chan?"
Sie hatte entsetzt den Mund geöffnet, und ihr Gesicht war bis unter die Haarwurzeln errötet.
"Kuzoko-chan?", fragte ich erneut, und schnippte mit der Rechten vor ihren Augen.
Sie schreckte auf, sah mich an, und dann verlegen weg. "Wehe, du meinst das nicht ernst."
Diese Reaktion verblüffte mich dann doch. Frauen. Ich würde sie wohl nie begreifen.
"So, jetzt ist alles erledigt", sagte Hino-sama. "Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit, Mamoru."
"Ich freue mich auch darauf, Hino-sama. Ab wann kann Kira Kuzomi-chan beschwören?"
Kageji-sama räusperte sich. "Ab übermorgen Mittag. Ich würde mir wünschen, dass er sie beschwört, damit sie euch bei der Reise begleiten kann. Etwas Stamina wird ihr nach der Verletzung gut tun."
"Gut. Ich werde es ihm ausrichten." Somit war die Zahl meiner Reisegefährten erneut angewachsen. Aber... Ich freute mich auf die weitere Reise.
Ich sah auf. Unbemerkt von mir war die Sonne aufgegangen. Es war früher Morgen. Aber ich hatte die Nacht nicht vertan. Ich hatte viel Spaß gehabt. Dennoch wurde es Zeit, zu den Menschen zurückzukehren. Dort hatte ich viel zu tun. Also verabschiedete ich mich von den Spinnen, und machte mich auf den Rückweg.
"Wehe, wenn nicht!", klang mir Kuzoko-chans Stimme hinterher.
Frauen...
***
Die drei Genin waren gerade aufgestanden. Kishio hatte von Perine-sama die Erlaubnis erhalten aufzustehen, und wie die Jungs seinen Futon beiseite geräumt. Dann hatte er ohne gefragt worden zu sein den Futon von Mamoru-sensei ebenfalls beiseite geräumt, und sich in eine Ecke des Raums gesetzt, wo er still abwartete.
Kira beobachtete ihn misstrauisch. Es war noch nicht Zeit für das Frühstück, aber auch noch nicht Zeit für das Morgentraining, geschweige denn dafür, um die Baumkletterei wieder aufzunehmen. Und Sensei war nicht da. Perine-sama hatte zwar gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen mussten, aber normal war das eben doch nicht, dass Sensei mitten in der Nacht verschwand, ohne sich abzumelden.
"Hey, Kishio!", rief Kira plötzlich. "Ich weiß, du bist älter als wir. Aber du siehst hoffentlich ein, dass wir deine Sempais sind! Ne?"
"Kira, das ist nicht nett von dir", sagte Mai.
"Er soll bloß nicht glauben, dass er Mamo-chans Zeit in Beschlag nehmen kann", sagte der Junge hitzig. "Wir sind ja auch noch da! Wichtiger noch, wir waren vor ihm da!"
"Erstaunlich, wie sehr du auf das Training mit Mamo-chan fixiert bist, dafür, dass du ihn anfangs für einen Schwächling gehalten hast", spottete Shinji.
"Das war was vollkommen anderes!", erklärte Kira rigoros. "Ich will hier auch nur ein paar Grundsätze klarmachen. Immerhin müssen wir ab jetzt mit Kishio auskommen, oder?"
Der große rothaarige Bursche erhob sich und kam auf den Tisch zu.
Unwillkürlich ging Kira in Abwehrhaltung. "W-was ist denn jetzt?"
Kishio nickte ihnen zu und verließ den Raum. Als er nach ein paar Minuten wiederkam, trug er ein Tablett mit sich. Es waren Teetassen, mit Grüntee gefüllt. Er setzte sich neben den Tisch, und stellte vor jeden der drei Genin eine Tasse ab. "Kamura-sama war so nett, mich ihre Küche benutzen zu lassen, obwohl sie dabei ist, das Frühstück zu machen", erklärte er, erhob sich wieder und ging in seine Ecke zurück.
"Aber das ist doch...", murrte Kira.
"Das ist doch eine nette Geste", sagte Shinji. "Und du wolltest es doch, dass er uns als Sempais anerkennt."
"Ja, aber... Aber..." Er sprang auf und lief auf den Flur. Kurz darauf kam er wieder, eine vierte Tasse in der Hand. Er stellte sie zwischen Shinji und Mai ab. "Kishio!", sagte er und deutete auffordernd auf die Tasse. "Ich glaube, du missverstehst mich. Oder ich habe mich falsch ausgedrückt."
"Ich möchte nicht im Wege stehen. Es würde mich freuen, wenn ich nützlich wäre", sagte der Rotschopf.
"Komm, und setz dich!", blaffte Kira ärgerlich.
Kishio zögerte. Dann aber erhob er sich und setzte sich, nachdem die Genin für ihn Platz gemacht hatten, ebenfalls an den Tisch.
"Was ich meinte, ist, dass wir schon länger bei Mamo-chan sind. Sicher, du wirst eine Menge drauf haben, wenn du hier draußen alleine überlebt hast, und so. Aber du bist kein Ninja. Ich meine, wir haben bestimmt alle mehr Techniken drauf als du. Was ich sagen will, ist, dass wir dir sicher eine Menge beibringen können. Dazu musst du nicht Mamo-chan fragen."
"Und ich bin mir sicher", mischte sich Shinji ein, "dass wir auch vieles von dir lernen können."
"Unbedingt", ereiferte sich Mai. "Wir haben zwar eine Ausbildung, die uns befähigt, hier in den Wäldern ohne Hilfsmittel zu überleben, aber du hast es gelebt. Wie lange eigentlich schon?"
"Sechs Jahre", sagte Kishio. Als die Worte heraus waren, sah er erschrocken in die Runde, so als ob er das niemals hatte verraten wollen.
"Sechs Jahre? Wie alt warst du da?", fragte Shinji erschrocken.
Kishio gab sich einen Ruck. Wenn er schon damit angefangen hatte, konnte er auch weiterreden. "Neun oder zehn. Es ist zu lange her."
"E-es gibt einige Shinobi in Konoha, die schon mit neun Jahren Genin geworden sind!", sagte Mai. "Nur sind die meistens nicht auf sich gestellt."
Shinji klopfte dem Größeren jovial auf die Schulter. "Das ist jetzt sowieso alles vorbei. Jetzt bist du in einem anderen Leben." Er griente den Rotschopf bei diesen Worten an. "Ab hier geht es dir besser, versprochen. Und wenn es etwas gibt, was du wissen willst, dann frag nur. Dafür sind deine Sempais ja da. Nicht, Leute?"
Die anderen beiden Genin nickten zustimmend.
"Willst du denn etwas wissen?"
Kishio musterte den blonden Genin. "Nicht im Moment. Aber ich werde im Lauf der Zeit sicher viele Fragen haben, Sempai." Der rothaarige Junge schaffte es, das letzte Wort nicht amüsiert klingen zu lassen. Er war schon zu lange alleine unterwegs, um bereit zu sein, sich auf andere zu verlassen. Vor allem nicht, wenn er sie erst einen Tag kannte. Und vor allem nicht, wenn sie jünger waren als er selbst. Andererseits war Alter für das Können eines Menschen keine optimale Bewertungsgrundlage. Immerhin hatte er sechs ewig lange Winter in dieser Region überlebt, auf die eine oder andere Weise, auch wenn er nie an einem Ort hatte bleiben können. In seinem letzten Winter zum Beispiel, wo er bei der älteren Dame hatte unterkommen können, im Gegenzug für Holzhacken, Saubermachen und Bett wärmen... Er hüstelte verlegen, als er daran dachte, was das Bett wärmen bedeutet hatte. Aber es war nicht unangenehm gewesen, und seither interessierte es ihn schon ein wenig. Er hüstelte erneut und schob die Gedanken beiseite. "Und um das klarzustellen: Mamoru-sensei hat mir das Leben gerettet. Ich bin ihm verpflichtet, bis ich ihm das Leben retten kann, oder bis ich meine, meiner Ehre ist Genüge getan. Ich bin nicht hier, um von ihm zu lernen. Ich bin hier, um ihm zu dienen. Und wenn Ihr das wünscht, kann ich euch einiges abnehmen. Ich bin ein guter Koch, und so."
Kira schüttelte tadelnd den Kopf. "Nein, das geht gar nicht. Denkst du etwa, wir ziehen dich mit durch? Du wirst schon einiges lernen müssen. Von Mamo-chan, und auch von uns. Du musst mindestens so kampfstark sein wie wir, sonst bist du eine Belastung für uns. Ich weiß, solche Worte tun weh, aber wir müssen uns auf dich verlassen können. Und wir müssen wissen, was du drauf hast, damit wir uns auf dich einstellen können. Wir können uns ja nicht ewig hinter Mamo-chan verkriechen, das haben wir ja gestern gesehen."
Kishio öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, ließ es dann aber doch. "Gut."
"Ich bin sicher, du kannst das eine oder andere, was du dir abgeschaut hast, und so, aber wir müssen da echt 'ne Linie reinbringen. Das ist nun mal die Aufgabe für Sempais, nicht?" Er klopfte dem Älteren vertraulich auf die Schulter. "Wir werden schon gut zusammenarbeiten, und einen richtigen Konoha-Shinobi aus dir machen. Wir sind vielleicht jung, aber wir haben viel gelernt und einen wachen Verstand. Wir können dir viel geben, Kishio, und das müssen wir auch, wenn wir zusammenbleiben. Jeder muss dort eingesetzt werden, wo seine Stärke uns am Meisten nützt. und wir kriegen dich stark, Kishio, keine Sorge. Ich sehe großes Potential in dir."
Verdutzt sah der Rotschopf den jungen blonden Burschen an. Dann vollzog sich mit ihm eine erstaunliche Änderung: Er lächelte, und es schien, als würde in seinem Herzen eine neue Sonne aufgehen. "Danke, Kira-sempai."
Der Junge errötete, als er derart angesprochen wurde. "N-nur Kira. Wir sind vielleicht technisch deine Sempais, aber du bist ja älter als wir. Also, Kira reicht völlig."
Kishio schmunzelte. "Verstehe. Also dann - Kira."
Mai sah ihn verblüfft an. "Du hast aber ein schönes Lächeln, Kishio. Warum zeigst du das nicht öfter?"
Diese Worte ließen einen Schatten über sein Gesicht ziehen. "Ich hatte bisher nicht viel Grund zu lächeln, seit mein Clan..." Er schwieg, und die Stille erschütterte die Genin mehr, als es weitere Worte hätten tun können.
"Na, wie auch immer", beeilte sich Mai zu sagen. "Du solltest in jedem Fall mehr lächeln, Kishio."
"Wenn du das so nett verpackst, Mai-chan."
"Ja, genau das Lächeln meine ich." Sie lächelte zurück.
Kira stieß Shinji unter dem Tisch an.
"Ahaha, aber ich habe eine Frage. Kishio, was hat es denn mit deinen Tätowierungen auf sich? Wir haben ja einige Clans in Konoha, die Tätowierungen als Zeichen der Zugehörigkeit benutzen. Wie war das bei dir so?"
"Das würde mich jetzt auch interessieren. Die Spiralen, die sich von deiner Stirn über die Schäfen über die Wangen ziehen, sehen nämlich Konohas Zeichen sehr ähnlich", sagte Kira.
Das Lächeln Kishios wurde verlegen. "Es tut mir leid, aber ich mag darüber nicht sprechen. Noch nicht. Es... Es ist alles, was mich noch mit meiner Vergangenheit verbindet, wie im Guten, so im Schlechten."
Vertraulich legte Mai ihm eine Hand auf seine Linke. "Wenn du nicht willst, dann musst du nichts erzählen, Kishio. Lass dir Zeit. Aber wenn du eines Tages etwas loswerden willst, dann sind wir für dich da. Nicht, Jungs?"
Shinji grunzte zustimmend.
"Natürlich!", ereiferte sich Kira. "Immerhin sind wir seine Sempais!"
Die beiden Genin tauschten einen Blick aus. "Sensei kommt und kommt nicht!", rief Shinji und sprang auf. "Ich bin dafür, dass wir vor dem Frühstück was Nützliches tun. Kishio, kannst du gut mit Shuriken umgehen?"
"Ich bin eigentlich mehr der Schwerttyp..."
"Aha, schon eine Lücke in deiner Ausbildung entdeckt!" Er griff nach der Rechten des Rothaarigen und zog ihn auf die Beine. "Komm, wir üben werfen, und ich zeige dir ein paar Kniffe. Bis zum Frühstück ist noch massig Zeit!"
"Ist gut", erwiderte er ein wenig überfahren.
Als die beiden den Raum verlassen hatten, seufzte Kira zufrieden auf. "Wollen wir dann auch mal, Mai-chan? Mai-chan, warum grinst du so?"
"Ach, nichts, nichts. Ich freue mich nur, weil ich so große, aufmerksame und stattliche Beschützer habe." Sie erhob sich, beugte sich vor, und gab Kira einen Schmatzer auf die Wange. "Los, gehen wir mit üben."
Verwundert rieb sich der blonde Junge die Wange. Wofür hatte er denn den verdient? "I-ich komme!", rief er hastig und erhob sich.

Draußen auf dem Flur sah Perine dabei zu, wie die vier jungen Leute nach und nach an ihr vorbeistieben, ohne sie zu bemerken. Mamoru würde, sobald er zurückgekehrt war, mehr als erfreut darüber sein, wie die Dinge sich hier entwickelt hatten. Genausogut hätte hier alles in Mord und Totschlag enden können.
Sie beobachtete die ersten Shuriken-Übungen der Kleinen, und musste schmunzeln als Mai darauf bestand, dass Kishio mit ihren zusammenklappbaren Fuusha Shuriken trainieren sollte, anstatt erst mit den kleineren anzufangen. Doch Shinji setzte sich durch, als er darauf hinwies, dass Kishio noch nicht mal mit den Kleinen traf. Also betrieben die drei Genin eine Art Basis-Ausbildung für Mamorus Findling. Wobei sich die Affenkriegerin nicht sicher war, ob er sich nicht absichtlich zurückhielt, um den Jüngeren nicht die Freude zu vermiesen.
Sie stieß sich von der Wand ab und beschloss, Frau Kamura zu bitten, das Frühstück noch etwas rauszuzögern.
***
Rechtzeitig zum Frühstück erreichte ich das Haus des Dorfvorstehers und setzte mich nach einem fröhlichen Morgengruß an den Tisch.
Shinji, der sich gerade eine Ecke Reis in den Mund geschaufelt hatte, verschluckte sich fast. "Sensei! Warst du etwa nur in deiner Unterwäsche im Wald?"
Diese Frage verblüffte mich. Stimmt, ich hatte nur mein Stirnband angelegt, und ein Kunai mitgenommen. "Das sind doch Boxershorts. Die sind so gut wie Hosen, oder?"
Mai sah verlegen zu Boden. "Na, wenn Sensei das sagt, wird es wohl stimmen..."
"Nein, tut es nicht!", sagte Kira bestimmt. "Unterwäsche bleibt Unterwäsche. Da hättest du ja gleich im Fundoshi rumlaufen können, Sensei! Kishio, sag doch auch mal was!"
"Wenn Mamoru-sensei es befiehlt, dann sind Boxershorts so gut wie Hosen."
"Verräter!", murrte Kira.
Perine musste lachen. "Du solltest dir wirklich etwas anziehen, Mamo-chan. Sonst kann ich mich nicht auf das Frühstück konzentrieren."
"Okay, okay, ich habe es verstanden." Ich erhob mich wieder und zog Hemd und Hose von gestern an. Das heißt, ich wollte das Hemd anziehen, als mir das Geschenk der Spinnen wieder einfiel.
"Kira."
"Sensei?"
"Ich wurde gestern wegen deinem temporären Kontrakt zu den Spinnen gerufen. Ich habe die Clanschefin kennengelernt, Hino-sama. Sie hat gesagt, wenn du dich bewährst, steht einem permanenten Kontrakt nichts im Wege. Also gib dir Mühe. Und was zum Nachdenken habe ich auch für dich. Ich habe Kuzomi-chans Vater kennengelernt, und den willst du garantiert nicht enttäuschen, glaub mir das."
"Ich werde mir Mühe geben, versprochen", murmelte er in seine Miso-Suppe.
"Und noch was habe ich mitgebracht." Ich legte das kleine Päckchen auf den Tisch und setzte mich.
"Was ist das denn?", fragte Mai neugierig.
"Ist es das, was ich vermute?", fragte P-chan.
"Wartet es ab", sagte ich fröhlich, und öffnete es. Der Inhalt war leicht und fluffig und irgendwie ganz schön viel für das kleine Päckchen. Mit einiger Mühe nahm ich die oberste Schicht ab und begann sie zu entfalten. Als ich damit fertig war, hielt ich ein kurzärmliges Shirt in Händen, wie wir Ninjas es unter den Jacken und Westen zu tragen pflegten. Ich betrachtete das hauchdünne Gespinst genauer. "Das wird dann wohl für mich sein." So begann ich zu sortieren. "Ah, für Perine. Das sieht so aus, als wäre es für Kishio gemacht. Hm, das ist für Mai-chan. Shinji, für dich. Und zum Schluss natürlich Kira." Verblüfft registrierte ich, dass das Päckchen noch immer da war. Ich wiederholte die Prozedur, und am Ende hatte jeder drei Hemden erhalten.
Verwundert schüttelte ich den Kopf. Wie war das möglich?
"Spinnenstahl", stellte Perine fest. Sie hatte einen ihrer Finger in eine Affenkralle verwandelt und versuchte nun, durch das Material zu bohren. Es gelang ihr nicht. "Was für ein Geschenk."
"Spinnenstahl?", fragte Kira verwundert, während er eines seiner Shirts von allen Seiten betrachtete.
"Eigentlich ist es Seide, aber sie hat die Festigkeit von Stahl", sagte ich. "So hat es mir Hino-sama zumindest erklärt. Ultraleicht, aber superstabil. Genau das Richtige für einen Shinobi. Eine Rüstung, die ihn nicht behindert."
"Das ist ja mal ein tolles Geschenk!", sagte Mai freudig. "Wir müssen uns bei der Herrin des Spinnenclans unbedingt bedanken."
"Ja, das sollten wir. Und das werden wir auch", sagte ich lächelnd. Dass ich nun auch einen temporären Kontrakt mit den Spinnen hatte, verriet ich Kiras Ego zuliebe vorerst nicht.
"Sobald Ihr gegessen habt, macht Ihr euch wieder ans Klettertraining", bestimmte ich. "Shinji, nimm die beiden hart ran."
Der etwas dickliche Genin salutierte mit Zeige-, und Mittelfinger. "Na logo, Sensei. Wir wollen ja alle neue Tricks von dir lernen."
"Darf ich mit und zuschauen?", fragte Kishio überraschend. "Wirklich nur zuschauen!"
"Na, ich weiß nicht. Perine?"
Die Affenkriegerin lächelte verschmitzt. "Wenn er wirklich nur zuschaut, ist das in Ordnung. Aber du gehst wirklich nur bis zum Kletterplatz und wieder zurück, ja?" Ihr Lächeln wurde intensiver. So intensiv, das es beinahe wie eine Wolke über dem Tisch zu schweben schien. Und wenn ich Wolke sage, meine ich eine Gewitterwolke.
Kishio hob abwehrend beide Hände. "Ich will wirklich nur zuschauen. Ehrlich."
"Na, dann ist ja gut. Je länger du krank bleibst, desto später können wir weiterziehen."
"Alles klar!", rief Kira. Er sprang auf. "Gehen wir klettern!"
"Jawoll!", riefen Shinji und Mai, und streckten ihre Arme in die Höhe.

"Kira!", sagte ich scharf.
Der Junge verhielt mitten im Schritt. "Sensei?"
"Kageji-sama hat gesagt, ab morgen kannst du Kuzomi-chan beschwören. Dann hat sie ihren Beinbruch ausgeheilt."
"Jawohl, Sensei."
"Kira!"
"Sensei?"
"Du wirst sie morgen beschwören."
"Ja, Sensei."
"Kira!"
"Sensei?"
"Sie wird uns ein paar Tage begleiten. So haben wir das vereinbart."
"Oh, das freut mich!"
"Toll!", ereiferte sich Mai. "Das wir Kuzomi-chan so bald wiedersehen würden, hätte ich nicht gedacht!"
"ICH habe es mir gedacht", sagte Shinji. "Vor allem wenn wir direkt neben dem Portal zur Anderswelt wohnen, meine ich."
"Kira!"
"Sensei?"
"Seid Ihr noch nicht weg?"
"Sind wir!", versicherte der Junge. Er ergriff Kishios Rechte, und zog ihn auf die Beine. "Bis zum Mittag dann!"
Die drei Genin liefen voraus. Kishio folgte ihnen in einem gemäßigteren Tempo.

Ich grinste, als ich den Kleinen nachsah. War ich auch mal so gewesen? So laut, so enthusiastisch, so flink? Und hatte ich mich auch so fix an Neues angepasst? Das, was Mai, Kira und Shinji gerade durchlebten, lag für mich erst fünf Jahre zurück. Aber manchmal schienen es mir Jahrzehnte zu sein.
"Und was machen wir beide Hübschen dann heute so?", fragte Perine mit unschuldigem Augenaufschlag. "Ich meine, nachdem du gebadet hast, Herr Ich war im Wald."
"Nun, ich wollte mich an einem Jutsu versuchen, das mir Asuma gezeigt hat. Wenn du mir helfen willst... Es ist verdammt schwierig, weil es Wind-Natur und Feuer-Natur benötigt. Es wird eine lange und harte Arbeit."
"Yay! Neues Jutsu!"
"Aber vorher sollte ich tatsächlich baden, oder?", fragte ich, nachdem ich an meinen Armen gerochen hatte.
"Yay! Baden!"
"Was wäre ich nur ohne dich, Perine?", fragte ich seufzend.
"Weiß nicht. Vermutlich wärst du mit der Oto-Perle damals durchgebrannt und würdest jetzt als Getsu-Nin arbeiten. Bei denen wärst du vermutlich mittlerweile Jounin."
Ich lachte auf. "Ach ja, da war ja noch was. Gut, dass ich dich habe, Perine-sama!"
"Wehe, du meinst das nicht ernst, Mamo-chan", erwiderte sie mit einem angriffslustigen Lächeln.
"Oh, ich weiß, was ich an dir habe, mein Schatz." Ich zwinkerte ihr zu. "Ich bade."
"Yay!"
"Alleine."
"Wie langweilig."
"Langweilig, ja. Aber auch sicher. Für mich."
"Das sagst du nur, weil ich so gut gebaut bin, tolle Kurven habe, eine samtweiche Haut mein eigen nenne und meine Finger so eine unglaublich prickelnde Berührung haben", schmollte sie.
"Richtig. Und genau deshalb bade ich alleine."
"Wenigstens hast du einen guten Grund", murrte sie.
Einen sehr guten Grund, wie ich fand. Ich verließ den Raum, mit einem Hemd aus Spinnenseide in der Hand. Auch darauf war ich sehr gespannt.

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Angry Eagles

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7.
Es war der dritte Morgen seit unserer Ankunft in Murata No-Son. Wir würden aufbrechen, so oder so, was vor allem Herr Kamura und seine Frau mit Bedauern aufnahmen. Kein Wunder, denn wir hatten nicht nur den geheimnisvollen Dieb entdeckt und eingefangen, wir hatten auch entdeckt, dass es zwei Diebe gewesen waren, und dass der zweite Dieb der gefährlichere der beiden gewesen war. Nun, vielleicht nicht gefährlicher, aber hinterlistiger, falscher, verbrecherischer. Ja, das konnte man so stehen lassen. Ich persönlich bedauerte Kurokos Tod nicht, der ihn ereilt hatte, als er meine Genin hatte hinterrücks attackieren wollen.
Apropos Genin: Die drei hatten am gestrigen Abend alle die Baumspitze erreicht, waren aber schon wieder beim Baum, um das Erreichte zu trainieren. Einerseits fand ich das lobenswert. Ein Ninja stand und fiel mit seiner eigenen Leistung, und die erwarb er sich durch Training. Andererseits war ich etwas besorgt, dass ich mitten auf der Strecke drei erschöpfte Genin würde tragen müssen. Eine kleine Sorge, zugegeben.
Es wäre natürlich klüger gewesen, gleich nach dem Frühstück aufzubrechen, um den Tag nutzen zu können, aber die Kamuras und ihre Freunde im Dorf hatten darauf bestanden, uns mit einem großen Mittagsmahl zu verabschieden. Ergo stand Frau Kamura mit ihren Freundinnen schon wieder in der Küche und arbeitete. Es wurde viel gelacht und gescherzt. Mit einem zufriedenen Blick besah ich mir die Szene in der Küche, glaubte für einen Moment sogar P-chan zwischen den Frauen zu sehen, während sie kochen half. Aber das war nicht möglich. Die Affenkriegerin ließ sich von den Genin ihre Fortschritte zeigen. Nein, das war nicht P-chan, es war... "Kishio!"
Eine der Gestalten mit Kopftuch, die lachend und scherzend in der Küche arbeiteten, sah auf, den Kopf in meine Richtung gedreht.
"Mamoru-sensei?"
Ich runzelte die Stirn. Ich war es nicht gewohnt, Männer kochen zu sehen. Nicht, wenn man wie ich aus einem Haushalt kam, in dem es bereits zwei perfekte Köchinnen gab, die ihre Küche und Position mit dem Leben verteidigten. Aber ich hatte in meiner Zeit als Shinobi oft genug selbst kochen müssen. Also wusste ich nicht, was mich mehr irritierte: Dass ein Mann kochte, oder dass er zwischen den Frauen nicht weiter auffiel, wenn man nicht genau genug hinsah. "Kann Frau Kamura dich entbehren?"
"Geh nur, Kishio-kun. Du warst uns schon eine große Hilfe", sagte Frau Kamura und schickte den jungen Mann mit einem Lächeln aus der Küche.
Während der rothaarige Junge auf mich zukam zog er das Kopftuch herunter. "Mamoru-sensei?"
"Du kannst gleich weitermachen, wenn du das möchtest", sagte ich und deutete auf den Raum, der uns als Wohnzimmer diente. "Ich möchte vorher nur einiges klären."
"Ja, Sensei."

Ich ließ mich am Tisch nieder und bedeutete Kishio, mir gegenüber Platz zu nehmen. Bedächtig sah ich den Jungen an. Er trug noch immer den Kochkittel. Und er war noch jung genug, um auf den ersten Blick als Mädchen durchzugehen. Ich ahnte ein klein wenig, welchen potentiellen Ärger ich mir mit ihm eingehandelt hatte. Gut so. Ich mochte Herausforderungen.
"Kochst du gerne, Kishio?"
Der junge Mann räusperte sich. "Ich habe so einiges gelernt in den letzten Jahren. Und wenn man wie ich viel allein ist, dann ist es nicht schlecht, es einigermaßen zu beherrschen. Es soll einen ja nicht nur vor dem Verhungern retten, wenn es geht soll es ja auch noch schmecken."
Ich musste schmunzeln. Der Bursche würde meiner Mutter sicherlich gefallen.
"Es wird nicht lange dauern", versprach ich erneut. "Und ich koche selber ab und zu, und das ziemlich gut, möchte ich behaupten."
Der Junge entspannte sich sichtlich. Hatte er mit einem Tadel gerechnet? Dann hatte er wohl gelernt, dass ich nicht auf Rollenklischees versteift war.
"Es geht um dich", sagte ich nachdenklich. Sofort versteifte sich Kishio.
"Nicht um dich in dem Sinne. Du hast deine Vergangenheit, Kishio Moeru, und ich respektiere, dass es deine Vergangenheit ist. Die Tätowierungen, die sich über deinen Körper verteilen, sind Symbole, die ich nicht kenne. Wenn du magst, kannst du mir etwas über ihre Bedeutung verraten, oder auch nicht. Es ändert nichts zwischen uns."
Für einen Moment wirkte der Junge nachdenklich. "Ja, Sensei", sagte er schließlich leise.
"Mir ist klar, dass du trainiert bist. Du schmiedest Chakra, beherrschst leidlich Step und kannst mit einigen Waffen umgehen. Nicht auf eine Weise, wie man manchmal Dinge lernen muss, weil es nicht anders geht, sondern auf die antrainierte Weise. Jemand hat es dir beigebracht. Zum Beispiel mit einem Messer umzugehen. Aber auch darüber brauchst du mir hier und jetzt nichts erzählen."
Kishio wurde wieder etwas steifer in seiner Haltung. "Sensei?"
"Oh, ich komme gleich zum Punkt. Ich weiß, dass du sensorische Fähigkeiten hast. Fähigkeiten, die meine hoffnungslos übertreffen. Das ist nicht schwer, denn die sensorischen Fähigkeiten waren nie meine Stärke. Sie waren immer ein nützliches Anhängsel für mich, und ich habe nie gelernt, sie merklich zu steigern."
"Wenn ich dir einen Tipp geben darf, Sensei, dann würde ich sagen, das liegt daran, dass..."
Ich hob einen Arm, um Kishio zum Schweigen zu bringen. Ein seltsames Gefühl. Ich war bestenfalls zwei Jahre älter als der Junge, und ich behandelte ihn, als wäre ich ein Jounin, und er ein mir zugeteilter Genin, mit all der Überheblichkeit, die ich an den erfahrenen Shinobi nie gemocht hatte. "Wir werden viel Zeit haben, um darüber zu sprechen. Es gibt eine Sache aus deiner Vergangenheit, die wir hier und heute bereden müssen, Kishio."
Die Anspannung wuchs. Ich erkannte keine Abwehrhaltung bei dem Jungen, aber ich sah seinen Augen an, wie er bereits sortierte, was er mir zu sagen bereit war, und was nicht.
"Kishio, als du ausgebildet wurdest, hat man da deine Chakranatur bestimmt?"
"Bitte, was?", fragte er verblüfft.
"Deine Chakranatur. Eine Affinität zu den fünf großen Kräften. Feuer, Erde, Blitze, Wasser, Luft. Das, was dich befähigt, entsprechende Jutsus zu bilden."
Für einen Augenblick sah er mich entgeistert an. Dann schlug er sich mit der Rechten sehr kräftig vor die Stirn. "Ach so! Und ich wundere mich immer, warum ich solche Sachen nicht nachahmen kann! Jetzt ist es ja klar..."
Ich musste schmunzeln. "Also hat man es nicht getan."
"Nein, ich war noch nicht weit genug in meiner Ausbildung, Sensei."
Aha, wieder ein Bröckchen mehr. Das machte mir Mut. Fröhlich zog ich einen Umschlag aus meiner Weste und öffnete ihn. Er enthielt ein Dutzend Papierbögen. "Na, dann wollen wir doch feststellen, über welche Natur du verfügst. Dies ist Chakra-Papier. Damit erkennen wir die Natur eines Menschen. Wenn ein Wasser-Nutzer es berührt, wird es nass. Bei einem Blitz-Affinen zerknittert es. Ein Katon-Nutzer, also ein Feuer-Nutzer, lässt es brennen. Bei einem Erd-Nutzer zerfällt es, und beherrscht du Fuuton, die Windkraft, zerreißt das Papier."
"Aha."
Ich sah die Skepsis in seinem Blick. "Also, ich mache dir das mal vor." Ich entnahm einen Bogen Papier und legte ihn auf den Tisch. "Jetzt pass gut auf. Du brauchst nicht viel Chakra, um..."
Die Stichflamme unterbrach mich. Sie hüllte fast den ganzen Tisch ein und hinterließ an der Decke einen dunklen Rußfleck. Entgeistert starrte ich auf die hauchdünne Asche, die gerade unter meiner Hand verwehte. Ich hatte wirklich nur ganz wenig Chakra benutzen wollen... Aber dann war ich auf Nummer sicher gegangen und hatte ein klitzeklein wenig mehr benutzt, nur damit Kishio den Effekt auch zu sehen bekam. Das war anscheinend schon zuviel gewesen.
Er sah mich aus weit aufgerissenen Augen an. "Himmel, was war das denn? Und warum hast du es im Haus gemacht?" Seine Augen weiteten sich noch ein wenig mehr. "Hast du dich verbrannt, Mamoru-sensei?"
"Äh, nein. Mein eigenes Feuer tut mir nichts, und wenn es noch so heiß ist. Hm, da habe ich wohl etwas viel Chakra geschmiedet. Ich gebe zu, es ist schon acht Jahre her, seit ich den Test das letzte Mal selbst gemacht habe. Eventuell habe ich mich ein wenig unterschätzt."
"So, so, ein wenig also", sagte Kishio, rückte aber wieder an den Tisch heran. "Wird das bei mir auch so schlimm werden?"
Ich lächelte. "Keine Ahnung, aber wohl eher nicht. Dein Chakra ist noch zu roh, zu ungeschliffen. Die eine oder andere Fähigkeit zu erlernen wäre genau das Richtige für dich, Kishio."
Ich zog ein weiteres Blatt hervor und legte es auf den Tisch. "Nur zu. Versuche es."
Zögernd legte er die Hand auf das Blatt. "Und jetzt?"
"Chakra schmieden."
Kishio schloss die Augen und konzentrierte sich.
"Ah, das ist interessant", sagte ich. "Nimm die Hand weg." Ich erstickte das brennende Papier mit meiner eigenen Hand. Wenn man lange genug so wie ich mit Feuer gespielt hatte, dann taten einem auch fremde Flammen nicht mehr so viel, solange sie nicht zu heiß waren. "Du bist also wie ich Feuer-affin. Ein Katon-Nutzer. Das ist gut."
"Feuer also? Warum ist das gut, Sensei?"
"Weil Feuer ja auch meine Hauptaffinität ist. Ich werde dir alles beibringen können, was ich weiß."
Die Augen des Jungen leuchteten auf. "Du bringst mir Feuer-Jutsu bei? Wirklich?"
"Das muss ich sogar. Wie willst du denn in der Gruppe mithalten, wenn du kein Ninjutsu beherrschst? Komm, schiebe den Küchendienst auf, und ich bringe dir dein erstes Katon bei. Es ist das Katon Endan, der Feuerball. Wir Katon-Nutzer erlernen alle dieses Ninjutsu als erstes. Ich zeige dir, welche Fingerzeichen du brauchst und was du tun musst. Dann schauen wir mal, ob du nicht bis zum Mittag was Neues lernst."
Freudig sprang Kishio auf. "Sofort, Sensei!" Er schälte sich aus der Schürze, griff nach seinem Hemd aus Spinnenseide und war schon halb aus dem Zimmer. "Wir gehen trainieren, Frau Kamura!"
"Ist schon recht."
Sehr gut. Die Wunden waren an ihm gut genug verheilt, sodass er sich wieder normal bewegen konnte. Er zeigte keine Beeinträchtigungen mehr. Wenn ich ihn nun noch ein wenig schonte, war er bald wieder gesund. Zum Glück war es nicht sehr weit bis zu Gentas Dorf.
"Ich habe den Tisch versengt und die Decke angekokelt, Frau Kamura", sagte ich.
"Ist in Ordnung. Ich habe es schon gerochen. Aber ich nehme an, es ist jetzt aus?"
Ich schluckte bei so viel Ruhe. "Ja, es ist aus."
"Dann mach dir keine Sorgen, mein Junge. Der Tisch ist eh alt, und die Decke gehört gestrichen."
"Danke, Frau Kamura."
"Ach, da nicht für. Trainiert schön, ja?"
Die Kamuras waren doch richtig nette Leute, fand ich.
***
Mit einer gehörigen Portion Stolz beobachtete Shinji, wie seine beiden Kameraden die große Pappel erklommen, indem sie den Stamm in aller Gemütsruhe hinauf stolzierten, anstatt wie zuvor daran hochzulaufen. Etliche Schnitte in der Rinde markierten ihre Steigerungen in den letzten beiden Tagen, zu denen er Kira und Mai angetrieben hatte. Dies tat er übrigens, während er kopfüber unter dem Ast einer Eiche klebte.
Neben ihm hing Perine-sama und beobachtete ebenfalls das Geschehen. "Das ist ja richtig gut. Und das alles in zwei Tagen", stellte sie fest.
"Tja, man muss die Dinge eben einfach nur richtig angehen. Für mich war es leicht, weil mein großer Bruder mit mir oft meditiert. Das hilft meiner Chakra-Kontrolle, sagt er immer. Was soll ich sagen, Onii-chan hatte Recht. Mai-chan war nach mir die Nächste, die es begriffen hat. Aber ihr ging immer bei halber Strecke die Puste aus. Und Kira wurde davon, der Letzte zu sein, so sehr angestachelt, dass er sich mal richtig Mühe gegeben hat. Sonst ist er ja nur mit halbem Herzen bei der Sache, aber diesmal hat er richtig Leidenschaft gezeigt. Finde ich."
Perine-sama lachte leise. "Mir ist klar, dass der richtige Weg, um Kira-kun anzutreiben, sein Ehrgeiz ist. Wenn er erst mal sieht, was er mit Fleiß und Anstrengung erreichen kann... Du siehst es ja selbst, in fünfzehn Metern Höhe."
Dort in der Krone der Pappel hatten Kira und Mai erneut die Spitze erklommen. Sie lachten vor Freude und hielten sich dabei an den Händen.
"Okay, das reicht!", rief die Affenkriegerin den beiden zu. "Wollen wir dem Training einen krönenden Abschluss verpassen?"
Die beiden Shinobi sahen zu ihr herüber. "Wie das?", fragte Mai.
Perine-sama deutete nach Osten, wo sich in mehreren Kilometern Entfernung eine Felswand erhob. Sie ragte steil und mit etlichen Überhängen fast zweihundert Meter in die Höhe. "Wollen wir da rauf klettern?"
"Also, ich bin dabei!", rief Kira freudig, stieß sich von der Pappel ab und landete auf beiden Beinem und einem Arm am Fuß des Baums.
Mai war nicht ganz so enthusiastisch. "Ist das nicht etwas zu schwierig? Und außerdem, wenn man hier fällt, fangen einen die Äste auf. Da aber fängt einen nichts auf."
Perine-sama rollte die Augen. "ICH fange euch auf, versprochen. Also, bist du dabei, Mai-chan?"
Zweifelnd warf sie einen weiteren Blick zur Felswand. "Und du bist sicher, wir haben die Zeit? Was, wenn Sensei uns frühzeitig zurückruft?"
Irgendwo südlich von ihnen erklang eine Detonation. Eine Stichflamme erschien über den Baumkronen, die sich aber rasch verlor. Die drei Genin starrten entgeistert auf die Rauchwolke, die anstelle der Explosion langsam verwehte.
"Oh, keine Sorge, bis zum Mittag ist der beschäftigt, wie es aussieht", sagte sie wissend. "Kommt, beeilen wir uns."
"Ja, Perine-sama."
An der Spitze der Genin-Gruppe diktierte Perine die Geschwindigkeit beim Step. Mai war die Letzte, die ihr folgte. Zweifelnd sah sie die Felswand an, während die Genin ihr immer näher kamen.
***
"Ist das nicht ein klein wenig hoch?", fragte Mai zögerlich. Vom Fuß der Felswand aus wirkte sie gleich noch mal eine ganze Ecke höher, und wesentlich bedrohlicher als aus der Ferne. Sie betrachtete die fast senkrechte Wand und die vielen Vorsprünge, die es zu überwinden galt. "Was, wenn einem von uns mittendrin das Chakra ausgeht?"
"Ach komm, Mai. Du wirst doch nicht kneifen?", rief Shinji enthusiastisch. "Ich meine, wenn wir diese Wand hochkommen, sind wir einen Riesenschritt weiter, um auf Wasser laufen zu lernen!"
Kiras Augen begannen zu leuchten, als er das hörte. "Genau! Das bisschen Felsen hier, das ist doch nur ein kleines Hindernis! Das schaffen wir! Wir haben so lange trainiert, so hart gearbeitet..."
"Aktuell habt Ihr zwei Tage hart gearbeitet", erinnerte Perine.
"Aber sehr, sehr hart in den zwei Tagen", erwiderte Kira trotzig.
Die Affenkriegerin lächelte. "Das ist unbestritten. Also, meine Genin, lasst mich die Früchte eurer Arbeit sehen."
"Sofort, Sensei!", rief Shinji, nahm Anlauf, und begann, die fast senkrechte Wand hinauf zu laufen.
"Ich auch!", rief Kira aufgeregt, nahm Anlauf, und folgte dem Freund.
"I-ich auch!", rief Mai. Sie überwand sich, nahm Anlauf und sprang auf die Wand. Dort angekommen konsolidierte sie ihren Chakra-Fluss und begann ebenfalls zu laufen. Das war vollkommen anders als auf dem Baum zu laufen. Es war... Besser. Leichter. Aber auch höher. Sie lief nicht mit voller Kraft, weil sie Angst hatte, dass sie sich zu schnell verausgaben würde. Über ihr wurden Shinji und Kira immer kleiner, aber sie wurde mit jedem Schritt sicherer. "He, Jungs! Wartet auf mi...!" Sie stockte mitten im Lauf. Oh nein, nicht hier, nicht jetzt, nicht an dieser Stelle, einhundert Meter über dem Boden! Ihre Kraft verließ sie, schien geradezu aus ihr herauszuströmen. Sie schaffte es nicht mehr, Chakra in ausreichendem Maße zu schmieden und in ihre Füße zu senden. Sie fühlte sich, als würde ihr Herz aussetzen.
Beinahe konnte sie dabei zusehen, wie ihre Füße den Halt zur Felswand verloren. Wie sie, den Kopf voran, in die Tiefe stürzte. Hatte sie ihre Schwäche also doch erwischt, und das zur schlimmsten aller Zeiten. Sie war kraftlos, absolut kraftlos, unfähig zu atmen, geschweige denn sich zu bewegen. Sie fiel. Einhundert Meter in die Tiefe. Das war dann wohl Schicksal.

"MAI!", hörte sie Shinji rufen. Er war umgekehrt und rannte mit allem was er hatte zurück zu ihr, während sie die Felswand hinab stürzte. Dabei wurde er von Kira überholt, der noch ein ganzes Stück schneller war als der dickliche blonde Shinobi.
Er rannte auf sie zu, sprang, und bekam ihre Hände zu fassen. Dabei versuchte er, mit seinen Füßen wieder Kontakt auf dem Felsen zu bekommen, um sein Chakra einsetzen zu können. Aber es gelang ihm nicht.
Nun war Shinji heran, sprang ebenfalls, umfasste die beiden und drehte die Gruppe so, dass er als Erster aufschlagen musste. Er wollte sie retten und sich selbst dabei opfern.
Nein!, schrie es in Mai. Nicht für sie, nicht für diesen Grund und nicht hier! Sie wollte es sagen, schreien, wollte etwas, irgendetwas tun, aber ihr fehlte die Kraft. Ihr Wille focht mit ihrem Körper, aber sie war reduziert darauf, eine bloße Puppe zu sein! Wegen ihr würde Shinji sterben! Tränen füllten ihre Augen.
"Nein, du Idiot! Ich...!", rief Kira, der mit Shinjis Handeln auch nicht einverstanden war.
Doch da war es schon zu spät. Ein heftiger Ruck durchfuhr alle drei.

"Nett, wirklich nett, euer Zusammenhalt und so", sagte Perine mit spöttischem Tonfall in der Stimme. "Aber euer Gedächtnis ist schon etwas kurz, oder?"
Mai blinzelte. Die Affenkriegerin hatte sie alle drei aufgefangen. Sie klebte an der Felswand, und in genau diesem Moment ging sie, alle drei haltend, zum Boden zurück.
"Ich habe euch doch gesagt, ich fange euch auf." Sie erreichten den Boden, und die Affenkriegerin setzte sie ab. "Shinji, Kira, tretet beiseite." Sie legte ihre sanften, warmen Hände auf Mais Körper. Beinahe sofort durchfuhren den Körper der Genin wohlige, warme Schauer. "Habe ich es mir doch gedacht. Kein Chakra mehr. Du hast dich überanstrengt, Mai-chan."
"Sensei", fragte Shinji in fast weinerlichem Tonfall, "wird sie wieder?"
"Keine Sorge. Gleich ist sie wieder fit wie ein Fisch im Wasser. Nur klettern sollte sie heute nicht mehr." Perine sah Mai in die Augen. "Willst du es ihnen nicht langsam mal sagen?"
Mai erschrak bei diesem Gedanken. Ihnen berichten, von ihrer Krankheit, von ihrer Schwäche? Von ihren potentiellen Fehlern? Ihr Vertrauen enttäuschen, sie enttäuschen? "I-ich... Ich..."
"Gut, sie kann wieder sprechen. Das ist ermutigend", kommentierte Perine.
"Will uns was sagen?", fragte Kira argwöhnisch.
"Nicht so wichtig, Kira-kun", wiegelte die Affenkriegerin ab.
Aber Mai legte eine Hand auf ihren Unterarm. "Es ist gut."
"Oh, die Hände kannst du auch schon wieder bewegen. Ja, es geht voran."
Mai schüttelte nachdrücklich den Kopf. "Nein, die andere Sache ist gut."
Sie atmete tief durch, sah ihre beiden Kameraden an, und dann begann sie die ganze Geschichte zu erzählen. Auch wenn Shinji und Kira sie fortan hassen würden.
***
Wir erreichten eine große Lichtung. Und mit groß meinte ich wirklich groß. Sie durchmaß über achtzig Meter, und die Stumpfe abgeschlagener Bäume sagten uns, wie sie entstanden war. Hier hatten Eichen gestanden. Zweifellos waren sie mittlerweile Möbel-, oder Bauholz. Zum Glück hatten die Holzfäller noch nicht mit dem Wiederaufforsten begonnen, sodass das Einzige, was ich hier in Brand setzen konnte, das Gras war.
"Ich führe es dir einmal vor", sagte ich zu Kishio, der mit großer Erwartung mit seinen Blicken an mir hing.
"Katon: ENDAN!" Ich sammelte Öl in meinem Mund, das metaphorisch für mein geschmiedetes Chakra stand, spie es aus und entzündete es dabei mit meinem Katon-Talent. Das Ergebnis war ein Feuerball von einer Größe, der durchaus als Dai Endan, die große Version dieser Kunst, durchgehen konnte, und der mit einem gewaltigen Rumms auf der Wiese einschlug. Mist, wieder übertrieben. Das war in mehrerlei Hinsicht ärgerlich, denn es gehörte zu den Fähigkeiten eines Shinobi, seine Ninjutsu wohldosiert einsetzen zu können. Aber in letzter Zeit nutzte ich immer viel zu viel Chakra bei meinen Katon-Jutsu. Ich reduzierte und reduzierte, bis ich meinte, das ich kaum noch genügend Chakra für das Jutsu übrig hatte, aber es kam immer noch so etwas heraus. Mir war klar, dass das vor allem daran lag, dass ich mein Chakra immer besser kontrollieren konnte. Und jetzt, wo mich Asuma die Windnatur lehrte, würde sie noch besser werden, und ich würde noch weniger Chakra verbrauchen, um ein einfaches Endan zu erzeugen. Spätestens vorletzte Nacht, als ich Gast der Spinnen gewesen war, war mir das klargeworden. Ich musste selbst einige Zeit üben, um wieder mit meiner Kraft umgehen zu können. Außerdem war da noch das Fuuton-Jutsu, das Asuma mir gezeigt hatte, und das ich dringend trainieren musste.
"Soll ich es dir noch mal zeigen?", fragte ich den Jungen.
Kishio schreckte auf. Anstatt mir zuzuhören, war er schon eifrig dabei, meine Technik zu imitieren. "Äh, was?"
"Nichts, schon gut. Mach weiter so. Du scheinst auf einem guten Weg zu sein. Ich werde derweil drüben am anderen Rand der Lichtung ein Wind-Jutsu einüben, das ich neulich erlernt habe."
"Meinst du denn, ich kann das alleine?", fragte Kishio unsicher.
"Oh, du hast schon eine kleine Flamme erzeugt. Das reicht vollkommen. Jetzt musst du daran arbeiten, dass das Entzünden des Öls, also des Chakras, für dich normal wird. Dann wirst du die Stärke heraufsetzen müssen. Das ist vor allem eine Konzentrationsfrage und eine Sache des Willens. Falls du Fragen hast, ruf einfach. Aber eigentlich heißt für dich die Devise jetzt: Probieren, probieren, probieren."
Immer noch ein wenig unglücklich sah Kishio mich an. "Okay, ich probiere es." Er wandte sich um, sah in Richtung der Bodensenke, die mein Endan geschlagen hatte, und versuchte sich erneut am Endan.

Ich beobachtete ihn bei den ersten Versuchen recht zufrieden. Wer immer ihn trainiert hatte, hatte großartige Grundlagen geschaffen, damit er eines Tages ein erstklassiger Ninjutsu-Anwender werden konnte. Dann aber hatte einfach niemand weiter mit ihm gearbeitet. Das unterschied ihn frappierend von meinen Genin. Das verschaffte ihm einen großen Vorteil ihnen gegenüber. Ich hatte keine Zweifel, das er relativ fix zu ihnen aufschließen würde. Wahrscheinlich würde er sie überholen, wie es seinem Alter entsprach. Aber erst einmal musste ihm ein Katon Endan gelingen.
Ich nickte zufrieden, bevor ich mich auf den Weg in meine Ecke der Lichtung machte.
Als Asuma mir die neue Technik gezeigt hatte, war ich begeistert gewesen. Ich kannte seine Windklingen, mit denen er seine Chakramesser unsichtbar auf das Doppelte verlängern konnte und hatte deshalb schon eine Ahnung davon gehabt, was man mit Wind-Jutsu alles anstellen konnte. Aber niemand hatte mich auf das Fuujin no Jutsu vorbereiten können. Diese Technik, die einen tödlichen Strahl aus Staub erzeugte, der alles zerstörte, was er traf, war einfach atemberaubend und zerstörerisch. Eingestuft war diese Kunst als A-Klasse, und mir war klar, wie lange ich üben musste, um die Technik auch nur halb so gut wie Asuma zu beherrschen. Ich war damit in der gleichen Lage wie Kishio und meine Genin. Ich musste meine Fuuton-Künste von Grundauf erwerben. Allerdings hatte ich mir fest vorgenommen, meinen Wind-Nutzern das Fuujin noch nicht beizubringen. Es war etwas zu zerstörerisch, und ihre Chakra-Nutzung war noch lange nicht ausgereift.
Das änderte nichts daran, dass ich viel zu üben hatte, um es im Kampf nutzen zu können.
Ich formte die Fingerzeichen, konzentrierte mich, visierte einen alten, umgestürzten Baum an. "FUUJIN NO JUTSU!" Der Staubstrahl, den ich ausspie, hatte mit dem tödlichen Orkan Asumas nicht viel zu tun, und auch die Reichweite war nicht gerade berauschend. aber es reichte für die Distanz von fünzehn Metern bis zum Baumstamm. Und das Jutsu hinterließ da, wo es den Baum traf... Nichts. Als wäre da nie etwas gewesen, als hätte der umgestürzte Baumriese schon immer diese Kerbe getragen. Sie war nicht groß, vielleicht eine Handspanne weit. Aber sie war ein sichtbares Zeichen meines Erfolges. Meine ersten Versuche waren nicht über die Länge eines Kunais hinaus gegangen. Dennoch, wenn ich Asuma als Maßstab nahm, brauchte ich ein gutes Jahr, um annähernd so effektiv zu sein wie er. Es im Kampf einsetzen konnte ich auch noch nicht wagen. Ich brauchte noch zu lange, um die Fingerzeichen zu formen und Fuuton-Chakra zu schmieden. Aber das war alles eine Frage der Übung. Wieder einmal.
Ich seufzte und probierte es erneut. "FUUJIN NO JUTSU!"
Das Loch, das der Strom aus Mahlstaub hinterließ, unterschied sich nicht besonders vom ersten. Ich wusste, mir stand ein langer Weg bevor.

Kurz vor Mittag war mein Jutsu noch immer nicht zerstörerischer geworden, aber ich hatte die Reichweite leicht erhöhen können, und das Schmieden von Fuuton-Chakra fiel mir ein klein wenig leichter. Tja, wenn man nur beharrlich genug blieb.
Auch Kishio machte gute Fortschritte. Hätte er bis zum Abend Zeit gehabt, hätte er eventuell ein Endan hinbekommen, das ich als solches hätte durchgehen lassen. Aber auch so waren seine Fortschritte beachtlich.
"Sie kommen", sagte er unvermittelt.
Ich schrak aus den Vorbereitungen meines zweihundertsten Versuch auf. "Eh?"
"Die Genin und Perine-sama", sagte er. "Sie kommen hierher. Es ist etwas passiert."
"So, so." Da Perine bei ihnen gewese war, konnte es nicht schlimm gewesen sein. Dachte ich zumindest, bis ich sie selbst erfasste und erkannte, dass Mai getragen wurde. Nun war ich doch etwas besorgt.
Ich kam zu Kishio zurück, und kurz darauf traten die vier auf die Lichtung.
Perine lächelte mich an, und Mais Chakra-Fluss war stabil. Vielleicht war es doch nicht so schlimm.
"Wo wart Ihr?", fragte ich.
"An der Felswand. Klettern üben. Mai-chan hatte auf halber Strecke einen Schwächeanfall. Die Jungs wollten sie auffangen, und ich habe sie alle drei aufgefangen."
Ich hätte jetzt darüber reden können, dass Mai einen Schwächeanfall gehabt hatte, so wie sie immer befürchtet hatte. Ich hätte darüber reden können, dass Kira und Shinji dabei versagt hatten, die abstürzende Mai zu retten, und dass sie dafür Perines Hilfe gebraucht hatten, was durchaus angebracht gewesen wäre. Stattdessen entschied ich mich für den positiven Aspekt der Geschichte, damit die beiden Jungs nicht noch verlegener wurden.
"Auf halber Strecke? An dieser Felswand?" Ich kratzte mich gespielt erstaunt am Ansatz meines Stirnbandes. "Junge, Junge. Für jemanden, der erst seit zwei Tagen weiß, wie man Chakra in die Füße schickt, ist das eine solide Leistung. Ich gratuliere."
Mai wurde rot. "D-danke, Sensei."
"Das ist doch noch gar nichts!", rief Shinji begeistert. "Ich meine, wäre ihr nicht unterwegs das Chakra ausgegangen, wäre sie bis zur Spitze gekommen! Ich war schon fast da, und Kira nur kurz hinter mir!"
Das war in der Tat eine beachtliche Leistung der drei Genin. "Herausragend. Ich habe große Hoffnungen in euch drei. Wenn Ihr so weitermacht, lernt Ihr das Wasserlaufen vielleicht sogar ohne fremde Anleitung. Ihr wisst ja, eine gute Chakra-Kontrolle ist das A und O für einen Ninja, und speziell für seine Ninjutsu."
Ich nickte Perine unmerklich anerkennend zu. Sie hatte ihre Aufgabe hervorragend erfüllt. Aber einen schmerzhaften Punkt musste ich dennoch anschneiden, jetzt nach dem Zuckerbrot.
"Der Schwächeanfall, Mai-chan...", begann ich vorsichtig.
Sie wirkte recht kleinlaut, als sie antwortete. "I-ich habe Kira und Shinji alles gesagt. Von meinem Krankenhausaufenthalt und meinen Schwächeanfällen und so. Ich habe nichts ausgelassen. Und jetzt sind sie... Sind sie..." Sie verstummte und schluckte hart.
"Ist ja wohl auch wahr", sagte Shinji verstimmt. "Das hättest du uns ruhig erzählen können. Als wenn wir dich in Stich lassen würden, oder sowas."
"Hast du eventuell geglaubt, wir würden dich als Last empfinden?", sagte Kira mit ärgerlichem Ton in der Stimme. "Mai-chan, wir sind Kameraden. Jeder von uns hat seine Fehler und Schwächen. Dass wir deine akzeptieren, ist doch wohl klar. Vor allem, nachdem wir zusammen so viel erlebt haben wie sonst in einem Jahr an der Akademie. Wir sind ein Team!"
Freudige Röte huschte über Mais Wangen. "Danke, Jungs", hauchte sie. "Perine-sensei, lässt du mich bitte runter? Ich kann wieder alleine gehen."
"Da ist auch wichtig. Immerhin wollen wir nach dem Essen sofort aufbrechen." Ich runzelte die Stirn. "War es ein Schwächeanfall?"
"Nein, eigentlich nicht. Ihr Chakra war plötzlich alle. Das war alles. Mehr habe ich nicht erkennen können", sagte Perine nachdenklich.
Kishio hielt dem Mädchen ein Stück Tuch hin, in dem etwas eingewickelt war. "Das kenne ich. Der Blutzucker war zu gering. Ist meinem Onkel häufig passiert, und deshalb hatte er immer was zu essen dabei."
"Danke." Mai nahm das Tuch entgegen, wickelte es aus und entdeckte darin eingewickelt eine Zuckerstange. "Hä?"
"Ha-hat mir Frau Kamura geschenkt, weil ich gestern in der Küche geholfen habe. Nimm nur, ich habe noch eine", sagte er und wandte sich von dem Mädchen ab, damit sie nicht sehen konnte, wie peinlich ihm die Geschichte war.
"Blutzucker?", fragte ich. "Perine, denkst du, er hat Recht?"
"Es würde zumindest einiges erklären. Auch deine früheren Anfälle, Mai-chan. Du solltest immer was Süßes bei dir haben, denke ich."
Das Mädchen nickte bestätigend, während sie an dem Zuckerstück zu lutschen begann. Mit Mühe hielt sie ihre Tränen zurück. "Dange", murmelte sie noch einmal mit vollem Mund.
Derweil klopften Kira und Shinji ihre Taschen auf der Suche nach weiteren Süßigkeiten ab. Besonders Shinji hätte dabei fündig werden können, aber anscheinend hatte er seine Ration bereits weggeputzt. Kira hatte etwas mehr Erfolg und zog einen Bonbon hervor. Aber leider war das Einwickelpapier weich geworden und pappte nun an der Zuckermasse. Nichts, was man einem Mädchen schenkte. Die beiden sahen sich ernst an und nickten. Ich ahnte schon, dass sie in Zukunft immer irgendetwas zu essen mit sich tragen würden, damit sie es Mai schenken konnten. Sehr gut. Auf diese Weise hatten sie für den Notfall auch etwas für sich selbst dabei.
"Was habt Ihr hier eigentlich gemacht?", fragte Perine mit einem Blick auf brennendes Gras und die deutlich sichtbaren Kerben im umgefallenen Baum.
Ich räusperte mich und bedeutete ihr, den Baum zu ignorieren. "Kishio hat Katon Endan trainiert. Kishio, zeig uns mal das Resultat deines Trainings."
"Soll ich wirklich?", fragte er ein wenig ängstlich. "Aber es ist noch nicht gut."
Ich schüttelte den Kopf. "Nimm nicht mich als Maßstab. Das wäre etwas viel verlangt. Ich trainiere das Endan seit sieben Jahren. Du erst seit ein paar Stunden."
Das schien ihn zu überzeugen, wenn auch nicht ganz. Nun, niemand blamierte sich gerne, und natürlich wollte Kishio vor den Genin gut dastehen, nachdem sie sich mit ihm gestern so vorbildlich solidarisiert hatten.
"KATON! ENDAN!", rief er und spie den Feuerstoß aus. Er erreichte etwa eine Länge von drei Metern bei einem Durchmesser von etwa einem halben Meter.
Shinji sah den Jungen entgeistert an. "Und du kannst das wirklich erst seit heute? D-das ist... Beachtlich!"
Kira war ein wenig blass geworden. "Doch, ganz annehmbar. Wenn man bedenkt, dass du älter bist als wir, sollte man das aber auch erwarten."
Nur Mai hielt nicht mit Lob zurück. "Kishio, das war super! So ein großes Endan von einem Totalanfänger ist doch eine Riesenleistung! Wenn du lang genug übst, machst du vielleicht auch so große Flammenstöße wie Sensei!"
Das große Lob ließ ihn lächeln, aber dann sah er mich mit zweifelndem Blick an. "Ich kann das irgendwie nicht ganz glauben. Sein Endan hat so eine große Reichweite und so viel Kraft..."
Perine begann zu kichern. "Es ist alles eine Frage der Übung. Habt Ihr eigentlich schon Mamorus Dai Endan gesehen?" Sie deutete nach Süden, wo der Baum lag, den ich eingekerbt hatte. Eine bessere Gelegenheit, die Beweise unauffällig verschwinden zu lassen bekam ich wohl nicht. Ich konnte Mai und Shinji ja wohl schlecht ein A-Klasse-Jutsu beibringen, mit dem sie sich womöglich noch selbst umbringen würden.
"Wollt Ihr mein Dai Endan sehen?", fragte ich gutgelaunt.
"Zu Studienzwecken wäre das sinnvoll", sagte Kishio zurückhaltend. Zweifellos befürchtete er eine gesteigerte Erwartungshaltung, wenn ich zu sehr vorlegte. Immerhin, ich trainierte mein Katon schon seit einer gefühlten Ewigkeit.
"Ich will es sehen!", rief Shinji aufgeregt. "Damals beim Kampf um die Glöckchen hast du ja nur dein Endan gezeigt!"
"Hm, da bin ich aber wirklich gespannt, Sensei. Sollten wir sicherheitshalber die Lichtung verlassen?", fragte Kira. Es wirkte spöttisch, aber da war kein Spott in seiner Stimme gewesen. Wie interessant.
"Nein, die Lichtung verlassen braucht Ihr wohl nicht. Aber stellt euch hinter mich."
Gehorsam traten die Genin, Perine und Kishio hinter mich
"KATON! DAI ENDAN!" Ich spie das entzündete Öl aus. Da ich eine Show bieten wollte, strengte ich mich leidlich an. Das Ergebnis war eine Feuerlohe, die über fünfzig Meter weit reichte und einen Durchmesser von beinahe zehn Metern am stärksten Punkt hatte. Zum Glück hatte ich mich diesmal nicht verkalkuliert und den Waldrand verschont. Aber zwischen mir und dem Ende des Dai Endan hatte ich alles zu Asche verbrannt. Auch den Baumstamm mit den verräterischen Fuuton-Spuren. Ach ja, das erinnerte mich daran, dass ich mit Mai und Shinji noch ein einfaches Fuuton trainieren wollte. Heute Abend, bei unserer ersten Rast.
"Das war beeindruckend, Mamo-chan. Aber warum hast du dich zurückgehalten?", fragte Perine mit einem Augenzwinkern.
"Ich wollte halt nicht den ganzen Wald anstecken. Herr Kamura wäre sicher nicht erfreut, wenn ich ihm einen Hektar Holz wegbrennen würde."
"D-das war zurückgehalten?", fragte Kira ungläubig. "Also, da will ich aber nicht reingeraten."
"Das solltest du auch besser nicht", sagte Shinji, der sich vor Begeisterung fast überschlug. "Weil, man sagt, Senseis Feuer ist eines der heißesten in ganz Konoha! Sieh nur, alles ist Asche! Sogar der Baumstamm, der da lag, ist weg! Oh, ich wünschte, ich wäre auch ein Katon-Nutzer! Dann könnte ich das von Sensei lernen!"
"Du kannst ja Katon als zweite Natur trainieren", stichelte Mai. "Ich habe mir sagen lassen, dass es von einem Jounin erwartet wird, mindestens zwei Naturen zu beherrschen. Und du willst doch Jounin werden, nicht?"
"Ich will das auch lernen!", sagte Kira hastig. "Wenn man zwei Naturen braucht, und Feuer ist sehr eindrucksvoll!"
"Und wie willst du dein Raiton mit Katon kombinieren, Dummkopf?", fragte Shinji tadelnd.
"Das wirst du schon sehen, Dicker! Ich werde einfach neue Jutsu erschaffen!"
Ich klopfte den beiden auf die Schultern, bevor es in einem Streit ausarten konnte. "Verschieben wir das. Lasst uns zurückgehen. Gleich ist Essenszeit."
"Ja, Sensei", murrten sie.
Als wir gingen, starrte Kishio noch immer auf die Stelle, an der mein Dai Endan eingeschlagen war. "Kommst du?", rief ich.
"J-ja, Sensei!" Hastig schloss er zu mir auf. "Kann ich das auch mal lernen?", fragte er aufgeregt.
"Wenn du hart und lang genug trainierst, sicherlich."
"Das werde ich!", versprach er. "Garantiert, Sensei!"
Innerlich musste ich grinsen, während ich nach außen nur lächelte. Kishios angefachter Ehrgeiz würde es sein, der auch meine Genin mit sich reißen würde. Mehr und mehr entpuppte es sich als gute Idee, Kishios Begleitung zu akzeptieren. Aber ich wartete auf die negativen Momente. Sicher würden sie irgendwann einmal kommen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es so perfekt und so gut laufen konnte. Zumindest nicht für immer und überall.
***
Nach einem üppigen Mittagsmahl, das nebenbei auch noch sehr exzellent war, brachen wir schließlich auf. Die Verabschiedung durch das Dorf Murata No-Son war spektakulär und hatte Volksfeststimmung. Besonders der Dorfvorsteher und seine Frau, die Kamuras, waren bei der Verabschiedung solange beharrlich, bis wir verprochen hatten, auf dem Rückweg noch mal für ein oder zwei Nächte vorbei zu schauen. Verabschiedet wurden wir mit viel Lärm und guten Wünschen für unsere weitere Reise.
Als wir das Dorf weit genug hinter uns gelassen hatten, ließ ich halten.
"Kira?"
"Ja, Sensei?"
"Dein Auftritt."
"Wie, mein Auftritt? Habe ich was verpasst?", fragte er irritiert.
"Na, dein Auftritt halt."
"Ich komme da nicht hinterher, Sensei. Wieso mein Auftritt?"
"Mensch, bist du langsam", sagte Shinji tadelnd. "Du sollst Kuzomi beschwören! Die Zeit ist um, sie ist wieder geheilt, und sie soll ja laut ihrem Vater was bei uns lernen."
Er hieb sich mit der flachen Hand an die Stirn. "Ach, Kuzomi beschwören. Ich wusste doch, das ich noch was vorhatte!" Er biss sich in den Daumen, quetschte etwas Blut hervor und drückte die Hand auf den Boden. "Kuchiose no Jutsu!"
Die charakteristische Rauchwolke entstand. Als sie sich verzogen hatte, stand ein blasses junges Mädchen zwischen uns. Wobei ich feststellen musste, dass der Kontrast der tiefschwarzen Haare und der nicht kränklich blassen, sondern vornehm weißen Haut sehr interessant war. Sie trug Hosen, einen Pullover und eine grüne Weste im Stil Konohas. Reisekleidung.
"Kira-sama!", rief sie aufgeregt und fiel dem jungen Yamada um den Hals. "Du hast Wort gehalten! Oh, ich weiß, wir werden viel Spaß haben auf der Reise!"
"Kuchiose nu Jutsu", sagte ich mit trockener Stimme. Aus meiner Beschwörung trat Kuzoko hervor.
Wie ich jetzt im Tageslicht erkannte, waren ihre langen Haare hellbraun, und ihre Augen hatten ein angenehmes gelbgrün. Sie trug fast die gleiche Kleidung wie ihre kleine Schwester, aber während die grün bevorzugte, waren Kuzokos Sachen schwarz.
"Kuzoko-chan? Was machst du denn hier?", fragte Kuzomi verdutzt.
"Das hat dir Vater wohl nicht gesagt, was?", spöttelte sie. "Ich bin hier, um auf dich aufzupassen."
"Um auf mich aufzupassen?", fragte sie beinahe beleidigt. "Aber ich habe doch schon Kira-sama!"
"Den du übrigens langsam mal wieder loslassen kannst!", sagte sie mit ärgerlicher Stimme. "Ja, um auf dich aufzupassen. Auf dich und auf diesen Menschen. Ist dir das gar nicht peinlich, mitten in der Öffentlichkeit von einem Mädchen umarmt zu werden?"
Kira runzelte die Stirn. "Hä? Sollte es das?"
Kuzoko wurde rot. "I-i-ist er etwa...?"
"Ahahahaha", lachte Shinji gekünstelt, trat an die größere Schwester heran und zog sie mit sich. "Ich glaube, ich muss dir was erklären, Kuzoko-chan."
Sie war neugierig, deshalb ging sie mit. Aus der Unterhaltung der beiden hörte ich ihre Antworten laut zu uns herüber schallen.
"Echt jetzt?"
"Gibt es so einen überhaupt?"
"Wie, er versteht es nicht?"
"Was?"
"Wie, er hängt hinterher?"
Als sie zurückkehrten, hatte sich Kuzokos Stimme merklich aufgehellt. Aber nur für einen Moment. "Jetzt kannst du ihn aber mal loslassen, Schwesterchen."
"Was? Oh, gar nicht gemerkt. Das hat sich so gut angefühlt." Sie löste die Umarmung und lächelte Kira verschmitzt an. Dabei blitzte einer ihrer Reißzähne über der Unterlippe auf. "Nicht, Kira-sama?"
"Es war auf jeden Fall warm", erwiderte er, sichtlich mit der Situation nicht vertraut.
"Wir werden euch also begleiten, um zu prüfen, ob du als permanenter Kontraktpartner der Spinnen in Frage kommst, Kira", sagte Kuzoko mit ernster Stimme. "Und meiner Meinung nach besteht da nicht viel Hoffnung.
"Onee-chan, hast du nicht was vergessen?"
"Wie, was vergessen?", fragte sie verdutzt.
"Sicher, Kira-sama ist nur ein provisorischer Kontraktpartner, aber er ist ein Kontraktpartner. Und du weißt, was das bedeutet."
"Äh, wir müssen doch nicht formeller als das Protokoll werden, Kuzomi-chan..."
"Das sagst ausgerechnet du, Onee-chan?"
"Ich bin sicher, ab und an eine Ausnahme schadet nicht."
"Onee-chan, du lässt es an Respekt missen."
"Dass DU das eines Tages mal zu MIR sagen würdest..."
"Onee-chan!"
"Gut, gut! Ich habe es ja verstanden." Ärgerlich sah sie zu Kira herüber, der unwillkürlich einen halben Schritt zurücktrat.
"K-kira... Kira-sama! So, Kuzomi-chan, bist du jetzt zufrieden?"
Lächelnd deutete die kleine Schwester auf mich. "Hast du nicht was vergessen? Zum Beispiel, wer dich beschworen hat?"
Ärgerlich sah sie die Jüngere an. Dann sah sie zu mir. War das möglich, dass da etwas Respekt in ihren Augen schimmerte?
Sie sank auf das linke Knie und stemmte die rechte Faust auf den Boden. "Verfüge über mich, Morikubo-sama."
"Mamoru reicht", sagte ich, peinlich berührt. "Du bist nicht mein Schüler."
"Ich bevorzuge Mamo-chan, Kuzoko-chan", half Perine lächelnd aus.
"Mamo-chan? Ist das nicht respektlos gegenüber dem Kontraktnehmer, Perine-tono?"
"Meinetwegen auch Mamo-chan", sagte ich.
"Also, ich finde Mamo-chan toll!", rief Kuzomi.
"Für dich heißt das Mamoru-sensei. Immerhin hat dich mein Schüler beschworen."
"Oh. Ach ja. Mamoru-sensei also. Klingt doch auch nicht schlecht."
Ich lächelte zufrieden. "Gut. Da wir nun alles geklärt haben, ziehen wir weiter. Ich will heute noch ein Gasthaus an der Grenze zum Land der Reisfelder erreichen."
Verstohlen beobachtete ich Kishio, als ich das sagte, aber der Name des fremden Landes löste keine Reaktion bei ihm aus.
"Gehen wir."
"Jawoll, Sensei!", rief Shinji und streckte eine Faust in die Luft. Erstaunlicherweise folgten ihm die anderen dabei.
Na, das versprach ja eine mehr als lustige Reise zu werden.
***
Mit einem Stirnrunzeln betrachtete Amir die zehn Meter große, unregelmäßige Grube, die von mehr als zwei Dutzend Spreng-Tags ausgehoben worden war. Die Spezialisten waren noch dabei zu recherchieren, was hier passiert war, aber es hing eindeutig mit dem Verschwinden der beiden Getsugakure-Jounin Maria und Hassin zusammen. Diese Stelle hier, und noch ein Dutzend weiterer.
Er wandte den Kopf, als Khal an ihn herantrat. Dabei übergab er einen gut verschnürten Mann an die Verhörspezialisten. Der Bursche war eindeutig ein Nukenin.
"Gibt es etwas Neues?", fragte Amir den Riesen.
"Wie man es nimmt. Es scheint so, als wären Maria und Hassin eher zufällig über diese Nukenin gestolpert. Aber sie hatten es in sich. Wir haben bereits einige Gräber exhumiert, die von ihren Opfern stammen. Wir haben aber auch Gerippe von Toten in en Wäldern entdeckt. Sie müssen sie getötet und dann einfach liegengelassen haben. Eine verrückte Bande, wenn du mich fragst."
"Warum hat man Wahnsinnige dieses Kalibers nicht schon längst ausgelöscht? Sie müssen hunderte Menschen und Shinobi getötet haben."
"Das ist die zweite Neuigkeit. Sie haben ein kleines Seitental beschützt, in dem sie ein ganzes Dorf dazu gezwungen haben, eine Drogenpflanze anzubauen, die sie anschließend über dunkle Kanäle in die halbe Welt verkauft haben. Die Menschen waren sehr froh, als wir kamen und die restlichen Nukenin besiegt haben."
"Tja, unterschätze eben nie eine offizielle Untersuchung von Getsugakure", sagte Amir spöttisch. "Das Ergebnis?"
"Acht weitere Tote und sieben Gefangene. Das Gros aus ihren Besten hat Hassin und Maria gejagt, wie es scheint. Die Zahlen waren wohl zwanzig gegen zwei. Und sie hatten ihre eigenen Drogen geschluckt, um die beiden erbarmungslos hetzen zu können. Aber du siehst ja, was es ihnen genützt hat." Er deutete auf den Sprengkrater, in dem vereinzelt vollkommen verdrehte Waffen und Knochenreste zu finden waren. "Einer von ihnen muss sich geopfert haben, um die Nukenin alle an einem Punkt zu konzentrieren."
"Unwahrscheinlich. Dann wäre der andere noch in der Nähe, und wir hätten ihn gefunden. Wir..."
"Amir-sama!", rief einer der Ninjas, die die Grube untersuchten. "Unsere Spezialisten haben im Zentrum des Lochs eindeutig Restspuren von Maria-samas und Hassin-samas Chakra festgestellt!"
Amir fühlte, wie eine eiskalte Hand nach seinem Herzen griff und es zusammendrückte.
"Was ist, wenn sie mit Marias Portalkunst entkommen konnten?", gab Khal zu bedenken.
"Was, wenn sie keine Zeit dafür hatte, einen Weg zu schmieden? Sie standen unter enormen Druck, wie du sehen kannst. Und das über einen langen, nicht unterbrochenen Zeitraum. Außerdem, würden sie nicht zu uns kommen, wenn sie noch am Leben wären?"
"Du bist zu pessimistisch."
"Ich bin Realist. Mir wäre es auch lieber, wenn Hassin noch leben würde, aber die Wahrscheinlichkeit spricht einfach dagegen. Ich setze sie auf die Vermisstenliste."
"Auf die lange, oder auf die kurze?"
"Auf die kurze. Wenn wir bis zum Ende der Untersuchung kein Lebenszeichen von ihnen finden, müssen wir sie für tot erklären. Keine Sorge, ich erzähle es seiner Familie."
Khal atmete auf. Für einen Moment hatte er wirklich befürchtet, dass er der Unglücksbote sein müsste. "Aber es gibt noch Hoffnung."
"Hoffnung gibt es immer. Aber sie ändert die Realität nicht ab. Bis zum Ende der Untersuchung, Khal. Benachrichtige Getsugakure. Es müssen Vorbereitungen für Akira-chan gemäß Marias Testament getroffen werden."
"Ich schicke sofort einen Boten", versprach der Riese. Er warf einen letzten Blick in die Grube, schauderte beim Gedanken, welche Gewalten dort gewütet haben mussten, und machte sich auf den Weg, um seine Aufgaben zu erledigen. Dann würde er sich wieder den Suchtrupps anschließen, die verzweifelt versuchten, die beiden Vermissten zu finden. Doch mit jeder Stunde sank die Hoffnung.

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8.
Wir erreichten das Gasthaus noch in der Abenddämmerung. Besonders die Mädchen würde das Außenbad freuen, das von einer heißen Quelle gespeist wurde und bewies, wie nahe wir dem Land der Heißen Quellen schon waren. Ich insbesondere war froh, dass die Zahl der weiblichen Begleiter gestiegen war. Das konnte mit etwas Glück bedeuten, das die Frauen mit sich selbst beschäftigt waren und uns arme Männer weitestgehend verschonten. Aber Hoffnungen... Na ja.
Wir wurden bereits erwartet. Ich buchte kurz einen größeren Raum für die Mädchen nach, da ich bei der Bestellung nicht mit ihnen gerechnet hatte, und gab meinen Genin dann bis zum gemeinsamen Abendbrot frei.
"Juhuuu!", rief Kuzomi begeistert, während sie an Kiras Arm hing. "Gehen wir baden! Ich wasche dir den Rücken, Kira-sama!"
"Äh, Kuzomi-chan, Männer und Frauen baden hier getrennt", warf Shinji ein.
"Was? So ein Quatsch aber auch. Ich will lieber mit meinem Meister baden", murrte sie.
Ein heftiger Schlag von Kuzoko löste die Situation.
Beleidigt rieb sich die Jüngere den Kopf. "Autsch. Du bist so brutal, Onee-chan."
"Du hast es ja auch verdient, oder? Wenn Männer und Frauen hier getrennt baden, dann baden sie auch getrennt. Hast du das gefressen? Und es wird auch nicht versucht, über den Zaun zu schmulen!"
"Menno. Eine Spielverderberin bist du auch noch."
"Also, mir ist es egal", sagte Kira.
Shinji seufzte entsagungsvoll. "Es wird echt Zeit, dass du ein Stück erwachsener wirst, wenn du dich nicht andauernd in Teufels Küche bringen willst, Kira."
"Hä? Ist das schon wieder eine von diesen Sex-Sachen?"
"Exakt. Das ist es, Kira."
"Hm. Die Erwachsenen haben doch alle einen Knall."
Ich nickte zustimmend. "Ja, da ist was dran. Aber du brauchst wirklich mal einen kleinen Schubs in die richtige Rich..." Nachdenklich legte ich den Kopf schräg. "Hm. Hm."
Perine griente in meine Richtung. "Ahne ich, was in deinem Kopf vorgeht?"
"Eventuell. Und?"
Sie trat zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange. "Du bist mein Kontraktpartner. Was soll ich da noch zu sagen?" Sie lächelte noch immer, als sie die Mädchen zusammentrieb. "Kommt, meine Damen, ab ins Bad, den Staub von der Straße abspülen. Du auch, Mai-chan."
"I-ich kann doch später baden", haspelte sie hervor.
Ein Blitz schien über ihre Augen zu huschen. Eine Zornesfalte stellte sich deutlich auf ihrer Stirn auf. "Baden!"
"J-jawohl, Perine-sama!" Mai salutierte vor der Affenkriegerin und beeilte sich, zu ihr aufzuholen.
"Ich würde aber viel lieber mit Kira-sama baden! Ich habe vor ihm nichts zu verstecken! Autsch!"
"Du kriegst gleich eine Dritte, wenn du nicht mit diesem Unsinn aufhörst. Will ich vielleicht mit Mamoru-sensei baden?"
"Ha! Das weiß man bei euch Tsundere-Typen nie! Auuuutsch! Nicht so doll!"
"Noch ein Wort in diese Richtung, und ich..."
Erleichtert seufzte ich auf, als ich die Spinnenmädchen und ihren Disput nicht mehr hören konnte. Das wäre dann wohl geschafft.
"Kishio, Kira, kommt doch mal her zu mir."
"Ich nicht?", beschwerte sich Shinji.
"Oh, du kannst gerne zuhören und dann entscheiden, was du machst, Shinji", sagte ich amüsiert.
Ich musterte Kishio einen Moment. "Wie gut ist dein Täuschbild-Jutsu?"
"Äh, es ist leidlich, Mamoru-sensei. Ich habe es mir von einem Ninja abgeschaut, den ich für einen Auftrag beschattet habe."
Innerlich musste ich grinsen. Meine Politik der kleinen Schritte, den sensorischen Ninja betreffend, zeigte Früchte. Ich hoffte, bei ihm bald so viel Vertrauen zu spüren, wie ich von ihm erwartete. Dann würde er mir hoffentlich mehr über seine Vergangenheit erzählen. Zwar hatte ich schon eine Anfrage an Konoha verfasst und abgeschickt, den Namen Moeru betreffend, weil da irgendetwas in meinem Hinterkopf zwickte, aber aus erster Hand waren diese Informationen immer besser. Außerdem würde ich in naher Zukunft seine Fähigkeiten am Kunai und an den Shuriken testen müssen, von seiner enormen sensorischen Reichweite ganz zu schweigen. Aber das hatte später Zeit.
"Kishio, ich muss dich nun um einen Gefallen bitten, den du Kira tun musst, so wie ihn mir ein guter Freund mal erwiesen hat."
"Du brauchst doch nur zu befehlen, Mamoru-sensei!", sagte Kishio im Brustton der Überzeugung.
"Na, warte das erstmal ab. Ich möchte euch eine Geschichte aus meinem Leben erzählen, Jungs. Entscheidet dann."

Fünf Minuten später tippte sich Shinji bis zu beiden Ohren grinsend mit dem rechten Zeigefinger an die Stirn. "Ich bin da raus. Viel Spaß dabei."
Ich sah Kira an. "Und du?"
"Ich sehe das wie Kishio-kun. Du befiehlst, und ich mache es. Wo ist das Problem?"
Kishio war da schon eine andere Nummer. Er wirkte verlegen. "W-wenn du es verlangst, Mamoru-sensei, dann..."
"Tu es nicht für mich. Tu es für Kira."
Der große Rotschopf sah den kleineren Blonden an. "Wenn es doch zu seinem Besten ist... Gut, ich tu's."
Ich nickte zufrieden. "Dann los, Ihr zwei."
Entschlossen nickten sie und gingen davon.
Ich trat derweil wieder in den Begrüßungsraum an den Tresen. "Ist mein Gast schon angekommen?"
Die junge Frau am Schalter verneinte. "Nekozumi-sama ist noch nicht eingetroffen. Aber er hat eine Nachricht geschickt, laut der er es noch diese Nacht schaffen will."
"Gut. Benachrichtigen Sie mich sofort, wenn er ankommt." Leider hatte ich nur diesen einen Abend, um meinen alten Freund Ryuji wiederzusehen. Danach würden sein Terminkalender und meine Arbeit nicht miteinander übereinstimmen, und wir konnten uns eine weitere lange Zeit nicht sehen. Und ein Großteil meines Jahresurlaubs war schon Richtung Getsugakure fest gebucht.
Genauer gesagt hatte ich ihn nicht mehr gesehen, seit ich nach der Zerstörung Otogakures das Land der Reisfelder verlassen hatte. Ich freute mich sehr, den alten Haudegen wiedersehen zu können.
"Verstanden, Morikubo-sama." Die junge Frau verbeugte sich lächelnd vor mir. Ich erwiderte die Verbeugung ansatzweise. "Danke sehr."
Anschließend machte ich mich auf ins Herrenbad.
***
Angespannt lauschte Shinji am Bambuszaun, der Männerbad und Frauenbad voneinander trennte. Dabei trug er nur ein Handtuch um die Hüften. Ach ja, und sein Stirnband. Als er mich eintreten hörte, sah er kurz zu mir herüber. Aber er konzentrierte sich sofort wieder auf seine Tätigkeit.
Ich seufzte vielsagend und ging durch die übliche Routine vor einem Gang in ein Onsen. Ich seifte mich ein und spülte mich gründlich ab. Auch wenn das Wasser im Laufe des Tages ausgetauscht wurde war es unhöflich, anderen Badegästen zuzumuten, in der eigenen Dreckbrühe zu liegen. Während ich mir die Haare wusch, betrachtete ich mein Gesicht. Gegenüber dem Jungen, der einst das erste Mal das Stirnband Konohas umgeschnallt hatte, hatte ich mich schon verändert. Ich sah etwas älter aus, und der letzte Babyspeck war aus meinem Gesicht gewichen. Ob ich hübsch war? Wie viele Dinge im Leben war das sicherlich eine Ansichtssache. Zumindest fand ich mich nicht hässlich. Nachdenklich betrachtete ich die Narbe auf meinem rechten Oberarm, die ich trotz aller Künste der Medi-Nins Kumogakures und meiner Affenkrieger von dem Kampf behalten hatte, der mich beinahe den ganzen Arm gekostet hätte. Vieles war passiert. Sehr viel sogar. Und das war bei weitem nicht meine einzige Narbe, wenngleich die anderen weit besser verheilt waren als der fingerdicke rote Strich, der sich einmal über meinen Bizeps zog. Auf meinem Rücken wusste ich einen langen dunkelroten Strich, der sich über mein linkes Schulterblatt zog. Das letzte Überbleibsel einer Verwundung durch ein Kunai, das den Knochen nicht hatte durchdringen können. Hatte aber tierisch geblutet, und ich hatte es nur mit Hilfe eines Schattenklons behandeln können. Und wenn ich am linken Bein runter sah, da...

"Nein, absolut kein Problem. Kommt ruhig, Ihr zwei", klang Perines Stimme von drüben zu uns herüber. "Nicht, Mädels?"
Shinji begann leise zu kichern. Aha.
"Ich wäre jetzt viel lieber bei Kira-sama", hörte ich Kuzomi murren.
"Maul nicht und schrubb weiter, kleine Schwester", sagte Kuzoko.
"Meinst du, das nützt was? Du vernachlässigst deine Haut so sehr, da wäre Schleifpapier wohl besser geeignet", stichelte sie.
"Weniger reden, mehr schrubben. Hallo, ich bin Kuzoko. Das ist meine Schwester Kuzomi."
"Sehr erfreut, euch kennenzulernen. Ich bin Kizu, und das ist meine kleine Schwester Kiki. Kiki, sag doch auch mal was."
"Ja, ja, hocherfreut, euch alle zu treffen. Können wir jetzt baden?"
"Nicht so voreilig, Kiki-chan", sagte Perine fröhlich. "Komm, erst will ich dir den Rücken waschen."
"A-aber das ist nicht nötig. Das kann doch meine Schwester machen."
"Papperlapapp. Es gehört sich aber so. Und weil ich hier die Älteste bin, maße ich mir das einfach mal an. Ich bin übrigens Perine."
"M-musst du mir so nahe kommen, mit den Dingern, Perine-sama?"
"Mit den Dingern? Ach so, du meinst meinen Busen. Nun hab dich nicht so. Ich trage doch ein Handtuch."
"D-das ist es nicht. Sie sind so groß. I-ich meine, das sieht man sonst nicht."
"Ach, hast du mich drinnen schon gesehen, Kiki-chan? Ja, ich gebe zu, meistens trage ich keinen BH, und dann umwickle ich sie nur, damit sie Halt haben. Dann wirken sie flacher. Oh, du hast aber eine zarte Haut."
"Hiiiiii! Da-das kitzelt!"
"Und so feine Poren. Und du hast sicher viele Verehrer mit deinen blonden Haaren. Oh, die duften aber gut."
"G-geht so. Kö-könntest du bitte nicht... Yieks!"
"Ach so, ich verstehe. Du hast einen kleinen Komplex, weil du selbst noch so kleine Brüste hast, und meine so groß sind. Keine Sorge, Kiki-chan, deine werden mindestens mal so groß wie die von Kizu-chan. Nicht wahr?"
"Äh, ja. Wir sind doch Schwestern."
"Na, na. Du musst doch nicht rumstehen und warten, Kizu-chan. Mai-chan, komm und wasch ihr den Rücken."
"Okay, bin unterwegs."
"Nein, das ist nun wirklich nicht nötig. Ich kann... Ah, warum trägst du das Badetuch nur um die Hüften?"
"Warum nicht?", fragte sie verwundert. "Wir sind hier doch eh im Frauenbad, und zu gucken gibt es auch nichts bei mir. Ist doch simpel. Ja, wenn ich so viel hätte wie du, Kizu-chan, ja, dann... Du, die fühlen sich aber etwas merkwürdig an, finde ich."
"Äh, ich habe das nicht so gerne, Mai-chan. Wenn jetzt einer reinkommt, oder so."
"Aber wir sind doch unter uns. UND DIE BEIDEN KINDER DRÜBEN, DIE WERDEN NICHT SCHMULEN! Besonders Kira nicht. Der weiß ja noch gar nicht worum es geht."
"Weiß er doch!", rief Kiki heftig. "Äh, ich meine, ich bin mir sehr sicher, dass ihm die Thematik durchaus bewusst ist. Perine-sama, was ist das auf meinen Rücken?"
"Was genau, Kiki-chan?"
"Na, dieses unglaublich weiche, angenehme Gefühl, das so eine Behaglichkeit ausstrahlt."
"Hast du das gehört, Mamo-chan?" sagte sie kichernd. "Das ist mein Busen, Kiki-chan. Wenn er sich selbst durch das Handtuch gut anfühlt, dann danke ich dir für das tolle Kompliment. Nanu, wirst du etwa rot? Wie niedlich."
"Kizu-chan, du musst das Handtuch schon abnehmen, wenn ich dir den Rücken einseifen soll."
"O-okay, a-aber nur ein kleines Stück. So-sonst wäscht mir Kiki immer den Rücken, und ich bin das nicht gewohnt."
"Ach, nun hab dich nicht so. Siehst du? Nichts passiert. Uff, du musst aber viel arbeiten. Deine Haut ist irgendwie rauh. Ich habe da eine Lotion, die sollten wir nach dem Bad mal auftragen. Du musst schon mehr auf deine Haut achten, Kizu-chan. Du bist doch ein Mädchen. Äh, hast du was gesagt?"
"N-nein! Natürlich nicht! D-den Rest kann ich selbst waschen, danke!"
"Ach, nun hab dich doch nicht so, Kizu-chan. Ich... Nanu, was ist denn mit deiner kleinen Schwester los?"
"Nasenbluten", sagte Perine. "Keine Ahnung, wo das herkommt. Sie war ja noch nicht mal im Bad."
"Ich habe Papiertaschentücher. Soll ich die schnell holen?", fragte Kuzumi aufgeregt.
"Hahaha. Ahahaha. Das hat sie öfters", klang Kizus Stimme auf. "Da hilft nur hinlegen! Schade, dann können wir vor der Weiterreise doch nicht mehr baden, und wir haben uns doch so gefreut. Nein, es ist besser, wenn wir wieder rausgehen. Danke euch, Mädels, aber sie legt sich wirklich, wirklich jetzt besser hin. Komm, Schwesterherz. Ahahaha. Vielen Dank für alles!"

Als die Tür rummste, begann Shinji prustend zu lachen.
"Hör auf zu lauschen, Shinji!", rief Mai tadelnd herüber. "Und man lacht nicht über Leute mit Problemen."
Der dickliche blonde Junge hielt im Gelächter kurz inne. "Oh, ich lache nur über Kira, Mai-chan."
"Kira-sama? Ist ihm was passiert?"
"Oh, Mist..." Hastig führte ich ein Kage Bunshin aus und ließ die Klonkörper das Trugbild-Jutsu ausführen. In genau diesem Moment erklomm Kuzomi den Zaun und sah zu uns ins Bad. Sie winkte mit einer Hand. "Hallo, Kira-sama! Alles in Ordnung?"
"Ja, ja", erwiderte mein Klon. "Alles klar hier. Jetzt zumindest."
"Na, dann ist es ja... Ufff!" Das Mädchen verschwand wieder von der Krone der Abgrenzung. "Aua, das war fies, Onee-chan."
"Du darfst doch nicht ins Männerbad rüberschauen, Kuzomi! Rate mal, warum die Bäder getrennt sind! Wir können doch von den Männern kaum verlangen, dass sie nicht gucken sollen, und wir schauen dann ungeniert über den Zaun!"
"Aber es klang doch so, als wäre meinem Meister was passiert", murrte sie.
"Ab ins Bad mit dir, und wehe, das passiert nochmal!", bestimmte Kuzoko kategorisch.
Perine lachte glockenhell. "Mädels, mit euch wird das hier nicht langweilig. Komm, Mai-chan, wir gehen auch ins Bad."
"Ja, Sensei."
Zufrieden löste ich die Schattenklone wieder auf.
In diesem Moment öffnete sich die Tür und Kira und Kishio traten ein.
Schuldbewusst schreckte der rothaarige Junge vor Shinji zurück. "I-ich habe nichts gesehen! Wirklich nicht! Sie... Ich meine... Also..."
"Dafür habe ich umso mehr gesehen. Und gespürt." Kira musste für den Augenblick an sich halten, weil seine Nase erneut zu bluten begann. "Oh, ich sollte wohl besser nicht baden. Ich geh wieder raus und lege mich hin."
Ich unterdrückte ein Auflachen. "Und was ist mit dir, Kishio?"
Der Junge wirkte schuldbewusst, so als hätte er etwas ausgefressen. Das war ja eigentlich auch richtig, aber theoretisch hätte er wissen sollen, auf was er sich da eingelassen hatte.
"I-ich habe nichts gesehen."
Ich unterdrückte ein Lachen. "Ich wollte wissen, ob du baden willst. Aber ich denke, das können wir abkürzen. Komm her, ich wasch dir wieder den Rücken."
Während ich Kishio einseifte und abrieb, beschloss ich, sein Selbstbewusstsein ein wenig zu stärken. "Ich gratuliere übrigens zu deiner Verwandlung", raunte ich. "Perine ist darauf trainiert, so etwas zu erkennen. Wenn sie euch nicht entlarvt hat, dann seid Ihr zwei schon richtig gut auf dem Gebiet."
"Etwas zu gut", murrte der rothaarige Junge. Er wandte sich zu mir um und sah mir in die Augen. "Das dürfen wir Mai-chan niemals verraten, Sensei."
"Ich verrate es nicht, keine Sorge. Und Shinji verrät auch nichts. Oder?"
"Kein Sterbenswörtchen." Der blonde Junge winkte uns herüber. "Kommt ins Wasser. Es ist toll hier."
"W-wirklich nicht? Mai-chan ist so nett, und ich will sie nicht..."
Das ließ mich seufzen. "Keine Sorge. Im schlimmsten Fall ist es mit einer Ohrfeige erledigt. Die Mädchen von Konoha sind viel tougher, als du denkst." Ich spülte ihm die Seife vom Körper. "Und jetzt ab ins Bad, Meisterninja."

Ich musste zugeben, die hiesige Quelle war gut. Vor allem roch sie nicht so sehr nach Schwefel, was die Sache für mich angenehmer machte. Manche schwörten ja auf den Geruch von faulen Eiern, weil der Schwefel, von dem der Geruch kam, besonders gut für die Haut sein sollte. Ich nicht so sehr. Schwefliges Wasser neigte je nach Verdünnung dazu, auf jenen Stellen meines Gesichts zu brennen, an denen ich mich verbrannt hatte. Trotz meines guten Heilfleischs, trotz der Bemühungen der Affen, sodass die Verbrennungen zumindest nicht mehr zu sehen waren. Ich nahm das als deutliche Warnung.
Genüsslich streckte ich mich noch ein wenig mehr aus.
Drüben auf der anderen Seite klangen wieder die Stimmen der Mädchen auf. "So, ich habe genug. Ich geh dann mal wieder", sagte Kuzoko. "Kuzomi, du kommst mit."
"Denkst du nicht, ich bin alt genug um zu entscheiden, wie lange ich baden kann?", murrte sie.
"Das ist es nicht. Ich wollte vor dem Abendessen noch ein wenig trainieren. Und das geht besser zu zweit."
"Oh! Bringst du mir den Trick bei, von dem du mir erzählt hast?"
"Wenn du jetzt mitkommst..."
"Ich bin schon auf dem Weg, Onee-chan!", rief sie freudig. "Mai-chan, komm doch mit!"
"Ich weiß nicht. Darf ich denn?"
"Klar! Oder, Onee-chan?"
"Sie ist Mamoru-senseis Schülerin. Natürlich darf sie. Wir wollen ja auch etwas Taijutsu trainieren, nicht?"
"Ich bin dabei!", rief Mai aufgeregt. "Mamoru-sensei, darf ich?"
"Klar", rief ich herüber. "Das ist eine gute Gelegenheit für dich, um was Neues zu lernen."
"Supi!" Für einige Zeit hörten wir Wasserbewegungen, dann das Gekicher und die leisen Unterhaltungen der drei Mädchen, danach ging eine Tür, und der Zauber war vorbei.
Kishio erhob sich. "Mamoru-sensei, ich würde auch gerne trainieren. Du weißt sicher, dass wenn man seine Künste nicht regelmäßig trainiert, sie einrosten und man sogar von der Perfektion vergisst, die man einst hatte."
"Was wirst du denn trainieren, Kishio?"
"Taijutsu. Ich bin ziemlich gut im unbewaffneten Kampf. Aber auch mit den Shuriken und dem Schwert."
"Hast du noch andere Fähigkeiten, die ich noch nicht kenne, und von denen ich mir ein Bild machen sollte?"
"Außer meinen sensorischen Fähigkeiten? Ich bin austrainiert. Das war ich zumindest, bevor... Nun, bevor ich verletzt wurde. Ninjutsu hätte zu meiner Ausbildung gehört, aber..."
"Schon gut. Für das Ninjutsu bin ich ab jetzt verantwortlich. Und was die sensorischen Fähigkeiten angeht... Ich überlege schon die ganze Zeit, ob du mir nicht helfen kannst, meine eigenen zu verbessern, Kishio. Du bist mir auf diesem Gebiet weit überlegen. Allerdings habe ich wirklich nur eine kleine Gabe als sensorischer Ninja, und das Training mit den anderen sensorischen Ninjas Konohas hat mir nur wenig gebracht."
Kishio wirkte nachdenklich. Er betrachtete mich, suchte nach Worten, wandte sich ab und straffte sich dann merklich. "Sensei, wenn du mich fragst, dann gibt es einen bestimmten Grund, warum deine sensorischen Fähigkeiten so schwach sind. Wenn du erlaubst..."
"Nur zu. Sprich dich aus."
Kishio zögerte, wurde rot und vermied meinen Blick. "Meines Erachtens nach ist es mangelndes Selbstvertrauen, das sich so sehr zementiert hat, dass du..." Abwehrend hob er die Hände und sah ich fühlte, daswieder zu mir herüber. "Damit will ich nicht sagen, dass du schwach bist, Mamoru-sensei. Ich habe dein Fuuton und dein Katon gesehen, und ich spüre die Effektivität deines Chakra-Systems. Ich... Sensei?"
Nachdenklich rieb ich mir das Kinn. "Mangelndes Selbstvertrauen, was? Das würde sogar Sinn machen." Ich seufzte und ließ mich bis zum Kinn ins warme Wasser sinken. "Das wird ein hartes Stück Arbeit, das wieder loszuwerden."
"Sensei", merkte Kishio bescheiden an, "es gibt vielleicht einen schnelleren Weg. Mein Großvater, der mich trainiert hat, hat mir mit neun Jahren geholfen, nahe an mein jetziges Maximum heranzukommen. Es ist ein Clan-Jutsu, und es hat bisher noch jedem sensorischen Ninja weitergeholfen. Es ist schwierig, und es erfordert, dass ich die Kontrolle über dein Chakra-System übernehme, aber es kann dich auf einen Schlag verbessern. Vielleicht. Ich weiß nicht, ob es bei jemandem funktioniert, der nicht aus meinem Clan ist."
Ich war versucht, nachzubohren, ihm mehr über seine Vergangenheit und diesen Clan zu entlocken, die Moerus. Aber ich fühlte, dass die Zeit hierfür noch nicht reif war. Ich fühlte, dass er mir vertraute, weil er mir dankbar war und sich mir verpflichtet fühlte. Ich wollte aber, das er mir vertraute, weil ich ich war, bevor ich derart sensible Informationen von ihm verlangte.
"N-natürlich weiß ich, dass das eine große Menge Vertrauen erfordert, das ich noch lange nicht verdient habe", fuhr er fort. "Aber du kannst Perine-sama zur Überwachung meiner Aktionen einsetzen. Notfalls könnte sie dann eingreifen."
"Müsste sie eingreifen?", fragte ich lakonisch.
"Natürlich nicht, Sensei! Du kannst dich hundertprozentig auf mich verlassen."
Ich nickte. "Gut. Dann probieren wir das aus. Aber erst, sobald du wieder zu einhundert Prozent wiederhergestellt bist."
Für einen Moment wirkte er verblüfft. "Echt jetzt?"
"Ja, echt jetzt. Aber Perine wird auch dabei sein. Nicht um dich zu überwachen, sondern um uns beide zu schützen. Das ist nur vernünftig, wenn es um ein Jutsu geht, das du mit neun gelernt hast."
"Stimmt, Mamoru-sensei", erwiderte er nachdenklich. "Großvater sagte zwar immer, das sei wie ein Kunai werfen, man könne nicht besonders viele Fehler machen, aber ich habe es seither nicht angewendet. Es ist vernünftig." Er verneigte sich leicht vor mir. "Ich gehe dann mal trainieren."
Shinji kletterte ebenfalls aus dem Bad. "Und ich schau mal nach, wie es unserem Helden geht. Bei der Gelegenheit quetsche ich ihn aus, was seine Nase zum Bluten gebracht hat. Oh, ich hätte nie gedacht, dass es für ihn tatsächlich Hoffnung gibt." Er grinste fröhlich, winkte mir und folgte Kishio in den Umkleideraum.

"Na, Hübscher? Bist du öfters hier?", klang es vom Zaun herüber.
Ich winkte Perine zu, die über die Zaunkrone schaute. "Leider nur heute, schönes Mädchen. Was macht eine Kriegerin wie du alleine an einem Ort wie diesem?"
"Lustige Aufträge ausführen." Sie lächelte mich mit zusammengekniffenen Augen an. "Und, war es in etwa das, was du dir für Kira vorgestellt hast?"
"Ja, das kommt dem schon sehr nahe. Ich danke dir. Du bist wirklich ein duftes Mädchen."
"Ist doch nichts dabei. Sie konnten ja nicht wirklich was sehen. Ich habe mich zwar kurz erschrocken, als Mai-chan aus dem Wasser kam, aber Kishio ist ein perfekter Gentleman, selbst wenn er sich als Frau tarnt. Er hat sofort weggeguckt, und stur geradeaus."
"Apropos Kishio. Ich habe ihn für sein gutes Jutsu gelobt, das du nicht durchschaut hast..."
"Oh, das kannst du wirklich. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich es auflösen konnte. Aber da ich die beiden erwartet habe... Shinji wollte nicht? Vernünftig, der Junge. Nicht, dass er solche schlimmen Sachen von seinem Sensei lernt. Böser Mamo-chan. Eigentlich müsste ich dich übers Knie legen."
"Willst du mich bestrafen oder belohnen?", fragte ich trocken.
Verdutzt sah sie mich an, bevor sie zu kichern begann. "Mamo-chan, Mamo-chan. Genau deshalb liebe ich dich. Weil du mir immer noch unter die Haut gehst wie bei unserer ersten Kata.
Habe ich dir eigentlich erzählt, dass ich große Angst vor dir hatte, als du mich das erste Mal beschworen hast? Ranko-sama und Ranma haben immer so großartige Dinge von dir erzählt, und ich stand dann plötzlich vor dir, und ich hatte große Angst davor, dass du mir einen Auftrag geben würdest, den ich nicht erfüllen kann und so... Und dann bist du mit mir Eis essen gegangen. Ich war sofort in dich verschossen."
"Was sollte ich auch mit dir machen? Ich hatte dich ja nur zum Üben beschworen, und einfach so zurückschicken wollte ich dich auch nicht, P-chan." Ich lächelte. "Den Tag hatte ich viel Spaß."
"Ich auch. Ich bin froh, dass ich rechtzeitig erwachsen geworden bin, bevor du es geworden bist. Auch wenn ich dich nicht kriegen sollte, Mamo-chan, die Chancen stehen ja eins zu fünf, kann ich dich wenigstens immer noch damit necken, was du verpasst, wenn du dich nicht für mich entscheidest."
Ich seufzte lang und tief. "P-chan, am liebsten würde ich euch ja alle drei heiraten, aber ich glaube, da hat der Rat der Stadt Konoha etwas gegen."
"Alle drei? Wir sind fünf."
"Ich kenne nur drei."
"Wie? Aber Ranko-sama hat doch gesagt, dass..."
"Nein, das nehme ich nicht ernst. Sie hat mir auch gesagt, dass sie euch damit in Zaum halten wollte. Also euch Mädchen jetzt. Außerdem ist es unmöglich, dass eine so tolle Superfrau wie sie ausgerechnet mich... Also echt jetzt."
Ernüchtert sah sie mich an. "Ich denke, es ist wohl ganz gut so, dass du das nicht ernst nimmst. Gegen Ranko-sama hätten wir eventuell keine Chance, alle vier wie wir dastehen."
Ich lächelte. Da war was dran. "Wenn wir gerade beim Thema sind, wer ist Nummer fünf?"
"Du weißt es doch längst. Willst du es unbedingt von mir hören?"
Das brachte mich erneut zum Seufzen. "Es ist Maria, nicht? Und die Mädchen haben sie reingelassen, weil sie mit Aki-chan schwanger war, und weil sie sicher waren, dass er von mir ist. Richtig?"
"Tut mir leid, aber ich bin nicht befugt, über den Mamo-Pakt zu sprechen, wenn die betreffenden Personen es dir nicht selbst verraten haben." Sie blinzelte zu mir herüber. "Wenn es Maria wäre, was dann? Ihr hättet dann ein Kind zusammen."
"Was sollte schon sein? Früher wollte ich sie umbringen, nachdem sie versucht hat mich umzubringen. Jetzt ist sie verknallt in mich, und ich weiß auch warum. Sie wollte mich ausnutzen und ist in ihre eigene Falle gegangen. Klar, wir hätten dann einen Sohn zusammen, aber sie ist nicht besser oder schlechter, nicht liebenswerter oder hübscher als Hanako und Karin. Oder du, P-chan. Das würde ihr nicht helfen."
"Ist ein enges Teilnehmerfeld auf gleicher Höhe, eh?", neckte sie mich.
"Für mich ist es vor allem ein Riesenproblem. Wenn ich mich entscheide, und..."
"Oh, da kann ich dich beruhigen. Wir haben schon längst beschlossen, dass das für uns nichts ändert. Wenn du dich entscheidest - und wehe, du nimmst eine andere als aus dem Mamo-Pakt - dann bleiben wir trotzdem alle Freunde und arbeiten miteinander wie bisher."
"Uff, das ist eine erwachsene Einstellung", sagte ich verblüfft.
"Die anderen vier werden dann einfach deine Geliebten."
Erschrocken sackte ich weg und verschwand unter Wasser. Als ich prustend wieder an die Oberfläche kam, empfing mich Perines amüsiertes Gelächter. "Oh, Mamo-chan, du bist so niedlich."

"Verehrter Gast, ich muss Sie bitten, vom Zaun runter zu gehen", sagte eine Stimme vom Eingang.
Perine sah herüber und erkannte eine der Hausdienerinnen, die mit einem Tablett in der Hand eingetreten war. Darauf standen zwei Sake-Fläschchen und zwei Becher. Sah ganz so aus, als wäre Ryuji eingetroffen.
"Ja, ja, habe schon verstanden." Sie winkte und ließ sich vom Zaun gleiten. "Du bist aber nicht vom Haken, Mamo-chan."
"Schon klar, schon klar. Und du weißt, dass ich dich liebe, P-chan."
"Wir finden schon noch heraus, wie sehr du mich liebst", erwiderte sie.
Touché, ging es mir durch den Kopf.
Die Angestellte kniete sich neben mir am Becken nieder, füllte einen der kleinen Becher mit heißen Sake und reichte ihn mir. "Nekozumi-sama bezieht gerade sein Zimmer. Ich soll Ihnen ausrichten, dass er so schnell kommt wie er kann, Morikubo-sama."
Ich nahm das alkoholische Getränk entgegen. "Danke sehr, junge Dame."
"Rufen Sie nur, wenn Sie Nachschub haben wollen. Ich bin für Sie in Hörweite." Sie erhob sich und verbeugte sich vor mir, bevor sie das Bad wieder verließ.

Dabei gab sie sich mit Ryuji die Klinke in die Hand. Der riesige Kerl schoss so erschrocken zurück, dass ich ihn kaum mit dem Mann aus meiner Erinnerung in Verbindung bringen konnte, den eiskalten, ausdauernden Riesen, der mit einem Schwert kämpfte, das andere benutzt hätten, um aus dem Stahl ein Dutzend anderer zu schmieden. "Warnen Sie mich doch vor, Frau! Dann hätte ich doch ein Handtuch umgelegt!"
"Verzeihung, Nekozumi-sama. Beachten Sie meine Anwesenheit überhaupt nicht. Ich bin eigentlich gar nicht da, nur ein Schatten."
"In Ordnung, in Ordnung." Beinahe hastig schlängelte sich Ryuji, nun mit einem Handtuch bekleidet, an ihr vorbei.
Als er mich sah, hellte sich seine Miene merklich auf. "Ja, hol mich doch... Tut das gut, dich zu sehen, Mamo-chan! Groß bist du geworden!"
Ich lachte auf. "Es ist viel passiert, seit ich Otogakure zerstört habe. Beeil dich mit dem Waschen, sonst wird der Sake kalt!"
Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Allerdings bat er mich auch nicht, seinen Rücken zu waschen. Das hatte ich erwartet. Es wäre gegen seinen Kodex gewesen, um so eine Banalität zu bitten. Und da er keine der Hausdienerinnen mitgebracht hatte, um ihn zu unterstützen, wollte er folgerichtig keine Hilfe.
Als er sich neben mir mit einem Laut der Behaglichkeit ins heiße Wasser sinken ließ, schenkte ich ihm einen Sake ein. "Hier."
"Danke. Weißt du eigentlich, wie viele Hindernisse ich ausräumen musste, um jetzt hier sein zu können? Etliche. Hunderte. Ach, was sage ich, Tausende. Es ist nicht leicht, so einen verdammten Clan anzuführen. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich einen Teufel getan und den Platz meines Vaters eingenommen, als er überraschend zurückgetreten ist."
"Ich gehe dann auch mal raus", klang Perines Stimme vom Frauenbad herüber. "Du hast ja jetzt wen zum Spielen, Mamo-chan."
"Hey! Ist das Perine? Perine, bist du das?"
"Klar, Ryuji-nii!"
"Perine! Das ist eine Überraschung. Sehen wir uns noch?"
"Klar, wenn du mit uns zu Abend isst. Daran sollte aber wohl kein Zweifel bestehen, oder?"
"Natürlich nicht", sagte ich drohend. Wehe, Ryuji hatte etwas anderes geplant.
"Natürlich nicht", echote er. "Also, bis nachher, Perine."
"Ich freue mich schon, Ryuji-nii."
Die Tür im Frauenbad ging zu, und wir waren allein.
"Und jetzt", sagte ich fröhlich, "trinken wir den Sake, und schwelgen wir in Erinnerungen."
"Nun tu doch nicht so", erwiderte Ryuji lachend. "Gerade mal siebzehn, und benimmt sich wie ein alter Veteran."
"So komme ich mir manchmal echt vor", grummelte ich. "Du hast ja keine Ahnung, was die letzten Jahre so passiert ist."
Er grinste mich an, wartete bis ich getrunken hatte und schenkte sich und mir dann nach. "Erzähl mal."
***
Natürlich lud ich Ryuji, den Mann, der mir geholfen hatte, Otogakure zu vernichten, und der mich, als ich dank Maria verschwunden war, bis zur Erschöpfung gesucht hatte, ja, der sogar an meiner Seite gestanden hatte, als ich mich offen gegen meine eigene Stadt gestellt hatte, zum Essen ein. Was hätte ich anderes für einen Freund wie ihn tun können?
Als er eintrat, platzierte ich ihn rechts von mir am Stirnende. An der linken Seite saß Perine. Meine Genin, die Spinnenfrauen und Kishio saßen wild durchmischt. Kuzoko hatte ihren Platz direkt neben mir auf der rechten Tischseite gefunden, darauf folgte Kira, und neben ihm saß Kuzomi, die ihn nervös betüttelte, nachdem sie ihn mit Nasenbluten und liegend im Zimmer gefunden hatte.
Die linke Seite war durchmischt. Kishio saß auf dem Platz neben dem Stirnende. Dann kam Mai, und Shinji bildete den Abschluss. Diese Position schien ihm nichts auszumachen, denn er amüsierte sich köstlich über Kishios offensichtliche Verlegenheit und Mais Bemühungen, mit ihm Konversation zu betreiben.
Als Ryuji Platz nahm, musterte er Kishio mehrere Sekunden verwundert, sagte aber nichts. Ich machte mir eine mentale Notiz. Der Junge hatte gesagt, dass er aus dem Land der Reisfelder stammte. Das gleiche Land, das zu einem großen Teil von den Nekozumis regiert wurde. Seine Haltung war nicht hostil, also war ich nicht beunruhigt.
Das Essen, das aufgetragen wurde, konnte sich sehen lassen. Zwar war es nicht die gehobene Küche, eher ländlich und einfach geprägt, aber was die Küche nicht mit Raffinesse konnte, das tat sie mit Esprit und Menge. Anders ausgedrückt, es gab leckere Allerweltskost in großen Mengen.
"Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt", sagte Ryuji zwischen zwei Bissen. "Es war für mich ja schon eine große Überraschung, als du mir geschrieben hast, dass Konoha dich damit beauftragt hat, eine Gruppe Genin auszubilden, obwohl du Beförderungssperre hast. Aber das es nun schon zwei Gruppen sind, ist eine noch größere Überraschung."
"Tja, die Welt ist voll mit Überraschungen", sagte ich, der unterschwelligen Frage ausweichend, woher die anderen drei gekommen waren, die keine Stirnbänder Konohas trugen.
"Wenigstens ist es gut ausgewogen. Drei Jungs, drei Mädels. Obwohl, du scheinst mir ein bisschen alt zu sein für einen Anfänger, junge Dame."
Kuzoko zuckte zusammen. Ich hatte sie bisher noch nicht gefragt, ob es ihr Recht war, wenn ich erzählte, dass sie vom Spinnenclan war und ich sie beschworen hatte. All das würde sich nun relativ schnell klären.
"Wir sind ja auch keine Anfängergruppe", sagte sie hastig, den Blickkontakt mit Kishio suchend. "W-wir, das heißt ich, Kishio-kun und Kuzomi-chan sind die Gruppe von Perine-sensei. Und wir sind schon drei Jahre dabei. Ahahahaha."
Aufmerksam beobachtete ich Ryuji, wie er darauf reagierte. Immerhin, er wusste, dass Perine eine Affenkriegerin war, die ich beschworen hatte. Kuzoko widerum konnte das überhaupt nicht wissen. Ich hatte es ihr ja nicht gesagt. Außer Perine hatte niemand davon gewusst, dass ich Ryuji für heute eingeladen hatte.
"Gut, das erklärt natürlich alles", log er, ohne mit der Wimper zu zucken. "Dann bist du als Älteste die Anführerin?"
"Perine-sensei ist unsere Anführerin. Aber ich bin..."
Kishio räusperte sich vernehmlich.
"Ich meine, Kishio und ich sind..."
"Menno", kam es von Kuzomi.
"Ich bin schon immer der Meinung gewesen, dass ein gutes Team nur einen Anführer braucht, und ansonsten sollte der Rest nur als gute Einheit funktionieren. Denke ich."
Die beiden machten Laute der Zustimmung.
Nanu? Entwickelte Kishio etwa Ehrgeiz? Das fand ich amüsant. Aber Kuzoko hatte recht diplomatisch gehandelt. Das würde ich im Auge behalten.
Ryuji beugte sich an mir vorbei zu Kishio herüber. "Sag mal, das interessiert mich schon die ganze Zeit, deine roten Haare betreffend."
Kishio versteifte sich. Ich spürte eine Veränderung in seinem Chakra-Fluss. Er machte sich bereit zur Abwehr eines Gegners. Mit einem deutlichen Blick brachte ich ihn dazu, seine Vorbereitungen abzubrechen. Ich fügte einen freundlicheren Blick hintenan, der ihm bedeutete: Du bist nicht in Gefahr. Dankenswerterweise nahm er es hin.
"Ja, Nekozumi-sama?"
"Kann es sein - du kommst ja aus Konoha - das du Vorfahren unter den Uzumakis hast? Es heißt ja, nachdem ihre geheime Stadt im letzten Ninja-Krieg ausgelöscht worden war, wären viele der Überlebenden nach Konoha gegangen. Ich frage nur, weil viele von ihnen auch rote Haare hatten."
"Ich habe meinen Familienhintergrund jetzt nicht so genau im Kopf", log Kishio, "aber die letzten drei Generationen lebt meine Familie bestimmt schon in Konoha."
"Oh. Das ist Schade. Es schließt aber nicht aus, dass du doch einen Uzumaki unter deinen Vorfahren hast. Es wäre jedenfalls interessant. Man sagt, sie waren als Clan gefürchtet, weil ihre Ninjutsu und ihre Siegeltechniken von herausragender Qualität waren. Dafür wurden sie dann auch vernichtet und in alle Winde verstreut."
Ich registrierte einen Wechsel im Fluss seiner Stimme. Das ließ mich aufhorchen.
"Eine ihrer Familien ist bis in unser Land geflohen. Eine mächtige Familie, die stets zur Stelle war, wenn man sie rief, um das Land zu verteidigen. Aber auch sehr bedacht auf die Eigenständigkeit. Das Rückgrat unserer Verteidigung. Sie zu verlieren war das größte Unglück, das uns hatte passieren können. Auch wenn einige sie als Dämonen fürchteten, wegen ihren unglaublichen sensorischen Fähigkeiten." Ryuji lachte leise. "Manche erzählten sogar über diese Leute, dass sie töten konnten, ohne ihre Gegner überhaupt zu berühren. Denen habe ich dann mal etwas über Genjutsu und Ninjutsu erklärt. Oder dass ich Stahl zerteilen kann, ohne ihn berühren zu müssen." Er lachte erneut. "Ich kann euch das gerne nachher mal vorführen."
Kishio spannte sich erneut an. "Das klingt... Interessant."
"Was jetzt? Die Geschichte über diesen Clan, oder über mein Taijutsu?"
"Der Clan... Du sprichst in der Vergangenheitsform über ihn, Nekozumi-sama. Was ist passiert?"
Ryuji hielt dabei inne, einen Schluck Sake zu trinken und setzte seine Tasse wieder ab. "Sie sind tot. Allesamt."
"Ja, Himmel auch, wieso das denn?", rief Kuzoko entsetzt.
Ryujis Blick wurde wehmütig. "Wie ich schon sagte, sie waren das Rückgrat der Verteidigung des Reichs der Reisfelder. Wer uns besiegen wollte, musste sie besiegen. Und da gab es tatsächlich jemanden, der sie vernichtet hat. Er griff sie an, löschte sie aus und trat dann an die großen Familien heran und behauptete, als Bezwinger dieses Clans wären er und seine Leute weit bessere Ninjas und deshalb geeigneter, um das Reich der Reisfelder zu schützen. Also erhielt er die Erlaubnis, auf dem Land des Clans ein geheimes Ninja-Dorf zu errichten. Übrigens das Land, aus dem du einen neuen See gemacht hast, Mamo-chan."
Ich hüstelte verlegen. "Das war ich ja nicht alleine. Guin, die lebende Chakra-Bombe, hat mir tatkräftig unter die Arme gegriffen."
"Na, na, nun stell dein Licht mal nicht unter den Scheffel, du zerstörerische Naturgewalt. Diesen Stützpunkt im Reich der Steine hast du ja auch quasi im Alleingang in eine Ruine verwandelt, nicht wahr?"
Ich hüstelte verlegen in meinen Sake. "Zufall."
"Und was ist mit der Burg im Reich des Wassers?"
"Ich hatte Hilfe."
"Ja, neun Ninjas. Gegen eine schwer befestigte Burg mit großer Garnison." Er kicherte und klopfte mir auf den Rücken. "Danke übrigens nochmal, dass du im Reich der Steine Orochimarus Stützpunkt vernichtet hast. Sein Ninjadorf Otogakure zu zerstören hat ihn ja nicht merklich geschwächt."
"Also hat Orochimaru... den Clan ausgelöscht?", hakte Kishio nach.
"Hat es sich noch nicht herumgesprochen in Konoha, dass er Otogakure gegründet hat?", fragte Ryuji eine Spur zu scharf.
"Manchmal bringt man einige Informationen nicht sofort miteinander in Zusammenhang", sagte Perine in mahnendem Tonfall. "Sei also nicht so streng, Ryuji-nii."
"Jawohl, Perine-sama", erwiderte er lächelnd. "Jedenfalls hat Orochimaru uns nach Strich und Faden hintergangen. Nach dem Ende der Uzumakis waren die Ninja-Clans dran, die sich ihm nicht unterwerfen wollten, und anschließend schürte er Unruhe unter den Familien, bis sie so sehr damit beschäftigt waren gegeneinander zu kämpfen, dass er mit Otogakure schalten und walten konnte, wie immer er es wollte." Melancholisch starrte er in seinen Sake, bevor er ihn austrank. "Manchmal wünsche ich mir, ich könnte die Zeit zurückdrehen und den Uzumaki-Clan vor der Vernichtung retten. Oder wenigstens ein paar von ihnen, als Grundlage für einen neuen Clan. Einer würde mir schon reichen. Ein einziger und genügend Zeit. Gerüchteweise soll es ja noch ein paar Versprengte geben, hier und da, aber die haben ein schweres Leben, weil Orochimaru natürlich ganze Arbeit geleistet und den Menschen auf dem Land eingeredet hat, bei Rothaarigen hätten sie es mit irgendeiner Form von Dämon zu tun. Die glauben das natürlich. Jeder halbwegs schlaue Uzumaki, der das Massaker überlebt hat, dürfte das Reich der Reisfelder schon vor Jahren verlassen haben. Und sie hätten ja auch Recht damit, es zu tun. Gut, gut, wenn ich genauer drüber nachdenke, würde ich den Uzumakis keinen Gefallen damit tun, sie zurückzuholen. Nicht, bevor die Menschen diese dummen Geschichten und Gerüchte vergessen haben. Vielleicht würde es auch helfen, endlich Orochimaru zu töten, ein für allemal. Oder ihn entscheidend zu schwächen. Aber die Chance hast du ja verpasst, Mamo-chan", sagte er, und nahm mich gespielt in den Schwitzkasten. "Orochimarus Leutnant nach einer Hatz durch vier Länder doch noch entkommen zu lassen..."
"Entschuldige bitte, das mir Grenzen gesetzt sind", erwiderte ich.
"Ist nur Spaß. Ehrlich gesagt war ich heilfroh, als ich gehört habe, dass du dich mit Kabuto angelegt und auch noch überlebt hast. Der Mann ist brandgefährlich." Er entließ mich wieder aus dem Schwitzkasten. "Komm, erzähl mir die ganze Geschichte. Zumindest den Teil, der nicht unter die Geheimhaltung Konohas fällt."
"Wenn du so begierig bist zu hören, wie ich verloren habe..." Also erzählte ich alles von meiner Reise nach Suna, was ich den Genin oder meinem alten Freund Ryuji erzählen durfte.
***
Stunden später, ich hatte die Jüngeren bereits ins Bett geschickt, saßen Perine und ich noch mit Ryuji zusammen und redeten über meine Erlebnisse während meiner Suna-Reise.
Die Genin hatten die Geschichte sehr interessiert aufgenommen und regelrecht mitgefiebert, als ich zu den gefährlichen Passagen gekommen war. Sie hatten regelrecht mitgefiebert, obwohl sie gewusst hatten, wie es ausgegangen war. Kishio zeigte ein gerechtfertigtes Maß an Erstaunen, Kuzuko gab sich betont desinteressiert, obwohl sie aufmerksam zuhörte, und Kuzomi hatte eindeutig mehr Interesse an Kira.
Jetzt, wo die Zahl der Zuhörer deutlich limitiert war, konnte ich über die gefährlicheren Passagen offener reden, darunter über einige Stellen, die ich vorher ausgelassen hatte, weil sie mir vor meinen Schülern peinlich gewesen waren. Ich wollte sie nicht unbedingt mit der Nase drauf stoßen, dass auch ihr Sensei zu dummen Entscheidungen neigte. So wie die, über die sich Ryuji geradezu ausschüttete vor Lachen.
"Und du hast ein Dai Endan abgefeuert? In einem geschlossenen Raum? Unter der Erde?" Er hielt sich den Bauch vor Lachen. "Na, da hätte ich aber zu gerne Kabutos Gesicht gesehen! So eine Wahnsinnstat konntest auch nur du dir ausdenken, Mamo-chan."
"Ja, Wahnsinnstat trifft es wohl", murmelte ich.
"Ach, komm schon", sagte er zu mir und klopfte mir auf die Schulter. "In der Situation konnte nur eine Wahnsinnstat helfen. Und du warst bereit, diesen Wahnsinn auszuführen, ohne zu zögern. Könnte sein, dass du nur deshalb noch lebst."
"So kann man es auch sehen", erwiderte ich, nur halb überzeugt.
"Hör auf Ryuji-nii", mahnte Perine. "Mamoru, eigentlich dachte ich, du hättest die Zeiten, in denen du dich sträflich unterschätzt hast, schon lange verlassen."
"Ich gebe mir Mühe, okay? Aber er ist mir entkommen, und..."
"Mamo-chan, merkst du nichts? Bei den meisten anderen Ninjas, die mit ihm gekämpft haben, hört man meistens so was wie: Ich konnte überleben. Aber du sagst: Er ist mir entkommen. Fällt dir was auf?", fragte Ryuji grinsend.
"Aber ich hatte ihn doch fast! Wären wir nicht in diesen schier endlosen Haufen an Untoten gestolpert, die die Abfahrt seines Schiffs gedeckt haben. Ich..." Während ich sprach, stockte ich in jäher Erkenntnis. "Eigentlich hast du Recht. Er ist vor mir geflohen. Vor mir, den ANBU und meinen Affenkriegern. Anne-chan und Kankuro nicht zu vergessen."
"Und? Fühlt sich das jetzt besser an?", fragte er grinsend.
"Etwas, zumindest."
"Na, das muss dich doch in deiner Rolle als Ausbilder bestärken, Mamo-chan. Meinst du nicht auch, Perine?"
"Unbedingt, Ryuji-nii. Und wir wollen nicht vergessen, dass Mamo-chan als Ausbilder arbeitet, seit er Chunin geworden ist. Wem hat er nicht schon alles dumme Marotten ausgetrieben."
"Jetzt übertreibst du", tadelte ich die Affenkriegerin. "Meine Methoden setzten eher selten auf Gewalt, mehr auf Ausbildung - oder ihnen einzureden, mein Vorschlag wäre ihre eigene Idee gewesen."
Wir lachten.

"Tolle Genin hast du da. Und wenn ich mich nicht irre, sind die beiden Mädchen, das blasse und das gebräunte, beschworen worden, nicht?"
"Kein Kommentar", erwiderte ich grinsend.
"Ist Recht. Aber was den Rotschopf angeht, deinen Kishio..."
"Was ist mit ihm?"
"Ich spreche jetzt nur zu mir selbst. Wenn er ein Uzumaki ist, und wenn er trainiert worden ist - und das wäre er, wenn seine Tattoos die gleiche Bedeutung haben, wie sie sie bei den Uzumakis aus unserer Region gehabt haben - dann könnte er theoretisch über die Fähigkeit verfügen, jemanden zu töten, ohne ihn zu berühren."
"Super. Ein effektiver Shinobi an meiner Seite", erwiderte ich.
"Macht dir das keine Angst?"
Ich seufzte. "Das fragst du mich? Ich komme aus dem Nara-Clan. Die meisten Shinobi mit dieser Herkunft brechen dir mit ihrem Schatten das Genick. Ich stehe auch dem Yamanaka-Clan sehr nahe. Sie bringen Kraft ihrer Gedanken deine Kameraden dazu, dich zu töten. Und ich kenne da einen gewissen Kerl aus dem Clan der Nekozumi, der schafft es, allein mit der Druckwelle eines Schwertstreichs Stahl zu zerschneiden. Und, davon mal abgesehen und in aller Bescheidenheit, ich bin auch ein ziemlich gefährlicher Ninja. Es wundert mich, dass mir normale Menschen nicht mit einem Schaudern aus dem Weg gehen, obwohl sie wissen, dass ich Dutzende von ihnen binnen eines Sekundenbruchteils töten könnte. Nein, ich habe keine Angst."
"Das beruhigt mich zu hören. Bleibe bei dieser Haltung. Es kann sein, dass er wegen seiner roten Haare negative Reaktionen provoziert, und das ist nie etwas Gutes."
Ich schnaubte abfällig. "Wegen seiner roten Haare? Wie primitiv muss man denn sein, um jeden Menschen mit roten Haaren zu fürchten, weil er ein Uzumaki sein könnte?" Das war natürlich nur die halbe Wahrheit, denn wenn ich an meinen Freund Naruto dachte - auch ein Uzumaki, aber kein sensorischer Ninja, geschweige denn rothaarig - und wie die Stadt, oder zumindest viele ihrer Bewohner mit ihm umgesprungen waren, hatte ich das Bild selbst vor Augen. Und das in einem Ort, der sich selbst als modern, aufgeschlossen und progressiv sah. Nur, weil der arme Junge den Kyubi in sich versiegelt trug. Ich hatte Naruto nie gegen solche verbohrten, ängstlichen oder einfach dummen Menschen beistehen können, auch weil die Ablehnung gegen ihn im Lauf der Jahre abgenommen hatte. Aber bei Kishio würde ich es können, und ich würde es tun.
"Du wirst es erleben." Ryuji klopfte mir auf die Schulter. "Aber mit dir als seinem Sensei habe ich keine Bedenken. Dennoch, vielleicht gibst du ihm besser eines der Konoha-Stirnbänder, aus denen man eine Mütze knüpfen kann."
"Ach. Du meinst, die roten Haare zu verbergen löst das Problem?", konterte ich.
"Du kannst nicht alle herausfordern. Vielleicht ist ein eleganter Ausweg das Beste. Sieh das als meinen guten Rat an, Mamoru Morikubo."
Seine Stimme war ernst geworden, ebenso sein Blick. Ich wusste, er hatte mir etwas Wichtiges gesagt, und ich würde mich später einmal an meiner heutigen Entscheidung messen lassen müssen.
"Danke. Ich denke drüber nach."
Den Rest des Abends verbrachten wir mit weniger schweren Themen.
***
Am nächsten Morgen, nach dem üblichen Training, stand unsere Abreise bevor. Das zwei der Hausdienerinen hinter uns standen und miteinander tuschelten, während sie auf Kishio zeigten, regte meinen Argwohn. Als der Junge dann aber zu ihnen herüber winkte, und die Frauen kicherten, hätte ich beinahe aufgelacht.
"So, sind alle bereit?", fragte ich in die Runde.
"Sensei, Perine-sensei ist nicht da", meldete Mai.
"Ja, ich weiß. Ich habe sie gestern Abend auf den Affenberg zurückgeschickt, damit sie etwas für mich erledigt. Das sollte sie ungefähr jetzt getan haben. KUCHIOSE NO JUTSU!"
Als sich der Rauch der Beschwörung wieder verzogen hatte, trat Perine daraus hervor.
Ryuji, der noch Zeit bis zu seiner Abreise hatte, betrachtete, was sie in beiden Händen hielt und stupste mich in die Seite. "Sehr guter Schachzug, Mamo-chan." Es waren Stirnbänder. Konoha-Stirnbänder.
"Hier, die habe ich heute Nacht machen lassen. Allerdings erwartet Enka-sama dafür eine außergewöhnliche Feier nächsten Monat", sagte sie mahnend in meine Richtung.
Ich nickte zustimmend. "Selbstverständlich. Ich habe nie etwas anderes geplant. Kishio, Kuzoko-chan, Kuzomi-chan, die Stirnbänder sind für euch. Ich möchte, dass Ihr sie ab jetzt immer tragt, damit jedermann sieht, dass Ihr zu Konoha gehört. Ihr könnt sie als Stirnband tragen, Ihr könnt sie zur Mütze formen oder zu einem Stirnband und einer Lage, die längs über den Kopf geht. Ich nenne das immer gerne den Schlüpfer, aber manche Shinobi brauchen das wegen ihrer eigenwilligen Haarpracht.
"Hier, Kuzomi-chan. Hier ist deins, Kuzoko-chan. Und dies ist für dich, Kishio-kun. Gebt gut darauf acht. Enka-sama selbst hat bei der Produktion geholfen."
Beeindruckend. Der Affenkönig selbst hatte daran mitgearbeitet. Aber vermutlich war es nur eine Geschichte von Perine, damit die drei gut auf die Stirnbänder aufpassten.
"Wie trägt man es denn am Besten?", fragte Kuzomi nachdenklich. "Oh, ich mache es wie Mei-chan." Also band sie es sich um den Hals.
"Hm. Ich denke, ich bevorzuge es klassisch um die Stirn", sagte Kuzoko. "Na, wie steht es mir?"
Ich zeigte ihr einen erhobenen Daumen. "Sehr gut."
"Danke, Sensei."
"Ich bin mir nicht schlüssig", sagte Kishio nachdenklich. "Wie soll ich es am Besten tragen?"
Neben mir versteifte sich Ryuji leicht in Erwartung dessen, was ich nun sagen würde.
"Am besten bindest du es dir um die Stirn, Kishio", sagte ich.
"Als Mütze oder als Stirnband?"
"Natürlich als Stirnband!", sagte ich barsch.
Ich hörte Ryuji neben mir leise glucksen. Er legte mir eine Hand auf die Stirn. "Ich habe keine Angst, dass du diese Entscheidung bereuen wirst, Mamo-chan", flüsterte er mir ins Ohr. "Aber ich weiß, dass einige andere deine Entscheidung bereuen werden. Und sie werden es verdient haben."
"Danke", sagte ich mit einem Lächeln.
Ich wandte mich meinen Schülern zu. "Und jetzt, auf in Gentas Dorf!"
"Jawohl!" Beachtlich, alle hatten mitgebrüllt, sogar Kuzoko. Wirklich, diese Reise wurde immer interessanter.

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9.
So mancher sagte, das bei einer Reise oftmals weniger das Ziel eine große Rolle spielte; es war eher die Reise an sich, die einen wirklich voran brachte. Wenn ich mir meine aktuelle Reise ansah, dann war ich mir sehr sicher, dass diese Reise schon beachtliche Erfolge erbracht hatte. Alleine dass meine Genin den Dieb von Murata No-Son identifiziert hatten, war bereits beachtlich gewesen. Aber dass sie auch noch das Klettern erlernt hatten, machte mich besonders stolz. Was mich in Gedanken zu Kishio brachte. Die Schonzeit für den Jungen ging langsam zu Ende. Ich würde ihn einem Leistungstest unterziehen müssen um zu sehen, welche Fähigkeiten wir trainieren mussten - und welche dringend trainiert werden mussten. Dazu gehörte auch, ihn auf das Klettern und Wasserwandeln zu testen. Und sein Katon zu verbessern.
Das brachte mich widerum zurück zu den Genin. Ich hatte Shinji und Mai ein Fuuton versprochen, um ihre Windbegabung zu fördern. Die meisten Anfänger-Jutsus beherrschten sie ja bereits, und es wurde Zeit für sie, eine Stufe höher zu gehen.
Und Kira sollte noch immer seine Schwertkampfstunde erhalten, da ich ihn im Raiton nicht direkt unterrichten konnte. Ich spielte mit dem Gedanken, ihn eine Zeitlang meinem Freund Tooma anzuvertrauen, der ebenfalls Blitzaffin war. Aber noch nicht jetzt. Zuerst mussten meine drei Genin eine Einheit werden. Und wenn es dabei möglich war, musste ich dabei die Spinnenmädchen und Kishio so gut es ging integrieren. Das aber auch erst dann, wenn ich mir über die Fähigkeiten der drei im Klaren war. Nun, zumindest beherrschte Kishio bereits Step. Das ging in die richtige Richtung. Und er beherrschte das Verwandlungsjutsu, das hatte er in Murata No-Son bewiesen.
Kuzomi-chan beherrschte Genjutsu und konnte sicherlich wie ihre Schwester Seide spucken. Im Umkehrschluss bedeutete dies für Kuzoko-chan, dass sie neben ihrem Taijutsu und dem Seidespucken eine Genjutsu-Nutzerin war. Sobald ich da einen Überblick hatte, würde die eigentliche Arbeit beginnen. Verdammt, ich vermisste Karin und Hanako. Ich hätte Details an sie delegieren können und hätte sicher sein können, dass sie alles in meinem Sinne regelten. Klar, ich hatte P-chan, auf die ich mich auch zu einhundert Prozent verlassen konnte. Und ich hätte Ranma-sama oder Ranko-sensei rufen können, oder beide. Aber ich wollte, auch wenn es eigentlich schon längst zu spät war, um damit noch anzufangen, noch etwas Chakra sparen, denn die große Affenparty stand bevor. Zum Glück war mein Geldbeutel prall gefüllt, der Bonus nach der Suna-Mission hatte sich als sehr hilfreich erwiesen. Meinen Gästen würde es an nichts mangeln. Zumindest so lange, wie ich die Beschwörung halten konnte.

"Mamoru-sensei?", sprach Kishio mich an.
Ich stoppte, und neben und hinter mir kamen die anderen Mitglieder meiner Gruppe aus dem Step. Wir verließen die Bäume, sprangen auf den Waldboden und betraten eine weite Lichtung.
"Was gibt es?"
"Wenn du nichts dagegen hast, würde ich die Gruppe kurz verlassen. In der Nähe gibt es einen Bingo-Stand, und ich würde dort gerne etwas abgeben."
"Ein Bingo-Stand? Wie lahm ist das denn?", murrte Shinji. "Es gibt doch viel bessere Sachen, mit denen man sich beschäftigen kann."
"Shinji, du Dummkopf", sagte Mai halb belustigt, "doch nicht so ein Bingo-Stand. Kishio-kun meint sicher ein Kopfgeldjägerbüro, das Gelder für Personen aus dem Bingo-Buch bezahlt."
"Richtig", sagte Kishio und lächelte. "Ich habe, bevor wir uns getroffen haben, zwei Nukenin gejagt, die bereits einiges Unheil angerichtet haben, und auf die ein Preis ausgesetzt worden ist. Leider habe ich sie ein klein wenig unterschätzt, und prompt wurde ich verletzt. Den Rest der Geschichte kennt Ihr ja."
"Aber du hast gesiegt, oder?", rief Shinji plötzlich aufgeregt. "Ich meine, hättest du nicht, wärst du jetzt doch tot. Wo sind denn die Leichen? Hast du die hier in der Nähe versteckt?"
"Ja, klar. Und dann hat er sich verwundet bis nach Murata No-Son geschleppt", sagte Kira spöttisch. "Denk doch mal nach, bevor du etwas sagst."
Shinji murrte unwillig. "Und das bedeutet was?"
"Äh... Nun, er wird irgendetwas anderes gemacht haben."
Kishio begann schallend zu lachen. "Richtig, Kira-kun. Ich habe ihre Köpfe genommen und in einer Spruchrolle versiegelt. Das reicht als Identitätsnachweis, und ich kriege meine achttausend Ryou."
"Du hast die Köpfe versiegelt bei dir? Zeig mal, Kishio!", drängte Shinji aufgeregt.
"Iiih, abgetrennte Köpfe?", fragte Kuzomi. "Die sind doch bestimmt nicht mehr frisch."
"Na, irgendwie muss er ja beweisen, dass die Nukenin tot sind, oder?", meinte Kuzoko. "Ich sehe das ganz pragmatisch."
"Ich auch", schloss sich Kira an. "Zeig her die Dinger."
Ein wenig unentschlossen sah Kishio zu mir und zu Perine herüber. Dann ging sein unsicherer Blick zu Mai.
"Na", sagte das junge Mädchen, "wir haben nicht ewig Zeit. Nun zeig schon her, was du hast."
Das gab den Ausschlag. Kishio griff in seinen Rucksack, zog eine Schriftrolle hervor und entfaltete sie. "Kai."
Vor den Genin und den Spinnen erschienen zwei abgetrennte Köpfe auf dem Papier. Nicht gerade ein schöner Anblick. Einen erkannte ich wieder. Ich hatte seinen Steckbrief gesehen. Ein widerlicher Zeitgenosse, für den der Tod viel zu gut war. Er hatte sich darauf spezialisiert, abgeschiedene Gehöfte auszuplündern. Allerdings hatte ich gedacht, dass Konoha schon jemanden entsandt hatte, um sich um diesen Plünderer und Mörder zu kümmern. Nun, der Punkt war sicher erledigt. Ich nahm die Information in meinem geistigen Notizblock auf, um sie Tsunade-sama in meinem nächsten Bericht zu melden.
"Das ist ja grauselig. Iiih", ließ sich Kuzomi vernehmen. Aber sie hockte sich vor der Schriftrolle hin und stocherte an den reglosen Köpfen mit einem Stock herum. Sie hatte anscheinend ein gewisses Interesse am Morbiden. Das teilte sie mit vielen Mädchen in ihrem Alter.
"Ja, ganz nett. Sind aber nur abgeschlagene Köpfe", kommentierte Mai nach einem ausführlichen Blick. "Das muss ein harter Kampf gewesen sein. Die Wunde im Gesicht des rechten Kopfs sieht relativ frisch aus."
"Er war hart genug, um mich fast zu töten, Mai-chan", erwiderte Kishio. Unbewusst fasste er sich an die Seite. "Hätte Mamoru-sensei mich nicht gefunden..."
"Uff, sind die schwer", staunte Shinji.
"Du kannst die doch nicht an den Haaren hochheben", tadelte Kira. "Hast du keinen Respekt vor den Toten?"
"Na, wie soll ich sie sonst anheben? Unten anpacken will ich nicht. Und Respekt habe ich vor denen auch keinen. Immerhin sind das hier Mörder, oder?", konterte Shinji.
"Ich denke, das reicht heute für Anschauungsunterricht", sagte ich. "Kishio, versiegle die Köpfe wieder und mach dich auf, um dein Kopfgeld einzustreichen."
"Ja, Mamoru-sensei." Fingerzeichen, ein Wort, und die Köpfe waren wieder in der Rolle versiegelt.
"P-chan, du gehst mit ihm."
"Geht klar, Mamo-chan."
Ich sah Kishio beinahe ehrverletzt zu mir herübersehen.
"Sie geht zu deinem Schutz mit, Kishio. In einer Bingo-Bude kannst du auf Leute treffen, die skrupelloser als du sind. Sicher hast du die bisher auch allein überlebt. Aber warum drauf verzichten, wenn ich dir Perine mitgeben kann?"
Kishio stockte, dann aber nickte er. "Verstanden, Mamoru-sensei."
"Wir werden derweil ein wenig üben, während wir auf eure Rückkehr warten." Ich sah meine Genin an. "Ein zwei gegen zwei. Kira und Kuzomi-chan gegen Mai-chan und Shinji."
"Aber das ist unfair, Sensei", sagte Shinji mürrisch. "Kuzomi-chan beherrscht Genjutsu, und Kira ist der Einzige, der sich daraus befreien kann."
"Richtig", sagte Kuzoko. "Soll ich die beiden nicht besser unterstützen?"
"Nein, Kuzoko-chan", bestimmte ich. "Tja, Shinji, du wirst heute einfach sehr schnell lernen müssen, wie du ein Genjutsu überwindest, wenn du und Mai eine Chance haben sollen."
"Das ist unfair", beharrte Shinji, aber das kleine Glimmen in seinen Augen war nicht zu übersehen.
"Ihr könnt dann gehen, Kishio, P-chan."
"Sensei!" "Ist gut, Mamo-chan. Lass den Wald ganz."
"Ich versuch's", erwiderte ich grinsend. Die beiden verschwanden vor meinen Augen mit Step und hatten meine sensorische Reichweite relativ schnell verlassen.

"Also", sagte ich und rieb mir in freudiger Erwartung die Hände, "wir spielen ein Spiel. Es ist alles erlaubt. Ihr dürft jede Fähigkeit anwenden, über die Ihr verfügt. Aber es gibt eine Regel: Taijutsu darf unbegrenzt verwendet werden, ebenso Genjutsu. Wird aber jemand von einem Ninjutsu getroffen, gilt er als tot und scheidet aus. Und macht euch keine Sorgen, dass Ihr einander verletzen könntet. Ich schicke Kage Bunshin aus, die als Schiedsrichter fungieren und aufpassen, damit Ihr euch nicht gegenseitig verletzt." Ich legte kurz den Kopf auf die Seite. "Gut, macht euch doch ein bisschen Sorgen, und seht zu, dass Ihr nicht wirklich versucht, einander zu töten. Ich möchte das nicht euren Eltern erklären müssen. Soweit alles klar? Ja, Kira?"
"Äh, Sensei, ist es das jetzt? Du sagst Start, und wir kloppen aufeinander ein?"
"Nein, etwas komplexer ist es schon. Das Spiel, das wir spielen, dient dazu, um eure strategischen Fähigkeiten zu testen. Es heißt: Erobere die Flagge. Jedes Zweierteam bekommt eine Flagge, die es beschützen muss, und zwar an einem stationären Ort. Die Flagge mitzunehmen ist nicht gestattet. Ziel des Spiels ist es, die eigene Flagge am Flaggenort zu beschützen, und die Flagge des Gegners zur eigenen Flagge zu bringen. Gewonnen hat, wer die feindliche Flagge dreimal erobert hat. Noch Fragen?"
Shinji hob eine Hand. "Sensei, was tun wir, wenn Mai und ich kein Gegenmittel gegen Kuzomis Genjutsu finden?"
"Tja, keine Ahnung. Ich stecke ja nicht in euren Schuhen."
"Danke, das ist jetzt sehr hilfreich für uns", murrte Shinji.
"Ach, komm schon, Shinji. Uns wird irgendetwas einfallen. In einem Kampf müssten wir schließlich auch unsere Ideen umsetzen und können uns nicht auf Regeln verlassen."
Mürrisch sah Shinji seine Gefährtin an. "Aber es ist so ungleich verteilt."
"Das finde ich nicht", sagte Kuzoko. "Ihr wisst, dass meine Schwester Genjutsu beherrscht. Und diese Information macht das Genjutsu nur noch halb so effektiv. Eine Gefahr, die man abschätzen kann, verliert einen Teil ihrer Gefährlichkeit."
"Sag ich doch", sagte Mai.
"Na gut. Wir schauen halt, was passiert."
"Und bedenkt auch", sagte ich, während ich vier Kage Bunshin beschwörte, "dass man jeden Trick wahrscheinlich nur einmal benutzen kann. Kennt euer Gegner euer Repertoire, war es das für euch." Ich gab zweien meiner Klone Stofffetzen mit, die als Flaggen dienen sollten. Eine Blaue und eine Gelbe. Die Klone verschwanden mit Step, um die Flaggenplätze einzurichten. Die anderen beiden verschwanden ebenfalls mit Step, um ihre Positionen einzunehmen, von denen aus sie versuchen würden, die Genin vor sich selbst zu beschützen.
"Kira und Kuzomi-chan nach rechts, Shinji und Mai-chan nach links. Ihr startet vom Flaggenplatz aus. Einigt euch, ob Ihr jemanden zurücklassen wollt, um die Flagge zu verteidigen.
Ach ja, natürlich kehrt man, sobald das andere Team einen Punkt gemacht hat, als Toter wieder auf das Schlachtfeld zurück. Ihr startet, wenn ich pfeife. Und jetzt los."
Die drei Genin und das Spinnenmädchen nickten entschlossen, bevor sie mit Step in Richtung ihrer Basen verschwanden.
"Und was soll ich dabei machen, Mamoru-sensei?", fragte Kuzoko. "Du scheinst das ja sehr gut im Griff zu haben."
"Hm. Geh nach Norden und halte einen Abstand von vierhundert Metern zu uns ein. Von dieser Position aus achtest du auf Bewegungen in unsere Richtung. Passiert etwas Ungewöhnliches, alarmiere mich, und ich breche die Übung ab."
"Denkst du an etwas Bestimmtes, Mamoru-sensei?", fragte die Spinne.
"Ja, tatsächlich. Wir befinden uns nahe der Grenze zum Land der Reisfelder, und nicht jeder, der dort lebt, ist ein Freund von mir. Meine Anwesenheit könnte den einen oder anderen dazu verführen, sein Mütchen zu kühlen, oder Rache für Otogakure zu nehmen. Und darüber hinaus gibt es noch mehr Gründe, um uns anzugreifen."
"Wenn das so ist, rechnest du nicht damit, dass wir umgangen und von hinten angegriffen werden? Oder in den Flanken?"
"Jetzt rate mal, warum ich vier Schattenklone ausgesandt habe", erwiderte ich grinsend.
"Oh, verstehe." Sie lächelte grimmig. "Dann beziehe ich mal meinen Posten."
Ich nickte. Als sie mit Step verschwand, schob ich zwei Finger in den Mund und pfiff schrill. Das Schlachtfeld war eröffnet.

Den Anfang machten Shinji und Mai. Sie jagten über das Feld hinweg auf Kiras Flaggenplatz zu. Der schoss ihnen entgegen, und an ihnen vorbei, mit Kuzomi als Rückendeckung für das Lager.
Wie nicht anders zu erwarten war, nahm das Spinnenmädchen die beiden Shinobi unter ihr Jutsu. Sie erstarrten, waren gelähmt und zu keiner Aktion mehr fähig.
"Gut so! Halte das, Kuzomi-chan!", rief Kira hocherfreut. Mit einem letzten Satz war er am Flaggenplatz seiner Gegner, um die gegnerische Flagge zu holen und den ersten Punkt zu machen.
Dies war ungefähr der Augenblick, als Shinji unerwartet vor ihm auftauchte und ein Wind-Ninjutsu gegen ihn benutzte. "Fuuton: Juuta Shou!" Vor dem dicklichen Jungen entstand aus Chakra eine dünne Fuuton-Klinge, die auf Kira zuraste. Der Junge machte erschrocken einen Überschlag, wich der Klinge aus und zog sein Wakizashi. Da traf ihn aber schon das zweite Windjutsu Shinjis.
"Fuuton: Reppuushou!" Diese Technik, eigentlich dazu gedacht, eigene geworfene Shuriken und Kunais zu beschleunigen, wirkte sich in diesem Fall durch die Druckwelle aus. Bevor Kira landen konnte, riss ihn der Druck mit sich und schleuderte ihn äußerst unsanft in eine Baumkrone.
"Kira-sama!", rief Kuzomi-chan besorgt. "Moment mal, wenn Shinji da drüben ist, wen habe ich da unter meinem Jutsu?" Vor den entsetzten Augen der jungen Spinne löste sich Shinji auf und verriet seine Existenz als Kage Bunshin. Zu ihrem noch größeren Entsetzen zerfiel auch Mai in Rauch - und der hastige Blick hinter sich offenbarte ihr, dass ihre Flagge fehlte.
Als Mai mich passierte, hinter mir, durch die Bäume huschend, rief ich: "Auf den Weg achten, Mai. Triff die Äste ordentlich, dann musst du nicht wieder auf die Bäume springen."
"Ja, Sensei!", rief sie, huschte weiter und landete schließlich bei ihrer Flagge.
"Punkt für Shinji und Mai", sagte ich.
Einer meiner Klone kam aus dem Baum, in dem Kira verschwunden war, den Jungen auf den Armen, und landete neben den beiden Genin. "Kira wurde von einem Ninjutsu getroffen", erklärte er, also ich jetzt. "Deshalb galt er als tot. Kira, nimm deine Flagge und kehre zu Kuzomi-chan zurück. Zweite Runde."
Grummelnd, nachdem er auf die eigenen Füße gelassen worden war, schnappte er sich die gelbe Flagge und huschte mit Step über das Schlachtfeld. Es wurmte ihn sichtlich, dass das Genjutsu Mais mit zwei Schattenklonen ausgekontert worden war.
"Kira-sama, es tut mir so leid, dass...", begann das Mädchen, aber Kira winkte ab. "Schon gut. Passiert ist passiert, und ich war ja auch nicht besser. Aber ich habe bereits eine andere Idee..." Leise besprach er sich mit seinem Kontraktpartner. Als sie nickte, sah ich ihre Strategiesitzung als beendet an und pfiff erneut.

Wieder ging Kira offensiv vor, eilte sofort auf die gegnerische Flagge zu. Ihm kam nur Shinji entgegen, offensichtlich mit dem gleichen Vorhaben. Die beiden passierten einander, doch kaum das Kira in Shinjis Rücken war, wirbelte er herum. "Raiton: Erubow!" Sein rechter Ellenbogen versank in seinem Blitz-Chakra. Mit dem derart aufgeladenen Arm traf er Shinji ziemlich genau oberhalb der rechten Niere. Es war ein relativ schwaches Jutsu, aber es reichte, um den Jungen ein paar Meter aus dem Kurs zu schleudern und zu Boden zu werfen.
"AU!", rief er aufgebracht. "Au, Kira, das tat weh!"
"Was denn? Ich habe doch kaum Chakra hineingelegt", erwiderte der trocken. "Bleib schön liegen. Du weißt doch, wer von Ninjutsu getroffen wird, der ist tot."
"Mist", murrte Shinji und ließ sich ins Gras sinken.
Kira erreichte indes den Flaggenplatz des gegnerischen Teams. Ein Schwarm Shuriken empfing ihn, und beinahe wäre er darauf hereingefallen, dass sich hinter dem ersten Fuusha Shuriken, den Mai ihm entgegenwarf, ein zweiter, versteckter befand, aber eben nur fast. Dieses Jutsu seiner Kameradin kannte er schon. Statt getroffen zu werden blieb Kira offensiv. Er benutzte seine Raiton-Natur und setzte einen Umkreis von dreißig Metern unter Blitz-Energie. Mai, die nicht erwischt werden wollte, sprang in einen Baum.
Darauf hatte Kira nur gewartet. Er machte einen Satz nach vorne, schnappte sich die Flagge, was Mai ärgerlich fluchen ließ, und lief wieder in Richtung seiner eigenen Flagge. Mai setzte zur Verfolgung an und versuchte, ihm auf den Fersen zu bleiben. Aber Kira, von Blitzen bedeckt, legte einen Zwischenspurt hin, sodass er die eigene Flagge erreichte, als Mai noch über vierzig Meter entfernt war. Erneut fluchte das Mädchen, und zwar in so blumigen Worten, dass ich mich fragte, woher ein Mädchen ihres Alters solche Wörter kannte.
"Punkt für Kira und Kuzomi-chan!", rief ich. "Ausgangspositionen."
Mai nahm ihre Flagge von Kira wieder entgegen. "Guter Schachzug. Aber wir sind noch nicht am Ende mit unserer Kunst."
"Wir auch nicht!", rief Kuzomi, voll motiviert, und hängte sich an Kiras rechten Arm. "Nicht wahr, Kira-sama?"
"Ja, wir haben auch noch was in Petto."
"Na, da bin ich aber gespannt!", rief Mai, winkte den beiden zu und ging dann zu Shinji. "Hoch mit dir. Zwei Punkte musst du noch holen."
"Och nö, Mai-chan. Kannst du das nicht machen?"
"Sehr witzig von dir. Du bist doch viel schneller als ich."
"Versucht gar nicht erst, uns verwirren zu wollen", rief Kira. "Wir rechnen mit allem!"
"Ja, mit allem!", rief Kuzomi.
Mai lächelte spöttisch in seine Richtung. Ja, meine Genin hatten gerade richtig Spaß.

Als sie ihre Positionen wieder bezogen hatten, ließ ich sie kurz Strategiesitzung halten. Mit einem Pfiff gab ich den Kampf erneut frei, neugierig darauf, wie es jetzt ausgehen würde.
"Kage Bunshin!" Kira duplizierte sich und attackierte erneut. Auf der Gegenseite machte sich nur Shinji bereit, die Defensive Mai überlassend.
In der Mitte des Feldes trafen sich Kira, sein Klon und Shinji. Kira und sein Klon gingen Shinji sofort an, drängten ihn von der Mitte fort und zogen ihre Schwerter. Shinji antwortete, indem er ein Kunai zückte und in Abwehrhaltung ging. Eine Sekunde der Unaufmerksamkeit genügte allerdings einem der beiden Kiras, sich von ihm zu lösen und seine Flaggenstellung zu attackieren. "Mai! Verdammt!"
Kira blockierte den Genin. "Hooo! Hier spielt die Musik!"
Shinji versuchte es erneut mit Juuta Shou, aber Kira war auf der Hut. Er sprang aus dem Weg, überwand Shinji und gelangte in dessen Rücken. Diesen Augenblick nutzte der andere, um sich von Kira abzusetzen.
Der Raiton-Nutzer setzte ihm nach, dabei ein Jutsu schmiedend. "Sandaa Saberu!"
Aus Kiras Rechte zuckte ein Blitz, der knapp neben Shinji einschlug. Die Berührung mit dem Boden löste eine Explosion aus, die den Jungen erwischte und meterweit davonwirbelte, aber nicht ausschaltete. Während er wehrlos dahin segelte, stieß er einen saftigen Fluch aus, den er nur bei Mai gelernt haben konnte. Er landete relativ sicher, aber nach den Regeln war er für diese Runde "tot".
Nun wurde es spannend, denn der andere Kira hatte Mai erreicht. Die erwartete ihn gespannt, ihre geliebten Shuriken und Senbou in den Händen, bereit zu werfen. In diesem Moment aber löste sich die Verwandlung auf, und statt Kira stürmte nun Kuzomi auf Mai zu. Das verwirrte sie für einen winzigen Augenblick, und diese Zeit nutzte das Spinnenmädchen, um einen Schwall Spinnenseide auszuspucken, der Mai erfasste, davonwirbelte, und an einen Baum fesselte. In aller Seelenruhe schnappte sich Kuzomi die Flagge und ging zurück zu ihrem Flaggenplatz.
Was für eine schlaue Taktik. Je länger sie sich Zeit ließ, umso länger konnten Kira und sie sich erholen.
Als es hinter ihr ein Geräusch wie von reißendem Stoff gab, begleitet von einem derben Fluch, sah sie hinter sich und erkannte Mai, die sich dank eines Kunais gerade befreit hatte. "Oh! MIST!" Nun beeilte sie sich, und dank ihres beachtlichen Vorsprungs schaffte sie es sicher zu ihrer Flagge.
Shinji erhob sich und trottete auf Kira und Kuzomi zu. "Passt auf. Jetzt werden wir euch mal so richtig überraschen."
"Ich bin sehr gespannt", erwiderte Kira grinsend. "Du weißt, wir haben jetzt Matchball. Ich erwarte also sogar, dass Ihr euch richtig Mühe gebt."
"Damit können wir dienen!", rief Mai herüber und winkte.
Shinji ließ sich die Flagge aushändigen. Mit mehreren Steps war er bei Mai, und mit ihr kehrte er zu ihrem Flaggenplatz zurück. Dort begannen sie miteinander zu tuscheln.
Auch Kira und Kuzomi schmiedeten Pläne.
Bis zu diesem Augenblick war ich sehr zufrieden mit meinen Genin. Sie hatten gute Jutsus, und wenn ihre Chakrakontrolle erst einmal besser war, würden diese einfachen Ninjutsus, die sie mir gezeigt hatten, von erheblicher Gefährlichkeit für ihre Gegner sein. Die meisten normalen Genin würden sie mit diesem Können sicher besiegen können. Auch ihre Taktiken, die viel auf Verwirrung und Täuschung des Gegners basierten, machten mir nicht unberechtigte Hoffnungen, dass sich diese Combo im Ernstfall sehr gut schlagen würde.

Erneut gab ich die Arena mit einem Pfiff frei und harrte der Dinge, die da kommen würden.
Mai und Shinji eröffneten ihren Teil des Zugs, indem sie massenhaft Kage Bunshin erschufen. Ich zählte acht Mais und elf Shinjis. Das musste die beiden eine große Menge Chakra kosten. Vor allem, sie stabil zu halten, würde sie auslutschen. Langsam zwar, aber beständig.
Auf Kiras Seite war man auch nicht untätig. Kuzomi benutzte Spinnenseide, um eine Art Vorhang zu erschaffen, der den rückwärtigen Teil ihres Flaggenplatzes abdeckte. Ein geheimer Angriff von hinten wie von Mai in der ersten Runde wurde damit unwahrscheinlicher.
Kira antwortete mit eigenen Klonen. Er erschuf sechs. Zusammen mit diesen Klonen rückte er vor und verteilte sich gleichmäßig in einer Linie auf dem Kampfplatz. Als ich sein Chakra ansteigen spürte, wusste ich, was er vorhatte. Er plante, die heranstürmenden Schattenklone allesamt unter sein Raiton zu setzen, um sie damit ausscheiden zu lassen. Eine schöne, flächendeckende Taktik, die mit einem Schlag alles klar machen konnte, während Kuzomi in der Defensive stand, bereit, ihr Genjutsu zu benutzen.
Als die Flutwelle aus Kage Bunshin Kiras Höhe erreicht hatte, entließ der Junge sein Raiton und setzte einen großen Umkreis um sich und seine Klone unter seine Blitzenergie.
Bevor die Blitze jedoch die Klone erreichen konnten, warfen drei der Shinjis drei der Mais in die Luft. Als sie erwischt wurden, verschwanden sie in Rauchwolken, während die anderen Mais und Shinjis, sobald sie getroffen wurden, lediglich ihren Angriff einstellten. Die drei Mais aber stürzten sich auf die mittleren Kiras, von denen einer das Original war. Auch die Mai-Klone benutzten Fuuta Shou, die Windklingen, denen aber nur der Original-Kira ausweichen konnte. Seine Klone vergingen. Just in diesem Moment stürzte eine vierte Mai fast direkt hinter Kira vom Himmel. Sie warf ein Kunai mit Sprengtag, das detonierte, als es Kira fast erreicht hatte.
Aus der Explosionswolke schoss einer meiner Klone hervor, Kira fest umfasst. Er landete sicher auf dem Boden und setzte Kira ab, dem ein wenig die Beine zitterten.
"Vielleicht etwas weniger ernst, Mai-chan", mahnte mein Klon.
Das Mädchen winkte ab. "Keine Sorge, es war nur ein schwaches Sprengtag. Ich bin ja kein Unmensch."
"So? Darf ich dich dann an die Sache im Bad in Konoha erinnern?", rief Kira entrüstet. "Kein Unmensch, von wegen..."
"Nein, darfst du nicht! Und ich war im Recht damals! Du kannst froh sein, dass das nicht noch mal passiert ist!"
Kira setzte an um etwas zu sagen, schwieg dann aber doch.
"Na also."
Eine der Mais verwandelte sich in Shinji. Gemeinsam mit den anderen drei Mais lief er auf Kuzomi und die Flagge zu. Die Spinne entließ einen Schwall Spinnenseide, dem einer der Klone zum Opfer fiel, er verschwand in der charakteristischen Rauchwolke.
Mai und ihr Klon warfen weitere Shuriken mit Sprengtags, und Kuzomi beeilte sich, aus der Reichweite der Explosion zu kommen. Aber die Tags brannten war, doch sie zündeten nicht.
"Was? Aber...", fragte Kuzomi verständnislos.
Eines der Kunais verwandelte sich in Shinji. Er schnappte sich die Flagge und eilte sofort zurück.
"Moment!", rief das Spinnenmädchen entrüstet und wollte ihm hinterher, aber die Mais und der Shinji-Klon hielten sie auf. Unbeschadet, aber eigentlich mit letzter Kraft, erreichte Shinji seine eigene Flagge und ließ sich sofort fallen. Kira blieb wo er gerade war, rupfte Grashalme aus und analysierte die Situation. "Zwei zu zwei. Verdammt. Wir hatten einen Matchball. Aber Ihr seid richtig gut, Mai, Shinji!"
"Danke", erwiderte das Mädchen, während sie mit Kuzomi an ihm vorbei ging, "das Kompliment können wir nur zurückgeben. Wir sind schon sehr gespannt, was Ihr noch auspacken werdet."
"Das sind wir auch. Nicht, Kuzomi-chan?"
"Oh ja", sagte das Spinnenmädchen begeistert. "Das macht so einen Spaß. Und ich bin so gespannt, wer hier wohl gewinnen wird!"
Eine gesunde Rivalität, die aber nicht mit negativen Emotionen belastet war, so hatte ich mir die Szene hier gewünscht. Ich war sehr zufrieden. Und von allen Anwesenden war ich wohl der Gespannteste, denn ich konnte mir kaum vorstellen, wie meine Genin diesen Kampf noch steigern wollten, ohne über B-, oder A-Klasse-Jutsus zu verfügen.
"Zehn Minuten Pause, damit Ihr euch erholen könnt!", rief ich, um die Sache noch spannender zu machen. Ausgeruhte Genin würden noch mal ordentlich einen drauflegen. Dachte ich.

Als Kuzoko auf die Wiese gesprungen kam, war mir klar, dass das Match vorbei war. Und dass meine Ahnung leider in Erfüllung gegangen war.
"Mamoru-sensei!", rief sie herüber. "Ärger!"
Ich benutzte Step, um zu Kira, Kuzomi und Mai zu kommen. Shinji war bereits aufgesprungen und eilte auf unsere Position zu.
"Was gibt es?", fragte ich.
"Ungefähr zwanzig Personen, aus Richtung der Grenze des Lands der Reisfelder. Sie kommen mit Ninja-Techniken direkt auf uns zu. Sie werden in zwei Minuten hier sein, wenn sie nicht noch mal richtig Gas geben."
"Hm." Ich musterte meine Genin. Sie hatten alles gegeben und waren ausgepowert. Ich konnte von ihnen kaum verlangen, schon wieder zu kämpfen. Nein, das war falsch. Ich konnte und musste es verlangen. Aber ich würde sie nicht die Hauptlast des Kampfes tragen lassen. Sofern es zu einem Kampf kam. Eventuell würde er sich vermeiden lassen. Aber meine lange Erfahrung sprach dagegen. Ich schimpfte mich selbst einen Träumer. "Auf die Beine."
Meine Genin kamen hoch und machten sich kampfbereit.
Zehn vermummte Gestalten erschienen mit Step vor uns auf der Wiese. Das bedeutete, rund weitere zehn konnten uns seitlich oder von hinten angreifen, Klone nicht eingerechnet.
"Das ist nahe genug!", rief ich, als die Gruppe sich auf uns zubewegte.
Sie blieben stehen. Ich kannte ihre graue Kleidung mit den Fleckentarnmustern nur zu gut. Sie war typisch gewesen für die Ninjas von Otogakure. Und auch wenn sie keine Stirnbänder trugen, ordnete ich sie instinktiv Orochimaru zu. Mist.
Der Anführer machte einen Schritt nach vorne. "Wir suchen keinen Streit, Morikubo-sama."
"So? Dann zieht weiter. Ich gewähre euch freien Abzug."
Diese meine Worte ließen die Männer kurz auflachen. "Du verkennst deine Position, Morikubo-sama. Wir sind eine gut ausgebildete, eingespielte Truppe. Du hast nur deine Genin."
"Nur meine Genin?" Ich lachte auf. "Mit niemandem würde ich im Moment lieber einen Kampf bestreiten als nur mit meinen Genin. Unterschätzt sie nicht. Sie sind schon längst mehr als nur Genin."
Ich sah, wie sich die kleinen Shinobi bei diesem Lob stolz aufrichteten. Auch die Spinnen sahen sich gelobt und stellten sich entschlossener hin. "Also, was wollt Ihr?"
"Nichts von dir, Morikubo-sama. Wir möchten nur den rothaarigen Burschen, den Kopfgeldjäger. Wenn du ihn uns überlässt, verschwinden wir ohne einen Kampf. Darauf hast du mein Wort."
"So, so. Ihr verzichtet also auf einen Kampf, wenn Ihr Kishio erhaltet?" Ich atmete leise aus. "Was denkt Ihr, Team dreizehn?"
"Auf gar keinen Fall!", rief Shinji entrüstet. "Kishio ist einer von uns!"
"Na ja, jetzt nicht unbedingt schon einer von uns, auch wenn er sich Mühe gibt", fügte Kira hinzu, "aber auf jeden Fall ist er unser Kamerad und ein Schüler von Mamo-chan, und ich lasse meine Kohais aus Prinzip nicht im Stich!"
"Ich sehe das mehr wie Shinji", sagte Mai bestimmt. "Kishio gehört zu uns! Basta! Er ist zwar gerade nicht hier, aber wir verteidigen ihn, wo immer es nötig ist!"
"Kuzomi-chan? Kuzoko-chan?"
Kuzomi schüttelte energisch den Kopf. "Kira-sama hat vollkommen Recht. Er ist unser Kamerad. Wir geben ihn nicht her!"
Kuzoko runzelte die Stirn. "Wie viel Zeit wollt Ihr eigentlich noch für die anderen zehn erkaufen, die uns umgehen, hä?"
"Oh", sagte der Anführer mit falschem Bedauern in der Stimme. "Da sind wir wohl ertappt worden. Das bedeutet dann wohl, dass wir..."

Ich presste die rechte Hand auf den Boden. "KUCHIOSE NO JUTSU!"
Gleichzeitig sprangen meine vier Schattenklone hervor und feuerten jeweils ein Dai Endan auf die Feindgruppe ab. Meine Genin und die Spinnenmädchen zückten ihre Waffen oder bereiteten ihre Jutsus vor. Tja, wer Team dreizehn angriff, der musste damit rechnen, dass es sich verdammt noch mal wehrte.
***
Etwa eine Stunde später erreichten Perine und Kishio die Lichtung, auf der wir das Kriegsspiel abgehalten hatten.
Die Affenkriegerin musterte die Brände, die von Ranma-sama und Ryoga gerade gelöscht wurden, betrachtete die verkohlten Baumstümpfe dessen, was vor zwei Stunden noch eine Baumgruppe gewesen war, und sah Ranko-sensei dabei zu, wie sie einen verletzten, aber glücklich grinsenden Kira verarztete. Mai und Kuzoko waren bereits verbunden, aber keiner schien wirklich unglücklich zu sein. Im Gegenteil, die Stimmung war bestens.
Derweil renkte Akane Shinjis rechten Arm wieder ein. "Autsch. Okay, das war eine sehr dumme Idee, auch wenn sie funktioniert hat", murmelte er.
"Nanu? Habe ich dir nicht gesagt, du sollst den Wald nicht zerstören, Mamo-chan?", fragte sie spöttisch.
Ich rang die Hände in einer entschuldigenden Geste. "Hat sich halt so ergeben. Passiert manchmal."
"Apropos passiert. Was ist denn hier geschehen?", fragte Kishio mit Entsetzen in der Stimme.
"Ich glaube, ich fasse das alles am Besten zusammen, wenn ich sage, das wir eine Übung hatten, um die Zeit bis zu eurer Rückkehr totzuschlagen. Ach, und Kishio-kun, falls du in dicke Asche trittst, wisch dir die Füße ab. Glaub mir, die willst du nicht mitnehmen."
"Ja, aber... Aber...", stammelte er.
"War dein Geschäft erfolgreich? Hast du dein Kopfgeld gekriegt?", fragte ich.
"Ja, Mamoru-sensei, alles in bester Ordnung. Es gab kurz den Hauch von Ärger, aber mit Perine-samas Unterstützung war das kein Problem. Was war hier los, verdammt?"
"Ein kleines Intermezzo mit Nukenin, die in unsere Übung geplatzt sind", sagte Mai. Sie machte eine abwertende Geste. "Nicht der Rede wert. Trotzdem, meide die Aschehügel. Das sind nämlich die Nukenin. Sensei war nicht sehr gnädig mit ihnen. Übrigens, dieses Fuuton will ich auch lernen, Sensei!"
"Und ich auch!", ereiferte sich Shinji aufgeregt.
"Später. Wenn Ihr ein A-Klasse-Jutsu auch handhaben könnt", wiegelte ich ab. "Wenn die Brände gelöscht und alle versorgt sind, ziehen wir weiter. Ich hoffe, das wir es heute noch bis zum nächsten Gasthaus schaffen. Morgen sind wir dann in Gentas Dorf."
Kishio ging zu Kira. "Du wirst es mir doch sagen, oder? Was ist hier passiert, Kira-sempai?"
Der Raiton-Nutzer zuckte mit den Schultern. "Sie wollten dich. Wir wollten dich aber nicht rausgeben. Und dann haben wir unseren Standpunkt sehr deutlich gemacht. Das ist alles." Kira versuchte, eine gleichgültige Miene zu behalten, aber dann huschte ihm doch ein Grinsen über sein Gesicht.
Kishio sah ihn erstaunt an. Sein Blick ging zu Shinji, der ihm das V-Zeichen mit der rechten Hand zeigte. Von dort wanderte er zu Mai. Das Mädchen wirkte entschlossen und zufrieden. "Kein Problem, Kishio-kun. Wir sind mit ihnen Schlitten gefahren."
Von dort ging sein Blick über die Spinnenmädchen, die nickten und ihm zulächelten. Zuletzt sah er mich an.
"Du bist ein Teil meines Teams, Kishio. Ich allein entscheide, ob und wann du dich opferst, sollte es einmal nötig werden." Was in Shinobi-Kreisen absolut üblich war. "Aber bestimmt entscheiden das keine verdammten Oto-Nin an meiner Stelle. Es hätten ruhig ein paar mehr sein können."
"Was denn?", klang Kiras Stimme mit spöttischem Ton auf. "Zwanzig waren dir nicht genug, Sensei?"
"Ich hätte auch gegen dreißig gekämpft. Oder gar vierzig. Ich hatte ja euch, oder?"
Das ließ meine Genin aufsehen. Stolz erwiderten sie meinen Blick.
"Ihr alle...", hauchte Kishio. Er schien den Tränen nahe. "Es tut mir leid..."
"Muss es nicht. Es war unsere Entscheidung. Ende." Kira griente den anderen an. "Außerdem mussten wir was tun. Sie haben unser Training unterbrochen, das Kuzomi-chan und ich beinahe gewonnen hätten. Nicht, Kuzomi-chan?"
"Ja, Kira-sama!"
"Moment mal!", protestierte Shinji. "Den letzten Punkt haben wohl wir gemacht, oder? Wir waren ganz klar im Vorteil!"
"Ja, nachdem Ihr euch mit Kage Bunshin ausgepowert habt", spottete Kira.
"Für die Oto-Nin hat es ja wohl noch gereicht", warf Mai ein. "Dann hätte es auch noch für den nächsten Punkt gereicht."
"Ha!", rief Kira. "Sensei, ich fordere eine Wiederholung!"
"Die wird es geben. Wenn Ihr wiederhergestellt seid."
"So lange kann ich nicht warten!", protestierte er.
"Wir nutzen unsere verbliebene Kraft, um zu Gentas Dorf zu kommen. Dort, nach ein oder zwei Tagen Erholung, holen wir das Turnier nach, okay?"
"Wenn es denn sein muss", murrte Kira.
"Ich warte da auch nicht so gerne, um Kira eins auszuwischen", sagte Shinji grinsend.
"Männer", spottete Mai. "Nächstes Mal nehmen wir Kishio in unser Team auf. Ihr kriegt dafür noch Kuzoko-chan!"
Ich lachte leise. Wirklich, diese Shinobi waren vielversprechend. Sie würden es noch weit bringen.
Langsam wandte ich mich ab, um mit Ranma und Ryoga zu sprechen. Auf dem Weg passierte ich Kishio, der die Genin mit feuchten Augen beobachtete. "Willkommen Zuhause", flüsterte ich ihm zu. Die Antwort waren Tränen, die seine Wangen hinab flossen. Damals hatte ich keine Zweifel, dass Kishio bei uns angekommen war.

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10.
Unsere weitere Reise erwies sich als recht entspannt. Ich ließ meine Affen-senseis uns weiter begleiten, und als wir theoretisch aus der Reichweite der vermeintlichen Oto-Nin, oder vielmehr ihres zweifellos vorhandenen Verstecks im Reich der Reisfelder verlassen hatten, schickte ich Ranko-sensei wieder auf den Affenberg, behielt aber Ranma, Akane und Perine weiterhin bei meiner Gruppe, um auf Nummer sicher zu gehen. Ryoga hatte ich mit einem speziellen Auftrag zu Ryuji geschickt. Ich hatte die nicht ganz unberechtigte Vermutung, dass uns die Oto-Nin angegriffen hatten, weil sie meinem alten Freund gefolgt waren. Eventuell, aber das war reine Spekulation meinerseits, war ihnen Kishio als leichtere Beute erschienen als der streitbare Daimyo mit dem mächtigen Schwert. Er war zweifellos einer der Männer, die so gut wie keine Gefahr zu fürchten brauchten, selbst wenn sie allein reisten. Und "so gut wie" fing ungefähr bei Kakashis Kampflevel an.
Ryoga holte uns ein, als wir uns in einem Gasthaus im Land der heißen Quellen vom Gröbsten erholten. Die Nachrichten, die er mir brachte, waren mehr als einen Blick wert, also zog ich mich mit ihm, Ranma und Perine zu einer internen Besprechung zurück, während meine teils lädierten Genin die angeblich heilende Wirkung der hiesigen Quelle genossen. Nur Kuzoko bestand eisern darauf, an der Besprechung teilzunehmen, weil sie meine Kontraktpartnerin war. Kishio, der weder Schnittwunden hatte, noch unter den Nachwirkungen ausgerenkter Gelenke leiden musste, hatte ich damit beauftragt, auf die Genin und Kuzomi-chan aufzupassen. Dies tat er mit Feuereifer, wie ich am Chakra-Aufwand seines Körpers feststellte. Er musste seine sensorischen Fähigkeiten bis an ihr Maximum aufgespannt haben, um rechtzeitig vorgewarnt zu sein. Das machte mich sowohl ehrfürchtig als auch neidisch. Ehrfürchtig einerseits, weil es mir schon schwer fiel, einen Radius von dreißig Metern rund um mich permanent zu erfassen und zu kontrollieren, ohne die Übersicht zu verlieren. Wie mochte das bei einem Radius von über einhundert Metern wohl sein? Neidisch andererseits, weil er damit effektiver war als ich, was die sensorischen Fähigkeiten betraf, die bei mir noch nie besonders gut ausgeprägt gewesen waren. Immerhin war ich der Beschützer der Truppe, und nun nahm er mir diese Aufgabe zumindest in Hinblick auf die sensorischen Fähigkeiten ab.
Nachdenklich fragte ich mich, ob Jounin wie Asuma oder Yugao-sensei bei ihren ersten Gruppen auch solche Schwierigkeiten gehabt hatten. Vermutlich ja. Und sie waren bestenfalls zu viert gewesen, während ich mir von Perine hatte helfen lassen - von vorne herein. Dies machte mir den Unterschied zwischen einem Kakashi und mir wieder einmal deutlich. Falls mein Beförderungsstopp jemals aufgehoben werden würde, war mir klar, dass ich aus Trainingsgründen besser ein halbes oder noch besser ein ganzes Jahrzehnt spezialisierter Jounin bleiben sollte. Wobei ich es vor mir selbst als arrogant empfand, dass ich so selbstverständlich annahm, ich würde zum Voll-Jounin aufsteigen können. Arrogant oder konsequent? Gewiss, ich war in einigen Dingen arrogant, aber auch da hatte ich meine lichten Moment und gestand mir selbst ein, was ich sah. Zum Beispiel den Zirkus, den Tsunade-sama und der Rat um meinen Chunin-Status veranstalteten. Es war relativ offensichtlich, dass sie mich schonen wollten. Daher gönnte ich mir den Luxus, das Thema von mir aus zu ignorieren, solange man mich ließ.
Dennoch kam ich mir wie ein kleiner Feldherr vor, als ich im Kreise von vier Affenkriegern und der Spinne saß. Ranma, Ryoga und Akane waren auf dem Level eines Jounin, P-chan irgendwo knapp davor, und alle hörten auf mich. Was mein Spinnchen konnte, hatte ich zu einem erheblichen Teil sehen können, als die Nukenin uns angegriffen hatten. Es reichte für eine Einstufung als Chunin.

"Zuerst einmal bedanke ich mich für euer tatkräftiges Eingreifen", sagte ich zu den Kriegern. "Ihr habt uns davor bewahrt ernsthafte Verluste zu erleiden." Wäre einer meiner Genin gestorben, nicht auszudenken, was ich mir für Vorwürfe gemacht hätte. Vollkommen zu Recht.
"Was soll ich sagen? Wir hatten keine andere Wahl. Du hast uns mitten in ein Kampfgebiet beschworen", scherzte Ranma und hatte die Lacher auf seiner Seite.
"Stell dein Licht mal nicht so unter den Scheffel, Mamo-chan", sagte Akane. "Du und deine Genin habt gut gekämpft. Sicher, du, deine Klone und wir Affenkrieger hatten die Hauptlast zu tragen, aber deine Genin haben gut mitgehalten. Klar können sie noch nicht auf unserem Niveau kämpfen, aber sie hatten ihre Tricks und sind dem Schlimmsten aus dem Weg gegangen, ohne gerettet werden zu müssen."
"Ja, ihre Tricks waren gut", lachte Ryoga. "Besonders der kleine Dicke. Was der mit seinem Fuuton gemacht hat... Eine kluge Idee, sein Windjutsu zu nutzen, um den Angreifer von sich wegzuschleudern. Er hätte aber den Gegendruck einkalkulieren sollen. Die meisten ehemaligen Oto-Nin sind ebenfalls Fuuton-Benutzer. Aber sein Gegner war hinüber, und der Baum, aus dem wir ihn pflücken mussten, war nicht soo hoch."
Wieder wurde gelacht. Wohlmeinend diesmal. Selbst ich lachte mit, denn angesichts dieser brandgefährlichen Situation war ich damit, wie meine Genin vorgegangen waren, mehr als zufrieden. Keine Offensive, defensive Haltung, aber mit aller Kraft, wenn sie direkt angegriffen worden waren, zurückgeschlagen. Ich konnte zufrieden sein. Keiner hatte den Helden spielen wollen, keiner hatte über Gebühr gewagt. Leider hatte ich genau deshalb die Befürchtung, dass sie ab jetzt ein wenig übermütig werden würden. Ihren ersten echten Kampf hatten sie hinter sich, nun auch ihr erstes Scharmützel, das sie bis auf ein paar Blessuren gut überstanden hatten.
"Ja, in diesem recht unübersichtlichen Schlachtgetümmel und der anschließenden Verfolgung haben sie gute Arbeit geleistet. Bessere, als man hätte von ihnen erwarten können", fügte Akane hinzu. "Aber ich hätte sie noch vor dem Angriff evakuiert."
"Was? Um mir die Gelegenheit zu nehmen, meine Anvertrauten im Gefecht beurteilen zu können?", fragte ich entrüstet genug, um zu überspielen, dass ich an diese Option überhaupt nicht gedacht hatte. "Haha. Ahahaha. Sie sind stolze Shinobi Konohas. Es war ihre Pflicht und ihr Recht, dort zu kämpfen."
"Na, wenn du es so siehst", murrte Akane.
"Wo wir gerade beim Thema sind, sich gut zu schlagen: Ryoga, danke, dass du gekommen bist. Wie hast du es geschafft, dich trotz Verbot beschwören zu lassen?", fragte ich.
"Nun", sagte der Affenkrieger, der bei seinem letzten Versagen beinahe gestorben und dafür mit einem Beschwörungsverbot belegt worden war, mit leiser Stimme, "ich kam gerade aus Getsugakure zurück. Anne-chan hatte meine Beschwörung gerade aufgehoben, als deine ankam. Ich wurde quasi umgeleitet. Das ist höhere Gewalt, dagegen kann ich nichts machen." Wie zur Entschuldigung zeigte er mir seine Handflächen. "Dagegen wird selbst der König nichts sagen. Hoffe ich."
Die anderen lachten zustimmend.
Ranma grinste breit. "Du drängst dich auch nicht gerade darum, zum Affenberg zurückzukommen. Du hättest mit Ranko zurückkehren können, nicht?"
"Nicht, solange Mamoru mich hier noch braucht", entgegnete Ryoga. "Ich sehe das hier als meine Chance, mich für meine Waghalsigkeit zu entschuldigen und mich zu rehabilitieren." Er verneigte sich so tief vor mir, dass seine Stirn den Boden berührte. "Ich bitte darum, dich bis zur Feier auf deiner Reise begleiten zu dürfen, Mamo-chan."
Peinlich berührt griff ich nach seiner Schulter und drückte sie. "Ryoga, Mann, du musst dich doch vor mir nicht verbeugen. Also gut, du und P-chan seid ab sofort meine festen Begleiter für diese Mission."
"Danke! Du wirst es nicht bereuen!", rief Ryoga freudestrahlend. Um ein Haar wäre er mir um den Hals gefallen.
"Was uns angeht", sagte Ranma und deutete auf sich und Akane, "so würde ich gerne wissen, wie lange du uns noch brauchst, Mamo-chan. Nicht, weil wir deine Nähe nicht mögen würden. Aber bis zur Feier ist es nicht mehr weit, und je mehr du von deinem Chakra verbrätst, desto weniger Affen kannst du beschwören, und desto kürzer dauern die Beschwörungen."
"Shinji", sagte Akane unvermittelt.
"Shinji-was?"
"Shinji." Akane leckte sich über die Lippen. "Ich weiß, es ist etwas vermessen von mir, das zu sagen oder gar vorzuschlagen. Aber mein erster Eindruck ist, dass er unserem Wesen sehr entspricht. Anne-chan wird bereits ins Land der heißen Quellen kommen, um ihren Sempai zu unterstützen und ebenfalls Affen zu beschwören. Wir könnten Shinji einen temporären Kontakt anbieten, und er kann dich unterstützen, Mamoru. Wenn ich mich auf meine Sinne verlassen kann, hat er die beste Kontrolle über sein Chakra von den dreien. Von der Menge des Chakras ist er der Letzte, aber sie sind eh nicht weit auseinander. Was sagst du dazu, Perine?"
"Was?" Die Angesprochene zuckte zusammen. "Shinji? Ich... Ich weiß nicht. Klar, er ist ein fröhlicher, ehrlicher, intelligenter und offener junger Mann, der gut zu uns Affen passen würde. Und ich habe auch kein Problem damit, ihm einen temporären Kontrakt anzutragen. Aber... Ich kann es nicht sagen. Seine Fröhlichkeit wirkt manchmal aufgesetzt. Da ist etwas Negatives in ihm, das ihn belastet. Ich weiß nicht, ob ihn das disqualifiziert. Aber ich würde ihn ungern wieder aus unserer Rolle löschen müssen, weil er sich als Belastung erweist. Der Schock wäre für ihn schlimmer, als er für Orochimaru damals war, wenn ich mal Kasumi rezitieren darf."
"Etwas Negatives?", fragte ich.
"I-ich kann es nicht definieren. Nicht genau. Es fühlt sich an wie eine Art Zwang. Ein liebender Zwang. Es ist sehr verwirrend", sagte sie.
Kurz dachte ich nach. "Wir werden das beobachten. Und ich werde mit dem Jungen sprechen. Vielleicht steht er einfach nur unter Erfolgsdruck, weil sein Vater Jounin ist, und sein Bruder Wissenschaftler in der Chakra-Forschung im Range eines spezialisierten Jounin."
"Ja. Schön, wenn es nur das ist. Dagegen können wir nämlich was tun." Sie seufzte tief und lang. "Ich will nicht, dass es etwas Schlimmeres ist, Mamo-chan."
Das konnte ich nachvollziehen. Es war schwer, Shinji nicht zu mögen.
"Wir kümmern uns um diese Frage", versprach ich. "Aber zuerst zum Thema zurück. Ryoga, was sagt mein alter Freund?"
Der Affenkrieger griff in seine Weste und zog eine Schriftrolle hervor. "Hier, bevor ich es vergesse. Eine Nachricht von Tsunade-sama an dich. Ich habe den offiziellen Boten getroffen, und nachdem er überzeugt war, dass ich tatsächlich Ryoga von den Affen bin - und ich mich davon überzeugt hatte, dass sie wirklich Shizune-chan ist - hat sie mich gebeten, die Nachricht für dich mitzunehmen.
Was deinen Freund Ryuji Nekozumi angeht, so lässt er dir ausrichten, dass die Gruppe, die du ausgelöscht hast, ihm schon seit Monaten hinterherhechelt. Er hat sie zwar immer gespürt, aber nie zu fassen bekommen. Sie waren stets schlüpfrig wie Aale. Bisher hat er das für eine Art Zermürbungstaktik gehalten. Jetzt aber fragt er sich, ob sie nicht einfach Angst vor ihm gehabt haben. Er bedankt sich dafür, dass du sie ausgeschaltet hast. Aber er kann die Zahl von zwanzig nicht bestätigen. Es könnten mehr gewesen sein, das kann er nicht mit Bestimmtheit sagen, da er nicht mal das mickrige sensorische Talent hat, dass du dein eigen nennst, Mamoru."
Ich runzelte die Stirn. Toll, da war jemand auf mein Mini-Talent neidisch. Aber wie hieß es so schön? Unter den Blinden ist der Einäugige König.
Was mich wieder dazu brachte, dass ich tatsächlich mit Kishio versuchen sollte, die Grenzen meiner Fähigkeiten zu sprengen. "Also haben wir die Möglichkeit, das wir weiterhin beschattet werden. Eventuell holt auch jemand Hilfe. Die Angreifer hatten teilweise Genin- und Chunin-Format, einer von ihnen meines Erachtens den Level eines spezialisierten Jounin. Von denen dürfte Orochimaru nicht mehr allzu viele haben. Zumindest hoffe ich das.
Ich fasse zusammen: Die Bedrohung für Kishio ist noch nicht gebannt. Und wenn Orochimaru gemeldet wird, bei wem er sich befindet, könnte das seine Ambitionen verstärken, uns zu finden. Er hat einige Leute in seinem Personalreservoire, die mir nicht gefallen. Und dann ist da noch dieses unsägliche Jutsu, dass sein Leutnant Kabuto beherrscht. Er könnte uns ein paar tote Shinobi auf den Hals hetzen."
"Ach", sagte Akane mit abwehrender Handbewegung, "es ist ja wohl nicht so, als hätte Kabuto die Hand auf jeden toten Shinobi legen können, der jemals gestorben ist."
"Und was ist, wenn er das getan hat?", fragte ich mit Schaudern in der Stimme. "Stell dir vor, er würde Hiruzen-sama auf uns hetzen. Also, ich würde nur sehr ungern gegen meinen Lehrmeister antreten müssen."
"Sarutobi-sama hat das getan. Er musste gegen den Shodai Hokage und den Nidaime Hokage antreten, nicht?", fragte Akane.
"Ja, als Orochimaru Konoha überfallen hat", sagte ich. Damals war ich nicht schnell genug vor Ort gewesen, um tatkräftig helfen zu können. Wäre irgendetwas anders gekommen, wenn ich mit meinen Leuten vor dem Angriff angekommen wäre? Manchmal fragte ich mich das. "Aber ich bin nicht mein Sensei. Sie nannten den Sandaime immer Professor, weil er über eintausend Jutsu beherrscht hat. Ich komme vielleicht auf..." Nachdenklich legte ich den Kopf schräg und begann zu zählen. Also, da war mein Talent, Affen zu beschwören, mein Endan, das Dai Endan, die Bunshin, Kage Bunshin, dieses und jenes... "Einhundertvierzehn Ninjutsu, wenn ich richtig gezählt habe."
"Ist doch ein Anfang", lachte Ryoga.
"Die meisten davon sind nicht gerade von einem Kaliber, dass Asuma mehr tun würde, als peinlich amüsiert zu grinsen", schränkte ich ein.
"Was bedeutet, dass einige darunter sind, die ihn nicht peinlich amüsiert grinsen lassen", schloss Perine messerscharf.
"Ein paar, vielleicht", brummte ich. Mist, erwischt.
"Mamoru-sensei, ist es möglich, dass...", begann Kuzoko, brach aber ab.
"Ja?"
"Nichts, ist schon gut."
"Nein, sprich ruhig. Du hast hier die gleichen Rechte wie alle anderen auch."
"Es tut nichts zur Sache, aber dein anderer Sensei, dein Jounin, wurde ebenfalls getötet. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Kabuto an ihn herankommt, wenn sein Meister Orochimaru schon den Shodai und den Niidaime missbrauchen konnte?"
Entsetzt sah ich sie an. "Sehr hoch." Ich glaubte, mein Herz würde für einen Moment aussetzen müssen, als ich mir vorstellte, ich müsste gegen Gekko kämpfen müssen. "Wenn er das wagen sollte, dann..." Zornig, beinahe außer mir, ballte ich die Hände zu Fäusten. "Wenn Kabuto das wagen sollte, dann wird es keinen Ort auf dieser Welt geben, der weit genug von mir entfernt ist!" Ich konnte mir nichts Schlimmeres vorstellen als wenn ein Schüler gegen den Menschen antreten musste, der ihm die Grundlagen seines Könnens in unendlicher Geduld beigebracht hatte, so wie Gekko Hayate es bei mir getan hatte. Hiruzen-sama musste sich furchtbar gefühlt haben, damals, als er gegen seine Lehrmeister hatte antreten müssen. Mit Mühe öffnete ich die Fäuste wieder. "Aber das ist im Moment nicht relevant. Wie gehen wir weiter vor?"
Ranma hob wie in der Schule die Hand.
"Ja, Ranma-sensei?"
"Wie sehen denn deine Pläne aus? Abgesehen davon, dass du in zweieinhalb Wochen unsere große Feier in einer bekannten Gaststätte mit Außenbad im Land der heißen Quellen begehen willst?"
"Nun", sagte ich leise, "der Groß-Daimyo des Lands des Wassers hat mich eingeladen, und ich hatte vor, der Einladung Folge zu leisten. Als Treffpunkt mit seinen Vertretern habe ich Gentas Dorf vorgeschlagen, wo man mich und meine Genin bereits erwartet. Anschließend wollte ich die restliche Zeit in Kumogakure verbringen. Einerseits um Kiras Raiton-Ausbildung ein wenig zu bereichern, und andererseits, weil A-sama mich ebenfalls gerufen hat. Er möchte meine Erfahrungen von der Hatz auf Kabuto aus erster Hand hören, und Tsunade-sama hat zugestimmt, das es nicht gegen die Interessen Konohas ist, Fakten über Kabuto preiszugeben. Das hilft allen versteckten Dörfern beim Kampf gegen Orochimaru. Anschließend kehre ich mit meinen Genin ins Reich der heißen Quellen zurück, und wir feiern unsere Party, nachdem mit Anne-chan die zweite Kontraktträgerin der Affen angekommen ist." Nach einer Pause fügte ich hinzu: "Nach Möglichkeit ohne einen weiteren Konflikt."
"Ein frommer Wunsch, Mamo-chan", sagte Ranma amüsiert.
Akane meldete sich. "Wenn wir gerade beim Thema sind, wie es weitergeht: Was wird aus Kishio-kun?"
"Was soll mit ihm sein?", fragte ich verwundert. "Ich nehme ihn auf und Ende. Er wird bei mir bleiben, solange er es selbst für nötig hält. Die Gefahr für mich selbst vergrößere ich damit nicht besonders. Spätestens seit der Hatz auf Kabuto hat mich Orochimaru ohnehin auf seiner Liste."
"Und du meinst, da stimmt er einfach zu? Was soll er machen, zu Füßen deines Bettes schlafen?", fragte Akane.
"Akane-chan, das ist vielleicht etwas spitz formuliert", wandte Perine ein.
"Nein, ich will das jetzt wissen. Also, Mamo-chan, wie geht es mit ihm weiter?"
"Onee-chans Zimmer wird frei. Natürlich werde ich nichts dagegen sagen, wenn er wieder seine eigenen Wege geht oder lieber allein lebt. Ich habe gehört, im Appartmenthaus, in dem mein Kumpel Naruto seine Wohnung hat, ist was frei. Und das ist gleich um die Ecke bei mir. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Mutter mir sowieso in den Ohren liegen wird, ihn ins Haus zu holen, wenn wir den Platz schon mal haben. Wenn ich ihr schon keine zweite Tochter ins Haus bringen kann, wird ihr zumindest ein dritter Sohn gefallen."
"Äh, Mamo-chan, du meinst sicherlich zweiter Sohn", wandte Ranma ein.
"Nein. Dritter. Echt. Kou und meine Schwester haben sich verlobt und ziehen zusammen."
"Uff. Da gratuliere ich aber. Sind ja tolle Neuigkeiten. Das hat uns Perine ja noch gar nicht erzählt", sagte der Affenkrieger verblüfft.
"Hätte ich schon noch gemacht, keine Sorge", erwiderte sie verstimmt. "Aber hier geht es eigentlich um ganz andere Dinge, oder, Sempai?"
"Ja, stimmt. Also ist Kishios Schicksal geklärt, soweit das von deiner Warte aus möglich ist, Mamo-chan. Gibst du dich damit zufrieden, Akane-chan?"
"Meine Fragen sind beantwortet. Es hätte ja auch nicht zu unserem Mamo-chan gepasst, wenn er sich plötzlich als jemand aufgespielt hätte, der andere ausnutzt."
"Also gehen wir wie vor? Es ist klar, dass du deine Genin nicht für den Rest ihrer Leben vor der großen, grausamen Welt beschützen kannst, Mamo-chan", sagte Ranma, "aber solange ein Eingreifen von Orochimaru oder Kabuto droht, tust du gut daran, vorsichtig zu bleiben." Er stützte sich nachdenklich auf seinen Knien ab. "Ich möchte anmerken, das ich nicht abschätzen kann, ob ich es mit Orochimaru aufnehmen könnte. Dazu sind nur sehr wenige Ninjas in der Lage, und ich will nicht so verfroren sein zu behaupten, einer von ihnen zu sein."
"Er wurde verletzt, oder?", warf Ryoga ein. "Der Sandaime hat ihm die Kontrolle über seine Arme genommen."
"Ja", bestätigte ich. "Aber das macht ihn nur schwächer, nicht wehrlos. Und da ist immer noch Kabuto. Sein verdammter Leutnant ersetzt die verlorenen Hände. Wenn wir also auf beide treffen, haben wir es mit einem Sannin zu tun, der noch ein, zwei Kohlen drauflegen kann."
Ranma hob die Hände und ließ sie krachend auf die Knie fallen. "Das besiegelt es. Mamo-chan, Akane und ich bleiben bis Kumogakure bei euch."
"Einverstanden. Aber ich hoffe immer noch, dass wir für Orochimaru selbst zu uninteressant sind. Mit Kabuto werde ich schon fertig."
Ryoga lachte laut auf. "Ist das immer noch der gleiche Mamoru Morikubo, der sich immer gefragt hat, was er tun kann, um die Leistung seiner Gruppe nicht runterzuziehen? Und jetzt will er es mit einem gefürchteten Nukenin aufnehmen, vor dem jeder Jounin anständigen Respekt hat." Seine Augen lachten mindestens so sehr wie sein ganzes Gesicht. "Weiter so, Mamoru. Du gefällst mir sehr gut, so wie du jetzt bist."
Fast hätte ich mich dazu hinreißen lassen, einen Scherz aus seinen Worten zu machen. Wie er es sicher auch erwartet hatte, sonst hätte er mir solch eine Vorlage nicht gegeben. Aber seine Worte ließen eine Saite in mir anklingen. Ja, ich war selbstbewusster geworden. Ja, ich war stärker geworden. Und das lag nicht nur an meinem Glück. War ich mir nicht in den letzten Tagen des Öfteren bewusst geworden, dass ich älter geworden war? Nun kam noch die Erkenntnis hinzu, dass ich auch besser geworden war. Wenn ich daran dachte, wie Asumas Jutsu, das ich erstmals unter Kampfbedingungen angewendet hatte - nicht das Fuuton, das wäre zu früh gewesen, weil ich es noch nicht kontrollieren konnte - unter den Angreifern gewütet hatte, machte mich das betroffen und froh zugleich. Betroffen, weil ich begriff, wie gefährlich ich nun schon geworden war. Froh, weil ich die, die mir am Herzen lagen, nun noch besser beschützen konnte.
"Ich gefalle mir auch gerade ziemlich gut, Ryoga", erwiderte ich.
Die Affen verstummten und starrten mich an wie einen Geist.
"Was ist?", fragte ich verwirrt.
Ranma sah Akane an. "Akane-chan, kannst du mal rausgehen und nachsehen ob die Sonne explodiert ist? Das klang gerade so, als wäre Mamo-chan mit sich selbst zufrieden. Unwahrscheinlicher ist nur die Explosion der Sonne, finde ich."
Sie erhob sich. "Ich gehe nachschauen."
"Leute! Leute!", rief ich und zog Akane wieder auf ihr Sitzkissen zurück. "Ist es so ungewöhnlich, dass ich mal erkenne, dass ich womöglich schon stärker als ein Chunin geworden bin?"
"Und wenn du nachschaust, wirf einen Blick auf den Mond, Akane", sagte Ryoga trocken.
Dann begannen die Affen zu lachen. Natürlich auf meine Kosten.
Ich stöhnte leise: "Ihr schafft mich, Ihr schafft mich wirklich."
"Hm", machte Kuzoko, "ich glaube, unser temporärer Kontrakt entwickelt sich interessanter als ich erwartet habe, Mamoru-sensei."
***
Im Bad hatten sich die drei Jungs und die beiden Mädchen brav in ihre Bereiche aufgeteilt und genossen die Sonne und das warme Wasser. Während sie badeten, tauschten sie Anekdoten über die zurückliegende Schlacht aus, und Shinji zeigte sehr stolz die blauen Flecken, die eine Nebenwirkung seiner ausgerenkten Schulter waren. Kira konterte mit den leichten Verbrennungen an den Fingerspitzen seiner rechten Hand. Als er das Wakizashi unter sein Raiton gesetzt hatte, war der Stahl so heiß geworden, dass er ihm Sekundärverbrennungen zugefügt hatte. Allerdings hatte er mit dieser Raiton-Klinge durch einen Oto-Nin - sie waren sich alle einig, es mit ehemaligen Oto-Nin zu tun gehabt zu haben, auch wenn es nicht stimmen sollte - hindurchgeschlagen, der das harte Chakra angewendet hatte, das auch Mamoru-sensei vorgeführt hatte. Zwar hatte er den Mann nur verwundet, und er hatte ihn nur mit der Hilfe eines Kage Bunshins des Senseis besiegen können, aber die Fortschritte, die er während das Spiels erworben und im Kampf eingesetzt hatte, waren so enorm, dass sie ihn berauschten. Es stimmte also wirklich, was man sagte: Im Kampf lernte man am Schnellsten. Leider auch das Töten. Dieser Gedanke drückte seine Stimmung mindestens ebenso sehr, wie ihm der Gedanke Freude machte, dass seine Freunde alle mehr oder weniger gesund aus der Schlacht rausgekommen waren.
Drüben, auf der anderen Seite des Zauns, protzte Mai mit der Schnittwunde, die sie von dem einen Gegner erhalten hatte, der auf ihr verstecktes doppeltes Fuusha-Shuriken reingefallen war. Kuzomi, die als einzige relativ unverletzt geblieben war, bewunderte die Wunde im gleichen Maße, wie sie tödlich betrübt darüber war, dass Mais schöne Haut nun an der Hüfte so entstellt war.
Mai wiegelte das ab mit dem Hinweis, dass Uzuki-sensei ja auch stolz auf ihre Narben war, auf jede einzelne. Und sie vergaß auch nicht, Kuzomi ausdrücklich für ihre Leistung zu loben. Sie hatte einen sehr viel stärkeren Gegner unter ihr Genjutsu gezwungen und dort gehalten, bis Ranma-sensei ihr hatte zu Hilfe kommen können. Was zu einer wichtigen Erkenntnis für sie alle führte: Ihr Zusammenspiel war noch lange nicht das, was sie alle erreichen wollten. Aber wenn sie es schafften, wenn sie sich aufeinander einstellten, dann würde Mamo-chan stolz auf sie sein. Stolzer, als er ohnehin schon war.

Kishio hörte all das nur mit einem Ohr. Auch wenn er angesprochen wurde, antwortete er nur einsilbig und mechanisch. Kein Wunder, machte er sich doch einerseits die allergrößten Vorwürfe, weil er nicht dagewesen war, als es ausgerechnet um seine Auslieferung gegangen war, und gab er sich doch andererseits die allergrößte Mühe, niemanden, aber wirklich niemanden an diese Genin herankommen zu lassen. Dafür checkte er nicht nur permanent seinen größten Suchradius, er sandte auch immer wieder kurze sensorische Spitzen in die Umgebung.
Sie hatten für ihn gekämpft. Sie hatten für ihn gekämpft, verdammt. Und was hatte er getan?
Nun... Auch gekämpft. Und das war nicht gerade einfach gewesen, im Gegenteil. Er war sich darüber im Klaren, dass er ohne Perine-sama hätte fliehen müssen und sein Kopfgeld nie bekommen hätte, zumindest nicht an dieser Bingo-Bude.
So im Nachhinein erschien ihm das merkwürdige Verhalten der beiden alten Säcke natürlich verständlicher. Normalerweise wagte es niemand so leichtfertig, das Kopfgeld auf ihn einzufordern. Zumindest versuchte es keiner zweimal. Aber diesmal war es gar nicht so sehr um das Kopfgeld gegangen, sondern um seine Zeit. Und die beiden hatten ihn und Perine-sama lang genug aufgehalten. Er war in diese Falle getappt wie ein Anfänger.
Kishio erhob sich. Das heiße Wasser irritierte ihn und schränkte seine Fähigkeiten ein. Er musste... Ja, was eigentlich?
"Kishio-kun, bist du schon fertig?", fragte Kira verwundert. "Wir sind doch höchstens eine Viertelstunde drin." Dabei hob er die Rechte, die mit Pflastern übersät war. Auch der Verbrennungsfleck am linken Unterarm, den er sich mit der eigenen Klinge aus Versehen zugefügt hatte, war deutlich zu sehen, und in Kishio stieg das Schuldgefühl. Das, und eine Welle an Dankbarkeit für diese jungen Menschen aus Konoha, die ihn in ihren Reihen aufgenommen hatten.
"Ich kann nicht länger baden. Sensei hat mir eine Aufgabe gegeben", sagte er leise.
"Du musst das jetzt aber nicht hokagelicher als die Hokage machen", sagte Shinji verstimmt. "Wir sind jetzt schon weit weg vom Reich der Reisfelder. Die Gefahr sinkt."
"Aber sie ist noch vorhanden!", bellte Kishio.
Shinji ließ sich davon nicht beeinflussen. Er grinste den Rothaarigen frech an. "Und wenn schon. Dass wir keine Eintagsfliegen sind, haben wir ja wohl bewiesen, oder? Und jetzt stell dir mal folgendes Szenario vor: Perine-sensei, Mamo-chan, seine Affenkrieger, Kiras hübsches Spinnchen, Kuzoko-chan, wir drei Genin, und dann noch du dazu. Das ist eine kleine Armee, findest du nicht? Wer könnte uns widerstehen, wenn du und Perine mit uns kämpfen?"
Verblüfft ließ sich Kishio wieder ins Wasser sinken. Da hatte der kleine, nicht mehr ganz so dickliche Junge, der ein paar Pfund geschmissen hatte seit die Reise begonnen hatte, vollkommen Recht. Er war nicht mehr allein. Und er würde die Reihen seiner neuen Gefährten verstärken, wenn es hart auf hart ging. Für einen winzigen Moment erhaschte er einen Hauch des Konzepts von Kameradschaft, von dem er schon so viel gehört hatte.
"Na gut, vielleicht noch ein paar Minuten", murmelte er und ließ sich bis zur Unterlippe ins Wasser sinken. Natürlich vernachlässigte er dabei seine Rundumüberwachung nicht.

Als er nach einer halben Stunde als Letzter das Wasser verließ, fühlte er sich ruhig und entspannt. So gut hatte er sich seit Jahren nicht mehr gefühlt. Vielleicht an dem einen oder anderen Abend mit Yuki-san, aber auf eine andere Art und Weise.
Er spülte sich ab, kämmte sein Haar und betrachtete sich im großen Spiegel. "Kai." Die Illusion, die seine Tätowierungen verbarg, verschwand, und zeigte ihm jede einzelne der Arbeiten, die für Eingeweihte seine Ausbildungsfortschritte verrieten. Die Prüfung der Schmerzen... Sanft strich er sich über die Leiste. Ja, das hatte weh getan. Aber er hätte sein Leben dafür gegeben, wenn er weitere Tattoos seines Clans hätte erhalten dürfen, denn das hätte bedeutet, dass sie...
Kishio schluckte. Mit den Genin zusammmen zu sein machte ihn jeden Tag ein wenig weicher. Er machte sich Gedanken über Sachen, die er schon überwunden glaubte. Und er empfand Gefühle, von denen er nicht einmal gewusst hatte, dass er sie jemals besessen hatte.
"Henge." Die Tattoos verschwanden wieder. Sicherheitshalber. Mamo-chan mochte zwar drauf bestehen, dass er jedermann seine roten Haare zeigte, die ihn für jene, die es wussten, als Teil der Moerus auswiesen - in dieser Gegend eine gejagte Spezies, so sehr gejagt, dass er noch nie einen zweiten Überlebenden getroffen hatte - aber er musste sie nicht auch noch mit seinen Stammes-Tattoos drauf hinweisen, dass sie richtig lagen.
Bedächtig zog er sich an und legte seine Badesachen in die bereitstehende Schale. Sein Shampoo. Seine Seife. Sein Deodorant. Merkwürdig. Er hatte nicht damit gerechnet, die Sachen, die Yuki-san ihm zum Abschied geschenkt hatte, auch wirklich jemals in einem öffentlichen Bad zu benutzen.
Gedankenverloren, weil ein Großteil seiner Aufmerksamkeit noch immer der Überwachung der Umgebung galt, trat er vor das Bad, schloss die Tür und ging los.

"Aua!"
Erschrocken hielt Kishio an, als er in etwas Hartes rannte. Er kehrte in die Wirklichkeit zurück und erkannte... Mai?
Die saß auf dem Fußboden und rieb sich den schmerzenden Hintern. "Oh, mitten auf die Wunde."
"Tu-tu-tu-tut mir leid, Mai-chan!", stammelte er.
"Schon gut. Ich habe ja selbst nicht geschaut, wo ich hingehe." Sie sah ihn mürrisch an. "Was muss ein Mädchen tun, damit du ihr aufhilfst?"
"Natürlich nichts!", rief er hastig und griff nach ihrer rechten Hand.
"Danke", sagte sie, als er sie auf die Beine zog.
Kishio verwendete versehentlich etwas zu viel Kraft, und so schnellte sie gegen ihn. Aber diesmal brachte es sie nur zum Kichern.
So standen sie einen Moment, Auge in Auge, und Kishio konnte nicht umhin festzustellen, dass Mai über zwei wirklich hübsche graue Augen verfügte.
"Ist was?", fragte sie amüsiert.
Erschrocken fuhr er zusammen. Und dann tat er etwas, was er wirklich bereuen würde. In diesem Leben und im Nächsten, da war er sich sicher.
"I-ich habe dich im Frauenbad gesehen", stammelte er. "Ich war mit Henge verkleidet und bin ins Bad gekommen!" Ja, das war definitiv sein Todesurteil.
"So?" Mai entzog ihm ihre Rechte und hob sie.
Kishio kniff die Augen zusammen. Ja, den Schlag hatte er verdient. Und alles andere, was danach kommen würde, auch. Selbst wenn sie ihn ab jetzt hassen würde, dann...
Dann wurde er getätschelt. Erstaunt öffnete der Moeru die Augen wieder.
"Kishio, Kishio, Kishio..." Beinahe mitleidig sah sie ihn an. "Für wie dumm hältst du mich eigentlich?"
"D-du hast es gewusst?", fragte er erstaunt.
"Nein, natürlich nicht! Sonst wärt Ihr nie ins Bad reingekommen", sagte sie ärgerlich.
"N-natürlich. Wir?" Das hatte er nun nicht gewollt, seinen Kumpel Kira auch noch bloßzustellen.
"Versuch es gar nicht erst. Ich weiß, dass Kira die kleine Frau war."
"I-ich..."
"Ich sagte, versuch es gar nicht erst", tadelte Mai überraschend amüsiert.
"G-gut."
"Weißt du, es war wirklich offensichtlich. Ich meine, hallo, Kizu und Kiki? Und Ihr wolltet als Frauen durchgehen? Und du in deiner Verkleidung mit dieser Riesenoberweite, echt jetzt." Sie griente ihn an. "Du hast wohl noch nicht besonders viele Frauen nackt gesehen, oder?"
"N-nicht sooo viele", bekannte er. Die aber hatten es in sich gehabt, also die Begegnungen.
Das schien Mai milde zu stimmen. "Jedenfalls hat Perine-sama nichts gemacht, also dachte ich, sie hätte einen Plan oder würde sich amüsieren. Als dann Kira tatsächlich festgestellt hat, was ein weiblicher Busen ist, habe ich verstanden. Das war alles für einen guten Zweck. Ich hoffe, ab jetzt versteht der kleine Dummkopf das Konzept Frau besser."
Hastig nickte Kishio mehrfach. "U-unbedingt."
"Und was dich angeht, meine liebe Kizu..."
Kishio spürte, wie ihm die Verlegenheitsröte ins Gesicht schoss. "I-ich habe dich nackt gesehen. Verzeih!"
"Ach, kannst du um die Ecke sehen?", spottete Mai.
"Wie jetzt?"
"Na, als Perine-sensei mich gerufen hat, hast du sowas von starr nach vorne geguckt... Aber ich habe ja ein Handtuch getragen. Und obenrum sieht man ja eh nichts bei mir. Kein Wunder, dass du das nicht sehen wolltest, Kishio. Ich glaube, ich kenne deinen Geschmack bei Frauen, wenn ich mir dein Henge in Erninnerung rufe."
"D-das ist es nicht. D-deine Oberweite ist mir egal. D-du bist so ein toller Mensch, so ein toller Freund, i-ich hätte es als Betrug empfunden, wenn ich dich... W-wenn ich dich..." Verlegen sah Kisho fort.
"Aber, aber. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich dich ein wenig necken. Und hättest du mehr als flüchtig geguckt, hättest du dafür ordentlich gebüßt", sagte Mai. "Ich wollte bei der Geschichte ja auch ein wenig Spaß haben. Aber ein Gentleman wie du... Keine Chance, da was zu finden, was einer Bestrafung würdig gewesen wäre." Sie seufzte. "Du bist ja so unnatürlich anständig, Kishio."
"E-entschuldige bitte, dass ich dich nicht enttäuschen will, Mai-chan."
"Hm. Das lasse ich als Ausrede gerade mal so durchgehen. Aber, Kishio, kommt jemals wieder eine dickbusige rothaarige Kizu ins Frauenbad, garantiere ich für nichts, hast du verstanden?"
"Vollkommen klar! Kein Frauen-Henge mehr! Und nicht ins Bad kommen. Klar wie Kloßbrühe!"
"Und kein Wort zu Kira. Wir wollen doch nicht, dass seine Fortschritte annulliert werden, nur weil es ihm plötzlich peinlich ist, dass Perine-sensei und ich gewusst haben, das er das im Bad war." Sie dachte kurz nach. "Und kein Wort zu Kuzomi, hast du verstanden? Ihr wäre das sicher nicht peinlich, aber die verpasste Gelegenheit, ihrem Meister den Rücken zu waschen würde sie nicht schlafen lassen. Alles in allem ist sie nett, aber sie ist jeden Tag ein wenig mehr besessen von Kira, findest du nicht?"
"Verliebt. Das Wort, das du suchst, ist nicht besessen, sondern verliebt, Mai-chan", korrigierte er.
"Oh. Ja. Verliebt passt besser. Danke. Umso mehr, seit er ihr in der Schlacht den Rücken... Aber was rede ich, das habe ich ja schon erzählt." Sie musterte ihn eindringlich. "Alles gut?"
"Ja. Alles gut", erwiderte er erleichtert. Ihm war, als wäre ihm ein Stein vom Herzen gefallen, der es zu erdrücken gedroht hatte.
"Fein. Dann sehen wir uns bei der Abend-Kata. Ach, und Kishio?"
"Ja, Mai-chan?"
"Beug dich vor."
"Ja?"
Mai gab ihm einen Kuss auf die linke Wange. "Deine Belohnung. Weil du so ein Gentleman warst."
Sie lächelte ihn an, winkte und ging zum Zimmer der Frauen.
Verwundert sah Kishio ihr nach. Dabei fasste er sich an die Wange, die sie geküsst hatte. Das war so anders, so vollkommen anders als alles, was er bisher erlebt hatte.

"Erstaunlich, nicht wahr?", fragte Shinji.
Kishio zuckte erschrocken zusammen. "W-wo kommst du denn plötzlich her?"
"Von da hinten. Du warst anscheinend zu beschäftigt für deine sensorischen Fähigkeiten, eh? Flirtest hier einfach mit unserer Mai."
"I-ich habe nicht geflirtet! Ich..."
Shinji lachte glucksend. "Ich habe alles mitgehört. Ich weiß Bescheid. Und ich merke gerade, dass sie ein Jahr älter ist als Kira und ich. Es heißt ja, die Mädchen sind den Jungs so rund zwei Jahre voraus. Das sehe ich jetzt ähnlich. Also entwickelt sie Interesse an Jungs." Er zuckte die Schultern. "Warum also nicht an dir, Kishio-kun? Ich meine, dann bleibt es wenigstens in der Truppe."
"Ich habe aber kein Interesse an...", sagte er und stockte mitten im Wort. War das noch die Wahrheit?
Shinji grinste ihn erneut an. "Wie ich schon sagte, es bleibt ja in der Gruppe. Und Kira weiß es noch nicht, aber sein Spinnchen hat ihn schon unter dem Pantoffel. Ach, und wenn ich gerade bei Thema bin: Glaub ja nicht, dass ich Mai-chan aufgeben werde, nur weil du dir einen Vorsprung geholt hast."
Betroffen sah Kishio den Jüngeren an. War das tatsächlich so? Es waren auf jeden Fall Gedanken, die ihm plötzlich sehr gefielen. Er ließ den Kopf hängen. "Es tut mir leid."
"Was denn? Das tut dir schon leid? Es ist noch nichts entschieden. Und das wird es auch nicht, bis einer von uns Mai-chan eines Tages mal heiratet, denke ich. Bis dahin ist die Schlacht eröffnet."
Shinji hielt ihm die linke Faust hin. "Komm, Kishio, möge der Bessere gewinnen, aber immer fair, und nie in den Rücken."
Kishio hob die Rechte und stieß gegen Shinjis Faust. "Immer fair, und nie in den Rücken, Sempai."
Shinji nickte zufrieden. "Und glaub mir, Großer, ich habe noch lange nicht aufgegeben. Genauer gesagt fange ich gerade erst an. Muahahaha!"
Für einen wirklich langen Moment hatte Kishio das Gefühl, dass er den dicklichen Jungen auf der einen oder anderen Ebene bisher maßgeblich unterschätzt hatte. Er war sich gar nicht mal so sicher, wer der Bessere sein würde, der letztendlich gewann. Verdammt.
Und das Wichtigste: Hatte er wirklich in den wenigen Tagen Interesse für Mai-chan entwickelt, eventuell sogar Verliebtheit oder gar Liebe? Verdammt, verdammt, verdammt! Immer diese lästigen Emotionen! Andererseits, ohne sie wären die Moeru schon viel früher ausgestorben, hatte sein Großvater ihm mal gesagt...
***
Der nächste Tag brachte uns noch weiter aus der Reichweite Orochimarus und seiner Nukenin heraus. Wir überschritten die Grenze zwischen dem Land der heißen Quellen und den Festlandländern des Reichs des Wassers gegen Mittag. Wir lagen gut in der Zeit, und bis zu Gentas Dorf konnten wir, wenn wir gut vorlegten, es noch diesen Abend schaffen. Wenn nichts dazwischenkam.
Natürlich kam was dazwischen, wie hätte es anders sein können?
Den Stirnschutz der jungen Frau, die vor mir aus dem Boden auftauchte, identifizierte sie als Kiri-Nin. Gut. Mit Kirigakure hatte ich im Moment keinen großartigen Ärger. Oder doch?
"Mori... Kubo-sama?", fragte sie stockend. "Chunin Mamoru Morikubo?"
"Ja, der bin ich. Ich wurde erwartet? Wird mir die Einreise verweigert?"
"Nein. Oh nein, Morikubo-sama. Natürlich darfst du das Reich des Wassers betreten, wie es dir beliebt. Immerhin stehst du in der Liste der Daimyos."
Verwirrt runzelte ich die Stirn. Ja, ich hatte mal die Aufgaben eines der neun Daimyos der Teilreiche Mizu no Kunis übernommen, damals, als ich diesen vollkommen machtgeilen und unfähigen Neffen des Groß-Daimyos gestürzt hatte. Natürlich nicht alleine. In die Rolle der Daimyos aufgenommen zu werden war ein großes Privileg für die "Ehemaligen". Erinnerte es doch die Bürger und Beamten daran, welche Privilegien selbst ein pensionierter oder zurückgetretener lokaler Daimyo zu erwarten hatte. Ein Ansporn, hart zu arbeiten. Es verwunderte mich nur, dass der Groß-Daimyo mich für die paar Tage hatte eintragen lassen. "Wie interessant", sagte ich trocken.
"Mamo-chan war mal Daimyo?", klang hinter mir Kiras erstaunte Stimme auf.
"Psssst! Du störst offizielle Geschäfte", raunte Mai ihm zu.
Ich lächelte innerlich. "Was also verschafft mir die Ehre Ihrer Anwesenheit, junge Frau?"
"Verzeihung, Morikubo-sama. Ich vernachlässige meine Pflichten. Ich war nur so maßlos darüber erstaunt, mit welch großem Gefolge du reist. Mir war nur eine Genin-Gruppe angekündigt. Aber das hier gleicht bereits einer schweren Einsatzgruppe."
Womit sie von der Wahrheit gar nicht mal so weit entfernt war. "Es hat sich während der Reise ergeben", sagte ich.
"Ah. Ach so. Ich verstehe. Das muss der ewige Genin-Faktor sein." Sie lächelte verschmitzt, und beinahe hätte man vergessen können, dass sie eine Kunoichi Kirigakures war, von dernen man sich heute noch erzählte, dass ihre Shinobi die härteste aller Abschlussprüfungen hatten, nämlich einander zu töten. War sie jung genug, um nach Mei-chans Reformen Ninja geworden zu sein? Nein. Sie war definitiv in meinem Alter.
"Der ewige Chunin-Faktor?", hakte ich nach.
"Nicht so wichtig. Aber bitte erlaube mir, dich als Erste im Land des Wassers willkommen zu heißen, Morikubo-sama. Mein Name ist Suirin. Ich diene Terumi-sama im Range eines Chunin. Ich und meine Gruppe wurden abgestellt, um dich in Empfang zu nehmen, und ich bin froh, dass ich es bin, die auf dich und deine Gruppe trifft."
"Was an der Straße liegen könnte", bemerkte Ranma amüsiert.
"Natürlich habe ich mich selbst an der Stelle positioniert, die den größten Erfolg versprochen hat", gestand sie. Die junge Frau machte eine einladende Geste. "Bitte, Morikubo-sama und Gefolge. Das Reich des Wassers steht euch offen. Ich und meine Leute eskortieren euch nach Genta No-Son, wo Ihr bereits erwartet werdet. Genta-sama hat eigentlich gestern schon mit euch gerechnet."
"Genta-sama?", fragte ich ein wenig ungläubig. Junge, Junge, der Bursche hatte es weit gebracht, nachdem ich ihn auf den rechten Pfad zurückgeschickt hatte. Ich war verblüfft, und ich war auch ein wenig stolz.
"Genta-sama. Er und der Daimyo, Koji-sama, sind im Dorf und bereiten ein großes Festmahl zu deinen Ehren vor."
"Junge, Junge. Ganz großer Bahnhof für Sensei. Das habe ich erwartet", sagte Shinji grinsend. "Nun guck nicht so ungläubig, Kishio-kun. Dir muss doch klargewesen sein, dass du nicht mit irgendwem unterwegs bist."
"Äh, ja."
Die Kiri-Nin machte die Fingerzeichen für die Kage Bunshin. Sie erschuf zwei von ihnen und jagte sie nach links und rechts los. "Ich trommle mein Team zusammen, und dann können wir los. Wie geht es eigentlich den anderen?"
"Welchen anderen?", fragte ich verwundert.
"Na, den anderen. Einige deiner Leute tragen Verbände oder Pflaster. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die, die das verursacht haben, besser aussehen als sie."
"Ach so, die anderen", murmelte ich.
Ryoga räusperte sich. "Ihnen geht es gar nicht mehr. Die sind jetzt Blumendünger."
"Ja, das war nicht anders zu erwarten von Morikubo-sama." Sie sah mich mit leuchtenden Augen an.
Dies war der Moment, in dem sich Perine bei mir einhakte und lächelnd ihren Kopf auf meine Schulter legte. Ein klares Signal an die Kiri-Nin, von vorne herein nicht mal daran zu denken, ob aus ihr und mir etwas werden konnte. Noch vor zwei Jahren hätte ich mit dieser Gestik nichts anfangen können. Aber man lernte ja dazu, sogar ich.
Ich räusperte mich ein wenig. "Ich akzeptiere deine Eskorte, Suirin-kun. Wir brechen auf, sobald dein Team vollständig ist."
Sie nickte gewichtig. "Jawohl, Morikubo-sama."

Der Einzug in Gentas Dorf - oder vielmehr in Genta No-Son - gestaltete sich triumphal. Das Dorf war keines mehr, sondern glich nun eher einer kleinen Stadt. Die Hütten waren abgebrochen worden, um sie auf einem nahen Hügel neu zu errichten, um das wertvolle Reisanbaugebiet nicht zu vereinnahmen. Und sie hatten sich vermehrt, erheblich vermehrt. Ich schätzte die Einwohnerzahl des Ortes nun auf zweieinhalbtausend, was den Namen Kleinstadt durchaus verdiente.
Als unser kleiner Zug aus Konoha-Nin und Kiri-Nin über die gut ausgebaute Straße in Sichtweite kam, wurde ein Horn geblasen. Erst Dutzende, dann hunderte Menschen beiderlei Geschlechts und jedes Alters liefen aus der Stadt und säumten nun den Weg. Ich erkannte etliche von ihnen wieder und winkte schon von weitem. In diesem Moment tat es mir sehr leid, dass ich Karin, Hana-chan und die beiden Genin-Teams von damals nicht dabei hatte. Sie hätten sich alle sehr über diesen Empfang gefreut.
Ein kleiner schwarzhaariger Schemen flog mir in die Arme. "Onii-chan!"
Ich schloss die Arme um das vor Aufregung zitternde Bündel Frau.
"Onii-chan! Endlich bist du da!"
Ich lachte auf. "Ich bin spät dran, Suzume-chan. Das tut mir leid."
Sie sah auf und strahlte regelrecht. In den letzten knapp zwei Jahren war sie größer geworden, hübscher, aber nicht gerade üppiger. Die große Oberweite ihrer Schwester schien nicht an sie vererbt worden zu sein. Aber das konnte ja noch kommen.
Ich wusste nicht, wie man so strahlen konnte, während man gleichzeitig wahre Tränenströme heulte.
"Das ist nicht wichtig! Es ist nur wichtig, dass du endlich da bist!" Sie strahlte noch ein wenig mehr. "Da gibt es jemand, den du unbedingt kennenlernen musst, Onii-chan!"
Von den Seiten kamen Einwände, dass Suzume nicht so eigennützig sein sollte, und gefälligst den Helden teilte, aber Suzume ließ die Einwände nicht gelten. "Zuerst kommt Shinnosuke dran!", bestimmte sie. "Er kennt Mamo-onii-chan noch gar nicht."
Das Argument schien zu ziehen. Man ließ uns weiter gehen, wenngleich ich schon nach wenigen Metern mehr Blumen in den Armen hatte als ich tragen konnte. Was, zum Teufel, war hier gleich noch mal los? Ich hatte doch nur das Dorf gerettet, und das nicht mal allein.
"Shinnosuke!", rief Suzume. Ein kleiner Junge kam den Hügel herabgelaufen. Er war vielleicht zwei Jahre alt, und er rannte meiner kleinen Wahlschwester direkt in die Arme. Sie hob ihn hoch und lud ihn mir auf, trotz der Blumen. "Shinnosuke, das ist dein Onii-sama Mamoru."
Der kleine Bursche, der in einem recht guten Kimono gehüllt war, sah mich voller Aufregung an.
"Hallo, Shinnosuke-kun", sagte ich zu dem kleinen Mann.
"Ha-hallo! Wi-willkommen in Genta So-Non, Mori..."
"Willkommen in Genta No-Son, Morikubo-sama", soufflierte Suzume.
"Willkommen in Genta No-Son, Morikubo-sama!", krähte er fröhlich.
"Danke, mein Großer", sagte ich erfreut. Etwa eine Sekunde später stutzte ich. Als ich abgereist war, da hatte sich Suzume doch mit diesem einen Soldaten so gut verstanden, Tsuyoshi, einem der Entführten. "Ist er deiner?", fragte ich, für einen Moment erschrocken.
Suzume nickte gewichtig. "Jawoll! Das ist meiner! Mein kleiner Neffe."
Für einen Moment spürte ich Erleichterung in mir aufsteigen. Für Kinder war meine kleine Suzume nämlich noch viel zu jung. Auch wenn ich nicht verhehlen konnte, dass ich Tsuyoshi mochte. Ach ja, Tsubasa, ihre große Schwester, war ja schwanger gewesen, als ich nach Konoha zurückgekehrt war.
"Mamoru-sama!", rief die bekannte, bärbeißige Stimme Gentas zu mir herüber.
Ich sah auf und erkannte den ehemaligen Straßenräuber oben an den Häusern stehen, gekleidet in den besten Yukata, den ich je an ihm gesehen hatte. Neben ihm stand seine Frau. Sie trug ebenfalls sehr gute Kleidung, wobei ich feststellen musste, dass niemand hier wirklich ärmlich angezogen war. Das Reisbauerngeschäft musste ziemlich gut laufen zur Zeit.
Und neben den beiden erkannte ich weitere bekannte Gesichter. Da stand Koji, der alte Soldat, den Natsusame-sama zu seinem neuen Stellvertreter in diesem Land ernannt hatte, gehüllt in die Amtsroben seiner Zunft, aber vollkommen unweltmännisch zu mir herüber grinsen; daneben, gehüllt in die Gewänder eines Beraters, erkannte ich Tsukasa-chan, die junge Frau, die über ein Jahr dem Neffen des Groß-Daimyo unfreiwillig als Konkubine gedient hatte. Ein Schicksal, das er übrigens auch Hanako hatte angedeihen lassen wollen. Genau wie von uns geplant. Dadurch hatten wir ihn gestürzt. Auch genau wie von uns geplant. Über die Stolpersteine, die Lücken im Plan und die Rückschläge deckte ich den gedanklichen Mantel des Schweigens. Ganz rechtsaußen stand ein Mann in prächtiger Rüstung. Ich musste zweimal hinsehen, um zu erkennen, dass es sich um Tsukasas Bruder Tsuyoshi handelte. Seinen Abzeichen zufolge kommandierte er nun die Truppen Kojis. Ein verdammt rasanter Aufstieg.
"Mamoru-chan!", rief Tsubasa zu mir herüber und winkte heftig. "Beeil dich! Es gibt Essen!"
Na, das ließ ich mir nicht zweimal sagen. "Schon unterwegs, Tsubasa-sama!"
Sie errötete, als ich sie mit Sama ansprach. Tja, alles wie geplant. Ich würde mich göttlich amüsieren. Und meine Genin hoffentlich auch.
Als ich merkte, das ich alleine voranschritt, sah ich zurück. Da standen sie, meine Begleiter, und starrten mich an - außer den Affen, die über das Verhalten meiner Genin nur schmunzelten.
"Wer bist du eigentlich, Sensei?", fragte Shinji ungläubig.
"Ich denke", sagte ich und gab Shinnosuke an Suzume zurück, "das klären wir am besten beim Essen." Bei Tsubasas hervorragendem Essen, wohlgemerkt.

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Der Tsukikage brütete über dem Bericht seiner Jounin aus dem Krisengebiet, in dem er zwei seiner besten Leute verloren hatten. Als er aufsah, nahmen Amir und Khal Haltung an.
"Das ist es also? Ein paar drogensüchtige Nukenin, über die Maria und Hassin zufällig gestolpert sind? Das ist der Grund dafür, dass ich zwei Jounin verloren habe?"
"Das sind die Ergebnisse, Tsukikage-sama. Es gibt bei all dem Schatten aber auch Licht. Es gelang Maria und Hassin, die stärksten Nukenin auszulöschen, was für unsere Ermittlungen ein unschätzbarer Vorteil war. Dadurch war die Verteidigung der restlichen Nukenins rund um das Dorf, in dem sie die Drogen von zum Dienst gepressten Bauern anbauen ließen, stark geschwächt. Unsere Genin und Chunin vom Untersuchungsteam haben sie beim ersten Versuch überwältigt und die Dorfbevölkerung befreien können. Aus dem Reich der Steine liegt bereits ein Dankesschreiben vor, das ich dem Bericht angehängt habe. Und, das muss ich auch noch erwähnen, Maria und Hassin gerieten in diese unvorteilhafte Situation, nachdem sie ihren Auftrag zu einhundert Prozent erledigt hatten."
Der Tsukikage sah verstimmt auf. "Und das soll mich zufrieden stimmen? Wir haben nicht nur zwei wichtige Jounin verloren, sondern gute Freunde. Es fehlt jetzt ein Teil des Rückgrats von Getsugakure. Weiß der Henker, wie sich Maria bei uns so unentbehrlich machen konnte, aber es ist so. Sie war eine unserer verlässlichsten und belastbarsten Kunoichi, und ich war froh, dass wir sie und die anderen Oto-Nukenin integriert haben." Der Tsukikage rieb sich mit der Rechten die schmerzende Nasenwurzel. "Amir, Maria beherrschte die Translokation. Besteht die Möglichkeit, dass sie und Hassin die Nukenin in eine Falle gelockt haben, selbst aber fliehen konnten?"
"Natürlich. Die Möglichkeit bestand, und sie besteht immer noch. Ich persönlich hoffe sehr darauf, dass dem so ist. Aber, Tsukikage-sama, verlassen können wir uns darauf nicht. Ich gebe zu bedenken, dass die beiden sich uns zu erkennen gegeben hätten, wenn sie auf diese Weise hätten fliehen können."
"Was ist, wenn sie aus irgendwelchen Gründen noch immer in den Zwischendimensionen festsitzen, die Maria zwischen zwei Punkten treiben kann? Hast du daran gedacht?"
"Ja, natürlich. Für den Fall, dass sie aus welchen Gründen auch immer später auftauchen werden, habe ich einige Genin stationiert, die dort einen weiteren Monat abwarten werden. Anschließend werden wir das Gelände sporadisch auf neue Spuren absuchen, und das in unregelmäßigen Abständen. Aber bedenke, Tsukikage-sama, wir haben nicht den Hauch einer Idee, wie wir sie in so einem Fall finden, geschweige denn befreien könnten. Wir könnten uns nur darauf verlassen, dass es Maria gelingen kann, ihr eigenes Jutsu irgendwann aufzuheben."
"Gibt es niemanden aus den Reihen der ehemaligen Oto-Nin, die diese Fähigkeit erlernt haben oder gar anwenden können? Es ist ja nicht so, als wäre ich über wirklich alles informiert", hakte der Herr von Getsugakure nach.
"Nein, Tsukikage-sama. Das können wir komplett ausschließen. Marias Fähigkeit beruht auf einem Bluterbe, und soweit wir wissen ist sie die Letzte ihrer Familienlinie, Akira einmal ausgenommen. Und Entschuldigung, aber der Kleine wird in zehn Jahren nicht soweit sein, dieses Jutsu zu erlernen oder gar anzuwenden."
"Nein, Aki-chan fällt da natürlich aus." Er seufzte. "Wir haben keine Wahl, als die beiden vorerst als verschollen zu deklarieren, wie du empfohlen hast. Ich weigere mich, sie schon auf die Verlustliste zu setzen oder ihre Namen auf das Gedenkmonument setzen zu lassen."
"Tsukikage-sama, du kannst ihnen diese Ehre nicht...", wagte es Khal einzuwerfen.
"Nein, natürlich nicht, mein Junge. Aber hiermit ordne ich an, dass wir ein halbes Jahr damit warten, oder bis es eindeutige Beweise für ihr Ableben gibt." Die Augen des Anführers des Ninjadorfs gingen von einem zum anderen, um eventuellen Widerstand gegen seine Entscheidung sehen zu können, aber beide, sowohl der kleine, schmächtige Amir als auch der riesige, plumpe Khal schienen froh darüber zu sein, wie der Tsukikage entschieden hatte.
"Ich gehe dann Hassins Frau und Sohn die schlechte Nachricht überbringen", murmelte Amir. "Entschuldige mich, Tsukikage-sama."
"Und ich werde mich um Akira kümmern", sagte Khal. Er deutete eine Verbeugung an und verließ das Büro.
Als der Tsukikage allein war, spürte er das drängende Gefühl, irgendetwas Schweres zu ergreifen und durch den Raum zu werfen. Selbst nach all den Jahren hatte er immer noch nicht gelernt, auf die Verluste von Untergebenen und Freunden mit Gleichmut zu reagieren. Sein Vorgänger hatte behauptet, darin würde eine Stärke liegen, aber er fühlte sich davon immer nur furchtbar belastet. Vielleicht war er doch der Falsche für den Job.
***
Ich bemerkte relativ schnell, dass Kishio sich absetzte. Warum er das tat, ahnte ich auch sehr bald, und tadelte mich selbst für meine Dummheit. Ich selbst hatte ihm beigebracht, meine Anweisungen wortwörtlich umzusetzen. Also war der arme Junge, der noch immer den Befehl hatte, die Genin zu beschützen, hier mit voll aufgedrehten sensorischen Sinnen aufgetaucht. Ich konnte nicht genau sagen, was für ihn schlimmer war: Die Überflutung mit den Reizen und Eindrücken von ein paar hundert Menschen, oder die daraus resultierenden Kopfschmerzen. Ich musste ja nur selbst meinen kleinen Radius aufspannen, um eine Überforderung zu riskieren.
Allerdings tat dem Jungen eine Pause mal gut, also ließ ich ihn gewähren. Vorerst. Es wurde tatsächlich langsam Zeit, dass der Junge von der Ausführung klarer Anweisungen zur Interpretation von Befehlen wechselte. Und das musste ich ihm wortwörtlich befehlen.

Zwischen den Häusern, die ganze Hauptstraße hinab, hatten die Dorfbewohner Tische aufgestellt und Sitzkissen drapiert, und so eine große, lange Festmeile erschaffen. Genta setzte mich tatsächlich an ein Stirnende, das andere blieb frei. Tsubasa-sama platzierte sich links von mir und schenkte mir süßen Sake ein, Genta saß rechts von mir und dirigierte meine Begleiter an seine Seite. Neben Tsubasa nahm Koji Platz, danach folgten Suzume, Tsubasas kleiner Sohn, Tsukasa und Tsuyoshi und Gentas Leutnants.
Das Essen war prächtig anzusehen. Es gab Fisch, frittiert, roh und eingelegt; es gab Reis, Reisnudeln, süße Kartoffeln und ein paar Knollen als Sättigungsbeilage, die ich noch nicht kannte, Tsubasa-sama nannte sie Mannuuk; es wurden gebratene Enten, Hühner und Schweine serviert, und vorweg eine wohlschmeckende Miso-Suppe. Junge Mädchen und Burschen trugen die Speisen auf, kaum das ich saß, und zufrieden sah ich, dass die Speisen gleichmäßig für alle verteilt wurden. Nun war ich mir endlich sicher, dass es Genta-No-Son wirklich gut ging. Vielleicht waren die Bewohner nicht reich, aber sicher wohlhabend. Also lohnte es sich in diesem Teil des Mizu no Kuni wieder, hart zu arbeiten und an sich zu glauben. Eine entsprechende Frage meinerseits bestätigte Koji mit einem Nicken und dem Hinweis, dass seine Bilanzen durch nachhaltiges Wirtschaften die seines Vorgängers, des verwöhnten Neffen des Groß-Daimyos, bereits im ersten Jahr beachtlich übertroffen hatten. Auch hatte sich die Zerschlagung der Monopolstellung einer gewissen Sake-Brauerei als befruchtend auf die Wirtschaft ausgewirkt, wie er mich wissen ließ.

"Nanu?", fragte Tsubasa plötzlich. "Bei deinen Leuten fehlt aber noch jemand, oder? Uns wurden mehr angekündigt."
"Kishio!", rief Kira und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. "Ich gehe ihn holen!"
"Nein, das brauchst du nicht. Ich mach das schon. Ich bin ja auch viel schneller!", ereiferte sich Mai.
"Nichts da! Ich bin der Schnellste hier. Und ich habe auch keine Hemmungen, ihn notfalls an seinen Haaren herzuschleifen", behauptete Shinji.
"Hinsetzen! Alle drei!", kommandierte ich. Gehorsam ließen sich meine Genin wieder auf die Sitzkissen sinken.
"Wenn du erlaubst, Morikubo-sama, werde ich deinen Genin holen. Ich weiß, wo er jetzt gerade ist", bot Suirin an, die Kunoichi, die mich mit ihrem Team im Mizu no Kuni empfangen hatte.
Ich musterte sie einen Moment lang. "Wollen du und deine Leute nichts essen?"
Sie errötete leicht. "Ich befinde mich im Dienst, Morikubo-sama, genau wie mein Team. Aber danke für das Angebot."
"Koji-tono, müssen wir das heute so streng auslegen?", fragte ich den Daimyo dieses Landstrichs.
Der große Mann seufzte. "Pflicht ist Pflicht, und Schnaps ist Schnaps, das weißt du doch, Mamoru. Sake ist absolut verboten, aber ich denke, es ist nichts dagegen zu sagen, wenn sie mitessen. Oder, Tsubasa-chan?"
"Nur zu. Es ist genügend da. Und wenn sie nicht mit uns am Tisch sitzen wollen, können sie ihre Wache auch mit einem Teller in der Hand halten."
"Aber ich...", begann Suirin.
"Setzen", befahl ich.
Die junge Frau hockte sich schräg links hinter mir auf den Boden. "Jawohl, Morikubo-sama."
Das war wohl das Maximum, was ich erreichen konnte. "Was Kishio angeht, werde ich ihn selbst holen." Ich formte die Zeichen für das Kage Bunshin und beschwor einen Doppelgänger. Der Schattenklon verschwand sofort per Step nach Südwesten, in Richtung des Wäldchen, das bereits einmal für mich wichtig geworden war.
"Und jetzt sag mir, was ich dir auftun kann, Suirin-kun."
"Jawohl, Morikubo-sama."

Es wurde eine fröhliche Runde. Mir war klar, dass mein Klon und Kishio nicht sofort zurückkehren würden, daher beschäftigten mich erst einmal andere Dinge. Oder mit anderen Worten, ich beschäftigte meine Genin, indem ich sie von der Konfrontation mit den zwanzig Nukenin berichten ließ.
Kira erzählte voller Stolz: "Und dann hat sie den bulligen Kerl einfach in ihrem Genjutsu gefangen! Ein Riese von Mann, mit Armen wie Baumstämmen, aber sie fängt ihn ein, nur mit der Kraft ihrer Gedanken. Das war atemberaubend, Kuzomi-chan."
"Ach das", wehrte das Spinnenmädchen ab. "Der Kerl war eh nicht der Hellste. Ein Wunder, das er sich überhaupt in der Realität zurecht gefunden hat. Ich hätte ihn ewig da drin halten können, wenn er nicht so erschreckend blöde gewesen wäre, sodass ihn ein Stoß gegen sein rechtes Bein wieder geweckt hatte. Ohne meine Affen-sempais hätte ich wahrscheinlich ganz schön Federn lassen müssen."
"Ja, da war noch was. Tut mir leid, Kuzomi-chan, aber ich hatte da alle Hände voll zu tun, die Tussi abzuwehren, die dich im Rücken attackieren wollte."
"Was du ganz hervorragend gemacht hast, Kira-sama! Sie war größer, sie war schwerer, sie war schneller, und sie hatte das längere Schwert. Aber du hast sie gestoppt! Das war ein Anblick..."
Beinahe hätte ich gelacht, als ich ihren schmachtenden Blick sah. Bisher hatte ich es für ihre Art gehalten, für ein antrainiertes Verhalten oder für eine Finte, eine Art äußeres Genjutsu. Aber je länger ich Kuzomi-chan kannte, umso mehr stellte sich die Gewissheit ein, dass... Ja, dass sie tatsächlich in Kira verliebt war.
Nun, andere waren nicht so gutmütig wie ich, und das Spinnenmädchen erntete einiges an wohlmeinendem Gelächter.
"Apropos Anblick!", rief Kira hastig und wandte sich von seiner Kontraktpartnerin ab, die Wangen stark gerötet. "Du hast ja einen tollen Anblick geboten, als du so geflogen bist, Windnutzer. Plus und Plus ergibt Plus, das solltest du doch wissen."
"Ach, hör auf", murrte Shinji. "Da kann ich mich endlich mal mit einem Windnutzer messen, der auch noch stärker ist als ich, und ich muss mit Geschick ausgleichen, was mir an Chakra fehlt, tja, und dann kollidieren unsere Fuuton derart miteinander, das ich mich in einem Baum wiederfinde."
"Sei froh. Dein Gegner hatte nicht so viel Platz, um zu manövrieren. Er ist mitten in ein Dai Endan von Mamo-chan, ich meine, Mamoru-sensei reingestolpert", sagte Kira grinsend. "Tja, Pech nenne ich das. Aber das hätten sie sich eigentlich von vorne herein denken können, wenn sie sich mit Konoha-Shinobi anlegen. Wir schlagen zurück."
"Nun hebe aber nicht gleich ab", tadelte Mai und knuffte ihn schmerzhaft in die Seite. "Wir hatten Senseis Affenkrieger auf unserer Seite, und es war trotzdem noch genug für uns Genin zu tun."
"Ja, vor allem du hattest gut zu tun. Erst hast du deinen Gegner auf einen Haufen Makibishi gelockt - und es geht sich wirklich schlecht, wenn man sich zwei Dutzend Spikes eingetreten hat - und dann hast du ihn mit deinem versteckten zweiten Fuusha Shuriken erledigt."
"Und es wären noch ein zweiter und ein dritter dazu gekommen, wenn unsere Affen-senseis nicht so schlagkräftig gewesen wären", erklärte Mai gönnerhaft. "Und vergessen wir nicht Mamo-chan... Ich meine Mamoru-sensei und seine Kage Bunshin, die ordentlich aufgeräumt haben..." Für einen Moment betrachtete sie ihre Finger, die leicht zitterten. "Dass unser zweiter echter Kampf gleich eine kleine Schlacht werden würde... Wie war das bei dir, Sensei?"
Ich lächelte still. "Mein erster Kampf war eine solche Schlacht." Ich sah kurz zur Seite, musterte Suirin. "Wir waren drei Genin und Hayate-sensei. Es war eine Transportmission. Wir wurden von acht Kiri-Nin attackiert, die in der Ware, die wir transportierten, wohl einen größeren Wert sahen als wir selbst. Mein Gegner war drei Köpfe größer als ich und gewiss viermal so schwer. Und er war ein Suiton-Nutzer, gegen das ich mein Feuer stellen musste. Besiegt und getötet habe ich ihn dann allerdings durch Taijutsu und mein Kunai."
Stille breitete sich am Tisch aus. Kirigakure war das versteckte Ninjadorf des Reichs des Wassers. Ihre Ninjas, von denen Suirin eine war, hatten das Land und seine Bewohner zu schützen. Als ich begonnen hatte zu erzählen, das ich einen ihrer Ninjas getötet hatte, war ich ein Risiko eingegangen. Aber es gab keinerlei Gewähr dafür, dass sie es nicht ohnehin wussten. Jemand, der mich hier und heute nicht als Helden verehrte, hätte schon einen nichtigeren Anlass nehmen können, um mich zu attackieren. Vielleicht war ich es als Feuernutzer auch einfach nur gewohnt, lieber einmal zuviel als einmal zu wenig mit dem Feuer zu spielen.
"Ich kenne die Geschichte. Acht Genin, ein Jounin. Ich weiß nicht, worum es in ihrem Auftrag ging, aber sie kamen nicht zurück", sagte Suirin leise. "Es war ein Auftrag, und sie haben ihn nicht erfüllen können. So etwas passiert, und es gibt nichts gegen die Sieger zu sagen. So sehe ich das." Sie sah auf und lächelte wehmütig. "Morikubo-sama, du brauchst dir da keine Gedanken zu machen. Das Leben als Ninja ist oft blutig und erfordert Grausamkeit. Und letztendlich hast du Kirigakure und dem Mizu no Kuni sehr viel mehr genutzt als geschadet. Man sieht es allein an diesem Dorf."
Zustimmendes Gemurmel klang auf, und die eisige Klippe war umschifft.
"Aber?", fragte ich sie.
"Aber, was?" Sie strich sich nervös durch die kurzen blonden Haare.
"Nichts. Es klang nur so, als wäre das Thema damit noch nicht beendet. Vor allem als du das Wort Grausamkeit genannt hast, klang es so, als würdest du es ausspucken."
"Es... Es ist nichts, Morikubo-sama. Nichts, was dich interessieren würde."
"Vielleicht interessiert es mich ja doch, Suirin-kun", sagte ich mit der Bestimmtheit eines Mannes, der dieses und ähnliches schon oft getan hatte, um bei seinen zugeteilten Genin den einen oder anderen Beweggrund für seine oder ihre Störrigkeit herauszufinden, um mit ihm oder ihr arbeiten zu können. Und dieser Frau lag definitiv etwas auf dem Herzen.
"Es ist... Nun, es gibt ein Beispiel, das ich nicht verzeihen kann. Etwas, was Ninjas nicht tun sollten. Dagegen ist dein Sieg über unsere Genin schon fast eine Ruhmestat."
"Ich höre", sagte ich interessiert.
"Suiren, meine große Schwester, wurde in einem Einsatz getötet. Sie sollte eine bestimmte Schriftrolle aus Kumogakure erhalten und ins Dorf zurückbringen. Dabei wurde ihr Team von Iwa-Ninjas überfallen und ermordet. Auch sie wurde getötet. Dabei hatte sie, gerade sie auf das Bündnis mit Iwagakure vertraut." Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und ihre Haut knirschte, als würde sie Leder gegeneinander reiben. "Sie hat oft davon gesprochen, dass die großen Ninja-Städte in Frieden miteinander leben sollten, und sie hatte gedacht, dass Kiri mit Iwa einen Anfang getan hätten. Es war ein unnötiger Verlust, den meine Familie hat erleiden müssen. Aber dieser Verrat hat gezeigt, dass manche von uns gar keinen Frieden wollen."
"Vielleicht war das so. Vielleicht ist das so. Vielleicht wird es aber so nicht bleiben", sagte ich leise. Ich erinnerte mich daran, dass ich im Reich der Steine, als ich Orochimarus hiesiges Labor zerstört hatte, auch Iwa-Nin befreit hatte. Iwagakure stand mir gegenüber in einer Bringschuld, das war beruhigend zu wissen. Ansonsten hatte ich nicht besonders viele Berührungspunkte mit dem großen Ninja-Ort gemein. Ich konnte also nicht so recht einschätzen, was die Iwa-Nin getrieben hatte, um ihr Bündnis mit Kirigakure wegen dem Besitz einer Schriftrolle derart zu zerstören und das gegenseitige Vertrauen auf Jahrzehnte zu vergiften. War es vielleicht der Beweggrund der Iwagakure-Führung gewesen, genau das zu erreichen? Nun, vielleicht würde ich das nie erfahren.
"Wie, vielleicht?", fragte Suirin verwirrt.
"Ich meine damit, vielleicht hat deine Schwester ja Recht, Suirin-kun, und das, was sich Suiren-san gewünscht hat, geht doch noch in Erfüllung. Orte verändern sich. Menschen verändern sich. Kirigakure hat sich verändert, oder?"
"Ja, mit Terumi-sama an der Spitze", sagte sie.
"Auch Konoha kann sich jederzeit verändern, zum Guten wie zum Schlechten. Das weiß ich selbst als Erster. Wobei ich durchaus daran arbeite, dass sich Konoha stets zum Guten hin entwickelt. Und genauso verhält es sich mit Iwagakure und den anderen großen Dörfern der fünf großen Reiche."
"Iwa-Ninjas und Kiri-Shinobi sollen sich eines Tages vertragen oder gar Seite an Seite kämpfen? Das klingt nach einem fernen Traum", sagte sie skeptisch.
"Vielleicht auch nicht. Eventuell muss die Bedrohung nur groß genug sein, um das zu erreichen", scherzte ich. Ernster fügte ich hinzu: "Iwagakure ist ebenfalls wie Kumo, Suna, Kiri und Konoha eine der fünf großen Ninja-Städte. Kriege zwischen uns führen wegen unserer großen Zahl an Shinobi und ihrer Talente stets zu einem Desaster sondergleichen, dass alle kriegsführenden Städte hart trifft. Wir sind zu groß, um gegeneinander zu kämpfen. Deshalb habe ich durchaus Hoffnung, dass wir in einer hoffentlich nicht allzu fernen Zukunft miteinander kämpfen werden, nicht mehr gegeneinander. Immerhin komme ich heutzutage auch sehr gut mit Kiri-Nin aus, obwohl der erste, der mir begegnet ist, mir ans Leben wollte. Obwohl ich auf Messers Schneide mit Terumi-sama gekämpft habe."
"Ich... Verstehe", sagte sie nachdenklich. Nun, zumindest die Sekunden, bis die relevante Information ihr Gehirn erreicht hatte. Ihr Kopf ruckte hoch und zu mir herum. "Moment mal, hast du gerade gesagt, dass du mit dem Mizukage gekämpft hast, Morikubo-sama?"
"Na, damals war sie noch nicht Mizukage. Das wurde sie erst später. Aber damals war sie noch ein schrecklicher Befehlsempfänger und besessen davon, ihre Befehle wortgemäß zu erfüllen. Das hat sie jetzt zum Glück hinter sich gelassen."
"Wann hast du mit Terumi-sama gekämpft, Morikubo-sama?", fragte sie entgeistert.
"Als ich von den Bewohnern von Genta-No-Son angeheuert wurde, um ihre Kinder zu retten. Ich musste dafür mit meinen acht Begleitern und meinen Affenkriegern die Burg des hiesigen niederen Daimyo erstürmen", erzählte ich. "Dabei geriet ich mit Terumi-sama aneinander, die strikt ihren Befehlen folgte, und den unfähigen, korrupten Neffen des Groß-Daimyos beschützte. Leider. Aber wie ich schon sagte, heute ist sie wesentlich schlauer."
"Du warst das?", fragte Suirin. In ihren Augen spiegelten sich Entsetzen, Bewunderung und eine Spur Angst wieder.
Sie rückte hastig ein Stück von mir ab und verneigte sich bis auf den Boden. "Entschuldige bitte, wenn ich dir gegenüber in irgendeiner Form unhöflich gewesen sein sollte, Morikubo-sensei. Aber niemand hat mir gesagt, dass ich... Dass ich..."
Nun war es an mir, irritiert zu sein. "Was genau weiß man über mich in Kirigakure, Suirin-kun? Oder vielmehr, was erzählt Mei-chan so über mich?"
Die junge Frau richtete sich wieder auf und nahm ihren alten Sitzplatz wieder ein. "Dass sie nicht verstehen kann, warum Konoha einen Ninja mit deinen Fähigkeiten nicht schon lange zum Jounin ernannt hat. Mir war nur nicht klar, dass du mit dem Ninja identisch bist, der sie zur Revolution in Kirigakure animiert hat. Dann hätte ich dich..."
"Mit noch mehr Gefolge empfangen? Ich habe an deinem Verhalten und an deiner Höflichkeit nichts auszusetzen, Suirin-kun. Im Gegenteil. Du hast Kiri Ehre gemacht."
"Danke, Morikubo-sensei. Vielleicht stimmt es ja doch, und wir werden eines Tages tatsächlich keine Kriege mehr gegeineinander führen. Oder sogar auf Dauer Freunde werden. Vielleicht für eine Generation oder sogar zwei."
"Das ist die richtige Einstellung", sagte ich lachend. "Wir sollten weiteressen, bevor die warmen Speisen kalt sind. Und Ihr, meine Genin, solltet besonders gut essen, denn wenn Ihr damit fertig seid, werdet Ihr euer Spiel beenden, das noch unentschieden steht."
Mai, Kira, Shinji und Kuzomi sahen mich mit purer Freude in den Augen an. "Jawohl, Sensei!" Die Gelegenheit, das Spiel zu beenden und zu beweisen, welches Team das bessere war, ließen sie sich nicht entgehen. Sie widmeten sich dem Essen mit noch größerem Enthusiasmus.

Tsubasa schenkte mir nach. "Es ist ein wenig schade, dass Hinako und Karin diesmal nicht kommen konnten. Geschweige denn Kaminari und Naruto-kun mit seinen Freunden."
"Es hat sich einfach nicht so ergeben. Aber was heißt denn diesmal, Tsubasa-sama?"
Die Frau des Dorfvorstehers griente mich an. "Na, im Gegensatz zu einer treulosen Tomate, die sich zwei Jahre nicht blicken lässt und mir nicht mal zur Geburt meines Sohnes gratuliert hat, waren die beiden schon ein paarmal wieder hier."
Ich schluckte hart. Wo sie Recht hatte, hatte sie Recht.
Ich verbeugte mich leicht vor ihr. "Ich entschuldige mich für mein Versäumis, Tsubasa-sama. Es war einfach sehr viel zu tun. Aber ich habe euch trotzdem schrecklich vermisst."
"Nun, wenigstens hast du eine fadenscheinige Ausrede", konterte sie. Ihr Grienen wurde ein Lächeln. "Und immerhin bist du endlich wieder hier. Daher kann ich dir verzeihen, wenn du..."
"Ja?"
"Wenn du endlich aufhörst, mich mit Sama anzureden, Mamoru Morikubo. Immerhin bist du der Mann, der meinen Mann auf den rechten Pfad zurückgebracht und diesen Ort damit überhaupt erst möglich gemacht hast."
Genta lachte dazu dröhnend. "Jahahaha. Goldene Erinnerungen. Was für eine schicksalhafte Begegnung das doch war!"
"Tsubasa... Chan?", bot ich an.
"Schon besser", lobte sie zufrieden.
"Was hat Sensei gemacht?", rief Shinji aufgeregt. "Genta-sama, erzähl doch mal!"
"Also, wenn euch die alte Kamelle interessiert... Sie ist aber nicht so schön. Und ich war damals auch noch nicht so schön wie jetzt. Und das verdanke ich alles eurem Sensei und meiner Tsubasa. Und meinen beiden Leutnants." Er fuhr Suzume mit der Linken durch die Haare, bis diese protestierte. "Und natürlich Suzume-chan, nicht? Also, wo fange ich am besten an?"
Während Genta die alten Geschichten aufzuwärmen begann, spürte ich, wie sich mein Schattenklon auflöste. Sein Wissen und vor allem das Gespräch mit Kishio fluteten auf mich ein. Ich musste lächeln. Da hatte ich ja mal sehr gut verhandelt. Und der Junge würde endlich zu uns kommen und am Essen teilnehmen. Das beruhigte mich sehr.
***
"Wenn du lieber allein sein möchtest, kann ich das verstehen", klang hinter Kishio eine Stimme auf. Erschrocken fuhr der Junge auf und spannte sein Kanshi wieder aus. "Sensei!", rief er entrüstet. Etwas kleinlaut fügte er hinzu: "Ich habe dich gar nicht kommen gespürt, weil ich meine Fähigkeiten einen Moment zurückgenommen hatte."
"Ist in Ordnung, Kishio", sagte Mamoru und hockte sich neben dem Jungen nieder.
Kishio war rund zwei Jahre jünger als er. Das war nicht viel, und doch wieder unendlich viel. In der Welt der Shinobi zumindest. "Zudem bin ich ja auch nur der Kage Bunshin."
"Ja, ich weiß", sagte Kishio. "Das habe ich sofort erkannt, als ich meine sensorischen Fähigkeiten aktiviert habe. Wenn es darum geht, dass ich nicht beim Essen bin, dann..."
"Ja, darum geht es. Aber ich denke, wir sollten vorher miteinander reden. Du hast die Bewachung der Genin bis hierhin fortgesetzt?"
"Ja, Sensei. Ganz wie du es befohlen hast. Als wir aber in die Stadt kamen, wurden es einfach zu viele Eindrücke, und ich musste zumindest aus der Menge raus", gestand Kishio.
"Ich verstehe." Nachdenklich rieb sich der Klon das Kinn. "Ich denke, wir müssen wirklich dringend miteinander reden, mein Junge. Gott, wie großkotzig klingt das. Ich bin vielleicht zwei Jahre älter als du, und ich benehme mich dir gegenüber wie... Wie..."
"Wie ein Veteran, der in einem Ort, den er gerettet hat, einen Heldenempfang bekommt?", half Kishio aus.
Mamoru lachte abgehackt. "Erwischt." Er betrachtete den Jungen einen Moment nachdenklich. "Kishio. Wie lange willst du bei mir bleiben?"
"Sensei?"
"Klare Frage, klare Antwort."
"Solange wie es notwendig ist. Mindestens aber solange, bis ich auch dein Leben retten konnte. Außerdem ist es hilfreich, denke ich, wenn wir unsere Kräfte bündeln, denn immerhin scheinen wir beide auf der Abschussliste von Orochimaru zu stehen, diesem Bastard."
Mamoru nickte verstehend. "Gut. Dann nehme ich an, dass du zumindest eine längere Zeit bei mir bleiben wirst, genau wie meine Genin. Wo möchtest du in Konoha wohnen?"
"Was, bitte?"
"Wo möchtest du wohnen? Das Haus, das ich mit meinen Eltern bewohne, ist jetzt nicht so groß, aber meine große Schwester zieht mit ihrem Verlobten zusammen, und sie hat sicher nichts dagegen, dass du ihr Zimmer bekommst. Dann gibt es noch Vaters alten Arbeitsraum, und... Tja. Aber wenn es dir lieber ist, kann ich dir auch ein Appartement in der Nähe besorgen. Je nachdem, wieviel Nähe du verträgst. Außerdem werde ich mich um deinen offiziellen Status kümmern, damit du bezahlt wirst, wenn du mich auf meinen Missionen begleitest. Ich werde dich als Genin anerkennen lassen. Dann bist du ein richtiger Konoha-Shinobi. Dein Vorteil: Du legst dann deine Kräfte nicht nur mit mir zusammen, sondern mit zehntausend weiteren Shinobi. Das dürfte in Zukunft hilfreich sein. Aber auch das gilt nur so lange, wie du es auch willst. Du kannst mich und Konoha jederzeit verlassen."
"Äh, Sensei, nur um auf Nummer sicher zu gehen, wie meinst du dieses "dich verlassen"? Ich meine, ich habe viel über die besonderen Freundschaften zwischen männlichen Shinobi und Soldaten gehört, aber ich denke, ich..."
Verblüfft sah Mamoru den Jüngeren an, bevor er schallend zu lachen begann. "Oh, keine Sorge. Ich wünsche mir dein Vertrauen und deine Freundschaft, aber bestimmt nicht deinen Körper. An dem ist nichts auszusetzen, aber wie du an Perine siehst, stehe ich doch mehr auf Frauen. Solltest du jedoch in diese Richtung tendieren, sei versichert, dass ich diese Einstellung toleriere."
"N-nein, ich denke, ich... Mich zieht es wohl auch eher zu Frauen hin, Sensei", sagte er.
Der Klon begann zu grinsen. "Was die Frauen angeht, kannst du dir vorstellen, dass ich von Perines Kaliber noch vier in petto habe?"
Kishios Gesicht überzog sich mit gesunder Röte. "Bei dir ist alles möglich, Sensei."
Mamoru lachte erneut. "Also, was wird es sein? Das Zimmer, oder lieber die Wohnung?"
"Was das angeht, so würde ich dir gerne das Kopfgeld geben, das ich verdient habe. Jetzt, wo du für mich sorgst und für mich bezahlst, brauche ich das Geld nicht."
"Na, das wirst du mal schön behalten, Kleiner", sagte Mamoru grinsend. "Auch wenn ich nicht danach aussehe, aber Geld habe ich genug. Meine Missionen waren stets ein wenig schwieriger als die der anderen, und ich wurde fürstlich dafür bezahlt. Das musste auch so sein, denn wenn die Affen erstmal ihre Party kriegen, dann wird mein Konto erheblich zusammengeschrumpft sein.
Wie gesagt, du wirst ein Shinobi Konohas, wenn du da keine Vorurteile hast. Und dann wirst du bezahlt werden. Von Konoha. Aber um auf Nummer sicher zu gehen habe ich gegenüber Tsunade-sama klargemacht, dass du als mein Vasall anzusehen bist. Alles, was dich betrifft, geht ausschließlich über mich. Nur für den Fall, dass Danzou, der alte Sack, an dir Interesse entwickelt. Oder die Oma und der Opa im Rat. Oder die ANBU, um ihre Reihen aufzufüllen. Ja, ein sensorischer Ninja deiner Stärke wäre für die ANBU ein gefundenes Fressen."
Er dachte kurz nach. "Das kannst du natürlich machen. ANBU werden, und so. Aber nur, wenn du das auch willst. Ich passe auf, dass dich niemand dazu zwingt, Kishio."
"Gut. Dann nehme ich das Zimmer, wenn es dir Recht ist. Ich bin viele Menschen einfach nicht mehr gewohnt, und wenn Konoha tatsächlich zehntausend Shinobi hat, und wenn ich da noch die Zivilisten hinzurechne, dann möchte ich ungern alleine leben. In dem Gewühl kann ich ja gar nicht auf dich aufpassen, Sensei."
Mamoru gluckste leise. "Oh, kein Spott, Morikubo. Du wirst wahrscheinlich noch früh genug Kishios Hilfe brauchen", tadelte er sich selbst. "Abgemacht. Ich muss das natürlich erst mit meinen Eltern abmachen, aber ich glaube nicht, dass sie uns da Steine in den Weg legen. Und mit deinen Kochkünsten wirst du bei Mutter und Yuriko bestimmt schnell Anschluss finden."
"Kochen sie auch so gerne?", fragte Kishio erfreut.
"Mutter hat sogar ein eigenes Restaurant, das ziemlich gut besucht ist. Du wirst deinen Spaß haben, wenn wir gerade nicht auf Mission sind", versprach Mamoru. "Kommen wir zum nächsten Punkt. Natürlich ist es wichtig für einen Ninja, einen direkten Befehl möglichst wortwörtlich auszuführen. Aber bei meinen Untergebenen wünsche ich mir, dass... Nun, dass sie wissen, wann sie einen Befehl wörtlich nehmen müssen, und wann sie interpretieren können. Zum Beispiel meine letzte Anweisung. Sie ist für dich obsolet geworden, denn meine beschworenen Affen bewachen alle vier Himmelsrichtungen. P-chan den Norden mit dem Meer, Ryoga den Osten mit der Straße nach Kumogakure, Akane den Westen mit dem Weg, den wir gekommen sind und Ranma-sensei den Süden mit dem Wald - Hi, Ranma-sensei!"
"Hallo, Mamo-chan. Ich hoffe, das Essen schmeckt."
"Keine Sorge, wir bringen euch bald was raus. Ich wollte ja nicht, dass Ihr Wache stehen müsst."
"Du bist wie immer etwas zu weich und etwas zu gutmütig, Mamo-chan", tadelte der Affenkrieger, bevor er vor den Augen der beiden spurlos verschwand.
"Ah, ja. Soviel zum Thema. Jedenfalls hast du gesehen, dass die Affenkrieger den Schutz übernommen haben. Du hättest deine sensorische Arbeit einstellen können. Wenn du dein Kanshi deaktivierst, wirst du auch nicht mit sensorischen Einflüssen überschüttet."
"Das ist es nicht. Nicht nur", gestand Kishio. "Ich habe es dir schon gesagt, dass ich große Menschenmengen nicht gewohnt bin. Ich... Ich habe es mit der Angst zu tun bekommen, glaube ich. Und ich habe eigentlich keine Angst. Nicht in dem Sinne."
"Verstehe. Es juckt mir in den Fingern, einmal die Welt so zu sehen, wie du sie siehst."
"Wie ich schon sagte, Sensei, ich kann dir helfen, wenn wir uns einen Ort suchen, der nicht so überlaufen ist. Ich weiß nicht, wie du darauf reagieren wirst, wenn du plötzlich zweitausend Menschen in allen Facetten spüren kannst."
Mamorus Miene verdüsterte sich. "Oh, ein Informationsflash, hm? Darauf kann ich getrost verzichten. Also gut, bevor wir nach Kumogakure weiterziehen, gebe ich der Sache einen Versuch."
"Du wirst es nicht bereuen. Und vielleicht erweitern wir damit auch den Radius deiner sensorischen Fähigkeiten, Sensei."
"Ja, das wäre ein wünschenswerter Nebeneffekt", erwiderte der Schattenklon. "Aber um nochmal aufs Thema zurückzukommen: Du bist ein aufgeweckter Junge. Aber du bist unbedingt gehorsam. Das wird dich als Konoha-Nin in Schwierigkeiten bringen. Ich will, dass du auch ab und an ausbrichst und dein eigenes Ding machst. Nein, das muss ich genauer erklären. Weißt du, der Niidaime Hokage hat mal eine Schlacht gegen Iwagakure geführt. Alles war geplant, jede Eventualität besprochen worden, und die Stärke des Feindes war bekannt. Dann kam es zur Schlacht, und alles spielte sich ab wie es sollte. Konoha war am Gewinnen. Mitten im Gefecht entdeckte aber einer seiner Jounin einen Weg, die Schlacht zu einem sofortigen Sieg zu führen. Ohne sich um den weiteren Plan zu kümmern, führte er diese Idee aus, besiegte den Feind, beendete die Schlacht und rettete damit Dutzenden Konoha-Shinobi das Leben, die wohl noch gestorben wären, wäre die Schlacht wie geplant weitergegangen.
Um das auf uns umzumünzen: Klar ist Gehorsam wichtig, und ich denke mir was bei meinen Befehlen, aber wenn du dort, wo du bist, eine bessere Übersicht hast und eine Gelegenheit siehst, dann ergreife sie auch."
"Das kann mich direkt in eine Falle führen", murrte Kishio.
"Sicher kann es das. Aber du hast doch selbstständiges Denken gelernt, sonst hättest du nicht jahrelang allein gelebt. Klar kannst du scheitern. Deshalb denke genau darüber nach, was du tun willst, und überschaue die Situation so gut es geht, bevor du handelst. Das ist nicht mehr und nicht weniger, als ich von meinen Untergebenen verlange. Und glaube mir, ich habe schon Dutzende ausgebildet. Risiko und Schwund sind immer."
"Ha, ha. Sehr witzig." Es klang spöttisch, aber Kishios Augen leuchteten dabei.
"Um es zusammenzufassen, will ich dich als meinen Genin und persönlichen Gefolgsmann in meine bestehende Genin-Gruppe integrieren. Du kannst so lange an meiner Seite bleiben, wie du willst oder für notwendig erachtest. Ich sehe dich als meinen ausführenden, aber selbstständig denkenden Arm, der mich beschützt und der meinen Schutz genießen wird. Egal gegen wen. Bleib mir treu, und ich bleibe dir treu. Und solltest du eines Tages die Schnauze voll haben, werde ich dich nicht aufhalten. Aber du kannst jederzeit zurückkehren, denn jeder Mensch braucht ein Zuhause.
Wenn wir nun nach Kumo weiterziehen, dann bist du nicht mehr, aber auch nicht weniger als die anderen drei. Ich werde dich ebenso wie sie ausbilden, so gut ich kann, beschützen, so gut ich kann, aber auch verlangen, dass du wie sie eigenständige Leistung erbringst. Solltest du irgendwann mal ANBU werden wollen, den Chunin-Rang oder gar den Jounin anstreben, werde ich dich unterstützen und nicht drauf beharren, dass du mein Gefolgsmann bleiben musst. Warum, fragst du dich, bin ich so großzügig? Weil du es gebrauchen kannst, Kishio. Einfach, weil du es gebrauchen kannst. Und ich habe schon viele negative Punkte auf meinem Lebenskonto, ich kann ein paar gute Taten fürs Ego dringend gebrauchen."
"Negative Punkte? Wie jetzt?"
Der Klon grinste. "Es führt zu weit, das alles zu erklären. Kommen wir zum letzten und wichtigsten Punkt: Du bist bei mir, nicht nur weil du bleiben wolltest, sondern auch, weil ich dich mag, Kishio. Abseits unserer Beziehung als Herr und Vasall hoffe ich, dass wir Freunde werden. Gute Freunde werden. Und ich will, dass du und die Genin Freunde werden, so die Chemie zwischen euch stimmt. Denn nichts kann ein Shinobi in dieser Welt mehr gebrauchen, als gute Ninja-Freunde, die für einen durch die Hölle gehen."
"Ich kann nichts versprechen, aber ich versuche es", versprach Kishio, plötzlich schüchtern klingend. "Meinst du, wir werden gute Freunde, Sensei?"
Mamoru lachte laut. "Wenn es so weiter geht wie bisher, machst du meinen beiden besten Freunden Kou und Ryu noch den Rang streitig, Kishio. Oder ich nenne dich eines Tages meinen kleinen Bruder. Also, mach einfach so weiter, und wir werden noch die dicksten Freunde."
Er klopfte dem Jüngeren auf die Schulter. "Bis dahin sind wir Partner. Und ich vertraue darauf, dass du mir dabei hilfst, auf die Kids aufzupassen und sie zu beschützen. Und zu trainieren. So wie ich dich trainieren werde. Zumindest im Katon, denn dein Taijutsu ist bereits ziemlich gut. Deine Familie?"
"Äh..."
"Du musst da nicht drüber reden. Aber du darfst drüber reden, wann immer du möchtest. Ich will dir das nicht befehlen und muss es wohl auch nicht. Tsunade-sama hat mich bereits mit allem versorgt, was in Konoha über die Familie Moeru zu finden war, und ich konnte mir einen eigenen Reim machen. Falls du drüber reden willst, ist es gut, falls nicht, ist es auch gut." Der Klon erhob sich wieder, aber Kishio ergriff seine Hand und zog ihn wieder in die Hocke. "Ich weiß nicht, was in der Nachricht von Tsunade-sama stand, aber ich will dir nicht nur vertrauen, Sensei, ich will auch das du mir vertraust. Deshalb will ich dir erzählen, was... Was ich dir erzählen kann."
"Gut. Und anschließend gehst du zum Essen rüber, okay? Ich löse das Jutsu dann auf und übertrage mein Wissen an Mamoru selbst."
"Einverstanden." Kishio atmete tief ein und sehr langsam wieder aus. "Geboren wurde ich als erster Sohn von..."
***
"Mamoru-sensei, ist es wirklich klug, dass...?", begann Kuzoko leise.
Grinsend betrachtete ich den Hügel, den ich als Austragungsort für den entscheidenden Punkt im Erobere die Fahne-Match zwischen Team Kira/Kuzomi und Team Mai/Shinji ausgesucht hatte. Keine Deckung, keine Bäume, nur die leicht gewölbte Erde des Hügels, mit Gras bewachsen, die ungefähr ein Viertel der Lichtung ausmachte, die wir im Wald genutzt hatten. "Keine Sorge, keine Sorge, es wird schon alles gut gehen. Außerdem habe ich wieder vier Schattenklone eingesetzt, die darauf aufpassen werden, dass sie sich nicht doch verletzen."
"Das meine ich nicht. Aber ist es klug, sie mit ihren Verletzungen kämpfen zu lassen?"
"Wir werden sehen, ob es klug ist. Aber spektakulär wird es in jedem Fall." Ungefähr fünfzig Laternen erhellten den Hügel. Auf meine Anweisung hin waren sie rundherum als Begrenzung aufgestellt worden. Die Flaggenplätze waren eingerichtet, die Kontrahenten brannten auf die Herausforderung, und die Bewohner von Genta-No-Son warteten auf irgendetwas spektakuläres. Nun, daran würde es keinen Mangel geben.
Ich gab erneut den Schiedsrichter. "Beginnt!"

Wie ich erwartet hatte, hielt es keinen der vier bei den Fahnen, die es zu verteidigen galt. Sie versuchten, die Mitte zu gewinnen und dort zu dominieren. Wer die Mitte gewann, der eroberte auch die Fahne. Der Plan beider Seiten war klar: Ihre Gegner durch "Tod" auszuschalten.
Mai und Shinji entschieden sich für die radikale Variante. Wie in der vierten Runde beim letzten Spiel erschufen sie Schattenklone in großer Zahl. Ich zählte achtzehn Mais und einundzwanzig Shinjis. Die Originale mixten sich dabei unter die Doppelgänger, um Kira das Leben schwer zu machen.
Auf der Gegenseite erschuf auch Kira Schattenklone, und Kuzomi würde zweifellos wieder ihre Seide benutzen - dachte ich bis zu dem Moment, in dem ein gutes Dutzend Schattenklone mitten im Laufen zusammenbrach. Natürlich, so konnte man die Herde auch ausdünnen.
Kira kümmerte sich um die andere Flanke und benutzte erneut sein Raiton, um den Boden unter Strom zu setzen. Damit erwischte er tatsächlich einige Klone, aber wie beim letzten Kampf warfen einige Shinjis einige Mais in die Luft, um dem Raiton zu entgehen. Prompt warfen die Mais Kunais mit Spreng-Tags, die zwischen den Schattenklonen niedergingen und sofort detonierten. Dabei tauchten sie in die Staubwolken der Explosionen ein, und einige der Laternen wurden umgeworfen und fingen Feuer. Aus der Staubwolke brandete erneut Raiton auf, und man hörte das charakteristische Geräusch, das entstand, wenn ein Schattenklon wieder verschwand.
Derweil hatte es ein Shinji - das Original, wie mir meine Fähigkeiten verrieten - es mit Step geschafft, an der Flanke entlang bis ins Drittel der Gegner zu kommen; ein weiterer Step brachte ihn direkt an die Flagge. Dort schoss Kuzomi aus dem Gras und warf ihre Stahlseide auf Shinji. Ein kurzer Check meinerseits offenbarte, dass sie ein Klon war. Teufel auch, wann hatte sie das gelernt, und vor allem so schnell?
Shinji schien zur gleichen Ansicht gekommen sein wie ich. Er benutzte ihren Kopf als Halt für sein Taijutsu, übersprang sie und stieß ihr sein Kunai in den Rücken. Sie verpuffte in einer Rauchwolke. Triumphierend schnappte sich Shinji die gegnerische Flagge und benutzte erneut Step. Er wurde aber aufgehalten, als eine Kugel aus Blitzenergie direkt vor ihm vorbei raste. Dem folgte Kira auf dem Fuß, und die beiden Genin tauschten einen heftigen Schlagabtausch aus. Sie ließen voneinander ab, suchten Distanz zu gewinnen und zogen ihre Waffen. Kira sein Wakizashi, das schon bald von seinen Blitzen überzogen wurde und damit tödlicher als ohnehin schon war, und Shinji sein Kunai. Ich musste mich nicht besonders anstrengen, um zu sehen, dass meine letzte Lektion, die ich ihm und Mai erteilt hatte, Früchte trug. Am Ende des Kunais prangte eine Windklinge. Keine besonders lange, gute und scharfe, instabil war sie auch noch. Aber sein Kunai war damit eine tödliche Überraschung für jeden Gegner. Mit wütenden Schreien stürzten sie aufeinander zu, ließen ihre Klingen in wilder Tötungsabsicht aufeinander niedersausen - ehrlich, man konnte einen Wettkampf auch zu ernst nehmen - und schlugen zu.

Stille folgte, atemlose Stille, die die Zuschauer erfasst zu haben schien. Auf der Wiese stand einer meiner Schattenklone und hatte sowohl Kiras Klinge mit dem rechten Unterarm als auch Shinjis Windwaffe mit dem linken Unterarm aufgefangen. Wäre ich das gewesen, hätte ich mich schwer verletzt. So aber verging der Klon nur in einer Rauchwolke. Nicht das erste Mal, dass ich diese Technik zu schätzen lernte. Mit einem Step war ich selbst zwischen den beiden Jungen. "Ihr übertreibt", sagte ich vorwurfsvoll.
Kira grinste, und Shinji griente von einem Ohr bis zum anderen. "Ach, Sensei, wir wussten doch, dass du auf uns aufpasst. Da sind wir halt in die Vollen gegangen."
Ich schüttelte den Kopf. "Trotzdem. Ihr seid beide ausgeschieden. Beide Treffer wären tödlich gewesen." Ich streckte eine Hand nach Shinji aus, eine nach Kira. "Tot", sagte ich, dann schnippte ich beiden vor die Stirn. Die Wirkung war so beachtlich, dass ich zusammenzuckte. Shinji wurde von den Füßen gerissen, überschlug sich mehrfach, landete hart und rollte noch etliche Meter, bevor er ächzend zur Ruhe kam. Kira flog einfach nur ein Dutzend Meter, schlug hart auf, kam wieder hoch und brach erneut zusammen.
"Sensei! Das hat weh getan!", rief Shinji.
"Kein Grund so brutal zu werden", murrte Kira. "Wir hatten doch nicht wirklich vor, uns gegenseitig umzubringen."
Irritiert sah ich von einem zum anderen. War ich das gewesen? Es schien, dass ich meine Kraft noch immer nicht richtig dosieren konnte. Zumindest bei Dingen, die ich zum ersten Mal tat. Verdammt, wie wenig Kraft hatte Kakashi wohl damals auf dem Konoha-Friedhof gegen mich eingesetzt, als sein Schnipser mich über die Gräber von Sandaime und Hayate-sensei geschickt hatte? Ich musste das unbedingt trainieren. Was für eine überraschende Waffe.
"Meckert nicht. Ihr seid selber schuld. Runter vom Feld", sagte ich. "Das Match ist noch nicht vorbei."
"Uff. Minute, Boss", stöhnte Shinji. Auch Kira wollte nicht so recht auf die Beine kommen. Besorgt sahen die Mädchen zu ihren Kameraden herüber. "Kuzoko. Kishio."
Die beiden erschienen mit Step auf dem Schlachtfeld. Kishio stemmte sich unter Kiras Arm, und Kuzoko nahm Shinji hoch, in einer Haltung, die oft scherzhaft "Prinzessinnengriff" genannt wurde. Mit ihren Lasten verschwanden sie wieder per Step.
"Weiter!", rief ich den Mädchen zu.

Mai löste ihre Schattenklone auf und Kuzomi beendete ihr Jutsu. Sie trafen sich in der Mitte.
"Kein Genjutsu", sagte Mai.
"Okay. Keine Sprengtags und keine Shuriken", forderte Kuzomi.
Die Konoha-Genin zog ein Kunai. "Wie gut ist dein Taijutsu, Spinnchen?"
Auch die Kontraktpartnerin zog ein Kunai. "Wirst es gleich erleben, mein Herz."
Die beiden Mädchen belauerten sich mit gezogenen Kunais. Dabei hielte sie die Griffe in der rechten Faust, und die Klinge zeigte nach unten. Klassische Ausbildung eines Shinobis Konohas für einen Kampf gegen Messer.
Mit wütenden Schreien gingen die Mädchen sich an. Ihre Kunais fuhren gegeneinander. Sie drückten beide mit ganzer Kraft. "Nicht... Schlecht, Spinnchen", presste Mai hervor.
"Du... Aber... Auch nicht", erwiderte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Mai trat mit links zu, Kuzomi konterte mit dem linken Fuß. Kuzomi schlug mit der linken Faust, Mai wehrte den Schlag mit der linken Hand ab.
Die Mädchen trennten sich wieder, beäugten sich misstrauisch und begannen, sich zu umkreisen. Erneut attackierten sie einander, ließen Kunai auf Kunai krachen, lösten sich diesmal aber schneller voneinander. Dies wiederholten sie noch dreimal, bevor sie sich in stillem Einvernehmen dazu entschieden, ein wenig zu verschnaufen.
"Bist ein guter Taijutsu-Kämpfer, Spinnchen", sagte Mai anerkennend. "Ich muss es wissen. Ich bin ja die Taijutsu-Expertin der Truppe."
"Du bist auch nicht ganz schlecht, mein Herz", erwiderte Kuzomi. "Ich muss es wissen. Ich bin die Jüngste in einem Haufen Taijutsu-Verrückter."
Mai lächelte. "Wollen wir es mal mit einem neuen Trick versuchen?" Sie nahm das Kunai in die linke Hand.
Kuzomi runzelte die Stirn und tat es ihr nach.
Übergangslos griff Mai wieder an, und auch Kuzomi reagierte sofort. Die Kunais krachten so heftig aufeinander, dass Funken stieben. Ich machte mich mit Step auf den Weg, war aber nicht schnell genug.
Derweil holte Mai mit Rechts zu einem Schwinger aus, während Kuzomi einen rechten Haken probierte. Während sie ihre linken Hände gegenseitig neutralisierten, traf Kuzomis Haken Mai nicht ganz am Kinn, aber seitlich unten am Wangenknochen. Zugleich traf Mai das Spinnenmädchen mit ihrem Schwinger teilweise am Oberkieferknochen und am Jochbein. Ihre Schläge explodierten auf den Schädeln ihrer Gegner und rissen beide von den Füßen. Ich und einer meiner Schattenklone kamen gerade noch rechtzeitig genug, um beide Mädchen aufzufangen.
Sie atmeten beide schwer und erschöpft.
"Weißt du was, Spinnchen?", fragte Mai zwischen zwei Japsern.
"Was denn, mein Herz?", fragte sie atemlos zurück.
"Was hältst du davon, wenn wir es hier gut sein lassen? Ein Unentschieden?"
Kuzomi stöhnte gequält auf. "Normalerweise würde ich ablehnen. Kira-sama und so. Aber im Moment könnte mich eine Fliege töten. Entschuldige, Fliegenwitze sind populär bei uns. Auch Fliegenbeleidigungen."
Mai lachte abgehackt, bezahlte das aber mit einem Hustenanfall. "Okay. Dann unentschieden."
"Okay."
"Unentschieden!", verkündete ich und die Zuschauer rasten vor Begeisterung. Alles in allem war es kein schlechter Tag gewesen.
"Ein guter Kampf", sagte Suirin, als sie neben mir aus dem Step kam. "Man merkt, dass dies deine Schüler sind, Morikubo-sensei."
Das war amüsant. "Oh, sie bringen alle von Haus aus schon eine Menge Talent mit", sagte ich, hob Mai auf meine Arme und trug sie zu den wartenden Ninjas.
"Sensei, das ist mir peinlich", begehrte Mai auf.
"Soll ich dich an Suirin-kun übergeben?"
"Das ist mir ja noch peinlicher", erwiderte sie.
Hinter mir folgte mein Schattenklon mit Kuzomi. Zumindest sie beschwerte sich nicht und freute sich über den kostenlosen Transport.
Als wir den Hügel verließen, kamen ihre Kameraden freudig auf die beiden Mädchen zugestürmt. Ja, definitiv ein guter Tag.

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

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11.
Ich erwachte im Morgengrauen. Nein, kein antrainierter Reflex weckte mich. Und ich war auch nicht davon wach geworden, dass sich Suzume-chan wieder einmal in mein Bett geschlichen hatte. Oder P-chan. Nein, mir war schlicht und einfach kotzübel. Also wankte ich auf die Toilette und übergab mich mustergültig. Ganz vorschriftsmäßig mit dem rechten Zeigefinger im Winkel von achtzig Grad - von oben herab berechnet - in die Kehle versenkt, bis der Brechreiz einsetzte.
Derart erleichtert fühlte ich mich schnell besser. Aber mein Atem musste furchtbar stinken. Deshalb putzte ich mir die Zähne und spülte den Mund ordentlich aus. Nein, ich war nicht betrunken. Als Ninja von Konoha neigte ich nicht dazu, mich selbst außer Gefecht zu setzen, indem ich übermäßig zu trinken pflegte. Im Gegenteil. Zwar mochte ich ab und an ein oder zwei Bier, und gerne auch mal etwas heißen Sake, aber ich trank nie mehr, als ich mit Hilfe meines Chakras kompensieren konnte. Gerade nicht, wenn ich mich nicht in Konoha befand. Also, eigentlich hatte ich mich noch nie so weit betrunken, das ich für meine Handlungen nicht mehr hätte verantwortlich gemacht werden können. Immerhin das hatte ich auf der Haben-Seite. Außerdem war ich ja erst siebzehn, und da war mir ohnehin nur Bier erlaubt, und beim Sake drückten die Älteren ein Auge zu, solange ich es nicht übertrieb - wozu ich nicht neigte.
Als ich mich im Morgengrauen so mustergültig übergeben hatte, waren andere Dinge Schuld gewesen. Dinge, die ich so noch nicht erlebt hatte. Beim Abendessen hatte ich tüchtig zugelangt. Weil Tsubasas Essen so super gewesen war. Und weil ich mich darüber freute, wie sehr es sie freute, dass es mir geschmeckt hatte. Anschließend, nach dem Trainingskampf, war ich allerdings genötigt worden, noch mehr zu essen. Gutmütig, wie ich war, hatte ich das mit mir machen lassen und nicht darauf geachtet, wie fettig die letzten Happen gewesen waren. Das Ergebnis war eine sehr unruhige Nacht gewesen, die ich dreimal unterbrochen hatte, um draußen ein wenig frische Luft zu schnappen. Jeder meiner darauffolgenden Versuche, etwas Schlaf zu finden, hatte nicht lange vorgehalten. Als ich einsehen musste, dass es nicht besser werden würde, hatte ich mich zum radikalen Schnitt entschieden. Das gute Essen.
Aber auch das lernte ein Shinobi in Konoha: Sich so schnell wie möglich wieder kampfbereit zu machen. Tatsächlich gab es in der letzten Klasse der Akademie einen Kurs, der von jeder Schülergruppe jedes Jahrgangs der "Metzger-Lehrgang" genannt wurde. In diesem wurde mir damals beigebracht - so wie vielen Generationen vor und sicher noch vielen nach mir - woran ich erkannte, dass gewisse Gliedmaßen nicht mehr zu retten waren und wann ich mich ihrer besser entledigte. Die richtige Technik für diesen Schnitt, die Kauterisierung und Wundversorgung waren mir damals auch beigebracht worden. Als Nebeneffekt hatten wir auch gelernt, wie wir uns im Fall von Vergiftungen zu verhalten hatten. Der Lehrsatz bei schlechten Lebensmitteln war gewesen: Immer raus mit dem Dreck. Und da es eine wesentlich harmlosere Technik war, als das Entfernen von Körperteilen, hatten wir das auch geübt. Mein Schwachpunkt war Pflanzenfett gewesen. Ich hatte es warm und flüssig trinken müssen und mich anschließend zu gerne darin geübt, mich zu übergeben und das Zeug wieder loszuwerden. Bis zum heutigen Tag hatte ich es nicht gebraucht. Aber jetzt war ich meinem Sensei dankbar für diese Lektion.
"Alka Selzer oder Natron obendrauf?", fragte Kuzoko mitfühlend.
"Nein, geht schon. Ich bin es los. Aber gegen einen frühen Kaffee hätte ich nichts einzuwenden."
Das Spinnenmädchen nickte verständnisvoll und verschwand in der Küche, ohne einen Laut zu verursachen. Nur weil wir schon so früh fuhrwerkten, mussten wir ja nicht das ganze Haus wecken. So hoffte ich zumindest.
"Sensei?", fragte Kishio. "Alles in Ordnung mit dir? Dein Chakra ist schon die ganze Nacht so... Durcheinander."
In einer Mischung aus Ärger und Amusement betrachtete ich den jungen Ninja in der Tür zum Baderaum. Das hätte ich mir denken können. Und ich konnte ihm noch nicht mal böse sein, weil er mich mit seinen sensorischen Fähigkeiten überwacht hatte. Besser noch, ich durfte es nicht einmal. Nach dem, was er mir erzählt hatte, zumindest das, was er im Moment für relevant gehalten hatte, waren unbegründete negative Emotionen meinerseits mehr als dazu geeignet, um ihn zu verunsichern. Ich tat gut daran, ihn die nächsten Wochen mit Samthandschuhen anzupacken.
"Ich habe zu fett gegessen. Ich weiß, dass ich das nicht vertrage, aber... Ich mache es immer wieder." Mit der Rechten klopfte ich mir auf den Bauch. "Ich bin halt ein viel zu guter Esser."
Kishio zog eine Augenbraue hoch. "So? Davon sieht man aber nichts, Sensei."
"Ich verbrenne das Meiste."
Einen Augenblick stutzte der Junge, bevor er merkte, dass ich einen Katon-Benutzer-Witz zum Besten gegeben hatte. "Ach so."
"Als Ninja muss man gut essen. Sehr gut essen. Du musst es nicht gerade übertreiben wie die Akimichi, aber ein paar anständige Reserven sind nie verkehrt. Ein paar Jutsu zuviel, und du siehst sonst aus wie ein abgemagertes Etwas."
"Das hätte durchaus Vorteile", murmelte Kishio.
"Was denn? Nicht attraktiv auszusehen hätte Vorteile?", scherzte ich. Innerlich bemühte ich mich allerdings, meine Anspannung nicht durch mein Chakra erkennen zu lassen. Ich ahnte, dass das Gespräch in eine Richtung ging, die ich bisher tunlichst vermieden hatte, denn dies waren Dinge, die Kishios absolute Privatangelegenheit waren. Zumindest bis er meinte, dass er sich besser fühlte, wenn er sie mir erzählte. Vielleicht war dies einer dieser Momente.
Der junge Moeru fuhr sich fahrig mit der Rechten durch sein Haar. "Sensei, als du mich im Holzfällerdorf in der Küche gesehen hast, zwischen den Frauen, da..."
"Als du zwischen den Frauen fast verschwunden bist?"
"Ja", gestand er. "Es hat keine Vorteile, so auszusehen."
"Ich weiß", murmelte ich leise. "Als ich Genta das erste Mal traf, damals, als er noch ein Straßenräuber war, waren meine Haare länger und mein Gesicht noch sehr feminin. Damals wollten Genta und seine Jungs mich und meine Begleiter gegen Sex passieren lassen. Wie ich schon sagte, damals war er noch ein Straßenräuber, und ich musste ihm und seinen Leuten erst den Kopf zurechtrücken. Er und seine beiden Leutnants haben es geschafft, aber die anderen beiden sind wohl mittlerweile auf der Straße gestorben. Dennoch, ich trage Genta nichts nach. Außer, dass er mich mit einem Mädchen verwechselt hat", sagte ich mit gespieltem Groll.
"Du hast es gut", murmelte Kishio mit einem wehmütigen Lächeln. "Du wurdest mit einem Mädchen verwechselt. Bei mir haben sie genau gewusst, dass ich ein Junge war."
"Erzähl", bat ich.
Kishio Moeru setzte an, sprach aber kein Wort. Er versuchte es erneut, versuchte es wieder, aber sein Hals schien wie zugeschnürt zu sein. Als er endlich sprechen konnte, berichtete er mir davon, dass er von einem Nukenin vergewaltigt worden war. Ich hatte so etwas erwartet. Ich hatte gehofft, dass ihm so etwas nicht widerfahren war, vor allem, weil ich seine Kampfkraft kannte. Aber seine Erzählung, vor allem die alte Frau und ihre Enkelin betreffend, machten schnell klar, warum er nicht gekämpft hatte. Für einen Shinobi hatte er sich mehr als vorbildlich verhalten.
Ich hörte ihm zu, wie er von der Demütigung berichtete, von den Schmerzen, vom Darmbluten, das durch die grobe Behandlung eingesetzt hatte, und von seinen Gefühlen, während er den Nukenin und seine Begleiter einzeln hatte ausschalten können. Als er die Stelle erreichte, an der er in das Haus zurückgekehrt war, wusste ich schon vorher, was er darauf sagen würde. Er war rausgeworfen worden, obwohl er nichts Schlimmes getan hatte. Ich ahnte ungefähr, was in dem Jungen vor sich ging, wissen konnte ich es nicht.
Langsam schüttelte ich den Kopf. "Ich verstehe. Sie wusste, was mit dir passiert war. Aber du hast weitergemacht, als wenn nichts gewesen wäre. Deine Stärke hat sie sicher genauso entsetzt, wie ihre eigenen Schuldgefühle, wann immer sie dich gesehen hat. Es ist die Aufgabe der Erwachsenen, die Kinder zu beschützen. Und dann hast du das Schicksal auf dich genommen, das sie für sich selbst und ihre Enkelin vorhergesehen hatte. Sie ist an sich selbst verzweifelt."
Skeptisch sah mich Kishio an. Jetzt, wo er sich das von der Seele geredet hatte, wirkte er erleichtert. Und streitlustig. "Meinst du wirklich, sie hatte Schuldgefühle? Denkst du nicht, dass sie einfach nur das Monster in mir gesehen hat, wie all die anderen, die mich fortgeschickt haben, kaum das sie mich erkannten?", fragte er spöttisch. "Selbst der Clan deines Freundes Ryuji, der ein guter Verbündeter meines Clans war, hat mich fortgejagt wie einen räudigen Hund. Warum sollten die Oma und Rin-chan besser gewesen sein? Oder besser von mir gedacht haben? So sind die Menschen nun..." Entsetzt sah er zur Seite. Dort stand Kuzoko. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt, und die Tasse Kaffee in ihrer Hand zitterte.
Ein Schatten legte sich über Kishios Gesicht, so als erwarte er, nun von ihr ebenso behandelt zu werden. Ich spürte, wie sein Chakra in Aufruhr geriet. Dann veränderte sich etwas. Es beruhigte sich fast so schnell wieder, wie es hochgefahren war, wie als wenn eine Tsunami übergangslos in ihr Bett zurückglitt. Der Grund dafür war das Spinnenmädchen. Sie hatte mir die Kaffeetasse gereicht und den jungen Moeru in den Arm genommen. Nach anfänglichem Zögern ließ er diese Berührung zu. Er konnte mit der Nähe, mit ihrem Mitgefühl nicht umgehen, das sah ich auf den ersten Blick. Aber etwas an der Situation erleichterte ihn so sehr, dass ihm stumm die Tränen flossen. Es dauerte Minuten, bis er zögerlich seine Arme um den schlanken Leib Kuzokos schlang. Und dennoch wagte er es nicht einmal, ihre Kleidung einzudrücken.
"Es ist gut", hauchte sie leise. "Es ist alles gut. Hier und jetzt ist alles gut. Und mehr solltest du von der Welt nicht verlangen."
Es vergingen weitere Minuten, in denen Kishio nicht in der Lage war, ein Wort zu sagen. Nur zögerlich lösten sich die zwei voneinander.
"Weißt du, Kishio", sagte ich ernst, "dass ich die gleiche Ausbildung bekommen habe, die dein Großvater dir mitgegeben hat? Für den Fall, dass ich vergewaltigt werde. Disziplin, Entspannung, den Geist fortschicken. All das wurde ich genauso gelehrt, wie wir es unseren Kunoichi beibringen. Auch Mai, Shinji und Kira haben das an der Akademie gelehrt bekommen. Natürlich nur in der Theorie. Aber in unserem Gewerbe passiert so etwas nun einmal, und es ist besser, wenn jeder von uns weiß, wie man so eine Situation überlebt, nicht nur jene, die potentiell hineingeraten können."
Ich stellte den unbenutzten Kaffeebecher beiseite. "Natürlich hat das wenig mit dem zu tun, was du durchmachen musstest, und ich bin froh, dass ich das nicht nachvollziehen kann. Aber vielleicht beruhigt es dich, wenn ich dir sage, dass ich erwartet habe, dass du mir so etwas erzählen wirst, wenn du bereit bist. Ich bin sehr schlecht darin, anderen meine Gefühle zu zeigen oder sie einzufordern. Ich mache meist mehr kaputt, als dass ich Nutzen bringe. Deshalb habe ich gewartet, bis du selbst soweit bist. Und jetzt... Jetzt kann ich dir sagen, dass ich stolz auf dich bin, anstelle deines Großvaters. Du hast die richtige Entscheidung getroffen. Du hast die beschützt, die dir wichtig waren, und du hast überlebt. Du hast dich dazu entschlossen dann gegen deine Feinde zu kämpfen, als du eine Chance dazu hattest. Und du hast sie genutzt. Du bist trotz deiner jungen Jahre ein hervorragender Shinobi. Ich bin froh, dich getroffen zu haben." Ich trat an ihn heran und legte meine Rechte auf seinen Kopf. "Und du bist ein feiner Kerl, Kishio, kein Monster."
"Danke, Sensei", sagte er mit rauer Stimme.
"Ich denke mal, das bleibt erstmal unter uns vieren. Wenn du den anderen davon erzählen willst, dann tue es, wann du bereit dazu bist. Aber glaube ja nicht, dass die vier dumm sind. Sicher ahnen sie schon was. Es wird sicherlich das Vertrauen zwischen euch stärken, wenn sie wissen, wie stark du wirklich schon bist. Hier oben, meine ich."
"Danke, Sensei", sagte er erneut, und seine Stimme war nicht mehr ganz so rau.
"Und was das Monster angeht... Du hast ja keine Ahnung. Während des Morgentrainings gehen wir beide mal ans Meer, und ich zeige dir ein richtiges Monster, und das hat mit dem netten, freundlichen und bescheidenen Jungen hier vor mir nicht das Geringste zu tun."
Verwirrt sah er mich an. "Ein anderes Monster?"
"Ich meine mich. Extra für dich werde ich mal voll aufdrehen. Hoffentlich werden wir nicht anschließend aus dem Dorf geworfen", scherzte ich. "Anschließend können wir am Strand das sensorische Training ausprobieren, wenn es dir Recht ist. Und du kannst mir dein Taijutsu zeigen, falls du nicht vor Angst bibberst."
Kishio sah mich spöttisch an. "Glaubst du wirklich, du kannst mich ängstigen, Sensei? Mein Clan hat es geschafft, alleine mit seinem Chakra zu töten."
"Siehst du, ich muss es dazu in ein Ninjutsu pressen, aber mein Chakra tötet auch. Noch Fragen?"
"Ja, Sensei. Wieso soll es unter uns vier bleiben, wo wir doch nur drei sind?"
"Das liegt daran, das ich nur gelauscht habe", sagte Perine. Sie entstand neben mir wie aus dem Nichts. "Ich wollte nicht heimlich lauschen. Es ist einfach so passiert. Und hätte Mamo-chan mich nicht verpetzt, hättest du nichts davon erfahren, dass ich hier war. Es tut mir leid."
"Nein, das muss es nicht, Perine-sensei. Ich habe nur nicht erwartet, dass... Dass..."
"So. Bist du also auch einer von den Idioten, denen etwas Schlimmes angetan wurde, und die die Schuld dann bei sich suchen?", fragte Perine spöttisch. "Keine Sorge, du hast alles richtig gemacht. Würden diese Typen aber noch leben, würde ich mich jetzt sofort auf den Weg machen, um sie zu finden und zu liquidieren. Wegen Monstren wie ihnen schließen wir Affen unsere Kontrakte ab. Wir können es nicht dulden, das solche Bestien in Menschengestalt in der Welt ihr Unwesen treiben." Sie griente Kishio an. "Es reicht ja auch schon, dass die Welt mit Mamo-chan gestraft ist."
"P-chan!", beschwerte ich mich gespielt.
"Ist doch aber wahr", sagte sie. "Kishio, pass gut auf deine Hose auf, wenn Mamo-chan nachher zeigt, was er kann. Nicht, dass dir das Herz reinrutscht."
"So leicht bin ich dann doch nicht zu beeindrucken", erwiderte der junge Moeru amüsiert.
"Wir werden sehen", sagte das Affenmädchen augenzwinkernd. "Ach, was mir gerade einfällt. Du kannst doch lesen und schreiben, oder?"
"Ja, wieso?"
"Dann solltest du der alten Frau und ihrer Enkelin einen Brief schreiben, in dem du ihr erzählst, dass es dir jetzt gut geht und dass du unter Freunden bist. Das wird dich erleichtern, und es wird sie erleichtern."
"Ob sie so einen Brief überhaupt von mir will?", fragte der Junge mürrisch.
"Glaub mir, sie will einen solchen Brief von dir. Und du wirst dich sehr viel besser fühlen, wenn du ihn abgeschickt hast", sagte Perine.
"Das denke ich auch", sagte Kuzoko und nickte gewichtig.
Kishio seufzte gespielt auf. "Na gut, vielleicht schreibe ich den Brief. Aber nur, wenn Sensei mich nicht enttäuscht. Nicht, Mamoru-sensei?" Er grinste mich an und zwinkerte seinerseits.
"Oh, dann lege ich schon mal Papier und was zu schreiben bereit", sagte die Affenkriegerin. In ihrer Stimme war nicht der Hauch eines Zweifels.
Langsam spürte ich einen gewissen Erwartungsdruck. "Es wird Zeit für das Morgentraining. Wecken wir die anderen", sagte ich. Okay, das hatte ich jetzt davon. Diesmal würde ich mächtig übers Limit gehen müssen, um die Erwartungen von Kishio und den Mädchen nicht zu enttäuschen.
***
Nach den Morgenübungen, die die Genin wann immer sie konnten mit großem Ernst praktizierten, verabschiedeten sich Kishio und Mamoru-sensei von ihnen, um in der Abgeschiedenheit des nahen Strandes ein eigenes Training zur Verbesserung von Mamo-chans sensorischen Fähigkeiten durchzuführen.
Seit die beiden nach Norden verschwunden waren, um die Anglerhütte von Genta für diesen Zweck zu nutzen, tuschelten und diskutierten Perine-sensei und Kuzoko miteinander. Schnell hatten sie auch Kuzomi hinzugeholt, und schließlich hatte sich auch Mai angeschlossen. Die vier Mädchen glaubten, das sie relativ leise waren, aber ihre Aufregung machte sie unvorsichtig, sodass das eine oder andere zu laut gesprochene Wort zu Kira und Shinji herüberwehte.
Shinji schüttelte ernüchtert den Kopf. "Frauen! Kaum hören sie was von nackter Haut und Körperkontakt, schon brennen bei ihnen alle Sicherungen durch. Mensch, Mamo-chan und Kishio wollen nur trainieren!" Er stutzte und sah zu seinem Freund herüber. "Oder meinst du..."
"Ist mir alles vollkommen egal, solange Kishio wiederkommt, und er mir die letzte Kata noch mal zeigt. Die hatte echt Power", erwiderte Kira und schwang sein Wakizashi in einer seiner eigenen Katas, die ihm sein Onkel in Kumogakure beigebracht hatte.
"Dich kann wohl nichts erschüttern, oder?", murrte Shinji.
"Ach, komm! Wenn die Frauen Sensei nachlaufen wollen, um dabei zusehen zu können, wie er mit Kishio halbnackt in einer Hütte sitzt und die beiden Hautkontakt haben, dann lass sie doch. Mich interessiert das nicht die Bohne. Und wenn die davon Nasenbluten kriegen, ist das nicht mein Bier. Lass ihnen doch ihre homoerotischen Phantasien. Äh, ist was?"
Shinji starrte den Freund konsterniert an. "Du weißt tatsächlich, worum es geht?"
"War ja nicht schwer zu erraten, oder? Und nur zu deiner Information: Nur weil es mich nicht interessiert, heißt das nicht, dass ich darüber nicht Bescheid weiß. Also lass sie, wenn es sie glücklich macht. Hauptsache, Perine-sensei schockt sich nicht selbst mit ihren eigenen Erwartungen. Vergiss nicht, sie ist eine von fünf Frauen, die Mamo-chan unter sich aufteilen wollen."
"Selber Schuld, würde ich dann mal sagen. Aber was ist, wenn die Mädchen Mamo-chans und Kishios Training negativ beeinflussen?", fragte Shinji.
Leiser Donner klang zu ihnen herüber. Er war aus dem Norden gekommen und markierte ungefähr jene Stelle des nahen Meeres, an dem Mamoru und sein Zögling trainieren wollten.
"Wenn sie das Training negativ beeinflussen wollen", sagte Kira grinsend und deutete auf die Feuerlohe am Horizont, "sollten sie sich beeilen. Das war Mamo-chans Dai Endan. Damit beeindruckt er jeden, sogar mich. Schätze, er und Kishio gehen dann auch gleich zum anderen Training über."
Der Meinung schienen wohl auch die Frauen zu sein, die nun eine nach der anderen per Step verschwanden und am Fluss, der ebenfalls nach Norden floss, wieder auftauchten, nur um sofort wieder in den Step zu gehen.
"Ach, siehe da. Die Hübschen merken wohl, dass sie spät dran sind", sagte Shinji grinsend. Sein Grinsen erstarb aber gleich wieder. "Mai-chan. Mai-chan geht ja mit! Mist!"
"Wieso Mist? Sie ist eben auch nur eine Frau. Ärgere ich mich vielleicht, dass meine Kontraktpartnerin mitgeht? Lass sie einfach machen. Die beruhigen sich und kommen wieder, garantiert."
"Ja, aber, aber, aber, was ist, wenn sie Kishio wirklich halbnackt sieht, und ihm dann verfällt? Ich meine, ich habe doch die älteren Rechte", murrte er.
Kira stupste ihm mit dem Griff seines Wakizashis in den Bauch. "Das du sie mit deinem nackten Oberkörper nicht beeindrucken kannst, sollte wohl klar sein, Kleiner. Aber sieh es mal so: Wenn sich Mai-chan schon davon beeindrucken lässt, hattest du eh keine Chance bei ihr. Für sie sind wir ohnehin nur kleine Kinder, auf die sie als große Schwester aufpassen will."
"Du fühlst wohl gar nichts für sie, was?", murrte Shinji.
"Natürlich. Ich mag sie. Sehr sogar. Aber sie hat nicht... Wie soll ich es sagen? Nicht genug Oberweite. So ein wenig darf es schon sein. Mindestens soviel wie Perine-sensei hat."
Shinji starrte den Freund mit weit aufgerissenen Augen an. "Aha. Soviel wie Perine-sensei hat, also."
"Tja, was soll ich sagen", erwiderte Kira. "Ich bin nunmal ein fixer Lerner. Und sieh es doch mal von der Seite: Ein Konkurrent weniger um Mai-chan für dich."
"Ja, das ist auch das einzige Gute an der Situation", murrte Shinji.
***
"Mamoru-sama." Suirin kam neben mir aus dem Step und kniete sich nieder, die rechte Faust fest auf den Boden gestemmt. "Die Vorbereitungen sind getroffen, und mein Team hat die Wachaufgaben von den Affen übernommen, damit sie sich ausruhen können."
Ich verkniff es mir, ihr etwas über einen Affenkrieger zu erzählen, was "wachen" und "ausruhen" anging. Stattdessen lobte ich sie. "Gute Arbeit, Suirin-kun. Gibt es noch etwas zu berichten?"
"Ja, Mamoru-sama. Die Eskorte aus Kumogakure wird sich verspäten. Wenn wir euch an der Landesgrenze verlassen müssen, wird sie noch nicht eingetroffen sein. Aus politischen Gründen dürfen mein Team und ich dich aber nicht tiefer ins Land begleiten."
"Das verstehe ich. Steht es immer noch so schlimm um Kiri und Kumo?"
"Nein, im Gegenteil. Die Situation hat sich merklich verbessert. Aber das ist auch genau der Grund, warum wir nicht unerlaubt über die Grenze gehen können. Wir würden Vertrauen aufbrauchen, das wir mühsam aufgebaut haben."
"Auch das freut mich zu hören. Gibt es noch etwas?"
Sie zögerte und senkte den Blick. "D-darf ich so vermessen sein und..."
"Nur zu", ermunterte ich sie. "Ich beiße nur auf Wunsch."
Diese Worte ließen eine gesunde Röte über ihr Gesicht huschen. "Mamoru-sama!"
Ich lachte leise. "Nur ein Scherz, Suirin-kun. Was liegt dir denn auf der Seele?"
"Nun, ich... Ich will nicht vermessen klingen." Sie hob abwehrend die Arme. "Und ich will auch nicht spionieren, oder so! Aber darf ich... Erlaubst du mir, dein Training zu beobachten?"
Nun, es war in der Tat problematisch, den Ninjas anderer Nationen die eigenen Kniffe und Tricks zu zeigen. Und zweifellos würde Suirin weitermelden, welche Jutsu ich beherrschte. Aber warum einen Nachteil nicht in einen Vorteil verwandeln? "Ich habe nichts dagegen, Suirin-kun."
"Danke, Mamoru-sama", sagte sie voller Ernst. Sie richtete sich wieder auf, setzte sich aber brav in den Saiza-Sitz.

"Also, wo waren wir stehengeblieben?"
Kishio grinste mich an. "Du wolltest mich beeindrucken, Sensei."
"Ach ja, da war ja was." Ich erwiderte sein Grinsen und trat näher an den Strand, bis meine Füße vom Wellenschlag umspült wurden. "Hast du einen besonderen Wunsch? Oder soll ich einfach ein paar meiner besten Ninjutsu aufführen?"
"Du wolltest mich so sehr beeindrucken, dass ich dich mehr als Monster sehe als mich selbst", erinnerte Kishio mich. Er ließ sich im nassen Sand nieder. "Na, da bin ich aber mal gespannt."
Okay, spätestens jetzt hatte ich mich beim Versuch, es dem Jungen komfortabler zu machen, so richtig in die Nesseln gesetzt.
"Probieren wir es doch mal mit einem Trick, den mir Asuma beigebracht hat." Ich lächelte zu Kishio herüber. "Du wirst ihn mögen. Ein freundlicher, tödlicher Kerl, der Mann."
"Freundlich und tödlich?", erwiderte Kishio.
"Nun, wir sind Shinobi, oder?" Ich wandte mich wieder dem Meer zu. "Katon: Haisekishou!"
Ich spie aus meinem Mund einen Schwall Staub aus. Dieser verbreitete sich vor mir als fünfzig Meter weiter Fächer, der in etwa einen Meter Tiefe erreichte.
"Sehr beeindruckend", sagte Kishio spöttisch. "Also, Fläche schaffst du wirklich gut, Sensei."
Ich grinste schief, bevor ich den Staub entzündete. Asuma benutzte dazu einen Feuerstein, den er während eines Kampfes im Mund trug, aus Zeitgründen und wegen der Konzentration. Ich hatte aber genug Zeit, um mich meines Katons zu bedienen. Als ich aus dem Staub eine Flammenhölle machte, war mir nicht ganz klar, was mich selbst erwartete, denn gerade weil es ein so starkes Jutsu war, hatte ich versucht, mich zurückzuhalten. Nun, ein Teil des Meeres stand jedenfalls in Flammen, und der Teil der Asche, der bereits vom Wasser aufgesaugt worden war, sorgte für eine ordentliche Reaktion. Feuer und Wasser vermischten sich, und Dampf entstand. Heißer Dampf. Viel Dampf, der mir fast brühend ins Gesicht wehte. Ich erschrak ein wenig vor mir selbst. Und ich ahnte, warum Asuma mir eingebleut hatte: "Nur im Notfall über Wasser anwenden, Mamo-chan."
"Hervorragend ausgeführt!", ereiferte sich Suirin.
Ich sah zu Kishio herüber.
Der war ein wenig bleich geworden. "N-nicht schlecht, Sensei. Hat mich jetzt aber nicht so beeindruckt."
Ich muss ehrlich gestehen, ich fühlte mich herausgefordert. Mehr als das. "So, das war also nicht so beeindruckend?"
Ich spuckte auf ein Stück Treibholz, das am Strand lag. Es fing sofort Feuer. Wieder fixierte ich das Meer, um eine weitere Technik der Sarutobis anzuwenden, die große Flammenwand. "Hiuchi Yagura!"
Die kleine Flamme auf dem Holz wuchs plötzlich, breitete sich aus und wurde zu einer acht Meter hohen Flammenwand, die sich vor mir rund fünfzig Meter in beide Richtungen erstreckte. Heißer Wind schlug uns entgegen und trocknete unsere Kleidung vom Wasserdampf.
"Und?"
"Sehr beeindruckend, Mamoru-sama!", sagte Suirin, während sie applaudierte.
"J-ja, auch nicht so schlecht. Sicher schwierig in einem Kampf anzuwenden, Sensei", murmelte Kishio. "Hast du nicht was besseres?"
Ich schnaubte leise. "Wie wäre es denn mit einem Klassiker? Dem Dai Endan?"
"Das hast du mir damals auf der Lichtung schon gezeigt, Mamoru-sensei, als die anderen klettern geübt haben", sagte er.
"Stimmt, das habe ich. Aber diesmal gebe ich alles. Im Wald konnte ich ja nicht so wie ich gerne wollte, ohne ihn komplett niederzubrennen."
"Na, da bin ich jetzt aber gespannt", murmelte Kishio amüsiert.

Das war's. Definitiv. Er hatte es geschafft. Ich wandte mich wieder dem Meer zu. Bedächtig und voll konzentriert schmiedete ich mein Chakra. Ich erschuf so viel wie ich konnte, und das war eine ganze Menge. Anschließend produzierte ich Öl. Viel Öl. So viel Öl, dass mein Mund es gar nicht fassen konnte. Es drängte weiter nach, und es fühlte sich ein wenig so an wie das Übergeben am Morgen. "DAI ENDAN!" Ich spie das Öl aus, entzündete es sofort als riesige Feuerlohe. Selbst als ich meinte, es wäre genug, legte ich noch mal einen obendrauf. Das Ergebnis war wohl das größte Dai Endan, das ich jemals erschaffen hatte. Es reichte fast einhundert Meter weit und erreichte an der größten Stelle fast zwanzig Meter Durchmesser. Vor mir brannte sich das Dai Endan in den Sandboden und in das Meer. Mein Feuer war viel zu heiß, um Dampf überhaupt zuzulassen.
Als ich das Dai Endan beendete, war im Meer eine Kerbe entstanden, die nun erst wieder voll Wasser floss. Ein Glimmen lag in der Luft, aber kein Hauch von heißem Dampf.
"Und? Wie war das?", fragte ich, innerlich vor einer vernichtenden Antwort zitternd. Merkwürdig, irgendwas roch hier verschmort.
Ich wandte mich Kishio zu und wartete darauf, dass Suirin mich lobte. Das tat sie aber nicht. Darum ging mein erster Blick zu ihr. Sie starrte mich an, und ihr Mund klappte auf und zu, als wäre sie ein Fisch auf dem Trockenen. Es war aber kein Entsetzen, nur grenzenlose Begeisterung in ihrem Blick.
Ich sah Kishio an und fand heraus, was hier so verkokelt roch. Mein Dai Endan hatte ihm die Haare versengt und die Haut durch die Hitze gerötet. Auch er starrte mich an, und es war ein wenig Entsetzen in seinen Augen. "D-das ging noch stärker?", stammelte er fassungslos.
Also hatte die Hitze bis zu ihm gestreut. Was angesichts der Flammenlohe wirklich kein Wunder war. Ich konnte mich wohl glücklich schätzen, das mein eigenes Feuer mir nichts tat. Und ich stellte mir vor, was wohl passiert wäre, wenn ich dieses Dai Endan damals benutzt hätte, als ich mit Kabuto in einem Raum gewesen war. Von uns wäre wohl nicht besonder viel übrig geblieben.
"Oh, ich bin sicher, wenn ich mir Mühe gebe, dann kriege ich es noch größer hin. Warte, ich..."
"Sensei!", rief Kishio und fiel mir in den Arm. "Es ist gut. Ich habe meine Lektion gelernt. Aber ich bin nicht bereit, dich Monster zu nennen!" Ein Lächeln ging über sein Gesicht. "Sagen wir einfach, du bist gefährlicher als ich." Er sah zur Seite und hüstelte. "Viel gefährlicher als ich."
"Ein phantastisches Dai Endan!", rief Suirin, als sie endlich ihre Stimme wiedergefunden hatte. "Ganz hervorragend! Wenn ich so etwas sehe, kriege ich verdammt noch mal keine Lust, jemals gegen Konoha antreten zu wollen. Zumindest, solange du unter den Gegnern bist, Mamoru-sama!"
"Danke für das zweifelhafte Kompliment", erwiderte ich ein wenig säuerlich.
Ich klopfte Kishio auf die Schulter. "Sind wir uns also einig, dass ich den Titel Monster eher verdient habe als du?"
"Ich werde dich so nie nennen, wie schon gesagt", beharrte Kishio.
"Damit kann ich leben. Kommen wir zu deinem Part." Ich wandte mich der Kiri-Nin zu. "Suirin-kun, wo ist die Hütte?"
Sie erhob sich. "Bitte hier entlang, Mamoru-sama."
Ich atmete kurz nervös ein und aus. Jetzt also würde es sich entscheiden, ob ich meine sensorischen Fähigkeiten erweitern konnte, oder eben nicht. Und dafür musste ich mich auf einen Jüngeren verlassen. Mist, das machte mir zu schaffen.
***
Suirin kniete in respektvollem Abstand neben uns. Eine Leistung, wenn man bedachte, dass die kleine Wetterschutzhütte, die gerade mal Schutz vor ein wenig Unwetter und Platz für ein paar Utensilien wie Netze und Angeln bot, mit Verlaub gesagt nicht die größte war. Sie hatte darum gebeten, dabei sein zu dürfen, und ich hatte keinen Grund gesehen, ihr diese Bitte abzuschlagen. Vom eigentlichen Ninjutsu würde sie ohnehin nichts mitbekommen. Allerdings würden ihr ausgeglichenes Wesen und ihre Ruhe positiv auf Kishio und mich wirken. So hoffte ich zumindest.
Bedächtig legte ich das Stirnband aus Silber ab, das mir Suzume geschenkt hatte. Dann zog ich meine grüne Kampfweste aus, die für einen Chunin aus Konoha zum guten Ton gehörte, auch wenn sie den Genin nicht verboten war. Anschließend entledigte ich mich des Shirts aus Spinnenseide. Es war immer noch so fein und leicht wie am ersten Tag, und es nahm auch keinerlei Gerüche an. Was für mich der schönste Aspekt an den Shirts war. Anschließend setzte auch ich mich in den Seiza und machte ein paar Atemübungen zur Entspannung.
Kishio entkleidete sich ebenfalls. Als er sein Hemd auszog, fiel mir der deutliche Unterschied zwischen uns beiden auf. Er war ungefähr fünfzehn Jahre alt, und deshalb von der körperlichen Entwicklung noch eher ein Kind als ein Mann. Seine Muskeln waren trainiert, aber es waren eben noch die Muskeln eines Kindes, was ihm trotz seiner Kraft ein zierliches Aussehen einbrachte. Ich hingegen, schon halb erwachsen, hatte nach meinem letzten Wachstumsschub breitere Schultern bekommen, um die sich meine trainierten Muskeln gruppierten. Auch mein Pectoralis Major war deutlich größer und dicker. Also der große Brustmuskel, der darüber entschied, ob ein Mann eine Hühnerbrust entwickelte, oder die gut geformte Brustpartie eines durchtrainierten Shinobi. Dank guter Gene in der Familie stand mir letzteres bevor. Nicht, dass Shinobi, die mit kleineren Pectoralis Majors gestraft waren, weniger Kraft entwickeln konnten, aber es sah eben einfach besser aus, wenn der Muskel eine größere Körperfläche in Anspruch nahm. Wohin Kishios Weg ihn führen würde war noch nicht zu sagen.
"Äh...", machte Suirin, "benötigst du noch etwas, Kishio-kun? Etwas, um die Konzentration zu steigern? Etwas zum Verbrennen? Körperöl?"
Ich musterte sie. "Wofür den Körperöl?"
Sie errötete. "Für den Hautkontakt, Mamoru-sama."
Ich sah Kishio an. "Brauchen wir Körperöl?"
"Nein, Sensei. Es geht auch so. Ich muss mein Chakra auf dich übertragen, nicht mich an dir reiben."
Das schien Suirin ein wenig zu enttäuschen. Was nun wiederum mich amüsierte. "Langer Rede kurzer Sinn, ich bin bereit. Schauen wir doch mal, ob die Sache funktioniert, und ob sie sich positiv auf meine sensorische Reichweite auswirkt."
"Gut." Kishio erhob sich und trat hinter mich. "Wenn dir etwas unangenehm ist, sage es bitte. Nichts wäre unvorteilhafter, als wenn du jetzt verkrampfen oder mich unbewusst ablehnen würdest. Mit deinem Schattenklon hat es gut geklappt, aber diese Übung ist sehr viel intensiver. Damit wurden meine sensorischen Fähigkeiten im Alter von vier Jahren geweckt. Damit ich mitreden konnte."
Ich stutzte kurz. Davon hatte er mir berichtet. Die Moerus waren in der Lage gewesen, auf kurze Distanzen lautlos miteinander zu kommunizieren, wenn sie ihr Chakra gut genug beherrschten.
"Gut." Ich versuchte, mich weiter zu entspannen, aber eigentlich war ich aufgeregt. Ich war sehr darauf gespannt zu erfahren, wie Kishio die Welt sah.
"Ich fange dann jetzt an." Er zögerte. "Du weißt, dass mein Clan nur durch bloße Berührung töten kann, indem wir unser Chakra verwenden."
"Das hast du schon erzählt. Und du hast doch hoffentlich keinen Grund, um mich zu töten", erwiderte ich eine Spur zu barsch.
Das brachte den Jungen dazu, zu lachen. "Nein, natürlich nicht, Mamoru-sensei."
Er kniete sich hinter mir nieder und legte seine Hände auf meinen Rücken. "Fangen wir mit einer kleinen Übung an. Spürst du mein Chakra?"
"Ja", erwiderte ich. "Es ist... Warm. Und grün."
"Das hast du gut erkannt, Sensei. Wir Moerus erfassen Körpereigenes Chakra in verschiedenen Farben. Das erleichtert uns die Bestimmung des Zustands unserer Gegner. Grün und Blau sind Farben der Ruhe. Gelb und Rot stehen für Aufregung. Es würde zu weit führen, dir nun alle Details erklären zu wollen, aber soviel muss ich erklären: Grün steht für eine besondere Ausgeglichenheit, wenn man sich konzentriert."
Ich nickte verstehend. "Legen wir los, Kishio."
Der Junge zog seine Arme zurück. Dann spürte ich, wie er sich auf mich lehnte. Seine Hände schlang er um meine Brust. Ich spürte sein Chakra, auch ohne, das er es mit mir teilte, als ruhige, kraftvolle Quelle.
"Ich dringe jetzt mit mehr Chakra in dein System", sagte er.
Deutlich konnte ich spüren, wie sein grünes Chakra in meinen Körper drang. Ich stöhnte unterdrückt auf. "Zu tief. Zuviel."
Sofort nahm er das Chakra etwas zurück. "Besser?"
Ich nickte. Damit konnte ich umgehen.
"Es ist vielleicht besser, wenn ich mich darauf konzentriere, mit vereinzelten Stößen zu arbeiten, nicht mit einer permanenten Welle."
Wieder nickte ich.
Erneut spürte ich sein Chakra in mein System fluten. Ich verstand nun, wie es den Moerus möglich war, ihre Gegner alleine mit ihrem Chakra zu töten. Kishio nahm so selbstverständlich Einfluss auf mein Körpersystem, es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, bei einem schlechter trainierten Shinobi als mir einfach das Herz anzuhalten. Allerdings war das auch keine grausigere Vorstellung, als in mein Dai Endan zu geraten. Zumindest sagte ich mir das.
'Also, ich will nicht so gerne in dein Dai Endan geraten, Sensei', hörte ich eine amüsiert klingende Stimme in meinem Inneren.
'Kishio?'
'Ja, Sensei. Ich habe genug von meinem Chakra implantiert, um mit dir auf die Moeru-Art zu kommunizieren. Das ergibt vielleicht Vorteile für die Zukunft. Ich weiß nicht, ob du es permanent erlernen kannst, und ob es ohne Körperkontakt funktioniert. Aber ab jetzt können wir uns absprechen, ohne Worte benutzen zu müssen.'
Erfreut nickte ich. Was für eine großartige Möglichkeit. 'Das eröffnet uns ein paar Variabeln.'
'Ja, das meinte ich. Sensei, ich beginne jetzt.'
'Beginnst was...', konnte ich noch denken, bevor meine Welt explodierte. Es war eine Sache, irgendwo zu stehen und die Natur um sich zu erfassen, wärend man zugleich etwas roch, die Wärme spürte und den Wind wahrnahm. Es war etwas völlig anderes, wenn man es so bewusst erlebte, als stünde man von jeder Pflanze, jedem Tier und jedem Stein nur einen Zentimeter entfernt. Und das auf einer Fläche von einem Quadratkilometer. Ich war es gewohnt, hatte selbst einen Radius von dreißig Metern permanenter Kontrolle. Aber dieser Eindruck war etwas völlig anderes. Es war beängstigend und bestürzend.
'Wow', dachte ich. 'Wie hältst du diesen Informationsfluss nur aus?'
'Wie hältst du es aus, Sensei? Ich habe schon befürchtet, zu weit gegangen zu sein', erwiderte er.
'Ich ignoriere das Meiste', erwiderte ich.
'Das ist aber nicht Sinn der Übung. Ich gehe auf einen Radius von einhundert Metern zurück.'
Die vielen komplexen Eindrücke verschwanden. Die Flut wich, machte einer beherrschbareren Größenordnung Platz. Damit kam ich gut zurecht. 'Besser.'
'Ja, ich spüre, dass du dich den Eindrücken nicht mehr verschließt, Sensei. Ich denke, dies ist der Bereich, den du eigentlich abdecken können solltest.' Er schwieg einige Zeit. 'Ich bin mir nicht sicher, ob diese Sitzung schon ausgereicht hat, um deine sensorischen Fähigkeiten so weit zu pushen. Eventuell sind weitere Sitzungen notwendig.'
'Das wissen wir nur, wenn wir es ausprobieren', erwiderte ich. 'Zieh dein Chakra zurück. Ich versuche es alleine.'
'Verstanden.'
Ich spürte, wie sein Chakra aus mir wich. Damit schrumpfte auch meine sensorische Welt zusammen. Als er nur noch genug Chakra in mir belassen hatte, um mit mir zu kommunizieren, spannte ich mein eigenes sensorisches Netz aus. Auf einen Schlag konnte ich fast doppelt so weit 'sehen'. Das war ein beeindruckender Erfolg. 'Es hat geklappt!'
'Ja, ich sehe es. Aber du bist noch nicht an deiner Grenze angekommen, Sensei', erwiderte er. 'Da wird noch einiges an Arbeit auf uns zukommen.'
'Das ist nichts, was ich scheue', erwiderte ich. 'Eine höhere sensorische Reichweite kann sich in Zukunft als wichtig erweisen, Kishio. Es muss ja nicht gleich so viel sein wie du erfassen kannst.'
Er lachte lautlos. 'Meine Schwester war noch viel stärker als ich. Sensei, soll ich dich mal bis an meine Grenzen mitnehmen?'
'Nein, danke. Mein Bedarf ist gedeckt. Zumindest für heute. Lass uns Schluss machen, nachdem wir ein wenig mit den Mädchen gespielt haben.'
'Den Mädchen?', fragte er erstaunt.
'Perine schützt sie vor dir. Sehr geschickt. Aber mich kann sie damit nicht austricksen.' Nun nahm ich Kishio quasi bei der Hand und zeigte ihm mein sensorisches Bild der Umgebung. Und in diesem Bild sah man Perine, Mai, Kuzomi und Kuzoko vor der Hütte hocken und lauschen. Ihr Chakra war in Unruhe. Nervosität und Unrast erfüllten sie.
'Warum verstecken sie sich?', fragte Kishio verständnislos. 'Sie hätten auch einfach fragen können. Nicht, dass sie ohne sensorische Fähigkeiten auch nur einen Hauch dessen verstanden hätten, was wir hier tun.'
'Oh, ich bin mir sicher, sie haben andere Beweggründe', erwiderte ich amüsiert. 'Das meine ich übrigens mit spielen.'
'Ich verstehe nicht, Sensei.'
Ich musste lächeln. 'Wusstest du, dass es Mädchen nervös macht, wenn sie sich vorstellen, wie zwei hübsche Jungs wie du und ich Hautkontakt herstellen und sich auch noch umfassen?'
'Aber das ist doch kein Sex, Sensei. Nicht einmal ansatzweise', wehrte Kishio belustigt ab.
'Ich glaube auch nicht, dass sie Sex erwarten. Aber, nun, etwas ähnliches.' Kurz erläuterte ich ihm meinen Plan.
'Wenn du das tatsächlich für notwendig hältst... Also gut.'
Wir unterbrachen den Kontakt unserer Chakren und kehrten beide in die normale Welt zurück. Natürlich tat ein sensorischer Ninja das nie wirklich; ein Teil von ihm scannte immer sein Umfeld. Aber wir fokussierten uns wieder auf die Optik und die Akustik.
Ich öffnete die Augen und bedeutete Suirin sofort zu schweigen, als sie verständlicherweise zu einer Frage ansetzte. Ich erhob mich in einer fließenden Bewegung und schlich mich an die Tür der Hütte. Dann gab ich Kishio ein Zeichen.
"Ich nehme jetzt das Hautöl, Sensei."
"Und du meinst, das ist nötig?", fragte ich.
"Ja. Wir gleiten dann besser. Ich hoffe, es ist nicht zu kalt."
"Etwas. Aber es ist nicht unangenehm. Du solltest es jedoch besser verreiben."
"So?"
"Ja, so ist gut. Kommt jetzt der Körperkontakt?"
"Ja, wenn es dir nicht unangenehm ist."
"Nein. Im Gegenteil, deine Wärme ist sehr komfortabel."
"Ich dringe jetzt in dich ein, Sensei. Sag mir, wenn es unangenehm für dich ist."
"Ich habe keinen Grund mich zu beschweren."
"Gut. Du wirst gleich die Kontrolle über deinen Körper verlieren, Sensei. Aber ich wache über dich. Lass deinen Kopf vertrauensvoll gegen meine Schulter sinken."
"Ist das Chakra nicht etwas groß, mit dem du in mich dringst, Kishio?"
"Kannst du es nicht handhaben? Ein erfahrener Shinobi wie du hat doch keine Angst vor Größe, oder?"
"Ich lege mich vertrauensvoll in deine Hände, Kishio."
"Ist es gut so, Sensei? Oder ist es zu fest?"
"Oh, es ist genau RICHTIG!" Mit einem Ruck riss ich die Tür der Hütte auf. Sie fiel nach innen, und ihr folgten vier Mädchen, die überrascht übereinander purzelten.
Ich musterte sie amüsiert. "Was macht Ihr hier, wenn ich fragen darf?"
"Wie? Ist schon alles vorbei?", fragte Kuzomi aufgeregt. "Und ich dachte, wir... Hey, Moment mal, du liegst ja gar nicht leblos in Kishios Armen! Und Chakra sehe ich auch nirgendwo."
"Kuzomi-chan, psst", zischte ihre Schwester ihr zu.
Ich zog Mai aus dem Wust an Armen und Beinen hervor. Das Mädchen hatte tatsächlich Nasenbluten. "Brauchst du ein Taschentuch?"
"Danke, ja. Muss eine Spätfolge meines Unterzuckers sein", murmelte sie.
Ich stellte sie an die Seite und gab ihr ein Papiertaschentuch von mir. Dann befreite ich Kuzomi, die lediglich enttäuscht wirkte.
P-chan reichte ich nur eine Hand zum Aufstehen, und Kuzoko ebenso.
"Es war nicht nett von euch, lauschen zu wollen", tadelte ich sie. "Und, P-chan, hast du wirklich geglaubt, du könntest vier Personen zugleich vor mir verstecken? Dafür wart Ihr mir doch zu nahe."
"Hätte ja klappen können", murrte sie. "Und? Hat es wenigstens was gebracht?"
"Ich habe meine sensorische Reichweite verdoppeln können."
"Das meinte ich zwar nicht, aber immerhin. Du hast einen großen Fortschritt erziehlt, Mamo-chan."
Ich seufzte leise. Mädchen. Biester. Und liebenswert. Man bekam sie immer nur als Paket, nie allein mit den Eigenschaften, die man an ihnen schätzte. "Also wirklich. Was habt Ihr gedacht, was Kishio und ich hier tun? Oder hat euch allein die Vorstellung angeheizt, wie sich unsere nackten Oberkörper berühren? Nehmt euch mal ein Beispiel an Suirin-kun. Sie war die ganze Zeit bei uns und hat... Suirin-kun, du hast Nasenbluten."
"Was? Oh, habe ich gar nicht bemerkt."
"Wie war es denn?", bestürmte Kuzomi die Kiri-Nin. "Was genau haben sie getan? Und wie haben sie es getan?"
Die Situation war so merkwürdig, ich hätte lachen wollen. Oder weinen. Am besten beides. Ich griff nach meinem Shirt aus Spinnenseide und zog es wieder an. Darauf folge die Weste, und zum Schluss legte ich das Stirnband an. Auch Kishio hatte sich wieder angezogen. "Wenn Ihr nichts dagegen habt, gehen wir schon mal", sagte ich und verließ die Hütte, ohne eine Antwort abzuwarten. Wie ich erwartet hatte, wurde Suirin nun noch mehr mit Fragen bombardiert.
"Meinst du, wir haben ein schönes Bild geboten, Sensei?", fragte Kishio amüsiert.
Ich schnaubte leise. "Für sie reicht es anscheinend. Komm, wir gehen zurück. Es gibt noch das eine oder andere für mich zu tun in Genta-No-Son." Ich ging in den Step.
"Ja, Sensei", erwiderte Kishio und folgte mir.
Merkwürdig, ich hatte gehört, was er gesagt hatte, nachdem ich in den Step gegangen war. Meine verbesserten sensorischen Fähigkeiten waren gewöhnungsbedürftig, aber sehr interessant. Diese Erkenntnis stellte mich zu recht zufrieden.
***

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Es war ein gutes Gefühl, zu wissen, dass man an einem Defizit gearbeitet hatte, und das erfolgreich. Die gemeinsame Sitzung mit Kishio am gestrigen Morgen hatte zum gewünschten Erfolg geführt, und ich konnte jetzt permanent einen Radius von sechzig Metern um mich herum erfassen. Selbst wenn ein Ninja mit Step auf mich zukam, hatte ich mindestens eine Sekunde Reaktionszeit. Ich fühlte mich dadurch... Vollwertig. Auf jeden Fall besser. Mein Ego stieg, mein Selbstbewusstsein erreichte schwindelnde Höhen. Für meine Begriffe, wohlgemerkt. Ein anderer als ich hätte diesen trunkenen Zustand mit vorsichtig optimistisch umschrieben. Dazu kam, dass die Arbeit mit meinen Genin gut verlief. Sehr gut sogar. So gut, dass ich mich ernsthaft fragte, wann der erste Einbruch kommen würde. Wann, zum Beispiel, würden sie auf Kishio eifersüchtig werden? Wann würden Shinji und Kira um eines der Mädchen rangeln? Um Mai, um Kuzomi, oder sogar um die eine ganze Ecke ältere Kuzoko? Oder noch schlimmer, um P-chan? Wann würde ihre Rivalität einkicken? Wann würde Mai in ihr altes, deprimierendes Verhalten zurückfallen, ihre Leistungen negieren, ihre Fortschritte nicht mehr sehen, allgemein schlecht drauf sein und mir die Schuld in die Schuhe schieben? Womit sie auch noch Recht gehabt hätte.
Okay, okay, vielleicht machte ich mich da auch ein wenig selbst verrückt, aber meine bisherige Lebenserfahrung besagte eindeutig, dass es, wo es Licht gab, nun mal auch Schatten gab. Das war unumstößlich. Nichts ging auf Dauer gut. Und nirgendwo, wo Menschen interagierten, gab es einmal keine Missverständnisse. So gesehen wartete ich regelrecht auf die erste wirkliche Krise, die wie ein reinigendes Gewitter sein würde. Hoffentlich. Bis zu einem gewissen Punkt war es immer zu begrüßen, wenn sich Spannungen entluden. Solange es keine Toten gab. Solange niemand schwer verletzt wurde. Solange nicht Dinge gesagt und getan wurden, die nie wieder verziehen werden konnten. Es war meine Aufgabe, darauf zu achten, dass keiner meiner Genin so etwas tat oder erlebte. Sie hatten alle noch einen weiten Weg vor sich, der sehr erfolgreich verlaufen konnte, wenn sie es zuließen. Bereits das, was sie mir beim Glöckchenspiel gezeigt hatten, war eine gute Leistung für Genin frisch von der Akademie gewesen. Und mit Kishio und den Spinnen war auch ihr Genjutsu-Defizit ausgeglichen worden. Sie hatten alle drei eine gute Chance, Chunin zu werden, oder sogar in die Jounin-Ränge aufzusteigen. Das sah ich bei Kishio ähnlich, was aber wiederum davon abhing, welchen weiteren Lebensweg er für sich wählen würde. Er war ein Goldschatz durch sein Kekkai Genkai, den Konoha sicher nur zu gerne heben würde. Nur ich stand zwischen ihm und dem unweigerlich kommenden Versuch, ihn zu vereinnahmen. Ließ ich zu, dass er vereinnahmt wurde, zum Beispiel von den ANBU, konnte er Jounin werden. Ließ ich das nicht zu, sondern stellte mich beschützend vor ihn, verlangte, das er ausschließlich mit mir unterwegs war, versperrte ich ihm die Ninja-Ränge Konohas. Über diesen Punkt würden wir erst reden können, wenn ich mit der Hokage gesprochen hatte. Kishio konnte sehr wertvoll werden. Sehr, sehr wertvoll. Und genau deshalb war er sogar in Konoha in einer gewissen Gefahr. Wenn ich an die Gerüchte über die ANBU-NE dachte, wollte ich besser nicht die Wahrheit über sie wissen.
Es galt also, für alle drei - vier - die Weichen für die Zukunft zu stellen, so gut ich konnte. Und das war schwer, weil wir uns effektiv erst eine gute Woche kannten. Auch einer der Gründe, warum ich eine Krise herbei sehnte. Ich würde sie besser einschätzen können, wenn ich hinter ihre Maske würde blicken können. Ich musste nur aufpassen, dass dabei niemand starb. Immerhin, wir waren Ninjas. Und damit waren die anderen Möglichkeiten, durch die sie sterben konnten, noch nicht einmal erwähnt worden. Sie waren Ninjas Konohas, und Konoha hatte genügend Feinde. Dazu kamen jene Leute, mit denen ich es mir persönlich verscherzt hatte. Unter anderem einem knappen Viertel von Kumogakure, weil mein Team ihre Teams aus dem Chunin-Examen geworfen hatte. Und da war immer noch ein gewisser Jardin Nabara, dem ich das Finale versaut hatte. Selbst wenn er mittlerweile zum Chunin oder gar zum Jounin aufgestiegen war, er würde mich hassen wie die Pest. Und damit auch meine Genin. Und, um die Sache noch zu verkomplizieren, hatte Kira auch noch Verwandte in Kumogakure. Hier spielten also auch noch Familienbande eine Rolle, die ich berücksichtigen und schonen musste. Es hatte seine Gründe, warum ich meinen zweiten Besuch in Kumogakure bisher nicht angetreten hatte. Gut, abgesehen von Faulheit, Überbeschäftigung, schlechtem Timing und unzureichender Motivation. Was nur einige der Gründe waren. Ha.
Aber diesmal musste ich gehen, auf Wunsch des Raikage, was so gut wie ein Befehl war, und anstatt mich auf Omoi, Sarui und Kamui zu freuen, machte ich mich mit den kommenden Problemen verrückt. Hm, vielleicht hatte ich deshalb bis heute überlebt.

"Das war ein anständiges Dai Endan, Mamo-chan", klang eine Stimme direkt hinter mir auf. Ich zuckte zusammen, als ich erschrak, und noch bevor ich etwas sah, hatte ich schon ein Kunai in der Hand. Doch bevor ich damit herumwirbeln und angreifen konnte, hatte die Information mein Gehirn erreicht, dass es Ranmas Stimme gewesen war. Mit einem Laut, gemischt aus Empörung, Erleichterung und Resignation, ließ ich die Waffe sinken, bevor ich sie richtig erhoben hatte. "Da freut man sich gerade noch, dass man seine sensorischen Fähigkeiten verbessern konnte, und dann führst du sie ad absurdum, Ranma", tadelte ich.
Der große Affenkrieger griente mich an. "Tut mir leid. Ich konnte nicht widerstehen, herauszufinden, wie gut deine verbesserten sensorischen Fähigkeiten wirklich sind. Ich finde es gut, dass du mich nicht bemerkt hast."
"Oh, danke. Und das meine ich ernst. Immerhin hast du ein Defizit aufgedeckt."
"Nicht nur das. Ich habe auch festgestellt, dass es da noch Dinge gibt, die ich dir beibringen kann. Also werde ich noch einige Zeit dein Sensei bleiben können. Und das ist ein sehr beruhigender Gedanke." Burschikos legte er den rechten Arm um meine Schulter. "Ich und mein Schüler. Schätze, in das Tagebuch kommen noch ein paar Kapitel."
Dies sagte er so überzeugend, so jovial, dass ich ihm vorbehaltlos glaubte. Ranma war schon immer ein sehr guter Krieger gewesen, und ein noch viel schlechterer Lügner. Er trug sein Herz stets auf der Zunge. Nun ja, fast stets, denn was Akane anging, war er ein, nun, wirklicher Idiot. Ein noch viel größerer Idiot als ich vor fünf Jahren, denn er wusste, dass er in Akane verliebt war, und das diese Liebe zumindest nicht auf Ablehnung stieß. Aber in den letzten fünf Jahren hatte er, sie betreffend, noch keine Fortschritte gemacht. Aber alles in allem liebte und verehrte ich meinen Affen-sensei, und mir graute vor dem Tag, an dem wir gleichwertige Krieger sein würden, weil ich ihn eingeholt hatte.
"Aber wirklich, Mamo-chan, dein Dai Endan war ganz hervorragend. Das war schon keine Flammenzunge mehr, das war schon mehr ein Feuerball, ein Goukakyu. Allerdings pflegen die nicht sechzig Meter lang zu sein." Seine Rechte zottete durch meine schwarzen Haare. "Mensch, wie stark willst du denn eigentlich noch werden?"
"Ich weiß nicht. Bis sich keiner mehr traut, sich mit Konoha anzulegen, weil es mich gibt?", scherzte ich.
Für einen Moment sah mich Ranma fassungslos an. Dann aber grinste er. "Es ist nicht verkehrt, sich hohe Ziele zu setzen. Und ich weiß ganz genau, dass du dir in den großen und kleinen Ninja-Dörfern bereits einen Ruf erworben hast, spätestens seit du Dutzende Ninjas im Land der Steine aus Orochimarus Labor gerettet und nach Hause geschickt hast. Das wird auch deinem Ruf in Iwagakure gut tun, den du damals versaut hast, als du dich im Land der Reißzähne mit einigen ihrer Agenten angelegt hast. Wie viele Stunden hast du unter Wasser verbracht, um ihnen zu entkommen?"
Ich antwortete etwas kleinlaut: "Etwa zwanzig. Und es war sehr kalt."
"Aber es war gut für deinen Ruf. Für die Iwa-Nin bist du vollkommen spurlos verschwunden. So baut man sich eine Legende auf, Mamo-chan. Und ein guter Ruf ist manchmal besser, als unbesiegbar zu sein. Sprichwörtlich gesehen, meine ich."
"Hm. Wo du gerade die Verfolgungsjagd auf Kabuto und das Labor im Land der Steine erwähnst, Ranma... Yugao-chan hat mir so einen Floh ins Ohr gesetzt, und jetzt wo ich wieder an letzten Monat denken muss... Merkwürdig, es kommt mir vor, als wäre es schon Jahre her..."
"Was für einen Floh?"
"Sie sagte, es wäre nicht nur für mich an der Zeit, die schwierigeren Katon-Jutsu zu meistern, die Konoha mir beibringen kann, sondern auch ein eigenes Jutsu zu kreieren. Meine eigene Trumpfkarte, sozusagen. Meine Spitzenkunst, oder zumindest eine von vielen weiteren, die ich einmal an jüngere Katon-Nutzer weitergeben kann. Oder an Kakashi, wenn er mich mit seinem Sharingan beobachtet."
"Oder das", bestätigte Ranma grinsend. "Und, was beschäftigt dich jetzt?"
Ich betastete mit der rechten Hand mein Gesicht. "Weißt du, als ich mit Kabuto und diesem Wasserbengel alleine in einem Raum war, als mein Verwandlungs-Jutsu aufflog, da habe ich ein Dai Endan ausgespuckt. Ich bin aus dem Raum geflohen, meine Haut war verbrannt, und ich hatte schon damit gerechnet, besser zu den ANBU zu wechseln, wegen den Gesichtsmasken, weil ich nun bald ein Gesicht haben würde, das nur eine Mutter lieben konnte. Ich hatte Verbrennungen zweiten und dritten Grades. Am Gesicht, an den Händen, auf meinem Körper. Mein eigenes Feuer tut mir nichts, aber das sekundäre Feuer von jenen Dingen, die ich in Brand gesetzt hatte, die Flammen, die nicht mit meinem Chakra durchsetzt waren, haben mir ordentlich zugesetzt. Gut, es waren keine Verbrennungen vierten Grades dabei, und ich hatte auch nur wenige Schmerzen. Zudem verbrennen Katon-Nutzer nicht so leicht wie andere Menschen. Aber es ist doch ein Wunder, dass deine Schwester mein Gesicht restaurieren konnte."
Ranma nahm den Arm von meiner Schulter, stellte sich vor mich. Er griff nach meinem Kinn, bewegte es hin und her und studierte ausgiebig mein Gesicht. "Sie hat sehr gute Arbeit geleistet. Aber was Feuer angeht, hast du sehr gutes Heilfleisch. Dein Körper ist Feuer gewöhnt, deshalb heilst du schneller und verbrennst nicht. Du leitest die Hitze der Flammen automatisch in den ganzen Körper ab, was dazu führt, dass sich die Gesamttemperatur erhöht, aber die Verbrennungen nicht so schwer werden. Erst wenn deine Körpertemperatur über einundvierzig Grad steigt, verbrennst du wirklich. Und das auch nur durch fremdes Feuer." Er ließ mein Kinn fahren. Sein Blick drückte seine tiefe Zufriedenheit aus. Ich fühlte mich ihm näher als je zuvor, auch wenn er mich gerade erst behandelt hatte, als wäre ich noch zwölf Jahre alt. Aber er sorgte sich um mich, sorgte für mich. Er war wie der große Bruder, den ich nie gehabt hatte.
"Wo also ziehst du den Zusammenhang zum Wahnsinn, in einem geschlossenen Raum unter der Erde ein Dai Endan zu zünden, der Heilkraft meiner Schwester und der Aufforderung deiner Lehrerin Yugao-chan, eigene Katon-Jutsu zu entwickeln?"
Ich druckste leise. "Mir schwebt da tatsächlich ein Jutsu vor. So etwas ähnliches wie die perfekte Verteidigung der Hyuugas, nur ohne toten Winkel, und vielleicht noch effektiver."
"Was immer es ist, es wird ein ganz schöner Chakra-Fresser sein. Willst du so etwas wirklich trainieren, knapp drei Wochen vor der Affenparty?"
"Ist ein gutes Argument, aber wenn alle Stricke reißen, nehme ich eine Soldatenpille der Affen. Dann habe ich garantiert genug Chakra."
"Und fällst anschließend ein bis zwei Wochen aus", tadelte Ranma. "Ist dir dieses Jutsu so wichtig?"
"Ja, ist es. Und ich..." Halb wandte ich mich nach hinten. "Und ich würde es gerne geheim halten, Suirin-kun. Deshalb wirst du nicht dabei sein."
Die junge Ninja entstand vor mir aus dem Step, kniend, die rechte Faust auf den Boden gepresst. "Verzeihung, Mamoru-sama, ich wollte dich nicht belauschen. Zumindest nicht absichtlich. Ich bin auch gerade erst gekommen..."
Ich gab einen leisen, knurrenden Laut von mir.
"Gut, gut, ich bin schon ein paar Minuten hier. Ich habe Ranma-sama gesehen und wollte mit ihm sprechen, um unsere weitere Wachaufgaben abzusprechen. Es war wirklich ein Zufall, dass ich das Gespräch mit angehört habe." Sie lächelte. Nun, zumindest versuchte sie es. "Und ich würde zu gerne dieses Jutsu sehen, dass du entwickelt hast, Mamoru-sama."
"Entwickeln werde. Bisher ist da nur die Idee", sagte ich abwehrend. "Und ich kann dich wirklich nicht zusehen lassen. Außer, ich verwende es im Kampf gegen dich."
Übergangslos stand der blonden Shinobi Schweiß auf der Stirn. "D-das war doch hoffentlich ein Scherz, Mamoru-sama. Ich kann mir Besseres vorstellen, als in dein Dai Endan zu geraten. Oder in Schlimmeres."
"Wir wissen nie, was die Zukunft bringt. Und sollte ich jemals gezwungen sein, gegen Kirigakure zu kämpfen, hätte ich gerne die eine oder andere Überraschung", erwiderte ich.
"N-natürlich, Mamoru-sama, das verstehe ich. Letztendlich sind wir alle Shinobi. Aber... Wenn ich es nicht sehen darf, verrätst du mir wenigstens den Namen deiner neuen Kunst?"
Oh, ich muss zugeben, ich hatte genau eine ziemlich schlimme Schwäche. Eine sehr, sehr schlimme Schwäche, und die hatte nichts mit Frauen im engeren Sinne zu tun, auch wenn man das vermuten konnte. Aber ich hatte mich bis zum Chunin-Examen immer zurückgehalten, so gut wie ich konnte, um nicht aufzufallen und womöglich bemerkt zu werden, was meinen sofortigen Abzug durch den Rat des Clans Nara bedeutet hätte, zumindest nach meinen damaligen Befürchtungen. Erst nach meiner Ernennung zum Chunin waren mein Ego und mein Selbstvertrauen nach und nach aufgeblüht, und seither arbeitete ich ein riesiges Defizit an nicht erhaltener Aufmerksamkeit und Bewunderung ab. Und Suirins Blick war so voller Bewunderung und Erwartung, dass sich der innere Mamoru die Rechte vor die Stirn schlug und leise lamentierte, dass ich auf diese Augen hereinfallen würde. Definitiv. Und er hatte Recht.
Ich räusperte mich. Mit dem Namen gab ich auch teilweise Informationen über die Technik preis. Aber noch war es ja nur ein Arbeitsname. "Higatsuku no Kara."
"Der Feuer fangende Körper?", übersetzte sie mit glitzernden Augen. "Jetzt bereue ich es umso mehr, dass ich die Technik nicht sehen werde. Und ich hoffe, dass ich sie nie sehen werde, sollten wir einmal Feinde sein."
Abwehrend hob ich beide Hände. "Suirin-kun, diese Technik soll sowas wie mein letzter Ausweg werden. Vielleicht, wenn ich an ihr feile und sie gut trainiere, wird sie eines Tages wie mein Dai Endan sein. Aber bis dahin werde ich sie als das trainieren, als das ich sie erdacht habe." Ich räusperte mich. "Ich werde mich mit meinen Genin und den Affen nach dem Morgentraining in die Wiesen der Flussmündung begeben. Kishio wird das Umland überwachen. Dennoch verlasse ich mich auf dein Wort, das kein Kiri-Nin versucht, mein Training zu beobachten."
"Das hast du selbstverständlich, Mamoru-sama", sagte sie mit einem Lächeln.
"Und auch keine beschworenen Tiere, Übertragungsmedien, Fernrohre, und was dir sonst noch so einfallen wird, Suirin-kun", mahnte ich.
"Ahahaha, Mamoru-sama, wie kommst du nur darauf, ich könnte an so etwas gedacht haben? Hahaha."
"Nun, weil ich daran gedacht hätte, und weil ich es tun würde", sagte ich trocken. "Immerhin sind wir Ninja und zuerst unserem Dorf und unserer Nation verpflichtet, Suirin-kun. Deshalb kann ich dich auch nicht tadeln. Ich kann dich nur bitten."
Ein Ruck ging durch ihren Leib. "Das musst du nicht, Mamoru-sama. Auch wenn es mir schwerfällt, ich gebe dir mein Wort und werde es halten."
Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Danke, Suirin-kun. Ich weiß das zu schätzen. Und davon einmal abgesehen dürftest du ja schon genug Daten über mich gesammelt haben, oder?"
"Noch lange nicht genug, um den aktuellen Stand des ewigen Chunins einschätzen zu können", murmelte sie.
"Hast du was gesagt?"
"N-nein, Mamoru-sama. Ich informiere meine Leute."
Ich hielt sie am Kragen fest, als sie in den Step gehen wollte.
"Mamo...ru-sama?", fragte sie irritiert.
"Wolltest du nicht den Wachturnus mit Ranma besprechen?"
Die blonde Kunoishi schlug sich die Rechte vor die Stirn. "Ach ja. Danke, Mamoru-sama."
"Viel Spaß. Ich gehe derweil vor."
"Und wohin gehst du?", fragte Ranma.
"Zum Morgentraining natürlich." Ich nickte den beiden zu, dann verschwand ich für sie per Step.
Mein Weg führte mich zu meinen Genin. Meinen Genin... Noch immer hatte dieser Gedanke einen merkwürdigen Widerhall, so als müsste ich ihn mir irgendwie doch erst noch verdienen. Und ich war entschlossen, dies zu tun.
***
"Du hast mich rufen lassen, Raiden-sama?", klang die Stimme eines hochgeschossenen, hageren Mannes auf, als er die helle Terasse des Wohnhauses betrat. Die Plattform lag in achtzig Metern Höhe und ermöglichte dem alten Mann, der hier in seiner Liege lag und den Wind auf seinem Gesicht spürte, einen hervorragenden Ausblick auf den Hauptsitz des Raikages im Nordwesten.
Eine Zeitlang geschah nichts auf die Worte des Hageren, und er befürchtete schon, Raiden-sama hatte ihn nicht gehört oder war eingeschlafen, als der alte Mann eine Hand hob. "Moment, Nabara-kun. Nur noch diesen letzten Absatz." Wieder verging eine gute Minute, und endlich legte der alte Mann ein Buch beiseite, nicht ohne ein Lesezeichen hinein zu legen. Er wandte sich dem Neuankömmling zu und winkte ihn näher. "Jardin Nabara. Tritt näher."
Der hagere Mann tat, wie ihm befohlen worden war. Vor der Liege ging er auf ein Knie und senkte respektvoll das Haupt. "Raiden-sama. Ich bin hier auf deinen Befehl."
Der alte Mann nickte huldvoll beim Respekt, den der Chunin ihm zeigte. "Wie weit sind deine Vorbereitungen gediegen, um die große Schmach von deinem ersten Chunin-Examen zu tilgen, junger Nabara?"
Die Miene des Mannes verzerrte sich vor Hass. Aber er zwang dieses Gefühl nieder, bis sein Gesicht nicht länger seine Seelenzustand wiederspiegelte. "Gut, Raiden-sama. Ich habe aus unseren Kreisen zwanzig gut ausgebildete Shinobi rekrutiert. Sie werden mir helfen, meine Rache an Mamoru Morikubo zu bekommen." Ein verächtliches Grinsen legte sich auf seine Züge. "Es war ein großer Fehler von Morikubo, nach Kumogakure zu kommen und sein Kommen auch noch anzukündigen. Ich hatte mehr als genügend Zeit, um meine Leute zu trainieren. Wir werden ihn ausradieren. Das heißt, ich werde ihn ausradieren, und meine Leute sorgen dafür, dass ich dabei nicht gestört werde. Was mit seinen Genin geschehen wird, nun, nicht, das es mich interessiert."
"Gut. Du bist entschlossen und willig." Raiden-sama griff auf den Beistelltisch neben seiner Liege und reichte einen Packen Fotos an Jardin Nabara weiter. "Die Bilder von Morikubo und seinen Genin stammen direkt aus den Büro des Raikage. Ein Vertrauter hat sie dort für mich kopiert. Studiere sie gut, vor allem das von Morikubo. Die anderen Fotos zeigen seine Affenkrieger. Er reist mit vier von ihnen. Ich habe einen ANBU darauf angesetzt, der mir noch einen sehr großen Gefallen schuldet, aber selbst er musste die Fotos der Affen auf große Entfernung schießen und hat sich dabei erheblich in Lebensgefahr gebracht. Zudem wurde mir berichtet, das Morikubo drei weitere Begleiter hat, von denen weder Fotos existieren, noch kennt man ihre Fähigkeiten. Es ist fast so, als wären sie aus dem Nichts entstanden."
Nabara zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen. Immer, wenn er dachte... Immer, wenn er meinte, endlich würde er für die Demütigung in der Kumo-Arena Rache nehmen können, konfrontierte ihn Morikubo mit einer neuen Situation und vereitelte seine Pläne. Aber nicht diesmal, garantiert nicht diesmal. Nabara hatte einkalkuliert, das der Konoha-Nin nicht nur mit seinen Genin kommen würde und dementsprechend eine große Angriffstruppe aufgestellt. Zwei von ihnen waren zudem Suiton-Nutzer. Ihr Wasser würde das Feuer Morikubos auskontern. Das hatte dann zwar nicht mehr viel von einem Zweikampf, aber das war dem Kumo-Nin egal. Er wollte endlich Rache, mit dieser Geschichte abschließen, sich selbst beweisen, dass er besser als der Konoha-Nin war. Ihn töten und die Geschichte beenden, endlich beenden.
"Willst du, das ich deine Gruppe vergrößere?", fragte Raiden-sama.
Dies ließ ein hämisches Grinsen über das Gesicht den Kumo-Chunin gleiten. "Nein, Raiden-sama. Ich habe mit so einer Reaktion gerechnet. Diesmal wird ihn nichts und niemand davor bewahren, von mir zerquetscht zu werden."
"Gut. Du hast einen Tag Zeit, um deine Gruppe an die Landesgrenze zu führen. Es ist mir gelungen, den Übergangspunkt, den Morikubo gewählt hat, aus den offiziellen Informationen herauszuhalten. Das Empfangskomitee wird über einhundert Kilometer entfernt sein und umsonst warten. Die Kiri-Nin, die Morikubo und seine Leute eskortieren, werden auf ausdrücklichen Wunsch des Raikages an der Landesgrenze zurückbleiben. Und genau das wird dir Möglichkeiten bieten."
Jardin Nabara strahlte beinahe, als er sich die vielen Möglichkeiten ausmalte, die sich ihm boten, um Morikubo endlich zu vernichten. "Danke, Raiden-sama. Ich weiß die Gelegenheit wirklich zu schätzen!"
Die Rechte des Alten legte sich auf seinen linken Oberarm und drückte mit unheimlicher Kraft zu. "Jardin Nabara. Solltest du versagen, hast du alleine gehandelt. Falls du dein Versagen überleben solltest, werde ich jedes Wissen leugnen, was dich betrifft. Du hast allein gehandelt. Und du stirbst allein. Keine Spur wird zu mir führen."
"Das versteht sich von selbst, Raiden-sama", sagte er gepresst, weil der Griff des Alten immer schmerzhafter wurde.
Übergangslos ließ Raiden-sama seinen Unterarm wieder los. "Da das jetzt geklärt ist, wünsche ich dir viel Glück. Du brichst sofort auf."
Nabara erhob sich und verbeugte sich steif in der Hüfte. "Zu Befehl, Raiden-sama." Er wandte sich um und ging wieder ins Haus, um es wie ein gesitteter Mensch verlassen zu können. Eben wie jemand, der seinen Großonkel mütterlicherseits besucht hatte, nicht wie ein Ninja, der Teil einer Verschwörung war, dessen Ziel es war, erneut einen Krieg mit Konoha auszulösen. Der Mord an einem Konoha-Chunin würde die ach so guten Beziehungen erschüttern. Und auch wenn es keinen Krieg geben würde, so bekam Nabara doch eines: Endlich seine langersehnte Rache. Und darauf freute er sich so sehr, dass er beinahe in den Step gegangen wäre.
***
Obwohl ich Gestern morgen wegen zu fettigem Essen gekotzt... Obwohl ich mich hatte übergeben müssen, freute ich mich auf Tsubasas Essen sehr, denn sie verstand es, aus nur wenigen Zutaten etwas zu zaubern. Ein klein wenig erinnerte mich ihr Kochstil an meine Mutter, und das war ein riesiges Lob. Wie sagte Mutter immer? "Versuche nicht, so zu kochen, dass es anderen schmeckt. Koche so, dass es dir schmeckt, und der Rest wird sich finden." Nun, mit dieser Philosophie betrieb sie ein eigenes, stets ausgebuchtes Restaurant.
Als ich mich nach einem fröhlichen "Mahlzeit" an den Tisch gesetzt hatte, stutzte ich nur kurz über die Stille am Tisch. Das passte so ganz und gar nicht zu dieser sonst so fröhlichen Familie. Dass aber auch meine Genin schwiegen, dass sie regelrecht angespannt und aufmerksam waren, gab mir zu denken. Was stimmte hier nicht?
Dankbar nahm ich eine Schüssel Reisnudeln entgegen. Tsubasa wusste eben, was ich zum Frühstück mochte. Während ich die erste Portion in die Soßenschale tunkte, sagte ich wie nebenbei: "Mai, Kira, Shinji, ich werde heute ein neues Katon-Jutsu erfinden. Ihr werdet mir nach dem Training dabei helfen."
"Wirklich?", entfuhr es Shinji. Seine Augen begannen zu strahlen, und beinahe wäre er aufgesprungen. Aber die Aufregung verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Er hüstelte sich verlegen. "Du kannst auf uns zählen, Sensei. Das wird bestimmt spannend."
"Ja, bestimmt", murmelte Mai. Hm, nahm sie mir die Sache von Gestern etwa übel? Zugegeben, seit Kishio bei uns war, hatte ich weniger Zeit für die anderen. Was war zum Beispiel mit dem Wind-Jutsu, das ich Mai und Shinji hatte beibringen wollen? Gut, ich hatte es ihnen beigebracht, und ich nahm jeden Morgen die Fortschritte ihrer Übungen ab, aber ich hätte ihnen schon zwei oder drei mehr beibringen können. Fand ich zumindest. Ich bekam ein schlechtes Gewissen, als ich Mai ansah.
Und Kira... Zwar hatte ich ihm meine Kata beigebracht, und auch Kishio übte mit ihm einige klassische Kata der Moerus, die ich nebenbei gesagt sehr interessant fand. Aber ich hatte keine Blitz-Affinität, daher war ich für seine Raiton-Natur mehr ein Stolperstein als eine wirklich Hilfe, geschweige denn ein Sensei. Deprimiert stellte ich fest, dass es mit meinem Ego immer noch nicht so weit her war. Ein klein wenig Schuldbewusstsein, und ich fiel in alte Muster.
Kira sah mich gespannt über seine Reisschüssel an, so als erwarte er etwas von mir. Hm, das passte zumindest nicht ins Bild. Ein Verdacht keimte in mir auf. Ich erinnerte mich an vorletzte Woche, als ich Lee den Vortritt in den Klassenraum gelassen hatte, in dem meine Genin auf mich gewartet hatten. Da war die Sache mit dem Schwamm gewesen, der statt auf meinem auf Lees Kopf gefallen war. Ob sie hier wieder einen Streich vorbereitet hatten? Möglich war es. Man konnte es ihnen auch nicht übelnehmen. Immerhin kam ich meinen Pflichten als Sensei nicht so sehr nach wie meinen eigenen Interessen. Schließlich hatte ich gestern mein Jutsu trainiert, anstatt mit ihnen zu arbeiten. Wenn das so war, dann hatte ich alles Recht der Welt, mich dagegen zu "wehren". Und dazu musste ich nur herausfinden, was geplant war. Und wer daran beteiligt war. Mein Blick ging zu Suzume, die reichlich nervös wirkte und beinahe ihre Trinkschale fallen gelassen hätte, als ich sie ansah. Kleine Schwester, du etwa auch?
Dann wanderte mein Blick zu Genta, der ihn nervös erwiderte. Aha, er hing also mit drin und kam nicht mehr raus aus der Nummer. Das machte es gelinde gesagt interessant. Sehr interessant.
Dann sah ich zu Kishio, der meinen Blick angespannt erwiderte. Auch er spürte, das hier im Raum etwas nicht stimmte, wusste aber nichts darüber. Ihn konnte ich als Beteiligten wohl ausschließen. Er war genauso verwundert wie ich. Wer bot sich also als Informationsquelle an? Wer würde unter ein wenig Druck zusammenbrechen und mir verraten, was ich wissen wollte?
Mein Kopf ruckte herum. Ich fixierte Kuzomi. Durch diese Bewegung erschrak sie sich so sehr, dass sie alles, was sie in Händen hielt, in die Luft warf.
"Schreckhaft, mein kleines Spinnchen?"
Die junge Frau, über und über mit Reis und Miso-Suppe bedeckt, sah mich belämmert an. "Äh, was?"
"Na, deine Reaktion war etwas untypisch für einen normalen Esser. Hast du ein schlechtes Gewissen?", bohrte ich nach.
Ihre Rechte ging zum Mund. Eine klassische Lügner-Geste. "N-nein, warum sollte ich denn ein schlechtes Gewissen haben, Sensei. Ahahahaha. Ausgerechnet ich."
Gut, das nahm ich ihr ab. Ihre Augen waren klar. Sie war nicht involviert. Aber sie wusste mit Sicherheit, was hier gerade geschah. "Also macht dir etwas zu schaffen? Ein Geheimnis vielleicht?", fragte ich mit einem übertrieben freundlichen Lächeln. "Darf ich es erfahren?"
Sie wich ein Stück zurück. "I-ich... Entschuldige mich, Sensei, ich sollte mich waschen." Sie erhob sich, nickte in Kiras Richtung und eilte in Richtung Bad.
Mist. Nur etwas mehr Druck, und ich hätte sie gehabt, wo ich sie hatte haben wollen.
"Du brauchst sie nicht zu ärgern, Sensei. Wenn du wissen willst, was hier los ist, kann ich es dir auch sagen", sagte Kira.
"Kira-kun!", rief Suzume entsetzt. "Wir hatten doch vereinbart, dass..."
Erstaunt riss ich die Augen auf. Erst hatte ich dem Jungen über Umwege beibringen müssen, was eine Frau genau war, und jetzt hatte er gleich zwei Freundinnen? Sein Spinnenmädchen und Suzume? Okay, das war so unglaubwürdig, das es beinahe schon wieder möglich war.
"Irgendwann muss es ja doch raus, wenn es noch passieren soll, solange Mamo-chan hier ist", murmelte er in ihre Richtung. "Also werde es lieber gleich los, Suzume-chan."
Die Spannung am Tisch erreichte nie geahnte Höhen. Suzume? Doch Suzume? Ich fühlte mich wie im Fokus eines Raiton-Jutsu. "Ja, kleine Schwester?", fragte ich höflich, doch äußerst angespannt.
Verlegen sah sie mich an, dann druckste sie und sah wieder weg.
Ich sah zu den Affenkriegern herüber, die so taten, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Alle bis auf eine. "Akane."
Das Mädchen fuhr kräftig zusammen. "I-ich weiß nichts! Ich weiß gar nichts! Und bevor du dein Katon einsetzt, Mamo-chan, du wirst doch sicher nicht Genta-sans Haus einreißen wollen. Oder den süßen kleinen Shinnosuke gefährden wollen."
Ärgerlich schlug ich auf den Tisch. Ein Wunder, dass Tsubasa mir das durchgehen ließ, ohne mich stantepede vor die Tür zu setzen. "Verdammt noch mal, ich will jetzt wissen, was los ist! Einer wird mir jetzt antworten! P-chan!"
Die blonde Affenkriegerin seufzte laut und innig. "Suzume, nun frag ihn doch endlich. Lange bleiben wir nicht mehr hier. Und du weißt wie lange es dauert, bis er sich bequemt, mal wieder vorbei zu schauen."
"J-ja, ich weiß ja. Aber es ist nicht so leicht."
Okay, P-chan war relativ neutral. Dann war es mit Sicherheit kein Antrag meiner kleinen Wahlschwester. Moment mal, Antrag? Wollte sie mir etwa gerade erklären, dass... Meine Kinnlade sackte heran.
"Um Himmels Willen, ich glaube, er hat es herausgefunden. Wir sollten besser in Deckung gehen", murmelte Ryoga und rückte vom Tisch ab. "Sicher ist sicher."
Doch es lag mir fern, das Esszimmer in eine Flammenhölle zu verwandeln. Noch nicht, zumindest. "Suzume, du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass du einen Freund hast? Ich meine, du bist doch noch so..."
"Nein! Nein, nein, wirklich nicht, Onii-chan! Ich habe keinen Freund!"
Ich wusste nicht, wieso, aber ich atmelte erleichtert aus. Mir war klar, das das kein Zustand für die Ewigkeit war; Suzume musste irgendwann einmal einen Freund haben, später einen guten Mann heiraten und eine eigene Familie gründen und glücklich werden. Das konnte ich ihr nicht bieten. Nicht nur, weil ich meine eigene fünfköpfige Gruppe von heiratswütigen Frauen hatte, sondern auch, weil ich ihr gegenüber einfach nicht so empfand. Sie würde nie mehr für mich sein als die kleine Schwester, die ich dennoch innig liebte. Damit stand sie auf einer Stufe mit Anne-chan.
"Na, dann ist ja gut. Ich meine, nichts ist gut. Das Leben besteht nun mal aus Veränderungen, und auch du wirst eines Tages mal..."
"Ich ziehe in die Burg!", sagte sie hastig, mir das Wort abschneidend.
"Was?", machte ich erstaunt. Dann räusperte ich mich. "Tsubasa?"
Tsubasa räusperte sich. "Ist schon alles abgesprochen. Sie bekommt dort eine Ausbildung als Köchin und eine Erziehung als Beamte. Tsukasa nimmt sich ihrer an. Du kennst Tsukasa noch? Die junge Frau, die du gerettet hast, Mamo-chan?"
Ja, ich erinnerte mich gut an die Frau, die gegen ihren Willen mit dem alten Daimyo hatte schlafen und ihm zu Diensten sein müssen. Es freute mich zu hören, dass sie immer noch in der Burg lebte und augenscheinlich diplomatische Arbeit verrichtete. "Warum Köchin und Beamte?", fragte ich verwundert.
"Darauf hat Koji-sama bestanden", erzählte Suzume hastig. "Ich koche mittlerweile so gut wie meine große Schwester, und er hat vor mir gekniet und mich inständig gebeten, auch für ihn zu kochen. Was blieb mir da anderes übrig als ja zu sagen?" Sie seufzte. "Männer. Ich wollte ja nur Beamte werden."
"Na, da gratuliere ich dir aber. Das ist ein großer Schritt für dich, raus aus Genta-No-Son."
"Ach, das ist nicht so wild. Ich bin ja eh öfters da", sagte sie, mit der Rechten abwinkend. "Es war die logische Entwicklung. Ich musste nur etwas finden, was mir gefällt. Und eine Karriere als Verwaltungsbeamtin ist genau das Gleiche, was du gemacht hast, als du die Burg erobert hast, Onii-chan." Ihre Augen leuchteten bei diesen Worten. Sie bewunderte mich, sie bewunderte mich wirklich.
Innerlich zerschmolz ich wie Butter in der Sonne. "Na, wenn das wirklich dein Wunsch ist, dann freue ich mich, dass du dein Lebensziel gefunden hast."
"Du hast nichts dagegen?", vergewisserte sie sich.
"Warum sollte ich was dagegen haben? Ich bestimme doch nicht über dein Leben. Und wenn es von Tsubasa-chan aus in Ordnung geht, habe ich da kein Problem mit. Im Gegenteil, das macht mich sogar stolz auf dich."
"Wirklich?", fragte sie vorsichtig.
"Wirklich, Suzume-chan. Wie könnte ich dir etwas verleiden, was gut für dich ist?", fragte ich im Brustton brüderlichen Wohlwollens.
"Dann hast du auch nichts dagegen, wenn ich einen Freund hätte?"
"Aber selbstverständlich nicht. So ist doch der normale Lauf der Dinge", sagte ich, furchtbar stolz darauf, wie erwachsen ich doch war. Moment mal, Freund? "Freund?"
Suzumes Augen waren ohnehin schon in Erwartung meiner Reaktion geweitet gewesen, nun sah sie mich entsetzt an.
"Ich sagte doch, das geht schief. Zum Glück sitze ich neben der Tür", frozzelte Shinji. Sein Essverhalten deutete allerdings nicht auf Flucht hin.
Ich war ehrlich verdutzt. Befürchtete Suzume etwa, ich würde tatsächlich den ganzen Raum verbrennen, weil ich wütend darüber war, dass sie sich einen Freund wünschte? Glaubte sie das wirklich von mir? Nein, erkannte ich, als ich in ihre Augen sah. Sie hatte keine Angst vor meinem Feuer. Also musste ich am Strand was falsch gemacht haben. Nein, sie wollte meine Meinung, mein Wohlwollen, meine Genehmigung, weil sie mich fast so sehr liebte wie den Glückspilz, der ihr erster Freund werden würde. Und nun zitterte sie in Erwartung meiner Antwort.
Ich legte eine Hand vor mein Gesicht und atmete ächzend aus. Dann begann ich zu lachen. Vor allem über mich selbst. Lange und ausgiebig. Als ich wieder zur Ruhe kam, nahm ich die Hand runter und lächelte sie an. "Dieser Tsuyoshi muss ein sehr interessanter Bursche sein, wenn er dein Interesse gewinnen konnte, Suzume-chan. Und immerhin, er ist Chef der Wache, nicht?"
"Du hast es gewusst?", fragte sie überrascht.
"Nein", erwiderte ich säuerlich. "Er ist nur der einzige Junge, von dem ich mir auch nur annähernd vorstellen könnte, dass ich ihm meine kleine Schwester überlassen könnte. Klug von dir, das es kein anderer ist, Suzume-chan."
"Du wirst ihm nichts tun?", fragte Kuzoko. "Mist, dann habe ich wohl meine Wette verloren."
"Hallo? Ich bin doch kein blutrünstiger, besitzergreifender Irrer. Ich werde ihm was tun, wenn er Suzume nicht glücklich macht, dann aber richtig. Ansonsten hat der Bursche nichts vor mir zu befürchten." Ich tippte an meinen Stirnschutz aus Silber. "Ich habe sowas schon geahnt, als er dir geholfen hat, die Schutzplatte zu gießen und zu gravieren, Suzume-chan. Und ja, du hast meine Erlaubnis, wenn sie dir so wichtig ist. Ich..."
"Danke, Onii-chan!" Sie eilte um den Tisch und fiel mir in die Arme. Mit einem leisen Lachen legte ich meine Hände um sie. Ja, Tsuyoshi war ein glücklicher Mistkerl. Und sollte er jemals nur ein Mistkerl sein, würde ich meine guten Vorsätze über Bord werfen und doch ein blutrünstiger, besitzergreifender Irrer werden. Ich war mir sicher, dass er das wusste und dass er Angst vor mir hatte. Das fing doch schon mal sehr gut an, fand ich.
"Aber zum Heiraten bist du zu jung", befahl ich streng. "Mir ist egal, was Ihr so treibt oder lasst, doch als Braut will ich dich erst sehen, wenn du alt genug bist, verstanden?"
"Was ist denn alt genug, Onii-chan?"
"So Mitte dreißig", erwiderte ich.
"Onii-chan!", tadelte sie entrüstet.
"Schon gut, schon gut", lachte ich, öffnete meine Umarmung und hielt sie ein Stück von mir fort. "In Konoha ist achtzehn das anerkannte Mindestalter für eine Hochzeit. Ich denke, hier ist das ähnlich. Und sollte es nicht so sein, werde ich Koji solange belagern, bis er es ändert."
"Oh, ich bin sicher, das wird er nicht riskieren", murmelte Genta grinsend, während er seine Reisnudeln aß. Ja, jetzt wo die Gefahr vorbei war, ließ sich auch der Dorfvorsteher vernehmen. War wieder klar.
"Noch Nudeln, Mamo-chan?", fragte Tsubasa, jetzt ehrlich erleichtert und von einem Ohr zum anderen strahlend.
"Gerne doch, Tsubasa-chan."
Den Rest der Mahlzeit wich Suzume nicht mehr von meiner Seite. Sie konnte nicht anders, als mich glücklich anzulächeln. Ich hoffte, das machte mich zu einem guten großen Bruder. Zumindest zu einem besseren als dem Mistkerl, der über ein Jahr gebraucht hatte, um sie endlich mal zu besuchen.
"Da bin ich wieder", sagte Kuzomi, als sie aus dem Bad zurückkam und sich wieder an den Tisch setzte. "Habe ich was verpasst?"
Die Antwort war ein lautes Gelächter der Anwesenden...
***
Wir würden noch zwei weitere Tage bleiben, in denen ich mehr Zeit mit Genta und seiner Familie verbringen und meine Genin trainieren konnte. Erst Überübermorgen würden wir unsere Reise nach Kumogakure fortsetzen. Der Plan sah vor, dass uns eine Einheit aus Kumo in Empfang nehmen und die Kiri-Nin ablösen würde. Zu Recht hoffte ich darauf, dass Omoi die Zeit hatte, dieser Truppe anzugehören. Ich hatte ihn über drei Jahre nicht gesehen, und ich war sehr gespannt darauf, wie er sich entwickelt hatte. Und ich war neugierig darauf, ob sich bei ihm irgendwas entwickelt hatte. Bei ihm und Samui und Karui.
Vor allem aber würde ich die Zeit nutzen, um die Grundlagen für mein Katon Higatsuku no Kara zu erarbeiten. Nach einem angemessenen Zeitaufwand für meine Genin, versteht sich. Aber es führte kein Weg dran vorbei. Wenn ich mich als Lehrer von drei Genin beweisen wollte, musste ich meine Fähigkeiten an jene der Jounin heranführen. Deshalb das zweite Element, deshalb mein Training für ein eigenes Jutsu. Es würde hart werden und vielleicht nicht funktionieren. Aber es war alle Mühen wert.

Wir kamen auf der Wiese links der Flussmündung aus dem Step. Kishio nickte mir zu und ging sofort auf Distanz, um in einiger Entfernung, ungestört von unseren Unterhaltungen, die Umgebung nach Spionen oder allzu neugierigen Kiri-Nin abzusuchen.
Meine Genin, die Spinnenmädchen und die Affenkrieger standen vor mir, während ich auf und ab ging, an meiner Erklärung feilend. "Wie Ihr ja wisst", begann ich nervös, "bin ich ein Katon-Nutzer. Mein Element ist das Feuer, und mein Feuer gilt als eines der heißesten in Konoha. Darauf bin ich stolz, sehr stolz."
"Nicht ganz zu Unrecht", kommentierte Kira grinsend. "Wir haben den Rumms gesehen und den Krach gehört." Zustimmendes Gelächter erklang.
Ich lächelte verlegen. "Danke. Ich habe halt Feuer in mir."
"Bitte keine allzu lahmen Witze, Sensei", mahnte Mai.
"Gut, gut. Ich komme gleich zum Kern. Wie Ihr wisst, tut mir mein eigenes, mit meinem Chakra getränktes Feuer nichts. Aber es schadet anderen. Daraus ableitend wollte ich mein eigenes Jutsu kreieren. Etwas, was jeder Katon-Nutzer tun könnte, aber das nur bei jemandem, der so stark ist wie ich, wirklich effektiv sein wird."
"Das Higatsuku no Kara", sagte Shinji mit Aufregung in der Stimme. "Der entflammte Körper."
"Richtig, Shinji. Ich habe vor, Teile meines Körpers mit Flammen zu bedecken."
"Das bedeutet einen Vorteil im Taijutsu, richtig?", fragte Kuzoko.
"Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich wollte verschiedene Formen ausprobieren. Und Ihr sollt mir dabei helfen. Ich möchte wissen, wie heiß mein Feuer ist, und wie ich es für mich verwenden kann. Zu diesem Zweck habe ich dies hier mitgebracht." Ich zog eine Schriftrolle aus meiner Weste hervor, entrollte sie und löste das Jutsu. Ein Haufen Kunai, Senbon und Shuriken fiel zu Boden. Altes Material, das nicht mehr verwendet und daher eingeschmolzen werden sollte. Um es zu bekommen, hatte ich nur Tenten fragen müssen. Sie hatte die besten Quellen, auch für Waffen, die nicht mehr aufzuarbeiten waren.
"D-das will ich auch können!", rief Mai plötzlich. "Sensei, wie macht man das? Und wie setzt man das im Kampf ein?"
"Jetzt bin ich erstmal dran. Konzentriere dich auf unser Vorhaben, Mai. Wir werden hinterher darüber sprechen. Und wenn dein Interesse anhält, werde ich dich in Konoha mit einer Freundin bekannt machen, die mit dem Transportjutsu kämpft."
"Wirklich?", fragte sie strahlend.
"Wirklich." Ich zog die Weste und das Hemd aus Spinnenseide aus und legte mein Stirnband ab. "Ich werde jetzt einige Versuche mit meinem Feuer anstellen. Wenn ich es sage, Mai, Kira, Shinji, werdet Ihr mich mit den alten Waffen hier attackieren, wo ich es sage. Akane, Ranma, Ihr bewacht den Flusslauf im Osten. Ryoga, du nimmst eine Position im Norden ein, konträr zu Kishio im Süden. P-chan, du bleibst hier und passt darauf auf, das meine Genin mich nicht aus Versehen umbringen.
"Sensei...", murrte Shinji vorwurfsvoll.
Ich grinste. Seltsam, das ich vor dem Experiment so gute Laune hatte. "Kuzomi, Kuzoko, patroulliert den Strand. Wäre nicht das erste Mal, dass ein Shinobi über das Wasser kommt. Alles klar soweit?"
Die Affen, meine Genin und die Spinnen nickten.
"Okay, los dann." Die Affen spritzten auseinander, und die Genin bedienten sich an den alten Waffen. Mai hatte dabei soviel Spaß, sie pfiff ein fröhliches Lied, während sie einen großen Packen Senbon und Shuriken zusammenstellte. Vielleicht war die Waffen-Technik tatsächlich der richtige Weg für sie.
Als sich meine Genin ausreichend bewaffnet hatten, nickte ich zufrieden. "Setzt keine eurer eigenen Waffen ein. Es wäre schade, wenn sie beschädigt oder gar zerstört werden würden", sagte ich mahnend.
"Sensei, muss das sein?", fragte Mai.
"Muss was sein?"
"Dass du dich ausziehst", erwiderte sie, leichte Röte auf den Wangen.
"Das wird er wohl müssen, wenn er seine Kleidung nicht verbrennen will, Mai-chan", sagte Kira grinsend. Er hob seine neue Waffe, ein abgebrochenes Katana. "Bereit, wenn du bereit bist, Sensei."
"Langsam, langsam. Erst einmal muss ich erforschen, was ich kann."

Für eine gute Minute ließ ich mich in den Kiza sinken. Ich saß also auf den Knien, aber im Gegensatz zum Seiza waren meine Füße nicht ausgestreckt, ich saß nicht auf meinen Fersen, sondern meine Zehen waren aufgestellt. In Shinobi-Kreisen galt dies als Kampfhaltung, weil diese Sitzhaltung ein sofortiges Aufstehen ermöglichte. Sie war entsprechend anstrengend. Kurz nur, um mich zu fokussieren. Dann erhob ich mich wieder in einer fließenden Bewegung. Ich hatte mir schon Gedanken darüber gemacht, was ich tun wollte, und wie ich es am besten tat. Ich hoffte, mein erster Versuch würde die Genin nicht allzusehr erschrecken.
Ich sammelte Öl in meinem Mund, eine kleine Menge nur, spuckte es auf meinen rechten Arm aus und entzündete es. Sofort stand er lichterloh in Flammen, und meine Genin zuckten erschrocken zusammen. "Es hält in etwa so lange, wie das Öl brennt", sagte ich. Fasziniert bewegte ich den Arm auf und ab. Wenn ich nicht nur eine Seite, sondern beide mit dem Öl bedeckte, war der Arm komplett in Flammen gehüllt. Nur, was hatte ich hier? Eine Rüstung, oder eine Waffe?
"Kira."
"Schon auf dem Weg." Der Junge eilte heran, das Schwert zum Schlag gehoben. Als er mich erreichte, ließ er die Klinge niedersausen. Sie traf meinen Arm, und... Brach ab. Es war ähnlich wie bei meiner Kunst des harten KI. Ich löschte das Feuer und betrachtete das Bruchstück von Kiras Katana. Die Bruchkante glühte rot vor Hitze. Ich hob das Stück mit der Rechten auf, und meine Finger schmolzen sich in das Metall hinein. Nicht schlecht, dafür, dass ich das Feuer bereits gelöscht hatte. Was mir eine Warnung sein musste. Ich würde noch eine ganze Zeit gefährlich sein, nachdem ich das Jutsu beendet hatte. Dennoch, ich fühlte es, das war noch nicht die endgültige Form dieses Jutsu. Aber sie eignete sich ziemlich gut für die Abwehr, wie es schien.
"Noch einmal, Kira. Diesmal greife ich an. Nur der rechte Arm ist dein Ziel."
"Okay, Sensei." Er packte sein Katana fester. "Bereit."
Wieder spie ich auf meinen Arm, und er stand erneut in Flammen. Ich attackierte Kiras Schwert. Zugleich schlug er zu, aber ich bekam es am Heft zu fassen. Unter meinem Griff glühte es durch. Der obere Teil fiel herab und landete auf meinem Arm, wo er zersprang. Die Überreste, rot glühend, fielen zu Boden. P-chan war auf einmal da und zog Kira zurück. Dort, wo sein rechter Fuß eben noch gestanden hatte, bohrte sich ein weißglühendes Stück Metall in den Boden.
"Danke", sagte ich zu ihr.
"Dafür bin ich doch hier", erwiderte sie lächelnd.
"Zweite Runde." Nun ließ ich beide Arme brennen. "Kira, Shinji, attackiert meine Arme."
Dies ließen sie sich nicht zweimal sagen. Shinji sprang herbei in jeder Hand ein Kunai, und Kira ließ den Griff seines nun nutzlosen Katanas fallen und zog ebenfalls Kunais hervor. Ich bewegte mich nicht. Zu groß war die Gefahr, versehentlich einen meiner Genin zu berühren und dabei schwer zu verletzen. Als Shinji meinen Arm attackierte, hinterließ meine Hitze auf seinen Kunais deutlich sichtbare Breschen von glutflüssigem Metall, ebenso bei Kiras Waffen. Shinji versuchte es ein zweites Mal, indem er zustach, aber die Spitze seines Kunais verschwand. Als er die Waffe aus den Flammen zog, gab es keine Spitze mehr.
"Vorsicht jetzt", mahnte P-chan. "Es liegt eine Menge flüssiges Metall am Boden."
"Wir gehen ein Stück", sagte ich. Weg vom Metall. Nicht, dass sich einer meiner Schutzbefohlenen mit einem Fehltritt schwer verletzte. Meine Flamme schmolz Metall, so ein kleiner Fuß aus Fleisch, Blut und Knochen war da gar nichts gegen.
Diesmal setzte ich auch meinen Oberkörper in Brand. Die Flammen schlugen nicht besonders hoch, aber sie waren hell, fast weiß. "Mai-chan."
"Jawohl, Sensei!" Sie warf über vierzig Senbon nach mir, jeder einzelne auf einen schwachen Punkt meines Oberkörpers gerichtet. Den Kopf und speziell die Augen verschonte sie, aber sie hatte keine Probleme, die Wurfspieße so tödlich einzusetzen, wie es ihr beigebracht worden war.
Zu meiner großen Erleichterung verschwanden die Waffen zwar in meinen Flammen, taten mir aber nichts. "Uff." Ich beugte mich vor und schob die geschmolzenen Metallmassen von meinem Leib. Anschließend löschte ich mein Feuer. Fürs Erste.
"Ich werde jetzt ergründen, wie sich das Feuer auf mein Chakra und meinen Körper ausgewirkt hat", verkündete ich und setzte mich wieder in den Kiza-Sitz.
"Und wenn du das ergründet hast, was machen wir dann, Sensei?", fragte Shinji.
Ich grinste. "Dann wiederholen wir die Übung solange, bis ich das Higatsuku no Kara im Schlaf beherrsche. Seid Ihr dabei?"
"Ja, Sensei!"
Diese Reaktion freute mich. Und ich hatte das Gefühl, erneut ein Stück mit meinen Genin zusammengerückt zu sein.

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Am Morgen des vierten Tages reisten wir ab. Die Bewohner von Genta-No-Son gaben sich alle Mühe, um uns nach dem Frühstück möglichst eindrucksvoll zu verabschieden; ich hatte eine Menge Hände zu schütteln und Menschen, die ich mochte, fest zu drücken. Wobei es mir eine innere Befriedigung war, dass Tsuyoshi fast in die Knie ging, als ich seine Hand drückte. Ich schätze, hätte ich in meinem Leben tatsächlich eine kleine Schwester gehabt, wäre ich für all ihre Verehrer ein furchtbarer Schmerz im Arsch geworden.
Der Abschied von Gentas Familie war natürlich der schwerste. Ich konnte nicht umhin, zuzugeben, dass mir der neue, protektive und progressive Genta tausendmal besser gefiel als der Straßenräuber. Aber er hatte eben seine Aufgabe gefunden, seine Mitte. Und es machte das Gerücht die Runde, dass er neuer Bezirksvorsteher werden sollte, was die Verwaltung der umliegenden Umschaften in seine Hände legen würde. Ich konnte mir für diese Aufgabe keinen Besseren vorstellen.
Tsukasa, mit Gentas und ihrem Sohn Shinnosuke auf dem Arm, war den Tränen nahe, als sie mich und mein Team verabschiedete. Sie ließ mich erst gehen, als ich ihr hoch und heilig versprochen hatte, drei Hauptmahlzeiten am Tag einzunehmen und mit meinem Chakra zu haushalten. Beim Versprechen, "dieses schreckliche Selbstverbrennen nicht mehr zu machen", musste ich allerdings lügen. Die Letzte in der Runde war Suzume. Sie war sehr traurig, aber auch froh, da sie ja nun meine Erlaubnis hatte. Ich hatte vorher nie gewusst, wieviel ich ihr bedeutet habe. Ich war nicht nur ihr großer Bruder, ich war auch ihr erster wirklicher Freund gewesen, und so etwas prägte. Der erste Mensch, der ihr etwas gegeben hatte, ohne sich Vorteile zu erhoffen. Ich konnte nicht anders und sie ihr eigenes Leben lassen, sie dabei zu unterstützen, denn die einzige andere denkbare Alternative war, abgesehen von einem Leben in Konoha, sie den Rest ihres Lebens unglücklich zu machen. Und das war keine akzeptable Variante. Ich umarmte sie herzlich, nicht ohne noch mal zu betonen, dass jeder, der ihr und Gentas Familie etwas Schlimmes antat, damit rechnen musste, dass ich sauer wurde. Alle, die die Explosion des Dai Endan gehört hatten, konnten sich ungefähr vorstellen, was das genau bedeutete.
Bis sich auch meine Begleiter verabschiedet hatten, führte ich noch eine letzte Konversation mit dem regionalen Daimyou, Koji-san. Dabei ging es hauptsächlich darum, sicherzustellen, dass ich tatsächlich das Reich des Wassers verlassen würde. Die Aussicht, dass ich frühestens in einer Woche wiederkehren und recht fix durchreisen würde, hellte seine Stimmung merklich auf.
Seine genauen Worte waren gewesen: "Nicht, dass ich dich nicht mag, Mamoru-tono, aber wo du gehst und stehst, ziehst du Veränderungen, Entsetzen und Verwüstungen nach dir. Ein Wunder, dass Genta-No-Son noch steht, im Gegensatz zur armen Stadt im Land der Steine, die du halb zerstört hast, nur weil du fliehen musstest. Ach, und besuch meine Burg bitte nicht. Eine Eroberung reicht."
Was hätte ich darauf antworten können?

Als wir aufbruchbereit waren, verabschiedeten wir uns winkend und verließen die Stadt mit Step. Als wir auf unserem Weg nach Osten den nächsten Wald erreicht hatten, stießen zuerst meine Affenkrieger zu uns, und darauf Suirin und ihre Kiri-Nin-Gruppe. Suirin übernahm die Führung und leitete uns mit einem ansprechenden Tempo an. Schnell genug, um mich zeitig aus dem Reich des Wassers zu bringen, aber nicht schnell genug, um unhöflich zu wirken. Zumindest nicht zu unhöflich. Der Gedanke brachte mich zum Lachen. Tatsächlich folgte mir Zerstörung auf dem Fuß. Wenn ich sie nicht gleich selbst verursachte. Meistens.
"Sensei! Wie ist es eigentlich in Kumogakure?", fragte Shinji laut.
"Oh, es wird dir gefallen. Die ersten Tage werden etwas schwerfallen, weil die Luft da oben etwas dünn ist. Kumogakure liegt recht hoch. Aber die Menschen sind sehr freundlich und nett. Nicht, Kira?"
Der Junge beäugte mich bei diesen Worten. "Du kennst Kumogakure, Sensei?"
"Ich habe da mein Chunin-Examen absolviert. In der Vorbereitungsphase ließ mich Uzuki-sensei, die uns als Jounin begleitet hat, Dutzende Hilfsarbeiten pro Tag verrichten. So lernt man die Stadt kennen. Kann durchaus sein, dass ich dabei auch für deinen Clan gearbeitet habe, Kira. Ein paar Yamadas waren definitiv darunter, als ich Unkraut gejätet, Einkäufe erledigt, Transporte durchgeführt und Kinder unterrichtet habe", sagte ich lachend. Am Vorabend hatte Kira uns allen einen Einblick in die traumatischste Erfahrung seines Lebens gewährt, als er uns berichtet hatte, wie seine Schwester getötet worden war... Und in sein aktuelles Leben, sprich seine Familie in Kumogakure väterlicherseits. Und je mehr er davon berichtet hatte, desto sicherer war ich mir, den einen oder anderen zu kennen. Eventuell hatte ich damals sogar seine gleichaltrige Cousine, Shinobu, wenn ich mich richtig erinnerte, im Shuriken-Werfen unterrichtet. Ja, das waren schon tolle Erfahrungen gewesen. "Solltet Ihr vielleicht auch machen."
"Arbeiten, statt zu trainieren? Sensei!", protestierte Mai. Ihre lauten Worte freuten mich. Sie war mir seit dem nachgeholten Finale des Capture the Flag-Matches zu still gewesen, aber heute bewies sie mehr Stimme, mehr Präsenz. Ich fragte mich einerseits, was ihr einen Knacks mitgegeben hatte - eigentlich war ich davon ausgegangen, dass das Training von Kishio und mir in der Hütte ihre Stimmung gehoben hätte - und andererseits, welche positive Erfahrung sie wieder aus dem Tief herausgeholt hatte. Kurz sah ich zu Kishio herüber, fing aber seinen Blick nicht auf. Er hätte mir zumindest sagen können, wo sie die letzten Tage in ihrer Freizeit gewesen war. Doch das würde ich auf später verschieben müssen, zumindest bis wir das Land der Blitze erreicht hatten. Dennoch, ich hatte das Gefühl, sie und die anderen beiden Genin vernachlässigt zu haben. Das war ein Punkt, an dem ich jetzt, wo Kishio mehr und mehr integriert war, endlich wieder ansetzen konnte. Prompt hatte ich eine Idee.
"Aber es ist Training, Mai-chan. Gutes Training, weil es Flexibilität, Fähigkeiten und Ausdauer erfordert. Außerdem fördert es die guten Beziehungen zwischen Kumogakure und Konoha. Ihr seid ja quasi Botschafter der Hokage."
"Botschafter?", rief Shinji aufgeregt. "Ja, so kann man das ja sehen. Wir müssen uns von unserer besten Seite zeigen!"
Suirin kicherte leise bei diesen Worten. Sie warf mir einen wissenden Blick zu, enthielt sich aber eines Kommentars. Wirklich, ich mochte diese Frau.
"Ha, von wegen! Mamoru-sensei will uns ja nur aus dem Weg haben!", murrte Mai.
"Um ehrlich zu sein", begann ich, eine weitere Idee ausbrütend, "ja, du hast Recht. Der Raikage hat mich gerufen. Und das nicht, um Urlaub zu machen, oder um Kiras Familie kennenzulernen. Oder um Kira bei seinem Raiton zu helfen. Obwohl es kaum einen besseren Lehrer als den Raikage geben kann."
"Ja, wäre wohl etwas zuviel erwartet", murmelte Kira, leidlich enttäuscht.
"Vielleicht kann ich Kira-B belatschern, dass er dir was beibringt. Ich habe einen guten Draht zu ihm", murmelte ich.
"Wirklich? Du kennst B-sama?", rief Kira aufgeregt. "Nach dem Raikage ist er der stärkste Shinobi Kumogakures! Eine Legende!"
"Wenn er dir so gut gefällt, warum bist du dann nicht Shinobi in Kumo geworden?", stichelte Mai.
"Nun, Kira-B-sama ist cool und stark, aber ich bin durchaus bereit, Mamoru-sensei eine Chance zu geben", erwiderte er süffisant.
"Hmpf", machte Mai verstimmt.
"Jedenfalls seid Ihr nicht im Urlaub. Den hatten wir gerade erst. Ich werde in Kumogakure viel arbeiten müssen, denn es gibt nicht viele Möglichkeiten, warum A-sama mich hat rufen lassen. Die meisten Möglichkeiten drehen sich um meine Hetzjagd letzten Monat, als ich Orochimarus Leutnant Kabuto auf den Fersen war." Ja, das stimmte. Sehr viel mehr gab es nicht. Außer, A-sama wurde sentimental und wollte mich deshalb sehen. Was wohl die unwahrscheinlichste aller Möglichkeiten war. "Und es steht nirgends geschrieben, dass Ihr die Zeit nicht sinnvoll verbringen solltet. Da ist diese wundervolle kleine Trainingshalle, die ich bei meinen Vorbereitungen benutzt habe", sagte ich, einen wissenden Blick mit P-chan austauschend, "und ich denke, ich kann sie wieder bekommen. Außerdem habe ich aus meiner Zeit damals noch etliche Kontakte. Euch wird schon nicht langweilig werden."
"Sensei, schiebst du uns ab?", fragte Mai mürrisch.
"Na, na, was sind das denn für negative Gedanken?", tadelte ich. "Erstens müsst Ihr Kumo kennenlernen, als Shinobi Konohas. Egal, ob die Stadt unser Verbündeter bleiben wird oder nicht, wir müssen sie einschätzen können. Und das geht am leichtesten, wenn wir sie kennen. Und zweitens müsst Ihr, wie ich schon erwähnt habe, Konoha repräsentieren. Das ist außerdem ein sehr gutes Grundlagentraining für euch, und Ihr seid gerade mal die zweite Woche Shinobi und habt schon zwei Kämpfe hinter euch. Zeit, zum Basis-Training zurückzukehren." Tatsächlich, kam mir zu Bewusstsein, hatte ich meine Genin erheblich durch ihr Training gehetzt. Ich selbst hatte Baumklettern nicht beigebracht bekommen, bevor ich nicht ein halbes Jahr lang Shinobi gewesen war. Einfach, weil Hayate-sensei uns erst grundlegend hatte aufbauen wollen. Dies vernachlässigte ich bei meinen Genin. Mist.
Ich wandte mich zu Mai um. "Ich werde mit euch trainieren, wann immer ich es kann, aber ich habe in Kumo eine Mission zu erfüllen. Und mit meinen Affenkriegern haben wir mehr Sensei, als wir brauchen. Außerdem sind da auch noch Kuzoko und Kishio, von denen Ihr lernen könnt. Ein guter Shinobi lernt von allem und jedem, merk dir das, Mai."
"Aber ich habe doch gar nichts gegen sie gesagt", erwiderte sie hastig, mit einem schnellen Seitenblick auf die beiden. Hm, irgendetwas musste passiert sein.
"Und Ihr würdet mir einen großen Gefallen tun. Wenn ich die Affenparty veranstalte, möchte ich vor meinen Senseis besonders gut da stehen. Das geht am besten, wenn ich meine mächtigen Genin vorstellen kann."
Mai wurde rot. "Mächtig ist vielleicht etwas zu sehr übertrieben, aber ich verstehe, was du meinst. Und du hast das auch gemacht, Mamoru-sensei?"
"Ja. Und dabei hatte ich einen durchtrennten rechten Bizeps." Ich schob den rechten Ärmel hoch und zeigte ihr die Linie der Narbe, dem letzten Anzeichen der schweren Verletzung. "Ein Katana, zum Glück nicht allzu scharf, sonst hätte es mir den Arm abgetrennt. Ich hatte die Wahl, meinen Arm hinzuhalten, oder meinen Freund Omoi köpfen zu lassen. Die Entscheidung siehst du ja."
"Und damit hast du gearbeitet?", rief Shinji. "Sensei, du bist ein harter Kerl."
Ich grinste schmallippig. "Manchmal."
"Apropos harter Kerl", warf Kuzomi ein, "Sensei, wenn wir nach Kumo kommen, werden wir dann bei Kira-samas Familie wohnen?"
Bei dieser Frage musste ich überrascht auflachen. "Der Gedanke ist mir gar nicht gekommen. Der Raikage wird für unsere Unterkunft gesorgt haben, seid unbesorgt. Ich bezweifle zwar, dass dies bei den Yamadas ist, denn ich habe ihnen nicht mitgeteilt, dass Kira kommt, aber ich denke, wir werden zufriedenstellend untergebracht werden. Was nicht heißt, dass du deine Familie nicht besuchen kannst, Kira. Ich werde selbstverständlich mitgehen und mich als deinen neuen Sensei vorstellen. Und wie gesagt, wahrscheinlich kenne ich den einen oder anderen schon. Bei Shinobu klingelt sogar was bei mir. Sie könnte eine meiner Shuriken-Schülerinnen gewesen sein. Dass das schon wieder fast vier Jahre her ist..."
"Ich kann ja mal mit Opa sprechen!", ereiferte sich Kira. "Ich bin sicher, er hat überhaupt nichts dagegen, wenn wir alle bei ihm wohnen! Wir sind eine große Familie, und es ist verdammt viel Platz!"
"Kira, du bist euphorisch. Das ist mein Part", beschwerte sich Shinji gespielt.
"Ja, sorry, dass ich dein Rollenklischee kapere, aber ich bin wirklich aufgeregt. Ich freue mich darauf, meinen Onii-chan zu treffen. Also meinen großen Cousin Shinn. Und die Zwillinge. Und Opa, Tante Akiha und Onkel Seta, aber vor allem freue ich mich auf Shinobu. Vor einem Jahr hätte man uns noch für Zwillinge halten können, obwohl sie da noch größer war, und..."
"Komm mal runter von deinem Höhenflug", tadelte Shinji grinsend. "Das hast du uns alles schon gestern beim Abendessen erzählt. Und wir werden ja selbst bald mit eigenen Augen sehen können, ob du Shinobu beim Wachsen überholt hast." Er zwinkerte schelmisch. "Meinst du, sie zeigt mir mal die Narbe, die du ihr verpasst hast?"
Kira sprang zu Shinji herüber und legte vertraulich einen Arm um seine Schulter, während sie im Step dahinrasten. "Alter, wir sind Freunde. Und ehrlich, ganz ehrlich, noch vor zwei Wochen hätte ich nicht mal im Traum daran gedacht, das auch nur zu denken. Aber es hilft alles nichts. Für mich bist du wie ein kleiner Bruder." "Hey. Wieso kleiner Bruder?", protestierte Shinji.
Doch Kira fuhr unbeirrt fort. "Und du darfst jederzeit jede Narbe an meinem Körper sehen, die du sehen willst, versprochen."
Kuzomis Blick wurde glasig. "Kira-sama?"
Der Raiton-Nutzer seufzte. "Ja, ich zeige dir die Narbe nachher mal, Kuzomi-chan."
"Ui, das wird lustig, und gruselig", sagte sie erfreut.
"Jedenfalls, du kannst von mir haben, was immer du willst. Aber bei Shinobu ziehe ich die Grenze. Wenn sie mit dir flirtet, Pech, dann kann man nichts machen. Aber wenn du sie anbaggerst oder gar ihre Narbe sehen willst, Alter, dann ziehe ich dir den Hosenboden stramm."
"Kannst es ja mal versuchen", erwiderte Shinji herausfordernd.
"Jederzeit, kleiner Bruder. Jederzeit. Und hoffe nicht darauf, dass sie auf dich stehen wird. Sie mag keine Dicken." Mit diesen Worten kniff Kira ihm ins Bauchfleisch. "Hm, ist schon weniger geworden, was?"
"Ich bin nicht dick. Ich habe nur schwere Knochen. Und etwas Fett zum Schutz darum", murrte Shinji. "Und ich bin NICHT dein kleiner Bruder. Wenn, dann bist du hier der kleine Bruder, klar? Immerhin bin ich der Ältere von uns beiden. Und ich bin auch vernünftiger und muss deshalb auf dich aufpassen, nicht?"
"Wer hier wohl auf wen aufpasst?", fragte Mai gut gelaunt und drängte sich zwischen die beiden. "Von meinem Standpunkt seid Ihr beide meine kleinen Brüder, und ich würde es jedem raten, es sich zweimal zu überlegen, wenn er sich mit einem oder beiden von euch anlegt. Weil Onee-sama dann nämlich mit ihm Schlitten fährt, aber so richtig."
Die drei grienten sich an. Dies taten sie mitten in der besten Shinobi-Reisegeschwindigkeit, und allein das war beeindruckend und zeigte, wie gut sie mittlerweile geworden waren. Ich schnaubte zufrieden. Die Menschen wuchsen tatsächlich mit ihren Herausforderungen.
Dann sahen die drei zu Kishio herüber, doch der hob nur abwehrend die Arme. "Lasst mich da bitte raus. Ich bin zwar älter als Ihr, und ich stehe jedem von euch jederzeit zur Seite, egal bei welcher Scheiße, aber ich habe nicht vor, mich zum Gesamt-großen Bruder zu erklären. Das wäre so... Vereinnahmend."
Kira seufzte. "Ich sehe schon, Kishio braucht einen Crashkurs in Konoha-Verbrüderungsrituale. Also, große Schwester, da diese Sache jetzt geklärt ist, wer ist dein älterer Otouto?"
Mai sah einen Moment von einem zum anderen. "Shinji."
"Ja, Himmel auch, wieso das denn?"
"Weil er eindeutig der kuschligere von euch beiden ist, und das ist wichtig", sagte sie und rieb ihre Wange an seiner. "Ja, das nenne ich weich und zart."
Shinji wurde rot. "L-lass das bitte, Onee-chan. Nicht, dass ich mich noch in dich verliebe."
"Was? Bist du das etwa noch nicht?", rief sie in gespielter Empörung. "Bei Kira ist das ja klar, der hat nur Augen für sein Spinnchen."
Kuzomi errötete bis zu den Ohrenspitzen und sah erschrocken fort. "Kira-sama..."
"Aber bei dir dachte ich, auch wenn deine Onee-sama so mager und knochig ist, so magst du sie doch für ihren Charakter."
"Protest!", begehrte Shinji auf. "Du hast vielleicht nicht viel Brust, also noch nicht. Aber dafür einen tollen Hi..."
"Stopp!", befahl ich scharf und hielt an.
"Sensei, wir machen doch nur Spaß...", versuchte Mai sie zu rechtfertigen.
"Das ist es nicht. Irgendwas ist hier... Nicht, wie es sein soll."
Irritierte Blicke trafen mich.
"Dieser Wald ist die Grenze zwischen den Festlandbesitzungen des Reichs des Wassers und dem Reich der Blitze. Wir befinden uns auf der Hauptverkehrsstraße."
"Soweit, so gut. Aber?", fragte Kira verwirrt.
"Kishio!"
"Jawohl!" Der junge Shinobi trat vor und konzentrierte sich. "Bewegungen vor uns. Vage. Sie tarnen sich."
Langsam nickte ich. "An dieser Stelle müsste das Empfangskommando auf uns warten, oder, Suirin-kun?"
"Ja, Mamoru-sama. Ich verstehe das nicht. Unsere Nachricht war eindeutig."
"Vielleicht ein Missverständnis?", fragte Kuzoko.
"Ich habe in Kumogakure Feinde", erwiderte ich. "Es kann ein Zufall sein, dass da draußen Menschen sind, die sich vor der Erfassung durch einen sensorischen Ninja tarnen. Aber ich bin nicht gewillt, Risiken einzugehen oder gar die Leben meiner Genin zu riskieren." Mit mahlenden Kieferknochen dachte ich nach. "Suirin-kun, an der Grenze trennen sich unsere Wege."
"Ja, Mamoru-sama. Uns ist es nicht erlaubt, das Reich der Blitze zu betreten, ohne vorher um Genehmigung zu bitten."
"Dann bitte ich darum, dass du und dein Team noch einige Zeit an der Grenze warten. Es kann sein, dass wir uns aus dem Reich der Blitze zurückziehen müssen, und dann wäre etwas Unterstützung nicht verkehrt."
"Ja, Mamoru-sama. Und wenn es keinen Ärger gibt?"
"Dann werdet Ihr uns nach Osten weiterziehen spüren. Sind wir zwanzig Kilometer weit gekommen, werde ich euch ein Zeichen geben, das euch sagt, dass Ihr abziehen könnt."
"Und wie wird dieses Zeichen aussehen?", fragte sie.
"Oh, keine Sorge, Suirin-kun, du wirst es erkennen, wenn du es siehst." Ich grinste schief.
"Ja, das befürchte ich auch", erwiderte sie lächelnd.
"Also, uns bleibt nichts anderes übrig. Wir müssen weiter. Bleibt wachsam.
Suirin-kun, ich bedanke mich im Namen meines Teams für eure Unterstützung. Richte der Mizukage meinen tiefempfundenen Dank aus. Ich bin jederzeit bereit, Mei-chan... Ich meine, Terumi-sama zur Seite zu stehen, sofern ich ihr überhaupt helfen kann." Ein kalter Schauder ging über meinen Rücken, als ich an ihr Lava-Jutsu dachte. Whoa.
"Ich habe zu danken für die Gelegenheit, dich kennenlernen zu dürfen, Mamoru-sama. Die Gerüchte über den Ewigen Chunin Konohas sind nicht übertrieben."
Ich reichte ihr und ihren Leuten einem nach dem anderen die Hand. "Ich hoffe, wir sehen uns wieder."
"Das hoffe ich auch, Mamoru-sama."
Es blieb ein letztes Nicken, und wir verschwanden per Step ins Ungewisse. Eventuell war alles ganz harmlos. Ja, klar.
***
Die Situation war klar. Unser Empfangskomitee war nicht da. Entweder verspätet, verirrt... Oder tot. Stattdessen hatte Kishio eine vage Ortung von zehn, vielleicht zwölf Personen, die sich tarnten. Das konnte Schlimmes bedeuten. Im Interesse meiner Genin war ich nicht bereit, ein Risiko einzugehen. Nun, wir waren im Vorteil. Sie konnten unmöglich von Kishio und seinem Jutsu wissen; also konnten wir, bis sie sich in Bewegung setzten, den Kampfplatz und damit das Gelände selbst bestimmen. Aber noch war es nicht sicher, dass es zu einem Kampf kommen würde. Zuvorderst galt es, die Vorteile zu sichern, deshalb hatte ich meinen Affen befohlen, ihre Gestalten als kleine Affen anzunehmen und auf den Schultern der "Kleinen" mitzureiten. Ranma hockte nun Kuzomi auf der Schulter, Ryoga hatte es sich bei Mai bequem gemacht; Akane hockte auf Kiras Schulter, und Shinji trug nun P-chan. Kuzoko und Kishio hatten demnach keinen Affenkrieger erhalten, aber ihnen traute ich es durchaus zu, selbst eine gefahrvolle Situation zu überstehen. Warum die Vorsichtsmaßnahme? Als wir über die Oto-Nin gestolpert waren, hatten wir eine überschaubare Anzahl Gegner gehabt, die uns eher zufällig begegnet waren, und die keine Ahnung von unseren Fähigkeiten und unserem Jutsu hatten. Und meine Affenkrieger waren für sie eine absolute Überraschung gewesen. Diesmal aber, so es denn eine Falle war, hatten wir es mit einem Hinterhalt zu tun. Und ich zweifelte für diesen Fall nicht daran, dass der Gegner sich auf mich speziell eingestellt hatte und mit Affenkriegern rechnete. Das bewies alleine schon das Fehlen des Empfangskomitees.
Dass es tatsächlich eine Falle war, stellte sich relativ schnell heraus. Unser Glück.
"Mamoru-sama!", klang Suirins Stimme hinter uns auf. Ich ließ halten und sah mich um.
Die vier Kiri-Nin kamen uns hinterher.
"Suirin-kun! Ich denke, Ihr dürft das Reich der Blitze nicht betreten!", rief ich verblüfft.
"Ja, schon, aber dann habe ich mir gedacht: Scheiß drauf. Es ist leichter, um Verzeihung zu bitten, als um Erlaubnis zu fragen", sagte sie grinsend.
"Wow", sagte ich. "Wow, danke. Du bist mir eine große Unterstützung. Du und deine Leute. Aber wie lautet das Codewort?"
Ihre Gesichtszüge erstarrten im Lächeln, das sie aufgesetzt hatte. "Verdammt!", fluchte sie und zog ein Kunai. Ihre Gefährten spritzten auseinander. Das heißt, sie versuchten es. Bevor sie jedoch reagieren konnten, hatte ich Suirin und einen weiteren Kiri-Nin mit Shuriken getroffen. Einen Augenblick später war ich selbst heran und bohrte der Anführerin ein Kunai in den Leib. Rechts neben mir fiel Ranma in Kampfgestalt über den zweiten Verletzten her und tötete ihn mit seinen mächtigen Klauen, von links kam Ryoga heran. Nun erwachten auch meine Genin aus der Starre. Kira zog seine Klinge, Shinji warf seine Kunais und Mai einen Schwung Senbons. Kishio war verschwunden; er tauchte Sekunden später hinter dem dritten Kiri-Nin auf, sein Schwert aus der Brust des Toten ziehend.
Ich hielt die Sterbende in den Armen. Im Tode verblasste ihr Jutsu, und unter der Fassade kam ein Kumo-Nin zum Vorschein. "V... Verdammt", stammelte er, schaumiges Blut auf den Lippen.
"Das Geheimnis ist...", flüsterte ich ihm zu, "dass ich mit Suirin-kun aus genau diesem Grund kein Codewort vereinbart habe. Sie hätte das gewusst. Eure Beobachtung war nachlässig."
"Schlau...", gestand der Kumo-Nin mir zu. Dann starb er.
Ich ließ seinen toten Leib zu Boden gleiten. Wer sich mit einem Konoha-Chunin anlegte, musste damit rechnen, dass er schneller starb, als es ihm lieb war.
Akane hatte sich mittlerweile um den letzten, bereits von meinen Genin verletzten Kumo-Nin gekümmert. Damit stand es vier zu Null für Konoha.
"Weiter!", kommandierte ich. "Es gibt ungefähr fünf Kilometer nördlich einen Hügel! Wenn wir den besetzen, sind wir im Vorteil! Kishio, Vorhut! Schau nach, ob der Hügel vermint wurde! Shinji, du begleitest ihn!"
"Ja, Sensei!", riefen die beiden und huschten davon. P-chan, noch immer ein Äffchen, blieb bei Shinji.
"Mai, rechte Flanke! Kira, linke Flanke! Kuzomi-chan, Nachhut! Kuzoko, du bleibst bei mir. Es kann sein, dass wir schon bald ein gutes Genjutsu brauchen!"
"Verstanden!", riefen sie mir entgegen und nahmen den Abstand auf, den wir trainiert hatten. Sie blieben im Wald auf Sichtweite zu mir, der Vorhut und den anderen Gruppen.
Während wir der Vorhut folgten, nickte mir Kuzoko anerkennend zu. Ich hatte nicht nur die Genin delegiert, sondern auch die Affen. Damit machte ich alle Bereiche unserer Einheit äußerst schlagkräftig. Zudem befanden sich alle noch im Bereich meiner vergrößerten sensorischen Sicht. Darüber hinaus deckte ich weitere zwanzig Meter rund um uns ab. Es war anzunehmen, dass unsere Gegner noch nicht wussten, dass sich mein Radius verdoppelt hatte; es war ebenso anzunehmen, dass sie nur dann nahe heran kommen würden, wenn sie angreifen wollten. Das gab mir ein paar Sekunden Vorwarnzeit, um meine Genin zu beschützen.

Vor dem Hügel ließ ich halten. Es dauerte einen Augenblick, und Kishio kam per Step zu mir zurück. "Sensei! Der Hügel ist vermint, wie du es vermutet hast! Sicher hat man erwartet, dass Überlebende des Attentats bis hierhin fliehen und sich verschanzen würden! Wir brauchen einen anderen Rückzugsort!"
"So, so, vermint also?" Ich grinste schief. Besonders einfallsreich waren unsere Gegner ja nicht. Und ich konnte auch schon ungefähr einordnen, zu welcher Fraktion meiner speziellen Freunde ich sie rechnen musste. "Kuzoko, du übernimmst das Kommando, bis Ihr zu mir aufgeholt habt. Ich räume den Hügel, und Ihr kommt nach. Bleibt wachsam. Ich brauche eine Minute oder zwei."
Das Spinnenmädchen nickte. "Ja, Sensei." Sie wirkte angespannt, was angesichts der prekären Situation, einem baldigen Kampf auf Leben und Tod, auch kein Wunder war.
"Kage Bunshin no Jutsu!" Mit drei Schattenklonen im Schlepp nutzte ich Step und kam direkt vor dem Hügel an. Meine Klone beeilten sich, um sich um den Hügel zu verteilen. Einer meiner Klone löste ein Sprengtag aus und wurde ausgelöscht. Darum entschied ich mich, den Ring weiter zu ziehen, weil die Verminung größer war, als ich angenommen hatte. Ich erschuf drei weitere Klone. Zeit! Das kostete alles Zeit!
Als diese sich verteilt hatten, war es soweit. "Katon! DAI ENDAN!" Mamoru Morikubos Dai Endan mal sechs verteilte sich auf der bewaldeten Anhöhe und senkte sie in flammende Glut. Alles, was sich dort befand, stand für einen kurzen Moment in Flammen, bevor es zu Asche verging. Dutzende Explosionen erklangen. Unsere Gegner hatten mit Sprengtags nicht gespart.
Als mein Dai Endan erloschen war, absorbierte ich die Überreste des Chakras vom Boden, was half, die Asche zu kühlen, die anstelle der Bäume nun den Hügel bedeckte. "Kommt!", rief ich meinen Schülern zu. Der Erste, der auf den Hügel huschte, war Kishio, um mit seinen Fähigkeiten die Umgebung zu überwachen. Kira und Shinji folgten ihm auf den Fuß. Shinji war am linken Oberarm verletzt, aber meine sensorischen Fähigkeiten verrieten mir, dass der Stich zwar tief war, aber nicht sehr stark blutete. P-chan kam ihnen hinterher, in ihrer Kampfgestalt, die Klauen blutig. Sie zischte mir zu, während sie mich passierte: "Dreiergruppe. Einer tot, einer verletzt, aber entkommen."
Dann kamen Kuzomi und Mai. Kuzoko bildete den Abschluss. "Ich habe zwei Kumo-Nin unter ein Jutsu gesperrt", informierte sie mich hastig. "Aber ihre Leute werden sie bald daraus erwecken."
"Ist gut", erwiderte ich, während ich ihr auf den Hügel folgte. Ihr Genjutsu brauchte also nicht viel Vorbereitung und war sehr, sehr effektiv.
Oben auf dem Hügel löste ich drei meiner Schattenklone wieder auf, um Chakra zu sparen und teilte meine Genin und ihre Begleiter ein. Fünf Tote, mindestens ein Verletzter auf der Seite unserer Gegner, dazu minimal drei Sichtungen von weiteren Shinobi. Das machte schon mal neun Gegner. Irgendwie wusste ich, dass unsere Feinde es dabei nicht belassen hatten.
***
Der Vorteil einer erhöhten Stellung lagen immer auf der Hand. Wenn der Feind einen erreichen wollte, musste er erst mal raufkommen. Wollte man selbst zum Feind, musste man nur runter, und das war wesentlich weniger anstrengend. Das hatten auch unsere unbekannten Gegner vorausgesehen und den Hügel, das wahrscheinlichste Ziel unserer Flucht, vermint. Schwer vermint. Nahm ich jedes einzelne Sprengtag als Gradmesser des Missfallens mir gegenüber, dann hassten mich meine Gegner bis ins Mark. Verstehen konnte ich sie ja, war ich es doch gewesen, der die Anti-Konoha-Fraktion Kumogakures fast im Alleingang auf Jahre geschwächt und blamiert hatte. Die vier Gruppen Kumo-Nin, die mit mir, Hana-chan und Karin das Examen abgenommen hatten, waren allesamt dieser Gruppe zuzurechnen gewesen. Hätte auch nur einer von ihnen das Examen bestanden und wäre Chunin geworden, hätte dies nur positiv für sie ausfallen können. Da aber Jardin Nabara, ihr letzter Genin, im Kampf gegen mich ohne wirkliche Gegenwehr aufgegeben hatte, war ihnen nicht einmal das geblieben. Sie hatten sich selbst lächerlich gemacht. Lächerlich genug, um dem Raikage und seiner Politik gehörig den Rücken zu stärken. Aber das ist mir erst Jahre später so richtig bewusst geworden.
So standen wir also auf dem Hügel, einer Erdaufwerfung von gut achtzehn Metern Höhe, dessen Krone ungefähr achtzig Quadratmeter ausmachte. Nach Westen hin, der Richtung, aus der wir gekommen waren, fiel er im sanften Gefälle ab. Nach Norden und Süden war er recht steil, und nach Osten fiel er wieder sanft ins Gelände. Unsere Hauptverteidigungsrichtungen waren also Ost und West. Ich hatte Kuzoko im Norden positioniert und Kishio im Süden. Mai und Shinji hatten den Osten bekommen, P-chan und Ryoga, sowie zwei meiner Schattenklone. P-chan hatte Shinjis Wunde provisorisch behandelt. Er war fit genug für einen Kampf.
Ich selbst stand mit dem letzten Schattenklon bei Kira, Kuzomi, Akane und Ranma im Westen, jener Richtung, aus der wir am ehesten einen Angriff erwarten mussten. Die Zeit für Spielchen war vorbei, alle vier Affen hatten ihre Kampfgestalten angenommen. Das hätte normalerweise gereicht, um einen durchschnittlichen Gegner abzuschrecken, vor allem nach den ersten erheblichen Verlusten, die sie erlitten hatten. Aber nicht den fanatisierten Haufen Kumo-Nin, die ich als unsere Gegner vermutete. Alles in allem hatten wir eine überschaubare Position mit allen Vorteilen auf unserer Seite, und der Gegner musste zu uns kommen. Wir konnten hier ausharren, bis sich unser Gegner entweder abgearbeitet hatte, oder aber die Kumo-Delegation uns fand. Oder deren Rächer.
Natürlich hätten wir auch zum Gegenangriff übergehen können. Aber einerseits hatte ich Genin dabei. Niemand konnte sagen, ob unser Kampf wieder so glimpflich ausgehen würde wie gegen die eher schwachen Oto-Nin. Und andererseits konnte ich sie auch nicht allein lassen, um mit den Affenkriegern gegen den Gegner loszuschlagen. Ganz davon abgesehen, dass sie mir das sicher auch nicht verziehen hätten. Immerhin, sie waren Shinobi Konohas. Dennoch, ich sah uns auf der sicheren Seite. Zumindest, bis ich das Grollen im Boden vernahm, das mir sehr verdeutlichte, dass ich meinen Gegner doch unterschätzt hatte. Der Boden brach rings um mich auf, gab ein mächtiges Maul frei, das mich umschloss, und sperrte mich in Dunkelheit.
"Sensei!"
"Mamoru!"
Ich hörte ihre Rufe, aber für den Moment war ich zu verdutzt, um überhaupt zu reagieren. Der Angriff dieses... Dieses Riesenwurms? Er war zu überraschend gekommen. Ich hatte nicht mal Zeit gehabt, fortzuspringen. Und er hatte eindeutig mich zum Ziel. Dann waren die Stimmen fort.
***
Ich bemerkte den Ortswechsel erst, als sich das Maul wieder öffnete und ich mit einer großen Menge Erde und Gestein ausgespien wurde. Benommen blieb ich eine Sekunde liegen. Eigentlich hatte ich ja eher damit gerechnet, hinten raus zu kommen, oder mir meinen eigenen Pfad zu machen, quer durch das Fleisch des Wurms.
"Ist er das?", hörte ich eine betagt klingende Stimme sagen. "Deine Beschreibung seines Geruchs war recht gut. Ich hoffe, es ist der Richtige."
"Ja, Baa-chan, das ist der Richtige. Ich danke dir vielmals. Die Opfer stehen wie immer am vereinbarten Ort bereit. Ich habe das gesamte Altpapier Kumogakures dieses Monats aufgekauft."
"Oh. Das ist aber eine Menge. Habe vielen Dank dafür, Nabara-kun."
"Gern geschehen, Baa-chan. Du kannst dich jetzt dem Papier widmen. Für alles Weitere reichen mir Hyousuke und Kyousuke."
Ich hustete, ächzte und würgte. Ja, das war die Stimme von Jardin Nabara. Ich öffnete die Augen. Vor mir breitete sich eine weite Ebene aus, die aus, nun, Erde bestand. Oder mit anderen Worten: Aus der Scheiße von Regenwürmern. Große Wälder erstreckten sich um mich herum. Nein, das war falsch. Nicht Wälder, sondern Gärten, in denen gepflegte Bäume standen. Zwischen ihnen bewegten sich die Würmer; große, kleine, junge, alte. Ich begriff. Der Wurm hatte mich verschlungen und dann seine Beschwörung aufgehoben, um mich in seine Heimat zu bringen, das Wurmreich, deren wichtigster Exportartikel gut gedüngte Blumenerde war. Ihr Hauptimportartikel war Papier. Altpapier vornehmlich, weil es leichter zu beschaffen war. Würmer standen total auf Papier. Es war mir aber neu, dass die Würmer eine großartige Rolle bei den Shinobi spielten, oder sich sogar für den Kampf einspannen ließen.
Ich sah zu Jardin Nabara herüber. Er sah mir abschätzend entgegen. Hinter ihm, in einiger Entfernung unter einem Baum, lagen zwei weitere Würmer von dreifacher Manneslänge.
"So sieht man sich wieder, Morikubo", sagte der Kumo-Nin selbstgefällig. "Habe ich es mir doch gedacht. Natürlich bist du dort zu finden, wo es voraussichtlich am Gefährlichsten werden wird."
"Ja, du hast mich erwischt", sagte ich anerkennend, während ich mich erhob. Gut, keine Schmerzen. Der Transport per Wurmexpress hatte mich weder verletzt, noch negative Auswirkungen gehabt. Ein schneller Rundblick offenbarte mir, das wir die einzigen Menschen auf der riesigen Ebene waren. "Nur wir beide?"
"Nur wir beide", bestätigte Nabara nickend. Ich betrachtete ihn genauer. Er war größer geworden, genau wie ich. Etwas breiter in den Schultern. Er hatte aber definitiv mehr Muskeln als ich zugelegt. Und er war die Ruhe selbst. Ich hätte erwartet, dass er vor Eifer triefen würde, kaum das er die Chance bekommen hatte, mich zu töten.
"Mir war von vorneherein klar, dass du weder auf die Tarnung als Kiri-Nin hereinfallen würdest, noch auf den verminten erstbesten Hügel. Meine Unterführer glaubten sich ja so schlau und rechneten hier schon damit, dass sie die Hälfte deiner Leute abgeschlachtet hätten, vornehmlich die Affenkrieger, um sich bei den Genin genüsslich Zeit lassen zu können. Vornehmlich, während sie dich zusehen lassen würden... Hat nicht geklappt, wie mir scheint."
"Nicht so ganz", erwiderte ich. "Sind ja tolle Zeitgenossen, die du dir da ausgesucht hast."
"Steck mich mit ihnen nicht in einen Topf!", blaffte er. "Ich habe sie von vorne herein als Ablenkung ausgewählt, Mamoru Morikubo. Unsere Sache darf nicht geschwächt werden, so oder so nicht. Und da sie ihre recht eigenwilligen Ideen hatten, wie sie ausgerechnet dem Ewigen Chunin beikommen wollten, habe ich ihnen ihren Willen gelassen."
"Aha. Und, wie geht es weiter? Ich nehme nicht an, dass du mich ohne einen Kampf zurückschicken wirst?" Abgesehen davon hatte ich keine Lust, wieder im Wurm zu reisen.
"Das siehst du vollkommen richtig." Er stutzte. "Vielleicht sollte ich etwas weiter ausholen, Morikubo. Du weißt, unsere Gruppe hatte eigentlich Macht und Einfluss beim Kage stärken wollen, indem wir unsere vier teilnehmenden Gruppen schlussendlich als einzige Teilnehmer des Finales durchbringen wollten. Zwölf Kumo-Nin, die alle aus diesem oder jenem Grund einen Krieg mit Konoha wünschten. Hauptsächlich, weil sie aus Familien stammten, die Verluste im letzten großen Krieg gegen Konoha erlitten hatten. Von ihnen erreichten wegen dir nur drei das dritte Examen, und nur ich das Finale. Und das habe ich verloren, weil du... Nun, ich sage es nicht gerne, aber du warst der Bessere."
"Und du bist gerade der Meinung, dass sich das geändert hat?", fragte ich.
"Ja."
"Okay", sagte ich, mich dabei durchstreckend. "Du willst einen Kampf. Nur wir zwei. Das ist lobenswert. Und was dann?"
"Ich werde davon absehen, dich zu töten. Falls ich es schaffe, Morikubo. Du bist auf Einladung des Raikages hier, und ich würde unserer Gruppe einen schlechten Dienst erweisen, würde ich dich töten."
"Wie überaus höflich", spottete ich.
"Es wird andere Orte und andere Gelegenheiten geben. Aber im Moment bist du sogar wertvoll für Kumogakure. Man munkelt, wir haben ein Versteck Orochimarus ausgehoben, und es gäbe dabei etliche Fragen, von denen du einige beantworten sollst."
Ich nickte. "So etwas habe ich mir schon gedacht."
Nabara schnaubte. Es klang amüsiert. "Ein guter Grund, dich nicht zu töten. Aber das ist kein Grund, um, ah, eine Wiederholung des Examenskampfs nicht von dir zu fordern."
"Ach, darum geht es dir? Gut. Aber ich habe eine Forderung. Sollte ich dich besiegen, will ich zurückgeschafft werden. So schnell wie möglich."
"Einverstanden. Hyousuke und Kyousuke stehen bereit, um uns zurückzubringen, ob tot oder lebendig. Man kann auf ihnen reiten. Du musst dich nicht wieder verschlucken lassen wie von der ehrwürdigen alten Matriarchin der Würmer."
"Du stehst ja hoch im Kurs, wenn du den mächtigsten Wurm für deine Zwecke gewinnen konntest."
"Es geht so. Die Würmer sind keine Krieger, deshalb konnte ich nur einen besonders großen Wurm schicken. Baa-chan hat sich relativ schnell bereit erklärt, weil sie dich mal "schmecken" wollte. Sieh ihr ihr Tun nicht nach. Im Grunde sind die Würmer harmlos."
"Ich verstehe." Langsam zog ich mein Schwert hervor. "Ich kann leider nicht mit voller Kraft kämpfen, weil ich drei Schattenklone und vier Affenbeschwörungen aufrecht erhalten muss, aber ich hoffe, ich enttäusche dich nicht."
"Ach, komm. Für eine zusätzliche Beschwörung wirst du schon Saft haben. Ich jedenfalls werde mit allem kämpfen, was ich habe."
Okay, das war der Moment, vor dem ich mich gefürchtet hatte. Der Augenblick der Wahrheit. Würde ich es schaffen, fünf Beschwörungen aufrecht zu erhalten? Und für wie lange gelang mir dies? Was, wenn mein Chakra ausging und P-chan und die anderen mitten im Kampf wieder auf den Affenberg geschickt wurden? Andererseits, je länger ich hierblieb, desto länger fehlte ich bei meinen Genin. Und für den Notfall hatte ich immer noch eine Soldatenpille der Affen.

"Kuchiose no Jutsu!"
"Enko O Enma ist gekommen!" Der Nebel zerteilte sich und offenbarte den König der Affen. Er grinste mir über die Schulter zu. "Wie erwartet bist du in Schwierigkeiten, Mamoru-tono."
Ich starrte den Affen verblüfft an. In mir war noch genügend Dampf gewesen, um den König zu beschwören? "In erheblichen, Enma-O", gestand ich.
"Oh nein, darauf falle ich kein zweites Mal rein!", rief Jardin ärgerlich. "Sag deinem Affenmädchen, sie kann sich diesmal gleich zurückverwandeln!"
"Äh, nein, diesmal ist es der echte Enma", sagte ich.
"Das kann nicht sein! Es ist haargenau das gleiche Chakra wie damals bei unserem Kampf in Kumos Arena!", rief er ärgerlich.
"Ah, Nabara-tono. So sieht man sich wieder", sagte der König. "Vielleicht bist du ja diesmal bereit, mir einen Kampf zu liefern!"
"Morikubo! Wenn du mich nicht ernst nimmst, lasse ich dich auf dieser Ebene zurück!", rief er scharf.
"Aber es ist Enma-O!", begehrte ich auf. "Ich habe P-chan schon vor Tagen beschworen, und seither begleitet sie mich durch die... Aber das... Das heißt dann ja..."
"Hä?", rief Nabara. "Das heißt, all die Jahre habe ich... Aber... Wieso?"
Der Affe lachte schallend, bevor er sich mit Hilfe des Gestaltwandlers-Jutsu in die damals noch nicht ausgewachsene P-chan verwandelte. Die derart verwandelte Person zog das rechte Augenlid herab und streckte mir die Zunge raus. "Auch ein Affenkönig ist mal für einen Scherz gut, Mamoru-tono."
Ich spürte, wie mir die Sinne zu schwinden drohten. Ich hatte damals also wirklich und tatsächlich den König beschworen... Und ich konnte mir erklären, warum er sich als P-chan ausgegeben hatte. Um mein damals recht labiles Ego zu schonen. Verdammt.
"Und all die Jahre dachte ich, ich hätte mir dieses furchterregende Chakra nur eingebildet...", sagte Nabara, halb lachend, halb tobend. "Enma-sama, das war nicht nett!"
"Es war genauso nett wie dein Angriff auf mich, als du mich für ein kleines Mädchen gehalten hast", erwiderte der König streng. Er verwandelte sich in seine eigentliche Form zurück.
Ich musste zugeben, da hatte er einen Treffer gelandet.
"Ja. Ich verstehe." Die Hände des Kumo-Nin ballten sich zu Fäusten. Er sah auf, und in seinen Augen funkelte Vorfreude. "Dann werden wir also beide mit voller Kraft kämpfen können. Sehr gut. KUCHIOSE NO JUTSU!"
"Du hast mich gerufen?", fragte eine tiefe, grollende Stimme. Aus dem Nebel des Jutsus schälte sich eine gigantische Gestalt. Sie war über und über mit einem braunen Pelz bedeckt und trug einen Waffengürtel und eine blaue Weste, auf der vorne links unüberschaubar Kumogakure aufgestickt war. Es war ein riesiger, aufrecht gehender Bär. Nicht so riesig wie die Kodiaks im Nordwesten des Landes der Reißzähne, aber die hatten eher selten gesprochen. Und die hatten auch keine Schwerter und keine Kurisagama, die Wurfsichel mit der langen Kette, dabei.
"Ja, Matunus-sama. Ich stelle mich dem Feind, von dem ich dir berichtet habe."
Der Bär sah über die Schulter zurück. "Hast du dich zuerst deinem größten Feind gestellt?"
Der Ninja verbeugte sich tief vor dem grimmigen Bären. "Ja, Matunus-sama. Ich habe mich mir selbst gestellt. Ich will diesen Kampf nicht, um mein Ego zu befriedigen, sondern um festzustellen, wo ich als Ninja stehe."
"Dann ist es gut. Dies sind unsere Gegner? Der König der Affen und der Ewige Chunin Konohas?"
Ich fühlte mich vom Bären gemustert, beinahe bis auf die Knochen durchschaut.
"Wie weit ist dieser Spitzname denn noch verbreitet?", brummte ich.
"Oh, bist du nicht der Chunin, der auf dem Rang eines Jounin kämpft, aber vom Rat Konohas mit einem Beförderungsverbot... Was ist denn, Enma-tono? Warum winkst du so?"
"Zu spät", murmelte der Affe deprimiert.
"Oh, kein Sorge, Enma-O-sama", sagte ich leichthin. "Ich habe das schon selbst herausgefunden, und ich habe mich dem Problem gestellt. Ich kann jetzt damit leben."
Der Affe sah mich entgeistert an. "Wer sind Sie, und was haben Sie mit Mamoru-tono gemacht?"
"Hä? Ist es so unwahrscheinlich, dass ich akzeptieren kann, dass ich sehr viel besser bin, als ich all die Jahre gedacht habe?", erwiderte ich.
"WER sind Sie?", fragte Enma-sama erneut.
Das brachte mich zum Lachen. "Oh, ich muss mich furchtbar angestellt haben. Wie habt Ihr das nur ausgehalten?"
"Weil wir alle dich lieben, Mamoru-tono", erwiderte der Affenkönig mit einem einer seltenen Lächeln auf den Lippen.
"Genug geredet", sagte Nabara. "Lasst uns anfangen. Hier will nämlich jemand schnellstmöglich wieder zurück. Nicht, Morikubo?"
"Dann schlage ich vor, dass wir beide uns raushalten und euch nur zuschauen. Die Macht eurer Kontraktpartner und Beschwörungen habt Ihr einander bewiesen. Enma-tono ist war stärker als ich, aber in einem Kampf spielen viele Dinge eine Rolle. Da Ihr eure Stärke messen wollt, aber nicht unsere, ist unser Kampf nicht erforderlich. Auf der anderen Seite aber werden wir euch fortan besser einschätzen können", sagte der Bär.
Enma-sama nickte. "Ich stimme zu, Matunus-tono."
"Gut", sagte Nabara. "Gehen wir hier herüber. Ich habe absichtlich einen Bereich ausgesucht, in dem dein Feuer nicht allzu viel Schaden verursachen wird, Morikubo. Du kannst dich also auslassen, so viel du willst. Im Gegenzug werde ich das auch tun." Er zog seine Waffe, ein Schwert. Kurz darauf war es von zuckenden Blitzen bedeckt. Er war Raiton-Nutzer.
"Noch eine Bedingung für den Fall, dass ich gewinne", sagte ich. "Einer meiner Schüler ist Raiton-Nutzer. Ich kann ihm nichts beibringen, und..."
"Du willst, das ich ihm Raiton lehre? Du spinnst, Morikubo! Ich bin dein Feind!", blaffte er.
"Aber du hast genug Ehre im Leib, um am Angriff auf meine Genin nicht teilzunehmen. Und mir ist es egal, wie sehr der Lehrer meines Genins mich hasst, solange der Junge etwas lernt."
"Gut." Nabara lachte. "Dann auch von mir eine Bedingung, falls ich gewinne. Einmal in deinem Leben will ich deine Unterstützung. Du wirst sie mir geben, ohne nachzufragen oder dich zu weigern."
"Einmal?"
"Einmal, Morikubo."
"Gut. Ich nehme an." Ich richtete meine Klinge auf ihn. "Komm, Nabara-tono."

Mit wild funkelnden Augen griff er mich an. Ich parierte. Dabei raste ein Teil seines Raitons über mein Schwert in meinen Körper. Schmerzen erfüllten meinen Arm, aber das hielt ich aus. Das war nicht mehr gewesen als ein Willkommensgruß. Als Antwort spie ich ein Endan aus, dem Nabara aber auswich. Er sprang zur Seite und wich dem ihm folgenden Flammenatem aus, bis ich aufhörte.
"Beeindruckend, dein Feuer."
"Danke, das du mir nicht den Arm betäubt hast."
"Ich war mir nicht sicher, ob du anfällig für Raiton bist, deshalb habe ich eine Variante gewählt, die wenig Zeit kostet und mir meine Bewegungsfreiheit lässt."
"Sie tasten einander ab", kommentierte der Bär grimmig grinsend. Enma-sama nickte dazu.
Diesmal eröffnete ich, warf eine Spur Shuriken auf den Kumo-Nin. Er wich aus, und bevor ich mich versah, formte er Fingerzeichen. Es brauchte nicht das Grollen über mir, um mir klarzumachen, dass sich da im wahrsten Sinne des Wortes etwas zusammenbraute. "Raiton: Kumo no hyakuman no Kaminari!"
Aus der Wolke, die sich über mir zusammengebraut hatte, zuckten nicht ganz zehntausend Blitze, wie der Name des Jutsu vermuten ließ, aber es waren mehr als genügend, um mich durch die Gegend zu scheuchen. Es hieß, Kakashi hätte mal einen Blitz mit seinem Chidori gespaltet, und das war eine schwierige Sache bei etwas, das lichtschnell war. Diese Fähigkeit hätte ich gerade gut gebrauchen können.
Natürlich nutzte Nabara aus, dass ich meine Aufmerksamkeit aufteilen musste und griff an. Aber mein Endan hielt ihn auf Distanz.
Schwer atmend blieb ich stehen, meinen Gegner musternd. Nahkampf bedeutete, dass er mich unter Strom setzte. Und das vermutlich nicht mit der kleinlichen Dosis von vorhin. Davon konnte ich ihn allerdings abhalten, indem ich in mit meinem Feuer auf Distanz hielt. Uns stand ein Ermüdungskampf bevor, bei dem derjenige gewann, der am meisten Chakra hatte. Und genau das war eine Sache, die ich nicht hatte: Zeit.
Sein Raiton war zwar Wind-Jutsu gegenüber anfällig, aber ich war weit davon entfernt, mein Fuuton wenigstens auf Chunin-Level zu beherrschen. Es half alles nichts, ich musste aufs Ganze gehen."Augenblick", bat ich, stieß mein Schwert neben mir in die Erde und entkleidete mich.
Nabara beäugte mich misstrauisch. "Was hast du jetzt denn vor? Nur, damit du es weißt, mich kannst du nicht betören. Ich stehe mehr auf hübsche blonde Mädchen, weißt du?"
"Wer will dich denn betören?", erwiderte ich ärgerlich. Das letzte Kleidungsstück fiel, die Unterhose. Zum Glück hatte ich das nicht mit den Mädchen trainiert. Das hätte eventuell den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllt. "Ich packe nur mein stärkstes defensives Jutsu aus. Greif mich an mit allem was du hast."
"Du willst es also zu Ende bringen? Gut."
Ich produzierte Öl und spie es über mir in die Luft. Es landete wieder auf mir, lief meinen Körper hinab. Dann entzündete ich es. Mein ganzer Körper war nun mit Flammen bedeckt. Das hielt ich genau eine Minute durch, bevor der Hitzestau mich ohnmächtig werden ließ.
"Okay", sagte Nabara grimmig. Sein ganzer Körper wurde von handspannenbreiten Blitzen überzogen, ein intensives Knäuel sammelte sich an seinem Schwert. Überschlagblitze huschten zwischen Boden und Schwert hin und her.
"Greif an!", forderte ich.
Nabara attackierte mich, mit seiner geballten Kraft als Raiton-Nutzer, mit seinem Schwert. Ich spürte, wie die Spitze, als sie mich berührte, sofort zu schmelzen begann. Das Nächste, was ich spürte, war sein Raiton. Es geriet in Konflikt mit meinen Flammen. Dann gab es eine Detonation. Danach war... Schwärze.

Ich erwachte aus der traumlosen Ohnmacht, Enmas Gesicht über mir. "Du bist in Ordnung, Mamoru-tono", sagte er zu mir. "Ich habe die überschüssige Hitze aufgenommen und abgeleitet."
"Danke", ächzte ich und erhob mich. "Nabara?"
"Lebt auch noch, obwohl das bei der Detonation für euch beide zweifelhaft erschien."
Zustimmendes Gelächter vom Bären erklang.
"Du solltest dir zuerst deine Sachen wieder anziehen", sagte Nabara, der schon wieder stand. Er schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. Sein Blick ging zu seinem Schwert, das bis auf einen deformierten Rest vorne am Griff abgeschmolzen war.
"Ich habe verloren", sagte er ärgerlich.
"Morikubo-tono hat deine Waffe vernichtet", sagte Matunus-sama. "Aber du hast als Erster das Bewusstsein wiedererlangt. Ich würde sagen, unentschieden."
Sein Blick traf mich. Er war eine einzige Frage. Zögerlich nickte ich.
"Also gut. Unentschieden. Das bedeutet wohl, ich habe weiterhin intensiv an mir zu arbeiten."
"Und ich an mir", erwiderte ich. Raiton war nicht die typische Schwäche für Katon-Nutzer wie mich; das war das Wasser-Jutsu. Aber es hatte sich für mein Taijutsu als gefährlich herausgestellt. Als sehr gefährlich. Also musste ich meinen Nahkampf überdenken, zumindest wenn ich gegen einen Raiton-Nutzer kämpfte.
"Schade. Ich hätte es gerne gesehen, wenn du in meiner Schuld stehst", erwiderte er. "Das wäre die Krönung eines langen Trainings gewesen, das ich mir nur auferlegt habe, um dich eines Tages besiegen zu können. Tatsächlich... Wäre es etwas schade, wenn mein Ansporn nicht mehr da wäre."
Wir wechselten einen amüsierten Blick. "Und ich finde es schade, das ich die Gelegenheit verpasst habe, meinem Kira etwas über Raiton beibringen zu lassen. Das Jutsu der Zehntausend Blitze-Wolke ist interessant."
In seinem Gesicht arbeitete es. "Ich habe mein Bewusstsein vor dir erlangt, deshalb beanspruche ich meinen Preis trotzdem." Er hob eine Hand, um meinen vorhersehbaren Protest abzuwehren. "Im Gegenzug werde ich deinen Genin unterrichten, solange er in Kumogakure ist."
"Du forderst viel", erwiderte ich. "Aber du bist vor mir erwacht. Also gut, einverstanden."
Nabara grinste. "Es ist schön, zu sehen, dass du bereit bist, für deine Genin viel einzusetzen."
"Das Leben ändert sich eben, wenn man Kinder hat", scherzte ich.
"Ja, das stimmt." Erneut sah er mich an. "Aber glaube ja nicht, dass sich zwischen uns etwas ändert. Eines Tages werde ich dich erneut herausfordern und diesmal besiegen. Sollten wir bis dahin auf verschiedenen Seiten eines Schlachtfelds sein, erwarte kein Verständnis und keine Gnade von mir."
"Meine Worte", sagte ich, während ich mir das Hemd aus Spinnenseide überstreifte.
"Ihr habt beide schon einen weiten Weg hinter euch", sagte Matunus-sama, "und ein noch längerer Weg liegt vor euch. Ein wenig Rivalität ist nie verkehrt. Bedenke, Mamoru Morikubo-tono, wie weit Jardin gekommen ist, nur weil er zu dir aufholen wollte."
Ich nickte. "Ja, das erkenne ich an."
Der Kumo-Nin schwieg mit fest aufeinander gepressten Lippen. Harsch wandte er sich ab. "Komm, Morikubo. Die Würmer bringen uns zurück."
Ich klaubte mein Schwert auf und folgte ihm. Er hatte es etwas zu eilig, fand ich. "Enma-O-sama, ich sende dich zurück."
"Danke. Es hat sich gelohnt, zu kommen. Dein Jutsu ist sehr interessant, und ich erwarte, eines Tages die finale Form zu sehen. Allerdings noch nicht bei unserem Festmahl in anderthalb Wochen."
"Vielleicht ist es dann aber schon ausgereifter", sagte ich. "Und danke, Enma-O-sama."
Er nickte mir huldvoll zu. Daraufhin löste ich die Beschwörung auf und sandte ihn wieder auf den Affenberg zurück.
"Ich bin kein so großer Wortklauber wie Morikubo, Matunus-sama, aber ich weiß deine Unterstützung wirklich zu schätzen."
Der große Bär winkte bei Nabaras Worten großzügig ab. "Es ist mir Lohn genug, dass du so gut geworden bist und die Philosophie der Bärenkrieger angenommen hast. Das, und der Honig, zugegeben."
Irrte ich mich, oder zerdrückte der Kumo-Nin gerade eine Träne der Rührung unter dem rechten Augenlid, bevor er den Bärenkrieger zurücksandte?
"Komm jetzt", sagte er in einem barschen Ton. "Hyosuke bringt dich zu deinen Leuten. Kyosuke bringt mich zu meinem Ausgangspunkt. Und - ich war nie hier und habe nie mit dir gekämpft."
Ich nickte zustimmend. Immerhin wollte ich von ihm, dass er meinen Schüler trainierte.
Gemeinsam kletterten wir auf die Würmer, wechselten einen letzten Blick, und schossen in unterschiedliche Richtungen davon. Tatsächlich führte dieser Weg durch die Erde.

Als ich mich auf dem Hügel wiederfand, offenbarte sich mir ein Schlachtfeld, wie ich es erwartet hatte.
"Sensei!", rief Shinji enthusiastisch. "Es geht dir gut!"
"Euch anscheinend nicht so sehr", erwiderte ich und betrachtete die Misere. Mai hatte es erwischt. Sie trug den rechten Arm in einer Schlinge, die ihr P-chan angelegt hatte. Kuzoko hatte einen tiefen Cut unter dem linken Auge, und es war zugeschwollen. Kuzomi schien unverletzt, aber sie kümmerte sich hingebungsvoll um Kira, der ein Kunai im rechten Bein hatte. Augenscheinlich steckte die Spitze im Oberschenkelknochen, und um eine Fettembolie zu vermeiden, hatten die Affen die Klinge nicht entfernt. Damit hatten alle drei Genin und Kuzoko etwas abbekommen. Das lastete schwer auf meiner Seele. Von meinen Bunshin existierte nur noch einer. Das verriet mir genug darüber, wie schwer die Kämpfe gewesen waren, obwohl wir den Stellungsvorteil gehabt hatten. Kishio schien unverletzt, aber von ihm spürte ich unterschwellige Schmerzen. Ein totes Rhinozeros, das in seiner Nähe lag, sprach Bände, woher die Schmerzen kamen.
"Wir haben Akane auf den Berg zurückgeschickt. Sie wurde schwer verletzt", sagte Ryoga. "Ranma hat darauf bestanden, sie zu begleiten. Jetzt sind nur noch P-chan und ich hier. Wir sind nahezu unverletzt."
"Welcher Art ist ihre Verletzung?", fragte ich nach.
"Nichts, womit ein Affe nicht fertig wird", erwiderte P-chan grinsend. "Aber schwer genug, um ihr Ranma-niichans Fürsorge einzubringen." Sie feixte mir zu und ich verstand. Nun, warum sollte Liebe nicht ein wenig blühen dürfen, selbst nach einer Schlacht?
"Kuzoko?"
Sie kam zu mir. "Mamoru-sensei?"
"Ich nehme an, nachdem ich verschlungen wurde, hast du das Kommando übernommen."
"Ja, Sensei. Ich habe die Abwehr organisiert, mit Hilfe deiner Schattenklone. Sie haben nicht dagegen gesprochen, als ich übernommen habe."
Natürlich nicht. Weil sie ebenso wie ich hatten wissen wollten, wie sie sich geschlagen hat. Das nächste Mal würde ich Kishio das Kommando geben, danach einem der Genin. Und so weiter. Ich löste den letzten Kage Bunshin auf. Die Informationen flossen nun aus erster Hand in meinen Geist, zusammen mit dem Wissen der beiden zerstörten Klone, das sich im letzten Klon manifestiert hatte, was genug darüber aussagte, wie weit das Reich der Würmer vom Reich der Blitze entfernt war. Nun sah ich klar. Also waren es insgesamt zwanzig Angreifer gewesen, und von denen hatten nur zwei überlebt. Einer war geflohen, der andere lag, mittlerweile versorgt, am Fuß des Hügels, nicht transportfähig. Zumindest nicht für etwas anderes als ein ausgebildetes Medi-Nin-Team.
Sie waren mit Tierbeschwörungen und mit Kage Bunshin über meine Leute hergefallen; das Rhino hatte Kishio regelrecht auf die Hörner genommen, bevor er es getötet hatte. Shinji hatte sich durchgesetzt und einen Feind mit Wind-Jutsu zerteilt. Kira war verwundet worden, als er Kuzomi beschützt hatte, die wehrlos gewesen war, weil ihr Genjutsu einen Feind gefangen gehalten hatte. Und Mai hatte wütend gekämpft und sich in den Nahkampf gestürzt. Ein Gegner hatte ihr schließlich den Arm gebrochen, aber sie hatte ihm einen Senbon in die rechte Schläfe gestoßen und ihn getötet. Sie machte ihrem selbsternannten Titel als große Schwester Ehre. Über die Taten der Affen musste ich nicht viele Worte verlieren. Wie immer hatten sie gekämpft und gesiegt. Wenn Akane dabei verletzt worden war, sagte das genug über die Härte der Kämpfe aus. Ich schämte mich dafür, dass ich nicht bei ihnen gewesen war.
Ich würde ihnen später erklären müssen, was ich getan hatte, während sie um Leben und Tod gerungen hatten. Verdammt.

Ich spürte, wie Kishios Stresskurve stieg. "Da ist noch...!" Er sprang mit gezücktem Schwert vom Hügel, ließ die Klinge niederfahren.
Sein Gegner handelte geistesgegenwärtig und fing die Waffe zwischen beiden Handflächen auf. Kishio knurrte wütend und versuchte die Waffe seinem Gegner in die Brust zu rammen. Selbst als die Kunoichi, die plötzlich auftauchte, drohte, ihm mit ihrem Kunai die Kehle durchzuschneiden, hielt er nicht inne. Ich kam gerade noch rechtzeitig, um alle Klingen aufzuhalten. Das schloss die Klinge der zweiten Kunoichi ein.
"STOPP!", rief ich. "Kishio, nimm die Waffe zurück. Dies ist Omoi, mein guter Freund." Ich sah die Frau an, die dem Jungen ihr Kunai an die Kehle presste. "Und das ist meine gute Freundin Kamui-chan, die hoffentlich aufhört zu versuchen, meinen Genin zu töten."
Die große, rothaarige Frau raunte erschrocken auf und zog die Waffe zurück. Samui, die das Kunai geworfen hatte, das ich in letzter Sekunde aufgefangen hatte, kam per Step zu uns.
"Und dies ist ihre Anführerin, und auch meine besondere Freundin. Samui-chan. Sie ist Chunin in Kumogakure."
"Jounin. Das kommt davon, dass du nie zu Besuch kommst, Mamo-chan", tadelte sie mich. "Warum wart Ihr nicht am vereinbarten Treffpunkt?"
Omoi grinste. "Ich wusste doch gleich, dass das Feuer von Mamoru war. Äh, Kishio-kun, könntest du vielleicht..."
Der junge Moeru schien wie aus einem Traum zu erwachen. "Was? Ach so, ja." Er nahm den Druck von der Klinge, wartete, bis der große Ninja sie freigegeben hatte und steckte sie wieder fort.
"Was war hier los, Mamo-chan?", fragte Karui. Ihr Blick fiel auf einen Toten, der das Stirnband Kumos trug. "Und das würde ich gerne sehr genau wissen."
"Folgt mir zu meinen Genin. Ich erkläre euch alles, wenn wir uns auf den Weg nach Kumogakure machen." Ich wandte mich um, um per Step auf den Hügel zu gehen.
"Moment!" Omois Hand legte sich auf meine Schulter und stoppte mich. Bevor ich mich versah, steckte ich in seiner brüderlichen Umarmung. "Erstmal willkommen im Reich der Blitze, kleiner Bruder. Gut, dass du so ein großes Feuerwerk veranstaltet hast, damit wir dich finden konnten."
Ich lachte auf. "Ich habe mir Mühe gegeben, großer Bruder."
Ich war da, im Reich der Blitze. Nach so langer Zeit. Und es gab Menschen, die mich hier willkommen hießen. Ein schönes Gefühl.

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12.
Es dauerte nicht lange, bis Omoi eine Patrouille erreicht und über den Anschlag informiert hatte. Eine Stunde später trafen weitere Shinobi, ein ANBU-Team und ein Medi-Nin-Team ein, das sich um meine verletzten Genin und den überlebenden verletzten Angreifer kümmerte. Die ANBU untersuchten die Toten, um ihre Identitäten festzustellen, vielleicht in der stillen Hoffnung, dass es doch keine Kumo-Nin gewesen waren, während die Shinobi das Gelände sicherten.
Mit ihnen kam Kirabi-sama. Er übersah das Schlachtfeld, den kahlgebrannten Hügel und meine verwundete Truppe, bevor er mich tadelte. "Mamo-chan, du Tölpel, du Dummkopf, als einziger unverletzt zu bleiben erfordert Glück oder Können. Aber musst du das nicht deinen Genin gönnen?"
Ich blinzelte überrascht. "Was, bitte?"
Omoi griente mich an. "Er rappt wieder."
"Was, bitte, genau?"
Samuis sonst so stoische Ruhe zerbrach für einen Augenblick. "Der Sprechgesang von Kumogakure. Eine Zeitlang war ja Ruhe, aber seit deinem Chunin-Examen hat er wieder damit angefangen und..." Sie warf die Arme in die Luft. "Ist ja auch egal. Jedenfalls will er dich fragen, warum du unverletzt bist."
Ich sah Kirabi-sama ernst an. "Ich war nicht hier."
"Du warst nicht hier? Dabei war es dein Bier, hier zu sein. Lass deine Genin nicht allein."
"Ich habe es nicht freiwillig gemacht. Ich wurde entführt. Und als ich den Weg zurück gefunden hatte, war der Kampf leider schon vorbei. Meine Schattenklone waren hier und haben mich vertreten. Einigermaßen würdig, denke ich und... KISHIO!"
Mit Step war ich neben dem umkippenden Jungen und fing ihn auf. "Verdammt, Junge, sag doch was."
Der rothaarige Bursche - nach der Sache am Strand waren es unwesentlich weniger rote Haare, weil Perine ihm die verschmorten Haare abgeschnitten hatte - versuchte sich an einem Lächeln. "Tut mir leid, Mamoru-sensei. Aber wenn ich auf Trance-Modus schalte, dann tue ich das ohne Rücksicht auf Verluste. Diesmal habe ich mich wohl zu sehr verausgabt." Wie sehr er sich verausgabt hatte, war daran zu sehen, dass seine Gesichtstätowierungen wieder erschienen, die er ansonsten mit einem Genjutsu zu verbergen pflegte. Wirklich, der Junge war am Ende.
"Sani!", rief ich. Einer der Kumo-Nin kam an meine Seite und legte seine Hände auf den Jungen. "Ruhig. Ihm fehlt nichts. Er ist nur vollkommen erschöpft. Noch eine Stunde länger und er hätte tot umkippen können."
"Eieieieiei." So langsam begann ich einige Dinge, den Moeru betreffend, besser und besser zu verstehen. Und ich verstand, dass es an meiner Führung liegen würde, ob Kishios fatale Kampfmethoden kanalisiert werden konnte, oder nicht. "Ich denke, wir tragen ihn besser."
"Das übernehmen die ANBU und Shinobi. Wir bringen die Genin direkt ins Hospital. Da dürften Sie sich ja noch gut auskennen, oder, Morikubo-san?", scherzte der Medi-Nin.
Ich sah genauer hin und erkannte, dass er damals, als ich vor knapp vier Jahren eingeliefert worden war, einer meiner behandelnden Mediker gewesen war. "Sadahara-sensei. Bei Ihnen weiß ich meine Leute in guten Händen. Ich werde dann mal ge..."
Gehen, und meine anderen Genin besuchen, hatte ich sagen wollen. Aber irgendetwas Großes, Schnelles griff nach mir und riss mich fort. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass es ein riesiger, fast einen Meter durchmessender und rund acht Meter langer Tentakel war. Es dauerte einen weiteren Moment, bis ich begriff, dass dieser Tentakel aus Kirabi-samas Rücken wuchs. Okay, zumindest stellte er keine Gefahr dar. "Du Tölpel, du Dummkopf. Fertig sind wir noch nicht. Deine Antwort brauche ich."
"Äh, Kirabi-sama, Ihre Reime in allen Ehren...", wandte ich vorsichtig ein.
Kirabi-sama seufzte. Der Tentakel ließ mich los und verschwand wieder in seinem Rücken. "Also, wo warst du, du großer Trottel? Du trägst jetzt eine riesige Verantwortung. Ich hoffe, das ist dir klar."
"Es ist ja nicht so, als wäre ich freiwillig verschwunden", erwiderte ich vorwurfsvoll. "Wie kannst du so etwas von mir denken, Sensei?"
Die Antwort machte ihn ein klein wenig verlegen. Für ein paar Sekunden hatte ich Oberwasser.
Zumindest, bis Karui sagte: "Keine Ausflüchte! Wo warst du, während deine Leute hier gegen eine Übermacht gekämpft - und zugegeben, gewonnen - haben?"
Ich überlegte meine Optionen. Jardin und ich hatten nicht vereinbart, dass wir nicht über unseren Kampf sprechen würden. Aber war es klug, ihn zu verheizen, wenn ich noch etwas von ihm wollte?
"Tut mir leid, Kirabi-sensei, aber im Interesse der Sicherheit Konohas bin ich nicht befugt, dir... WHOA!"
Kirabi-sensei grinste mich an und schob seine neue schwarze Sonnenbrille ein Stück die Nase hinab, um mir in die Augen sehen zu können. Das war eine ungewohnte Erfahrung, denn ich hing wieder an einem Tentakel, und dann auch noch kopfüber, genau auf Augenhöhe. "Wo warst du?"
Ich schluckte trocken. Dann erzählte ich die ganze Geschichte und ließ kein Detail aus.
Zum Dank wurde ich erstaunlich sanft wieder abgesetzt.
"Na also, du Tölpel, du Dummkopf. Warum nicht gleich so, junger Mann?" Er sah Samui an. "Er hat seinen Move gemacht, Samui-chan."
Die blonde Schönheit lächelte schmallippig. "Es war zu erwarten gewesen. Dann wird er ja bald zu uns kommen."
Ich zwinkerte verständnislos. Jardin Nabara war definitiv in den Anschlag auf mein Leben und das meiner Genin verwickelt gewesen, und auch wenn ich einen Privatfrieden mit ihm geschlossen hatte, hieß das nicht, dass Kumogakure ein Interesse daran hatte, dass er frei herumlief. Aber es schien nicht gerade so, als wäre Kirabi-sama drauf und dran, ihn zu finden und einzuknasten.
Omoi legte mir einen Arm um die Schulter. "Alles in Ordnung, Mamo-chan. Du hast nur gerade ein wichtiges Puzzlestück an seinen Platz getan. Wenn er fertig ist, wird er sich dir gegenüber sicher erklären. Und dann können wir auch darüber sprechen, denke ich. Bis dahin... Nun, du solltest dich um deine Genin kümmern." Er stutzte. "Sag mal, bist du größer als ich, kleiner Bruder?" Er nahm den Arm ab und maß uns. "Doch nicht. Aber fast so groß wie ich. Hör gefälligst auf zu wachsen, damit du mein kleiner Bruder bleiben kannst."
"Sehr witzig, Niichan." Ich seufzte. Aber er hatte Recht. Ich musste nach meinen Genin sehen.
"Eines noch, du Tölpel, du Dummkopf", sagte Kirabi-sama.
"Sensei?"
Er hielt mir die Linke hin, zur Faust geballt. "Willkommen zurück im Reich der Blitze, mein Schüler."
Ich konnte es nicht verhehlen, für einen Moment musste ich mit meiner Rührung kämpfen. Dann stieß ich seine Linke mit meiner Rechten an. "Ich bin wieder da, Sensei."

Ich klapperte meine Leute ab. "Mamo-chan." Kuzokos Auge sah schon viel besser aus, der Schnitt war beinahe verheilt und würde eventuell keine Narbe zurücklassen. Es wäre sehr schade um ihr hübsches Gesicht gewesen. Dennoch war sie kreidebleich. Wahrscheinlich traf sie die späte Erkenntnis, dass sie in diesem Gewimmel durchaus jemanden hatte verlieren können, vielleicht sogar die eigene Schwester, gerade besonders schwer.
Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter und drückte leicht zu. "Gut gemacht. Du wirst mal ein guter Anführer, Kuzoko. Ich habe dir vollkommen zu Recht vertraut."
Ihr Blick wurde für einen Moment verwirrt, dann aber füllten sich ihre Augen mit Tränen. Bevor ich mich versah, war sie gegen meine Brust gesunken und hatte zu weinen begonnen. Das machte mich ein wenig hilflos. Ich tätschelte ihren Rücken, weil mir nichts Besseres einfiel. "Geht es?"
"I-ich weine nicht. Nicht wirklich", nuschelte sie. "Das sind Freudentränen. Ich dachte, du schimpfst mich aus oder schickst mich zurück."
Diese Worte erleichterten mich dann doch. Anscheinend musste der Mamo-Pakt nicht zwangserweitert werden. "Aber, aber", sagte ich, "so einen nützlichen Kämpfer wie dich schicke ich doch nicht grundlos zurück. Du hast alles richtig gemacht."
Langsam hob sie wieder den Kopf. Noch waren ihre Wangen rot von ihren Tränen, aber sie lächelte mich mit der Kraft der aufgehenden Sonne an. "Danke, Sensei. Ich bin sicher, ich werde viel bei dir lernen."
"Das hoffe ich doch." Mein Schmunzeln schien mir im Gesicht zu erfrieren, als mir bewusst wurde, dass es an mir liegen würde, diesen Wunsch zu erfüllen.
"Kishio?", fragte sie mit einem scheuen Seitenblick auf den Jungen, der nicht weit von uns am Boden lag und behandelt wurde.
"Hat sich bis zur äußersten Grenze verausgabt", informierte ich ihn. "Wenn wir nach Kumogakure aufbrechen, möchte ich, dass du an seiner Seite bleibst, Kuzoko. Jetzt begleite mich. Wir wollen nach den anderen sehen." Das hatte ich zwar schon gemacht, aber wenn ich den Genin Mut zusprach und Kuzoko dabei hatte, festigte es ihre Stellung in der Gruppe. Noch hatte ich nicht entschieden, ob und wen ich zu meinem Stellvertreter machte; heiße Kandidaten waren Kishio, Kuzoko und Shinji, was mich selbst am Meisten erstaunte. Ich hätte für so eine Entwicklung eher auf Kira oder Mai getippt.
Apropos Mai. Sie unterhielt sich mit Kuzomi, während einer der Shinobi die beiden mit Tee versorgte. Ich musste meine erste Meinung revidieren. Kuzomi war verletzt worden, aber nicht sehr schwer. Sie war mit einem Veilchen davon gekommen und ihre gekrümmte Körperhaltung bewies, dass sie auf der rechten Seite einen Schlag oder einen Tritt abbekommen hatte.
"Sensei!", rief Mai fröhlich und schwenkte die Hand mit dem Teebecher. Der andere war noch immer ruhig gestellt, obwohl ich mir sicher war, dass die Medi-Nin Kumos auch das bald wieder würden hinkriegen können. Ein Armbruch war nichts, was nicht mit ein paar Tagen Ruhe und weiteren Chakra-Behandlungen behoben werden konnte.
"Hallo", murmelte Kuzomi. Sie deutete hinter sich, wo ein Medi-Nin gerade dabei war, das Kunai aus Kiras Oberschenkelknochen zu ziehen, während sich der zweite bereitmachte, um den Knochen sofort wieder zu versiegeln. Es erstaunte mich, dass sie die Retraktion nicht erst im Krankenhaus vornehmen wollten. Aber anscheinend war die Wunde relativ sauber und betraf keine großen Blutgefäße. Voraussetzung für eine Infektion mit Knochenmarkfett, was wiederum zur gefürchteten Fettembolie führen konnte. "Sie ziehen gerade."
Ich besah mir das Mädchen genauer. Es zitterte. Und es schien sich nicht entscheiden zu können, ob sie bestürzt oder hocherfreut sein sollte. Ich verstand. Einerseits war sie bis zum Anschlag mit positiven Emotionen, Kira betreffend, überfüllt, nachdem er ihr wahrscheinlich das Leben gerettet hatte, andererseits musste sie sich wegen seiner Verletzung die allergrößten Vorwürfe machen.
"Gute Arbeit, kleine Schwester", sagte Kuzoko hastig. "Dein Genjutsu war fehlerlos."
Das brachte sie doch relativ schnell zum Strahlen. "Danke, Onee-chan."
"Und du, Mai... Ich werde Sensei dran erinnern, dass wir aus dir eine Multiwaffenkämpferin machen. Hättest du nur ein paar Senbon mehr gehabt..."
Die Erinnerungen, die mir von meinem Klon zugeflossen waren, umfassten leider nur einen Teil des Geschehens, weil beide hier stationierten Schattenklone relativ früh zerstört worden waren, um die Genin zu beschützen. Daher wusste ich nicht, wie Mai der Arm gebrochen worden war. Aber ich sah, dass ihre Ausrüstung zur Säuberung vor ihr auf einem Tuch lag. Und keines der Shuriken, Senbon und Kunai war unbenutzt geblieben.
Verlegen sah sie mich an. "Äh, meine Fuusha liegen beide noch irgendwo da draußen. Ich habe die Shinobi gebeten, sie für mich zu suchen..."
Ich senkte meine Linke auf ihren Kopf und meine Rechte auf Kuzomis Haarschopf. "Keine Sorge, wir gehen nicht, bevor du sie nicht wiederhast, Mai-chan. Sehr gute Arbeit. Und was dich angeht, mein kleines Spinnchen: Ich hoffe wirklich sehr, dass sich Kira als würdig für einen permanenten Kontrakt erweisen wird."
Die beiden Mädchen strahlten und nickten zugleich, bestätigende Laute ausstoßend. Von der merkwürdigen Ärgerlichkeit, die ich bei Mai die letzten Tage zu spüren geglaubt hatte, war nichts mehr zu erkennen. Oder noch nicht. Ich beschloss, das im Auge zu behalten.
"Sensei, was ist mit Kishio?", fragte Mai neugierig. "War sein Clinch mit dem Rhino doch zuviel?"
"So in etwa. Er hat kein Chakra mehr, der arme Kerl. Das hätte auch euch passieren können."
Ich räusperte mich. "Wir brechen auf, sobald deine Fuusha wieder da sind", versprach ich. "Die ANBU wollen in Ruhe ermitteln."
"Ja, Sensei!", sagten sie zugleich.
Ich zog meine Hände zurück und ging mit Kuzoko weiter zu Kira.
"Schmerzen?", fragte ich den Jungen.
"Geht so, geht so", erwiderte der Blondschopf grinsend. "Autsch, warnt mich doch!"
Als das Kunai entfernt war und der zweite Medi-Nin damit begann, den Knochen und das Fleisch zu schließen, sah er mich wieder an. "Das dauert nicht lange, Sensei. Hoffentlich bleibt eine schöne Narbe. Zum Angeben. Das ist übrigens schon das zweite Gefecht, in das wir geraten, weil dich jemand nicht mag, Sensei."
Ich schnaubte überrascht. Er hatte vollkommen Recht. Und mein schlechtes Gewissen war eigentlich noch nicht schlecht genug.
"Und? Stört dich das?"
"Ach, Quatsch. Natürlich nicht. Auch wenn es diesmal knapp war, wir haben gewonnen." Ein Schatten legte sich über sein Gesicht. "Es war nötig, oder?"
Damit spielte er auf die Toten an. "Sie hätten euch kalten Herzens sofort getötet, ja. Es ging um sie oder euch."
"Dann bereue ich nichts", murmelte er.
Als er wieder zu mir aufsah, strahlte er fast. "Hey, Sensei, ich konnte drei Sekunden lang meine Nervenimpulse beschleunigen! Damit habe ich einen erledigt, der wusste gar nicht, wie ihm geschah!"
Ich pfiff anerkennend. Normalerweise war ein Kampf ein Konzentrationskiller, und Kiras spezielles Raiton erforderte eine Menge Konzentration. Es im Kampf anzuwenden und zu behaupten, war eine enorme Steigerung. "Weiter so, und ich sehe jemanden vor mir, der sich für das Chunin-Examen empfiehlt."
"Meinst du das ernst, Sensei?"
Ich lächelte. "Wer weiß? Wir werden sehen, wie du dich in Kumogakure schlägst. Viele Eigenschaften sind notwendig, um kommandieren zu dürfen. Ich werde dich ausgiebig testen."
"Nur zu, nur zu!" Kira grinste breit. "Du wirst schon sehen, dass ich vor Shinji Chunin werde."
"Was soll denn der Scheiß?", rief Shinji und kam herüber, den rechten Arm ebenfalls in der Schlinge. "Natürlich werde ich vor dir Chunin, das steht ja wohl außer Frage!"
"Hauptsache, Ihr werdet beide Chunin", sagte ich, der Gerechtigkeit zu Willen. "Ich bin so oder so stolz auf euch."
"Danke, Sensei."
Ich winkte den beiden und ging zu den Affen weiter, die den ANBU gerade Rede und Antwort standen. Doch als ich sah, dass einer der ANBU Ryoga mit einem Bannspruch belegen wollte, beschleunigte ich unwillkürlich meinen Schritt. "HEY! Was soll der Mist?"
Der ANBU wandte mir sein Gesicht zu, oder vielmehr seine Tiger-Maske. "Ihre Affenkrieger müssen interniert werden, bis wir die Frage geklärt haben, wer hier wem aufgelauert hat. Immerhin sind achtzehn Kumo-Nin tot und ein weiterer schwer verletzt. Und der belastet Sie schwer, Morikubo-kun."
Hartes Chakra war eine feine Sache. Für den erfahrenen Nutzer einfach hergestellt und schnell projiziert. In diesem Fall leitete ich es in meine Arme und schlug ansatzlos auf kurze Entfernung zu. Der Tiger-ANBU wurde vollkommen überrascht und auf der Brust getroffen. Die Härte des Schlags riss ihn von den Beinen und schleuderte ihn meterweit davon. Bevor die ANBU mit der Eulenmaske, die ebenfalls neben den Affen stand, reagieren konnte, raste ich mit Step hinterher und tauchte direkt über dem benommenen ANBU, der noch immer vom Hügel hinab flog, wieder auf.
"Verleumdungen mag ich überhaupt nicht", zischte ich ihm zu. "Und bevor du das nächste Mal einen Gast des Raikages anpinkelst, informiere dich besser, ob er mit dir Schlitten fährt!"
Ich machte ein Rolle in der Luft, die beide Beine ins Spiel brachten. Damit trat ich ihm in den Brustkorb. Deutlich hörte ich mehrere Rippen knacken. Zusätzlich zum Bewegungsimpuls vom Hügel fort wurde er jetzt auch noch nach unten gedrückt. Hart schlug er auf, überschlug sich und rollte mehrere Dutzend Meter weit, bevor er benommen liegenblieb. Das war nicht genug gewesen, um einen ANBU zu töten, einen Konoha-ANBU zumindest nicht, aber es war hoffentlich eine deutliche Warnung gewesen. Ich, der Angreifer? Wie frech konnte dieser Bursche eigentlich werden?
"Wage es ja nicht, dieses Schwert auf mich zu richten", fuhr ich die Eulen-ANBU an, die mit gezogener Klinge neben mir aus dem Step kam, "außer, du willst es vor dem Raikage verantworten!"
"Fukuro-tono! Das reicht!" Kirabi-sama kam nun ebenfalls neben mir aus dem Step. Sein Blick schien sogar die schwarze Sonnenbrille zu durchdringen und die ANBU einzufrieren. Sie zögerte, wich einen Schritt zurück und steckte ihr Schwert weg, bevor sie sich formell von Kirabi-sama verneigte. "Jawohl, Kirabi-sama."
"Kümmere dich jetzt um Tora-tono. Es wird besser sein, du ziehst einen Medi-Nin hinzu."
Die ANBU bejahte und beeilte sich, zu ihrem Kameraden zu kommen.
"Checke seinen Hintergrund, Kirabi-sama", sagte ich noch immer verärgert. "Sicher hängt er irgendwie in der Anti-Konoha-Fraktion drin. Ich soll den Kumo-Nin aufgelauert haben? Pah!"
"Du Tölpel! Du Dummkopf! Musst du gleich das Messer wetzen? Musstest du ihn gleich verletzen? Wo ist dein Ruhe hin? Bist du noch der gleiche Chunin, den ich damals im Examen sah? Ist von ihm noch irgendetwas da?"
Erstaunt sah ich den Hünen an. "I-ich... Tut mir leid, Sensei, aber als ich sah, wie er Ryoga mit dem Bannzauber belegen wollte, da... Da bin ich ausgetickt." Tränen füllten meine Augen. Ich konnte nichts dagegen tun. "I-ich war nicht hier, als meine Genin angegriffen wurden. Alle wurden verletzt, nur ich nicht. Akane-chan wurde so schwer verletzt, dass sie zum Affenberg zurückgeschickt werden musste! Und als ich Ryoga in Gefahr sah, als ich diese hanebüchene Anschuldigung gehört habe, da... Da..."
Eine glatte Menschenhand legte sich auf meiner Schulter. Dennoch wusste ich sofort, dass sie einem Affenkrieger gehörte. "Nur die Ruhe, Mamo-chan. Wir sind doch recht gut ohne dich zurecht gekommen. Du musst dich nicht um jeden Scheiß selbst kümmern. Und deine Genin sind stolze Shinobi Konohas, die ihren Teil mehr als geleistet haben. Und diesen vorwitzigen ANBU hätte ich schon selbst in seine Schranken gewiesen, wenn er zu weit gegangen wäre." Röte zog über sein Gesicht. Verlegen sah er fort. "A-aber ich weiß es sehr zu schätzen, was du da getan hast. Das macht mich sehr froh und stolz. Es lässt mich fühlen, als wären wir Freunde..."
"NATÜRLICH sind wir Freunde, Ryoga! Und ich hätte für nichts garantiert, wenn ich erst gekommen wäre, nachdem er dich gebannt gehabt hätte!"
"Verantwortungskoller", sagte Kirabi-sama seufzend.
Mittlerweile kümmerte sich ein Mediziner um den verletzten ANBU, während Fukuro-tono zurückkehrte. "Ein paar Rippen sind gebrochen, viele blaue Flecken und ein leichtes Trauma der inneren Organe. Er wird es überleben." Die ANBU zögerte. "Um ehrlich zu sein, seine Anschuldigung kam mir sehr komisch vor. Vier Genin, vier Affenkrieger und zwei Chunin sind nicht wirklich das, was es im Angriff mit zwanzig Kumo-Nin aufnehmen können sollte, außer sie..."
"Außer, sie sind in der Defensive in einer vorteilhaften Position", vollendete ich den Satz.
"Genau. Ich entschuldige mich für meinen Kameraden, Morikubo-sama. Er ist bestimmt kein Anti und ich verstehe nicht, was da in ihn gefahren ist. Ich kann es kaum glauben, dass er die halbseidenen Anklagen des Verletzten geglaubt hat."
Ich lächelte geringschätzend. "Der Raikage hat mich eingeladen. Warum sollte ich dann Kumo-Nin angreifen oder angreifen lassen?" Ich stutzte kurz. Zwei Chunin? Dann musste sie Kuzoko und Kishio meinen. Interessant, dass sie vom Kennerblick eines ANBU so geadelt worden waren.
"Um die Anti-Fraktion auszudünnen? Es wäre zumindest ein Motiv. Und letztendlich sind wir alle Shinobi", erwiderte sie. Sie hob abwehrend die Hände. "Aber diese Erklärung ist so dünn, dass ich sie ohnehin nicht glaube."
"Es ist gut. Machen Sie Ihren Job, bitte", sagte ich, mit einem Anflug von Kopfschmerzen kämpfend. Himmel, seit wann agierte ich so impulsiv, unüberlegt, und... Ja, brutal? Seit ich drei Kinder beschützen musste, die frisch von der Schule gekommen waren. Seit sie verletzt waren. Seit ein Affenkrieger, den ich für ihren Schutz beschworen und der diesen Schutz gewährleistet hatte, über alle Maßen hatte brüskiert werden sollen.
"Verstanden, Morikubo-sama." Sie verschwand mit Step wieder auf dem Hügel.
"Ich helfe bei den Abzugsvorbereitungen. Sicher suchen sie noch jemanden, der Kishio-kun bis Kumogakure tragen kann", sagte Ryoga, tätschelte noch einmal meine Schulter und verschwand dann auch per Step.
Ich beobachtete, wie der lädierte Tiger-ANBU für den Abtransport vorbereitet wurde. Er sah nicht zu mir herüber. Das war erstaunlich. Ich war mir eigentlich sehr sicher, mir einen Feind auf Lebenszeit gemacht zu haben und dass er schon jetzt Rachepläne schmiedete. Er war ANBU, verdammt, und damit hatte ich nur auf den Überraschungsmoment setzen können! In einem regulären Kampf wären meine Chancen erheblich schlechter ausgefallen.
"Niemand tut deinen Genin etwas an. Dazu stehe ich, glaub es, Mann", sagte Kirabi-sama mit ruhiger Stimme.
"Danke, Sensei", sagte ich mit einer merkwürdig dumpfen Stimme. "Es tut mir leid, dass ich überreagiert habe."
"Das hast du wohl getan. Aber deine Botschaft, die kam an. Und du bist auf Wunsch des Raikage hier, darum ist es nicht Tiger-tonos Bier. Er wird getadelt und du wirst geadelt. Ein solcher Streich gegen einen ANBU ist beachtlich. In Kumogakure gilst du jetzt als fachlich hoch versiert und erfahren genug, als der Chunin, der einen ANBU schlug."
Ich lächelte dünnlippig. "Danke für die Blumen, aber höchstwahrscheinlich war es doch nur mein Ego, nicht das Pflichtbewusstsein meinen Leuten gegenüber."
Kirabi-sama lachte lauthals. "Das ist auch keine schlechte Eigenschaft. Es hat dir eine neue Legende für deinen Ruf eingebracht." Er verwuselte meine Haare mit der Rechten. "Jetzt komm mit zurück und auf in die Stadt. Und mit etwas Glück geht wenigstens das glatt. Der Mamoru-Faktor könnte uns verschonen. Und außerdem bin ich ein Jounin."
"Sensei, was soll das denn heißen? Morikubo-Faktor? Was siehst du in mir? Einen Unruheherd, oder was?"
"Natürlich sehe ich dich so. Du doch auch, gib's zu."
"Ein wenig, vielleicht", sagte ich widerstrebend.
Kirabi-sama lachte schallend und stellte die Misshandlung meiner Frisur ein. "Komm, lassen wir nicht noch mehr Zeit verstreichen. Wir wollen noch bei Tageslicht Kumogakure erreichen. Mein Bruder wartet bereits; und allmählich wird es Zeit."
"Sensei, die Reimerei nervt", beschwerte ich mich. "Ist das eine neue Waffe, die du da ausprobierst?"
"Du Tölpel! Du Dummkopf! Alles, was ich tue, tue ich mit großem Ernst. Und es wäre gut für dich, wenn du von mir lernst!"
"Gerne, aber bitte keinen Sprechgesang."
Kirabi-sama machte einen Laut des Missfallens und ließ dabei ein einzelnes Wort erklingen, das nach "Banause" klang. Aber er war mir nicht wirklich böse. Das würde er nie sein.
Per Step kehrten wir zum Hügel zurück. Rund um uns machten sich alle bereit zum Aufbruch. Die, die nicht laufen konnten oder durften, wurden auf kräftige Rücken gepackt. Das ging schneller, als eine Pferdekutsche kommen zu lassen. Und es war auch schonender für die Verletzten, als eine Reise per Kutsche.
"Sensei?"
"Hm?"
"Ich habe einen Genin unter meiner Fittiche, der Raiton-Benutzer ist. Sein Vater kommt aus Kumogakure und ist Händler. Da habe ich mich gefragt, ob du ihm nicht das eine oder andere Jutsu für Genin beibringen könntest."
"Das mache ich vielleicht, wenn du dich zu benehmen weißt."
Ich atmete erleichtert auf. Das war zumindest ein Fuß in der Tür. Zusammen mit dem, was ich von Jardin Nabara erwartete, falls er die Nacht überlebte, würde Shinji einiges lernen können. Hoffentlich. Ob ich auch den Raikage...? Nein, der hatte viel zu hohe Ansprüche. Das konnte Kira umbringen.
"Sensei?"
"Hm?"
"Ruft der Raikage-sama mich wegen dem Versteck Orochimarus in Reich der Steine, das ich zerstört habe?"
"Nein, das ist nur teilweise korrekt. Denn wir haben unser eigenes Versteck entdeckt."
Ich sah den großen, kräftigen Mann erstaunt an. "Und ich soll..."
"Es mit deinen erfahrenen Augen sehen und uns helfen, es zu verstehen."
Damit war ich also anerkannter Experte für Geheimverstecke des berüchtigsten Nukenins Konohas. Dabei hatte ich eigentlich nur Erfahrungen darin, sie zu erobern oder niederzubrennen. Aber wie alle meine Aufgaben nahm ich auch diese an. Da ich nicht annahm, dass das Versteck in Kumo lag, bedeutete dies eine Reise für mich. Die ideale Gelegenheit, um meine Genin durch das gleiche Training zu hetzen, durch das auch ich gegangen war. Ich begann unheilvoll zu lachen, als ich mir all die Arbeiten vorstellte, die sie ebenso wie ich vor fast vier Jahren verrichten würden: Einkaufen. Kindern Unterricht geben. Müll entsorgen. Unkraut jäten. Geldboten begleiten. Bodyguard spielen. Sonstige Botengänge erledigen. Das also war der Generationenvertrag von Konoha. Das, was einem die eigenen Sempais und Senseis auferlegt hatten, durfte man weitergeben - an die nächste Generation. Das musste man sogar, wenn die Genin einem am Herzen lagen. Das, was einen selbst geformt hatte, konnte für sie nicht schlechter sein. Hoffte ich zumindest. Aber in diesem Fall gab es nicht viele Zweifel. Nicht sehr viele.
Kuzoko, die wieder zu mir aufgeschossen hatte, sah mich erschrocken an. "Mamoru-sensei, mit dieser Lache machst du mir Angst. Das klang so, als würdest du etwas wirklich übles aushecken."
Unwillkürlich ging mein Blick zu Mai, Shinji, Kira, Kuzomi und Kishio, anschließend zu Kuzoko selbst. "Ja, das könnte man fast so stehenlassen."
Die fünf reagierten unterschiedlich, je nach Charakter, auf meine Worte. Die gängigste Reaktion jedoch war ein hartes Schlucken. Kuzoko hingegen wurde erst blass, dann puterrot im Gesicht. Irgendwie... Gefielen mir diese Reaktionen. Bedeutete es doch, dass sie durchaus etwas von mir erwarteten. Wie hatte doch Kakashi mal zu mir gesagt? Wenn deine Schüler nicht über dich fluchen, war die Lektion zu leicht. Es wurde wirklich Zeit, diese sechs bis an ihre Grenzen zu führen...
***
"Du hast mich rufen lassen, Raiden-sama?", klang die Stimme des hochgeschossenen, hageren Mannes auf, als er auf den Balkon hinaustrat. Hier, achtzig Meter über dem Boden, war der Wind häufig recht frisch. Und so war es auch jetzt. Jardin Nabara zog die Weste, die er trug, enger an seinen Leib.
Der Angesprochene lag auf seiner Liege in der Sonne und las ein Buch. "Einen Augenblick, Nabara-kun. Den Absatz noch." Der alte Mann las unbeirrbar weiter und beendete seinen Text. Als er das Buch zuschlug, versehen mit einem Lesezeichen, winkte er Nabara näher.
"Erkläre mir das Desaster. Erkläre mir, warum Morikubo noch lebt. Erkläre mir, warum du noch lebst."
"Nun, Onkel... Es war mir klar, dass die Mission scheitern würde... Scheitern musste, nachdem meine "Mitarbeiter" darauf bestanden, die Genin auszulöschen und sie dabei hoffnungslos unterschätzt haben."
"Komm mir nicht so! Du hast die Leute selbst handverlesen! Und du hast gesagt, dass die Affenkrieger kein Problem sein würden!", blaffte der alte Mann ärgerlich. "Du hast hier gestanden, und pulsiertest vor Hass, vor blankem Hass auf Mamoru Morikubo! Du wolltest beenden, was du angefangen hattest, damals von vier Jahren beim Chunin-Examen und..."
Der alte Mann stutzte. Für einen Moment schien er bleich zu werden, aber er fing sich schnell wieder.
"Richtig, Onkel. Mit diesen starken Emotionen habe ich meine wahren Gedanken überdeckt, weil ich wusste, dass du sie dann nicht erkennen können würdest. Ich musste nur wütend sein, unendlich wütend. Du hast nichts davon zu sehen bekommen, was ich tatsächlich geplant hatte." Ein Lächeln ging über sein Gesicht. "Was wir geplant haben."
Raiden sah sich um. Nabara war allein gekommen. Beinahe hatte er ANBU erwartet, die ihn verhaften würden. "Erkläre dich."
Ehrfürchtig verneigte sich der junge Mann vor dem Alten und ging in den Saiza-Sitz. "Als mich Morikubo im Finale des Chunin-Examens schlug und mich lächerlich machte, war dies auch ein harter Schlag für die Anti-Konoha-Fraktion. Ich war der letzte von zwölf jungen Genin, die dieser Gruppe zugerechnet worden waren. Wir hatten alles dafür getan, um die Konoha-Genin zu vernichten, ihr Versagen offenzulegen. Dafür hatten wir sogar die Oto-Nin damit beauftragt, sie umzubringen. Nichts hat geholfen. Ich versagte an einem einzigen Menschen, der auch nur ein Kind war: Mamoru Morikubo. Nun ist es keine Schande, gegen jemanden zu verlieren, der besser ist als man selbst. Aber eine große Schande, sich nicht anschließend an ihm zu orientieren und selbst besser zu werden.
Andere sahen das nicht so. Und obwohl wir keinen einzigen Genin verloren hatten, ergossen sich die Häme und der Spott alleine über mein Haupt. Die Anti-Konoha-Fraktion ließ mich fallen, wie ein heißes Eisen." Er verbeugte sich nochmal, diesmal fast bis zum Boden. "Raiden-sama, nur du und der Clan hieltet vorbehaltlos zu mir, selbst in diesen schweren Zeiten. Deinem Zuspruch ist es alleine zu verdanken, dass ich im Folgejahr erneut zum Chunin-Examen antreten durfte. Und dort war es, dass ich durch die Zusprache von Kirabi-sama zum Chunin ernannt wurde."
"Kirabi?", fragte der Alte erstaunt. "Mir war nicht bekannt, dass er bei der Prüfung anwesend war."
"Es war der erste Wir-Effekt. Er war ausgesandt worden, um mich zu beurteilen, da der Raikage selbst ein kritisches Auge auf mich geworfen hatte. Seither hat mich Kirabi-sama niemals mehr aus dem Auge verloren." Nabara dachte über diese Aussage nach. Okay, es gab Lücken, zum Beispiel, als Kirabi-sama für acht Wochen in dieser Glücksspielerstadt untergetaucht war...
"Es dauerte einige Zeit, bis ich verstand, was ich war und was ich werden würde. Mein Hass auf Morikubo bestand einerseits aus dem Hass auf Konoha, der mir antrainiert worden war, andererseits aus meiner Wut über meine Niederlage, obwohl ich die Kräfte eines Agenten Orochimarus kurz mein Eigen nennen durfte. Dies war auch der Hass, den ich aufrecht erhielt, jedesmal wenn wir miteinander sprachen, Raiden-sama."
"Sprich weiter, Nabara-kun", ermutigte der Alte den Chunin.
"Jawohl, Raiden-sama. Bald erkannte ich schon, dass es keinerlei Grund gab, sich nicht mit Morikubo zu messen, zu schauen, ob meine Kontraktpartner ähnlich mächtig sind wie seine, zu sehen, ob ich es als Shinobi mit ihm aufnehmen konnte. Auch ohne einen Krieg war dies möglich, aber ich brauchte einen Vorwand. Dass der Hass auf Konoha nicht meiner war, erkannte ich schnell, nachdem Kirabi-sama sich meiner annahm. Ich sah die Welt aus einem neuen Blickwinkel und erkannte, dass all der Hass, der in Kumogakure gegen Konoha herrschte, vor allem daher rührte, dass es dem Friedensboten, der nach Konoha ging, nicht gelungen war, Hinata Hyuuga zu entführen, mit der man Kinder mit Byakugan-Augen hätte züchten können. Und noch übler wurde es, als der Bote getötet worden war, man aber die Byakugan seines Mörders nicht verwenden konnte, weil sie versiegelt worden waren. Hätte der Raikage nicht eingegriffen, seine Leiche wäre wilden Hunden zum Fraß vorgeworfen worden. So aber erhielt sie ein würdiges Begräbnis. Dies war alles nicht meins, und ich bin mit unserem toten Boten nicht verwandt. Doch das Haus Imato, dem er entstammte, betrieb weiterhin aus Hass und Störrigkeit den Weg des Krieges."
"Das ist mir alles bekannt", sagte der alte Mann. "Was aber löste deinen Sinneswandel aus? Wie konntest du dir den Hass bewahren, den ich erspürte?"
"Raiden-sama, du weißt, ich wurde als Bedingung für die Teilnahme beim nächsten Chunin-Examen für ein Jahr ausgerechnet dorthin gesandt, nachdem die Anti-Konoha-Fraktion mich geschasst hatte, damit über die Emotionen die Ruhe der Zeit kommen konnte. In jener Zeit lebte ich bei einer Händlerfamilie, die ihre Wurzeln in Kumogakure hatte und deren Kumo-Zweig sehr für den Frieden mit Konoha eintrat. Konnte ich anfangs meinen Hass auf Konoha nur schwer bezähmen, so lernte ich doch die Stadt und die Menschen kennen. Mir wurde klar, dass es Unsinn ist, eine ganze Stadt zu hassen. Es ist allein richtig, einzelne Personen zu hassen, und dann auch nur für ihre Worte und ihre Taten. Nicht aus Prinzip. Solch ein Denken führt immer in den Untergang." Er verbeugte sich tief vor Raiden-sama.
"Das ist eine kluge Erkenntnis. Also wandte sich die Anti-Konoha-Fraktion von dir ab und du wandtest dich von ihr ab. Was dann?"
"Verzeihung, Raiden-sama, aber ich bin dabei, dir, dem Oberhaupt unserer Familie, Ungeheuerliches zu gestehen. Verfahre mit mir, wie immer du willst." Um seine Worte zu unterstreichen, zog er sein Schwert samt Scheide hervor und legte es dem Alten ehrerbietig zu Füßen.
"Fahre fort."
Nabara verbeugte sich erneut. "Jawohl, ehrwürdiger Großonkel. Nachdem ich erkannte, wie falsch der Hass auf Konoha war, weil die Menschen, die in dieser Stadt lebten und die Shinobi, die jetzt für ihre Stadt kämpften, kaum mehr etwas mit unseren Kämpfen Im Ninja-Weltkrieg zu tun hatten und den Frieden wünschten, erkannte ich, wie falsch es war, der Anti-Konoha-Fraktion anzugehören. Eigenmächtig beschloss ich, alles Menschenmögliche zu tun, um auch meine Familie aus der Koalition zu drängen. Nein, zu befreien. Darum besprach ich mich mit dem Raikage und Kirabi-sama, wie dies wohl zu schaffen sein würde, denn ich sah, dass die Koalition, wenn sie ihr Fehlen einsah, Kumo in einen Bürgerkrieg stürzen könnte. Nein, das ist falsch. Sie wird Kumogakure in einen Bürgerkrieg stürzen." Erneut verbeugte er sich tief.
"Erzähle mir von Morikubo."
"Jawohl. Als er mich besiegte, damals im Examen, war es mein einziges Lebensziel, mich an ihm zu rächen, unabhängig von dem, was die Koalition wollte. Ich war in Konoha und ich war bereit, es zu tun. Leider war er stets so beschäftigt, dass ich nicht mehr schaffte, als ihn zu observieren. Ich sah, wie sehr er gehetzt wurde, wie er Aufgabe über Aufgabe anzunehmen hatte und jede einzelne bewältigte. Manchmal folgte ich ihm auf Missionen. Manchmal ließ ich mir von ihm berichten. Ich konnte nicht umhin, während ich auf meine Chance wartete, anzuerkennen, was für ein Mann er ist. Ich respektierte ihn und das tue ich noch immer. Er ist ein großartiger Shinobi, auch wenn er der Letzte wäre, der dem zustimmen würde. Aber dennoch, da war immer noch mein Drang, mich mit ihm zu messen, ein für allemal zu klären, dass er mir nicht ewig voraus ist. Ich wollte diesen Kampf, ich brauchte diesen Kampf. Ich bekam diesen Kampf." Er straffte sich merklich. Stolz klang in seiner Stimme auf. "Es wurde ein Unentschieden. Ich bin ihm so nahegekommen, dass wir einander ebenbürtig sind. Ich bin nicht länger der Schwächere, was für mich eine befriedigende Erfahrung ist."
"Erzähle mir von den Vorbereitungen zum Kampf", forderte Raiden.
"Jawohl. Als klar war, dass Mamoru Morikubo vom Raikage gerufen worden war, wusste ich, dass die Koalition dies für einen Angriff nutzen würde, um Krieg mit Konoha vom Zaun zu brechen. Eine Gruppe junger Genin, abgeschlachtet, würde den Zorn der mächtigen Stadt wecken. Und wenn dabei einer ihrer Helden, der Vernichter Otogakures, ebenfalls starb, wäre sie in ihren Grundfesten erschüttert. Mir war klar, dass die Anti-Konoha-Fraktion es versuchen würde, also setzte ich alles daran, um an der Spitze dieses Versuchs zu stehen, was ich dank deiner Hilfe, Raiden-sama, auch geschafft habe. Fortan wählte ich meine Begleiter mit großem Bedacht. Ich nahm sie auf, wenn sie zwei Kriterien erfüllten: Kriterium eins war, dass sie wichtige Positionen in ihren Familien einnahmen, wenn möglich Erben des Hausvorstandes waren. Nummer zwei war, dass sie so von sich voreingenommen, so arrogant waren und den Lügen über die Schwächen der Konoha-Nin so sehr Glauben schenkten, dass sie sich für einen waghalsigen Angriff entscheiden würden, ganz entgegen meines Rates oder gar meiner Befehle. Somit vollführte ich das größte Attentat in Kumogakure nach dem letzten Ninja-Weltkrieg und bekam zugleich meinen Kampf mit Morikubo."
Erneut verbeugte er sich. "Die Gefallenen hatten wichtige Positionen in ihren Familien inne. Wie ich vorhergesehen hatte, scheiterten sie bereits an den Affenkriegern. Aber auch die Genin haben überlebt, was bedeutet, dass die Stärke der Anti-Konoha-Fraktion eine fragwürdige ist. Außerdem ist Mamoru Morikubo mit seinem Kuchyose eine Armee für sich selbst."
"Das steht außer Frage", murmelte der Alte. "Erzähl mir vom Bürgerkrieg."
"Jawohl, Raiden-sama! Uns allen war klar, dass ein Fehlschlag beim Angriff auf Morikubo die Anti-Konoha-Fraktion ein für allemal zerstören würde; von dieser Zerstörung würde sie sich auf Jahrzehnte nicht mehr erholen und alle Koalitionen in der Fraktion würden zerbrechen. Ihre einzige Möglichkeit, um dann noch zu bestehen, ist ein Attentat auf den Raikage und die Übernahme der Macht. Ein Attentat, das in diesem Moment ausgeführt wird."
Wie um seine Worte zu bestätigen, klang der Donner einer Explosion zu ihnen herüber. "Ein Attentat, von dem der Raikage natürlich weiß, aber nicht Kirabi-sama, sonst wäre er weder Morikubo entgegen gezogen, noch hätte er sich vom Raikage an jene Position schicken lassen, die du für das Begrüßungskommitee arrangiert hast, Raiden-sama. Aber es ist zu spät und sinnlos. Die ANBU reagieren in diesem Moment und verhaften die Attentäter und die Rädelsführer. Die Koalition ist zu weit gegangen und ihre Mitglieder werden bestraft werden." Er verneigte sich erneut. "Nur der Raikage, ich und du kennen die ganze Wahrheit, ehrwürdiger Großonkel."
"Was geschieht mit Haus Nabara?", fragte er.
"Das Haus Nabara hat keine Verbindungen mehr mit der Koalition und sie nimmt auch nicht am Attentat teil. Wir gehören nicht länger zu jenen, die einen Krieg mit Konoha wünschen."
"Verzeih, aber es war meine, wenn auch fehlgeleitete, Politik, einen Krieg mit Konoha zu unterstützen."
"Eine Bedingung für den Friedensschluss der Familie Nabara mit dem Raikage war, dass du nicht länger Vorstand der Familie bist, Raiden-sama. Niemand wird dich behelligen. Dein Ruhestand ist nicht gefährdet und niemand wird dich anklagen. Aber ich bitte dich inständig, gib deine Verantwortung in jüngere Hände, Raiden-sama."
"Und was ist, wenn ich mich weigere?", fragte er.
"Dann werden Ermittlungen gegen dich und gegen Haus Nabara aufgenommen und ich habe dem Raikage gegenüber mein Wort gebrochen." Erneut verbeugte er sich. Diesmal berührte seine Stirn den Boden.
Nun zeigte der Alte erstmals Emotionen. "Erhebe dich, Jardin Nabara. Es geziemt sich nicht, für einen Hausvorstand, sich so erbärmlich am Boden zu flegeln!"
"Jawohl, Raiden-sama. Äh, Hausvorstand?"
"Hausvorstand. Du wolltest, dass ich die Familie in jüngere Hände lege. Ich lege sie in deine."
"Aber es gibt bessere, stärkere, fähigere Shinobi in der Familie als mich!"
"Du hast eine Entscheidung für die Familie getroffen. Also vertritt sie gefälligst." Der alte Mann atmete sichtbar aus. "Ich werde einfach zu alt für diesen ganzen Intrigen-, und Haus anführen-Scheiß. Es wird wirklich Zeit, diese Dinge in jüngere Hände zu legen, sonst sterbe ich, ohne wirklich etwas getan zu haben, was ich will. Zum Beispiel will ich endlich mal dieses Buch zu Ende lesen. Ich versuche es seit Jahren, aber irgend jemand kommt garantiert mit irgendeinem Anliegen zu mir. Dabei ist es so interessant und lehrreich. Du solltest es auch lesen, Jardin."
"Verzeihung, aber vielleicht ist dies nicht die richtige Zeit, um ein Buch zu besprechen, Raiden-sama."
"Du bist jetzt der Hausherr. Du entscheidest, wozu es Zeit ist und wozu nicht." Wie um seine Worte zu unterstreichen, klatschte er in die Hände. Seine älteste Tochter erschien auf der Veranda. "Vater?"
"Ich habe mich entschieden, das Amt des Hausvorstands in Jardins Hände zu legen, nachdem er uns eigenhändig sowohl aus der Anti-Konoha-Fraktion gelöst, als auch uns einen erneuten guten Stand beim Raikage verschafft hat. Informiere die Familie, Keiko."
Die Frau, selbst schon jenseits des mittleren Alters, verbeugte sich tief vor ihm. "Dein Wille ist mir Befehl, Vater. Ich gratuliere dir, Jardin-sama. Fortan führst du die Geschicke des Hauses Nabara. Du wirst eine gute Arbeit verrichten." So, wie sie es sagte, klang es wie ein Befehl in Jardins Ohren. Zweifellos war es auch ein Befehl. Er bekam eine Ahnung davon, was ihm nun bevorstehen würde. War es immer so schwierig, seine Familie zu retten?
"Auf dich wartet Arbeit, Jardin-sama. Im Büro des Hausvorstands", fügte sie hinzu.
"Kriege ich keine Einarbeitungszeit?", fragte Jardin, nun leicht verzweifelt.
"Du bist das Oberhaupt. Du bestimmst, was passieren wird." Sie lächelte. "Brauchst du denn Einarbeitungszeit?"
"Nein, Keiko-sama, brauche ich nicht", sagte er resignierend.
"Dann warte ich im Büro auf dein Erscheinen, Jardin-sama." Sie verneigte sich vor beiden, dann verließ sie den Balkon wieder.
Unschlüssig sah Jardin zu seinem Großonkel herüber. "Spielt es überhaupt eine Rolle, wer Familienoberhaupt ist, solange Keiko-sama da ist?"
"Egal, wie ich hierauf antworte, du wirst dich schlecht fühlen. Sagen wir einfach, dass ich dich nicht aus heiterem Himmel heraus erwählt habe."
"Danke, dass du mich anlügst, Raiden-sama."
"Oh, so sehr ist es gar nicht gelogen. Lies dir einfach dieses Buch durch. In der Bibliothek gibt es noch eine Ausgabe. Dir wird vieles klarer werden, wenn du den Text kennst."
"Wenn du darauf bestehst... Was ist es denn für ein Buch?"
"Die Legenden eine ambitionierten Ninjas", sagte Raiden-sama amüsiert. "Geh jetzt. Du hast nicht genügend Zeit, um sie mit einem alten Mann im Ruhestand zu verschwenden."
"Jawohl, Raiden-sama."
Jardin Nabara verbeugte sich tief vor dem Alten und verließ den Balkon. Dabei kämpfte er mit dem Neid auf den alten Mann, der in ihm aufkam. Und war Raiden-sama nicht wesentlich besserer Laune als noch vor wenigen Minuten? Das Gefühl, mehrfach benutzt worden zu sein, ließ sich einfach nicht aus Jardins Gedanken verbannen. Mist.
***
Es war eigentlich unglaublich. Da verfügten wir über Reitpferde, über Kutschwagen, über Sänften und Handkarren und was einem noch an unsinnigen, luxuriösen oder praktischen Fortbewegungsmitteln eingefallen war - aber der sicherste Weg, um meine verletzten Genin zu transportieren, waren die Rücken der Medi-Nins und meiner Affenkrieger. Schneller waren sie in jedem Fall, zugegeben. Und Mai und Shinji wollten sich nicht tragen lassen; an ihrer Stelle wurde der von mir windelweich geprügelte ANBU von einem Medi-Nin transportiert, der sicherheitshalber einen gewissen Abstand zu mir einhielt. Auf diese Weise erreichten wir schnell das Hochland, und von hier die Bergstraße, die nach Kumogakure führte. Kontrollposten eines ließ uns problemlos passieren. Ebenso Kontrollposten zwei. Nichts hatte sich verändert. Alles war noch so, wie ich es in Erinnerung hatte. Teilweise waren die Posten noch mit den gleichen Shinobi besetzt, von denen mich auch einige erkannten und grüßten. Ein Gefühl der Nostalgie überkam mich. Alles in allem war es eine gute Zeit in Kumogakure gewesen, wenn man einmal davon absah, dass ich damals relativ schwer verletzt gewesen war. Wie zur Bestätigung begann mein rechter Bizeps zu jucken.
Als ich ihn kratzte, kam P-chan an meine Seite und flüsterte: "Keine Sorge, Mamo-chan, das sind nur Phantomschmerzen."
Wie ein ertappter Schuljunge stellte ich das Kratzen ein. "Seit wann kannst du meine Gedanken lesen?", fragte ich.
"Seit wann kann ich es nicht mehr?" Sie grinste frech. "Du bist ein offenes Buch für mich, Mamo-chan."
"Dafür, dass ich dich zu Tode erschreckt habe, als ich dich das erste Mal beschworen habe, bist du ganz schön kess, kleine Affenkriegerin."
"Und? Willst du es anders?", erwiderte sie, vollkommen unbeeindruckt von meinem Konter.
Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange, obwohl sie in ihrer Affenform reiste. Aber wer mit den Affen leben wollte, der musste eine gewisse Freude an Fell mitbringen. Und ihres war seidigweich und angenehm wie das von Ranko-sama. Und es roch so herrlich nach Rosen. Außer, es war patschnass. Aber das war etwas, über das ich weder nachdenken, noch es ihr jemals sagen wollte. "Natürlich nicht, meine große, gefährliche Kriegerin."
"Du brauchst mir nicht zu schmeicheln. Ich liebe dich doch schon", gurrte sie mir zu, zwinkerte und ließ sich ein Stück zurückfallen, um zu Karui und Samui zu kommen, die die Nachhut bildeten.
Omoi kam dafür auf meine Flanke. "Hast ja ganz schön was gelernt, kleiner Bruder. Wenn ich daran denke, wie begriffsstutzig du vor unserem Ausflug ins Frauenbad warst..."
Hastig winkte ich ab, aber es war zu spät. Die Blicke von Kuzoko, Kuzomi und Mai richteten sich auf mich wie Magnete auf einen Eisendorn.
"Sensei!", rief Mai vorwurfsvoll. "Wie die Genin, so die Jounin, oder wie soll ich das verstehen?"
Entgeistert sah ich das Mädchen an. "W-was?"
"Also ehrlich, Sensei", murrte Kuzoko. "Bei den Kleinen kann man ja sowas noch akzeptieren, aber bei dir?"
"Äh..."
Kuzomi sah aufgeregt zwischen den beiden Mädchen hin und her. "Was denn? Was denn? Was ist los? Habe ich was verpasst?"
"Ach", meinte Mai mit leichter Stimme, "es scheint nur gerade, dass Sensei auch gerne als Frau verkleidet das Frauenbad aufsucht."
Verständnislos sah das Spinnenmädchen die Genin an. "Wieso auch?"
"Na, weil... Hast du von Kira und Kishios Besuch gar nichts mitbekommen?"
"Ach, die Lappalie? Ich dachte, es wäre was Ernsteres. Oder dass Shinji-kun jetzt auch noch... Ich meine, wie der Jounin, so die Genin, oder?"
"Du hast es auch gemerkt?", fragte Mai verblüfft.
"Wieso auch nicht? Hat doch Spaß gemacht, die beiden zu necken. Nicht, dass sie noch übermütig werden. Vor allem Kishio muss ab und an geerdet werden, damit wir den Anschluss an ihn nicht verlieren. Und Kira-sama hat sich so anständig benommen, wie ein weißer Ritter... Hach. Wer wagt es denn da, ihm auf irgendeine Weise böse zu sein?"
Ich warf kurz einen Blick zur Vorhut, bestehend aus Kirabi-sama und Sadahara-sensei, der Kira auf dem Rücken trug. Nein, bis nach da vorne war nichts gedrungen, wie es aussah.
"Wie es aussieht, habe ich euch wohl unterschätzt", gestand ich.
"Es war ein Spaß. Und wir haben gerne mitgemacht. War ja auch für einen guten Zweck. Und Kishio zu quälen war auch noch witzig", sagte Mai und wurde rot. "Mit uns kann man Pferde stehlen, merk dir das, Sensei."
Ich musste lachen. Mit einem kurzen Schritt war ich bei der jungen Frau und tätschelte ihre Haare, was ihren sofortigen Protest aus Bangen um ihre Frisur provozierte.
"Das weiß ich doch, Mai-chan. Ihr seid nicht weniger meine kostbaren, liebenswerten Genin wie die Jungs. Eher noch wertvoller."
"Das habe ich gehört, Sensei", sagte Shinji vorwurfsvoll, während er uns passierte. "Und nein, ich gehe nicht verkleidet in ein Frauenbad, nur weil es hier Tradition ist. So!"
"Keine Sorge, du kannst bei mir Zuhause baden", klang Kiras Stimme von vorne auf, nachdem er Shinjis lautes Organ gehört hatte. "Wir haben ein gemischtes Bad, das ist richtig groß. Aber nur mit Badehose, hast du gehört?"
"Ihr habt ein Onsen?", fragte Shinji aufgeregt und schloss vorne auf.
"Aha. Verstehe. Du hast das Gleiche für deine Genin getan, was ich für dich getan habe", schmunzelte Omoi. "Waren sie auch so begriffsstutzig?"
"Äh... Nur Kira. Kishio hatte eigentlich nichts damit zu tun, aber ich konnte Kira auch nicht alleine da rein schicken, also habe ich es ihm befohlen. Ich habe es beiden befohlen. Also, Mädels, nicht böse sein."
"Sind wir nicht", sagte Mai. "Zumindest Kishio kann ja gar nichts dafür."
"U-und Kira-sama muss ja nur sagen, dass...", begann Kuzomi, wurde aber von ihrer großen Schwester unterbrochen. "Kuzomi!"
"Was denn?", fragte die kleine Spinne unschuldig.
"Wie dem auch sei", fuhr ich sicherheitshalber dazwischen, "könnt Ihr Mädels in Kumogakure auf meine Kosten essen gehen."
"Wie, ohne Kira-sama? Wie langweilig", beschwerte sich Kuzomi.
"Ach, mecker nicht. Das wird toll. Wir machen einen Mädels-Abend, nur mit uns und P-chan!", sagte Mai aufgeregt. "Und wann?"
"Wann immer Ihr wollt. Ich weiß noch nicht, was der Raikage genau von mir will, deshalb weiß ich auch nicht, wo ich nächste Woche sein werde. Ihr geht essen und ich bezahle später. Keine Sorge, als Gast des Raikages ist das problemlos möglich. Außerdem gibt es ein paar Läden, die mich noch sehr gut kennen müssten. Bei denen stehe ich bestimmt noch hoch im Kurs. Ich kann, wenn ich den Ort verlassen muss, Kuzoko oder P-chan auch Geld dalassen. Je nachdem, welche von beiden ich vor Ort brauchen werde."
Die ältere Schwester errötete leicht. "D-du kannst mich doch nicht mit Perine-sensei auf eine Stufe stellen."
"Noch nicht", erwiderte ich lächelnd. "Zur Erklärung: Es kann einfach sein, dass deine besonderen Fähigkeiten gefragt sein werden. Oder Perines. Das wird sich noch entscheiden."
"Ach, kleiner Bruder", unterbrach Omoi mich, "nicht, dass ich deinen Redefluss unbedingt stoppen will, aber... Willkommen zurück in Kumgakure, Mamoru."
Ich sah auf und erkannte Kontrollposten drei. Von hier konnte ich Kontrollposten vier und den Stadteingang sehen. Ich musste kräftig schlucken, als meine Erinnerungen mich zu überwältigen drohten. Oh, wie sehr wünschte ich mir jetzt in diesem Moment, Hanako und Karin wären bei mir gewesen. "Ich bin wieder da", sagte ich freudig. Kumogakure. Endlich wieder Kumogakure.
***

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Der vierte Kontrollposten. Wie oft war ich damals hier ein-, und ausgegangen, auf meinen vielen Jobs, die Uzuki-sensei mir aufgedrückt hatte, als Strafe dafür, dass Omoi mich mit ins Frauenbad genommen hatte? Dann der eigentliche Stadteingang. Auch hier, tausende Erinnerungen. Durchweg positive Erinnerungen. Ich war mir mehr als bewusst, dass ich und meine Mädchen damals von Ranko und Uzuki-sensei beschützt worden waren, dass wir laufende Zielscheiben gewesen waren, denn die Gruppe, die Ressentiments gegen Konoha gehabt hatte, war damals sehr stark gewesen. Aber ich hatte nur einmal überhaupt etwas davon mitbekommen. Damals, als ich Bodyguard für den Geldboten gespielt hatte. Ich hatte Ranko-sensei dabei erwischt, wie sie eine Horde Kumo-Nin windelweich geprügelt hatte. Und ich hatte keinerlei Zweifel daran, dass der Raikage die Gelegenheit genutzt hatte, um die Reihen seiner Shinobi zu bereinigen. Mittlerweile sollte er das Problem der kriegswütigen Feuerland-Hasser im Griff haben. Ich betrachtete die Attacke auf meine Genin als letztes Aufgebot dieser Fraktion. Natürlich warf dieser Gedanke Fragen auf. Einige nicht sehr willkommene Fragen. Zum Beispiel, warum unser Empfangskomitee nicht vor Ort gewesen war, wohl aber unsere Angreifer. Und warum vier von ihnen in der Lage gewesen waren, die Kiri-Nin darzustellen, die uns bis an die Grenze begleitet hatten.
Mein Blick ging über die Genin, die beiden Spinnenmädchen, meine Affenkrieger und Kishio. Keiner war unverletzt aus der Sache hervorgegangen. Und wenn es kein körperlicher Schaden gewesen war, dann war es nun die Angst und Sorge um die Kameraden, die ihnen zu schaffen machte. Natürlich, ich war stolz und zufrieden, dass meine Genin eine dritte Feuertaufe in so kurzer Zeit überstanden hatten. Ich konnte mit Fug und Recht behaupten, dass ich es hier mit drei besonders guten Akademie-Abgängern zu tun hatten, die nicht nur ihr erlerntes Wissen über die Wege der Ninjas hervorragend einsetzten, sondern auch fixe Lerner waren. Alleine, wie schnell Shinji und Mai das Wind-Jutsu adaptierten und Kira Fortschritte im Raiton machte, war beachtlich. Von ihrer Warte aus betrachtet. Alleine hätten sie keine Minute durchgehalten, nicht gegen diese Übermacht. Ohne die Spinnen, Kishio und die Affenkrieger wären sie nun alle tot. Genau da setzte mein Ärger ein, denn der leise Verdacht, der Raikage könnte mich und meine Genin als gezielte Attentäter eingesetzt haben, um seine Rivalen um die Macht in Kumogakure ein für allemal zu eliminieren, wurde in meinen Gedanken immer mehr zur Gewissheit. Und dafür würde der alte Knacker ganz schön blechen müssen. Oh ja.

"Meine Güte. Was ist denn mit dir passiert?", klang eine helle Mädchenstimme auf.
Wir hielten und ich sah in Richtung der Stimme. Auf einer Mauer in etwa acht Metern Höhe saß ein blondes Mädchen, ihr Kumo-Stirnband um den rechten Bizeps gebunden. Es war unübersehbar, dass sie Kira mehr als ein wenig ähnlich sah. Shinobu, höchstwahrscheinlich.
"Tja, was soll ich sagen? Ihr Kumo-Shinobi habt uns angegriffen. Und das geht nun mal nicht ohne Scherben ab", konterte Kira großspurig.
Das Mädchen verschwand von der Mauerkrone und tauchte direkt vor dem Medi-Nin auf, der Kira trug. "Echt jetzt? Wir? Aber warum sollten wir uns um so einen Floh wie dich kümmern wollen?" Ihr Blick ging zu mir. "Bei ihm könnte ich es mir noch erklären."
Kirabi-sama räusperte sich. "Wir wissen noch nicht, wer die Angreifer waren. Offiziell haben sie sich als Kumo-Nin getarnt. Alles Weitere wird das Verhör unseres Gefangenen ergeben."
Ich spitzte die Ohren. Sensei rappte nicht und gab die offiziellen Informationen weiter, unter denen der Fall gehandhabt und nach Konoha weitergemeldet werden würde. Es wurde Zeit, meine Karten auszuspielen. "Schlimm, wenn sich herausstellen würde, dass es sich bei den Angreifern wirklich um Kumo-Nin gehandelt hat. Schlimm für die Beziehung unserer beiden Städte."
"Wir werden uns der Sache angemessen widmen und offen und direkt mit Konoha kommunizieren", sagte Kirabi-sama.
"Dennoch, ein wenig guter Wille von Seiten Kumogakures wäre durchaus nicht verkehrt in dieser Situation", sagte ich gedehnt.
"Was schwebt dir denn so vor als guter Wille Kumos, kleiner Bruder?", fragte Omoi grinsend.
"Nun, es wäre ein großartiger Vertrauensbeweis, wenn sich nicht nur Kirabi beim Training meiner Genin einbringen würde. Ich stehe immer noch vor dem Dilemma, Kira Yamada nicht bei seiner Raiton-Ausbildung helfen zu können, weil ich ein Feuer-Typ bin und gerade erst an meiner Luft-Affinität feile. Ein fähiger Raiton-Nutzer wie der Raikage wäre da genau das Richtige."
"Du hast ein zweites Element erlernt? Nicht schlecht, gratuliere", sagte Samui. Entgegen ihrer ansonsten recht unterkühlten Art zierte ein zartes Lächeln ihr Gesicht. "Aber du weißt schon, das man sagt, dass ein zweites Element erforderlich ist, um in meine Liga aufzusteigen? Was wirst du tun, wenn das nun von dir erwartet wird, Mamo-chan?"
Ich winkte ab. "Da sind immer noch ein paar erkleckliche Jährchen Aufstiegsverbot vom Rat, weil ich zwei bis drei Dutzend Konoha-Nin verkloppt und anschließend zur Desertation überredet habe. Aber zurück zum Thema: Wie sieht es denn damit aus, Kirabi-sama? Kann ich auf Kumogakures wohlwollende Unterstützung rechnen?"
Verdrießlich sah mich der zweitstärkste Ninja Kumogakures an. "Du Dummkopf! Du Tölpel! Habe ich nicht schon gesagt, dass ich dich mag? Ich quatsche Aniki besoffen, dann kannst du drauf hoffen, dass er Kira-chan was lehrt. Und einen guten Lehrer stellt, der nicht verspricht, sondern hält."
Ich konnte mir ein freches Grinsen nicht verkneifen. Noch vor einer halben Stunde war ich der Bittsteller gewesen. Aber mit ein paar Erkenntnissen und einfachen Worten konnte ich fordern. Umso mehr, je mehr Kirabi-sama über die tatsächlichen Umstände des Angriffs auf uns wusste. Allzuviel konnte es nicht sein, wie ich zugeben musste. Sonst wäre Sensei nicht ein paar Kilometer entfernt gewesen, sondern in direkter Nähe, um rechtzeitig eingreifen zu können. "Das ist mehr, als ich mir wünschen kann, Sensei."
Kirabi-sama sah mich kurz über den Rand seiner Sonnenbrille an, bevor er sich grummelnd umwandte. "Die Verwundeten ab ins Lazarett, und du, Mamoru kommst mit mir mit. Du Dummkopf! Du Tölpel!"
"Ihr habt es gehört. Ab ins Krankenhaus mit euch. Du auch, Kuzoko. Der Schnitt ist zwar zu, aber noch nicht verheilt. Und wir wollen doch nicht, dass eine Narbe auf deinem hübschen Gesicht zurückbleibt."
"Ich weiß nicht so recht. Eine Narbe an der Stelle macht mich doch bestimmt verwegen, oder?", konterte sie lax.
"Keine Widerrede. P-chan, Ryoga, Kuzomi, Ihr geht mit ins Krankenhaus. Alles klar soweit?"
"Ich komme auch mit", sagte das blonde Mädchen. "Schlimm genug, dass Ihr nicht mal eine Stunde in unserem Land sein könnt, ohne verletzt zu werden. Da werde ich besser auf euch aufpassen."
"Guckt mal, wer da spricht", spottete Kira. "Hat gerade erst die Akademie verlassen, will aber ausgerechnet Mamo-chans Gruppe beschützen." Er räusperte sich vernehmlich. "Äh, Mamoru-senseis Gruppe, wollte ich sagen."
Ich unterdrückte ein Glucksen. Natürlich wusste ich, dass sie mich Mamo-chan nannten, wenn sie glaubten, ich könnte es nicht hören. Alle nannten mich so. Aber diese kleinen Genin mussten sich das Recht, mich so anzusprechen, trotz allem erst noch verdienen.
"Ich komme euch sobald ich kann besuchen", versprach ich, nicht weiter auf Kiras Versprecher eingehend, was ihn ungemein erleichterte.
"Samui, Karui, Omoi, mit mir", sagte Kirabi-sama.
"Verstanden!"
Wir trennten uns. Und mich beschlich die Ahnung, dass das Abenteuer noch nicht vorbei war. Besonders nicht für einen gewissen Raikage. Andererseits... Konnte und wollte ich ausgerechnet so über A-sama denken. Klar, er war der hiesige Kage und er musste das Wohl seiner Stadt über alles andere stellen. Aber die Illusion, als Teil der Stadt, als Freund behandelt zu werden, war schwerlich loszulassen. Doch wenn ich diesen Gedanken durchdachte, dann war mir auch etwas anderes klar: Yugao Uzuki hatte mich damals nicht durch die vielen Jobs in Kumo gehetzt, damit ich genug Geld für mein Bankett verdiente, sondern damit ich die Stadt, ihre Shinobi und ihre Bewohner kennenlernte. Für den Fall eines Krieges. Ich wäre dann Teil der Speerspitze jedes Angriffs, der direkt auf Kumogakure zielen würde, weil ich die Stadt wie meine Kunai-Tasche kannte. Wäre ich überhaupt in der Lage, Kumogakure anzugreifen? Ein noch unerfreulicherer Gedanke. Aber führte ich beide zusammen, dann blieb mir wohl nichts anderes übrig, als A-sama zu vergeben. Immerhin war ich die größere Gefahr für das Versteckte Dorf in den Wolken. Und das nur, weil ich die Stadt kannte und liebte. A-sama musste sehr gut von mir denken, wenn er mich in den letzten Jahren nie als die Gefahr eingestuft hatte, die ich tatsächlich für Kumo war. Ich lebte immerhin noch.

Die Residenz des Raikages zu betreten hatte etwas Nostalgisches, fand ich. Und ich hatte immer noch die gleiche Schwellenangst wie damals, wie ich feststellen musste.
"Wenn wir schon mal hier sind, Omoi, wo sind wir denn diesmal untergebracht?"
Mein selbst ernannter großer Bruder wandte sich zu mir um, gut gelaunt wie stets. "Eigentlich wollte die Familie Yamada euch aufnehmen. Du weißt schon, wegen Kira-kun. Aber sie haben nur mit vier Gästen gerechnet, nicht mit elf."
"Hm?" Komisch, Akane und Ranma waren doch gar nicht mehr dabei. Was mich daran erinnerte, dass ich dringend auf dem Affenberg nachfragen musste, wie es der niedlichen Akane-chan ergangen war. Ich zuckte die Achseln. Dieses Missverständnis würde sich alsbald von selbst klären.
Wir hielten vor der Bürotür des Raikages. Alte Erinnerungen wurden wach. Wie oft hatte ich hier gestanden? Wie oft war ich im Büro gewesen? Selbst der Geruch von neuer Farbe an den Wänden konnte die Erinnerungen nicht verdrängen. Ich seufzte leise.
"Mamo-chan, sei ein Mann und geh voran", sagte Kirabi-sama.
Ein Dreifachreim. Langsam aber sicher begann mir sein Hobby auf die Nerven zu gehen. Hatte Samui ihm diesen Quatsch nicht abgewöhnen können? Anscheinend nicht.
Ich klopfte an. "HEREIN!" Unverkennbar die Stimme des Raikages. Beinahe freute ich mich auf sein stets verdrießliches Gesicht und seinen viel zu lauten Tonfall. Und Mabui-chan musste mittlerweile hauptberuflich seine Sekretärin sein. Ihr angenehmes, freundliches und sanftes Wesen hatte mir tatsächlich gefehlt.
Ich öffnete die Tür. "Papapapapapapapa!" Sofort schloss ich sie wieder.
Ich spürte, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht damit.
Erneut öffnete ich die Tür. "Papapapapapapapa!" Wieder schloss ich sie.
Nun begann mein Herz bis zum Hals zu klopfen. Wartete im Büro des Raikages etwa tatsächlich... Akira-chan? Was hatte das zu bedeuten?
"Nun komm endlich rein, du kleiner Feigling!", donnerte die Stimme des Raikages durch die Tür.
"Ja-jawohl!" Während meine Freunde grinsten wie Honigkuchenpferde, riss ich die Tür auf und trat ein. Die Szene hätte kaum skurriler sein können. Akira, der Sohn von Maria, saß auf dem Schoß des Raikages hinter dessen Schreibtisch, liebevoll betüttelt von Mabui-chan und flankiert von... Anne-chan?
"Papa?", fragte der Kleine, von meiner Reaktion verunsichert.
"Überrascht?", fragte der Raikage. "Ich für meinen Teil war es. Anne-chan, dein Teil."
Ich hätte sie kaum wiedererkannt. Anne war ein Stück gewachsen, und dabei hatten wir uns bestenfalls drei Wochen nicht gesehen. Oder kam sie mir einfach größer vor? Oder war es nur ihr ernster Gesichtsausdruck? Sie kam um den Schreibtisch herum und reichte mit wortlos eine Schriftrolle. Dabei liefen ihr Tränen aus den Augenwinkeln. Hikari Gosunkugi lehnte im Hintergrund an der Wand und winkte mir zu. Eine beachtliche Leistung, einen Krieger von seinem Format zu beschwören. Ich nickte als Antwort und widmete mich der Schriftrolle. Es war eine Botschaft des Tsukikages an mich. "Mutter vermisst... Gilt als verschollen... Arbeiten dran... Wiederzufinden. Hassin auch... Bis dahin... Beim Vater... Oder für immer..." Ich schnaubte leise und rollte die Schriftrolle wieder ein. Na, da hatte ich es ja endlich schriftlich. Ich war Akiras Vater. Ich, nicht Khal. Meine Rechte krampfte um die Schriftrolle. Da hatten meine Mädchen, halb Tsukigakure und vor allem Anne meinen guten Willen ja schön ausgenutzt. An Marias Tod glaubte ich nicht eine Sekunde, aber an das Schicksal. Und das hatte gewollt, dass die Wahrheit endlich ans Licht kam. In Konoha kannte ich zwei Mädchen, die sich besser warm anzogen.
Eigentlich wäre das die richtige Gelegenheit gewesen, um Anne als Mitwisserin und Mitverschwörerin ordentlich zusammenzustauchen. Aber das Mädchen war fertig genug. Sie verehrte Maria mehr als jeder andere und das ungewisse Schicksal ihrer Sensei musste ihr enorm zugesetzt haben. Statt sie zu tadeln nahm ich sie in die Arme und drückte sie fest an mich. Sofort begann sie zu schluchzen. "Es tut mir leid, Mamo-chan. Es tut mir leid. Ich hätte es dir sagen sollen..."
Mamo-chan, aha. Das letzte Mal hatte sie mich noch Mamoru-sama genannt. Zum Glück waren meine Genin nicht hier, um die Szene zu sehen. Ich ließ sie wieder los und strich ihr über den blonden Haarschopf. "Es ist gut, Anne-chan. Es ist schon gut. Ich habe es gewusst. Ich bin schließlich kein Idiot. Es hat alles viel zu gut gepasst." Ich ging zum Raikage und kam um seinen Schreibtisch herum. Ich streckte beide Hände nach meinem Sohn aus. "Darf ich?"
"Natürlich."
"Papa?", fragte der kleine Mann, noch immer verwirrt. Ich nahm ihn vom Schoß des Raikages, was dieser wie ein Mann hinnahm. Mabui hingegen vertrug die Lageänderung nicht wirklich gut. Zuerst war da grenzenlose Enttäuschung in ihrem Gesicht, als ihr der kleine Schatz entzogen wurde. Dann traf mich ein Blick, den ich bei der sanftmütigen und zarten weißhaarigen Frau nie erwartet hätte. Er war hart genug, um in mir den Fluchtreflex auszulösen. Dementsprechend hatte ich bereits eine Hand an der Kunai-Tasche, bevor ich wieder bewusst agieren konnte. Ich ließ das Kunai, das ich in der Tasche bereits umfasst hatte, langsam wieder los und zog die Hand wieder hervor. Dann setzte ich Akira-chan auf meine rechte Hüfte und unterstützte ihn mit dem rechten Arm. "Na, Aki-chan? Hast du Papa vermisst?"
"Ja. Papa weg. Papa da." Der Kleine strahlte. Und ich ahnte, wer noch bald mächtig strahlen würde. Allerdings war dies etwas, was ich gerade jetzt überhaupt nicht gebrauchen konnte. Wie sollte ich meine Arbeit und meinen Sohn unter einen Hut bekommen, zumindest solange, bis Maria - hoffentlich - wieder unter den Lebenden auftauchte? Und falls nicht, was tat ich dann? Wie zog ich ihn groß? Würde er mal ein Ninja werden, oder würde er sich für einen anderen Beruf entscheiden?
Ich küsste ihn auf die Wange. Endlich durfte ich das auch, offiziell als Vater bestätigt.
"Ein niedliches Kind", sagte Omoi. Er trat neben mich und hielt die Hände auf.
"Bist du dir da sicher? Kannst du überhaupt mit Kindern umgehen?"
"Omoi!" Akira strahlte den Kumo-Nin an.
"Rate mal, wer sich um ihn gekümmert hat, seit er mit Anne-chan und Gosunkugi-san hier eingetroffen ist."
"Gut. Aber nur solange die Besprechung dauert", sagte ich und reichte meinen Jungen weiter. Ich streichelte ihm über die schwarzen Nara-Haare und eine Welle väterlichen Stolz überkam mich, zusammen mit dem nagenden Zweifel, ob ich überhaupt als Vater taugte. Wieder ein Problem mehr. Aber immerhin, nicht das unangenehmste.
Omoi zwinkerte mir zu und trat ein paar Schritte zurück. Damit kam Akira in Reichweite von Karui und Samui, die darüber höchst erfreut waren. Okay, nun kannte ich die ganze Wahrheit. Und ich wusste, dass mein Sohn im Alter von einem Jahr ein ziemlicher Frauenmagnet war. Wirklich, ich musste mit Hana-chan und Karin ein mehr als ernstes Wort wechseln.
Ich wandte mich dem Raikage zu. Mabui hatte sich mittlerweile gefangen. Ihre Wangen waren von zarter Röte überzogen, die bewies, wie peinlich ihr ihr eigenes Verhalten war. Zu Recht. Aber ich war nicht nachtragend. "A-sama, du hast mich rufen lassen?"
"Tatsächlich. Zuerst einmal bitte ich um Verzeihung für die Umstände, unter denen du das Land betreten musstest, Mamoru-tono."
"Ach, das macht überhaupt nichts. Es gab nur zwei überlebende Angreifer, und die Verletzungen in meinem Team sind nicht lebensgefährlich. Natürlich gehe ich davon aus, dass meine Genin die bestmöglichste Behandlung bekommen, die Kumogakure zu bieten hat, so wie ich damals."
"Selbstverständlich. Sollten es tatsächlich Kumo-Nin gewesen sein, werde ich zusätzlich ein Entschuldigungsschreiben an Tsunade-sama verfassen."
"Und für einen meiner Genin ein oder zwei Trainingsstunden in Raiton-Ninjutsu Zeit finden."
Ich sah, wie die Zornesröte in sein Gesicht stieg. Wie konnte ich es wagen, den Raikage selbst derart in die Enge zu treiben? Nun, das ging zumindest mir durch den Kopf, während ich mir vorstellte, wie der Raikage im Zorn an mir einen Mord beging. Aber entgegen meiner Erwartungen beruhigte er sich sofort wieder. "Wenn Kira Yamada wieder vollständig genesen ist, werde ich mir ansehen, was er kann und daran feilen. Und mit gesund meine ich auch eine vollständige Genesung seines Nervensystems."
Ich zog die Stirn kraus. Hatte A-sama etwa von vorne herein vorgehabt, Kira etwas beizubringen und war er nur sauer geworden, weil ich ihn so offensichtlich erpresst hatte? "Genesung des Nervensystems?", fragte ich erstaunt.
"Das Raiton, das er benutzt, setzt vor allem am Anfang dem Nervensystem zu, über das er seine höhere Geschwindigkeit zu erlangen versucht. Es muss von Fachleuten repariert werden, bis es die Belastung gewöhnt ist. Über kurz oder lang hätte Kira Yamada ohnehin nach Hause kommen müssen."
Eine interessante Information, die ich mir für später merkte. Eventuell bestand die Chance, dass P-chan bei der Heilung zusah und das Verfahren lernte, damit wir Kira in Zukunft selbst behandeln konnten. "Ich danke für deine weise Voraussicht, A-sama."
Ich ging wieder um den Schreibtisch herum und stellte mich vor dem Raikage auf. "Verfüge über mich, A-sama."
"Du bist in letzter Zeit kess geworden, wie es scheint", sagte der Raikage. Ein Grinsen spielte um seine Mundwinkel, das ebenfalls das Attribut kess verdient hätte. "Aber das steht dir besser als die aufgesetzte Bescheidenheit von damals. Mabui-kun?"
"Ja, Raikage-sama." Sie kam um den Schreibtisch herum und reichte mir eine Mappe. "Das komplette Dossier, eine Anzahl an Fotos und Berichte über die Fundstücke, sowie ein Querschnitt des ganzen Systems, Mamoru-tono."
"Danke, Mabui-tono." Ich nahm die Mappe aus ihrer Hand entgegen und öffnete sie. Die ersten Fotos zeigten Teile der dort geleisteten, höchst illegalen Forschungsarbeit. Ich sah schnell, dass die Versuchsanordnungen dieses Mal nichts mit dem zu tun hatten, was im Land der Steine passiert war. Die Ausrüstung deutete auf wesentlich kleinere Studienobjekte hin. Elektronenmikroskope, Zellkulturen, DNS-Modelle... "Hat Orochimaru an der Innenstruktur der Zellen herumgepfuscht?", dachte ich laut.
"Ja, das hat er. Und wir haben jemanden gefunden, der von sich behauptet, das Untersuchungsobjekt gewesen zu sein. Allerdings ist es etwas unwahrscheinlich, dass er genau just dann seine Wächter überwältigen und als Oto-Nin verkleidet entkommen konnte, während wir angegriffen haben."
"Und wenn es hier wirklich um DNS-Experimente geht, reicht auch ein Vergleich mit den DNS-Exempeln aus der Forschung nicht, denn sie könnte ihm aufgeprägt worden sein, richtig?"
"Unwahrscheinlich, denn das Ziel der Forschung waren Teilaspekte, nicht die komplette DNS. Ich möchte, dass du dir die Person nachher ansiehst und uns hilfst, sie einzuschätzen. Du kennst Orochimarus Leute."
"Gottseidank Orochimaru nicht", entgegnete ich, schon tief im Dossier versunken.
"Wieso?", fragte der Raikage.
"Weil ich keinerlei Zweifel daran habe, dass er mich umgebracht hätte. Er spielt in einer vollkommen anderen Liga als ich. Nennen wir sie die Kage-Liga. Da habe ich wirklich nichts zu suchen."
"Noch nicht."
"Bestimmt nicht." Ich grinste dünnlippig. "Das ist merkwürdig. Es sind viel zu wenige Räume. Und den Raum unter dem Gefängnistheater scheint es auch nicht zu geben. Oder habt Ihr ihn nur nicht gefunden?"
"Es geht schon los. Ist er nicht famos?", witzelte Kirabi-sama.
"Tatsächlich dachte ich, dass du nach dem Gefangenenbesuch einen Blick in das Versteck werfen würdest, Mamoru-tono. Nachdem wir es komplett geräumt haben, wird es lediglich von einem Team ANBU überwacht, für den Fall, dass einer von Orochimarus Schergen noch nichts davon gehört hat, dass es erobert wurde."
"Ist es in der Nähe?", fragte ich leise, während ich den Bericht überflog. Wie, keine Gefangenen im Zellentrakt?
"Nahe genug, um uns Bauchschmerzen zu bereiten. Orochimaru hat beinahe unter unseren Nasen gearbeitet, wie es scheint." Der Raikage ließ einen Laut des Missmuts hören. "Und wie ich sehe, war die Entscheidung, dich kommen zu lassen, richtig. Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, dass das Versteck für uns noch einmal interessant werden könnte. Wenn es wirklich noch Räume gibt, die wir nicht entdeckt haben, könnte es sich lohnen, die Untersuchungen wieder aufzunehmen."
"Eventuell. Es ist nicht gesagt, dass alle Verstecke Orochimarus bis in alle Details gleich angelegt sind, Raikage-sama", wandte ich ein. Ich schlug die Mappe wieder zu. "Gehen wir uns diesen Überlebenden ansehen."
"Du und B. Ich habe noch andere Dinge zu tun." Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen. "Zum Beispiel in meinem Terminplan Platz für ein paar Trainingsstunden mit einem vielversprechenden Zögling zu schaffen."
Ich stockte. Die angemessene Reaktion in diesem Fall war Dankbarkeit, also verneigte ich mich. "A-sama."
"Ja, ja, schon gut. Bis du wieder zurück bist, werden wir geklärt haben, ob wir dich und dein Team immer noch bei den Yamadas unterbringen können. Und Team Samui wird sich wie vorher um Aki-chan kümmern."
"Ich nehme Anne und Hikari-kun mit, wenn ich raus gehe", sagte ich. "Sie kennen das Versteck Orochimarus im Reich der Steine und werden mir hilfreich sein."
"Anne-chan?" Diese Frage des Raikages war an das Mädchen aus Tsukigakure gerichtet.
"Ich habe Anweisungen, meinen Sempai in jeder möglichen Beziehung zu unterstützen."
Okay, nun wusste ich, warum Omoi von elf Gästen gesprochen hatte. Außerdem wusste ich meinen Jungen bei ihm in den besten Händen. Aber es war schon ironisch, dass ich ihn schon wieder verlassen musste, kaum dass ich endlich die volle Wahrheit erfahren hatte. Ich musste dringend einen Brief nach Hause schreiben. "Du unterstützt Team Samui?", bat ich das Mädchen.
Anne lächelte. "Nicht, dass Omoi das plötzlich verlernt haben sollte, aber... Ja. Wir bleiben bei Aki-chan, bis du uns zur Mission rufst."
Ich nickte zufrieden und strich ihr erneut über die Haare. "Ich bin sehr zufrieden mit deinen Fortschritten, kleine Kohai."
"Danke, Sempai. Ist das erste Mal, dass ich Hikari beschwören konnte."
"Aber es dauert schon zwei Wochen. Sie hat Potential", sagte der Affenkrieger in anerkennendem Tonfall.
"Ich wusste das", sagte ich in seine Richtung.
"Ich auch, Mamo-chan. Ich auch." Wir tauschten ein Schmunzeln aus, ich und der Affenkrieger.
Dann wandte ich mich um. "Gehen wir, Sensei."
Kirabi-sama nickte mir zu und begleitete mich. Ich war neugierig auf diese Versuchsperson.
***
"Nun lass dir doch nicht jeden Rotz einzeln aus der Nase ziehen", klagte Shinobu. "Kannst du nicht einfach erzählen, was du erlebt hast? Immerhin sind wir eine Familie, richtig?"
Kira Yamada, ihr Cousin, der gerade der leicht schmerzhaften Behandlung unterzogen wurde, seinen Oberschenkelknochen zu schließen, grunzte unwillig. "Hat das nicht Zeit, Shinobu-chan? Spiel doch solange mit Shinji, während man mir lebendig die Haut vom Leib zieht."
"Man kann sich auch anstellen, Kira-kun", sagte Sadahara-sensei. "Warte erstmal ab, wie sich die Behandlung deiner lädierten Nervenbahnen anfühlen wird. Da ist nämlich nichts mit Betäubung."
Entsetzt sah der Junge den Arzt an. "Bitte, was?"
"Eine Nervenrestauration. Entweder das, oder nie wieder Raiton-Jutsu."
"Ich wusste, die Sache hat einen Haken", murrte Kira. "Aber da ich vermutlich bald zu sehr beschäftigt sein werde, um mit dir zu reden, Cousinchen: Darf ich dir Kuzomi vorstellen? Sie ist vom Spinnenclan und hat einen provisorischen Kontrakt mit mir."
"Und deshalb weicht sie dir nicht von der Seite?"
"Nein, das tue ich, weil ich es kann", gab sie schroff zurück.
Abwehrend hob Shinobu die Hände. "Ruhig, Spinnchen. Ich bin seine Cousine, keine Konkurrentin." Kurz entschlossen streckte sie dem Spinnenmädchen die Hand hin. "Sag Shinobu zu mir, bitte, Kuzomi-chan."
"Shinobu... Chan?" Es dauerte einen Moment, dann aber gab sie sich einen Ruck und ergriff die Rechte von Kiras Cousine. "Wie er schon gesagt hat, ich bin seine provisorische Kontraktträgerin. Provisorisch deshalb, weil meine doofe große Schwester glaubt, er könnte nicht dazu in der Lage sein, mit uns zu arbeiten. Na, das sollte sich erledigt haben."
"Ja, Kira kann ab und an schon mal eine Überraschung sein, nicht?" Sie griente ihren Cousin an. "Und manchmal sogar eine positive."
"Ach, ich BITTE dich. Bist du immer noch sauer wegen meinem Sieg damals?", erwiderte Kira.
"Es war ein Unentschieden. Wir haben beide getroffen, nicht? Weißt du noch, der Ärger, den wir kassiert haben?"
"Ja, diese Aufregung wegen der beiden kleinen Schnitte auf den Rippen. Unglaublich, wie überbeschützend die Erwachsenen manchmal sind."
"Die, wenn die Klingen nicht abgeglitten wären, durchaus bei euch beiden dazu geführt hätten, jeweils den unteren Lappen des linken Lungenflügels zu durchschneiden und eure Leben zu bedrohen", warf Sadahara-sensei ein. "Und wie ich feststellen muss, habt Ihr beide immer noch nicht verstanden, wie ernst die Sache damals war." Er wandte sich an das Spinnenmädchen. "Kuzomi-chan, kannst du bitte Perine-sama suchen? Sie wollte die Technik erlernen, mit der man die Nervenbahnen eines exzessiven Raiton-Nutzers wiederherstellt. Und wir wollen doch, dass sie es so lernt, dass es möglichst wenig schmerzt, oder? Auch wenn es auf die schmerzhafte Weise auch funktioniert."
"Ich gehe sie holen!" Kuzomi riss die Tür auf und war verschwunden.
"Eifriges Mädchen", stellte Shinobu anerkennend fest. "Sie mag dich, eh?"
"Ja, und ich liebe sie."
Entgeistert sah Shinobu ihren Cousin an. "Bist du dir im Klaren darüber, was du gerade gesagt hast?"
"Ja. Ich bin mir da ziemlich sicher. Deshalb werde ich auch mein Bestes geben, um einen permanenten Kontrakt zu erhalten, damit wir den Rest meines Lebens zusammen sein können. Äh, Shinobu, bist du weggetreten? Shinobu?"
"I-ich glaube, dieser Tag lohnt sich, rot im Kalender angestrichen zu werden. Und zwar als der Tag, an dem mein Cousin Kira beschlossen hat, kein Kind mehr zu sein."
Kira winkte ab. "Ach, das habe ich schon längst hinter mir. Spätestens seit ich mit Shinji gewettet habe, wer schneller Jounin wird."
"So, da bin ich. Wer will hier Schmerzen haben?", fragte Perine-sama vom Eingang her. Sie lächelte das blonde Mädchen an. "Würdest du bitte draußen warten, Shinobu-chan? Und dir am Besten die Ohren zuhalten?"
"Hey, hey...", protestierte Kira leise, immer bleicher werdend.
"I-ich glaube, ich gehe zum Spinnenmädchen."
Sie trat auf den Gang hinaus und schloss die Tür hinter sich. Gerade noch rechtzeitig, damit sie Kiras Schmerzenslaut und den darauffolgenden derben Fluch eben so verstehen konnte. Ein Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht. Plötzlich fand sie es überhaupt nicht mehr unfair, dass Großvater Kira das Raiton zur Beschleunigung der Körperbewegungen gezeigt hatte, aber nicht ihr. Andererseits aber, wenn es die Schmerzen wert war... Sie würde mit Opa sprechen, wenn sie wieder zuhause waren.
"Hey", sagte sie zu Kuzomi.
"Hey", antwortete sie ängstlich, während sie auf jeden Schmerzenslaut Kiras achtete. "Au, das muss wehgetan haben."
"Ist nicht mehr als der gerechte Preis dafür, das er mal wieder Erster sein will, oder?", fragte Shinobu lächelnd.
Kuzomi versuchte es, aber auch sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. "J-ja, a-aber ich denke, das ist Teil seiner guten Seite."
"Oh, durchaus, durchaus."
Ein neuer Schmerzensschrei klang auf, gefolgt von einem Fluch, die weibliche Anatomie zur Fortpflanzung betreffend, der sich gewaschen hatte.
Beide Mädchen wurden rot und sahen sich an. "S-sowas kennt er? Was lernt man denn bei euch in Konoha?"
"Keine Ahnung. Ich habe Kira-sama und Mamoru-sensei unterwegs kennengelernt. Wollen wir vielleicht die anderen besuchen, solange er behandelt wird?"
"Ja, ist vielleicht besser. Zu wem zuerst?"
"Zu meiner Schwester. Sie hat ein blaues Auge und einen Schnitt darunter. Sie hat Angst, dass eine Narbe bleibt, seit Sensei ihr Gesicht hübsch genannt hat." Kuzomi lächelte verschmitzt. "Sie sagt zwar immer, Mamo-chan interessiert sie nicht, aber das glaube ich nicht. Auf jeden Fall mag sie ihn."
"Auf mich wirkt er nett. Gar nicht so der Ladykiller. Wusstest du, dass er seinen eigenen Harem hat? Und als er hier in Kumogakure war, um seine Chunin-Prüfung abzulegen, hat er das Frauenbad unsicher gemacht. Mehrmals."
"Oh, das erklärt einiges", murmelte Kuzomi.
"Was hast du gesagt?"
"Äh, ich sagte, das sieht Sensei gar nicht ähnlich. Aber wenn sich die Frauen um ihn reißen, wundert mich das nicht. Für einen Mann ist er recht hübsch, finde ich." Sie öffnete die Tür zu einem anderen Behandlungsraum. Ihre große Schwester saß auf einem Behandlungstisch, während ein Medi-Nin ihre Wunde versorgte. Man konnte dabei zusehen, wie der Schnitt verschwand und das Auge abschwellte. "Raus. Ihr stört."
Die beiden Mädchen warfen sich einen vielsagenden Blick zu und kehrten wieder um. "Sie hat wahrscheinlich gehört, wie wir über Sensei gesprochen haben, und das war ihr peinlich."
"Ist es nicht!", klang Kuzokos Stimme durch die Tür.
"Uh-oh. Wer ist der Nächste?"
"Shinji-kun. Ein netter Kerl. Außer, du bist sein Gegner. Kira-sama und ich hatten einen tollen Trainingskampf gegen ihn und Mai-chan."
"Äh, sind Mai und er... Du weißt schon..."
"Nein, soweit ich das beurteilen kann, sind sie nur Freunde. Außerdem scheint Mai irgendwas mit Kishio zu verbinden. Die gucken sich manchmal so an, als würden sie ein Geheimnis teilen, wenn du verstehst, was ich meine."
"Ich denke schon."
Sie klopften an und betraten das Behandlungszimmer. Zwei Medi-Nin waren gerade dabei, den Arm zu richten.
Shinji winkte ihnen fröhlich zu. "Hi, Kuzomi-chan. Hi, Cousine von Kira. Sie mussten mir den Arm nochmal brechen. Also, die Elle jetzt, weil die Bruchstücke nicht richtig gelegen haben, als der Knochen provisorisch zum Wachstum angeregt wurde."
"Ach du grüne Neune. Ist der Arm wenigstens betäubt?", rief Shinobu entsetzt.
"Ach, Quark. Das Zusammenpfriemeln tut mehr weh als der Bruch."
"Und es würde schneller gehen, wenn du stillhalten würdest, Shinji-kun", mahnte einer der Medi-Nin.
"Tschuldigung. Ich bemühe mich. Ich glaube, es ist besser, wenn Ihr wieder raus geht, damit die Herren arbeiten können. Wir reden später noch. Vor allem freue ich mich, mit dir zu reden, Shinobu-chan." Er zwinkerte verschmitzt.
"Na, dann gehen wir zu Mai-chan weiter. Wir... Warum ziehst du denn so, Shinobu-chan?"
"Komm einfach mit."
Auf dem Flur, nachdem die Tür geschlossen war, lehnte sich das blonde Mädchen gegen die nächste Wand. "Haaaaaa... Ist er immer so?"
"Wie, so?"
"So... Interessant. Furchtlos. Schmerzfrei."
"Oh, ich glaube, er hatte kräftig Schmerzen. Seine Stirn war Schweißbedeckt."
"Aber er hat die Schmerzen nicht gezeigt. Und wir haben auf dem Flur auch nichts gehört. Ist er so hart?"
Kuzomi zuckte mit den Achseln. "Kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass er nicht geklagt hat, nachdem die Angreifer ihm den Arm gebrochen haben. Im Gegenteil, er hat noch weitergekämpft, so als gäbe es den Bruch gar nicht. Er ist natürlich nicht so hart wie Kira-sama, aber ich verstehe schon, warum sie in einem Team sind."
"Aha." Sie lächelte verlegen. "Ist Mai-chan auch so? Ich meine hart gegen sich selbst?"
"Oh, Mai-chan ist eine Abteilung für sich. Sie hat ständig Unterzucker, weißt du? Aber trotzdem geht sie immer bis ans Limit. Da kennt sie keine Rücksichtnahme auf sich selbst. Aber sie ist auch ein echt nettes Mädchen und betrachtet sich als große Schwester von Kira-sama und Shinji-kun. Sie..."
Beide Mädchen erstarrten, als sie die Tür zu ihrem Behandlungsraum öffneten. Auch Mai wurde wegen Armbruchs behandelt, aber der behandelnde Medi-Nin hielt ihr eine Predigt, die sich gewaschen hatte. "Nicht jetzt!", sagte er in Richtung der beiden Mädchen.
Hastig schlossen sie die Tür wieder. "War das richtig? Mai hat fast geweint!", beschwerte sich Kuzomi. "Ich sollte Mamo-chan holen, damit er..."
"Warte. Hast du ihren linken Arm nicht gesehen?"
"Die Schnitte? Ja, die haben mich verwundert. Die sahen nicht so aus, als hätte sie die heute erst bekommen. Aber die sehe ich zum ersten Mal. Mai-chan muss die mit einer Körpertäuschung verborgen halten."
"Dann ist sie eine fähige Kunoichi. Das Jutsu quasi nebenbei aufrecht zu erhalten, sogar beim Schlaf und im Bad, das steht für eine Frau mit Power." Shinobu nickte gewichtig.
"Na ja, so kann man das natürlich auch sehen. Aber Mamo-chan sollte davon erfahren."
"Das wird er schon durch den Arzt erfahren."
"Es wundert mich ein wenig, dass Perine-sama nichts gesagt hat. Eigentlich sollte sie so etwas leicht durchschauen."
"Dazu muss man es aber erwarten", erklärte Shinobu. "Und jetzt zu Kishio?"
"Ja. Ein ganz interessanter Bursche. Mamo-chan hat ihm das Leben gerettet, und jetzt fühlt er sich durch Lebensschuld verpflichtet und begleitet uns. Er und meine große Schwester haben ein verdammt gutes Team abgegeben, als sie uns in der letzten Schlacht kommandiert haben." Kuzomi zwinkerte. "Er hat ein beschworenes Rhino getötet."
"Nicht schlecht."
"Und es hat ihm wohl ein paar Rippen gebrochen. Außerdem hat er fast sein ganzes Chakra aufgebraucht und ist zusammengebrochen. Wahrscheinlich wird er apathisch sein oder tief und fest den Schlaf der Erschöpften schlafen, und wir können nicht mal mit ihm reden..."
"Äh, dafür, dass er erschöpft ist, ist er aber ganz schön aktiv." Shinobu deutete den Gang hinab, wo besagter Kishio stand und mit zwei ANBU diskutierte, die ein Treppenhaus bewachten.
"Nur ein Blick! Ein einziger Blick! Ich bitte euch! Mehr will ich doch gar nicht!"
"Versteh doch, Kleiner, selbst wenn du der Hokage wärst, ohne schriftliche Erlaubnis von A-sama oder in Begleitung eines Ratsmitgliedes Kumogakures kommst du hier nicht durch! Nicht mal, wenn es um Leben und Tod geht!"
"Aber ich muss da runter! Es geht ja um Leben und Tod! Ich meine, es geht um Tote. Um jemanden, von dem ich gedacht habe, er..."
"Kishio, was ist denn?", fragte Kuzomi.
Der rothaarige Shinobi wandte sich zu ihnen um. Verzweiflung stand in sein Gesicht geschrieben. "Ich habe es gespürt! Nur ganz schwach, aber ich habe es gespürt! Es war eine ganz sanfte, unbewusste Berührung, aber... Ich bin mir ganz sicher, da unten ist jemand aus meinem Clan! Ich dachte, ich wäre der Letzte, doch jetzt..."
Die Mädchen tauschten einen irritierten Blick aus.
"Kleiner, da unten ist das Gefangenenhospital. Haben wir vielleicht einen Grund, deinen Clan zu inhaftieren?", fragte einer der beiden ANBU und trat drohend vor.
Kuzomi trat schnell vor und ergriff die Rechte Kishios. "Lass doch den Quatsch! Wenn du schon wieder genug Kraft hast, um mit einem ANBU zu streiten, dann geh doch besser zu Sensei und sieh zu, was du mit seiner Hilfe erreichen kannst."
"Genau", sagte Shinobu und ergriff die andere Hand. Gemeinsam zerrten die Mädchen den plötzlich so willenlosen jungen Mann hinter sich her. "Suchen wir Mamo-chan."
"Natürlich... Natürlich! Er kennt doch den Raikage persönlich!" Nun war es Kishio, der voranschritt, die überraschten Mädchen hinter sich herziehend.
***
Der Markt war belebt wie immer, wenn das Wetter gut war. Aber wehe, dieser eiskalte Wind wehte, oder der noch eisigere Regen Kumogakures fiel. Dann waren die Stände aber ruckzuck wieder in den großen, mehrstöckigen Gebäuden.
"Kennst du den Weg, mein Freund, oder hast du versäumt, es dir zu merken und dein Wissen zu stärken, du Tölpel, du Dummkopf?"
Ich schmunzelte. "Ich kenne hier jeden einzelnen Meter Weg, Sensei. Wenn ich du wäre, würde ich im Falle eines Krieges eine Gruppe Attentats-ANBU auf mich ansetzen."
Entsetzt sah Sensei mich an. "Wie kannst du nur denken, die ANBU würden den Tod dir schenken?"
Okay, seine Reimerei ging mir definitiv auf die Nerven. Aber es rührte mich, was er implizierte. "Danke, Kirabi-sama."
"Das würde ich selbst erledigen. Anders könnte ich dir nicht in die Augen sehen."
Kleiner emotionaler Rückschlag. "Danke, Sensei. Denke ich."
Er klopfte mir auf die Schulter. "Das war nur Spaß, du Tölpel, du Dummkopf."
"Das will ich dir mal glauben, Kirabi-sama", erwiderte ich säuerlich. "Hey, das sind doch Kishio, Kuzomi und Shinobu. Sollte Kishio nicht noch im Bett bleiben? Hey Kishio!"
Das war ungefähr eine Sekunde, bevor meine Welt einen Salto zu schlagen wagte.

Ich sah das Geschoss, das auf Kishio zuflog, wie in Zeitlupe. Als ich nach meinem Kunai gegriffen und es geworfen hatte, wunderte ich mich mehrfach. Darüber, dass Kishio das Objekt nicht selbst bemerkte. Aber er war wohl wirklich erschöpft. Noch immer. Darüber, wohin es fliegen würde, aufgespießt von meinem Kunai. Darüber, wer es wohl geworfen hatte. Und warum es eine Tomate war. Dann ging alles ganz schnell. Das Kunai erwischte die Tomate etwa einen Meter vor Kishios Kopf, riss sie davon und landete schließlich schlitternd auf dem Boden des Marktplatzes. Etwa zugleich schrie eine hysterische Stimme: "MONSTER!"
Ein nicht besonders großer Mann stand inmitten der Menge, die Hand erhoben, den Zeigefinger auf Kishio zeigend. Wieder rief er: "MONSTER! EIN MOERU!"
"Okay, irgendwann habe ich das erwartet", brummte ich missmutig und ging in den Step. Das heißt, ich versuchte es, aber Kirabi-sama hielt mich mit einem seiner Tentakel fest. "Warte ab, was passiert. So etwas hat Kishio-kun sicher nie gespürt."
"Hä?"
Inzwischen waren die Geschäftigkeiten weitestgehend zum Erliegen gekommen und Kishio stand zwischen den beiden Mädchen mit einem Blick, der unsäglichen Schmerz verhieß. Kuzomi schnaubte wütend und stellte sich schützend vor den rothaarigen Jungen. "Na und?"
Nun hatten sie die Aufmerksamkeit der ganzen Menge. Der Mann sah sich selbstgefällig abschätzend um. "Er ist ein Moeru und er ist gefährlich!"
Shinobu hob in einer Geste der Gleichgültigkeit beide Hände. "Offensichtlich ein Verrückter. Kommt, Kishio-kun, Kuzomi-chan, suchen wir euren Sensei." Sie griff nach Kishios Linker und zog ihn fort.
"A-aber... Lasst ihn nicht entkommen! Er ist eine gefährliche Bestie!"
Jemand aus der Menge begann prustend zu lachen. "Seit wann fürchtet sich ein Kumo-Nin vor einem Konoha-Nin? Ehrlich, ein guter Witz."
Die Menge lachte verhalten. Der Mann sah sich verunsichert um. "A-aber er ist ein Monster von den Moerus! Sie können nur mit ihren Gedanken töten!"
"Oh, das kann ich auch!", rief Kuzomi begeistert. "Bin ich dann auch ein Monster? Das wäre sooo cool!"
"Äh, das kriege ich auch noch hin. Aber ich muss Fingerzeichen benutzen. Zählt das?", fragte Shinobu. "Außerdem sind wir alle gefährlich. Dies ist eine Ninja-Stadt, nur falls dir das noch keiner gesagt hat, alter Mann."
"Aber... Ihr versteht nicht! Man muss die Moerus töten oder wenigstens verjagen, wenn sie kein Unglück bringen sollen!"
Eine ältere Frau wandte sich ihm direkt zu. "War das gerade ein Aufruf dazu, einen Lynchmob zu bilden? Gefährdest du die öffentliche Sicherheit Kumogakures, Händler?"
"N-neinneinnein, so habe ich das nicht gemeint", erwiderte der Mann verdattert. "Aber man erzählt sich doch, wo ein Moeru ist, da folgt dieser Orochimaru, und dann tötet und vernichtet er alles und jeden!"
Die Menge verharrte atemlos. Die Stille war so allgegenwärtig, das man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Ein recht junger Shinobi kam zu Kishio. "Hey, Konoha, stimmt das mit Orochimaru?"
Etwas hilflos hob Kishio die Schultern. "Mir ist er noch nie gefolgt, aber so erzählen es sich die Leute."
Der Shinobi ballte beide Hände zu Fäusten und reckte sie hoch. "Oh, wenn das wahr wäre, das wäre doch sowas von cool! Stellt euch das doch mal vor, Orochimaru gegen Kirabi-sama oder gleich gegen den Raikage!"
Zustimmendes Gemurmel klang auf.
"Aber es wird zivile Verluste geben!", begehrte der Händler auf. "Und da wo ich herkomme haben wir besser damit gelebt, die Moerus wegzujagen!"
"Dann habt Ihr da wo du lebst alle keine Eier!", rief der junge Shinobi. "Und zivile Verluste wird es solange geben, wie Orochimaru frei herumläuft. Besser ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende!"
Das zustimmende Gemurmel wurde lauter.
"Genauer gesagt würde ich sofort mein Leben in seinen Giftfängen freiwillig aushauchen, wenn das bedeuten würde, das Bleichgesicht wäre endlich weg vom Fenster! Man stelle sich das mal vor, wie tief Konoha dann in unserer Schuld stehen würde! Jeder Kumo-Nin in Konoha wäre fast schon ein Gott! Wir schaffen das, was sie zehn Jahre lang nicht hingekriegt haben! Ach, wäre es doch nur wahr..." Der Ninja seufzte. "Aber ich sage dir was, Alter. Du und deine Leute, Ihr seid einfach nur feige und hysterisch. Oder hat Orochimaru auch nur einen eurer Orte plattgemacht?"
"Nein", erwiderte er trotzig. "Weil wir Leute mit roten Haaren immer fortgejagt haben!"
Ein alter Mann mit ehrwürdigem weißem Bart trat neben Kishio. "Der Junge ist keine sechzehn Jahre alt. Du und deine Leute, könnt Ihr nicht mal ein Kind beschützen? Was seid Ihr nur für Feiglinge. Das hätte mal einen stolzen Shinobi Kumogakures einfallen sollen. Klar, im Krieg kämpft man mit harten Bandagen und auch mit Sprengfallen und Gift. Aber wie kann Orochimaru einem Kind den Krieg erklären?" Er klopfte dem vollkommen verdutzten Kishio kräftig auf die Schulter. "Bleib mal ruhig in Kumogakure, junger Mann. Falls dieser Orochimaru auftaucht, kümmern wir uns angemessen um ihn. Und der Rotzbengel da hat vollkommen Recht. Es wäre jeden Toten wert. Und es wäre eine Riesenshow, wenn A-Sama ihn auseinandernimmt."
Wieder wurde zugestimmt, teilweise gejubelt.
"Aber... Aber... Aber...", stammelte der Mann, der die Tomate geworfen hatte. "Aber Ihr könnt doch nicht... Ihr könnt doch nicht eure Leben und die eurer Familien riskieren für einen dahergelaufenen..."
"Und genau das ist der Unterschied zwischen den Feiglingen, die du deine Leute nennst und den Menschen von Kumogakure", sagte der Alte.
"Ja, Ihr seid ja auch Shinobi."
"Nur ein Teil der Menschen hier ist ein Shinobi. Aber unsere Herzen schlagen alle gleich. Uns würde es nie einfallen, jemanden in Not davonzujagen, wenn er unsere Hilfe braucht, egal wer hinter ihm her ist. Der Raikage würde ansonsten mit uns ganz schön Schlitten fahren."
Die Zustimmung in der Menge war allgegenwärtig.
"So, nachdem das geklärt ist, denke mal über deine Position nach, Händler. Ansonsten fürchte ich, kannst du dir in Zukunft den Weg nach Kumogakure sparen", sagte die alte Frau von vorhin. "Denn wenn wir etwas in Kumogakure noch weniger mögen als Feiglinge, dann sind es die, die andere ausgrenzen, aus welchen Gründen auch immer."
Verstohlen wischte ich mir eine Träne aus dem rechten Augenwinkel. Wirklich, ich war gerührt.
"Kumogakure ist doch immer wieder beeindruckend", sagte ich mit Stolz in der Stimme.
"Die Menschen sind zwei Jinchuriki gewohnt", sagte Sensei. "Dein Kishio ist jemand, der sie da eher schont." Er winkte mir, ihm nachzugehen.
"Ist ein Argument." Noch immer lächelnd folgte ich Sensei.

Als wir die drei Shinobi erreicht hatten, war der Tumult vollkommen auf den Händler konzentriert und unzählige Stimmen hielten ihm Vorträge über Toleranz. Wahrscheinlich lernte man sowas, wenn man Jahrelang erlebte wie der Hachibi ausbrach, und dann war dank Kirabi-sama endlich Ruhe im Karton und man lernte wieder, den Jinchuriki hinter dem Biju zu sehen. Allerdings gab es nicht wenige Bürger und Shinobi Kumogakures, die dem wie betäubt dastehenden Kishio versicherten, dass nicht nur alles gut war, sondern dass sie eher den Händler als ihn aus der Stadt jagen würden. Nun, seine Augen waren reichlich feucht. So etwas hatte er sicher noch nie erlebt. Er bedankte sich mit gebrochener Stimme bei jedem Einzelnen.
"Mamo-chan!", rief Kuzomi, als sie mich erkannte. "Kishio-kun, Sensei ist da!"
"Und Kirabi-sama auch!", rief Shinobu hocherfreut.
"Wa-was? Mamoru-sensei..." Er wischte sich über die Augen. "Geht gleich wieder."
"Kishio, wir müssen Sensei doch wegen dem Gefangenentrakt im Krankenhaus sprechen!", erinnerte Shinobu.
"Was? Ach ja. ACH JA!" Er trat an mich heran und legte beide Hände auf meine Schultern. "Sensei, ich habe im Krankenhaus..." Er stockte für einen Moment, als er überlegte, was er in der Menschenmenge sagen konnte. "Was dringendes von dir zu erbitten!"
Zugleich aber flüsterten seine Gedanken in mir: "Sensei, kannst du mich hören?"
"Klar und deutlich, Kishio. Was ist denn los?"
"I-ich habe die Gedanken einen Moerus gehört! Im Krankenhaus! Irgendwo aus dem Gefangenentrakt!"
Natürlich, jetzt machte vieles Sinn. Die DNS-Versuchsanordnung, der Gefangene, der vorgab, geflohen zu sein...
Kishios Gedanken stockten, als er meine Erinnerungen erfasste.
"Wer ist es?", fragte ich auf dem gleichen Wege.
"Ich weiß es nicht! Aber es ist auch egal! Es kann irgendjemand sein, hauptsache, ich bin nicht mehr allein! Ich..."
Nun legte ich eine Hand auf seine Schulter und sagte laut: "Du begleitest uns, Kishio. Und Ihr zwei kommt ebenfalls mit zurück, Shinobu-chan, Kuzomi-chan. Kirabi-sama, ich glaube, uns steht eine Riesenüberraschung bevor."

Etwa fünf Minuten später und ohne Diskussion mit den ANBU auf der Treppe und im Gang standen wir vor dem Zimmer, aus dem Kishio die Gedanken eines Verwandten spürte. Die Mädchen hatten wir oben gelassen. Dies waren Angelegenheiten von Kumogakure, Konoha und dem Clan der Moerus, und zwar auf der allerhöchsten Ebene. Nicht jeder Genin musste darin involviert werden.
Noch einmal legte ich meine Hand auf Kishios Schulter, aber ich sprach laut. "Die Akte spricht von einem Mann, ungefähr zwischen zwanzig bis vierzig. Er hat eine Menge mitgemacht und sieht älter aus als er eigentlich ist, steht da. Du wirst ihn vielleicht nicht gleich erkennen. Und es tut mir leid, dass es nicht deine Schwester ist."
Für einen Moment legte sich ein Schatten auf Kishios Gesicht. "I-ich schraube meine Hoffnungen überhaupt nicht hoch. Mir reicht es schon vollkommen, dass ich nicht mehr alleine bin. Ich... Ich will es auch gar nicht wissen. Wenn er mich nicht sehen will und fortschickt, ist mir das Recht. Aber dann bin ich nicht mehr der letzte Moeru."
Der behandelnde Arzt trat vor die Tür. "Ich habe nach ihm gesehen. Er wacht gerade auf. Seien Sie behutsam. Er hat viel mitgemacht. Wenigstens der Teil seiner Geschichte stimmt."
"Ki... Kishio-sama?", hörte ich einen fremden Gedanken über die Verbindung zu Kishios Körper rufen. "Kishio-sama, bist du das? Oder träume ich wieder?"
"Ja! Ja, ich bin es! Bist du etwa... "
Ob Kishio wusste, dass er laut gesprochen hatte? Na, da würde ich ja einiges zu erklären haben, denn Kirabi war nicht dumm genug, um nicht zu merken, dass hier gerade etwas Ungewöhnliches geschehen war. Kishio riss die Augen auf, unnatürlich groß. Dann drängelte er sich am Arzt vorbei, öffnete die Tür so heftig, dass sie gegen die Wand geschleudert wurde und rannte in den Raum. "Shinpa-chan!" Halb auf dem im Bett liegenden, halb auf dem Fußboden, stürzte er nieder. "Shinpa-chan! Du bist es! Du bist es wirklich!"
"Kishio-sama! Dir geht es gut! Oh, was habe ich dafür gebetet, dass du nicht mitten in die Zerstörungswalze geraten bist, die uns... Was bin ich froh, dass es dir gut geht."
"Shinpa-chan..." Kishio schluchzte. "Ich dachte, ich wäre allein. Ich dachte, es wäre keiner mehr da! Ich war so einsam und hätte ich Sensei nicht getroffen..."
"Du bist nicht allein, Kishio-sama!" Der andere Moeru schlug sich mit der Linken gegen die Brust, während er den Jungen mit der Rechten fest umklammert hielt. "Ich lebe und ich bin bald wieder fit wie eine Laufsandale!"
Ich sah kurz zum Arzt, der zustimmend nickte.
"Und das ist noch nicht alles! Ich habe Gerüchte gehört, dass Orochimaru nicht nur mich gefangengenommen hat. Ich weiß nicht, ob sie noch leben, aber ich weiß, dass deine Schwester auf jeden Fall noch lebt!"
"Sie... Tama-chan lebt?"
"Ja, sie lebt. Für diese Information habe ich beinahe teurer bezahlt als für den Beweis, den man mir gebracht hat, aber... Es hat sich gelohnt. Sie ist aber nicht mehr wie früher, Kishio-sama."
Kishio sah auf. "Shinpachi. Drei Dinge solltest du wissen. Erstens, hör auf, mich Sama zu nennen. Du bist der Ältere, und den Clan der Moerus gibt es nicht mehr. Zweitens möchte ich dir Mamoru-sensei vorstellen. Er hat mir das Leben gerettet und in seine Dienste aufgenommen."
Shinpachi Moeru nickte mir anerkennend zu. Ich erwiderte das Nicken.
"Und drittens: Erzähle mir alles. Von Anfang an der Reihe nach."
Ich sah Kirabi-sama herüber. "Und spätestens jetzt sollte jemand Protokoll führen, Kirabi-sama. Eine Abschrift bitte für Konoha."
"Ich denke, das ist eine gute Idee", murmelte er. "Wartet bitte noch einen Augenblick."
"Nach all der Zeit", sagte Shinpachi und lächelte wie ein Wahnsinniger, "kommt es auf ein paar Minuten auch nicht mehr an. Nicht, kleiner Bruder?"
"Nein, da hast du vollkommen Recht, Shinpa-chan. Darauf kommt es nicht mehr an."
Ich lächelte. Was wäre mir auch anderes übrig geblieben? Tatsächlich aber hatte meine Welt wieder mal ein wenig Geschwindigkeit zugelegt.

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Anfangs hatte ich erwogen, Kishio rauszuschicken, um ihm die Details von Shinpachis Folterungen zu ersparen, aber mir war nur allzu klar, dass er den größten Teil von dem, was sein Freund uns erzählen würde, schon längst durch die Berührung mit ihm wusste. Kurz spielte ich mit den Gedanken, einerseits durch eine Berührung alles von Shinpachi direkt zu erfahren und diese Informationen so vor Kumogakure zu verbergen. Aber selbst wenn ich mich zu dieser Perfidität hätte durchringen können, so wäre der junge Mann noch immer in Kumogakure gewesen, nicht in Konoha. Und mir war eines sehr wohl klar: Wollte ich Kishio halten, musste ich Shinpachi in meine Heimatstadt bringen - zu welchem Preis auch immer. Der Taktiker in mir wusste zu gut, wie wertvoll ein Moeru für Konoha sein würde. Und der Himmel alleine mochte wissen, wie wertvoll ZWEI sein würden. Also arbeitete ich in Gedanken an einem Plan, um das zu ermöglichen. Teil davon war, dass Shinpachi alle Informationen offenlegte, die er über das Versteck besaß, sodass er seinen subjektiven Wert für Kumogakure reduzierte. Dann musste er, als unschuldig Gefangener, nur noch den Wunsch äußern, mit Kishio zu gehen. A-sama war im Grunde seines Herzens ein hochanständiger Mann, wenngleich er tödlicher war als mein alter Lehrer Sarutobi-sama, der dritte Hokage. Er würde sich, wenn es Kumo nicht schadete, nie dagegen stellen, dass der junge Mann nach dem Leid, das er erlitten hatte, in jenem Ort lebte, in dem er auch leben wollte. In Gedanken formulierte ich bereits die Eildepesche an Tsunade-sama, denn wenn ich etwas nicht wollte, dann war das ein Leben für die beiden Moerus in Konoha, das ähnlich aussah wie das von Naruto. Grundlegendes musste dringend geklärt werden, wenn ich auch noch die Option besaß, sie A-sama anzuvertrauen. Ich musste hier einerseits als Shinobi Konohas entscheiden, andererseits aber auch als derjenige, der für Kishio Verantwortung übernommen hatte. Und damit auch für Shinpachi.

Ich vertrieb diese Gedanken, als der ältere Moeru seinen Bericht begann, nachdem ihm von Kishio ein Schluck Wasser eingeflößt worden war. "Danke", murmelte er, obwohl er ebenso wie ich wissen musste, dass er auch alleine hätte trinken können. Aber Kishio war so verzweifelt darauf fixiert, irgend etwas für seinen "großen Bruder" zu tun, dass es fast schon ans Hysterische grenzte.
"Wo fange ich an? Am besten bei der Vernichtung von Moeru Macchi und der Ermordung der Einwohner. Es war ein Überfall, der uns aus heiterem Himmel traf. Es waren zwei Haupttäter, die in Begleitung des Vertreters des Daimyos gekommen waren, der die Moeru stets protegiert hat. Ich schätze, damit ist es jetzt wohl vorbei." Die Augen Shinpachis kontraktierten stark und tiefe Falten bildeten sich in seinen Augenwinkeln, die seiner Erschöpfung geschuldet waren. "Sie trugen schwarze Umhänge mit roten Wolken. Arglos wurden sie mit dem Gefolge des Vertreters, Imada-sama, ins Dorf gelassen, dachten wir doch, was könnte einem Moeru, geschweige denn allen passieren, wo wir doch mit der Kraft des Geistes töten konnten. Oh, wie sehr haben wir uns geirrt. Der eine von ihnen war Orochimaru. Er beschwor Mandara no Jin, der sofort angriff und das erste Dutzend in einem Schlag tötete. Sein Begleiter war ein Uchiha. Unverkennbar. Seine roten Augen haben sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt. Was er anstellte, war noch viel furchtbarer. Er setzte das ganze Dorf in Flammen... In schwarze Flammen, die wir nicht löschen konnten. Im Gegenteil, wer einmal von diesen Flammen berührt worden war, war unrettbar verloren. Wir..." Shinpachi schwieg für einen Moment, nahm sein Gesicht in beide Hände und schluchzte. "Wir haben sie getötet, weil sie die Qualen nicht ertragen konnten. Wahrscheinlich haben mehr Moerus ihre Familienmitglieder getötet, als der Uchiha oder Orochimaru auf dem Gewissen haben. Und die Leute des Daimyos, Imada-sama und seine Shinobi sahen nur dabei zu, wie das schwarze Feuer wie ein gigantisches Wagenrad durch das fuhr, was einst unser Dorf gewesen war."
Schwarzes Feuer, Uchiha, dazu die Umhänge mit den roten Wolken... Unverkennbar. Akatsuki. Itachi Uchiha, der zweite große Verräter Konohas. Ich fühlte Zorn in mir aufsteigen, weil es nicht nur ein Konoha-Nukenin, sondern zwei gewesen waren, die so viel Leid über die Familie Moeru gebracht hatten. Leider war ich keinem beiden auch nur annähernd gewachsen, wie ich mir schmerzlich bewusst machte.
Ryoga trat leise ein, nickte mir zu und postierte sich an der Wand. Wenn er seinen Posten, auf die "Kleinen" aufzupassen, verlassen hatte, dann musste etwas passiert sein. Wenn er nicht sofort mit mir sprach, war es ein längerfristiges Problem. Verdammt, ausgerechnet jetzt. Ich erwiderte sein Nicken. Kurz darauf sprach Shinpachi, beruhigt von Kishios tröstenden Berührungen, weiter.
"Ich weiß nicht, was danach geschehen ist. Ich war mit ein paar Halbwüchsigen und anderen Kindern außerhalb der Flammen. Darunter befand sich auch deine Schwester, Kishio-sama, Tama-chan. Ich versuchte sie aus dem Ort zu bringen. Aber dabei beging ich den Fehler zu glauben, bei den Leuten des Daimyos Schutz und Sicherheit zu finden. Natürlich fanden wir sie dort nicht. Sie nahmen uns gefangen, trennten die Kinder und vor allem Tama-chan von mir. Kurz dachte ich daran, mich selbst und die... Mich selbst zu töten, aber sie erpressten mich mit Tama-chans Leben, die zu jung war um zu verstehen, was gerade geschehen war." Er schluchzte leise und Kishio beäugte ihn mit Besorgnis.
"Ich weiß nicht, ob und wer überlebt hat. In einem Fall wie diesem gibt es die Anweisung, nach Tanima no Kuni zu fliehen, in die Obhut von Taeki und Nagisa, die auch für genau so einen Fall dort eine Zuflucht für alle Moerus aufgebaut hatten. Natürlich würden sie diese aufgeben, sobald die ersten Flüchtlinge eintrafen, denn mit Gefangenen war zu rechnen, auch mit Verfolgern. Es ist nur logisch, dass sie kurz darauf untergetaucht waren. Falls sie nicht schon tot waren, denn ich fürchte, dass nicht nur Moeru Macchi angegriffen wurde, sondern auch all unsere aktiven Leute im Einsatz. Wenn... Falls noch ein Moeru lebt, so nur in Abgeschiedenheit, Verborgenheit, möglichst weit fort von hier. Und die anderen? So ein massiver Angriff Orochimarus konnte nur das Ziel haben, uns auszulöschen. Warum sollte er dann jemanden absichtlich übersehen?
Ich traf einen Deal mit Orochimaru. Ich würde mich nicht selbst töten, und er würde Tama-chan und die anderen Kinder am Leben lassen. Ich weiß bis heute nicht, warum er darauf eingegangen ist, aber bis zum heutigen Tag hat er sich zumindest bei Tama-chan daran gehalten. Ob die anderen Kinder auch noch leben, weiß ich nicht. Ich hoffe es, aber ich fürchte, so wertvoll war ich dann doch nicht für ihn. Was ich aber vergessen hatte ihm abzupressen, das war ihm zu verbieten, Tama-chan zu manipulieren und zu seinem Werkzeug zu machen. Das allerdings hat er getan. Oder sie hat den einzigen Weg gefunden, wie sie überleben kann, indem sie tat, was Orochimaru ihr beigebracht hat. Heute nennt sie sich Karin und ist ihm voll ergeben."
Ich brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, dass Kishio sich bei diesen Worten versteifte. Da gab es Hoffnung, tatsächlich Hoffnung, dass neben Shinpachi und ihm selbst noch weitere Moerus am Leben sein mochten, und es war ausgerechnet seine Schwester, die er tatsächlich verloren hatte, bevor er sie wiederfinden konnte.
"Aber ich greife vor", sagte Shinpachi. "Wir wurden getrennt, aber nicht getötet. Gemäß meines Eides fügte ich mich. Anfangs aus eigenem Willen, später, weil Orochimaru mich unter eine Droge setzte, die nach und nach meine Fähigkeiten dämpfte. Darunter auch mein Gefühl für Zeit. Es würde zu weit führen, um all die Arten zu erklären, auf die ich gefoltert wurde. Wie grausig die Experimente waren, die sie vornahmen, und das nicht nur an mir. Wie viele Menschen sie in dieser Zeit töteten, die für mich merkwürdig schwammig war. Und wie brutal ich bestraft wurde, wenn meine Fluchtversuche scheiterten. Ich versuchte es wieder und wieder und wieder, und sie bestraften mich wieder und wieder und wieder. Sie..." Er entblößte seine Unterarme und zeigte uns ein Netz von Narben, die von den Experimenten, den Bestrafungen und dem Sadismus seiner Wächter herrühren mussten. Ich schüttelte mich unbehaglich. Wie um alles in der Welt hatte er all das so lange überlebt?
"Und alles nur", fuhr er leise fort, "um die Fähigkeiten der Moerus auf andere zu übertragen. Orochimarus Wissenschaftler versuchten alles. Mal versuchten sie, einen anderen Körper zu überreden, doch Moeru-Chakre anzunehmen, mal wurde es wie eine Maske über das Chakra einer Versuchsperson gelegt, mal versuchten sie es mit einem Vorrat meiner DNS, das sie in einen Körper implantierten, damit dieser auf meine Körperzellen und indirekt auf meine Fähigkeiten zurückgreifen konnte. Schließlich versuchten sie es mit meinen Genen selbst, um einen Moeru zu erschaffen. All das misslang. Die letzte Methode, die sie probierten, war, sich eigene Moerus zu züchten, indem sie mir Blut und... andere Körperflüssigkeiten abnahmen."
"Dieses Konzept ist Kumogakure auch nicht ganz unbekannt, oder?", warf ich spöttisch ein, auf die beinahe gelungene Entführung von Hinata Hyuuga anspielend. Mir war klar, welche Körperflüssigkeiten abgezapft worden waren. Und die wären auch zum Einsatz gekommen, um mit Hinata Kumo-Hyuugas zu zeugen. Kirabi-sama schnaubte leise. Er hatte mich wohl verstanden.
"Wie dem auch sei. Von alledem sah ich nie ein Ergebnis und verbrachte meine Zeit, ohne wirklich zu wissen, wie viel Zeit vergangen war. Aber wie ich jetzt sehe...", er streichelte Kishio über den roten Haarschopf, "muss es eine kleine Ewigkeit gewesen sein."
Erst jetzt fiel mir etwas auf. Beide Moerus waren erschöpft. So erschöpft, dass sie nicht wie gewohnt ihre Tätowierungen verdeckten, ein Bild, das ich schon seit zwei Wochen gewöhnt war. Diese Tätowierungen waren Kishio auf dem Markt auch prompt beinahe zum Verhängnis geworden, wären die Einwohner Kumogakures nicht insgesamt ein großartiger Haufen. Jedenfalls hatte Shinpa eine Tätowierung mehr als Kishio. Ich beschloss, die beiden beizeiten nach der Bedeutung des Bogens über dem Kinn zu fragen. "Es dürften fünf Jahre sein. Nicht, Kishio?"
Der junge Moeru sah auf. "Ein wenig mehr, Sensei."
Ich nickte. "Fahre fort, Shinpa-chan."
Der ältere Moeru nickte. "Während der letzten Wochen meiner Gefangenschaft war ich nicht im Mittelpunkt des Interesses meiner Kerkermeister und der Forscher, die mich drangsaliert hatten. Aus einem Grund, den ich nicht kenne, hatte einer meiner Kerkermeister Mitleid mit mir. Eines Tages wusch er meine Wunden nach einem besonders schlimmen Experiment, was das Netteste war, was ich seit Jahren erlebt hatte. Er versorgte mich auch ab und an mit zusätzlichen Rationen und neigte auch nicht dazu wie so viele andere vor ihm, mich zu hänseln und zu quälen, wenn ich zu schwach war, um mich auch nur zu bewegen. Aber er sagte nie ein Wort. Am Tag des Angriffs Kumogakures aber warf er mir die Kleidung eines Oto-Nins in meine Zelle und ließ die Tür offen. Diese Chance ließ ich mir nicht entgehen. Ich zog mich um, verließ die Zelle und suchte nach dem Ausgang. Und wäre ich die Strecke nur einmal in meinem Leben mit offenen Augen gegangen, hätte ich ihn auch gefunden. So aber irrte ich im Versteck umher, bis ich von Kumo-Nin gestellt wurde, die mich für einen meiner Kerkermeister gehalten haben. Ich schätze, ich verdanke mein Leben lediglich dem Umstand, dass ich zusammengebrochen bin, kaum dass sie mich entdeckt hatten. Tatsächlich hätte es sicherlich weniger Probleme gegeben, wenn ich in meiner Zelle geblieben wäre. Aber hinterher ist man ja immer schlauer. Ich fiel in Ohnmacht. Wachte wieder auf und war hier. Fiel wieder in Ohnmacht. So ging es seither. Seit über drei Wochen liege ich hier, und nur langsam spüre ich, dass überhaupt etwas von meiner alten Kraft zurückkehrt. Heute ist der erste Tag, an dem ich so lange Zeit am Stück wach bleiben kann. Und dieser Tag hat mir meinen kleinen Meister zurückgegeben." Bei diesen Worten grinste er breit und tätschelte Kishio den Kopf. Aber der Junge gab kein Widerwort. Überrascht berührte Shinpachi ihn. "Eingeschlafen", stellte er fest. "Einfach eingeschlafen."
Ich lachte leise, trat neben das Bett und wuchtete Kishio hinauf. "Ich schätze, für einen Tag müsst Ihr euch dein Bett teilen, wenn es dir recht ist, Shinpachi. Er ist nämlich auch verdammt erschöpft, weil er zuviel Chakra verbraucht hat. Und ich vermute mal, er würde protestieren, wenn ihn jemand heute aus diesem Raum entfernen würde."
"Ja, das klingt nach ihm." Der ältere Moeru schmunzelte. "Einen Tag werde ich das gern ertragen."
Ich sah den leitenden Arzt an, der zustimmend nickte. "Das geht in Ordnung. Aber ich schätze, wir können Shinpachi Moeru nach oben verlegen, raus aus dem Gefängnis. Eine normale Wache wird wohl reichen - zu seinem Schutz."
Ich nickte zufrieden und auch Kirabi-sama ließ ein zufriedenes Grunzen hören. "Na, dann lassen wir Kishio doch mal schlafen. Er hat es nötig. Du solltest auch schlafen, Shinpachi. Je schneller du dich regenerierst, desto besser. Vor allem für Kishio."
Der Moeru nickte schwach. Seine Lider begannen sich bereits zu schließen, ein Zeichen dafür, wie erschöpft er noch immer war. "Ja, Sensei." Kurz darauf war er eingeschlafen.
"Er hat immer noch Reste des Gifts im Blut, das er erwähnt hat", erklärte der Arzt. "In zwei bis drei Tagen wird es abgebaut sein, und dann wird es ihm schlagartig besser gehen. Orochimaru ist erfindungsreich."
"Verstehe", erwiderte ich. Ein apathischer, wehrloser Moeru war für seine Experimente sicher die beste Wahl. Es schauderte mich, als ich daran dachte, was für ein Mensch dieser Kerl doch war. Und ich verspürte Respekt für Shinpachi, weil er trotz seines Zustandes mehrfach zu fliehen versucht hatte. "Danke, Doktor."
"Gehen wir ein Stück. Und dann ab zurück, du Tölpel, du Dummkopf."
"Ja, Kirabi-sama. Vom Protokoll eine Abschrift an Konoha", mahnte ich den Medi-Nin, der mitgeschrieben hatte.
"Ja, ja, bin ja kein Dummkopf", murrte der Mann.

Zu fünft verließen wir das Zimmer, und Kirabi-sama, Ryoga und ich strebten dem Treppenhaus mit dem Aufgang zum zivilen Sektor zu, während die Medi-Nin in ihrer Abteilung blieben.
"Also ist Shinpachi Moeru keine Gefahr für Kumogakure", stellte ich fest.
"Nein, ist er nicht, der kleine Wicht", stimmte mir Kirabi-sama zu.
"Gut. Mehr wollte ich nicht hören. Selbstverständlich wird er Konoha überstellt."
"Du Tölpel. Du Dummkopf. Das wird der Rat entscheiden. Mein Bruder wird ihn leiten."
"Aber er hat kein anderes Verbrechen begangen als eine Oto-Uniform zu tragen", warf ich ein. "Und er wird verständlicherweise bei Kishio bleiben wollen."
"Kishio kann hierbleiben. Du kannst ihn uns überschreiben."
"Eine Lebensschuld kann man nicht so leicht übergeben, und das weißt du, Sensei. Außerdem habe ich mehr getan als sein Leben zu retten. Ich habe ihm ein Leben, eine Aufgabe gegeben. Das kann er nicht so einfach und vor allem nicht so schnell zurückgeben. Und das wird er wollen."
Mürrisch sah Kirabi-sama mich an. "Besser, du sprichst schnell mit Yugito, sie sagt dir was dazu."
"Gut, ich werde sie aufsuchen. Aber ich bin fest entschlossen, die beiden mit nach Konoha zu nehmen. Immerhin wurde ich für mein Attentat nicht einmal von Kumogakure bezahlt, also denke ich, Ihr steht ohnehin in meiner Schuld, Sensei."
Erstaunt sah Kirabi-sama mich an. Er lupfte sogar die Sonnenbrille. "Attentat?"
"Ich denke, so kann man den Kampf meiner Genin gegen die Anti-Konoha-Fraktion durchaus interpretieren", sagte ich mit einem Lächeln, das man auch gut zum Schneiden von Fleisch hätte benutzen können. "Ich denke, du solltest A-sama dazu mal ein paar Fragen stellen."
Die Brille rutschte wieder an die richtige Position. "Das werde ich und warte hier, ich schicke Yugito zu dir."
Es überraschte mich nicht, dass, wenn es eine geplante Aktion gewesen war, Kirabi-sama nichts davon gewusst oder geahnt hatte. So stark er auch war, er hatte auch eine herzerfrischend naive Seite und er wäre mir und meinen Genin zu Hilfe gekommen, wenn er davon gewusst hätte. Egal wie die Planung gelautet hätte. Aber ich war fest entschlossen, Kumogakure für Konohas Unterstützung bezahlen zu lassen. Shinpachi war da nur der erste Posten auf meiner Liste.
"Und wann geht es zum Versteck?", rief ich Kirabi-sama hinterher.
"Das läuft schon nicht weg!", rief er zu mir zurück. Dann war er aus dem Gang verschwunden.
"Gut, das wäre in die Wege geleitet. Und was liegt nun an?" Ich übersah meine kleine Schar, die gewachsen war, während ich mich mit Kirabi-sama unterhalten hatte. Zu Ryoga war nun auch noch P-chan getreten; mit ihr Kira, dessen Haare merkwürdig abstanden. Und roch da nicht irgendwas an ihm verbrannt? Seine Spinne war wieder bei ihm. Ach, und Kiras Cousine war natürlich auch dabei.
Ryoga winkte mir, ihm zu folgen. Also bedeutete ich den anderen, hier zu warten, während ich ihn begleitete.
"Was gibt es, Ryoga?"
Der Affenkrieger runzelte die Stirn. "Mamo-chan, ich..." Er stockte.
"Um was geht es? Um eine Affenangelegenheiten, oder um Shinji, Mai oder Kuzoko?"
"Können wir das abseits besprechen?"
Ich nickte leicht und wandte mich wieder den Genin zu. "Okay. Kira, Kuzomi-chan, ich möchte, dass Ihr zum Büro des Raikage geht und meine Kohai und ihren Affenkrieger herholt. Shinobu, schnapp dir bitte Shinji und geh mit ihm zu dir nach Hause. Der Raikage hat gesagt, die Yamadas wollen uns aufnehmen. Ich wüsste gerne, ob dieses Angebot noch gilt, nachdem wir doch mehr sind als angekündigt wurden, oder ob wir uns für unsere Unterbringung an den Raikage wenden sollten."
"Ich bin mir da zwar ziemlich sicher, dass das Angebot noch steht. Ich denke mal, Opa besteht sogar darauf. Aber okay, ich gehe fragen."
"P-chan, begleite Kira und Kuzomi bitte. Sie kennen Kumogakure nicht."
"Keine Sorge, das mache ich doch gerne." Sie klopfte Kira auf die Schulter. "Vor allem jetzt, wo Kira und ich doch so gute Freunde geworden sind, nicht, Kira-chan?"
Das verlegene Lächeln des blonden Genins war von leichtem Entsetzen durchzogen. Aber immerhin, er lächelte und widersprach nicht.
"Na, dann los."

Ich suchte mit Ryoga eine Wartenische auf, während die Genin auseinanderstrebten. Dort ließ ich mich mit dem Affenkrieger nieder. "Wie schlimm ist es?"
"Woher weißt du, dass es schlimm sein könnte?"
"Weil du alleine mit mir reden willst."
Ryoga grinste jungenhaft. "Es ist schlimm und doch wieder nicht schlimm. Du musst mit Mai reden. Du bist ihr Sensei."
Ich runzelte die Stirn. "Mit Mai reden? Was hat sie denn getan?"
Der Affenkrieger sah mich ernst an, dann aber von mir fort. "Kishio hat... Im Schlaf gesprochen, als ich ihn getragen habe. Er hat was gefaselt von Mai, die ihn nicht wegschicken soll, und ich hatte nicht das Gefühl, es würde um ein Beziehungsproblem gehen."
Ich versteifte mich automatisch, als ich das hörte. Befürchtet hatte ich es schon länger, dass es zu Eifersucht kommen würde, wenn ich Kishio bei mir behielt, aber nun war sie offen ausgebrochen. Ausgerechnet bei Mai. Aber nach alldem, was sie durchgemacht hatte und nach ihren Schwächeanfall am Tafelberg war das eigentlich auch anzunehmen. Jede Form von Rückschlag war schlecht für sie. Und wegen Kishio musste ich Zeit für ihr Trainung abknapsen. Dass sie es so schlimm nahm, und damit weit schlimmer als die Jungs, hätte ich nie geahnt.
"Danke, Ryoga. Ich rede mit ihr", sagte ich und wollte aufstehen.
"Das ist noch nicht alles, Mamo-chan", hielt er mich zurück.
"Noch nicht alles?" Erstaunt ließ ich mich wieder zurücksinken. "Ist was mit Shinji?"
"Nein, es geht immer noch um Mai. Sie... Nun. Sie schneidet sich."
"Sie tut was?"
Unschlüssig sah Ryoga mich an, bevor er seinen linken Unterarm entblößte und ein Kunai zog. "Sie schneidet sich. So etwa. In kurzen, gleichmäßigen Schnitten. Den ganzen Arm runter. Schön fein säuberlich nebeneinander." Zum Glück verzichtete er bei der Vorführung, seine Haut tatsächlich einzuschneiden.
"Und warum?", fragte ich ungläubig.
Der Affenkrieger zuckte die Schultern. "Wenn ich das wüsste... Sie versteckt die Schnitte und Narben normalerweise mit einem Jutsu."
"Das ich nicht bemerkt habe. Hm, nicht schlecht für so einen kleinen Ratz. Vielleicht hängen beide Themen zusammen. Aber ich habe jetzt wirklich keine Ahnung von Psychologie. Ich wüsste nicht, wie ich mit ihr umgehen soll."
"Es wäre eventuell ein Anfang, herauszufinden, wie ernst sie das wirklich meint. Das mit Kishio."
Ich nickte dem Affenkrieger zu. "Du hast wahrscheinlich recht. Ich konfrontiere sie mal mit meinem Wissen."
Irgendwo im Gang voraus klappte eine Tür, dann huschten Shinobu und Shinji an der Korridoröffnung vorbei. Oder vielmehr huschte das Mädchen und der arme Junge war dazu verdammt, von ihr halb hinterhergeschleift zu werden. Wenigstens zog sie nicht am gebrochenen Arm. "Wir gehen dann, Sensei!", rief er mir zu, aber die Zeit war zu kurz, als das ich ihn hätte dabei ansehen können. Sie waren schon wieder im Gang verschwunden.
"Energisches kleines Mädchen. Hat viel Ähnlichkeit mit Kira", sagte ich.
Ryoga lachte meckernd. "Hoffen wir mal, nicht zu viel Ähnlichkeit. Mit Tsundere-Persönlichkeiten dürfte Shinji nämlich überhaupt nicht klarkommen."
"Oh, der Junge ist immer für eine Überraschung gut", erwiderte ich grinsend. Erneut erhob ich mich. "Geh ihnen nach und pass auf, dass ihnen nichts passiert. Unauffällig."
"Verstanden." Ryoga nickte mir harsch zu, bevor er per Step verschwand. Nun war mir etwas wohler.
Ich seufzte leise. Na dann, Mamoru Morikubo, auf ins Gefecht zur ersten Schlacht mit deiner Genin.
***
"Na, du bist mir eine. Erst hetzt du so, und dann trödeln wir", sagte Shinji gespielt beleidigt, während das Mädchen für sie beide gefüllte Waffeln kaufte.
"Oh, ich nehme nur Rücksicht auf dich", erwiderte das blonde Mädchen. "Du musst doch bestimmt eine Menge essen, um dein Gewicht zu halten, oder?" Grienend hielt sie ihm die Erdbeerwaffel unter die Nase.
"Da hast du vollkommen recht. Ich habe schon viel zuviel abgenommen, seit ich mit Sensei unterwegs bin. Danke dir." Die Augen fest auf die Waffel gerichtet, ergriff er die Süßspeise und biss hinein. "Oooooh, göttlich. Zucker, jaaaa."
Shinobu kicherte in sich hinein und dirigierte den dicklichen Genin in Richtung einer Bank, die bei dem seltenen Sonnenschein in Kumogakure einen verlockenden Eindruck machte. Sie setzten sich, wobei sie es sich nicht nehmen ließ, auf der Lehne Platz zu nehmen und ihre Füße auf die Sitzfläche abzustellen. Erst hier kostete sie von ihrer Waffel mit Bananenfüllung. "Wir haben Zeit", sagte sie zwischen zwei Bissen. "Auf eine halbe Stunde kommt es heute nicht mehr an. Und ich weiß ja, was Opa sagen wird. Ein Yamada nimmt eine einmal ausgesprochene Einladung nicht wieder zurück. Das ist eine Frage der Ehre. Vor allem, wenn es um Mamo-chan geht." Sie griente den Konoha-Genin erneut an. "Wusstest du, dass ich ihn schon lange kenne? Damals, als er zum Chunin-Examen in Kumo war, hat er meine Klasse an den Shuriken und im waffenlosen Kampf ausgebildet. Damals war ich gerade erst an die Akademie gekommen und hatte furchtbare Angst vor den Waffen und davor, zu Boden geworfen zu werden. Und ich hatte noch mehr Angst, dass Kira deshalb über mich lachen würde. Aber Mamo-chan - er nannte mich damals Shi-chan, weißt du? - hat mir die Angst genommen, indem er mir zeigte, wie ich fallen muss und wie die Shuriken tun, was ich will. Er ist ein guter Lehrer und hat viel Geduld."
"Er ist aber auch ein hinterlistiger Mistkerl", sagte Shinji mit grimmiger Miene. "Weißt du, was er mit uns gemacht hat, bevor wir aufgebrochen sind? Er hat das Glöckchenspiel mit uns gemacht. Er hat P-chan, einen Freund von ihm, Lee-san, und sich selbst mit Glöckchen ausgestattet und uns gesagt, wir müssten ihm eine von drei, P-chan ihre einzelne oder Lee-san eine seiner beiden Glöckchen abnehmen. Wer kein Glöckchen hat, darf nicht mit. Wir haben uns also richtig ins Zeug gelegt, um diese Glöckchen zu kriegen, aber Sensei hat uns richtig hart angepackt. Am Ende hatten wir nur ein Glöckchen, aber das hat uns P-chan mehr oder weniger geschenkt. Und als es darum ging, wer denn von uns dreien mit auf die Reise nach Kumogakure gehen sollte, haben wir uns furchtbar gestritten."
"Wolltet Ihr alle so gerne mit, dass Ihr euch um das Glöckchen gestritten habt?", fragte Shinobu verwundert.
"Natürlich wollten wir alle mit. Aber gestritten haben wir darum, wem wir das Glöckchen geben sollten. Ich glaube, jeder hat das Glöckchen dreimal weitergereicht, bevor Sensei der Kragen geplatzt ist. Er hat es uns weggenommen und gesagt..." Shinji erhob sich, warf sich vor Shinobu in Positur und versuchte, seine Stimme wie die seines Senseis klingen zu lassen: "Wenn Ihr euch nicht darüber einig werden könnt, wer die Ehre haben soll, das Glöckchen zu bekommen und mich auf meiner Reise zu begleiten, dann solltet Ihr doch besser alle drei mitkommen. Oder nicht?" Und da hielt er plötzlich drei Glöckchen vor unsere Nasen. Der Halunke hat nämlich gar nicht wegen der Glöckchen mit uns gespielt, ihm ging es nur darum, wie weit unsere Jutsu entwickelt sind und wie gut wir als Team arbeiten würden. Und ich verwette meinen rechten Arm darauf, dass P-chan das Glöckchen an Mai-chan gegeben hat, damit genau die Situation passiert, die wir dann erlebt haben."
Grübelnd setzte sich Shinji wieder und biss gedankenverloren in seine Waffel. "Wemmich so müber machbenke, damm häppe er umm wohl zuhau'e gelaffem, wemm wir..." Irritiert stoppte Shinji mitten im Satz, als sich Shinobu neben ihm schier ausschüttete vor Lachen.
Shinji schluckte seinen Bissen runter. "Lustig? Ich? Weil ich mit vollem Mund rede?"
Verdutzt unterbrach das Mädchen seinen Lachanfall. "Was?" Als die Erkenntnis es erreichte, lächelte es und tätschelte Shinjis Wange. "Nein, Dummerchen. Mir ist nur eben eingefallen, was Mamo-chan uns damals schon eingetrichtert hat: Wenn die Gruppe im Einsatz ist, sind deine Kameraden deine besten Freunde, also behandle sie auch so. Gell, hättest du das gewusst, dann wäre euch die Prüfung sicher leichter gefallen."
Shinji schnaubte aus und stopfte sich den Rest der Waffel in den Mund, nur um gierig zu kauen und den Rest runterschlucken zu können. "UNS hat er das nicht beigebracht. Ich bin eifersüchtig."
"Oh, keine Sorge, das brauchst du nicht. Ich bin bereit, Mamo-chan zu teilen, wenn du es auch bist. Selbst wenn er mich nicht wiedererkennt. Aber ich habe mich ja auch verändert. Alles wieder gut?" Sie beugte sich vor und küsste Shinji auf die Wange. "Bitte, ja?"
Eine leichte Röte huschte über seine Wangen. Er sprang auf. "A-alles wieder gut. In Ordnung, wir teilen ihn uns. Ich meine, neben Mai-chan und Kira teile ich ihn mir auch mit Kuzomi-chan, Kuzoko-chan, Perine-sama, Ryoga und Kishio, da kommt es auf einen mehr auch nicht drauf an." Er sah verlegen zur Seite. "W-willst du was trinken? Da hinten steht ein Automat."
"Gerne. Kirschsoda, bitte. Du bist so aufmerksam, Shinji-sama."
"Bi-bin ich das? Das freut mich! Bin gleich wieder da!" Er lief los, winkte ihr dabei zu und beeilte sich, um ihre Kirschsoda und Cola für sich zu bekommen. Dabei pochte ein Gedanke hinter seiner Stirn, der ihm vehement mitzuteilen versuchte, dass ihm etwas Elementares, Kiras Cousine betreffend, gerade zu einem Ohr rein und zum anderen wieder raus gegangen war.

Als er mit zwei eiskalten Getränkedosen zurückkehrte, war Shinobu nicht mehr alleine. Fünf Jungs unterschiedlichen Alters umringten sie, und der Größte von ihnen, ein hagerer Blondschopf von vielleicht fünfzehn Jahren, der ein Kumo-Shinobi-Stirnband trug, redete auf sie ein. Das alles ließ sie von sich abtropfen, als gebe es weder den blonden Jungen, noch die anderen vier.
"Alles in Ordnung?", fragte Shinji argwöhnisch, als er näher kam.
Shinobu sah auf, als sie seine Stimme hörte. "Shinji-sama! Willkommen zurück!" Mit einem Satz hatte sie die Bank verlassen, die beiden Jungs vor ihr übersprungen und landete nun sanft wie eine Feder neben dem Konoha-Nin. "Oh, danke, Kira-sama. Ich bin am Verdursten. Und sogar meine Lieblingsmarke? Woher wusstest du das?"
"Äh", machte Shinji verlegen, der von der Situation etwas überfahren war, "es war nur diese Marke im Automaten."
"Dann muss es Schicksal gewesen sein, dass du ausgerechnet diesen Automaten ausgesucht hast, Shinji-sama. Oh, wir passen so gut zusammen."
"Was?", raunte Shinji, die Augen vor Schreck aufgerissen.
"Spiel einfach mit, ja? Das ist Gero, ein Idiot. Er stellt mir dauernd nach."
"Er stellt dir nach?", fragte Shinji wütend und wollte vorstürmen, doch Shinobu hielt ihn zurück.
"Keine Sorge, er belästigt mich nur damit, das ich seine Freundin werden soll. Aber ich gehe doch nicht mit so einem Idioten."
"Ich kümmere mich um ihn", knurrte Shinji und wollte erneut an ihr vorbei, doch ihre Hand war unerbittlich.
"Wenn du in Kumo bist, tue die Dinge wie die Kumos. Hat dir dein Sensei das nicht beigebracht? Spiel einfach mit, und ich habe für eine lange Zeit meine Ruhe. Ja?"
Shinji entspannte sich merklich. "Okay. Ich vertraue dir."
Röte huschte über ihre Wangen. "G-gut, Shinji-sama." Sie griff nach ihrer Dose und öffnete sie, um einen kräftigen Schluck zu nehmen. "Ah, das ist lecker."
"Wer ist denn der Typ da?", fragte der große Blonde, Gero mit Namen, als er nähertrat, seine Bande im Schlepptau.
"Oh, das." Shinobu legte besitzergreifend eine Hand um Shinjis Schulter. "Das ist Shinji-sama aus Konohagakure." Sie räusperte sich vernehmlich. "Mein Verlobter."
"Was?" Dieser Ausruf wiederholte sich fünfmal. Eigentlich sechsmal, aber Shinjis Entsetzen war in den Rufen der anderen untergegangen.
"Bitte, Shinji-sama", hauchte sie ihm zu.
"O-okay." Er trat einen halben Schritt vor und stellte sich halb vor sie. "Was sind das für Typen, Shinobu-chan, und warum belästigen sie dich?"
"Was willst du eigentlich, du Würstchen?", rief Gero aufgebracht.
"Das heißt nicht Würstchen, sondern Herr Würstchen! Oder noch besser, Verlobter von Shinobu-Würstchen!", knurrte er angriffslustig.
"Du", sagte einer der anderen Jungen, ein dunkelbrauner Bursche mit schneeweißen Haaren, "ich glaube, der meint das ernst, Gero."
"Erzähl doch nicht so einen Schwachsinn! Wer will schon was mit einem Konoha-Nin zu tun haben? Und selbst wenn's stimmt muss sie doch einer retten, oder?"
Zustimmendes Gemurmel der anderen klang auf.
Abfällig schürzte Shinobu die Lippen. "Du weißt aber schon, dass mein Clan Beziehungen nach Konoha unterhält, dass mein Onkel sogar nach dorthin geheiratet hat, oder? Opa sagt, aus jeder Generation soll mindestens einer von uns nach Konoha einheiraten und mindestens einer jemanden aus Konoha nach Kumogakure holen. Tja, und Shinji-sama ist nun mal meiner." Sie seufzte tief. "Oh, es war Liebe auf den ersten Blick, als wir uns getroffen haben. Nicht, Shinji-sama?"
"J-ja! Liebe auf den ersten Blick! Dieses wunderschöne Wesen, heller als ein Sonnenstrahl, hat mich sofort in seinen Bann gezogen! Und Ihr riskiert eine Tracht Prügel, wenn Ihr sie nicht in Ruhe lasst!"
"Gero, es ist vielleicht wirklich keine schlechte Idee, wenn..."
"Schnauze, Amati! Machst du mich an? Machst du mich tatsächlich an? Und wer soll dir das denn glauben, Fettie, dass ausgerechnet Shinobu-chan auf dich steht?"
"Gero, ich denke wirklich, dass..."
"Schnauze, Amati! Ich werde dem Kerl eine reinhauen, dass er Zähne spuckt wie ein Wunschbrunnen! Und dann ist ein für allemal klar, wer hier mit Shinobu-chan zusammen ist!"
Shinji schnaubte verächtlich. "Du könntest heute sogar eine echte Chance haben, weil mein Arm noch nicht wieder verheilt ist, Bohnenstange. Aber ich würde mir von einem oder zwei deiner Freunde helfen lassen", sagte er gehässig. "Nur um auf Nummer sicher zu gehen, du verstehst?"
"Wenn du glaubst, dass ich..."
"Gero, ich denke wirklich, wir sollten jetzt..."
"Schnauze, Amati! Ich lasse mich jedenfalls nicht von einem Burschen, der zwei Jahre jünger ist als ich, vorführen und verarschen! Wenn er..."
"Mamoru Morikubo ist sein Sensei!", sagte Shinobu scharf. "Und er ist Gast des Raikages!"
Für einen Augenblick stockte der blonde Bursche. Doch dann ließ er seine Knöchel knacken. "Wenn er wirklich der Schüler von DEM Morikubo ist, dann kann er sich wehren!"
"Gero, das ist wirklich keine..."
"Schnauze, Amati!"
"Du hast eh keine Chance bei mir, du widerlicher Angeber. Mein Herz gehört nur Shinji-sama", stellte Shinobu in verächtlichem Tonfall fest.
"Ha!", machte Gero abwertend. "Das sagst du, wenn du mich haben kannst? Das glaube ich dir n..." Er verstummte und wurde reichlich blass.
Der Grund hierfür war das Mädchen, das Shinji den Kuss seines bisherigen Lebens gab, von dem er nur deshalb nicht in Ohnmacht fiel, weil er sich nicht entscheiden konnte, dies aus absolutem Glück oder aus grenzenloser Panik zu tun.
Als sie sich wieder vom Konoha-Nin löste, warf sie Gero einen amüsierten Blick zu. "Denkst du, ich könnte ihn einfach so küssen, wenn ich nicht völlig in ihn verliebt wäre?"
Entsetzt sah der Kumo-Genin die beiden an. Mehrere bange Sekunden vergingen. Plötzlich zog er ein Kunai. "Dann muss er eben sterben, der dreckige kleine..."
"GERO, LASS DAS!", brüllte ihm der Weißhaarige aus nächster Nähe ins Ohr.
"Schnauze, Amati! Warum sollte ich das tun?"
"Weil der da verdammt sauer aussieht! Und er trägt ein Konoha-Stirnband!" Amati riss den Kopf des Älteren herum, sodass er sehen konnte... Eine grüne Weste auf Augenhöhe. Zwei pelzige Arme, die in Krallen endeten, die sehr verwandt mit Dolchen zu sein schienen. Der Blick wanderte höher und offenbarte ein behaartes Gesicht mit einem wirklich scharf aussehendem Gebiss. Darüber zwei drohende Augen und ein Konoha-Stirnband. "E-ein Affenkrieger!"
"Gibt es hier Ärger, Shinji-sama?", fragte er betont gelassen, wobei er das Sama deutlich betonte.
Shinji fing sich als Erster wieder. "Nein, kein Ärger, Ryoga. Die Herren wollten gerade für immer aufhören, Shinobu-chan zu belästigen. Und sie wollten gerade gehen."
"Ist das so?", fragte der Affenkrieger mit knurrender Stimme.
Eifrig bestätigten die fünf Ryoga Shinjis Worte.
"Gut. DANN GEHT!"
Die fünf nahmen die Beine in die Hand und liefen davon, so schnell sie konnten.
Vor den Augen Shinobus und Shinjis verwandelte sich Ryoga wieder in seine Menschengestalt. "Verzeih, Shinji-kun, ich weiß, du wärst selbst verletzt mit ihnen Schlitten gefahren, aber ich wollte die Situation möglichst ohne Tote lösen."
"Du überschätzt mich, Ryoga-sensei. Ich hätte mich tapfer geschlagen, aber fünf auf einmal?", gab er verlegen zurück. "Danke, dass du mich und Shinobu-chan gerettet hast."
Der Affenkrieger lachte abgehackt. "Bist du dir da so sicher? Dies hier waren nur Genin. Weißt du nicht mehr, gegen wen du heute morgen gekämpft hast? Waren diese fünf auch nur annähernd so stark wie deine Gegner auf dem Hügel?"
"Nein, natürlich nicht, aber..." Verblüfft hielt er inne. "Ich bin stärker als ein Genin?"
"Das ist toll, Shinji-sama!", rief Shinobu glücklich.
Ryoga lachte kehlig. "Sagen wir, für einen Genin bist du ganz schön stark. Vor allem, wenn du jemanden hast, den du beschützen kannst." Er zwinkerte der Kumo-Kunoichi zu, woraufhin die errötete.
"Mamo-chan schickt mich. Ich soll auf euch aufpassen. Aber ich bezweifle, dass das nötig sein wird. Aber wenn ich schon mal hier bin... Was gibt es hier denn noch außer Kirschsoda und gefüllten Waffeln zu kaufen, Shinobu-chan?"
"Oh, heute ist Markt! Es gibt so viele leckere Sachen! Wir können uns ja was für den Weg mitnehmen! Und für heute Abend! Das wird toll, das wird so toll!" Das Mädchen griff nach Shinjis Hand und zog ihn mit sich. "Komm, Ryoga-sensei!"
"Eieieieieiei", machte der Affe. Er hatte die ganze Szene beobachtet und fragte sich jetzt... Nun, manche Frauen waren tatsächlich so sprunghaft. Oder meinte sie es ernst?
"Ach ja, danke, dass du mich Sama genannt hast. Ich weiß das zu schätzen, Ryoga", rief Shinji ihm über die Schulter zu. "Auch wenn du es nicht ernst gemeint hast. Aber es passte zur Täuschung!"
"Also, meines war ernst gemeint, Shinji-sama", sagte Shinobu mit einem strahlenden Lächeln, das den jungen Genin erneut erröten ließ. "Hiervon müssen wir mitnehmen! Tintenfisch in gebratenen Teigkugeln! Wir nennen sie Takoyaki! Und da hinten, das sind Dangos, die habt Ihr in Konoha doch auch, oder? Müssen wir noch was für Mai-chan und die Spinnenmädchen suchen, was sie besonders mögen?"
"Für Mai-chan reicht es, wenn es süß ist. Sie hat eh so einen flachen Blutzuckerspiegel", erwiderte Shinji.
"Was? Sie auch? Manchmal esse ich morgens ein Stück Schokolade, um fit zu werden."
"Das werde ich ihr weiterempfehlen. Einer muss ja auf meine Onee-chan aufpassen", verkündete Shinji stolz.
"Eieieieieiei", wiederholte Ryoga und beeilte sich, um den Anschluss nicht zu verlieren.
***
Ich klopfte an Mais Behandlungszimmer an. "Herein."
Leise trat ich ein, zur Ärztin gerichtet, die anscheinend damit fertig war, ihr eine Standpauke zu halten. "Das trifft sich gut, dass Sie kommen, Morikubo-san. Sie müssen unbedingt..."
"Mit meiner Genin sprechen. Das werde ich. Jetzt sofort. Sie können sich jetzt Ihren anderen Aufgaben widmen, Sensei."
Die Ärztin sah mich verblüfft an. Die Verblüffung wurde schnell zu Wut. Zumindest, bis sie mich ansah und die stumme Bitte in meinen Augen sah. "Nun ja, ich habe durchaus noch mehr zu tun. Komm morgen zur Kontrolle wieder, Mai-chan. Guten Abend, Morikubo-san."
Sie rauschte an mir vorbei und warf die Tür hinter sich zu.
Ich trat vor Mai und setzte mich auf den Hocker, den die Medi-Nin benutzt hatte. "Hey."
"Hey, Sensei", erwiderte sie, das Gesicht abgewendet. Ihre Rechte lag auf dem linken Unterarm. Sie hatte das Jutsu, das die Schnitte verbarg, erneuert.
"Mai-chan, wir müssen reden."
"So. Müssen wir das?", fragte sie trotzig. Ihre Rechte umklammerte den Unterarm fester.
"Ja, wir müssen. Was hältst du davon, wenn wir Kishio aus der Gruppe entfernen?"
Ich spürte leichtes Entsetzen von ihr ausgehen. Sie ließ den linken Unterarm los und sah mich an. "Wieso? Hat er was ausgefressen? Ist was mit ihm? Ist was passiert?"
Ich stutzte kurz bei dieser Reaktion. So hatte ich das nicht erwartet. "Äh, nein. Aber man hat mir zugetragen, dass du ihn nicht mehr in der Gruppe haben möchtest. Und bevor es zu Unfrieden in der Gruppe kommt, muss ich eine Entscheidung treffen."
"Aber so habe ich das doch gar nicht gemeint!", rief sie aufgebracht. "Sicher, ich habe ihm gesagt, er sei schuld und so! Und ich habe ihm gesagt, dass... Dass..." Sie stockte wieder. "Aber ich habe es doch zurückgenommen! Ich weiß doch, dass er gar nicht schuld ist! Er kann ja auch gar nicht schuld sein! Ich war ungerecht, okay, manchmal bin ich das eben! Aber deshalb will ich ihn doch nicht loswerden! Wirklich, ich mag Kishio!"
"Dann liegt das Problem woanders. Ich bin es wohl. Trainiere ich dich zu wenig? Vernachlässige ich dich?"
Sie sah wieder zur Seite, Tränen in den Augenwinkeln. "Nein, Sensei, es ist nur... Es ist... Schwierig."
"Gut. Ich mag keine einfachen Sachen. Erzähle es mir. Und dann sag mir auch gleich, was wir hiermit anstellen können." Ich berührte ihren Unterarm. "Kai."
Das Jutsu wurde unterbrochen und offenbarte mehrere Dutzend parallele Schnitte, die den Arm hinabliefen. Ich betrachtete die Schnitte genauer. "Weißt du, wenn wir noch im rechten Winkel schneiden, können wir alle Linien verbinden. Dann haben wir ein Gitternetz, und wenn uns im Einsatz langweilig wird, können wir auf den Linien Go spielen. Was denkst du?"
Gegen ihren Willen musste sie kichern. "Sensei, du bist unmöglich."
Ich lächelte zurück. "Es hängt beides zusammen, nicht? Es geht sehr wohl um Kishio, aber sicher nicht so, wie ich mir das gedacht habe. Und sicher nicht so, wie er es sich denkt. Der arme Kerl. Wenn ich mir vorstelle, dass er sich deine Worte zu Herzen genommen hat, tut er mir leid."
"Ich habe es zurückgenommen, menno", murrte sie trotzig, die Lippen zu einem Flunsch vorgeschoben und den Blick gesenkt.
"Ich bezweifle, dass das bei ihm angekommen ist. Mai-chan, Kishio ist wie ein verschrecktes Wild, das Menschen nicht gewohnt ist. Jedes falsche Wort, jeder laute Ruf verscheucht ihn, auch wenn du das gar nicht willst. Er hat so lange Zeit alleine überlebt, ohne dass ihm jemand geholfen hat. Bei uns hat er das erste Mal so etwas wie ein Team, eine Familie. Aber diese Familie steht auf tönernen Füßen. Und selbst wenn die Tonfüße nicht zerbrechen, so kann er es immer noch denken und von selbst hinabstürzen." Ich ergriff ihre Hände. "Mai-chan, ich weiß, was du durchgemacht hast. Ich weiß, wie schwer es für dich war, dich wieder aufzurappeln und den Weg des Shinobi erneut zu gehen. Ich kann nicht nachempfinden, wie schlimm die Schmerzen waren, wie sehr du dich geplagt hast und wie schwer die Zweifel wogen, es vielleicht nicht zu schaffen. Aber du hast es geschafft. Du hast alle Hindernisse erklommen. Wieder und wieder und wieder. Und du hast mit Kira und Shinji zwei Freunde, die für dich Freunde fürs Leben werden können. Du hast gesehen, am Tafelberg, als dein Chakra zuende ging, dass sie sich für dich geopfert hätten. Beide. Und im Gegenzug hast du Seite an Seite mit ihnen gekämpft, hast dich als Kunoichi Konohas mehr als bewährt. Du bist dadurch größer geworden, Mai-chan. Kishio ist der Neue in der Konstellation, und du bist seine Sempai. Du musst auf ihn achtgeben, für ihn da sein. Du musst ihm zeigen, was du alles gelernt hast, als das Schicksal dich geprüft hat. Deine Ausdauer, deine Geduld, deine innere Stärke, die du erlangt hast. Ach, und die äußere Stärke. Von allen dreien bist du diejenige, auf die Kishio am meisten hört. Du bist seine Vertraute. Obwohl er immer noch mit deinen Worten kämpft."
"Meinst du wirklich?", fragte sie leise, den Blick noch immer gesenkt. "So habe ich das gar nicht gesehen. Und ich wollte meine Wut auch nicht an ihm auslassen. Aber ich dachte halt, du ersetzt mich bestimmt durch ihn, wenn ich wieder einen Fehler mache."
Ich sah ihr in die Augen, und das reichlich entgeistert. "Das glaubst du doch nicht wirklich." Schallend begann ich zu lachen.
"Lach mich nicht aus, Sensei", murrte sie. "Ich habe das ernst gemeint."
"Mai", sagte ich zwischen zwei Lachanfällen und einem Glucksen, "nichts und niemand kann dich aus deiner Gruppe entfernen. Okay, das Chunin-Examen, oder ein Einsatzbefehl für eine Solo-Mission. Schlechtes Beispiel. Niemand kann dir deinen Platz in Team dreizehn nehmen. Niemand. Ihr drei wurdet so aufgestellt und in dieser Aufstellung bleibt Ihr zusammen. Du, Shinji und Kira. Ihr seid der Kern und das Herz der Truppe. Man kann euch nicht austauschen, nicht auseinanderreißen. Ihr seid ein Team. Nicht einmal der Tod kann das ändern. Weißt du, als ich in Team drei war, damals, als Genin frisch von der Akademie, genau wie du heute, da habe ich unglaublich viele Fehler gemacht, unglaublich viel Mist angestellt. Ich schien irgendwie linke Füße zu haben. Aber es hat mir keine Angst gemacht. Weißt du auch, warum? Mein Sensei, Gekko Hayate, hätte mich nie aus seinem Team geworfen. Er war immer für mich da, besaß eine Engelsgeduld und unendliches Vertrauen in mich. Das stärkte mich so sehr, dass ich trotz meiner Unsicherheit meinen ersten richtigen Kampf auf Leben und Tod gewann. Ich verdanke meinem Sensei so viel, was ich ihm niemals wiedergeben kann. Aber ich kann es an meine Genin weitergeben, und du und Kira und Shinji, Ihr drei seid die Genin, denen ich all das gebe, was mir Hayate-sensei gegeben hat. Und so, wie ich immer meinen Platz in Team drei haben werde, so wirst du immer deinen Platz in Team dreizehn haben."
Übergangslos ließ sie meine Hände los und umarmte mich. Sie schluchzte leise, während sie ihr tränennasses Gesicht an meinen Hals drückte.
Ich wusste, das war nur ein erster Schritt auf dem richtigen Weg. Es war mein Fehler gewesen, nicht zu sehen, dass ihr Selbstbewusstsein noch mehr Aufbau benötigte; aber wer hätte das auch gedacht, nachdem er sie gesehen hatte, in zwei Schlachten und dem Spiel Genin gegen Genin. Vorsichtig drückte ich sie an mich, um ihre Verletzung zu schonen. So blieben wir einige Zeit, in der sie nur schluchzen und weinen konnte. Auch ich war einmal so gewesen, und damals war es Gekko gewesen, der für mich da gewesen war, bis die Tränen nicht mehr geflossen waren. Und er hatte nie etwas darüber gesagt, nicht zu Karin, nicht zu Hana-chan. Allerdings hatte ich die Vermutung, dass er Uzuki-sensei sehr wohl etwas gesagt hatte. Die ANBU musterte mich seitdem ab und zu so... Erwartungsvoll?
Als sie sich beruhigt hatte und mein Hemd aus Spinnenseide kräftig mit salzigen Tränen getränkt worden war, beschloss ich, einen kleinen Scherz zu machen. "Also, verbinden wir die Linien jetzt?Und was spielen wir dann? Go, oder doch lieber Shogi? Wir können auch Dschunken versenken spielen..."
Wieder musste sie gegen ihren Willen lachen. "Sensei...", mahnte sie mich, und ich lächelte darüber.
"Ich glaube", sagte sie mit leichtem Nachdruck in der Stimme, "wir müssen was dagegen tun, dass Kishio nur hört, was negatives zu ihm gesagt wird."
"Unbedingt."
"Und ich glaube, ich rücke ihm lieber mal den Kopf gerade. Nur weil ich ein kleines bisschen sauer war, will ich ihn doch nicht wegjagen. Ich sollte die nächsten Tage mit ihm arbeiten. Kannst du das einrichten?"
"Klar."
"Ich werde mich entschuldigen, aber diesmal so, dass er mich auch versteht und dass es hängenbleibt. Ich schätze, das bedeutet es, ein Sempai zu sein, oder?"
"Genau."
"Sensei?"
"Ja?"
"Können wir noch ein wenig so bleiben?"
Wieder huschte ein Lächeln über mein Gesicht. "Natürlich können wir das, Mai-chan."
Ich hielt sie noch gut zehn Minuten, bis sie sich wieder gut genug fühlte, um es mit der Welt aufzunehmen. Und die Welt war unvorbereitet.
***
Als Anne mit Hikaru Gosunkugi das Krankenhaus betrat, suchte sie vergeblich nach ihrem Sempai im Affenbeschwören. Auch Kira, einer der neuen Lehrlinge ihres auserwählten großen Bruders, konnte sie nur bis zu Mai, dem Mädchen der Gruppe, zu Ryoga-chan und zu Kuzoko bringen, der großen Schwester von Kiras beschworenen Begleiterin Kuzomi. Mamo-chan war wie vom Erdboden verschluckt. Perine begann ihn daraufhin zu suchen, aber er war auch nicht bei Kishio, der neben seinem ehemaligen Leibwächter und vielleicht letztem Überlebenden der Moeru schlief. Schließlich aber nahm sie seinen Geruch auf und führte die Gruppe bis an eine Tür, auf der Betreten verboten stand. "Mamo-chan, bist du hier?"
"RAUS!"
Erschrocken fuhr die Affenkriegerin zusammen. Das hatte nicht ihr Kontraktpartner gebrüllt, wohl aber Yugito Nii, Jounin Kumogakures und Gefängnis und Beherrscherin eines Biju, des Nibi. Und ihre Stimme hatte die Drohung enthalten, dieses Biju einzusetzen, wenn Perine nicht gehorchte. Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich um und riss die Tür wieder zu. Mit hastig klopfendem Herzen lehnte sie gegen die Tür.
"Das war doch Yugito-chan, oder?", fragte Ryoga stirnrunzelnd. "Warum hat sie dich so angefahren? Hat sie etwa...?" Der Affenkrieger errötete bis über beide Ohren. "Haben sie und Mamo-chan etwa...?"
P-chan gab ihm einen Klaps hinter die Ohren. "Dummkopf! Meinst du, dann hätte mich selbst Nibi davon abgehalten, in den Raum zu stürzen und Mamoru die Ohren langzuziehen? Nein, sie reden nur, aber die Atmosphäre ist... Unglaublich angespannt. Ich schätze, es ist am Besten, wenn wir hier warten." Das erwies sich als gute Entscheidung. Selbst Anne beschwerte sich nicht. Sie hatte die Stimme gehört, und noch immer hatte sie eine Gänsehaut. Diese Frau gehörte definitiv zu denen, die man besser nicht verärgerte.
***
Als Yugito-chan eintraf - merkwürdig, es erschien mir gar nicht so lange her, dass ich sie Nii-sensei genannt hatte - begrüßten wir uns mit einer knappen Umarmung und einem rituellen Kuss auf die Wange. Auch wenn ich die letzten Jahre nicht in Kumogakure unterwegs gewesen war, ein paar gemeinsame Einsätze hatte es gegeben, und in einem davon hatte ich mit ihr zusammengearbeitet. Und wenn man sich gegenseitig das Leben rettet, mehrfach, kommt man sich automatisch näher. Wir waren, nun, Freunde. Und ich glaube, diese Freundschaft tat ihr gut. "Wo können wir reden?", fragte sie, plötzlich angespannt. "Alleine."
Durch ihre Anspannung verunsichert fragte ich nach. Und so stellte man uns schließlich einen Raum zur Verfügung, den normalerweise nur Mitarbeiter betreten durften. Selbst wir durften nur hinein mit der strengen Auflage, außer den Stühlen, die man uns hineinstellte, nichts anzufassen. Es war ein Labor zur Auswertung von allerlei Proben, und es war richtig vollgestopft. Wir fanden kaum Platz für uns selbst. Ich setzte mich rittlings auf meinen Stuhl und sah Yugito erwartungsvoll an. "Also, leg los. Warum hielt es Kirabi-sama für besser, wenn wir miteinander reden, bevor eine Entscheidung bezüglich der Moerus fällt?"
Die Kumo-Nin errötete kräftig. Ein netter Kontrast zu ihren blonden Haaren, wie ich fand. Sie setzte sich auf ihren normal aufgestellten Stuhl, schloss die Beine, kippte sie nach links und legte die Hände gefaltet in den Schoß. Das war schon ein Kontrast zu der breitbeinig sitzenden, sich auf die Schenkel klopfenden und schweinische Witze erzählenden Frau, die sie vor anderthalb Jahren gewesen war. Nach Ende unserer Mission. Sie wirkte verlegen, nein, das war nicht richtig, sie war regelrecht durch den Wind. "I-ich... Nun, Kumogakure hat Interesse an Kishio Moeru. Und das nicht erst, seit er eingetroffen ist. Wir beobachten ihn etwa seit eindreiviertel Jahren. Das heißt, wir versuchen es, aber es ist schon schwierig genug, das Gebiet zu finden, in dem er sich eventuell aufhält. Er ist ziemlich gut mit seiner typischen Moeru-Kunst, der Ortung."
Ich runzelte die Stirn. "Gut, ich nehme das zur Kenntnis. Aber Ihr könnt ihn nicht haben. Er steht in meiner Schuld und ich werde mein Möglichstes tun, um ihm ein so normales Leben wie nur irgend möglich zu bereiten. In Konoha, Yugito."
"Das darfst du nicht!", sagte sie ärgerlich und sah mir unnachgiebig in die Augen.
"Und warum nicht, meine blonde Perle aus Kumo?"
"W-weil ich mit ihm geschla..."
"Mamo-chan, bist du hier?", klang P-chans Stimme durch die Tür auf, als sie sie öffnete, um einzutreten.
Yugito wurde puterrot vor Entsetzen, Scham und Wut. "RAUS!", blaffte sie in einem Tonfall, den sie bisher erst einmal in meiner Gegenwart angewendet hatte. Und mit dieser Stimme hatte sie einen gestandenen, vierzigjährigen Shinobi zum Heulen gebracht. Ich konnte nicht anders, ein Stückchen beugte ich mich vor ihr zurück.
Die Tür klickte. Die Junchiriki entspannte sich merklich. "Steht sie noch draußen?", fragte sie argwöhnisch.
Ich überprüfte das. "Sie sind zur Sitzgruppe zwanzig Meter den Gang runter gegangen."
Erleichtert atmete sie aus. "Gut. Wie ich schon sagte, wir wollen Kishio Moeru. Weil ich... Weil ich... ein persönliches Interesse an ihm habe." Sie errötete erneut bis unter die Haarspitzen. "Kein romantisches, wirklich nicht! N-nicht nur. I-ich denke aber, dass er das bestmögliche Leben führen sollte, und das kann er hier in Kumo. Zusammen mit dem anderen Moeru."
"Shinpachi."
"Ah, danke. Willst du ihm dieses Leben nicht gönnen, Mamo-chan?"
Ich zog die Stirn wieder glatt und rieb mein Kinn. "Du hast also mit ihm geschlafen?"
"Haaaaaaaaaaaa! Mamo-chan!"
"Hast du gedacht, ich habe das wegen P-chan überhört?" Ich grinste breit. "Nun aber mal raus mit der ganzen Geschichte."
Verzweifelt sah sie mich an. Dann aber seufzte sie und senkte den Blick. "Okay. Die ganze Geschichte. Du weißt, dass es eine Menge Gerüchte über die Moerus gibt, nicht?"
"Klar. Ich habe ein Dossier von Tsunade-sama erhalten, das vor Gerüchten über sie nur so wimmelt. Die gesicherten Erkenntnisse betreffen ihre außergewöhnlichen Ortungsfähigkeiten und ihre Abstammung vom Uzumaki-Clan. Einige Details bleiben unerwähnt, aber über Kishio kann ich sagen, dass er über eine unerschütterliche Loyalität verfügt. Außerdem versteht er sein Geschäft. Wenngleich er ein Rohdiamant ist, der dringend etwas Schliff braucht."
"Es gibt auch das Gerücht, dass sie mit ihrem Chakra töten können. Sogar auf große Entfernungen und so. Und Kirabi-sama hat mir von seinem Verdacht erzählt, dass Moerus nur mit ihren Gedanken kommunizieren könnten. Äh, das war der Schluss, den er aus der Situation zog, als Kishio beim Betreten von Shinjis Krankenzimmer mit ihm zu reden schien."
"Shinpachi. Ich bestätige das. Über eine gewisse Entfernung können zwei Moerus mit ihren Gedanken kommunizieren. Ein Umstand, der ihm einigen Ärger eingebracht hat. Shinpachi jetzt. Als Orochimaru mit Itachi Uchihas Hilfe sein Dorf zerstörte, war er in den Gedanken jedes einzelnen Bewohners, der starb oder getötet wurde. Das muss die Hölle gewesen sein."
Sie nickte verstehend. "Jedenfalls mussten wir herausfinden, wie gefährlich er ist. Du weißt, gefährlich zu sein steht bei uns Shinobi bereits in der Berufsbeschreibung, also ist das nicht wirklich ein Kriterium. Aber wie gut hat er sich unter Kontrolle? Ich habe das getestet."
"Indem du mit ihm geschlafen hast?"
"Mamo-chan! Es war ein Auftrag!"
Ich lachte leise. Sie war ja so leicht dranzukriegen. "Erzähl weiter."
"Es war schwierig, ihm dichtauf zu bleiben. Viel zu oft verschwand er einfach hier und tauchte dort wieder auf. Er war nicht zu fassen, wie ein Geist. Das erklärt wohl, warum er immer noch lebt und auch Orochimaru nicht in die Hände gefallen ist." Yugito seufzte. "Also habe ich die Suchtrupps zurückgezogen und etwas Unerwartetes gemacht. Ich habe ihn mich finden lassen." Ein dünnes Grinsen huschte über ihr Gesicht. "Es war Winter, es war bitterkalt und er hat nicht lange gefragt, als er eine einsame ältere Frau irgendwo in einer einsamen Waldhütte traf, die ihn vor den warmen Kamin ließ, wenn er versprach, sich zu benehmen. Damals habe ich ihn persönlich konfrontiert, weil ich mir als Jinchuriki die besten Chancen ausrechnete, seine Angriffe zu überleben. Und um ihn über meine wahre Natur zu täuschen, benutzte ich das Trugbild einer Älteren. Er hat wirklich niemals danach gefragt, wie ich alleine da draußen all die Zeit überlebt habe. Es gibt einige Alleinstehende in der Gegend, weit verstreut, aber sie wohnen selten alleine. Die Hütte selbst war verlassen. Ich ließ sie von meinen Leuten wiederherrichten und wohnlich machen. Bei der Gelegenheit ließ ich gleich ein Bad anbauen. Ich liebe Bäder."
"Ich weiß", erklärte ich grinsend.
"Mamo-chan, bitte. Wärm jetzt keine alten Geschichten auf."
Ich lachte amüsiert, aber verhalten. "Weiter im Text, Yugito."
"Jedenfalls setzte ich ihn behutsam, aber nachdrücklich unter ein Genjutsu, das seinen Sinn für Realität etwas... Nun, umformte. Dadurch brauchte ich mich nicht mehr zu tarnen, und er vergaß nach und nach seine Fähigkeiten einzusetzen, obwohl er glaubte, er würde sie noch benutzen. Als dieser Schritt für meine Sicherheit getan war, setzte ich ihn mehrfach unter Trance und befragte ihn vorsichtig. Aber in seinen Worten fand ich nichts, was gegen ihn sprach. Er war einsam, verlassen und auch ein wenig verzweifelt, aber er war kein Soziopath. Oder gar eine Gefahr für jemand anderen. Außer, du warst ein Kopfgeldjäger, oder es war ein Preis auf deinen Kopf ausgesetzt."
"Ja, das erklärt das Preisgeld, das er vor zwei Wochen für zwei Strauchdiebe kassiert hat", sagte ich, leidlich amüsiert.
"Später testete ich seine körperlichen Grenzen und auch seine psychischen. Ich ließ ihn Dinge tun, die er hasste, um zu sehen, wann er... Nun, ausflippte. Aber das tat er nicht. Das tat er nie. Er hatte sich immer im Griff. Und dann... Nun, es war mitten im Winter, wir waren allein und er ist wirklich ein lieber, lieber Junge. Da ist es halt passiert und ich habe ihm nicht nur suggeriert, wir würden miteinander schlafen, wir taten es auch. Aber immerhin habe ich ihm das von vorneherein gesagt. Wenn er bei mir unterkommen will, muss er auch mein Bett wärmen." Sie seufzte. "Viel Erfahrung hatte er ja nicht, aber in den kalten Nächten war es durchaus ein Vergnügen."
"Gut, ich verstehe die menschliche Seite. Aber was willst du jetzt tun? Ihm verraten, dass du die alte Frau von damals bist, dass du dich in ihn verliebt hast und mit ihm zusammensein willst?"
"Nein! Oh nein, das hast du falsch verstanden, Mamo-chan! Ich habe mich doch nicht verliebt. Er ist ja ganz knuffig und so, aber der Altersunterschied ist doch ein wenig groß. Ich habe nur ein Gefühl der Verantwortung für ihn entwickelt. Ich wollte, dass der arme Junge ein Leben kriegt. Als der Winter vorbei ging, entließ ich ihn aus dem Jutsu, vollgestopft mit nicht ganz so korrekten Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Ich war mir sicher, ich könnte ihn wiederfinden, auch wenn es anstrengend werden würde. Anschließend kehrte ich nach Kumogakure zurück, um den Rat zu überzeugen, dass wir Kishio in unsere Reihen aufnehmen sollten. Aber du kennst ja diese Bürokraten und Paragraphenreiter. Sie sagten: "Wenn er von selbst kommt, zeigt er uns, dass er tatsächlich in Kumogakure leben will. Ansonsten nein." Und was soll ich sagen? Er ist von selber gekommen, bevor ich ihn finden und ihm ein geheimes Angebot machen konnte. Du versaust mir das doch nicht, oder, Mamo-chan?"
Nachdenklich musterte ich Yugito. Ich kannte sie, sogar recht gut. Und ja, ich mochte sie. Ich verstand auch ihre Beweggründe, wenngleich ich nicht glauben konnte, dass ihr Verantwortungsgefühl der einzige Grund war. So ein klitzekleines bisschen musste sie sich auch in den Rotschopf verknallt haben, auch wenn sie es sich nicht eingestand. Außerdem schuldete ich ihr mindestens ebenso oft mein Leben, wie sie mir ihres schuldete. Aber das war eigentlich eine andere, kurze, aber verdammt heftige Geschichte gewesen.
Ich schlug beide Hände auf meine Oberschenkel und erhob mich. "In diesem Fall müssen wir vor allem darüber entscheiden, was das Beste für Kishio und Shinpa-chan ist. Ich denke, es dürfte ihn schwer treffen, wenn ich ihn gegen seinen Willen hier ließe. Er vertraut mir, weil ich ihm die Normalität wieder zurückgegeben habe." Ich überdachte das Argument. "Und ein paar Kämpfe noch obendrein, aber hey, wir sind Shinobi. Ich sträube mich aber nicht dagegen, dass Kishio und Shinpa-chan ein offizielles Angebot von Kumogakure erhalten. Tatsächlich habe ich eine Eildepesche an Tsunade-sama geschickt und um uneingeschränkten Rückhalt des Amts der Hokage in diesem Fall gebeten. Sollte sie mir diesen Rückhalt nicht geben können, unterstütze ich Kumogakure."
Sie sah mich aus großen Augen an. "Klingt fair, Mamo-chan."
"Wie ich schon sagte: Ich entscheide im besten Sinne von Kishio. Du weißt, wie man in Konoha unseren Jinchuriki behandelt. Ich möchte so etwas nicht einmal ansatzweise für Kishio und Shinpa-chan. Sie sind nicht annähernd so gefährlich wie der Kyuubi, aber Gerüchte und Vorurteile entstehen schnell, obwohl es weit tödlichere Shinobi gibt."
"Das verstehe ich. Und, Mamo-chan, du bist ein guter Mensch." Sie erhob sich ebenfalls und schloss mich in die Arme.
"Du zerstörst gerade mein Image als brutaler Killer und Meister von eintausend Kampfkünsten", beschwerte ich mich lachend.
"Eintausend Kampfkünste? Willst du deinem Sensei nacheifern und auch Professor genannt werden?", lachte sie.
"Das ist besser als mein derzeitiger Name. Weißt du, wie sie mich nennen? Den..."
"Ewigen Chunin", sagte sie kichernd. "Und ich finde, der Name passt besser zu dir als Professor."
"Okay. Irgendwo muss die Legende von Mamoru Morikubo aus Konoha ja beginnen", erklärte ich grinsend. "Nicht, dass ich eines Tages auf mein Leben zurückblicke und keine Legende geworden bin."
Yugito hielt mich ein Stück von sich entfernt, bevor sie sich von mir löste. "Na, na. Da steckt sich aber jemand hohe Ziele. Bei unserem gemeinsamen Einsatz hat das aber noch ganz anders geklungen. Wächst du etwa, Mamoru Morikubo?"
Ich zuckte die Achseln. "Es heißt wachsen oder sterben, Yugito. Ich habe mich fürs wachsen entschieden. Komm, gehen wir wieder raus. Ich muss heute noch einiges klären, fürchte ich."
"Da bleibt aber noch eine Sache. Eine persönliche Bitte", sagte sie, die Hand auf der Tür, die ich gerade öffnen wollte.
"Wie persönlich?"
"Recht persönlich. Aber wie ich finde, erfüllbar, Mamo-chan."
"Okay, raus damit. Du weißt, ich schlage dir nie etwas ab."
"A-aber es ist doch recht persönlich..."
"Yugito... Sag es endlich."
Verlegen sah sie mich an, bevor sie den Blick abwandte. "Ka-kannst du nicht mal mit Omoi reden?Er lässt mich niemals nie Aki-chan halten, weil er sagt, ich bin zu ungeschickt und lasse ihn fallen. Aber ich finde, er begluckt Aki-chan so sehr, dass es dem Kleinen auch nicht guttut. Und du bist doch sein Vater... Ja?"
Ich schlug mir mit der flachen Hand vor die Stirn. Natürlich, NOCH ein Problem. Wie bekam ich meinen Sohn von Omoi wieder zurück? Der Junge hatte leider augenscheinlich viel Erfahrung mit kleinen Kindern und kümmerte sich hervorragend um ihn, während ich zu tun hatte. Aber würde er ihn auch wieder rausrücken? "Natürlich darfst du ihn mal halten", versprach ich lächelnd und öffnete die Tür. Als ich auf den Gang hinaustrat, klang eine mir sehr vertraute Stimme entgegen: "Papapapapapa!"
Ich musste lachen. "Und wahrscheinlich früher als du denkst, Yugito."

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