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Ace Kaiser Ace Kaiser ist männlich
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Themenstarter Thema begonnen von Ace Kaiser
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So leicht war die Welt in Ordnung zu bringen. Nachdem ich den kleinen Mann für eine kurze Zeit auf den Armen gehalten hatte, hatte ich ihn an Yugito übergeben, die ihn mit sichtlicher Wonne aufgenommen hatte. Ihr scherzhaftes "Kann ich ihn behalten?" hatte allerdings einen Blick voller Todesdrohungen von meinem selbsternannten großen Bruder Omoi ausgelöst, der sich verhielt wie ein nervöser Wachhund. Ich wusste nicht, was Aki-chan an sich hatte, aber bisher hatte ich angenommen, es würde nur auf Mädchen wirken. Es wäre interessant herauszufinden, inwieweit auch Tsunade-sama auf ihn reagierte. Wahrscheinlich würde ich das herausfinden, und zwar früher als mir lieb sein würde.
"Ich denke", sagte ich nach einiger Zeit, "wir sollten jetzt zu den Yamadas gehen. Shinobu-chan, bist du so gut und führst uns?"
"Natürlich, Sensei!", sagte sie mit solch einer Betonung auf das Wort Sensei, dass ich innerlich stutzte. Gut, mein Personengedächtnis war noch nie das Beste gewesen, aber auch nicht so schlecht. Und wenn ich mir die Kunoichi genauer betrachtete, kam sie mir doch bekannt vor. Und das lag nicht alleine daran, dass sie Kira so ähnlich sah, dass sie Geschwister sein konnten. Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Es war fast vier Jahre her, dass ich zur Chunin-Prüfung hier gewesen war. Damals musste sie acht oder neun gewesen sein. Dann dieses auffallende Goldhaar. Ich schmunzelte. "Shi-chan, ich habe dir doch Taijutsu beigebracht, richtig?"
Sie atmete sichtlich aus. "Endlich. Und ich dachte schon, du erinnerst dich nicht mehr an mich." Sie lächelte mich an. "Gut, dass du die Kurve gekriegt hast, bevor ich dich dran erinnern musste."
"Dann kenne ich auch deine Familie. Zumindest deinen Großvater", stellte ich schmunzelnd fest, vor allem, um von mir abzulenken. "Hat mich ganz schön rumgescheucht, der Gute."
"Ja, das hat er erzählt." Sie lächelte noch immer, ergriff Shinji bei der Rechten und zog ihn den Flur hinter sich her.
"Äh, hey. Hey!", protestierte Kira und wollte ihnen hinterher.
Ich lachte leise und folgte ihnen mit den anderen. Dann wandte ich mich an P-chan. "Bleib bitte hier und bring uns Kishio, sobald er aufgewacht ist."
"Ist gut, Mamo-chan. Besser, er schläft noch eine Weile, oder?" Sie lächelte verschmitzt.
"Ja. Der Gute ist vollkommen verausgabt. Wenn er sogar keine Kraft mehr hat, sein Henge aufrecht zu erhalten und man seine Tätowierungen sieht... Und dann muss ihn das Gefühl, seinen großen Bruder wiedergetroffen zu haben, vollends von den Füßen gerissen haben."
"Hallo, Mamo-chan", sprach mich Kakashi-sensei aus einem Nebengang an, während wir ihn passierten.
"Hallo, Sensei. Wie gesagt, bring ihn rüber, sobald er aufwacht und sorge auch dafür, dass Shinpa-chan rübergeholt wird, sobald er transportiert werden oder selber gehen kann. Hikari, kannst du dabei helfen?"
"Hey!", beschwerte sich Anne lautstark. "Warum muss das mein Affenkrieger machen? Du hast doch Ryoga-chan bei dir, und den hast du mir auch noch geklaut. Dabei sollte er exklusiv für mich zu beschwören sein", sagte sie schmollend. "Nichts gegen dich, Gosunkugi-kun. Du bist ein guter Krieger und Freund."
"Habe ich so auch nicht aufgefasst", sagte der Affenkrieger mit dem übernächtigt aussehenden Menschengesicht. Wer die zierliche, beinahe zerbrechliche Gestalt betrachtete, konnte fast nicht glauben, dass er in seiner Kampfgestalt einer der mächtigsten Nahkämpfer des Affenclans war.
Ich lachte. "Weil ich dein Sempai bin und... Moment mal, Kakashi?"
Entsetzt warf ich mich herum und eilte den Gang wieder zurück. Im Seitengang stand tatsächlich der berühmt-berüchtigte Copy-Ninja Konohas.
"Junge, Junge, hast du heute wieder eine lange Leitung, Mamo-chan", beschwerte er sich bei mir, während er eine Akte durchging. "Ich dachte schon, du ignorierst mich absichtlich."
"Tut mir leid, Sensei. Ich habe gerade sehr viel um die Ohren und außerdem auch noch den Verdacht, dass der Raikage meine Genin absichtlich in Lebensgefahr gebracht hat, um eine Konoha-feindliche Fraktion in Kumo auszuschalten, und..." Ich legte den Kopf schräg. "WIR haben damit doch nichts zu tun, oder?"
Kakashi Hatake wedelte mit der rechten Hand. "Nicht im Geringsten. Und das wüsste ich aber. Hallo, Kira. War die Reise bisher spaßiger als der anschließende Krankenhausaufenthalt?"
"Kann nicht klagen, Onkel", sagte der blonde Genin. "Hier, das ist Kuzomi, meine temporäre Kontraktpartnerin des Spinnenclans." Stolz schob er sie einen halben Schritt vor.
Das Spinnenmädchen wurde schrecklich rot. "Hatake-sama, ich bin hocherfreut, dich kennenzulernen! Kira-sama hat mir ja so viel von dir erzählt, es ist mir eine Ehre!"
"Freut mich auch, dich kennenzulernen. Es ist eine kleine Ewigkeit her, dass ich jemandem vom Spinnenclan begegnet bin. Ist Hino-chan mittlerweile Clanchefin, wie es ihr Vater geplant hat?"
"J-ja, Hatake-sama! Sie ist meine Mutter!" Wieder verneigte sie sich.
Kakashi sah Kuzoko an. "Du bist auch vom Spinnenclan, oder?"
"Ja, Sensei", sagte sie und verbeugte sich ebenfalls vor ihm. "Ich bin die ältere Schwester und habe einen provisorischen Kontrakt mit Mamoru-sensei."
Kakashi lächelte und legte die Rechte an den Hinterkopf. "Ach, jetzt auch mit den Spinnen? Mamo-chan, du kannst doch schon vier Affen gleichzeitig beschwören. Kommen da jetzt auch noch die Spinnen dazu? Und wirst du dann noch einen anderen Clan in deine Liste aufnehmen? Wie stark willst du denn noch werden?"
Ich grinste schief. "Wie Kuzoko schon gesagt hat, es sind provisorische Verträge, um Kiras Tauglichkeit als Kontraktpartner zu prüfen. Kuzoko ist die Kontrollinstanz. Aber das hatte ich alles in meinem Bericht geschrieben", stichelte ich.
"Ich weiß, ich weiß. Und darum bin ich auch hier. Und hätte ich gewusst, dass dir und deinen Genin so ein Scheiß bevorsteht, wäre ich einen Tag früher gekommen und hätte Kirabi-sama begleitet. Aber ich bin leider gerade erst angekommen. Sai hat mich hergeflogen."
"Sai-kun?" Sofort stand das Bild des leichenblassen, schwarzhaarigen ANBU-NE vor meinem inneren Auge, der mit ein paar Pinselstrichen eine ganze Luftflotte herbeizaubern konnte. "Er ist in der Stadt? Ich würde mich freuen, ihn wiederzusehen."
"Oh, er hat Freizeit. Und laut eigenen Worten bemüht er sich, dir aus dem Weg zu gehen, weil du so "anstrengend" bist. So waren seine Worte."
Ich verkniff mir ein Lachen. Na, da hatte ich doch eine weitere Emotion aus ihm hervorgelockt: Unmut. "Also sind wir jetzt noch zwei mehr?", fragte ich.
"Du meinst wegen der Unterbringung bei den Yamadas? Das stimmt. Aber erstens ist bei Jin genügend Platz im Haus und zweitens gehöre ich zur Familie. Es war kein Problem für uns. Außerdem ist es nur für eine Nacht. Tsunade-sama erwartet meinen Bericht so schnell wie möglich."
"Was ist denn jetzt? Kommt Ihr?", rief Shinobu den Gang hinab.
Ich wandte mich ihr zu. "Shi-chan, könnt Ihr ein oder zwei Stunden über den Markt bummeln, aber diesmal ohne einen Massenauflauf?" Ich steckte Kira ein paar Ryou zu. "Kauft euch was Schönes. Hikari, Anne, Ihr könnt euch auch was kaufen." Bei diesen Worten steckte ich auch meiner Kohai ein paar Münzen zu. "Ryoga, Kuzoko, P-chan, ich glaube, wir haben was mit Kakashi zu besprechen. Und das wird sehr langweilig werden."
"Hm. Wer's glaubt", murrte Anne und wog das Geld in ihrer Hand. "Allerdings habe ich gerade Hunger und ein wachsendes Mädchen kann immer ein paar Kalorien gebrauchen. Gehen wir Schokobananen essen, Gosunkugi-kun. Sempai, gib mir bitte Aki-chan. Es ist ohnehin Zeit für sein Essen. Und ja, Omoi, du darfst helfen."
Erleichterung machte sich auf dem Gesicht des Kumo-Nin breit.
"Äh, Mamo-chan, brauchst du mich? Ich meine...", begann Yugito.
"Was das angeht, könnt Ihr ruhig alle gehen. Der Raikage wird jeden Augenblick zu uns stoßen. Wir werden einiges zu besprechen haben, denke ich." Mit diesen Worten hob er die Akte hoch, in der er geblättert hatte. "Eine ganze Menge sogar."
"Ich kann es kaum erwarten", erwiderte ich. Mir war klar, dass sich die Zukunft von Kishio und Shinpachi hier und jetzt entschied. Und viel hing dabei von mir ab.
***
Auf dem Weg zum Markt, der eigentlich ein angenehmer Bummel werden sollte, ging Anne sofort in die Offensive. "Okay, wer will mit Aki-chan Gehübungen machen?"
Omoi war sofort an ihrer Seite. "Ich kann das. Ich mach das. Habe ich auch schon für meinen Neffen gemacht."
"A-aber ich bin eine ausgezeichnete Lehrerin", wandte Yugito ein. "Außerdem bin ich Jounin."
Die Blicke der beiden trafen sich wie zwei Blitze.
Hikari Gosunkugi seufzte und nahm den kleinen Jungen aus Annes Händen. "Ich fürchte, bevor er Gehübungen machen kann, müssen wir erst einmal seine Windeln wechseln. Möchte das vielleicht jemand übernehmen? Dachte ich mir, dass das nicht sofort auf große Liebe stoßen würde."
"Habe ich leider noch nie gemacht", sagte Yugito betreten. "Aber ich helfe."
"Sorry, aber ich weiß noch, wie das riecht", sagte Omoi.
"So. Wenn es ernst wird, drückst du dich also", tadelte die Jounin, deutlich Oberwasser verspürend.
"Sagen wir, ich kenne meine Grenzen. Da drüben ist eine öffentliche Toilette mit Wickeltisch. Und dort drüben gibt es die Schokobananen. Wir treffen uns da - in zweieinhalb Bananen etwa."
Für einen Moment schien Yugito mit sich zu kämpfen, dann aber folgte sie dem Affenkrieger zum Wickeltisch, überzeugt, den besseren Handel gemacht zu haben.
"Zum Glück sind die Mädchen nicht hier", murmelte Omoi und meinte damit sowohl Karin und Hana-chan als auch Samui und Karui. Selbst ein erfahrenes Kleinkind wie Akira wäre bei der geballten Betüddelei der vier Frauen überfordert gewesen. Garantiert.
"Kommt schon. Ich gebe einen aus. Dann könnt Ihr das Geld von meinem kleinen Bruder für Cola und Kekse ausgeben", sagte er. Mit einem Lächeln schritt er voran. Dabei rotierte ein Lutscher in seinem Mund. Erdbeere. Der Nächste würde Zitrone werden.

Mittlerweile ging Anne neben Mai einher. Die junge Kunoichi aus Tsukigakure musterte Mai Kobashi mit unverhohlenem Unmut.
Mai indes wandt sich immer mehr unter dem mehr als unangenehmen Blick. Und dem Druck. "Anne... Chan? Ist etwas? Habe ich was im Gesicht?"
Die Tsuki-Nin schnaubte ärgerlich aus. "Nur damit du es weißt: Ich bin hier die einzige kleine Schwester von Mamo-chan. Wir sind zusammen durch die Hölle gegangen, haben Kabuto gejagt ud ein Versteck Orochimarus geplättet! Wenn du das erlebt hast, dann können wir weiterreden!"
Empört blies Mai die Wangen auf, die beträchtlich erröteten. "Ich will gar nicht Mamo-chans kleine Schwester werden!", empörte sie sich. "Ich fühle mich viel besser als seine Schülerin! Und er ist ein toller Lehrer! Nicht, Jungs? Nicht, Jungs?" Sie wandte sich Kira und Shinji zu, aber die beiden hatten es vorgezogen, mit Kuzomi und Shinobu vorzugehen, als sich der Schlagabtausch zwischen den beiden abzuzeichnen begonnen hatte. Derart verraten und verkauft stachelte es aber nur ihren Widerstand an. Immerhin hatte sie erst vor kurzem ihr Herz ausschütten und einen Teil ihrer Sicherheit zurückgewinnen können. Und sie hatte einen klaren Auftrag: Kishio mehr Sicherheit zu geben. Und das konnte sie nur, wenn sie selbst sicherer wurde. Und das musste gehen, ohne dass sie sich die Haut ihres Unterarms zerschnitt. Oder indem sie quer ritzte, um doch noch ein Go-Brett oder Shogi-Brett anzulegen. Gegen ihren Willen muste sie kichern. Verdammt auch, Mamo-chan!
"Was ist denn so lustig? Mamo-chan ist mein Sempai in der Affenbeschwörung, wie du an Gosunkugi-kun sehen kannst! Hat er dir vielleicht angeboten, Kontraktpartner der Affen zu werden?"
Mai schüttelte den Kopf. "Nein. Dafür bin ich wohl etwas zu depressiv. Noch. Aber ich bin sicher, die Affen mögen mich trotzdem. Außerdem wird wohl eher Shinji der Kontraktträger der Affen in Team dreizehn."
Annes Blick ging sofort zum dicklichen Blondschopf, der sein Möglichstes gab, um vorzugeben, von Shinobu derart mit Beschlag belegt zu sein, dass er die Konversation der beiden näher kommenden Mädchen unmöglich gehört haben konnte. Shinobu mit ihren feinen Gespür für Situationen unterstützte ihn dabei, indem sie zwanglos drauflos plapperte. Das unterbrach sie nur, um von der Schokobanane abzubeißen, die Omoi ihr gereicht hatte.
Der Kumo-Nin hielt auch Anne und Mai jeweils eine Banane hin. Die beiden nahmen sie entgegen und sahen einander in die Augen. "Damit du es nur weißt, wir haben auch in zwei furchtbaren Kämpfen gesteckt, und einmal mussten wir auf Mamo-chan verzichten, weil er entführt worden war! Aber wir hatten seine Schattenklone dabei, das hat echt geholfen."
"Ja, seine Kage Bunshin sind schon was besonderes", lobte Anne.
Auch Mai nickte entschlossen und lächelte. Zumindest bis beide merkten, was sie da taten. Sofort sahen sie einander wieder verbissen an. Es bestand keinerlei Grund, Freunschaft zu schließen. Immerhin war man für die andere der Feind! Die beiden sahen kurz auf ihre Schokobananen, sahen einander an... Und bissen gleichzeitig in die süßen Leckerbissen, um sie möglichst schnell zu verschlingen. Dabei hatte Mai die Nase um einen halben Bissen vorne. Das gefiel Anne überhaupt nicht. "Nachschlag!", sagte sie fordernd in Richtung Omoi.
"Gut, gut", sagte der dunkelhäutige Chunin und drückte ihnen je eine weitere Banane mit Schokoladenüberzug am Spieß in die Hand. Sofort stürzte sie sich erneut auf die Süßigkeit und diesmal war Anne schneller fertig gewesen. Triumphierend sah sie Mai an. "Zwei aus drei!", rief Mai Kobashi verärgert. "Nachschub!"
"Gut, gut", murmelte Omoi und drückte ihnen die nächsten Bananen in die Hand.
"Hey, Omoi-sempai", raunte Kira ihm zu, selbst eine - und zwar die erste - Schokobanane in der Hand, "hältst du es für klug, das zu unterstützen? Die kotzen mir Zuhause doch alles voll."
"Das haben wir gehört, Kira!", beschwerte sich Mai. "Und so schnell kotzt eine Kunoichi aus Konoha nicht!"
"Eine Kunoichi aus Tsukigakure auch nicht!", rief Anne entschlossen, nachdem sie diese Runde wieder verloren hatte. "Drei aus fünf! Nachschlag, Omoi-sempai!"
"Gut, gut", sagte der große Kumo-Nin und reichte den beiden je Banane Nummer vier.
"Um auf deine Frage zu antworten, Kira-kun", sagte er, während er beim Standbesitzer Banane Nummer fünf bestellte, "es ist mir lieber, wenn sie mit Süßigkeiten kämpfen, anstatt sich an die Kehle zu gehen. Oder meinst du nicht?"
"Du meinst, die würden sich wirklich was gegenseitig antun?"
Omoi zuckte mit den Schultern. "Sie sind Kunoichi, oder?"
"Gutes Argument."
"Ha! Sieg! Damit steht es Unentschieden!", rief Anne.
"Nachschlag, Omoi-sempai!", rief Mai. "Jetzt gilt es aber!"
"Gut, gut", murmelte der Schüler Kirabi-samas und kam mit Banane Nummer fünf, wohlweislich aber schon Banane sechs bestellend.

Als etwa zehn Minuten später Hikari und Yugito mit dem frisch gewindelten Akira hinzu stießen, empfing sie nicht nur eine frisch gemachte und gerade erkaltete Banane mit Schokoladenkruste, sondern auch zwei vollkommen aufgedrehte Kunoichi, die sich gegenseitig zu Lachkrämpfen animierten, indem sie Anekdoten über ihre Dörfer austauschten.
"Was ist denn hier los?"
"Oh, die beiden haben Zuckerrausch. Und Übelkeit", sagte Omoi grinsend. "Sie haben sich vorhin in den Busch hinter ihnen übergeben, aber es ist ihnen egal. Und Freundschaft scheinen sie auch geschlossen zu haben."
"Zuckerrausch? Übergeben? Wie viele Bananen hatten die zwei denn?"
Shinji sah sie mit allen Zeichen des Entsetzens an. "Acht pro Nase."
"Acht? Das ist doch nicht viel. Gut, sie sind noch klein und mager, da mag das anders sein. Aber für mich ist das ein entspannter Snack." Bei diesen Worten zerbiss sie ihre Banane in der Mitte und zog sie genüsslich vom Holzstil.
Omoi wurde ein wenig bleich. "Warne mich das nächste Mal vor. Da kriegt man ja Angst."
"Mimose", tadelte Yugito kauend. "Woran du schon wieder denkst..."
"Und dass du weißt, woran ich denke... Erstaunlich", konterte Omoi.
Yugito hüstelte verlegen und wurde rot. "Nachschlag, bitte."
"Papa wo?", kam es traurig von Aki-chan. Zumindest bis Hikari ihm half, von seiner Schokobanane abzubeißen.
***
Als der Raikage eintrat, erhoben sich die Konoha-Ninjas. "Raikage-sama."
"Kakashi. Leider konnte ich mir erst jetzt Zeit freischaufeln." Er gab dem Copy-Ninja die Hand. "Konoha hat eine Entscheidung bezüglich der Moerus getroffen?"
"Konoha hat eine Entscheidung bezüglich eines Moerus getroffen. Aber zuvor würde ich gerne Kumogakures Meinung dazu hören."
Sie setzten sich wieder und auch der Raikage nahm Platz. "Nun, es steht außer Frage, dass es Kumogakure war, das Shinpachi Moeru gerettet hat", stellte er fest.
"Was niemand bezweifelt", sagte ich.
"Wobei wir, was ich fairerweise sagen muss, nicht so ganz an seine Geschichte geglaubt haben. Es war auch etwas weit hergeholt, dass ihm ausgerechnet zum Zeitpunkt unseres Angriffs die Flucht in der Uniform des Feindes gelungen sein soll. Aber seine Narben und die Tatsache, dass er vor dem Team, das ihn gefunden hat, zusammengebrochen ist, haben ihm erst einmal eine pflegliche Behandlung gesichert. Anhand von Gewebeproben kam man dem Gift auf die Spur, das er noch immer in sich trägt. Es ist hoch verdünnt und lähmt die Muskulatur. In seinem Fall wurde er enorm geschwächt. Wie er damit in den Muskeln überhaupt gehen konnte, ist uns noch nicht ganz klar. Er muss über einen enorm starken Willen verfügen."
"Ja, das passt zu den Moerus. Zumindest zu dem einen, den ich kenne", sagte ich nachdenklich. "Was also plant Kumogakure mit Shinpachi und Kishio Moeru, A-sama?"
"Wir möchten die beiden bitten, bei uns zu bleiben. Ganz hochoffiziell als Vertreter des Moeru-Clans mit allen Rechten einer Minderheit in der Stadt. Natürlich werden wir ihre Dienste als Ninjas in Anspruch nehmen, wenn Shinpachi Moeru wieder vollständig genesen ist. Aber wir werden sie nicht gegen Konoha einsetzen, das kann ich versprechen. Tatsächlich...", er lächelte dünnlippig, "...hat sich die Anti-Konoha-Fraktion erheblich ausgedünnt. Und der Tag ist noch nicht zu Ende."
Ich sah Kakashi auffordernd an.
"Nach eingehender Prüfung deines Berichts, Mamo-chan, und nach Prüfung der Faktenlage, was wir selbst über den Clan Moeru wissen, hat sich der Rat Konohas dazu entschlossen, deinem Beispiel zu folgen. Wenn sie wollen, wird Konoha für sie ein sicherer Hafen werden. Das galt ursprünglich nur für Kishio, aber ich sehe hier kein Problem, das Angebot auch auf Shinpachi auszuweiten. Außerdem ist die Befehlskette sehr eindeutig: Kishio ist dir verpflichtet, Mamo-chan, und Shinpachi ist Kishio verpflichtet. Dein Onkel Shikaku hat bereits versprochen, dass der Nara-Clan die beiden aufnehmen wird. Du hast seine volle Unterstützung."
"Gut. Ich hätte es mir auch nicht vorstellen können, dass Konoha zu zwei so anständigen Menschen so grausam hätte sein können. Natürlich vollkommen ungeachtet der Tatsache, dass wir mit ihnen zwei der besten sensorischen Ninjas erhalten werden, die es auf der Welt gibt. Und zwei der Tödlichsten."
"Der Tödlichsten?", fragte der Raikage.
"Ich habe von einem meiner Schattenklone eine Szene mitgekriegt, in der Kishio einen Angreifer dazu provoziert hat, ihn zu küssen. Danach fiel er tot um. Der Angreifer. Die Moerus beherrschen die Kunst, mit Hilfe ihres Chakras zu töten. Das erfolgt, soweit Konoha weiß, meist durch Einflussname auf den Kreislauf. Herz, Gehirn, Lunge. Müsste übrigens in den Unterlagen Kumogakures über die Moerus stehen. In unseren habe ich es zumindest gelesen", stichelte ich verhalten.
"In unseren steht das auch, aber er hat seinen Gegner totgeküsst? Wie ungewöhnlich", murmelte A-sama.
"Ich werde Kishio damit noch angemessen aufziehen. Später", versprach ich. "Tatsache ist aber, dass ein voll ausgebildeter Moeru wie Shinpachi, der im Vollbesitz seiner Kräfte ist, nicht nur sein Chakra projizieren kann, um zu orten - er kann das Chakra auch aussenden, um ohne direkte Berührung zu töten. Je einfacher und untrainierter das Chakra des Opfers ist, desto leichter ist es und desto weiter kann er entfernt stehen. Ich bin mir sicher, das war unter anderem, worauf es Orochimaru abgesehen hatte. Entsprechende Vermutungen haben auch unsere Analytiker angestellt und den Unterlagen Konohas über die Moerus beigefügt. Und sicher hatte es Orochimaru auf Kishios Körper abgesehen. Wir kennen ja alle sein kleines Problem im Drei Jahres-Intervall, das ihm seine Unsterblichkeit sichert."
"Interessant", sagte der Raikage nickend. "Ein beeindruckendes Jutsu. Wäre Shinpachi also in der Lage, mich aus der Entfernung zu töten?"
Ich sah beinahe, wie es in seinem Kopf Klick machte und eine mentale Akte in die Schublade "Attentäter im Dienste Kumos" fiel. "Das weiß ich nicht. Sicher gab es stärkere Moerus als ihn, aber ich weiß bestimmt, dass er selbst im Vollbesitz seiner Kräfte zum Beispiel dem trainierten Chakra-System Kakashis ohne direkte Berührung wenig entgegenzusetzen hätte. Das gilt im weit größeren Maße für dich, A-sama. Ob ihr Clanoberhaupt dich per Berührung oder sogar auf die Entfernung hätte töten können, kann ich nicht sagen. Klar ist aber, je mehr Chakra sie auf einen Schlag aufwenden, desto stärker sind die Folgen. Darin unterscheidet sich die Kunst der Moerus nicht von anderen Ninjutsu.
Was mich gleich zu einem Problem bringt: Ich habe nicht vor, dabei zuzusehen, wie sich Kishio verausgabt, deshalb meine Frage: Gibt es Gefangene aus dem aufgebrachten Versteck?"
"Einige Wachen, ein paar Wissenschaftler. Nicht mehr als ein Dutzend", räumte der Raikage ein.
"Hatten sie Kontakt mit Shinpachi? Vor allem die Wissenschaftler?", hakte ich nach.
"Wahrscheinlich ja. Warum fragst du?"
"Weil ich nicht will, dass sich ein völlig verausgabter Kishio Moeru berufen fühlt, den Racheengel für seinen großen Bruder zu spielen und sich dabei vollkommen auslaugt, die Forscher und Wächter auf Distanz zu töten", sagte ich trocken.
"Was? Aber er muss doch wissen, dass wir das... Oh. Ja, ich verstehe. Wenn meinem Bruder so etwas passiert wäre, dann... Ja, durchaus verständlich. Aber es ist doch nicht damit getan, dass wir ihm eine Bannmeile rund um das Gefängnis setzen."
"Es wäre viel damit getan, ihm überhaupt nicht zu verraten, wo das Gefängnis ist", warf Kakashi ein.
"Gute Idee", sagte ich.
"Bah. Er muss nur jemanden auf der Straße fragen. Jeder weiß hier, wo das Shinobi-Gefängnis ist. Das ist keine Lösung. Aber als Shinobi-Kollege verstehe ich seinen Wunsch auf Rache für das, was man seinem Clan und seinem Bruder angetan hat. Die Investigationen laufen noch, aber mit einiger Sicherheit werden relativ schnell ein paar Todesurteile dabei herauskommen. Was wir im Versteck entdeckt haben, war... Nun, eklig ist das falsche Wort. Bestürzend ist auch noch zu schwach. Ein Wunder, dass Shinpachi Moeru dort über Jahre überleben konnte. Orochimaru und die gewissenlosen Mörder, die ihm helfen, sind entmenschlichte Bestien."
"Was mich kein bisschen wundert", erwiderte ich. "Du spielst mit dem Gedanken, die Moerus die Todesurteile ausführen zu lassen?"
"Einige zumindest. Nach der Verurteilung. Hier in Kumo geht alles den Dienstweg, oder gar nicht."
"Ich bin nicht sicher, ob es einem oder beiden helfen würde."
"Sie sind Shinobi, Mamoru-tono", mahnte der Raikage mich.
Widerwillig musste ich nicken. Das waren sie. Und Shinobi töteten. Wenn sie zudem ein Todesurteil an menschlichem Abschaum wie den Forschern Orochimarus vollstrecken konnten, würde es auf wenig Widerstand stoßen. Vor allem nicht nach dem, was Shinpachi erlitten hatte.
"Danke. Wahrscheinlich könnte es helfen", sagte ich bedächtig. "Dennoch sollten wir Kishio erst einmal vom Gefängnis fernhalten."
A-sama lachte. "Nichts leichter als das. Gib ihm den unmissverständlichen Befehl, sich ausschließlich um Shinpachi-tono zu kümmern. Das wird ihn zwei, drei Tage beschäftigen. Am Besten steckst du beide in einen einzelnen Futon. Wenn die beiden tatsächlich so eng zueinander stehen, würde nur ein sehr tapferes und sehr großes ANBU-Team Kishio-tono da wieder rausbekommen."
Ich lachte ebenfalls bei diesem Gedanken und Kakashi fiel ein. "Danke für den Tipp, A-sama."
"Gut, dann ist das auch geklärt." Kakashi sah den Raikage direkt an. "Ich denke, es steht außer Zweifel, dass Kishio Mamo-chan nach Konoha folgen wird. Und es steht außer Frage, dass Shinpachi Kishio folgen wird. Wir werden den beiden Kumos Angebot dennoch unterbreiten, der Fairness halber."
A-sama nickte bedächtig. "Ja, das fürchte ich auch. Keine Chance für uns. Leider. Aber das bringt uns zum nächsten Punkt auf meiner Liste. Die Moerus verständigen sich nur Kraft ihrer Gedanken, wie mir mein kleiner Bruder berichtet hat."
"Na, das ist ja interessant." Kakashi sah amüsiert zu mir herüber. "Kannst du das verifizieren, Mamo-chan?"
Okay, Karten auf den Tisch. "Ja, das können sie. Auch über größere Entfernungen, wobei die Verbindung dann schwächer wird. Ich selbst kann es mittlerweile auch, wenn ich Kishio berühre. Beide stammen sie aus einer Gesellschaft, in der es neben Worten auch immer... Nun, eine Art mentales Hintergrundrauschen gegeben haben muss. Quasi ein großer, bunter Marktplatz im Hinterkopf, der immer da war. Deshalb muss der Angriff, der das Dorf der Moerus ausgelöscht hat, besonders vernichtend gewesen sein." Ich sah Kakashi an. "Wenn ich Shinpachis Schilderungen trauen kann, und ich sehe keinen Grund, das nicht zu tun, dann hatte nicht nur Akatsuki ihre Hand im Spiel, sondern auch Itachi Uchiha und Orochimaru persönlich."
"Das erklärt, warum er später an jenem Ort Otogakure errichtet hat", sagte Kakashi nickend. "Aber wie hast du es erlernen können, Mamo-chan?"
"Hm. Ich denke, es hängt mit meiner sensorischen Gabe zusammen. Seit ich mit Kishio trainiert habe, konnte ich meine sensorischen Fähigkeiten beträchtlich erweitern. Im Moment beherrsche ich einen Radius von zweihundert Metern, Tendenz steigend. Jeden Tag kommt ein Stück mehr dazu. Wir teilen diese sensorische Gabe. Und ich bin der Meinung, dies ist der Ursprung der Moeru-Telepathie. Sie ist stark verwandt mit jener Langstreckenkommunikation, der wir Shinobi uns manchmal bedienen - mit Hilfe von maschinellen Verstärkern."
"Verstehe", murmelte der Raikage. "Verstehe. Das bringt uns zum letzten Punkt auf meiner Liste. Wann willst du dir das aufgebrachte Versteck ansehen, Mamoru-tono? Du bist ja mittlerweile ein Experte für die Verstecke Orochimarus."
"Wie dringend ist es denn?", erwiderte ich.
"Du musst nicht heute oder morgen aufbrechen. Im Laufe der Woche reicht vollkommen. Aber ich hätte gerne einen Bericht von dir, der die Unterschiede zu den anderen Verstecken auflistet. Eventuell findest du auch versteckte Räume, die uns bisher verborgen waren."
"Die werden wohl kaum an den Stellen zu finden sein, an denen sie sich in den anderen Verstecken befunden haben", erwiderte ich.
"Mag sein, mag nicht sein. Aber du hast die Erfahrung." A-sama strich sich über den Bart. "Anne-kun könnte dich begleiten. Sie war ebenso im Versteck, genau wie deine Affenkrieger." Während er das sagte, nickte er P-chan und Ryoga anerkennend zu, die zusammen mit Kuzoko schweigend der Diskussion gefolgt waren.
"Ich wurde ganz zu Anfang schwer verletzt und zum Berg zurückgeschickt", wiegelte Ryoga ab.
"Ich war gar nicht dabei", sagte P-chan.
"Äh, gut. Wer war denn dabei?"
"Hikari, der Affe, der Anne-chan begleitet. Und Akane, aber sie wurde beim Hinterhalt der Anti-Konoha-Fraktion schwer verletzt und ist zum Affenberg zurückgekehrt", sagte ich. "Und natürlich Enka O Enma."
"Du hast den König der Affen involviert?", staunte A-sama.
"Er ist ihr stärkster Krieger", erwiderte ich grinsend. "Noch immer."
"Zugegeben."
"Aber ich werde ihn für die Untersuchung des Verstecks nicht extra beschwören", konkretisierte ich.
"Das erwartet ja auch niemand." A-sama nickte zufrieden. "Damit, denke ich, haben wir alles Wichtige besprochen."
"Fehlt nur noch eine Sache." Ich fixierte den Raikage. "Die Geschichte mit den Antis... Sie hätte für meine Genin äußerst fatal ausgehen können. Es gab keine Garantien dafür, dass ich unterwegs noch weitere kampfstarke Verbündete auflesen würde. Du hast mich und vor allem meine Schutzbefohlenen einer erheblichen Gefahr ausgesetzt, A-sama."
Der große Mann grollte leise, während er mir in die Augen sah. Wir maßen einander mit Blicken. Wir waren beide Shinobi, wir waren beide darauf bedacht, unsere Heimat zu schützen. Wir wussten beide, wie unglaublich schief das gehen konnte. Wir wussten aber auch, welche Opfer wir zu geben bereit waren, um unser Ziel zu erreichen. Im Moment aber fühlte ich mich fast wie ein Vater, wenn ich an meine Genin dachte. Und meine Kinder hatten dem Tod ins Auge gesehen, weil Kumo sich dazu entschlossen hatte, die Anti-Konoha-Fraktion im Kampf mit mir und meinen Genin ein Ende finden zu lassen. Als Ninja verstand ich das Vorgehen des Raikage. Aber ich war nicht bereit, ohne einen Gegenwert den Platz zu verlassen. Abgesehen davon, dass ich meinen Genin nichts davon erzählen würde.
"Wir..." Der Raikage stockte. "Es mussten Konoha-Nin sein. Und nicht die stärksten Konoha-Nin, sonst wäre der Lerneffekt nicht so groß gewesen. Wir... Haben nicht damit gerechnet, dass du deine Gruppe auf dem Weg hierher verstärken würdest. Wir haben mit vier deiner Affenkrieger und mit dir und deinen Kage Bunshin kalkuliert. Aber da du mehr zu beschützen hattest, als wir angenommen hatten... Nun, inoffiziell bin ich bereit, die Verantwortung zu übernehmen. Offiziell war Kumogakures Führung nie auch nur beteiligt." Er sah Kakashi an. "Dennoch werden wir Konoha eine Entlohnung im Wert einer S-Mission zukommen lassen."
"Da bedankt sich Konoha aber", erwiderte der Copy-Ninja. "Und was tut Kumo für Mamo-chan?"
"Da war doch was im Raum, Kira Yamada betreffend. Er soll ein viel versprechender Raiton-Benutzer sein, der ein wenig Schliff braucht, nicht wahr?" Ein beinahe schüchternes Lächeln huschte über das Gesicht des Raikages.
"A-sama, wenn du tatsächlich mit ihm ein wenig trainieren würdest, würde es vor allem sein Selbstvertrauen stärken", sagte ich nickend. "Und eine andere Sache gibt es, die ich, ah, gerne hätte."
"Und das wäre, Mamoru-tono?"
Alte Rache genoss man süß. Das merkte ich in genau diesem Moment. "Nun, ich würde mich über eine Einladung zum Essen freuen. Im Land der heißen Quellen in meinem Lieblings-Onsen. Für mich, meine Genin, meine Freunde und meine Affenkrieger."
Der Raikage runzelte die Stirn. "Du verlangst von mir, dass ich dir deine Affenparty finanziere, Mamoru Morikubo?"
"Nun... Ja."
A-sama holte tief Luft. Und atmete sie wieder aus. "Abgemacht. Wenn ich teilnehmen darf. Und natürlich mein kleiner Bruder mit seinem Team. Uff, da komme ich ja leichter aus der Sache raus, als ich gedacht habe."
Verblüfft sah ich ihn an. Das war eine wirklich coole Reaktion gewesen. Und es machte mir den Unterschied zwischen einem Kage und einem Chunin mehr als deutlich. "Freut mich, dass ich helfen konnte", erwiderte ich trocken. Nun musste nur noch Kishio aufwachen und mit uns bei den Yamadas einkehren. Shinpa-chan würden wir dann auch noch transportiert kriegen. Ach ja, fiel es mir ein, eventuell sollte ich Shinpa-chan erzählen, warum ich ihn so vertraulich titulierte. Eventuell.
***
Letzten Endes dauerte es doch länger, weil A-sama darauf drängte, dass ich einem Verhör eines Wissenschaftlers beiwohnte. Also schickte ich meine Genin, nachdem Kishio wieder aufgewacht war, schon mal mit Kira und Shi-chan vor, während Yugito wieder zu uns stieß. Ryoga und P-chan beauftragte ich damit, sich um die Verlegung Shinpachis zu kümmern, den ich, nachdem die Ärzte grünes Licht gegeben hatten, so schnell wie möglich in Kishios Pflege sehen wollte. Die Angebote Konohas und Kumos wollten wir ihnen unterbreiten, sobald Shinpa-chan etwas kräftiger geworden war, aber mindestens noch in der Zeit, in der wir in Kumogakure blieben. Die Expedition zum Orochimaru-Versteck setzte ich auf den Nachmittag des Folgetages an. Eine Gruppe ANBU Kumos und eine Abordnung Shinobi der Chunin, die das Versteck ausgehoben hatten, würden mich, meine Affen, Anne und Hikari begleiten.
Nach dem mehr als unerfreulichen Verhör - selten hatte ich gesehen, wie sich ein Mensch derart am Boden wand und selten hatte ich jemanden sich so verschlagen aus einer Sache rauszuargumentieren versuchen gesehen - verbrachte ich mit Kuzoko noch eine Menge Zeit damit, die angefertigten Pläne des Verstecks zu studieren. Als wir endlich ebenfalls das Haus Yamada aufsuchen konnten, war es kurz nach Mitternacht. Und meine Genin benahmen sich, als wären sie auf einer Klassenfahrt. Nun, ich ließ sie machen, hieß das doch, dass sie die Schlacht am Morgen gut weggesteckt hatten. Dass sie damit auch die anderen Kinder der Yamadas mit rebellisch machten, war eigentlich vorherzusehen gewesen, aber Jin hatte meinen entsprechenden Hinweis mit dem Worten abgetan, dass "es ja noch Kinder seien", was ich zu übersehen drohte. Gegen eins hatte sich diese Rasselbande jedenfalls müde getobt und war von selbst schlafen gegangen. Etwa um die Zeit trafen dann auch P-chan und Ryoga mit Shinpa-chan ein und übergaben ihn Kishios Obhut. Nach Rücksprache mit Jin ging er mit ihm in eines der Bäder des Hauses, das er exklusiv für sich und seinen großen Bruder nutzen konnte. Ich verstand dieses Vorgehen. Abgesehen von der Vertrautheit, die die beiden verband, konnte Shinpachi die schrecklichen Erlebnisse seiner Gefangenschaft, der Folter und der Experimente unmöglich schon verdaut haben. Wenn ich also nicht wollte, dass Shinpa-chan unter einer Berührung die Decke hochging - schlimmer noch als Kishio vor einigen Wochen - war es eine sehr gute Idee, ihn von einem Moeru pflegen zu lassen.
Derweil nutzte ich die Zeit, um meine Führungsgruppe zusammenzurufen. Also Kuzoko, P-chan und Ryoga. Und weil Anne darin involviert sein würde, die mitgetobt hatte und nun ebenso selig schlummerte wie ihre neue beste Freundin Mai, Seite an Seite, einander an den Händen haltend, hatte ich Hikari hinzugebeten. Bei einem guten Tee und in Gesellschaft des Hausherren Jin-sama besprach ich das weitere Vorgehen, bei dem eigentlich noch Kishio fehlte. In seinem gut möblierten Büro. Warum neigten die Menschen nur dazu, mir ihr Allerheiligstes für meine Konferenzen anzubieten?

"Wir werden also zirka eine knappe Woche hier bleiben. Anschließend reisen wir binnen zweier Tage ins Land der heißen Quellen und beziehen unser Lieblings-Onsen. Ein Vorauskommando Kumogakures ist bereits auf dem Weg, sodass wir nur noch die anderen Affen beschwören und feiern müssen. Außerdem habe ich mir erlaubt, noch ein paar... Zusätzliche Gäste einzuladen, die es sich verdient haben, dort mit uns zu sitzen", erklärte ich grinsend.
"Zusätzliche Gäste?", fragte Ryoga. "Ryu Kaminari zum Beispiel?"
"Zum Beispiel", bestätigte ich. "Doch bis es soweit ist, werde ich das Versteck Orochimarus besuchen und erkunden, das Kumogakure ausgehoben hat. P-chan, du begleitest mich dabei. Ryoga, Kuzoko, ich möchte, dass Ihr derweil auf die Genin aufpasst. Natürlich wird der Raikage für ihre Sicherheit sorgen, falls es noch rachsüchtige Reste der Anti-Konoha-Fraktion geben sollte. Aber ich will, dass sie euch sehen. Und vor allem will ich, dass sie hart arbeiten und ebenso hart trainieren."
Ryoga grinste schief. "Überlass das uns, Mamo-chan."
"Moment mal", sagte Jin-sama mit seiner ruhigen, besänftigenden Stimme. "Ich gebe zu, ich habe hier nicht mitzureden und kann nur hier sitzen, weil ich der Hausherr bin."
"Na, na", sagte ich tadelnd in seine Richtung. Immerhin war der knapp sechzigjährige Mann noch immer aktiver und erfolgreicher Jounin Kumogakures und zudem Kopf der Friedensinitiative mit Konoha, was ihn zu unserem wichtigsten Verbündeten in diesem Ninjadorf machte. "Aber?"
"Aber ich frage mich, wann du anfangen willst, dein Chakra zu schonen. Du willst ja mehr als die üblichen vier Affen beschwören, Mamo-chan."
"Gar nicht", gestand ich freimütig.
"Gar nicht? Das wird dann aber eine kleine Party", wandte er ein.
"Gut, gut, ich werde mich vorher ausruhen, so gut ich kann. Und ich werde Anne-chans Hilfe bei der Beschwörung annehmen. Außerdem ist es im Gespräch, Shinji einen temporären Kontrakt anzubieten, damit er mir ebenfalls helfen kann. Aber bei der ganzen Geschichte habe ich etwas sehr wichtiges vergessen: Ich muss nur einen Affen beschwören. Der kann andere Affen beschwören, die wiederum andere Affen und so weiter. Wenn ich also Enma oder Doktor Tofu beschwöre und wir die Reihen runter gehen, kann ich relativ sicher sein, dass ihr Chakra lange genug ausreicht, um die Beschwörungen zumindest für den Abend anhalten werden. Aber schwinden ihre Kräfte, werden auch ihre Beschwörungen annulliert. Und deren Beschwörungen. Deshalb ist es schon wichtig, dass ich zumindest diese eine Beschwörung stabil halten kann. Aber es gibt ja keinen Grund, daran zu zweifeln."
"Ah, verstehe. Sehr schlau", sagte Jin-sama lächelnd.
"Ja, Sarutobi-sama wird es ebenso getan haben. Und ich habe mich immer gewundert, wie lange er sein Chakra aufgespart hat, um so viele Affen beschwören zu können. Ich dachte, ich müsste einen Monat, besser zwei, mit meinem Chakra haushalten, um es ihm nachzutun, dabei war die Lösung so simpel." Ich schmunzelte beim Gedanken an meinen toten Sensei. "Er hat es mir nie verraten. Aber er muss gehofft haben, dass ich auf die offensichtliche Lösung stoßen werde. Oder eben unter meiner Fehlentscheidung leide, bis ich es besser weiß. Etwas in der Art. Ihr wusstet das natürlich von Anfang an", sagte ich tadelnd in Richtung der Affenkrieger.
"Natürlich wussten wir das von Anfang an, Mamoru", sagte P-chan. "Aber wir hatten niemals Zweifel daran, dass du die Lösung finden würdest. Wenn nicht diesmal, dann beim nächsten Mal."
"Danke", erwiderte ich trocken und P-chan kicherte leise. Ryoga und Hikari fielen ein. Halunken.
"Hier! Hier!", rief Kuzoko und hob die Rechte wie in der Akademie. "Nachdem die Party geklärt ist: Was für Aktivitäten hast du denn so für die Genin eingeplant?"
Ich dachte kurz nach, bevor ich auf die Frage des Spinnenmädchens antwortete. "Nun. Als ich damals in Kumo war, hat mich Yugao-chan ganz schön herumgescheucht. Sie hat jede freie Minute dazu genutzt, um mich trainieren zu lassen. Erinnerst du dich, P-chan?"
"Ja, das war eine tolle Zeit damals", sagte sie lächelnd. "Ich hatte dich die meiste Zeit vollkommen für mich alleine."
"Äh, ja, das auch. Ansonsten hat Yugao-chan mich jede noch so kleine Arbeit verrichten lassen, mit der die Bewohner Kumos an sie herangetreten sind. Das ging los bei Botengängen, bei der Rasenpflege, weiter zu Bodyguardmissionen für die Geldboten Kumogakures bis hin zum Training der Achtjährigen in der hiesigen Ninja-Akademie. Und bei beidem war der Clan Yamada mit involviert." Ich lächelte matt. "Ich habe Shinobu-chan in der Akademie trainiert. Und Jin-sama hat mich damals für seine Einkäufe ganz schön gescheucht. Und er hat eine Menge Verantwortung auf meine Schultern gelastet, weil das, was er eingekauft hat, schon mal zehntausend Ryou wert sein konnte. Was ich dann auch noch bar bezahlt habe."
"Gab es einen leichteren Weg, dein Verantwortungsbewusstsein zu schärfen, Mamo-chan?", fragte mich der Clanführer lächelnd.
"Wahrscheinlich nicht", erwiderte ich, nun breiter lächelnd. "Jedenfalls sollen die Genin und auch Kuzomi-chan ordentlich rangenommen werden. Nehmt alles an, was angeboten wird. Und dreht sie, wenn sie Freizeit haben, im Training ordentlich durch die Mangel." Ich nickte Ryoga und Kuzoko zu, die beide breit grinsten. "Kuzoko-chan, mittlerweile kann ich dich gut einschätzen und kenne deine Kampfstärke und deine Fähigkeiten, um andere zu führen. Deshalb überlasse ich dir die Führung der Genin, bis ich wieder da bin. Allerdings mit einer Einschränkung: Sobald Kishio der Meinung ist, bei all der Betreuung von Shinpa-chan auch einmal Freizeit zu haben, drückst du ihm sofort die Verantwortung für die Genin auf. Und du lässt ihn damit allein. Das heißt aber nicht, dass Ihr nicht weiterhin auf sie Acht gebt, Kuzoko, Ryoga."
Die beiden nickten, diesmal ernster. "Hat es einen besonderen Grund, Kishio auch so zu fordern?"
Ich schnaubte leise. Sogar einen ziemlich guten Grund. "Ich will nicht, dass er Zeit bekommt, um an Rache an den Oto-Leuten zu denken, die Kumogakure im Versteck festnehmen konnte. Sie werden gerade verhört und ich möchte nicht, dass, bei allem Verständnis, das ich für ihn und Shinpa-chan habe, diese Leute, ah, plötzlich sterben für das, was sie Kishios Bruder angetan haben, bevor die Spezialisten alles aus ihnen rausgeholt haben, was es dort zu holen gibt. Außerdem hoffe ich, auch wenn es ehrlich gesagt nur ein kleines bisschen ist, dass sich der eine oder andere doch als besser erweist als er jetzt erscheint. Und das nützt ihm nichts, wenn er tot ist."
"Denkst du wirklich, Kishio würde so etwas tun?", fragte Ryoga zweifelnd.
"Wie würdest du dich denn verhalten, wenn du an seiner Stelle wärst?", fragte Jin-sama trocken.
"Oh. Ja, okay, verstehe. Wir bewerfen ihn mit Arbeit, wann immer er eine Minute hat, um frei zu denken", sagte Ryoga.
"Danke, das wollte ich hören", sagte ich. "Auch wenn ich keine neuen Erkenntnisse erwarte, wenn ich mit Anne das Versteck untersuche, getan werden muss es. Und sei es nur, weil ich Orochimarus Verstecke kenne."
Nachdenklich und in leicht angeberischer Pose strich ich mir übers Kinn. "So ist das halt, wenn man international gesehen eine wichtige Persönlichkeit ist."
Die Affen, Jin-sama und Kuzoko lachten leise.
"Vorsicht, mein junger Freund", sagte Jin Yamada spöttisch, "diese Art von Hochmut kommt meist vor einem besonders tiefen Fall."
Ich lachte bei seinen Worte ebenso wie die anderen. "Der Tadel ist angekommen, Onkelchen. Ich denke dran."
"Bleibt ja nur noch eines zu klären", sagte Hikari. "Warum nennst du Shinpachi-kun eigentlich Shinpa-chan, Mamo-chan?"
"Warum ich das tue? Das ist doch vollkommen offensichtlich, oder?", erwiderte ich amüsiert.
"Offensichtlich? Für mich nicht", sagte Hikari. "Würdest du also deine Weisheit mit mir und den anderen teilen?"
"Aber gerne doch. Ich nenne Shinpa-chan Shinpa-chan... Weil ich es kann."
Ein leises, enttäuschtes Raunen ging durch den Büroraum. "Mamoru. Was hat dir Jin-sama gerade über Hochmut und dergleichen gesagt?", tadelte Perine mich.
"Schon klar, schon klar", sagte ich lachend. Ich würde Shinpachi wirklich noch erklären müssen, warum ich ihn mit dem Suffix Chan bedachte. Aber das hatte nichts mit Hochmut zu tun, der mich stürzen könnte. Hoffte ich zumindest.
***
Am nächsten Tag brachen wir kurz nach dem Mittag auf. Ich hatte den ganzen Vormittag mit Aki-chan verbracht, während Kuzoko und Ryoga meine Genin mit den ersten Aufträgen zugekleistert hatten. Das war mir wichtig gewesen, weil ich den kleinen Mann, der ja mein Sohn war, ein wenig vernachlässigt hatte. Verdammt, nicht nur ein wenig. Und da er jetzt bei mir leben würde, zumindest bis das Schicksal von Maria und Hassin geklärt war und dann eventuell, bis er groß genug war, um selbst zu entscheiden, wo er zukünftig leben wollte, wollte ich ihn so gut kennenlernen, wie ich konnte. Also hatte ich den ganzen Vormittag mit ihm gespielt, hatte mit ihm gegessen, seine Windel gewechselt, mit ihm gebadet und ihm ein Spielzeug geschenkt, das ich in der Nacht für ihn geschnitzt hatte. Himmel auch, ich hatte so viel nachzuholen. Und dabei war ich doch selbst noch ein halbes Kind, das eigentlich nur den Erwachsenen spielte. Zumindest war das meine Meinung von mir, wenn ich mich kritisieren wollte. Konoha hingegen hielt mich für sehr erwachsen. Außerdem sorgte ich mich sehr um meine Bindung an Akira, die ich nicht so recht verspüren wollte. Aber es stimmte mich sehr froh, dass ich gerne mit ihm spielte und ich seine Nähe als Vergnügen empfand, nicht als Last. Wenn ich daran dachte, was wir noch alles würden tun können, wenn er erst älter war, wurde mir warm ums Herz. Drachen steigen lassen, Kunais werfen, Schwimmen, Klettern, es gab noch so viele Dinge, die ihm bevor standen und die ich mit ihm teilen konnte. Als ich schließlich mit Anne, Hikari und P-chan aufbrach, fiel es mir reichlich schwer, ihn zurückzulassen. Trotz meiner eigenen Jugend begann ich mich tatsächlich wie ein Vater zu fühlen. Ich empfand das als gutes Zeichen.

Insgesamt hatten wir vier Begleiter. Das ANBU-Team hatte nur halbe Stärke und würde lediglich die Wachaufgaben übernehmen, beziehungsweise verstärken, denn über zwanzig erfahrene Kumo-Nin bewachten das Versteck und hatten Hinterhalte für potentielle Boten, Heimkehrer und für Orochimaru selbst gelegt, auch wenn niemand wirklich daran glaubte, der gefährlichste Nukenin, den Konoha je hervorgebracht hatte, würde ausgerechnet zu dieser Zeit sein Versteck im Reich der Blitze besuchen. Die anderen beiden Begleiter waren Chunin und bei der Erstürmung des Verstecks beteiligt gewesen. Die Anführerin der Aktion, Samui, war leider nicht verfügbar, um Anne und mich zu begleiten. Ich vermutete sehr stark, dass ein gewisser Akira einen erheblichen Teil Schuld daran trug, dass sie unabkömmlich war. Verdammt, mein Sohn kam bei den Frauen besser an als sein alter Herr.
Sugai war ein großgewachsener, schwarzhäutiger Glatzkopf mit dem Temperament und dem Humor eines vollgefressenen Löwen. Seine Gegenwart war auf jeden Fall angenehmer als die der beiden ANBU mit der Wolfsmaske und mit der Schlangenmaske.
Lisang war eine kleine, braunhaarige Frau mit fast bleichem Teint, die ständig ein missmutiges Gesicht machte. Ich vermutete, dass das stark an ihrer Frisur liegen musste, die sie selbst den Peacock-Stil nannte und der eigentlich nur daraus bestand, ihr Haar in zwei möglichst üppigen Strähnenbündeln auf dem Kopf hochzubinden. Dennoch verströmte ihre Präsenz mehr Heimeligkeit als die der beiden ANBU. Und das obwohl ihre Stimme und ihre Äußerungen mit ihrer Miene zu einhundert Prozent konform gingen. Aber niemand hatte sie gerufen, damit sie die feingeistige Plauderin gab. Ein wenig wunderte ich mich schon, dass mir kein volles ANBU-Team zur Verfügung gestellt worden war, wie ich eigentlich gedacht hatte. Aber immerhin war ich hier Gast und musste nehmen, was ich kriegen konnte. Blieben noch Anne, Hikari und P-chan, um die Reisegruppe zu vervollständigen, die in etwas weniger als zwei Stunden ihr Ziel erreichte, etwa fünfzig Kilometer von den Bergen Kumogakures entfernt. Das war wirklich empfindlich nahe, nicht nur nach Ansicht des Raikages.
Dass etwas nicht stimmte, war mir sofort klar, als die ANBU hielten und auf den Eingang zeigten, der unscheinbar wirkte, aber zu einem riesigen Versteck führte.
"Da ist es", sagte der ANBU mit der Schlangenmaske. "Geht ruhig rein. Wir sprechen uns mit der Wachmannschaft ab und beziehen Position."
Und genau das war der springende Punkt: Es gab keine Wachmannschaft. Natürlich konnte sie sich verborgen halten. Immerhin lauerten sie auf Anhänger von Orochimaru, die noch nicht wussten, was hier geschehen war. Aber warum hatten sie nicht auf unsere Ankunft reagiert?
Doch, eines war da, was ich spürte. Ein Chakra, das... Ein Chakra...
"AUSEINANDER!", brüllte ich und sprang nach links davon. P-chan setzte den Weg zurück, den wir gekommen waren und Anne und Hikari eilten nach rechts fort. Der Schlangen-ANBU folgte P-chan, der Wolf mir.
Nur die beiden Kumo-Nin reagierten bange zwei Sekunden nicht. Zwei Sekunden zu lange, wie sich herausstellte, als quasi aus dem Nichts zwei Bündel dichtgepackter Schlangen zu entstehen schienen, die heranrasten und die beiden Kumo-Chunin einschnürten wie zwei Rollbraten.
"Aber was...?", fragte der Wolf.
"Orochimaru", zischte ich gepresst. "Oder Kabuto. Ich spüre das Chakra. Falls also nicht irgendein Kage auf der Lauer liegt, muss es einer der beiden sein! ENDAN!"
Mein Flammenatem loderte auf, strich über das Gras und fuhr über die dichtgedrängten Schlangenleiber, die Sugai und Lisang umklammert hielten. Mein ultraheißes Feuer verbrannte die Leiber und trennte die Köpfe von demjenigen, der sie ausgesandt hatte. Dennoch sanken die beiden Chunin zu Boden. Warum, wurde mir klar, als ich sah, dass einige der Schlangenköpfe sie gebissen hatten. Verdammt. Ich suchte nach den Chakra-Signaturen der anderen und erkannte erleichtert, dass Hikari und Anne verschwunden waren. Zweifellos hatte sie ihre Tarnkunst eingesetzt, um sich und den Affenkrieger zu schützen. Nun spürte ich nur noch Perine und den Schlangen-ANBU.
"Kabuto kann es jedenfalls nicht sein", sagte der ANBU überzeugt. "Also ist es Orochimaru."
Ich zerbiss einen Fluch zwischen den Lippen. Ja, das machte Sinn. Das erklärte auch, warum dieses Chakra jenes von Kabuto, das ich kannte, so sehr in den Schatten stellte. Niemand konnte in knapp zwei Monaten so viel mehr Chakra aufbauen. Nicht einmal Kabuto. "Das denke ich auch. Also schnappen wir uns die Chunin und hauen hier wieder ab. Den Wachtrupp können wir sicher vergessen, aber die beiden können wir retten. Und das am Besten, solange Orochimaru die Wunden leckt, die ich ihm gebrannt habe. Am Besten, bevor Kabuto auch noch auftaucht." Ich sprang mit Step in Richtung Waldboden und der ANBU folgte mir.
"Was Kabuto angeht, Morikubo-sama, so bin ich mir sehr sicher, dass er uns nicht in die Zange nehmen kann."
Ich lachte rau, während ich mir Sugai auf die Schultern lud. "Was macht dich so sicher, Hebi..." Ich spürte, wie Kälte meine Gliedmaßen emporkroch, als mir bewusst wurde, dass der ANBU eine Schlangenmaske trug.
Er nahm die Maske ab. Darunter kam ein bleiches, von weißen Haaren und von einer Brille dominiertes Gesicht zum Vorschein. "Weil ich schon hier bin, Morikubo-sama."
Noch während er die erste Silbe gesprochen hatte, spürte ich den Biss. Woher und von wem konnte ich nicht sagen. Aber augenblicklich gaben meine Beine nach. Ich stürzte, und Sugai rollte über den Boden, hilflos wie er war, bis er von Lisangs leblosen Körper gestoppt wurde. "Duuuu...", sagte ich, um jedes einzelne Wort kämpfend. Ich griff in meine Shuriken-Tasche und zog ein Kunai. Mit einem wütenden Knurren kroch ich auf den Mann zu, der mich gerade vergiftet hatte.
"Gib dir keine Mühe, Mamo-chan. Das Gift wirkt in dieser Dosierung nicht tödlich, aber deine Lähmung wird bald absolut sein. Nur ein bisschen mehr und du vergisst zu atmen."
Der zweite ANBU kehrte zurück. Er trug die regungslose Perine auf der Schulter. "Hat sie Schwierigkeiten gemacht, Zuuto?"
Der zweite ANBU nahm die Maske ab. Ich erkannte ihn sofort wieder, immerhin hatte ich ihn erst vor wenigen Wochen im Land der Steine im Versteck Orochimarus gesehen. Verdammt.
"Sie war mir gegenüber nicht argwöhnisch, deshalb konnte ich die vergiftete Nadel auf sie abfeuern. Aber sie rührt sich schon wieder."
Aus Kabutos Umhang schoss eine weiße Schlange hervor, die Perine biss. Beinahe sofort wurde sie ruhig. "So, das hält ein wenig vor. Wirf sie zu den anderen."
"Ja, Kabuto-sama." Er warf P-chan wie ein Bündel Wäsche auf die Kumo-Chunin. "Was machen wir wegen der beiden, die entkommen sind?"
"Oh, keine Sorge. Wahrscheinlich verstecken sie sich hinter der Kunst des Mädchens. Ein richtiges Gör, aber ihre Tarnung ist ungeheuer effektiv. Keine Sorge, sie wird zusammen mit ihrem Affen ihrem Sempai zu Hilfe kommen und dann schnappen wir sie alle beide."
Verdammt, verdammt, verdammt. Genauso würde es kommen. Und ich wusste nicht, was besser war: Hier zu sterben oder Orochimarus Gefangener zu sein.
"Komm mit, Mamo-chan. Ich möchte dir jemanden Wichtigen vorstellen. Ihr hattet den gleichen Sensei, wenn ich nicht irre." Er ergriff meinen rechten Fuß und zog mich hinter sich her.
Am Eingang erwartete uns eine Gestalt in einer weißen Kutte, die Kapuze zurückgeschlagen. Pechschwarzes Haar, kreidebleiche Haut... Orochimaru. "Das ist also mein kleiner Kohai?", fragte er interessiert, als Kabuto und Zuuto mit mir im Schlepp näher kamen. "Sein Feuer ist so heiß, wie man sich erzählt."
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie mitten in der Luft ein Kunai auftauchte. Ich sah aber auch die haarige Klaue, die die Waffe wieder zurück ins Nichts zog. Verdammt, Anne! Auf diese Weise würde sie sich noch umbringen! Und ich war dann Schuld. Wenn schon nicht an ihrem Tod, so aber doch daran, dass sie in Gefangenschaft geriet und dieser Irre sie wegen ihres Tarnungs-Jutsu auseinandernahm und wieder zusammensetzte. Das konnte doch nicht wirklich passieren! Wie lange waren Zuuto und Kabuto überhaupt unsere ANBU-Begleiter? Von Anfang an? Hatten sie die Stadt infiltriert, nur um mich abzufangen? Oder lobte ich mich da selbst zu sehr und es war alles nur ein Zufall? Auf jeden Fall lagen jetzt wahrscheinlich vier gut versteckte und ziemlich tote ANBU irgendwo in Kumogakure.
"Aber ich habe dich mir größer vorgestellt, ewiger Chunin", stellte Orochimaru fest. "Was ist mit den anderen beiden?"
"Keine Sorge, Orochimaru-sama, die werden bald versuchen, Mamo-chan zu befreien. Dann fallen sie uns in die Hände."
Ich fühlte, wie mir eine Träne die Wange hinablief. Sollte, musste es so enden? Würde es so enden? Und würde mein Verderben noch andere mit in den Tod reißen? Nein, das sollte und das durfte es nicht. Nur wusste ich nicht, was ich tun konnte. Welche Optionen blieben mir jetzt, wo ich mich definitiv in Feindes Hand befand? Selbst wenn ich mich umbrachte, würde das nichts an Annes nächster Entscheidung ändern, fürchtete ich. Und dabei war ich schon so gut wie tot. Wahrscheinlich ein besseres Schicksal als das, was Orochimaru mir zugedacht hatte. Es blieb eigentlich nur noch eines.
"Ah, berechenbare, den Helden spielende Shinobi. So etwas habe ich immer gerne. Am liebsten habe ich es, wenn sie mir noch Phrasen an den Kopf schmeißen wie: Damit kommst du nicht durch."
"D-damit...", krächzte ich mit etwas, was ich kaum als meine eigene Stimme erkannte, "kommst du... nicht... durch... Sempai."
"Da. Da. Habe ich es nicht gesagt? Diese Naivität ist doch herzerfrischend. Und er hat mich Sempai genannt." Er beugte sich über mich. "Da ich unseren gemeinsamen Sensei getötet habe, was bin ich dann für dich?"
Ich versuchte die Hand mit dem Kunai zu schwingen, aber ich hatte weniger Kraft als ein altersschwacher Schmetterling. Dennoch bemerkte Orochimaru die Bewegung. "Arrogant wie alle Bewohner Konohas. Wenn wir ihn nicht noch bräuchten, um den zweiten Affen in die Falle zu locken... Töte ihn sofort, wenn wir ihn nicht mehr brauchen, Kabuto."
"Jawohl, Orochimaru-sama. Du hast den Meister gehört, Zuuto."
"Verstanden, Kabuto-sama."
Es verwunderte mich ein klein wenig, dass Zuuto nicht auch noch delegierte. Waren Orochimaru, sein Leutnant und Zuuto etwa die einzigen Nukenin, die zu diesem Versteck gekommen waren? Angesichts des unbändigen Chakras, das ich in Orochimaru spürte, erschien mir das nicht unwahrscheinlich.
"Sobald er tot ist und uns niemand mehr an Kumogakure verraten kann, ziehen wir wieder ab." Er seufzte. "Es scheint so, als hätte ich mein Spielzeug verloren. Schade. Nun bleibt mir nur noch Karin, sobald sie ein mir angenehmes Alter erreicht hat." Er wandte sich von mir ab, nachdem er mich zum Tode verurteilt hatte.
Ich konnte nicht glauben, wie leicht ich ihm und Kabuto in die Falle gegangen war. Ich konnte nicht glauben, wie wehrlos ich jetzt war, wie ausgeliefert. Und ich wollte nicht glauben, dass Hikari und Anne der sichere Tod bevorstand, weil sie mich natürlich nicht zurücklassen wollen würden. Zweifellos rechnete sich Anne durch ihr Jutsu eine Chance aus, um mich zu retten. Aber Kabuto kannte ihre Kunst und würde kontern. Zweifellos. Verdammt.
Ich spürte, wie mein Atem flacher ging, wie mein Herz langsamer schlug. Das Gift in meinem Blut entfaltete seine volle Wirkung. Ich drohte fortzudämmern. Mir blieb nicht mehr viel Zeit, irgendwas zu unternehmen, was den Lauf der Geschichte verändern konnte. Eigentlich gab es nur eine Lösung, und dafür musste ich mein Kunai fahren lassen. Es entglitt meiner Rechten. Langsam bewegte ich sie in Richtung meiner Brust. Es war ein Gefühl, als würde ich versuchen, mit nur einer Hand Tonnen zu bewegen. Das strengte mich furchtbar an. Vielleicht war es sogar das Anstrengendste, was ich je in meinem Leben gemacht hatte. Als ich die Hand auf meiner Brust spürte, richtete ich sie unter der gleichen Anstrengung auf. Kabuto beäugte mich misstrauisch, aber da ich die Linke nicht benutzte, vermutete er vollkommen zu Recht, dass ich kein Fingerzeichen anwenden wollte. Es gab ja durchaus Künste im Katon, die selbst für ihn oder Orochimaru auf kurze Distanz tödlich waren. Trotzdem fühlte ich leicht seine Nervosität. Aber er unterbrach mich nicht oder trat mir die Hand nicht wieder von der Brust.
Erschöpft ließ ich den Kopf nach hinten sacken, suchte, so weit ich sehen konnte, nach dem Affen und dem Mädchen. "Hi... ka... ri...", brachte ich mit schwacher Stimme hervor. Wenn ich mir eines noch wünschen durfte in meinem Leben, dann dass der Affenkrieger die richtigen Schlüsse zog.
"VERSTANDEN!", blaffte er. Keine acht Meter von mir entfernt entstand er aus dem Nichts, riss Anne mit sich, die mit gezücktem Kunai neben ihm gestanden hatte und sprang nach hinten. Zuuto und Kabuto setzten ihm sofort nach. Aber Hikari Gosunkugi floh nicht weit. Er sprang nur bis zu P-chan und den beiden Chunin zurück. "BEREIT!", blaffte er, als er zu allen dreien und zu Anne Körperkontakt hergestellt hatte.
"K...", kam es über meine Lippen. Dann verließ mich die Luft. Und das, obwohl Kabuto und Zuuto den anderen immer näher kam. Nein, das durfte nicht sein. Das konnte nicht passieren! Sensei, wenn ich jemals Hilfe gebraucht hatte, dann in diesem Moment! Luft! Ich schnappte nach Luft wie ein Ertrinkender unter Wasser, und plötzlich hatte ich Luft! "KAI!"
Kabuto und sein Untergebener stießen ins Leere, nachdem ich P-chan auf den Affenberg zurückgeschickt hatte. P-chan und jeden, den sie berührt hatte. Also auch Hikari, Anne und die beiden Chunin.
Erleichtert atmete ich aus. Ich hatte ihre Leben gerettet. Und auch wenn es ein weiter Weg für Anne nach Hause wurde, sie durfte weiterleben. Mist, ich hätte Shinji einen provisorischen Kontrakt eingehen lassen sollen. Dann hätte er jetzt die Fähigkeit gehabt, sie wieder zurückzuholen. Oder zumindest einen Affen zu beschwören, der ihm und meinen Genin erklärt hätte, was hier und anschließend auf dem Affenberg passiert war. Das war ungefähr mein letzter Gedanke, als sich ein Fuß auf meine Kehle setzte. "Selbst am Boden noch gefährlich, was?" Orochimarus ohnehin raue Stimme bekam einen gehässigen Klang. "Nun, damit hat es jetzt ein Ende." Damit drückte er zu.
"Orochimaru-sama!", rief Kabuto und kam neben uns aus dem Step. "Wenn du erlaubst, sollten wir ihn noch ein wenig leben lassen! Die Affen und die Shinobi wurden auf den Affenberg transportiert und er ist der letzte Kontraktpartner der Affen. Wir brauchen nicht zu fürchten, dass man uns entdeckt, bevor die Wache Kumogakures hier am Versteck ausgetauscht werden sollte. Und das ist erst in drei Tagen der Fall."
"Warum ihn leben lassen? Verrate mir das, Kabuto. Spielst du darauf an, dass er mein Kohai ist?"
"Nein, Orochimaru-sama, natürlich nicht. Und mein Vorschlag ist auch nicht, ihn generell am Leben zu lassen, sondern nur ein bisschen. Wir sollten aus ihm eine lebende Falle machen. Irgendwann wird man nach ihm suchen, und wenn man ihn findet und er ist eine einzige Mine... BUMM! Und wenn er so lange bei Bewusstsein ist, sodass er sein Ende noch selbst mitbekommt, und wenn ich an all die Stunden denke, die er sich quält, weil er hilflos dagegen ist, wie er seine Freunde ins Verderben lockt, da habe ich Spaß, Orochimaru-sama."
"Das klingt... Interessant." Der gleiche Fuß, der meine Kehle einzudrücken gedroht hatte, trat mich nun gegen die Schulter. "Hörst du, Kohai? Du darfst noch ein wenig leben."
Er wandte sich Kabuto zu. "Mach aus ihm deine lebende Falle, Kabuto."
"Danke, Orochimaru-sama."

Zehn Minuten später legte er mich ab, im Zentrum eines raffinierten mehrfach verschachtelten Systems aus Sprengfallen, Giftfallen und ordinären Fallen. Ich war der Köder in ihrem Zentrum. Und egal, ob und wann ich starb, mein Leib würde der Köder bleiben.
"Du fragst dich sicher, warum du noch am Leben bleiben darfst", raunte mir Kabuto ins Ohr, während Zuuto die Sprengtags scharf machte. "Nun, das ist einfach. Ich schulde dir noch etwas, und sei es eine winzigkleine Chance, die Sache hier lebend zu überstehen. Andererseits habe ich auch kein Problem damit, wenn du miterleben musst, wie deine Genin dich suchen und in diesem Minenfeld umkommen. Aber immerhin, es ist eine Chance. Es interessiert mich einfach, ob wir uns noch einmal wiedersehen werden, Mamo-chan. Allein der Gedanke elektrisiert mich. Ich bin sehr gespannt." Kabuto verschwand von meiner Seite und ließ mich im Zentrum einer einzigen großen Falle zurück. "Hauptzünder scharf stellen, Zuuto!"
"Jawohl, Kabuto-sama!"
Ich hatte nicht alles mitgekriegt, was die beiden angestellt hatten, aber ich wusste, dass ich selbst auf einer Bombe lag. Dass ich von einem Ring aus einzelnen Sprengtags umgeben war und dass weitere Sprengtags und Fallen rund um mich meterweit angeordnet waren, und zwar so, dass niemals alle Tags zugleich explodierten. Würde es jemand mit der Holzhammermethode versuchen, würde er fünf, sechs Explosionen benötigen. Und die siebte würde mich hochjagen. Zuuto, der dieses Netz konstruiert hatte, schien sich nach Herzenslust ausgetobt zu haben. Verdammt. Es gab nur eine Handvoll Shinobi, die dieses Netz erkannt und durchschaut hätten, und die Uchiha gab es fast nicht mehr und einen Hyuuga gab es nicht in Kumogakure. Tatsächlich würden auch die meisten sensorischen Ninjas Kumos mit dieser Falle überfordert sein - so sie sie denn erkannten. Auf diese Weise gefährdete die bloße Existenz meines Körpers mehrere, vielleicht Dutzende Leben.
Es gab nur einen Shinobi in ganz Kumogakure, dem ich eine kleine Chance gab, diese Falle zu durchschauen. Er hatte seine sensorische Sicht mit mir geteilt. So viele Details. Nur er hatte eine Chance, das Netz zu durchschauen und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Er würde wissen, dass ich nicht zu retten war und das Richtige tun. Er würde die anderen abhalten, mir zu nahe zu kommen. Er würde es beenden. Nur Kishio Moeru konnte mich davor bewahren, für meine Freunde und Schutzbefohlenen zum Todesboten zu werden. Er musste es einfach tun.
Was wünschte ich mir in diesem Moment, ein vollwertiger Moeru zu sein und ihm einen gedanklichen Warnruf schicken zu können. Was flehte ich nicht, dass mir ein einziges Mal dieses Wunder gelang. Aber für Wunder waren die Shinobi Konohas einfach nicht zuständig. Zudem sackte ich mehr und mehr in einen Dämmerschlaf weg. Dieser Kabuto, ließ mich dämmern, damit ich nicht selbst was unternehmen konnte, zum Beispiel die Bombe, auf der ich lag, selbst auszulösen. Und das nannte er eine kleine Chance. Toll.
Und über all dem lag Bedauern. Das große tiefe Bedauern, dass ich meinen Sohn niemals wieder sehen würde, ihn nicht aufwachsen sehen konnte, nicht Freude und Leid mit ihm teilen konnte. Und ich würde meine Mädchen niemals wiedersehen. Aber ich hoffte inständig, dass ich meine Genin nicht mehr zu sehen bekam, denn wenn das geschah, standen sie womöglich vor diesem Minenfeld und liefen in ihr Verderben. Nichts konnte ich tun, rein gar nichts. Nur dahindämmern in einem Zustand irgendwo zwischen Schlafen und Erwachen, Kabutos Gefangener, dem nicht einmal vergönnt war zu sterben, um ihm wenigstens ein Schnippchen zu schlagen. Dämmern, immerzu, losgelöst von jedem Zeitempfinden, dämmern, nur dämmern... Nur dämmern... Dämmern...

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

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13.
Kishio und Shinpachi blieben für fast vierzig Stunden unzertrennlich. In dieser Zeit untersuchten die Ärzte Kumogakures den älteren Moeru mehrmals und verabreichten ihm ein Gegenmittel gegen das Gift, das in seinem Körper gewütet hatte. Mit der besseren und regelmäßigeren Ernährung wurde auch seine Stimme schnell kräftiger. Die Erschöpfung wich aus seinem Gesicht und nahm die meisten kleineren Falten mit, aber die Mundfalten hatten sich unwiderbringlich von der Nase bis zum Kinn tief eingefressen. Das gab Shinpachi etwas Energisches, aber das war auch der einzige positive Aspekt. Dennoch, die Prognosen waren sehr gut. Shinpachi Moeru würde wieder vollkommen gesund werden, wenn man ihm Zeit gab und ihn gut versorgte. Das waren gute Nachrichten. Aber es war abzusehen, dass Kishio über kurz oder lang etwas Dummes tun würde. So zum Beispiel das Gefängnis angreifen, um die Peiniger seines großen Bruders zu töten. Zumindest erwartete Kuzoko das von ihm. Und sie lauerte auf ihre Chance, Kishio mit der Verantwortung für die Genin zu überschütten, um ihn gar nicht erst zu Atem kommen zu lassen. Aber merkwürdigerweise sprach Kishio mit nicht einem Wort über die gefangenen Gefolgsleute aus Orochimarus Versteck. Stattdessen wurde er bereits am Tag von Mamoru-senseis Aufbruch nervös, und diese Nervosität steigerte sich mit jeder Stunde. Dann war er am übernächsten Tag einfach verschwunden, von gleich auf jetzt und Kuzoko befürchtete schon, er wäre auf dem direkten Weg zum Gefängnis. Aber weder sie noch Ryoga, geschweige denn das extra abgestellte ANBU-Team konnte eine Spur von ihm in relativer Nähe zum Gefängnis entdecken. Die Wachen lösten dieses Rätsel, denn Kishio hatte sich ordnungsgemäß bei allen vier Posten abgemeldet, als er die Stadt verlassen hatte. Warum er das getan hatte, wo er doch eigentlich Shinpachi pflegen musste, war weder Kuzoko noch Ryoga klar, also sprachen sie mit Shinpachi selbst.

"Okay, Großer", sagte sie zum Moeru, während sie neben seinem Bett kniete, "wohin ist Kishio verschwunden? Und komm erst gar nicht mit dem Versuch, dich rauszureden. Ich weiß ganz genau, dass du weißt, wo er ist."
"Das ist doch auch kein Geheimnis." Shinpachi lächelte freundlich. Und es wäre ein zuvorkommendes, hübsches Lächeln geworfen, wenn er nicht so hohlwangig gewesen wäre.
"Und wo ist unser Superheld gerade?", fragte Ryoga von der Tür aus. Sie waren sich einig, dass nur einer von ihnen Shinpachis Schlafzimmer betreten würde, um den Moeru nicht unter zusätzlichen Druck zu setzen und es ihm so leicht wie möglich zu machen. Und da Kuzoko definitiv hübscher war, hatten sie beide die Theorie verfolgt, dass es dem Moeru leichter fallen würde, mit einem schönen Mädchen zu reden. Bis hierhin hatte es gut funktioniert.
"Simpel. Er ist auf dem Weg zu Mamoru-sama", sagte Shinpachi frei heraus. "Ich habe ihm gesagt, er soll das lassen, aber er hat leider nicht auf mich gehört."
"Wieso? Was will er bei Mamo-chan? Sein Platz ist hier, bei den Genin", sagte Kuzoko erstaunt.
"Wie soll ich das erklären? Nun, am Abend, als Mamoru-sama aufgebrochen ist, fing es bei ihm an. Er wurde zunehmend nervöser, fahriger. Das wurde besonders ersichtlich, weil wir eigentlich geschlafen hatten. Ihr wisst ja, wie erschöpft er war. Als er aufwachte, sagte er mir, Mamoru-sama müsse etwas passiert sein, er habe ihn rufen gehört."
"Was? Aber Mamo-chan hat doch gesagt, das erfordert bei ihm Körperkontakt", meinte Kuzoko erstaunt.
"Das habe ich Kishio-sama auch gesagt, aber er sagte, er hätte Mamoru-sama auch im Fokus, und er hätte seine Position seit Stunden nicht verändert." Shinpachi lächelte leicht. "Ihr müsst wissen, dass unsere sensorische Reichweite als Moerus enorm ist. Die von Kishio ist vielleicht größer als meine - im Moment - und seit Mamoru-sama aufgebrochen ist, hatte er immer einen Teil seines Fokus auf ihn gerichtet. Bewusst, unbewusst, er hatte einen Teil von Mamoru-sama immer in seinem Blick. Zwar nur einen sehr schmalen Streifen, aber alles zusammengenommen hätte es Kishio-sama umgebracht, wenn er dem nicht nachgegangen wäre. Ich habe seine Wahrnehmung geprüft und muss bestätigen, dass sich Mamoru-sama tatsächlich seit Stunden nicht bewegt hat."
"Ist er...?", fragte Kuzoko entsetzt. Dann aber sah sie Ryoga an. Der Affe nickte ihr zu. Richtig, wäre er tot, wären auch seine Kontrakte und die Beschwörungen beendet worden. Also lebte er. "Ich gebe zu, das ist beunruhigend, aber noch kein Grund, so...", begann sie, aber Shinpachi winkte ab.
"Das weiß ich. Das weißt du. Aber wenn es etwas gibt, das Kishio-sama nicht mehr erleben will, dann ist es, einen Menschen, der ihm etwas bedeutet, wieder zu verlieren. Ich hielt es für besser, ihm da zuzustimmen, als ihn weiterhin im eigenen Saft braten zu lassen. Außerdem hat er befürchtet, man würde ihn nicht gehen lassen. Der Raikage würde ihn nicht gehen lassen, hat er gesagt. Also ist er trotzdem gegangen. Wenn er falsch liegt, umso besser. Aber dieser ominöse Ruf und das schlechte Gefühl haben ihm keine Wahl gelassen."
"Dann hätte er mit uns sprechen sollen", sagte Ryoga. "Wir hätten ihn unterstützt."
"Ja, das weiß er. Aber er hat sich gesagt, es reicht, wenn sich einer blamiert. Dazu braucht es nicht mehrere und vor allem nicht diejenigen, die auf die Genin aufpassen. Sobald er Mamoru-sama erreicht hat, wird er außer Reichweite unserer Kommunikation sein, leider. Aber wenn er wieder in Reichweite ist, wird er mir sofort mitteilen, was er vorgefunden hat. Im besten Fall können wir immer noch sagen, er war einfach nervös und wollte sichergehen, dass Mamoru-sama nichts passiert ist. Dafür ist er durchaus bereit, jede Strafe in Kauf zu nehmen."
"Das ist Quatsch", brummte Kuzoko. "Niemand wird ihn dafür bestrafen, dass er sich Sorgen um Mamo-chan gemacht hat."
"Ja, das mag sein. Aber man wird ihn bestrafen, weil er seine Pflichten vernachlässigt hat", erwiderte Shinpachi. "Immerhin sollte er auf die Genin und auf mich achten, richtig?"
Er sah sich suchend um. "Apropos Genin. Wo steckt denn die Rasselbande?"
Ryoga zuckte die Schultern. "Im Moment halten sie sechs meiner Schattenklone beschäftigt und stellen Kumogakure auf den Kopf. Und wenn ich sage auf den Kopf, dann meine ich das auch so."
Shinpachi lachte leise. "Ich frage mich gerade, ob Kishio-sama mit seiner Entscheidung nicht das bessere Los gezogen hat."
"Keine Sorge", sagte Kuzoko, "wir lassen uns schon eine Strafe dafür einfallen, dass er sich gedrückt hat."
"Ich sagte doch, er würde bestraft werden", schmunzelte Shinpachi.
"Allerdings. Lässt uns hier mit der Arbeit sitzen", murmelte Ryoga. Er nickte Shinpachi zu. "Aber du hast vollkommen Recht. Es spricht nichts dagegen, dass er aufgebrochen ist. Selbst wenn es nur seine Nerven beruhigen soll. Es wird schon nichts passiert sein, sonst hätten wir das als Erste gemerkt. Und was seine liegengebliebenen Arbeiten angeht... Da ich bereits damit beschäftigt bin, auf Kira und die anderen aufzupassen, macht es dir doch sicher nichts aus, Kishios andere Aufgabe zu übernehmen, oder, Kuzoko-chan?"
"Kishios andere Aufgabe?", fragte sie für einen Augenblick irritiert.
"Ich glaube, er meint mich. Aber keine Sorge, ich komme klar", log Shinpachi.
Kuzoko unterdrückte ein Lachen. "Nein, kommst du nicht. Abgemacht, Ryoga-kun, ich übernehme Shinpachi-kun und du die Genin."
Der Affenkrieger nickte zufrieden, trat in den Gang hinaus und schloss die Tür.
"Also, Shinpachi-chan", sagte sie, ein wenig nervös die Hände ringend, "was kann ich für dich tun?"
Ein sichtlicher Ruck ging durch den Moeru. "Äh, es ist mir ein wenig peinlich, aber... Ich müsste mal auf Toilette. Kannst du mich vielleicht stützen?"
"Und du sagst, du kommst alleine zurecht. Du bist wie Kishio. Merk dir besser gleich und für die Zukunft, dass du jetzt in Team Morikubo spielst, und da passt jeder auf jeden auf." Sie stemmte sich unter seinen linken Arm, als Shinpachi ihn hob. Gemeinsam brachten sie den Moeru auf die Beine. "Übrigens, warum glaubte Kishio, dass der Raikage ihn bestrafen wollen würde?"
"Kishio geht immer vom Schlimmsten aus", sagte der Moeru trocken.
"Oh. Pessimist?"
"Strenger Großvater."
"Verstehe. Komm, es ist ja nicht weit. Und du darfst für den Weg eine schöne Frau im Arm halten."
"Glaub es oder glaub es nicht - das weiß ich wirklich zu schätzen", sagte Shinpachi lächelnd. "Und ich habe eigentlich nicht mehr damit gerechnet, so etwas noch erleben zu dürfen."
"Kompliment dankend akzeptiert", erwiderte sie lächelnd.
"Das war kein Kompliment. Es war eine Feststellung", korrigierte Shinpachi das Mädchen. "Nur eine Feststellung..."
Den Rest der Strecke legten sie schweigend zurück.
***
Auf dem Affenberg wiederholte sich eine Szene, die sich so derweil schon vor knapp zweieinhalb Monaten abgespielt hatte. Nur damals hatte sie nicht so lange gedauert. Auch zu dem Zeitpunkt hatte Mamoru Morikubo Anne auf den Affenberg geschickt, damit sie in Sicherheit war. Schon damals war sie nervös, ja, aufbrausend gewesen, weil sie zurück zu ihrem Sempai gewollt hatte, um ihm beizustehen. Diesmal aber war es schlimmer, ungleich schlimmer, denn sie hatte ihren Sempai noch mehr im Ungewissen zurückgelassen als damals, im Land der Steine. Und diesmal auch definitiv gegen ihren Willen. Ein Umstand, bei dem sie sich noch nicht sicher war, ob sie Gosunkugi-kun jemals wieder verzieh, denn er war ihr beschworener Krieger, aber er hatte auf Mamoru-sama gehört, nicht auf sie. Und natürlich waren ihre Chancen gering gewesen, aber sie hätte es zumindest versuchen müssen, anstatt Mamoru-sama alleine und sterbend zurückzulassen.
Und mit jeder Stunde, die verstrich, wurde aus ihrer Unruhe Angst, blanke Angst, dass plötzlich Ryoga zurück auf den Affenberg geschickt wurde, weil dies bedeutet hätte, dass Mamoru-sama verstorben sein musste und sein Kontrakt mit den Affen aufgelöst worden war. Angst, Ärger, Panik und Wut machten aus der jungen Kunoichi einen Menschen, von dem man einerseits am liebsten zwanzig bis dreißig Meter Abstand halten, ihn aber im gleichen Maße tröstend in den Arm nehmen wollte. Die einzige Person, die dieses Pulverfass im Griff zu haben schien, war Ranko-sensei, die sich neben ihrer anderen zahlreichen Pflichten so oft sie konnte ihrer annahm.

Sugai und Lisang betrachteten das vor Angst zitternde Mädchen, das nervös an jenem Fleck auf-, und abmarschierte, an dem die Affen nach einer Beschwörung zurückzukehren pflegten. Jedesmal, wenn ein Affe erschien, zuckte sie aufs Entsetzlichste zusammen, weil es womöglich Ryoga Hibiki sein konnte. Aber alle drei Affen gehörten zur Westsektion und hatten mit dem Kontraktpartner aus Konoha nichts zu tun.
"Können wir denn gar nichts für sie tun?", fragte Sugai ungewöhnlich einfühlsam, als Perine zu ihnen trat. Genau wie die Affenkriegerin hatten sie von den besten Medi-Nins der Affen eine Behandlung gegen das Gift erhalten, das Orochimaru ihnen allen hatte injizieren lassen, und daher waren sie erst kurze Zeit wieder auf den Beinen.
"Für Anne?" P-chan schüttelte den Kopf. Dabei konnte sie ihre eigene Angst kaum verbergen, denn sie fürchtete sich ebenso wie Anne vor dem, was unvermeidlich schien: Mamorus Tod.
"Dann wenigstens etwas für Hikari-kun?", fragte Lisang.
Wieder schüttelte Perine den Kopf. "Rein gar nichts. Da muss er selbst durch. Er hat sich entschlossen, lieber auf Mamoru zu hören als auf seine Kontraktpartnerin. Und er hat die Flucht dem Tod im Kampf vorgezogen. Damit haben er und Mamo-chan unsere Leben gerettet, das steht außer Frage." Bei diesen Worten presste sie die sonst so vollen Lippen zu schmalen, blutleeren Strichen zusammen und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Nein, sie war nicht zornig auf Hikari. Sie war zornig auf sich selbst, denn wenn sie dem ANBU nicht vertraut hätte, dann hätte Mamo-chan die Chance gehabt, mit Kabuto und Orochimaru Schlitten zu fahren, davon war sie überzeugt. Alleine dass sein Feuer die beiden Chunin hatte befreien können sprach Bände. "Anne-chan wird das eines Tages einsehen und ihm vergeben. Es war die richtige taktische Entscheidung, nachdem wir allesamt schon besiegt und so gut wie tot waren, auch wenn das bedeutet hat, Mamo-chan..." Sie schluckte für einen Moment, weil ihr die Kraft fehlte, um weiterzusprechen. "Auch wenn das bedeutet hat, Mamo-chan zurückzulassen. Nein, Hikari hat richtig entschieden. Er weiß viel zu gut, dass er nicht gegen Orochimaru und seinen Leutnant hätte kämpfen und auf Anne aufpassen können. Hätte es die Möglichkeit gegeben, zumindest Kabuto zu töten, hätte er sein eigenes Leben mit Freude riskiert. Aber es ging auch um Annes Leben... Und um unsere drei Leben. Auch das wird sie eines Tages einsehen. Nur wird Hikari bis dahin leiden wie ein Hund. Nicht, weil Anne ihm grollt. Sondern weil er die gleichen Zweifel, Ängste und Nöte durchlebt, die auch ich durchmache und die Anne so sehr plagen, dass sie noch nicht wieder geschlafen hat. Ranko-sama hat mir berichtet, dass sie das Mädchen die ganze Nacht in den Armen gehalten hat, aber dass sie nicht einmal die Augen geschlossen hat. Sie ist so sehr von Angst durchdrungen, mein Bruder könnte hier wieder erscheinen, als unwiderlegbarer Beweis von Mamo-chans Tod, dass... Dass..." Sie schluckte erneut. "Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer, und das weiß sie auch."
"Einen Hoffnungsschimmer?", fragte Lisang.
"Einen Hoffnungsschimmer", bestätigte die blonde Affenkriegerin. Ein feines Lächeln kehrte auf ihre Lippen zurück. "Je länger es dauert, bis mein Bruder zurückkehrt, desto größer ist die Chance, dass sich Orochimaru verkalkuliert hat und dass Mamo-chan noch immer lebt. Und wenn er nur lang genug lebt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Himmel ein Einsehen mit ihm haben und ihm einen Dämon schicken, der ihn rettet."
"Du meinst einen Engel", korrigierte Sugai.
P-chan zuckte die Achseln. "Wir reden hier nicht nur von einem Shinobi, wir reden vom ewigen Chunin. Also ist ein Dämon doch wesentlich passender."
Der Riese lachte kurz auf. "So gesehen hast du Recht. Dann bleibt uns also nur, abzuwarten, was zuerst geschieht. Ryoga-samas Rückkehr, oder Morikubo-samas Beschwörung eines Affenkriegers."
Sie nickten alle vage dazu und sahen wieder zu Anne herüber, die noch rastloser geworden war. Nicht so sehr wegen der Angst, den langen Rückweg nach Tsukigakure anzutreten, um nicht ewig auf dem Affenberg festzusitzen, es war tatsächlich und wirklich tiefgreifende Angst um ihren Sempai.
***
Ruhig. Ganz ruhig. Ruhe ist das Wichtigste. Was ist zu tun? Die Gegend erkunden. Keine Anwesenden, zumindest keine Lebenden. Merkwürdig. Er hatte Recht. Etwas stimmt nicht. Hier muss außer Mamo-chan noch jemand leben. Sogar eigentlich ziemlich viele. Sondieren. Suchen. Wo würdest du Tote verstecken? Aha. Gefunden. Mist. Also ist die Situation gefährlich. Mamo-chan lebt wahrscheinlich nur noch aus einem einzigen Grund: Er ist der Köder einer Falle. Der vernünftigste Gedanke ist daher, die Falle auszulösen, um zu verhindern, dass sie mehr Leben als das von Mamo-chan fordern würde. So würde der Chunin aus Konoha zumindest argumentieren. Aber du bist kein Shinobi aus Konoha, und er kennt deine Möglichkeiten nicht einmal ansatzweise. Also die Falle finden und untersuchen. Interessant. Interessantes Muster. Verschiedene Fallen, die zusammen ein System bilden. Fallen, die voneinander separat ausgelöst werden konnten, ohne die anderen zu aktivieren. Und ganz zum Schluss eine Falle unter Mamo-chan. Eine Bombe, die wahrscheinlich auf Gewicht basierte. Wenn es tatsächlich jemand schafft, all die Sprengkreise zu durchdringen, die letzte Falle würde ihn erwischen. Aber nicht dich. Druck, also. Wenn man weiß, wo die Fallen sind und wie sie funktionieren, so wie du mit deiner Gabe, dann sind sie nur halb so gefährlich - aber immer noch gefährlich. Dennoch, du traust dir zu, da durch zu kommen, bis zu Mamo-chan. Und dann? Was dann? Was dann, Oberhaupt der Moerus? Sobald du den Druck wegnimmst, geht die Falle hoch. Sicher, du kannst die Bombe manipulieren, für ein oder zwei Sekunden. Was aber dann? Du siehst auf und überlegst, ob es Sinn macht, dein eigenes Leben zu opfern. Nein, es macht keinen Sinn. Mamo-chan wird immer schwächer und braucht dringend Hilfe. Was also bleibt? Dann siehst du den Hirsch, der relativ sorglos in der Nähe der Sprengfallen grast und selbige jederzeit auslösen kann. Dummes Vieh. Weg da. Oder... Wieviel wiegt so ein Hirsch wohl? Ein Plan entsteht, ein Plan, der dir sehr gut gefällt. Du weißt nicht, wie Mamo-chan in diese Lage geraten ist und du weißt nicht, wer dafür verantwortlich ist. Aber du weißt verdammt genau, wer ihn wie wieder rausholen wird. Beim Stolz aller Moerus, du wirst es schaffen.
***
Ich wusste damals natürlich nicht, wie lange ich dort gelegen hatte, beziehungsweise hatte ich nicht genügend aktive Denkleistung, um ein so spektakuläres Gedächtniskunstwerk zustande zu bringen, mir die Anzahl der Tagesabläufe zu merken. Aber ich dämmerte immer mal wieder weit genug an die Oberfläche meines Bewusstseins, um genügend Kraft zu sammeln, um meine Augen zu öffnen. Dann sah ich. Die Abendsonne. Die Sterne am Himmel. Wieder die Sterne. Dann die Morgensonne. Mittagszeit. Früher Nachmittag. Später Nachmittag. Wieder die Abendsonne. Damals war von meinem Giftgemarterten Verstand gerade genug übrig, sodass ich erkennen konnte, dass ich bereits einen vollen Tag als Köder hier lag. Und hatte ich in der Nacht gefühlt, wie mein Körper ausgekühlt war, briet mich die Sonne am Tag über kräftig durch. Man merkte halt, dass das Frühjahr langsam, aber unaufhaltsam auf den Sommer überwechselte. Und es stand über dem Land der Blitze keine Wolke am Himmel, die mir Linderung verschafft hätte. Zum Glück konnte ich mit Verbrennungen sehr gut umgehen; mit dem, was mir an Chakra-Kontrolle geblieben war, sandte ich die Hitze der Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht und den ungeschützten Händen weiter in den Körper, ein beinahe automatischer Vorgang für mich. Nur Stunden später, als das Licht der Sterne über mir funkelte, fraß sich die Kälte wieder in meine Knochen. Es gab einfach nichts, was die Wärme des Tages hätte speichern können. Es war noch zu früh, als dass zum Beispiel vom Meer warme Luft landeinwärts geweht wäre. Oder dass das Land sich derart aufgeheizt hätte, um auch unter dem Sternenlicht Wärme zu verbreiten. Ich fror erbärmlich. Aber wenigstens bekam ich in meinem losgelösten Zustand nicht allzuviel davon mit.
Was immer mir Kabuto in den Körper injiziert hatte, es reduzierte meine Körperfunktionen und damit auch meine Geistesleistung erheblich. Ich lebte im Zeitrafferland und bekam kaum etwas von dem mit, was mich umgab. Aber, immerhin, zum ersten Mal seit Jahren konnte ich mich richtig ausschlafen. Aber das war auch der einzige positive Aspekt, denn ich fühlte deutlich, dass mein Körper das Gift nicht abbaute. Im Gegenteil, die Wirkung verstärkte sich nach und nach. Und das konnte nur eines bedeuten: Kabuto oder Orochimaru hatte eine Schlange dagelassen, die mich nach und nach totbiss. Halunken, von wegen Chance.
In einem der wacheren Momente, die ich erlebte, es war wohl gerade früher Morgen, spürte ich deutlich den Biss im rechten Oberschenkel, den das Biest mir verabreichte.
Ich habe nicht wirklich bewusst reagiert. Es war mehr der permanent trainierte Reflex aus Wirkung und Gegenwirkung. Der Schmerz, der mich durchfuhr, weckte mich lange genug aus der Lethargie der Lähmung, um nach dem Kunai zu greifen, das ich vor wie vielen Tagen? hatte fallenlassen und damit die Schlange zu erstechen. Nun, es gelang, aber leider biss mich das Biest in seinen Todeszuckungen noch einmal. Eindeutig eine Überdosis, die mich so nahe an die Schwelle des Todes treiben ließ, dass ich mich auf einer großen, dunklen Ebene wiederzufinden glaubte, auf der ein einsames Lagerfeuer das einzige Licht war. Und an dem Lagerfeuer saß Kakashi-sensei. Oder zumindest jemand, der ihm sehr ähnlich sah. Doch der Moment war flüchtig, und bevor ich mich versah, dämmerte ich wieder weg.

Als ich das nächste Mal erwachte und die Augen öffnete, bekam ich den Schreck meines Lebens. Zumindest glaubte ich, mein vom Gift ohnehin geschwächtes Herz würde aussetzen wollen, als ich einem Hirsch direkt in die Augen sah. Ein Hirsch hier, im Herzen der Falle? Das konnte nur bedeuten, dass die Explosion, die mich ins ewige Vergessen befördern würde, unmittelbar bevorstand. Die Tatsache erleichterte mich so sehr, dass ich beinahe sofort das Bewusstsein verlor. Gut, ich würde kein Köder für einen oder mehrere meiner Kameraden und Schutzbefohlenen sein. Ich würde niemanden in den sicheren Tod reißen. Ich würde auch nicht jemanden wie Kishio zu einer wahnwitzigen Rettungsaktion treiben, die doch nur im Verderben enden würde. Danke, Hirsch. Damit löschte sich mein Bewusstsein und ich fiel in schwärzeste Finsternis.

Doch ich erwachte erneut. Und ich fühlte mich dabei kräftiger als in der ganzen Zeit, seit ich Kabuto so sehr auf den Leim gegangen war. Es war hell, aber ich spürte nicht die Verbrennungen meiner Haut durch die ungeschützt auf mich einbrennende Sonne. Zugleich aber war mir auch nicht kalt. Ich fühlte mich angenehm. Und ich war nicht allein. Das wusste ich, als ich am Rand meines erwachenden Bewusstseins die Präsenz eines anderen spürte. Unglaube erfüllte mich, denn ich kannte den anderen noch gut von unseren gemeinsamen Übungen. `Kishio?´ Erleichterung erfüllte mich. Ich war noch am Leben. Ich war aus der sengenden Sonne raus. Ich war... Ja, wo überhaupt?
`Sensei?´, antwortete er mir aufgeregt.
`Wo bin ich und was ist hier los?´
`Wir sind hier in einer Hütte und warten auf den Suchtrupp, der für dich losgeschickt wurde. Ich habe dich gefunden und hierher gebracht. Du bist schwer verletzt.´
`Und warum kuscheln wir hier?´, stellte ich die offensichtlichste Frage, denn die Wärme, die ich verspürte, kam direkt von Kishios Körper. Seine Antwort entsetzte mich, wenngleich sein mentales Lachen mich beruhigte. `Weil du eiskalt warst, Sensei. Und weil du hier an meinem Chakratropf hängst, und an meiner Herz-Lungen-Maschine.´
´Was?´, fragte ich erstaunt. Wie schlimm war der Biss der sterbenden Schlange denn gewesen? Und wie nahe hatte ich wirklich am Abgrund gestanden, quasi?
`Ich atme für dich und reguliere deinen Herzschlag. Und du benutzt hauptsächlich mein Chakra.´
`So schlimm?´, fragte ich, wohl Kishios Sorge und Angst spürend, die er wegen mir empfand.
`Ja, es war, oder ist, wie eine Lähmung, es fühlte sich fast so an wie bei Shinpachi. Ich habe mich noch nicht getraut, dich wieder alleine atmen zu lassen. Besser wir warten, bis der Medi-nin da ist. Weißt du noch, was passiert ist, Sensei?´
`Nicht so genau, aber da waren Schlangen...´ Schlangen. Und vor allem das eine Mistvieh, das Kabuto mir als Abschiedsgruß dagelassen hatte. Beim Gedanken, den weißhaarigen Bastard erwürgen zu wollen, reagierte mein Körper und wollte sich bewegen. Das war einerseits ein gutes Zeichen, ich erlangte einen Teil meiner Körperkontrolle zurück. Andererseits wollte ich Kishios Aufgabe nicht unnötig erschweren, deshalb beließ ich es bei einem Seufzer, der aber mehr nach einem Stöhnen klang. Aber der Ärger, der Unmut über meine Hilflosigkeit, das nagte weiter an mir. `Sie haben mich als Köder liegenlassen und ich konnte nichts tun, die Falle...´
Kishios mentale Stimme wurde neben all der Erleichterung auch strenger, als er erwiderte: `Mah, mah, Sensei, alles ist gut. Es ist niemandem etwas passiert. Du bist hier in Sicherheit und ich lasse dich auf keinen Fall sterben. Und in ungefähr zwei Stunden wird dann auch der Medi-nin hier sein. Ich habe Shinpa informiert und er wird es weitergeben. Schlangengift würde die Lähmung erklären, er hat sicher Gegengifte dabei. Und wenn nicht, kuscheln wir einfach, bis wir im Krankenhaus sind. Sehr gut, dann muss ich nicht laufen!´
`Warte, albere hier nicht rum! Wer hat mich gefunden?´, mahnte ich nun meinerseits ihn. Wie war ich aus der perfekten Falle rausgekommen? Wer hatte dieses Wunder zustande gebracht? Spontan traute ich es nur Kirabi-sama zu, indem er mich mit Hilfe des Hachibi gerettet haben könnte - auf Kosten mehrerer Arme. Teufel auch, ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es ohne Verluste abgegangen sein konnte. Und immerhin war ich gerade alleine mit Kishio, oder? Wie viele Menschen hatten also für mich sterben müssen? Die Antwort auf diese Frage und auf das "Wer" lähmten meine Gedanken.
`Ich, ich hatte dich noch im Fokus, ich wusste, dass etwas nicht stimmt, deshalb bin ich los, um dich zu holen.´
Erstaunt sah ich mental auf. `Du hattest mich im Fokus? Über diese Entfernung?´
`Hai, Sensei, du hast nie gefragt, wo meine Grenzen liegen.´
Das hatte ich allerdings nicht. Ich hatte mich nie mit dem Gedanken anfreunden können, mehr von ihm zu verlangen, als er von sich aus zu geben bereit war. Aber implizierte das...? `Alleine?´
`Hai, Sensei, die Genin wollte ich nicht mitnehmen und die anderen haben mir nicht geglaubt. Für die Befehlsverweigerung kannst du mich bestrafen, aber ich schulde dem Raikage keinen Gehorsam! Und selbst wenn! Ich bin dein Beschützer! Wage es nicht noch einmal zu sterben, wenn ich nicht dabei bin, sonst bringe ich dich eigenhändig um!´
Die Erleichterung überfiel mich wie eine Woge, die mich einhüllte und an den Strand des Aufatmens spülte. Ich seufzte laut auf. Und bemerkte erfreut, dass ich die Kontrolle über meinen Körper zurückgewann. Es entlud sich in einem leisen Lachen. „Oh, Kishio....“
„Was?“
Ich grinste sowohl innerlich als auch nach außen, als ich die nächsten Worte sagte. Dieser Teufelskerl von Moeru war nicht nur gegen jede Chance alleine aufgebrochen, um mich zu retten, er hatte auch noch die Unverschämtheit besessen, bei meiner unmöglichen Rettung erfolgreich zu sein. Zum ersten Mal ahnte ich, wen ich mir da eingefangen hatte. Und dass wir mehr auf Augenhöhe waren, als ich bisher zuzugeben bereit gewesen war. „Hiermit erteile ich dir ausdrücklich die Erlaubnis dazu, mich eigenhändig umzubringen, wenn ich ohne dich sterbe!“
Ich spürte seine Verblüffung und hörte sie auch in seiner Stimme, als er leise antwortete: „Sensei...“
Erst war es nur ein Glucksen, daraus wurde ein Prusten und schließlich lachte er mit mir vor lauter Freude und Erleichterung. Dies ging wohl eine gute Minute so, bevor wir uns wieder beruhigten. Schließlich fragte er: „ Wenn es dir schon so gut geht, dass du lachen kannst, kann ich dich mal für eine Minute oder zwei loslassen? Ich bin auch ganz schnell wieder da, ich schwörs!"
Das verwunderte mich ein wenig. Bis ich über die mentale, körperliche Verbindung erfühlte, warum Kishio mich ein oder zwei Minuten allein lassen wollte: Er musste mal austreten.
Ich unterdrückte ein weiteres Auflachen. "Das werde ich überleben, schätze ich. Also los."

Später dämmerte ich wieder weg und bekam die Ankunft der Medi-Nin und einer ganzen Abteilung Ninjas und ANBUs gar nicht mit. Erst auf dem Rückmarsch erwachte ich wieder und konnte dem Anführer der Gruppe kurz Rede und Antwort stellen. Der Verlust der Ninjas, die das Versteck zu einer Falle gemacht hatten, der sich voraussichtlich herausstellen würde, behagte ihm gar nicht. Und als es um meine beiden ANBU-Begleiter ging, die sich als Kabuto und Gefolgsmann herausgestellt hatten, wurde er sogar sehr still. "Morikubo-sama, wir hatten vier ANBU für Sie abgestellt."
Also wurde es sehr wahrscheinlich, dass Kabuto und Zuuto die vier ANBU, die für meine Begleitung ausersehen gewesen waren, getötet und irgendwo in Kumogakure versteckt hatten. Ziemlich gut versteckt hatten, denn bis jetzt waren ihre Leichen nicht wieder aufgetaucht. Was der Leutnant Orochimarus in der Stadt gewollt hatte, war relativ offensichtlich. Er musste nach Shinpachi gesucht haben. Und der wiederum musste einen großen Wert für Orochimaru haben, wenn Kabuto so ein Risiko eingegangen war. Die Tatsache, dass wir den älteren Moeru ebenfalls bei den Yamadas untergebracht hatten, musste ihn vor der Entdeckung bewahrt haben. Jedenfalls reimte ich es mir so zusammen, sonst hätte Orochimaru am Versteck nicht davon gesprochen, "seinen" Moeru aufgeben zu müssen. Anschließend hatten Kabuto und Zuuto keine leichtere Möglichkeit gehabt, um die Stadt wieder zu verlassen, als sich als unsere ANBU-Begleiter auszugeben. Damit schloss sich ein Kreis. Als ich schließlich noch erzählte, dass die beiden Chunin in meiner Begleitung höchstwahrscheinlich noch lebten und auf dem Affenberg waren, schnaubte der Expeditionsleiter zufrieden und sagte etwas von wenigstens einem Lichtblick im großen, dunklen Schlamassel. Beinahe noch im gleichen Atemzug erzählte er mir, dass er einen Eilboten losschicken würde, um dem Raikage von Orochimarus Beteiligung zu berichten. Als wir später in der Stadt ankamen, erfuhren wir, dass Kumogakure mobil gemacht hatte und Orochimaru und seinen Leuten hinterher jagte. Fast fünftausend Ninjas hatten sich auf den Weg gemacht, um die drei zu stellen, auch wenn sie drei Tage Vorsprung hatten. Zumindest hatte der Raikage den Befehl dazu erteilt, noch während er meine Rettungsexpedition losgeschickt hatte. Gleichzeitig hatte er einen Eilboten nach Kirigakure geschickt, um Mei-chan, pardon, die Mizukage, um Amtshilfe zu bitten und Orochimaru in die Zange nehmen zu können. Aber drei Tage waren in der Ninja-Welt eine Ewigkeit und ich hatte keine Zweifel daran, dass Kabuto wieder entkommen war.
Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten. Nun war es persönlich. Sehr persönlich. Wenn wir uns das nächste Mal trafen, würde nur einer von uns lebend den Platz verlassen. Das war so sicher wie dass über Konoha fünf Gesichter in den Stein gemeißelt waren. Aber es gab auch Positives. Der erste Medi-Nin, der mich behandelt hatte, hatte mir ein Gegenmittel gespritzt, das speziell für Shinpachi modifiziert worden war. Dieses Mittel schlug so hervorragend bei mir an, sodass ich bereits nach der Hälfte der Strecke quängelte, alleine laufen zu können. Dies rief allgemein Erleichterung und Heiterkeit hervor, denn wenn es mir schon wieder so gut ging, war ich wohl über den Berg. Zugleich aber spürte ich die absolute Entschlossenheit von allen, von Kishio über die Medi-Nin bis hin zum ANBU-Trupp, der uns beschützte, mich auf keinen Fall auf die eigenen Füße zu lassen, bevor wir nicht in Kumogakure waren. Also fügte ich mich ins Unvermeidliche. Vorerst.

Noch während wir nach Kumo zurückmarschierten, nahm ich mir die Zeit, um Kishio angemessen zu tadeln. Der Junge war noch immer erschöpft genug, sodass er sein Leben riskiert haben musste. Aber alles, was ich an ermahnenden Worten zu ihm sagte, prallte an seinem ergebenen Lächeln ab. Und ich wusste, er würde sogar eine empfindliche Strafe hinnehmen, im Angesicht des Bewusstseins, mein Leben gerettet zu haben. Aber ich würde ihn dafür sicher nicht bestrafen. Nur etwas mehr Selbstwertgefühl würde ich ihm beibringen müssen. Was aus meinem Mund, zugegeben, sehr ironisch klingen würde.
Ich seufzte. "Erklär mir wenigstens, wie du es gemacht hast, Kishio."
"Hai, Mamoru-sensei. Ich muss zugeben, es war ein echtes Kunstwerk. Sechs unabhängig voneinander geschaltete Fallen aus Sprengtags und Giftfallen und anderem, dazu eine große Mine unter dir, die auf Druck reagierte und jeden mit dir zerrissen hätte, der dich von diesem Platz entfernen würde. Ein wahres Meisterwerk, das mich an die Kunstfertigkeit eines Bildhauers erinnerte. Die Falle war nicht nur zweidimensional, sondern sogar dreidimensional. Ich zolle seinem Erschaffer für die filigrane Art und seinen Einfallsreichtum widerwilligen Respekt. Aber genau das war auch der Fehler an der Geschichte: Seine Komplexität erforderte diverse Sicherungen, damit der Fallenkomplex sich nicht selbst auslöste. Und an diesen Sicherungen anzusetzen war die Lösung. Weißt du, wenn du ein Sprengtag zertrittst, während es brennt, zündet es nicht. Wenn du aber verhinderst, dass es überhaupt erst zu brennen beginnt, kannst du es hintun, wohin immer du möchtest, und es ist immer noch so gefährlich wie zuvor. Außer dem Umstand, dass es nicht mehr da ist, wo es zuvor war."
Erstaunt sah ich ihn an. "Dann hast du also was gemacht?"
"Ich habe die Sprengfallen überbrückt und dann ihre Positionen verändert. Wie ich schon sagte, die Falle war dreidimensional, Sensei, also lag es nahe, dies auszunutzen. Im Endeffekt bin ich durch das gefährlichste Gebiet, die Sprengfallen, und habe einen Tunnel hindurch getrieben, indem ich sie umgehängt habe. Dadurch habe ich verhindert, eventuelle weitere, verstecktere Sicherungen auszulösen, obwohl ich keine gesehen habe. Und mit diesem Tunnel konnte ich bis zu dir gelangen."
"Die Mine?", fragte ich knapp.
"Eine Frage des Gewichts. Ich konnte sie ein paar Sekunden lang daran hindern, sich auszulösen, sobald ich dich hochnahm. Das hätte nicht gereicht, um dich zu retten. Aber es hat mir einen Trick erlaubt. Ich habe dein Gewicht durch das eines Rehs ersetzt, das ich mit mir durch den Tunnel nahm. Den ich übrigens von Anfang an großzügig gestaltete, denn ich musste dich ja wieder mit hindurch nehmen."
Ich hustete lachend. Das erklärte, wieso ich in einer meiner wachen Phasen einem Reh in die Augen geblickt hatte. "Das hast du sehr gut gemacht, Kishio", sagte ich schließlich. Und ich meinte jedes Wort ernst. "Jetzt stehe ich ebenso in deiner Schuld, wie du in meiner. Tatsächlich könnte man sagen, wir sind quitt."
Eifrig schüttelte der junge Moeru den Kopf. "Vielleicht schulde ich dir mein Leben nicht mehr, Sensei, hai, aber du hast mir viel mehr gegeben. Du hast mir ein Leben gegeben, dass zu leben sich lohnt. Du hast mir einen Verbündeten gegeben, der Orochimaru genauso hasst wie ich. Und du hast mir meinen großen Bruder wiedergegeben. All das kann ich dir nie richtig vergelten. Richtig, wir sind nun einander auf Augenhöhe. Du hast mich gerettet, ich habe dich gerettet. Aber wir sollten weit davon entfernt sein, und dies gegenseitig aufzuzählen, denn es wird sicher noch etliche Male vorkommen, Sensei." Beinahe trotzig sah er mich an. "Was ich sagen will, ist, einer muss ja auf dich aufpassen. Es ist mir unerklärlich, wie du bisher ohne mich unbeschadet durchs Leben gekommen bist."
Ich lachte bei diesen Worten auf, wenngleich bitter, wenn ich an meine zahlreichen Verletzungen dachte, die ich mir bereits in meinem Leben zugezogen hatte. "Also bleibt erst einmal alles beim alten?"
"Sieht ganz so aus. Wenn du mich und Shinpachi überhaupt willst, heißt das", sagte er leise, mit einem seltsamen Unterton von Furcht in der Stimme.
"Kishio. Wir sind Freunde, oder etwa nicht? Ich sehe keinen Grund, dich und Shinpa-chan zurückzuweisen. Du gehörst doch schon zur Familie und Shinpa-chan wird das auch sehr bald."
Er sagte nichts, aber ich spürte seine Erleichterung. Kurz berührte er mich an der Schulter und ich konnte sein mentales Danke hören. Ich nickte nur.
"Bleibt nur noch eine Sache, die mich wundert", sagte er schließlich.
"Und die wäre?"
"Nicht, dass ich etwas dagegen habe, aber... Warum nennst du meinen großen Bruder Chan?"
Nun war ich ehrlich verblüfft. "Äh..." Ja, warum machte ich das gleich nochmal? "Um es... Ihm leichter zu machen. Um ihn besser in die Familie zu integrieren. Und weil Chan so gut zu ihm passt."
Kishio lachte daraufhin laut und herzlich. "Das Letzte sollten wir ihm besser nicht erzählen", sagte er zwischen zwei Japsern, mit denen er wieder nach Luft schnappte.
***
Als wir in Kumogakure einzogen, waren die ersten Details schon durchgesickert. Vor allem die Toten am Versteck, die gerade von anderen Kumo-Nin geborgen wurden, hatten vielen Familien Kummer beschert. Aber die Nachdrücklichkeit und die Wut, mit der A-sama seine Shinobi auf die Jagd nach Orochimaru geschickt hatte, schien die Trauer im Moment in grimmige Entschlossenheit verwandelt zu haben. Während ich zur Nachuntersuchung ins Krankenhaus gebracht wurde, begleiteten mich etliche Blicke und tausende Fragen wurden mir gestellt, aber ich spürte keine Feindseligkeit, obwohl mancher Angehöriger in der Gewissheit des Todes eines Liebsten zusammenbrach - zumindest keine Feindseligkeit mir gegenüber.
Mir war klar, dass der Raikage sich schreckliche Vorwürfe machte. Immerhin hatte er eine Falle für Orochimaru gestellt gehabt, und nun stellte sich heraus, dass der die Falle nicht nur überlebt und alle Wächter umgebracht hatte, er hatte auch noch seinen Leutnant nach Kumogakure geschickt. Und hier war Kabuto im Herzen der Macht des Landes der Blitze frei herumspaziert und hatte auch noch vier ANBU ermordet, nach deren Leichen gerade verbissen gesucht wurde. Für mich war klar, dass Orochimaru so etwas nur mit Hilfe eines Verräters möglich gewesen sein musste. Ansonsten hätten wir von vorne herein die Waffen strecken können, denn dann wäre Orochimaru mächtiger als jeder Kage und jeder Jinchuriki. Und das war er nicht; Naruto hatte mir genau erzählt, wie sein Sensei Jiraiya zusammen mit Tsunade-sama gegen ihn und Kabuto gekämpft hatte. Ja, er war mächtig, auch noch mit den Verletzungen, die der Sandaime ihm im Kampf zugefügt hatte. Aber nicht so mächtig. Niemals so mächtig. An diesen Gedanken klammerte ich mich verbissen. Auch mein Feuer hatte ihn verletzen können und würde es wieder tun. Wieder und wieder, so oft wie es notwendig sein würde.

"Eieieieieieiei", murmelte Sadahara-sensei, während er mich untersuchte. "Damit habe ich wohl Ihr ganzes Team hier gehabt, Morikubo-san."
Er klopfte mir gegen den Rücken und lauschte auf den Klang. "Körperlich geht es Ihnen gut und Ihre Chakra-Knoten erholen sich von der Vergiftung, dank des Gegengifts, das wir erfolgreich bei Shinpachi Moeru angewendet und für seine Bedürfnisse modifiziert haben. Aber Sie sind noch schwach. Sie müssen sich schonen. Mindestens den Rest der Woche. Und Sie dürfen Ihr Chakra-System nicht über Maß belasten. Das heißt, kein Jutsu die nächsten drei Tage. Minimal." Streng sah er mich dabei an.
Missmutig sah ich zurück. Ich trug gerade nicht viel mehr als einen Kittel und eine Unterhose und hatte bereits allerlei Prozeduren über mich ergehen lassen. Natürlich wusste ich die Sorge von einem der besten Einsatzärzte Kumos zu schätzen, aber ich konnte ja wohl schlecht gegen meine Natur vorgehen.
"Eines müsste ich allerdings doch anwenden, Sensei", sagte ich, "um meine Begleiter vom Affenberg zurückzuholen."
Missmutig sah er mich an, bevor er seufzte. "Gut, gut, EIN Jutsu ist Ihnen erlaubt. Aber danach müssen Sie sich schonen. Ihre körperliche Fitness wird zurückkehren, sobald das Gift aus Ihrem Körper gespült wurde und Ihre Organe werden in den alten Tritt kommen, wenn wir die nächsten Tage stärkende Chakra-Behandlungen wie bei Shinpachi Moeru durchführen. Dabei geht es sogar relativ fix bei Ihnen, Morikubo-san, weil Sie dem Gift nicht so lange ausgesetzt waren, aber auf jeden Fall war es eine mittelfristig tödliche Dosis."
"Wem sagen Sie das?", murrte ich. Kabuto, wenn wir uns das nächste Mal sahen, hatte er besser ein verdammt gutes Suiton-Jutsu auf Lager, oder mein Katon würde ihn auf kleiner, ultraheißer Flamme langsam gar grillen. "Also schonen und für Chakra-Behandlungen wiederkehren?"
"Dreimal täglich. Dazu eine unterstützende Therapie mit Chakra-intensiven Medikamenten und weiteren Gaben des Gegengifts. Außerdem ordne ich für morgen eine Examination an, um festzustellen, ob Orochimaru etwas in Ihrem Geist zurückgelassen hat, eine Programmierung beispielsweise."
Ich schüttelte leicht den Kopf. "Tut mir leid, das kann ich nicht zulassen. Ich bin Geheimnisträger. Und sosehr ich Kirabi-sama und dem Raikage auch vertraue, ich kann nicht über den Schatten meines Trainings springen, Sadahara-sensei."
"Gut, aber ich werde das in meinem Bericht an den Raikage und die Hokage vermerken müssen. Spätestens in Konoha wird so eine Sondierung dringend notwendig sein."
Ich nickte zustimmend. "Solange Konohas Geheimnisse in Konoha bleiben..." Für einen Moment bedauerte ich es, dass Kakashi bereits wieder mit Sai nach Konoha zurückgekehrt war. Sein Sharingan hätte den gleichen Zweck erfüllt. In relativ kurzer Zeit und annehmlich für mich. Solange ihm nicht mal wieder der Schalk im Nacken saß und er die Fähigkeit des Sharingan zur Hypnose missbrauchte, um mich irgendetwas dämliches tun zu lassen. Nicht, dass das jemals schon vorgekommen wäre. Niemals. Nein, bestimmt nicht. Und es waren anschließend auch keine zwanzig Liter Terpentin nötig gewesen... Nun ja. Kakashi Hatake war nicht da und damit fiel diese Option flach. Da musste ich eben bis zu meiner Rückkehr nach Konoha damit leben, ein potentielles Sicherheitsrisiko zu sein, da hatte Sadahara-sensei zu einhundert Prozent Recht. Man konnte sich nie sicher sein, ob Orochimaru mir nicht mehr dagelassen hatte als die Schlange, die mich langsam und nachdrücklich hatte töten sollen.
"Das war es dann. Wir sind fertig. Sie können sich wieder anziehen."
"Danke, Doktor." Ich griff nach meinen Sachen.
"Wir sehen uns heute Abend zur ersten Chakra-Behandlung", sagte er und öffnete die Tür, um auf den Flur hinauszutreten. Dies löste allerdings eine Lawine aus. Eine Lawine aus Personen, die an der Tür gelehnt und gelauscht hatte. Meine Genin, natürlich. Und Omoi. Und Shi-chan. Und Karui. Und die Spinnen-Schwestern. Und wenn ich nicht ganz irrte, lehnte Samui lässig im Gang an der gegenüberliegenden Wand und gab vor, vollkommen uninteressiert zu sein. Direkt neben ihr Kirabi-sama. Und Ryoga stand auch dabei. Ganz abgesehen von der Abordnung weiterer Yamada-Angehöriger im Gang, einschließlich Jin-samas. Und ich stand da, lediglich in Unterhose, gerade dabei, meine Hose hochzuziehen.
Der Erste, der sich wieder aufrappelte, war Shinji. Tränen standen in seinen Augen und Rotz lief ihm sehr unappetitlich aus der Nase. "Sensei... SENSEI!" Mit gequälter Leidensmiene sprang er mir in die Arme.
"Na, na", murmelte ich.
"Wir haben's nicht gewusst, Sensei, sonst wären wir gekommen, um dich zu holen", sagte er schluchzend. "Und dann haben sie uns nichts gesagt, außer dass du verletzt warst, und... Und... Und..."
"Sensei!" Genin Nummer zwei. Mai-chan. "Mach sowas nicht nochmal mit uns", forderte sie, den Tränen nahe.
"Sensei!" Nummer drei und vier. Kira und Kuzomi, dicht gefolgt von Shi-chan. Dem Ansturm soviel roher Gewalt war ich nicht gewachsen. Ich ging zu Boden und wurde von meinen Genin regelrecht begraben. Natürlich war es peinlich, dass das geschah, während ich halbnackt war, aber mir war klar, dass meine Genin die Nähe brauchten, alleine schon um sicherzugehen, dass ich wirklich lebte und auch weiterleben würde. Also ließ ich sie weinen und schluchzen - aber ich würde garantiert anschließend duschen müssen, um den Schnodder wieder abzukriegen.
"Ich bin wieder da", sagte ich leise und freundlich, während ich schicksalsergeben am Boden lag. "Und ich gehe auch nicht so schnell wieder weg." Erstaunlicherweise konnte ich dieses Versprechen fast ein Jahr lang einhalten.
***
"Kuchiose no Jutsu!" Weißer Rauch wallte auf und nahm mir die Sicht. Dennoch schälten sich relativ schnell die Silhouetten von fünf Personen aus dem Rauch hervor. Und eine davon stürzte auf mich zu. "Mamo-chaaaaan!"
Bevor ich mich versah und bevor ich reagieren konnte - das schob ich allerdings auf Orochimarus Gift, nicht auf meine Reaktionszeit - hatte Anne sich mir an den Hals geworfen. "Ich dachte, du wärst tot! Und wie konntest du mich zum Affenberg schicken? Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Und überhaupt, ich... Ich..." Sie begann übergangslos zu heulen und mir blieb nichts anderes übrig, als sie in die Arme zu schließen. Na toll, das Hemd durfte ich dann auch noch wechseln. Aber das war ein ungerechter, nebensächlicher Gedanke, während ihre Tränen mein Hemd durchnässten. Ich spürte viel zu sehr ihre Angst und ihre Erleichterung, mich wiederzusehen, vom Affenberg zurückgekehrt zu sein.
Als der Nebel sich weiter lichtete, erkannte ich P-chan, Sugai und Lisang... Und Hibiki. Ich nickte dem großen Affenkrieger voller Dankbarkeit zu. Er erwiderte das Nicken, aber seine Miene blieb starr. Ich war mir verdammt sicher, dass Anne ihm die letzten Tage tüchtig zur Hölle gemacht hatte. Ich würde das ausgleichen müssen. Irgendwie.
"Nun ist aber gut", sagte ich nach diversen Minuten. Ich löste ihre Umklammerung so sanft wie möglich und hielt sie ein Stück von mir. "Du wolltest schon wieder dein Leben gegen einen sehr viel stärkeren Feind riskieren. Einen Feind, dem du vor etwas mehr als einem Monat dein Jutsu gezeigt hast", sagte ich tadelnd.
"Ja, schon, aber es ging doch darum, dein Leben zu retten!", sagte sie mit verheulten Augen. Suchend sah sie sich unter den Anwesenden um. "Wer hat dich denn rausgehauen? Wem muss ich um den Hals fallen?"
Stumm zeigten alle Finger auf Kishio, der entsetzt auf die Szene starrte. Bevor er sich versah, klebte Anne an seinem Hals und drückte ihn fest. "Dankedankedankedankedankedankedanke."
Überrascht sah er das Mädchen an, aber langsam, sehr langsam drückte er es kurz.
Als Anne ihn wieder los ließ, seufzte sie tief. "Okay, du kannst anfangen, Mamoru-sama."
"Anfangen womit?", fragte ich.
"Damit, mich nach Strich und Faden zusammenzustauchen und mir klarzumachen, dass ich so dumm war, in einer aussichtslosen Situation mein Leben aufs Spiel zu setzen. Aber...", sie hob eine Hand und lächelte, "du musst mich nicht dafür tadeln, dass ich Gosunkugi-kun malträtiert habe. Gewiss, den ersten Tag war ich unausstehlich, aber am zweiten hatte ich ihm schon verziehen. Nicht, dass er viel davon mitbekommen hatte. Er hat sich ja mindestens ebenso sehr gegrämt wie ich, weil er dich auch zurückgelassen hat. Aber er hat auch viel bewundernswertes über dich gesagt. Zum Beispiel, dass du ein wirklich großes Paar haa..."
"Anne-chan", unterbrach ich sie hastig, "Hikaris Komplimente hin oder her, du weißt hoffentlich, dass ich wegen dir eine Höllenangst ausgestanden habe, bis du sicher auf dem Affenberg warst. Und natürlich auch um dich, Hikari."
Der Affenkrieger bestätigte mit einer schlappen Geste, die zu seiner menschlichen Tarnung als schwächlicher kleiner, übermüdeter Junge wunderbar passte.
"Und natürlich um dich, P-chan. Weitere Anwesende eingeschlossen", sagte ich mit einem Seitenblick auf die beiden Kumo-Chunin. Die beiden nickten unisono.
P-chan nutzte die Gelegenheit, um sich vorzudrängeln und um mich zu umarmen. "Aahhh, einmal lebendiger Mamoru Morikubo. Was habe ich dieses Gefühl vermisst. Und was hatte ich für eine Angst, es nie wieder erleben zu dürfen."
"Ich liebe dich auch, P-chan", sagte ich lächelnd und küsste sie sanft. Und das war nichts als die Wahrheit.
"Wenn es das ist, was ich kriege, wenn du in Lebensgefahr schwebst, kann das ruhig öfters passieren", scherzte sie.
"Bloß nicht", protestierte Anne. "Ich habe das Gefühl, meine Lebensspanne halbiert sich jedesmal, wenn es wieder passiert. Ich meine, wie oft bist du jetzt schon fast gestorben, Sempai? Ein halbes Dutzend oder öfter?"
"Eher öfter", gestand ich trocken. "Aber das tut jetzt nichts zur Sache, junge Dame. Du weißt hoffentlich, was für Sorgen ich mir um dich gemacht habe und wie verantwortungslos es von dir war zu versuchen, mir gegen Orochimaru beizustehen! Gegen Orochimaru! Wärst du geflohen, um nach Kumogakure zurückzukehren und Verstärkung zu holen, hätte mir das sehr geholfen. So aber, in der Reichweite Orochimarus, dein eigenes Leben gefährdend, war es die einzige Möglichkeit, dein Leben zu retten." Ich löste mich aus P-chans Umarmung und hob ihr Kinn an. "Und ich will nicht jemanden verlieren, den ich liebe, Anne-chan. Niemals."
"Sechs", murmelte P-chan in einem resignierenden Tonfall. "Sechs, das weißt du, Mamo-chan. Und du bist schuld."
"Ach, red doch nicht", erwiderte ich schmunzelnd. "Immerhin liebe ich die große Mehrheit der Anwesenden, oder etwa nicht?"
"Bei sechs sollten wir aber wirklich einen Schlussstrich ziehen!", forderte sie vehement. "Obwohl es nicht danach aussieht, als würde die Zahl sich wesentlich erhöhen. Dafür war Mai viel zu eifersüchtig, als Anne Ki..."
"Perine-sama! Wie ist es eigentlich so auf dem Affenberg?", rief die sommersprossige Genin laut. "K-kann ich da vielleicht auch mal mit?"
"Du kannst ja gleich mit mir mitkommen", sagte Hikari. "Ranko wollte nämlich, dass ich so schnell wie möglich zurückkehre, um ihr zu berichten, wie es dir geht, Mamo-chan."
Ein flüchtiger Blick von Mai ging zu Anne, die mich immer noch mit strahlenden Augen ansah. "Ich glaube, das kann ich sogar riskieren. Darf ich, Sensei?"
"Au ja, wollen wir nicht alle mit? Für eine Stunde, oder so?", fragte Shinji mit leuchtenden Augen.
Die Genin murmelten erfreut auf. "Gute Idee! Dürfen wir? Perine-sensei, Mamoru-sensei?"
"Wenn es nur für eine Stunde ist... Wie viel Chaos können sie schon anrichten?", fragte P-chan.
"Na gut, meinetwegen, aber wirklich nur für eine Stunde. Dann hole ich Hikari wieder zurück, verstanden? Macht mir keine Schande und haltet die Zerstörungen bei einem Minimum. Mai-chan. Kira. Shinji. Kuzomi. Shinobu. Habe ich wen vergessen? Kishio? Kuzoko?"
Die beiden winkten ab. Diesmal. Und so blieb es bei den fünfen. Sie umringten Hikari und hielten sich an ihm fest, was ihn in die erstaunliche Lage brachte, wenigstens einmal in seiner menschlichen Tarngestalt der Größte in einer Gruppe zu sein. Dann schickte ich sie zurück, für genau eine Stunde.
"Na, das kann ja was werden", murmelte ich, als Hikari Gosunkugi in einer Rauchwolke verschwand.
"Was soll schon groß passieren? Es sind doch nur Genin, oder?", fragte Ryoga grinsend.
"Mal den Teufel nicht an die Wand", murmelte ich. Leider zu spät.

Als ich meine Genin eine Stunde später per Hikari-Express vom Affenberg zurückholte, stellte sich heraus, dass ich überhaupt nicht hatte einschätzen können, wie groß das Chaos war, das meine Genin hatten anrichten können.
Shinji materialisierte mit allen Zeichen absoluter Bestürzung. "S-sensei", stammelte er. "Enka-sama hat mich..."
"Zum Kontraktträger gemacht. Du kannst jetzt also Affenkrieger beschwören."
Eifrig nickte der junge Genin. "Ja, schon, aber... Erstens weiß ich nicht, warum er das getan hat und zweitens traue ich mich nicht."
"Erstens kann ich dir genau erklären. Die Affen mögen Charaktere wie deinen eben. Und weil du mein Schüler bist, hast du allerbeste Empfehlungen. Mein Sensei, der Sandaime, war der letzte Kontraktträger Konohas, bevor er mich weiterempfahl. Genauer gesagt hat Ranko-sensei bei einem ihrer Besuche gefragt, ob sie "mich haben" könne. Und so wurde ich Beschwörungspartner der Affen. Bei ihnen geht fast alles über Gefühl, Instinkt, Geruch, Chakra. Dir steht anscheinend noch eine glänzende Karriere bevor. Ist noch jemand als Kontraktträger der Affen zurückgekehrt?", fragte ich in die Runde.
Wortlos hob Mai die Hand.
"Was?", fragte ich erstaunt.
"E-es ist nicht sowas", sagte sie hastig. "Nur eine Art Notfallkontrakt, wie bei den Spinnchen und dir und Kira. Aber wenn es pressiert, dann kann ich ab jetzt sechsmal Doktor Tofu rufen."
"WAS?" Beinahe hätte diese Eröffnung mich umgehauen. Der Sohn des Affenkönigs war nicht nur ihr zweitmächtigster Krieger, sondern auch einer der am schwersten zu beschwörenden Affen überhaupt, weil es viel Chakra und viel Kontrolle über dieses benötigte, um ihn zu rufen.
"Tja", sagte Mai und grinste von einem Ohr bis zum anderen, "es sieht ganz so aus, als wäre meine Chakra-Kontrolle besser als deine damals, Sensei. Also werde ich wohl auch sehr viel stärker als du werden."
"Na, großartig." Jegliche Spekulationen, warum man ihr so etwas gesagt hatte, verkniff ich mir, als ich sah, wie viel Auftrieb ihr diese Worte gaben. "Aber zurück zu Shinji. Warum traust du dich nicht?"
"Weil...", murmelte er betreten. "Weil... Weißt du, normalerweise beschwört man doch einfach einen Affen und schaut, wen man bekommen hat. Erst später mit genügend Übung, so wie du, Sensei, kann man einen Affen gezielt beschwören. Aber bei mir würde das nicht nötig sein, hat Doktor Tofu gesagt. Er meinte, ich könne schon gleich einen Krieger gezielt beschwören."
Aha, so fühlte es sich also an, wenn einem jemand den Boden unter den Füßen wegzog. Verdammter, zurückhaltender und sich selbst schwach redender Mamoru Morikubu, der ich einst war. Ich war mir sehr sicher, dass das der Grund dafür war, dass meine Genin mein jüngeres Ich derart überflügelt hatten. Verdammt sicher sogar. Mist.
"Und welchen Krieger sollst du beschwören? Enma-sama?", scherzte ich.
"Nein, nicht den König. Aber K... K... Konatsu."
"Konatsu ist doch in Ordnung. Nicht der stärkste Krieger, aber ein erfahrener Kämpfer und ein trickreicher dazu. Du solltest dich geehrt fühlen."
"J-ja, schon, aber er trägt Lippenstift. U-und er sieht fast so hübsch aus wie Shinobu-chan."
Das blonde Mädchen, bis eben aus mir unerfindlichen Gründen verärgert, schaltete auf "strahlen mit beiden Augen" um. "So? Findest du das wirklich, Shinji?"
"Habe ich doch gesagt."
Verlegen sah mich der dickliche Genin an. Und ich verstand sein Problem. Nun, das hatten viele mit Konatsu. Anfangs. Da fragte man sich schon mal, wieso ein Mann hübscher sein konnte als viele Frauen. Aber man gewöhnte sich daran.
"Tja, Pech gehabt. Wenn Doktor Tofu das so gesagt hat, dann wird es auch so geschehen. Ende der Geschichte."
"Ja, aber..."
"Du wirst dich dran gewöhnen. Und außerdem, was uns nicht umbringt, macht uns nur noch härter, Shinji."
"Ja. Klar. Sehe ich ein. Aber wir wollen doch nachher alle schwimmen gehen und jetzt frage ich mich die ganze Zeit: Geht Konatsu-sensei in den Herrenumkleideraum oder in den Damenumkleideraum?"
Bei diesen Worten musste ich herzhaft lachen. "Das solltest du Ukyo fragen." Ich räusperte mich vernehmlich. "Seine Frau."
"Einfach ging wohl nicht", murmelte Shinji, während die anderen lachten.
"Nein, sicher nicht. Immerhin reden wir hier vom Affenclan", lachte ich. Und der war immer wieder für eine Überraschung gut.
***

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Drei Tage später erwachte ich schweißgebadet. Mit japsendem Atem und dem Gefühl, irgendetwas Schweres würde auf meiner Brust hocken und mir die Luft abschnüren. Schon wieder. Immer noch. Resignierend fasste ich mir an den Schädel. Wie oft denn noch? Wie lange denn noch? Sadahara-sensei hatte versucht, mich darauf vorzubereiten, hatte etwas von der "Schuld des Überlebenden" erzählt und wie sehr es mir zu schaffen machen würde. Aber ich hatte mir relativ wenige Sorgen darum gemacht. Immerhin war es mir gelungen, meine Begleiter fortzuschicken, bevor sie hatten getötet werden können, und die Wachen des Verstecks hatte ich nicht persönlich gekannt, wenngleich ich ihren Tod bedauerte. Aber es hatte nichts genützt. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit, das Gefühl des Benutztwerdens war nicht mit meinen üblichen Versagensängsten oder meinen Minderwertigkeitsgefühlen zu vergleichen, in keinster Weise. Es war etwas vollkommen anderes. Ich zitterte vor Angst. Nicht weil ich den Tod an sich fürchtete. Sondern weil ich beinahe der Tod für meine Schüler und meine Kameraden geworden wäre, hätte Kishio nicht eingegriffen und mich aus dieser verdammten Sprengfalle herausgeholt. Und das, was der Raikage gestern mit mir besprochen hatte, Kishio und Shinpa-chan betreffend, hatte es auch nicht gerade einfacher oder leichter für mich gemacht. Im Gegenteil, es hatte die Schuld noch mehr getriggert und es half überhaupt nicht, dass Kishio von meiner Schuld an der Geschichte überhaupt nichts wissen wollte.
"Aniki?", klang seine Stimme von der Tür meines Raums her auf. Natürlich, wenn man vom Teufel sprach... In diesem Fall wohl eher von einem Engel. Meinem Engel, der sich zudem extraponiert hatte, in Gefahr gebracht hatte, um mir das Leben zu retten. "Nichts... Es ist nichts, Otouto", sagte ich mit leiser Stimme, den alten Begriff für "kleiner Bruder" benutzend. Ich hatte ihn schon immer familiär ohne Suffix angesprochen, was ich mit jedem tat, der mir schnell sympathisch wurde. Aber nachdem er mich vor dem sicheren Tod bewahrt hatte, sah ich ihn mehr und mehr als Teil meiner Familie. Seither nannte ich ihn meinen kleinen Bruder. Bisher hatte er nicht dagegen protestiert. Und von meinen Genin hatte es auch keine Einwände gegeben.
"Es ist nichts", wiederholte ich. "Nur... Nur die Selbstzweifel, die Seelenpein und die tiefsitzende Angst, nicht mehr ich selbst zu sein."
Kishio betrat den Raum und entfachte ein Licht neben meinem Futon. "Gut. Sadahara-sensei hat gesagt, dass du auf einem guten Weg der Besserung bist, sobald du einsiehst, was dein Problem ist, ne?"
"Ach. Hat er auch gesagt, wie lange dieser Weg dauert?", fragte ich sarkastisch.
"Hai. Aber das wird dir nicht gefallen. Du kannst es allerdings auch mal so sehen, Aniki: Ich war die letzten sechs Jahre meines Lebens ständig verzweifelt, alleine und mir vollkommen bewusst, wie sehr ich versagt habe. Nein, Aniki, lass mich ausreden. Man weiß nicht, was ich hätte ausrichten können, wäre ich im Dorf gewesen, ne? Die Wahrscheinlichkeit, dass ich Orochimaru hätte besiegen können, war nicht besonders hoch, geschweige wahrscheinlich, dessu ne? Aber sie war da und ich hatte die Chance nicht, konnte nichts tun. Die letzten sechs Jahre waren Jigokou für mich, die Hölle. Nicht nur, weil ich überall vertrieben wurde, weil mich jeder hasste, sondern weil ich mich auch selbst gehasst habe. Ich, der ich leben musste, während alle anderen tot waren. Das, was du hast, die Albträume, das schweißgebadet Aufwachen, die Ängste, die Zweifel, das habe ich gelebt, alles gelebt, sechs lange Jahre lang."
"Na, du machst mir ja Mut", murmelte ich. Es machte überhaupt keinen Spaß, nicht nur zu meinem alten Ich voller Ängste, Befürchtungen und Selbstzweifel zurückzukehren, sondern sogar noch tiefer zu gehen und die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass ich ernsthaft eine Gefahr für Konoha sein könnte. Was, wenn Kabuto und Orochimaru mir eine Gehirnwäsche verpasst hatten, die sich dann aktivierte, wenn es Konoha am meisten schadete? Diese Angst machte mir noch mehr zu schaffen als der Gedanke, meine Nachlässigkeit hätte Kishio oder meine Genin in den Tod reißen können.
"Na, den Gedanken vergiss gleich mal wieder, Aniki", sagte Kishio streng. "Alles, was ich getan habe, habe ich freiwillig getan. Du hast mir freien Willen zugestanden, mir erlaubt, wie ein selbstständiger Shinobi zu denken und mich so zu verhalten, ne? Warum wirfst du es dir jetzt vor?"
Noch immer tanzte der Albdruck vor meinem inneren Auge, noch immer hatte mich die Angst im Griff, noch immer sah ich die Bilder meiner gemordeten Genin vor dem geistigen Auge - so wäre es gekommen, hätten sie sich an den Fallen probiert. Gut, gut, es war nicht so gekommen, aber Ängste waren nicht rational und sie folgten auch keinen logischen Wegen. Je eher ich mich damit arrangierte, dass sie mich eine Zeitlang begleiten würden, desto besser für mich.
"Liest du meine Gedanken, Otouto?", fragte ich.
Kishio zögerte, dann ging er neben mir auf die Knie. "Ich habe viel Chakra aufgewendet, um dir zu helfen, Sensei. Es ist noch immer in deinem Körper. Daher fällt es mir leicht, deine besonders intensiven Gedanken wahrzunehmen, wenn ich in deiner Nähe bin."
"Dagegen kann man wohl nichts machen. Abgesehen davon, dass ich ohnehin nicht wüsste, was ich vor dir würde verbergen wollen."
"Oh, da gibt es immer ein paar Dinge."
Übergangslos spürte ich einen fremden Gedanken in meinem Bewusstsein. Kishio hatte meine Schulter berührt und sandte mir ein Bild. Ein recht unanständiges, das P-chan darstellte. P-chan in einem wirklich hübschen Kimono in Rückenansicht. Allerdings hing der Kimono nicht um ihre Schultern. "Kishio!", tadelte ich den jungen Shinobi.
"Was denn? Du hast sie geküsst, vor versammelter Mannschaft. Da dachte ich, du... Nun. NUN, eben."
"Sie ist eine Affenkriegerin, Otouto", sagte ich leise.
"Und?", fragte er offen.
"Und ich werde sie immer lieben. Sie wird immer ein ganz besonderer Mensch für mich sein. Ich meine, ein ganz besonderer Affe. Aber..."
"Aber?", fragte er lächelnd.
"Aber ich kann von ihr doch nicht verlangen, dass sie ihr eigenes Leben versaut, indem sie was für mich ist?" Ich schüttelte den Kopf. "Das kann doch keiner von mir verlangen. Das kann keiner von ihr verlangen."
"Das mag ja sein, Aniki. Aber warum schläft sie dann in deinem Bett?", fragte Kishio trocken.
"Was redest du da? Sie schläft doch nicht in...", begann ich und wandte mich zur anderen Seite. Nur, um in Perines schlafendes Gesicht zu sehen, das einen Ausdruck vollkommener Seligkeit angenommen hatte. Es hätte nur noch gefehlt, dass sie am Daumen genuckelt hätte, um das absolute Abbild tiefempfundener Zufriedenheit darzustellen. Sie grummelte leise im Schlaf. Ihre Linke tastete nach etwas und als sie meine Taille fühlte, griff sie zu. Mit einem Laut des Behagens zog sie sich näher an mich heran und kuschelte sich an mich. Gut, gut, wenigstens einer meiner Begleiter, den ich nicht damit verschreckt hatte, schreiend oder schluchzend aus dem Schlaf hochzuschrecken.
"Soll ich dann besser wieder gehen, Aniki?", fragte Kishio grinsend.
"Du...", sagte ich drohend. "Ich warne dich, nicht mehr Witze als üblich."
"Aber ich doch nicht, Sensei!", sagte Kishio in vollkommen übertriebenem Tonfall. Er erhob sich lächelnd. "Ich weiß, ich bin so ziemlich der letzte Mensch auf der ganzen Welt, der im Thema Beziehung was zu sagen hat. Meine Erfahrungen auf diesem Gebiet waren eher... Schmerzhaft bis unerwünscht, aber... Bei allem Respekt, Aniki, es geht nicht nur darum, was du willst. Es geht auch darum, was sie will. Und es ist überhaupt nicht nett, einen Menschen, der dir so nahe ist, vier Jahre lang auf eine Antwort warten zu lassen, oder?"
"Wessen Gedanken liest du jetzt? Meine oder ihre?", murrte ich.
"Meine eigenen", sagte er lächelnd. Leise ging er zur Tür und zog sie halb zu. "Gute Nacht, Sensei. Ryoga wird sich morgen zusammen mit Kuzoko wieder um die Genin kümmern und sie durch Kumogakure hetzen, damit du für deine Besprechung mit dem Raikage fit bist."
"Gute Nacht, Kishio", brummte ich als Erwiderung. Die Tür schloss sich und ich löschte das Licht. Na toll, auch keine schlechte Idee. Menschen, die nicht schliefen, hatten auch keine Albträume.

"Und du?", fragte ich. "Wie lange willst du noch vorgeben, im Tiefschlaf zu sein?"
Ihre Linke krallte sich in den Stoff des Shirts, in dem ich zu schlafen pflegte. "Ist es so offensichtlich?"
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand direkt neben mir weiterschlafen kann, wenn ich schreiend aufwache", sagte ich tadelnd.
Sie zog mich näher zu sich heran. "Mamo-chan, ich... Ich will, dass du weißt, dass ich keine Angst habe. Vor deinen inneren Dämonen. Vor deiner Schwäche. Vor deiner Angst, Orochimaru könnte dir etwas Schlimmes angetan haben. Die kenne ich ja nur zu gut und ich habe mich trotzdem in dich verliebt. Dazu muss man nicht deine Gedanken lesen, man muss dich nur kennen. Und eventuell lieben."
Beinahe hätte ich etwas sehr dummes gesagt, ihr Absolution erteilt, die ihr erlaubt hätte, meine Ängste als validen Grund zur Flucht anzunehmen. Aber sie kannte mich bereits schwach, selbstzweifelnd und verletzlich. Sie hatte einmal geholfen, mich aus diesem Keller herauszuholen, ich hatte keine Zweifel, dass sie es auch ein zweites Mal machen würde. Ich strich mit meiner Rechten über ihr blondes Haar. "Womit habe ich dich überhaupt verdient, Perine?"
Sie griente hocherfreut. "Die richtige Frage lautet: Womit hast du uns fünf verdient? Keine von uns hat vor, dich jemals aufzugeben. Und stellvertretend für die anderen vier bin ich jetzt da, an deiner Seite und helfe dir. Jeder hat mal eine scheiß Zeit, und im Gegensatz zum armen Kishio hast du mich an deiner Seite."
Ich küsste sie sanft auf die Stirn. "Ich habe dich nicht verdient."
"Doch, hast du. Mehrfach. Mit Aufschlag. Zumindest hat das Ranma-chan immer gesagt. Meistens in einem wirklich wütenden Tonfall, wenn ich mich recht erinnere."
Ich unterdrückte ein Auflachen. So konnte man die Dinge auch sehen. Ich küsste die Affenkriegerin erneut, diesmal auf den Mund. "Ich liebe dich, Perine."
"Was uns zum nächsten Thema bringt, Mamoru-sama."
Ein erschrockener Laut entkam meiner Kehle, als ich ihre rechte Hand an meinem Körper fühlte. Nun, in dieser Nacht würde ich wohl tatsächlich keinen Schlaf mehr finden. "P-chan, ich will dich nicht ausnutzen."
"Wo denkst du hin, Mamo-chan? Ich nutze dich aus. Und jetzt halt die Klappe und küss mich."
Neun von zehn Stimmen in meinem Kopf stimmten diesem Vorschlag zu, während die zehnte sich entschloss, auf eine Cheerleadertrommel zu schlagen und mich anzufeuern.
***
Etwa sechzig Meter höher, auf dem Dach des Familienhauses der Yamadas, kam eine Gestalt in einer weißen Kutte aus dem Step, die Kapuze hochgeschlagen. Das Gesicht wurde von einer gehörnten Oni-Maske verborgen: Es wäre übertrieben gewesen, anzumerken, dass hinter der Maske kein Hiesiger steckte.
Die Gestalt ging in die Hocke, berührte mit der rechten Hand den Boden. Ein leises, zufriedenes Glucksen erklang. "Beide Moerus auf einen Streich. Habe ich euch. Hat sich die kleine Falle ja doch noch richtig gelohnt."
Als etwas Schnelles, unglaublich Scharfes auf ihn zuraste, zerbrach die Maske und offenbarte ein hämisch grinsendes Gesicht. Doch das Grinsen schlug in verzerrten Hass um, als die Gestalt aufsprang.
"Bist du sicher, wer in wessen Falle ist, du Idiot, du Terrorist?" Kirabi-sama zog den Tentakel des Achtschwänzigen wieder ein, mit dem er der Gestalt in der Kutte die Maske zerschlagen hatte. "Yo, Kabuto."
Der weißhaarige Gefolgsmann Orochimarus sah den Elite-Krieger Kumogakures hasserfüllt an. "Das ändert gar nichts! Wenn wir sie jetzt nicht holen können, dann ein andernmal! Oder später! Und wieder und wieder, wann immer wir wollen und solange sie leben!" Kabuto sprang nach hinten, und während er langsam fortschwebte, verblassten seine Konturen. "Sie sind nie wieder sicher! Hahahahaha!"
Nun, das dauerte in etwa so lange, bis ihn etwas sehr nachdrücklich und sehr hart im Rücken traf. Hinter ihm stand Yugito Nii. Und es wäre eine hoffnungslose Untertreibung gewesen, hätte man gesagt, sie sei gerade nicht besonders erfreut gewesen. "Und wer hat behauptet, du seist sicher?", zischte sie. "Schlimm genug, was du mit Mamo-chan gemacht hast. Aber dass du jetzt auch noch Kishio-kun und Shinpachi-tono attackierst, ist unverzeihlich!"
Kabuto wurde kreidebleich. Vor ihm stand die Jinchuriki des Zweischwänzigen, hinter ihm der Träger des Achtschwänzigen - und beide waren stinksauer. "W-wartet! Wartet, wir...!"
Zu einem weiteren Wort kam er nicht mehr, denn beide Jinchuriki griffen zugleich an. Bevor Kabuto sich versah, war er auf mehr als zwanzig Arten zugleich getötet worden. Wobei der Abriss beider Beine definitiv in den Bereich absoluter sinnloser Übertreibungen gehörte. Er war bereits tot, bevor die Tentakel des Hachibi ihn zu Boden fallen ließen.
Yugito Niis Blick ging wütend und schnell durch die Dunkelheit. "Da muss noch einer sein! Findet ihn!"
"Hai!" Sechzehn ziemlich angepisste ANBU tauchten auf dem Dach auf und sprangen in alle Himmelsrichtungen davon, um den potentiellen zweiten Mann zu suchen. Und wenn es ihn gab, dann würden sie ihn finden, denn man konnte vielleicht einmal die Kumo-ANBU verarschen, aber sicher kein zweites Mal, ohne die Tat furchtbar zu bereuen.
Nii-sama und Kirabi-sama traten an den Toten heran. Seine Miene war vor Überraschung und Angst verzerrt. Eine Schlange, die sich unter dem Umhang hervorschnellte, um sich über den Dachrand in Sicherheit zu stürzen, kam nicht weit, als ein Tentakel des Hachibi dafür sorgte, dass sie einen bleibenden Eindruck auf dem Dach hinterließ. Ziemlich exakt achtundsechzig Zentimeter tief im Gestein.
"Das ist nicht Kabuto, der Schuft, der Idiot", sagte Kirabi-sama mit ernster Miene. Er ergriff das Gesicht des Toten und drehte es in seine Richtung. "Kai!"
Das Gesicht mit Kabutos Zügen zerfloss. Darunter kam ein anderes zum Vorschein. "Zuuto", sagte Yugito Nii verärgert. "Kabutos erster Gefolgsmann." Sie schickte einen Fluch hinterher, der undamenhaft und ziemlich sexistisch war.
"Yugito-chan..."
"Ja, ich weiß! Das ist auch ein guter Fang. Und wir haben unsere Freunde aus Konoha beschützt, und so. Aber trotzdem, ich hätte lieber Kabuto erwischt."
"Wer hätte das nicht, du dummer Wicht? Aber man nimmt was man kriegt, und wir haben gesiegt."
"Ich weiß ja, ich weiß. Aber Kabuto zu zerquetschen wäre viel befriedigender gewesen." Sie biss ihre Zähne derart heftig zusammen, dass sie knirschten. "Hat leider nicht sein sollen."
Sie sah wieder auf. "Erzählen wir Mamo-chan hiervon?"
"Dass Zuuto da war, ja. Mehr ist nicht passiert, klar?"
"Betonung auf war, was, Kirabi-sama?", fragte sie mit einem winzigen Anflug guter Laune.
"Korrekt."
Die beiden lächelten einander an. Den Kampfplatz überließen sie den Spezialisten, die anrückten, um Orochimarus Vasall Zuuto so viele Geheimnisse wie möglich zu entlocken, die sein Körper bergen mochte.
***
"Uuuuffff!" Das war der einzige Laut, denn Shinji machte, als er die Trainingsmatte unfreiwillig verlassen hatte. Genauer gesagt machte er das Geräusch, als er auf dem Hallenfußboden aufschlug.
Beinahe sofort war Shinobu an seiner Seite. "Geht es dir gut, Shinji-sama? Bist du verletzt?"
"Nein, nur mein Stolz", ächzte er, während er sich wieder aufrappelte.
"Das war viel zu doll, Shinn-nii!", beschwerte sie sich bei ihrem älteren Bruder mit zornblitzenden Augen.
Shinn Yamada grinste sie bösartig an. Er war das älteste Kind der Familie und damit der potentielle neue Clanschef. Aber vor allem war er ihr großer Bruder und hatte ihr gegenüber einen ausgesprochen großen Beschützerkomplex. "Shinji ist ein Shinobi. Wenn er Techniken dieser Stärke nicht handhaben kann, hat er vielleicht den falschen Beruf ergriffen."
"So! Soll er vielleicht mal Dr. Tofu beschwören? Einfach so, weil es zu seinen Fähigkeiten gehört?"
Shinn wurde ein wenig bleich. "Wir wollen ja nicht gleich übertreiben. Außerdem muss er sein Taijutsu trainieren. Du hast seinen Sensei gehört."
"Ja, ich weiß. Taijutsu verinnerlichen, damit die Gedanken fürs Ninjutsu frei bleiben", murrte sie. "Aber das geht doch auch sanfter."
"Natürlich geht das sanfter", erwiderte ihr Bruder, immerhin seit Jahren ein Chunin Kumogakures. "Aber Shinji macht es mir recht schwer, sanft mit ihm umzugehen."
Der junge Konoha-Genin stand wieder. "Geht schon, Shinobu-chan." Er trat wieder auf die Matte. "Noch eine Runde bitte, Sempai!"
"Sempai? Ich bin genauso alt wie dein Sensei. Wie wäre es also mit etwas Respekt, Kurzer?"
Shinji grinste frech. "Du hast keine Genin-Gruppe, oder, Shinn-sempai?"
Eine Zornesader begann auf seiner Stirn zu pochen. Mit der Rechten winkte er Shinji heran. "Komm schon, Kleiner."
"Hai, Sempai!"
Etwa zwanzig Sekunden später: "WHOAAA!"
Wieder sah Shinobu ihren Bruder böse an, während sie erneut zu Shinji eilte, der wieder von der Matte geworfen worden war. "Nicht so fest, habe ich gesagt! Shinji-sama, kannst du mich hören?"
"Autsch. Ich glaube, diesmal habe ich mir was getan. Dabei bin ich doch an der Stelle immer gut gepolstert gewesen."
Mai, die zusammen mit Kuzoko auf die Shuriken-Zielscheiben warf, wandte sich in seine Richtung um. "Sieh es ein, Kleiner, du hast die letzten drei Wochen mächtig abgenommen. Trotz all der Süßigkeiten, mit denen Shinobun dich füttert." Sie zwinkerte dem blonden Mädchen verschwörerisch zu. "Wenn du so weitermachst, sieht Kira neben dir noch fett aus."
"Das habe ich gehört!", beschwerte sich der dritte Genin von Team dreizehn lautstark. "Autsch!"
Jardin Nabara nahm das Shinai wieder herab, mit dem er Kira auf den Schädel geschlagen hatte. Schmerzhaft, aber nicht zu hart. "Hier spielt die Musik, junger Shinobi. Das hier hätte auch ein Katana sein können. Und dann wärst du jetzt tot."
"Aber wir trainieren doch bloß, Nabara-sempai!", protestierte der blonde Genin und rieb sich den schmerzenden Schädel.
Jardin griff nach seinem Kragen und hob ihn daran hoch, damit der Konoha-Nin ihm in die Augen blicken konnte. "Kerl, du bist auf dem Weg, in meiner Liga zu spielen. Und in meiner Liga kann jeder Fehler dein letzter sein, hast du verstanden? Dein Sensei hat mir gesagt, ich soll dich trainieren, und das tue ich auch! Jetzt denk mal zurück an die erste Trainingsstunde, die der Raikage dir gegeben hat. Was ist da dein erster Gedanke?"
"Äh, autsch?"
"Richtig!" Jardin ließ den Kragen los. Kira, so plötzlich befreit, landete auf seinem Hintern. Was lautstarken Protest bei Kuzomi, seiner Spinnenkriegerin, auslöste.
"Schon gut, schon gut, er hat ja Recht, Kuzomi-chan. Hättest du mich nicht vorher eingewiesen, Nabara-sempai, dann hätte der Raikage mich bereits auf kleinster Stufe zerpflückt. Stimmt es eigentlich, dass er früher regelmäßig ein halbes Dutzend Raiton-Nutzer frisch von der Akademie verschlissen hat, bevor er Kirabi-sama getroffen hat?"
"Ja, das ist die Wahrheit. Meistens haben diese Raiton-Nutzer weniger an den Schmerzen zu leiden gehabt, dafür aber umso mehr an den Schäden an ihrem Stolz und an ihrem Selbstverständnis." Jardin schüttelte den Kopf."Sicher, es ist lehrreich, von A-sama trainiert zu werden, aber bevor er den Raikage dazu erpresst hat, hätte dein Sensei daran denken sollen, wie groß der Unterschied zwischen euch beiden ist. Mit einer unbedachten Bewegung könnte der Raikage dich töten."
"Das können Frauen mit einer unbedachten Bemerkung auch", murrte Kira.
"Unangebrachte Kommentare?", fragte Jardin drohend.
"Äh..." Kira verbeugte sich, die recht Faust mit der linken Hand fest umschlossen. "Nabara-sempai, ich bitte um eine weitere Trainingsrunde!"
Jardin lächelte auf eine äußerst irritierende Art, nämlich erfreut. "Sollst du kriegen. Und wappne dich besser schon mal auf nachher, wenn dein Sensei von der Besprechung mit dem Rat zurückkommt und A-sama für dein Training mitbringt."
"WHOAAA!"
"Shinn-nii! Du sollst das doch lassen!", rief Shinobu bestürzt.
Kira war versucht, hinter sich zu schauen, aber er unterdrückte die Regung. "Ich werde bereit sein. Dank dir, Nabara-sempai."
"Gute Antwort", murmelte der Kumo-Chunin.
***
Zur gleichen Zeit fand eine Sitzung beim Raikage statt. Das, was dort besprochen wurde, hatte eine Brisanz, wie sie einem Sprengtag gleichkam. Eventuell war es auch gefährlicher.
Die sieben Kumo-Nin, die mit dem Raikage im Raum waren, hatten äußerst ärgerliche Mienen aufgesetzt, um den Ernst der Situation zu unterstreichen. Das war gut, denn die Miene A-samas war immer ärgerlich und kein Gradmesser für seine Emotionen. Unter ihnen waren Kirabi-sama, Omoi, Karui und Samui, Yugito-chan und zwei Shinobi, die ich nicht kannte. Die ich aber auch nicht kennenlernen würde, denn sie trugen ANBU-Masken. Die letzte in der Runde war A-samas Sekretärin Mabui. Ich hatte sie einige Zeit nicht gesehen und ich musste ehrlich sagen, sie war ernster, aber auch hübscher geworden in den letzten drei Jahren.
Mit mir waren Ryoga, P-chan, Kishio, Shinpa-chan und Kuzoko erschienen. Sozusagen mein Führungsteam. Nach einer mehr als knappen Begrüßung hatten die Enthüllungen begonnen, und keine davon hatte mir besonders gefallen.
"...haben wir die vier toten ANBU in den Abwasserkanälen gefunden", referierte der linke ANBU. "Sie wurden aus nächster Nähe getötet. Die Art, wie sie getötet wurden, verrät uns, dass sie bis zum Zeitpunkt ihres Todes keinerlei Argwohn gegen ihre Mörder verspürt hatten. Sie wurden vollkommen überrascht. Seither gehen wir von Verrätern aus, die in Kumogakure für Orochimaru tätig sind. Kein sehr erfreulicher Umstand."
"Ähnliches", nahm der andere ANBU den Faden auf, "gilt für die Truppe, die am Versteck Wache hielt. Auch hier wurde die Wachmannschaft von einigen der Ihren ermordet. Wir haben einige Leichen finden und identifizieren können. Andere fehlen ganz, was uns vermuten lässt, dass sie zu Orochimarus Agentennetz gehören. Jetzt, im Nachhinein, stellt sich das Geschehen für uns so dar: Orochimaru hat das Versteck geopfert, um Shinpachi no Moeru in unsere Hände zu spielen. Warum, ist uns ein Rätsel, aber ich bin mir sehr sicher, dass es so ist."
A-sama nickte mit starrer Miene. "Dazu kommt, dass heute Nacht auf dem Dach des Yamada-Hauses ein Nukenin gestellt wurde, den wir zuerst für Kabuto gehalten haben. Es war aber Zuuto, einer seiner Gefolgsleute, in perfekter Verkleidung."
"Was Zuuto betrifft", sagte ich.
"Er ist tot. Mein Bruder und Yugito-kun haben sich um ihn gekümmert."
Das machte eine Informationsquelle weniger, okay, aber es machte auch einen Gefahrenherd weniger, deshalb nickte ich bestätigend.
"Was uns auch gleich zu Kishio-kuns Aussage bringt", nahm Yugito-chan den Faden auf. "Kishio-kun, du sagtest, die Falle, in der dein Sensei steckte, war komplex aufgebaut, eine echte Herausforderung, aber du hattest sie selbst in deinem erschöpften Zustand meistern können."
Irritiert sah der junge Mann die Jinchuriki an. "Richtig."
"Nun, wir halten es für möglich, dass wir Orochimaru eine wirklich große Operation verpfuscht haben. Es ist im Bereich des Wahrscheinlichen, dass Orochimaru und Kabuto die Gelegenheit genutzt haben, als sie deinen Sensei in ihre Gewalt bekommen haben, um deine sensorischen Fähigkeiten als Moeru zu testen. Eventuell war alles, von der Entdeckung des Verstecks über dessen Eroberung bis hin zu der Falle, in der dein Sensei lag, Teil eines großen Ganzen, das für Orochimaru nun unbefriedigend ausgegangen ist."
"Dazu hätte er doch damit rechnen müssen, dass ich nach Kumogakure komme. Und das hätte bedeutet, dass er mein Treffen mit Mamoru-sensei hätte herbeiführen müssen. Denn das erfolgte nachdem der hiesige Stützpunkt Orochimarus aufgebracht wurde."
"Ja, aber die Rückeroberung des Stützpunkts durch Orochimaru erfolgte erst, nachdem Ihr in Kumogakure angekommen wart", wandte sie ein. "Ein paar Zufälle zuviel, wie ich finde. Ich sage jetzt nicht, dass alles zusammenhängt, aber sicher vieles. Und ich bin mir sehr sicher, dass die Falle ein Test war, den du bestanden hast. Nur hat Orochimaru keine Möglichkeit des Zugriffs, solange wir derart scharf auf euch aufpassen. Die Tatsache, dass wir mehrere hundert Shinobi hinter ihm her gehetzt haben, bedeutet übrigens nicht, dass wir die Verteidigung der Stadt vernachlässigt hätten. Diesem Irrtum ist er aber auch nur einmal aufgesessen."
Ich muss gestehen, ich war schockiert. Die Konsequenzen, die sich daraus ergaben, die sich für mich, meine Familie, Konoha und nicht zuletzt für die Moerus ergaben, waren kaum abzusehen. Und Kishio und Shinpa-chan hatten sehr wohl verstanden, was gesagt worden war.
"Ich sehe, Ihr versteht", sagte Yugito-chan. "Und genau deshalb möchten wir euch, Kishio-sama und Shinpachi-tono, anbieten, bei uns in Kumogakure zu bleiben. Damit ist kein Zwang verbunden, in unseren Streitkräften zu dienen, obwohl uns zumindest eine Hilfe bei der Ausbildung unserer sensorischen Ninjas sehr gelegen kommen würde."
Okay, es gab nicht vieles, was ich vor Kishio und Shinpachi verheimlichen wollte oder musste. Aber in diesem speziellen Fall, als Yugito Nii das Angebot Kumogakures an die Moerus überbrachte, gab ich mein Bestes, um ein paar Bruchrechnungsaufgaben zu lösen, damit ich nicht aus Versehen an etwas dachte, Yugito-chan betreffend, das... Nun, Kishios Meinung beeinflusst hätte.
Der junge Moeru schmunzelte und berührte meinen Oberarm.
'Du kannst damit aufhören, Aniki. Ich habe bereits mit Nii-sama... gesprochen. Ich... Habe mich dazu entschlossen, ihr zu vergeben. Aber ich habe ihr auch... Klargemacht, dass sie mir wehgetan hat. Und dass sie mich in meiner Verzweiflung zurückgelassen hat, ohne eine Chance auf ein besseres Morgen. Aber ich habe ihre Erklärung, den Rat Kumogakures betreffend, verstanden und akzeptiert. Es wird nichts mit meiner Entscheidung zu tun haben.'
Für einen Moment hielt ich die Luft an. Nur um zu merken, dass ich das schon die ganze Zeit getan hatte. Als ich heftig ausatmete, griff ich in meine Weste und zog eine Schriftrolle hervor. "Konoha bietet euch ebenfalls Zuflucht an. Ich habe in eurem Namen abgelehnt."
"Was? Aber Sensei...", begehrte Shinpachi auf.
"Ihr braucht keine Zuflucht von Konoha. Wenn Ihr nicht in Kumo bleiben wollt, werde ich euch mit nach Konoha nehmen. Ihr werdet als meine Vasallen in meinem Clan registriert und akzeptiert werden. Zumindest solange, bis Ihr euch wieder den Status eines selbstständigen Clans erworben habt. Bis dahin aber werden die Nara euch in ihre Mitte aufnehmen und von euch nicht mehr verlangen, als sie selbst euch zu geben bereit sind. Dabei bin ich immer und jederzeit die Schnittstelle zur Hokage und zum Rat. Natürlich sehen die das auch gerne, wenn Ihr euch in den Reihen der Shinobi engagiert, sogar die ANBU sind im Gespräch, aber ich habe sehr deutlich gemacht, dass erst einmal Shinpa-chans Rekonvaleszenz vorgeht."
"Einen Moment, Mamoru-sensei. Warum benutzt du bei mir eigentlich immer das Suffix Chan?"
"Stört es dich, Shinpa-chan?", fragte ich betroffen.
"Nein, das ist es nicht. Ich will es nur verstehen."
"Öh... Weil ich dich mag?"
Shinpachi no Moeru blinzelte einen Moment überrascht. "Wakata. Solange es einen guten Grund gibt... Weiter im Text. Wie sieht es denn mit den ANBU für Kishio-sama aus?"
"Nun, ich gebe zu", sagte ich erleichtert, "die ANBU scheinen für Kishio die natürliche Wahl zu sein. Aber das ist seine Entscheidung. So wie es deine Entscheidung sein wird, was du tust, sobald du wieder genesen bist, Shinpa-chan. Und deshalb werden die einzigen Missionen, die du, Kishio, bestreiten wirst, unter meinem Kommando sein, bis du etwas anderes entscheidest. Ich habe das Tsunade-sama unmissverständlich klargemacht. Wenn Ihr in den Einsatz geht, dann weil ich euch an Konoha verleihe. Und ich werde genau entscheiden, wann das sein wird. Natürlich werden wir drei das diskutieren."
"Oi, oi, Sensei, das hat die Hokage mit sich machen lassen?", fragte Kishio irritiert.
"Ja, das hat sie mit sich machen lassen", erwiderte ich stolz. "Dabei habe ich vollen Rückhalt von Shikaku-sama, meinem Onkel, dem Vorsteher des Nara-Clans."
Ein wenig kleinlauter fügte ich hinzu: "Was aber mich angeht, ich stehe unter der Befehlsgewalt Konohas. Ich fürchte, wenn ich Tsunade-sama zu sehr auf die Füße getreten bin, wird sie sich rachsüchtig zeigen und mich ein paar nicht ganz so nette Missionen ausführen lassen."
"Du meinst, Missionen, wie sie deine Genin gerade in Kumogakure erfüllen?", spottete P-chan. "Den Kindern in der Akademie Unterricht geben, Geldboten eskortieren, Unkraut jäten, Lebensmittel kaufen, Dienstbotengänge erledigen... Habe ich was vergessen?"
"Shinji hilft am Ramen-Stand beim Touro-Haus aus", sagte Kuzoko. "Das macht er ziemlich gut, finde ich."
"Und Kira wird von seinem Großvater und seinem Onkel in jeder freien Minute herumgescheucht. Wenn er nicht gerade in den Genuss der herausragenden Lehrer kommt, die Mamo-chan ihnen besorgt hat", warf Ryoga grinsend ein.
"Ja, so etwas schwebt mir ungefähr vor. Sie wird gnadenlos sein, fürchte ich."
"Nimm es locker", sagte P-chan und klopfte mir auf den Rücken. "Eventuell hast du Glück und sie lässt dich nur ein kleines Land erobern. Das macht doch bestimmt mehr Spaß."
Sie lächelte die beiden Moerus an. "Alles in allem ist das aber harmloser als das, was sie machen wird, wenn Mamo-chan euch nicht nach Hause bringt."
"Perine! Das ist unfair!", begehrte Yugito auf.
"Schon gut, schon gut." Kishio räusperte sich. "Als Clanoberhaupt des fast nicht mehr existierenden Clans der Moerus obliegt es mir, eine Entscheidung zu fällen. Ausnahmsweise habe ich mich dazu mit meinem ganzen Clan besprochen." Kishio und Shinpachi Moeru stießen ihre Fäuste gegeneinander, um ihr gegenseitiges Einverständnis zu unterstreichen. "Das Ergebnis war vollkommen eindeutig. Ich bin eine Verpflichtung gegenüber Mamoru-sensei eingegangen. Nicht, weil er mein Leben gerettet hat, sondern weil er für mich da ist. Diese Erfahrung habe ich sechs Jahre vermisst und ich will sie nicht mehr hergeben. Deshalb folge ich dir durch Himmel und Hölle, Sensei. Gib es vor, ich werde dort sein."
Shinpachi räusperte sich. "Und ich... Nun, ich bin nicht gerade der Fitteste. Aber da du ein Glückspilz bist, habe ich keine Vorbehalte, dir das Kommando zu geben, Mamoru-chan. Und du bist verflixt noch mal ein Chunin Konohas, ne?"
"Danke. Das habe ich erw... Wieso Glückspilz?"
"Ach, weißt du, Mamoru-sensei, ich habe nachgedacht. Als ich Orochimaru in die Hände gefallen bin, war ich so alt wie du jetzt. Ich denke, du hast sehr viel Glück gehabt, dass er dich in eine Falle als Köder gesteckt hat, anstatt dich für seine finsteren Pläne in eines seiner Verstecke zu verschleppen. Immerhin sollst du eines der heißesten Feuer von Konoha haben. Die Chancen standen nicht unbedingt für dich. Und stell dir vor, er hätte dich verschleppt. Wir Moeru hätten dich gesucht und wären für ihn frei Haus gekommen. So gesehen hast du sehr viel Glück."
Eine schauderhafte Vorstellung, die mir die Luft abschnürte. Ich kämpfte mit einem Würgereiz. Wenn ich mir ausmalte, ich würde erleben müssen, was Shinpa-chan erlebt hatte, und dies sechs lange Jahre oder noch länger, wurde mir übel. Panik kochte in mir hoch, aber mit gesteuerter, ruhiger Atmung bekam ich sie in den Griff und drängte sie zurück. Diesmal. "Danke für diese unerfreulichen Gedanken, Shinpa-chan. Also stelle ich fest, dass die Moerus uns nach Konoha begleiten."
"Tja, da kann man wohl nichts machen." Der Raikage erhob sich. "Wollen wir dann los? Sonst schließt sich das Zeitfenster für mein Training mit Kira-chan."
"Eines noch, A-sama", sagte ich schnell. "Was unsere Bezahlung für das Attentat angeht, das keines war, so würde ich gerne eine weitere Bedingung stellen."
Der Raikage runzelte die Stirn. "Konoha erhält die Bezahlung einer S-Rang-Mission, Kumogakure finanziert dir deine Affenparty und mein persönlicher Dank ist dir gewiss. Was kannst du da noch wollen?"
Ich straffte mich. "Was einen der Lehrer meiner Genin angeht, Jardin Nabara, und auch seinen Clan, so würde ich mir wünschen, dass Kumogakure ausnahmsweise... Gewisse Aktivitäten des Clans übersieht. Zumindest jene, die in der Vergangenheit liegen."
Verblüfft sah der Raikage mich an. Yugito-chan sackte die Kinnlade herab und Mabui verbarg ihr Gesicht hinter der Rechten. Ein undefinierbarer Laut kam von ihr.
Kirabi-sama zog seine Sonnenbrille ein Stück nach vorne. "Du Tölpel, du Dummkopf, Jardin Nabara und sein Clan sind..."
A-sama gebot seinem Bruder mit einer Handbewegung, innezuhalten. Er musterte mich ernst und streng. "Was versuchst du hier? Einem deiner Todfeinde zu helfen?"
"Ich denke nicht, dass wir noch Todfeinde sind. Jedenfalls vorerst nicht. Und er ist ein zu guter Shinobi, um ihn Kumogakure vorzuenthalten", erwiderte ich trotzig. "Meine Shinobi haben ihr Blut vergossen! Ich habe ein Recht..."
A-samas leises Lachen ließ mich innehalten. Als er laut auflachte, sodass es in seinem Büro wiederhallte, hatte ich das ungute Gefühl, zu hoch gepokert zu haben.
"So, so. Forderst du nicht etwas zuviel, junger Morikubo?" Er strich sich über seinen Bart. "In der Tat, du verlangst zuviel. Aber ich will mal nicht so sein. Ich denke, dass wir tatsächlich ein blindes Auge auf den Nabara-Clan haben können, wenn du... Nun, du sagstest, die Moeru-Brüder würden als deine Vasallen in Konoha eingeführt, richtig? Es wäre also kein Verrat, wenn du sie ab und an für Ausbildungszwecke an Kumogakure geben würdest. Zumindest solange wie wir Verbündete sind. Natürlich vergüten wir das angemessen."
Erleichtert atmete ich auf. "Ich bin einverstanden, A-sama."
"Gut. Dann lass uns zum Training aufbrechen. In zwei Tagen ist ja auch die Party, nicht wahr?"
"Ja, A-sama. Ein großes, rauschendes Fest, das Kumogakure finanziert", stichelte ich.
"Deine Feste sind immer sehr unterhaltsam, Mamoru-tono. Dieses wird nicht anders sein", schmunzelte der Raikage. "Also los, danach habe ich gleich wieder einen Termin. Mabui-tono?"
"Wir haben achtundsiebzig Minuten Zeit bis dahin."
"So, haben wir." Der Raikage ging an mir vorbei und lächelte. Das kam selten genug vor. Hatte ich es doch übertrieben? Mist.
Ihm folgte Kirabi-sama mit seinem Team. Er sah mich an und schüttelte nur den Kopf. "Mamo-chan. Du Tölpel. Du Dummkopf."
"Eh?"
Omoi legte mir einen Arm um die Schulter und grinste. "Schon gut, brauchst du nicht zu wissen. Sei einfach froh, dass alles so gut gelaufen ist, auch wenn du draufgezahlt hast."
"Eh?"
"Ist doch egal. Holen wir Aki-chan aus der Krabbelgruppe und schauen wir bei Kiras Training zu, einverstanden?"
"Aki-chan abholen. Eine sehr gute Idee", sagte Karui mit strahlenden Augen.
Samui hüstelte verlegen und tat desinteressiert. "Na, wenn es auch auf dem Weg liegt. Da kann man wohl nichts machen."
"Du darfst ihn schon mal nicht halten", murrte Karui böse.
"Häää? Aber warum denn nicht?"
"Wenn das für dich Arbeit ist, musst du es nicht tun, Samui."
"Aber so habe ich das doch gar nicht gesagt. Mamo-chan, hilf mir!"
Ich seufzte laut. Was immer ich draufgezahlt hatte, für Kumogakure und meine Freunde war es mir das wert.
***
Indigniert stand Shinji nach dem harten Training vor dem mannshohen Spiegel direkt neben dem Schwimmbecken im Familienhaus der Yamadas. "Bin das noch ich?", fragte er beinahe mürrisch. "Will ich das überhaupt sein?"
"Was denn, was denn?", rief Kira gutgelaunt, als er an seinem Kameraden vorbeiging und ihm kräftig auf den Hintern klopfte. "Steht dir doch gut, der Gewichtsverlust. Oder wolltest du in deinem Leben den Akimichi Konkurrenz machen?"
Shinji schüttelte sich, als er das hörte. "Den Akimichi?" Es war allgemein bekannt, dass der Akimichi-Clan nicht einfach nur aus fettleibigen Personen bestand - das, was sie an überschüssigem Körpergewicht mit sich herumschleppten, war essentiell für die meisten Formen ihrer Jutsu. Gleichzeitig bildete die Masse an sich eine Reserve für ihre fortgeschrittenen Jutsu, die einen Menschen ohne Reserven getötet hätten. Fazit: Akimichi bemühten sich stets, ihr Körpergewicht zu erhöhen. Dafür nahmen sie, nun, eine gewisse Unförmigkeit in Kauf.
"Das ist es nicht. Kein Bock, ein Akimichi zu werden. Ihre Jutsu beherrsche ich sowieso nie. Aber wenn ich schlank werde, was unterscheidet mich dann noch von dir, Kira? Blond sind wir beide auch noch. Dann sind wir ja rein optisch nicht mehr auseinander zu halten."
"Oh, glaub mir, euch beide kann man nicht verwechseln", sagte Mai, als sie überraschend gut gelaunt in Begleitung von Anne ebenfalls in die Schwimmhalle trat. Sie lächelte, obwohl ein Großteil ihrer Arbeit an diesem Tag aus schweren Erdarbeiten bestanden hatte. Sprich, sie hatte einen knappen Hektar Gartenland umgegraben und deshalb die Finger voller Blasen. Aber das schien sie nicht zu stören. Anne, die nicht zu Mamorus Genin gehörte, hatte ihr geholfen und sah ähnlich blessiert aus. Das hatte nur dazu geführt, Mais gute Laune zu steigern und die junge Frau mehr in ihr Herz zu schließen. Und die gute Laune ließ sie auch die anderen spüren. "Du, mein süßer kleiner Shinji, bist immer noch das Frohgemut vor dem Herrn, der Herzliche, Lebensfrohe und Freundliche."
"Also alles, was du nicht bist, Mai-chan", rief Kira spöttisch.
Anne kicherte bei diesen Worten und setzte sich an den Beckenrand. "Lass das nicht auf dir sitzen, Mai-chan."
Die Konoha-Kunoichi verzog keine Miene, als sie sich Kira zuwandte. "Und du, du nörglerischer, besserwisserischer, stets ärgerlicher, ständig unter Strom stehender missmutiger Angeber, dich kann man auch in zehntausend Jahren nicht mit Shinji verwechseln."
"Autsch." Depressiv sah Kira zu Boden. "Musst du mir es gleich richtig geben?"
Anne und Mai tauschten einen Handschlag aus. "Ich wollte nur sichergehen, dass du den Unterschied auch siehst. Und ich bin überhaupt nicht das Gegenteil von lebensfroh", murrte sie.
"Ja, nicht mehr, seit du dich mit Kishio zoffst, oder?", meinte Shinji grinsend. "Oder ist das mehr als zoffen? Du sagst ja immer, dass wir kleine Brüder für dich mehr Kinder als ernst zu nehmende Kollegen sind - was ich dir ein klein wenig übel nehme. Aber Kishio ist ja schon in einem anderen Alter und..."
"I-ist ein vollkommen anderes Thema!", haspelte sie.
"Wie, ein anderes Thema?", fragte Anne verwundert. "Ich dachte eigentlich, du würdest ihn zumindest mögen. Ist was passiert? Hat er was Schlimmes gesagt?"
"Er nicht", sagte Mai betreten. Geknickt sah sie zu Boden. "Als ich in Genta-no-Son ganz miese Laune hatte, habe ich alles an ihm ausgelassen. Das hat er sich zu Herzen genommen und das tut mir leid. Deshalb versuche ich jetzt einfach nur, das wieder gutzumachen. Das ist doch schon alles."
Kira lachte laut und ließ sich nach hinten ins Becken fallen. Als er wieder aus dem Wasser auftauschte, fragte er grinsend: "Und sein gutes Aussehen spielt da keine Rolle?"
Mai sah ihn mit aufgerissenen Augen an.
Kira runzelte die Stirn. "Was ist?"
Stumm deutete sie neben ihn.
"Wie?", fragte er verständnislos.
"Vermisst du nicht was, Konoha?", fragte Anne amüsiert.
Kira sah neben sich und erkannte seine Schwimmshorts, die gemächlich neben ihm her trieb. "HUCH!" Erschrocken legte er beide Hände über seinen Schritt, obwohl er bis zum Hals im Wasser steckte. "N-nicht gucken, Ihr zwei!"
"Als wenn ich freiwillig schauen würde", erwiderte Mai bissig. Nun, das war eine Sekunde, bevor ihr Blick etwas schelmisches bekam. Sie legte beide Hände trichterförmig an ihren Mund und rief in Richtung der Kabinen: "Oh Elend, Kira hat seine Badehose verloren!"
"WAS?" Kuzomi stürzte in den gekachelten Raum, das Oberteil ihres Bikinis in der Hand, aber noch immer in ihr Shirt aus Spinnenseide gekleidet. "N-natürlich muss ich sofort meinem Herrn zur Seite eilen und ihm suchen helfen! A-aber ich habe natürlich kein Interesse, aus seinem Dilemma einen Vorteil zu ziehen und ihn nackt zu sehen! Andererseits kann ich ihn aber auch nicht im Stich lassen... Ich darf ihn aber auch nicht übervorteilen! Aaah, immer diese Entscheidungen!"
"Schon gut, Kuzomi-chan. Ich habe meine Shorts schon wieder angezogen", sagte Kira fröhlich.
"Och nööö..." Mit einer Miene voller Herzensleid sackte sie auf die Knie.
Mai unterdrückte ein Auflachen. "Kuzomi, willst du dich nicht vollends umziehen und schwimmen kommen?"
"Oh, da war ja noch was. Richtig, Anego!" Das Spinnenmädchen erhob sich wieder und lief in Richtung der Kabinen zurück.
"Und du bist dir sicher...?", fragte Mai halb zu Kira gewandt.
"Sicher bei was? Hey, okay, ich bin zwölf und ich habe noch einen langen Weg vor mir. Aber ich bin schon alt genug, um zu erkennen, wann mich jemand liebt und wann ich jemanden liebe. Das ist bei mir und Kuzomi-chan nun mal so. Oder bei dir und mir, Mai-chan."
Das Mädchen wurde rot. "D-das kannst du wohl kaum vergleichen."
Kira winkte gönnerhaft ab. "Du weißt doch, wie ich das meine. Unsere Liebe ist mehr geschwisterlich, nicht?" Er grinste das braunhaarige Mädchen an. "Übrigens, schöner Bikini, den du trägst. Das Oberteil mit den Fransen kaschiert sehr gut, dass du keine..."
"Bei aller Liebe, kleiner Bruder...", sagte sie drohend und hob eine Faust.
Kira schluckte trocken. "...keine Probleme hast zu tragen, was immer du willst."
"Besser", sagte sie zufrieden und ließ die geballte Hand wieder sinken.
Anne setzte sich an den Beckenrand und ließ ihren Blick zwischen Kira und Mai schweifen. "Hm. Ich glaube, ich hätte es wesentlich schlechter treffen können."
"Schlechter womit?", fragte Kira interessiert.
"Schlechter mit meinen Kohais", erwiderte die Tsuki-Nin und ließ sich ins Wasser gleiten. "Ihr seid ein recht annehmbarer Haufen. Und Ihr macht Mamoru-sama nicht mehr Ärger als notwendig. Wirklich, ich weiß das zu schätzen."
"Ach, dafür sind wir dir aber sehr dankbar, Anne-chan", brummte Kira. Aber seine Miene strafte den mürrischen Tonfall Lügen.

"Also, was ist denn nun? Soll ich nicht besser wieder zunehmen?", nörgelte Shinji. "Helft mir doch mal dabei."
"A-auf keinen Fall!", klang eine weitere Stimme auf. Shinobu eilte zu Shinji und dem Spiegel und hakte sich bei ihm ein. "Schau doch mal, Shinji-sama, wie gut wir zusammenpassen, wenn du dieses Gewicht hältst. Und unser Haarton ist auch fast gleich. Wir sehen so gut zusammen aus."
Shinjis Ohren wurden rot, als er Kiras Cousine neben sich im Spiegel sah. Sie trug ebenfalls einen Bikini und traf damit den Geschmack des Shinobis mehr, als gut für ihn war. "S-sehr gut. Ich meine, du siehst sehr gut aus, Shinobu-chan, aber was habe ich da zu suchen?"
"Hrmpf, Shinji-sama! Du bist beinahe so wie Mamo-chan damals, als er das erste Mal in Kumogakure war! Sowas von ängstlich und nicht von dir überzeugt. Hättest du schwarze Haare, könnte man dich für seinen Bruder halten", tadelte sie ihn. "Dabei hast du absolut keinen Grund, dich zu verstecken."
Hilflos warf Shinji ihrem Cousin im Schwimmbecken einen Blick zu. Die Antwort des Yamadas bestand aus einem nicht weniger hilflosen Schulterzucken.
"Äh, hör mal, Shinobu-chan, ich verstehe, dass ich dir letzte Woche ganz recht kam, als dich diese Idioten angebaggert haben, aber du musst das nicht weiterspielen. Ich werde Kumogakure eh bald verlassen, und dann..."
Entsetzt sah sie den Konoha-Nin an. "Zweifelst du etwa an meiner Liebe, Shinji-sama? Glaubst du denn, das war alles nur Show? Niemals hätte ich so etwas gesagt, wenn ich es nicht auch gefühlt hätte, Shinji-sama! Ich weiß nicht, was noch in Zukunft passieren wird, was mit uns geschehen wird, aber hier und jetzt weiß ich ganz genau, dass ich dich liebe, Shinji-sama. Liebst du mich denn nicht? Nicht mal ein bisschen?"
Kira verdrehte im Schwimmbecken in komischer Verzweiflung die Augen. "Gib lieber auf, Shinji. Sie meint das todernst. Das ist exakt der gleiche Blick, mit dem sie mich zum Schwerttraining überredet hat. Und was passiert? Hätten wir die Klingen quer statt hochkant gehalten, hätten wir uns gegenseitig durch die Rippen gestoßen und einander getötet. Und das ist auch Teil ihres Wesens. Immer konsequent."
"Ah, da ist ja auch die Narbe von damals, Shinobu-chan", sagte Shinji hastig. Auf dem rechten Rippenbogen erhob sich der wulstige, etwa vier Zentimeter lange Schnitt. "Haben die Ärzte dir nie die Narbe entfernt?"
"Du findest die Narbe nicht etwa abstoßend?", fragte sie leise.
"Nein, natürlich nicht." Er hob den rechten Oberarm und zeigte ihr ein ähnliches Prachtexeplar, diesmal jedoch aus zwei Schnitten bestehend. "Wir sind Shinobi. Sowas gehört dazu. Hier, die hat mir Kira beim Kunai-Training verpasst. Seitdem hat er mich nicht mehr geschnitten, und dabei bleibt es auch." Ein böser Blick ging zum Jungen im Schwimmbecken, der, auf dem Rücken schwimmend, eine Fontäne Wasser ausspuckte. "Wenn du das sagst..."
"Du findest also nicht, dass die Narbe mich hässlicher macht?", hakte Shinobu nach.
"Mädchen, dazu gehört ja wohl eine Menge mehr als eine dämliche Narbe. Bevor du als hässlich gelten kannst, musst du deinen Kopf unterm Arm tragen. Falls das mal reicht."
Das blonde Mädchen stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte Shinji einen Kuss auf die Lippen. "Danke, Shinji-sama. Es gibt zwei Gründe, warum ich die Narbe behalten habe. Einerseits, weil Opa darauf bestanden hat, damit Kira und ich uns immer an unsere Leichtfertigkeit erinnern und andererseits, weil ich mir immer dachte, dass jemand, der die Narbe als Teil von mir akzeptiert, mich niemals nach meinen Äußerlichkeiten beurteilt, sondern für das, was ich bin." Sie lächelte den größeren Genin hingebungsvoll an.
"Shinji hat 'ne Freundin", sang Mai spöttelnd.
"Und du hast dafür Ki...", begann Shinji, wurde aber von Mai unterbrochen. "Gar nicht wahr!" Ihr Kopf sackte fast auf die Brust. "Dafür habe ich ihn wohl zu sehr geärgert. Er spricht kaum noch ein Wort mit mir, und dabei habe ich mich entschuldigt. Aber Sensei hat gesagt, er hat so viel Schmerz erfahren und so viel Leid in seinem Leben, sodass er immer noch ängstlich ist und misstrauisch und vorsichtig, und dass jeder Rückschlag ihn noch vorsichtiger macht..."
"Das kannst du ihm ja wohl kaum verdenken, Mai-chan", sagte Kuzomi, als sie wieder eintrat. Sie legte der Älteren eine Hand auf die Schulter. "Denk doch mal nach. Als er neun war, wurde sein ganzer Clan ausgelöscht. Danach war er sechs Jahre auf der Flucht, ständig von irgendjemandem verfolgt und immer in Gefahr, getötet zu werden. Natürlich ist er ängstlich, vorsichtig und all das. Aber ich kenne einen Weg, auf dem du dich entschuldigen kannst, und bei dem es nicht mal den Hauch einer Chance gibt, dass er es missverstehen oder überhören kann."
"Wirklich?", rief Mai erstaunt. Sie ergriff die Hände des Spinnenmädchens und drückte sie fest. "Was immer es ist, verrate es mir! Ich mach's."
"Es ist ganz einfach. Du bittest ihn zu einer kurzen Unterhaltung unter vier Augen und... *whisperwhisper* Und dann *whisperwhisperwhisper* ...und *whisperwhisper* Klar?"
Mais Wangen bekamen einen sehr gesunden Rotton - für jemanden kurz vor dem Herzinfarkt. "Aber... A-a-aber... D-das geht doch nie gut!"
"Na ja, du musst da schon etwas Herz reinlegen. Aber ich garantiere dir, es funktioniert. Natürlich nur solange er noch nicht nach Konoha zurückgekehrt ist und dort mit den Frauen des Nara-Clans zu tun hat. Also, bist du ein Mann oder eine Memme?"
"Ich wäre lieber eine Memme...", murmelte Mai deprimiert.
"Aber?"
Langsam löste sie ihre Hände aus Kuzomis Griff. Verlegen drückte sie die Fingerspitzen aneinander. "A-aber ich würde mich wahrscheinlich den Rest meines Lebens schämen, wenn ich es nicht wenigstens versuchen würde. Immerhin habe ich unnötigerweise meinen Frust an Kishio ausgelassen und so. Dabei hatte er es viel schwerer als ich. Auch wenn das kaum vorstellbar ist..."
"Ha, hast du gehört, Kira? Sie hat seinen Namen ausgesprochen", rief Shinji grinsend.
"Also, ich weiß nicht, ob wir ihn zu nahe an Mai-chan ran lassen sollten", sagte der Raiton-Nutzer skeptisch. "Sicher, wir beide sind Freunde und trainieren zusammen und ich würde wieder und wieder mein Leben für ihn riskieren. Aber hey, wenn man zwei traumatisierte Pessimisten in einen Raum sperrt, kommt doch nur noch mehr Pessmismus bei raus."
"Ich bin aber gar kein Pessimist!", begehrte Mai auf und berührte wie versehentlich ihren linken Unterarm. "Vielleicht untermotiviert, aber kein Pessimist. Außerdem bin ich mir sicher, Sensei stärkt mir den Rücken und heitert mich auf."
"Ja, auf Mamo-chan ist Verlass", sagte Shinji. Er runzelte die Stirn. "Aber wir haben immer noch ein Problem, Shinobu-chan. Ich gehe wieder nach Hause, und du..."
"Aber Shinji-sama, glaubst du nicht, unsere Liebe überdauert auch eine lange Trennung?"
"Ich bin mir nicht sicher. Ich meine, sieh dich an. Du hast doch Dutzende Verehrer, und ich..."
"Ja, mir ist natürlich klar, dass dir die Mädchen in Konoha auch nachlaufen", sagte sie deprimiert. "Aber das macht überhaupt nichts! Ich komme dich die Sommerferien besuchen!
Was sagst du dazu, mein verkappter Zwilling?"
Kira tauchte unter und kam wieder hoch. "Ich sage, wir sollten langsam mal alle schwimmen gehen. Und du, Mai-chan, du musst halt diesmal den Mund aufkriegen, wenn dich was bedrückt. Vor allem, wenn du auch noch anfangen willst, Kishios Lasten zu schleppen. Vergiss nicht, du musst ihn in jedem Fall mit uns teilen. Und mit uns meine ich mich, verstanden? Was uns zu Shinobu-chan bringt. Klar, komm den Sommer rüber. Versuch, in ein Austauschprogramm zu kommen. Wenn es was mit dir und Shinji werden soll, dann wird es das auch werden. Und dann unterstütze ich dich auch."
"Wie? Mich nicht?", fragte Shinji.
"Verlang mal nicht zuviel auf einmal", murrte Kira.
"Juchuu!" Kuzomi sprang ins Becken, tauchte unter und kam neben Kira wieder hoch. "Hört auf ihn. Er ist zwar ein Dummkopf, aber mein Dummkopf. Und manchmal hat er echt was zu sagen."
"So denkst du über mich, Kuzomi-chan?" Mit wehleidigem Welpenblick sah er sie an.
"Psst. Wenn du zu perfekt rüberkommst, blockieren sie vielleicht deine Weisheit, Kira-sama", raunte sie ihm zu.
"Oh. Gutes Argument. Also, Leute, wer kommt jetzt noch ins Wasser? Morgen müssen wir Kumogakure Tschüss sagen und dies ist das beste Schwimmbecken, in dem ich je war."
"Arschbombe!" Shinji krachte mit angewinkelten Beinen ins Wasser, direkt neben Kira, der unter der Flutwelle verschwand.
"Einen haben wir ja schon", rief er lachend.
"Juhuuu! Shinji-sama, ich komme!" Mit einem Lachen sprang auch Shinobu ins Wasser.
"Die Letzten sind die, die am längsten drin bleiben können!", rief Mai und sprang hinterher.
Daraufhin kletterte Anne wieder auf den Rand. "Ich bin gar nicht reingesprungen, fällt mir gerade ein. Und das gehört für Konoha-Nin wohl zum guten Ton. Banzai!"
Dies war der Auftakt für über eine Stunde, in der die fünf Genin ausgelassen miteinander tobten.

Das kleine Äffchen, das, eine Banane mümmelnd, auf einer Bank saß und die Szene beobachtete, wurde von den Genin gar nicht wahrgenommen. Dafür nahm das Äffchen umso mehr wahr. Und der Haupttenor war, dass es zumindest diesen Genin richtig gut ging. Das Äffchen grinste zufrieden. Das würde auch so bleiben. Garantiert.

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14.
Die kleine Kolonne, die ins Land der heißen Quellen unterwegs war, mochte klein sein. Aber sie hatte einen stärkeren Begleitschutz als manch andere vergleichbare Wandergruppe. Ich möchte an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden, es war nicht so, als würden Horden von ANBU und Shinobi heimlich Eskort laufen. Aber wenn man in einer Gruppe unterwegs war, zu der der Jondaime Raikage, Kirabi-sama und dessen Team gehörte, konnte man nicht mehr sehr viel sicherer unterwegs sein. Und seit Mei-chan im Reich des Wassers zu uns gestoßen war - äh, selbstverständlich meinte ich Terumi-sama, die Mizukage - musste ich mir weder um mich selbst, noch um Orochimarus sicher nicht erloschene Interesse an Kishio und Shinpa-chan Sorgen machen. Das war auch gut so, denn meine Sorgen wurden anderweitig gebraucht. Nicht nur von meinem erneut angeschlagenen Selbstbewusstsein, hochkochenden Schuldgefühlen, Selbstzweifeln und unkoordiniertem Zittern der Gliedmaßen immer dann, wenn ich es nicht gebrauchen konnte - laut Sadahara-sensei war es eine Frage der richtigen Therapie, und meine jetzige empfahl er mir dringends weiter, da sie mir einen Halbjahresfortschritt in nur einer Woche eingebracht hatte, Perine sei Dank - sondern auch in Bezug auf die Mizukage, die mit kleinem Gefolge reiste. Bei ihr war natürlich Kyun, der große, dicke Shinobi, den ich vor gut zwei Jahren in der Burg eines gewissen Unter-Daimyo, an den ich mich nicht zu gut erinnern wollte, bekämpft hatte. Aber als Begleitschutz einer Kage reichte das noch nicht, deshalb war noch eine Gruppe unter der Führung eines erfahrenen Jounins namens Ao mit ihr unterwegs. Das Problem war, wenn sie nicht mit A-sama lange Fachsimpeleien führte, kam sie zu mir. Und ihre geballte Persönlichkeit erschlug mich regelmäßig. Das, sowie andere Attribute ihrer Person.
"Mamo-chan!" Mei Terumi legte einen Arm um meine Schulter und drückte mich kameradschaftlich an sich. "Habe ich dir schon gesagt, wie sehr mich deine Einladung freut? Es ist sooo lange her, dass wir uns gesehen haben. Und wenn mal ein Brief von dir kommt, dann ist es ein Bettelbrief, um bei der Hokage gutes Wetter für dich zu machen", tadelte sie.
"Aber ich habe an dich gedacht, nachdem der Raikage angeboten hat, meine Affenparty zu finanzieren."
"Ja, das halte ich dir auch zugute. Aber trotzdem, merke dir das, Mamo-chan, seine Freunde muss man pflegen. Und da wir uns fast gegenseitig umgebracht haben, müssen wir Freunde sein, nicht wahr?"
Ich laute rau auf bei diesen Worten. Genau auf diese Weise waren Gaara-sama und mein kleiner Bruder Naruto Freunde geworden. Sie hatten sich gegenseitig fast umgebracht und Naruto hatte die besseren Reserven. Das war noch genug gewesen, um Gaara das Prinzip der Angst beizubringen. Das mit der Freundschaft kam dann später, nicht so schnell wie bei mir und der Mizukage, aber es kam. Vor allem, weil Naruto kein nachtragender Mensch war. "Natürlich sind wir Freunde, Mei-chan. Und falls du die Mizukage siehst, vor ihr habe ich höchsten Respekt."
Sie verzog die Miene mürrisch, als ich sie an ihr Amt erinnerte. "Ich werde es ihr ausrichten, wenn ich sie sehe", versicherte sie mir. "Aber mal abgesehen von deinen Genin, den Moerus und dem ganzen Ärger, in den du reinschlidderst, wenn du einfach nur Urlaub machen sollst..."
Ich krümmte mich wie unter einem Schlag zusammen. Mir fiel wirklich nicht ein Gegenargument ein. Wenigstens war ich nicht so schlimm wie Naruto, von dem man sagte, man bräuchte nur den Explosionen folgen, um ihn zu finden. Oder sagte man das über Jiraiya-sama, seinen Sensei?
"...wen hast du denn so alles eingeladen? Abgesehen davon, dass du und der schnucklige kleine Ryoga-sama so viele Affenkrieger wie möglich beschwören werden... So vom rein menschlichen Standpunkt, nur die Menschen?"
"Ähemm", machte Anne, die ein Stück hinter mir ging.
"Ach ja, du wirst ja auch Affenkrieger beschwören", sagte Mei, ließ mich los und umarmte die Tsuki-Nin herzlich. "Noch so jung, aber schon eine Kontraktträgerin. Und dein niedlicher Kohai Shinji wird ja auch helfen, nicht? Gute Arbeit, Shinji-kun", rief sie zu ihm herüber. Der arme Junge wurde puterrot. "D-danke, Mizukage-sama."
Anne noch immer im Arm haltend holte sie wieder zu mir auf. "Also, wen hast du eingeladen? Ich meine, außer dem Grießgram, seinen Bruder und mir?"
Ich lachte leise, als A-sama bei Meis Worten die Miene merklich genug verzog, sodass seine Miene erkennbar von mürrisch zu noch mürrischer wechselte. "Grießgram? Meinst du etwa mich damit, Terumi-sama?"
"Aber nein, natürlich nicht. Wer könnte dich denn auch nur ansatzweise für mürrisch halten, wo du doch überall, wo du gehst und stehst, nichts als die reine Sonne verbreitest?", sagte sie trocken.
Mabui kicherte hinter vorgehaltener Hand bei diesen Worten und Kirabi-sama lachte lauthals. "Das ist ja so wahr. Aniki, sie stellt es treffend dar."
"Na gut, dann bin ich halt ein Grießgram! Aber dafür habe ich letzten Monat den Ikebana-Wettbewerb gewonnen und das will doch auch was heißen, oder?"
Mei ließ Anne fahren, als sie das hörte. "Echt? Ikebana? Du?"
"Nun tu nicht so überrascht. Ich war achtmal Ikebana-Meister von Kumogakure und zweimal Landesmeister. Auch wenn man es mir nicht ansieht, ich habe ein Gespür dafür, aus vielen schönen Dingen ein großes schönes Gesamtkunstwerk zu machen."
Ihre Augen wurden zu Schlitzen. "Du weißt was das heißt, A-chan."
Der Raikage kniff ebenfalls die Augen zusammen. "Bedeutet das etwa...?"
"Neunmalige Stadtmeisterin, davon nicht einmal als Mizukage und dreimalige Landesmeisterin", zählte sie angriffslustig auf. Das bedeutet, wir werden ein Blumensteck-Duell abhalten, A-chan."
So etwas Ähnliches wie ein Lächeln schoss über sein Gesicht. "Oh, endlich ein würdiger Gegner, bei dem es sich lohnt, ihn zu vernichten." Er lachte leise. "Hat sich die Reise also noch mehr gelohnt, als ich dachte."
"Gut gerettet, A-sama", rief ich nach hinten.
"Ich weiß."
"Mamo-chan, du hast meine Frage noch nicht beantwortet!" Wieder ging Mei neben mir. Diesmal drückte sie ihre Wange - ihre zarte, weiche, lieblich warme Wange - auf die meine. "Also, wen hast du noch eingeladen?"
"Nun, das ist kein Geheimnis. Meine Eltern kommen, meine Schwester, ihr Verlobter, natürlich alle Affen, die wir beschwören können, klar, ne, die Hokage und ihre Sekretärin, der..."
"Moment Mal, hast du Hokage gesagt?", fragte Mei verdutzt.
"Ja, die Hokage. Stimmt was nicht?"
"Ich hatte eigentlich, wenn ich ehrlich bin, von ihr den Eindruck, sie sei ein großer, blonder, wütender Drache. Vor allem wenn ich daran denke, wie sie dich behandelt hat. So eine typische Machtfrau."
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. "Ja, das kann ich unterschreiben. Trotzdem würde ich sie für kein Vermögen der Welt eintauschen wollen. Denn genauso wie sie mich unterbuttert, würde sie sich ein Bein ausreißen, um mir zu helfen, wenn ich in Schwierigkeiten bin." Ich lachte leise. "Sie hat mir ein ANBU-Team zum Geburtstag geschenkt, als sie meinte, ich könnte dringend Hilfe gebrauchen." Ja, das war wohl wirklich der Fall. Sie war für mich da. Auch wenn sie mir den Arsch aufriss, wenn ich Fehler machte. Und ich war überzeugt, dass das zu den wichtigsten Eigenschaften eines Kages gehörte: Seine Leute in Grund und Boden stampfen, wenn sie Mist bauten, aber sie mit Zähnen und Klauen verteidigen, wenn es sein musste. All das erfüllte Tsunade-sama. Ich musste nur aufpassen, dass ich ihr diese Sicht der Dinge niemals verriet. Die Folgen wären nicht abzusehen gewesen. Vor allem nicht für mich. Dann doch lieber unser bisheriges Verhältnis, das man wohl am besten so umschrieb: Böser Lehrer, umhergescheuchter Schüler.
Mei pfiff anerkennend. "Ein ANBU-Team gleich? Sie scheint doch umsichtiger zu sein, als ich dachte. Vielleicht wird es mich freuen, sie kennenzulernen. Sie kommt doch auch, oder?"
"Ja, sie hat zugesagt", erwiderte ich. "Außerdem habe ich einige meiner Lehrer und Sempais eingeladen, dazu eine Handvoll meiner Kohais. Und hätte ich ihn nur irgendwo zu fassen gekriegt, hätte ich Naruto und Jiraiya-sama auch eingeladen, aber... Wer weiß, wo sie sich rumtreiben."
"Ach, Naruto-chan. Das hätte mich auch interessiert. Alleine um zu wissen, wie stark er noch zu werden gedenkt. Nicht, Kjun?"
Der dicke Shinobi verzog die Miene wehleidig. "Seine damalige Stärke hat mir schon gereicht. Der kleine Satansbraten, der."
Das brachte mich erneut zum Lachen. Etwas leiser fuhr ich fort: "Und einige meiner besten Freunde werden dort sein. Wirklich, ich frage mich, warum ich die Party nicht von vorne herein so ausgelegt habe. Genügend Geld hätte ich ja gehabt, schon allein wegen der Boni für die geretteten Shinobi."
"Manche Dinge finden einen selbst. Man kann sie nicht wirklich alleine finden", sagte Mei und drückte mich an sich. "Gute Ideen haben oft genau diese Eigenschaft. Also sei froh, dass du die Idee hattest, Mamo-chan. Habe ich schon erwähnt, wie sehr ich mich freue, dass du mich eingeladen hast?"
"Nicht in der letzten Minute."
"Hrmpf. Mamo-chan!", tadelte sie mich, und ich duckte mich unter ihrem gespielten Schlag weg.

"Hatte Suirin-chan eigentlich keine Zeit, dich zu begleiten?", fragte ich unvermittelt. Wir hatten das Land des Wassers bereits hinter uns gelassen und ich hatte weder etwas von der blonden Kunoichi, noch von ihrem Team gesehen.
"Suirin? Oh, die knabbert noch an ihrer Strafarbeit", sagte Mei in düsterem Tonfall.
"Strafarbeit?" Ich runzelte die Stirn. "Strafarbeit für was?"
"Sie hat dich in Stich gelassen, oder?", erwiderte Mei mit ernster Stimme. "Sicher, du warst bereits im Land der Blitze und damit außerhalb ihrer Jurisdiktion. Aber einen Kameraden lässt man nicht im Stich, vor allem nicht, wenn dein Kage seinen Schutz garantiert hat. Sie hätte dir mit ihrem Team folgen müssen, spätestens, nachdem du den Hügel abgebrannt hast, was auf fünfzig Kilometer weit zu sehen gewesen war. Die Grenzstreitigkeiten hätte man später noch regeln können, nicht, A-sama?"
"Sicherlich, Terumi-sama."
Ich wurde blass. "Das... Wäre ganz und gar keine gute Idee gewesen."
"Hm? Wieso das denn?"
"Weil ich Suirin umgebracht habe, kaum dass sie zu mir aufgeholt hatte", erklärte ich mit Schaudern in der Stimme. "Ich war davon ausgegangen, dass sie an der Grenze stoppen und auf Befehle warten würde, selbst wenn das ganze Reich der Blitze in Rauch aufgeht. Natürlich hätte ich vorher meine sensorischen Fähigkeiten besonders angestrengt, aber ich wäre ihr die ganze Zeit über misstrauisch gewesen. Und das hätte meinen Kampfstil behindert, weil ich sie und ihr Team einerseits ausgegrenzt und andererseits beschützt hätte..."
"Ja, interessantes Szenario. Aber ich habe Suirin-chan und ihr Team vor allem deshalb ausgesandt, weil sie selbstständig zu handeln pflegen und sich um sich selbst kümmern können. Das ist tüchtig daneben gegangen. Und deshalb unterrichtet sie bis Ende des Jahres die Anfängerklassen. Sowas kennst du, nicht, Mamo-chan?"
Okay, das erweckte Erinnerungen an meinen ersten Besuch in Kumogakure. Und an Shi-chan.
A-sama lachte leise zu Meis Worten.
"Was für Freunde?", fragte die Mizukage.
"Wie, was für Freunde?"
"Na, du hast extra die Freunde erwähnt? Wen hast du geladen?"
"Nur ein paar wenige, besondere, die bereit sind, wegen mir weite Wege auf sich zu nehmen." Ob ich ihr sagen sollte, dass ich kurz mit dem Gedanken gespielt hatte, den Kazekage auch einzuladen? Aber das wäre absolut vermessen gewesen, nachdem ich bereits drei der Kage der großen versteckten Dörfer als Gäste hatte. Was mich zum logistischen Problem brachte, das ich verursacht hatte. Vor allem für drei Einsatzteams der ANBU, die zweifellos für den Schutz der drei würden sorgen müssen. Nicht, dass A-sama, Mei-chan und Tsunade-sama besonders viel Schutz nötig hatten. Schon gar nicht, wenn sie alle drei an einem Ort versammelt waren. Kein Gegner mit genügend Grips in der Birne hätte sie angegriffen. Akatsuki eventuell, aber ob diese Gruppierung SO wahnsinnig war?
"Ich habe Kankurou eingeladen. Wir haben zusammen Kabuto gejagt. Ich hoffe, er kommt."
"Kankurou no Suna, der Bruder des Kazekages und Ratsherr Sunagakures?" Mei pfiff anerkennend. "Alle Achtung. Kleine Brötchen bäckst du nicht gerade. Aber fast hätte ich erwartet, dass du den Kazekage selbst einlädtst."
Ich hüstelte verlegen. "Davon habe ich Abstand genommen."
Verblüfft sah sie mich an. "Du hast da wirklich drüber nachgedacht, Mamo-chan?"
"Wir duzen uns", gestand ich.
"Aber nach Iwagakure hast du noch keine Beziehungen aufgebaut, oder?", fragte sie.
"Ich habe mal ein paar Iwa-Nin getötet. Im Land der Reißzähne. Zählt das auch?", fragte ich.
"Äh, nein, das zählt wohl eher nicht. Wen hast du noch eingeladen?"
"Abgesehen von einigen Freunden aus Tsukigakure... Ein guter Freund aus dem Land der Reisfelder. Ryuji Nekozumi." Bei diesen Worten sah ich zu den beiden Moerus herüber. Ich hoffte, Kishio würde die Gelegenheit zu einer Aussprache nutzen. Notfalls würde ich es ihm befehlen. Ich wollte nicht, dass Wut, Frust und Enttäuschung zwischen zweien meiner Freunde herrschte. Und ich wollte, dass Ryuji die Chance bekam, sich für seine Hilflosigkeit bei Kishio zu entschuldigen. Und wenn ich da nachhelfen musste.
"Ah, das Oberhaupt des Nekozumi-Clans. Wen du alles kennst. Sicher, dass der Tsuchikage nicht auch kommt?"
"Sehr sicher", erwiderte ich lächelnd. Allerdings blieb mir das Lächeln im Halse stecken, als meine linke Hand unvermittelt zu zittern begann. Verdammt. Sadahara-sensei hatte mir geraten, Tsunade-sama direkt zu konsultieren, weil sie eine Expertin für Schockbehandlungen war. Neben vielen weiteren Therapien. Auch Shinpa-chan sollte nach seinem Rat in ihre Therapie gehen. Es wurde wirklich Zeit, sie zu sehen.
"Papapapapapapapapa!"
P-chan kam neben mir aus dem Step und reichte mir meinen Sohn. "Hier, der kleine Mann will unbedingt zu dir. Muss an Karin liegen. Die hat ihn vollkommen mit Süßigkeiten überfüttert und jetzt hat er einen Zuckerrausch."
"Ich habe ihn nicht überfüttert, Perine!", protestierte Karin.
"Oh, ist das der kleine Sohn, den du illegitimerweise mit einer ehemaligen Oto-Nin hast?", rief Mei entzückt. "Du verstehst es wirklich, das Motto "Führt keine Kriege, macht mehr Liebe" in die Tat umzusetzen."
Ich nahm meinen Jungen von P-chan entgegen und hielt ihn zu Mei geneigt. "Ja, das ist Akira, mein Kleiner. Obwohl gewisse Leute ja beschlossen haben, mir fast zwei Jahre nicht die Wahrheit zu sagen." Tadelnd sah ich die Affenkriegerin und meine Freundin an.
"Oh, der ist ja süß. Darf ich ihn halten? Was meinst du, du süßer kleiner Mann? Willst du bei Onee-chan auf die Arme?"
Aki-chan sah die Kizukage aus großen Augen an. Wobei sein Blick an einem Ort besonders lange verblieb, den ein Kleinkind wie er wohl am ehesten mit Frühstück assoziierte. "Jaaaa!", rief er freudig, drückte mir einen nassen Schmatzer auf die Wange und reckte seine Ärmchen in Richtung Mei-chan. Also reichte ich ihn weiter.
Mei Terumi nahm ihn mit sicherem Griff entgegen und platzierte ihn geschickt auf ihrer Hüfte, so als hätte sie das schon tausendmal getan. Anschließend begann sie den Kleinen zu herzen und zu streicheln. "Oh, du bist so ein hübscher Junge. Ganz der Papa. Lach doch mal. Aki-chan, lach doch mal. Jaaaa, da sieht so süß aus. Onee-chan ist ganz schrecklich in dich verliebt, Aki-chan."
Damit war es amtlich. Akira hatte definitiv mehr Glück bei den Frauen als ich. "Ui, Mei-chan, du wirst bestimmt mal eine tolle Ehefrau abgeben. Mit Kindern umgehen kannst du jedenfalls sehr gut", scherzte ich.
Die Mizukage errötete leicht. "Ehefrau? Meinst du wirklich, Mamo-chan?"
"Sicher. Und es wäre eine Schande, würdest du nicht einmal heiraten und Mutter werden. Das wäre ein Verlust für unsere Welt."
"Es ist nicht gerade so, als würden die Männer bei der Mizukage Schlange stehen", sagte sie wehmütig.
"Es muss halt ein Mann sein, der mit dir mithalten kann." Ich stieß ihr sanft den Ellenbogen in die Seite. "Kommt Zeit, kommt Rat. Ist Ao denn schon vergeben?"
"Mamo-chan! Hör doch auf, alte Frauen zu piesacken!"
"Wieso? Ist die Hokage in der Nähe?"
Ungefähr fünfzig Kilometer entfernt musste eine weibliche, blonde Person niesen. Heftig. Mehrfach.
"Vie... Vielleicht finde ich ja mal den Richtigen." Verlegen und leicht lächelnd drückte sie Akira an sich. "Und wenn ich auf Aki-chan warten muss, nicht?"
Ich lachte leise. "Ich bin sicher, ein heißer Feger wie du bleibt nicht lange auf dem Markt, Mei-chan."
"Nein, eventuell nicht. Bevor ich für den Markt zu alt werde..." Sie seufzte lang und tief und eine sichtbare Welle der Depression schien von ihr auszugehen.
Dieses Gefühl verging aber, als Akira die Mizukage auf die Wange küsste.
"Ja, mein Kleiner, du verstehst mich. Meinst du, da draußen gibt es jemanden für mich? Jemand, der mit mir mithalten kann?"
Dankenswerterweise war Akira noch zu klein, um folgerichtig zu antworten. Es war auch eine schwierige Frage gewesen. Und zudem ließ er seine Lieblingsphrase nicht hören, sein "Papapapa", was mich wohl in Verlegenheit gebracht hätte. Stattdessen küsste er Mei erneut auf die Wange.
"Ja, du verstehst mich", seufzte sie. "Vielleicht ist es wirklich keine dumme Idee, auf dich zu warten, was?"
"So lange bist du nicht auf dem Heiratsmarkt, Mei-chan. Das garantiere ich dir", sagte ich lächelnd und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
"Du hast wahrscheinlich Recht, Mamo-chan." Sie seufzte. "Aber genug davon. Freuen wir uns lieber auf die Feier."
"Ja. Freuen wir uns auf die Feier mit guten Freunden. Und sehr guten Freunden. Und noch ganz anderen Freunden."

Beim letzten Satz sah ich P-chan an, die ein klein wenig erötete. Dann ging mein Blick zu Karin. Die junge Akimichi errötete nicht einfach nur, sie sah aus wie nach einem sehr heftigen Sonnenbrand. Karin hatte unseren Tross kurz vor dem Aufbruch aus Kumogakure erreicht, um sich uns anzuschließen. Offiziell, um Anne bei Akiras Pflege zu helfen. Inoffiziell aber, um mich zu retten. Und sie hatte mich gerettet. Ich meine, Perine war dabei schon recht gut gewesen, mit ihrer Hingabe, ihrer Fürsorge, ihrer unerschütterlichen Zuneigung und Liebe. Aber Karin hatte in der Nacht unseres ersten Stopps noch viel mehr bewiesen und noch mehr gezeigt.
Ich erinnerte mich nur zu gut daran, wie sie mir, als ich unter Marias Genjutsu gestanden hatte, ihren blanken Brustkorb angeboten hatte, um sie mit meinem Kunai zu töten. Denn in einer Welt ohne mich, also den unbeeinflussten Mamoru, hatte sie nicht leben wollen. Das hatte den künstlichen Gedächtnisverlust beseitigt, den mir Maria verpasst hatte.
In dieser speziellen Nacht hatte sie an meiner Seite gelegen, über meinen Schlaf gewacht. Und als dieser nicht hatte kommen wollen, da... Da hatte das netteste, süßeste, fürsorglichste, fröhlichste und schönste schwarzhaarige Mädchen Konohas all meine Ängste und Verzweifelungen in die Hand genommen und fortgejagt. Nicht auf Dauer, aber für eine gewisse Zeit. Genauer gesagt hatte sie mit mir geschlafen, wie P-chan schon die Nacht zuvor. Und sosehr ich mir dabei auch wie ein verstohlener Dieb vorkam, der sich nahm was er wollte und nichts dafür zurückließ, so richtig hatte es sich angefühlt. So vollkommen hatte es sich angefühlt. So gut war es gewesen. Es war so, als hätte es so sein müssen, von Anfang an. Die Erfüllung war ähnlich gewesen wie mit Perine, nur... Anders. Und durch meine stark verbesserten sensorischen Fähigkeiten hatte ich viel mehr gesehen und viel mehr gespürt, als ich in Worten ausdrücken konnte. Karin hatte davon partizipiert, an meinen Empfindungen teilgehabt, was ich teilweise auf Kishios Chakra zurückführte.
Kurz sah ich mit stummer Frage im Blick zu den Moerus herüber. Hatten sie ebenfalls auch partizipiert, oder waren Karin und ich weit genug von ihnen entfernt und Kishios Chakra schon schwach genug gewesen? Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte. Aber Karin wäre es eventuell peinlich geworden. Aber jetzt, wo ich darüber nachdachte: Wo war P-chan in dieser Nacht gewesen?
Wieder sah ich die Affenkriegerin an, die mich immer noch verschmitzt anlächelte. Sie beugte sich in meine Richtung vor, was mir einen guten Blick auf ihr herabgeknöpftes Shirt bescherte, zumindest bis zum Kragen ihres Spinnenseideshirts. Was nicht genug war, um ihr Dekolletée zu kaschieren. Ich spürte ihre Lippen an meinem rechten Ohr und fühlte die angefeuchtete Haut über mein Ohrläppchen streifen. "Habe alles klar gemacht mit Karin. Wir probieren es dann mal zu dritt."
Für ein paar Sekunden spürte ich erst einmal gar nichts, weil mein Blut viel zu sehr rauschte, um irgendetwas zu erspüren. Dann war da ein Gefühl der sexuellen Gier. Und eine große Portion Schuld, die mir die Kehle abschnürte. Ich befand mich nun in genau der Situation, die ich nie hatte erleben wollen. Absichtlich hatte ich den Sex mit meinen Mädchen immer verweigert - bei Maria hatte ich das ja nicht gekonnt, aber aus anderen Gründen - damit ich sie nicht auf diese Weise an mich band. Ich hatte nur mit der schlafen wollen, die dann auch die meine werden würde. Wie es sich für einen braven, konservativen Familienmensch gehörte. Leider schien ich eher der sexuelle Rebell zu sein. Band ich damit nun zwei Frauen an mich und verweigerte ich ihnen ein eigenständiges Leben abseits von Mamoru Morikubo?
Und was war dann mit den anderen beiden, mit denen ich noch nicht geschlafen hatte? Was hatte ich da nur in meiner Schwäche für eine Lawine ausgelöst, die nun drohte, auf mich niederzugehen und mich zu erschlagen? Und das auch noch zu Recht, wie mir schien.
Ich räusperte mich ein paar Sekunden, um Zeit zu gewinnen. "P-chan, meinst du wirklich, dass..."
"Mamo-chan", säuselte sie mir ins Ohr, "erinnerst du dich daran, als ich sagte, die anderen vier vom Mamo-Pakt würden deine Geliebten werden, wenn du heiratest?"
"Ja, ich erinnere mich."
"Ich habe weder gelogen, noch übertrieben", erklärte sie mir lächelnd. "Und das ist unsere Entscheidung. Kann sich sicher noch ändern, aber... Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es so und nicht anders möchte."
Orochimaru war Schuld. Definitiv. Wegen ihm war ich schwach gewesen, hatte Hilfe gebraucht, hatte mich an P-chan und an Karin geklammert. Hatte Sex mit ihnen. Guten Sex. Oh mein Gott, musste ich auch das Orochimaru aufs Konto schreiben? Und die Änderungen in meinem Leben, die es zwangsläufig ab jetzt geben würde? Mir wurde für einen langen Moment schwindlig. Da gingen sie hin, meine geruhsamen Zukunftspläne. Und willkommen, meine komplizierten Zukunftspläne.
"Ich freue mich", sagte ich zu P-chan. Das war nicht gelogen. Aber eventuell übertrieben. Ein klein wenig.
***
Kenshiro und Yuria Morikubo saßen am Stirnende eines kleinen Saals auf Reismatten. Yuria Morikubo bevorzugte den Seiza, der auch gut zu ihrem formvollendeten Kimono passte. Das violette Prachtexemplar mit den weißen Blüten sah alt, edel und teuer aus. Kenshiro hingegen bevorzugte den Schneidersitz und reguläre Arbeitskleidung für einen Kaufmann. Zudem bewahrte er nicht die gleiche Haltung wie seine Frau, sondern wippte neugierig und ein wenig aufgeregt hin und her. Nicht viel, aber genug, dass ein Ninja es bemerkte. Dies brachte ihm keinen tadelnden Blick seiner Frau ein, denn sie war voll und ganz damit beschäftigt, die junge, schwarzhaarige Frau zu mustern, die, in einen rosa Kimono mit Goldstickereien gehüllt, ebenfalls auf einer Tatami im Seiza sitzend, vor dem Ehepaar eine formvollendete Verbeugung absolvierte. Der hagere, hochgeschossene Mann, der als ihr Sekundant fungierte, saß auf einer Tatami rechts hinter ihr, leicht versetzt und verbeugte sich ebenfalls.
"Sumimasen, Morikubo-sama, für mein unerwünschtes Erscheinen", sagte die Frau und verbeugte sich fast bis auf den Boden, die Fingerspitzen dabei nur auf dem Holz aufgelegt, ohne sich tatsächlich abzustützen. Dass ihre Worte der Frau galten, war vollkommen offensichtlich. Vielleicht ein Grund, warum sich Kenshiro so viel informelles Verhalten herausnahm.
"Nun, es ist ja nicht vollkommen unwillkommen", sagte Yuria Morikubo mit einer fast neutralen Stimme, in der ein Hauch wohldosierter Ärger mitschwang. Diese Stimme hatte sie sich in langen Jahren erworben, in denen sie künftige Medi-Nin trainiert hatte. Sie verfehlte ihre Wirkung auf die junge Frau nicht, die sich sofort noch einmal verbeugte.
"Wir würden gerne etwas über dich wissen, Onna", sagte sie, wohlweislich den klassischen in Konoha üblichen Begriff für Frauen benutzend. In diesem Fall wirkte es neutral klassifizierend.
"Hai, Morikubo-sama." Die Frau verharrte in der Verbeugung.
"Wer sind deine Eltern?"
"Hai, Morikubo-sama. Meine Eltern sind tot."
Kenshiro fuhr für einen Moment zusammen. "Hast du sie etwa...?"
"Iie, Morikubo-tono", sprach sie den Mann an. "Sie starben im Bürgerkrieg in Ame no Kuni im Zuge der Gefechte Konohas mit Iwagakure."
Diese Worte ließen bei Yuria ein Augenlid flattern, wenn auch nur kurz.
Sofort verneigte die junge Frau sich erneut. "Ich habe keinerlei Wertung gemeint. Der Kampf war sicherlich notwendig und richtig für Konoha. Aber die Kämpfe haben vielen Zivilisten das Leben gekostet. So auch meinen Eltern, die von versprengten Konoha-Nin getötet wurden."
Ein leiser Knall ging durch den Saal, als der Fächer in Yurias Hand durchgebrochen wurde, obwohl sie ihn eingefaltet hatte. "Hast du dafür Beweise, Onna?"
"Iie, Morikubo-sama. Nur das, was ich mit eigenen Augen gesehen habe."
"Hast du die fraglichen Shinobi erkannt?"
"Iie, Morikubo-sama. Ich erkannte nur das Spiralsymbol."
Kenshiro mischte sich ein. "Wie alt warst du da?"
"Ich war sieben, Morikubo-tono."
"Was ist weiterhin mit dir passiert?"
"Die Konoha-Nin verschonten mein Leben. Sie haben mich verkauft."
"So?", fragte Yuria und eine spürbare Welle der Wut fegte durch den Raum.
"Hai", sagte das Mädchen, nun mit Trotz und Entschlossenheit in der Stimme. "Ich wurde im Land der Steine an ein Gasthaus verkauft, wo ich bis zu meinem dreizehnten Geburtstag unentgeltlich gedient habe. Als Sklave."
"Hast du Geschwister?", fragte Kenshiro.
"Hai. Mein Bruder diente in den Reihen der Shinobi von Ame no Kuni. Ich habe ihn nie wiedergesehen. Meine jüngere Schwester wurde in der Wiege von Trümmern erschlagen."
Ein hastiger Blick ging von Herrn Morikubo zu Frau Morikubo.
"Wie ging es danach weiter? Warum dientest du bis zu deinem dreizehnten Lebensjahr im Gasthaus, aber nicht länger?", fragte sie.
"Hai. Ich bin geflohen. Der Eigner verlangte Dinge von mir, die ich nicht verstand, aber die laut der anderen Mädchen schmerzhaft waren... Ich lief davon und lebte fortan auf der Straße."
"Und dort bist du..."
"Hai. Dort nahm mich mein neuer Herr an, kleidete mich, ernährte mich und bildete mich aus. Als einzigen Gegenbeweis verlangte er von mir, niemals nachzugeben und niemals zu verlieren. Verglichen mit meinem bisherigen Leben und dem auf der Straße erschien mir das ein erfüllbares Ziel."
"Und so kamst du in das Ninja-Dorf."
"Hai. Ich hatte ein relativ gutes Leben, wenngleich sich Freundschaften schwierig gestalteten. Man... Wurde schnell ausgetauscht, wenn man nicht genug Leistung brachte. Es war... Ein sehr schnelles Leben. Aber ich hielt es durch, bis ich an Mamoru-sama scheiterte." Erneut verbeugte sie sich bis zum Boden. "Er inspirierte mich dazu, meinen eigenen Weg zu gehen, Morikubo-sama."
"Und er hat wohl noch ein wenig mehr inspiriert", spottete Kenshiro grinsend.
"Anata", tadelte Yuria und klopfte ihm mit dem zerbrochenen Fächer auf die rechte Hand.
"Autsch."
Yuria Morikubo tauschte den Fächer gegen ein heiles Exemplar und entfaltete es. Sie verbarg sich dahinter, nur ihre Augen schauten hervor. "Deinen weiteren Weg kennen wir. Was uns jetzt interessiert, ist, wie du zu unserem Sohn stehst."
Das Mädchen sah auf. Es war nicht so wahnsinnig, sich Hoffnungen zu machen. Aber eventuell konnte es auf Vernunft hoffen. Ein wenig, zumindest. "Ich liebe ihn, Morikubo-sama."
"So", machte Yuria und wedelte sich kühle Luft zu. "Du weißt aber, dass dies nicht unbedingt auf Gegenseitigkeit beruht, nach all dem, was du mit ihm angestellt hast."
Sie verbeugte sich erneut. "Es geht mir nicht um ihn oder um mich. Ich bin nicht vermessen genug, um das zu denken. Aber meinen Sohn betreffend wünsche ich mir, dass er... Dass er Eurem prüfenden Blick vorgesetzt werden darf, Morikubo-sama. Er hat schon mütterlicherseits keine Familie und keine Großeltern mehr. Ich will ihm die andere Seite seiner Familie nicht verweigern. Ich bitte, meine dreisten Worte zu entschuldigen. Ich nehme gerne jede Strafe auf mich, die Euch genehm ist, Morikubo-sama."
Der Fächer schnappte mit einem lauten Knall zu, laut genug, sodass die junge Frau zusammenzuckte.
"Okaa-san."
"Hai?"
"Du nennst mich ab sofort Okaa-san. Und solange Tsukigakure und Konoha Verbündete oder zumindest Freunde sind, bist du ab jetzt ein vollwertiges Mitglied der Familie. So wie dein Sohn." Yuria Morikubo lächelte ihren Mann an. "Einwände, Danna?"
Ihr Ehemann winkte ab. "Mich hatte sie schon, als sie erzählt hat, wie sie Waise wurde, Schatz."
"Ja, die Konoha-Nin, die sie verkauft haben." Ihr Lächeln gefror. "Wenn es sie gibt, wenn sie noch leben - und ich werde das herausfinden - werden sie nichts zu lachen haben." Sie erhob sich von ihrer Matte. Ihr Ehemann erhob sich ebenfalls.
"Erhebe dich, Maria. Du musst nicht vor uns knien. Du nicht und dein Sohn auch nicht."
"Hai, Morikubo-sama!"
"Okaa-san!", sagte Yuria energisch.
"Hai! Okaa-san!"
"Und ich bin Otoo-san für dich ab heute, Maria-chan", sagte Yurias Mann lächelnd.
Die junge Frau erhob sich, nur um im Stehen erneut eine tiefe Verbeugung auszuführen. "Ich bin Euch zu großem Dank verpflichtet, Okaa-san, Otoo-san."
"Unsinn. Du erhältst nur, was du auch bekommen solltest", widersprach Yuria. "Und jetzt komm. Wir wollen zusammen baden. Mein Sohn und mein... Enkel werden bald eintreffen. Und wir wollen einen guten Eindruck machen, nicht?"
Diesmal sah man das erste Mal eine Reaktion über das Gesicht der jungen Frau huschen. Es war Freude. Ungeteilte, grenzenlose Freude. "Hai, Okaa-sama!"

Als die beiden Frauen, übergangslos schwatzend wie alte Freundinnen, den Saal verlassen hatten, erhob sich der hagere Mann auch von seiner Matte. "Junge, Junge. Als deine Frau ihren Fächer zerbrochen hatte, habe ich gedacht, das wäre es."
Kenshiro grinste burschikos. "Sie hat den Fächer nicht zerbrochen, weil sie Maria nicht geglaubt hat, sondern weil sie den Konoha-Nin, die sie verkauft haben, tödliche Rache geschworen hat. Immerhin ist Maria die Mutter ihres Enkels. Und niemand rührt ihre Familie an, ohne dafür zu bezahlen." Sein Grinsen wurde eine wütende Miene. "Oder einen Nara."
"Das habe ich gemerkt."
"Aber jetzt erzähl doch mal, Hassin. Wie habt Ihr es geschafft, einen ganzen Monat verschwunden zu bleiben?", fragte Kenshiro. "Einmal möchte ich mal etwas vor meiner Frau und meinem Sohn wissen."
"Oh, das war eine ganz dumme Geschichte. Wir..."
***
Die Ankunft im Gasthaus Frau Kubos war ein wenig wie Heimkehr. Wie oft war ich hier schon eingekehrt, wenn mich meine Missionen nach Norden geführt hatten? Oft, sehr oft. Es wunderte mich eigentlich, dass nicht schon einer der Räume meinen Namen trug. Na, das konnte ja noch was werden.
Ich sah nach hinten. Die beiden Moerus wurden von Ryoga und Hibiki getragen und schliefen selig. Natürlich hatte sich Kishio standhaft dagegen gewehrt, getragen zu werden. Schließlich müsse er, wenn überhaupt seinen Aniki Shinpachi tragen, und überhaupt. Dabei war es ihm anzusehen, dass er noch immer verausgabt war. Zwar hatte er sich in Kumogakure etwas erholen können, aber meine Rettung erwies sich jetzt doch als etwas kontraproduktiv. Tatsächlich nutzte er jede freie Minute, um sich auszuruhen, wollte allerdings auch keine Schwäche zeigen. Also hatte ich ihm befohlen, sich tragen zu lassen. Das hatte funktioniert. Noch.
Mein Blick ging zu Kuzoko, die ein Stück hinter den Genin ging und alles im Auge behielt. Sie machte sich wirklich gut, bewies Verantwortung, ein Auge für Details und nahm ihre Aufgaben ernst. Ich nahm mir vor, bei den Spinnen um einen permanenten Kontrakt zu bitten. Sie war eine Bereicherung für mein Team, definitiv. Und ich mochte sie, nachdem sie ihr anfänglich überhebliches Verhalten abgelegt und ihr wahres Ich gezeigt hatte. Ich kam sehr gut mit ihr aus. Fast ebenso gut wie Kira mit seinem Spinnchen. Die beiden ein Herz und eine Seele zu nennen wäre eine hoffnungslose Untertreibung gewesen. Mir war nicht klar, wie weit es mit den beiden gehen würde, aber... Zumindest passten sie gut zusammen. Und ein permanenter Kontrakt mit den Spinnen schien auch ihm sicher zu sein. Ich hätte nichts gewusst, was dagegen sprach. Vor allem, nachdem ihm zwei Raiton-Meister einige neue Kniffe gezeigt hatte.
Shinji, der zwischen Anne und Mai ging, hatte sich bisher auch gut gemacht. Ob er seine kleine Freundin vermisste, die er in Kumogakure hatte zurücklassen müssen? Und ob ich ihm erklären sollte, dass Fernbeziehungen großer Mist waren? Andererseits war jedes aktive Shinobi-Leben eine einzige große Fernbeziehung. Es bedurfte besonderer Partner, damit sie funktionierten. Auf jeden Fall war er jetzt Kontraktträger des Affenclans. Damit war er nur unwesentlich jünger als ich, als die Affen mich adoptiert hatten. Eine Entwicklung, die mich zufrieden stellte. Es erinnerte mich aber daran, dass ich Konohamaru versprochen hatte, ihn am Tag seiner bestandenen Chunin-Prüfung den Affen als Kontraktpartner schmackhaft zu machen.
Mai, hm. Sie war selbstsicherer als vor dem Aufbruch. Energischer, ohne frech zu wirken. Sie hatte einiges über sich selbst herausgefunden und vielleicht das erste Mal auch über sich selbst lachen können, seit ihrer schrecklichen Zeit im Krankenhaus, die sie so sehr zurückgeworfen hatte. Dass sie sich ihren Problemen gestellt und erkannt hatte, dass andere dafür verantwortlich machen, sie nicht weiterbrachte, hatte sicherlich weitergeholfen. Nun, für sie würde ich eine hübsche Überraschung haben, und das war definitiv wörtlich zu verstehen.
Kuzomi hatte sich als nützlicher erwiesen, als ich gedacht hatte. Als sehr viel nützlicher, tapferer, direkter und talentierter. Ihr Genjutsu war stark für ihr Alter. Während ihre große Schwester auf Taijutsu und Ninjutsu setzte, war sie eine erfahrene Anwenderin von Illusionen. Genügend Übung würde sie schnell auf einen hohen Level bringen. Ich beschloss, Kurenai-sensei - Yuuhi - zu bitten, sich der kleinen Spinne anzunehmen.
Tja, und dann war da noch Kishio, den ich unterwegs quasi aufgegabelt hatte. Es war unzweifelhaft, dass einiges vom Ärger, den wir erlebt hatten, dadurch zustande gekommen war, weil ich ihn mitgenommen hatte. Aber das war zu kurz gedacht, denn als erklärter Feind von Orochimaru, der ich als Zerstörer Otogakures war, war es vollkommen egal, warum das Bleichgesicht oder seine Vasallen mich attackierten oder wer daran eine Schuld oder auch nicht trug. Es war ein Angriff meines Feindes auf mich und so beantwortete ich ihn dann auch. Das nächste Mal, wenn wir uns trafen, würde ich mich nicht so leicht täuschen lassen. Und dann gab es gegrillte Schlange satt. Dieser Gedanke prickelte angenehm in meinem Verstand. Auch für dieses dämliche Zucken in meinen Händen würde Orochimaru mehr bezahlen, als ihm lieb war.
Kishio hatte sich gut gemacht, in die Gruppe integriert. Seine Talente hatten mir geholfen, meine sensorischen Fähigkeiten zu erweitern. Massiv zu erweitern. Ich deckte nun einen Radius von zweihundertzwanzig Metern ab, wenn auch nicht für lange Zeit. Darüberhinaus hatte der Glücksfall, der ihn mit Shinpachi zusammengebracht hatte, einiges getan, um sein altes Leben hinter sich zulassen. Ich war zuversichtlich, auch wenn Shinpachi wohl das komplette nächste Jahr in Therapie verbringen würde. Was wiederum auch Kishio an Konoha binden würde. Schlecht für Missionen, zugegeben, aber bis sein großer Bruder wieder fit war - er sah von Tag zu Tag besser aus und näherte sich seinem tatsächlichen Alter wieder - sah ich da keine Alternative. Zumindest nicht, bis Kishio von sich aus beschloss, dass er es riskieren konnte, seinen Aniki auch mal allein zu lassen.
Seine seelische Stabilität hing damit nicht mehr allein von mir ab. Auch nicht von Shinpa-chan und mir. Die Bande, die er mit Kira und Mai geschlossen hatte, waren fragil, aber vorhanden. Und auch Shinji schien da nicht außen vor zu sein. Irgendwas verband die beiden, auch wenn es schwächer war als das, was Kishio mit den anderen beiden unterhielt. Was die anderen Bande betraf, so hatte ich das Gefühl, dass sich eine kleine Tragödie anzubahnen drohte. Kishio war immer noch verletzt, weil Mai ihre Wut auf ihn projiziert hatte. Aber Mai schien sich für den zwei Jahre Älteren weit mehr zu interessieren als für einen Teamkameraden. In einem, nun, romantischen Weg. Der arme Junge. Er würde gar nicht umhin können, als dem Mädchen das Herz zu brechen, denn von diesem Thema verstand er noch weniger als ich. Andererseits war ein Ende mit Schrecken für sie vielleicht besser als Schrecken ohne Ende.
Ich wusste, die nächste Zeit würde arbeitsreich für mich werden. Aber es würde die Art von Arbeit sein, die einen noch zufriedener machte, je mehr man von ihr bekam. Ich freute mich darauf.

"Hey, großer Meister!", klang eine altbekannte Stimme auf. Ryu Kaminari kam direkt vor mir aus dem Step, rannte mich fast um und umarmte mich stürmisch. Dabei rieb er seine Wange an meiner. "Immer noch glatt wie ein Babyhintern. In dem Punkt bist du so unglaublich zuverlässig, es ist wundervoll." Ryu zwinkerte. "Äh, kannst du dem großen, bösen schwarzen Mann mit dem Kleinkind auf dem Arm sagen, er möchte bitte das Kunai von meiner Kehle nehmen?"
"Was denn? Er hat ja nicht zugestochen, also warum beschwerst du dich?", lachte ich. "Schon gut, Omoi. Das hier ist mein guter alter Freund Ryu Kaminari. Wir haben vor zwei Monaten im Land der Steine das Versteck Orochimarus auseinander genommen."
"Oh." Omoi ließ das Kunai wieder verschwinden und hielt dem Konoha-Nin die Rechte hin. "Freut ich sehr. Vor dir habe ich schon gehört, Herr Nukenin."
"EX-Nukenin, bitte", tadelte Ryu. "Ich bin vollkommen rehabilitiert. Omoi, hm? Von dir habe ich auch schon gehört. Überwiegend Gutes."
"So, was hört man den Schlechtes von mir?", fragte er, während sich beide Männer kräftig die Hände drückten.
"Auf Anhieb fällt mir da eine Sache in einem Frauenbad in Kumo ein", erwiderte Ryu.
"Ja, da war mal was", seufzte Karui, sah betreten nach vorne und ließ sich von Samui angemessen bedauern.
"Hm. Eine Rothaarige, eine Blonde... Deine Teamkollegin und deine Anführerin, richtig?" Ryu nahm die Hand zurück und drückte mit jeweils einer Hand eine Schulter der beiden Mädchen. "Freut mich wirklich, euch kennenzulernen. Und? Wer von euch ist Omois Freundin?"
"Äh..."
Ryus Augen weiteten sich. "Was denn, was denn, er ist mit zwei hübschen Mädels wie euch unterwegs und er hat nicht mal was versucht?"
Eine sichtbare Welle der Depression schien von beiden Mädchen auszugehen.
"Auweia. Ist er eine große Version von Mamoru?"
Samui seufzte. "Schlimmer. Viel schlimmer."
"Worum geht es da gerade?", fragte Omoi misstrauisch.
"Siehst du?", fragte Samui resignierend.
"Ja, leider." Er klopfte beiden aufmunternd auf die Schulter. "Lasst den Kopf nicht hängen, Mädels. Wenn sogar Mamo-chan dazu lernen kann, dann auch er."
"Wirklich, worum geht es da?", fragte Omoi erneut.
Die Depression schien sich zu verstärken.
Zeit, einzuschreiten. "Omoi, kannst du mir mal meinen Sohn geben?"
"Aber natürlich, kleiner Bruder."
Wäre Ryu ein Fuchs gewesen, er hätte jetzt die Ohren aufgestellt. Er sah zu uns zurück und ein merkwürdiges Leuchten lag in seinen Augen. Mit einem Sprung, der fast wie Step wirkte, kam er zu uns zurück. "Also, das ist Akira? Dein Junge, den du mit Maria hast?"
Soviel zum Thema Überraschung. "Ist das etwa Allgemeinwissen?", fragte ich irritiert.
"Nun ja, sie ist im Gasthaus als Gast deiner Eltern. Da hört man eben so einiges. Was mich gleich zum Grund meines Kommens bringt. Darf ich? Hallo, Aki-chan. Ich bin Onkel Ryu. Kannst du das aussprechen? Ry-uuuu."
"Ruuu."
"Fast." Er lächelte den kleinen Jungen herzlich an. "Deine Mutter hat mich geschickt, damit ich ihn abhole und schon mal vorbei bringe."
"Meine Mutter hat was?"
"Na, sie hat gesagt, du wirst ja wohl beim Raikage und bei der Mizukage bleiben. Dann hat sie Zeit, sich ihrem Enkel zu widmen. Was ja wohl auch allerhöchste Zeit ist. Und die Mutter will ihr Kind auch endlich wiedersehen."
"Das heißt dann ja wohl, dass Maria und Hassin doch entkommen sind", sagte ich in leicht sarkastischem Ton. "Wann wolltest du mir das denn sagen?"
"Reg dich ab. Ist ja noch früh genug, oder? Sag noch mal Ryu. Ry-uuuu."
"Ruuuu."
"Nah dran. Komm, Aki-chan, wir gehen jetzt zu deiner Mama, zu deiner Oma und deinem Opa. Ja?"
"Ruuuu!"
"Das fasse ich als ja auf." Ryu winkte mir zu, dann verschwand er mit Step.
"Du kannst ruhig schon vorgehen, Mamoru-tono", sagte der Raikage. "Oder wir beeilen uns ein wenig und nehmen ebenfalls Shunshin no Jutsu."
Ich schüttelte mich einen Moment. "Tsunade-sama wartet im Gasthaus auf meinen Bericht. Es wäre mir mehr als lieb, wenn ich das ein wenig hinauszögern könnte."
Omoi grinste mich frech an. "Feigling. Ist es nicht schön, wenn es im Leben Konstanten gibt?"
"Spötter", murrte ich. Ihm schien es zu gefallen.

Als wir eine Stunde später am Gasthaus eintrafen, hatten wir schon zwei ANBU-Patrouillen passiert. Eine bestand aus Kumo-Nin, eine war eine gemischte Formation aus Konoha-Nin und Suna-Nin gewesen, was mich durchaus irritiert hatte. Ich hatte Kiri-Nin erwartet.
Der Innenhof glich einem kleinen Heerlager. Dutzende Genin unter der Führung handverlesener Chunin bildeten hier einen Verteidigungsparameter. Sie gehörten vier der großen Nationen an. So viel Aufwand für Kankurou? Okay, er WAR Ratsherr Sunas und dementsprechend wichtig. Aber man hätte meinen können, der Kazekage wäre hier.
Vor der Haustür erwarteten uns Frau Kubo und ihre Bediensteten.
"Willkommen, Morikubo-sama!", riefen mir zwanzig Frauen entgegen.
Ich verneigte mich leicht als Antwort, bevor ich zu Frau Kubo ging.
"Hallo, Mamoru", begrüßte sie mich formlos und mit einem Lächeln.
"Hallo, Frau Kubo. Der ganze Aufwand tut mir schrecklich leid. Ich hätte daran eher denken sollen."
"Aber nicht doch, nicht doch. Wann erlebt man so etwas schon mal im Leben? Und außerdem ist es eine große Ehre, die Kage von vier großen Nationen zu beherbergen, und das auf einen Schlag." Sie zwinkerte mir verstohlen zu. "Kommt der Tsuchikage auch noch?"
"Äh, nein, der schuldet mir leider nichts", erwiderte ich, für einen Moment verlegen werdend. "Aber darf ich Ihnen Mei Terumi-sama, die Godaime Mizukage und A-sama, den Yondaime Raikage, vorstellen, Frau Kubo?"
Die Wirtin verbeugte sich lang und tief vor den beiden und ihre Bediensteten taten es ihnen nach. "Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Terumi-sama, A-sama. Mein bescheidenes Haus ist Ihr Haus."
"Keine Umstände", sagte der Raikage. "Wir sind nur Gäste Ihres Gastes."
"Ein Kage ist ein Kage. Auch wenn es ein wenig Mühe bereitet, in so einem kleinen Häuschen angemessene Räumlichkeiten für alle vier Kage bereitzustellen, so haben wir doch unser Bestes gegeben. Ich hoffe, Sie werden einigermaßen komfortabel sein", sagte sie mit einer erneuten Verbeugung.
"Okay, nur um sicherzugehen, Frau Kubo. Warum vier Kage?"
"Hallo, Mamo-chan", klang eine sehr bekannte Stimme vor mir auf.
Ich sah hoch und erkannte Kankurou. "Hey, Kankurou. Freut mich, dass du es geschafft hast."
"Guten Tag, Morikubo-sama. Ich entschuldige mich dafür, dass ich mich selbst eingeladen habe, aber ich hatte... Gründe."
Ich schluckte trocken, als neben Kankurou seine Schwester Temari vor das Haus trat. "Nicht doch, Temari-sama. Sie sind mein Gast."
"Danke sehr. Ich habe darauf gehofft", gestand sie mit einem Lächeln.
"Das Gleiche gilt für mich. Auch ich entschuldige mich dafür, uneingeladen erschienen zu sein, Mamoru."
Nun rutschte mir doch das Herz in die Hose. Gaara hatte sich neben seine Schwester gestellt. Zudem verbeugte er sich auch noch. Mit einem Laut des Entsetzens war ich vor dem Kazekage. "Gaara, du musst dich doch nicht vor mir verbeugen!", sagte ich entsetzt. "Hätte ich gewusst, dass du kommen wolltest, hätte ich dich natürlich auch eingeladen!"
"Ach. Und warum hast du daran gezweifelt?" Ein kaum wahrnehmbares Lächeln huschte über sein Gesicht. "Immerhin bin ich sehr interessiert an dem, was du über Orochimaru in Erfahrung gebracht hast. Er ist auch mein Feind, wie du dich erinnerst."
Das wiederum erinnerte mich daran, dass ich Orochimarus Versteck im Reich der Blitze nie von innen gesehen hatte. Dafür aber hatte ich etliche Skizzen angefertigt, anhand derer Kumo-Nin während meiner Rekonvaleszenz tatsächlich einige geheime Räume entdeckt hatten. "Sicher, sicher, aber ich hielt es für sehr arrogant, gleich vier Kages einzuladen."
"Dann hast du mich also unter dem Raikage und die Mizukage eingeordnet?", fragte er spöttisch.
"Jedem so, wie er es verdient, Kazekage-sama", sagte A-sama eine Spur zu launisch. Es sollte wohl Rückendeckung für mich sein, aber es erzielte einen recht gegenteiligen Effekt. Gaara wandte seine Aufmerksamkeit nun dem Raikage zu. "Suna wäre ohne weiteres bereit gewesen, diese Feier im Namen Morikubo-tonos auszurichten, wie ich gerne anmerken möchte."
Das nahm der Raikage nicht sehr gut auf. Er setzte schon zu einer Antwort an, als ihm Mei-chan zuvor kam. "Kirigakure auch, wie ich anmerken möchte. Freu dich, Mamo-chan. Die nächsten beiden Affenparties scheinen schon finanziert zu sein."
Dies verärgerte nun wieder Gaara. "Natürlich. Sieh das als Zusage an, Mamoru."
"Ahahaha. Hahahaha. Ich denke, es wäre nicht verkehrt, Frau Kubo, wenn Sie dem Raikage und Mei-chan - ich meine Terumi-sama - ihre Räume zeigen. Meine Familie erwartet mich sicherlich bereits. Und es gibt vor der Feier für mich noch einiges zu erledigen."
"Natürlich, Mamo-chan. Ich meine, Morikubo-sama. A-sama, Terumi-sama, diese Damen bringen Sie und Ihr Gefolge in Ihre Räume." Sie verneigte sich tief vor den beiden Kages, die von zwei Bediensteten höflich in Empfang genommen wurden. "Und auch die anderen Herrschaften. Wir haben Räume vorbereitet. Bitte vertrauen Sie sich meinen Damen an."
Schnell leerte sich der Bereich vor der Tür, bis nur noch Karin, P-chan und die Suna-Nin davor standen.
"Mamo-chan, es gab da eine recht unerwartete Entwicklung, die ich aber in deinem Sinne abgewickelt habe. Ein Ehepaar namens Kuzokami ist heute angekommen. Sie haben sich als deine Gäste ausgegeben, daher habe ich ihnen einen Raum zugewiesen."
"Hino und Kageji Kuzokami?", fragte ich.
"Ja, das waren die Namen. Ein Fehler?"
"Im Gegenteil. Sie haben richtig gehandelt, Frau Kubo. Es dürfte etwas weit führen, alles zu erklären, aber setzen Sie sie mit dem Affenkönig gleich, den ich heute Abend beschwören werde."
"Oh. Dann sollte ich die Türen zum Nebenraum entfernen lassen, damit die beiden mehr Platz haben. Wir..."
"Ich bin sicher, sie sind gut untergebracht. Gibt es denn überhaupt noch Platz im Haus?"
Sie verneigte sich lächelnd ein klein wenig. "Wir sind vollkommen ausgebucht, Mamo-chan. Ich musste wegen der Flut der Ninjas, die über uns herfielen, weitere Räume in benachbarten Hotels meines Vertrauens anmieten. Diese Feier ist ein Segen für unseren Ort."
"Freut mich, das ich helfen konnte", erwiderte ich. "Seid Ihr gut untergebracht, Gaara?"
"Danke. Wir können uns nicht beklagen. Allerdings verstehe ich immer noch nicht, warum Temari auf ein eigenes Zimmer bestanden hat."
Die blonde Kunoichi errötete. "D-das hat jedenfalls nichts mit Shikamaru zu tun! Ein Mädchen braucht eben ab und an seinen Freiraum. Und bin ich so ein popeliges kleines Zimmer für mich alleine etwa nicht wert?"
"Shikamaru und Shikaku-jii sind also schon da?", fragte ich, meiner Eingebung folgend.
"Sie kamen mit Tsunade-sama", sagte Gaara. "Du hast einen Termin bei ihr. Nachdem du deine Familie besucht hast. Eine gewisse Maria ist auch da, wie man mir sagte."
Ich nickte beiläufig. "Gut, das hat man mir schon gesagt. Es ist einer Erleichterung für mich, dass sie noch lebt. Sie und Hassin, meine ich. Frau Kubo, sind die Räume für die Affen schon vorbereitet?"
"Leider noch nicht ganz, Mamoru. Wie gesagt, wir sind ausgebucht und arbeiten daran. Wenn ich dich also darum bitten darf, noch eine Stunde damit zu warten, die Affenkrieger zu beschwören..."
"Natürlich." Ich nickte ihr aufmunternd zu. "Karin, P-chan, los, gehen wir Aki-chan suchen."
Gemeinsam mit Frau Kubo, dem Kazekage und seinen Geschwistern und den restlichen Bediensteten betraten wir das Haus. Bratengeruch stand im Empfangssaal. Wohl ein Hinweis darauf, wie hart die Bediensteten gerade arbeiteten, wenn sogar in jenem Raum, der fast am weitesten von der Küche entfernt war, die Beweise der Bemühungen zu riechen waren. Wirklich, ich versprach mir einiges von diesem Abend. Und es war erst früher Nachmittag.
***
Mein Auftritt war mir peinlich. Anstatt in eine ganz normale, familiäre Runde zu kommen, entspannt, freundlich, so wie immer, kam ich in etwas, was der Hölle überraschend ähnlich war. Denn zu meinen Eltern hatte sie die Hokage gesellt. Und nicht nur das, sie spielte mit meinem Sohn, dem das sichtlich gefiel. Offensichtlich hatte sie ihn gerade gefüttert und wischte ihm nun den verschmierten Mund ab. Dabei wurde sie von meiner Mutter flankiert, die das Geschehen mit Wohlwollen betrachtete. Wie hatte Tsunade-sama sie wohl bestochen, damit Mutter dieses Privileg abgegeben hatte? Auf der anderen Seite saß Maria, halb belustigt, halb besorgt, weil es ja um ihr Kind ging. In einer anderen Ecke des Raums saßen Kaminari und Vater, in eine Runde Shogi vertieft, die von Shikamaru interessiert begleitet wurde. Ihnen gegenüber hatten sich Inari Asa und Shikaku-jii niedergelassen, zwischen sich ein Bänkchen mit Sake-Flaschen, die sie gemächlich, aber unerbittlich leerten. Shizune war ebenfalls anwesend, allerdings schien sie mit Schreibarbeiten ausgelastet zu sein. An der Peripherie der Frauengruppe saßen Ikuko und Nekohime und warteten geduldig auf ihre Chance, Akira zu halten. Tja, dann war da auch noch ein recht unausgeschlafen wirkender Kishio, der ein wenig vor Tsunade-sama saß und sie irritiert ansah. Hatte ich wen vergessen? Ach ja, Hana-chan. Hana-chan, die nichts besseres zu tun hatte, als sich mir um den Hals zu werfen. "Mamoru, du Dummkopf. Kannst du nicht besser auf dich aufpassen? Musst du dich alle Naselang fast töten lassen?"
Ich lächelte sanft und schloss sie in die Arme. "Ich habe dich auch vermisst, Hana-chan." Für einen Moment war ich verwundert, als ich versuchte, sie zu küssen, sie mir aber nur die Wange anbot. Doch ich schob das auf Hemmungen, wegen meiner Eltern.
"Mamoru. Schön, dass du wieder mal überlebt hast", sagte Mutter mit deutlichem Spott in der Stimme. "Komm, setz dich neben Kicchan. Wir müssen reden."
Hanako löste sich von mir. "Nutzen wir die Gelegenheit mal. Maria, kommst du?"
Die junge Frau aus Tsukigakure erhob sich. "Natürlich, Hana-chan. Hallo, Mamoru." Sie ließ nur sanft ihre Hand über meinen rechten Unterarm streifen, als sie mich passierte, obwohl ihr Blick warm und voller Erleichterung war. Irgendwas stimmte da doch nicht.
"P-chan, Karin?"
"Wir müssen Anne suchen", sagte Perine. "Lange Geschichte."
Ein kollektives Raunen ging durch die anderen drei Mädchen. "Mist."
"Tja, so ist das Leben halt."
"Gut, suchen wir Anne. Ich habe einen kleinen Raum für uns besorgt. Bis später, Mamo-chan, Ryu." Mit diesen Worten verließ Hanako den Raum als Erste. Für den Augenblick war ich irritiert. Was hatte Ryu damit zu tun, dass sich offensichtlich der Mamo-Pakt zu einer Sitzung traf? Na, Schwamm drüber.
Ich setzte mich neben Kishio. Mutter musterte mich zufrieden, aber auch mit einem Hauch jener Angst, die Eltern immer um ihre Kinder hatten.
"Du dummer kleiner Bruder!", hörte ich es hinter mir rufen. Dann schlangen sich schon lange, zarte Arme von hinten um mich. "Wieso kommst du eigentlich immer in diese schrecklichen Situationen? Irgendwann kommst du da nicht mehr raus. Versprich mir, dass du Orochimaru in Zukunft meidest, ja, Otouto?"
Ich legte eine Hand auf die Arme meiner Schwester. "Du, das geht leider nicht, Yuriko. Orochimaru und ich sind zu einem ausgiebigen Barbeque verabredet, bei dem es gebratene Schlange satt geben wird."
Hinter mir lachte Kou auf. "Ich sagte doch, der wird nicht schlauer. Aber immerhin, er wird besser. Hoffe ich."
"Keine Tiefschläge, bitte, Kou-chan", tadelte ich.
"Yuriko, lass dich nicht so gehen", tadelte Mutter. "Mach es wie ich und mach ihn nachher unter vier Augen fertig. Oder wie dein Vater. Der hat vor, ihn nach Strich und Faden beim Mahjongg auszunehmen. Inari-san hat sich bereits bereit erklärt, ihm dabei zu helfen." Sie klopfte neben sich. "Yuriko, Kou, setzt euch."
Kou half meiner Schwester auf. Zusammen ließen sie sich neben Mutter und der Hokage nieder.
"Hilfe", murmelte ich. "Kishio, alles in Ordnung?"
Der Junge blinzelte mich verschlafen an. "Was? Hmmmm. Ich weiß nicht. Mamoru-sensei?" Er riss die Augen auf. "Aniki?" Der Moeru blinzelte ein paarmal. "Ich habe geschlafen. Bin hier im Raum aufgewacht. Die blonde hübsche Frau hat sich über mich gebeugt und mir Chakra gespendet. Das hat gut getan."
Frische Röte huschte über das Gesicht Tsunade-samas. "Danke für das Kompliment, Kishio-kun."
"Sie hat auch Shinpachi behandelt. Und danach ging es ihm besser, aber er schläft schon wieder." Er gähnte herzhaft. "Ich bin auch wieder so müde."
"Kein Wunder. Das ist meine Schuld. Oder vielmehr meine Verantwortung", sagte Mutter. "Ich habe dich zuerst behandelt und dein Chakra-System auf Regeneration gestellt, bevor Tsunade-sama die schwierigeren Schäden beseitigt hat, die du deinem System zugefügt hast, Kicchan. Sobald wir hier fertig sind, kannst du dich wieder hinlegen, damit du zum Abend fit bist." Sie sah die Hokage an. "Bitte, Tsunade. Er gehört dir."
"Danke, Yuria." Die beiden lächelten einander vertraut an. Medi-Nin unter sich. Mist, das bedeutet nichts Gutes für mich.
"Zuerst einmal gratuliere ich dir, dazu, dass du lebend nach Hause gekommen bist, Mamoru", sagte Tsunade-sama. "Und ich gratuliere dir dazu, dass es dir gelungen ist, auf einer Mission, die aus Urlaub bestehen sollte, viermal in potentiell tödliche Situationen zu geraten. Und wir wollen nicht vergessen zu erwähnen, dass du die Begegnung mit Orochimaru nur knapp überlebt hast. Und das auch nur, dank Kishio no Moeru."
Auf einen Schlag war der Junge neben mir hellwach. "Ach das. Eine Falle. Für mich. Ganz offensichtlich. Ja, es war auch so schon eine Falle, aber... Ich meine, die Falle war nicht überwacht, weil Orochimaru die Fähigkeiten der Moeru kennt. Er wollte augenscheinlich sehen, wie gut meine Fertigkeiten entwickelt waren. Das hat gut funktioniert, denn die einzige Chance, nicht in diese Falle zu tappen wäre gewesen, Mamoru-nii sterben zu lassen. Und dazu war ich nicht bereit."
"Das erklärt den Agenten, der versucht hat, das Stadthaus der Yamadas zu infiltrieren und dabei von Kirabi-sama und Nii-kun getötet wurde", merkte Tsunade-sama an. "Ein Oto-Nin namens Zuuto."
"Ja, die Geschichte ist mir bekannt", erwiderte ich. "Sicher nicht der letzte Versuch Orochimarus, Kishios und Shinpachis Herr zu werden."
"Sicher nicht. Aber weil wir es wissen, können wir uns darauf einstellen. Was uns auch gleich zum Thema bringt. Yuria?"
"Danke. Mamoru, ich bin im vollen Umfang über deine Korrespondenz mit Tsunade informiert. Eine Lebensverpflichtung wirkt zwar etwas altmodisch, aber sie ist ernst zu nehmen. Natürlich gehört Kicchan damit zur Familie, und wenn Shinpachi seine Gefolgschaft zu Kicchan bestärkt, natürlich auch er. Wir haben bereits mit Kou und deiner Schwester gesprochen. Wir öffnen die Wände zum Nachbarhaus und teilen vorerst einige Räume, die die beiden noch nicht nutzen, bis uns etwas besseres einfällt. Auf diese Weise erhalten Kicchan und Shin-chan jeder einen eigenen Wohnraum. Solange zumindest, wie es die Situation erfordert oder es ihnen genehm ist."
Kishio sah sie schockiert an, dann verbeugte er sich tief vor ihr. "Als Oberhaupt der Moeru, oder vielmehr von jenem, was von ihnen übrig ist, bedanke ich mich vielmals, Yurio-sama."
"Nicht so förmlich. Okaa-san reicht vollkommen", erwiderte sie. "Du bist jetzt in mehr als einer Hinsicht Teil der Familie, Kicchan." Sie legte beide Hände an die Wangen. "Hach. Was für ein Tag. Mein Sohn ist zurück, ich habe plötzlich einen Enkel und eine neue Tochter, und jetzt nochmal zwei Söhne. Und du musstest diesmal nichts dafür tun, Kenshiro."
Mein Vater und mein Onkel sahen herüber und lachten. "Du aber auch nicht, Schatz", spottete Vater.
"Mehr als du. Wer hat sich denn mit Yuriko und Kou-chan zusammengesetzt und geplant? Immerhin brauchen wir ja jetzt auch ein Kinderzimmer, wenn Aki-chan und Maria uns besuchen kommen. Hast du dich darum gekümmert? Nein."
Vater winkte ab. "Ich wollte, aber du hast mich nicht gelassen."
"Nun häng dich mal nicht an Details auf", tadelte sie. "Also, Kicchan, du und Shinpa-chan seid jetzt Teil der Familie Morikubo, solange Ihr das wollt."
Ich sah, wie der junge Shinobi mit seiner Rührung zu kämpfen hatte. "Danke, Yuria-sama."
"Okaa-san!"
"Okaa-san", brachte er mit fast erstickter Stimme hervor. Ich sah Tränen in seinen Augen schimmern.
"Was uns gleich zum nächsten Punkt bringt. Shikaku?"
Wir wandten uns meinem Onkel zu, der noch immer mit Inari Sake trank. "Was die Naras angeht, so akzeptieren sie die Moerus als stimmberechtigte Minderheit in ihrem Clan. Es mag sein, dass er gerade nicht viel hermacht, und die Hälfte des Clans braucht auch noch einiges an Wiederherstellungszeit. Aber immerhin, Kishio, wirst du eine Stimme im Clansrat erhalten."
Aus großen Augen sah Kishio meinen Onkel an. "Was, bitte?"
"Du bist Clanoberhaupt der Moerus. Wir wissen, dass viele von euch getötet wurden. Aber unsere geheimdienstlichen Ermittlungen sagen aus, dass das Schicksal vieler Moerus ungewiss ist. Eventuell wird es sich lohnen, sie zu suchen, auch wenn wir nicht besser suchen können als Orochimaru. Und da sind noch die Samenspenden von Shinpachi, die nur wenigen möglichen Zwecken dienen können. Darüberhinaus ist ja nicht gesagt, dass du und dein großer Bruder kinderlos bleiben werdet. Wir rechnen mit einem kleinen, aber feinden Unterclan. Und wenn Ihr eines Tages groß genug seid und das wünscht, könnt Ihr wieder selbstständig werden." Shikaku räusperte sich vernehmlich. "Mamoru war da mit seinen Bedingungen und Anweisungen sehr deutlich und sehr unnachgiebig."
Kishios entsetzter Blick flog zu mir.
"Ich habe es versprochen, oder?", sagte ich.
"Was uns zum nächsten Punkt bringt. Kishio no Moeru, aus Mamorus Berichten weiß ich, dass du seine schwachen sensorischen Fähigkeiten erweitern konntest. Deine Fähigkeiten und deine Kenntnisse machen dich wertvoll für Konoha. Obgleich du dein Element, das Feuer, noch nicht gut genug beherrschst, sodass ich dich freiwillig aus der Stadt lasse. Dein Bruder braucht ohnehin noch viel Zeit für die Heilung seiner Wunden, körperlicher wie geistiger. Und du wirst sicher in der nächsten Zeit seine Seite nicht verlassen wollen, obwohl du und Shinpachi wie dafür geschaffen sind, um in den Reihen der ANBU zu dienen." Sie sah mich ernst an. "Mamoru, ich erwarte, dass du dir die nächsten beiden Monate nimmst und deine bemerkenswerten Genin weiter drillst. Sie haben hervorragende Anlagen, wie erwartet. Aber sie brauchen jetzt Schliff."
"Jawohl, Tsunade-sama."
"Das gilt auch für dich, Kishio. Du brauchst Katon-Ausbildung. Mamoru, auch dafür sorgst du."
Ich nickte. "Verstanden."
"Und davon abgesehen wird dir Shinpachi mehr beibringen können, wenn es dir besser geht, Kishio. Außerdem erwarte ich natürlich von dir - wenn dein Herr Mamoru zustimmt, natürlich - dass du unserem sensorischen Korps in der Ausbildung und Weiterbildung hilfst. Natürlich mit der entsprechenden Vergütung. Mamorus Einverständnis vorausgesetzt werde ich dich und Shinpachi als vollwertige Shinobi in die Bücher Konohas eintragen lassen."
"Das überlege ich mir noch", sagte ich ernst. "Der Ausbilder geht hingegen in Ordnung."
Entsetzt sah Kishio mich an, als ich der Hokage widersprach. Er verbeugte sich tief vor der blonden Frau. "Ich danke für die freundliche Aufnahme und die gute Behandlung, Tsunade-sama."
"Das fasse ich als ja auf. Dann haben wir alles Wichtige mit dir besprochen. Du solltest dich wieder hinlegen, Kishio."
Wie als Antwort unterdrückte er ein Gähnen. "Jawohl, Tsunade-sama."
Ich hielt ihn kurz am Arm fest. "Ich habe Ryuji Nekozumi eingeladen. Er dürfte in den nächsten Stunden kommen. Es gibt da einiges, was er neulich nicht erzählt hat. Ich erwarte, dass du und Shinpachi ihn treffen und ihm zuhören."
Es lag Wut in Kishios Blick, viel Wut, verständliche Wut. Aber auch Zustimmung. "Jawohl, Aniki."
Ich ließ ihn fahren. Er erhob sich und verließ nach einer letzten Verbeugung den Raum, um zu schlafen. Zumindest hoffte ich das. Ich würde es überprüfen. Später.
"Wenn du dann mit ihm fertig bist, Tsunade-sama", klang Ryus Stimme hinter mir auf, "und Yuria-sama nichts dagegen hat, würde ich mir Mamoru gerne etwas ausborgen. Es gibt da was wichtiges zu besprechen. Und er hat ohnehin ein Bad nötig."
Ich sah die Hokage an. Sie seufzte. "Yuria?"
"Ich kann meine Standpauke durchaus aufschieben."
"Gut, dann geht. Wir haben alles Wichtige schon besprochen."
Und sie hatten Ablenkung in Form von Aki-chan, der sich auf dem Schoß Tsunades für meinen Geschmack viel zu wohl fühlte. Immerhin war es mein Sohn.
Ich erhob mich. "Was gibt es denn, Ryu?"
"Gehen wir baden. Dann erzähle ich es dir."
Ehrlich gesagt hatte ich kein so gutes Gefühl bei der Geschichte.
***
"Kuchiose no Jutsu." Aus dem Nebel von Perines Beschwörung trat die hochgewachsene, schlanke Gestalt von Ranko. Sie musterte die fünf Mädchen und lächelte. "Hallo, meine Damen."
"Ranko-sensei, hallo."
Die Affenkriegerin setzte sich an das Tischchen und schenkte sich Tee ein. "Ich nehme an, wir haben ein Treffen des Mamoru-Pakts."
"Jawohl, Ranko-sensei", sagte P-chan. "Und zwar gibt es ein sechstes Mitglied. Und ehrlich gesagt war es abzusehen. Und sie ist ja wirklich auch seine niedliche Kohai..."
Alle Frauen sahen Anne an. Das Mädchen sah auf, sah die Blicke. "Eh? Was denn, was denn?"
"Wir wollen dich aufnehmen. In die Gruppe jener Frauen, unter denen sich Mamoru seine zukünftige Frau suchen wird", erklärte P-chan. "Es hat ja auch so gut gepasst..."
"Eeeeeh? Was? Ich? Aber... Was? Leute, ich glaube, ihr versteht hier was falsch! Natürlich ist Mamo-chan nicht nur mein Sempai, sondern auch mein großer Bruder und so. Und nur damit das klar ist, ich liebe ihn abgöttisch, aber... Seine Frau werden? Tut mir leid, das zu sagen, aber dieser Gedanke ist so... Ist so bäh für mich. Er ist nun absolut nicht mein Typ, so als Mann, meine ich. Ich... Habe ich was falsches gesagt?"
"Okay, falscher Alarm", seufzte P-chan. Die anderen Frauen ließen ein Ächzen hören. Ihre Köpfe sackten vor Erleichterung durch.
"Dann sind wir offiziell immer nur noch fünf", stellte Karin froh fest.
"Nein. Vier", sagte Hanako.
"Vier? Aber wir waren uns doch einig, dass Maria es verdient hat, weil sie Aki-chans Mutter ist, Hanako", sagte Karin erschrocken.
"Nein, um Maria geht es nicht. Keine Sorge, Mädchen."
Die Frau aus Tsukigakure stieß den angehaltenen Atem wieder aus. "Erschrick mich nicht so."
Ranko räusperte sich. "Dann hast du sicher gemerkt, dass ich...", begann sie amüsiert, wurde aber von Hanako unterbrochen.
"Ich steige aus."
Stille legte sich über den Raum.
"Wie, du steigst aus?", fragte Perine.
"Ich steige aus. Ich will Mamoru nicht mehr heiraten."
Erneut folgte Stille. Sie zog sich endlos lange Minuten. "Wie, du steigst aus?"
Das blonde Mädchen sah betreten zu Boden. "Ich habe mich in jemand anderen verliebt", gestand sie.
"Du hast was?" Karin nahm sie bei den Schultern und schüttelte sie. "Mädchen, komm zu dir! Du sprichst im Fieber! Wie kann man aufhören, Mamoru zu lieben?"
"Das tue ich ja auch gar nicht! Ich liebe ihn immer noch! Nur nicht... So... Ich liebe ihn, ich will bei ihm sein, aber da ist noch ein anderer Mann, den ich liebe und mit dem ich zusammensein will. Und er hat absolutes Verständnis dafür, dass Mamoru für mich immer einen Tick mehr sein wird als jeder andere. Aber... Als ich hörte, dass er von Orochimaru fast getötet wurde, da hat es in mir Klick gemacht. Ich hatte so viel Angst um ihn und habe mich davor gefürchtet, das mein Bild von ihm zusammenbricht, dass ich dachte, ich verdiene ihn nicht." Vorwurfvoll sah sie auf. "Ich werde niemals so hingebungsvoll sein wie du, Karin. Du warst bereit zu sterben, wenn er seine Gehirnwäsche nicht überwindet." Sie sah zu P-chan herüber. "Du liebst ihn so hingebungsvoll wie keine andere. Du fragst nicht wieso und nicht warum. Du liebst ihn einfach." Sie sah Maria an. "Und du, Mädchen, du kennst ihn besser als wir alle zusammen. Du hast ihn verführt und..."
"Ähemm", machte P-chan. "An dieser Stelle sollte ich vielleicht anmerken, dass wir auch das besprechen wollten. Mamo-chan brauchte ein wenig... Zuwendung nach seinem Zusammentreffen mit Orochimaru. Da haben Karin und ich auch mit ihm geschlafen."
Hanakos Kopf sackte nach unten. "Kommt das auch noch hinzu. Nein, ich kann und will da nicht mehr mithalten. Er wird mir immer wichtig sein, wie ein Bruder, wie der Bruder, aber nicht mehr wie der Geliebte, den Ihr euch erhofft. Was du dir erhoffst, weiß ich nicht, Ranko-sensei, aber es muss mehr Gewicht haben als unsere Wünsche und Träume zusammengenommen."
Die Affenkriegerin räusperte sich verlegen. "Etwas in der Art."
Das blonde Mädchen sackte weiter in sich zusammen. "Bitte hasst mich nicht dafür."
"Aber warum sollten wir dich hassen?", fragte P-chan. "Im Gegenteil, es tut weh. So als würde etwas von mir sterben. Wir haben so viel geteilt miteinander, so lange Zeit. Und das ist jetzt vorbei? Statt einem Neuzugang gehst jetzt du aus unserer Runde?"
"Den Mamo-Pakt verlassen will ich gar nicht. Ich will ihn nur nicht mehr für mich alleine haben."
"Oh. Wer ist denn der tapfere Mann, der es geschafft hat, ausgerechnet den ewigen Chunin auszustechen?", fragte Ranko amüsiert. "Müsste ich raten, käme ich zuerst auf..."
"Es geht schon einige Zeit. Das Interesse war da, seit wir gemeinsam im Mizu no Kuni waren. Damals, als wir die Festung erobert haben... Wir haben so viel gemeinsam. Wir agieren so gut zusammen. Wir passen richtig gut zueinander. Und wir verstehen uns blind." Sie drückte die Fingerspitzen der Zeigefinger aneinander. "Tatsächlich musste ich ihn überreden. Er liebt mich, liebt mich wirklich, aber er wollte Mamoru nicht hintergehen. Tatsächlich dürfte er ihm gerade beichten, was mit uns passiert ist."
"Und? Wer ist dieser Held?", fragte P-chan. "Da kommt ja nur Ryu in Frage."
Entsetzt sah Hanako auf. "Woher weißt du das?"
"Weil er neben Kiba und Shino der einzige ledige Mann ist, der uns begleitet hat", sagte Karin. "Den Rest hat man dann schnell zusammengezählt. Vor allem, weil ich weiß, wieviel Zeit Ihr miteinander verbringt, Hana-chan. Hach. Ja, vielleicht stimmt es und Ihr zwei passt gut zusammen. Sogar sehr gut. Aber es ist trotzdem traurig. Ich habe dich als meine Konkurrentin immer geschätzt. Habe mich an dir geschärft, mich verbessert. Ich bin das, was ich bin, nur wegen dir, Hana-chan."
"Ich weiß", antwortete das blonde Mädchen mit einem dicken Kloß im Hals.
"Also sind wir nur noch vier", sagte Perine.
"Drei", seufzte Ranko. "Mädchen, es ist wohl an der Zeit, dass ich euch gestehe, dass ich hierbei nur mitgemacht habe, um ein Auge auf euch zu haben. Damit Ihr nicht mehr kaputt macht als notwendig. Aber Ihr seid auf einem guten Weg, deshalb kann ich das Feld euch überlassen, Karin, Perine, Maria."
"Nun lüg doch nicht!", sagte Karin aufgebracht. "Du liebst ihn doch auch."
"Natürlich tue ich das." Die Affenkriegerin lächelte schmallippig. "Und das wird auch so bleiben. Aber Ihr denkt doch nicht, nur weil ich nicht mehr mit euch konkurriere, würde ich ihn mir nicht... Ah, ab und an ausborgen?"
Die Mädchen sahen einander an. "Ausborgen geht in Ordnung, finde ich", sagte Karin schulterzuckend.
"Aber wiedergeben", tadelte Maria.
Perine räusperte sich. "Nun ja, wenn nicht bei Ranko-sensei, bei wem würde es dann in Ordnung sein? Alle dafür? Ja. So, dann sind wir nur noch drei. Eine überschaubare Zahl."
Ranko lächelte, als die drei Mädchen viel zu ernste Blicke austauschten, nur um übergangslos aufzulachen.
"So, und jetzt lauern wir Ryu auf, weil er unsere schöne Hanako auf Abwege gebracht hat!", rief Perine.
"Alle dafür!"
"Na dann los!"
Anne sah den fünf Frauen hinterher. "Wie sieht es denn mit einer Ehrenmitgliedschaft für die kleine Schwester aus? Bei euch ist es lustig!"
***
Missmutig sah ihr Ryu an. "So ist das also."
Sein Gesicht war steinern. "Ja. So ist das, Mamoru."
Mechanisch griff ich nach meinem Getränk und nahm einen Schluck. "Und du erwartest, dass ich dir Hana-chan einfach so überlasse?"
Er erwiderte meinen Blick, ohne zurückzuziehen. "Ja, das erwarte ich."
"Ich hatte immer den Gedanken, dass sie oder Karin es werden würden."
"Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Aber das Leben ist nicht statisch, Mamoru. Und auch wenn ich dir damit wehtue, ich würde mir und vor allem Hanako mehr wehtun, wenn ich das, was zwischen uns ist, dir zuliebe verleugne und ignoriere. Vor allem wenn man bedenkt, wie sehr sie trotzdem noch an dir hängt."
"Und wie weit wirst du für sie gehen?"
Ryu lächelte schmallippig. "Bis zur Grenze unserer Freundschaft. Liebe ist nun einmal so, Mamoru. Liebe ist so."
Ich seufzte. "Schon gut. Ich denke, ich kann aufhören, mich wie ihr Vater aufzuführen, der einen ungeliebten Kandidaten abwimmeln will. Du bist ohnehin der einzige Mann auf dieser Welt, dem ich meine Mädchen anvertrauen würde. Aber hey, das ist schwer für mich zu verdauen. Du zerrüttest mein Weltbild. Und wie lang geht das schon?"
"Seit unserer Zeit in Mizu no Kuni, als wir die Burg erobert haben. Der Unter-Daimyo konnte unter Hanas Kimono linsen. Und du weißt, darunter trägt man keine Unterwäsche."
"Aha. Das erklärt, wie sie ihn zugerichtet hat. Was hast du damit zu tun?"
"Nun, ich habe ein Vierteljahr damit zugebracht, sie zu beruhigen. Sie von dem Trip runterzubringen, nun, wo der Mistkerl "es" gesehen hatte, für dich nicht mehr würdig zu sein."
"Und daraus entstand etwas anderes? Eine Affäre mit ihr?"
"Mehr oder weniger. Man kann sich nicht so sehr mögen und ständig so eng beieinander sein, ohne das etwas passiert. Und da ist noch nicht die frustrierende Erkenntnis drin, dass sie dich gewählt hätte, wäre sie die einzige Aspirantin auf den Titel Frau Morikubo."
Ich trat Ryu kräftig unter Wasser. "AUA!"
"Den Gedanken vergiss gleich mal wieder. Du bist kein Notnagel und keine Notlösung. Wenn sich Hana-chan dazu entschlossen hat, dich zu lieben, dann sicher nicht als Ersatz für mich. So ist sie nicht, und das weißt du auch."
"Ja, schon, aber es ist Hanako! Hanako! Es ist schon erstaunlich genug, dass sie in meiner Gegenwart lächelt. Aber dass sie mein sein will, das ist so unglaublich, so phantastisch, so unbegreiflich... Ich fühle mich gesegnet und geehrt. Ich habe soviel Glück nicht verdient, Mamoru."
"Unsinn. Du bist mein bester Freund. Du bist der, der meinen Platz einnehmen wird, wenn mir mal etwas passiert. Wenn nicht du, wer also dann?"
Wir schwiegen einige Zeit.
Endlich nahm sich Ryu Kaminari ein Herz. "Danke."
"Mach sie ja glücklich. Sonst komme ich über dich, Ryu."
"Natürlich mache ich sie glücklich. Falls ihre Familie uns überhaupt zusammenkommen lässt. Ich war mal Nukenin."
"Und ein ziemlich blöder noch dazu. Wie kann man nur vergessen, auch mal wieder nach Hause zu gehen?", spottete ich. "Mach dir keinen Kopf. Du hast meine Unterstützung. Nein, Hana-chan hat meine Unterstützung. Ich mache den Yamgatas schon die Hölle heiß, wenn da jemand nicht spurt."
"Von einem Katon-Nutzer bekommen diese Worte einen unerwünschten Realismus", kommentierte Ryu trocken. "Aber danke. Ich werde das sehr bald zu schätzen wissen - kleiner Bruder."
"Aber, aber." Ich rutschte zu ihm herüber und legte eine Hand um seine Schulter. "Das heißt ab sofort großer Bruder für dich. Probiere es mal: Großer Bruder Mamoru-sama."
"In deinen Träumen vielleicht", spottete Ryu.
"Na warte, du..."

"Mamoru?"
Ich sah auf, während ich versuchte, Ryu in den Schwitzkasten zu nehmen. "Yugito?"
"Ich bin im Frauenbad."
"Yugito? Was tust du hier?" Ich erhob mich und verließ das Becken. "Nicht, dass du nicht willkommen bist, aber du hast meine Einladung ausgeschlagen."
"I-ich entschuldige mich, dass ich so unangekündigt doch gekommen bin. Ich habe nachgedacht."
"Nachgedacht?"
"Hat Kishio dir erzählt, das wir geredet haben?"
"Ja, hat er."
"Kannst du ihm befehlen, erneut mit mir zu reden?"
"Wieso? Es ging doch soweit alles gut. Er hat dich doch verstanden."
"Ja, schon, aber..." Ich hörte sie schlucken. "Aber es war so nicht richtig. Mir ist jetzt erst klargeworden, was ich getan habe. Natürlich, ich konnte nicht anders, musste Kumogakure zuerst setzen, aber... Ihm habe ich damit mehr wehgetan, als ich erkennen konnte und wollte. Dies ist nun anders. Mamoru, er hat mir vergeben, aber nicht verziehen. Und ich habe mich zwar erklärt, aber nicht entschuldigt. Ich muss mit ihm reden."
Das klang schlüssig. "Hast du einen besonderen Grund dafür, das zu überstürzen?"
Sie ließ ein raues Lachen erklingen. "Hallo? Ich bin eine Jinchuriki. Praktisch jede Sekunde kann das Biest in mir die Kontrolle übernehmen und mein Ich auslöschen. Ich würde etwas, das so wichtig ist, lieber sofort erledigen, als es vor mir her zu schieben, verstehst du?"
Nun, mir war meine Sterblichkeit auch bewusst geworden, vor gar nicht allzu langer Zeit. Deutlicher als zuvor. "Ryu?"
"Wie kann ich helfen?"
"Du musst mir einen Gefallen tun."
"Jeden, das weißt du."
Ich nickte ihm dankbar zu. "Yugito, ich kann ihm nicht befehlen, mit dir zu sprechen. Das ist etwas, was du selbst erledigen solltest."
"Das kann ich nicht", gestand sie.
"Aber ich habe ihm etwas anderes befohlen, nämlich mit meinem Freund Ryuji Nekozumi zu reden. Der hat wohl ein paar Details, die Moerus betreffend, ausgegraben und will sie Kishio mitteilen. Ryu wird dich zu diesem Gespräch bringen, sodass er dir zuhören muss. Geht das in Ordnung?"
"Ja, das geht in Ordnung", sagte sie mit tränenschwangerer Stimme. "Danke, Mamoru."
Ich lehnte mich gegen den Sichtschutzzaun und wünschte mir, ich wäre jetzt auf der anderen Seite, um sie tröstend in den Arm nehmen zu können. Natürlich hätte ich rüberspringen können, so wie sie von sich aus diesen lächerlichen Zaun überwinden konnte. Es wäre für sie nur gut gewesen, meine Freundschaft und meinen Trost zu akzeptieren. Aber es war nicht richtig. Noch war es nicht richtig. Zuerst musste sie aussprechen, was sie Kishio sagen wollte. Das akzeptierte ich.
"Ein verdammt ereignisreicher Tag ist das heute", murmelte ich. "Vier Kages, meine ganze Familie, ein Rudel alter Freunde, und alles wird von Kumogakure bezahlt. Und alles, was ich dafür tun musste, war, mich fast umbringen lassen."
"Klingt nach einem normalen Arbeitstag für dich, Mamoru", sagte Ryu trocken. Ich stutzte, denn die gleichen Worte waren über den Sichtschutzzaun gekommen. Er und Yugito hatten die gleichen Worte zur gleichen Zeit gesprochen. "Scheint so", sagte ich und fiel in das Gelächter der beiden ein.


Epilog:
"Kuchiose no Jutsu!" Die Stimmen meiner Kohai und meines Schülers ließen auf ihren Eifer und ihre Konzentration schließen, als sie weitere Affen beschworen.
Bei mir saß bereits Enka O Enma zusammen mit seinem Sohn Dr. Tofu und Ranko-sensei. Außerdem hatte ich schon Ranma beschworen, Shampoo und Mousse und Kasumi. Zudem hatten sich die Kuzokamis hinzugesellt. Dazu kamen die Kage, meine Freunde und meine Familie. Wir waren so viele, dass es unmöglich war, die höchstgestellten Gäste an ein Stirnende zu setzen, also hatte ich mich entschieden, sie allesamt wild durcheinander zu würfeln. Bis auf die wichtigsten Affen, die - noch - bei mir saßen. Selbstverständlich würde ich als Gastgeber öfter die Position wechseln und alle meine Gäste besuchen kommen. Aber in erster Linie war die Party für die Affen gedacht. Für alle Affen, auch wenn das bedeutete, Happosai dabei zu haben, einen quirligen alten Krieger, der gerne mal einem Rock zuviel hinterherlief. Aber irgendwo tief in ihm war er doch in Ordnung. Gaaanz tief in ihm. Ich hatte den Vater von Ranko-sensei und Ranma sowie den Vater von Kasumi und Akane, die übrigens wieder weit genug genesen war, um mit uns zu feiern, links und rechts von ihm positioniert. Sollten sich Genma Saotome und Soun Tendo um ihn kümmern. Und natürlich bedeutete es, dass Nabiki, die jüngste Tochter der Tendos, mit von der Partie war. Ich sah es kommen, sie würde in irgendeinem Hinterzimmer eine Spielrunde aufziehen und versuchen, ihre Gegenspieler auszunehmen. Da war sie sehr kreativ. Und sie spielte nie falsch. Das brauchte sie auch gar nicht. Ihr Pokerface war erschreckend effektiv.

Schließlich endete das Geräusch der Beschwörungen, die letzten Affen und meine Kohais suchten ihre Plätze auf. Zeit für mich, etwas zu sagen.
Aber mir fehlten die Worte. In diesem Raum hatte sich so viel versammelt, Menschen wie Geschichten und Emotionen, ich konnte kaum einen klaren Gedanken herausbringen. Alles, was mir etwas bedeutete, war hier. Nun gut, fast alles. Ein paar Gesichter vermisste ich noch. Einige, weil ich sie nicht hatte einladen können, einige wie Tenten und Mai hauptsächlich deshalb, weil die beiden im Garten miteinander Mais neuen Kampfstil ausprobierten, nämlich Tentens Schriftrollenwaffenstil. Ich hatte von vorneherein das Gefühl, es würde gut zu ihr passen und Tenten hatte dem freudig zugestimmt. Vor allem weil es bedeutete, dass sie nun eine eigene Schülerin hatte. Ihre Gruppengefährten Neji Hyuuga und Rock Lee hingegen waren da, wo sie sein sollten: Hier am Tisch. Auch Shino Aburame, Hinata Hyuuga und Kiba Inuzuka hatten sich ihre Plätze gesucht und in der Nähe Gaaras und seiner Geschwister gefunden. Mitten im Gewimmel steckte natürlich auch Might Guy, das grüne Biest Konohas und mein Sempai Kakashi Hatake, der sich geduldig die Trainingsgeschichten seines Neffen Kira anhörte. Auch Yuuhi Kurenai und Asuma Sarutobi waren meiner Einladung gefolgt. Definitiv zwei Menschen, zu denen ich heute noch gehen würde. Und wo Asuma und mein Cousin Shikamaru waren, konnten seine Teamgefährten Choji Akimichi und Ino Yamanaga nicht fehlen.
Natürlich waren auch Yugao Uzuki-sensei und ihr ANBU-Team gekommen. Als Gäste. Noch ein wichtiger Gast, den ich aufsuchen musste. Wichtig für mich.
Dazu kamen weitere Freunde und Bekannte. Genma Shiranui zum Beispiel, der selbst für das Essen nicht aufhörte, auf seinem Senbon herumzukauen. Das sollte ich ihm vielleicht bei Gelegenheit austreiben. Andererseits war es sein Markenzeichen.
Ich straffte mich. "Liebe Gäste. Zuerst einmal vielen Dank an Kumogakure für die Entscheidung, uns diesen heutigen Abend zu finanzieren." Hört, hört, wurde gerufen. Ein sichtlich stolzer Raikage hob sein Glas, um den Applaus entgegen zu nehmen.
"Und meinen herzlichen Dank an Sunagakure und Kirigakure, die Ähnliches für die nächsten beiden Parties planen."
Wieder wurde applaudiert und die beiden Kage mussten wohl oder übel in den sauren Apfel beißen.
"Nur, wenn ich wieder eingeladen werde", sagte Gaara mit dem Anflug eines Lächelns.
"Abgemacht", rief ich.
"Konoha übernimmt dann die dritte!", rief Tsunade-sama und bekam ihren Teil des Applauses.
"Ich nehme dich beim Wort, Tsunade-sama", sagte ich grinsend.
Kurz starrte ich in mein Glas, überwältigt von meinen Emotionen. Und von diesem Tag, an dem so viel passiert war. Ich sah Kishio, Yugito, Ryu und Shinpachi nicht, also nahm ich an, dass sie ihren Teil tun würden, um noch mehr passieren zu lassen. Aber so war es als Shinobi. Das Leben war immer in Bewegung.
"Mein Sensei Hiruzen Sarutobi müsste eigentlich an meiner Stelle hier stehen, um diese Party zu beginnen. Ich bin nur ein lächerlicher Ersatz für den legendären Professor, aber..."
"Kann man nicht sagen. Er hat nie vier Kage als Gast gehabt", rief Ranma dazwischen. Amüsiertes Raunen ging durch den Saal.
"Wie gesagt, ich bin nur der Ersatz. Aber die Zukunft der Kontraktträger des Affenclans geht in eine gute Richtung, nicht zuletzt wegen Sarutobi-samas goldrichtigen Entscheidung, mich auch zum Kontraktträger zu machen. Und genau deshalb kann ich diese Feier jetzt beginnen. Sarutobi-sama, auf dich und auf den Clan der Affenkrieger. Mögen unsere Freundschaft noch lange währen."
Geschlossen prosteten die Gäste mir zu.
"Ach, und bevor ich es vergesse: Die Party ist damit eröffnet!"
Die Türen zum Saal öffneten sich, allerdings ohne eine Schar mordlustiger Ninja hereinzulassen. Stattdessen kam ein stetiger, großer Strom an Bediensteten des Hauses Kubo und brachten die ersten Platten mit heißen Speisen, andere trugen neue Getränke. Damit hatte die Party begonnen. Definitiv.
***
"Wegen dir wurden meine Mädchen ganz schön blessiert, Mamo-chan", tadelte mich Hino Kuzokami, die Herrin des Spinnenclans, ärgerlich.
"Das tut mir leid, Hino-sama."
Kagejis Miene war starr. Ich konnte nicht darin lesen, wie sich dieses Gespräch wohl entwickeln würde, das ich mit dem Führungteam des Spinnenclans, den beiden Spinnenmädchen und Kira hier in einem Nebenraum während der Party führte. Gut fing es jedenfalls nicht an.
"Von tut mir leid wird es nicht besser. Was, wenn Kuzoko eine Narbe am Auge behalten hätte. Würdest du sie dann heiraten, wenn es kein anderer will?"
"Mutter!", rief die ältere Tochter erschrocken.
"Was denn, was denn? Im Gegensatz zu den Affen waren wir mal Menschen. Wir können gemeinsam Kinder zeugen, nicht?" Hino-sama grinste mich an.
Ich hüstelte verlegen. Auf sieben wollte ich es eigentlich nicht bringen. Nicht in nächster Zeit. Und einen Harem versammeln wollte ich auch nicht. Eigentlich.
"Und was da mit Kuzomi passiert ist. Sie ist ja vollkommen unter deiner Fuchtel, Kira-kun! Wie erklärst du... Kira-kun?"
"Wie? Oh, entschuldige, Kuzokami-sama. Du bist so hübsch, da habe ich mich einfach in Gedanken verloren. Wie die Tochter, so die Mutter."
"Gut, gut, das erklärt, warum sie so auf dich steht, Kira-kun. Hast du ihm das beigebracht, Mamo-chan?"
Ich schüttelte den Kopf. Stimmt, Affen konnten mit Menschen keine Kinder zeugen. Aber Spinnendämonen und Menschen. Eine interessante Information. "Das ist sein eigener Charme, Hino-sama."
"Äh, danke?", fragte Kira verblüfft.
"Es ist ja auch nicht verkehrt, dass sie sich mal auf etwa konzentriert", wandte Kageji ein. "Vorher war sie so sprunghaft und hat die einfachsten Jutsu vermasselt. Nun kommt sie zurück als kampferfahrene junge Kriegerin."
"Und Kuzoko hat ihre übliche Arroganz abgelegt, kann sich unterordnen und funktionieren", bestätigte Hino-sama.
"Mutter!", begehrte die ältere Tochter auf.
"Was denn? Sage ich die Unwahrheit?"
"N-nun, nein", murmelte Kuzoko verlegen und wandte den Kopf ab.
"Jedenfalls scheinst du eine gute Schule zu sein, Mamo-chan. Und dein Schüler auch. Deshalb haben wir uns entschlossen, euch beiden permanente Kontrakte anzubieten. Und es wäre nett, wenn Ihr Kuzoko-chan und Kuzomi-chan den Rest des Jahres bei euch behaltet und trainiert."
"Einverstanden!", rief Kuzomi.
"Aha. Einer ist schon mal dafür. Wie sieht es da bei dir aus, Kira-chan? Hast du Platz Zuhause?"
"Das wird ein wenig eng, aber..."
Kurz dachte ich an seine tote Schwester. War es gut für ihn, spontan ihr Zimmer anzubieten? Ich entschloss mich, es nicht darauf ankommen zu lassen. "Natürlich werde ich Kuzoko und Kuzomi ein Zimmer in meinem Haushalt anbieten." Wenn es ging, kriegte sogar jede ihr eigenes.
Kira sah mich teils unwirsch, teils erleichtert von der Seite aus an.
"Aha. Wäre das geklärt. Wie sieht es bei dir aus, Kuzoko?"
"Oh. Na, ich kann meine kleine Schwester kaum alleine in Konoha herumlaufen lassen. Ja, ich bin auch einverstanden."
Hino-sama lachte zufrieden. "Also gut, dann ist das abgemacht. Permanente Kontrakte für euch beide. Küsst euch fix und dann wieder zurück auf die Party.
Verlegen sah Kuzoko zu mir herüber. "I-ist für den Kontrakt."
Kuzomi hatte da weniger Berührungsängste. "Yay! Kira-sama küssen!"
"Entschuldigt, Leute, aber da liegt wohl ein Missverständnis vor", sagte Hino-sama stirnrunzelnd. "Ihr müsst meinen Wesir küssen. Weil der Kontrakt so hochwertig ist."
Kageji-sama legte gerade Lippenbalsam auf. "Regeln sind Regeln, meine Herren.
Verblüfft sahen wir den Vater der Spinnenmädchen an. Aber die Mädchen waren nicht weniger überrascht. Nun, das ging solange, bis Vater und Mutter schallend lachten. "Und sie haben es geglaubt", rief Kageji-sama amüsiert. Er und seine Frau tauschten einen Handschlag aus.
"Also doch Kira-sama küssen. Mmmmmmmmh."
"Niff wo fffnel, Kuwomi..."
"Äh, Mamoru-sensei..."
"Ist ja nur für den Kontrakt, Kuzoko." Ich lehnte mich kurz zu ihr herüber und drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Keine Nummer sieben. Um Himmels Willen, keine Nummer sieben.
"So, nachdem das erledigt ist, zurück zur Party." Hino-sama streckte die Rechte in die Höhe. "Party!"
"Yay!"
Trocken fügte sie an: "Kuzomi, du kannst jetzt aufhören."
"Ups. Mein Fehler. Na, dann mal auf zur Party, Kira-sama!"
Ein besorgter mütterlicher Blick traf mich. Er trug eine Menge Implikationen. Sehr viele Implikationen. "Keine Sorge. Meine Mutter war lange Jahre Medi-Nin. Ich sorge dafür, dass sie mit Kuzomi redet. Lange, lange vorher, meine ich."
"Das wird uns reichen müssen", murmelte Hino-sama. Sie seufzte leise. "Aber so ist der Lauf der Dinge nun mal. Und jetzt zurück. Der Raikage und ich wollen noch diese supertolle Grand Reserve-Flasche ausprobieren."
Ich seufzte ebenfalls und erhob mich, um Hino-sama und ihrem Mann zu folgen. Dabei streckte ich Kuzoko die Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Mit Leichtigkeit zog ich sie auf die Füße. "Dann werden wir ab jetzt mehr miteinander auskommen müssen. Geht das gut mit uns?"
Sie musterte mich stirnrunzelnd. "Mir geht eine andere Frage durch den Kopf. Du kannst jetzt jeden Krieger des Clans beschwören. Geht das gut mit dem Clan der Spinnendämonen und dir?"
"Ach ja", murmelte ich, "da war ja noch was. Als wenn meine üblichen Probleme noch nicht genug wären."
"Kopf hoch, Mamoru-sensei. Auch wenn alles andere scheitert, die Party bleibt."
"Ja, die Party bleibt." Und ich würde sie verdammt noch mal genießen.
Ich behielt Recht.

Ende

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Konoha Side Stories 4:
Der ewige Chunin
Bonus-Geschichten

Vorwort:
Wenn ich über Buch vier reflektiere, ist mir bewusst, dass ich einige Dinge ausgelassen habe. Manche habe ich vergessen. Ich erinnerte mich an sie, als ich das fertige Manuskript noch einmal las. Manche passten mir zu dem Zeitpunkt nicht in die eigentliche Geschichte. Tatsächlich sind es eigentlich nur größere und kleinere Fragmente, die zwar zum großen Gemälde gehören, die aber einfach nicht passen wollten. Deshalb möchte ich diese Geschichten in der Geschichte hier als Sammlung von Splittern, als Mosaik einzeln präsentieren. Denn sie sind es wert, erzählt zu werden.

1.
Maria und Hassin: Zwischen Tod und Leben

Die Situation war mehr als unbequem. Und das war nicht als Metapher zu verstehen. Maria lag bäuchlings auf dem Boden und Hassin lag auf ihr. Zumindest bis zu sechzig Prozent von ihm. Der Rest war auf dem engen Platz, der ihnen verblieb, verteilt. Das bedeutete, dass seine Füße bei Marias Kopf waren und sein Kopf bei ihren Füßen. Ungefähr.
Maria schüttelte benommen den Kopf. Sie hatte schon einiges erlebt in ihrem ach so kurzen Leben, aber neue und erschreckende Erfahrungen gab es doch immer wieder. So wie diese Erfahrung. Sie hatte damit begonnen, dass sie über eine illegale Drogenfarm gestolpert waren, die von Nukenin betrieben worden war. Diese Nukenin, über zwei Dutzend, hatten die Getsu-Nin als die Gefahr erkannt, die sie für die Geschäfte der abtrünnigen Ninjas auch waren. Dies war der Beginn einer gnadenlosen Hatz gewesen, die beinahe drei Tage angedauert hatte. Maria und Hassin war schnell klargeworden, dass sie nicht fliehen konnten. Also hatten sie sich dafür entschieden, ihre Verfolger auf einen Schlag ins Nirvana zu bomben. Zu diesem Zweck hatten sie eine Falle installiert, die aus über dreißig Sprengtags bestanden hatte, mit ihnen als Köder in der Mitte. Um nicht mit in die Luft zu fliegen hatte Maria vom Zentrum der Falle einen Tunnel durch die Raumzeit getrieben, so wie damals in Otogakure, als sie den Tunnel genutzt hatte, um sich und Mamoru-sama das Leben zu retten, bevor Guin, die lebende Chakra-Bombe, hochging. Dies war auch hier der Plan gewesen, und es hatte gut funktioniert, zumindest mit der Auslöschung der Nukenin inmitten ihrer großen Falle. Die Flucht durch den Tunnel allerdings kannte sie anders. Es war ihr nicht klar, was sie falsch gemacht hatte oder welche Einflüsse Ärger bereitet hatten, aber der Tunnel war nicht das, was er sein sollte. Vor allem aber führte er nicht wie vorherbestimmt zum Ausgang, den sie Stunden zuvor getrieben und beide Enden verbunden hatte. Nein, sie steckten hier irgendwo im Nirgendwo, in einer engen Kehre, in einem engen Gang, der gerade einmal die Breite ihres Körpers und die Länge eines ausgewachsenen Shinobis hatte. Zudem war die Explosion zu ihnen durchgeschlagen und hatte Hassin und sie durcheinander gewirbelt, denn eigentlich hatte sie den Tunnel nach ihm betreten. Und so lagen sie hier.

"Deine Füße stinken."
Maria knurrte leise. "Meinst du, deine riechen besser? Wir sind vier ganze Tage nicht dazu gekommen, sie zu waschen. Sei froh, dass wir offene Sandalen bevorzugen. Socken in geschlossenen Stiefeln könnten wir mittlerweile als biologische Waffen verwenden.
Kannst du aufstehen, Hassin?"
"Bist du unverletzt?"
"Ja."
"Dann kann ich aufstehen. Du musst unter mir durchkriechen, dann können wir uns beide aufsetzen. So, jetzt."
"Warte, ich... Ja, das geht. Moment. Jetzt nicht rutschen. Okay, das wäre geschafft."
Erleichtert setzte sich die Kunoichi auf ihre Füße. "Eng hier."
"Das habe ich auch schon bemerkt."
"Das ist nicht das Jutsu, das ich üblicherweise verwende, Hassin."
"Das ist mir klar", erwiderte der hagere Getsu-Nin. "Das erklärt aber nicht, wo wir gelandet sind." Umständlich setzte sich nun auch der Shinobi. "So wie ich das sehe, haben wir hier eine Körperlänge Platz. Die Wände sind diffus, bieten aber Widerstand. Der Boden glücklicherweise auch, sonst hätten wir ein Problem. Also, Frau Jounin, wo sind wir?"
"Wir sind im Gang, den ich wie geplant getrieben habe."
"Immerhin. Wir sind einen Schritt weiter. Und warum führt er weder vor, noch zurück?"
"Das kann ich dir nicht sagen." Sie biss sich ärgerlich auf die Unterlippe. "Selbst die Explosion, die wir verursacht haben, hätte uns nicht abschneiden dürfen. Sobald ich das Tor nach drüben schicke, wird es nicht mehr von der Außenwelt beeinflusst."
"Hm." Hassin dachte nach. "So ist es aber nicht. Wir unterliegen einem doppelten Einfluss. Einerseits ist uns der Weg zurück versperrt, andererseits auch der Weg an unser Ziel. Wir haben begrenzten Platz und deshalb wohl auch begrenzten Atem."
Maria musterte das Volumen, das ihnen zur Verfügung stand. "Die uns schnell ausgehen wird."
Hassin berührte die Wand neben sich. "Sie gibt nach. Und wir können hier drin atmen. Ich nehme also an, eine Art Luftaustausch ist möglich."
"Ich habe das nie so genau erforscht. Aber wenn hier quasi nach und nach Frischluft reinweht, dann nur sehr langsam. Und davon ist unser anderes Problem nicht gelöst. Nahrung. Wir haben beide nicht mehr als Rationen für neun Tage. Getränke nur für einen Tag."
Hassin nickte. "Wenn wir nicht rationieren."
"Ja, wenn wir nicht rationieren. Die Frage ist nur: Wollen wir das?"
"Richtig." Hassin zückte sein Kunai und legte es zwischen sie. "Langsam ersticken oder schnell sterben, was meinst du?"
Maria lächelte. "Du hast deine Frau und deinen Sohn Zuhause. Ich habe meinen Akira. Aufgeben ist keine Option."
"Sicher nicht. Aber wir sollten schon zu einer vernünftigen Entscheidung kommen." Er deutete hinter sich. "Kannst du den Gang weiter treiben? Einfach so geschätzt bis an die Stelle, wo er enden sollte?"
"Ich treibe die Gänge im Diesseits von Fixpunkt zu Fixpunkt. Hier im drüben fehlen mir alle Anhaltspunkte. Ich kann nicht einfach meine Gänge vorantreiben und hoffen, das Diesseits zu treffen. Aber...", die junge Frau stutzte.
"Du hast eine Idee", sagte Hassin lächelnd.
"Eine mehr als vage Idee. Tatsache ist, dieser Korridor ist der Überrest des Weges, den ich getrieben habe. Das heißt, er weist auf unser Ziel hin. Ich kann ihn weitertreiben, aber wenn ich nur einen kleinen Fehler mache, wenn ich ein paar Zentimeter abweiche, treibe ich den Gang am Ziel vorbei. Außerdem haben wir nicht so viel Zeit. Das würde Tage dauern. So lange reichen Luft, Wasser und Nahrung nicht."
Hassin nickte. "Normalerweise nicht. Aber es gibt eine Möglichkeit, all das einzusparen. Wir können das Wasser mehrfach verwenden."
"Du meinst, wir sollen unser Urin trinken?", fragte sie schaudernd.
"Ja. Der Körper kann es bis zu achtmal wiederverwerten, bevor es zu stark konzentriert ist. Danach wird es tödlich. Auf jeden Fall fangen dann die Vergiftungserscheinungen an."
"Das bringt uns Wasser für neun Tage. Aber davon haben wir noch keine Atemluft."
Der hagere Ninja winkte ab. "Wir brauchen Zeit, eh? Wenn wir merken, dass die Luft dünner wird, meditieren wir und reduzieren unser Atembedürfnis auf ein Minimum, bis sich die Luft auf einen annehmbaren Wert ausgetauscht hat. Das können wir ewig so halten."
"Das verdoppelt die Zeit, die ich brauche. Eventuell verdreifacht sich die Zeit. Und ohne Nahrung habe ich nicht genug Chakra."
"Das ist in Ordnung." Hassin löste seine Tasche vom Rücken, öffnete sie und entnahm ihr seine Essensration und sein Wasser. "Du bekommst meine Rationen."
"Hassin... Ich lasse dich hier nicht verhungern oder verdursten!"
Der Getsu-Nin lachte. "Das sollst du auch nicht. Ich werde... Nun, deine Bemühungen verschlafen."
"Verschlafen?", fragte sie erstaunt.
"Verschlafen. Ich werde die ganze Zeit, in der du deinen Gang treibst, hier sitzen und meine Körperfunktionen auf ein absolutes Minimum senken. Wenn ich nichts verbrauche, benötige ich auf diese Weise kein Wasser und keine Nahrung. Und ich werde weniger Luft verbrauchen, was dich befähigt, länger zu arbeiten. Du hast dann Nahrung für achtzehn Tage. Sparen macht da meines Erachtens keinen Sinn. Du musst bei Kräften bleiben und deinen Teil der Arbeit machen." Er deutete in die Ferne, irgendwo hinter den diffusen Wänden. "Unser Tunnel war drei Kilometer lang. Wir wissen nicht, an welcher Stelle wir gelandet sind. Aber wir kennen die Richtung. Der Rest liegt bei dir."
"Na, du machst mir Mut."
Hassin lachte. "Glaub mir, das ist unsere einzige Chance."
"Und du bist sicher, du schaffst es, knapp drei Wochen lang zu meditieren?"
"Hast du dich nie gefragt, warum ich so ein dünner, asketischer Bursche bin?" Er grinste burschikos. "Bevor ich mich für das Leben in Ehe und Familie entschieden habe, war ich ein kahlköpfiger Mönch, mit sich und der Welt fertig. Mein großes Ziel war es, mich als lebende Mumie zu Tode zu hungern, um den höchsten Grad der Askese zu erreichen. Tja, der Plan scheiterte, weil meine weltlichen Gelüste zu stark waren. Meine Frau ist einfach zu sexy."
"Ahso", sagte Maria mit gerunzelter Stirn. "Verstehe. Glaube ich. Du willst das wirklich durchziehen."
"Ja. Es tut mir leid, was ich dir damit antue. Es werden einsame Tage vor dir liegen. Ich kann dir nicht helfen, aber dafür esse und trinke ich auch nichts. Aber ehrlich, wenn du das schaffst und wir überleben, schulde ich dir mein Leben, Maria."
"Na, ist das nicht etwas, von dem jedes Mädchen träumt?" Sie seufzte. "Also gut, gehen wir es an."
***
Der erste Tag verging relativ schnell. Hassin versenkte sich in seine Meditation und Maria konnte nur wenig arbeiten, weil die Luft schnell knapp wurde. Also meditierte sie neben Hassin, bis die Luft wieder besser wurde. Anschließend arbeitete sie weiter. Sie wurde ohnmächtig, als der Sauerstoffmangel sie überfiel, weil sie einerseits nicht lange genug meditiert hatte, um die Luft sich maßgeblich austauschen zu lassen und weil sie andererseits nicht auf ihre Umgebung geachtet hatte. Betäubt fiel sie zu Boden. Kurze Zeit sah es kritisch aus, aber dann tauschte sich die Luft schneller aus, als die ohnmächtige junge Frau sie verbrauchen konnte. Als sie mit brummendem Schädel wieder erwachte, schalt sie sich eine Närrin. Sie trank ihr eigenes Wasser und nahm eine volle Mahlzeit zu sich, um bei Kräften zu bleiben. Dann machte sie mit dem Gang weiter, trieb ihn mit ihrem Chakra voran. Tag zwei und Tag drei gingen ähnlich vonstatten, aber ihre Pausen, sowohl die Meditationspausen als auch die Schlafpausen, wurden erheblich länger. Sie aß kräftig genug und sie trank auch Hassins Wasserration. Im Laufe des Tages sammelte sie ihr eigenes Urin in ihrer Trinkflasche, keinen kostbaren Tropfen verschüttend. Nun, fast keinen kostbaren Tropfen verschüttend. Ende des dritten Tages musste sie das erste Mal ihr Urin trinken.
Tag vier und Tag füng vergingen ohne Ereignis, aber sie begann, mit sich selbst zu sprechen. Hassin, der immer noch am gleichen Fleck meditierte, an dem er sich niedergesetzt hatte, war nun schon mehrere hundert Meter von ihr entfernt. Sie hielt sich nicht damit auf, zurückzugehen und neben ihm zu meditieren. Auf diese Weise tauschte sich die Luft für sie schneller aus und sie konnte länger arbeiten. Spätestens am siebten Tag hielt sie es aber nicht mehr aus. Hatte sie die Tage zuvor angefangen, laut auszusprechen, was immer sie dachte, so begann sie nun, mit sich selbst zu streiten.
Tag acht brachte eine kleine Tragödie. Sie hatte falsch gearbeitet. Hassins Rücken war durch den Gang nicht mehr zu sehen, was bedeutete, dass sie den Gang schief getrieben hatte. Nun stand sie vor der Wahl, den Gang zu erweitern, oder zu versuchen, wieder auf den richtigen Pfad zurückzukommen, indem sie den Winkel ihrer Fehlleistung ermittelte und korrigierte. Sie entschied sich für Letzteres und trieb den Gang weiter. Tag neun verbrachte sie komplett schlafend. Sie erwachte an Tag zehn und erbrach den ersten Schluck, den sie trank, gleich wieder. Nur mit äußerster Disziplin konnte sie sich überwinden, ihren Urin zu trinken. Er schmeckte bereits stark salzig. Tag elf, Hassin wieder sicher im Blick, nutzte Maria erneut zum schlafen. Sie aß auch eine doppelte Portion Nahrung und verfluchte den Umstand, nicht an eine Soldatenpille gedacht zu haben. Außerdem machte sie sich Sorgen wegen ihrer Exkremente, die naturgemäß anfielen, solange ihr Darm beschäftigt war. Anhand der Abstände konnte man gut absehen, wie weit sie an den einzelnen Tagen voran gekommen war.
Tag zwölf und dreizehn vergingen ereignislos, was vor allem daran lag, dass sie vollkommen apathisch und schwer atmend einfach nur im Gang lag. Die meiste Zeit übermannte sie die Verzweiflung und sie heulte wie ein Schlosshund. Wie sehr hätte sie jetzt, gerade jetzt ein lebendes Wesen gebraucht, um sich auszutauschen. Wie sehr wünschte sie sich ihren Sohn herbei. Oder seinen Vater, Mamoru. Sie brauchte Mamoru. Und sie brauchte ihn jetzt. Aber er war nicht da. Niemand war da.

Vielleicht war das der Grund für ihren keimenden Wahnsinn, denn plötzlich war doch jemand bei ihr. Es war Tag vierzehn und sie hatte erneut beschlossen, ihn wie ein Häufchen Elend zu verbringen, nur um anschließend Hassin von seinen Qualen zu befreien und sich danach die Kehle aufzuschlitzen. Sie konnte nicht mehr. Sie konnte einfach nicht mehr. Die Erniedrigungen und Entsagungen, die diese wahnwitzige Plan mit sich brachten, waren schlimmer als alles, was ihr je von anderen zugefügt worden war. Und dies tat sie sich selbst an.
"Es ist schwer, ich weiß", klang die Stimme eines alten Mannes auf.
Erschrocken fuhr Maria aus ihrem Selbstmitleid hoch. "Wer...?"
Der alte, weißbärtige Mann, der lächelnd mit zusammengekniffenen Augen vor ihr hockte, trug einen Helm und eine Stahlplattenrüstung. "Oh, niemand. Niemand wichtiges, zumindest. Weißt du, ich durchwandere die Zwischenwelt auf der Suche nach dem Ausgang. Das wird anscheinend noch ein paar Jahrhunderte dauern. Dabei bin ich auf Hassin gestoßen und habe mich mit ihm unterhalten."
"B-bist du wirklich?", fragte sie und griff nach dem Mann. Ihre Hand glitt jedoch durch ihn hindurch und er schien zu verschwimmen. "Nein! Geh nicht!"
"Ich gehe nirgendwohin, Maria", versprach der Alte und sein Bild manifestierte sich wieder. "Zumindest nicht, bevor du nicht dein Ziel erreicht hast. Du willst doch hier raus und Akira wiedersehen, nicht? Und seinen Vater, Mamo-chan."
Sie errötete bei den Worten des Mannes. Des Mannes? Wohl eher der Halluzination, die ihr überstrapazierter Verstand produzierte. Aber sie war dankbar, dankbar für dieses Zeichen des Wahnsinns, denn sie hatte das Gefühl, diese Begegnung zerrte sie wieder von der Klippe fort, auf dessen Abgrund sie gestanden und bereits in die dräuende Finsternis voller Dämonen hinabgeblickt hatte. "Wer bist du? Ich meine, ich weiß, was du bist. Ein Ausdruck meines Unterbewusstseins, das mich davor bewahren will, dass ich wahnsinnig werde. Aber wer bist du?"
Der alte Mann lachte in einem Tonfall, den man durchaus als gütig bezeichnen konnte. Gab es das? Konnte jemand gütig lachen? Oder war auch das Teil ihrer Phantasie?
"Nenn mich Hiruzen. Ich bin... Ich war einst ein Ausbilder, ein Lehrer. Mir oblag es, zukünftigen Generationen zu helfen, ihren Weg im Leben zu finden. Und das Rüstzeug dafür zu erwerben." Sein Blick bekam etwas Mitfühlendes. "Es ist mir leichtgefallen, mit Hassin zu kommunizieren, obwohl er so tief in sich selbst versenkt ist, dass ihn selbst ein Erdbeben nicht wecken könnte. Er hat mir von dir erzählt. Und er hat mich gebeten, etwas für dich zu tun. Nun, darum bin ich hier." Der alte Mann sah zurück, wo sich der Getsu-Nin nur noch als ferner Punkt abzeichnete. "Du bist alleine schon weit gekommen. Das sind zweieinhalb Kilometer, Maria. Eine beachtliche Leistung. Und du hast nur noch siebenhundert Meter vor dir. Allerdings reicht dein Wasser wohl nicht mehr so lange. Du musst aufstehen und weitermachen. Dringend weitermachen."
Wie unter einem inneren Zwang erhob sie sich. Ja, sie musste weitermachen. Hassin verließ sich auf sie. Sie konnte ihn nicht im Stich lassen. Sie musste für ihn da sein, so wie er so oft für sie dagewesen war. Für ihren guten Freund und Partner. Und nur auf diese Weise würde sie ihren Sohn wiedersehen können. Und Mamoru.
"Ich werde bei dir bleiben, bis du es geschafft hast." Wieder lachte der Alte gütig. "Zeit habe ich wirklich gerade im Übermaß."
"Danke. Aber bitte sprich mich nicht an, während ich den Gang treibe. Ich brauche meine ganze Konzentration dafür."
Der alte Mann schwieg, als Zeichen dafür, dass er sie ernst nahm und sie verstanden hatte. So ging es für sie weiter.
Tag siebzehn verging so, auch Tag achtzehn und Tag neunzehn. Sie schlief gerade genug, um weiterarbeiten zu können. Und jedes Mal, wenn sie die Augen wieder öffnete, war Hiruzen bei ihr und fand die richtigen Worte, um sie zu motivieren.
"Du warst wohl wirklich mal ein Lehrer", sagte sie mit Dankbarkeit in der Stimme.
"Oh, man nannte mich früher den Professor", schmunzelte er. Dabei sprach er nicht aus, dass dies ihr erster Tag ohne Wasser war. Sie sprach es auch nicht aus, aber sie beide wussten es.
Tag zwanzig brachte den schlimmsten Durst. Sie hätte irgendetwas getrunken, wenn es etwas gegeben hätte. Sie dachte sogar daran, Hassin die Halsschlagader aufzuschlitzen und sein Blut zu trinken, aber sie brachte es nicht über sich, obwohl der andere Shinobi wohl genau das vorgeschlagen hätte, "damit wenigstens einer überlebt". Stattdessen machte sie sich wieder an die Arbeit und trieb den Gang weiter. Dabei verrauchte ihr Chakra wie Staub im Wind. Jeder Meter, den sie bewältigte, brachte ihr immense Qualen. Und jedesmal, wenn sie aufgeben wollte, log Hiruzen sie an. "Es sind nur noch ein paar Meter. Komm, Maria, die schaffst du auch noch!" Und sie machte die paar Meter. Und noch mehr Meter, weil das Ende doch nicht in Sicht war. Irgendwann brach sie dann wieder zusammen, woraufhin Hiruzen noch dreister log. Irgendwann aber, es mochte der zweiundzwanzigste oder dreiundzwanzigste Tag sein, da ließ sie sich nicht mehr locken. Sie blieb liegen, im sicheren Bewusstsein, dass sie hier sterben würde. Der letzte Rest an Kraft war aus ihrem Körper gelutscht worden. Es gab da nichts mehr. Sie war fertig, am Ende. Doch Hiruzen sagte nichts. Das reichte, um ihr Interesse zu wecken. Mit trockener, vom Wassermangel gezeichneter Stimme fragte sie den Alten, der neben ihr hockte: "Warum treibst du mich nicht mehr, Hiruzen?"
"Pssssst", machte der alte Mann und legte sein Ohr an das Gangende. "Ich höre Stimmen."
Maria tat das ab, als weiteren Versuch, sie zur Arbeit zu motivieren. Erschöpft ließ sie sich wieder zurücksacken, wünschte sich den ewigen Schlaf herbei. Doch der wollte nicht kommen. Trotz der Müdigkeit, der Verausgabung. Es war auch nicht leicht zu schlafen, wenn man sie andauernd rief. "Lass das, Hiruzen", tadelte sie, doch der Alte gab keine Antwort. Sie öffnete die Augen, aber er war fort. Die Stimmen blieben. Sie kamen wie von ferne, und doch von nahem: "Maria! Hassin! Gebt nicht auf! Wo immer Ihr seid, wir finden euch!"
Das war Amirs Stimme gewesen. Amir. Amir! AMIR! Er suchte noch immer nach ihnen! Er vermutete sie zu Recht gefangen zwischen den Dimensionen in der Zwischenwelt! Aber wenn sie ihn hören konnte, dann... Mit einem hässlichen Krächzen rappelte sie sich auf, glitt aus und stürzte wieder. Es war ihr eigener Kot, verdammt. Wie egal war ihr das Hier schon gewesen, wenn sie sich neben ihre eigenen Exkremente gelegt hatte? Erneut versuchte sie hochzukommen, schaffte es auf die Knie und trieb den Gang weiter. Dabei schrie sie, was ihre Kehle noch hergab.
"Taisho! Ich höre etwas! Es kommt von hier!", rief jemand.
"Wo? Was hörst du?", rief Amir.
Maria schrie erneut, aber der Flüssigkeitsmangel ließ sie in einen Hustentaumel gleiten, bei dem sie dachte, sie müsse daran ersticken. Sie hustete, würgte, hustete erneut und sackte dabei auf die Seite.
"Maria! Maria, ich höre dich! Gib nicht auf! Es kann nicht mehr weit sein! Tu es nicht für dich, aber für Aki-chan!"
Erneut wuchtete sie sich mit einem wütenden Schrei auf die Beine. Sie mobilisierte ihre letzten Reserven, alles was noch in ihr war, setzte es in Chakra um und trieb es in den Gang hinein. Präzision war ihr nun egal, es ging nur noch um das Vorankommen.
"Maria!" Sie hörte die Stimme so klar, als würde Amir neben ihr stehen. Dann lag da eine wunderbar kühle Hand auf ihrer Stirn. Sie fühlte sich gedreht, hochgehoben und warm und weich gebettet. Etwas berührte ihre trockenen und eingerissenen Lippen. "Hier ist Wasser. Trink vorsichtig."
Den ersten Schlucken vollkommen unerwarteten Nass trank sie so gierig, dass er ihr in die Luftröhre geriet. Sie musste wieder husten und krümmte sich. Der nächste Schluck ging besser. Sie öffnete die Augen und sah, dass sie in Amirs Armen lag.
"Hier, noch ein Schluck!"
Sie nickte tapfer und schluckte erneut vom kostbaren Nass. Dann noch ein Schluck, noch einer, noch ein wenig mehr und ihr Magen rebellierte. Einen Teil würgte sie wieder aus. Aber es war auch noch etwas in ihrem Magen. Es war genug, um sie wieder sprechen zu lassen. "Amir... Hassin ist..."
Sie deutete den Gang hinab.
"Er meditiert, um Wasser und Nahrung zu sparen, nicht?" Amir lächelte sie an. "Das habe ich erwartet." Sein Blick ging zur Bresche, durch die er den Gang betreten hatte. "Ich brauche sofort Medi-Nins hier! Und jemand soll sofort zum Jounin Hassin am Ende dieses Gangs laufen und ihm Wasser und Notrationen bringen!"
"Jawohl!" Ein junger Genin wurde mit Wasser und Nahrung beladen. Er kletterte durch die beinahe zu kleine Öffnung in den Gang und lief los.
"V... Vorsicht, überall liegen meine Ex...", konnte Maria noch krächzen.
"Yeooow!" Der Genin rutschte aus und fiel auf den Rücken. "Was ist denn das für eine dämliche Scheiße?"
"Genau das ist es", kommentierte Amir trocken. "Sieh dich jetzt vor und beeile dich."
"Jawohl, Taisho!"
Kurz darauf traf eine Medi-Nin ein und koordinierte Marias Rettung aus dem Gang. Draußen, im herrlich warmen Licht des Tages untersuchte die Frau Maria ein erstes Mal. "Dehydration, Nahrungsmangel und Erschöpfung."
"Und Wahnvorstellungen."
"Und Wahnvorstell... Entschuldige bitte, Maria-sama, aber ich erstelle hier die Diagnose."
Maria lachte leise. "Aber ich hatte welche. Ein alter Mann, der mich angetrieben hat. Er hat mich immer wieder angelogen. Hat gesagt, es sind nur noch ein paar Meter. Aber es war immer noch ein Stück weiter, und ich habe ihm geglaubt und wieder geglaubt und..."
"So ein weißhaariger in einer Rüstung?"
"Ja."
"Langer Bart am Kinn?"
"Mittellang, ja."
"Trug einen Kriegshelm?"
"Ja."
"Nannte sich Hiruzen oder der Professor?"
Nun wurde es Maria unheimlich. "Ja. Er bezeichnete sich als verloren, als Wanderer zwischen den Welten und so. Woher weißt du...?"
"Er ist mir in meinen Träumen erschienen. Er hat mich fünf Tage lang in meinen Träumen traktiert, bis ich an dieser Stelle suchen ließ. Wieder suchen ließ. Er hat mir gesagt, wo du steckst, aber wer glaubt schon einem Traum? Andererseits war es hier genausogut wie anderswo, um weiterzusuchen, also habe ich nach euch gerufen. Und siehe da, der alte Mann hatte Recht.
Oh, schau mal, wen man da bringt. Hassin, alter Junge, du bist aber gut zu Fuß, wenn man bedenkt, das du über drei Wochen meditiert hast."
Der große, schlacksige Mann kniete sich neben Maria nieder. "Dann hat Hiruzen dich also erreicht.
Ich habe nie an dir gezweifelt, Maria. Ich wusste, du würdest es schaffen. Mit bescheidener Hilfe vom Professor, wohlgemerkt." Hassin streckte sich neben Maria aus. "Der Weg durch den Gang hat meine letzten Reserven aufgebraucht, Doktor. Ich habe Wasser und Nahrung zu mir genommen, aber ich brauche jemanden, der mich die nächste Zeit trägt oder stützt. Allerdings brauche ich erstmal keinen Schlaf."
Die Medi-Nin musterte ihn. "Die Diagnose treffe immer noch ich, aber so viel habe ich erwartet. Ach, und, willkommen zurück unter den Lebenden."
"Danke", schluchzte die Jounin, die nun endlich vollkommen begriff, dass sie leben durfte, dass sie überleben würde. Sie griff nach Hassins Hand und drückte sie. Mit der Linken suchte sie nach Amir. "Danke", hauchte sie. "Danke für euer Vertrauen. Das ist mehr, als eine dämliche Oto-Nin verdient hat."
"Ich sehe hier nirgends eine Oto-Nin, nur eine Jounin aus Getsugakure", antwortete Amir. Er drückte ihre Hand beruhigend und streichelte ihr sanft über die Wange. "Versuch ein wenig zu schlafen, Maria. Im Gegensatz zu dem da wirst du es nötig haben. Wir verpassen dir eine Feldinfusion gegen die Dehydrierung und setzen dir eine Magensonde für die künstliche Ernährung."
"Keine Magensonde. Ich kann essen, wirklich", beteuerte sie.
"Gut, dann werde ich das mit den Medi-Nin besprechen." Er tätschelte ihre Wange, ließ ihre Hand los und ging fort.

"Hassin?"
"Ja?"
"Du musst mir einen Gefallen tun."
"Gerne, wenn ich ihn erfüllen kann."
"Ich lebe noch."
Der andere Ninja lachte rau. "Das ist nicht zu übersehen, meine Freundin."
"Das war nicht geplant."
"Wie? Dass du überlebst?"
"Dass ich so lange unentschuldigt fortbleibe, um als vermisst zu gelten. Ich habe für diesen Fall sehr klare Anweisungen hinterlassen, Aki-chan betreffend. Wenn die Chancen, dass ich wiederkomme, gering sind, sollte er zu seinem Vater gebracht werden, damit er wenigstens noch einen Elternteil hat. Ich fürchte, der Tsukikage hat das tatsächlich getan."
"Und? Wo ist das Problem?"
"I-ich habe Mamoru bisher verschwiegen, dass er einen Sohn hat, wie du weißt. Und auch seine Familie in Konoha weiß es nicht. Jetzt habe ich Ihnen meinen Jungen untergejubelt und... Und ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Ich will ihn wieder, aber ich will auch, dass er mit seinem Vater Zeit verbringt. Ich... Ich weiß nicht. Bisher habe ich gelogen, aber das geht nun nicht mehr."
"Ja, die Dinge ändern sich ab und an. Und was habe ich damit zu tun?"
"Begleitest du mich, wenn ich Mamoru und seiner Familie in die Augen schauen muss?"
Hassin lachte rau auf. "Du hast mir gerade das Leben gerettet. Du kannst viel von mir verlangen, fast alles. Es ist mir aber schleierhaft, wieso du meinst, du müsstest für eine Selbstverständlichkeit wie diese einen Gefallen von mir einfordern. Natürlich begleite ich dich. Und Amir und Khal werden das auch für dich tun."
"Nein, das wäre zu viel. Ich brauche nur dich. Du bist mein bester Freund. Außerdem bist du verheiratet, sodass es zu keinen Missverständnissen kommt", sagte Maria schnell.
Hassin lachte erneut. "Du kleine Pragmatikerin." Er strich ihr mit der Linken über die Stirn. "Ich verspreche es. Ich bin bei dir. Aber ich glaube, es wird nicht halb so schlimm, wie du jetzt denkst."
"Danke, das bedeutet mir eine Menge.
Hassin?"
"Ja, Maria?"
"Denkst du, ich ziehe besser einen Kimono an, wenn ich Mamorus Mutter unter die Augen trete?"
"Es kann nichts schaden, denke ich."
"Hassin?"
"Ja?"
"Kannst du Padme-san bitten, mit mir einen schönen Kimono einzukaufen?"
Hassin lachte erneut. "Das geht schon eher in Richtung Gefallen einfordern", scherzte er.
"Hassin...", beschwerte sie sich, fiel aber in sein Lachen ein. Es ging ihr gut in Getsugakure. Sie hatte hier viele gute Freunde. Und diese Freunde halfen ihr, jetzt, wo sie die Hilfe brauchte. Sie fühlte sich leicht und froh. Die Erleichterung war so groß, dass sie kaum merkte, wie ihr ein Infusionszugang und ein Tropf angelegt wurde. Kurz darauf war sie eingeschlafen.
"Sie wird es schaffen", klang die Stimme des würdevollen alten Kriegers in Hassins Geist auf. "Sie hat ein starkes Herz und ein hehres Ziel."
"Ja, das denke ich auch, Hiruzen-sama", erwiderte er in Gedanken. "Gut, dass sie Mamoru begegnet ist, damit er ihr Verstand einprügelt. Was wäre es für ein Verlust gewesen, wäre sie ein egomanisches Gör im Dienste Orochimarus geblieben. War das der Grund, warum du ihr geholfen hast? Weil es ihm schadet?"
"Nein", erwiderte der alte Mann. "Ich habe ihr geholfen, weil kein Kind so früh im Leben ein Elternteil verlieren sollte. Es passiert ständig, aber es ist nicht richtig."
Hassin lachte leise. "Man kann es nicht immer verhindern."
"Da hast du Recht, Hassin-san", sagte der alte Mann, während er sich aus dem Geist des Getsu-Nin zurückzog. "Man kann es nicht immer verhindern..." Dann war er fort.
Damit war Hiruzen natürlich aus der Nummer raus. Für ihn aber fing das Geschehen gerade erst an. Und wenn er die bewundernden Blicke der Genin betrachtete, die sie ihm und Maria zuwarfen, dann kam noch das Problem hinzu, dass Maria gerade an ihrer Legende gestrickt hatte...


2.
Piku? Zischelzischelzischel

"Piku?" Der kleine Affe huschte über das Bankett hinweg, über diejenigen, die nach der heftigen Party an Ort und Stelle eingeschlafen waren, anstatt es in ihre Betten zu schaffen, bis er es zu einer kleinen Schale mit Orangenscheiben geschafft hatte. Der Affe quiekte erfreut auf, nahm die Schale an sich und hoppelte mit seiner Last in Richtung Tür zum Garten, die weit offenstand.
Ein Geräusch, das an ein fernes Zischen erinnerte, warnte den Affen. Er sprang hoch in die Luft, die Schale fest in Händen. Unter ihm, an jener Stelle, an der er eben noch gewesen war, hing plötzlich ein Strang Spinnenseide. Die dazugehörige Spinne, etwa sechsmal so groß wie der Affe, kam mit einem Sprung heran, der acht Schlafende zugleich überbrückte. Die Spinne fixierte den Affen, der sich mit einem Arm am Türrahmen festhielt. Sie spuckte erneut ihre Seide und wieder wich der Affe aus, sprang in den Garten. Dort setzte er die Schale ab und nahm eine Taijutsu-Nahkampfgrundstellung an. Dies war für die Spinne eine Herausforderung. Sie duckte sich auf der Veranda des Zimmers und stieß sich hart ab. Als sie aufkam, dort wo der kleine Affe stand, drückte dieser zwei ihrer Beine seitlich fort und gab ihr einen Bewegungsimpuls mit, der sie in den nächsten Teich getrieben hätte, wäre die Spinne nicht auf die Idee gekommen, zwei ihrer Hinterbeine in den Boden zu rammen und so ihre Geschwindigkeit abzubremsen. Dabei wurde sie hart nach vorne geschleudert, aber sie hielt an. Doch der Affe wartete nicht, attackierte erneut und griff jene schmale Stelle an, die bei einer Spinne Vorderleib und Hinterleib verband und als besonders empfindlich galt. Doch eine Hand, eine menschliche Hand, blockte den Angriff ab. Die kleine Affenhand verschwand und machte einer filigranen, doch recht pelzigen und krallenbewehrten Klaue Platz. Es folgte eine Abfolge an Hieben und Schlägen, die von menschlichen Händen geführt wurden, nicht von Spinnenbeinen und Affenhändchen. Zugleich verwandelten sich beide von ihren Tiergestalten in etwas... Anderes. Die Spinne wurde zu einem Zwitterwesen zwischen Mensch und Spinne, der Affe nahm seine wahre, seine Kampfgestalt an. So fochten sie einige Zeit im Taijutsu, wobei der Affe auch seine Beine einsetzte, während die Spinne in diesem Fall durch die vier Hinterbeine eher gehandicapt war. Schließlich verknoteten sie ihre Arme in einem gegenseitigen Block, in dem sie sekundenlang verharrten. Nun setzte eine dritte Verwandlung ein, und statt des Affenkriegers stand eine große, schwarzhaarige Frau vor dem Spinnenhybrid. Der verwandelte sich in einen kräftigen, blassen, schwarzhaarigen Mann mit rubinroten Augen. Die beiden sahen einander an und lachten. Miteinander.
"Entschuldige, Ranko-tono", sagte der Mann und nahm die Arme wieder ab, "aber ich habe dich im Affekt für einen Spion gehalten. Auch wenn ich mir nicht erklären konnte, warum ein dressiertes Ninja-Tier an Orangen Interesse haben kann."
"Kein Problem, Kageji-tono. Ist nur meine verdammte Sucht nach dem Zeug, die mich aufweckte und danach suchen ließ. Ich wollte die Schläfer nicht stören, also bin ich in Affengestalt reingeschlichen. Ich konnte ja nicht wissen, dass so ein guter Wächter im Saal war." Sie lächelte den Wesir der Spinnen zu, und der große Mann lächelte zurück, was bei den etwas zu großen Fangzähnen nur unwesentlich bedrohlich wirkte. "Sind die Orangenscheiben so gut?"
"Oh ja. Diese hier sind zudem auch karamellisiert. Möchtest du probieren?" Ranko hielt ihm die Schale hin.
"Gerne." Er griff hinein, nahm eine Scheibe heraus und kostete. "Herrlich süß. Wir sollten die Küche bitten, noch mehr zu machen. Falls da schon jemand wach ist."
Ranko lachte leise als Zeichen dafür, dass sie zustimmte.
Dies beruhigte das gute Dutzend ANBU aus vier Nationen, das auf das kämpfenden Pärchen aufmerksam geworden war, soweit, dass es sich so leise und vorsichtig zurückzog, wie es hinzugekommen war, ohne dass die beiden Obstfreunde es auch nur bemerkten.
"Gehen wir wieder rein. Aber nicht durch den Saal", schlug Ranko vor.
"Gerne doch, Ranko-tono."

Hinter der Tür, die Kageji Kuzokami bewacht hatte, saßen derweil Enka O Enma und Hino Kuzokami beisammen, tranken bereits die dritte großbäuchige Flasche Sake und stießen miteinander an. "Also ist es abgemacht. Wir geben euch Konzessionen bei der Seidelieferung und dafür erhalten wir unseren gerechten Anteil an Mamoru Morikubo."
"Einverstanden. Eure Spinnnenseide ist so erstaunlich. Sie wird für uns Affenkrieger eine große Bereicherung darstellen."
"Und alles, was die Affen dafür tun müssen, ist uns im Kriegsfall beizustehen, die Honiglieferungen zu ermöglichen und Mamoru mit uns zu teilen. Möge er nie erfahren, was wir hier planen." Sie lachte amüsiert und der Affenkönig fiel ein.
"Ich glaube nicht, dass er damit ein Problem hätte. Er ist wie wir Affen", erklärte der König. "Hat er einmal sein Herz vergeben, dann nimmt er es nicht mehr so leicht zurück. Er hat ein Faible für Kuzomi-chan und Kuzoko-tono entwickelt und hätte ohnehin nicht mehr auf sie verzichtet."
Gespielt schlug Hino nach dem König der Affen. "Heißt das, ich hätte gar nicht so viele Zugeständnisse an den Handel machen müssen? Oh, Enma, das war unfair!"
Der Affenkrieger lachte erneut. "Aber schlimm ist es doch auch nicht, dass wir jetzt Handel treiben, oder? Handel ist immer besser als beispielsweise Krieg."
"Das stimmt natürlich", brummte sie. "Aber den Honig kriegen wir trotzdem."
"Ganz wie du wünschst, Hino-Oujo." Enka O Enma und Hino Kuzokami lächelten einander zu und stießen miteinander an. Damit war der Pakt besiegelt.
Zwanzig Meter weiter wurde ein gewisser Mamoru Morikubo von einem Niesanfall aus seinem Schlaf gerissen...


3.
Kampf mit Blumen

Der nächste Tag zeigte mit Sonnenschein und vorsommerlicher Wärme, begleitet von einem kühlen Wind, der gerade an der Schwelle zwischen kalt und erfrischend lag, seine volle Pracht und machte die schlimmsten Auswirkungen der exzessiven Party der letzten Nacht vergessen. Nun ja, fast. Nicht wenige hatten mit Kopfschmerzen zu kämpfen und einige hatten ihr Mittagessen nicht bei sich behalten können. Wie glücklich waren da doch die Jüngeren dran gewesen, die Genin und die jüngeren Chunin, denen der Konsum von Alkohol verboten war. Zu ihnen gehörte auch der Gastgeber, der mit seinen siebzehn Jahren wohl Bier und Sake trinken durfte, aber keines der stärkeren Branntweingetränke, die gestern auch reichlich geflossen waren. Kurzum, er war nüchtern, aber er wünschte sich, wie Asuma einen Brummschädel zu haben und sich von Yuuhi-sensei pflegen lassen zu können, anstatt hier mitten im Garten sitzen zu müssen - dem wohl gefährlichsten Ort auf der ganzen Welt. Soweit die Theorie, denn der Gastgeber war ich.
Und so hockte ich auf einer Tatami, im üblichen Saiza-Sitz, vor mir ein Set aus fünf Täfelchen, mit den Zahlen eins bis fünf nummeriert. Das machte mich zu einem von fünf Kampfrichtern im anstehenden Wettbewerb, obwohl ich Dutzendfach bedeutert hatte, von Ikebana absolut keine Ahnung zu haben. Yugao Uzuki war Kampfrichterin Nummer zwei; Yugito Nii nahm Platz drei ein, Gaara war der vierte Kampfrichter, und den letzten Platz hatte Ao eingenommen, dem seine Position beinahe noch peinlicher war als mir. Tsunade-sama fungierte als Schiedsrichterin.
Was uns zu den Kontrahenten brachte: Dem Godaime Raikage A-sama und die Godaime Mizukage Mei Terumi-sama. Ihr Kampf: Ikebana. Ihr Ziel: Den anderen in Grund und Boden zu stampfen. Ihre Waffe: Schnittblumen und verschiedene Accessoires, die sie benutzen würden, um das jeweils schönere Gesteck zu produzieren. Normalerweise fand Ikebana nicht als Duell statt. Die hohe Kunst des Blumensteckens war einer Ausstellung vorbehalten, einem würdigen Ambiente, und nicht dem Kampf zweier Egos, die ihre Blumen als Waffe gegen den jeweils anderen verwenden wollten. Dabei ging es durchaus freundschaftlich zwischen beiden Kage zu. Nun, zumindest noch. Und genau das war meine Befürchtung, dieses angeblich friedliche Duell betreffend. Beide waren sie Ausnahme-Shinobis, einer aus einer Million, beide verfügten sie über ihre ganz eigenen Jutsu und beide hatten sie ein Temperament, das es mit meinem Feuer aufnehmen konnte. Und das wollte schon was heißen. Wenn dieses Duell mies lief, wirklich mies lief, dann würden wir statt des Kampfs mit Blumen einen Kampf mit Fähigkeiten erleben, die wir wohl Zeit unserer Leben so und in dieser Intensität nie wieder erleben würden. Das hatte Seltenheitswert. Aber ich hatte zu Recht Bedenken, dass die Chancen groß waren, als Kollateralschaden auf der Strecke zu bleiben. Vor allem, weil Gaara zum Kampfrichter ernannt worden war, und ganz ehrlich, weder A-sama noch Mei-chan konnten wirklich gut mit ihm. Was ich natürlich sehr schade fand, denn wenn man erst mit ihm warm geworden war, gab es kaum einen besseren Freund; leider aber barg dieses Arrangement das Risiko, Raikage und Mizukage erst Recht aufzuregen... Nein, ich sah nicht mit besonders viel Zuversicht in die Zukunft.

Wie gesagt, ich verstand so gut wie nichts von Ikebana. Dafür verstand Gaara umso mehr vom Thema, und er hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.
"Flache Schalen, aha. Moribana-Schule, was? Mit dem Kenzan, dem Schwertigel, kann jeder Idiot Blumen stecken und hoffen, dass etwas künstlerisch Wertvolles dabei herauskommt."
"Moribana?", fragte ich unbedachterweise.
Gaara war nur zu bereit, mich nicht unwissend sterben zu lassen. "Eine Schule, mit der jedermann Ikebana betreiben kann. Die Vase wird unwichtig. Meist nimmt man eine flache Schale, für die man nicht viele Ideen braucht. Gesteckt wird im Kenzan, einem Gebilde, in dem jeder Pflanzenstängel gut Halt finden kann. Zudem wird so arrangiert, dass das Arrangement von allen Seiten beobachtbar ist. Der Standpunkt des Schaffenden geht so vollkommen verloren." Der Kazekage seufzte lang und tief. "Und wenn ich mir die bereitliegenden Materialien ansehe... Nichts gegen Frau Kubo, aber normalerweise bezieht man sich bei seinen Kunstwerken auf die Saison, aber ich sehe nicht eine Sommerblüte. Dabei sollten diese sich nicht so schwer besorgen lassen. Auch die Wahl der Farben des Beiwerks ist so disharmonisch. Ich kann da keine Linie erkennen. Aber ich glaube, wir müssen von diesen beiden Kandidaten ohnehin keine Wunder erwarten."
Ich hätte mir mit der flachen Hand vors Gesicht schlagen können. Klar, für Gaara war das Rache an Mei-chan und A-sama für die frostige Begrüßung von gestern. Und die Rache schlug voll ein, denn in den Augen der beiden sah ich deutlichen Ärger blitzen. Ich hätte trocken geschluckt, wenn ich das gewagt hätte.
"Davon habe ich keine Ahnung", sagte ich leise zu Gaara. "Ich kann kein Ikebana beurteilen. Ich kann nur feststellen, ob es mir gefällt oder nicht."
Der Kazekage zwinkerte mir zu. "Und damit hast du nicht das schlechteste Kriterium gewählt, Mamoru. Mach einfach, wie du denkst."
Ich zweifelte nicht daran, dass Gaara sich an seinen eigenen Rat halten würde.

"Beginnt!", rief Tsunade-sama. Augenblicklich griffen beide Kage zu den Zweigen, Blättern und Blüten.
Man sagte ja, ein Ikebana-Meister wusste schon bevor er die erste Blüte verwendete, wie das Gesamtwerk aussehen würde. Danach versuchte er nur noch, das Kunstwerk in seinem Geist in der Wirklichkeit nachzubilden. Zudem griffen A-sama und Mei-chan zu unterschiedlichen Materialen. Das Thema lautete zwar "Beginnender Sommer", aber selbst ich wusste, dass die Interpretationsmöglichkeiten endlos waren. So auch die Bewertungsmöglichkeiten. Und ich wusste,
der Kazekage würde mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg halten. "Ah, A-sama scheint sich für ein chokutai-Arrangement entschieden zu haben. Altrosa Blüten, sattgrüne Blätter, dunkles Holz. Ich verstehe, worauf er hinauswill."
"Chokutai?", wagte ich zu fragen.
"Ein stehendes Gebinde. Alles geht nach oben, ohne Ausnahme, ohne Abweichung. Nicht gerade leicht umzusetzen.
Terumi-sama hat sich für suitai entschieden, ein hängendes Gebinde. Schau nur, die weißen Blüten, die von ihren Stielen herabhängen, das nach unten deutende helle Geäst und die Zweige mit den leichten Bögen. Ich persönlich finde suitai schwieriger, aber es kommt eben immer darauf an, was am Ende dabei herauskommt. Wenn, dann versuche ich shatei zu stecken, geneigt, Mamoru. Es bietet die meisten Varianten, die schönsten Möglichkeiten. Meine Bewunderung dafür, dass beide sich nicht für den am einfachsten zu gehenden Weg entschieden haben. Wenngleich beide unter den Materialien, die ihnen zur Verfügung stehen, nicht das Beste für ihre Vorhaben gewählt haben."
Innerlich duckte ich mich. Gaara war auf einer extrem aggressiven Provokationswelle unterwegs, die er immer wieder mit Zuckerguss entschärfte. Aber wie lange ging das noch gut? Wann würden Kirigakure und Kumogakure Suna den Krieg erklären? Es konnte sich nur noch um Minuten handeln.
"Fertig", verkündete A-sama. Damit musste er noch zwei Minuten waren, bis auch Mei-chan zustimmte, dass sie ihr Werk vollendet hatte.
Vor uns breiteten sich zwei Kunstwerke aus. Das Linke von A-sama bestand aus einer senkrechten Basis aus Blättern in dunklem Grün, die von langstieligen, gerade nach oben schauenden Blumen in Altrosa begleitet wurden. Eine von ihnen erkannte ich als Gerbera wieder. Das klang altbacken und langweilig, aber die dazwischen arrangierten Äste ließen eine Gitterstruktur erahnen, die nur durch sich kreuzende Ästlein enstand. Hatte er das alles wirklich schon geplant gehabt, bevor er den ersten Zweig in der Hand gehabt hatte? Die Zweige wirkten wie ein Korb, nur dass es keiner war. Dennoch begleitete er die Blüten, bis sie sich gen Himmel öffneten.
Das Rechte von Mei-chan ging andere Wege. In der Mitte häuften sich drei, vier Stränge mit den hängenden weißen glockenartigen Blüten. Zwei große, hellgrüne Blätter gingen von da aus der Schale ab und ragten über den Rand hinaus und von da in die Tiefe. Einzelne, helle Grashalme setzten weitere hellgrüne Aspekte, und drei sich handtellergroß spannende Zweige gingen bogenförmig von der Mitte bis über den Rand hinaus und zeigten von dort in die Tiefe, eifrig bemüht, unterstützender Akzent für die strahlendweißen Blüten zu sein und nicht zu sehr zu dominieren. Dabei beachtete ich noch nicht mal das Füllmaterial der flachen Schalen, das ebenfalls mit Bedacht und zum Thema passend von den beiden Kage gewählt worden war. Aber nun gut, ich war ja auch der Total-Amateur.
"Was wollen sie uns damit sagen?", fragte Gaara spöttisch. "Dass es nur genügend Hände braucht, die sich nach oben recken, um den Himmel zu greifen? Oder dass ein paar weiße Blümchen reichen, um die allumfassende Depression der herabhängenden Hölzer und Blätter auszugleichen? Ich kann da keinen beginnenden Sommer sehen."
Worte, die bei Raikage und Mizukage nicht wirklich gut ankamen.
"Die Bewertungen für A-sama!", sagte Tsunade-sama.
Er bekam von jedem volle fünf Punkte. Nur Gaara bot lediglich zwei auf. "Für das mutige Arrangement", wie er verkündete. Selten hatte ich den großen, kräftigen Kumo-Nin so nahe vor einer Explosion gesehen.
"Die Bewertungen für Terumi-sama!", sagte die Schiedsrichterin.
Diesmal bekam sie nur dreimal fünf Punkte. Ausgerechnet Kjun, ihr Gefolgsmann, gab ihr nur vier. Und Gaara ließ sich zu drei Punkten herab. "Weil das Weiß der Blüten zumindest etwas Sommerliches hat."
Damit hätten alle Beteiligten glücklich sein können, denn es stand, wie Tsunade-sama verkündete: "Unentschieden." Außerdem war noch niemand gestorben und beide Kage hockten noch immer auf ihren Plätzen. Wir hätten die Sache hier beenden und nach Hause gehen können, im wahrsten Sinn des Wortes. Aber die Dinge liefen eben nicht immer so, wie sie sollten.

"Unzufrieden, Kazekage-sama?", fragte A-sama herausfordernd. "Dir steht es selbstverständlich frei, ein eigenes Gesteck anzurichten, um uns zu belehren, wie man es richtig macht."
Mei-chan nickte dazu bestätigend, ein wütendes Lächeln aufgesetzt. Das versprach in einer Katastrophe zu enden.
"Ich habe bereits mit drei Jahren meine ersten Arrangements gesteckt", verkündete Gaara, "auch wenn es in Suna damals niemanden interessiert hat. Aber ich habe meine Erfahrungen, und so schwer ist die Moribana-Schule nun auch nicht."
Nun, es stimmte natürlich, dass Ikebana früher nur von Männern betrieben worden war, gemäß dem Wahlspruch, dass in einem Krieger auch immer ein Künstler stecken musste, weil sonst alle Taten auf dem Schlachtfeld zur Farce verkamen, denn sich gegenseitig umbringende Hohlbirnen konnte man überall auftreiben. Menschen mit künstlerischer Ader, die mit Bedacht kämpften und mit scharfem Verstand töteten jedoch nicht. Das unterschied einen Krieger von einem Schläger. Später hatten die Kuniochi diese Kunst mehr und mehr für sich beansprucht, sodass Männer wie Frauen sie gleichermaßen betrieben. Es wunderte mich nicht, dass Gaara mit Ikebana Berührungspunkte hatte. Aber langsam wunderte es mich, dass es nie in meiner Ausbildung aufgetaucht war.

Gaara bekam eine flache Schale und die gleichen Materialien wie die beiden Kage. Dazu kam der Kenzan, der Schwertigel, der dem Arrangement seinen Halt verlieh. Ohne wirklich hinzusehen griff er nach Pflanzenteilen und schien sie wahllos in den Schwertigel zu stecken und das Füllmaterial zu verteilen. Doch als er innehielt, wirkte alles wie gewollt. Also, entweder hatte Gaara Recht, und mit einem Kenzan konnte jeder etwas arrangieren, was dem einen oder anderen wie Kunst vorkam, oder er war ein wahrer Meister in dieser Kunst. Letztendlich offenbarte sich uns ein shatei, ein Kunstwerk, in dem das Arrangement geneigt aufgestellt war. Es bestand fast nur aus Blüten, weiß, rosa, hellrot, orange, die mit ein wenig Phantasie eine untergehende Sonne darstellte - zumindest war es das, was ich als Laie sah, ohne auf die Steine und die ebenfalls verarbeiteten Zweige einzugehen.
Mit einigem Trotz präsentierte Gaara seine Arbeit. "Nun?"
Die Miene A-samas war versteinert. "Man kann sehen, dass du nicht vollkommen ohne Talent bist, Kazekage-sama."
Mei war ähnlich gnadenlos. "Eine gute Arbeit. Für einen Zehnjährigen."
Die Blicke, welche die drei austauschten, hätten töten können. Zumindest jeden unvorsichtigen Unbeteiligten, der zufällig in einen dieser Blicke hineinlief.
Auf dem Klimax der Spannung, einem atemlosen Moment, in dem wir alle uns anspannten in Erwartung der Eskalation der Situation zwischen gleich drei Kage, klang eine klare, freundliche Frauenstimme auf: "Nachmittagskaffee ist serviert."
Sofort wich alle Spannung aus dem Menschen. Auch Kazekage, Raikage und Mizukage nahmen sich zurück. Mei-chan schaltete als Erste auf offene Freude um. Tee und Kuchen war absolut ihr Ding. "Oh, da freue ich mich. Die Teestunde war gestern so abwechslungsreich."
"Na, da sollten wir uns aber beeilen, damit noch etwas für uns übrig ist", sagte A-sama und erhob sich.
"Ja, das sollten wir", sagte Gaara mit neutraler Miene.
Ich atmete erleichtert aus. Das war noch mal gut gegangen. Ein offener Krieg zwischen drei Kage der großen fünf Reiche war abgewendet worden - von Frau Kubo und ihrer Sachertorte. Ich nahm mir fest vor, der Wirtin aus eigener Tasche ein wirklich fürstliches Trinkgeld zu geben. Immerhin hatte sie auch verhindert, dass Konoha involviert worden wäre. Aber ich ahnte, dass das Verhältnis der drei Kage fortan nicht gerade durch Freundschaft und Verständnis bestimmt werden würde. Na toll, meine Party, Auslöser eines kalten Krieges. Vielleicht sollte ich das nächste Mal weniger Anführer von versteckten Dörfern einladen.
"Wie schade", hörte ich Tsunade-sama sagen. "Hätten sie sich zu einem zweiten Versuch entschlossen, hätten wir phänomenale Kunst erwarten können. Alle drei, wie sie da saßen. Nicht, Mamoru?"
Ich spürte, wie ich beim Gedanken daran, dass ein Ikebana-Wettbewerb einen Krieg zwischen drei großen Reichen einen Krieg hätte auslösen können, bleich wurde. "Ja, was ist uns nur entgangen", murmelte ich. Vielleicht reichte es das nächste Mal auch einfach, Ikebana zu verbieten. Ich würde es ausprobieren.

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Konoha Side Stories 5:
Der Regenmacher

Prolog: Was ich hier erzählen möchte, spielt etwas nach den Geschehnissen in und um Kumogakure. Etwas, na gut. Es beginnt etwa neuneinhalb Monate danach. Nun ist Zeit in einem Leben etwas Fließendes, sie ist nicht beständig und kann nur in abstrakter Denkweise "beginnen" und "enden". Wir denken in Kategorien wie Wochen, Monaten, Jahren, weil wir uns diesen Aufgaben abstrakt nähern. Weil wir um die Ecke denken. Also bedarf es schon besonders einschneidender Einschnitte in unsere Leben, die alle ihre Bereiche durchdringen, um wenigstens zum Teil so einen "Anfang" oder ein "Ende" zu bedeuten. Eine Hochzeit zum Beispiel, im Idealfall die eigene, ist so ein Punkt, der einen gewissen Stellenwert für einen "Beginn" hat. Ich gebe zu, das ist eine Menge philosophischer Quatsch, den ich hier niederschreibe. Aber wenn man älter wird, wenn man seine Kinder aufwachsen sieht, wenn man sich entschließt, sich hinzusetzen und einen Teil der eigenen Vergangenheit Revue passieren zu lassen und zwangsläufig an jene Menschen denkt, die man nie wieder sehen kann, egal wie sehr man sie verehrt, gemocht oder gar geliebt hat, dann kommt man nicht umhin, sich Fragen zu stellen. Zu klassifizieren. Zu kategorisieren. Und deshalb ist dieser Zeitpunkt, neuneinhalb Monate nach der Affenparty, für mich ein Punkt, an dem etwas neu begann. Etwas, was meinem Leben in vielerlei Hinsicht eine neue Richtung gab. Noch mehr als die Aufnahme meines Sohnes Akira in die Familie Morikubo, noch mehr als die Adaption der Moerus in die Naras, noch mehr als meine Genin, Kishio und Shinpa-chan in ein Leben zu integrieren, das ohnehin schon Kopf stand... Nur, um alle Zweifel auszuräumen, es war natürlich mein Leben, das Kopf stand. Aber das war ja mittlerweile der Normalzustand. Und ja, das Ereignis, von dem ich spreche, war... Nun, einschneidend, maßgebend für viele weitere Bereiche meines Lebens und vor allem erinnerungswürdig. Ganz davon abgesehen, dass es zu meinem achtzehnten Geburtstag nur noch wenige Tage waren, ein Datum, das mein Leben mindestens ebenso auf den Kopf stellte, wie das Ereignis, mit dem ich meine fünfte Erzählung beginnen möchte. Denn damals in Konoha geschah etwas, was ich nicht erwartet hatte. Noch nicht. Ehrlich gesagt geschah es meines Erachtens auch mehrere Jahre zu früh: Tsunade-sama nahm mich ein für allemal in die Mangel.


1.
"Morikubo und Team? Sollen reinkommen!"
Tsunade-samas kräftige Stimme gellte bis vor die Tür ihres Büros im Hokage-Tower herüber. Ich konnte ein kurzes Seufzen nicht unterdrücken. Beinahe hätte mir etwas gefehlt, hätte sie nicht gebrüllt. Ich öffnete die Tür, bevor Shizune mir öffnen konnte. An der Spitze meines Teams dreizehn und mit Kishio im Gefolge trat ich ein.
"Tsunade-sama, ich melde Team dreizehn inklusive Unterstützung angetreten", sagte ich mit feierlicher Stimme.
'Wie, Unterstützung? Das denkst du also tatsächlich von mir, großer Bruder?', stichelte Kishio in meinen Gedanken.
Ich warf ihm einen kurzen, mahnenden Seitenblick zu. 'Kishio, ich muss hier ernst bleiben, wenn mir Tsunade-sama nicht die Hölle heiß machen soll.'
'Du hast definitiv zu viel Respekt vor ihr, Niichan', tadelte mich der junge Moeru.
Ich musste mit mir kämpfen, um nicht zu grinsen. Das hätte Tsunade-sama sicher nicht für mich eingenommen. 'Es gehört zum Spiel, Kishio. Sobald du dein eigenes Team in den Einsatz führst, wirst du es verstehen.'
'Eigenes Team? Weißt du etwas, was ich noch nicht weiß?', fragte er überrascht.
'Still jetzt, oder ich werfe dich Tsunade-sama zum Fraß vor.'
"Hört Ihr mir zu?", fragte die Hokage mit mürrischer Miene.
Ich spürte, wie mir leichte Röte in die Wangen schoss. Ich hasste es, wenn sie mich dabei erwischte, wie ich mich mit Shinpa-chan oder Kishio über unsere sensorischen Fähigkeiten unterhielt.
"Tun wir, Tsunade-sama", versicherte ich.
"Tu-tun wir", stotterte Kishio. Hastig fügte er hinzu: "Hokage-sama!" Anscheinend machte es ihm zu schaffen, "erwischt" worden zu sein.
"Gut, dann weiter im Text, Mamoru und Team."
Es war noch nicht so lange her, dass Team dreizehn inklusive "Unterstützung" von einer A-Rang-Mission zurückgekehrt war. Ich hatte es als vorteilhaft erachtet, dabei mit Kishio lautlos kommunizieren zu können, also hatte er mir einen Teil seines Chakras gegeben. Dies baute sich nur langsam ab, und so war es sein Chakra in meinen Kapillaren, das es uns zur Zeit noch ermöglichte, miteinander zu kommunizieren. Zumindest auf kurze Distanzen. Eine sehr faszinierende Technik, die, dank unserer sensorischen Ninjas, die Langstreckenkommunikation Konohas in baldiger Zukunft komplett verändern würde. Ich war mir nicht sicher, ob Kishio tatsächlich wusste, was das für ihn und Shinpachi bedeutete. Oder für ihre Geldbeutel. Allein die Prämie würde das Geld, das wir für den Abschluss der A-Mission erhalten würden, um das zwanzigfache übersteigen.
'I-ich bin an Geld nicht interessiert. Du kannst es haben, Mamo-chan', hörte ich seine verlegenen Gedanken. Stimmt, mit Belohnungen, mit Geld und mit Aufmerksamkeit konnte er noch immer nicht so gut umgehen, obwohl es sich gebessert hatte. Und weil ich das Kind aus der Wildnis in ihm mehr und mehr zugunsten des zivilisierten Kishios zurückgedrängt hatte.
"Mamoru!", blaffte die Hokage.
Automatisch nahm ich Haltung an. "Tsunade-sama, ich höre zu!"
"Kann ich mich drauf verlassen, dass ich ab jetzt eure uneingeschränkte Aufmerksamkeit habe?", fragte die Hokage, und dabei pulsierte eine kräftige Vene auf ihrer Stirn. Kein gutes Zeichen. Definitiv kein gutes Zeichen. Argwöhnisch fokussierte sie Kishio, der unter diesem Blick ein wenig kleiner wurde. Spätestens seit er miterlebt hatte, was eine verärgerte Tsunade mit einem Felsbrock groß wie ein Haus tun konnte, hatte er einen gewissen Respekt vor ihr. Nun, ich gebe zu, man konnte den Schotter im Baugewerbe gebrauchen.
"Jawohl, Tsunade-sama", beeilte ich mich zu versichern. Sie musste schließlich nicht alles wissen.
"Hm! Mai-chan?"
Mai Kobashi ließ ein leises Schnauben hören. "Natürlich reden sie in Gedanken miteinander. Immerhin hat Sensei vor dem letzten Kampf Kishios Chakra aufgenommen. Und nur weil wir drei keine sensorischen Fähigkeiten haben, dürfen wir nicht mitreden. Es ist so unfair. Ich würde auch mal gerne mit Kish... mit ihnen meine Gedanken teilen!"
"Mamoru?", fragte sie mit einem bösen Begleitblick, der eine jüngere Version von mir in den Staub gezwungen hätte.
"Wir reden nicht im Moment miteinander, Tsunade-sama. Und ich höre aufmerksam zu", versprach ich hastig im Angesicht der zweiten pochenden Ader auf ihrer Stirn.
"So." Die Hokage ließ den Blick über meine Gruppe schweifen. Neben mir bestand sie aus Kishio no Moeru zur Verstärkung, die bereits erwähnte Mai Kobashi als meine Stellvertreterin - zumindest wenn weder Kishio, noch einer der Affenkrieger oder Kuzoko-chan verfügbar waren - Shinji Nanahara und Kira Yamada. Ganz klassisch das Team dreizehn plus ein Unterstützer. Die Spinnenmädchen und meine und Shinjis beschworene Affenkrieger nicht eingerechnet.
Damit gab sie sich sichtlich zufrieden. Oh, ich hatte gewusst, es würde ihr eines Tages gelingen, Kishios und meine stummen Gespräche zu kontrollieren. Und das tat sie sehr effizient.
"Wie ist die Mission gelaufen, Mamoru? Es war immerhin eine A-Rang-Mission."
"Gut, Tsunade-sama. Wirklich gut. Es gab... Verletzungen. Kuzoko muss sich im Reich der Spinnen behandeln lassen, weil ihr ein Schwertstreich beinahe den rechten Arm abgetrennt hat." Für einen Moment schmerzte mein eigener rechter Oberarm, an genau jener Stelle, an der mir der Bizeps durchtrennt worden war. Damals im Land des Wassers, als ich die Wahl gehabt hatte, den Schlag abzufangen, oder ihn meinem großen Bruder Omoi in den Rücken fahren zu lassen. Diesmal war es ganz ähnlich gewesen. Kuzoko hatte mir damit das Leben gerettet. "Kira steht auf der Warteliste für eine Nervenregeneration, weil er sei Raiton wieder mal über Gebühr angewendet hat..."
"Aber immerhin schaffe ich es jetzt bei einem von zwei Versuchen!", ereiferte er sich. "Und unter Stress, also bei Kampfbedingungen, drücke ich es um zehn Prozent!"
Ich tätschelte ihm die Schulter. "Dennoch solltest du mit deiner Körperbeschleunigung mehr haushalten. Wenn du ständig dein Nervensystem flicken lässt, ist bald nichts mehr übrig, was man flicken kann."
"Ich will ja nur besser werden", murrte er. "Meinen Meistern gerecht werden."
Und das waren ausgerechnet der Raikage und mein alter Feind Jardin Nabara, beide anerkannte Raiton-Meister. Wobei der Raikage eigentlich DER Raiton-Meister war. Ich beglückwünschte mich heute noch mindestens einmal am Tag dafür, das es mir gelungen war, den Raikage dazu zu erpressen, mit Kira zu trainieren. Es hatte für ihn einen enormen Sprung nach vorne bedeutet.
"Und Kuzomi-chan hat einen Schwertstreich ins Bein abbekommen. Sie wird ebenfalls bei den Spinnen behandelt. Mai-chan und Shinji blieben unverletzt, ebenso Kishio und ich. Die Affenkrieger haben Shinji und ich bereits wieder zurückgeschickt. Moderate Verletzungen bei ihnen."

"Insgesamt geringe Verletzungen für eine A-Rang-Mission." Sie sah mich nachdenklich an. "Ich habe deinen Bericht bereits gelesen, aber ich würde jetzt gerne eine Zusammenfassung aus deinem Mund hören."
"Jawohl, Tsunade-sama." Wo sollte ich anfangen? Normalerweise fiel mir weder das Schreiben eines Berichts noch dessen mündliche Rezitierung schwer. Diesmal aber war einfach zuviel passiert, als dass ich es in wenige Worte fassen konnte. Mein Bericht hatte demnach auch Überlänge gehabt. Außerdem erwartete Tsunade-sama mehr von mir als eine schlichte Beschreibung. Sie erwartete auch, von meinen Sinneseindrücken zu hören. Was bei einem sensorischen Ninja viel Sinn machte. "Um es mal zusammenzufassen, wir haben in ein verdammtes Wespennest gestochen. Ich habe das Land der Reißzähne ja ohnehin nicht in liebender Erinnerung, geschweige denn die Ninjas aus Iwagakure, mit denen ich mich schon öfters angelegt habe, aber diesmal war es... Eng."
"Du hast geschrieben, dass dir und deinem Team erlaubt wurde, auf Parole hin das Land der Reißzähne zu verlassen", hakte sie nach.
"Man... Hat sich daran erinnert, dass ich nicht nur einige von ihnen im Kampf getötet, sondern auch einige von ihnen gerettet habe. Damals, im Land der Steine, als ich das Geheimversteck von Orochimaru entdeckt habe." Ich ließ die entscheidende Szene Revue passieren. Eingekreist von fast einhundert Shinobi, ein Teil meines Teams verletzt, ich selbst erschöpft und am Rande meiner Leistungsfähigkeit - und ich hatte ja schon längst, was ich hatte haben wollen - nur noch die Entscheidung treffend, ob ich mich und mein Team an jenem Tag in den sicheren Tod führen, oder das Angebot aus freiem Abzug annehmen sollte, das mir der runzlige alte Knacker gemacht hatte. Nun, die Wahl war mir nicht schwergefallen.
"Du hast also deinen Auftrag abgebrochen, nachdem dich eine Übermacht Iwa-Nin in einem neutralen Drittland zu überwältigen drohte."
"Das fasst es sehr gut zusammen, Tsunade-sama. Auch wenn es Konsequenzen für mich bedeutet, mein Team sinnlos sterben zu lassen hätte ich nicht zugelassen."
Protestierendes Gemurmel meiner Genin klang auf, unterbrochen von Tsunade-sama, die ihre Rechte so hart auf den Schreibtisch schlug, dass mir der Knall in den Ohren klingelte. "Unsinn! Du hast die richtige Entscheidung getroffen! Wenn wir etwas in Konoha überhaupt nicht mögen, dann sind es sinnlose Verluste aus Eitelkeit oder Dummheit! Alle anderen sinnlosen Verluste ebenfalls! Ich werde ein entsprechendes Dankesschreiben an den Tsuchikage aufsetzen."
"Danke, Tsunade-sama", erwiderte ich.
Sie faltete ihre Hände, die Ellenbögen auf ihrem Schreibtisch, vor dem Gesicht ineinander und sah mich über deren Rand hinweg an. "Hast du eine Vermutung, wie du in eine Operation dieser Größenordnung geraten konntest? Vor allem, solange du Kishio-kun dabei hattest."
"Zuerst einmal möchte ich feststellen, dass ihre Operation vom Daimyo des Landes der Reißzähne abgesegnet war. Er war es auch, der mich und mein Team aus dem Land weisen ließ, nachdem die Iwa-Nin uns verschont hatten. Ich verstehe nicht, wie ich so einen Rauswurf verdient habe. Immerhin wurde mir, wenn schon keine Zusammenarbeit, so doch Bewegungsfreiheit in seinem Reich zugestanden."
"Hängt es mit deinem Auftrag zusammen?", fragte sie, ein unheilvolles Funkeln in den Augen.
"Es ist zu vermuten, dass einige Aspekte eine Rolle spielen, ja", erwiderte ich. "Bei unserer Suche nach den gemeldeten verstärkten Aktivitäten der Akatsuki-Terrororganisation haben wir tatsächlich eine ihrer Zellen beobachten können. Gemäß meiner Anweisungen habe ich sie nicht direkt konfrontiert, sondern lediglich versucht, ihnen zu einem ihrer Verstecke zu folgen. Dies geschah mit Hilfe von Kishios überlegenen sensorischen Fähigkeiten, außerhalb der Reichweite ihrer Wahrnehmung. Insgesamt reicht es hoffentlich für eine Identifizierung, wie es unser Auftrag war.
Währenddessen gerieten wir in Kontakt mit den Iwa-Nin, die uns sofort attackierten. Wir wichen aus und versuchten, den Aktatsuki-Anhängern weiter auf der Spur zu bleiben, was uns für zwei Tage gelang, bevor die Iwa-Nin uns erneut einholten, und diesmal mit großer Verstärkung. Und ich meine große Verstärkung. Die darauffolgenden Kämpfe zogen sich bis in den späten Abend und durch die Nacht hindurch hin. Erst gegen Morgen, nachdem wir bereits Verletzungen zu verzeichnen hatten, wurde uns das Angebot gemacht, das Schlachtfeld zu verlassen. Ich habe dabei mit einem ihrer Jounin direkt verhandelt, der mir seinen Namen nicht nennen wollte. Ich erklärte ihm, dass die Iwa-Nin zuerst angegriffen hätten und dass wir uns auf einer Aufklärungsmission befanden, um Spuren der Akatsuki-Terrororganisation aufzunehmen und ihre Nukenin zu identifizieren. Aber dieses Argument ließ er nicht zu. Er setzte mir ein Ultimatum und ich stimmte zu, das Land der Reißzähne zu verlassen, um mein Team zu retten. Wir wurden von Iwa-Nin bis zur Landesgrenze begleitet und von den offiziellen Behörden des Landes verwiesen. Natürlich haben wir die Spur der beiden Terroristen verloren."
"Hm. Du hast ganz nach Auftrag eine Personenbeschreibung der beiden Akatsuki-Mitglieder abgegeben. Würdest du sie wiederholen?"
"Jawohl, Tsunade-sama. Der Kleinere von ihnen war ein Mann, mittlere Größe, muskulös, etwas höheres Gewicht als gewöhnlich. Ungewöhnliches Chakra. Langes, silbernes Haar, streng nach hinten gekämmt, etwas länger als schulterlang."
"Ungewöhnliches Chakra?", hakte sie nach.
"Kishio?"
Der Moeru räusperte sich leicht. "Ein recht untypisches Chakra für einen Menschen, Tsunade-sama. Ich weiß nicht, wie ich es zusammenfassen soll, aber es schien so, als hätte er Chakra-Reste von fast einhundert anderen Personen in seinem Chakra-System."
"Von fast einhundert Personen? Ist das sicher?"
Etwas pikiert sah Kishio die Hokage an. "Natürlich bin ich mir sicher, sonst hätte ich es nicht gesagt."
Sie lachte auf. "Ich frage nur aus beruflichen Gründen nach, Kishio-kun, nicht weil ich deinen Fähigkeiten misstraue.
Weiter, Mamo-chan. Der andere?"
Ich nickte. "Fast so groß wie ich, aber mindestens zwanzig Kilo leichter. Er trug einen für Suna typischen Turban mit Nackenschutz und eine Gesichtsmaske. Seine Augen waren ohne Iris und leuchteten hellgrün. Auch er hatte kein alltägliches Chakra."
"Kishio?"
"Er hatte vier Chakraknoten zuviel. Und auch sein Chakra selbst war ein ziemliches Durcheinander an verschiedenen, nun, Personen."
"Vier Chakraknoten zuviel?", fragte Tsunade-sama verblüfft.
"Vier", bestätigte Kishio nickend. "Sie verteilen sich über Brust und Bauch der Person."
"Das ist bei Shinobi nie ein gutes Zeichen", murmelte sie. "Shizune?"
Die Sekretärin der Hokage nickte und schlug eine Akte auf. "Anhand der Beschreibung von Mamo-chan konnten wir die beiden erfassen. Von der maskierten Person sind keine Daten vorhanden, die jünger als fünfzig Jahre wären. Aber sein Stirnband weist ihm dem kleineren Ninja-Dorf Takigakure zu, mit dem wir zumindest keine feindlichen Kontakte unterhalten. Eine entsprechende Anfrage nach diesem Nukenin ist gestellt.
Den zweiten konnten wir eindeutig identifizieren. Sein Name ist Hidan und er steht im Bingo-Buch, weil er in seinem Heimatort Yugakure ein Massaker anrichtete, bevor er sich Akatsuki anschloss. Es heißt, dass er noch nie einen Kampf verloren hat. Das beinhaltet mindestens drei Kämpfe mit Jagdteams aus ANBU diverser großer Ninja-Dörfer. Es gab in keinem Team Überlebende. Es heißt, dies läge an seinen Verbindungen zum Geheimbund der Jashin, die bei allen großen Dörfern auf der Suchliste stehen und zur sofortigen Terminierung freigegeben sind."
Ich pfiff anerkennend. Es war vollkommen unüblich, jemanden zum Tode zu verurteilen, nur weil er hier oder dort Mitglied war. Wenn die Jashin aber auf Sicht zu töten waren, musste das eine besonders üble Bande sein, wenn sich alle fünf großen Städte darüber einig waren.
"Zusammengefasst kann man sagen: Alleine schon wegen Hidan hast du gut daran getan, dein Team aus ihrer Reichweite zu halten, Mamo-chan", sagte Shizune und schloss die Akte wieder.
"Hm", machte Tsunade-sama nachdenklich. "Glaubst du, zwischen der Bewegung der Akatsuki und den Iwa-Nin bestand ein Zusammenhang, Mamoru? Es besteht schon länger ein nicht besonders nettes Gerücht, dass Iwagakures Tsuchikage Akatsuki für Söldnerdienste anwirbt und sie Einsätze für sein Dorf ausführen lässt."
Ich dachte darüber nach. "Wenn ich eines ausschließen kann, dann dass die Iwa-Nin versucht haben, die Terroristen zu beschützen. Ich hatte vielmehr den Eindruck, dass wir aneinander gerieten, weil sie ihnen ebenfalls auf der Spur waren."
"Gab es Tote?", fragte Tsunade-sama unvermittelt."
"Wir haben drei Iwa-Nin getötet und weitere acht zum Teil schwer verletzt, Tsunade-sama." Bei diesen Worten lasteten meine Hände auf Mais und Shinjis Schultern. Beide hatten schon getötet, aber ich wusste, dass es einem Ninja, der ein Mensch bleiben wollte, nie leichter fiel als beim ersten Mal.
"Du missverstehst mich. Hatte Iwagakure Tote darüberhinaus?" Sie sah den Moeru an. "Kishio?"
Verdutzt erwiderte er den Blick. "Du weißt, dass Tote kein Chakra tragen, Tsunade-sama?"
"Deine sensorischen Fähigkeiten gehen weiter", sagte sie. "Hast du mit deinen sensorischen Fähigkeiten etwas sehen können, was einem Trauerzug ähnlich sah?"
"Iie, ich..." Kishio stutzte. "Hai! Jetzt, wo du es sagst... Ich meine, ein Team Iwa-Nin hat, von Nordwesten kommend, einen ihrer Toten evakuiert. Sie sind fast am Rand meiner sensorischen Reichweite vorbei gezogen und ich hatte nicht immer Zeit für einen guten Scan. Du weißt, ich kann entweder die Umgebung erfassen, oder kämpfen."
"Nordwesten war die Richtung, in der die Akatsuki-Mitglieder zu finden waren?", hakte sie nach.
"Hai, Tsunade-sama."
Sie wechselte einen Blick mit Shizune. "Was, wenn Iwagakure mit Akatsuki gebrochen hat? Was, wenn sie einander nun bekämpfen?"
"Äh, Gratulation, Iwagakure?"
"Tsunade-sama", sagte ich und hob meine Rechte.
"Sprich, Mamoru."
"Kurz bevor ich nach meiner Verhandlung mit dem Jounin entlassen wurde, hatte ich Gelegenheit, mit einem Bekannten zu sprechen, den ich aus dem Land der Steine kannte. Ich hatte ihn in Orochimarus Versteck gerettet."
"Hat er dir Staatsgeheimnisse verraten?", fragte Tsunade amüsiert, die wohl vollkommen zu Recht einen Versuch der Desinformation vermutete.
"Nein, Tsunade-sama. Aber ich habe mit meinen eigenen bescheidenen sensorischen Fähigkeiten gespürt, wie angespannt er war. Er entschuldigte sich bei mir und erklärte mir, sie alle wären wegen dem Schutz des Jinchurikis sehr angespannt."
"Wegen dem Schutz des Jinchurikis?" Eine steile Falte bildete sich zwischen ihren beiden Augenbrauen. "Wegen dem Schutz des Jinchurikis? Hat er das so gesagt?"
"Ja. Wegen dem Schutz des Jinchurikis."
"Bist du dir sicher?"
"Absolut, Tsunade-sama. Ich habe vorsichtig nachgehakt und herausgefunden, dass der Träger des Gobi innerhalb der Stadt massiv beschützt wurde."
Wieder wechselte sie einen Blick mit ihrer Assistentin. Als sie wieder zu mir sah, waren ihre Augen zu kleinen Schlitzen zusammengekniffen. "Denkst du, Akatsuki spielt dabei eine Rolle?"
"Es würde zur ganzen Aufregung passen, Tsunade-sama. Und wenn es kein anderer Jinchuriki war, wer sonst sollte die Kraft für so etwas besitzen, wenn nicht die stärksten Nukenin der bekannten Welt? Ich weiß, was das impliziert. Und ich gebe zu, ich habe Angst vor den Dimensionen, die das annehmen kann. Aber es passt alles zusammen."
Erneut sah die Hokage zu ihrer Assistentin herüber. "Wo ist Naruto gerade?"
"Ist kurz nach seiner Rückkehr mit Kakashi, Sakura und dem ANBU-Ne Sai aufgebrochen, um ein mögliches Versteck Orochimarus zu inspizieren, in dem Sasuke Uchiha vermutet wird."
"Schick ihm ein ANBU-Team hinterher. Sie sollen ihn beschützen. Wenn möglich, so unauffällig wie es geht."
"Jawohl, Tsunade-sama."
Diese Nachricht ließ mich erschrecken. Wenn das, was die Hokage und ich vermuteten, wahr war, und wenn es um Naruto ging... Aber immerhin waren Kakashi und Sai dabei. Alles in allem war Sai ein sehr verlässlicher Kamerad, wenngleich etwas emotionslos. Verdammte ANBU-Ne.

"Hm? Ist was besonderes an diesem Naruto?", fragte Kira. "Irgendwie verstehe ich die Aufregung nicht."
"Das ist einfach erklärt, Kira", sagte ich mit ernster Stimme. "Iwagakure hat nicht einen, sondern zwei Jinchuriki. Es besteht die Möglichkeit, dass einer ihrer Biju-Träger getötet wurde. Und die Chance ist nicht gerade klein, dass es Hidan und sein Begleiter von Akatsuki waren."
"Die haben ein Biju umgelegt?", fragte Shinji mit einem Schaudern in der Stimme. "Gut, dass wir die nur beobachten sollten."
"Ja, genau danach sieht es aus", erwiderte ich, selbst einen Schauder verspürend, der mir über den Rücken ging. Man musste ein ganz schönes Monster sein, um so ein Monster zu besiegen.
"Aber was hat das mit Naruto zu tun?"
Ich sah kurz zur Hokage herüber, die zustimmend nickte.
"Naruto ist der Träger unseres Biju, Kira. Er hat den Neunschwänzigen in sich."
"Was? Kyubi ist in Naruto? Das ist ja cool!", rief der junge Raiton-Nutzer. "Ne, ne, Sensei, du kannst doch gut mit ihm! Stellst du mich ihm vor?"
Erstaunt musterte ich meinen jungen Schüler. Das war nicht ganz die Reaktion, die ich erwartet hatte. Noch vor fünf Jahren war es üblich, Naruto mit Angst, Schrecken, Horror und Dutzenden Toten gleichzusetzen, obwohl der Biju nie aus ihm hatte ausbrechen können.
"Ist mal wieder typisch", murrte Shinji. "Immer drängelst du dich vor. Ich will ihn aber auch kennenlernen! Er soll so coole Sachen können wie sich mit dem Chakra des Kyubi einzuhüllen. Und wenn er mehr als vier Schwänze kriegt, wird es gefährlich. Wie lässig ist das denn? Ne, Sensei, wir treffen ihn doch, oder?"
"Ihr zwei seid Idioten!", fauchte Mai. "Wir reden hier über unseren Jinchuriki! Über jemanden, der direkt unter Tsunade-samas Befehl steht! Das heißt, wir müssen Tsunade-sama fragen, nicht Sensei!"
Nun hätte ich beinahe laut aufgelacht. Hatten meine Genin denn nicht das geringste Vorurteil gegenüber Naruto? Konnte sich Konoha so verdammt schnell verändern? Selbst ich hatte Naruto, als ich gerade zwölf Jahre alt geworden war, aus Angst vor Ärger ignoriert, bevor ich ihn kennengelernt hatte. Diese Generation schien eine völlig andere zu sein.
"Wir haben einen Biju?", fragte Kishio verwundert.
"Hast du gehört, Mamoru? Kishio hat "wir" gesagt", schmunzelte die Hokage.
Ich musste ebenfalls lächeln. Das hatte sehr gut geklungen.

"Und, was hast du für ein Gefühl bei der Geschichte, Mamoru?", fragte Tsunade-sama, unvermittelt wieder ernst werdend. "Haben die beiden Akatsuki einen der beiden Jinchurikis Iwagakures getötet?"
"Ja, Tsunade-sama, das glaube ich."
"Das ist nicht gut", murmelte sie. "Wenn sich das als wahr erweist, ist die Balance zwischen allen großen Dörfern ernsthaft in Gefahr."
"Das ist noch nicht alles, Tsunade-sama. Es hat nichts mehr mit der eigentlichen Mission zu tun und steht nicht in meinem Bericht, aber..."
"Sprich."
"Wir haben uns über das Land der Reisfelder zurückgezogen und bei meinem Freund Ryuji Nekozumi unsere Wunden geleckt. Dabei informierte er mich über den derzeitigen Sachverhalt seiner Recherche über mögliche Überlebende des Moeru-Clans. Ich weiß, wir sollten jetzt eigentlich ein paar Wochen Ruhe bekommen, um uns zu regenerieren, aber es gibt tatsächlich eine vage Spur, der ich mit meinem Team nachgehen wollte. Ich schreibe den dazugehörenden Bericht und reiche ihn morgen ein."
"Wohin führt diese Spur?"
"Yuki no Kuni, Tsunade-sama."
"Hmmm. Wie aktuell ist diese Spur?"
"Ungefähr die sieben Jahre seit dem Überfall auf das Dorf der Moeru, Tsunade-sama."
"In Yuki no Kuni gibt es tatsächlich gerade eine Mission zu erledigen, die an Konoha herangetragen wurde. Das könnten wir kombinieren. Aber wenn die Spur so alt ist, sehe ich keinen Grund, euch erschöpft und halb verhungert wieder auszuschicken." Sie klopfte auf ihren Schreibtisch. "Eine Woche Regeneration! Für das gesamte Team dreizehn! Vergesst nicht, wie viele Verletzte Ihr habt, nicht zuletzt bei den Spinnen und den Affen!"
"Eine ganze Woche? Aber...", begann Kishio.
"Wenn da oben Moerus leben, werden sie euch nicht weglaufen, Kishio-kun. Haben sie bis jetzt überlebt, dann werden sie das auch noch ein paar weitere Tage tun. Du hingegen stehst schon wieder so wacklig, als wolltest du gleich zusammenbrechen."
"Tsunade-sama!", protestierte er.
"Eine Woche, und keine Stunde weniger. Dein Hang, dich bis zur totalen Erschöpfung zu verausgaben, ist löblich in einer Kampfsituation, aber nicht, wenn du die Chance auf Regeneration hast!"
"Aber Tsunade-sama..."
"Sei still, Kishio. Sie hat vollkommen Recht. Und eine Woche ist mehr als bescheiden bemessen", sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter. "Außerdem, sollten wir nichts finden, brichst du mir nicht so schnell vor Enttäuschung zusammen, wenn du ausgeruht bist."
Der junge Moeru brummte unwillig. Sehr unwillig.
"Kishio...", mahnte ich ihn.
"Wir können uns doch auf dem Weg ausruhen", schlug er vor.
"Gut. Wenn du bereit bist, das Mutter zu erklären, bin ich einverstanden."
Kishio runzelte die Stirn. "Äh... Gutes Argument. Und Shinpachi wird damit sicher auch nicht einverstanden sein." Er seufzte. "Aber muss es wirklich eine Woche sein? Eine ganze?"
"Kishio-kun! Das ist ein Befehl, und er wird nicht diskutiert!", donnerte Tsunade-sama.
"Das wollte ich auch gerade sagen", fügte ich lächelnd hinzu.
"Aber ich..."
"Ach, komm, Kishio! Du bist doch mindestens ebenso müde wie ich!", knurrte Shinji. "Was ist dagegen zu sagen, dass wir uns eine einzige winzige Woche erholen? Ich meine, schau dich an! Sogar Kuzomi-chan könnte dich jetzt gerade umhauen!"
Mai kicherte leise, als sie das hörte. Kira grinste unverholen.
Der Moeru seufzte vom Abgrund seiner Seele. "Na gut. Na gut. Eine Woche mehr oder weniger wird schon kein Problem werden."
'Und es wird auch nicht heimlich alleine aufgebrochen', mahnte ich ihn über unsere sensorische Verbindung.
'Wo denkst du hin, Sensei?', antwortete er. 'Selbstverständlich hätte ich deine Genin mitgenommen!'
Bei diesen Worten fiel mir die Kinnlade herab. Bis ich über unsere Verbindung seine Heiterkeit spürte. Gut, er würde also tatsächlich nicht voreilig aufbrechen. Oder er hatte gelernt, verdammt gut zu lügen.

"Also erholen wir uns erstmal eine Woche und bleiben in Konoha", stellte ich laut fest.
"Das musst du auch. Yuria hätte mir sonst reichlich Ärger gemacht, wenn ich dich gleich wieder fortgelassen hätte", sagte Tsunade-sama mit einem feinen Lächeln.
"Eh? Mutter? Wieso?"
Shinji boxte mich in die Seite. "Das könnte vielleicht damit zusammenhängen, dass du in drei Tagen Geburtstag hast, Sensei."
"Ach, richtig. Da war ja was." Verdammt noch mal, ich wurde achtzehn. Achtzehn Jahre. Dabei kam mir die Zeit sehr viel länger vor. Es war mir, als wäre ein Jahrhundert vergangen, seit ich als zwölfjähriger Akademieabgänger unter Hayate-sensei das erste Mal zu einer Mission aufgebrochen war. Himmel, war das wirklich erst sechs Jahre her?
"Ich werde achtzehn. Ich schätze, das sollte ich wohl feiern", murmelte ich. "Ein paar Freunde einladen, und so."
Als ich Tsunade-samas erwartungsvollen Blick sah, musste ich lächeln. "Natürlich bist du eingeladen, Sensei. Das heißt, wenn du kommen möchtest."
"Zu deinem achtzehnten Geburtstag? Mal sehen. Shizune, wie sieht denn mein Terminplan für den vierzehnten Mai aus? Können wir da ein halbes Stündchen für Mamoru reservieren?"
Die Assistentin der Hokage räusperte sich vernehmlich und schlug eine kleine Mappe auf. "Ich denke, in den frühen Abendstunden könnten wir ein wenig Zeit abzwacken, Tsunade-sama."
"Das freut mich zu hören", schmunzelte ich. "Also los, Team dreizehn, ab in den Feierabend. Kira, du kommst bitte heute Abend bei mir Zuhause vorbei."
Der Junge aus dem Hatake-Clan runzelte die Stirn. "Wieso? Liegt was an?"
"Ja. Es geht um Schwerter."
"Verstanden. Ich komme."
"Klärt das bitte draußen", sagte Tsunade-sama. "Hier muss die Arbeit leider weitergehen. Ihr seid entlassen."
Ich verneigte mich leicht vor der Hokage und mein Team tat es mir nach.
Anschließend verließen wir das Büro. Dabei konnte ich aus dem linken Augenwinkel Shizune sehen, wie sie mir vertraulich zuzwinkerte. Von wegen enger Terminplan.
Dann trat ich durch die Tür, hinein in eine erholsame Woche. Hoffentlich.
***
"Bin wieder da", sagte ich gut gelaunt, als ich mit Kishio im Schlepp das betrat, was sich in den letzten Wochen als Haupthaus etabliert hatte.
"Papa ist da!", rief eine laute, mir wohlbekannte Stimme. "Ooooopa, Papa ist da!"
Ich bückte mich, um den kleinen Nachwuchs-Shinobi vom Boden aufzunehmen. "Na, mein Großer? Wie geht es dir? Warst du denn auch immer brav und gehorsam?"
Aufgeregt nickte der Kleine. "Ich hab auf alles gehört, was Oma mir gesagt hat. Und Tante Yurika. Und Onkel Kou. Und Onkel Shinpachi."
"Was denn", lachte ich, "auf deinen Opa hast du nicht gehört?"
"Nö", erwiderte er. "Opa lässt mich ja immer machen, was ich will."
Vater räusperte sich leise. "Willkommen zurück, Jungs. Aki-chan, das erzählen wir aber nicht der Oma oder deiner Mama, verstanden?"
Der kleine Mann setzte eine verschwörerische Miene auf und nickte ernst. "Verstanden, Opa. Kriege ich dann ein Eis?"
"Was denn, was denn, Vater, bestichst du meinen Sohn etwa?"
"Warum nicht? Bei deiner Erziehung hat das wunderbar funktioniert. Und schau dir an, was für ein Prachtkerl du geworden bist. Und dein Sohn, der defacto mein Enkel ist, entwickelt sich auch ganz prächtig. Man sieht ihm den Nara deutlich an." Er runzelte die Stirn. "Maria kommt pünktlich zu deinem Geburtstag und nimmt Akira anschließend wieder zurück nach Tsukigakure. Du bist doch..."
"Unser nächster Auftrag steht fest. Aber wir dürfen uns eine Woche erholen." Ich sah meinen Jungen an. "Hast du schon zu Mittag gegessen, Aki-chan? Wollen wir zusammen was essen?"
Der Kleine schüttelte den Kopf.
"Nein? Wieso das denn nicht?"
"Kishio soll mich füttern!", sagte er bestimmt.
Überrascht sah ich den Rothaarigen an. "Ja, Himmel, warum denn Kishio und nicht dein Papa?"
"Kishio macht aus dem Löffel Brumm-Brumms, und Djijuuuus und Neooooongs und... Und... Und..."
"Wäääängs", half Kishio aus.
"Genau! Wäääängs!" Akira drehte sich auf meinem Arm und streckte Kishio die Hände entgegen.
"Das ich das noch erleben muss. Mein bester Mann entfremdet mir den eigenen Sohn", scherzte ich und reichte den Zweijährigen weiter.
"Das ist wohl nicht das Hauptproblem, Niichan", erwiderte Kishio ebenfalls grinsend. "Sondern, dass wir Aki-chan viel zu oft tragen, anstatt ihn alleine laufen zu lassen.
Und du musst viel laufen, wenn du ein guter Ninja werden willst, Aki-chan."
Verdutzt sah der Kleine den rothaarigen Jungen an, bevor er in seinem Griff zu strampeln begann. "Will runter. Selbst gehen. So wie Papa. Will ein Ninja werden wie Papa."
"Wow. Du kannst gut mit Kindern."
"Ich habe eine jüngere Schwester", erwiderte er lächelnd, nicht ohne etwas Schmerz in den Augen. Seine Schwester war Orochimarus willfährige Helferin und laut Shinpachi entweder ihrer Erinnerungen beraubt, oder skrupellos gegenüber ihrer eigenen Familie geworden. Aber immerhin lebte sie noch. Es bestand Hoffnung.
"Wer ist denn noch Zuhause?", fragte ich, um das Thema zu wechseln.
"Kou ist noch in der Hyuuga-Residenz. Yuria ist bereits zum Restaurant gegangen, um den Abend zu arbeiten. Shinpachi ist mindestens bis sechs Uhr Abends im Institut für Chakra-Forschung beschäftigt und Yuriko lässt dir durch mich Tod, Folter und Verderbnis androhen, wenn du es wagst, den Hochzeitstermin deiner eigenen Schwester im Sommer auf einer Mission zu verbringen. Sie ist im Clanhaus und bespricht mit Shikaku ein paar Formalitäten."
Wurde es also ernst zwischen den beiden. Gut. Wenn mir mein Leben lieb war, sollte ich besser da sein, sobald Kou und Schwesterherz heirateten, und wenn die Welt zusammenbrach.

Wir gingen in die Küche, in der bereits das Abendbrot wartete. Es musste nur noch aufgewärmt werden. Verdammt, war der Tag lang und hart gewesen. Ich wollte eigentlich nur noch duschen und mich hinlegen. Aber auch wenn mir meine Eltern viel von dem abnahmen, was es bedeutete, Aki-chan bei mir Zuhause zu haben, so war immer noch ich sein Vater. Eine Verantwortung, die ich ebenso wenig ablegen konnte wie jene meiner Genin gegenüber. Oder die gegenüber Kishio und Shinpachi. Vater ging an den Herd und stellte ihn an. "Setzt euch, Jungs, ich mach den Rest. Steht heute noch was an, oder hast du Zeit, nachher mit zu Shikaku rüberzukommen?"
"Onkel Shikaku will mich sehen?", fragte ich argwöhnisch. "Warum das denn?"
"Hast du nun Zeit, oder nicht?"
"Kira kommt nachher noch rum. Ich habe eine kleine Überraschung für ihn. Shinji und Mai sollen sich ausruhen, aber ich zweifle nicht daran, dass sie ihren Kumpel begleiten werden." Kurz ging mein Blick zu Kishio, aber die Erwähnung der beiden hatte ihn zu keinerlei Reaktion verleitet. Hm...
"Was gibt es denn Schönes?"
"Reispfanne für die Großen. Und für Aki-chan Kartoffeln, Frühlingsgemüse und ein Stück Fischfilet ohne Gräten."
"Na, das klingt doch gut", sagte ich zufrieden, setzte mich an den Tisch und freute mich auf das gute Essen meiner Mutter. Das war ein wichtiger Grund, um nach Hause zu kommen, fand ich.
'Familie', sagte Kishio über unsere Verbindung. 'Ich würde es mittlerweile wirklich vermissen.'
'Familie ist das Wichtigste für einen Shinobi', erwiderte ich auf die gleiche Weise. 'Unser Job wird irgendwann einmal tödlich enden. Und das halten wir nur aus, weil wir hier unseren Rückhalt haben.'
Argwöhnisch musterte Vater uns. "Ihr sprecht doch nicht etwa schon wieder über eure Chakra-Verbindung miteinander und schließt mich aus? Ihr wisst, Yuria hat euch das im Haus verboten. Vor allem dir und Shinpa-chan, Kishio-kun."
Beteuernd hob der Moeru die Hände. "Habe ich nicht vergessen, Toochan."
"Aber du hältst dich nicht dran, was?"
Wir mussten lachen, alle drei. Wir waren eben eine Familie.
"Ist was?", fragte Aki-chan neugierig.
Ich wuschelte durch seine schwarzen Haare. "Es ist alles in Ordnung, Aki-chan. Alles so, wie es sein soll." Bis zum nächsten Auftrag zumindest.
***
Gegen sechs kam Kira vorbei. Shinpachi war nur unwesentlich früher da und erzählte gerade von seinem neuen Forschungsfeld, der Gedankenübertragung mittels Moeru-Techniken, sensorischer Ninjas und Technologie, die bereits jetzt Kommunikationen über mehr als fünf Kilometern erlaubte, als es an der Tür klopfte.
Ich entschuldigte mich am Tisch und öffnete.
"Kira."
Der blonde Ninja griente mich an. "Bestellt und nicht abgeholt, Sensei."
Er war im letzten Jahr größer geworden. Und er trug sein Haar raspelkurz, weil Kuzomi-chan es liebte, mit ihren Händen über seine Stoppel zu fahren. Im Einsatz trug er meist das Stirnband wie eine Mütze, deshalb sah man es nicht so oft. Hier aber lief er oben ohne herum, quasi.
Ich musterte seine Begleiter. "Kuzomi-chan?"
Das Spinnenmädchen stützte sich auf eine Krücke. Aber ich bezweifelte, dass Kira sie hatte bis hierher laufen lassen.
"Ich wurde gerade erst beschworen, Sensei. Die Heilung am Bein verläuft sehr gut, auch in beschleunigter Variante. Es wird auch keine Narbe oder Leistungseinbuße zurückbleiben. Aber eine Woche dauert es noch, bevor ich wieder trainieren darf. Das macht doch nichts, oder?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, das macht nichts. Wie geht es deiner großen Schwester?"
"Besser, aber immer noch nicht so gut. Sie ist mindestens vier Wochen vom Training ausgeschlossen, aber sie hat auch Glück. Keine Narbe. Höchstwahrscheinlich. Falls du jemanden aus dem Clan der Kuzokami beschwören musst, sollst du Vater wählen, hat Mutter gesagt."
Ich nickte ihr anerkennend zu. "Eine große Ehre. Aber wir werden ohnehin erstmal eine Woche hierbleiben."
"Dann feiern wir deinen Geburtstag, Sensei?", rief sie erfreut. "Dafür musst du Kuzoko-chan beschwören. Sie besteht darauf."
Ich lachte leise. "Abgemacht. Und Ihr zwei, was tut Ihr hier?"
Shinji griente ebenso breit wie Kira. Er war nicht so sehr gewachsen wie Kira, aber er hatte große Teile seines Fettpanzers verloren. Er wirkte zunehmend agiler. Und wenn ich an seinen Vater dachte, würde er ein ziemlich breitschultriger Riese werden. "Ich kam zufällig bei Kira vorbei, als er aufbrach. Da dachte ich mir, gehe ich doch einfach mal mit."
"Und ich", sagte Mai hastig, "wollte zu Yuriko-chan. Sie hat mir versprochen, dass sie mir genauso gut kochen beibringt wie Karin."
"Yuriko ist noch nicht wieder da", sagte ich stirnrunzelnd. "Aber du kannst auf sie warten. Kommt rein. Ihr wisst ja, wo es langgeht."

Ich ließ die vier passieren und schloss die Eingangstür. Es war schon komisch, sich unterschwellig selbst zu fragen, warum es nur vier waren. Ich vermisste die Affen und ich vermisste Kuzoko schmerzlich.
"Wohnzimmer oder Küche?", rief Kira durch den Flur.
"Küche!", erwiderte ich.
Ich folgte ihnen und setzte mich auf meinen Stammplatz. Vater servierte derweil jedem Tee. "Karin und Hanako kommen übrigens morgen wieder von ihren Missionen zurück", sagte er, während er mich passierte.
Das ließ mich die Stirn runzeln. "Hast du Hana-chan immer noch nicht aufgegeben?" Kenshiro Morikubo war stets der lauteste Vertreter der Hanako-Fraktion gewesen. Und er hatte es damals nicht sehr gut aufgenommen, als er davon erfahren hatte, dass sie und Ryu ein Paar waren. Worte wie "zu jung für ihn", "nur eine Phase", "sie wird sich schon besinnen" und "wird schon noch merken, was sie verpasst", hatten damals zu seinem täglichen Repertoire gehört. Man hätte fast vermuten können, er wäre mehr an Hanako als am Glück seines eigenen Sohnes interessiert.
"Das ist nur eine Phase. Dieser Ryu ist doch nur ein Windhund, der dir nicht das Wasser reichen kann."
"Dieser Windhund ist zufällig mein bester Freund, Vater", sagte ich ärgerlich. "Und ich habe keinerlei Verfügungsrechte über Hana-chans Herz."
"Ja, weil du zu langsam warst. Hättest du vor zwei Jahren alles unter Dach und Fach gebracht, dann wärt Ihr jetzt schon verlobt."
"Aber ich habe mich doch bereits für Mai-chan entschieden, Vater", sagte ich laut und umarmte das Mädchen, das neben mir saß, von der Seite. "Du wirst doch nicht zwischen mir und meiner großen Liebe stehen?"
Mai spielte natürlich mit und grinste mit mir um die Wette.
Vater griff sich theatralisch ans Herz. "Müsst Ihr mich gleich terrorisieren? Außerdem glaubt dir das doch keiner. Mai-chan ist doch offensichtlich in..."
"In der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen!", sagte sie hastig. "Und jetzt entscheide ich, dass Sensei damit rausrückt, was er von Kira-chan will."
Ich unterdrückte ein amüsiertes Prusten, während ich mich erhob und Mai losließ. Das war gut gerettet, Mai, gut gerettet. "Entschuldigt mich einen Moment."
Ich verließ die Küche, ging in mein Zimmer, das nun direkt neben dem von Aki-chan lag. Zumindest war es seins, wenn er mich besuchen kam. Seins und das seiner Mutter. Ursprünglich hatte Kishio hier gewohnt, bis wir ein Arrangement getroffen hatten, das ihm und Shinpachi mit Konohas finanzieller Hilfe ermöglicht hatte, das andere Nachbarhaus aufzukaufen und ebenfalls die Wand zu uns durchzubrechen. Ursprünglich war es eine sehr kleine Wohnung gewesen, zu klein für zwei. Aber da die beiden unsere Küche und unser Wohnzimmer nutzten, war es nun recht großzügig für die beiden.
Ich trat an meine Kampfausrüstung heran. Nun, zumindest an jene Teile, die ich im Moment nicht bei mir trug. Ich nahm mein Schwert von seinem Bügelständer und zog es hervor. Die mattierte Klinge war noch immer rasiermesserscharf. Was sehr ironisch war, denn noch immer musste ich mich nicht rasieren. Und das in meinem Alter. Verdammt. Mit einem wütenden Schnappen rastete es wieder ein, als ich es ins Futteral zurückstieß. Diese Klinge bot mir einige schlechte, aber auch sehr viele gute Erinnerungen. Ich hatte mit ihr viele Kämpfe durchgestanden und sie hatte mir fast so oft das Leben gerettet wie meine Kameraden.
Mit der Waffe in der Linken kam ich wieder in die Küche zurück. "Kira, du bist gewachsen. Wie viel?"
"Acht Zentimeter, Sensei." Er grinste. "Das war ein ganz schöner Schuss."
"Acht Zentimeter gleich? Komm mal her."
Der Junge stand auf und trat neben mich. Ich reichte ihm mein Schwert. "Hier, probier das mal aus. Es ist länger als ein Wakizashi, aber kürzer als ein Katana."
Gehorsam nahm er das Schwert in die Hand, zog es und hob die Klinge an.
"Wenn du ein Loch in die Decke schlägst, verpetze ich dich bei meiner Mutter", scherzte ich.
"Ich passe schon auf, Sensei." Mehrere Male schwang er es durch.
Ich nickte zufrieden. "Wie ich es mir dachte. Es ist lang genug für dich. Du kannst es haben, wenn du möchtest, Kira. Das heißt, falls es dir nichts ausmacht, dass ich es von Maria bekommen habe."
Dem Jungen sackte die Kinnlade herab. Entsetzt sah er mich an. "Sensei... Du schenkst mir dein Schwert? Deins? Dieses hier?" Er blickte auf die Klinge. "D-das kann ich nicht annehmen. Das kann ich unmöglich annehmen!"
"Aber das Wakizashi ist jetzt zu kurz, um dir als Schild zu dienen. Das weißt du so gut wie ich."
"Ja, schon, aber dies hier ist dein Schwert, Mamo-chan! Deines!"
"Und ich möchte, dass mein Schüler es fortan führt, wenn er an meiner Seite kämpft", sagte ich in besänftigendem Ton. "Es wäre mir eine Ehre, wenn du es nehmen würdest."
"A-aber.... Aberaberaberaberaberaber..."
Mai schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. "Nun nimm schon dieses dämliche Schwert an, Kira! Ist ja nicht so, als wenn du es dir nicht verdient hättest!" Sie klopfte sich gegen den Stirnschutz Konohas, den sie als Halsband trug. "Ist ja auch nicht das erste Mal, dass Sensei uns etwas Persönliches von sich schenkt, oder?"
Kira sah gehetzt zwischen Mai und mir hin und her. Schließlich wandte er sich Kishio zu. "Was sagst du?"
"Dass du ein Loch in die Decke gemacht hast und besser mit üben anfangen solltest, damit du nicht noch mehr Schaden mit der längeren Klinge anrichtest", spottete er.
Von dort sah Kira zu Shinji herüber. "Was sagst du, Alter?"
"Mensch, Dicker, das ist Mamo-chans Klinge! Seine Waffe! Du wärst ein absoluter Vollidiot, wenn du sie ablehnen würdest! Damit hat er Kabuto gejagt! Wäre ich ein Schwertkämpfer, würde ich dich jetzt zu einem Duell um sie herausfordern!" Shinji schnaubte frustriert, als er seine Rede beendet hatte.
Kira begann leise zu lachen. Er steckte die Klinge wieder fort und sah mich an. "Danke, Sensei. Ich werde sie gut pflegen und in Ehren halten."
"Davon gehe ich aus."

Ich setzte mich wieder und gebot Kira, ebenfalls Platz zu nehmen. "Da gibt es noch ein Thema, das ich gerne besprechen möchte. Ich denke, das wird euch allen gut gefallen. Na, Mai und Kuzomi wohl nicht so sehr. Ich habe vor, das Higatsuku no Kara zu verbessern. Und dazu brauche ich eure Hilfe, Shinji, Kira, Shinpa-chan und Kishio."
Die vier jungen Männer raunten je nach Temperament in unterschiedlicher Lautstärke auf und nickten mir zu.
"Mo-moment mal, Sensei! Warum können Mai-chan und ich dir dabei nicht helfen?", protestierte das Spinnenmädchen.
"Erstens, weil du verletzt bist, Kuzomi-chan. Und zweitens, weil ich mich für das, was ich plane, komplett ausziehen möchte."
"Ko-komplett ausziehen?", stotterte Kuzomi. "Hei-heißt das, du wirst na-nackt sein?"
"Ja, Kuzomi-chan. Du verstehst also, dass ich dich und Mai-chan unmöglich dabei haben kann."
"Hm? Das verstehe ich nicht, Sensei", sagte Mai trocken. "Meinst du, man hat uns in der Schule nicht beigebracht, wie Männer nackt aussehen?"
"Das ist doch hier gar nicht die Frage! Warum willst du dich ausziehen, Sensei?", rief Kuzomi erschrocken.
"Mai, mir ist klar, dass du schon Bilder gesehen hast. Aber ich bin ein altmodischer Sensei und möchte vor meinen Kunoichi noch ein paar Geheimnisse haben.
Und Kuzomi-chan, ich möchte nackt trainieren, weil ich mein Spinnenseidenhemd nicht verbrennen will. Tatsächlich könnte ich im Ernstfall gezwungen sein, das verbesserte Higatsuku no Kara einzusetzen. Dann ist es egal, ob ich mir die Kleidung vom Körper brenne oder mich ausziehen kann. Ich werde in jedem Fall nackt sein."
"Da haben wir es doch! Wenn du da ohnehin nackt sein wirst, Sensei, dann...", begann Mai.
"Himmel auch, Mai-chan, warum willst du Niichan unbedingt nackt sehen?", rief Kishio.
"Es geht mir nicht darum ihn nackt zu sehen", erwiderte sie mürrisch. "Es geht mir darum, dass Ihr mich und Kuzomi-chan ausschließt, weil wir Mädchen sind."
Das brachte die Diskussion in etwa auf den Punkt. Und ich hatte nicht vor, Hino-sama oder Kageji-sama oder beiden zu erklären, warum ich vor den Augen ihrer Tochter nackt in Flammen gestanden hatte. Oder Shouta und Hitomi.
"Also, ich sehe das genauso", sagte Shinji. "Was ist schon dabei, dass Sensei nackt ist, wenn er sein Jutsu trainiert? Und was ist schon dabei, wenn die Mädchen dabei sind? Ich meine, wir leben in einer offenen, progressiven Gesellschaft, und die Natürlichkeit des menschlichen Körpers sollte hier normal sein. Nacktheit ist nichts Unanständiges und nichts Krankes. Sie wird halt nur stigmatisiert. Und es stellt keinesfalls eine Provokation dar, nackt zu sein."
"Das hast du schön gesagt, kleiner Bruder", sagte Mai zufrieden.
"Und genau deshalb sage ich, lasst uns alle nackt sein. Mai-chan, du hast da doch kein Problem mit, oder? Es ist nicht unanständig, nicht krank und auch keine Provokation."
"A-also, wenn Kira-sama sich auszieht, habe ich damit auch kein...", begann Kuzomi.
"Ich denke", sagte Mai schnell und hielt dem Spinnenmädchen den Mund zu, "wir sollten es in diesem einen Fall einfach als persönlichen Wunsch unseres Senseis sehen und nicht länger versuchen, ihm unseren Willen aufzudrängen. Wenn er eine Jungs-Runde Training einlegen will, dann lassen wir ihn doch einfach. Ahahaha. Hahahahaha."
Shinji verkniff sich ein lautes Auflachen. Punkt für ihn.
"Natürlich können wir alle dabei nackt sein, Jungs", stichelte ich. "Es ist tatsächlich die ursprünglichste Bekleidung, die uns Menschen mitgegeben wurde."
"Äh...", machte Shinji. "Meinst du das wirklich, Mamo-chan?"
"Andererseits werde ich es schön warm haben mit meinem Katon-Jutsu, Ihr aber nicht. Und in diesem Frühjahr ist es sehr kühl... Außerdem müsst Ihr für unsere Mission gesund bleiben. Also denke ich, Ihr solltet eure Kleidung anbehalten."
"Jetzt macht Sensei einen Rückzieher", murmelte Kira. "Wie war das mit progressiv und so?"
Ich lachte leise. "Nun lasst mir doch meinen Spaß. Ich wäre aber schon gespannt gewesen, was Asuma dazu gesagt hätte. Ich habe ihn bequatscht, damit er mich beratend unterstützt."
"Asuma ist eine gute Wahl. Feuer und Luft. Tolle Kombination. So wie deine, Sensei", sagte Shinji und nickte dazu gewichtig.
"Ja, das war auch mein Gedanke. Ich..." Kurz stockte ich, als ich zu Mai herüber sah. Seit Shinji sie gefoppt hatte, hatte sie beide Arme unter ihrer Brust verschränkt. Nun, von einem Busen konnte man noch nicht wirklich reden, aber es war unüberschaubar, dass sie zugelegt hatte. Dass sie weiblicher wurde. Und dass ihr der Gedanke, tatsächlich nackt mit den anderen in der Weltgeschichte herumzustehen, nicht wirklich gefallen hatte.

"Mai-chan", sagte ich gedehnt, "kannst du mir einen Gefallen tun und raus zum Restaurant meiner Familie gehen? Dort liegt etwas bereit, was du für mich holen sollst.
Kishio, geh doch bitte mit und hilf ihr tragen."
"Na klar, Sensei. Was ist es denn?"
"Du wirst es schon sehen, Mai-chan."
"Ist es so schwer, dass ich ihr tatsächlich helfen muss?", fragte Kishio.
"Ist es eine Belastung für dich, sie zu unterstützen? Dann bin ich sicher, dass Shinji deinen Platz gerne..."
"Nein, nein", erwiderte der Moeru hastig. "Kein Problem. Alles kein Problem. Gehen wir, Mai."
"Ist gut, Kicchan."
"Junge, Junge", murmelte Shinpachi, nachdem die beiden das Haus verlassen hatte, "war das eine so gute Idee, Mamo-chan?"
"Wir werden sehen, Shinpa-chan. Wir werden sehen." Ich musste schmunzeln. "Kira, wie wäre es mit einer Übung mit deinem neuen Schwert im Hinterhof?"
"Au ja, da bin ich dabei!"
Ich schmunzelte. Egal, wie sehr sich die Welt drehte und veränderte, irgendwas bildete doch immer eine solide Konstante. Zumindest für ein paar Jahre.
***

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Der Weg durchs abendliche Konoha war sehr belebt. Die Straßen wimmelten von Shinobi und Passanten, die ihren Geschäften oder ihren Vergnügungen nachgingen. Beinahe konnte man sich nicht vorstellen, dass Tsunade-sama einen Angriff auf die Stadt und das Reich des Feuers erwartete, ausgeführt von den Nukenin der Geheimorganisation Akatsuki, die sie im Land der Reißzähne unter größten Vorsichtsmaßnahmen observiert hatten. Und sie hätten sie bis zu ihrem Versteck verfolgt, wenn ihnen die Iwa-Nin nicht ins Gehege gekommen wären. Da war sich Kishio sicher.
"Hm", machte Mai, während sie mit auf dem Rücken verschränkten Händen neben ihm her ging.
"Was?" Verwirrt sah Kishio auf. "Hast du was gesagt? Entschuldige, ich war in Gedanken."
"Nein, ich habe nichts gesagt", antwortete sie. "Aber ich wüsste wirklich zu gerne, was du jetzt gerade denkst."
Der rothaarige Ninja lächelte milde. "Unsere letzte Mission. Ich glaube, ich werde mir jetzt erst bewusst, in welcher Gefahr wir geschwebt haben. Und ausgerechnet ich hatte die beiden ständig im Fokus meiner sensorischen Fähigkeiten." Er verstummte, blieb stehen und starrte zu Boden. Zumindest bis sich Mais Gesicht zwischen seine Augen und die Straße schob. "Schon wieder am Grübeln?"
Er schreckte auf. "Uh? Ich reflektiere nur. Niichan hat sie ebenfalls gesehen, durch meine Fähigkeiten verstärkt. Ich weiß, er ist sauer, weil er nicht mit den beiden Akatsukis mithalten kann. Wir wissen beide, dass sie uns und die meisten Affenkrieger in die Tasche gesteckt hätten, vielleicht mit Ausnahme des Königs und Dr. Tofu. Mit Team dreizehn hätten sie leichtes Spiel gehabt, denke ich. Besonders der Typ mit den vier Chakra-Zentren zuviel war... Gespenstisch anzuschauen auf der Chakra-Ebene." Kishios Hände krampften für einen Moment. "Es ist nicht mal die Stärke ihres Chakras. Die war beachtlich, keine Frage, aber ich oder Sensei hätten das auch aufbieten können... Es ist mehr die Art des Chakras, die vielen verschiedenen Chakren, die in beiden zirkulierten. Ich weiß, Mediziner praktizieren das ständig, aber diese beiden, sie... Ich habe so etwas noch nie gesehen. Und glaube mir, ich bin aus dem Wundern nicht mehr raus gekommen, seit ich Konoha betreten habe, dessu ne?"
"Die Mission ist vorbei", sagte Mai achselzuckend und ging weiter. Kishio folgte ihr.
"Aber wir könnten wieder auf sie treffen. Und wenn Tsunade-sama Recht behält, werden wir das auch", wandte Kishio ein.
"Also tun wir gut daran, noch härter zu trainieren und noch besser zu werden. Besonders du und Sensei. Oder wer, denkst du, könnte auch nur eines dieser Ungetüme erledigen? Shikamaru vielleicht?" Mai kicherte. "Wohl eher nicht. Da werden wir wohl selbst ran müssen. Wenn keine ANBU zur Verfügung stehen."
"Oder die Voll-Jounin Konohas. Asuma-san würde es wahrscheinlich schaffen. Er ist unter den Top fünf-Shinobi Konohas."
"Platzier ihn mal lieber unter die ersten drei", sagte Mai.

Sie blieb abrupt stehen und beinahe wäre Kishio in das Mädchen hineingerannt. "Themawechsel, Kicchan. Ich habe über deine Tätowierungen nachgedacht."
"Du meinst mein Clanzeichen?" Kishio lächelte und lüftete sein permanentes Jutsu für einen Moment, damit die geschwungenen Linien in seinem Gesicht erschienen. Er verdeckte sie aber schnell wieder, denn es war eine alte Gewohnheit für ihn. Auch wenn er es in Konoha nicht mehr tun brauchte, war da immer noch dieses Gefühl, nicht identifiziert und nicht gefunden werden zu dürfen. Oder es zumindest den Kopfgeldjägern nicht zu einfach zu machen.
"Genau die meine ich. Du hast neue bekommen, am Kinn. Warum?"
Der junge Shinobi lächelte noch immer. "Weißt du, die habe ich mir verdient, als..." Er verstummte für einen Augenblick. Dann aber atmete er tief durch und sah das Mädchen an. "Ich habe mir jedes einzelne Zeichen damit verdient, dass ich eine Prüfung abgeschlossen habe. Die Tätowierungen sind meine Auszeichnungen, meine Abzeichen, damit jeder sehen kann, der sich mit Moeru-Tattoos auskennt, auf welchen Ausbildungsstand ich bin und welchen Stand ich im Clan habe. Als ich... Der Vernichtung des Dorfes entging, war ich auf einer weiteren Prüfung. Ich habe sie bestanden, mit Bravour, kedo, niemand war mehr da, der es bestätigen konnte. Mein Großvater nicht, meine Schwester nicht, Shinpachi nicht, niemand aus unserem Clan. Aber heute ist es anders. Shinpachi ist wieder zu mir zurückgekehrt. Der Clan ist wieder da. Klein zwar, aber immerhin ein Clan. Ich... Habe sehr lange mit mir gehadert, aber schließlich habe ich Sensei darum gebeten, dass ich mir die Tätowierungen für die damals bestandene Prüfung machen lassen kann. Ich bin sicher, Großvater hätte es auch gewollt. Aber die am Kinn stehen für eine neue Prüfung, die ich mit Shinpachis Hilfe abgelegt habe. Auch dafür habe ich Niichan um Erlaubnis gebeten. Es ist... eine gefährliche Prüfung." Und es erklärte, warum es einige Zeit im Hause Morikubo und im Nara-Clan so viel Wild zu essen gegeben hatte...
"Aha", meinte Mai. "Muss die Frau, die dich mal heiratet, auch tätowiert werden?"
"Gibt es einen besonderen Grund dafür, dass du fragst?", fragte Kishio erstaunt.
Mai zuckte erneut die Achseln. "Ich habe Angst vor Nadeln. Deshalb frage ich."
"Wieso?", neckte Kishio das Mädchen. "Planst du, mich zu heiraten?"
"Das hättest du wohl gerne", erwiderte sie spitz.
Kishio setzte zu einer Erwiderung an, stutzte aber. "Moment mal, du hast Angst vor Nadeln? Hai? Ausgerechnet du? Ich meine, ich weiß, was sich unter deinem Henge verbirgt, und..."
"Ach, das meinst du?" Sie lüftete das Jutsu und entblößte den linken Unterarm und die unzähligen, zueinander angeordneten Schnitte, präzise und sortiert. "Das kann man nicht vergleichen. Ich habe nur Angst vor Nadeln, nicht vor Klingen. Außerdem..." Diesmal stockte sie und sah Kishio in die Augen. Ein Seufzer bewies, dass sie sich entschieden hatte. "Wenn ich mich geritzt habe, dann habe ich ohnehin nichts gespürt. Im Gegenteil, jeder Funke Schmerz war willkommen, um mir zu beweisen, dass ich noch lebe. Oder der Schmerz war meine Strafe, für jedwelchen Fehler, den ich begangen hatte. Es war gewollt. Ich mache das schon lange nicht mehr, aber die Narben sind gut so, wie sie sind. Sie erinnern mich daran, dass man Dummheiten begehen kann und dass man diese Dummheiten wiederholen kann, bis man ausbricht." Sie hielt den Arm hoch, damit Kishio ihn genau sehen konnte. "Außerdem ging mir der Platz aus. Und bevor ich auf Senseis Vorschlag zurückgreife und mich auch noch q uer ritze, damit wir Go auf dem Arm spielen können, habe ich darüber nachgedacht, mich zu entscheiden, was ich in Zukunft tue. Weiterhin selbst kasteien, selbst bestrafen, selbst verstümmeln, oder voran schreiten. Mit Sensei kann ich voran schreiten, mit Kira, mit Shinji... Und mit dir, Kicchan."
"Dein Lob ehrt mich", sagte Kishio in einer Mischung aus Anerkennung und Betroffenheit. "Aber bist du sicher, dass du nicht auf dem anderen Arm anfangen wirst?"
"Nein, sicher bin ich mir nicht. Sich zu ritzen ist eine Sucht wie jede andere auch. Du brauchst das Glück, das dabei entsteht, brauchst das Gefühl, etwas zu tun. Etwas zu kontrollieren, zumindest bis du merkst, es kontrolliert stattdessen dich. Jedenfalls habe ich nur Angst vor Nadeln, nicht vor Kunais."
Kishio zog die Stirn kraus. "Nein, du würdest nicht tätowiert werden, wenn wir tatsächlich heiraten würden, weil du keine Moeru bist. Aber unsere Kinder würden tätowiert werden, jedes Mal, wenn sie eine Prüfung bestanden haben."
"Wow, gleich mehrere Kinder? Du planst weit voraus", neckte sie ihn.
"Keine Sorge, das war rein hypothetisch. Womit würdest du auch Babies füttern wollen?"
Erschrocken verschränkte sie beide Arme vor ihrer Brust. "Kishio!", beschwerte sie sich lautstark, und als er über sie lachte, schlug sie gespielt nach ihm. "So etwas sagt man einer Dame aber nicht."
"Es ist ja schon mehr geworden, nicht wahr?", neckte er sie erneut. "Vielleicht reicht es ja irgendwann mal für ein Baby."
Erneut verschränkte sie die Arme vor der Brust, nur errötete sie diesmal. "Ein Baby stillen hat nichts damit zu tun, wie groß die Brust ist, nur dass du es weißt, Kicchan! Außerdem ist das ja wohl nicht das Hauptkriterium, um ein Kind zu bekommen. Oder mehrere, wie du es vorhast."
"Ja, wie ich es vorhabe...", murmelte Kishio, noch immer grinsend, aber nachdenklicher werdend. "Weißt du, Mai-chan, ich werde wohl tatsächlich eine Menge Kinder in die Welt setzen müssen. Es geht gar nicht anders. Nicht, wenn die Moerus in dieser Welt überhaupt eine Überlebenschance erhalten sollen. Ohne den Clan sind die Moerus verloren, für immer verloren. So wie viele andere Kekkai Genkai-Träger, die einfach verschwunden sind."

Er setzte sich wieder in Bewegung und sie folgte ihm. "Aber du hast doch jetzt Verbündete, bist Teil der Nara. Und Sensei passt auf dich auf. Klar kannst du eine Menge Kinder zeugen und so. Aber du musst ja nicht sofort damit anfangen. Soll doch Shinpa-chan erst mal seinen Beitrag leisten."
"Ja, schon, mit beidem hast du Recht, Mai-chan, aber ich habe nicht nur eine Verpflichtung dem Clan gegenüber, sondern bin auch eine Verpflichtung den Nara und Konoha gegenüber eingegangen. Ich schulde es ihnen, die Moeru wieder auferstehen zu lassen. Alleine schon, weil Konoha mich aufgenommen hat. Nie hätte ich gedacht, in einem der fünf großen Dörfer aufgenommen zu werden. Nicht nach alldem, was ich da draußen erlebt habe, als sie mich wegen Orochimarus Kopfgeld gejagt haben."
"Ach", meinte Mai, "Konoha ist eben für die eine oder andere Überraschung gut. Und egal was du tust - an den Neunschwänzigen kommst du nicht so leicht ran. Du kannst dir also wirklich noch Zeit lassen. Und in aller Ruhe suchen, finde ich."
"Du bist ja doch daran interessiert", neckte er sie und griff nach ihrer Taille, um sie zu kneifen.
Ein Laut, der einem Yieks sehr nahe kam, verließ ihre Lippen und sie wich seiner Hand aus, so gut sie es konnte.
"Aber lass es dir gleich gesagt sein, du musst mich dann wohl mit mehreren Frauen teilen, Mai Kobashi."
"Hä? Wieso? Habt Ihr Moerus Vielweiberei betrieben, oder was?"
"Nein, ich sehe nur so entsetzlich gut aus, da kommen die Frauen von ganz alleine."
"Du bist ein schamloser Angeber, Kishio no Moeru. Ich habe noch keine Frauen gesehen, die dir nachgelaufen wären", tadelte sie ihn.
"Weil du nicht richtig hinschaust, Mai Kobashi", erwiderte er grinsend.
"Hrmpf", machte sie, blies die Wangen auf und schritt voran.
"Ach komm, Mai-chan. Nun sei doch nicht böse. Das war doch nur Spaß. Ich werde mir bestimmt nicht mehrere Frauen zulegen, solange Niichan das nicht auch macht. Und wir werden trotzdem immer Freunde bleiben." Er holte sie ein, überholte sie und stoppte sie damit. Wieder lächelte er. "Und du, Mai-chan, bist ein ganz besonderer Freund für mich. Sicher, wir hatten keinen guten Start und ich habe ewig lange gebraucht, um drüber wegzukommen, als du mir in Genta-no-son an allem, was in deinem Leben schieflief, die Schuld gegeben hast. Aber jetzt..."
"Wärmst du wieder alte Kamellen auf? Ich habe mich entschuldigt. So oft entschuldigt", murrte sie.
"Ja, ich weiß. Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich das gebraucht. Diesen Druck. Dieses Gefühl von du oder ich. Das erste Mal seit Jahren, seit mein Dorf zerstört worden war, erkannte ich, dass es da einen Ort für mich gibt, an dem ich leben will und für den ich kämpfen muss. Ich wollte an Niichans Seite bleiben, auch gegen deinen Willen, Mai. Ich wollte dieses Leben in Konoha führen, wollte es unbedingt. Deine Wut, dein Widerstand waren es, die mich bis zu diesem Punkt getrieben haben. Nicht meine Schwüre Niichan gegenüber, meine Verpflichtungen materieller oder symbolischer Natur, sondern dein Nein, Mai-chan. Ich habe das wirklich als Motivation gebraucht, zumindest eine Zeitlang, bis ich merkte, dass dieses Leben auch so nicht verschwindet. Und ich habe deine Entschuldigung angenommen. Jedes einzelne Mal, Mai-chan, dessu ne?"
"Und nie hat es sich richtig angefühlt. Nie war es so, dass..." Sie schluckte für einen Moment. "Nie hatte ich das Gefühl, dass du mir vergeben hättest. Ich hatte nie die Chance, dich..."
"Eieieieieiei, wie Sensei immer sagt. Frisst das schon länger an dir?"
"Ja", sagte sie mürrisch und sah zu Boden. "Seit du mich das erste Mal Freund genannt hast."
"Was ist denn falsch daran, wenn wir Freunde sind, Mai-chan?"
"Vielleicht will ich das gar nicht, nur dein Freund sein? Vielleicht ist da etwas anderes, was ich will, was ich zumindest mal ausprobieren möchte? Vielleicht einmal schauen, ob es neben ich und du auch ein wir gibt, Kicchan?" Sie sah auf. "Wäre es nicht einen Versuch wert?"
Konsterniert starrte der Moeru das jüngere Mädchen an. Gut, nur zwei Jahre jünger, aber das bedeutete keinen großen Unterschied, da Mädchen in der Regel zwei Jahre weiter waren als Jungen. Zumindest behaupteten die Mädchen das. Und wenn er ehrlich war, hatte er darüber nachgedacht, dass... Und sofort wieder verdrängt, weil es sich nicht richtig angefühlt hatte. Nicht bei Mai-chan. Und nicht bei einem Mitglied seiner Gruppe. Da hatte er sich fürchterlich am Riemen reißen müssen. Andererseits, er war kein Mitglied von Team dreizehn, er war... Nein, nein, nein, kein Einbruch, nicht gerade jetzt.
Kishio atmete angespannt aus. "Mai-chan, kannst du das?", fragte er und ließ Chakra um seinen rechten Arm aufleuchten. Es war grün.
"Natürlich. Ich bin keine Anfängerin mehr", sagte sie und ließ ebenfalls um ihren rechten Arm Chakra aufleuchten. Es hatte eine türkise Färbung, was Kishio doch überraschte. Konnte es sein, dass sie...?
"Weißt du, Mai-chan, ich war in meinem Dorf eine lange Zeit gefürchtet und gehasst. Als ich noch ganz klein war." Er hielt sein Chakra über ihres und sah dabei zu, wie sich ihre Auren berührten und verästelte Blitze austauschten. "Das Erbe der Moeru war stark in mir. Geradezu übermächtig. Große emotionale Momente weckten es und verstärkten es spontan um das einhundertfache. Ich erinnere mich nicht mehr daran, aber Großvater hat es mir erzählt, für mich als Warnung. Nach dem Tod meiner Eltern hatte ich eine Amme. Sie war keine Moeru, nicht mal aus dem Dorf, aber sie war uns empfohlen worden. Ich... Habe mit ihr gespielt und mich sehr gefreut. Dann habe ich sie auf den Mund geküsst, und..." Er stockte. "Das hat sie getötet. Mein Chakra ist in sie hineingeflutet wie Wasser aus einem geborstenen Damm und hat ihr Chakra-System zerstört. Sie starb, vor meinen Augen."
Mai hob die rechte Augenbraue und schürzte die Lippen. "So? Wo ist die Pointe?"
"HM!", machte er verärgert. "Als Shinpachi mein Aufpasser wurde, habe ich ihn getestet. Seine Aura getestet. Da er ein Moeru ist, sind sich unsere Chakren ähnlich und ich konnte ihn nicht so leicht verletzen. Auch als ich ihn geküsst habe, starb er nicht daran, wurde nicht mal verletzt. Du aber, Mai-chan, du bist keine Moeru und..."
"Ach?", fragte sie und griff nach Kishios Arm. "Du hast dein Chakra doch jetzt unter Kontrolle, oder?"
Kishio war derweil erschrocken zusammengefahren und hatte nur den Arm nicht bewegt, den Mai berührte. "Sicher", erwiderte er und Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, "aber ich bin nicht allmächtig. Und wie leicht verliere ich mal die Kontrolle über mein Chakra. Und dann bist du tot, Mai-chan."
"Bin ich das dann?", fragte sie. Noch immer hielt sie seinen Arm umklammert. "Kicchan, ich bin eine Kunoichi Konohas, kein Kindermädchen. Mein Chakra ist trainiert. Ausgebildet. Hochgezüchtet. Ich will nicht angeben, aber meine Chakrakontrolle ist mittlerweile auf einem Level mit der von Shinji. Wie wäre es also, wenn du mal versuchst, mir weh zu tun?"
"Nein, nein, nein", murmelte er betreten, "Mai-chan, weißt du nicht mehr, damals im Land der Blitze, als ich den Kumo-Nin, der mich für ein Mädchen gehalten hat, totgeküsst habe? Ich will nicht, dass dir das Gleiche..."
Weiter kam er nicht, denn Mai hatte die Linke in seinem Kragen verschränkt und kräftig gezogen. Die dadurch resultierende Berührung war hart und ruppig, aber auch sehr nachdrücklich. Und als sich ihre Lippen auf die seinen drückten, war er viel zu verblüfft, um zu reagieren. Oder um irgendetwas zu tun. Nicht einmal seinen Chakra-Fluss hatte er im Griff.
Beinahe barsch brach sie den Kuss wieder ab und hielt ihn auf Distanz. "Davon einmal abgesehen, dass ich noch lebe, Kishio no Moeru, wie wahrscheinlich ist es, dass ich lerne, mich von deinem Chakra nicht töten zu lassen, wenn du mir die Gelegenheit dazu gibst?"
Mit einem Schnauben ließ sie ihn los und ging an ihm vorbei. "Freunde, wenn ich das schon höre..."
Verblüfft starrte Kishio noch einen Moment in die Leere vor sich. Seine Rechte ging zum Gesicht und die Fingerspitzen berührten seine Lippen. Mist, Mist, Mist, verdammter Mist.
"Kommst du?", rief sie ihm zu.
"J-ja!" Hastig ging er dem Mädchen nach. Konnte es sein, dass...? Es gab wohl einiges, über das er nachdenken musste. Und anscheinend dringender, als er bisher gedacht hatte.

Als die beiden das Restaurant Sindo erreichten, das im Familienbesitz der Morikubo war, betraten sie es wie selbstverständlich durch die Vordertür, vorbei an mehreren Gruppen wartender Gäste - für eine Lobby mit Bar war das Sindo viel zu klein. Dennoch waren die Plätze heiß begehrt und es gab viele Stammgäste. Die kannten die beiden natürlich, und so waren sie es, die die "Neuen" dahingehend beruhigten, dass das neue Pärchen ihnen nicht die Plätze wegnehmen würde.
"Tante Yuria, Mamo-chan schickt uns, um...", begann Mai, wurde aber von der Chefin des Hauses unterbrochen, als sie die beiden freudestrahlend begrüßte.
"Mai-chan, Kishio! Na, euch schickt der Himmel! Keita ist krank! Ich wollte schon Mamoru benachrichtigen, aber so ist es viel besser, zwei statt einer. Könnt Ihr bitte aushelfen? Nur ein paar Stunden? Wir haben heute so viele Gäste."
Und natürlich brachte es Yuria Morikubo nicht übers Herz, die vielen Gäste abzuweisen. Wenn aber auch die dritthöchsten Preise der Stadt die Gäste nicht abschrecken konnten...
"Äh, Tante Yuria? Mamo-chan hat gesagt, wir sollten hier etwas abholen", erwiderte Mai etwas kläglich.
"Davon weiß ich nichts. Zieht euch doch bitte um, ja? Kishio die Tische eins bis acht, du, Mai-chan, neun bis vierzehn, aber dazu der kleine Gruppentisch. Ihr wisst ja, wo eure Sachen hängen, nicht?"
Mit diesen Worten war Yuria Morikubo bereits wieder zu ihren Töpfen in die Küche gerauscht.
"Von wegen, wir sollen was abholen", maulte Mai. Verstohlen leckte sie sich über die Lippen. "Aber ich freue mich schon aufs gute Essen hinterher."
Auch Kishio lief das Wasser im Mund zusammen. Denn das Resteessen war im Sindo legendär. Abgesehen davon ließ sich Mama Morikubo bei der Bezahlung nie lumpen.
"Nun komm schon. Die Leute warten", sagte Mai fröhlich, griff nach seiner Hand und zog ihn mit sich in die Hinterräume zu den Umkleiden.
Kishio ließ sich willig mitziehen. Und das vor allem, weil ihm die Erkenntnis dämmerte, dass Mamoru nichts hatte geholt haben wollen, sondern sie beide zusammen losgeschicht hatte, damit sie die Gelegenheit zu einer Aussprache nutzten. Das hatte schon mal recht gut geklappt. Aber wie ging es von hier aus weiter? Kishio ertappte sich bei dem Gedanken, dass der Kuss trotz aller Ruppigkeit angenehm gewesen war. Viel zu angenehm. Schuld stieg in ihm auf. Leider hielt sie sich die Waage mit dem Gefühl, Gutes auch mal verdient zu haben. Er ahnte, dass die nächsten Wochen nicht leichter werden würden.
***
Die beiden Männer, die hinter dem Haus der Familie Morikubo ihre Kata ausführten, einhundert Karatake-Schläge mit dem Schwert von oben gerade nach unten, waren voll konzentriert. Und der Schweiß stand schon auf ihren Stirnen. Dennoch zogen der blonde Junge und der nur wenig ältere Schwarzhaarige ihre Übung ohne jedes Zögern und Stocken durch.
"Einhundert!", verkündete Shinji und beendete die Übung damit. Natürlich, Lee-san hätte, wäre er Schwertkämpfer, erst bei einhundert angefangen. Er und sein Meister Might Guy hatten erst bei den Tausendern wirklich Spaß. Beide waren entsprechend austrainiert, und Guy zählte vollkommen zu Recht zu den Top Ten Jounin Konohas.
Kuzomi-chan eilte, so gut ihre Wunde das zuließ, mit einem trockenen Handtuch auf den blonden Jungen zu. "Kira-sama, das hat gut ausgesehen."
"Ja, nicht?", meinte er zufrieden und hängte sich mit einem Danke das Handtuch über die Schulter. "Hat sich auch gut angefühlt."
"Hm", machte der Größere. "Kommst du mit der Waffe zurecht?"
"Ja, Sensei, sehr gut sogar", erwiderte der Genin stolz. "Vor einem Jahr noch hätte ich sie wahrscheinlich ständig in die Erde geschlagen, aber heute hat sie eine gute Länge. Immer noch ein Stückchen länger als ich es mag. Aber ich wachse ja wohl noch. Hoffentlich."
"Gut. Warte einen Augenblick. Es fehlt noch etwas", sagte Mamoru Morikubu und ging wieder ins Haus.
Sofort steckten die drei die Köpfe zusammen. "Und? Wie fühlt sich die Waffe an?", wollte Shinji sofort wissen. "Ist irgendwas von Maria dran? Hast du was gespürt? Etwas von ihrem Korridore-Chakra zum Beispiel?"
"Dann würde ich es nicht annehmen", ereiferte sich das Spinnenmädchen. "Das Chakra einer Frau in der Waffe meines Herrn ist wohl nicht das Richtige."
Kira schnaubte leise. "Kein Grund, gleich eifersüchtig zu werden, Kuzomi-chan. Und nein, ich habe nichts von Maria in der Waffe gespürt. Aber viel von Sensei. Die Bindung ist... Eingedrückt von seinen Händen. Und da er größere Hände hat als ich, habe ich keinen einhundertprozentigen Grip. Aber die Bindung austauschen lassen will ich auch nicht."
"Das würde ich auch nicht wollen", murmelte Shinji. Er feixte. "Wer hätte das gedacht, dass es für uns so einträglich werden würde, wenn Mamo-chan unser Sensei wird, was? Du auf jeden Fall schon mal nicht, Kira."
"Ja, ja, das alte Lied", meinte Kira abwehrend. "Dabei war ich anfangs höchstens ein wenig skeptisch. Und er hat uns so viel beigebracht."
"Das meine ich. Mai und ich haben viel über die Wind-Affinität gelernt, finde ich. Obwohl Sensei sein Fuuton gerade selbst erst erlernt, quasi. Aber man merkt schon den Unterschied zwischen einem Frischling wie mir, der die Kunst gerade lernt und jemandem, der bereits Katon gemeistert hat. Und jetzt sieh uns an: Du wurdest vom Raikage persönlich ausgebildet!"
"Na, das war wohl eher ein Feigenblättchen", erwiderte Kira lächelnd. "Ich meine, die speziellen Techniken, die A-sama beherrscht, werde ich eventuell in dreihundert Jahren auch drauf haben. Also hat er mir nur Basistechniken beigebracht, und Nabara-sensei hat ihnen den Feinschliff gegeben. Dennoch, nicht unbedingt Sachen, die ein grüner Genin gezeigt bekommt. Vor allem kein grüner Genin aus Konoha in Kumogakure."
"Das wollte ich sagen. Und du bist nicht nur Kontraktträger der Spinnen geworden, sondern hast nun auch noch Mamo-chans Schwert bekommen. Dein Vater muss doch platzen vor Stolz!", sagte Shinji hochzufrieden.
Kira grinste breit. "Kann mich nicht beklagen." Ein Seitenblick streifte das Spinnenmädchen, das beschloss, unter diesem Blick ein klein wenig zu erröten. "Und, wie ist es bei dir, Herr Schüler von Mamoru Morikubo? Bist doch selbst ziemlich taff geworden. Dazu auch noch offizieller Kontraktträger der Affen. Was sagt denn dein Alter dazu? Der muss doch auch platzen vor Stolz."
Shinjis Miene wurde für einen Moment ein recht starres Lächeln. "Vater... Er ist natürlich stolz auf mich. Und er widmet mir eine Menge freie Zeit. Das weiß ich wirklich zu schätzen. Und Mutter ist begeistert von meinen Fortschritten - wenn das nicht bedeuten würde, dass ich mich immer wieder in Gefahr begeben muss... Und mein Bruder, der steht zu mir und hält zu mir und verbringt jede freie Minute mit mir, die Vater nicht in Beschlag nimmt..."
Kiras Miene wurde misstrauisch. "Alter, alles senkrecht im Gelände? Ist doch nicht normal, dass dein Vater sich so sehr für dich interessiert."
"Ist doch in Ordnung. Er ist mein Vater und er ist Jounin im Ruhestand. Und er wendet viel Zeit auf, um mit mir zu trainieren", wiegelte Shinji ab. "Schließlich habe ich auch einen Ruf zu verteidigen, oder? Ich bin ein Nakahara."
"Weiß Sensei, dass dein Vater dich zusätzlich trainiert?", fragte Kira argwöhnisch.
Shinji wollte aufbrausen, darauf hinweisen, dass es wohl egal sei, was er in seiner Freizeit tat und mit wem er sie verbrachte, aber er seufzte nur und ließ die Schultern nach vorne sinken. "Nein", gestand er kleinlaut. "Und ich habe Angst, dass er es herausfindet und Vater zur Rede stellt. Mein Bruder hat da so was angedeutet, dass Mamo-chan es nicht so gut finden könnte, wenn ich zweimal trainieren würde. Aber ich muss doch fit werden, stärker werden. Ich meine, wenn wir zum Chunin-Examen zugelassen werden sollen, dann..."
"Oho! Chunin-Examen!", rief Kira hocherfreut und klopfte dem Freund auf die Schulter. "Das ist das erste verdammte vernünftige Wort, das ich heute aus deinem Mund höre! Und mit Mai als vollwertiger Waffenbeschwörerin haben wir ein nahezu perfektes Team zusammen, um das durchzuziehen!"
"Ähemm!", machte Kuzomi.
"Und nicht zu vergessen unsere freundliche Genjutsu-Unterstützung von den Kuzokamis!"
"Hr-hrmmmm", machte Shinji.
"Und auch nicht zu vergessen dein jeweiliger beschworener Affenkrieger." Kira runzelte ärgerlich die Stirn. "Verdammt, wenn Kuzoko-chan oder Kishio in der Gruppe den Boss nach Mamo-chan spielen und Mai die Nummer drei ist, warum muss ich immer den verdammten Diplomaten spielen?"
"Vielleicht, weil du dich von der vier auf die drei vorarbeitest?", meinte Shinji.
"Ach komm. Du siehst dich doch nicht etwa selbst auf der fünf, oder?"
"Ich denke, es geht gar nicht so sehr um Nummern, sondern darum, dass wir nach unseren Fähigkeiten eingesetzt werden. Kishio ist uns meilenweit voraus und auch Kuzoko hat es drauf. Dass Mai die drei ist, ist logisch. Keiner von uns beiden würde mit ihr streiten wollen. Zudem macht es Sinn, wenn sie in einem Kampf den Überblick behält. Immerhin müssen wir mit unseren Kontraktpartnern kämpfen und sie nicht. Das verstärkt uns zwar, macht die Situation aber von innen unübersichtlich. Keine Ahnung, wie Sensei das alleine schafft, noch dazu mit vier oder fünf Kontraktpartnern."
"Hm. Das klingt jetzt mehr nach einer Ausrede, um Mai ja nicht ihren Stellvertreterplatz wegzunehmen", spöttelte Kira.
"Eventuell", räumte Shinji ein. "Sie blüht doch richtig auf, wenn sie was zu sagen hat, oder?"
"Zugegeben", meinte Kira.
"Und sie kann die Hilfestellung gebrauchen. Wenn sie etwas wichtiger auftritt, etwas mehr Präsenz hat, vielleicht übersieht Kishio sie dann nicht länger..."
Kira steckte sich die Zeigefinger in die Ohren. "La, la, la. Ich kann dich nicht hören!"
"Ach, komm schon. Du hast doch auch bemerkt, dass da was zwischen den beiden los ist und dass sie zu blöde sind, es alleine hinzukriegen, Kira!"
"La, la, la, la, la. Mai ist unsere Freundin, und eine feste Beziehung kommt für sie nicht in Frage!" Ärgerlich nahm er die Finger aus den Ohren und sah Shinji vorwurfsvoll an. "Na toll. Na TOLL! Jetzt habe ich Kopfkino, und du bist schuld!"
"Aber, aber. Nun gönn ihr doch mal ein eigenes Leben und eine Beziehung und..."

"Ich bin der gleichen Meinung", kam es von der Veranda.
Die drei fuhren herum. Dort saß ihr Sensei und lächelte. "Was meint Ihr, warum ich die beiden zusammen losgeschickt habe, um etwas für mich zu holen?"
"Oh", machte Shinji. "Ein guter Schachzug. Aber denkst du, das nützt was? Kishio ist manchmal so... So... Kishio."
Mamoru lachte. Dann warf er Kira etwas zu. Der fing es geschickt auf. "Eine Saya. Sensei, ist dies die Schwertscheide, zu der...?"
"Ja, das ist die Saya, die zu meiner alten Klinge gehört. Erst wollte ich sie wegwerfen und eine neue machen lassen, weil sie ganz schön gelitten hat. Ich musste oft mit ihr und dem Schwert kämpfen. Aber dann habe ich sie reparieren lassen, damit du sie tragen kannst, bis sie auseinanderfällt, Kira."
Er erhob sich und lachte. "Und was Mai und Kishio angeht... Was meinst du, Shinpa-chan?"
Der Moeru, der bisher still in einer Ecke gesessen und "genossen" hatte, wie er es ausdrückte, grinste von einem Ohr bis zum anderen. Seine Erholungsphase bekam ihm gut. Er wirkte noch immer verhärmt, aber seine Züge entsprachen nun schon eher seinem tatsächlichen Alter. "Wir reden hier von Kishio", gab er zu bedenken. Er kicherte. "Aber auch von Mai-chan. Wir werden sehen, ob etwas passiert."
"Das sehe ich ebenso." Er trat vor und legte zuerst seinen beiden Genin, dann Kuzomi die Hand auf den Kopf. "Irgendwas wird schon passieren. Und nur wer enttäuscht wurde, kann von sich sagen, dass er es zumindest versucht hat. Richtig?"
"So, dessu ne", pflichtete Shinpachi ihm zu. Die beiden wechselten einen amüsierten Blick.
"Aber das bringt uns gleich zum nächsten Thema. Ihr müsst jetzt langsam mal das Wasserlaufen erlernen. Ich habe euch gesagt, dass das als Fahrtschein dafür gilt, ob Ihr zur Chunin-Prüfung zugelassen werdet. Wenn Ihr es bis zum Ende unserer nächsten Mission beherrscht, dann..."
Weiter kam er nicht, denn die drei waren ihm um den Hals gefallen.
"Sensei ist der Beste!", verkündete Kira mit lauter Stimme und die anderen stimmten ein.
Für einen Moment floss ein Schatten über das Gesicht Mamoru Morikubos. So, als erinnere er sich an die Schmerzen, die Lasten, die Gefahren und die Verluste, die er bei seiner eigenen Chunin-Prüfung erlebt hatte. So, als durchleide er das alles noch einmal. Dann aber klopfte er seinen Genin auf die Schultern. "Ihr werdet viel Spaß haben", versprach er. Nun, zumindest das, was Shinobi unter Spaß verstanden, und davon nicht zu knapp.
***
Zugegeben, ich war etwas irritiert, als ich das Haupthaus betrat. Die Familienbande bei den Naras waren eher informell, und Shikaku legte wenig Wert darauf, besonders strukturiert zu sein. Er nannte das System der Hyuuga immer gerne als Negativ-Beispiel. Die Aufteilung in Hauptfamilie und Nebenfamilien erinnerte ihn an die überzogene Art feudaler Familien, wie er mir einmal anvertraut hatte. Außerdem gefiel es ihm nicht, dass die Byakugan in der Hauptfamilie nicht versiegelt wurden, was auch für Konoha wesentlich sicherer gewesen wäre. Stattdessen verließen sie sich auf den Schutz der Nebenfamilie. Na ja, lamentieren konnte man eine ganze Menge, und durch Kou erfuhr ich ohnehin eine Menge Interna der Hyuuga, und auch die Nara hatten so ihre Problemchen und ihre Knackpunkte. Wenn ich alleine an den Rat der Nara dachte, der mir Jahrelang eingeredet hatte, ich hätte nicht das Zeug zum Ninja, weil ich die Schattenkräfte nicht beherrschte... Und nun? Wenn man mich anschaute, sah man einen Ninja, der Katon beherrschte, sich gerade Fuuton recht erfolgreich aneignete, Kontraktpartner der Affen war und einen Kontrakt mit den Spinnen hatte. Das reichte sicher nicht, um ein Nara zu werden, also ein typischer kämpfender Nara, aber für einen Chunin von Konoha reichte es allemal.
"Ah, Mamoru. Komm, setz dich. Möchtest du Tee?"
"Danke, Onkel. Gerne", erwiderte ich und setzte mich zu Shikaku an das Shogi-Brett. "Spielen wir eine Runde?"
"Was? Nein, das ist eine laufende Partie, die ich mit Shikamaru spiele. Er wird zwar nicht sauer, wenn wir neu aufbauen, weil er alle Züge im Gedächtnis hat. Aber ich fürchte, er wird schummeln, wenn er das Brett wieder herrichtet." Er grinste. "Nur Spaß."
"Zuzutrauen wäre es ihm. Er ist ein Shinobi Konohas", erwiderte ich lächelnd.
Wir stießen unsere Fäuste gegeneinander, als Zeichen unseres Verständnisses.
Seine Frau brachte uns frischen Tee. "Na, du Rumtreiber, auch mal wieder Zuhause?", neckte sie mich.
"Nur ganz kurz, Yoshino-chan", sagte ich anstelle von Baa, der korrekten Anrede für meine Tante. Vor allem, weil ihr das gefiel. "Damit ich meinen Geburtstag Zuhause feiere. Diesmal zumindest. Ihr kommt doch hoffentlich?"
Sie runzelte die Stirn. "Willst du nicht lieber eine Feier nur mit deinen jungen Leuten? Warum uns alte Säcke dabei haben? Was Kleines im gemütlichen Kreis ist doch viel schöner."
"Den kleinen Kreis kannst du vergessen, seit ich Tsunade-sama eingeladen habe", sagte ich leicht säuerlich. "Außerdem sehe ich hier keine alten Säcke."
"Das hast du schön gesagt, Mamoru." Sie küsste mich auf die Wange, wie sie es nicht mehr getan hatte, seit ich... Elf oder zwölf gewesen war? "Und jetzt unterhaltet euch schön. Wehe, du packst ihn zu hart an, Schatz."
Shikaku seufzte. "Niemand hat vor, irgendjemanden hier hart anzupacken. Versprochen, Liebling."
"Na, dann ist gut." Sie verschwand wieder in der Küche.

"Danke, dass du noch Zeit für mich gefunden hast, Mamoru. Du führst ein Team, und nicht gerade ein kleines. Ich hätte es dir nicht übel genommen, wenn du morgen oder erst übermorgen gekommen wärst."
Ich winkte ab. "Ach Quatsch. Ich habe Vater gesagt, er soll mit den Genin und den Moerus essen gehen. Wir haben genug Zeit. Und ehrlich gesagt genieße ich es ab und zu, mal andere Gesichter zu sehen. Nicht, dass es mir an Abwechslung mangelt", sagte ich mit der Andeutung eines Lächelns. "Worum geht es?"
"Dein Sohn, Mamoru. Akira-chan. Ich habe dir nicht erzählt, dass ich in Tsukigakure war, oder? Kurz nachdem du letztes Jahr selbst dort warst, nach der Jagd auf Kabuto. Ich habe die Nara-Kräfte in ihm versiegelt. Sie waren sehr stark und unkontrolliert für sein Alter."
Ich schürzte verächtlich die Lippen. "Ich weiß. Das habe ich deutlich zu spüren gekriegt, als ich mich verabschiedet habe. Aki-chan hat versucht, mich zurückzuhalten. Mit seinen Nara-Kräften. Ich habe so getan, als würde ich nicht merken, dass Hanako und Karin seine untrainierten Jutsu jedes Mal wieder aufgelöst haben... Aber ich habe es mir gemerkt, im großen Buch der unangenehmen Fragen, die ich ihnen gestellt habe, als sie mit der Wahrheit rausgerückt sind."
"Oh", machte Shikaku.
"Hm? Hast du tatsächlich gedacht, ich bin so weltfremd und kriege es nicht mit, wenn ich mittels eines Schattenjutsus gestoppt werde?", fragte ich pikiert.
"Nein, das ist es nicht. Ich bewundere nur deine Geduld. Ich hätte sie konfrontiert."
"Und damit hätte ich sie dazu getrieben, etwas zu tun, zu dem sie eventuell noch nicht bereit waren. Letztendlich hatten sie einen einigermaßen plausiblen Grund, nicht wahr?"
"Für eine Frau sicherlich."
Wir tranken von unserem Tee und ich sah den Clanführer nachdenklich an. "Du hast das Siegel auf ihm gelöst, als ich weg war, richtig?"
"Richtig", gestand Shikaku. "Die fähigsten Shinobi der Nara haben ihn getestet. Du weißt, sowohl du als auch dein Vater haben keine Affinität zur Kunst der Nara. Ausfälle über eine Generation kommen vor, über zwei Generationen aber nicht. Da bist du der Erste. Vielleicht auch ein Grund, warum der Rat der Nara nicht wollte, dass du Ninja wirst. Es schwang immer unterschwellig dabei mit, dass du das Ergebnis einer Affäre deiner Mutter mit einem Dritten sein könntest. Eingetrocknete, vorurteilsbeladene Bastarde", sagte er zähneknirschend. "Aber das hat sich jetzt erledigt. Wir wissen nun, dass Akira-chan eindeutig die Schattenkunst beherrscht. Auf einem sehr einfachen Level, aber bereits in einer erstaunlichen Stärke. Damit steht fest, dass er ein Nara ist. Und damit steht auch fest, dass er dein Sohn ist und du Kenshiros Sohn bist."
Für einen Moment grinste er von einem Ohr bis zum anderen. "Was für eine späte Genugtuung."
"Ach", murmelte ich. "War das so? Wem muss ich denn nachträglich in den Arsch treten?"
"Niemanden, dem du nicht schon in den Arsch getreten hast, seit du Shinobi geworden bist und dich bewiesen hast, Mamoru Morikubo. Es gibt niemanden im Clan, der dir nach deinem ersten Jahr abgesprochen hat, ein hervorragender Shinobi zu werden. Das macht mich stolz, weißt du?"
"Danke", sagte ich, gegen den Kloß ankämpfend, der mir plötzlich im Hals zu stecken schien. Ich räusperte mich. "Also, Aki-chan ist stark?"
"Ja. Und ich fürchte, er wird noch sehr viel stärker werden. Es gibt zwei Möglichkeiten für den Fall, dass die Affinität zur Nara-Kunst zwei Generationen überspringt: Erstens, die dritte Generation wird besonders schwach. Zweitens, die dritte Generation wird besonders stark, weil sie die fehlenden Kräfte der vorigen Generationen erhält. Ich fürchte, bei Aki-chan ist das der Fall."
"Hm." Nachdenklich sah ich ihn an. "Du hast seine Fähigkeiten wieder versiegelt?"
"Das habe ich. Besonders gründlich und mit ein paar zusätzlichen Sicherungen. Wir sind mit Getsugakure befreundet, aber deshalb dürfen wir nicht nachlässig werden. Die Chancen stehen gut, dass der Tsukikage die alten Siegel bereits hat erforschen lassen, damit er sie jederzeit aufheben kann. Deshalb die neuen."
Ich nickte verstehend. Sollten wir je mit Getsugakure Kopf stehen, würde Akira ein ordentlicher Zankapfel werden, wobei Getsugakure die besseren Karten hatte. Er lebte die meiste Zeit dort, und seine Mutter war dort eine angesehene Kunoichi. Was ich angesichts ihrer Vergangenheit für eine grandiose Karriere hielt. "Ja, das macht Sinn. Danke, dass du mir die Wahrheit gesagt hast."
"Tja, da gibt es aber noch ein Problem..."
Erneut trank Shikaku einen Schluck Tee, dann noch einen und dann leerte er den Becher auf einen Haps. "Weib! Sake!", kommandierte er barsch.
Ich zuckte zusammen, denn ich erwartete einen heftigen, einen sehr heftigen Ausbruch von Yoshino. Sie hatte einen eigenen Kopf. Den brauchte man allerdings auch, wenn man mit einem Nara zusammenleben wollte.
Stattdessen kam sie aus der Küche und brachte ein Tablett mit zwei Tässchen und zwei Karaffen Sake. Sie setzte sich neben den Shogi-Tisch, stellte jedem einen Becher hin und goss Sake ein. Dann stellte sie beide Kännchen vor uns ab. Anschließend erhob sie sich wieder. "Nicht zu grob, hast du gehört, Mann?"
"Ja, ja, ich gebe mein Bestes, Liebling", erwiderte mein Onkel barsch.
Langsam wurde mir die Geschichte unheimlich. "Shikaku, was...?"
"Trink deinen Sake, Mamoru."
Ich wurde zugegeben etwas nervös. Deshalb verfehlte ich die kleine Tasse beim ersten Versuch, sie zu greifen. "Prost", murmelte ich und schüttete mir den heißen Sake in den Mund. Shikaku tat es mir nach, und als ich die Tasse abgesetzt hatte, schenkte er uns nach. "Prost."
"Prost."
Das wiederholten wir noch zweimal, dann schien Shikaku genug zu haben. Vorerst.

"Mamoru, du musst verstehen, dass ich dir nichts Böses will, und... Manchmal muss ich eben Arschloch sein und im Sinne des Clans handeln. Dinge tun und Worte sagen, die ich nicht so meine, aber die gesagt werden müssen. Im Sinne der Nara und im Sinne Konohas."
"So?" Misstrauisch hob ich die rechte Augenbraue. "Raus damit. Was hast du so schlimmes mit Aki-chan vor, Onkel?"
"Es geht schon um Akira, das hast du richtig erkannt, aber primär geht es darum, wie du dich in Zukunft verhältst. Ich spreche jetzt nicht als dein dich liebender Onkel, sondern als dein Clanchef Shikaku Nara. Und ich bitte dich hier und jetzt darum, dass du mir nicht böse sein wirst." Beinahe flehentlich sah er mich an. Dann verbeugte er sich so tief vor mir, dass er beinahe die Sake-Karaffe vor sich umgeworfen hätte.
"Oi, oi, Shikaku, du machst mir Angst", sagte ich mit einem Schauder in der Stimme. "Gut, ich verspreche es dir, aber rück endlich mit der Sprache raus."
Er sah wieder auf. "Wirklich?"
"Wirklich. Aber sag endlich, was du willst, oder ich gehe nach Hause."
Er atmete tief ein und wieder aus. Dann sah er fort. "Mist."
"Wie, Mist?"
"Er kriegt es nicht über die Lippen, Niichan", klang Shikamarus Stimme auf. Er stand in der Tür, die Arme vor der Brust verschränkt. "Und ich kann ihn verstehen. Ist ja keine Allerweltsfrage."
"Dann sag du mir doch, was so Wichtiges an meinem Sohn ist, dass er sich anstellt wie ein Genin auf der ersten Mission", murrte ich.
Mein kleiner Cousin seufzte. "Tja. Wie fange ich das denn an? Hm, sag mal, wer ist deine Favoritin, jetzt wo Hana-chan einen Neuen hat? Perine, Karin oder Maria?" Er schmunzelte. "Karin, nicht wahr?"
Ich fühlte, wie ich errötete. Ertappt, hm?
Shikaku seufzte ebenfalls. "Mist."
"Ja, Mist, Vater. Mamoru-nii, kannst du dir vorstellen, stattdessen Maria zu heiraten? Ich meine, in deine Familie aufgenommen ist sie ja nun schon. Aber ihr Status ist mehr der einer Ex-Frau, nicht?"
"Äh, hallo?" Verblüfft sah ich Shikamaru an. "Hast du gerade vorgeschlagen, dass ich Maria heiraten soll? Damit Aki-chans Nara-Talent in Konoha bleibt, beziehungsweise nach Konoha kommt?"
"Ja, das war ungefähr das, was Vater dir vorschlagen wollte. Vater und der Rat, von denen nicht ein einziger dieser Feiglinge heute hier ist, um ihm beizustehen."
"Okay...." Ich griff nach meinem Sake und trank ihn auf ex aus. Teufel, war das Zeug heiß! Ich hustete.
Shikaku schenkte mir aus seiner Karaffe ein und ich trank sie leer. "Magst du sie nicht? Kommt sie nicht in die engere Wahl, weil sie versucht hat, dich umzubringen? Shikamaru kann dir da auch was über sein Mä..."
"VATER!", unterbrach er ihn. "E-es geht um Mamoru und Aki-chan!"
Der Clanchef der Nara schmunzelte. "Schon gut, Sohn. Also, Mamoru, würdest du darüber nachdenken?"
"Eine politisch motivierte Heirat, um Akira an Konoha zu binden?", fragte ich.
"Nicht nur das. Wir wissen, dass sich Maria zu einer hervorragenden Kunoichi gemausert hat. Und ihre Fähigkeit, Gänge zu treiben, die sie vielleicht auf Akira vererbt hat, ist auch ein wichtiger Punkt. Und du magst sie doch auch, oder? Ich meine, warum sonst hast du mit ihr..."
"Vater...", mahnte Shikamaru.
Ich war ihm dankbar für den Einwand, bevor ich an Peinlichkeit starb. "Nun, ich hasse sie nicht. Nein, ganz gewiss nicht. Ich mag sie, sogar sehr, und das hat nichts mit Aki-chan zu tun. Ich fand sie immer sehr faszinierend, gerade weil sie versucht hat, mich umzubringen. Vielleicht nicht die beste Grundlage für eine Beziehung, aber auch nicht die schlechteste."
"Du ziehst es tatsächlich in Betracht?", rief Shikaku erfreut.
"Alternativ könntest du, wenn du Karin heiratest, Maria zu deiner Nebenfrau machen, Niichan. Die Gesetze von Konoha lassen das durchaus zu. Aber du müsstest mit dem Neid jedes männlichen Shinobi leben. Und wenn ich dann noch daran denke, dass du P-chan hast..." Shikamaru griente mir zu.
Ich griff nach Shikakus Kännchen und trank es leer. Das Schlimmste an der Situation war, dass ich sie mir durchaus in allen Varianten vorstellen konnte. Verdammt, war ich nur ein typischer Mann, oder war das schon ein Anzeichen für ein besonders schamloses Exemplar meiner Gattung? Was, wenn es für Männer vollkommen normal war? Was sagte das über Männer an sich aus? Verdammte Pubertät. Hätte ich sie doch besser nie durchlaufen.

"Immer langsam mit den jungen Pferden. Heißt das, der Clan der Nara und im speziellen unser aller Clanchef fordern mich dazu auf, Maria zu ehelichen, um Aki-chan in Konoha zu halten und um die Hand auf das Kekkai Genkai Marias legen zu können?"
"Ja, das fasst es vortrefflich zusammen, Mamoru", sagte Shikaku nach einer kleinen Pause. "Und du hast versprochen, nicht böse mit mir zu sein."
"Ich bin's ja nicht." Kurz dachte ich nach. "Na gut, etwas vielleicht. Was fällt dem Rat ein, sich in mein Privatleben einzumischen? Wir sind keine Uchiha und keine Hyuuga. Wir züchten uns nicht selbst!" Zu diesen Worten klopfte ich aufs Shogi-Brett und brachte das Spiel durcheinander. Schuldbewusst sah ich meinen Cousin an. "Tut mir leid."
"Ist in Ordnung", erwiderte er. "Und? Welche Antwort gibst du den Nara?"
"Ach ja, da war ja noch was."
Ich zwang mich, trotz des Sake sachlich zu denken, auf einem Standpunkt, losgelöst von Emotionen. Rational, nüchtern. Okay, letzteres ging vielleicht nicht mehr so gut. Aber zumindest versuchte ich, nicht verärgert zu sein. Für den Moment. Sollte ich Maria heiraten? Als Hauptfrau, als Nebenfrau? Laut P-chan waren ja alle Mädchen des Mamo-Pakts - zumindest die drei "Überlebenden" - dazu bereit, meine Geliebten zu werden, sobald ich eine von ihnen heiratete. Ob ihnen der Status als Nebenfrau mehr zusagte? Und wer war ich, dass ich ihnen auf diese Weise die Chance auf persönliches Glück und einen Partner nur für sich alleine versagte? Trotzdem, der Gedanke hatte was. Zumindest, solange meine Libido meinem Alter entsprechend gigantisch war.
Okay, den Gedanken schob ich beiseite. Ganz rational betrachtet, was würde Mutter sagen, wenn ich die Beziehung zu Maria legitimierte? Sie würde es freuen. Egal, ob Maria Nebenfrau oder Hauptfrau wurde. Und Vater? Der greinte wohl lieber Hana-chan nach, die nun die feste Freundin von Ryu war. Von ihm war keine Hilfe zu erwarten. Und dazu kam noch, dass die Angelegenheit nun eine Clan-Geschichte war. Und, da machte ich mir keine Illusionen, sicher auch eine Angelegenheit Konohas. Ich war mir sicher, von Tsunade-sama würde demnächst auch der eine oder andere Hinweis kommen, diesbezüglich zu handeln. Verdammt.
"Ich sage es mal so, Onkel. Ich bin zu jung zum heiraten. Frag mich das in zwei, drei oder fünf Jahren nochmal."
"Mamoru..."
"Aber dann... Wenn Maria dann immer noch bei mir ist, kann ich es mir durchaus vorstellen."
"Was ist, wenn die Umstände uns zwingen, früher zu handeln?", hakte Shikamaru nach.
"Dann sollte jemand sicherheitshalber von meinen Mädchen die Größen nehmen und Kleider vorbereiten", sagte ich sarkastisch.
"Sollen wir zwei Kleider oder drei Kleider vorbereiten?", fragte Shikaku im gleichen Tonfall.
Eine sehr gute Frage. Wie sehr würde ich damit Perine ihr Leben versauen? Menschen und Affen waren nicht kompatibel. Sie konnten sich lieben, körperlich und ethisch, aber sie bekamen keinen gemeinsamen Nachwuchs. Konnte, wollte und durfte ich das P-chan antun, auch wenn sie meinte, es zu wollen? "Ich weiß es nicht, Onkel. Ich weiß es wirklich nicht." Leise seufzte ich. "Ist noch Sake da?"
Yoshino erschien auffällig fix und schnell, um neue Karaffen für uns hinzustellen. "Armer Junge. Du hast es nötig", sagte sie, strich mir mitfühlend über den Kopf und verschwand wieder in der Küche.
"Willkommen in der Welt der Erwachsenen", sagte Shikaku, schenkte uns ein und prostete mir zu.
"Ich bin nicht sicher, ob das ein Danke verdient hat, Onkel", erwiderte ich sarkastisch.
"Das war ich damals auch nicht", sagte er trocken.
Wir sahen uns an und lachten. Noch konnten wir das.
Shikamaru setzte sich dazu und ordnete die Steine auf dem Shogi-Brett neu. "Wo wir gerade bei Wahrheiten sind, deine Beförderung zum Voll-Jounin..."
"Nicht zu viele umwälzende Informationen auf einmal, kleiner Bruder", mahnte ich hastig.
"Okay", murmelte er amüsiert.
Und ich wusste, damit hatte es erst so richtig angefangen, mein Leben als Erwachsener. Verdammt.
***

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Rückblende: Kishio vor sechs Monaten.

Es war Morgen in Konoha. Nicht früher Morgen, aber auch nicht später Morgen. Irgendwas um Acht rum, also eine Uhrzeit, zu der die Frühaufsteher bereits lange bei ihren Beschäftigungen waren und die Spätaufsteher sich ein vorletztes Mal umdrehten. Eine tolle Uhrzeit, wenn man gerade schlief.
Kishio no Moeru lag nicht gerade im Tiefschlaf, aber er schlief zufrieden, gleichmäßig atmend und von angenehmen Zeiten träumend. Er sah gut aus. Sein Gesicht war voller Farbe und von einem seligen Lächeln geschmückt. Was immer er träumte, es musste sehr angenehm sein. Alles in allem hatte ihm die einwöchige Zwangspause gut getan. Auch die Erkenntnis, wem er die Zwangspause verdankte, hatte sich nicht in schlechter Laune wiedergespiegelt. Im Gegenteil. Familie war für Kishio nun vielleicht ein nicht mehr ganz so abstrakter Begriff.
Alles hätte so schön sein können, wäre das Schicksal nicht ein grausamer Geselle. Manchmal war er auch ein Bursche mit geradezu furchtbarem Humor. Dieser Humor schien es zu sein, der dafür sorgte, dass ein Paar Beine mit orangen Wadenwärmern neben Kishios Bett erschienen. Wadenwärmer, die übrigens dazu dienten, ein halbes Dutzend sehr schwerer Metallplatten zu fixieren. Der dazugehörige Körper gehörte einem Shinobi, den sicherlich nicht wenige zu einem nervenden Idioten erklärt hätten. Aber sicher nicht vor seinen Freunden und bestimmt nicht von Angesicht zu Angesicht. Jene, die ihn besser kannten, und nicht nur von den exzessiven Trainingseinheiten mit seinem Meister, hätten andere Worte benutzt wie strebsam, ausdauernd, ernsthaft, aber auch begeisterungsfähig und übertreibend. Nicht wenige, darunter auch Freunde, gaben offen zu, dass er ein echter Schmerz im Arsch sein konnte. Aber er war immer mit Feuereifer bei der Sache. Zu Kishios Pech auch heute.
"GUTEN MORGEN, KISHIO-KUN!", brüllte Rock Lee aus voller Kehle.
Kishio fuhr vom Futon hoch, stand beinahe, hatte sofort ein Kunai in der Hand und stieß es nach dem Hals des Konoha-Nin. Dieser jedoch blockte den wilden, ungezielten, instinktiven Stoß mit zwei Fingern der Rechten mühelos ab.
Kishio blinzelte, blinzelte erneut und sah den anderen an. "Oh. OH! Lee-kun. Du bist das."
Der selbsternannte grüne Wirbelwind Konohas nahm die Hand zurück und grinste ein Heldengrinsen. Fast hätte man sich nicht gewundert, hätten dabei seine Zähne aufgeblitzt. "Ich bin das, Kishio-kun."
Irritiert sah der junge Moeru den anderen an und ließ die Hand mit dem Messer sinken. "Himmel, was TUST du hier? Ich hätte dich beinahe getötet!"
Ein wenig beleidigt schnaubte Lee. "Nein, hättest du nicht. Du bist schnell, zugegeben, aber nicht schnell genug, um mich in deinem schlaftrunkenen Zustand zu überraschen."
"Was uns gleich zum Thema bringt, dessu ne? Wirklich, was tust du hier?"
"Dich wecken, Kishio-kun."
"Was, bitte?"
Lee holte tief Luft und wollte erneut ansetzen, aber der Junge winkte ab. "Schon gut, ich habe verstanden. Warum hast du mich geweckt?"
"Dein Sensei hat mich darum gebeten."
"Wer?"
Nun schien Lee irritiert. "Na... Dein Sensei... Mein Sempai... Mamoru-sempai."
"Mamoru-sempai?", wiederholte Kishio verständnislos. Dann schien es bei ihm zu klicken. "Ach, Niichan! Und warum lässt mich Niichan aus dem Bett brüllen?"
"War ich so laut? Entschuldige bitte, das tut mir leid. Sempai hat gesagt, ich soll sichergehen, dass du auch wach wirst, da habe ich wohl übertrieben."
"Ich glaube dir keine Sekunde, dass es dir leid tut, Lee-kun", brummte Kishio ärgerlich. "Jetzt bin ich wach. Was also will er von mir?"
"Er hat einen Auftrag für dich. Du möchtest bitte aufstehen, frühstücken und dir anhören, was er von dir will", sagte Lee lapidar. "Ich soll dir übrigens heute helfen."
"Er hat einen... Du sollst mir... Hä?"
Lee seufzte. "Wasch dich, zieh dir was an und komm in die Küche, Kishio-kun. Okay?"
Der junge Moeru atmete stoßweise aus. "Okay. Muss ich mich beeilen?"
"Nicht mehr als sonst auch", erklärte Lee süffisant.
"Na toll, das hilft mir jetzt weiter." Er suchte sich ein paar Sachen zusammen und verließ das Zimmer, um das Bad aufzusuchen.
Lee grinste ihm hinterher und ging wieder in die Küche.

Als Kishio in die Küche kam, fand er Yuriko, die er Onee-chan nennen durfte, beim Kochen vor. Lee und Kou-san saßen am Küchentisch und aßen Pfannkuchen. Mamoru-sama las, während er einen Tee trank, in der Tageszeitung.
"Morgen", sagte Kishio.
"Morgen", erwiderten die Männer.
"Guten Morgen, Kishio", sagte Yuriko. "Wie viele Pfannkuchen möchtest du? Es soll ein langer Tag für dich werden, habe ich gehört."
"Wird es das?", fragte er interessiert. "Vier, bitte."
Mamoru sah von seiner Zeitung auf. "Setz dich bitte, Kishio. Nur zu deiner Information, ich habe Shinpa-chan schon weggebracht. Und ich werde ihn nachher von der Therapie zur Arbeitssitzung mit Kawada Nanahara von der Chakraforschungsgruppe bringen. Und ich hole ihn wieder nach Hause."
Kishio nahm Platz und bekam bereits den ersten Pfannkuchen aufgetischt. "Danke, Onee-chan. Gibt es einen Grund dafür, Niichan, dass du meine Pflichten erfüllst?"
"In der Tat", erwiderte er und faltete die Zeitung ein. Er sah Kishio direkt an. "Du hast heute viel zu tun. Ich denke, du hast dich die letzten Tage gut genug erholt, sodass ich kein schlechtes Gewissen haben muss, wenn ich dich herumscheuche. Aber ich finde, es wird höchste Zeit für dich, einige Dinge über Konoha zu lernen. Und über den Clan der Nara, dem du nun angehörst. Es könnte sich eines Tages als wichtig erweisen."
"Aha", sagte Kishio verständnislos, bedankte sich für den Tee, den Yuriko ihm einschenkte und begann den Pfannkuchen mit der Gabel zu bearbeiten.
"Ich habe mit Shinpachi gesprochen", sagte Mamoru bestimmt. "Er sagte, neben deiner Ausbildung im Feuer-Element, die mir obliegt, wird er deiner Ausbildung in den Künsten der Moeru den letzten Schliff geben, sobald er das wieder auf eigenen Beinen erledigen kann. Das heißt, du wirst deine Fähigkeit, mit Hilfe deines Chakras zu töten, verfeinern und vervollkommnen. Tsunade-sama ist sehr interessiert daran, dass das schnell geschieht. Nicht zu schnell, aber in einem vernünftigen Rahmen. Man hat mir zu verstehen gegeben, dass sich die ANBU für dich interessieren. Nachdem du etliche Anfänger traumatisiert hast, hat man einige Erwartungen in dich."
"So, habe ich das?", fragte Kishio frech. "Dann war es wohl ihre eigene Schuld."
"Meine Rede, meine Rede", seufzte Mamoru. "Ich habe ihnen gegenüber deutlich gemacht, dass deine Arbeit für sie und für das Verhörteam eine freiwillige Aufgabe ist und dass deine Pflichten mir gegenüber - also Shinpachi gegenüber - immer Vorrang haben. ANBU haben aber meist eine natürliche Arroganz, die durchschlägt, wenn sie ihre Masken tragen. Du warst noch arroganter. Das will einiges heißen, Kishio."
Verlegen sah der junge Mann auf. "Niichan, es ist ja nicht, dass..."
"Wie ich schon sagte, Kishio no Moeru, Shinpachi geht vor. Immer. Hättest du dich von ihnen gängeln lassen und wärst gesprungen, dann hätte ich schon vor Wochen einschreiten müssen. Schlimm genug, dass mir das im eigenen Haus nicht aufgefallen ist, aber das ist eine andere Geschichte." Er seufzte. "Auf jeden Fall haben die ANBU Interesse an dir, gerade an den sensorischen Fähigkeiten. Aber auch die Attentatseinheit erwartet einiges von deiner Kunst. Ich habe allerdings klar gemacht, dass die letzte Entscheidung bei dir liegt, und bei niemandem sonst. Du hast mehr als genügend Betätigungsfelder in Konoha. Du musst nicht unbedingt einer Elite-Einheit beitreten."
"Niichan, würdest du beitreten, wenn sie dich fragen würden?"
"Aber sofort", erwiderte Mamoru grinsend. "Nicht bei den ANBU-Ne, versteht sich. Ich hasse Geheimlogen inmitten von anderen Geheimlogen innerhalb einer Geheimloge. Aber die regulären ANBU wären eine Versuchung für mich. Leider habe ich mir diesen Weg verbaut, als ich mein eigenes Team angenommen habe. Ich bin noch mindestens bis zum Chunin-Examen meiner Genin quasi an diese Aufgabe gebunden. Nicht, dass ich mein Team dreizehn nicht auch jederzeit über eine Verwendung als ANBU setzen würde. Außerdem bin ich mittlerweile ein Anführer, und man sagt zu Recht, dass ein Anführer nur schwer wieder gehorchen lernt. Vermutlich macht es keinen Sinn, mir gleich eine ANBU-Einheit zu unterstellen. Und um den Job von der Pike auf zu lernen, bin ich wohl mittlerweile zu arrogant. Für dich jedoch besteht da Hoffnung."
"Aha."
Mamoru entfaltete die Zeitung wieder und sah hinein. "Jedenfalls habe ich dafür gesorgt, dass du den Rest des Tages nichts zu erledigen hast. Du kannst tun und lassen was du willst, und das in deiner eigenen Geschwindigkeit, solange du nur mit Lee meinen einzigen Auftrag erfüllst. Ich selbst werde heute damit beschäftigt sein, Team dreizehn zu überwachen. Sie haben eine C-Rang-Mission unter Führung von Mai-chan bekommen. Offiziell bin ich verhindert. Inoffiziell will ich sehen, wie sie sich schlagen."
"Oh", machte Kishio. "Da wäre ich gerne dabei, Niichan."
Mamoru lachte leise. "Wie gesagt, du hast andere Pläne.
Lee-kun."
"Jawohl!" Der junge Chunin zog eine Karte Konohas aus seinem Gürtel und legte sie auf den Tisch. "Kishio-kun, dies ist eine Karte Konohas und der Umgebung. Wir werden den Stadtwald, das Gebiet rund um die Mauer, den Außenwald und einige andere Orte erkunden, darunter den Medizinwald der Moerus."
"Aha. Und warum soll ich das machen?"
Mamoru sah wieder auf. "Vor allem, damit du weißt, wo du welche Tiere finden kannst, sobald Shinpachi mit dir trainiert. Du musst dazu Tiere töten, wenn du keine Menschen verwenden willst, oder?"
"Na-natürlich!", sagte Kishio hastig.
"Und du sollst sehr genau wissen, wo der Medizinwald ist. Wir Nara gewinnen dort eine bestimmte Sorte Chakragesättigtes Horn von Hirschen, das für diverse Medikamente verwendet wird. Nicht auszudenken, wenn ein Nara dort eines der Tiere tötet. Die Herde wäre in heller Aufruhr."
"Oh." Betreten senkte Kishio den Kopf. "Du meinst, dort sollte ich besser nicht üben?"
"Üben, ja. Deine Kunst, mit deinem Chakra zu töten, nein." Mamoru faltete die Zeitung klein und legte sie auf den Tisch. Er erhob sich. "Das ist dein einziger Auftrag heute. Lerne Konohas Wälder kennen. Es wird dir sicher auch mal guttun, wenn du aus dem Lärm der vielen Menschen rauskommen kannst, obwohl ich es lieber sehe, wenn du dich so schnell es geht dran gewöhnst. Aber jeder hat eine Pause verdient. Allerdings... Sollte etwas Wichtiges dazwischen kommen, was ich aber nicht glaube, oder sollte dir jemand eine wichtige oder zumutbare Aufgabe anvertrauen, musst du entscheiden, ob du sie annimmst oder nicht. Lee-kun wird dich in jeder Beziehung unterstützen, so gut er kann und dir auch Arbeiten abnehmen. Nicht?"
"Genau!", rief der Chunin. "Mit der Kraft der Jugend und dem Elan der Lebendigkeit werde ich dir zur Seite stehen, Kishio-kun!"
Der junge Moero legte den Kopf schräg und sah den anderen Shinobi irritiert an. "Äh, danke?"
"Wie auch immer, ich muss los. Lee-kun kommt vor allem mit, weil er ein Ortskundiger ist. Wenn du Fragen hast, wird er sie beantworten. Und studiere die Karte gut, Kishio. Ich will, dass du alle markierten Orte aufsuchst. Verstanden?"
"Verstanden, Sensei", sagte Kishio ruhig.
Mamoru klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. "Dann ist ja gut. So, ich muss los. Lee-kun, pass gut auf ihn auf."
"Geht klar, Sempai."
"Kou, ärgere meine Schwester nicht zu sehr."
"Die zufällig meine Verlobte ist", erwiderte der Hyuuga.
Mamoru grinste. "Yuriko-neechan, danke für das Frühstück."
Die ältere Schwester Mamorus ließ sich an der Hüfte umfassen und hauchte ihrem kleinen Bruder einen Kuss auf die Lippen. "Alles nur, damit du wenigstens eine gesunde Mahlzeit am Tag bekommst. Viel Spaß da draußen, Mamo-chan."
"Werde ich haben." Er winkte noch einmal ins Rund, dann verschwand er per Step.
Kishio sah kurz noch auf die Stelle, an der sein Sensei verschwunden war, dann warf er einen Blick auf Lees Karte. Die Stadt kennenlernen, Trainingsgebiete erkunden, das war wichtig. Nicht besonders wichtig, aber es musste getan werden. Definitiv.
"Das wird heute ein spaßiger Tag, Kishio-kun!", rief Lee enthusiastisch.
Der Moeru sah den anderen mit Zweifel im Blick an. "Zweifellos interessant."
***
"Oh, das wird so ein Riesenspaß!", rief Lee aufgeregt, als er neben Kishio das Haus der Morikubos verließ.
Der Blick des jungen Moeros hingegen drückte Skepsis aus. "Ich bin mir da nicht so sicher. Andererseits ist es ja mal schön, einen ganzen Tag zum Spazieren gehen zu haben."
"Ich habe schon Pläne für das Mittagessen gemacht. Magst du Barbeque, Kishio-kun? Ich habe uns einen Tisch reserviert. Ich lade dich ein."
Konsterniert blieb Kishio stehen. "Äh, danke? Aber ich habe eigenes Geld, Konoha bezahlt meine Dienste in Morinos Stab recht gut, und..."
"Darum geht es doch nicht", tadelte Lee. "Es war meine Idee. Und ich werde für meine Missionen auch sehr gut bezahlt. Außerdem würde es mir eine Freude machen zu sehen, wie du wie ein Scheunendrescher reinhaust, Kishio-kun."
Dies schien den Moeru zu amüsieren. "Nun, ich muss eine Menge essen, um meinen Chakra-Haushalt stabil zu halten, das ist wahr."
"Also ist das abgemacht!", rief Lee und klopfte dem Rothaarigen auf die Schulter.
Der versteifte sich für einen kleinen Moment, entspannte sich aber sofort wieder. Auf seinem Gesicht erschienen weder Abscheu noch Anspannung. "Also Barbeque. Einverstanden. Aber..."
"Kishio-kun, hast du mal eine Sekunde?", klang eine bekannte Stimme an sein Ohr. Es war der Clanchef Shikaku. Er hatte die Rechte halb angehoben, die Handfläche nach oben und bewegte die Finger vor und zurück. Wieder war der junge Moeru irritiert. Bis er sich daran erinnerte, dass diese Geste, die in den meisten Ländern bedeutete, dass jemand gehen sollte, in Konoha das Gegenteil hieß. Worte und Geste stimmten überein. Er sollte näher kommen.
Interessiert trat der Junge näher. Lee folgte ihm selbstverständlich.
"Kishio-kun", sagte der Veteran, "ich weiß, du hast heute frei. Aber kannst du für mich etwas erledigen? Ein Schriftstück muss zur Hokage. Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du das für mich erledigen könntest."
Kishio zuckte mit den Achseln. "Nun, wenn es weiter nichts..."
"Einen Augenblick, Nara-sama", mischte sich Lee ein. "War das eine Bitte oder war das ein Befehl?"
"Wie bitte?", fragte der Mann mit dem Spitzbart irritiert.
"Nun", erklärte Lee, "Mamoru-sempai hat Kishio für den heutigen Tag sehr klare Anweisungen gegeben. Wenn es eine Bitte war, kann er sie ablehnen. War es aber ein Befehl, den Sie, Nara-sama, als Mamoru-sempais Clansherr an dessen Untergebenen Kishio ausgeben, dann muss er ihn ausführen."
Entgeistert starrte Shikaku den Jungen in der grünen Trainingsmontur an. "Du verlangst, dass ich einen Befehl daraus mache?"
"Dann war es eine Bitte? Kishio-kun, wir haben wirklich nicht den ganzen Tag Zeit. Wir..."
"Ja, verdammt, es ist ein Befehl!" Er drückte Kishio eine Schriftrolle in die Hand. "Es handelt sich um die Liste mit der Einsatzbereitschaft meiner Leute. Tsunade-sama braucht sie für das kommende Quartal, um die Annahme von Missionen zu planen. Bring sie ihr so schnell wie möglich. Danach habe ich keine Anweisungen für dich."
Der junge Moeru nahm die Schriftrolle entgegen. Ein unsicherer Blick traf Lee.
Der zuckte mit den Schultern und verschränkte beide Arme hinter dem Kopf. "Wenn es auch ein direkter Befehl des Clanchef der Naras ist..."
Kishios Hände schlossen sich um die Rolle. "Ich beeile mich."
"Wir beeilen uns", sagte Lee bestimmt.
"Äh... Danke", murmelte Shikaku.
"Dewa, Shikaku-ouji." Kishio nickte ihm zu und verschwand per Step. Lee folgte ihm auf dem Fuß.

Mit einigen schnellen Steps schossen die beiden Ninjas über die Stadt dahin. "Du bist wieder gut in Form, Kishio-kun", lobte Lee.
"So, findest du?"
"Ja. Bevor du deinen Zwangsurlaub angetreten bist, warst du reichlich blass um die Nase. Aber ich dachte immer, das wäre dein natürlicher Teint. Dass du einer von denen bist, die sich auch totarbeiten, wusste ich nicht."
"Wieso auch?", fragte Kishio amüsiert. Zumindest bis Lee zu grinsen begann und dem Moeru wieder einfiel, was für ein Trainingsfanatiker Rock Lee war. Und um ehrlich zu sein war der Mann vor ihm für seine Disziplin zu beneiden. Kishio grinste und nickte Lee anerkennend zu, der die Geste erwiderte.
Vor dem Hokage-Haus kamen sie aus dem Step. Ohne zu zögern traten sie ein und suchten das Büro der Hokage auf. Shizune-chan kam ihnen entgegen.
"Ah, Shizune-tono, yokatta", rief Kishio. "Kann ich dir diese Rolle von Shikaku-ouji mitgeben? Sie enthält die Einsatzbereitschaft des Nara-Clans."
Das schwarzhaarige Mädchen mit den Kurzhaarschnitt lächelte bestätigend. In ihren Armen trug sie wie meist das kleine Schwein der Hokage. "Sicher, Kishio-kun. Du brauchst nicht selbst reinzugehen. Genieße deinen freien..."
"KISHIO? SOLL REINKOMMEN!", blaffte Tsunade-sama laut genug, dass man meinte, man würde neben ihr stehen und nicht durch eine Tür und eine Wand von ihr getrennt sein.
Shizune sah die beiden Jungs betreten an. Mist, formten ihre Lippen lautlos. "Na, dann geht mal rein, Ihr zwei", murmelte sie und öffnete die Tür zum Büro.
Tsunade-sama erwartete die beiden, über einem Berg an Dokumenten brütend. "Kommt rein, es dauert auch nicht lange", murmelte sie und hob dabei den Blick nicht einen Moment.
Lee und Kishio bauten sich vor ihrem Schreibtisch auf, während Shizune ihren Platz neben der Hokage einnahm.
"Ich weiß, Kishio-kun, es ist dein freier Tag. Mamo-chan war hier und hat ausdrücklich darum gebeten, dass die ANBU und Morino-tono dich heute mit Arbeit in Ruhe lassen, außer der vierte Ninjaweltkrieg bricht aus."
Kishio pfiff kurz anerkennend. Zumindest bis er merkte, was er tat und den Pfiff eilig abbrach. "Das hat er getan?", fragte er schließlich, um den peinlichen Moment zu überbrücken.
"Ja, das hat er. Kam hier rein und hat tatsächlich von mir verlangt, dass ich mich an seine Anweisungen halte." Tsunade grinste. "Aber er hat ja auch Recht. Wir haben dich viel zu sehr gescheucht, Kishio-kun. Ich werde versuchen, im Auge zu behalten, dass man dir Luft zum Atmen lässt, egal wie wertvoll du für Konoha bist."
Kishio zögerte einen Moment. "Dafür danke ich, Hokage-sama." Er wechselte einen erfreuten Blick mit Lee, der ihn mit erhobenem rechten Daumen angrinste.
Tsunade sah auf. "Aber da du ja quasi selbst zu mir gekommen bist, wirst du mir ein paar Fragen beantworten. Und ja, das ist ein Befehl. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen."
Lee, den Zeigefinger bereits erhoben, ließ ihn enttäuscht wieder sinken.
"Natürlich, Tsunade-sama", sagte Kishio schnell, um das Geschehen zu überspielen. "Frag, was du willst."
"Hm." Sie sah ihn an. "Kishio no Moeru, als du diese sechs Jahre da draußen im Nordwesten warst, hast du da je etwas von einer Gruppe namens Akatsuki gehört?"
Kishio wurde blass. Es war allgemein bekannt, wer sie waren, die Akatsuki. Welche Mitglieder sie hatten. Was ihre Ziele waren. Alleine der Gedanke, dass der hochtalentierte und brandgefährliche Itachi Uchiha für sie arbeitete, ein Mann, den zu vernichten die Oinin-Teams der ANBU bis heute nicht geschafft hatten, war erschreckend. "Natürlich, Tsunade-sama. Ich habe viel von ihnen gehört. Genug, um sie zu fürchten."
Tsunade nickte. "Hattest du da draußen je Kontakt zu ihnen? Haben sie dir zum Beispiel wegen deinem Kekkai Genkai je ein Angebot gemacht, ihnen beizutreten?"
Kishio versteifte sich. "Tsunade-sama, ich versichere dir, dass meine volle und alleinige Loyalität Mamoru-sama und damit auch Konoha gilt, und ich..."
"Das war nicht meine Frage!", blaffte sie. "Wage es ja nicht, dir meine Worte so zu verdrehen, dass du glaubst, ich würde dir nicht vertrauen." Ein warmes Lächeln spielte um ihre Züge. "Denn das wäre nicht wahr, Kishio no Moeru. Ich vertraue dir ebenso sehr wie Mamo-chan es tut."
Irritiert sah er die Hokage an. Aber warum dann diese Frage?
"Du fragst dich sicher gerade, warum ich dich das frage, nicht?"
Kishio und Lee nickten unisono.
"Nun, vielleicht, weil ich verzweifelt bin", sagte sie und seufzte. "Wir wissen, dass die Akatsuki aus einigen der besten und gefährlichsten Nukenin der größten Dörfer bestehen. Wir wissen auch, dass Iwagakure sie als Söldner anheuert und für sich Aufträge erfüllen lässt. Wir wissen aber bei weitem zu wenig, viel zu wenig über sie. Und deshalb quetsche ich jede Informationsquelle aus, die ich finden kann. Du bist in einem Gebiet gewesen, das ihrem vermutlichen Kerngebiet sehr nahe ist. Daher ist es nicht auszuschließen, dass du mit ihnen oder einem ihrer Untergebenen zu tun hattest. Oder zumindest etwas über sie gehört hast, was noch nicht meine Ohren erreicht hat."
Gut, das war schlüssig. Kishio legte den Kopf schräg und dachte nach. Dann begann er alles zu erzählen, was er hier und da mitbekommen hatte. Shizune setzte das Schweinchen auf dem Fußboden ab und schrieb eifrig mit, um es später mit den bekannten Daten abzugleichen.
"Begegnet bin ich nie einem von ihnen. Nur einmal hatte ich es mit einer Untergebenen zu tun", sagte Kishio, bei der Erinnerung plötzlich stockend. "Eine merkwürdige Person, die ein ungewöhnliches Jutsu beherrschte. Sie verwandelte sich in ungezählte Lagen Papier. Ich bin ihr nur dank meiner sensorischen Fähigkeiten nach einer sehr langen Hatz entkommen."
Tsunade sah interessiert auf. "Und? Was wollte sie von dir?"
"Was sie von mir wollte?"
"Ja, was wollte sie von dir?", fragte nun auch Shizune.
"Ja, was wollte sie von dir?", fragte Lee.
"Ich..."
"Ja?"
"Ich habe es vergessen", sagte Kishio, streckte mädchenhaft die Zunge zum linken Mundwinkel raus und deutete eine Kopfnuss an, um sich zu bestrafen.
Ein kollektiver Seufzer der Enttäuschung ging durch das Büro.
"Viele Worte wurden ohnehin nicht gewechselt. Sie hat ziemlich fix ihr Jutsu ausgepackt, um mich einzufangen. Und da sowas meinen Fluchtreflex auslöst... Nun. Ich habe sie seither nicht wiedergesehen."
"Über diese Person gibt es vage Berichte über Sichtungen, Tsunade-sama", sagte Shinzune.
Sie nickte. "Schade, ich hätte gerne mehr Details gehabt. Aber wenigstens wissen wir jetzt, dass sie ihren ganzen Körper in Papier verwandeln kann, nicht nur einzelne Lagen."
Die Hokage sah Kishio zufrieden an. "Ich denke, mehr kannst du uns im Moment nicht sagen. Aber wenn dir noch etwas einfällt, und wenn es dir noch so unwichtig erscheint, sag es mir oder Shizune. Was für dich unwichtig wirkt, kann für uns das entscheidende Puzzleteil sein, das wir benötigen."
"Hai, Tsunade-sama", sagte Kishio und verbeugte sich ansatzweise.
"Eine Frage noch, Kishio."
"Ja?"
"Fühlst du dich wohl in Konoha?"
Irritiert sah er die Hokage an. "Hai?"
"Gefällt es dir hier bei uns?"
"Oh. Ja. Ja, Tsunade-sama. Es gefällt mir sehr gut in Konohagakure. Alle sind sehr nett zu mir und Shinpachi. Und meine Arbeit wird sehr gewürdigt, das finde ich großartig. Jedoch..."
"Jedoch?"
Er lächelte verlegen. "Ich muss wohl noch lernen, mehr "nein" zu sagen. Ach, und es ist immer noch so laut hier. Sensorisch, meine ich. In einer Stadt, die so groß wie Konohagakure ist, prallen viel zu viele Eindrücke auf mich ein, wenn ich orte. Aber ich gewöhne mich daran."
"Das freut mich zu hören. Immerhin ist dies ja jetzt dein Zuhause", sagte sie mit Wohlwollen in der Stimme. "Danke für eure Zeit, Kishio-kun, Lee-kun. Ihr könnt jetzt gehen."
"Hai!" Kishio schlug die geballte Rechte in die offene Linke und verbeugte sich leicht. Lee verneigte sich steif ein wenig aus der Hüfte. Kurz darauf hatten sie das Büro verlassen. Bevor Tsunade-sama noch mehr einfiel.
***
Als sie den inneren Stadtwald erreichten, also jenen Teil, der auf der Innenseite der großen Schutzmauer stand, entspannte Kishio seine sensorischen Fähigkeiten und versuchte, seinem ursprünglichen Auftrag nachzukommen. Er scannte nach Tieren, die es hier gab und ordnete sie in Kategorien ein. Hauptsächlich hatte er es mit alltäglichen Waldbewohnern zu tun, aber es gab auch ein paar verwilderte Haustiere. In der Regel Hamster, aber auch ein paar Ziervögel, die eigentlich in wärmeren Gefilden beheimatet waren, sich hier aber doch recht gut zu machen schienen, da sie offensichtlich brüteten. Ein paar streunende Hunde waren dabei - und ein paar Katzen. Kishio grinste. Eine der Katzen kannte er sogar persönlich. Er bedeutete Lee ihm zu folgen und jagte auf die Position dieser einen Katze zu. Direkt neben ihm kam er aus dem Step.
"Hallo, Neko-tono."
Der ANBU zuckte heftig zusammen, als Kishio direkt neben ihm aus dem Nichts auftauchte. Was auch daran lag, dass Kishio so gut er es vermocht hatte, seine eigene Präsenz verhüllt hatte.
"Ah! Moeru-sama! Wo kommst du denn her?"
"Äh, ANBU-san...", kam es zaghaft von Lee.
"Draußen vom Walde komme ich her, und ich muss euch sagen..."
"Keine Kalauer, bitte", tadelte der ANBU.
"Jungs? Ich meine ja nur, dass..."
"Ich komme ganz zufällig vorbei und dachte, ich besuche dich mal, wenn du nicht zu beschäftigt bist, Neko-tono."
"Oh, es geht. Ich transportiere gerade ein paar Katzen. Kein wichtiger Auftrag, aber ein ANBU erfüllt jede seiner Aufgaben mit Stolz."
"Genau das will ich doch die ganze Zeit sagen!", rief Lee außer sich. "Dein Korb ist dir runtergefallen, ANBU-san, und die Katzen hauen ab!"
Die Maske ruckte nach unten, zum Korb, der aufgesprungen war, als er auf dem Boden aufgekommen war. Gerade rappelte sich die letzte Katze auf, um aus dem Korb zu springen und das Weite zu suchen. "Mokuton: Daijurin no Jutsu!", rief der ANBU. Aus seinen Händen wuchsen Bauholzquader, mit denen er versuchte, die letzte Katze einzufangen, aber das Biest entkam ihm.
"Verdammt!"
"Autsch. Das war keine Absicht, Neko-tono. Es sind genau elf. Ich helfe dir, sie wieder einzufangen. Keine Sorge, ich habe ihr Chakra gespeichert und werde sie überall wiedererkennen."
"Danke für das Angebot, aber ich bin ohnehin schon überfällig. Besser, ich alarmiere ein Team ANBU und blamiere mich, aber erfülle wenigstens meinen Auftrag."
"Aber ich weiß doch, wo sie sind", beharrte Kishio. "Es wird vielleicht wirklich dauern, weil sie überall verteilt sind, aber du musst dich nicht vor den ANBU blamieren, Neko-tono."
"Ich habe bestenfalls eine Viertelstunde, Moeru-sama. Die Zeit nutze ich besser, um mir Verstärkung zu holen. Und selbst wenn du mir hilfst, du kannst auch nur eine Katze zur gleichen Zeit verfolgen. Und Lee und ich haben deine sensorischen Fähigkeiten nicht."
"Oh, ich bin verdammt schnell", versicherte Lee. "Das ersetzt bestimmt drei Kage Bunshin. Und wenn du noch Kage Bunshin erschaffst, können wir alle elf auf einmal verfolgen. Wie viele Kage Bunshin schaffst du, Kishio-kun?"
"Äh, drei", sagte er zurückhaltend.
"Damit haben wir vier Katzen sicher", frohlockte Lee. "Wie viele Kage Bunshin kannst du erschaffen, ANBU-san?"
"Sieben."
"Wir könnten ja Teams bilden. Ein Moeru begleitet zwei ANBU-Klone, oder so", schlug Lee vor.
"Oder aber..." Kishio runzelte die Stirn. "Hast du ein zweites Funkgerät mit Ohrstecker dabei, Neko-tono?"
"Zufällig ja." Er reichte es Kishio ohne zu fragen.
Der Moeru legte es an. "Kage Bunshin no Jutsu!" Ein zweiter Kishio entstand, der sein Funkgerät an Lee weitergab. "Lee-kun, Neko-tono, Ihr werdet nach den Katzen suchen. Ich werde euch koordinieren. Ich weiß wo sie sind und werde euch führen. Neko-tono, erschaffe bitte drei Klone. Fünf von euch zu koordinieren ist ein Wert, den ich gut schaffe."
"Das ist doch mal eine Idee!", rief der ANBU hoch erfreut. "Kage Bunshin no Jutsu!"
Nun waren vier Katzen-ANBU anwesend.
"Lee-kun, die Richtung. Neko-tono eins, da lang. Zwei, da lang, drei, dorthin. Vier, die Richtung."
Die ANBU und Lee spritzten davon. Kishio nahm es mit Zufriedenheit zur Kenntnis. Er sah seinen Klon an. "Und du wirst..."
"Hai, hai, wakata", sagte der Klon grinsend. "Die Katzen in den Korb packen, auf den Korb aufpassen und nicht mit den Katzen spielen."
"Genau." Kishio zwinkerte seinem Kage Bunshin zu. Dann ließ er sich in den Saiza nieder. "Beginnen wir also." Mit einem Klick aktivierte er das Funkgerät.
"Lee-kun, geh fünfzig Meter weiter nach Süden und suche nach einem Ginsterbusch. Neko-tono eins, rechts von dir ist eine Eiche. Spring auf den untersten Ast. Neko-tono zwei, geh..."

Exakt elf Minuten später waren alle Katzen wieder eingefangen. Sie hatten sich als zähe, findige Biester erwiesen, aber letztendlich hatten sie sich den Shinobi geschlagen geben müssen.
"Verdammt zähe Biester", keuchte Lee außer Atem. "Es war so, als würden sie so was ihr ganzes Leben machen, also Shinobi entkommen. Das war richtig gespenstisch."
Der ANBU nickte. "Und genau das ist der Grund, warum ich sie bringen soll. Wenn sie sogar einem Chunin Schwierigkeiten machen, geschweige denn einem ANBU, dann lohnt sich eine Verhaltensstudie." Er verbeugte sich, den Katzenkorb fest geschlossen, vor Kishio. "Moeru-sama, ich bedanke mich vielmals für deine Hilfe."
"Was denn, was denn? Ohne mein Auftauchen wäre dir der Korb gar nicht erst runtergefallen und die Katzen wären nicht entkommen, dessu ne? Sagen wir, wir sind quitt."
"Einverstanden, Moeru-sama." Er nickte ein letztes Mal und verschwand per Step.
Lee klopfte Kishio anerkennend auf die Schulter. "Das war ein anständiges Stück Arbeit an Menschenführung, Kishio-kun. Du hast uns sehr gut angeleitet. Und was noch wichtiger ist, du hast auch mal delegiert."
Kishio lachte für einen Moment. "Das kann man doch nicht delegieren nennen. Aber gesteuert habe ich euch, ne?"
"Ja, das hast du. Deine sensorischen Fähigkeiten sind sehr nützlich. Kein Wunder, dass man im Rat davon spricht, was für ein Glücksfall es war, dass ausgerechnet Mamoru-sempai dich gerettet hat."
"Sie sprechen im Rat über mich?", fragte Kishio. "Was sagen sie denn so?"
"Zum Beispiel, dass du unsere sensorischen Ninjas um Jahre voranbringen wirst. Du bist einer der größten Schätze, die Konoha hat. Das sagen sie."
"Oh, ich fühle mich geschmeichelt", sagte Kishio schroff. Aber seine Miene bewies, dass er nicht gelogen hatte.
"Wer hätte gedacht, dass der Tag so viel Spaß machen würde?", rief Lee gut gelaunt.
Kishio gab ihm im Stillen Recht.
***
Zum Mittagessen gingen sie tatsächlich in den Barbeque-Grill, den Lee erwähnt hatte. Etwas irritierend fand Kishio es schon, dass man sich sein Essen selbst zubereiten musste, und das in einem Restaurant. Allerdings war er es gewohnt, sein Essen selbst zuzubereiten. Und ihm schmeckte das marinierte Fleisch hervorragend. Auch Lee griff eifrig zu, sodass auf dem Grill nie wirklich Platz war. Dazu tranken sie kalten grünen Tee.
"Weißt du, Kishio-kun", sagte Lee, den Mund verschmiert von seinen vier dreifachen Portionen, die er bereits verdrückt hatte (und die Kishio erklärten, warum es schlau gewesen war, sich einladen zu lassen), "wir haben schon eine Menge hinter uns. Nur noch der äußere Wald und der Medizinwald der Moerus. Herr Ober, nochmal zwei Portionen für unseren Tisch!"
"Drei!", rief Kishio, während er gegartes Fleisch vom Grill abnahm und das letzte rohe Fleisch auflegte. Wirklich, es schmeckte ihm.
"Aaah! Lee, gut, dass ich dich zufällig treffe!", klang eine helle Frauenstimme auf.
Kishio sah hoch und erkannte Ino-chan, die Cousine von Hanako-sama.
"Ino-chan." Den Mund voller Fleisch sah Lee sie an. "Waff gibt efff?"
"Es gibt da ein paar Dinge, die wir besprechen müssen. Du weißt doch, Mamo-chans Geburtstag naht, und Neechan hat mich gebeten, ihr bei ein paar Sachen zu helfen. Und außerdem ist Ryu-kun bis kurz vor der Feier nicht in der Stadt... Ach, hast du nicht mal zehn Minuten?"
Lee sah von ihr zu Kishio herüber. "Tut mir leid, Ino-chan, aber ich bin heute nur für Kishio-kun da."
Ino sah den Moeru bittend an. "Kishio-kuuuuun, kannst du ihn mir nicht kurz ausborgen? Bittteeeeeeeee. Ihr macht doch ohnehin gerade Pause. Nur fünf Minuten!"
Kishio sah sie mit starrer Miene an. Schließlich sagte er: "Soll ich dir dein Fleisch schon auflegen, Lee-kun?"
"Ja, das wäre nett!", rief Rock Lee und erhob sich.
"Wir beeilen uns!", versprach Ino-chan.

Kishio seufzte, nahm die neuen Schalen entgegen und packte einen Teil des fertig gebratenen Fleischs von Lee auf eine nicht so heiße Ecke, bevor es verkohlte. Hoffentlich war das keine Masche, um ihn mit der Rechnung sitzen zu lassen. Aber so etwas würde Lee doch nie tun. Er nicht.
"Kishio. Was für ein Zufall. Was machst du denn hier?"
Der Moeru sah auf. "Shikamaru-sama. Ich bin mit Lee-kun hier. Wir essen zu Mittag." Er deutete an den Nebentisch, an dem er mit Ino saß. "Ich habe ihn gerade verliehen, wie es scheint."
"So, hast du." Shikamaru grinste. "Wo ich dich gerade sehe, kann ich dich ja gleich mal was fragen. Hast du nicht Lust, mit mir heute Abend Shogi zu spielen? Und an den darauffolgenden Abenden? Kenshiro-jii hat mich gebeten, dir ein paar Kniffe beizubringen, damit er mehr Spaß dabei hat, wenn Ihr zusammen spielt."
"So, hat er das?"
"Ja, das hat er. Also, hast du Lust?"
"Lust schon. Aber... Ist dies eine offizielle Anweisung? Ein Befehl?"
"Wieso Befehl?"
"Wenn es kein Befehl ist, würde ich gerne ablehnen. Ich habe genug zu tun, Shikamaru-sama. Es spricht nichts dagegen, Shogi zu spielen, wenn ich Luft habe. Aber es voraus planen ist mir doch zuviel. Entscheiden wir das spontan."
Shikamaru zögerte. Dann nickte er. "Einverstanden. Aber heute geht klar?"
"Ich melde mich", versprach der Moeru.
"Okay. Ist in Ordnung." Er nickte ihm zu und ging dann zum Tisch von Ino und Lee.
"Oh, Kishio-san, isst du das noch?"
Bevor er Einwände erheben konnte, hatte sich Choji auf Lees Platz gesetzt. Mit glänzenden Augen betrachtete er das fertige Fleisch von Lee. "Bevor das gute Zeug verbrennt..."
Kishio klopfte dem Jüngeren nachhaltig auf die Finger, als er zu den Stäbchen greifen wollte. Zwar war er der Cousin von Karin-sama, jener Frau, die gerade die besten Aussichten hatte, Mamo-chans Hauptfrau zu werden - und Familie verpflichtete - aber Choji war selbst für einen Akimichi recht fett geraten. "Lee-kun kommt gleich wieder. Und ich erkläre ihm nicht, warum sein fertiges Fleisch weg, ist, Choji." Spöttisch sah er den Jüngeren an. "Was wird wohl Karin-chan dazu sagen?"
"Musst du gleich gemein werden?", brummelte der Akimichi und rieb sich die schmerzende Hand. "Und seit wann kannst du überhaupt nein sagen, Kishio-san?"
"Oh", erwiderte er, "ich habe geübt. Mit ANBU."
"Mit ANBU? Wow."
"Choji, komm rüber. Wir wollen bestellen!", rief Shikamaru.
"Oh!" Der Junge sprang auf. "Wir sehen uns, Kishio-san! Wartet! Lasst mich auflegen! Ihr könnt das nicht!"
Zur gleichen Zeit kehrte Lee zurück. Misstrauisch musterte er den Grill. "Er ist nicht leer. Hat Choji sich beherrscht? Ach was, abwegige Idee. War er satt?"
Kishio kicherte. "Ich habe ihm verboten, sich zu bedienen, Lee-kun."
"Oh. Ich bin beeindruckt." Er ließ sich nieder und sammelte sein Fleisch ein. "Genau richtig. Gut, dass du gelernt hast, nein zu sagen, Kishio-kun."
Ja, das hatte er in der Tat.
***
Der Weg durch den Konoha-nahen Wald verlief relativ unspektakulär. Wenn man von dem Zusammenstoß mit einer Patrouille Konohas, einem verhinderten Raubüberfall und einem kleinen Mädchen absah, das sich verlaufen hatte und nach Hause wollte, absah. Es war schon ein wenig merkwürdig, dass das Mädchen Hanabi-chan so ähnlich sah, der zweiten Tochter des Hauptzweigs der Hyuuga-Familie, die Kishio durch Kou recht gut kannte, auch wenn sie nicht die üblichen weißen Pupillen der Familie hatte. Aber dafür wollte sie verdächtig nahe am Haupthaus abgesetzt werden. Und wenngleich sie sich mehrfach bedankte, Kishio war sich nicht sicher, ob ihre schönen blauen Augen tatsächlich echt gewesen waren.
Nach einer ganzen Reihe weiterer Aufgaben, die auf sie warteten - inklusive eines Bären, der Amok lief und den Lee und er besiegten, betäubten und etliche Kilometer von der Stadt entfernt wieder aussetzten - machten sie sich auf den Weg zum Wald der Nara.

"Also, das ist der Medizinwald?" Kishio musterte den Wald mit großem Interesse, sowohl mit seinen Augen, als auch mit seinen Fähigkeiten. Er war groß und voller Leben und... Er stutzte. So etwas hatte er noch nicht gesehen. Er konzentrierte sich darauf.
"Was ist los, Kishio-kun?", fragte Lee.
"Ich... Ich weiß es nicht. Ich sehe eindeutig das Chakra-System eines Tiers. Eines Hirschs. Ein großes Tier. Sehr kräftig und gesund. Aber das Chakra-System ist... Ist so anders. Es wirkt auf mich wie... Wie das Chakra-System eines trainierten Shinobi."
"Das ist cool. Schauen wir uns den Burschen an?" Lee eilte voran.
"Warte!" Automatisch eilte Kishio dem grünen Wirbelwind nach.
Der Wald war tiefer, als der Moeru gedacht hatte. Ihr Weg führte sie tief hinein. Erst nach zwei Kilometern erreichten sie den Ort, an dem Kishio das Chakra erspürt hatte.
Sie hielten inne. Eine Lichtung umgab sie, Lichtdurchdrungen und mit saftigem Gras bestanden. Unwillkürlich traf der junge Moeru Assoziationen mit jenem Ort, an dem Mamo-chan im Zentrum einer Falle zurückgelassen worden war. Auch dort hatte es Hirsche gegeben. Aber nein, dieser Ort war anders. Ganz anders.
Es dauerte einen Moment, bis er begriff, was anders war. Er spürte die Tiere nicht mehr. Er sah sie nicht mehr. Er wusste nicht mehr, wo sie waren.
"Kishio-kun...", hauchte Lee.
"Ich weiß, ich weiß. Sie sind..." Kishio fuhr herum, als er sich fixiert fühlte. Aber da war niemand! Er hätte, seine sensorischen Fähigkeiten so voll aufgefahren wie jetzt, selbst Mamo-chan spüren müssen! Dennoch, als er hinter sich schaute, sah er in die alten Augen eines großen Hirschs mit einem Geweih, das in zweiundzwanzig Spitzen endete. Und sicherlich wog er mehr als jeder männliche Hirsch, den er je zuvor gesehen hatte. Das Tier setzte sich anmutig und doch voller Kraft in Bewegung. Kishio wusste: Dies war der König dieses Waldes.
"Kishio-kun...", flüsterte Lee.
"Keine Sorge. Er ist nicht aggressiv", flüsterte Kishio zurück.
Das mächtige Wesen erschien von einer Sekunde zur anderen in seiner sensorischen Sicht. Kishio zuckte zusammen, als er sah, was er bis dato für unmöglich gehalten hatte. Dies war das trainierte Chakra eines Shinobi, eines Chunin, eines Jounin gar.
Dann war der Gigant heran, sah ihm in die Augen. Sein heißer Atem schlug ihm ins Gesicht, aber es war nicht unangenehm.
Was darauf kam, hätte Kishio so nicht erwartet. Der alte Hirsch probierte seine Haare.
Kishio musste lachen. Das war ihm wirklich noch nicht passiert.
Der alte Hirsch hielt inne, nahm den Kopf wieder zurück und sah Kishio an. Neugierig, wie es dem jungen Moeru schien. Sehr, sehr freundlich. So, wie sein Großvater es manchmal getan hatte, bevor seine Eltern gestorben waren. Es lag eine gewisse Güte darin, die er von Yuria-sama kennengelernt hatte. Und... Ein wenig Stolz.
Bevor sich Kishio versah, begann der alte Hirsch, ihn abzulecken. Das kitzelte, und so lachte er erneut.
"Kishio-kun...", flüsterte Lee erneut.
"Was denn? Er ist doch vollkommen friedlich." Er sah auf und erschrak. Sie waren von Hirschen, Hirschkühen, Rehen und einigen anderen Wildtieren umgeben. Es waren mehr als einhundert. Und Kishio verstand mehr, so viel mehr. Dieses einmalige Chakra in ihren Leibern, ihre Art, ihre Lebensweise, das, was er in ihnen erkannte... Dies war der Medizinwald der Nara. Die Nara aber waren hier nur Partner, keine Herren. Die Herren hatte er hier vor Augen. Und die Herren wollten Antworten.
Er räusperte sich. "Mein Name ist Kishio no Moeru. Ich bin erster Gefolgsmann von Mamoru Morikubo-sama und damit ein Gefolgsmann des Clans der Nara. Ich freue mich sehr, hier sein zu dürfen und mich vorstellen zu können."
Dies löste noch mehr Interesse aus. Die Tiere kamen näher, berührten ihn, stupsten ihn an und wechselten sich ab. Manche ließen sich streicheln, manche fuhren mit ihren weichen Lippen über seinen Körper oder leckten ihn ab. Sie hießen ihn willkommen, wollten ihn riechen, schmecken, fühlen. Sie nahmen ihn auf, erkannten ihn als Nara an. Es war ein unglaublicher Vorgang. Kishio genoss jede Sekunde.
"Kishio-kun..." Diesmal klang Lees Stimme drängender
Er sah auf. Lee wurde von fünf großen Hirschen mit mächtigem Geweih bedrängt. Sie waren nicht aggressiv, aber sie hatten sich zur Abwehr bereit gemacht.
"Ach ja. Und das ist Rock Lee." Er räusperte sich. "Rock Lee gehört zu mir."
Beinahe sofort ließen die Hirsche von ihm ab. Nach und nach, ihn aber immer noch misstrauisch beäugend, zogen sie sich von ihm zurück.
Kishio hätte beinahe gelacht, weil die Szene so witzig war. Auch seine Erleichterung brachte Kishio fast zum lachen. Allerdings war er sich ziemlich sicher, dass die Hirsche gegen Lee den Kürzeren gezogen hätten, hätten sie wirklich angegriffen. Aber diese Hürde hatten sie umschifft.
Und beinahe hätte er laut geseufzt, als eine Hirschmutter ihr Kalb in seine Richtung dirigierte. Das Tier war sehr interessiert und gnabbelte ebenfalls an seinen Haaren herum, aber ohne etwas abzubeißen. Und es leckte ihm ebenfalls über sein Gesicht. Beinahe hätte er sich dazu hinreißen lassen, das Kalb mit nach Hause zu nehmen, egal was die Herde davon hielt. Beinahe.

Als sie endlich den Wald verließen, ging die Sonne bereits unter. Er und auch Lee standen noch immer unter dem Eindruck dessen, was gerade geschehen war.
Während sie zurück nach Konoha eilten, sah Kishio zu Rock Lee herüber. "Ich bin sehr froh, dass wir das heute gemacht haben, dessu ne?"
Lee nickte heftig. "Ja, das war eine ganz besondere Erfahrung. Ich war das erste Mal im Nara-Wald. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das Probleme bereiten würde. Aber wir haben es gut gemeistert, nicht?"
"Ja, das haben wir", sagte Kishio zufrieden. "Nein, wirklich. Ich bin sehr froh und sehr dankbar dafür, was wir heute gemacht haben. Und ich bin sehr dankbar dafür, dass du mich heute begleitet hast, Lee-kun."
Er ging aus dem Step und Lee folgte ihm. "Wirklich, Lee-kun. Ich habe heute sehr genossen. Und ich würde mich freuen, dich eines Tages meinen Freund nennen zu dürfen."
Ein wenig konsterniert sah Lee den anderen an. "Sind wir das nicht schon längst, Kishio-kun? Freunde?"
Für einen Moment war Kishio so ergriffen, dass er kein Wort herausbrachte. Er vergaß sogar zu atmen. Erst als Lee ihm besorgt auf den Rücken klopfte, atmete er wieder ein.
Schweigend reichte er dem anderen die Hand. Lee ergriff sie. Ebenso schweigend schüttelten sie die Hände. Worte waren nun nicht mehr notwendig, um das Versprechen zu ihrer Freundschaft zu besiegeln. Die Gestik und die Blicke sagten genug. Kishio hatte seinen ersten Freund gefunden.
***
Müde, aber hochzufrieden kam Kishio zu Hause. Schon von weitem spürte er, dass Mamo-chan gerade Shinpachi abholte und nach Hause brachte. Und er spürte, dass Rock Lee zu seinen zusätzlichen zweihundert Runden um Konoha aufgebrochen war. Wie hielt der dürre Bursche das nur aus?
Im Haus selbst war niemand außer Otou-san. Erwartungsgemäß, denn im Restaurant war volles Haus. Noch immer beeindruckt von dem, was er erlebt hatte, kam er rein, zog seine Straßenschuhe aus und ging den Flur entlang. "Nabend, Otou", sagte er gähnend.
"Kishio. Sehr gut, dass du kommst. Hast du nicht Zeit, um mir bei..."
"Nein", kam es wie aus der Pistole geschossen vom jungen Moeru.
"Ups." Erschrocken sah Kenshiro Morikubo ihn an. "Nein?"
"Nein", bestätigte Kishio. Er griente. "Ich habe heute gelernt, wie man etwas ablehnt, was nicht unbedingt nötig ist."
"Oha. Ja, das ist gut. Und wichtig." Kenshiro kratzte sich am Haaransatz. "Und ich gebe zu, ich habe es wohl verdient, weil ich dich ein wenig rumgescheucht habe. Aber..."
"Aber?"
"Aber wer hilft mir jetzt dabei, diese Monsterpizza zu verspeisen?" Er deutete auf den Küchentisch, wo eine riesige Pizza wartete.
Kishio fing an zu lachen. "UND ich habe gelernt, Prioritäten zu setzen. Ich hole das Besteck, Otou."
"Das ist mein Kishio", lachte er.

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An diesem Tag war ich sehr gespannt auf das Ergebnis der Trainingsrunde, die ich für Kishio organisiert hatte, als ich nach Konoha zurückkehrte. Alle hatten versprochen mitzuhelfen, und mit jedem hatte ich seine oder ihre Rolle besprochen. Das kleine Gesamtkunstwerk, das meinem kleinen Bruder helfen sollte, sein Selbstbewusstsein neu zu definieren, hatte mich einige Mühen gekostet und etliche Gefallen verbraucht, die ich hier und da noch gehabt hatte. Am liebsten wäre ich in Konoha geblieben, um das Geschehen zu verfolgen. Aber einerseits hätte ich es nie durchgehalten, mich konsequent vor Kishio zu verbergen, und andererseits hätte er mir bei Entscheidungen den Vortritt gelassen, hätte ich ihn begleitet. Also hatte ich tatsächlich Konoha verlassen, um Mai-chan, Kuzomi-chan, Shinji und Kira unbemerkt zu verfolgen. Allerdings erst, nachdem ich Shinpachi vom Krankenhaus zu seinem Projekt begleitet hatte. Zwar war er kräftig genug, um allein zu gehen, aber da der neue Bruch am rechten Schienbein -nötig geworden, um eine Verwachsung zu korrigieren, ein "Geschenk" Orochimarus an den Moeru während seiner Gefangenschaft - noch nicht verheilt war, bestand ich darauf, dass ihn zumindest jemand begleitete.
Danach war ich meinen Genin gefolgt und hatte sie ziemlich genau da angetroffen, wo ich sie zu finden gehofft hatte - beim Mittagessen im Namenlosen Gasthaus, das ich vor jeder Mission mit ihnen aufsuchte, etwa zehn Kilometer von Konoha entfernt.
Den Rest des Tages hatte ich damit verbracht, sie zu observieren und mir Notizen zu machen, die ich ihnen nach ihrer Rückkehr um die Ohren hauen würde... Aber ich gebe zu, die Kleinen machten mich stolz. Sie hatten im vergangenen halben Jahr viel gelernt. Und sie wussten, wie man das Gelernte umsetzte. Das Wort "vielversprechend" drängte sich mir auf. Ich beschloss, der Hokage zu unterbreiten, mein Team zur Chunin-Prüfung im nächsten Jahr zuzulassen, die, wenn sich nichts mehr änderte, in Kirigakure stattfinden würde. Das erinnerte mich an Mei-chan. Ich meine, Terumi-sama. Wie es ihr wohl gerade ging? Es würde eine schöne Gelegenheit sein, sie wiederzusehen. Und auch Suiren-kun würde sich sicher freuen, mein Team und mich wiederzusehen. Aber das war Zukunftsmusik.

Vor den Toren der Stadt erwartete mich Rock Lee bereits. Ich grinste beim Gedanken daran, wie ich ihn und Kishio zusammengespannt hatte. Und ich war begierig darauf zu erfahren, wie der Tag gelaufen war.
"Lee!", rief ich und kam per Shunshin neben ihm aus dem Step.
"Ah, Mamo-sempai, guten Abend", sagte er freudestrahlend. "Es ist alles gut gelaufen. Na ja, gut, fast alles. Wie war es bei den Genin?"
"Folgen etwa einen Kilometer hinter mir. Waren recht erfolgreich, meine Kleinen." Ich runzelte die Stirn. "Was bedeutet fast alles? Hat was mit Neko-ANBU-san nicht funktioniert?"
"Was? Nein, da war alles in Ordnung. Die Katzen sind aus dem Korb geflüchtet, und Kishio ist von selbst darauf gekommen, wie man sie schnellstmöglich wieder einfängt. Er hat mich und Neko gut über Funk koordiniert. Aber..."
"Aber was?", fragte ich misstrauisch.
"Wenn du mich fragst, hat der Schattenklon, den er zur Bewachung der Katzen erschaffen hat, zu viel mit den Kätzchen gespielt", sagte Lee in verscwörerischem Ton und nickte gewichtig.
Ich zog beide Augenbrauen hoch. "So, hat er das?"
"Ja. Ich glaube, er ist Katzenfetischist."
"Das kann natürlich möglich sein." Ehrlich gesagt, wusste ich das schon längst. Alle Moerus schienen einen Katzentick zu haben, denn nicht einmal Shinpa-chan konnte an einer Katze vorbeigehen, ohne zu versuchen, sie zu locken und zu streicheln. Dabei betonte Kishio immer, er hätte als Kind keine Tiere halten dürfen und Shinpachi hatte nie eines gehabt, um Kishio nicht neidisch zu machen. Dass sie ihre Vorliebe nun auslebten, war mir durchaus Recht.
"Aber sonst ging alles glatt?"
"Na ja", druckste Lee verlegen, "da war dieser eine Bär..."
"Ein Bär?", fragte ich verständnislos. "Ein Teddy?"
"Oh nein, ein richtiger Bär. Ein Braunbär, fast zwei Meter fünfzig groß. Irgendjemand muss ihn geärgert haben, oder so. Jedenfalls ist er aus den Bergen herabgekommen und verschreckte hier die Leute. Und da wir die einzigen Shinobi in Reichweite waren, haben wir ihn betäubt und wieder in die Berge zurückgeschafft."
"Ihr habt einen ausgewachsenen Bären betäubt und in die Berge geschafft?"
"Ja, das trifft es."
"Aha." Wie nett. Kishio und Lee hatten also mit einem Bären gerungen. Und gewonnen. "Ist noch mehr passiert? Lief mit Shikamaru und seinen Freunden alles gut?"
"Keine Sorge, die Lektion in Sachen Entscheidungen treffen hat er gut gelernt und umgesetzt. Da war soweit alles in Ordnung. Uns kam aber ein Raubüberfall dazwischen. Nicht, dass der Mann eine Gefahr für uns war, immerhin sind wir stolze Shinobi, und das Messer war nicht wirklich ein Problem. Aber Kishio-kun war doch ganz schön sauer, weil das arme Opfer eine alte Oma war, die der Dieb brutal zu Boden gerammt hatte. Es war auch nicht sehr klug, Kishio mit dem Messer zu bedrohen. Wäre es ein Totschläger gewesen, würden die Ärzte aus Konoha es genau in diesem Moment operativ aus dem Rektum des Diebes entfernen müssen, wo Kishio es zwischengelagert hätte... Wie gesagt, er war reichlich sauer, aber ich konnte den Dieb beschützen."
"Den Dieb beschützen", wiederholte ich. Unglaublich. Kishio musste wirklich verdammt sauer gewesen sein. "Ist denn wenigstens mit Hanabi-chan alles glatt gelaufen?"
"Ja, das war super. Die Kontaktlinsen sahen klasse an ihr aus. Blaue Augen stehen ihr, und ich hätte sie beinahe nicht erkannt. Sie hat eine tolle Rolle gespielt und Kishio hat erneut eine gute Entscheidung getroffen, als er sie nach Hause gebracht hat. Ich fürchte nur, er hat Hanabi-chan auch erkannt."
Ich winkte ab. Das ging in Ordnung, solange der Tag als Ganzes lehrreich für ihn gewesen war. "Wie war es ansonsten? Im Medizinwald zum Beispiel?"
"Oh, da lief es wirklich gut. Kishio-kun ist super angekommen. Nur als Shikaku-sama uns zu Tsunade-sama geschickt hat, dachte ich kurz, all unsere Planungen würden den Bach runtergehen."
"Tsunade-sama?"
"Ja, sie wollte einiges mit Kishio besprechen. Und sie hat gefragt, ob er sich in Konoha wohl fühlen würde, jetzt wo hier sein Zuhause ist."
Ich begann zu grinsen. Das war besser als alles, was ich geplant hatte. Ein persönlicher Zuspruch von meiner obersten Chefin musste wie ein dreistöckiger Pfannkuchen mit Sirup-Zwischenlagen, jeder Menge Erdbeereis, tonnenweise Puderzucker und Kirschentopping für Kishio gewesen sein. "Nicht schlecht, nicht schlecht. Als hätte ich es geplant." Geplant vielleicht, aber Tsunade-sama drauf angesprochen hätte ich wohl nie. So sehr ich die Frau auch mochte, sie machte mir immer noch Angst. Vor allem dann, wenn sie es wollte.
"Lass uns zu Shinpachi gehen, Lee, bevor meine Genin kommen. Sie haben den Auftrag, sich gleich bei Tsunade-sama zu melden. Und anschließend sollen sie mich Zuhause aufsuchen. Für den Fall sollte ich vor Ort sein."
"Einverstanden."

Wir betraten Konoha durch das Stadttor und bewegten uns in Richtung Chakra-Forschungszentrum.
"Mamoru", rief eine bekannte Stimme hinter mir, als ich das Hauptgebäude mit Lee betreten hatte.
"Kawada." Wir warteten, bis der Chakra-Spezialist zu uns aufgeholt hatte und schüttelten ihm die Hand.
"Und? Wie macht sich Shinji?"
Ich lächelte, denn ich hatte die Frage ausgerechnet von Shinjis großem Bruder bereits erwartet. "Auf der Mission heute hat er sich sehr gut geschlagen. Ich konnte es kaum glauben, als er zwei Affenkrieger auf einen Schlag beschwören konnte. Er hat das eine halbe Stunde durchgehalten. Aber er hat sich auch tüchtig erschrocken, als die Beschwörung auslief." Ich legte einen Zeigefinger auf die Lippen. "Aber das weißt du noch nicht, denn offiziell habe ich nichts gesehen."
Kawada lächelte verschwörerisch. "Haben sich die anderen beiden auch so gut geschlagen?"
"Mai-chan macht sich sehr gut. Es war eine gute Idee, ihr Waffenbeschwörung beizubringen. Und Kira ergänzt sich immer besser mit seiner Spinne. Ja, alles in allem bin ich sehr zufrieden mit meinen Genin. Und da ist noch eine Menge Potential. Aber sie sind ja auch noch jung."
"Äh..." Kawada zögerte. "Mamoru, ist dir an Shinji... Etwas aufgefallen? Warum genau hat die Beschwörung der beiden Krieger nur für eine halbe Stunde gereicht? War sein Chakra verbraucht?"
"Ja, das war der Grund. Aber bei einer Doppelbeschwörung ist das nicht ungewöhnlich, gerade wenn er so etwas zum ersten Mal gemacht hat. Warum fragst du?"
"Vater", sagte er betont und gedehnt, "hat es sich in den Kopf gesetzt, aus Shinji einen Jounin zu machen. Wann immer mein kleiner Bruder Zuhause ist, hetzt er ihn durch ein spezielles Trainingsprogramm."
Ich runzelte die Stirn. Das war schlecht. Es musste nicht wirklich übel sein, aber als Shinjis Sensei war ich nicht nur sein Vorgesetzter, sondern auch für jeden Aspekt seiner Ausbildung verantwortlich. Es war nichts dagegen zu sagen, wenn Vater und Sohn im Zuge ihrer gemeinsamen Zeit etwas trainierten. Aber alles, was mein Training mit ihm beeinträchtigte, oder sogar seine Einsatzfähigkeit, fiel direkt auf mich zurück. Mein Kopf war da in der Schlinge, nicht der von Ryouro Nanahara. Und wenn Kawada so weit ging, mir dies zu verraten, dann übertrieb es sein Vater bei seinem kleinen Bruder. Okay, der Mann war ehemaliger Jounin und wusste, was er tat. Aber er kannte auch die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln Konohas, und das bedeutete, dass er Shinjis Ausbildung eigentlich mir überlassen musste. Oder er musste dafür sorgen, dass mir die Befehlsgewalt über seinen Sohn entzogen wurde. Das ging und kam vor, wenn auch selten. Doch Kawadas Worte machten mir klar, in welcher Zwickmühle ich steckte. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder das Training rigoros unterbinden und Ryouro schwer brüskieren, oder sich das Training ansehen und mit dem Vater diskutieren, wessen Trainingsprogramm nun auf wessen Kosten reduziert wurde. Zu Lasten meiner Trainingsmethode ging es so oder so.
"Danke, Kawada. Ich werde die Tage mit deinem Vater reden müssen."
Kawada nickte ohne zu lächeln. Ihm war es sicherlich schwer gefallen, mir das zu sagen. So wie es mir schwerfiel, gegenüber seinem Vater meine Stellung behaupten zu müssen. Ich platzierte mich hier zwischen Vater und Sohn, und das war nie eine gute Idee. Die meisten Familien bildeten über das, was der Sensei tat, hinaus noch aus, aber wenigstens wussten die Senseis über die Art und über die Dauer des Trainings stets Bescheid. Das war das Mindeste, was ich fordern musste und würde.
Wir gaben uns erneut die Hand und gingen weiter.
"Das klang nicht so gut", murmelte Lee. "Mir war auch so, als wäre Shinji in letzter Zeit zwar stärker geworden, aber seine Kraft reicht nicht mehr so lange."
Ich war sehr nachdenklich geworden. Ryouro Nanahara war ein hochrangiges Mitglied der Stadtverwaltung und ein erfahrener Jounin. Eine Respektsperson, die ich schon seit Jahren gut kannte. Mir würde das Gespräch sicher nicht gefallen. Uns würde das Gespräch sicher nicht gefallen. Aber Respektsperson hin oder her, ich kam nicht drumherum, ohne Team dreizehn aufzugeben.
"Ja", pflichtete ich bei, "das klang gar nicht gut."

Wir entdeckten Shinpachi, der bereits auf mich wartete, und machten uns auf den Weg nach Hause.
Wir kamen gerade rechtzeitig, um Vater und Kishio bei der Schlacht gegen ein Wagenrad von Pizza zu helfen. Natürlich war Lee eingeladen.
"Und?", fragte ich möglichst neutral. "Wie war dein Tag, Kicchan?"
"Gut", erwiderte er und biss von einem Stück Pizza ab. "Sehr gut sogar. Ich weiß nur noch nicht, wie du Hanabi-chan dazu gekriegt hast, mir eine Blauäugige vorzuspielen. Und wo du den Bären her hattest."
Ich lächelte leicht. Also Hosen runter. "Mit dem Bären hatte ich nichts zu tun. Und Hanabi-chan war nur zu bereit, uns zur Hand zu gehen. Ich glaube, sie mag dich."
Kishio wurde ein klein wenig blass. "Äh..."
"Und ich meine, sie mag dich. Dein Leben als Single ist nicht ernsthafter in Gefahr als sonst auch", fügte ich trocken hinzu.
"Mhh. Und wie hast du Tsunade-sama dazu gekriegt, mir Honig ums Maul zu schmieren? Ich meine, es war doch irgendwann etwas offensichtlich, so wie sich die Zufälle häuften. Danke für die Lektionen, ich habe viel gelernt, aber..."
Ich hob beide Hände und zog dabei einen langen Faden Käse von meinem Pizzastück in die Höhe. "Ich bin vollkommen unschuldig. Außerdem bin ich der letzte Mensch, der ausgerechnet die Hokage manipulieren könnte."
Die Augen Kishios leuchteten auf. "Dann hast du... Auch im Medizinwald der Naras...?"
"Was ist damit? Hast du eine gute Zeit gehabt? Waren die Tiere nett zu dir? Ich habe dich angekündigt, aber Tiere sind keine Menschen. Sie können sich nicht so gut verstellen wie wir. Und wenn sie jemanden nicht mögen, dann zeigen sie das meist auch offen. Sie haben dich doch nicht abgelehnt?"
"Ihn nicht, aber mich", druckste Lee verlegen. "Sie haben mir misstraut. Einfach so. Dabei hatte ich nichts getan. Gar nichts."
"Mah, mah." Ich klopfte Lee aufmunternd auf den Rücken. "Solange sie dich nicht aus dem Wald gejagt haben, hassen sie dich zumindest nicht, Lee-kun."
"Na, das ist ja immerhin etwas", murrte er und trank seinen Tee wie ein trotziger Sake-Trinker, der seinen Frust runterspülen wollte.
"Wie war es denn jetzt, Kicchan?", drängelte ich.
"Was? Wie?" Kishio sah auf. Ein verträumter Ausdruck lag in seinen Augen. "Dann haben sie nicht... Ich meine, du hast ihnen nicht gesagt, sie sollen nett zu mir sein?"
"Gesagt habe ich es schon. Das heißt, ich habe sie drum gebeten, denn diese Tiere nehmen keine Befehle an", erklärte ich. "Sie waren doch nicht zu rau mit dir?"
"Nein, oh nein, Sensei, das waren sie nicht", beteuerte Kishio.
Ich wurde hellhörig, weil er mich nur noch sehr selten Sensei nannte. Meistens dann, wenn es um etwas Wichtiges oder um eine unangenehme Information ging. "Hm?", machte ich leise.
"Sie... Waren sehr nett zu mir und manche haben auf meinen Haaren herumgekaut." Kishio lachte. "Aber die haben ihnen wohl nicht geschmeckt. Und alle haben mich abgeleckt. Sogar das kleine Hirschkalb. Es war... Schön, die unverfälschte Zuneigung der Tiere zu spüren."
Ich war versucht, mir eine Hand vors Gesicht zu schlagen. Die Zuneigung von Tieren erkannte er, die von Menschen waren da schon schwerer für ihn zu erkennen. Vor allem die tieferen und komplizierteren Formen. Ich seufzte. Arme Mai. "Dann müssen sie dich auf Anhieb sehr gemocht haben, Kicchan", sagte ich.
Kishio sah mich zaghaft an. "Denkst du wirklich?"
Ich unterließ es, auf diese Fangfrage eine Antwort zu geben.

In diesem Moment klopfte es an der Hintertür. "Es ist offen!", rief Vater.
Über die Veranda kamen meine Genin und Kuzomi-chan herein. "Wir sind wieder da, Sensei!", rief Mai. Ihr Gesicht glühte sichtlich vor Aufregung. "Und wir haben eine Menge zu erzählen! Guten Abend, alle miteinander."
"Nabend. Setzt euch", sagte ich und ließ die vier mit an den Tisch. "Scheint ja ein wirklich guter Tag gewesen zu sein. Ihr wirkt so ausgeglichen."
"Also, mir geht es gut", sagte Mai mit froher Stimme, nachdem sie sich unauffällig den freien Platz neben Kishio gesichert hatte. Nicht, dass ihr jemand diesen Platz streitig gemacht hätte. Es gab wohl nur einen Menschen an diesem Tisch, der nicht wusste, warum immer ein Platz neben ihm leer blieb, bis Mai kam: Kishio.
"Für uns war es auch gut", brummelte Kira und schob seinem Spinnchen den Stuhl zurecht, bevor er sich selbst setzte. Man hatte mir erzählt, dass Mai das erste Mädchen gewesen war, mit dem er hatte frei reden können. Ansonsten war er gegenüber den Mädchen die Schüchternheit in Person gewesen. Davon war nichts mehr zu merken. Und daran war nicht zuletzt Kuzomi-chan Schuld. Sie hatte seinen Horizont beträchtlich erweitert. "Es war ein spannender Tag. Aber bitte, Sensei, schick uns nicht so bald wieder alleine auf eine B-Mission."
"Es war eine C-Mission, und das auch nur, weil euer Transportgut so wertvoll war", sagte ich.
"Wir wurden nachträglich aufgestuft", sagte Shinji, während er sich umständlich setzte. "Autsch, verdammt, ich wusste es!", fluchte er lauthals, als er mit der rechten Hand gegen die Tischkante stieß.
"Du bist verletzt?", argwöhnte ich. Davon hatte ich nichts gesehen, als ich meine Genin begleitet hatte.
"Nein, es ist eine Entzündung, die ich die letzten Tage hatte. Mutter hat es mir erklärt. Eine Sehnenscheidenentzündung. Nichts ernstes, und die letzten Tage ging es gut, aber heute muss ich mir die Hand verdreht haben. Ich lasse es nachher von Mutter behandeln."
Die Unterredung mit Kawada fiel mir wieder ein. "Keine Sorge, die nächsten Missionen werden wir zusammen begehen. Ich habe ohnehin was läuten gehört, als Nächstes ist eine B-Mission für uns an der Reihe, bei der wir eine Obversation durchführen werden. Das betrifft vor allem dich, Kishio."
Der junge Moeru nickte überrascht. "Wen werden wir denn observieren?"
"Jemanden, fürchte ich, dem ich nicht freiwillig folgen würde, wenn ich keinen sensorischen Ninja wie dich dabei hätte."
Die Anwesenden wechselten bedeutsame Blicke bei dieser Ankündigung. Ja, es war nicht leicht, ein Shinobi zu sein. Ja, man begab sich oft genug in Gefahr, viel zu oft in Lebensgefahr. Und viele Shinobi aus unseren Rangstufen starben bei solchen Missionen. Und das war nur der Missionspart, dazu kam jener Teil der Arbeit, der Zuhause verrichtet wurde. Dazu gehörte auch, einen Termin mit Shinjis Vater zu vereinbaren, um über sein privates Training zu sprechen. Verdammt, ein zehn Mann-Team aus Genin lenken war einfacher, als Neulinge zu betreuen. Sehr viel einfacher. Meistens waren alle Mitglieder dieser Teams zumindest volljährig und ich trug für ihre weitere Ausbildung keine Verantwortung. Andererseits, wollte ich meine Verantwortung für diese drei Genin überhaupt wieder abgeben? Um keinen Preis der Welt. Sie waren meine Genin. Meine.
Ich grinste bei diesem Gedanken. "Aber jetzt erzählt mal. Wie ist es euch ergangen? Lasst kein Detail aus."
Mai stieß Kishio einen Ellenbogen in die Seite. "Das musst du hören, das wird dir bestimmt gefallen, Kishio. Ich fange an. Also, es begann ja damit, dass..."
***
"Müssen wir in Reihe marschieren?", hatte Kira gewitzelt. "Macht dir dein erstes Kommando vielleicht ein wenig leichter, Mai-chan."
"Ha, ha, sehr witzig", murrte sie. "Vielleicht, wenn wir ins Büro der Hokage gehen. Das dürfte Eindruck auf sie machen."
"Oder auch nicht", seufzte Shinji. "Bringen wir es hinter uns. Mamo-chan ist zwar nicht mit dabei, aber es ist ja auch nur eine Transportmission."
"Nur ist gut. Es ist eine C Rang-Mission." Mai ächzte leise. "C Rang-Mission, jund ich trage die Verantwortung..."
Sie klopfte. "HEREIN!"
Nacheinander traten sie ein und stellten sich vor dem Schreibtisch der Hokage auf. "Team dreizehn ohne Mamo-chan ist angetreten, Tsunade-sama." Mai wurde rot ob ihren ersten Fauxpas. "Ich meine, ohne Morikubo-sensei."
Die blonde Frau hinter dem Schreibtisch lächelte leicht. "Und, wie fühlt es sich an ohne Mamo-chan?" Shizune, die neben ihr stand, wie meist einen Notizblock in der Hand, auf dem sie eifrig mitschrieb, gluckste leise.
"Na ja, wie schon? Ein bisschen einsam halt", sagte Mai unverblümt. "Als wir damals auf dem Hügel im Land der Blitze plötzlich ohne ihn auskommen mussten, beim Angriff der Kumo-Shinobi, da hat er uns an allen Ecken und Enden gefehlt. Deshalb haben wir alle immer so ein klein wenig Schiss ohne ihn, wenn ich ehrlich bin." Sie sah auf und lächelte. "Aber wir haben alle im letzten halben Jahr mächtig zugelegt und können uns jetzt mehr zutrauen. Ich denke, für so eine kleine Transportgeschichte sind wir bereit."
"So, seid Ihr das?" Tsunade-sama nickte ihrer Sekretärin zu.
Die legte ihren Block beiseite und nahm eine Schriftrolle vom Schreibtisch der Hokage. Sie entfaltete die Rolle, auf der ein Siegel zu erkennen war. "Kai!"
Eine Rauchwolke entstand, und als sie sich verzogen hatte, sahen die Genin eine kleine, goldbeschlagene Kiste vor sich stehen. Shizune öffnete sie und präsentierte den staunenden Genin eine prächtige mattweiß schimmernde Kugel.
"Dies ist Hyperion."
Die Kugel war größer als eine von Mamo-chans Fäusten, und das wollte schon was heißen.
"Eine Perle?", fragte Kira. Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. "Gibt es so große Perlen?"
"In der Tat. Das ist eine Perle. Die größte Perle, die je gefunden wurde", sagte die Hokage, während sie die Genin interessiert musterte. "Ihr Wert beträgt etwas über vierhundert Millionen Ryou."
"V-vierhundert..." Kira bekam schwache Knie, als er diese Zahl hörte. "Vierhundert Millionen... Wow."
"Aber das ist doch sicher nicht die echte Perle, oder?", fragte Shinji. "Sicherlich ist das hier ein Duplikat, und das Original wird in diesem Moment von einem Jounin abgeliefert, richtig?"
"Oh, in der Tat ist gerade ein Jounin mit Hyperion unterwegs", sagte Tsunade-sama lächelnd. "Allerdings hat er die Fälschung, während Ihr das Original bekommt."
Mai, die die riesige Perle mit offenem Mund angestarrt hatte, schien wie aus einem Traum zu erwachen. "Ach so, verstehe. Weil niemand mit ein bisschen Verstand glauben wird, dass ausgerechnet drei Genin ein Schatz im Wert von vierhundert Millionen Ryou anvertraut wird. Alle werden sich auf den Jounin stürzen. Sofern sie davon wissen."
"Gut kombiniert. Allerdings rechnen wir zumindest mit dem einen oder anderen Interessenten, denn alleine die Kiste ist mit Gold im Wert von vierzigtausend Ryou beschlagen, um sie authentisch zu machen.
Wir haben die Hoffnung, dass, solltet Ihr versagen, der Original Hyperion für einen Appel und ein Ei als geschickte Fälschung verkauft werden wird und wir ihn billig zurückholen können", stichelte die Hokage.
"Tsunade-sama, das war jetzt nicht sehr nett", murrte Shinji.
"Was meinst du, wie nett ich werde, wenn ich Hyperion tatsächlich auf dem Schwarzmarkt suchen muss?", erwiderte sie amüsiert mit jenem Hauch Gefährlichkeit, der den Überlebensinstinkt jedes Shinobi anregte. Immer.
"Jedenfalls", fuhr sie fort, "besteht eine geringe Chance, dass Ihr angegriffen werdet. Da du, Shinji, Affenkrieger beschwören kannst, habt Ihr eine gute Chance, unverletzt durchzukommen. Oder auch unbemerkt."
"Äh, Tsunade-sama", fragte Kira, "wohin eigentlich?"
"Darauf habe ich gewartet", sagte sie noch immer lächelnd.
"Bisher hat Konoha den Hyperion in der Bank aufbewahrt und bewacht. Er gehört dem Daimyo und war bei uns sicher. Diese Perle stellte stets so etwas wie eine stille Reserve des Landes des Feuers dar, aber sie hat auch zeremonielle Bedeutung. Früher einmal wurden Perlen dieser Art den toten Herrschern in den Mund gelegt. Heutzutage begnügt man sich damit, sie am Kopfende der Toten aufzubahren.
Was denn? Nein, es ist niemand gestorben. Lasst mich ausreden und macht nicht so angewiderte Gesichter", tadelte sie.
"Tun wir ja", sagte Shinji schnell.
"Mittlerweile ist die Perle so etwas wie das inoffizielle Wahrzeichen der Familie des Daimyos geworden. Bei jeder wichtigen Zeremonie liegt sie aus. Einer der Söhne des Daimyos wird heiraten, und der Herrscher wünscht, dass die Perle in dieser Zeit ausgestellt wird, um den Reichtum seines Hauses und seines Landes zu präsentieren. Guy wird in der Zeit die Bewachung übernehmen, nachdem er sich durch den Wust an Dieben gekämpft hat."
"Aber warum hat er dann nicht gleich das Original mitgenommen?", fragte Kira verwundert. "Der Bursche kommt schon durch."
"Weil wir hier über Diebe reden. So sehr ich ihn als Krieger schätze, aber ich fürchte, ihm könnte die Kiste unter dem Allerwertesten fortgestohlen werden. Und dann war es das mit der Perle."
"Ah, verstehe. Dann müssen wir also in die Hauptstadt?"
"Richtig, Mai-chan. Das dauert nicht lange. Abends seid Ihr schon wieder zurück."
"Und nach der Zeremonie wird die Perle wieder nach Konoha gebracht?", fragte Kira.
"Richtig. Aber das wird erst am Ende der nächsten Woche sein. Eventuell werde ich auch eine andere Gruppe mit dieser Aufgabe betrauen, die die Übung und den Nervenkitzel gebrauchen kann für vierhundert Millionen Ryou verantwortlich zu sein. Alles klar soweit?"
Die vier Genin nickten.
Tsunade-sama nickte Shizune zu, die die kleine Kiste wieder schloss und in der Schriftrolle versiegelte. Anschließend rollte sie diese zusammen und überreichte sie Mai.
"V-vierhundert Millionen Ryou...", stotterte sie, als sie die wertvollste Schriftrolle aller Zeiten in Händen hielt. "Was man sich dafür an Schuhen kaufen könnte."
"Typisch Mädchen", murmelte Shinji. "Immer gleich an Schuhe und Klamotten denken."
"Ich bin nun mal eine Frau und will gut aussehen", erwiderte sie etwas zu heftig.
"Dies ist eine C-Mission. Du kannst dir genügend Schuhe von der Belohnung kaufen, Mai-chan", sagte Tsunade. "Im übrigen erwarte ich von euch, dass Ihr mit diesem Vermögen nicht desertiert, um irgendwo in der Fremde bis ans Ende eurer Tage in Saus und Braus zu leben."
"Warum sollten wir etwas so dummes tun, wenn alles, was wir lieben, hier in Konoha ist?", fragte Kira verdutzt.
Seufzend reichte Tsunade-sama ihrer Sekretärin eine Münze im Wert von zwanzig Ryou.
"Danke, Tsunade-sama. Ich wusste, einer von ihnen würde das sagen. Immerhin sind sie Schüler des Ewigen Chunin."
"Vielen Dank, Kira-chan. Und jetzt raus mit euch und auf eure Mission, bevor ich noch mehr Geld verliere."
"Du kannst dich auf uns verlassen, Tsunade-sama!", rief Mai aus vollem Hals. Die anderen stimmten ihr lautstark zu. Anschließend verließen sie das Büro.
"Die haben tatsächlich auf uns gewettet", sagte Kira zu Shinji, bevor die Bürotür zugezogen wurde.

"War das klug?", fragte Shizune. "Was, wenn jemand den Bluff durchschaut und sie angreift?"
Tsunade-sama lächelte. "Der Ewige Chunin wird sie zwar nicht anführen, aber er wird sie begleiten. Also keine Sorge, Shizune-chan."
Die junge Frau nickte hocherfreut. "Guter Schachzug, Tsunade-sama."
***
Nervös sah sich Kira zu allen Seiten um, als sie durch die Stadt gingen. Das gab sich nicht, als sie das Stadttor durchschritten. Auch nicht, als sie im Wald unterwegs waren.
"Halt", sagte Mai. Sie drehte sich zu Kira. "Kuzomi-chan, darf ich?"
"Nur zu. Mir geht er damit auch schon auf die Nerven", sagte das Spinnenmädchen lächelnd.
Mai ergriff die Schultern des jungen Shinobi, drehte ihn seitlich und brüllte ihm aus nächster Nähe ins Ohr: "HÖR AUF MIT DEM SCHEIß!"
Erschrocken fuhr Kira zusammen. Er riss sich los und taumelte für einen Moment, wurde aber von Kuzomi-chan aufrecht gehalten. "Oh Elend, jetzt bin ich auf dem linken Ohr taub. Hey, Mai-chan, was soll der Mist?"
"Das sollte ich dich fragen! Warum verhältst du dich so verdammt auffällig? Deine Nervosität ist so offensichtlich, dass sich jeder, der uns gesehen hat, fragen wird, warum du so aufgeregt bist. Und bevor wir uns versehen, haben wir irgendwelche Strolche am Hacken."
"Tatsächlich habt Ihr schon ein paar am Hacken!", dröhnte ein knorriger Bass aus dem Gebüsch rechts von ihnen. "Und Ihr tut gut daran, alles von Wert herzugeben, wenn Ihr nicht wollt, dass euch etwas passiert! Oder euren niedlichen Mädchen!"
Mai sah wütend nach hinten. Fünf Straßenräuber, gerade so gekleidet, dass sie in den Straßen Konohas nicht allzu sehr auffielen. Dies hier war noch Patrouille-Gebiet. Aber es schien keine in der Nähe zu sein, also mussten sie sich selbst drum kümmern.
Sie seufzte. "Shinji, würdest du bitte...?"
"Aber natürlich, Mai-chan. Sind ja nur fünf. Rück du derweil Kira den Kopf gerade."
"Ignoriert Ihr uns? Kinder, ich warne euch, uns zu ignorieren ist eine ganz dumme Idee!"
"Kuchiose no Jutsu!"
"Hör mal, Kira. Ich weiß, der Hyperion ist eine Menge Geld wert...", begann Mai.
"Du hast gerufen, Shinji-kun?"
"Ja, ich habe da ein leichtes Problem, Gosunkugi-san. Könntest du bitte in deine Kampfgestalt wechseln?"
"Das Würstchen soll uns aufhalten? Ha!"
Ungeührt fuhr sie fort: "Und ich weiß, das ist eine Menge Verantwortung, Kira, aber, sieh mal, sogar ich habe mich einen Moment gefragt, was für ein Leben ich mir mit vierhundert Millionen Ryou machen könnte. Und ich habe mich auch gefragt, was passiert, wenn ich versage, ob ich das überlebe und wenn ja, ob Tsunade-sama mich am Leben lässt. Oder euch."
"Dann verstehst du ja, wie es in mir rumort, Mai-chan. Wenn euch etwas passiert wegen diesem Ding, dann...", meinte Kira mit belegter Stimme.
"HIMMEL, IST DER GROß!"
"RÜCKZUG! RÜCKZUG! BLOß WEG HIER!"
"Ich lasse dir den Vortritt, Gosunkugi-san."
"Zu liebenswürdig, Shinji-kun."
Mai nickte heftig. "Genau das ist das Problem, Kira. Wir haben einen Auftrag zu erfüllen. Aber du bist so verdammt nervös, dass es jeder sehen kann. Du verrätst uns, Kira. Und was passiert wohl, wenn es keine viertklassigen Ganoven sind, die noch nie was vom Patrouillenparameter Konohas gehört haben?"
"Hey! Wir sind mindestens zweitklassig! Uuuuuuffffff!"
"Einer weniger, Shinji-kun."
"Zwei, Gosunkugi-san. Muahahahahaha!"
Mai lächelte. "Und außerdem, alter Freund: Seit wann hast du kein Vertrauen mehr in uns? Mich, Shinji, das Spinnchen?"
"Aber ich vertraue euch doch. Aber ich will nicht, dass euch etwas passiert... Oh..." Erkennen stieg im jungen Raiton-Nutzer auf.
"Ja, oh", sagte Kuzomi.
"HILFE! HILFE! HILFE!"
"Nix da! Erst große Töne spucken, und jetzt jammern ist nicht. Außerdem bringe ich dich ja nur fast um."
"Der Kleine ist brutaler als der Riesenaffe! Weg hier! Wir..."
"Wen hast du gerade Riesenaffe genannt?"
"Urgs..."
"Das waren drei und vier."
Mai ergriff Kiras Rechte und Linke. "Hier, Kira, fühlst du meine Hände? Spürst du ihren Druck? Vertrau mir doch einfach. Du musst uns nur so sehen wie damals auf der Kuppel mit Mamo-chan. Wir sind deine Vertrauten, deine Partner, deine Kameraden, dein Team. Du weißt, was wir können. Und gerade eben hat Shinji mit Gosunkugi vier von fünf Strauchdieben erledigt."
"AUTSCH!"
"Jetzt sind es alle, Mai-chan!"
"Okay, danke, Shinji. Bindet sie irgendwo fest und signalisiert der nächsten Patrouille.
Kira, verstehst du, was ich sagen will? Und wem ich es sagen will? Wir sind mehr als Teamkameraden. Wir sind diejenigen, denen du dein Leben in die Hände legst. Und du bist der, dem wir unsere Leben in die Hände legen." Sie küsste seine Hände. "Ist es besser mit dem Zittern?"
Verdutzt starrte er sie an, während Kuzomi daneben stand und eifersüchtig die Wangen aufblies.
"Äh... Ja. Das Zittern ist weg. I-ich bin nicht mehr so nervös."
Befreit lachte er auf, während Gosunkugi und Shinji ihre Gefangenen fesselten. Anschließend pfiff der dickliche blonde Shinobi einem der Patrouillenhabichte etwas zu, der daraufhin schrie und eine Patrouille benachrichtigte.
"Dann ist alles in Ordnung." Mai lachte laut auf. "Hey, ich kann jetzt Anführerreden halten! Verdammich, ich hätte nie gedacht, dass Mamo-chan so viel aus mir rausholt. Lasst uns weitergehen, damit wir unser Lieblingsrestaurant erreichen, bevor der Mittag vorbei ist. Das Essen geht auf mich."
"Yay!"
"Willst du auch mit essen, oder musst du auf den Affenberg zurück, Gosunkugi-san?"
Der Affenkrieger wechselte von seiner imposanten Affengestalt zu seiner Tarngestalt als schmächtiger, übernächtigter junger Konoha-Genin mit den dicken Augenringen. "Wenn es DAS Restaurant ist, komme ich gerne mit. Aber bist du sicher, dass du so viel ausgeben willst?"
"Ach", meinte Mai und machte eine wegwerfende Handbewegung", dann kaufe ich mir eben ein Paar Schuhe weniger." Sie winkte. "Los jetzt, Leute, ich habe Hunger!"
Das Mädchen ging in Step und verschwand, ihre Teamkameraden folgten ihr.
Kurz darauf kam das Patrouillenteam an und fand fünf überwältigte und gut gefesselte Banditen vor. Keine Frage, hier waren Kollegen vorbeigekommen.
***
"Das ist aber nett, dass Ihr wieder vorbeischaut", sagte Onkel Ma, der Betreiber der kleinen Namenlosen Gaststätte im Nirgendwo der Wälder des Land des Feuers. Wirklich, so hieß sie: Die Namenlose Gaststätte. Das machte sie zu einem der angesagtesten In-Läden in der Nähe und besonders am Wochenende war er rappelvoll mit Besuchern aus Konoha. Gerüchteweise hielt die Besitzerin des Shindo dreißig bis fünfzig Prozent an dem Lokal...
Suchend sah sich der Mann in der Mitte seiner Lebensjahre um. "Ist Mamo-chan spät dran?"
"Äh, nein, Onkel Ma. Wir sind heute alleine unterwegs", sagte Shinji, der bei diesen Worten fast vor Stolz zu platzen schien.
"Ach, tatsächlich? Wow, euer Sensei scheint euch wirklich zu vertrauen und euch eine Menge zuzutrauen, wenn er euch tatsächlich alleine losschickt." Der ältere Herr verzichtete darauf, die Kinder zu fragen, weshalb sie unterwegs waren, was ihr Auftrag war und wohin sie gehen würden, denn das fragte man einen Shinobi im Einsatz nicht. Dafür kannte er seine Gäste viel zu gut. Es hätte auch keine Antwort gegeben. Keine echte zumindest. Diese Kinder waren gut trainiert.
"Wollt Ihr euch draußen hinsetzen? Drin ist zwar noch was frei, aber einige meiner Gäste... Nun."
Kira zuckte die Achseln. "Kein Problem, Onkel Ma. Wir können auf uns aufpassen."
"Ja, das könnt Ihr zweifellos", sagte der Gastwirt nach einem Blick auf die Spinne und den Affenkrieger. "Aber die Gäste sind Großmäuler, und ich will nicht, dass sie deshalb ihre verdiente Prügel kriegen. Zumindest nicht, bevor sie ihre Zeche bezahlt haben."
"Schon verstanden", sagte Mai schnell. "Und es ist ja auch so ein schöner Tag. Wir essen draußen. Schreib bitte alles auf mich, Onkel Ma. Da ich heute die Anführerin bin, bezahle ich."
"Oh nein, Mai-chan. Bei einer so besonderen Gelegenheit wie deinem ersten Kommando seid Ihr selbstverständlich eingeladen. Esst und trinkt, was Ihr wollt."
"Gut, dann nehme ich den Sake und...", begann Kira.
"Außer alkoholischen Getränken, natürlich."
"Mist."
Mai-chan sah den Älteren unsicher an. "Kann ich das überhaupt annehmen?"
Der Gastwirt lachte. "Schau dir doch mal meine Preise an. An fünf Mahlzeiten und den Getränken dazu werde ich nicht des Hungers sterben. Außerdem plane ich für die Zukunft. Irgendwann werdet Ihr Chunin sein, dann Jounin. Bald darauf werdet Ihr eure eigenen Genin-Gruppen anführen. Und wo werdet Ihr wohl essen, wenn euch eure Missionen nach Norden führen? Beim alten Onkel Ma in seiner Namenlosen Gaststätte." Das war zwar nur die halbe Wahrheit, aber es war akzeptabel.
"Danke, Onkel Ma. Wir nehmen von deinen vorzüglichen gebratenen Nudeln. Dazu gebratenes Huhn und etwas Schwein."
"Aber, aber, Mai-chan, warum so bescheiden? Ich stelle euch noch Rind und Seefisch mit dazu. Wir haben frischen Lachs in der Küche."
Mai leckte sich mit der Zunge über die Lippen. Sie liebte Seefisch. "I-ich kann dich doch nicht so ausnutzen, Onkel Ma."
"Mach dir keine Gedanken, keine Gedanken. Setzt euch, bitte. Ich schicke euch gleich Sen zum Eindecken raus. Er wird euch auch eure Getränke bringen, wenn Ihr das Gleiche wie immer wollt."
Die fünf nickten und Onkel Ma machte eine kurze Verbeugung, bevor er ins Haus ging.

"Uiii, da haben wir aber Schwein. Und Schwein auch", schwärmte Shinji. Er stieß Mai den Ellenbogen in die Seite. "Sogar Lachs hat er da. Was für ein Glück, eh, Mai-chan?"
"Ist das nicht zu viel? Ich meine, ich habe doch Geld und will bezahlen..."
"Nun nimm das doch einfach hin", sagte Kira. "Das nächste Mal, wenn wir hier essen, bezahle ich halt und drücke dem guten Onkel ein dickes Trinkgeld auf, dann passt das wieder."
"Meinst du?", fragte Mai und nahm Platz.
"Kira hat vollkommen Recht. Setzen wir uns und genießen wir einfach, bevor wir weiter müssen", sagte Kuzomi mit Nachdruck und setzte sich ebenfalls.
"Na, wenn das so ist..." Nun nahmen auch die Jungs ihre Plätze ein.
Kurz darauf kam Sen heraus. Er brachte ein Tablett mit großen Teebechern, in denen grüner Tee und Weizentee war. Er wirkte etwas zerzaust, was bei dem Gleichaltrigen eine ungewöhnliche Erscheinung war. "Verzeiht die Verspätung, aber wir haben ein paar Gäste, die sich leider schlecht benehmen. Ich habe schon Hime nach hinten geschickt, bevor sie zu ungebührlich mit ihr umgehen."
Kiras Kopf ruckte hoch. Hime wurde Sens kleine Schwester genannt, weil sie sehr gute Manieren, ein aristokratisches Auftreten und eine Menge natürlicher Grazie besaß. "Was, bitte, haben die mit Hime gemacht?"
"Schon gut, schon gut, Kira. Es ist alles unter Kontrolle", beeilte sich Sen zu sagen und strich sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. "Noch zumindest."
"MEHR SAKE!", brüllte jemand aus dem Haus.
"Komme!", rief Sen. Murmelnd betrat er die Gaststätte wieder.
"Habt Ihr gehört? Er hat gesagt: Wenn das mal gutgeht", sagte Gosunkugi. "Soll ich nicht lieber mal..."
"Wir bleiben ruhig. Unser Hauptaugenmerk ist diese Schriftrolle", sagte Mai und deutete auf das, was davon zu sehen war. Ein kleinest Stück Wickelholz zwischen ihren Brüsten, dem derzeit sichersten Ort in Umkreis von fünf bis zehn Kilometern.
Hikari Gosunkugi, schon halb aufgestanden, setzte sich wieder und griff nach seinem Tee. "Wenn du das sagst."

Es vergingen etwa zwanzig Minuten. Das Essen kam und kam nicht. Dabei hätte eigentlich zumindest die grandiose Salatbeilage auf dem Tisch stehen müssen. "Soll ich mal...?", meinte Kira fragend.
"WO IST DIE KLEINE?"
"...erst mal bezahlen... ...kein Benehmen... ...Geld her und dann raus..."
"FÜR DIESEN FRAß AUCH NOCH GELD NEHMEN WOLLEN?"
"Soll ich wirklich nicht...?", fragte der Affenkrieger.
"Nun...", meinte Mai.
In diesem Moment erschien Sen in der Tür, die Haare noch zerzauster. Mit entsetztem Blick sah er zu den Shinobi herüber. "Ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir uns unserer Freundschaft mit den Shinobi Konohas erinnern sollten. Wenn Ihr uns vielleicht zur Hand gehen könntet..."
"Aber klar. Kira, mach mal."
"Bin schon auf dem Weg." Mit einem Ächzen erhob sich der junge Shinobi. "Bleib mal gleich draußen, Sen. Onkel Ma, geh bitte in die Küche."
"WAS WILL DENN DER HÄNFLING?"
"Danke, Onkel Ma. Was der Hänfling will?", klang Kiras Stimme zu ihnen heraus. "Das Geld für das Essen, das Ihr verdrückt habt. Sofort."
"DU WITZPILLE DENKST WOHL, WEGEN DEINEM SCHEIß STIRNBAND HÄTTEN WIR..."
Das Geräusch einer kleinen statischen Entladung war zu hören. Aus der offenen Tür zuckte ein Blitz hervor, der in die kupferne Dachrinne einschlug, aber nichts beschädigte.
"Reicht das, oder soll ich noch einen drauflegen?", fragte Kira gelassen.
"...reicht! Reicht vollkommen, junger Herr! Entschuldigt bitte unser Auftreten, junger Herr. Ach, Ihr seid ja Shinobi aus Konoha. Großartige Stadt. Die mächtigsten Shinobi weit und breit. Ahahahah. Wir sind alle rechtschaffende, treusorgende und unsere Steuern bezahlende Bürger. Das war alles nur ein Missverständnis. Ahahaha. Natürlich bezahlen wir und legen noch ein saftiges Trinkgeld drauf, weil es sooo lecker war! Ahahahahaha."
"Und vergesst nicht, hier essen jeden Tag rund fünfzig Konoha-Shinobi zu Mittag. Und viele von denen sind nicht so nett wie ich", fügte Kira an.
"Aber wir haben doch keine Probleme mit Konoha-Shinobi. Bestimmt nicht. So, guter Wirt, hier ist das Geld und das als Trinkgeld. Wenn Ihr uns jetzt entschuldigen wollt..."
Kurz darauf floh eine Horde von sieben als Kaufleute gekleidete Burschen aus der Gaststätte, die sich alle dadurch auszeichneten, dass ihnen die Haare zu Berge standen, teilweise verkohlt waren und rauchten. Mit allen Anzeichen des Entsetzens flohen sie die Straße hinab.
"Die sind wir los", meinte Kira grinsend, als er ebenfalls heraustrat. "Sen, du sollst servieren helfen."
"J-ja, Kira-kun. Ich meine, Kira-sama."
Kira tätschelte dem Kellnerjungen die Wange. "Kira reicht. So wie immer. Und die Kerle haben Glück, dass Mai nicht selbst rein ist. Das hätte ich ihnen noch sagen sollen."
"Alles klar, Kira." Hastig eilte Sen ins Haus und Kira setzte sich wieder auf seinen Platz.
Nun kam Onkel Ma persönlich raus, zwei sehr große Schalen mit gebratenen Nudeln tragend.
"Verstehst du jetzt, Mai-chan, warum es gut ist, wenn ich den Konoha-Shinobi zu besonderen Gelegenheiten einen ausgebe?"
"Okay, jetzt ja, Onkel Ma." Sie lachte leise. Und rieb sich die Hände, als ihr der Geruch des gebratenen Fischs in die Nase stieg. "Der riecht ja lecker." Netterweise verzichteten die anderen darauf, ebenfalls vom Lachs zu essen, bis Mai nicht mehr mochte und sich dem Schwein zuwandte.
Und sie mussten wirklich nichts bezahlen.
***

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Zur selben Zeit, nur fünfzehn Kilometer weiter östlich, war der Jounin Might Guy mit dem unterwegs, was er für den echten Hyperion hielt. Zudem trug er die Kiste nicht in einer Schriftrolle verstaut, sondern auf Tsunades persönlichen Wunsch offen mit sich herum. Damit machte er sich natürlich zum Ziel. Aber wenn es etwas gab, was der "Grüne Wirbelwind von Konoha" in Massen hatte, dann unerschütterliches Selbstvertrauen in seine Fähigkeiten. Vor allem gegen ein paar banale Straßenräuber. Genau mit diesen, fünf an der Zahl, schlug er sich gerade herum. Das heißt, er benahm sich mehr wie eine Katze, die mit ihrer Beute spielte. Einen von ihnen, den maskierten Schwertkämpfer, hatte er gleich zu Anfang fast schon aus dem Rennen geworfen. Schwer atmend und am harten Aufprall laborierend starrte er die Kämpfenden an.
Diese waren nun nur noch vier. Der Anführer, ein Nukenin, flog gerade selbst durch die Luft, das harte Gesicht dabei verkniffen und sich auf den Aufprall vorbereitend. Die beiden Riesen, offensichtlich Zwillinge, versuchten derweil mit einiger Mühe Guys Bewegungen einzuschränken, während Nummer vier, eine kleine Gestalt mit verkniffenem Gesicht, vor der Szene stand und nicht wusste, ob er seine Dolche oder seine Wurfschlingen benutzen sollte. Oder ob er einfach den Tragegurt durchschnitt, der die Kiste mit dem wertvollen Inhalt auf Guys Rücken fixierte. Immerhin, Hidari und Migi hatten seine Arme ergriffen und schienen ihn halten zu können. Aber...
"Warum zögerst du?", rief der Chef nach seiner schweren Landung herüber. "Nur jetzt haben wir die Gelegenheit, zuzuschlagen!"
"I-ich bin mir nicht sicher, Boss", haspelte der kleine Mann. "D-der Typ ist doch... Ich meine, schau ihn dir doch an! Der enge Anzug und so. Man kann deutlich seine Pobacken sehen! Ich will mich von dem nicht anfassen lassen!"
Dem Anführer entgleisten die Gesichtszüge. "Äh..." Er fasste sich und stemmte sich in die Höhe. Seine Augenbrauen vereinigten sich dabei zu einer einzigen. "Und was willst du uns damit sagen, Buki? Dass du ihm nicht mal eine verdammte Kiste mit einem Vierhundert Millionen Ryou-Inhalt vom Körper schneiden kannst?"
"Ja", gestand der kleine Mann kläglich.
"Ja, Himmelherrgottnochmal, aber warum?"
"Der ist 'ne Tunte! Ganz klar! Den fasse ich doch nicht an! Was ist, wenn das auf mich abfärbt?"
Der Maskenträger ächzte auf. Auch der Chef fasste sich fassungslos an die Stirn, während Hidari und Migi enttäuscht ausatmeten.
"Hör mal, Buki, deine Homophobie in allen Ehren, aber erstens färbt so etwas nicht ab, und schon gar nicht auf dich, und zweitens gibt es vierhundert Millionen Argumente dafür, dass du es tust! Jetzt!"
"Aber ich will nicht! So was ist doch abartig und widernatürlich! Du kannst mich nicht dazu bringen, ihn anzufassen, nicht mal für vierhundert Millionen. Und das ist mein letztes Wort!"
Wieder ging ein geradezu verzweifeltes Ausatmen durch die anderen. Vor allem der Maskenträger ließ sich bei derart viel Bigotterie ins Gras sinken. "Buki, verdammt, werde erwachsen!", kam es schrill von ihm herüber.
"Wenn ich mich konzentriere, kann ich sogar seine... Seine... Nun, die kann ich auch sehen! Der ist sowas von stock..."
Ungefähr an dieser Stelle der Geschichte gab es eine bedeutende Änderung. Hidari und Migi begriffen zwei Dinge. Erstens, dass selbst sie mit fast dreihundert Pfund Körpermasse pro Mann in der Lage waren zu fliegen, wenn ihnen nur genügend Energie mitgegeben wurde, und zweitens dass der grüne Wirbelwind mit ihnen augenscheinlich nur gespielt hatte. Sie landeten mehre Dutzend Meter entfernt hart und blieben erst einmal liegen.
Guy indes ging auf den kleinen Mann zu. "Es tut mir leid, dich in dieser Beziehung zu enttäuschen, aber ich bin heterosexuell orientiert", klärte er den Kleinen auf. "Diese besondere Kleidung ermöglicht mir optimale Bewegungsfreiheit und die Gelegenheit, immer und überall zu trainieren. Für die Sicherheit und den Ruhm Konohas sind Gedanken an Auftreten und Image nebensächlich. Allein handeln zu können ist wichtig für mich."
Guy registrierte, dass er und der Kleine, Buki, vier sehr interessierte Zuschauer hatten. Und dass der Kleine ihm kein Wort glaubte.
"Äh..."
Guy legte ihm eine Hand auf die Schulter, was diesen erzittern ließ. "Du, mein kleiner Freund, solltest dringend etwas gegen deine Homophobie tun. Auch wenn ich keiner von ihnen bin, so weiß ich doch, dass auch schwule Menschen in erster Linie Menschen sind. Tatsächlich erfreuen sie sich gerade unter den Shinobi großen Rückhalts und großen Vertrauens. Sie sind nicht so zahlreich wie in den Reihen der Samurai, aber das liegt an der Sache an sich. Es werden jedes Jahr nur eine gewisse Anzahl homosexueller Menschen geboren, und die können nicht überall sein. Eine reine Männerdomäne wie die Samurai bietet da mehr Entfaltungsspielraum als die heterogenen Shinobi."
"Kö-könntest du deine Hand von meiner Schulter nehmen, bitte?"
"Nein."
"Nein? Warum nicht?"
"Weil du ein homophober Idiot bist, der andere nach ihrem Äußeren beurteilt, sie in Schubladen steckt, da nie wieder rausholt und sich am Glauben, auch noch was Besseres zu sein, selbst aufwertet. Alleine meine Berührung ist für dich wie ein Schlag ins Gesicht, einfach weil du mich schwul denkst. Also ist das eine angemessene Bestrafung, wie ich finde.
Und denk mal über das alte Sprichwort aus Konoha nach, das mir zur Situation einfällt: Wer quietscht, will geölt werden. Womöglich bist du selbst homosexuell und verdrängst es nur mit all deiner Kraft."
Erneut begann Buki zu zittern. Vor Wut, wie es schien. Dann aber wandte er sich ab, riss sich von Guys Hand frei und lief, einen Strom von Tränen hinter sich herziehend, in den Wald zurück. "Ich bin nicht schwul!"
Seufzend schüttelte Guy den Kopf. "Immer diese Selbstverleugner. Sie wollen mehr hetero als die Heteros sein und machen damit ihre eigene Lage nur noch schlimmer. Was ist so schwierig daran, Menschen als Menschen zu akzeptieren?"
Der Maskierte erhob sich und richtete sich zu seiner beachtlichen Größe von einem Meter achtzig auf. "Das waren sehr kluge Worte von dir, grüner Wirbelsturm. Ich bewundere deine Toleranz und dein fortschrittliches Menschenbild." Er trat näher an Guy heran. Seine Rechte hüpfte auf Guys Brust. "So ein feiner Kerl, nett noch dazu."
Guy fing die Hand ein. "Wie ich schon sagte, Herr Straßenräuber, ich bin hetero."
"So? Ich zufällig auch." Mit der Linken griff sich der Maskierte an die Kapuze und zog sie nach hinten. Eine Flut rotblonden Haares fiel auf seinen Rücken herab. Dann löste er die Fäden der Maske im Nacken, sodass ein herbes, aber durchaus frauliches Gesicht zum Vorschein kam. "Und ich finde, für deine Einstellung gehörst du belohnt, Migh-ty-Guy-sa-ma." Nun wanderte die Linke seine Brust hoch. Ihr Lächeln war warm und verheißungsvoll.
"Äh, ich lasse mich normalerweise nicht mit Straßenräubern ein", erwiderte er zaghaft.
"War da ein aber?"
"Aber ich habe einen Auftrag zu erfüllen, und so..."
"Ach, das. Die Kiste ist doch schon längst weg."
Erschrocken sah Guy an sich herab und erkannte, dass der Gurt durchschnitten war. Er sah hinter sich, aber dort lag keine Kiste. Dann schaute er sich um, aber er war mit der Frau alleine. Die beiden Riesen, der Kleine und der Boss fehlten. Wie hatte ihm das entgehen können?
"So ein..."
Ihre Rechte umfasste nun seine Rechte und hielt ihn fest. "Keine Sorge, die sind nicht weit. Und wenn du mich dich ein wenig verwöhnen lässt, verrate ich dir vielleicht, wo wir uns alle wieder versammeln... So ein feiner Kerl wie du..."

Eine ganze Ecke weiter, nämlich bereits beachtliche fünf Kilometer, bewegten sich Hidari, Migi und der Boss per Step so schnell sie konnten in Richtung Land der Steine. In der Hand hielt der Chef der Truppe die Kiste, die Guy beschützt hatte.
"Was ist überhaupt passiert, Boss?", fragte Hidari mit seiner kläglichen Fistelstimme. "Ich dachte eigentlich, mein Bruder und ich sollten ihn niederringen und dir die Flucht ermöglichen und du holst uns später aus dem Knast."
Der Chef grinste breit. "Hätte ich euch beide in meine Pläne eingeweiht, hätte es weniger Spaß gemacht. Versteht Ihr jetzt, warum ich einen bigotten, verlogenen und selbstgefälligen Hund wie Buki für diesen Überfall angeworben habe?"
"Und San-chan", kam es tief und brummig von Migi. "Gehörte das alles zum Plan?"
Der Anführer lachte laut. "Natürlich. Von Anfang an. Denkt Ihr, wir hätten gegen den grünen Wirbelwind von Konoha normalerweise auch nur den Hauch einer Chance gehabt? Der Mann hat seinen Namen nicht im Straßenlotto gewonnen. Er ist einer der wenigen Shinobi, die es mit dem legendären Kopierninja Konohas aufnehmen können. Nein, Jungs, der hätte mit uns den Boden aufgewischt und unsere Reste bei der nächsten Polizeistation abgeliefert. Aber was ist jetzt? Wir haben den Hyperion! Und wenn alles glatt läuft, dann beschäftigt San-chan ihn noch für ein, zwei Stunden."
"Ich verstehe immer noch nicht", beklagte sich Hidari.
Wieder lachte der Boss. "Denkt doch mal nach. Guy hat zwar gesagt, es ist ihm egal, und sein Outfit ist vielleicht für sein permanentes Training eine gute Idee, aber nicht für sein Image. Hohn und Spott sind da nicht weit. Oder so dämliche Vergleiche, wie sie Buki gezogen hat. Er hat sich aber nie wirklich davon distanziert, also nehme ich an, die Vergleiche waren ihm auch egal. Bis jetzt. Tja, man nehme also einen Schwulenhasser, der wahrscheinlich wirklich selbst schwul ist, jemanden, der sich Schwulenwitze bis zum Erbrechen anhören muss und deshalb automatisch Partei für sie ergreift, und schließlich eine nicht allzu hässliche, heterosexuelle Frau, die Sympathien für Homosexuelle hat und dementsprechend jedem gleichgesinnten Mann gegenüber... Sehr offen ist."
"Das war aber arg bei den Haaren herbeigezogen", murrte Migi.
"Aber es hat funktioniert, oder?" Der Chef lachte erneut. "Richtig gut funktioniert."
"Wir sind aber nicht auf dem Weg zum Treffpunkt", wandte Hidari ein.
"Für wie blöd hältst du mich? Natürlich nicht. Buki will ich gar nicht erst wiedersehen, und San-chan werden wir schon wiederfinden, sobald wir das Ding hier zu Geld gemacht haben." Breit grinsend klopfte er auf die Box.
"Und was ist, wenn das Ding nur ein Ablenkungsmanöver ist?", fragte Hidari.
"Dann ist das Ding laut meiner Quellen immer noch vierzigtausend Ryou wert. Wir können nur gewinnen, Jungs."
Das brachte die beiden Hünen zum Grinsen. "Du hast an alles gedacht, Boss", sagte Migi.
"Das hoffe ich doch. Und wisst Ihr, was das Beste ist? Wir würgen nicht nur Konoha einen rein, sondern machen unseren Überfall dazu auch noch legendär. Und Buki kriegt auch sein Fett weg. Mehr als genug."
Die drei lachten aus vollem Halse. Nur ein wenig Glück fehlte jetzt noch, um ungeschoren zu entkommen.
***
Zwei Stunden später stand ein ziemlich zerknirschter Might Guy vor seiner obersten Chefin. "Ich habe die Kiste verloren", gestand er schonungslos.
Tsunade betrachtete ihn nachdenklich über ihre vor dem Kinn gefalteten Hände hinweg. "Ich weiß. Vierzigtausend Ryou zum Teufel."
"Und obwohl ich nachgesucht habe, konnte ich keine Spur mehr von ihnen finden. Ihr Vorsprung war zu groß, aber wenn wir... Wie, vierzigtausend Ryou?"
"Hyperion wird gerade von Team dreizehn transportiert. Deine Mission diente nur der Ablenkung, Guy."
"Uff, da bin ich aber erleichtert. Aber sollte nicht noch jemand auf sie aufpassen, nur für den Fall, dass die Ablenkung nicht funktioniert oder dass sie in ganz banale Schwierigkeiten geraten? Einen unfreundlichen Jounin zum Beispiel?", fragte er.
"Darum haben wir uns schon gekümmert. Mamoru Morikubo begleitet die Genin heimlich, um sich von ihren Fortschritten zu überzeugen. Er wird eingreifen, falls es brenzlig wird. Und ich denke, das kriegt Mamo-chan schon hin."
"Ja, das glaube ich auch. Lee sagt, er ist noch stärker geworden als bei der Suna-Mission, und ich glaube ihm. Ich selbst habe große Erwartungen in Mamoru-kun", erwiderte Guy zufrieden. "Die Kraft der Jugend fließt durch seine Adern wie ein ungestümer, ungezügelter Gebirgsbach."
"Sagst du das wegen seinem unehelichen Sohn?", neckte Tsunade.
"Nicht zwingend."
Die Hokage grinste. "Aber mal was anderes. Warum konnten die Diebe einen Vorsprung gewinnen? Und ist das Lippenstift an deinem Kragen?"
"I-ich möchte nicht darüber reden, Tsunade-sama!"
"Ah. So, so." Sie ließ ein Schmunzeln folgen. "Dann liegt wohl alles weitere bei Team dreizehn. Und bei Mamo-chan."
***
Ich nieste. Heftig. Mehrfach. Und das, obwohl ich gesund war. Eigentlich. Das irritierte mich ein wenig, aber da es genauso schnell aufhörte, wie es begonnen hatte, schob ich es auf ein paar verirrte Pollen.
In aller Seelenruhe verspeiste ich drei Onigiri mit Lachsfüllung, die ich für meine Mittagsmahlzeit mitgenommen hatte, und beobachtete dabei meine Genin vor der Taverne ohne Namen. Ich war sehr zufrieden mit dem, was ich sah. Ihre Fortschritte konnten sich sehen lassen. Vor allem Kira hatte wohl dank seines Aufenthalt in Kumo im Rahmen eines Austauschs zwar sein Jutsu nicht verstärken können, dafür aber gelernt, wie man es stabiler anwendete. Gut für ihn. Und für seine Nervenleitungen, die natürlich weniger "Wartung" brauchten, wenn sein Jutsu funktionierte.
Auch Mai machte eine sehr gute Figur. Sie wuchs in ihre Anführerrolle gut rein. Na, da würde aber jemand überrascht sein, wenn er das nächste Mal mit den Genin unterwegs war. Und das würde bald sein, denn es war abzusehen, wann Shinpa-chan ohne die Betüttelung durch Kishio auskommen würde. Dies würde der Startschuss für die nächste Mission sein, deren groben Züge ich bereits kannte und die Kishios Fähigkeiten im Besonderen benötigen würde, sollte es keine Selbstmordmission werden. Nun ja.
Kuzomi überraschte mit einer außerordentlichen Ruhe, einer Gelassenheit, die mich erstaunte. Noch vor einem Vierteljahr hätte sie Todesängste um Kira ausgestanden. Nun hatte sie Vertrauen in seine Fähigkeiten, was ich als Plus vermerkte.
Apropos Mädchen. Shinji hatte die meiste Zeit des Austauschs mit Shinobu verbracht, der Cousine Kiras, die an seiner Stelle nach Konoha gekommen war. Es war ihm sichtlich schwergefallen, sie wieder gehen zu lassen und selbst ein Blinder hätte erkannt, dass da etwas lief. Deshalb war mir lange nicht aufgefallen, dass noch etwas anderes nicht mit ihm stimmte. Ich konnte es nicht in Worte fassen, aber ab und an wirkte er... Abwesend. Und er neigte dazu, öfters mal die Augen zu schließen. Man könnte es für Erschöpfung halten, würde er nicht ansonsten geradezu vor Energie übersprühen. Ich beschloss, die Sache weiter zu beobachten. Aber alles in allem war ich mit meinen Genin sehr zufrieden. Sie waren Shinobi, und sie waren besser als damals, als ich ihre Gruppe übernommen hatte. Das stellte mich zufrieden. Aber damit war ihr Gipfel noch lange nicht erreicht.
Ich ertappte mich dabei, dass ich daran dachte, sie zur Chunin-Prüfung zu schicken. Aber halt, das war vielleicht doch noch ein Jahr zu früh. Außerdem stand ich vielmehr vor dem Problem, Shinpa-chan und Kishio durch diese Prüfung zu jagen, um ihren Wert für Konoha zu steigern und der ganzen Welt zu zeigen, dass wir ein weiteres wertvolles Bluterbe adoptiert hatten. Kiri war Ende des Jahres dran, die Prüfungen auszurichten. Wenn ich einen dritten Mann finden konnte, der einerseits mit Kishio mithalten konnte und andererseits selbst noch kein Chunin war, konnte ich mir Kiri sehr gut vorstellen. Eventuell wäre es auch einen Versuch wert, Mai, Kira und Shinji teilnehmen zu lassen, um zu schauen, wie weit sie kamen und was sie daraus lernten... Ich würde drüber nachdenken müssen.

"Und dann?", hörte ich eine laute Stimme rufen.
"Pssssst!", machte eine weitere Stimme. "Wenn sie dich hören!"
Das reichte, um mein Interesse zu wecken. Ich spannte meine sensorischen Fähigkeiten auf und entdeckte in einhundertfünfzig Metern - und achtzehn Zentimetern - den ersten von fünf Männern, die unter einem Gebüsch hockten und die namenlose Taverne beobachteten.
Mit Step wechselte ich meinen Standort, sprang in einen Baum und von dort zum nächsten Baum über dem Gebüsch. Von dort hatte ich einen guten Blick auf die fünf. Es waren natürlich genau die fünf, die Kira kurz zuvor aus der Gaststätte rausfrittiert hatte.
"Und dann machen wir den Laden platt, das ist dann!", sagte die erste Stimme, diesmal aber wesentlich leiser. "Und anschließend setzen wir eintausend Ryou auf jedes der fünf Kinder aus und schauen genüsslich dabei zu, wie sich die Kopfgeldjäger drum schlagen, um die Prämie abzukassieren. Die Jungen tot und die Mädchen... Gut, viel haben sie noch nicht zu bieten, aber wenn man sie nicht kaputt macht und noch etwas wachsen lässt, dann..."
Ich glitt vom Baum herab und landete hinter den fünf.
"Was dann?", fragte ich.
"Stell dich nicht so dumm an. Du weißt, was ich meine", sagte der Erste wieder.
"Nein, weiß ich nicht", erwiderte ich.
"Benutz deine Phantasie!", zischte ein Zweiter. "Wir werden sie ordentlich durchnudeln, bis sie jaulen, und... Wer bist du eigentlich?"
Alle fünf fuhren zu mir herum, erstaunt, entsetzt, und sie hatten allen Grund dazu.
Ich hielt die Rechte in der Linken und massierte sie, bis die Knöchel knackten. "Ich? Oh, ich bin der Sensei dieser Ninja da drüben, auf die Ihr ein Kopfgeld aussetzen wollt, nachdem Ihr den Laden, übrigens eins meiner Lieblingsrestaurants, auseinandergenommen habt. Und was mir am allerwenigsten gefällt, das ist, was Ihr mit meinen Mädchen vorhabt. Meine Herren, ich bin verständlicherweise sehr sauer."
"Wir sind fünf gegen einen, und..."
"D-das ist Morikubo! Der ewige Chunin!", rief der Dritte.
"Und das heißt?", fragte der Erste irritiert.
***
Mai löffelte ihre fünfte Portion Reis in sich hinein. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte sie Schwierigkeiten dabei gehabt, genügend zu essen. Aber jetzt, als aktive Kunoichi, fiel es ihr nicht nur leicht, sie konnte auch so viel essen, wie immer sie wollte, sie nahm einfach nicht zu. Okay, bis auf die Gewichtszunahme, die sich dadurch ergab, dass sie gerade einen ordentlichen Schuss machte. Und durch die Gewichtszunahme, die sich darin äußerte, dass sie alle Vierteljahre einen größeren BH brauchte. Aber ansonsten konnte sie essen und genießen. Zumindest bis die Druckwelle das Geschirr auf dem Außentisch tanzen ließ.
"Was war das denn?", fragte Shinji erstaunt und sah über die Schulter in die Richtung, aus der die hochkomprimierte Luft gekommen war. "Sensei? Hat er sein Dai Endan abgefeuert?"
"Nein, das war ein Fuuton-Jutsu", sagte Kira, während er ungerührt weiterkaute. "Ein recht nettes noch dazu."
"Mamo-chan beherrscht Fuuton", wandte Shinji ein.
"Aber er bevorzugt immer noch Katon, oder? Ich habe keine Stichflamme gesehen. Und wenn Sensei sein Katon einsetzt, dann sieht man zumindest die gigantische Feuerwalze, die er verursacht. Ich sehe aber keinen Rauch, und die Stichflamme habe ich auch nicht gesehen."
"Aber Mamo-chan beherrscht auch Fuuton."
"Ja, aber er ist dir und Mai nicht besonders weit voraus. Oder hat sich daran was geändert, dass er meistens mit euch unter Asumas Anleitung Fuuton trainiert?"
"Es kann ja auch nur ein einfaches Fuuton gewesen sein", maulte Shinji.
"Willst du unbedingt, dass Mamo-chan in der Nähe ist und für uns Kindermädchen spielt?", fragte Mai.
"Nein, das nicht. Klar, das wäre beruhigend, wenn ich bedenke, welchen Schatz wir mit uns rumschleppen", erwiderte Shinji und beugte sich vor, um Mai in den Ausschnitt zu schauen. "Aber es ist ja nicht so, als würden wir ihn brauchen."
"Shinji!", tadelte Mai entsetzt und hielt sich beide Hände vor der Brust.
Der Blondschopf seufzte. "Mai-chan, schon vergessen, wo du die Schriftrolle hingetan hast?"
"Ach ja. Aber so offen gucken ist trotzdem nicht nett!", tadelte sie.
"Solange ich nur gucke und sie nicht selbst rausnehme, sollte doch alles grün sein, oder?" Er gähnte herzhaft. "Ein kleines Nickerchen, bevor wir weiterziehen?"
"Sollten wir nicht lieber klären, was die Druckwelle ausgelöst hat?", fragte Kuzomi erstaunt.
"Das war ohne jeden Zweifel ein Shinobi", sagte Kira. "Ein sehr starker Shinobi. Und wenn ich mir die Richtung anschaue, aus der die Druckwelle gekommen ist, dann ist er unseren fünf Freunden über den Weg gelaufen. Und so wie ich die Großmäuler einschätze, haben sie sich mit ihm angelegt." Er legte beide Hände aneinander, klatschte zweimal und deutete eine Verbeugung an. "Friede ihrer Asche."
"Optimist", sagte das Spinnenmädchen. "Wir sollten trotzdem nachsehen."

Was die Genin fanden, war... Nichts. Wenn man von entwurzelten Büschen und halb zerschlagenen Bäumen absah. Eine kurze Rundumsuche ergab dann auch... Nichts. Keine Spur der fünf potentiellen Zechpreller. Oder dem, was ihnen hier begegnet sein konnte.
"Also, wenn es ein Fuuton war, dann aber ein heftiges", meinte Kira und deutete auf das Loch im Boden, das die Kerbungen einer Spirale aufwies. "Und so weit ist Mamo-chan noch nicht."
"Tja, hätte er früher mit Fuuton angefangen. Jeder, der Jounin werden will, weiß doch, dass... Oh." Shinji verstummte mitten im Satz, als ihm dämmerte, wo der Fehler im System lag.
"Richtig", schmunzelte Mai. "Jeder, der Jounin werden will. Und wer scheut diesen Rang wie ein Hund den Staubsauger?"
Die vier jungen Leute seufzten kollektiv auf.
"Und was jetzt, große Anführerin?", fragte Kira flapsig.
"Nun, wir behalten das, was hier geschehen ist, im Hinterkopf. Wir können theoretisch verfolgt werden. Ich will nicht riskieren, überfallen zu werden, während wir vielleicht mit etwas anderem beschäftigt sind."
"Wie sieht es mit einem schnellen Marsch aus? Wir nehmen Shunshin, so viel und so weit wir können, um die Residenz des Daimyou schneller zu erreichen", sagte Shinji.
"Oh, wir werden Step benutzen. Aber erstens haben wir noch genug Zeit, und zweitens kostet es uns Kraft, so schnell zu reisen", sagte Mai kopfschüttelnd. "Kraft, die wir vielleicht noch brauchen. Man weiß es nicht. Oder, Hikari-kun?"
Der Affenkrieger, der sich im Hintergrund gehalten hatte, während die Genin den Ort untersucht hatten, nickte knapp von seiner Position an einem wie durch ein Wunder unbeschädigten Baumstamm. "Spart lieber eure Kräfte. Du vor allem, Shinji. Dein Chakra ist ein wenig unstet heute. Wenn du meinen Kontrakt verlierst, während Ihr mich gerade dringend braucht, kann das in die Hose gehen."
Shinji knurrte angriffslustig. "Ja, verdammt, das weiß ich selbst!"
"Ach, sind wir etwas angefressen? Fehlt dir Shinobu-chan so sehr?", scherzte Mai.
"Es ist von allem ein bisschen!", fauchte er zurück. "Lass uns einfach nur..."
Übergangslos fand er sich an Mais Brust wieder. Nachdrücklich, aber nicht brutal, drückte sie ihn an sich. "Komm wieder runter, kleiner Bruder. Wir brauchen dich doch noch. Und du hilfst niemandem, wenn du dich unnötig aufregst."
Shinji, in eine unvorteilhafte Haltung gedrückt, nickte zu ihren Worten. Aber diese Bewegung war schon ein bisschen viel...
"Das kitzelt", sagte Mai lachend. "Shinji, lass das."
"Okay, ich bin wieder ruhig. Aber versprich mir eines, Mai-chan."
"Ja?"
"Kein Wort zu Shinobu hierüber, ja?"
Mit einem Schmunzeln ließ sie ihn wieder los. "Versprochen. Kein Wort zu Shinobu. Und jetzt kommt, Leute, wir müssen uns noch verabschieden." Per Step verschwand sie aus dem Wald.
Shinji sah zum Spinnenmädchen und Kira herüber. "Leute..."
"Schon klar, kein Wort zu Shinobu", sagte Kira großherzig und klopfte dem Dickeren auf die Schulter. "Du hast dich zwar nicht beschwert, aber du hast dich genauso wenig freiwillig gemeldet. Sieh halt nur zu, dass solche Attacken nicht zur Gewohnheit werden."
"Ha, ha, sehr witzig", murrte Shinji. Sein Blick ging zu Kuzomi.
Das Spinnenmädchen sah ihn aus großen Augen an. "M-meinst du, Shinji-chan, dass ich auch noch einen Schuss mache wie Mai. Ich meine, hierum und so?"
"Wenn ich an deine Schwester denke: Ja."
"Oh, das ist so nett gesagt, Shinji-chan!", rief sie enthusiastisch, umarmte ihn und drückte den Größeren an sich.
"Also, eigentlich ist hier schon genug, finde ich", murmelte Shinji.
"Du bist sooo ein netter Kerl. Shinobu-chan wird nur das Beste über dich hören", versprach sie und ließ ihn wieder fahren. "Kira, wir können."
"Necke ihn nicht zu sehr, mein Schätzchen. Ich brauche meinen besten Freund noch", tadelte Kira.
"Oh, ich übe doch nur, Kira. Ich übe doch nur."
"Was übst du? Bezirzungstechniken einer Kunoichi?"
"Rate noch mal", sagte sie augenzwinkernd und verschwand mit Step.
"Sie hat mich ganz schön eingesponnen, oder?" Seufzend folgte Kira ihr.
Als Hikari Gosunkugi Shinji passierte, klopfte er ihm auf den Rücken. "Und jetzt stell dir das mal mit Ranko-sama vor, und du verstehst, was dein Sensei schon durchmachen musste."
Shinji wurde rot. "Da kann ich mich ja glatt noch glücklich schätzen. DAS würde Shinobu mir nie verzeihen, glaube ich."
Der Affenkrieger lachte und sprang ebenfalls. Shinji folgte ihm nach einem letzten Blick ins Rund. "Wartet auf mich!"
***
Während Ranma und Ryoga die fünf Nachwuchsgangster für mich zum nächsten Gericht schafften, da ich davon ausging, dass sie noch mehr Dreck am Stecken hatten, blieb ich dicht an meinen Genin dran. Zumindest so dicht, wie ich es wagte. Zwar waren dies immer noch meine Genin, die ich vor etwas mehr als einem halben Jahr übernommen hatte, aber sie waren gewachsen, in mehr als einer Hinsicht. Und ach ja, Hikari war bei ihnen. Der Affenkrieger war ein Meister der Aufklärung und der Verfolgung. Die Wahrscheinlichkeit, dass er nicht zumindest bemerkt hatte, dass irgendjemand hinter Team dreizehn folgte, war nicht besonders hoch. Das bedeutete natürlich auch, dass es jeder andere Angreifer schwer haben würde, sich meinen Genin unentdeckt zu nähern... Vorausgesetzt, meine Präsenz lenkte Hikari nicht zu sehr von weiteren potentiellen Gegnern ab. Ich durfte also einerseits den Kontakt nicht verlieren, um rechtzeitig eingreifen zu können, wenn jemand sie für Hyperion umbringen wollte, andererseits aber nicht zu dicht aufrücken, damit ich nicht zur Ablenkung, zur Behinderung wurde. Dabei war es wichtig, dass ich die drei weiterhin beobachtete. Immerhin waren sie nur aus einem Grund allein unterwegs: Damit sie sich nicht auf mich verließen und zeigten, was sie bereits gelernt hatten. Es würde ihr Selbstvertrauen erheblich stärken. Allein das war den Aufwand schon wert.

Dann spürte ich am äußersten Rand meiner Wahrnehmung ein Chakra, das mir... Sehr bekannt vorkam. Nur hatte ich es das letzte Mal nicht im Reich des Feuers gespürt. Dieses Chakra, oder vielmehr die dazugehörige Person, hielt auf mich zu. Das war nicht gut, denn die Person war keine sensorische Shinobi wie ich. Und das bedeutete, ein zweiter Ninja musste ihr den Weg gewiesen haben. Ein Sensoriker, dessen Reichweite größer war als meine. Und das alles kombiniert bedeutete Ärger. Und das ausgerechnet dann, während ich mein eigenes Chakra damit blockiert hatte, indem ich zwei der stärksten Affenkrieger gleichzeitig beschworen und fortgeschickt hatte.
Ich wusste, wer da auf mich zukam. Und da er aus der Richtung kam, in die meine Genin gegangen waren, nahm ich an, dass er heute ein Gegner war, der es auf die Riesenperle abgesehen hatte. Keine besonders grandiose taktische Analyse, aber hey, wollte ich Hokage werden wie mein Kumpel Naruto?
Ich kam aus dem Step, landete auf einer Lichtung, deren Weite und Überschaubarkeit einem Katon-Nutzer diverse Vorteile bot; einem Fuuton-Nutzer ohnehin.
Mein Gegner kam schnell näher, oder vielmehr meine Gegnerin, denn wie gesagt, ich kannte das Chakra.
Dann war sie heran, kam selbst aus dem Shunshin no Jutsu und landete fünfzehn Meter vor mir im Gras. Sie kniete sich auf ihr rechtes Knie und setzte die rechte Faust auf den Boden. Ihr Haupt hatte sie respektvoll gesenkt. "Morikubo-sama."
"Suirin-kun", sagte ich. "Wie stehen die Dinge in Kirigakure? Geht es Mei-chan gut?"
"Mei-chan ist..." Sie errötete bis unter den blonden Haaransatz. "Ich meine, die Mizukage erfreut sich bester Gesundheit. Das war gemein, Morikubo-sama."
"Ach was, ich necke dich doch bloß ein wenig." Ernst sah ich sie an. "Du sollst mich ablenken, während dein Team den Hyperion besorgen soll?"
Sie erstarrte und sah noch starrer zu Boden. "I-ich habe nicht gewusst... Ich wusste nicht, dass deine Genin den Transport durchführen, Morikubo-sama. Wir haben auch nicht vor, sie zu töten. Wir sollen lediglich die Perle entführen. Sie wird später zurückgegeben, am letzten Tag der Hochzeit, um das Reich des Feuers etwas Demut zu lehren. Ich habe auch nicht gewusst, dass du sie begleiten würdest, Morikubo-sama. Nicht, dass es etwas ändert. Ich bin eine Kunoichi, und ich habe Befehl, Hyperion zu stehlen. Neun gut ausgebildete Shinobi Kirigakures stehen dazu bereit." Sie sah auf, das erste Mal, seit sie vor mir aufgetaucht war. "Ich habe Befehl gegeben, Mai-chan und die anderen zu schonen und auf keinen Fall zu töten, Morikubo-sama. Das musst du mir glauben."
"Und deine Befehle geben das her?"
"Meine Befehle lauten nur, den Hyperion zu stehlen. Wie ich dies mache, bleibt mir überlassen. Mir und meinen neun Untergebenen. Und auch die Befehle, die ich ausgegeben habe, sind eindeutig."
"Hm", machte ich, die junge Frau musternd. "Wenn du nicht wirklich gut zugelegt hast im letzten halben Jahr, was deine Kampfkunst betrifft, dann bin ich dir überlegen, Suirin-kun. Und ich habe keinen Grund, dich zu schonen."
"Das ist mir klar, Morikubo-sama. Ich bitte auch gar nicht um Schonung. Schließlich bin ich tatsächlich hier, um dich lange genug aufzuhalten, bis wir Hyperion gestohlen haben." Sie schluckte heftig. "Meine Leute haben Befehl, selbstständig nach Hause zurück zu kehren. Ich rechne nicht damit, dass ich diesen Kampf gewinnen werde. Ich erwarte keine Gnade und werde auch mit ganzer Kraft kämpfen! Und das erwarte ich auch von dir, Morikubo-sama! Du wirst es nicht leicht haben gegen mein Suiton!" Ich sah, wie sie erschauderte. "Verbrennen ist ein schrecklicher Tod. Aber dein Feuer ist so heiß, ich werde nichts spüren, oder?"
Sie meinte es ernst, so verteufelt ernst. Vor allem hatte sie ihren eigenen Tod bereits einkalkuliert. Und sie glaubte wirklich, ich würde sie verbrennen können? Nun gut, ich war Shinobi, hatte einen Auftrag und eine große Portion Stolz. Ich würde ihr einen Kampf liefern, definitiv. Das gebot schon meine Ehre und mein Respekt ihr gegenüber. Und ich respektierte sie sehr. Aber sie töten? Andererseits, würde sie mir eine andere Wahl lassen? Wenn ich den gleichförmigen, von tiefem Frieden erfüllten Blick betrachtete, den sie in den Augen hatte, dann wusste ich, dass sie bereit war zu gehen. Und das, obwohl sie tatsächlich nicht damit rechnete, mehr herauszuschinden als ein paar Minuten Zeitgewinn. Ich respektierte das. Sie war eine Kunoichi Kiris und sie stand zu ihrer Pflicht. Wenn ich die junge Frau nicht schon gemocht hätte, spätestens jetzt wäre es mir schwergefallen, es nicht zu tun.
"Eine einzige Bitte habe ich, Morikubo-sama", sagte sie zaghaft.
"Wenn ich sie gewähren kann, gerne."
"Erlaube mir, in den letzten Minuten meines Lebens das Higatsuku no Kara zu sehen."
Das war das Jutsu, das ich selbst entwickelt hatte, damals als sie mich und meine Genin als Eskorte durch das Reich des Wassers begleitet hatte. Damals hatte ich sie fortgeschickt, weil sie eine Kunoichi aus Kirigakure war, also eine potentielle Feindin, der man seine geheimen Jutsus nicht zeigte, außer um sie zu töten. Und genau damit rechnete sie jetzt.
Langsam nickte ich. "Also gut, Suirin-kun, deine Bitte sei dir gewährt. In den letzten Minuten deines Lebens wirst du das Higatsuku no Kara zu sehen."
So etwas wie ein Seufzer der Erleichterung verließ ihre Lungen. Beinahe selig gelöst sah sie mich an. "Danke, Morikubo-sama. Jetzt habe ich keine Bedenken mehr: Ich werde in Erfüllung meiner Pflicht sterben und endlich sehen, was du entwickelt hast."
Ich fühlte fast, wie sich meine Miene verdüsterte. Das, was ich diesem hübschen, intelligenten und wohl auch ein klein wenig in mich verliebten Mädchen würde antun müssen, trug nicht gerade dazu bei, meine Stimmung zu heben. Aber seit wann sollten Shinobi nett sein?
"Danke mir nicht zu früh", orakelte ich. Tatsächlich würde sie schon sehr bald sehr sauer auf mich sein, wenn alles so verlief, wie ich es gerade plante.
Bedächtig schälte ich mich aus meiner Chunin-Weste. "Das Higatsuku no Kara willst du also sehen. Magst du es, wenn ich in Flammen stehe?"
Ich sah einen Funken in ihren Augen aufblitzen. Ich hatte ihr den ersten Brocken hingeworfen, und als gute Kunoichi konnte sie nicht anders als diese Information aufzunehmen. Das amüsierte mich. Sie konnte ebenso wenig aus ihrer Haut raus wie ich selbst.
Ich zog das Hemd aus Spinnenseide aus und hoffte, dass mein Oberkörper zumindest ein wenig Eindruck schindete. Oder dass es Suirin egal war, dass mein Training mich noch nicht in einen ganzen Kerl wie Asuma verwandelt hatte.
"M-Morikubo-sama", stotterte sie.
"Ich muss noch mehr ausziehen, wenn du das Higatsuku no Kara sehen willst, Suirin-kun", sagte ich. Bedächtig öffnete ich meine Hose und ließ sie herabgleiten.
Entsetzt legte sie beide Hände vor die Augen. "Morikubo-sama!" Aber dabei linste sie zwischen zwei Fingern hindurch.
Ich stieg aus Sandalen und Hose. Anschließend legte ich zwei Finger unter den Bund meiner Shorts.
"M-Morikubo-sama!"
Dass diese Bewegung nicht dazu diente, mir die Unterhose vom Leib zu streifen, sondern ein erstes Fingerzeichen zu formen, kam ihr gar nicht zu Bewusstsein. Sie hatte viel vom sprichwörtlichen Kaninchen vor dem hypnotischen Blick einer Schlange. "Na, dann wollen wir doch mal!", rief ich fröhlich. Dem ersten Fingerzeichen folgte ein zweites, dann ein drittes. Und sie wurde immer noch nicht misstrauisch, solange ich dabei den Gummibund meiner Unterkleidung bewegte.
"Fuuton: Atsugai!" Eine Druckluftwelle entstand vor mir, die in Bruchteilen von Sekunden zu der Kiri-Nin herüber raste. Diese Druckwelle vernichtete alles, was sie traf - je nachdem mit wie viel Chakra sie ausgestattet war, hatte sie eine größere oder eine kleinere Zerstörungskraft. Ich hoffte, ich hatte das Atsugai diesmal gut genug dosiert, um Suirin eben nicht umzubringen.
Die Druckwelle traf die überraschte junge Frau mit ihrer ganzen Kraft. Ihre Überraschung löste sich in einem schrillen Schrei des Entsetzens. Dann startete das Atsugai seine Zerstörung und begann damit, die oberen Lagen ihrer Bekleidung aufzulösen. Anschließend fraß es die unteren Schichten, bis auf die blanke Haut auf. Dann war... Schluss.
Erleichtert atmete ich auf. Ich hatte genau so dosiert, dass ich ihr nicht die Haut vom Leib geshreddert hatte.
"Morikubo-sama!", rief sie entsetzt, während sie mit der Rechten ihren Busen bedeckte und mit der Linken ihre Scham. "Das ist definitiv nicht das Higatsuku no Kara!"
Ich grinste. "Nein, das ist es nicht. Aber ich habe dir ja nur gewährt, es in den letzten Minuten deines Lebens zu sehen. Und das ist hier und jetzt noch nicht erreicht."
Ich benutzte Step und kam direkt vor ihr zum Stehen. Langsam streckte ich meine Arme aus und berührte ihre nackte Haut. "Diesmal dachte ich, sollten wir mal niemanden töten, wenn es dir recht ist. Aber du kannst mich anderweitig aufhalten, wenn du möchtest."
"Morikubo-sama! Du hast eine Freundin!", tadelte sie mich. Doch ich spürte ihre Gänsehaut unter meinen Händen.
"Und? Dies ist ein Kampf zwischen zwei Shinobi. Wir erfüllen hier unsere Pflicht, Suirin... Chan."
Ich schloss die Arme um sie, drückte ihren unbekleideten Leib an mich. Dabei senkte ich meine Lippen auf die ihren und küsste sie.
"Morikubo-sama...", seufzte sie, bevor ich ihre Lippen mit den meinen verschloss. Ja, verdammt, es klappte.

Als sie in meinen Armen erschlaffte, bettete ich sie mit gebührendem Respekt auf den Boden. "Danke für den Trick, Sempai", murmelte ich in Gedanken in Kakashis Richtung. Hätte er mir nicht das Buch der Legende eines eifrigen Ninjas geliehen, hätte ich nie eine seiner Techniken angewendet, die tatsächlich Suirins Leben gerettet hatte. Ich selbst hatte dank meines Fuutons genug Luft gehabt, aber Suirin hatte nicht atmen können, während ich ihren Mund mit meinen Lippen und ihre Nase mit der linken Hand zugekniffen hatte. Das Ergebnis war natürlich eine Ohnmacht gewesen. Ich eilte mit Step zu meiner Kleidung zurück, holte meinen Ausrüstungsbeutel und meine Kleidung.
Als ich wieder bei ihr war, verlängerte ich ihre Betäubung mit einer vergifteten Nadel aus meinem Fundus. Dann deckte ich sie mit meiner Decke zu und legte ihr eines meiner Spinnenseidenhemden hin. Sie hatte es sich verdient, nachdem ich sie so sehr hintergangen hatte. Für die nackte Frau, gemessen an meiner Körpergröße, würde es schon ein kurzes Kleid sein.
"Es tut mir leid, dass ich dich so hintergehen musste, Suirin-chan, aber ich kann dich nicht töten. Du warst leider so ernst bei der Sache, dass mir nichts anderes eingefallen ist, als dich reinzulegen."
"Mamo... Chan..." murmelte sie in ihrer Ohnmacht. Natürlich. Wenn sie nicht in Hörweite war, benutzte sie meinen Spitznamen, genau wie alle anderen, genau wie meine Genin. Dazu kicherte sie. Anscheinend hatte sie keine schlechte Zeit.
"Ich wünsche dir angenehme Träume", sagte ich, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und erhob mich, um mich wieder anzuziehen. Es wurde höchste Zeit, meinen Genin hinterherzueilen. Diese Episode hatte mich fast fünf Minuten gekostet.

Als ich endlich aufgeholt hatte und aus dem Step kam, war die ganze Geschichte schon vorbei, die Schlacht geschlagen. Fassungslos starrte ich auf das Massaker, das sich vor meinen Augen ausbreitete. Ja, es gab kein besseres Wort dafür: Massaker. Ich fühlte ein Gefühl in mir aufsteigen. Es war Stolz.
***
Einen Strauchdieb, zwei Wegelagerer und einen molestierenden alten Perversen später, der es tatsächlich gewagt hatte, Kuzomi-chan an den Hintern zu fassen und nun deshalb mit Spinnenseide gefesselt unter einem Baum hing - irritierenderweise schien ihm das allerhöchstes Behagen zu bereiten, weshalb sich die Genin beeilt hatten, fortzukommen - hatten sie sich der Residenz des Daimyou bis auf eine Stunde gemütlichen Fußmarsch genähert. Etwa zu dieser Zeit rief ein Bussard, und die fünf Gefährten erstarrten. Der Bussard gehörte zum Nachrichtendienst Konohas und hatte sie gerade darüber informiert, was in relativer Nähe geschehen war.
"Na klar. Das war doch zu erwarten gewesen", murrte Shinji und schlug auf den nächsten Baum ein.
"Nein, ich finde nicht, dass das zu erwarten gewesen war", sagte Hikari. "Guy-sensei ist ein sehr mächtiger und gefährlicher Jounin. Einer der Besten, die Konoha je hatte. Ich denke, es liegt daran, dass er seine Kopie nicht in einer Schriftrolle transportieren durfte, und..."
Direkt vor ihnen brachen drei Männer aus dem Unterholz hervor, zwei Hünen und ein normal gebauter Mann, der eine Kiste vor sich her trug, die dem Behältnis von Hyperion verdammt ähnlich sah.
Die Konoha-Nin erstarrten erneut und die drei Männer musterten sie erschrocken. Als der Mann vorne, der normal große Typ, das Zeichen Konohas auf den Stirnbändern erkannte, versteckte er die Kiste hastig auf dem Rücken. "Welche Kiste?", fragte er nervös.
"Wir haben keinen Ton gesagt", versicherte Mai sofort, während sie mit der Linken den angriffslustig knurrenden Kira zurückhielt. "Außerdem haben wir eine wichtige Mission und müssen auch sofort weiter!"
"So."
"So."
"Na, dann wollen wir auch gar nicht länger stören... Ahahahaha! Einen schönen Tag noch! Los, Jungs, verbeugt euch auch!"
"Ebenso, ebenso. Und gute Reise! Kira, deine Verbeugung!"
"So, wir sind dann mal auf dem Weg. Auf Wiedersehen! Oder besser doch nicht..."
"Ja, lieber Adieu", sagte Mai mit dem falschesten Lächeln, das sie je aufgesetzt hatte.
Die drei Männer verbeugten sich noch einmal und verschwanden im gegenüberliegenden Wald.

"Warum hast du mich aufgehalten?", maulte Kira. "Warum hast du nicht den Befehl zum Angriff gegeben? Das war die Box, auf die Guy-sensei aufgepasst hat! Und sie ist vierzigtausend Ryou wert, ganz davon abgesehen, dass wir dann Guy-sensei noch einen Riesengefallen getan hätten!"
Eine heftige Kopfnuss traf den jungen Shinobi. Ärgerlich herrschte Mai ihn an: "Kira, denk mal nach, bevor du den Mund aufmachst! Äh, sorry, Kuzomi-chan, dass ich..."
"Schon gut. Wenn du ihm keine verpasst hättest, hätte ich es selbst getan", versicherte die Spinne.
"Hä?", machte Kira verständnislos.
"Überleg doch mal, Mann", sagte Shinji. "Was wäre wohl passiert, wenn wir ihnen die Kiste abgejagt hätten?"
"Äh, dann hätten wir die falsche Kiste mit dem falschen Hyperion gehabt."
"Dessen Aufgabe was ist?"
In Kiras Augen entstand ein Leuchten. Dieses wurde aber schnell von der beginnenden Erkenntnis ausgelöscht. "Von uns und dem echten Hyperion abzulenken."
"Und was wäre passiert, wenn wir das Lockmittel bei uns gehabt hätten?"
Mit einem erbärmlichen Blick antwortete Kira: "Okay, hab's verstanden. Dann hätten wir den echten und den falschen Hyperion gehabt und wären das Ziel von allen gewesen, die Wind davon gekriegt haben, dass die Riesenperle gerade transportiert wird. So gesehen war es eine gute Idee, die drei weiterziehen zu lassen, damit sie jeden möglichen Interessenten auf sich ziehen, der gerade unterwegs ist. Und das, wo sie dankenswerterweise die Kiste auch noch offen mit sich herumtragen."
Mai lächelte zufrieden und streichelte die Stelle, die sie gehauen hatte. "Das ist mein Kira-chan. Wenn du nur ab und an so fix denken würdest wie deine Blitze zucken, hätte ich keine Beschwerden mehr."

Kira wollte etwas erwidern, maulig wie er war, aber er konnte es nicht. Vorrangig deshalb nicht, weil sich Schall unter Wasser nur äußerst schlecht ausbreitete. Und er befand sich übergangslos unter Wasser. Unter viel Wasser. Er, Shinji, Hikari, Kuzomi und auch Mai. Unter Wasser konnte man nicht atmen. 'Daibaku Shouha!', schoss es ihm durch den Kopf. 'Die große Wasserkuppel!' Und für so ein Jutsu kam in erster Linie Kirigakure in Frage. Kein Zweifel, sie wurden hier gerade angegriffen. Von jemandem, der nicht auf den Lockvogel hereingefallen war. Oder von jemandem, der ihnen zugehört hatte, als sie diskutiert hatten. Scham brannte auf seinen Wangen. War er Schuld, dass sie angegriffen wurden? Zumindest hatte er für eine Ablenkung gesorgt. Aber was konnte er als Raiton-Nutzer hier bewirken, ohne seine eigenen Kameraden ebenfalls zu erwischen?
Eine dumpfe Stimme pflanzte sich bis zu ihm fort. Er wandte den Kopf und erkannte jemanden, der augenscheinlich nicht im Wasser stand. Er war über dreißig Meter entfernt. Und Kira hatte ihn schon mal gesehen. In Genta no Son. Ja, das war einer der Genin, mit denen Suirin-san unterwegs gewesen war.
"Keine Sorge!", klang seine Stimme zu ihm und seinen Gefährten herüber. "Wir werden euch nicht töten! Sobald Ihr ohnmächtig seid, lösen wir das Daibaku Shouha wieder auf!"
Kira ballte vor Wut die Hände zu Fäusten. Schlimm genug, dass sie wie Anfänger in die Falle getappt waren, aber jetzt wurden sie auch noch von Bekannten, beinahe von Freunden, eben wegen dieser Freundschaft und weil die Chefin einen Crush auf Mamo-chan hatte, geschont. Oh, verdammt!
Eine warme, weiche Hand legte sich auf sein Gesicht. Kira wandte sich um und sah Kuzomi-chan. Sie umarmte ihn und gab ihm einen Kuss. Dabei blies sie Luft in seine Lungen. Dazu sagte sie etwas, was durch seinen Mund noch dumpfer klang. Aber er verstand. Als sie den Kuss unterbrach, sah er zu Mai und Shinji herüber, die bohrende Frage im Hinterkopf, ob die beiden zustimmend nickten, weil Kuzomi auch sie geküsst hatte, um mit ihnen zu reden. Aber er schob die Frage beiseite. Für den Moment. Daran Atem zu verschwenden war erst sinnvoll, wenn sie wieder Atem hatten.
Shinji und Mai schwammen parallel nebeneinander, bevor sie ein Suiton auslösten. Der harte Schlag der komprimierten Luft war so stark, dass er einen großen, mannshohen Tunnel ins Wasser trieb. Durch diesen Tunnel sandte Kuzomi-chan ihr Jutsu und schickte einen Strang Spinnenseide hinaus, der zielsicher den überraschten Shinobi Kirigakures traf. Als dieser sich noch wunderte, was die Genin da veranstalteten, hatte Kira bereits den Seidenstrang von seinem Spinnenmädchen übernommen. Dann sandte er sein Raiton den triefnassen Faden entlang.
Der Überschlagblitz traf den überraschten Kiri-Nin vollkommen unvorbereitet. Verdutzt starrte er die Konoha-Genin an, bevor er langsam zur Seite kippte, bewusstlos oder sogar tot. Nein, eher nicht tot. Kira hatte sich zurückgehalten. Die Gelegenheit nutzten die Genin, um in den wasserfreien Korridor zu kommen. Kuzomi nahm den Faden wieder entgegen, umklammerte die drei Genin und den Affen so gut sie konnte und zog sie allesamt am Faden raus aus dem Wasser.
Draußen angekommen schnappten sie ächzend nach Luft. "Wie viele?", fragte Kira schließlich.
Hikari Gosunkugi schnaubte. "Acht noch." Er sah zu Shinji herüber. "Kira kann eine Verschnaufpause gebrauchen. Beschwörst du noch einen Krieger?"
"Wie lange kann ich zwei Beschwörungen aufrecht erhalten?", fragte der blonde Junge zweifelnd.
"Keine Sorge, solange es der richtige Krieger ist, werden ein paar Minuten reichen", erwiderte Hikari.
"Also gut." Fünf Kiri-Nin eilten herbei, alle Gedanken daran vergessend, die Konoha-Nin überleben zu lassen, ihre Waffen zum tödlichen Streich erhoben.
"Kuchiose no Jutsu!"
Sie drangen auf die fünf ein, jeder hatte sein Ziel, jeder war bereit zu töten oder zumindest bereit, schwer zu verletzen, als die Rauchwolke entstand.
Einen Augenblick später flogen sie in alle Richtungen davon.
"Na, na, na, wer wird sich denn hier mit meinen Lieblings-Genin anlegen?" Entsetzte Rufe kamen von den Kiri-Nin, als sie erkannten, wer beschworen worden war.
"Ranko-sama!", rief Shinji aufgeregt. "Wie habe ich das denn geschafft? Aber egal! Du kommst genau rechtzeitig! Die Kiri-Nin wollten uns ersäufen!" Das war zwar nicht ganz die Wahrheit, aber auch nicht ganz gelogen. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. "So, so, meine niedlichen Genin, die Schüler meines Favoriten Mamoru Morikubo wolltet Ihr ertränken wie ein paar Katzen in einem Sack in einem Fluss?" Die Affenkriegerin, in ihrer Verkleidung als Konoha-Jounin, ließ ihre Knöchel knacken. "Die fünf hier übernehmen ich und Gosunkugi-kun. Mai, Ihr macht die anderen drei, damit Ihr in Übung bleibt."
"Jawohl, Ranko-sama!"
"Das könnte euch so passen!", rief ein Kiri-Nin. "Den Dicken zuerst, dann verschwinden die Affen wieder!"
Ein anderer kam vor Shinji aus dem Step und rammte ihm ein Kunai in den Bauch. Ein Ächzen kam vom jungen Genin.
Als er aufsah, hatte er ein mörderisches Grinsen aufgesetzt. "Gut mitgedacht, aber nicht weit genug. Schon mal überlegt, ob ich mehr drauf habe, als Affenkrieger zu beschwören?" Deutlich war zu sehen, dass er das Kunai mit beiden Händen abgefangen hatte.
"Äh...", machte der Kiri-Shinobi ein wenig hilflos, Augenblicke, bevor Shinji dem Größeren seinen Schädel unters Kinn rammte, und ihn damit auf die Bretter schickte.
"Mai-chan!"
"Bin schon dabei!", rief sie, griff in ihre Gürteltasche und zog ihre Schriftrollen hervor. In den Angriff der letzten beiden Kiri-Nin hinein entfaltete sie die Rollen und entließ einen nicht enden wollenden Strom an Kunai, Schwertern und Shuriken auf sie.

Knapp fünf Minuten später war alles vorbei. Die teilweise verletzten Kiri-Nin knieten nach der Auflösung des Daibaku Shouhas vor den Konoha-Genin auf der grünen Wiese, die Köpfe gesenkt.
"Keine Sorge, wir töten euch nicht", sagte Kira mit einem verdammt arroganten Grinsen. "Auch wenn Ihr es verdient gehabt hättet. Aber wir wollen mal nicht so sein und..."
Entsetzt bemerkte er, dass sowohl Hikari als auch Ranko-sama verpufften. Zum Glück hatten sie aber hinter den Kiri-Shinobi gestanden, als es passiert war.
"Was Kira sagen will", half Mai aus, "ist, dass wir der alten Zeiten willens nicht nachtragend sind. Und Terumi-sama ist ja auch eine Freundin unseres Meisters. Deshalb wollen wir es mal nicht so genau nehmen! Ahahahaha! Also, nachdem wir euch verarztet haben, könnt Ihr einfach verschwinden. Und die Beziehungen zu Kirigakure bleiben unbelastet. Okay?"
"Okay", murmelte einer der Kiri-Nin, und die anderen nickten. Damit hatten die Genin neun Kiri-Nin besiegt. Mit Hilfe eines Spinnenmädchens, zweier Affenkrieger und einer Menge Chuzpe und Glück, aber eben auch mit Können. Das war verdammt viel.
"Na, dann wollen wir doch mal." Mai zückte ihr Verbandszeug.

Als sie eine Stunde später am Hof des Daimyous ankamen und Hyperion an den zuständigen Minister aushändigten, sparte der gute Mann nicht mit Lob und sprach, vor allem da der Lockvogel gestohlen worden war, von einer großzügigen Prämie. Was nicht verkehrt war, da Mamo-chan in ein paar Monaten seinen achtzehnten Geburtstag feiern würde.
Zufrieden machten sich die Genin auf den Heimweg. Hyperion war abgeliefert, die Hochzeit war gerettet, die Kiri-Nin noch am Leben. Und zweifellos würde Mamo-chan sie alle loben. Das war vielleicht das Beste an diesem Abenteuer.

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2.
Gegenwart, sechs Tage vor meinem Geburtstag.

Zugegeben, ich war aufgeregt. Vielleicht sogar etwas nervös. Hanako und Karin wurden am Nachmittag zurückerwartet. Und ich freute mich sehr darauf, meine beiden Mädchen wiederzusehen. Ich gebe zu, ich hatte Hana-chan emotional noch nicht genug "hergegeben". Ryu behandelte sie gut und benahm sich in ihrer Gegenwart wie ein verliebter Gockel, da hatte ich keine Beschwerde. Es war allerdings auch schwierig, eine Kunoichi von ihrem Kaliber anders zu behandeln als mit Respekt. Nicht umsonst war sie Chunin. Nun benahm sie sich aber auch äußerst verliebt mit Kichern, Flüstern, Küsschen hier und Küsschen da und einem längeren Kuss irgendwo hinter einer Ecke oder in einem Schatten. Ehrlich, wäre Hanako nicht Teil des Mamo-Pakts gewesen, wäre das ein toller Anblick gewesen. Zumindest bis er peinlich wurde. So aber war Hana-chan immer noch "meine", und ich hatte sie Ryu Kaminagi nur geliehen.
Was nun Karin betraf, so war sie in der Tat meine "Nummer eins". Das zarte Mädchen, das so gar nicht aussah wie die anderen Akimichi, war das Mädchen, bei dem ich mir am meisten vorstellen konnte, dass ich sie eines Tages heiraten würde. Sehr zur Freude Shikakus, weil dies "die Clanbande festigen" würde. Zumindest, bis der Rat der Nara ihm den Floh ins Ohr gesetzt hatte, ich müsse unbedingt Maria heiraten, um ihr Talent für Konoha zu sichern. Und ihren Sohn. Meinen Sohn.
Jedenfalls freute ich mich sehr. Und da Ryu nicht in Konoha war, hatte ich sie beide uneingeschränkt für mich. Ein Umstand, den ich sehr genoss. Und natürlich hoffte ich, dass beide bis zu meinem Geburtstag keine neuen Missionen bekommen würden, damit sie mit mir feiern würden. Dann war auch Ryu wieder da. Zumindest hatte er mir das versprochen. Und Maria war dann auch eingetroffen. Wenn ich außerdem noch ein paar Affenkrieger beschwor, waren nahezu alle Auswärtigen, von denen ich hoffen konnte, dass sie diesen Tag mit mir teilten, eingetroffen.
Doch bis es soweit war, standen andere Dinge an. Zum Beispiel das Higatsuku no Kara, die Kunst des brennenden Körpers. Ich wollte die Zeit und die Gelegenheit nutzen, um einiges über mein neues Jutsu zu lernen. Deshalb hatte ich meine Jungs zum Training gebeten.

Unser Treffpunkt waren die drei Pfähle auf dem Trainingsgelände innerhalb der Grenzen Konohas. Dieser Ort weckte Erinnerungen. Hier hatte ich vor einem knappen Jahr meine Genin getestet, ausgiebig getestet. Hier hatte ich meine persönliche Variante vom Glöckchenspiel erfunden, eine Aufgabenstellung, die von meinem Meister, Sarutobi-sama, an Jiraya-sama, den Yondaime und an Kakashi-sensei weitergegeben worden war. Und ultimativ von Kakashi an mich. Ich hatte also eine Tradition weitergeführt. Mir hatte dieser Tag viel Spaß gemacht und ich hatte viel gelernt. Über meine Genin, über mich. Es war ein wichtiger Tag gewesen.
Nun saß ich hier auf dem mittleren Pfahl, knabberte an einem Schokoriegel und ging die Parameter der Mission durch, die uns ins Reich des Schnees führen würde. Zwei Dinge hallten mir dabei noch durchs Ohr, seit ich in Tsunade-samas Büro gewesen war, um das Dokument abzuholen. Einerseits die Information, dass die Herrscherin des Yuki no Kuni nicht nur die berühmte Schauspielerin Fujikaze Yuki war, ein Alibi für ihren Herrschernamen Kazahana Koyuki, und dass gerade diese Schauspielerin meinem kleinen Kumpel Naruto im Besonderen verpflichtet war, was immer das heißen sollte; als zweites, da war ich eigentlich schon halb zur Tür raus gewesen, dass man meine Zeitsperre aufgehoben hatte und meine Beförderung zum spezialisierten Jounin beschlossene Sache war. Zum Geburtstag sollte ich die Ernennung erhalten und ein Jahr später Voll-Jounin werden, sollte ich bis dahin das Fuuton in einem angemessenen Maße beherrschen. Außerdem hatte sie mir ein drittes Element ans Herz gelegt und dabei Raiton favorisiert. Wegen Kira. Und ich könnte dann ja auch von den gleichen Meistern lernen. Wie raffiniert von Tsunade-sama. Und viel Arbeit für mich.
Ich gebe zu, den alten Mamoru Morikubo von vor einem Jahr hätte sie damit aus den Latschen gehauen. Niemals hatte dieser Mamoru höher aufsteigen wollen als Chunin, hatte sogar das als Belastung empfunden. Nun aber, ein Jahr später, kannte ich die Kage von vier Orten persönlich und war mir auch sicher, Mei-chan und Gaara Freunde nennen zu dürfen. Außerdem war ich Anführer meiner eigenen Genin-Gruppe, was immer einem Jounin vorbehalten gewesen war. Den Rest hatte ich mir sehr gut selbst denken, mich dran gewöhnen können. Aber ehrlich gesagt brummte mir der Schädel schon ein bisschen, wenn ich daran dachte, wie viel mehr Verantwortung damit auf mich zukam. Wie hatte es Gekkou-sensei, mein erster Lehrer, doch immer so treffend formuliert? "Jeder wird bis zur Grenze der eigenen Unfähigkeit befördert". Ich fürchtete, er hatte Recht.
Okay, die Sache beschäftigte mich doch sehr. Jedenfalls genug, sodass ich mich auf die anstehende Mission gar nicht richtig konzentrieren konnte. Und hatte ich nicht gerade ein Stück Schokoriegel und Papier abgebissen? Erstaunt hielt ich inne und spuckte den durchgeweichten Fetzen wieder aus.
"Verdammt, nun reiß dich aber mal zusammen, Morikubo!", fluchte ich ärgerlich.
"Ja, das wäre wünschenswert", erklang eine trockene Frauenstimme vor mir.
Ich sah auf. Na toll, ein Volltreffer. In mehrerlei Beziehung. Vor mir stand Yugao-chan. Meine Uzuki-sensei. Natürlich hatte sie das durchgekaute Stück Papier getroffen. "Warum bist du nicht ausgewichen?"
Sie stöhnte leise. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass du mich anspuckst, Mamoru. Du hast nicht zufällig ein Papiertaschentuch?"
Ich sprang vom Pfahl, trat vor sie und reichte ihr das Gewünschte. Damit wischte sie das Papier von ihrer Brust ab und trocknete den Fleck mit meinen Speichelresten. "Einmal entsorgen, bitte." Sie reichte mir das Taschentuch zurück.
Ich ließ es in meinen Händen in Flammen aufgehen, bis es zu so feiner Asche geworden war, die vom nächsten Windhauch in winzigste Teile zerteilt und davon getragen wurde.
"T'schuldigung", sagte ich. Peinlich, peinlich, vor allem, wenn man bedachte, dass ich als sensorischer Ninja rund sechshundert Meter meiner Umgebung nach den Chakren von Kira, Shinji, Shinpachi und Kishio absuchte - aber Yugao-chan hatte ich nicht kommen gesehen. Ich musste mich wirklich, wirklich zusammenreißen.
"Ist nicht so wild. Was hat dich denn so aus der Bahn geworfen? Geht es um deinen Geburtstag?"
Ich winkte ab. "Mein Geburtstag ist das Thema, das mir gerade am wenigsten Schwierigkeiten bereitet. Vor allem, da Yuriko-neechan alle Vorbereitungen an sich gerissen hat. Ich muss nur da sein, hat sie gesagt. Meine Probleme sind anderer Natur."
Sie deutete auf das Dokument in meiner Hand. "Dann eine neue Mission?"
"Auch." Ich gab es ihr.
"Hm. Ja, also problematisch sieht es nicht aus. Zumindest nicht für dich. Und es ist eine B-Mission." Sie sah auf und reichte mir das Dokument zurück. "Was ist es dann?"
Ich atmete tief ein und wieder aus. "Zum Geburtstag werde ich zum spezialisierten Jounin befördert. Das ist Problem Nummer eins."
Für einen Moment erstarrte ihre Miene. "D-das ist ja unglaublich. Wie konnte Tsunade-sama das nur tun?"
"Danke für dein Mitgefühl, aber ich komme damit klar, Yugao-chan. Ich..."
"Da haben wir schon mal eine kleine Legende, und der Name des ewigen Chunin erhöht erwiesenermaßen die Zahl unserer Missionen, und dann radiert Tsunade-sama das einfach aus, indem sie dich befördert. Nicht zu fassen."
Irritiert sah ich sie an. War es das, was sie störte?
"Nur Spaß", sagte sie grinsend und klopfte mir auf die Schulter. "Mir ist schon klar, dass du spätestens als du deine eigenen Genin gekriegt hast, gemerkt hast, wie der Hase läuft. Asuma und Kakashi haben sich danach sehr dafür eingesetzt, dass du nicht nur heimlich, sondern auch offiziell befördert wirst. Ich dachte eigentlich, es würde dich mehr treffen, was Shikaku dir abverlangen würde."
"Das weißt du?", rief ich erstaunt.
Sie griente mich an. "Ich habe es mitbekommen, als der Rat Konohas den Naras eine entsprechende Empfehlung mitgegeben hat."
"Der Rat Konohas?" Nun war ich völlig von der Rolle. "Konoha mischt sich in mein Privatleben ein?"
"Sieh es doch mal andersrum. Die Zeiten, in denen Maria oder dein Sohn gar als Bedrohung angesehen wurden, sind damit passé, Mamoru."
"Mein Sohn wurde als Bedrohung gesehen?"
"Ups. Da habe ich wohl ein wenig zuviel verraten..."
Ich winkte ab. "Schon gut. Ist in Ordnung. In Tsukigakure hätte der Rat eh keinen Zugriff auf ihn gehabt, und in Konoha hat er immer die beiden effektivsten Leibwächter, die die Stadt kennt."
"Oh, du meinst Kicchan und Shinpa-chan", sagte sie lächelnd. Ich wusste nicht genau, warum, aber die Familienerweiterung der Morikubos um die Moerus hatte sie so was von kritiklos akzeptiert, ebenso wie die beiden auch, dass ich mich fragte, wo das alte, vorurteilsbelastete Konoha geblieben war. Ach ja, das hatte Angst vor meinem Sohn... "Nein, ich meine Mutter und Yuriko-nee."
Yugao erschauderte. "Da hast du natürlich Recht. Die beiden würden Aki-chan mit Zähnen und Klauen verteidigen, bis zum bitteren Ende. Und ich weiß eines ganz genau: Deine Schwester ist vielleicht nie Kunoichi geworden, aber deine Mutter war eine, und dazu eine verdammt fähige. Wir nannten sie früher gerne auch: Konohas Arznei für Schmerzen, weil sie relativ früh den Weg des Medi-Nin gegangen war. Aber so ganz aufgehört mit den Kämpfen hat sie nie in ihrer aktiven Zeit. Na, ich kann ihr ja in diesem Punkt nacheifern."
"Hm?", machte ich, neugierig geworden.
"Ich gebe meine Maske ab", sagte sie mit gespielter Leichtigkeit in der Stimme.
"Du beendest deine Karriere als ANBU?", fragte ich erstaunt. "Deine Leute werden das nicht gut aufnehmen."
"Wird schon, wird schon. Okame wird übernehmen. Er hat sie die Beförderung schon lange verdient. Das Team nimmt einen Neuen auf und sie werden weiterhin hervorragende Arbeit für Konoha leisten. Ich kenne meine Leute."
Misstrauisch beäugte ich sie. "Und was macht Voll-Jounin Yugao Uzuki?"
"Ich gehe zu den Medi-Nin und trete in die Fußstapfen deiner Mutter und Tsunade-samas", sagte sie in saloppem Ton. "Anstatt zu töten kann ich mich dann mal dran machen und Leben retten."
"Das ist nichts Schlechtes. Dann kann ich meine besiegten Feinde ja in Zukunft zu dir schicken."
"Bloß nicht, Mamoru. Ich bin wirklich schlecht im Puzzlen. Außerdem lieferst du besiegte Feinde meistens als Ascheregen ab. Was soll ich mit denen machen? Die Blumen vor dem Hospital düngen?"
"Dann würden sie zumindest was für Konoha leisten", brummte ich nach der Anspielung auf mein besonders heißes Katon.
Ich sah ihr ernst in die Augen. "Und was ist der Grund für deine Entscheidung, Yugao?"
Sie wich meinem Blick aus. "Wie ich schon sagte, ich will zur Abwechslung mal Leute zusammenflicken, anstatt sie ins Krankenhaus zu bringen. Ich komme aus der medizinischen Ecke, weißt du? Ich freue mich, meine Kenntnisse aufzufrischen und diesmal Leben zu retten. Ich..."
Überrascht hielt sie mitten im Wort inne, als ich sie an den Schultern umfasste. "Yugao-chan. Sensei. Du kennst mich besser als es Gekko getan hat. Du kennst mich wahrscheinlich besser als meine eigenen Eltern. Als Gekko getötet wurde, bist du in die Bresche gesprungen und hast meine Ausbildung und die von Karin und Hana-chan beendet. Für uns wirst du immer unser Meister sein, die andere Hälfte von Hayate-sensei. Und du weißt, dass ich dich liebe."
Diese Worte brachten sie zum Lächeln. Sanfst strich sie mit der Rechten über meine Wange. "Ich weiß ja, Mamo-chan, ich weiß. Aber diese Entscheidung hat nichts mit dir zu tun. Im Gegenteil, ich habe es aufgeschoben, bis ich mir sicher war, dass du es ab hier alleine schaffst. Und ich habe lange, sehr lange gezögert. Unwillkürlich ging ihre Hand auf die Hüfte. "Aber es wird alles ein wenig viel, weißt du? Hier ging der verdammte Speer rein, damals in Suna. Einmal durch mich durch, eine Verletzung, schlimm genug um mich zu töten, wäre Ranko-sama nicht zur Stelle gewesen. Das war quasi das Tüpfelchen auf dem i, das mich, nun, einige Dinge überdenken ließ. Und ich gebe es gerne zu: Ja, es ist wegen Gekko. Er ist fort, aber ich bin noch hier. Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, aber meine wird nur noch größer und größer. Ich..." Übergangslos begann sie zu zittern. "Ich werde unkonzentrierter mit jedem Tag der vergeht. Meine Entscheidungen fallen nicht mehr rasch genug, meine Reaktionen lassen nach. Wäre mein Team nicht so gut aufeinander eingestellt, hätte ich vielleicht einen von ihnen verloren. Ich bin kein Teamspieler mehr und ich bin auch keine Kämpferin mehr. Das wird mir alles zuviel. Ich kann nicht mehr, Mamo-chan."
Ich sah ihr eine lange Zeit in die klaren Augen, bevor ich sie in meine Arme schloss. Ich war nun größer als sie und konnte ihren Kopf gegen meine Schulter drücken. Lautlos begann sie zu schluchzen. Ihre Hände lagen auf meiner Brust auf, kraftlos, hilflos. Erst in diesem Moment spürte ich ihre volle Verzweiflung und ahnte, wie schwer der Konflikt in ihr war.
"Es ist gut", hauchte ich ihr ins Ohr. "Es ist alles in Ordnung. Ein Shinobi zu sein bedeutet immer Kämpfe, bedeutet immer zu verletzen oder zu töten. Das ist unser Job. Niemand kann von uns verlangen, diese Arbeit unser ganzes Leben zu machen. Und egal, ob du eine Auszeit brauchst oder dein Leben gleich ganz neu ausrichten wirst, ich werde bei dir sein und dich unterstützen, so gut ich kann. So wie du bei mir warst und mich immer unterstützt hast, Sensei.
Ich habe diesen Schmerz auch, tief in meiner Brust, den Verlust von Gekko, und er ist stark. Wie muss es erst dann in dir aussehen?"
"Ich vermisse ihn so sehr", schluchzte sie. "Ich wollte ihm noch so viel sagen, so vieles mit ihm erleben, ihn wenigstens ein letztes Mal ansehen. Ich..."
"Ja, ich weiß. Und ich werde an deiner Seite stehen, egal was du in Zukunft tust, Yugao. Du bist meine Meisterin und ich habe so viel von dir gelernt. Aber du bist auch meine Freundin, meine gute, liebe Freundin, für die ich immer da sein will. Ich kann Gekko nicht ersetzen, das kann niemand. Aber ich kann ich sein. Für dich."
Sie erbebte unter einem neuen Schluchzer, dann wurde es still. Langsam drückte sie mich von sich fort. "Danke, Mamoru." Sie wischte sich mit beiden Händen die Tränen aus den Augen. "Danke, das habe ich gebraucht. Du bist ein guter Tröster."
"Ich bin vor allem ein Schüler, der seinen Meister liebt. Und ich bin nur einer von dreien. Hana-chan und Karin werden dir ebenfalls zur Seite stehen. Bei allem, was du tust, was immer du vorhast. Aber das weißt du. Und dein ANBU-Team wird immer dein Team sein, das weißt du auch."
"Ja", sagte sie leise. Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Ich bin so froh, dass es dich gibt, Mamo-chan."
"Ich bin froh, dass es dich gibt, Yugao", erwiderte ich. "Dass ich heute den Ninjas der anderen Städte im Dutzend in den Arsch treten kann, verdanke ich nicht zuletzt dir und deiner Fähigkeit, mir den Schwertkampf beizubringen."
Sie kicherte leise. Das war ein gutes Zeichen. "Ach, ich bin da auch nur die Schülerin unseres gemeinsamen Meisters."
Ich schüttelte den Kopf. "Du hast dich weiterentwickelt, Yugao. Ich wette, würdest du heute auf Gekko treffen, kannst du ihn besiegen." Aber ich hoffte, dass das niemals geschehen würde. Leider eine sehr realistische Möglichkeit, wenn ich daran dachte, was Orochimaru beim Kampf gegen Sarutobi-Sensei oder in Suna veranstaltet hatte. Ich zwang mich, den Gedanken abzuwürfen. "Auf jeden Fall bist du besser geworden. Ich bin sicher, Gekko wäre stolz auf dich."
"Ja, da bin ich mir sicher. Aber sag mal, Mamoru, seit wann nennst du ihn bei seinem Vornamen?"
Ich zuckte die Achseln. "Bald werde ich achtzehn. Ich werde erwachsen. Was ich ja eigentlich schon lange sein müsste, wenn ich an den ganzen Mist denke, der mir schon passiert ist im Leben. Also denke ich, Sensei hätte nichts dagegen, wenn ich ihn beim Vornamen rufe."
"Das ist ein gutes Argument", bestätigte Yugao.
Ich nickte zufrieden. "Also, was verschafft mir die Ehre deines Besuchs? Oder sind wir uns nur zufällig über den Weg gelaufen?"
"Sei nicht albern, Mamo-chan. Warum sollte ich dir auf dem Trainingsgelände zufällig über den Weg laufen?", tadelte sie mich. "Ich habe davon gehört, dass du dein neues Jutsu anwenden willst. Ich würde da gerne Mäuschen spielen. Higatsuku no Kara hast du es genannt, nicht wahr?"
Ich hob beide Arme in einer alles umfassenden Geste. "Sei mein Gast, Sensei." Halb sah ich nach hinten. "Und Ihr seid keine Gäste, Ihr seid Bestandteil des Experiments, also kommt raus."
Nacheinander tauchten neben mir Kira, Shinji, Shinpa-chan und Kishio aus dem Step auf.
"Sensei!", rief Kira aufgeregt. "Macht es dir nichts aus, dass Mamo-chan sein Jutsu nackt anwendet?"
Yugao runzelte die Stirn. "Wieso? Sollte es das?"
"Ja, aber, er ist dann doch nackt!"
"Und?"
"Lass gut sein, Kira", sagte Kishio grinsend. "Mai kannst du damit vielleicht hinter dem Ofen hervorlocken, aber nicht eine der besten ANBU Konohas."
"Danke für die Schmeicheleien, Kishio-sama", sagte sie schmunzelnd.
Kishio wurde rot bis zum Haaransatz. "Sensei, du kannst mich doch nicht..."
"Wieso? War es bei den Moerus nicht üblich, den Clanchef mit dem Suffix Sama zu ehren? Und Schmeichelen von einem Clanchef nehme ich natürlich immer gerne an."
"Wie du schon gesagt hast, Kishio-sama", sagte Shinpa-chan ironisch, "sie ist eine der besten ANBU Konohas. Wir sollten sie bestechen, damit sie sich ein wenig um Kin-chan kümmert und ihm ein paar Kniffe beibringt."
"Oh, das hat Mamoru bereits getan. Und ich gebe zu, mein junger Kohai hat ein paar sehr gute Anlagen. Er hat ein Faible für Siegeltechniken und sowas wird immer gebraucht." Kin-chan, oder vielmehr Kintaro war ein junger ANBU mit einer durchaus positiven Leistungsbilanz, der das Pech gehabt hatte, mit Kishio zu kollidieren. Aber nach einigem Hin und Her hatten sich die beiden aneinander abgerieben und waren sogar Freunde geworden.
Yugao nahm Shinpachis Kinn in die Rechte und drehte sein Gesicht zu ihr. Noch vor einem halben Jahr hätte diese Berührung den Jüngeren in Panik versetzt, als Echo auf die Folterungen, die er durchlebt hatte. Aber das war mittlerweile Vergangenheit. Shinpachi hatte sich so gut es ging von der Folter erholt und würde mit uns in den nächsten Einsatz gehen. Endlich das vollwertige Moeru-Team zu meiner Verfügung. Endlich.
Sie sagte: "Du hinkst der Entwicklung zwar etwas hinterher, aber ich sehe, warum du das Hirn in diesem Team bist, und Kishio die Muskeln."
Shinpachi wurde rot. "So kann man das jetzt aber auch nicht sagen."
Kishio hingegen begann zu glucksen. Ihm war es augenscheinlich egal, ob er als Hirn oder als Muskeln angesehen wurde. Solange es eine schlichte Befehlsstruktur gab. "Jetzt hat sie dich am Wickel. Geschieht dir Recht, Shinpa-chan."
"Wenn wir dann fertig sind, Uzuki-SENSEI und Moeru-SAMA", sagte ich in mahnendem Tonfall, "würde ich langsam mal anfangen wollen. Meine Mädchen kommen bald nach Hause, und ich will sie frisch geduscht begrüßen."
"Was habe ich dir gesagt? Er nennt sie immer noch seine Mädchen. Alle beide. Kaum zu glauben, was man sich von ihm erzählt, als er so alt war wie wir, oder?", fragte Kira grinsend.
"Eine schlechte Angewohnheit, Kira, ich weiß", erwiderte ich. "Aber das wird sich wohl nie mehr ändern. Ich werde mich nie mehr ändern..."
"Ups, sorry, Sensei. Ich dachte, das hörst du nicht."
"Sehr witzig. Wir stehen direkt neben ihm, du Trottel", sagte Shinji tadelnd.
"Aber ich war leise, und..."
"Wenn dann Kira-SAMA und Shinji-SAMA auch so weit sind..."
Die beiden fuhren zusammen und strafften sich noch in der gleichen Sekunde. "Ossu!"
"Na, dann können wir ja."

Ich nahm das Stirnband ab. Noch immer trug ich das Silberstirnband, das mir meine Wahlschwester Suzume geschenkt hatte. Handgemacht, wohlgemerkt. Das war ein Defizit, denn das Stirnband sollte tatsächlich schützen. Leider wurde Silber leichter durchdrungen als Stahl, aus dem die Stirnbänder normalerweise gemacht wurden, was es zu einer Schwachstelle machte. Andererseits brauchte man schon viel Glück, um ausgerechnet am Stirnband getroffen zu werden, daher hatte ich es bisher vernachlässigt. Vielleicht etwas zu sehr. Anschließend nahm ich meine Waffentasche ab, zog die Weste aus, die mich als Chunin kennzeichnete und zog das Spinnenseidehemd aus.
"Äh, Mamo-chan", wandte Kishio ein. "Uzuki-sensei ist ja abgeklärt und so... Aber wollen wir die Zaungäste nicht vorher entfernen?"
"Zaungäste?", fragte ich amüsiert. Mit meinem Kanshi hatte ich sie nicht erspürt, also mussten sie weiter entfernt sein als sechshundert Meter. "Wo sind sie denn?"
"Etwa siebenhundert Meter nördlich von hier. Ich zähle vier."
"Vier?" Ich dachte kurz nach. "Lass mich raten: Mai-chan, Kuzomi-chan, Kuzoko und Perine?"
"Nicht eine einzige von denen."
"So?" Nun, da war immer noch die Möglichkeit, dass Perine das Chakra der Mädchen veränderte, damit Kishio sie nicht identifizieren konnte. Aber es war etwas viel Aufwand, fand ich.
"Jemand, den du kennst?"
"Schwer zu sagen."
"Ich kümmere mich darum." Yugao setzte ihre ANBU-Maske auf. "Hm, vielleicht lasse ich mir doch noch etwas Zeit mit dem Wechsel zu den Medi-Nin. Es scheint so, als würdest du mein Schwert mehr benötigen als meine Heilkünste, Mamo-chan." Mit diesen Worten verschwand sie per Step.
Für einen Moment überlegte ich, ob ich ihr Unterstützung nachsenden sollte. Wir waren zwar mitten in Konoha, aber rein theoretisch konnte es sich bei den vier Fremden um Shinobi in Spionage-Mission handeln, die schlau genug gewesen waren, meine derzeitige sensorische Reichweite zu ermitteln, nicht aber die von Kishio. Aber wenn sie feindlich gesinnt waren, würden wir es an den Explosionen merken.
Da stand ich also, bis zum Hosenbund entkleidet, und wartete darauf, was weiterhin geschah.
"Uzuki-sensei ist jetzt bei den vier Kontakten", sagte Shinpa-chan plötzlich. "Ich sehe Aufregung. Große Aufregung. Hektik, Panik. Kein Kampfeswille. Dazu Verlegenheit."
Ich unterdrückte ein Schmunzeln. Es geschah mir ganz recht, dass Shinpachi sich in den Vordergrund drängelte und mich dran erinnerte, wer das Arbeitstier bei den Moerus war. In Zukunft würde ich ihn stärker einbinden, stärker einbinden müssen.
"Die fremden Chakren ziehen ab. Sensei kommt zurück."
"Der Rest ist klar?"
Shinpa-chan grinste. "Nichts in meiner sensorischen Reichweite, was da nicht hingehört. Kishio-sama?"
"Ich sehe ebenfalls nichts in Reichweite, was uns stören oder beobachten könnte."
"Na also." Ich öffnete den Bund meiner Hose und ließ sie fallen. Anschließend spuckte ich auf einen kleinen Holzstapel, den ich vorbereitet hatte. Er ging sofort in Flammen auf. "Katon Bunshin no Jutsu." Aus den Flammen erschuf ich einen Flammenklon. Der Klon grinste mich an. "Interessante Ideen, die du da wälzt, Mamoru."
"Interessant, dass du sie interessant findest, Mamoru", erwiderte ich. Der Flammenklon war nicht anders als die Kage Bunshin, die ich ansonsten erschuf, nur dass er halt aus Flammen und Chakra bestand. Ansonsten war er ein Abbild meiner Fähigkeiten und meiner Persönlichkeit. Quasi mein zweites Ich, solange wie er existierte. Nur wusste er, dass er ein Klon war. Und er wusste, dass alles, was er erfuhr und erlebte, in mir aufgehen würde, sobald ich das Jutsu auflöste oder er zerstört wurde. Von ihm die Absolution für eines meiner Experimente zu bekommen, bedeutete mir viel und half, den nagenden Selbstzweifel zu unterdrücken.
Vor mir kam Yugao aus dem Step. Sie wirkte irritiert.
"Was war es?", fragte ich knapp.
"Hm", machte sie. "Hm." Sie musterte mich. "Die Shorts kommen aber auch noch runter, oder?"
"Keine Sorge, ich habe ein frisches Exemplar angezogen und keine Ersatz-Shorts dabei. Ich muss sie also ausziehen, wenn ich sie nicht verbrennen will."
"So, musst du das? Eventuell auch nicht. Du kannst deine Chakra-Kontrolle auf deine Kleidung ausdehnen. Wenn du genügend übst."
Das erschien mir plausibel. "Hey, keine schlechte Idee. Darauf bin ich gar nicht gekommen." Schon hatte es sich gelohnt, dass Yugao mich aufgesucht hatte. Aber das war etwas für später, wenn ich die Kontrolle über mein Higatsuku no Kara verfeinert hatte.
Sie lächelte geistesabwesend. "Der Gedanke kam mir auch eher zufällig. Ich habe nämlich den kleinen Mädchen erzählt, dass du dich gar nicht auszuziehen brauchst, weil deine Chakra-Kontrolle es unnötig macht und du deine Kleidung gar nicht verbrennen wirst. War natürlich gelogen, aber es kann möglich werden."
"Welchen kleinen Mädchen?", fragte ich irritiert.
"Ein paar Backfische von der Akademie und einige ältere in Mais Liga", erwiderte sie.
"Und was wollten die hier?"
Überrascht sah sie mich an, dann zu Kishio und Shinpa-chan. Die erwiderten den Blick auf gleiche Weise. Kira und Shinji reagierten mit Seufzern. "Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel gesehen, Mamoru? Du bist ein ziemlich gut aussehender Teufel."
Das von meiner Sensei gesagt zu kriegen ließ mich erröten. "Ach, Quatsch. Bei all den vielen Verbrennungen, die ich schon abbekommen habe... Ohne Ranko-sensei wäre ich doch längst eine Maske aus hart gebrannter Haut oder eine Kraterlandschaft mit Brandlöchern und Narben."
"Das bist du aber nicht und die hast du nicht. Und deshalb schauen dir die Mädchen nach." Sie räusperte sich. "Muss ich dich erst an eine gewisse Kiri-Nin erinnern, die du im Herbst recht subtil ausgeschaltet hast? Was meinst du, wie sie zu dir stand?"
"Oh, ich hoffe doch sehr, dass Suirin-chan meine Fähigkeiten, meinen Verstand und meinen Humor toll findet, und nicht einfach nur mein Gesicht."
"Und den Knackhintern."
"Und den Knack... Sensei!"
Yugao grinste breit. "Finde dich damit ab. Du hast einen Haufen weiblicher Fans in Konoha. Nicht so viele wie der junge Uchiha hatte, bevor er desertiert ist, aber immerhin mehr als Naruto Uzumaki. Davon hast du sicher bisher nur deshalb nichts mitgekriegt, weil der Mamo-Pakt dich in dieser Beziehung beschützt hat."
"So habe ich das noch nie gesehen", murmelte ich. Wirklich, da musste ich den Mädels ja wirklich dankbar sein. Sehr dankbar.
"Und weil er zu blind ist um zu erkennen, wenn er angebaggert wird", half Shinji aus.
Alle lachten über seine Worte - auf meine Kosten, natürlich. Selbst mein Katon-Klon lachte mit.
"Da hätte ich aber auch viel zu tun." In Gedanken ging ich die Frauen durch, denen ich begegnet war und die ich in den Kreis jener einordnen konnte, die mich zumindest nicht von der Bettkante schubsen würden, wie man in Konoha sagte. Das war schon eine beachtliche Zahl.
"Kommt schon, Leute. Sind wir hier, um Witze zu reißen, oder um zu trainieren?" Mit diesen Worten streifte ich die Boxershorts ab.
"Zum trainieren", sagte Yugao. "Wir könnten aber auch Witze reißen über..."
"Es ist lausig kalt hier", sagte ich vorsichtshalber. "Aber wenn wir ernsthaft über diesen Aspekt reden wollen, kann ich durchaus noch mal darüber nachdenken, ob Ihr euch aus Solidarität nicht auch ausziehen solltet..."
"Lass dich nicht ärgern, Sensei", sagte Kishio aufmunternd und klopfte mir auf die Schulter. "Es kommt immer auf die Technik an, glaube mir. Und es ist ja auch sehr kalt hier..."
"Danke", sagte ich meiner trockendsten Stimme. "Wenn wir dann genügend Witze gerissen haben - ich würde gerne in Flammen stehen."
"Gut, dass deine Mädchen das nicht gehört haben, Mamo-chan", sagte Shinpa-chan grinsend.
"Aber du wirst es ihnen erzählen?"
"Aber ich werde es ihnen erzählen", bestätigte er todernst.
In einer Geste der Verzweiflung warf ich die Arme hoch. "Können wir dann bitte, bitte, mit dem Training anfangen?"
Allgemeines Schweigen antwortete mir. "Danke."

Zuallererst kam der Selbstversuch. Bisher hatte ich das Higatsuku no Kara insofern verwendet, dass ich die Hitze des Feuers von jenen Bereichen, die brannten, in den restlichen Körper ableitete und wieder entließ, zum Beispiel durch die Fußsohlen. Dazu spuckte ich brennendes Öl auf meine Haut, genau das gleiche Öl, das wir Shinobi mit unserem Chakra für das Endan produzierten. Diesmal wollte ich es nicht mit dem Öl probieren. Zumindest nicht sofort.
Mein Katon Bunshin kam auf mich zu. "Sicher?"
"Sicher. Leg los."
Übergangslos verlor der Klon jedes menschliche Äußere und offenbarte seine Natur als Flamme. Seine lodernde Rechte, von der eine beachtliche Hitze ausstrahlte, legte sich auf meine Brust. Dampf stieg auf, für einen Moment fühlte sich die Brust ungeheuer kühl an, bevor es heiß wurde. Aber das war es auch schon. Ich fühlte keinen Schmerz. Allerdings bezweifelte ich, dass mein Fleisch Zeit gehabt hätte zu schmerzen. Der Klon bestand aus meinem Feuer, meinem eigenen Feuer. Es hätte gar keine Zeit gehabt zu schmerzen, bevor die Nervenzellen geröstet worden wären.
"Wie fühlst du dich?", fragte der Klon.
"Gut." Ich ergriff den Arm, der auf meiner Brust lag. Nichts passierte. Dann griff ich hindurch.
"Wollen wir es probieren?", fragte mein Klon.
"Ja." Ich sah ins Rund. "Tretet ein Stück zurück. Auf meinen Befehl hin attackiert mich mit Distanzwaffen."
"Hai!"
Ich spürte die gespannte Erwartung der anderen. Und ich war zugegebenermaßen selbst sehr gespannt, ob meine Idee funktionierte. Denn wenn sie es tat, würde es viele Möglichkeiten für mich eröffnen. Was mir vorschwebte, war, etwas zu erschaffen, was dem Chakra-Mantel Narutos ähnelte, wenn er sich in das Chakra des Kyubis hüllte. Vielleicht nicht annähernd so mächtig. Aber effektiv.
Der Klon wandte mir den Rücken zu. "Bereit, wenn du bereit bist, Mamoru."
"Dann komme ich jetzt, Mamoru." Ich trat in meinen Klon hinein, solange er aus sphärischer Flamme bestand. Für einen Moment war ich geblendet, aber das gab sich. Mein eigenes Feuer tat mir nichts, wie ich es erhofft hatte. Aber bereits nach einer halben Minute verließ ich den Klon wieder, weil ich nicht genügend Hitze hatte ableiten können. Ich brauchte ein paar Minuten, um mich wieder abzukühlen, bevor ich den Versuch erneut wagte, nur diesmal mit einem verbesserten Hitzetransport. Eventuell konnte es mir auch gelingen, das Feuer ganz auszuschließen, wenn ich mir eine innere Aura von Chakra zulegte, aber das war Zukunftsmusik. Ich würde das mit Asuma besprechen müssen.
Erneut trat ich in meinen Klon. Besser. Das würde ich einige Zeit aushalten. "Kai!"
Der Klon verschwand. Fast. Seine flammende Aura umgab mich wie ein Holo; immerhin war es mein eigenes Feuer. Ich betrachtete meine brennenden Hände, sah an mir herab, auf Bauch, Beine und den ganzen Rest. Alles war von der feurigen Aureole meiner Flammen umhüllt. Das hatte Ähnlichkeit mit der alten Methode mit dem Öl, aber in der Geschwindigkeit war es eine Steigerung. Und ich konnte diese Flammenaura sogar ein wenig steuern. "Weg vom See", befahl ich.
Kira, der zwischen mir und dem See stand, machte gehorsam Platz.
Ich hob den rechten Arm. "Katon: Karyuu Endan!" Die Flammen, durch das brennende Öl entstanden, hatten den Nachteil gehabt, dass ich sie kaum hatte regulieren können. Ich hatte sie aber mit einem steten Zufluss von Chakra stabil halten können. Dies gelang mir auch bei der Aureole. Aber sie hatte den Vorteil, dass ich wesentlich mehr Kontrolle über sie hatte. Mit ein wenig Übung würde ich diese Aureole auch erschaffen können, ohne einen Flammenklon zu benutzen.
Der Flammendrache, der meinen rechten Arm verließ und über dem See in einer eher kläglichen Detonation verpuffte, hatte nicht annähernd die Kraft, Reichweite und Außmaße des Karyuu Endan vom Sandaime. Das Jutsu erbärmlich zu nennen läge auf der Hand. Aber es war ein Anfang, ein vielversprechender Anfang, denn ich hatte das Jutsu ausgelöst, ohne dafür Fingerzeichen zu benutzen oder Chakra zu schmieden. Ich hatte lediglich den Chakrafluss ein wenig verstärkt. Die Flammen waren ja schon da gewesen.
"Es ist ein Anfang", sagte ich, war aber wesentlich zufriedener, als meine Worte vermuten ließen.
"Er nun wieder", sagte Shinji und verdrehte die Augen. "Schafft ein Katon-Jutsu ohne Fingerzeichen, und sofort stapelt er wieder tief."
Für einen Augenblick war ich verblüfft. Dann aber musste ich lachen. "Du hast Recht, Shinji. Es ist ein vielversprechender Anfang."
Der Junge ächzte wie unter Schmerzen. "Ist in Ordnung, Sensei. Ist in Ordnung."
"Hm", machte ich. Untertrieb ich immer noch? Aber darüber nachzudenken blieb später noch Zeit. "Okay", sagte ich. "Greift mich an."
Und sie griffen an.
***
Erschöpft, aber glücklich und frisch geduscht wartete ich zwei Stunden später am Stadttor auf Hana-chan und Karin. Sie waren auf einer C-Mission unterwegs gewesen und hatten gemeinsam drei drei Mann-Zellen angeführt. Im Prinzip war das eine Fortsetzung jener Trainingsmissionen, die früher ich geleitet hatte. Mit einem fähigen dritten Mann war es eine gute Gelegenheit, um Teamarbeit zu trainieren. Denn etwas anderes war es nicht; wir hatten damals Teamarbeit in größeren Verbänden trainiert, dies oft genug mit renitenten, weil älteren Genin. Nun, in über einem Jahr hatte ich keinen Misserfolg zu vermelden gehabt, und letztendlich hatte jeder Genin eine ziemlich gute Vorstellung von seiner Position in der Gruppe gehabt. Karin und Hana-chan würden keinen schlechteren Job machen als in der Zeit mit mir, davon war ich überzeugt. Einiges hing vom dritten Anführer ab, das war mir klar. Aber meine Mädchen waren Chunin, und dazu verdammt fähige. Ich erwartete nichts anderes als einen Erfolg der Mission. Es war ja nur C-Rang gewesen. Obwohl es niemals eine Garantie dafür gab, dass eine C-Mission nicht plötzlich B, A oder sogar S wurde. Ein beunruhigender Gedanke, der mich überkam, als die Gruppe eine halbe Stunde überfällig war. Ich schob ihn beiseite, aber er kehrte hartnäckig zurück. Dann waren sie eine Stunde überfällig, und ich redete mir ein, dass es durchaus Gründe dafür gab, dass Karin und Hana-chan ihren avisierten Rückkehrtermin überzogen und trotzdem sicher in Konoha eintrafen.
Nach anderthalb Stunden hielt ich es nicht mehr aus. Ich verließ die Stadt und eilte ihnen entgegen. Zumindest bewegte ich mich auf dem Kurs, auf dem sie zurückerwartet wurden. Zwei Stunden. Ich wurde nervöser und nervöser. In Gedanken malte ich mir die größten Horrorszenarien aus, sah meine Mädchen verletzt oder sogar tot, entführt, missbraucht und als Sklaven gehalten, oder als lebende Tote im Auftrag Orochimarus wandeln. Panik war nie ein gutes Gefühl für einen Shinobi, aber gerade jetzt und hier erfüllte sie mich. Ich hatte nackte Angst, nicht um mich, aber um Karin und Hanako. Ich eilte noch weiter voraus, bis zum Restaurant ohne Namen, dort nutzte ich Kage Bunshin und erschuf zwanzig Klone, die ich rechts und links der Straße nach Konoha zurücksandte. Damit deckte ich einen Streifen von zwölf Kilometern ab. Wenn ich sie so nicht entdeckte, dann wusste ich auch nicht weiter. Ich setzte mich an die Straße und wartete darauf, das einer meiner Klone die Mädchen fand und sich auflöste, damit sein Wissen über ihre Position an mich überging. Aber nichts geschah, nicht einmal, als meine Klone längst die Stadtmauern erreicht haben mussten.
Hilfe! Ich musste Hilfe holen! Kishio, Shinpachi, Yugao, Kakashi, Asuma, wen immer ich zu fassen bekam! Und Hikari Gosunkugi! Und Akane! Die sensorisch begabten Affen!
"Kuchiose no..."
"Mamoru!"
Ich fuhr erschrocken zusammen. Das war nun schon das zweite Mal heute, dass mich mein Kanshi im Stich ließ! Merke: Aufregung, Panik und andere starke Gefühle waren Gift für mein Jutsu.
Es erleichterte mich allerdings, als ich das Chakra erkannte: Es war Kintaro, der neue beste Freund von Kishio. Der ANBU kam direkt neben mir aus dem Step. "Mamoru, was tust du hier?"
"Wie, was tue ich hier?", fragte ich verblüfft.
"Warum bist du nicht in der Stadt? Karin-san und Hanako-san machen sie gerade rebellisch, weil niemand dich finden kann! Dabei haben sie erwartet, dass du sie empfängst!"
"Was?" Meine Verblüffung nahm zu. "Sie tun was?"
"Sie suchen dich seit drei Stunden und stellen nach dir die Stadt auf den Kopf! Sie haben auch Kishio und Shinpachi dabei eingespannt, dich zu suchen. Alle Beteuerungen, dass es dir heute Mittag noch sehr gut ging, nützen nichts, um sie zu beruhigen. Ich gebe zu, ihre Nerven sind zu Recht ein wenig dünn. Es gab wieder einen Zusammenstoß mit Iwagakure und die Gruppe hat einige Verletzte... Karin-san und Hanako-san sind nicht darunter, Mamoru!", beeilte er sich zu sagen. "Jedenfalls suchen sie dich, während du hier draußen... Was tust du hier eigentlich?"
"Ich...", sagte ich mit einer gehörigen Portion Sarkasmus in der Stimme, "suche meine Mädchen, die nicht zum verabredeten Zeitpunkt in die Stadt gekommen sind. Oder in der Stunde darauf. Oder..."
"Ah, ich verstehe deinen Standpunkt." Ich konnte sein Grinsen trotz der Tiermaske deutlich spüren. "Nun, sie sind schon gegen Mittag in der Stadt angekommen, haben ihre Verletzten ins Krankenhaus gesteckt und wurden anschließend von Tsunade-sama und dem Rat vereinnahmt, um einen sofortigen Bericht über den Zwischenfall abzugeben. Immerhin wurde eine Chunin schwer verwundet. Mich haben sie ausgeschickt, um im Haus Bescheid zu geben, aber du warst nicht da. Und du bist die letzten Stunden auch nicht aufzutreiben gewesen. Seitdem machen die zwei die Stadt rebellisch. Tja, und mir kam die Idee, vom letzten Ort, an dem du dich hast aufhalten wollen, zu suchen. Und hier bin ich. Na, also ich als Schattenklon. Das Original wartet am Stadttor auf eine Nachricht von mir und den anderen."
"Ich..." Die Worte stockten, denn in diesem Moment verging einer meiner Schattenklone und übertrug sein Wissen auf mich. Er war einem anderen Schattenklon Kintaros begegnet und sie hatten sich ausgetauscht. Danach hatten er und Kintaros Kage Bunshin sich aufgelöst, um ihr neues Wissen zu übermitteln. In schneller Folge kamen neue Informationen, als sich weitere Klone fanden. Alle mit den gleichen Nachrichten für mich. "Ich sehe es. Meine Klone sind weiteren deiner Kameraden begegnet. Sie haben sich dann jeweils beide aufgelöst und ihr Wissen übermittelt. Der Original-Kintaro weiß also Bescheid, wo wir sind und dass wir jetzt zurückkehren werden."
"Dann hat die Aufregung ja ein Ende, Mamoru. Gehen wir."
"Löst du dich nicht auf?", fragte ich.
"Nein. Ich will die Gelegenheit nutzen, um dir eine Frage zu stellen, während wir zurückkehren."
"Eine Frage?"
"Ja. Eine wichtige Frage. Was meinst du, werden Yuria-sama und Kenshiro-sama sagen, wenn ich frage, ob ich für einige Zeit bei Kishio-tono und Shinpachi einziehen werde?"
"Hä?"
Verlegen drückte der ANBU seine Finger aufeinander. "Mein Wohnblock wird kernrenoviert. Ich habe das lange nicht mitgekriegt, weil ich ständig unterwegs war in letzter Zeit. Bis morgen muss ich mein Appartement geräumt haben. Dafür stellen sie uns Abstellräume zur Verfügung, also ist das kein Problem. Aber ich habe mich nicht rechtzeitig drum gekümmert, wo ich unterkommen kann, und daher... Nun, alle günstigen Unterkünfte sind vergeben. Und da dachte ich... Da dachte ich..."
"Also, von mir aus gerne. Und ich lege bei Mutter und Vater ein gutes Wort für dich ein. Aber ich denke, sie werden nichts dagegen haben." Ich legte den Kopf schräg. "Selbst fragen musst du aber schon noch. Und vor allem musst du Kishio fragen. Wir reden hier über sein und Shinpachis Haus, da habe ich ihnen nicht reinzureden."
"Uff, da bin ich aber erleichtert. Kishio-tono hat nichts dagegen und Shinpachi auch nicht. Aber bei Yuria-sama war ich mir nicht sicher. Sie kann manchmal so streng sein und... Nun."
Ich lächelte freundlich. "Keine Sorge. Harte Schale, weicher Kern. Mutter freut sich immer, wenn wir Zuwachs kriegen. Was wohl demnächst noch mal der Fall sein wird. Eventuell."
"Was meinst du genau, Mamoru?"
"Nicht so wichtig." Es brachte wohl nicht besonders viel, wenn ich ihn aus heiterem Himmel damit konfrontierte, dass Orochimaru mit Shinpa-chans Sperma und mehr oder weniger freiwilligen Leihmüttern nicht nur das eine Moeru-Kind herangezogen haben konnte, das er selbst noch im Herbst in Selbstverteidigung getötet hatte. Eine unfaire Geschichte, wie ich fand. Wie hatte Orochimaru nur solch ein Kleinkind zur Waffe umfunktionieren können. Auch dafür würde er zur Rechenschaft gezogen werden. Nicht, dass ich noch Gründe brauchte, meinen Sempai mehr zu hassen.
"Kehren wir zurück. Erinnere mich daran, dass ich vorher mit meinen Eltern rede, um für dich gute Stimmung zu machen."
"Danke, Mamoru."
Ich spürte seine Erleichterung selbst durch die Maske. Aber ich fragte mich schon, ob sein Appartement wirklich renoviert wurde, oder ob er nicht einfach das Alleinleben satt hatte.
Ich benutzte Step, um zurück in die Stadt zu eilen, wo meine Mädchen warteten. Mit einer durchaus interessanten Geschichte, wie es schien.
Und ich war zwar wegen des neuen Zwischenfalls mit Iwagakure beunruhigt, aber wenigstens waren Hana-chan und Karin sicher.
***
"Karin!" Ich ließ der schlanken Akimichi nicht viel Zeit, um zu reagieren. Bevor sie sich mit der geänderten Situation vertraut gemacht hatte, hielt ich sie bereits in den Armen.
"Mamoru."
Ich küsste sie und freute mich, dass sie ihn so heftig erwiderte wie eine Ertrinkende. Angesichts der vielen Umstehenden verzichteten wir im stillen Einvernehmen aber auf die Zunge; als sie sich von mir löste, griff ich mit rechts nach Hana-chan und drückte meine Stirn an ihre. "Hana-chan."
"Mamo-chan." Wir tauschten einen nicht ganz so langen und wesentlich keuscheren Kuss aus, der unsere lange Verbundenheit und Freundschaft ausdrückte. Natürlich auch ohne Zunge.
Da stand ich nun mit meinen beiden Mädchen im Arm. Befreit atmete ich auf. "Wie könnt Ihr nur solche Sachen machen? Sich mit Iwa prügeln. Das ist ja wohl ganz klar meine Aufgabe."
"Oi", protestierte Karin und löste sich aus meinem Griff. "Immer willst du den ganzen Spaß für dich alleine haben."
"Nicht den ganzen", versicherte ich ihr augenzwinkernd.
"Es ist nicht so, als hätten wir uns diesen Spaß ausgesucht", sagte Hana-chan. "Karin behauptet ja, wir wurden nur angegriffen, weil mein Goldhaar zu weit geleuchtet hat, aber das halte ich jetzt doch für übertrieben."
"Karin."
"Hana-chan, du Petze", schalt Karin ihre Freundin und gab ihr einen Klaps auf den Po.
"Ieks!"
Ich lachte und meine Mädchen fielen ein. "Ernsthaft. Was war los? Gerne auch nur die offizielle Version."
Die beiden tauschten einen kurzen Blick. "Es hat Rose-chan erwischt", erklärte Karin.
Verdutzt sah ich die beiden an. "Was? Aber es hieß doch, es hätte nur Verletzte... Rose?"
"Äh, erwischt im Sinne von: Sie liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Deshalb haben wir auch den kürzesten Weg direkt über den Westeingang genommen, nicht über das Haupttor."
"Deshalb haben wir uns verpasst", führte Hana-chan fort. "Und was passiert? Du gehst stiften und lässt uns nach dir suchen, bis wir glauben, dir ist wer weiß sonst was passiert! Vor allem, nachdem wir von deinem Zusammenstoß mit Iwagakure gehört haben, dachten wir, jetzt haben sie dich noch geholt."
"Unmöglich. Ihr hättet die Explosionen gesehen", erwiderte ich. Und das war keinesfalls ein Scherz gewesen.
"Argument", stimmte Hana-chan zu. "Und du? Hast du wenigstens Angst um uns gehabt?"
Unvermittelt griff ich zu und drückte beide wieder an mich. "Bis zur Taverne ohne Namen habe ich die ganze Strecke nach Konoha auf einer Breite von zwölf Kilometern abgesucht. Ich war drauf und dran, Kishio und Shinpa-chan und jeden, der bei drei nicht auf den Bäumen ist, auf die Suche zu jagen, und... Macht das nicht noch mal mit mir. Mein armes Herz."
"Einigen wir uns darauf", sagte Karin halb versöhnt, "wir haben uns alle umeinander Sorgen gemacht."
"Einverstanden", sagte Hanako.
"Einverstanden." Ich ließ die beiden wieder fahren. "Und jetzt erzählt mir, was mit Rose ist. Habt Ihr Mutter schon Bescheid gesagt?"
"Ja, sie ist auch gleich hin", sagte Hanako. "Sie hat ein Schwert in die Rippen gekriegt. Die Lunge wurde getroffen. Zum Glück nur die linke Seite und das Schwert steckt noch, deshalb konnte sie einigermaßen atmen. Das kriegen die Ärzte wieder hin. Hat Yuria gesagt."
Das war beruhigend. Wenn sich die Mediziner Konohas zu so einer positiven Prognose hinreißen ließen, konnte man beruhigt sein. "Weiter. Hattet Ihr noch mehr Verluste? Wo ist es geschehen?"
"Insgesamt wurden fünf verletzt, darunter Karin", erklärte Hanako.
"Was? Und ich gehe so ruppig mit dir um." Ich hielt sie von mir, um zu sehen, wo sie verletzt worden war.
"Oh, ich bin nicht aus Zucker. Aber ruiniert haben sie mich, die Ärzte", seufzte sie.
"Ruiniert?", echote ich.
"Nicht das ruiniert. Hier ruiniert. Als Frau, meine ich." Sie wandte mir den Hinterkopf zu und entblößte so einen stattlichen Verband, der mit Pflastern großzügig verklebt war. "Nennt sich Feldversorgung. Weißt du, wie viele Haare sie mir abgeschnitten haben, um die Wunde klammern zu können? Ich sehe da aus wie ein Ei. Und eine Narbe werde ich auch behalten."
Ich zog sie mit dem Rücken voran an mich, umarmte sie und küsste die Verbandauflage. "Hauptsache, du lebst und bist zu mir zurückgekommen. Mehr verlange ich gar nicht."
"Mamoru. Nicht auf den Verband", tadelte sie.
Seufzend ließ ich sie wieder los. Aber die Röte ihrer Wangen bewies, dass sie den Tadel nicht allzu ernst gemeint haben konnte. "Haare wachsen wieder, keine Sorge." Ich strich ihr sanft über die Wange. "Außerdem brauchst du einen kleinen Makel, sonst bist du einfach zu schön für diese Welt."
"So?" Sie verzog die Miene zu einem spöttischen Grinsen. "Ich fasse das mal als sehr merkwürdiges und plumpes Kompliment auf, mein Großer." Ihr Lächeln verschwand. "Sie haben uns an der Grenze erwischt. Es war mir absolut neu, dass wir mit ihnen im Streit lagen. Deshalb kam der Angriff auch so überraschend. Rose-sempai wollte mit ihnen reden, und zum Dank bekam sie ein Schwert in die Rippen. Tja, und dann ging es auch schon zur Sache. Jemand hat versucht, mir mit einer Kusarigama den Schädel zu spalten, andere wurden von Shuriken erwischt. Ich kann wahrscheinlich froh sein, dass ich so einen Dickschädel habe. Ein Hoch auf die Konstitution der Akimichi!" Sie reckte den Arm hoch und rief HOCH! Halbherzig machte ich mit. Auch Hanako folgte ihrer Vorlage eher unwillig.
"Was ist dann passiert?"
"Oh, das war merkwürdig. Ich weiß nicht, wie ich darauf kam, aber ich hatte gerade so einen großen Kerl am Wickel mit dem Kreuz eines Preisringers und einem Bauch, als hätte er schon sieben oder acht Shinobi gefressen, da entfuhr es mir, dass ich jetzt gerne dich und die Affenkrieger bei mir haben würde. Tja, und da zog er sich mit Step zwanzig Meter zurück und rief den anderen zu, ihm zu folgen. Und er fragte mich wirklich, in welcher Verbindung wir zum ewigen Chunin stehen."
"Ich habe dann ein wenig geflunkert und gesagt, ich wäre deine Verlobte", sagte Karin mit roten Wangen.
Was mir klar machte, dass ich zumindest den Punkt meines Lebens auf solide Füße stellen sollte.
"Daraufhin ließen sie von uns ab und zogen sich zurück. Lediglich der Dicke meinte, Iwagakure würde keine Verletzung ihres Territoriums tolerieren und wir sollten ins Land des Feuers zurückkehren. Dabei waren wir nicht einmal im Land der Erde, sondern im Land der Steine.
Also haben wir uns so schnell es ging mit Rose und den anderen Verletzten zurückgezogen. Und da habe ich deine Affenkrieger übrigens am meisten vermisst."
Ich nickte verstehend. Das klang nach einem der Iwa-Nin, die ich im Land der Steine befreit hatte. Akatsuchi war sein Name, und er war, einmal befreit und bewaffnet, eine große Hilfe gewesen. Dass sich Iwagakure nun vermehrt im Ishi no Kuni zeigte, war verständlich. Immerhin hatte es Orochimaru geschafft, quasi vor ihrer Haustür eine Basis zu errichten, die eine ganze Stadt involviert hatte. Ohne von den Behörden des Landes der Steine behindert zu werden. Und angesichts des vermutlichen Verlusts eines Jinchurikis und seines Bijuu war die Nervosität Iwas auch mehr als verständlich. Ich sah in der Zukunft eine Menge Probleme auf Konoha zukommen, und nicht wenige würden mit Iwagakure zu tun haben. Tatsächlich war ich mir, was die großen versteckten Dörfer anging, nur bei Suna sicher, dass sie unverbrüchlich an unserer Seite stehen würden. Diesmal zumindest. Ich hatte zwar einen guten Draht zum Raikage, aber er und Tsunade-sama waren nicht besonders gut aufeinander zu sprechen, seit sie sich beim Blumenstecken beinahe gegenseitig an die Kehle gegangen wären. Und auch Mei-chan mochte ich als meine Freundin bezeichnen und auch in ihren Augen ein Freund sein, aber die Interessen Kiris waren doch sehr verschieden von denen Konohas. Ich konnte mich keinesfalls darauf verlassen, dass es nur wegen meiner Freundschaft mit ihr und ein oder zwei Gefallen keinen Ärger mit ihnen geben würde. Überdies verwunderte mich, dass es noch immer keine Reaktion darauf gab, wie ich Suirin-chan außer Gefecht gesetzt hatte, damals im Herbst. Das war wirklich nicht sehr nett gewesen. Aber immerhin netter, als sie zu töten.
Das klang doch ganz nach einer Sitzung aller Jounin in Konoha innerhalb der nächsten Tage. Und da meine Beförderung beschlossene Sache war, würde ich das erste Mal an solch einer Sitzung teilnehmen. Ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen sollte. So ein Kriegskonzil war immer der Vorbote für eine Menge Ärger, Schwierigkeiten, Leid und Tod.
Ich legte meinen beiden Mädchen meine Arme um die Schultern. "Gehen wir ins Krankenhaus. Ich will Rose sehen. Danach kommt Ihr mit zu mir. Ich muss euch einiges erzählen, vor allem was Iwagakure angeht. Dann werdet Ihr verstehen, warum die so sauer waren. Übrigens, wer hat die Einheit geführt?"
"Na, Rose-chan natürlich", sagte Hanako.
"Nein, wer hat die Einheit nach Konoha zurückgeführt? Das wird ja wohl kaum eine halbtote Kunoichi mit einem Schwert in der Lunge gewesen sein."
"Oh", rief Hanako stolz. "Das war ich!" Etwas leiser fügte sie hinzu: "Aber Karin war eine tolle Stellvertreterin. Ohne sie hätte ich den logistischen Albtraum nie bewältigt. Hast du schon mal eine Trage über fünfzig Kilometer fortgeschafft, Mamo-chan?"
"Nicht in letzter Zeit", erwiderte ich. In diesem Moment war ich mir sicher, dass die Mission in Yuki no Kuni, in deren Zuge wir nach Angehörigen der Moeru suchen wollten, vielleicht unsere letzte Atempause war, bevor es wieder einmal heftig knallte. Und das bedeutete Tod und Zerstörung. Verdammt. Ich hatte mehr zu verlieren als jemals zuvor. Ich würde all das verteidigen. Mit meinem Leben.

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Während wir zum Krankenhaus unterwegs waren, informierte ich die Mädchen über die recht abenteuerliche Überwachungsmission, in derem Zuge auch Kozuko verletzt worden war. Allerdings war ich mir sehr bewusst, dass ein Kampf mit den Terroristen erheblich härter gewesen wäre als jener mit den Iwa-Nin und dass wir relativ gut bei weggekommen waren. Der alte Jounin, der mit mir verhandelt hatte, hatte vor allem seinen Leuten das Leben gerettet. Anmaßend von mir, das zu denken? Nein. Wir hatten sie getötet, nicht umgekehrt. Es war anzunehmen, dass eine Übermacht uns hätte auslöschen können. Aber der Preis für Iwagakure wäre hoch gewesen. Da stellte ich mir natürlich die Frage, warum die versteckte Stadt ausgerechnet diese Amateure ausgeschickt hatte, um Akazuki-Mitglieder zu verfolgen. Hatten sie keine fähigeren Leute mehr gehabt? Und der Tote, den sie fortgeschafft hatten, war es einer ihrer beiden Jinchuriki gewesen? Es war allgemein bekannt, dass der Uchiha-Verräter Itachi mit seinem Kiri-Kumpel Kisame hinter Naruto hergewesen war, um sein Biju in die Hände zu bekommen. Versuchten sie das Gleiche nun auch bei den anderen Jinchuriki? Unwillkürlich ging mein Gedanke voller Sorge in Richtung Yugito und Kirabi-sama. Was, wenn ihnen etwas passierte? Unwillkürlich ballte ich die Hände zu Fäusten. Was, wenn Naruto etwas geschah? Ich spürte, wie meine Nägel mein Fleisch aufschnitten. Dies brachte mich wieder soweit zur Besinnung, dass ich den unheilvollen Gedanken abschütteln konnte. Dennoch, eine Warnung an die anderen versteckten Dörfer, ihre Jinchuriki betreffend, konnte sicher nichts schaden. Aber dafür war später Zeit. Bis dahin ließ ich mir von meinen Mädchen jede Kleinigkeit ihres Einsatzes genau schildern und sog die Eindrücke auf wie ein Schwamm.

Vor dem Hospital trafen wir auf meine Genin und die Moerus, die von Hana-chan und Karin zwangsverpflichtet worden waren, um mich zu suchen. Sie hatten nun wirklich nicht so einen Aufstand machen müssen, ging es mir durch den Kopf. Solche Hysterie war mir vorbehalten.
Nach einem kurzen Hallo in Richtung Kintaro betraten wir die Klinik und wurden rasch weiterverwiesen.
Vor der Tür zu Roses Krankenzimmer standen meine Mutter und Tsunade-sama. Mom rauchte. Dieser Anblick verdutzte mich enorm. Ich wusste, dass sie früher geraucht hatte, vor allem im Einsatz, aber niemals Zuhause. Sie hatte das Laster schon über zwanzig Jahre aufgegeben. Und nun erwischte ich sie mit einem Glimmstengel in der Hand. Und was noch viel schlimmer war, sie teilte sich die Zigarette mit Tsunade-sama.
"Keine Sorge, Mamo-chan, das ist nicht das, wonach es ausschaut", sagte die Hokage, als sie meinen entgeisterten Blick sah. "Wir rauchen nicht. Wir paffen nur."
Ich sah zu meiner Mutter herüber, die müde abwinkte. "Es war eine anstrengende Geschichte mit Rose-chan. Hat uns beide viel Chakra gekostet. Die Zigarette wurde aus chakrabildenden Kräutern gedreht. Wenn man sie raucht, gelangen sie über die Mundschleimhäute schneller ins Blut."
Und das war die Wahrheit. Das musste die Wahrheit sein, denn sie kam von meiner Mutter.
"Verstanden?", fragte sie mit ernster Miene.
"Verstanden, Yuria-sama!" Das waren so ziemlich alle gewesen. Und das Sama war vollkommen zu Recht gefallen. Mom konnte sehr energisch werden. Tatsächlich konnte ich mir gut vorstellen, wie zu ihrem Ruhestand etliche Glückwunschkarten der anderen Dörfer eigegangen waren - froh darüber, dass sie das Schlachtfeld verlassen hatte, kurz nach dem letzten Ninja-Krieg.
Ich räusperte mich verlegen. "Wie geht es Rose?"
"Wie ich schon sagte, es war kompliziert. Das verdammte Schwert ist gesplittert", sagte Tsunade und reichte Mom die Zigarette weiter. "Kleine und kleinste Teile haben sich an den unpassendsten Stellen in die Lunge gebohrt und waren teilweise schon überwuchert und verkapselt. Ein ganz schöner Scheiß war das."
"Wir mussten jeden einzelnen Splitter suchen und entfernen, während Rose die ganze Zeit an der Grenze zum Kollaps stand. Sie schläft jetzt, weil sie es dringend nötig hat. Für sie war es noch anstrengender als für uns." Ihr missmutiger Blick traf mich. "Das heißt, du kannst alleine rein. Für eine Minute oder zwei. Wenn sie wieder wach ist, kannst du sie meinetwegen erneut besuchen."
Ich verstand. "Danke, Mom."
Mit einem Nicken verabschiedete ich mich von meinen Begleitern und betrat das Krankenzimmer.

Das Fenster war geschlossen, obwohl draußen ein warmer Wind ging. Rose lag mit blassen, eingefallenen Zügen im Bett und wurde beatmet. Ihr Oberkörper war bar der üblichen Kleidung, aber sie war bandagiert worden. Die Bandage bedeckte ihre Blöße. Die Stelle, an der das Schwert ihre Lunge erwischt hatte, war noch einmal besonders bandagiert. Eine schwierige Geschichte. Wie verhinderte man, dass, wenn Blut austrat, es in die Lunge lief? Ich war mir sicher, Mom und Tsunade-sama hatten das bedacht. Ich war mir sicher, sie hatten das nicht zum ersten Mal gemacht.
"Hey...", klang ihre Stimme leise auf.
Unwillkürlich zuckte ich zusammen. Sie war wach. "Hey", erwiderte ich, zog mir einen Stuhl heran und setzte mich neben sie. Der Herzmonitor piepte im Takt ihres Pulses in eintönigem Rhythmus. Sie streckte die rechte Hand aus und ich ergriff sie. "Wie fühlst du dich, Rose-sempai?"
"Beschissen", gestand sie. "Denken Tsunade-sama und Yuria-sama, dass ich schlafe?"
Ich nickte. "Ja. Sie sagten, die Behandlung war schwer für dich."
"Ich werde wohl auch gleich schlafen... Wir haben das ohne Vollnarkose gemacht, weißt du? Damit mein Körper nicht noch mehr belastet wird. Yuria-sama hat dazu mein Schmerzempfinden abgeschaltet... Sehr effektiv. Ich fühle da immer noch nichts." Sie sah mich an, tief in meine Augen. "Werde ich sterben, Mamo-chan?"
Das Gerät piepte etwas schneller. Das beunruhigte mich. "Irgendwann einmal, sicher. Jeder muss mal sterben. Aber sicher nicht in absehbarer Zeit. Und nicht wegen dieser Wunde."
"Gut... Ich weiß, dass du mir die Wahrheit sagst. Du würdest mir nichts verheimlichen."
"Weil du mir sonst den Hintern versohlst", schmunzelte ich.
"Weil ich dir sonst den Hintern versohle..." Sie lächelte sanft. "Aber wenn ich mir das richtig überlege, würdest du das heute mit mir tun, ewiger Chunin. Du bist stärker als ich mittlerweile."
"Vorsicht, klingen da unterschwellige Wünsche durch, Rose-sempai?", scherzte ich.
"Worauf du dir immer gleich Hoffnungen machst. Mamoru, du bist manchmal so ein Kind", tadelte sie mich. Nicht ganz zu Unrecht.
Betreten ließ ich den Kopf hängen. "Also kein Hintern versohlen?"
"Mamoru Morikubo, du bist unmöglich", kicherte sie. Eine Zeitlang griff sie fester zu und starrte an die Decke. "Wir sind ein gutes Team, oder?"
"Ja, Rose, das sind wir."
"Ich weiß noch, damals im Land der Reisfelder, als wir alle glaubten, du wärst in der großen Chakra-Explosion umgekommen, die aus Otogakure einen See gemacht hat, da war etwas in mir, das sich geweigert hat, zu glauben, dass du tot bist. Frage mich nicht, wieso, aber ich wusste es einfach. Und ich habe dich gesucht."
"Du hast mich gefunden. Etwas Gehirngewaschen, aber ansonsten noch ganz brauchbar."
"Aber ich habe dich gefunden", schmunzelte sie. "Und du passt auf mich auf."
"Ich bin hier", schmunzelte ich.
"Als ein guter Freund." Sie sah mich an. "Mein guter Freund. Weißt du, früher gab es nie eine Zeit, in der ich dachte, wir... Dann waren da die letzten beiden Jahre, und ich glaubte..." Seufzend begann sie mit meiner Hand zu schaukeln. "Wir werden doch immer Freunde bleiben?"
Ein mulmiges Gefühl erfasste mich. Irgendwas hatte ich nicht mitbekommen, das war mir klar. Aber im Gegensatz zu meinem früheren Ich war mein fast achtzehnjähriger Pendant etwas fixer in solchen Dingen.
"Rose, du hast darüber nachgedacht, dass du... Dass wir... Du und ich..."
"Nein! ...ja... Nein... Ja... Ach, weißt du, Mamo-chan, ich bin zehn Jahre älter als du. Das hätte doch nie funktioniert. Und du bist ja auch ganz süß und so und sowas von zuverlässig und gleichzeitig ein richtig guter Shinobi, eigentlich alles, was eine konservative Kunoichi sich erträumt. Aber ich bin eben nicht konservativ. Und ich habe absolut keine Lust, mich bei deinem Harem einzureihen. Daher: Nein."
Das verwirrte mich etwas. Erst Hana-chan, und nun auch noch Rose? Ich meine, bis eben hatte ich es nicht gewusst, zugegeben, aber was passierte hier? Nicht, dass ich Lust auf einen Harem hatte, wie sie es ausdrückte. Aber die plötzliche Aufmerksamkeit würde mir fehlen.
"Weißt du, als ich gemerkt habe, dass ich mich an deiner Mutter orientieren möchte und eine eigene Familie will, da warst du eben eine Zeitlang in meinem Visier. Aber ich war noch nie gut darin, die Nummer fünf zu sein." Sie stellte die wippende Armbewegung ein. Abrupt ließ sie meine Hand los. "So ganz wirst du mein Visier zwar nie verlassen, aber das ist rein freundschaftlich, Mamoru Morikubo. Und jetzt raus mit dir. Ich muss schlafen."
Okay, sie hatte mich rausgeschmissen. Ich beugte mich über sie und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Erhol dich gut, Rose-chan. Vielleicht darfst du zu meinem Geburtstag schon wieder raus."
"Das wage ich zu bezweifeln, aber schön wäre es. Gute Nacht, Mamo-chan." Demonstrativ schloss sie die Augen.
Seufzend erhob ich mich und ging zur Tür. Das machte mir wieder einmal etwas klar. Ich sollte irgendwann einmal konkrete Tatsachen schaffen. Besser früher als später. Karins "Ich habe da ein wenig geflunkert und behauptet, wir sind verlobt"-Geschichte war genau das, wonach sie sich angehört hatte: Eine Beschwerde. Und das vollkommen zu Recht.
Bevor ich die Tür öffnete, sah ich noch einmal zurück. "Ich habe dich lieb, Sempai."
"Ja, ich weiß." Sie lächelte und wirkte seltsam zufrieden. "Ich... weiß..." Und dann war ihr Chakra plötzlich weg. Nein, ich korrigierte mich nach der ersten Panik. Sie schlief, und ihr Chakra-System war in äußerster Ruhe. Ich musste wirklich weniger empfindlich werden.

Vor der Tür sah mich Tsunade-sama ärgerlich an. "Zwei Minuten habe ich gesagt." Dabei wälzte sie die Zigarette von einem Mundwinkel in den anderen. Das musste schon die zweite sein.
"Entschuldige, Tsunade-sama. Sie war wach. Wir haben uns unterhalten."
"Ich wusste, sie macht uns nur was vor", sagte Mutter belustigt. "Schläft sie jetzt wenigstens?"
"Tief und fest", versicherte ich.
"Gut. Dann wird sie auch heilen", schloss die Hokage. Sie sah Mutter an und zwinkerte. "Lust auf einen entspannenden Drink, Yuria?"
"Da sage ich nicht nein, Sempai. Mamo-chan, Kicchan, Shin-chan, wir sehen uns Zuhause. Mutter geht einen heben."
"Viel Spaß, Mutter!"
"Oh, wie schön. Im Chor geantwortet. Ich habe gute Söhne", gurrte sie in einem Tonfall, der bei ihr entweder baldige Gefahr, oder große Zufriedenheit verhieß. Ich ging von letzterem aus. Immerhin hatte sie geraucht und würde nun mit Tsunade-sama noch das eine oder andere Sake-Fläschchen leeren. Zusammen mit der Hokage ging sie an uns vorbei.
"Und, wie war das Training nun?", fragte Mai neugierig.
"Ich glaube, wir sollten einen Tee trinken gehen, und ich erzähle alle Details über mein neues Jutsu", lachte ich. "Bei mir Zuhause. Wir müssen ja nicht gleich Konohas neueste Katon-Kunst in der Öffentlichkeit breit treten." Ich griff nach Karins Linker. "Lasst uns gehen."
Verwirrt ließ sie sich mitziehen. "W-warte, nicht so schnell!"
Richtig, das hatte ich vorher noch nie gemacht. Und ich wünschte mir, dass die alten Säcke im Rat es sehen würden, damit ihnen klar wurde, dass Mamoru Morikubo durchaus eigene Pläne mit sich, mit der Welt und mit den Frauen hatte...
Es war nur die Frage, welche Pläne die Welt und die Frauen mit mir hatten.
"Ich liebe es, wenn du errötest", neckte ich Karin. Daraufhin schoss ihr das Blut erst richtig in die Wangen. "Mamo-chan!"
Ich lachte. Aber nur ein ganz klein wenig auf Karins Kosten.
***
"Das ist eigentlich auch schon alles", erklärte ich und deutete auf das Geschirr und Besteck, das ich auf dem Tisch verteilt hatte, um mein neues Jutsu zu erklären. "Meine neue Aura liegt nicht mehr auf meinem Körper auf, sondern umgibt ihn wie einen Mantel. Ich muss mich also nicht mehr ausziehen, wenn ich die Technik anwende. Zudem ist mein Feuer schon da. Ich kann einige meiner Jutsu damit ausführen, ohne Fingerzeichen zu formen. Das ist ausbaufähig."
"Ausbaufähig, nennt er das. Mamo-niichan, du bist ein Tiefstapler", tadelte Kishio grinsend.
Ich grinste zurück. "Ausbaufähig und gefährlich?"
Wir lachten.
"Was mich zum Angriff mit den Fernkampfwaffen bringt. Shinpa-chan, hast du...?"
"Ja, ich habe dran gedacht." Er stellte einen Beutel auf den Tisch und entleerte ihn. Neben dem Geschirr kamen nun ein Stapel Shuriken, Senbon und Kunai zum Liegen. Allen fehlte minestens die Spitze, bei den Shuriken eine oder zwei zugleich. "Das ist das Ergebnis des Angriffs mit Fernwaffen. Die Spitzen sind geschmolzen, bevor sie Mamo-chan verletzen konnten. Und hier, seht Ihr die Deformationen in der Mitte? Da haben die Shuriken noch einen mitgekriegt, weil sie bis da in seinem Feuer gesteckt haben. Das Ganze hat aber noch einen Nachteil."
Ich nickte und schob den rechten Ärmel hoch. Ein Dutzend teilweise großer blauer Flecke bedeckte ihn. "Richtig. Einen Nachteil gibt es. Zwar verformen sich die Spitzen im Feuer, und Kira hat bewiesen, dass ich auch Schwertschneiden verforme, bevor sie mich treffen..." Ich deutete auf einen langen Striemen am Unterarm. "Aber mein Feuer ist nicht heiß genug, um das Metall zu verdampfen. Die kinetische Energie schlägt durch und tut mir weh. Aber das ist ein kleiner Preis, wenn man bedenkt, dass mich diese Treffer ansonsten verletzt oder gar getötet hätten."
"So, so. Du bist also gegen stumpfe Angriffe immer noch empfänglich", sagte Hana-chan. "Ein Angriff mit einem Hammer dürfte dich also richtig schwer treffen, weil die volle Wucht durchschlägt, egal wie viel vom Hammer schmilzt."
"Ja, das ist richtig. Stumpfe Angriffe sind mein Feind", sagte ich ernst.
"Aber es gibt einen weiteren Vorteil", sagte Shinji schnell. "Den darf man nicht unterschätzen. Die wenigsten Angreifer werden Sensei mit Taijutsu attackieren, wenn das Higatsuku no Kara aktiv ist."
"Ja, das verbuche ich mal als Vorteil. Aber wie verhindere ich, dass ich mit jedem Fehlschlag etwas anzünde? Letztendlich IST mein Feuer sehr heiß." Ich schluckte trocken, als ich mich daran erinnerte, dass ein einziger Faustschlag ausgereicht hatte, um den mittleren der drei Pfosten auf dem Trainingsgelände in Brand zu setzen. Ich war dazu verdonnert worden, ihn auf eigene Kosten zu ersetzen. Und ich hatte einen ausgiebigen Vortrag über "Tradition" und "Zerstörungswut" erhalten, ausgerechnet von Genma, der der Rauchsäule gefolgt war und den Haufen Holzkohle gefunden hatte, der von meinem Fehltritt übrig geblieben war.
"Das heißt, du musst weiter an deinem Chakra-Fokus arbeiten", stellte Karin fest. "Du musst lernen, die Aura binnen weniger Augenblicke und scharf begrenzt abzuschalten. Und wieder zu aktivieren."
"So? Heißt das, du gibst mir heute noch eine Lektion in Chakra-Fokussierung? Du bist da weit besser als ich, Karin."
"Nun, vielleicht haben wir da heute Abend Gelegenheit zu." Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu.
"Können wir dabei sein und zuschauen?", fragte Shinji. "Wir können da sicher was lernen."
Kira sah seinen Freund aus großen Augen an. "Ich denke nicht, dass wir bei dem Training dabei sein dürfen. Aber wir würden sicher was lernen."
"Was? Aber wieso denn nicht? Wir... Oh. OH! Gut, vielleicht nicht bei diesem Training."
Karin errötete erneut. "Ich habe ganz normales Training gemeint. Vorher."
"Vorher?", echote Kuzomi-chan.
"Ups."
Mit bedauerndem Blick erhob ich mich. "Ob das heute Abend noch was wird, kann ich nicht versprechen. Ich weiß, du und Hanako seid gerade erst zurückgekommen, und wir sollten die Zeit nutzen, solange Ryu nicht wieder zurück ist und wie in alten Zeiten zu dritt bei Ichiruka essen, aber es gibt da etwas, was ich erledigen muss. Es kann sehr spät werden. Es tut mir leid."
"Du hast etwas wichtigeres vor?", fragte sie mich erstaunt.
"Mamoru, das ist nicht dein Ernst!", rief Hana-chan verblüfft.
"Es war nur noch der Termin heute frei", sagte ich entschuldigend. "Shinpa-chan, du hast doch Zeit heute?"
"Was? Zeit? Ich? Was? Ja, aber... Worum geht es?"
"Vertrau mir einfach."
"Oh-oh. Ich mag es überhaupt nicht, wenn mir jemand so etwas sagt. Das endet meistens in einer Katastrophe oder einer bösen Überraschung."
"Shinpachi..."
Er seufzte. "Gut, ich vertraue dir."
"Soll ich mitkommen, Niichan?", fragte Kishio in beiläufigem Tonfall.
Unwillkürlich sah ich zu Mai herüber. "Ich denke, wir brauchen da keine Verstärkung, Otouto. Aber wenn du unbedingt möchtest, kannst du gerne mitkommen."
"Gut. Dann tue ich das doch. Worum geht es überhaupt?"
"Wir gehen zu Puny-sama. Sie hat sich extra für mich den Abend freigehalten."
"Puny-sama?" Hana-chan sah mich entsetzt an. "Du gehst zu Puny-sama? Ich meine, du..." Irgendetwas in ihrem Kopf machte klack. "Es geht um eine neue Technik?" Dann machte noch etwas klack. "Oder es geht... Okay, ich verstehe... Puny-sama also. Aber wehe, du schleppst meinen Ryu da mal mit hin."
"Keine Sorge, Hanako-sama, das werde ich nicht. Im Gegenteil, er schleppt mich immer hin."
Ärgerlich öffnete Hana-chan den Mund und schnappte dabei wie ein Karpfen auf dem Trockenen mit den Lippen. Aber es kam kein Laut dabei heraus.
"Neck sie doch nicht immer, Mamoru", tadelte Karin mich und legte einen Arm um ihre beste Freundin. Das beruhigte das blondhaarige Mädchen wieder etwas. "Das war doch ein Witz, oder?", vergewisserte sie sich.
Ich kicherte leise. "Natürlich war das ein Scherz."
"Mamoru, sag mir die Wahrheit, ich..."
"Das ist doch egal. Es ist Puny-sama, und wir vertrauen ihr. Gerade wir. Gerade du, Hana-chan."
Für einen Moment wirkte sie verblüfft, dann aber nickte sie. "Ja, das tue ich."
Karin lächelte sie an, bevor sie zu mir herübersah. "Sieh zu, dass es nicht zu lange dauert, ja? Vielleicht reicht die Zeit dann noch für ein Chakra-Fokustraining, Mamo-chan."
Ich lüftete meinen Kragen etwas. "Ich tue, was ich kann."
"Gut so, Mamoru Morikubo." Karin gab mir einen Kuss. "Und viel Spaß."
"Also, was ist denn mit dieser Puny-sama nun eigentlich los?", fragte Kishio und kratzte sich verlegen am Kopf.
"Du hast noch nicht von Puny-sama gehört?", fragte Mai verdutzt.
"Nein. Tut mir leid, da klingelt nichts."
"Aber warum willst du dann hingehen?"
"Weil Shinpachi hingeht. Einer muss auf ihn aufpassen, finde ich."
"Kishio-sama", raunte Shinpachi ehrfurchtsvoll.
"Und was ist nun mit ihr? Wer ist Puny-sama?"
"Puny-sama", dozierte Mai, "ist eine ehemalige Kunoichi. Eine spezialisierte Jounin, und die Beste in ihrem Gebiet. Noch immer. Jede Kunoichi lernt sie mindestens einmal kennen. Sie ist eine großartige Frau mit großem Können und großer Erfahrung. Sie ist der gute Geist aller weiblcihen Ninjas Konohas und..." Sie stockte. Um ihre Hand flammte Chakra auf. "Halt mal gegen", forderte sie Kishio auf.
Der junge Moeru folgte ihrer Bitte, ließ sein Chakra rund um die Hand entstehen und hielt sie neben Mais Hand.
"Sieht sich ähnlich, nicht wahr?" Mai sah zu mir. "Sensei, wenn ich ernsthaft eine Kommando-Funktion ausüben soll, will ich in die Moeru-Kommunikation eingebunden werden. Was muss ich dafür machen?"
"Nun", sagte Shinpachi, "Mamo-chan ist sensorischer Ninja, bei ihm war es leicht, eine kompatible Chakra-Basis zu finden und ihn partizipieren zu lassen. Bei dir aber geht das nicht, Mai-chan. Du bist kein Sensoriker."
"Gibt es trotzdem einen Weg?"
Der ältere Moeru grinste. "Aber ja. Den gibt es. Da eure Chakra-Farbe schon recht nahe beieinander liegt, könnt Ihr euch synchronisieren. Durch Gewöhnung." Für einen Moment zögerte er, dann aber lächelte er und beugte sich vor. "Durch Körperkontakt. Je mehr Körperkontakt Ihr haltet, desto eher werdet Ihr kompatibel. Und desto schneller kannst du an der Kommunikation teilnehmen."
"Na, das ist ja einfach." Bestimmt sah sie zu Kishio herüber. "Also Körperkontakt. Ab morgen. Und heute gehst du zu Puny-sama."
"Ich weiß immer noch nicht, was an ihr so besonders ist...", beschwerte sich Kishio.
"Oh, das wirst du merken", orakelte Hanako-chan.
Die Tür der Küche öffnete sich und Vater trat ein. "So, Aki-chan schläft. Uff. Und ich hoffe, deine Mutter macht keinen Lärm, wenn sie nach Hause kommt. Das letzte Mal, als sie mit der Hokage getrunken hatte, war sie laut genug für ein Regiment Samurais."
"Ich denke, sie erinnert sich daran, dass Akira schon schläft", erwiderte ich.
"Na, hoffen wir es. Und, was steht noch an heute Abend?"
"Wir besuchen Puny-sama, Paps."
"Ah, da will wohl jemand noch ein paar Tricks lernen. Verstehe."
"Nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig." Ich grinste schief. "Kishio, Shinpa-chan, trinkt aus. Wir wollen los. Kin-chan, willst du auch mit?"
"Oh, danke, nein, danke. Verzichte gerne. Mein letztes Treffen mit ihr steckt mir noch in den Knochen, Mamoru."
"Gut, dann nicht. Kommt, Jungs."
"Und was ist nun so besonderes an dieser Kunoichi?", fragte Kishio erneut.
***
Ich blieb Kishio die Antwort schuldig. Noch. Er würde früh genug merken, was es mit Puny-sama auf sich hatte.
Wir spazierten in ruhigem Tempo durch das abendliche Konoha. Es war wie immer viel los auf den Straßen, und die Bürger gingen gut gelaunt ihren Beschäftigungen nach. So wie immer, wenn Frieden herrschte. Frieden, was für ein schönes Wort. Ich mochte es sehr, und auch das, wofür es stand. Leider war es ein gefährdeter Zustand, wenn ich an die jüngsten Spannungen mit Iwagakure dachte, an denen ich selbst nicht ganz unschuldig war. Aber noch standen keine allzu finsteren und auch keine besonders zahlreichen Wolken am Horizont. Daher konnte man den Menschen ihren Frieden und ihren Spaß gönnen. Krieg würde es schon noch wieder früh genug geben. Der Gedanke ließ mich schaudern. Krieg war gar kein schönes Wort...
"Aniki", hallte Kishios Stimme durch meinen Geist.
Ich sah zurück und erkannte seinen Zeigefinger, den er mir in die Seite drückte, um mit mir Kontakt aufzunehmen.
"Ja?"
"Was ist denn nun mit Puny-sama?", flüsterten seine Gedanken in meinem Verstand, während sein Gesicht eine Maske der Ratlosigkeit war.
"Das wirst du noch früh genug sehen. Nicht schmulen", sagte ich, drängte den Jüngeren aus meinem Geist und unterbrach den Körperkontakt durch einen halben Schritt zur Seite.
Kishio sah mich fassungslos an. Er konnte nicht verstehen, warum ich um die Geschichte so ein Geheimnis machte.
"Shinpa-chan", sagte ich und klopfte dem älteren Moeru auf den Rücken. "Wie geht es dir?"
"Gut", erwiderte er und lächelte zaghaft. "Eure Ärzte in Konoha sind erstaunlich. Sie haben mich fast wieder auf den alten Stand gekriegt. Den Rest werde ich durch Training ausgleichen, aber... Nun, ich bin einsatzbereit und fast wieder fit."
"Das meinte ich nicht. Die andere Geschichte."
"Welche andere Geschichte? Ach, du meinst die Geschichte." Er runzelte die Stirn. "Nun, DEN Vorfall habe ich immer noch nicht verdaut. Das werde ich wohl auch nie. Ich meine, ich hätte nie gedacht, dass Orochimaru so skrupellos ist, dass er ein Kind von vielleicht vier Jahren als Attentäter auf Kishio-sama hetzt."
"Verstehe. Und wie stehst du mittlerweile zum Verwandtschaftsverhältnis? Unser Ärzte haben ja festgestellt, dass sie genetisch deine Tochter war." So, damit war es mal ausgesprochen. Orochimaru züchtete mit Shinpachis Samen und mehr oder weniger willigen Leihmüttern selbst kleine Moerus.
"Nicht gut. Ich meine, ich habe für das Kind nichts empfunden, weil ich nicht mal von seiner Existenz wusste, aber es betrübt mich, wenn ich an sein Schicksal denke. Das hatte sie nicht verdient. Das hatte keiner verdient. Noch ein Grund mehr, Orochimaru in kleine Fetzen zu zerreißen."
"Meinst du, sie war die einzige?"
Verdutzt sah er mich an. "Oh. Das habe ich vollkommen verdrängt. Denkst du, dass...? Natürlich denkst du das, Otouto. Sonst hättest du es nicht ausgesprochen."
Ich lächelte innerlich. Es kam nur selten vor, dass er mich Otouto nannte, Kleiner Bruder. Meistens gab er sich viel respektvoller als er wirklich war und nannte mich Sama. Oder Sensei. Aber bei diesem Thema waren seine automatischen Floskeln deaktiviert. "Ich denke, wo es eines gibt, wird es vielleicht noch mehr geben. Und alle sind sie in Orochimarus Hand und ihm ausgeliefert."
"Worauf willst du hinaus?", fragte er, stutzig geworden.
"Nun, du bist der genetische Vater. Du bist das, was bei diesen Würmern einer Familie noch am Nächsten kommt. Angenommen, ich sage wirklich nur angenommen, es gelingt uns, das Labor zu finden, in dem die Schlange Moerus züchtet, und wirklich nur angenommen, es gelingt uns, die Kinder in unsere Hand zu kriegen und eventuelle Programmierungen in ihren jungen Köpfen wieder geradezubiegen, was soll dann mit ihnen geschehen?"
Verdutzt wechselte Shinpachi einen schnellen Blick mit Kishio. Der war vom Thema nicht weniger überrascht als sein großer Bruder und Leibwächter.
"Es sind Moerus. Wir haben die Pflicht, ihnen durch die Leben zu helfen, in die sie ohne ihr Wollen gerufen wurden", sagte Shinpachi schließlich. "Ich... Ich weiß nicht, ob ich ein guter Vater sein werde. Mein eigener hat es mir nie besonders gut vorgemacht, wie man ein guter Vater ist. Aber ich kann mir Kenshiro als Vorbild nehmen. Er ist ein sehr guter Vater." Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. "Und an dir, Otouto. Du bist auch ein guter Vater."
Nun war ich verblüfft. Dieses Lob hatte ich nicht erwartet. "Kein sehr guter wie Paps?", scherzte ich, um meine Rührung zu überspielen.
"Sehr gut wärst du, wenn der Junge seinen Vater und seine Mutter immer hätte, anstelle von diesem Herumreichen", tadelte er. Und Kishio, der Verräter, nickte gewichtig dazu. Eine Verschwörung.
"Gut, gut", sagte ich, mich leise räuspernd, "ich persönlich hätte ja vorgeschoben, dass sich Konoha prinzipiell um die jungen Moerus kümmern muss. Alleine schon, weil ihre Fähigkeiten nicht noch einmal einem Feind in die Hände fallen dürfen. Daher werden die Nara tun, was in ihrer Macht steht, um diese Kinder groß zu kriegen. Immerhin hat der Nara-Clan Verantwortung für die Moerus übernommen. Egal, wie viele es gibt. Solange das Oberhaupt der Moerus das will." Ich sah Kishio ernst an. "Du weißt, dass Clanangelegenheiten der Moerus etwas sind, wo ich dir nicht dreinzureden habe."
"So hart würde ich es nicht formulieren, Mamo-chan", erwiderte Kishio stockend. "Aber ich nehme deinen Rat jederzeit an."
Ich nickte ihm zu und verfluchte mich gleich dafür, dass ich so ein Feigling war. Nun hatte ich einen potentiellen Clan auf seine Schultern abgeladen. Ich hätte mich ohne Weiteres zum Kommissar über die Moerus aufschwingen können, alleine über die Verbindung zwischen Kishio und mir, und wahrscheinlich wäre daraus mehr Gutes entstanden als Schlechtes. Aber ich selbst war kein Moeru. Und ich hatte Kishio nie in meiner Schuld gesehen. Nicht in dem Maße. Die Konsequenz? Kein Clanführer Morikubo für Clan Moeru, aber ein großer Bruder, der Kishio bei dieser schwierigen Aufgabe unterstützen würde, wie immer er konnte. Und der hoffte, trotz allem Autorität über die Moerus zu gewinnen. Bis zu einem gewissen Maße, als eine Art Sempai. Alleine schon, weil Konoha das von mir erwartete.
Zudem war da die Mission, von der wir uns weitere Informationen über eventuelle Überlebende des Clans erhofften. Bevor wir uns versahen, konnte es recht eng Zuhause werden. Aber das war Zukunftsmusik, und ich bediente die Probleme in der Reihenfolge, in der sie auftraten. Außerdem würde Mutter da mehr als ein Wort mitreden. Aber hier und jetzt hatte ich Kishios Autonomie bestätigt. Und er hatte im gleichen Atemzug um meine Hilfe gebeten. Hilfe, nicht Führung. Mehr hatte ich von dieser Situation nicht erwarten können. Also war ich zufrieden.
"Dann ist das geklärt. Wann wollen wir das alte Uchiha-Anwesen kaufen, um deinen Clan unterzubringen, Kicchan?"
Der junge Shinobi errötete ein wenig. "Ist das nicht etwas übertrieben, Mamoru?"
"Etwas vielleicht", erwiderte ich lächelnd.

Ich hielt an. "Wir sind da. Willkommen bei Puny-sama und ihren Schülerinnen."
Die beiden Moerus sahen auf, als würden sie aus einem Traum erwachen. Vor ihnen erstreckte sich, etwas abseits der eigentlichen Stadt, eine hohe Steinmauer und ein gewaltiges Holztor, bestehend aus zwei Flügeln, die jeder für sich eine Tonne wiegen mochte. Rechts war eine kleine Tür für Personen eingelassen. Dahinter erkannte man den ersten Stock eines recht großen und recht weitläufigen Gebäudes. Und die Mauer ging etliche Meter in beide Richtungen.
"Hier?", fragte Kishio verdutzt. "Wer ist diese Puny-sama? Ich habe mich immer gefragt, wer hier lebt, aber nie eine Antwort darauf gefunden."
"Oh, Puny-sama empfängt nicht jeden. Beileibe nicht." Ich grinste und legte beide Hände als Trichter vor den Mund. "Jemand Zuhause?"
"Wer ruft?", klang eine helle Mädchenstimme auf.
"Mamoru Morikubo!"
"Wir kaufen nichts! Vor allem nicht um diese Uhrzeit! Troll dich wieder!"
Ich grinste schief, während Kishio und Shinpachi ungläubig zwischen mir und dem Tor hin-, und hersahen. "Aber... Aber... Das können sie doch nicht machen!", stammelte Kishio. "Ich meine, du sagstest doch, du hast einen Termin, nicht, Aniki?"
"Genau! Ich habe einen Termin! Und wenn ich dazu das Tor eintreten muss!", rief ich mit gespieltem Pathos.
"Ha! Das will ich sehen! Da hat wohl jemand von Kraft geträumt!", neckte die Mädchenstimme.
"Na, und ob das." Ich nickte Kishio zu. "Zeig ihr, wie stark ich bin."
"Was, bitte?"
"Also, du jetzt, für mich. Das Tor. Ne?"
"Ach so." Unwillkürlich ging sein Blick die drei Meter hohen Flügeltüren hoch. "Das Ganze?"
"Ja, bitte."
"Ich glaube, das geht nur mit einem Dai Endan."
"Ich bitte darum, Kicchan."
In diesem Moment huschte ein Schatten über das Tor hinweg, sprang auf uns hernieder. Ein Fuß sauste auf meine Kehle zu. Ich blockte mit meinem Arm und wischte ihn fort. Die Gestalt drehte sich durch die Bewegung in der Luft und streckte beide Arme aus. Als diese sich um meinen Nacken gelegt hatten, ergriff ich den herumwirbelnden Körper und brachte die Bewegung zur Ruhe.
"Hallo, Fei Long", sagte ich zu dem Mädchen auf meinen Armen.
"Hallo, Mamo-chan." Sie blickte sich um. "Shinpachi-kun, hi. Ah, Kishio-sama ist ja auch dabei. Guten Abend."
"Soll ich dich runterlassen?"
"Wieso? Bin ich dir zu schwer?", neckte sie.
Ich schmunzelte. "Nein, ich trage nur ungern faules Fleisch."
"Ha, sehr witzig, Baka. Ja, du darfst mich runterlassen." Entgegen der harschen Worte lächelte sie. "Schön, dich wiederzusehen. Du hattest Ärger mit Iwa, habe ich gehört?"
"Mehr als genug. Und dann gibt es an der Heimatfront auch noch soviel zu tun." Ich seufzte.
"Ja, verstehe. Aber du kannst das nicht ändern, ich kann das nicht ändern. Vielleicht schafft es Torako-sama."
"Torako-sama? Wer ist denn das jetzt wieder?", fragte Kishio verwirrt. "Und warum wolltest du uns nicht reinlassen, Fei-tono?"
"Oh, du kennst sie sicher unter dem Namen Puny-sama, wie ich Mamoru kenne." Sie glitt von meinen Armen und schlug mich gespielt. "Böser, böser Junge."
"Autsch", sagte ich pflichtschuldig.
"Du wirst gleich sehen, warum man sie Puny-sama nennt", sagte die Kunoichi mit einem Blick voller Bewunderung. "Und warum ich euch nicht reinlassen wollte... Gönn mir doch auch mal ein wenig Spaß." Sie zwinkerte Kishio und Shinpachi zu. Anschließend wandte sie sich dem Tor zu und begann zu drücken. Scheinbar problemlos schwangen die Flügel nach innen.
"D-das ist... Beeindruckend, Fei-tono!", rief Kishio.
"Oh, das. Ein wenig tägliches Training, und man kriegt das hin." Sie grinste. "Allerdings ist der elektrische Tormechanismus für den Motor, der die Flügel bewegt, auch recht hilfreich."
Vor Enttäuschung wäre den beiden Moerus fast das Kinn abgesackt.
"Los, kommt, mir nach", rief Fei unbeschwert und schritt voran.
Ich legte je einem Moeru eine Hand auf die Schulter und zog sie mit mir. "Kommt, Jungs. Der Abend beginnt."

Hinter dem Tor wartete ein großer Aufgang. Ein Dutzend Kunoichi, teils in normaler Ninja-Kleidung, teils in Kimonos, erwarteten uns mit Lampions. "Konban-wa, Morikubo-sama! Konban-wa, Moeru-sama! Konban-wa, Moeru-tono!"
"Euch auch einen schönen Abend, meine Hübschen", sagte ich lächelnd. "Wie immer seid Ihr ein Anblick, der die Sterne verblassen und den Mond neidisch werden lässt."
"Mamoru, du bist so ein Flirter", warf mir eine der Damen vor, während die anderen über das Kompliment miteinander raunten.
"Ich bin nur ein gelehriger Schüler meiner Meisterinnen", erwiderte ich galant und nickte den Damen zu. Das Nicken wurde erwidert.
Die beiden Moerus mehr schiebend, schritt ich durch das Spalier hindurch. Im Hauseingang wartete Fei Long auf uns. Es war ein klassisch eingerichtetes Konoha-Haus, allerdings mit festen Wänden. Aber die Türen sahen wenigstens so aus, als wären sie aus Papier gemacht worden. "Hier entlang. Puny-sa... Ich meine Torako-sama erwartet euch im großen Saal."
"Und wo genau sind wir hier? Und was ist diese Puny-sama oder Torako-sama nun?"
"Unsere Sensei", erwiderte Fei schlicht und schritt voran. Hinter uns kamen die Damen mit ihren Lampions herein.

Fei öffnete eine Schiebetür und trat noch vor uns ein. Sie hockte auf einem Knie inmitten des Saals, eine Faust auf den Boden gestemmt. "Torako-sama, ich bringe dir pünktlich Mamoru Morikubo, Kishio Moeru und Shinpachi Moeru."
Als wir ihr in den Raum folgten, spürte ich, wie die beiden Moerus kurz zögerten.
"Ach, deswegen Puny-sama", klangen Kishios amüsierte Gedanken zu mir herüber.
Vor uns, auf einem Podest, saß eine Frau mit langen, schwarzen Haaren, die ihr, zum kunstvollen Zopf geflochten, vom Rücken hingen. Ihre Augen waren blau, ihr Gesicht weiß. Eine kleine Nase, hohe Wangenknochen, volle rote Lippen, ein passendes Kinn und ein Grübchen auf der rechten Wange machten aus ihr eine wahre Schönheit. Das, und die übrigen Proportionen. Sie war, nun, gut gebaut und noch besser bestückt. Ihr Busen drohte jede Sekunde aus dem viel zu kleinen Kimono zu fallen, oder ihn zumindest bersten lassen zu wollen. Der große Busen, der Tsunade-sama Konkurrenz machte, war beeindruckend, wenn man ihn das erste Mal sah. So wie die Moerus.
Ich schob sie beide weiter in den Raum hinein.
Fei machte Platz und deutete auf drei Matten, die vor dem Podest ausgelegt waren. Davor standen drei flache Tische, auf denen sich nichts befand. Noch nicht. Ich zweifelte nicht daran, dass noch Getränke und ein Snack serviert werden würden.
"Mamoru in die Mitte. Kishio-sama rechts und Shinpachi-tono links", dirigierte Fei uns.
Während wir uns niederließen, richtete Torako-sama das linke Bein auf. Bei der Bewegung rutschte der Kimono teilweise herab und entblößte fast das ganze hübsche, weißhäutige Frauenbein. "Wie viel hast du Shinpa-chan schon gesagt, Mamo-chan?", fragte sie amüsiert.
"Nichts, Puny-sama", erwiderte ich grinsend.
"Ach, aber diesen unpassenden Spitznamen, den hast du ihm verraten?"
"Man tut, was man kann, Puny-sama. Und ich finde ihn keineswegs unpassend." Ich deutete vor meiner eigenen Brust ihre beachtliche Fülle an.
"Nur kein Spott, Morikubo-sama", erwiderte sie lächelnd. Ihr Blick ging zu Kishio. "Ist er...?"
"Nein, er hat sich nur angehängt. Es wird sich zeigen, was... Ah, heute Abend passiert." Ich grinste noch immer, aber Torako-sama lächelte nur feinlippig.
"Dann seid erstmal willkommen, meine Herren.
Fei-chan, etwas zu trinken für meine Gäste."
"Natürlich, Torako-sama." Sie wandte sich der Tür zu. "Tragt auf."
Vier Kunoichi traten ein, die nicht draußen gewesen waren. Sie waren jünger, teilweise so alt wie Kishio. Ihre Tischchen waren beladen mit Sake für Puny-sama und Shinpachi und Bier für Kishio und mich sowie einem kleinen, leichten Snack aus eingelegtem Obst und Brotchips. Nachdem sie uns und Puny-sama bedient hatten, zogen sie sich manierlich wieder zurück.

"So", machte die große, hübsche Frau, "Mamoru hat euch also nichts erzählt, dieser Halunke?"
"Nicht ein Wort", bestätigte Kishio.
Puny-sama kicherte amüsiert. "Na, dann will ich euch mal aufklären. Ich bin Konohas Kunoichi-Trainerin und eine hochrangige Medi-Nin. Ich trainiere unsere jungen Kunoichi in... Nun, Künsten, die sie als Frauen brauchen da draußen. Und ich unterrichte sie auch in anderen Disziplinen, wenn sie die Neigung zum Thema zeigen. Diese werden unsere wertvollsten Agentinnen." Ihr Blick ging vorwurfsvoll zu mir. "Ich hatte ja immer große Hoffnungen auf Hana-chan gesetzt, Mamoru."
"Das sagst du aber auch nur, weil sie ein goldenes Juwel ist. Nicht, weil sie den Job mag", konterte ich.
"Sie mag vor allem dich, und das war ja das Problem. Das Gleiche gilt für Karin. So ein hübsches, unschuldiges Ding. Bis du unter die Oberfläche schaust."
"Oh ja", sinnierte ich. "Oh ja..."
"Was ist das für ein Training, Puny... Ich meine, Torako-sama?", fragte Kishio unvermittelt.
"Ich bilde die jungen Kunoichi darin aus... Ihre Körper als Waffe zu verwenden."
"Sind Ninjas nicht immer Waffen?", fragte Shinpachi.
"Ja und nein." Sie wurde für einen Augenblick ernst. Sehr ernst. "Weißt du, Shinpa-chan, durch meine Hände gehen alle weiblichen Ninjas Konohas. Den meisten bringe ich bei... Nun, ich bringe ihnen bei, wie sie sich bei Übergriffen schützen, wie sie sich in den unmöglichsten Situationen effektvoll wehren können. Und ich bringe ihnen bei, wie sie die Begierde eines Mannes oder einer Frau in ihrem Sinne lenken können, um ihre Ziele zu erreichen. Und jede dieser Frauen lernt bei mir, was man tut und was man lässt, wenn es... Zu spät ist. Wenn man nur noch ertragen kann."
"Wenn sie vergewaltigt werden", sagte ich mit einem Seitenblick auf Kishio, dem das Thema nicht fremd war. "Auch wir Männer erhalten dieses Training. Äh, es ist ein mentales Training, kein körperliches. Im letzten Ninja-Krieg hat es immer wieder Übergriffe gegeben, von allen Fraktionen, von allen Ninjas, Frauen wie Männer an Frauen wie Männer. Torako-sama war damals auch eines der Opfer..." Ich schwieg einen Moment, um die Worte wirken zu lassen. "Aber anstatt sich auch wie ein Opfer zu geben, hat sie sich durchgebissen, ihren Moment abgewartet und zurückgeschlagen." Genau wie du, Kishio. Ich hatte es nicht aussprechen wollen, aber ich war mir sicher, er wusste, dass ich es dachte. "Und seither sieht sie es als ihre Aufgabe an, Shinobi beiderlei Geschlechts auf diesen Missbrauch vorzubereiten. Denn letztendlich kann ein lebender Ninja zurückkehren. Ein toter aber nicht."
"Verstehe", murmelte Kishio. "Sind wir deshalb hier? Ist Shinpa-chan deshalb hier?"
"Ein klein wenig mehr ist da noch", sagte Puny-sama. "Die Frauen, die Talent zeigen, bilde ich darin aus, ihre Gegenüber zu verführen. Sich als Sex-Gespielinnen anzubieten und damit Kontrolle zu erlangen und damit in Bereiche einzubrechen, die uns Shinobi sonst verwehrt bleiben. So nutzen sie ihre Körper als Waffen. Auf eine andere Art als sonst, aber als Waffen." Sie lächelte unvermittelt. "Natürlich bringe ich ihnen auch bei, sich vor Krankheiten und vor einer Schwangerschaft zu schützen, aber das nur nebenbei. Was mich gleich zum wichtigsten Punkt meiner Arbeit bringt. Ich bin Sexualtherapeutin."
"Sexu-was?", fragte Kishio erstaunt.
"Da ich selbst sehr negative Erfahrungen gemacht habe, voller Gewalt, Herablassung und Kontrollverlust, worüber ich dank Tsunade-sama hinweg kommen konnte, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, anderen zu helfen. Vergewaltigten Menschen. Betrogenen Menschen. Oder einfachen Bürgern Konohas, bei denen es Zuhause im Bett nicht mehr läuft. Simpel ausgedrückt."
"Sehr simpel ausgedrückt."
"Also können betroffene Personen mit dir reden?", fragte Shinpa-chan geradeheraus. "Ihre negativen Erfahrungen loswerden? Bei dir Hilfe finden?"
"Nun, nicht nur. Wenn sie dafür bereit sind und wenn sie es wünschen, helfe ich ihnen auch dabei, zum Beispiel Berührungsängste zu überwinden." Sie beugte sich zu Shinpachi herüber. "Dein Fall interessiert mich sehr, Shinpa-chan. Vor allem als Mensch. So lange Zeit gefoltert zu werden, so lange Zeit misshandelt zu werden ist eine sehr, sehr schlimme Sache. Sie erinnert mich an das, was ich ertragen musste. Darum will ich dir helfen." Kurz ging ihr Blick zu Kishio. "Und wenn du reden willst, Kishio-sama..."
"N-nicht im Moment, danke", sagte der junge Moeru hastig.
"Was hast du vor, Torako-sama?"
"Dir wieder Vertrauen in Berührungen zu geben. Und zwar in dem Tempo, das du vorgibst, Shinpa-chan. Das ist wichtig für die Heilung. Wenn du es wünschst, werden wir uns heute Abend nur kennenlernen und ein wenig zusammen essen und trinken. Aber wenn du dich bereit dazu fühlst, werde ich dich in einem Nebenraum sanft massieren, um deine Muskeln zu lockern. Wohlbefinden ist ein wichtiger Schritt in Richtung Heilung. Sowohl der körperlichen, als auch der geistigen Narben."
Für einen Moment wurde Shinpachis Miene verschlossen. Dann aber seufzte er und setzte sich ein Stückchen weiter auf. "Na ja, wir können es versuchen, oder?"
"Na, dann komm und setz dich zu mir, Shinpachi no Moeru." Sie lächelte, als sie ihm ihre Seite anbot. Der ältere Moeru nahm sein Tischchen auf und betrat das Podest und setzte sich im Saizen neben Konohas berühmteste Therapeutin. Berühmt vor allem für... Nun, man nannte sie nicht umsonst Puny-sama.
Sie klatschte in die Hände. "Unterhaltung für meine Gäste."
Erneut traten Kunoichi ein. Fei-chan ging vorweg. Sie gesellte sich zu Kishio, stellte ihr Sake-Kännchen neben ihn und schenkte sich ein. Dann prostete sie ihm zu.
Links von mir setzte sich eine weitere Kunoichi nieder, die ich noch nicht kannte. Auch sie schentke sich Sake ein und animierte mich dazu, mit ihr anzustoßen.
Als ich ein Lächeln auf Shinpachis Lippen sah, wusste ich, es war eine gute Idee, hergekommen zu sein.
***
Das leise Stöhnen wirkte unwirklich in einer Welt, die aus Ruhe bestand. Heißer Wasserdampf erfüllte die Luft. Ein heiseres Seufzen zeugte von Wohlbehagen.
Shinpachi no Moeru lag die Brust voran auf einer Bank, nur mit seiner Unterhose bekleidet, und ließ sich von Torakos zarten, aber kraftvollen Händen massieren. Etliche Liter Öl mussten dabei ihre Anwendung gefunden haben, denn er glänzte wie frisch lackiert.
"Oh, das tut gut", murmelte er.
"Keine Assoziationen? Keine Gedanken an deine Peiniger?", fragte sie.
"Doch, aber es ist so fern, so weit weg. Ich denke, der Sake tut da einiges. Aber ich mag dich und ich vertraue dir, Puny-sama. Oh, entschuldige, Torako-sama."
"Ist schon gut. Sag ruhig Puny zu mir", erwiderte sie lächelnd. "Dreh dich bitte um."
"Äh."
"Hm?"
"Gomen, Torako-sama, aber das ist gerade eine ganz schlechte Idee..."
"Wieso? Genießt du meine Berührungen nicht etwa nur, sondern haben sie dich erregt?", fragte sie schmunzelnd. Wobei ihr bewusst war, dass zuviel Amüsiertheit den jungen Mann in ein bodenloses Loch werfen konnte. Aber in diesem einen Moment entschied sich so viel. Für ihn, für sein Leben. Für seine Gesundheit.
Er stockte kurz, bevor er leise seufzte. "Ja. Ich habe eine Erektion. Entschuldige das ungebührliche Verhalten, Torako-sama."
"Aber, aber. Das ist eine vollkommen normale Reaktion auf meine Massage. Ich hätte mich eher gewundert, wenn du nicht erregt worden wärst, Shinpa-chan", sagte sie mit weicher, heller Stimme, die fast mädchenhaft klang. "Tut das gut?"
"Oh ja, das tut sehr gut. Fast wünsche ich mir, dass..."
"Was denn, Shinpa-chan?"
"Nein, schon gut, Torako-sama. Das ist ungebührlich von mir."
"Nichts ist hier ungebührlich. Genau für so eine Aussprache bin ich doch da."
"Aber es ist ungebührlich von mir, dass ich denke, ich könnte hier und jetzt von dir verlangen... Nun... Wenn ich schon mal könnte..."
Ein helles, mädchenhaftes Lachen klang auf, schöner als Glockenklang. Warme, zarte Lippen drückten sich zwischen Shinpachis Schulterblätter und verschafften ihm eine Gänsehaut des Behagens. "Nichts ist ungebührlich, wenn wir beide es zugleich wollen, Shinpachi no Moeru. Also dreh dich um, wenn du mir vertraust."
Der junge Moeru drehte sich auf den Rücken. "Ich vertraue dir, Torako-sama."
"Gut. Ich vertraue dir auch, Shinpa-chan." Mit diesen Worten ließ sie ihren Kimono vom Körper gleiten. "Lass uns schauen, wie weit wir kommen."
"Ich bin im Himmel!", stieß Shinpachi hervor.
"Noch nicht, aber bald. Versprochen." Ihre Lippen verschlossen die seinen. Dabei drückten sich ihre großen, weichen Brüste auf seinen nackten, eingeölten Körper. Und dies war nur der Anfang...

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Am nächsten Morgen saß ich relativ unausgeschlafen am Küchentisch und stocherte lustlos in meinem Essen herum. Noch zwei Tage bis zu meinem Geburtstag, eine knappe Woche bis zur Mission, und meine Welt war nicht mehr in Ordnung.
"Morgen", sagte Kishio fröhlich, als er per Durchgang und Flur die Küche betrat. Gute Laune so früh am Morgen war bei im grundsätzlich verdächtig.
"Mor'n", nuschelte ich vor mich hin und griff dreimal an meinem Kaffeebecher vorbei.
"Guten Morgen", sagte Shinpachi, der ihm dichtauf folgte. Er beäugte mich, während er Platz nahm. "Schlechte Nacht gehabt, Otouto?"
"Wie man's nimmt. Meine Nacht war gut, bis zu einem Punkt, an dem ich erkennen musste, dass unsere geheime Funkverbindung mittels Chakra in beide Richtungen geht."
"Äh." Kishio setzte sich und sah mich verblüfft an. "Hast du meinen Albtraum letzte Nacht mitbekommen?"
"Ich habe einiges mitbekommen, Kicchan", erwiderte ich. "Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass Ihr zwei eine gute Nacht gehabt habt." Ich brauchte nichts weiter zu erwähnen. Als sensorischer Ninja war ich mir stets darüber im Klaren, wer wer war und wer wo war, zumindest in meiner sensorischen Reichweite.
"Aniki, weißt du, das ist doch eigentlich ganz..."
"Und nachdem ich mitgekriegt habe, wie viel Spaß Ihr zwei letzte Nacht gehabt habt, ist mir klar geworden, dass Ihr immer, wenn ich Kishios Chakra absorbiere, Ihr auch mitbekommt, wenn ich..." Mein Mundwinkel zuckte unkontrolliert. "Wenn ich ebenfalls... Spaß... habe..."
Das unverschämte Grinsen der beiden sprach Bände. "Willkommen in der Familie, Aniki", sagte Kishio amüsiert. "Ich hoffe, das bleibt alles unter uns?"
"Es bleibt unter all jenen, die es angeht", erwiderte ich leicht säuerlich. Beinahe war ich versucht, Mai zu erwähnen. Ich war mir sehr, sehr sicher, dass Kishio der einzige Mensch in ganz Konoha war, der noch nicht gemerkt hatte, was sie für ihn empfand. Aber damit hätte ich ihr nicht geholfen. Vor allem nicht in einer Zeit, in der sie offensiver sein musste. Sitzen und hoffen brachte überhaupt nichts. Gerade nicht bei einem Mann wie Kishio, der so viele schlechte Erfahrungen im Leben gemacht hatte, gerade im Miteinander. Und Shinpa-chan... Er hatte einen ersten Schritt gemacht, als er sich auf Puny-sama eingelassen hatte. Dieser Schritt hatte ihn augenscheinlich inspiriert, in mehrerlei Hinsicht. Und nicht, dass ich in der Beziehung nur eine Weltsicht kannte, aber als Erstes fiel mir da Mai ein, und wie gut sie und Kishio zusammen passten. Dabei fiel Shinpachi hintenaus. Das musste ihm klar sein und es konnte ihm nicht gefallen. Dennoch war er stets nett und freundlich zu ihr, und ich war mir sicher, er mochte sie sehr.
Ich seufzte schwer. Es war schwierig, je mehr Leute in meinem Team waren. Aber Kishio und Shinpachi würden schon bald in der Lage sein, eigenständig auf Missionen zu gehen, eventuell mit einem eigenen ANBU-Team. Den ersten Kandidaten hatten sie hierbei in Kintaro, den jungen ANBU, der sogar eine Zeitlang bei den Moerus einziehen würde. Ob ich ihn vorwarnen sollte? Besser nicht. Der Teil des Geschehens ging mich nichts an. Und ich war mir sehr sicher, dass Kintaro keinerlei romantische Motive gegenüber meinem großen und meinem kleinen Bruder hatte. Und umgekehrt. Er suchte einfach nur einen Platz zum Dazugehören, wie mein kleiner Kumpel Naruto, den ich neulich nach seiner Drei Jahres-Tour verpasst hatte. Dummerweise.
"Unter allen, die es angeht?", fragte Kishio erstaunt. Ich spürte, wie er unbewusst auf meine Gedanken Zugriff nehmen wollte, aber ich sperrte ihn aus. Ich hatte das wirklich dumme Gefühl, dass sich seine durchaus positiven Emotionen Mai gegenüber ins Gegenteil verkehren würde, wenn er das Gefühl bekam, ich würde ihn in eine gewisse Richtung drängen oder gar einen Keil zwischen ihn und seinen Gefolgsmann treiben wollen. Damals, an Shinpas Krankenbett hatte er noch gesagt, es gäbe keinen Clan mehr... Dieser Vorsatz hatte nicht einmal einen Tag gehalten, da waren die beiden zu den alten Clanstrukturen zurückgekehrt. Der Clan war mächtig, und wenn er auch nur zwei Mitglieder hatte, er funktionierte.
"Alle, die es angeht", sagte ich nickend. Ich seufzte, schenkte mir Kaffee ein und griff nach dem Brot. Frühstück war langweilig, wenn Mutter oder Yuriko nicht da waren, um es zuzubereiten.
"Keine Ahnung, wie du das meinst, wenn du mich nicht reinlässt", erwiderte Kishio und tickte sich an den Kopf.
"Ist auch besser so. Shinpa-chan, müssen wir reden?"
Überrascht sah mich der Ältere an. Dabei wurde mir mal wieder bewusst, wie sehr sich der Mann vor mir von dem gebrochenen, gefolterten Häuflein Elend unterschied, das wir vor einem Jahr im Land der Blitze gerettet hatten. Konohas Ärzte hatten viele kleine Wunder an ihm vollbracht.
"Was? Nein, Mamoru-sama. Ich kenne meinen Platz."
Es tat mir beinahe weh, diese Worte zu hören und seinen Blick dazu zu sehen. Dass er mich mit dem Suffix Sama ansprach, unterstrich nur, wie ernst er es meinte. "Nicht das, Shinpa-chan", erwiderte ich. "Mir geht es nur darum zu wissen, wem ich beistehen sollte.
Die Miene des Älteren hellte sich auf, aber nur für einen Moment. Er gluckste. "Deshalb kenne ich aber immer noch meinen Platz, Mamo..."
"Sag noch einmal Sama, und ich schicke dich mit Perine auf den Affenberg", drohte ich gespielt.
"Oh, toll, da war ich noch nicht", rief er gespielt begeistert.
"Lässt sich alles arrangieren, mein Bester. Lässt sich alles arrangieren."
Wir grinsten uns an. Das kleine Wortgefecht tat uns beiden gut. Und es stellte klar, wen ich unterstützte: Alle. Was mich in keine angenehme Lage brachte.
"Ich verstehe kein Wort", murrte der Erbe der Moerus.
"Ja, das ist uns allen klar, Moeru-sama", sagte ich grinsend, während ich mein Brot mit Butter bestrich, einer der schwieriger zu bekommenden Delikatessen in Konoha. "Und es hätte uns schwer gewundert, wäre es nicht so gewesen."
"Was?", fragte Kishio verwirrt, sah mich grinsen, sah zu Shinpachi, der ebenfalls grinste und kapitulierte, indem er die Arme hochwarf. "Ich trinke einen Tee. Das ist produktiver, als über euch zu brüten und zu raten."
"Keine dumme Idee", murmelte ich.

"Papapapapapa!" Bevor ich mich recht versah, kam ein kleiner Shinobi in die Küche gelaufen. Er lief gegen mein Bein und wäre beinahe hintenüber gestürzt, aber ich fing ihn auf und hob ihn auf meinen Schoß. "Akira. Gut siehst du aus." Wirklich, der kleine Mann trug einen Konoha-Kampfanzug mit Chunin-Weste und Original Konoha-Stirnband in Kindergröße.
"Hat mir Opa geschenkt", erklärte er mir strahlend.
Ich sah zum Eingang, wo Vater stand und in die Runde lächelte. "Hm?"
"Dein hübsches Mädchen Maria soll gleich merken, in welchem Team Akira in Zukunft spielen wird, mein Sohn." Das war amüsant, zugegeben. "Bist du heute Abend da, wenn sie ankommt?"
Ich nickte. "Natürlich. Ich habe meinen Plan für den Tag extra drumherum aufgebaut."
"Wann kommt Kintaro-san?"
"Im Laufe des Tages. Viel zu schleppen hat er nicht, sagt er."
"Hm, gut. Wird Karin diesen oder nächsten Abend hier sein?"
"Sicherlich."
"Auch die Nächte?"
"Erstens: Warum willst du das wissen? Und zweitens: Das hängt nicht von mir ab."
Vater machte eine abfällige Handbewegung. "Ausrede."
Nun, da hatte er Recht. Aber ich konnte ihm ja schlecht auseinandersetzen, dass ich plötzlich Bedenken hatte, die beiden Moerus durch meine unkontrollierten Gefühle zu jagen, wenn sie und ich... Nun. "Gebe ich zu."
"Gut, dann lasse ich mich überraschen. Und nur damit das klar ist, ich habe Hana-chan noch nicht wirklich aufgegeben, mein Sohn."
"Paps!", erwiderte ich entrüstet.
"Die Hoffnung stirbt zuletzt." Er schnappte sich seine Tasche. "So, ich gehe dann mal Konohas Handel auf Touren bringen. Willst du mit, kleiner Mann?"
"Jaaaa!", rief Akira fröhlich und rutschte von meinem Schoß runter. Das gab mir schon einen Stich durchs Herz. Mein eigener Sohn verließ meine Nähe so bereitwillig für... Ja, für was? "Bestichst du ihn?", fragte ich argwöhnisch.
"Natürlich besteche ich ihn. Was für eine Frage", erklärte er mir kopfschüttelnd. "Er kriegt einen Lutscher pro Tag. Und neben meinem Büro ist der große Spielplatz."
"Ach, wie interessant."
Akira zögerte, sah zu mir zurück. "Soll ich bleiben?"
Gut, das gab mir erst Recht einen Stich durchs Herz. Ich beugte mich vor und küsste ihn auf die Stirn. "Nein, sollst du nicht. Geh mit Opa und habe Spaß, mein Kleiner. Der Ernst des Lebens beginnt noch früh genug."
"Versteh ich nich."
"Das wirst du noch früh genug", seufzte ich. "Los, geh mit Opa."
Kurz legte er den Kopf schräg und sah mich an. Dann aber, als mein Gesicht nichts anderes als ein Lächeln zeigte, lächelte auch er und lief zu seinem Großvater. Tja, seit er nicht mehr krabbelte und genug Gleichgewicht beim Gehen hatte, lief er nur noch. Genau wie in diesem einen Film... Wie hieß er doch gleich? Egal.
Vater nahm ihn jedenfalls auf den Arm. "Dann bis heute Nachmittag, Jungs."
Wir wünschten den beiden einen guten Tag.
"Und was nun, Aniki?"
"Ich denke, jeder hat sein Tageswerk zu verrichten, oder?" Nicht ohne ein Grinsen deutete ich auf Shinpachi. "Du musst am Kommunikationsprojekt weiter arbeiten, nicht?" Der ältere Moeru nickte.
"Und du gehst zu Mai und wirst den ganzen Vormittag eine erste Anpassung an dein Chakra vornehmen."
Kishio lächelte. "Ich bin schon sehr gespannt, wie das ausgehen wird. Immerhin hat sie meinen Kuss überlebt, und... Ist was?"
Entgeistert sah ich ihn an. "Otouto, du hast sie geküsst?"
Auch Shinpachi schien erstaunt.
"Halt, halt!", rief er und hob abwehrend die Hände. "So war es nicht. Ich habe ihr, als wir zu Okaa-samas Laden gegangen sind, halt nur davon erzählt, dass mein Chakra für viele tödlich ist, und dass ich schon jemanden mit einem Kuss getötet habe. Da hat sie mich geküsst, um mir zu beweisen... Nun... Ich war furchtbar entsetzt, aber es ist ihr nichts passiert."
Ich atmete heftig wieder aus. Für eine Sekunde, nur für eine einzige Sekunde hatte ich gehofft, Kishio wäre umsichtiger als ich in seinem Alter, was Frauen betraf. Ich hatte mich geirrt. Auch Shinpachi schien angemessen irritiert zu sein.
"Ich schlage vor, dass Ihr dann genau da weitermacht", sagte ich so sachlich, wie ich konnte. "Und dann steigert Ihr euch langsam. Eventuell unterstützt du die beiden, Shinpa-chan?"
Ein entsetzter Blick, eine Erkenntnis. "Äh... Denkst du wirklich, das ist eine gute Idee, Mamo-chan?"
"Man weiß nie, was sich ergibt", orakelte ich. "Behalte es im Hinterkopf."
"Nun..." Sein Gesicht sprach Bände darüber, dass er sich unsicher war, ob ihm dieser Gedanke gefiel oder nicht.
"Und was machst du heute noch?", fragte Kishio.
"Diverses", erwiderte ich. "Ich habe unter anderem einen Termin bei Tsunade-sama, dann wurde ich gebeten, im Akimichi-Clanhaus bei Choza-sama vorbei zu schauen. Und dann wird es Zeit, Maria vom Haupttor abzuholen. Tja, und dann bin ich nochmal acht bis zehn Stunden beschäftigt. Es gibt noch so viel zu klären für meinen Geburtstag."
"He? Ich dachte, Onee-chan macht das" sagte Shinpachi.
"Es gibt immer noch einige Sachen, die ich entscheiden muss. Ach, und Shikaku treffe ich voraussichtlich auch noch." Ich seufzte, trank meinen Becher leer und erhob mich. "Besser, ich mache mich auf den Weg." Als ich mich erhob, lächelte ich. "Viel Spaß, Ihr zwei."
"Der eine mehr, der andere weniger, wie mir scheint", erwiderte Shinpachi.
Wir nickten einander zu, was Kishio dazu brachte, ärgerlich zu brummeln: "Ich verstehe immer noch nicht, worüber Ihr da sprecht."
"Das wissen wir, Otouto. Das wissen wir." Ich winkte noch einmal, dann war ich schon halb auf dem Flur und fast aus dem Haus. Ein langer Tag stand mir bevor.
***
Mein erster Weg führte mich zu Shinjis Haus. Ich hatte etwa eine halbe Stunde vor dem Termin mit Tsunade-sama. Den hatte sie übrigens relativ kurzfristig einberufen und mir nur mitteilen lassen, es würde um meine bevorstehende Mission gehen; dementsprechend war ich gespannt, was sie mir zu sagen hatte. Aber dieser Termin war mindestens genauso wichtig.
Ich klopfte an der Tür. Soma Nanahara, Shinjis Mutter und die Jounin meiner Mutter, lange war es her, öffnete mir. Sie lächelte, als sie mich erkannte. "Mamo-chan. Schön, das du mal wieder vorbeischaust. Ich hätte die Tage eh mit dir reden wollen, wegen Shinobu-chan und Shinji."
"Gerne, Soma-sensei. Aber bitte nicht gerade jetzt. Ist Ryourou-tono da?"
Sie runzelte die Stirn. "Warum die Suffixe? Wir kennen uns wahrlich lange genug."
"Äh", machte ich verlegen. "Ich bin als Shinjis Sensei hier, So-chan."
"Hm. Ach so. Du kommst wegen dem Zusatztraining, das mein Mann Shinji gibt. Ich habe mich schon gefragt, wann du es bemerkst. Nein, eher, wann es dir zuviel wird."
Überrascht nickte ich. "Es ist nicht so, als würde ich seine Bemühungen nicht schätzen. Und Shinji ist euer Sohn, aber..."
"Das solltest du ihm alles selbst sagen. Geh hoch ins Musikzimmer. Ich mache uns Tee. Und, so ganz nebenbei von Sensei zu Sensei: Ich habe deinen Rücken, Mamo-chan."
Erleichtert atmete ich auf. Das war schon mal eine ordentliche Hausnummer. "Danke, So-chan."
Ich betrat das Haus, als sie beiseite trat, erklomm die Treppe und klopfte. "Ryourou-tono?"
"Mamoru?" Er schien überrascht. "Komm rein."
Ich öffnete die Tür und fand ihn am Tisch über einen Haufen Rollen und Bücher gebeugt. Er trug seine Lesebrille, die er immer aufsetzte, wenn er viel lesen musste. Es ermüdete sonst seine Augen zu sehr. "Störe ich?"
"Leider nicht genug, um diese Arbeit abzubrechen", ächzte er, nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. "Diese Verwaltungsarbeit ist ein echter Schmerz im A... Im Allerwertesten. Man könnte meinen, wir wären nicht mehr in Konoha, sondern in Iwagakure. Stell dir vor, all diesen Mist muss ich lesen, weil die Bauvorschriften in einer winzigen Passage geändert werden. Steinbauten sollen in Zukunft gefördert werden, da sie notfalls als Behelfsbunker dienen können, wenn Konoha attackiert wird. Und dazu nimmt die Stadtverwaltung Stellung, die Bürgervertretung, die Vereinigung der Kaufleute Konohas - vor allem dein Vater schreibt zum Thema ganze Romane - von der Hokage, vom Rat, von den Immobilienhändlern... Dann die Stellungnahmen im Bezug auf Frauenförderung, Naturschutz, Beeinflussung der Infrastruktur, Gesetzeskonformität, Meinung der Verwaltung, und, und, und... Ach, waren das noch Zeiten, in denen ich auf dem Schlachtfeld auf Leben und Tod gekämpft habe. Da war man sicher, geborgen und nicht so furchtbar überlastet."
Ich lachte gehorsam. Weil ich glaubte, er hätte einen Witz gemacht.
Er sah zu mir herüber und grinste. "Setz dich, Mamoru. Was kann ich für dich tun."
Ich nahm Platz. Im gleichen Moment kam Soma-sensei herein, ein Tablett mit zwei der in Konoha üblichen Teebecher vor sich her tragend. Gut, das war sehr gut. Das bedeutete eine informelle Atmosphäre. Wäre sie mit dem Teeservice aus dem hauchdünnen Porzellan gekommen, wäre es ein sehr steifes Gespräch geworden. Sie servierte den Tee und zwinkerte mir zu. "Ganbate, Mamo-chan."
Ich schmunzelte. Eine Schlacht war schon gewonnen. Nun ging es um den Krieg.
"Mamoru?", fragte Shinjis Vater.
Ich straffte mich merklich. "Es geht um das Zusatztraining, dass du Shinji angedeihen lässt, Ryourou-tono. Es überlastet ihn. Langsam, aber sicher." Wohlweislich verschwieg ich ihm, dass sein älterer Sohn mich mit der Nase drauf gestoßen hatte. Ryourou-tono hatte es nie wirklich gut verwunden, dass Kawada seinen Forschungsjob einem Feldkommando vorgezogen hatte. Umso mehr Hoffnungen musste er in Shinji setzen, dass er seinem alten Herrn nacheiferte.
Ryourous Miene wurde starr. "Ich bin sein Vater, Mamoru."
"Und du bist außerdem ein erfahrener, talentierter und fähiger Jounin, Ryourou-tono", bestätigte ich. Das nahm ihm ein wenig den Sinn aus den Segeln. "Und mir ist klar, dass du vieles hast, was du an deinen Sohn weitergeben möchtest. Ich habe da selbstverständlich nichts gegen, aber..."
"Aber?"
"Aber es darf nicht zu Lasten Shinjis gehen. Ich meine, er ist gut, aber hast du ihn dir in letzter Zeit mal angesehen? Er hat mindestens fünf Kilo verloren, und das nur, um seinem Vater zu gefallen."
"Er will auch dir gefallen. Vor allem dir, seinem Sensei", korrigierte er mich. "Ach, bei der Gelegenheit bedanke ich mich dafür, dass du ihn als Kontraktpartner der Affen vorgestellt hast. Auch wenn die Affen letztendlich die Wahl haben und ihre Entscheidung treffen, du hast den Weg bereitet."
"Die Affen mögen ihn sehr", erwiderte ich, keine andere Möglichkeit mehr habend, sein Kompliment abzuweisen. Nun war ich ein wenig ohne Luft.
"Ja, das tun sie. Allerdings spüren sie auch, das etwas in der Luft liegt. Womöglich ein neuer Krieg. Warum sonst sollten sie so lange nach Sarutobis Tod auf Teufel komm raus Kontraktpartner suchen? Mit dir sind es vier, nicht wahr?"
"Nur, wenn man Mai-chan mitzählt. Sie hat eine Art Notfallkontrakt."
"Man kann ihn so nennen, aber ein Kontrakt bleibt es trotzdem."
"Da hast du natürlich Recht. Aber um aufs Thema zurückzukommen: Ich würde gerne einem Training mit Shinji beiwohnen. Ich würde auch gerne unter deiner Anleitung mittrainieren, damit ich ein Gefühl für die Belastung bekomme. Dann werden wir uns zusammensetzen müssen, um darüber zu reden. Anschließend sollten wir einen gemeinsamen Trainingsplan aufstellen. Ich meine, Shinji ist nicht Goku." Goku, der mystische Gott der Affen, der mit jedem Kampf und jeder Niederlage nur noch stärker geworden war... Ja, Shinji war auf einem guten Weg, aber er war definitiv nicht Goku.
"Was sein Gewicht angeht, so hat er auch einen Zentimeter an Größe hinzu gewonnen. Sein Speck verwächst sich ein wenig, denke ich." Er nahm einen Schluck Tee und sah mich ernst an. "Ich nehme an, der gemeinsame Trainingsplan geht dann auf Kosten meines Trainings?"
"Das muss nicht unbedingt sein, Ryourou-tono. Im Gegenteil. Ich will nur das Beste für meine Genin, und es kann durchaus sein, dass ich dich bitten werde, auch die anderen zu trainieren. Allerdings bitte ich dich, dein Training auszusetzen, bis wir von der Mission ins Land des Schnees zurück sind. Bis dahin soll er sich ausruhen wie die anderen. Ich nehme an, er ist gerade unterwegs?"
"Ja, mit Mai-chan", bestätigte Soma-sensei. "Sie wollten sich aber noch mit Kira-kun und seinem Spinnenmädchen treffen und gemeinsam etwas unternehmen." Sie lächelte. "Ich habe ihnen eingeschärft, die Zeit zu genießen und nicht heimlich zu trainieren. Aber ich fürchte, sie werden das Wasserlaufen üben. Als sie gegangen sind, habe ich was aufgeschnappt, was verdächtig nach Chunin-Prüfung geklungen hat."
Ach ja, da war ja noch was. Ich ächzte auf. Das konnte was werden. Verweigern konnte und wollte ich es aber auch nicht. Sie hatten die Chance verdient. In einem Jahr ungefähr.
"Sie sind ehrgeizig", stellte Ryourou-tono zufrieden fest. Wasser auf seine Mühlen.
"Ja, das sind sie. Und sie haben sich die Gelegenheit mehr als verdient", erwiderte ich. "Aber für die Mission brauche ich sie ausgeruht."
"Es wird doch nur eine C-Rang-Mission. Geleitschutz."
"Das ist richtig, Ryourou-tono, aber wir werden da oben nebenbei auch nach Spuren des Moeru-Clans suchen. Das könnte aufwändig werden. Sehr aufwändig. Wenn sie bis jetzt nicht gefunden wurden... Und es können immer noch falsche Spuren sein, die Orochimaru für uns gelegt hat." Und dann waren da noch die Kinder, die Orochimaru Shinpachi gezwungen hatte zu zeugen. Es wurde nicht leichter, aber ich ersparte den Nanaharas diesen Teil der Geschichte.
"Also gut. Kein Training für Shinji. Und wenn Ihr wiederkommt, trainieren wir zusammen. Soweit es meine Zeit zulässt."
"Ich danke dir, Ryourou-tono." Bedächtig griff ich nach meinem Tee. Er war ziemlich gut, was einiges darüber aussagte, wie hoch ich in Soma-senseis Gunst stand. "Aber zu etwas anderem. So-chan hat angedeutet, es gäbe da was wegen Shinjis Freundin Shinobu zu besprechen?"
Soma-sensei zog sich einen Stuhl an den Tisch und setzte sich. Erwartungsvoll grinste sie ihren Mann an. "Na, dann leg mal los, Schatz."
"Oh. Ja, da war ja noch was... Mamo-chan, weißt du, ich... Wir... Also wir alle, wir..."
Das konnte ja was werden.
***
Mein Weg führte mich etwa eine Viertelstunde später und mit einigen Informationen bestückt, die ich eigentlich nie hatte haben wollen, direkt zum Büro der Hokage. Mein Kopf schwirrte, und das nicht nur, weil das Gespräch mit den Nanaharas, speziell mit Papa Nanahara, so gut gelaufen war. Da kamen die Explosionen im Osten der Stadt genau recht, um meinen Verstand zu klären. Das war direkt in meiner Nähe, also ging ich in Step aufs nächste Dach und eilte in Richtung des Geschehens. Es waren definitiv Sprentags, nicht einmal besonders starke. Man nutzte sie vor allem, wenn man andere Shinobi in eine bestimmte Richtung drücken wollte. Ich erkannte reguläre Konoha-Nin und auch ANBU, die an dieser Jagd beteiligt waren. Ich eilte hinzu, zumindest bis ich meinen Fehler erkannte: Die Treiber hielten meine Richtung offen, also war hier die Falle platziert, die sie augenscheinlich stellten. Ich scannte die Umgebung und erkannte ein Dutzend ANBU im Henge, der Kunst der Vortäuschung, die hier als Gegenstände oder ältliche Personen auf den Zugriff lauerten. Die arme Sau, die sie jagten, musste ungewöhnlich geschickt sein.
Ich wollte meinen Fehler korrigieren, da ich die Falle verschloss, aber es war bereits zu spät. Aus einer Explosionswolke schoss ein Schemen hervor, direkt in meine Richtung. Ich zückte ein Kunai; der Griff nach meinem Schwert ging ins Leere, ich hatte es Kira geschenkt. So erwartete ich den unbekannten Feind. Wer war er wohl, wenn er drei Dutzend Shinobi in Aufregung versetzte?
"Mamoooooo-chaaaaaaaaaaaan!", rief der Schemen, machte ein paar Steps über Hausdächer, verschwand komplett und tauchte direkt vor mir auf. Verdutzt ließ ich das Kunai fahren und öffnete die Arme. Kurz darauf hielt ich eine schwarze Katze mit zwei Schwänzen darin geborgen. "Fuse?"
Die schwarze Katze sah mich ärgerlich an. "Kannst du diesen Idioten sagen, dass sie die Falsche jagen? Sie hören nicht auf mich."
Rund um mich kamen ANBU aus dem Step, und auch die regulären Shinobi kamen heran.
Fuse, das war der Katzengott, oder auch Katzendämon oder was auch immer sie war, der vor einiger Zeit einen Kontrakt mit Kishio geschlossen hatte. Ich vermutete ja, damit sie ihre Muttergefühle an ihm austoben konnte. Gefühle, die sie ohne Probleme auf "Benhiyous Rudel", wie sie es nannte, ausgeweitet hatte. Es hatte einige Zeit gedauert, bis sie mich als Anführer Kishios akzeptiert hatte. Damit war aber nicht automatisch verbunden, dass sie selbst mich als Anführer akzeptierte, aber immerhin hatte sie sich nie gegen mich ausgesprochen. "Was ist denn passiert, Fuse-chan?", fragte ich verdutzt. "Was ist los, Leute?"
Einer der ANBU, er trug eine Fuchsmaske, hob die Schultern. "Wir wurden alarmiert, als bereits die ersten Explosionen erklangen. Kennst du diesen zweischwänzigen Katzenoni, Mamoru?"
"Ich bin KEIN Oni!", fauchte Fuse entrüstet. "Mit solchen niederen Würmern habe ich nichts zu tu, merk dir das, Maskenmann!"
"Ruhig, Fuse." Sanft streichelte ich ihren Nacken, damit sie die Haare wieder abstellte. Wenn sie ärgerlich wurde, würde ich als Erster ihre Krallen spüren, das war sicher. "Kein Oni. Fuse ist ein Katzengott. Sie hat einen Kontrakt mit Kishio no Moeru geschlossen."
"Gott. Hach, ich mag dich und deine Schmeicheleien einfach, Mamo-chan." Genießerisch leckte sie mir mit ihrer rauen Katzenzunge über die linke Wange.
"Ach so", machte einer der Shinobi und versuchte, kleiner zu werden. "Aber sie hat auch nichts gesagt, als wir sie gestellt haben. Ich meine, hey, zweischwänzige schwarze Katzen sind nun nicht gerade häufig, nicht einmal in Konoha. Und dann verschwindet die schwarze Katze erst in einer Rauchwolke, und dann per Step. Wer würde da nicht dran denken, es mit einem Shinobi oder einem Shinobi-Tier zu tun zu haben?"
"Das ist recht schlüssig. Was hast du dazu zu sagen, Fuse-chan?"
"Aber... Aber...", maulte sie. "Ich war doch nur in meinem Revier unterwegs. Wie jeden Tag. Ganz normal. Mich kennen doch alle. Und als die da mich angehalten haben, wollte ich ja nur meine Ruhe. Also bin ich weg. Aber das hat sie nur noch mehr aufgeregt, und es kamen immer mehr dazu, bis sie mich schließlich richtig gehetzt haben, und... Und... Und..."
"Soviel dazu, dass du deine Ruhe haben wolltest", murmelte ich. "Fuse, dich kennt eben nicht jeder in Konoha. Ich würde vorschlagen, dass du dich in Zukunft per Henge in einen Menschen verwandelst, wenn du durch Konoha gehst."
"Aber die Menschengestalt ist so unpraktisch. Und so unbeweglich. So langsam. Und hässlich. Und... Ist was?"
Wir alle starrten die Katze in verschiedenen Stufen der Deprimiertheit an. "Fuse, wir sind Menschen."
"Oh. Gomenasai! Hatte ich gerade nicht so auf dem Schirm. Ihr könnt ja nichts dafür, als hässliche Menschen geboren worden zu sein."
"Fuse..." Ich schüttelte den Kopf. "Wahrscheinlich muss ich dankbar sein, dass du nicht in der Größe eines Löwen durch die Stadt gezogen bist, hm?"
"Ich versuche durchaus, mich anzupassen", erwiderte sie stolz. Dabei reckte sie sich, so hoch sie konnte, um ihre Schnauze auf meine Wange drücken und reiben zu können.
"Ihr seht, es ist eigentlich alles in Ordnung. Fuse, wir werden nicht umhin kommen, dich zu kennzeichnen."
Sie hielt in ihrer Tätigkeit inne. Ich spürte mindestens eine Kralle. "Du meinst... Per Brandzeichen?"
"Reg dich ab. Ich dachte an Konoha-Ninja-Kleidung. Eine Chunin-Weste zum Beispiel."
"Abgelehnt. Grün steht mir nicht."
"Oder ein Konoha-Stirnband. Du gehörst ja jetzt mehr oder weniger zum Team."
"Ein Stirnband? Kann ich es um den Hals tragen?"
"Ich denke, dagegen spricht nichts", meldete sich der Fuchs-ANBU zu Wort. "Und was schreibe ich jetzt in meinen Bericht?"
"Schreib rein, dass die Kosten für die Beschädigungen und für die Jagd an sich von Kishio no Moeru beglichen werden."
Man musste kein Sensoriker sein, um zu merken, dass der Fuchs hinter seiner Maske grinste. "Gefällt mir."
Ich sah den Shinobi an. "Und was deinen Bericht angeht, so schadet es nichts, eure Wachsamkeit ein wenig hervorzuheben. Immerhin, Ihr habt Fuse entdeckt und enttarnt. Das ist doch was."
"So gesehen... Und die Moerus kommen auch bestimmt für die Schäden auf?" Die die Shinobi und ANBU angerichtet hatten, wohlgemerkt.
"Ja, das werden sie. Fuses Taten fallen in Kishios Verantwortlichkeit."
"Uff, da bin ich aber erleichtert."
"Na, dann gebt mal Entwarnung. Ich muss zu Tsunade-sama. Dich nehme ich gleich mit, Fuse-chan. Du hattest genug Aufregung für heute."
"Na, wenn du meinst..."
Ich winkte den Shinobi ein letztes Mal zu. Anschließend verschwand ich per Shunshin no Jutsu und erschien wieder auf der Straße. Fuse kraulend setzte ich den Weg ins Büro der Hokage fort.

"Morikubo? Soll reinkommen!", hallte es mir entgegen, kaum das ich vor Tsunade-samas Büro ein lautes Wort gesagt hatte. Fuse auf den Armen trat ich ein. Der Tonfall verhieß nichts Gutes. "Guten Morgen, Tsunade-sama."
"Morgen!" Sie blaffte das Wort beinahe. "Brauchst dich nicht setzen, es geht schnell."
Ich unterdrückte das Verlangen, hart zu schlucken. "Geht es um Fuse-chans Pfad der Zerstörung?", fragte ich vorsichtig.
"Heyyyy, ich habe nichts kaputt gemacht", beschwerte sich die Katze.
"Nein. Das regeln wir ohnehin mit den Moerus. Dein Problem ist ein anderes."
Oh-oh. Das klang gar nicht gut.
"Mamoru, ich muss dich ehrlich fragen, was du dir dabei gedacht hast. Ich habe hier ein Beschwerdeschreiben von Terumi-sama, gleich nach der offiziellen Entschuldigung für den Angriff auf deine Genin, als sie den Hyperion transportiert haben. Hast du dich wirklich ausgezogen und Suirin-tono sexuell genötigt, bevor Ihr gekämpft habt?"
"Was, bitte? Sexuell genötigt?"
"Nun, hier steht, du hast dich ausgezogen, um angeblich dein Higatsuku no Kara vorzuführen. Stattdessen hast du sie geküsst und dabei ihre Nase zugehalten, damit sie in Ohnmacht fällt."
"Ich fand das wesentlich netter als sie zu töten, zum Beispiel durch Verbrennen", verteidigte ich mich.
"Oh, Mamo-chan, du bist ja ein Schlimmer", gurrte Fuse auf meinem Arm.
"Du, das ist gerade eine schlechte Zeit", erwiderte ich.
"Das kann mal wohl sagen. Soweit ich mich erinnere, hat Konoha noch nie einen Playboy in die Schlacht geschickt!"
"E-einen Playboy? Meinst du mich damit, Tsunade-sama?"
"Ja, dich, Mamoru. Mir scheint, du hast die letzten Jahre etwas zu viel dazu gelernt."
"Ich tat, was ich für richtig hielt, ohne Suirin-chan töten zu müssen."
"Und das war etwas viel. Nun, wir behandeln die ganze Geschichte auf Kage-Ebene und bemühen uns, dass so wenig Shinobi wie möglich davon erfahren. Es schadet ja vor allem deinem Ruf, Mamoru. Damit aber auch Konohas Ruf."
Ich fühlte, wie Kopfschmerzen in mir aufwallten. Daran hatte ich nicht gedacht. Plötzlich als Playboy verschrien zu sein, während ich gegen Iwagakure kämpfte, könnte sich nachteilig auswirken. Ein spontaner Hassmob der männlichen Iwa-Ninjas war da noch die harmloseste Variante. Und was mochten meine Freunde denken, zum Beispiel in Kumagakure? "Ich... Bemühe mich, das Higatsuku no Kara soweit zu verbessern, sodass es meine Kleidung nicht mehr verbrennt, Tsunade-sama."
"Und du wirst armen, in dich verknallten Kunoichi in Zukunft nicht das Herz brechen, okay?"
Nun schluckte ich doch trocken. "Okay."
"Gut, dann ist das geklärt. Du hast nämlich bereits genug Probleme mit zwei Frauen, Mamoru. Mehr als genug. Ach, und da kommt doch glatt noch ein Problem dazu. Im Yuki no Kuni wirst du einen Kiri-Nin bei seiner Mission unterstützen, sozusagen als Konzession unsererseits, um die Sache, ah, ein für allemal zu begraben, okay? Es ist ja nicht so, als hättest du die Leute nicht."
"Unterstützen?"
"Details erfährst du vor Ort. Nur soviel: Dein Kontakt trägt den Tarnnamen: Der Regenmacher. Du wirst ihn mit allen deinen freien Kapazitäten unterstützen. Terumi-sama baut da auf dich."
Na toll, moralisch wollten sie mich auch noch drankriegen. Und es funktionierte. "Jawohl, Tsunade-sama. Wenn Mei-chan... Ich meine, wenn Terumi-sama das so wünscht, stimme ich dem zu." Vor allem auch, weil Konoha die Ruhe zwischen sich und Kiri sehr gut gebrauchen konnte.
"Gut. Weitere Details im letzten Briefing vor dem Aufbruch. Das war es von mir. Sei in Zukunft vorsichtiger, verstanden?"
"Ja, Tsunade-sama." Ich verbeugte mich steif in der Hüfte.
"Sehr gut. Dann bist du hiermit entlassen."
"Danke, Tsunade-sama." Ich nickte ihr noch einmal zu, dann war ich auch schon draußen und hatte die Bürotür geschlossen.
Etwas tiefer im abwärts führenden Gang meinte Fuse irritiert: "Warum buckelst du denn so vor ihr? Besonders mächtig erschien sie mir nicht, und sie hat so viel rumgeschrien. Würde ich in meinem Clan so führen, eine meiner Töchter hätte mich längst abgesetzt. Gerade der Anführer muss die Contenance bewahren, und..."
"Fuse, kannst du mit nur einer Faust einen fünf Tonnen schweren Granitbrocken spalten?"
"Äh, nein?"
"Tsunade-sama macht sowas als leichten Frühsport. Und mir ist es sehr lieb, wenn sie auch in Zukunft Granitbrocken nimmt, und nicht meinen Kopf."
"Oh. OH! Okay, ich verstehe deinen Standpunkt. Und warum noch?"
Ich lächelte. "Weil ich sie als Anführerin wirklich zu schätzen weiß. Sie ist zwar laut und ruppig, aber alles was sie tut hat Hand und Fuß."
"Du magst sie", neckte Fuse mich.
Ich lachte leise. "Ja, das tue ich. Mindestens so sehr, wie ich Schiss vor ihr habe."
"Ja, das erklärt einiges."
***
Für meinen nächsten Termin lieferte ich Fuse bei Kishio ab. Wir diskutierten ausführlich das Thema und die beiden ANBU, die Fuse gefolgt waren, so unauffällig sie das bei Sensorikern konnten, und einigten uns schließlich gegen den milden Protest der Katze auf ein kleines Konoha-Stirnband, das sie anstelle eines Halsbandes trug. Einer der Kinder-Stirnprotektoren, die Vater für meinen Sohn gekauft hatte, mussten als Erstbestückung herhalten. Fuse war nicht wirklich begeistert. Aber immerhin sah sie ein, dass zweischwänzige Katzen nun mal Aufsehen erregten.

Anschließend machte ich mich zum Haushalt der Akimichis auf. Choji öffnete mir. "Ah, Mamo-chan. Schön, dich zu sehen. Wie war die Mission?"
"Erfolgreich, Choji. Zumindest erfolgreich genug, denke ich. Dein Vater wollte mich sehen."
"Ja, ich weiß. Ich habe bereits Tee aufgesetzt und bringe gleich was zu knabbern. Sind dir Chips recht?"
"Wirst du mir wieder den letzten Chip aus der Hand reißen?", fragte ich den korpulenten Chunin. Ja, tatsächlich, auch er war bereits ein Chunin. Überhaupt war sein Jahrgang ein sehr erfolgreicher. Bis auf Naruto hatten alle diese Rangstufe erreicht, und das war eigentlich nicht üblich.
"Natürlich. Der letzte Chip ist immer meiner", erwiderte er bestimmt.
"Na, dann ist ja gut." Ich trat ein und ging den Weg zu Chozas Büro. Choji machte sich auf den Weg in die Küche, um seine Vorbereitungen abzuschließen.
"Klopf, Klopf, Choza-sama."
"Mamoru. Tritt ein", begrüßte mich der stattliche Shinobi freundlich. Er stand auf, als ich näher kam und drückte mir die Hand. "Komm, setz dich. Tee und Snacks sind auf dem Weg."
Und das war keine kleine Sache bei den Akimichis. Da ein Großteil ihrer Jutsus auf der eigenen Körpermasse basierte - Karin hatte sich deshalb bei etlichen Familien-Jutsus sehr schwer getan und mit Gekko-sensei eigene entwickeln müssen - waren sie permanent am Essen. Und ich meinte permanent.
Ich nahm also Platz und versuchte zu ergründen, was das Oberhaupt der Akimichis von mir wollte.
"So, so. Du wirst also in zwei Tagen achtzehn. Dann gehörst du ja vollends zu den Großen in Konoha."
Ich winkte ab. "Töten darf ich schon, seit ich zwölf bin. Nur Alkohol trinken, rauchen und heiraten darf ich erst mit achtzehn. Verrückte Welt, nicht?"
Seine Augenmuskeln kontraktierten leicht, bevor er vorgab, über meine Worte zu lachen. "Ahahaha, ja, das ist schon ein Widerspruch. Aber wo du es gerade erwähnst... Es geht um Karin."
"Was ist mit Karin?", fragte ich bestürzt. Sie hatte mich doch nicht auch etwa verraten, verlassen und verkauft? Nein, das war unmöglich. Nicht Karin. Aber was, wenn da draußen doch jemand war, der besser, stärker, attraktiver, schneller, mächtiger als ich war, der Karin auf Anhieb gefiel? Ich fühlte, wie sich mein Magen zusammenzog.
"Das sollte ich eigentlich dich fragen. Was ist mit Karin?" Er runzelte die Stirn, als Choji hereinkam, Tee und Chips bringend. "Danke, mein Sohn."
"Ich habe eine besondere Sorte benutzt", verkündete er stolz.
"Danke, Choji!", sagte sein Vater mit Nachdruck.
"Aber es geht doch um Karin-nee, oder?"
"Danke!"
Murrend strich der Jüngere die Segeln und verließ den Raum.
"Und es wird nicht gelauscht!"
Noch mehr murrend zog Choji die Tür zu.
Zufrieden nickte Choza. "Um aufs Thema zurückzukommen: Ich weiß, unter welchem Druck du stehst, Maria-tono betreffend. Die Entscheidung des Rates war ganz großer Bockmist, wenn du mich fragst. Aber Politik ist nun mal Politik, und dein Sohn ist bereits jetzt stark in den Nara-Künsten. Wir können auch einem befreundeten Ninjadorf wie Getsugakure nicht erlauben, darauf die Hand zu legen, und... Na ja, ich frage mich halt als ihr Onkel, wo da meine hübsche Karin bleibt. Der ganze Clan fragt sich das, wie du an meinem Sohn erkennen kannst. DER ENTGEGEN MEINER ANWEISUNG HEIMLICH AN DER TÜR LAUSCHT!"
Lautes Poltern war zu hören, dann jemand, der sich wieder aufrappelte und anschließend davon eilte. "Kinder!", murrte Choza, aber es klang mehr amüsiert als verärgert. "Also, Mamo-chan?"
Bedächtig legte ich die Fingerspitzen aneinander. "Habe ich dir je erzählt, was ich mit Karin erlebt habe, damals, als Maria mich amnesiert hatte? Als ich den Rückzug der Oto-Nins gedeckt hatte, die von Orochimaru fallengelassen worden waren?"
"Nein."
"Bevor ich mein Gedächtnis zurückerlangte, habe ich gegen unsere Leute gekämpft. Aber Karin wollte nicht mit mir kämpfen. Sie öffnete ihr Hemd und bot mir den Brustkorb an, um sie zu töten, weil sie nicht mit mir kämpfen wollte. Weil sie nicht in einer Welt leben wollte, in der ich ihr Feind war. Das hat mich zurückgeholt, Choza-sama. Und nein, bevor du fragst, sie war nicht halbnackt. Aber damals konnte ich schon sehen, dass sie ein schönes Dekolletée bekommen würde." Ich hüstelte mich verlegen. "Ich weiß, es ist in Konoha eigentlich nicht üblich, eine Zweitfrau zu nehmen. Vor allem, weil die Frauen untereinander konkurrieren und miteinander streiten. Ich weiß nicht, wie das vor eintausend Jahren gemacht wurde, als solche Ehen noch üblich waren, aber heutzutage klappt so etwas nicht so ohne Weiteres."
"Hm."
"Was ich sagen will, ist: Ich werde Karin heiraten, wenn sie mich will. Nicht als Zweitfrau und erst recht nicht als Drittfrau. Sie ist meine Nummer eins. Sie ist die Frau, diese eine Frau für mich. Was danach kommt, was dazu kommt, wird sich entscheiden. Ich meine, ich hasse Maria nicht. Keinesfalls. Wir kommen gut miteinander aus, und sie hat sich gut in unsere Familie eingefügt. Ich kann es mir vorstellen, und Karin hat selbst gesagt, dass es kein Problem sein würde, weil sie und Maria gemeinsam im Mamo-Pakt sind... Wie viel ich darauf geben soll, weiß ich nicht."
"Und was ist dann mit P-chan? Hast du daran schon gedacht, Mamoru?", fragte Choza ernst. "Sie ist auch eine Frau. Eine Frau, die dich liebt."
"Ich weiß. Aber Affen... Es ist nicht so, als würde ich sie nicht wollen. Nur heiraten Affen keine Menschen. Und sie leben länger als wir, also sehen sie es nicht ein, sich hier zu binden. Und wenn ich sie doch an mich binde, nehme ich ihr die Chance, eine eigene Familie zu gründen und ihr Glück zu finden."
"Sind das ihre Worte, oder deine?"
"Die von Dr. Tofu. Aber ich werde mit ihr da noch drüber reden, versprochen." Leicht würde das nicht werden, denn mich verband viel zu viel mit der quirligen Affenkriegerin. Fast zuviel.
"Gut, ich war besorgt um sie. Das ist nun etwas besser. Aber du solltest sie nicht in der Luft hängen lassen, denke ich", mahnte Choza.
"Das werde ich nicht, versprochen."
"Dann wirst du dich auf deinem Geburtstag mit Karin verloben?"
Ich stockte beim Griff nach den Chips, übrigens Chojis Lieblingssorte. "Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, muss ich gestehen."
"Das solltest du aber fix nachholen, Mamo-chan. Bedenke, eine Verlobung ist ein Eheversprechen. Aber dieses Versprechen enthält keine terminliche Fixierung. Manche Shinobi-Paare waren ein Jahrzehnt und länger verlobt, bevor sie endlich geheiratet haben. Es setzt allerdings ein Zeichen."
Ich musste bei seinen Worten an Kou und meine Schwester denken. Die beiden hatten sich nicht mit einer langen Wartezeit abgefunden. Allerdings waren sie auch beide Mitte zwanzig, da tickten die Uhren wohl anders. "Ich schätze, ich sollte einen Ring besorgen gehen..."
"Das ist mein Mamo-chan!", lachte Choza und klopfte mir auf die Schulter. "Und jetzt lass uns in Ruhe den Tee trinken, die Chips essen, und du erzählst mir ein wenig von deiner letzten Mission. Sind die Moerus tatsächlich eine solche Bereicherung für Konoha?"
"Oh ja. Ich weiß nicht, wie ich dir das beschreiben soll, aber..."
Es wurde ein sehr unterhaltsamer Plausch.
***
Reichlich verspätet erreichte ich das Haupttor Konohas. Etwas zu spät, denn als ich endlich eintraf - verdammt auch, warum hatte ich mich bei Choza-sama so sehr verquatschen müssen - war Maria schon eingetroffen. In ihrer Begleitung war natürlich Anne, und Ryoga wiederum begleitete die junge Kontraktpartnerin mit dem unglaublichen Tarn-Talent.
Vater begrüßte Maria sehr herzlich und drückte ihr gleich als zweite Handlung ihren Sohn in die Arme. Sie begrüßte den kleinen Mann mit einer Herzlichkeit und Zärtlichkeit, die mir ein wenig in die Beine ging. Sie war eine gute Mutter. Und vor allem wusste sie, was für ihren Sohn gut war. Dafür nahm sie die Fernbeziehung zu meiner Familie in Kauf. Und zu mir, wenn ich exakt war.
Danach begrüßte Vater Anne, als wäre sie seine Tochter. Ja, an dem kleinen, dünnen Mädchen hatte er einen echten Narren gefressen, man sah es deutlich. Ryoga hingegen bekam einen männlichen Händedruck.

Ich kam hinzu. "Hallo, Maria."
"Mamo-chan!", rief sie erfreut. Die Getsu-Shinobi gab Akira an meinen Vater zurück und umarmte mich. Ein flüchtiger Kuss ging auf meine Lippen. Ich erwiderte die Umarmung, drückte das Mädchen, das früher einmal versucht hatte, mich umzubringen. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen für eine Beziehung, wie mir manches Ehepaar versichert hatte. Dann küsste ich sie selbst. Kurz und knapp. Als ich sie fahren ließ, hielt sie mich ein wenig länger. "Können wir gleich reden? Nur wir zwei."
"Was? Natürlich." Ich wandte mich der Jüngeren zu. "Hallo, Kohai."
"Mamo-chan." Sie umarmte mich herzlich. "Es ist schön, wieder hier zu sein. Schöne Grüße von den Jungs. Sind im Einsatz, aber sie kommen später mal vorbei und machen mit dir Konoha unsicher."
Die "Jungs", das waren drei Jounin aus Getsugakure Amir, Hassin und Khal, wichtige Stützen des versteckten Dorfs. Gute Freunde von mir. Ich freute mich darauf, sie wiederzusehen. Schade, dass es nicht zu meinem Geburtstag war. "Besser als nichts", erwiderte ich daher leicht enttäuscht.
"Hallo, Ryoga."
"Mamo-chan." Der große Affenkrieger in der Menschenverkleidung umarmte mich herzlich. "Es tut gut, dich zu sehen. Wirklich richtig gut."
"Wieso? Geht dir Getsugakure schon auf die Nerven?", scherzte ich. Es war allgemein bekannt, dass er vorerst dazu verdonnert war, Anne-chan als Kontraktpartnerin zu dienen.
"Oh, Getsugakure ist toll. Jeden Tag Traumwetter, jeden Tag baden am Strand, und so. Aber ich habe meinen alten Kumpel vermisst." Spielerisch deutete er einen Kinnhaken an.
"Freut mich zu hören." Das freute mich wirklich, denn Ryoga war auch Perines großer Bruder. Wenn sich irgendetwas geändert hätte, jetzt hätte ich es gemerkt.
Ich sah ins Rund. "Paps, geht doch schon mal nach Hause. Ich habe noch zu tun. Maria, wenn du Zeit hast, es gibt da etwas, was du wissen solltest."
"Natürlich, Mamoru-chan."
Wir verabschiedeten uns mit einem Nicken und verschwanden mit Step.
Als wir das Trainingsgelände erreicht hatten, hielten wir an. Von unserem Hügel hatten wir eine gute Sicht auf den See. Und natürlich versuchten meine Genin, dort die Fähigkeit des Wasserlaufens zu erlernen. Mit durchwachsenem Erfolg, aber immerhin.
Ich setzte mich ins Gras. Maria setzte sich im Saizen neben mich. Ihre ganze Körperhaltung war sehr angespannt, das ging nicht nur aus ihrer Sitzhaltung hervor.
"Was kann ich für dich tun, Schatz?"
Unsicher sah sie mich an. "Es gibt... Bestrebungen, Mamoru."
"Bestrebungen? Was für Bestrebungen?"
"Dich enger an Getsugakure zu binden. Ich unterstütze das nicht aktiv, aber ich sperre mich da auch nicht. Ich..." Sie stockte, sah mich an, wurde rot und sah wieder fort. "Ich hatte ein Gespräch mit dem Rat des Dorfes. Sie wollen von mir, dass... Sie wollen von mir..."
Oh, ich verstand. "Du sollst mich heiraten."
"Ja."
"Um mich an Getsugakure zu binden."
"Ja."
"Für das Wohl des versteckten Dorfs."
"Ja."
"Und wo bleibst du dabei?"
Erstaunt sah sie mich an. "Ich hätte da nichts gegen, ehrlich gesagt, aber es geht ja nicht um mich. Nicht nur um mich... Aber du hast Karin und P-chan und... Nun."
Aha, nun kam also auch noch Druck von der anderen Seite. Wie herrlich. Mist.
"Meine Leute sagen das Gleiche."
Entsetzt sah sie mich an. "Du wirst doch nicht etwa Karin ausbooten? Da spiele ich nicht mit! Das hat sie nicht verdient, und..."
"Keine Sorge, das wird nicht passieren. Aber es ist im Gespräch, dass ich... Hm. Zweimal heirate."
"Du meinst, du sollst zwei Frauen bekommen? Was ist das? Der feuchte Traum von euch Männern?"
"Etwas in der Art. Aber auch eine Notlösung, um verschiedene Interessen zu vereinbaren. Und wenngleich ich in diesem Fall nicht unbedingt darauf hören will, was der Rat von mir will, so denke ich doch, dass es gut für Aki-chan wäre."
"Und das heißt? Das heißt für uns?"
"Ich denke auch, es wäre für uns beide nicht schlecht. Es würde etwas legitimieren. Und wir wissen beide, wir werden unsere Positionen in Konoha und Getsugakure nicht aufgeben und den Pendelverkehr aufrecht erhalten. Aber ein legitimer Unterbau würde einiges reißen, denke ich. Und seien wir ehrlich, ich mag dich, ich mag dich sehr. Vielleicht ist das auch schon Liebe."
Sie errötete. "I-ich..."
"Ich weiß." Sanft zog ich sie an mich. "Wie ernst meint Ihr Mamo-Paktler das eigentlich damit, dass Ihr meine Geliebten werdet?"
"Mamoru!", beschwerte sie sich. Leiser fuhr sie fort: "Ich könnte mich mit einer politisch motivierten Vermählung anfreunden und deine Zweitfrau werden, Mamoru. Du hast Recht, das wäre in der Tat gut für Akira. Und deine Eltern würden das auch gerne sehen. Und das Beste: Die Räte von Konoha und Getsu geben endlich Ruhe."
"Und ich werde mir sehr oft sehr viel zum Thema Zweitfrauen anhören müssen, denke ich."
"Da stehst du doch drüber, Mamoru", tadelte sie mich lächelnd.
Ich lachte leise. "Eventuell. Außerdem habe ich nicht vor, jetzt schon zu heiraten. Aber deine Ringgröße könnte ich brauchen, denke ich."
Sie lachte, aber es klang etwas gezwungen. Wirklich, ich begann, Politik zu hassen.

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3.
Mein Geburtstagsmorgen begann mit Selbstzweifeln. Ich wusste, das im Nebenzimmer Maria und Akira schliefen, und ich fragte mich, seit ich erwacht war, ob ich dem Jungen wirklich ein guter Vater war. Klar, der Kleine liebte mich abgöttisch. Das erste Wort, das er hatte sprechen können, war Papa gewesen, nicht Mama. Wenn ich in der Nähe war, war ich seine erklärte Nummer eins. Aber wofür? Ich war nicht dabei, als er geboren wurde. Ich hatte ihn nie gebadet, nie seine Windeln gewechselt, nie ihn einen ganzen Tag mit mir herumgetragen. Nun lief er schon selbst und wollte bestenfalls für ein paar Schritte auf meinen Arm. Und ansonsten? Die meiste Zeit verbrachte er, wenn er in Konoha und damit theoretisch bei mir war, bei meinen Eltern, damit ich "den Rücken für die Ninja-Geschichte" frei hatte. Aber war es wirklich das, was einen Vater ausmachte? Ich wusste es nicht, aber es fühlte sich in jedem Fall falsch an. Ich, der ich auf Missionen ging, war so richtig, und hunderte Shinobi machten es mir jeden Tag vor. Aber ihn zurückzulassen, nicht hier zu sein, ihn nicht jeden Tag zu begleiten, ihn aufwachsen zu sehen, all das zehrte mehr an mir, als ich öffentlich zuzugeben bereit war. Tatsächlich wusste ich, dass ich ein miserabler Vater war, dafür aber ein guter Schauspieler. Und mit Vater und Mutter hatte ich die besten Substituten, die ich mir wünschen konnte. Und wenn das nicht reichte, waren da immer noch Maria selbst, meine große Schwester, P-chan, Hana-chan und Karin. Aber wo war ich in der ganzen Geschichte? Ich war unzufrieden, das spürte ich jeden Moment. Ich hatte Aki-chan nicht gewollt, aber das hieß nicht, dass ich ihn nicht liebte. Da gab es keinen Zweifel. Wenn es jemanden gab, der mich manipulieren durfte, der von mir verlangen konnte, ohne zu geben, dann war es mein Sohn. Aber er gab mir dennoch so viel, obwohl er kaum etwas von mir erhielt. Es war schwer für mich, daraus schlau zu werden.
Als ich das erste Mal die Augen aufschlug, war ich also achtzehn Jahre alt geworden. Und es war noch mitten in der Nacht. Halb drei Uhr morgens. Überhaupt nicht meine Zeit, aber einfach umdrehen und weiterschlafen konnte ich auch nicht. Also stieg ich aus dem Bett, zog leichte Kleidung an und verließ den Raum durch mein Fenster.
'Aniki?', klang Kishios verschlafene Stimme in meinem Geist auf. Seine sensorischen Fähigkeiten waren permanent aktiv und er registrierte jede Veränderung in seinem Umfeld. Diese Veränderung hatte ihn geweckt. Daran hatte ich nicht gedacht.
"Schlaf weiter, Otouto", sagte ich leise, in der Gewissheit, dass ich die Worte auch dachte und er sie hören konnte. "Ich mache nur einen Rundgang."
'In Konoha der Frohsinn lacht, wenn Aniki einsam wacht', frozzelte Kishio, bevor seine Gedankenstimme verstummte. Eine weitere Stimme hallte auf. Das war natürlich Shinpachi, der unseren kurzen Dialog mitverfolgt hatte.
Ich lachte selbst, wenn auch nur in Gedanken. Aber es war ein schwermütiges Lachen.
'Dicke Gedanken?', fragte Kishio mitfühlend.
"Das heißt schwere Gedanken", korrigierte ich ihn. Selten fiel mir sein Dialekt des Landes der Reisfelder so sehr auf wie heute. "Ich werde etwas töten gehen, und schon wird es besser."
'Sehr komisch', erwiderte er gespielt beleidigt. 'Ich schlafe dann weiter. Ruf mich, wenn du gerettet werden musst.'
"Ich komme drauf zurück", versprach ich. Und das meinte ich durchaus ernst. In dem einen Jahr, in dem wir zusammen waren, waren wir mehr und mehr zu einer Familie zusammengewachsen, und ich gäbe mein Leben jederzeit in Kicchans Hände. Und in die von Shinpachi. Wenn ich mir jemandes sicher war, außerhalb der Familie, in die ich geboren worden war, und abseits meines Teams, dann waren es meine beiden Wahlbrüder.
Eine gerührte, melancholische Stimmung voller Dankbarkeit schwappte über mich hinweg. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass es nicht meine Gefühle waren, sondern die der beiden Moerus. Natürlich, ich war nahe genug gewesen, dass sie immer noch meine Gedanken hören konnten. Das machte mich verlegen. Ich redete so gut wie nie über meine Gefühle, und jetzt mitten in der Nacht einfach mit der Tür ins Haus gefallen zu sein war mir etwas peinlich. Und wie immer konnte ich mit dieser Situation nicht umgehen. "Ist halt so", sagte ich deshalb trotzig. "Ich bin dann mal weg." Mit diesen Worten begab ich mich in Step und verschwand aus dem Innenhof.

Ich eilte über das nächtliche Konoha hinweg. Meine Gedanken zogen dabei so konträr zu meinem Bewegungstempo dahin, als würde ein Hase gegen eine Schildkröte laufen. Wie hieß es doch gleich? Die Schildkröte schaffte einen bemerkenswerten zweiten Platz und der Hase wurde Vorletzter. Wieder hörte ich ein fernes, leises Lachen. Shinpachi. Ich war immer noch nahe genug, dass er meine Gedanken hören konnte. Verdammt, dabei war der Spruch so alt, der hatte schon Mumifizierungsspuren, fand ich.
'Bist du sicher, dass du keine Gesellschaft willst?', klang nun seine Stimme auf.
"Keine Sorge, ich komme klar. Ich muss nur selbst etwas nachdenken."
'Mein Angebot steht, Otouto', sagten seine Gedanken. Otouto nannte er mich äußerst selten. Meistens dann, wenn ihn seine familiären Gefühle übermannten. Dabei war er älter als ich, wenngleich ich mehr aktive Jahre als Ninja hinter mir hatte. Aber das waren nur Rechenexempel. Letztendlich war zwar der Wert eines Ninjas in Zahlen zu fassen, nicht aber der Wert eines Menschen. Und Shinpachi war ein prächtiger Bursche, an dessen Loyalität und Freundschaft ich keinen Zweifel hegte. "Du wirst noch genug Zeit dafür bekommen, wenn wir im Yuki no Kuni unterwegs sind", sagte ich schmunzelnd.
Er lachte auf. 'Hoffentlich nicht', erwiderte der ältere Moeru. Denn das hätte bedeutet, dass die Luft brannte - und das nicht wegen mir.
Ich schmunzelte, dann riss die Verbindung ab. Aber ich wusste, dass zumindest Kicchan mich immer noch in seiner Ortung hatte. Um sie zu verlassen, hätte ich Konoha hinter mir lassen müssen. Und selbst dann hätte Kishio mich noch wohl fokussiert tausende Kilometer weit verfolgen können, um über mich zu wachen. Den Beinahefehler von Kumogakure würde er nie wieder begehen. Und ich war ihm dankbar dafür.

Ich erreichte die Stadtmauer. Nachdem ich mich bei den Wachen angemeldet hatte, sprang ich auf die Zinne. Niemand durfte einfach so auf die Mauer. Weder nachts, noch tags, weder von außen, noch von innen. Außer, er war ein Shinobi und er meldete sich an.
"Morikubo-san?", klang eine bekannte Stimme auf. Meine sensorischen Fähigkeiten verrieten mir schnell, dass es sich um einen guten Bekannten handelte: Aoba Yamashiro.
"Seit wann heißt es San?", fragte ich den Mann, der für drei Dinge zu Recht berühmt war. Erstens dafür, dass er ein Tokubetsu Jounin war, ein spezialisierter Jounin, was ihn bis knapp unter die Riege der wichtigsten Ninjas Konohas erhob. Zweitens für sein Feuer. Sein Katon war nicht gerade das heißeste, aber kaum ein Katon-Nutzer, mich eingeschlossen, benötigte so wenig Chakra für seine Kunst wie er. Und drittens für seine Sonnenbrille, die er sogar jetzt in der Nacht trug. Es hieß, noch niemand hätte je seine Augenfarbe gesehen. Manche wollten sogar wissen, er war in Wirklichkeit ein sensorischer Ninja und hätte gar keine Augen. Das konnte ich widerlegen. Ich konnte sowohl seine Augen gut sehen als auch die Versorgung derselben mit Nährstoffen. Seit ich mit Kishio trainierte, war meine Kunst erheblich gesteigert worden. Eine Falle, wie sie Kabuto mir damals in Kumo gestellt hatte, würde diesmal sehr viel trickreicher sein müssen, damit ich auf sie hereinfiel.
"Seit du achtzehn bist. Herzlichen Glückwunsch, übrigens." Der kleinere Shinobi schüttelte mir die Hand. Verlegen erwiderte ich den Händedruck. "Danke, Aoba-san. Daran habe ich gerade nicht gedacht."
"Und was geht dir durch den Kopf, dass du um drei Uhr morgens die ANBU in Konoha scheu machst?"
Ich sah ihn an. Das war schwierig wegen der Sonnenbrille. Aber ich sah ihn an. "Mein Sohn macht mir zu schaffen", gestand ich.
"Akira-kun? Ich weiß, der Rat ist ganz aus dem Häuschen, weil er fürchtet, die Schattenkunst der Nara könnte von Tsukigakure absorbiert werden. Obwohl wir freundliche Beziehungen unterhalten. Aber das ist es sicher nicht, was dich umtreibt."
"Auch", gestand ich leise. "Aber ich denke, dafür habe ich eine Lösung gefunden. Was mir mehr zu schaffen macht, ist die Frage, ob ich ihm ein guter Vater bin. Ich meine, ich bin erst achtzehn und ich habe noch nichts für ihn getan."
Aoba runzelte die Stirn. "Ich bin kein Vater. Da kann ich dir nicht weiterhelfen." Er zuckte die Achseln. "Der Sandaime hätte dir da einen Rat geben können, denke ich. Aber ich... Tut mir leid."
"Yamashiro-kun, wer hält dich da von der Arbeit ab?", klang eine Befehlsgewohnte Stimme von unten auf.
"Oh scheiße. Nichts, Hyuuga-sama! Es ist nur Mamoru Morikubo!", rief er hastig hinab.
Ich sah nach unten und erkannte den Herrn der Hyuugas am Fuß der Mauer. Er trug die vollständige Jounin-Bekleidung Konohas, was eindeutig besagte, dass er heute Nacht in Dienst war. Und wie es schien, überwachte er die Mauer.
"Mamoru-san? Du solltest es besser wissen, als die Wachen bei ihrer Arbeit zu stören", tadelte er mich. Er winkte mir auf Konoha-Art, indem er die Hand ausstreckte und mit den Fingern wedelte, während die Handfläche nach unten zeigte. Im Land der Steine wäre es eine Aufforderung gewesen, fortzugehen. Hier und in Kumo aber hieß es: Komm mal.
Ich nickte Aoba noch einmal zu, dann verschwand ich per Step und kam vor Hyuuga-sama wieder hervor. Er musterte mich ernst, bevor er mir die Hand reichte. "Ich gratuliere zum Geburtstag, Mamoru-san."
Ich nahm die dargebotene Hand und drückte sie. "Danke, Hiashi-sama."
Er musterte mich einen Moment. "Begleite mich ein Stück, Mamoru-san." Er machte sich auf den Weg und setzte zweifellos voraus, dass ich ihm folgte. Nun, er war der Clanherr von Kou, und außerdem kannte ich ihn schon mein Leben lang. Gut genug. Immerhin.
"Weißt du, Mamoru-san", sagte er mit ernster Stimme, während wir die Mauer entlang gingen, "ich habe dir in den letzten beiden Jahren nie dafür gedankt, was du für Hinata getan hast."
"Hm? Ich habe nichts für sie getan, was der Aufmerksamkeit wert wäre."
"Du hast sie unbeschadet wieder abgeliefert. Das kommt selten vor, wenn ich ihren Missionsrekord anschaue", sagte er und schmunzelte. "Ständig übernimmt sie sich und verletzt sich oder wird grün und blau geschlagen, weil sie immer denkt, das, was sie leistet, ist noch nicht gut genug. Als du sie mitgenommen hast, kam sie fast unbeschadet nach Hause. Und sogar ein wenig selbstbewusster." Er hielt an und sah mir in die Augen. Irritierend, denn alle geborenen Hyuugas hatten eine weiße Iris. Ich fragte mich unwillkürlich, ob Kou und meine Schwester auch Kinder zeugen würden, die eine weiße Iris hatten - das Byakugan. Das war nicht unwahrscheinlich. Aber es gab auch geborene Hyuugas ohne Byakugan, wenn auch sehr selten. Die Frage war nur, was besser für die Kinder war. Alle, die nicht zur kleinen Hauptfamilie gehörten, die Hiashi-sama, seine Frau, Hinata und ihre kleine Schwester Hanabi umfasste, gehörten zur Zweigfamilie und mussten die Versiegelung über sich ergehen lassen. Mit der Versiegelung legten sie ihre Leben und vor allem ihre Byakugans in die Hände der Hauptfamilie, die absolute Macht über ihre Leben bekamen. Hiashi-sama konnte jederzeit und in wenigen Sekunden jeden anderen Hyuuga töten, wenn er es wollte. Oder ihn schmerzhaft bestrafen. Oder beides. Nein, das war kein Schicksal, das ich meinen Neffen und Nichten zumuten wollte. Freiheit war ein hohes Gut, egal wie wichtig die Byakugan für die Hyuugas und Konoha waren.
"Selbstbewusster?" Ich ließ die Mission Revue passieren, dachte an Harusame, den Unter-Daimyo, der sein kleines Reich mit perfiden Methoden ausgenommen und sogar Sklaven genommen hatte, dachte an Mei-chan, die jetzt gerade Mizukage in Kirigakure war. Nein, ich konnte mich nicht erinnern, sie mehr gefordert oder bevorzugter behandelt zu haben als die anderen. Gut, ich hatte sie zeitweise mit Naruto zusammengespannt, in den sie augenscheinlich total verknallt war - noch immer, wie ich vermutete - aber ansonsten... Moment Mal, ging es vielleicht in diesem Gespräch letztendlich um Naruto? Hatte jemand in der Familie bemerkt, dass die künftige Erbin der Familie ausgerechnet ihr Auge auf einen Clanlosen, Familienlosen Burschen wie Naruto geworfen hatte, der zudem auch noch Jinchuriki war? Was mich wieder daran erinnerte, wie Konoha Naruto behandelt hatte und noch immer behandelte, und das alles nur, weil man ihn ungefragt als Gefäß für den Kyubi, den neunschwänzigen Fuchs, benutzt hatte. Ärgerlich ballte ich meine Hände zu Fäusten. "Hiashi-sama, was liegt Ihnen auf dem Herzen? Wenn es darum geht, wen Hinata..."
"Naruto-tono ist nicht der Grund unseres Gesprächs", sagte der Herr der Hyuugas geradeheraus. "Aber wenn du über ihn reden willst, kann ich gerne etwas dazu sagen, weil ich weiß, dass Ihr Freunde seid." Er hielt an und atmete einen Moment tief ein. "Warum Naruto? Das ist es, was ich nicht begreife. Okay, er ist ein eifriger, schnell lernender Shinobi, der eher sterben würde als seine Kameraden zu gefährden. Er hat bereits mehrere S-Rang-Missionen hinter sich. Und mit Jiraiya-sama hat er einen der besten Lehrers Konohas. Dass er als Jinchuriki sein Biju beherrscht, ist sogar ein Bonus. Den Kyubi quasi in der Familie zu haben, würde die Rolle der Hyuugas in Konoha stärken. Aber das wird nichts werden."
"Sie denken weit voraus, Hiashi-sama", sagte ich mit unterdrückter Wut. "Aber warum wird es nichts?"
"Denkst du, ich bin blind? Ich weiß sehr wohl, was meine Töchter tun. Gerade die Ältere ist ein Quell ständiger Sorge für mich. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe oder wie es passiert ist, aber sie war von Anfang an ein ängstliches, zurückhaltendes Kind, ständig auf der Hut, immer bereit lieber nichts zu tun, als etwas falsch zu machen. Sie war in sich gekehrt und regelrecht feige. Ich hatte mich damit abgefunden, dass sie so war, aber dennoch war sie noch immer meine Tochter, und ich liebte sie damals und liebe sie heute. Es ändert nichts." Seine Augen mit der weißen Iris drangen durch mich hindurch. "Und dann änderte sich alles. Sie bestand darauf, Ninja zu werden. Sie bestand darauf. Hinata. Sie wollte etwas aus eigenem Antrieb. Ja, sie forderte es geradezu. Ich war überrascht und verwirrt und ängstlich. Was hatte sie verändert? Was hatte ihren Charakter beeinflusst? Und wohin führte sie dieser Weg? Und ich musste erkennen, dass es Naruto war. Der kleine, fiese Bengel, der ganz Konoha terrorisierte, nur um Aufmerksamkeit in Form von wütenden Schreien zu bekommen." Nun ballte auch Hiashi Hyuuga die Hände zu Fäusten. "Ich war dagegen, musst du wissen. Ich war immer dagegen, den Jungen alleine aufwachsen zu lassen. Glaub es mir oder nicht, aber ich hatte angeboten, ihn in meinem Haushalt aufzunehmen. Aber die anderen Familien wollten das nicht, weil dies ja bedeutete, dass der Kyubi zu den Hyuugas kam. Tatsächlich wollte keine der Familien, dass irgendeine Familie den Kyubi bekam. Und so wurde entschieden, dass er alleine leben sollte, sobald er dazu in der Lage war. Sein Leben wurde geopfert, weil erwachsene Menschen Politik gemacht haben. Aber gab er auf? Kam für ihn die Agonie? Nein. Er stand auf und kämpfte. Oh, er war ein lausiger Ninja, aber das lag an seinen lausigen Lehrern. Erst als er durch seine Beharrlichkeit überzeugte, erst als er kämpfte und Hayate-kun zugeteilt wurde, blühte er auf. Und je mehr er aufblühte, sich bewies, Freunde fand, umso stärker wurde Hinata. Die Hinata, die heute meine Tochter ist, und das blasse, stille Kind, das sie damals vor dem Akademie-Eintritt war, sind kaum noch zu vergleichen. Wenn dies so weitergeht, wird sie mir eine würdige Nachfolgerin sein. Und das alles nur wegen Naruto. Umso schwerwiegender ist es, dass ihre Wünsche und Hoffnungen nie erfüllt werden." Nun war sein Blick wehmütig, mitfühlend, ein wenig traurig.
"Wieso?"
Er seufzte. "Du kennst Sakura Haruno?"
Ich nickte. Oft genug hatte ich sie mit meinem kleinen Bruder Naruto gesehen. Team sieben. Das freche Ding, das bei Tsunade-sama in der Lehre gewesen war und Steinplatten mit bloßen Händen spaltete. Vornehmlich zusammen mit dem Boden, auf dem sie lagen.
"Naruto ist Hals über Kopf in sie verliebt. Ich weiß das. Ich kenne den Blick, den er hat, wenn er sie ansieht. Aber sie ist in den jungen Uchiha verliebt, der desertiert ist." Er schnaubte leise aus und bedeutete mir, weiterzugehen. "Noch ist sie auf Sasuke fixiert. Aber irgendwann wird etwas passieren. Sasuke wird sie verraten, oder die Aufspüreinheit wird ihn finden und töten. Und was dann? Dann sind da nur noch Sakura und Naruto. Ich weiß, dass Naruto Hinata mag. Sehr sogar. Weißt du, ich hatte nie etwas gegen Naruto, erst recht nicht seit ich weiß, welche Inspiration er für Hinata ist. Und schon gar nicht, seit er Neji mehr Verstand eingeprügelt hat, während der Chunin-Prüfung, kurz vor dem Angriff auf Konoha... Aber er sieht nicht, dass Hinata in ihn verliebt ist. Und niemand sagt es ihm. Niemand kann es ihm sagen. Und trotz all ihrer Fortschritte wird sie es ihm nie selbst sagen... Aber sollte eines Tages der junge Uchiha sterben, auf welche Art auch immer, sind da nur noch zwei im Liebestriangel. Und erzähl mir, was du willst, aber Sakura Haruno hat sich schon viel zu weit auf Naruto eingelassen. Sie verlässt sich auf ihn, stützt sich auf ihn, vertraut ihm. Und Naruto ist blind vor Liebe zu ihr. Sind das nicht Situationen, in denen man Naruto die Daumen drücken möchte? In denen man ihm wünscht, er möge endlich Erfolg haben, vor allem, da der Uchiha zum Feind Konohas geworden ist? Ich habe keine Idee, wie die Dinge geschehen könnten, sodass Naruto meine Hinata bemerkt, sich in sie verliebt und sie zusammenkommen. Es gibt nur zwei Möglichkeit, aber weder wird der junge Uchiha zurückkehren, noch wird die junge Haruno sterben. Ich kenne ihre Eltern, sie sind zäh wie Leder. Wenn das auf ihre Tochter abgefärbt hat, dann ist sie quasi unsterblich." Er schrak zusammen und hob abwehrend die Hände. "Ich wünsche ihr nicht den Tod, oder so."
"Habe ich auch nicht erwartet."
"Aber so sieht eben die Realität aus. Und das stimmt mich traurig, denn Naruto tut ihr gut. Wie viel könnte sie wachsen, wären sie wirklich zusammen?" Er seufzte. "Und Naruto hätte dann endlich einen festen Platz im Leben. Ich würde ihm einen schaffen. Mit diesen meinen Händen. Hätte ich das nicht vor, hätte ich ihn schon vor langer Zeit töten können, seit ich Hinatas Interesse das erste Mal mitbekommen habe."
Wir schwiegen einige Zeit. Das heißt, ich schwieg, und Hiashi Hyuuga fragte die einzelnen Posten ab, während wir die Mauer entlang gingen. Ninjas waren jederzeit kampfbereit.
"Jedenfalls danke ich dir. Du hast Hinata viel gegeben. Genug, um sie noch selbstbewusster zu machen."
Ich musste lächeln. Und ich erinnerte mich daran, wie wir damals vor der Mission damals zusammen gespeist hatten. Sie hatte ein Abendkleid getragen und war ein Blickfang gewesen, obwohl meine Mädchen dabei gewesen waren. Ja, an Hinata war so viel mehr dran, als man hinter ihrem schüchternen Wesen vermutete. "Sie ist etwas besonderes."
"Sie ist mein Kind. Selbst wenn sie nichts besonderes wäre, ich hüte sie und beschütze sie. Soweit sie mich lässt. Aber letztendlich muss man seine Kinder auch loslassen. Selbst wenn es bedeutet, ihnen den Freiraum zu geben, sich selbst den Hals zu brechen. Ich kann sie nicht vor der Welt einsperren und behüten, auch wenn ich das möchte. Ich muss sie all ihre eigenen Fehler machen lassen. Ich kann nur da sein, für sie da sein, wann immer sie zurückkommt. Ich kann nur ihr Anker sein, ihr Vater, ihre Familie..."
Erstaunt sah ich den großen Mann an. "Hyashi-sama, als ich heute morgen erwachte, plagten mich Zweifel wegen meines Sohnes."
"Akira-chan?" Er schmunzelte. "Kou hat ihn mitgebracht. Ein paarmal schon. Ich glaube, ich muss mich entschuldigen, weil Hanabi ihn mit Süßigkeiten überfüttert hat.
Was für Zweifel, Mamoru-san?"
"Bin ich ein guter Vater?"
Der Hyuuga hielt an und taxierte mich. Er legte beide Hände auf meine Schultern. "Das ist eine sehr gute Frage, die jeden Vater beschäfigt. Jeden plagen die Zweifel. Bin ich genug Vater? Verbringe ich genug Zeit mit meinem Kind? Bereite ich ihn gut genug auf die Welt vor? Kann ich ihn vor der Welt beschützen, oder beschütze ich lieber die Welt vor ihm? Wir alle stehen vor diesem Dilemma. Und das jeden verdammten Tag. Es hört nie auf. Niemals. Denn selbst wenn sie erwachsen werden, so bleiben sie doch immer die eigenen Kinder."
Ich fühlte, wie ich erbebte. Meine Augen wurden feucht. Hiashi-sama hatte einen Großteil meiner Ängste und geheimsten Gedanken ausgesprochen, und das berührte mich.
Er nahm mich in die Arme und drückte mich. "Es ist in Ordnung, Mamoru. Du bist seit sechs Jahren ein Ninja, tötest und kämpfst für Konoha, aber nie hat dich jemand auf den Kampf vorbereitet, ein Vater zu sein. Eigentlich bist du selbst noch ein halbes Kind, das viel zu schnell viel zu erwachsen sein musste. Aber die Antwort auf all deine Fragen und Zweifel liegen in einer Frage. Nicht in: Bin ich genug für meinen Sohn da? Sondern in: Bin ich für meinen Sohn da?"
Er löste sich, hielt mich ein Stück von sich. "Bist du für deinen Sohn da?"
"Ich bin meistens nicht mal hier", sagte ich bedrückt.
"Wenn Ihr zwei im gleichen Haus seid, bist du da für ihn da?"
"Ich bemühe mich", sagte ich bedrückt. "Ich bemühe mich sehr."
Der große Hyuuga lächelte. "Und damit hast du alle Antworten, die du brauchst. Denn mehr als sich bemühen kann niemand. Es gibt keine Perfektion. Gerade nicht für Eltern. Mehr kannst du ihm nicht geben, und mehr musst du ihm auch nicht geben. Außer deiner unverbrüchlichen Liebe und Treue, außer deinem Verständnis und deinen Schutz."
Übergangslos fühlte ich mich erleichtert. Es war, als hätte jemand Felsbrocken von meinem Herzen geräumt. "Hiashi-sama..."
"Ich weiß. Jeder Vater weiß das. Es wundert mich, dass Shikaku mit dir noch nicht darüber gesprochen hat. Aber es ist gut, dass wir es jetzt konnten." Seine kräftige Rechte klopfte auf meine Schulter. "Wurde aber auch Zeit, dass es dir jemand sagt, oder?"
Ich nickte leicht. Ich fühlte mich wirklich viel besser, obwohl seine Worte übersetzt bedeuteten, dass ich mich durchaus noch mehr anzustrengen hatte... Aber es fühlte sich gut an.
"Du solltest also besser wieder nach Hause gehen und schlafen, Mamoru", sagte er schmunzelnd. "Du hast noch einen langen Tag vor dir und musst ausgeruht sein, nicht wahr?"
Ich nickte schwach. Dieser Mann hatte die Byakugan? Er brauchte sie nicht, um mich bis auf die Seele zu durchschauen. "Den habe ich, Hiashi-sama."
"Dann geh stiften, Mamo-chan. Heute Nacht wache ich über Konoha, nicht du."
Erschüttert sah ich ihn an. Dann trat ich zwei Schritte zurück und verbeugte mich formell aus der Hüfte vor ihm. Das ließ ihn schmunzeln. Wohlwollend schmunzeln.
Wir nickten einander zu und ich verschwand per Step. Egal ob ich bereits ein guter Vater für meinen Sohn war oder nicht, ich wusste, dass es immer eine Möglichkeit gab, voran zu schreiten. Und ich würde voran schreiten. Alles andere hätte nicht meinem Wesen entsprochen.
Tatsächlich fand ich in dieser Nacht noch Schlaf für ein paar Stunden.
***
Als ich erwachte, erwartete mich eine handfeste Überraschung. Ich meine - ich bin Shinobi, und Überraschungen gehörten seit den ersten Tagen meines Trainings zum täglichen Brot, wie man im Land der Steine sagt. Es sollte eigentlich schwer fallen, mich zu überraschen. Und ich war ja auch schon einiges gewohnt. Hatte mehr als einen Tag in einem Teich verbracht, nur mit einem dünnen Schilfrohr bewaffnet, durch das ich Luft holen konnte, war bereits ein paarmal fast gestorben, hatte mich selbst mehrfach in Brand gesetzt und war auf dem besten Wege zu werden, was ich immer gescheut hatte, ein Jounin Konohas. Und ich war es auch gewöhnt, morgens zu erwachen und das Gesicht voller Haare zu haben. Nicht meine eigenen, versteht sich. Oder ich erwachte und spürte einen meiner Arme nicht mehr, weil ein Frauenkörper es sich auf ihm so richtig bequem gemacht hatte. Aber es kam eigentlich eher selten vor, dass ich die Augen aufschlug, und ein Mädchengesicht mit Schweiß auf der Stirn auf mich herabsah.
"Mamoru, hilf mir", sagte das Mädchen beschwörend.
"Hana-chan?", fragte ich verwundert, während ich versuchte, die Situation mit der Yodama zu begreifen. "Hana-chan, was machst du in meinem Schlafzimmer?"
"Dich wecken", erklärte sie lapidar. Irgendwo knackte etwas, sie fuhr zusammen und richtete den Kopf auf wie ein Hund, der auf feinste Geräusche lauschte. Als nichts weiter passierte, fügte sie hinzu: "Damit du mir hilfst."
"Wobei soll ich dir helfen?", fragte ich, kurz den Verdacht hegend, dies wäre ein Traum, womöglich ein Wunschtraum mit meinen geheimen Begierden als Träger. Ehrlich, wenn man erst einmal Sex hatte, konnte man sich dran gewöhnen. Vor allem aber war man versucht..."
"ER ist hier, Mamoru! Und ER ist hinter mir her!"
Also kein Wunschtraum. Überhaupt kein Traum, denn in diesem Traum hätte Kishio sicher nichts zu suchen gehabt. Allerdings stand er in der Tür und beobachtete die Szene.
"Also noch mal von vorne. Was ist los, Hana-chan?", fragte ich und richtete mich auf.
"Wie ich schon sagte, er ist hier und er ist... Besser geworden. Angsteinflößend besser. Also, ich habe Angst, Mamoru."
'Weißt du, was sie meint, Otouto?', fragte ich Kishio mit meinen Gedanken.
Der junge Moeru zuckte die Achseln. 'Ich habe keine Ahnung. Sie kam hier vor einer Minute reingestürmt, lief geradewegs zu deinem Zimmer und hat dich so lange geschüttelt, bis du wach warst.'
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Hanako. Ihr Adrenalinspiegel war verdammt hoch, sie war nervös, geradezu unruhig. Sie hatte vielleicht keine Angst, aber sie war verstört. In Gedanken ging ich unsere gemeinsamen Feinde durch, fand aber niemanden, der noch lebte und dazu in der Lage war. Ich legte ihr beide Hände auf die Schultern. "Natürlich helfe ich dir. Aber dafür musst du von vorne anfangen, Hana-chan. Wer ist hier? Und was will er von dir?"
"Was er von mir will?" Ihre Augen kontraktieren. "Meinen Körper, vermutlich. Wer er ist? Harusame."
Nun fuhr ich vollends auf. "Was?" Harusame, so lautete der Name des Unter-Daimyos, mit dem wir schon zweimal kollidiert waren. Nach dem zweiten Mal hatte ich gedacht, der Daimyo des Mizu no Kuni hätte ihn ein für allemal kaltgestellt. Was zum Henker machte er also in Konoha? Und warum war er hinter Hanako her?
"Mamoru, du hast einen Gast", sagte Vater, sah in mein Zimmer und trat ein Stück beiseite.
Der groß gewachsene Mann mit dem Kirigakure-Stirnband, das zu einer Mütze gebunden war, nickte mir ernst und respektvoll zu, bevor er mit leuchtenden Augen sagte: "Hanako-tono. Es freut mich, dich so schnell wiederzusehen!"
"Er ist HIER!", rief sie entsetzt und verkroch sich hinter meinem Rücken.
"Äh...", machte der große Kiri-Nin etwas hilflos. Halb streckte er eine Hand aus, aber da er einsah, dass das nichts brachte, ließ er sie wieder sinken.
"Harusame", stellte ich fest, den Mann taxierend, den ich selbst seines Postens enthoben hatte.
"Nur noch Haru, Morikubo-sama." Er verbeugte sich vor mir, weit tiefer und länger als ich verdient hätte. "Ich bin hier zu deiner Unterstützung, Morikubo-sama. Ich bin der Regenmacher."
Tick. Eins. Tick. Zwei. Tick. Drei. Ich war wach. "Aaaaaaah! Du bist der Regenmacher?"
"Frag ihn, was er von mir will, und dann bring ihn um", zischte Hanako hinter meinem Rücken.
"Ich bin der Regenmacher. So nennt man mich in Kirigakure." Er legte beide Hände aneinander und verneigte sich erneut, diesmal aber leichter, irgendwie eleganter. "Als du mich damals abgesetzt hast, Morikubo-sama, wurde ich unter einer Person platziert, die dafür sorgen würde, dass ich nicht erneut Unsinn anstellen kann. Und so sehe ich es heute, ich habe Unsinn angestellt. Viel Unsinn. Ich wurde Mei Terumi-sama zugeteilt, und sie ließ mich durch eine harte Zeit gehen. Eine Zeit, die ich verdient habe, jetzt, wo ich die Dinge klarer sehe, nicht mehr mit dem Blick des verwöhnten Kinds aus reicher Familie, sondern mit den Augen des erfahrenen, reifen Shinobi. Du möchtest sicherlich ein paar Erklärungen von mir hören, nicht?"
"Wollen wir nicht! Geh einfach wieder nach Kirigakure!", rief Hanako ärgerlich.
"Hanako-tono..."
"Ja, wollen wir", ging ich dazwischen. "Was ist passiert?"
"Ich... Wurde zum Ninja ausgebildet. Ungewöhnlich, einen Mann meines Alters noch einmal von Grundauf aufzubauen, ihm vollkommen Neues beizubringen. Aber da ich bereits eine vollständige militärische Ausbildung mein eigen nannte und auch im Schmieden meines Chakras Erfahrung hatte, war es mehr ein Schleifen als ein Lehren. Die letzten zwei Jahre waren zweifellos die interessantesten, aber auch die härtesten meines Lebens. All meiner Privilegien verlustigt konnte ich mir nur neues Vertrauen und neues Verständnis erarbeiten. All dessen entledigt, was mit meinem Namen verbunden war, konnte ich nur den Weg gehen, der mich zum Verständnis über meine Taten und zur Buße über sie führte. Mein neues Leben ist eine Buße, Morikubo-sama, eine ewige Buße, die erst beendet ist, wenn ich sterbe." Für einen kurzen Moment starrte er ins Leere. Aber schnell hatte er sich wieder gefangen. "Wenn man erst einmal unten ist und um sein Überleben kämpft, in meinem Fall lernt, sieht man viele Dinge anders. Wenn man selbst auf der Stufe steht, auf die man alle anderen stets gesehen hat, verändert es die Perspektive. Man sieht klarer. Man versteht. Man verändert sich. Mir wurde relativ schnell klar, dass mein Weg hatte scheitern müssen. Dass ich dumm genug gewesen war, auf dumme, feige, gierige, arrogante und brutale Ratgeber gehört zu haben, während ich jene Ratgeber, die mein Onkel mir mitgegeben hatte, zwar benutzte, aber mir selten ihre Meinung anhörte. Ich habe damals versagt. Und dieses Versagen will ich gutmachen, mit jedem einzelnen Tag, den ich noch leben werde. Ich..." Er verstummte erneut, betrachtete stumm seine Hände und seine Kiefermuskeln kontraktierten. "Ich habe Blut an den Händen. Das lässt sich nie wieder fortwaschen. Schlimmer noch, es war mir damals egal. Ich war einem Leben gegenüber gleichgültig. Dies schlug alles auf mich zurück. Ich... Verstehe nun vieles. Ich... Weiß nun vieles. Und ich muss sagen, es ist ein gefährlicheres, aber auch schöneres, besseres Leben. Ich mag es, ein Ninja zu sein. Nun bin ich das Werkzeug."
"Aha. Und warum hat man dich mir zugeteilt, Haru?"
Er lächelte verschmitzt auf die gleiche jungenhafte Art, die mir von ihm berichtet worden war, bevor ich ihn hatte verhaften und einkerkern lassen. Mir war klar, dass manche Frauen darauf ansprachen. "Nun, ich habe darum gebeten, Morikubo-sama."
"Du hast was?"
"Ich habe darum gebeten, der Chunin sein zu dürfen, der dich begleitet."
"Chunin?", fragte ich argwöhnisch und zog eine Augenbraue hoch.
"Ist er immer noch da?", fragte Hanako ungehalten aus ihrem Versteck heraus.
"Chunin. Wie ich schon sagte, das Leben als Shinobi gefällt mir. Es fordert viele meiner Talente und zeigte eine überraschende Neigung zum Leben als Shinobi. Es tut gut, etwas zu tun, was man kann und an seine Grenzen gehen zu können. Manchmal auch darüber hinaus." Er zuckte die Achseln. "Und ich habe darum gebeten, weil du der Shinobi bist, der mich besiegt hat. Mich, Terumi-sama, Kyun-tono, meine Garnison... Selbst Koji-tono. Wenn man wie ich sein altes Leben fortwirft und neu anfängt, sucht man sich andere Lehrer als zuvor. Es war immer mein Wunsch, einmal auf der gleichen Seite wie der Stratege zu stehen, der mich besiegt hat. Nicht, dass ich es ihm schwer gemacht hätte. Aber er hat auch Mei Terumi-sama besiegt, die fünfte Kazekage. Für mich ist dies eine ganz besondere Gelegenheit, Morikubo-sama. Aber das ist noch nicht alles. Mir war klar... Ich meine, ich habe gehofft... Ich hoffte wirklich, bei dieser Gelegenheit Hanako-tono wiedersehen zu können."
"Ich habe dich gesehen! Jetzt geh wieder nach Hause!", murrte sie laut.
"Ich glaube nicht, dass du Chancen bei ihr hast", sagte ich.
Das traf ihn sichtlich. Er errötete stark, und hätte er nach seinen Waffen gegriffen, hätte ich nach meinem Schwert... Ach ja, das hatte ich ja Kira geschenkt. Aber meine Kunai waren immer in Griffreichweite. Doch es war anders. Die Röte kam nicht aus Wut. Es war ein Gefühl der Scham, das ich in seinen Augen sehen konnte. Und es war auch kein Adrenalin, das durch seine Adern jagte. Kishio, der einen halben Schritt zurückgetreten war, um ungehindert seine Waffen zücken zu können, verharrte in der Bewegung und ließ die Hände wieder sinken. Keine Gefahr. Auf sein Urteil konnte ich mich verlassen. Das war also dieses delegieren, eh? Konnte ich mich dran gewöhnen.
"Es ist... Nicht so, als würde ich herkommen und erwarten, dass Hanako-tono in ewiger Liebe zu mir verfällt, kaum dass sie mich sieht. Ich habe mich viel zu sehr wie ein selbstherrlicher, sich überschätzender Idiot verhalten, dass mich irgendjemand lieben könnte..." Seine Worte wogen schwer und klangen ehrlich. "Jene, die mich liebten, meinten meinen Status und mein Geld. Jene, die mich nicht liebten, konnte ich durch meine Macht zwingen. So, wie ich auch Hanako-tono gezwungen habe. Beziehungsweise hätte, wenn mehr Zeit geblieben wäre. Zumindest, bis sich die zarte Blüte in eine tödliche Kunoichi verwandelt hätte."
Diese Erkenntnis ließ mich grinsen. Breit grinsen. Hanakos Hände, die sich in meinen Rücken krallten, schlossen sich vor Genugtuung ein wenig. Auch sie grinste gerade zweifellos. Sie war ja für Schmeicheleien sowas von empfänglich.
"Was also ist es, was du willst?"
Er sah zu Boden. Sah wieder auf. Wieder fort. Erneut zu Boden. "Eine Chance, Morikubo-sama."
"Eine Chance?", echote ich.
Nun sah er mich wieder an. Auch Hana-chan verließ ihr Versteck ein Stück und linste über meine Schulter. "Eine Chance, ja." Er griff sich mit beiden Händen an die Brust. "Ich bin nicht mehr der, der ich vor zwei Jahren war. Harusame, der Neffe des Daimyos, das arrogante Wesen, verdorben durch Macht, Geld und unfähige Berater, ist tot. Unwiderruflich gegangen, seit ich das erste Mal meine Waffen zog, um mein Leben zu verteidigen, ohne, dass jemand anderes dies für mich tat. Es war ein weiter Weg für mich, voller Entbehrungen, voller Anstrengungen und voller Erkenntnis. Ich habe viel geopfert." Er hob die linke Hand. Gut konnte man nun erkennen, dass ihm die obere Fingerkuppe und Teile der ersten Fingerglieder von Zeige-, und Ringfinger fehlten. Wer immer das getan hatte, er hatte einen sauberen Hieb gelandet. Dies war nicht das Werk einer gezielten Verstümmelung, wie die Yakuza, eine Verbrechergruppe im Land der Steine, von jenen ihrer Mitglieder verlangten, die für Fehler sühnen mussten. Dies war ein Schwertstreich gewesen. Ein leises "oh" des Mitgefühls kam von Hana-chan. Als Kunoichi kannte sie sich mit Verletzungen aus. Und mit den Einschränkungen, die sie brachten.
Haru lachte leise. "Der Streich war auf meinen Hals gezielt. Ich kann froh sein, dass es nur ein wenig Finger getroffen hat. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich gewonnen habe."
Nein, das musste er nicht. Nicht mir gegenüber.
"Jedenfalls bin ich jetzt anders. Nicht besser oder klüger oder so etwas. Aber ich habe die Bedeutung der Worte Bitte und Danke gelernt. Auch die Bedeutung der Worte Vergebung und Gnade, weil mir beides zuteil wurde. Vielleicht bin ich jetzt, ah, ein wenig schlauer, aber auf jeden Fall ist Haru ein Mensch, der alles abgelegt hat, was Harusame ausgemacht hat. Bis auf eine Ausnahme."
Ich musste grinsen. Nun ließ der ehemalige Unter-Daimyo die Katze aus dem Sack. Hana-chans Hände krallten sich noch ein wenig fester in meinen Rücken. Sie spürte es auch.
"Was ich nie ablegen konnte, ist die Erinnerung an Hanako-tono. An ihr goldenes Haar, an ihr wunderschönes Gesicht, an ihre..." Er errötete, und für einen Moment spürte ich, wie Hana-chan nach ihrer Waffe griff. Adrenalin rauschte durch ihren Körper, und sie war bereit, jetzt und hier einen Mord zu begehen. "Ihre was?", hakte ich nach. Dies führte dazu, Hana-chans Wut sofort verpuffen zu lassen. "N-nichts! Ist nicht so wichtig!", rief sie. "Sprich weiter, Haru!" Dies war eine Drohung gewesen, und der Kiri-Nin hatte sie wohl verstanden.
"Ich konnte dich nie vergessen, egal was ich je tat in den letzten beiden Jahren. Nicht das wunderschöne Wesen, das feengleich in meinen Palast geschwebt gekommen war, und nicht die knallharte Kunoichi, die mich binnen weniger Augenblicke besiegt hatte. In deinem Zorn, Hanako-tono, bist du noch viel schöner, als..." Verlegen sah er zur Seite. "Ich weiß, dass ich keine Chance gegen Morikubo-sama habe. Nicht in deinem Herzen. Aber wenn ich auch nichts ändern kann, was deine Zukunft betrifft, wenn es kein uns gibt, so will ich doch, dass deine Meinung von mir besser wird. Ich will nicht, dass du von mir nur als jenen Menschen denkst, den du als Harusame kennengelernt hast. Ich bin jetzt Haru, und ich bleibe es, bis ich getötet werde. Bis dahin will ich dienen und schützen, wie es sich für einen Kiri-Nin gehört."
"Aber sie ist doch...", begann ich, doch Hana-chan hängte sich um meinen Hals, wobei sie mich fast erwürgte. Sie küsste mich demonstrativ auf die Wange. "Ja, an Mamo-chan kommst du nie heran, das ist wahr." Okay, da würde jemand einem gewissen Ryu Kaminari eine Menge zu erklären haben.
"Wie ich schon sagte, ich möchte die Chance nutzen, Morikubo-sama zu begleiten, um mich zu beweisen. Und vielleicht um zu verhindern, dass er weiteren Kunoichi... Ich meine, du hast doch schon Hanako-tono, Morikubo-sama, die schönste Frau ganz Konohas. Du musst da doch nicht auch noch mit armen, unschuldigen Kiri-Nin-Herzen spielen."
Nun errötete ich ein wenig. Irgendwie ahnte ich, dass mir diese Geschichte, mit der ich Suirins Leben gerettet hatte, auf genau diese Weise nachhängen würde. Und dies für eine lange, lange Zeit. Mist.
Nun wurde ihr Griff um meinen Hals richtig fest. "Das ist vielleicht keine so dumme Idee, Haru-san." Ich bemerkte wohl, was hier geschah und warum sie mich halb erwürgte. Obwohl sie sich offiziell einen anderen Freund gesucht hatte, war sie eifersüchtig auf das, was ich Suirin angetan hatte - abgesehen davon, dass ich ihr Leben gerettet hatte. Sie sah Haru an. "Wir werden sehen, was passiert. Und je nachdem, was man mir von dir berichten wird, werden wir sehen, ob sich meine Meinung ändert, Haru-san."
Der Kiri-Nin, der mal ein Daimyo gewesen war, nickte erfreut. Er verbeugte sich tief und steif aus der Hüfte. "Vielen Dank für diese Chance, Hanako-tono!" Als er wieder aufsah, war er für eine Sekunde nachdenklich. "Oh, da war ja noch was." Er öffnete seine Chunin-Weste und zog einen flachen Gegenstand hervor. "Dies soll ich dir von der Godaime Kazekage geben, Morikubo-tono. Und ich soll dir herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag wünschen."
Ich nahm das flache Päckchen entgegen und wog es in der Hand. Schwer war es nicht. "Richte Mei-chan... Ich meine Terumi-sama meinen Dank aus."
Ich öffnete das Paket. Es enthielt ein Ninja-Stirnband. Die Seite mit dem Symbol Konohas lag obenauf. Keine schlechte Idee von ihr, denn das Silberstirnband konnte ich nicht mehr lange tragen, ohne es zu beschädigen, und um ein neues hatte ich mich noch nicht gekümmert. Ich nahm das Stirnband auf und drehte es. Auf der Innenseite war auch ein Zeichen angebracht. Die vier kurzen Wellen Kirigakures. Ich stockte. Dies war mehr als ein Geschenk. Es war eine Einladung, mich überall und jederzeit als Kiri-Nin ausgeben zu können. Und dies mit Segen der Kazekage. Es gab nicht viele Geschenke, die man einem Shinobi machen konnte, die solch einen Wert besaßen. "Meinen aufrichtigen, tief empfundenen Dank", fügte ich berührt an. Für einen Moment war ich versucht, Haru auf die Party einzuladen, aber dort hatte er rein gar nichts verloren. Vielleicht nach der gemeinsamen Mission. Eventuell. Ganz vielleicht.
"Unsere Mission beginnt in zwei Tagen. Wo wirst du...?"
"Ich bin Gast der Godaime Hokage", sagte Haru. "Meine Mission erfolgt in direkter Absprache der Kages. Bis wir aufbrechen, werde ich mich meinem Training widmen, Morikubo-sama. Aber ich werde rechtzeitig am Haupttor sein."
Gut, das verschaffte mir zwei Tage Luft. Und er versaute mir meine Geburtstagsfeier nicht. Das war schon mal ein Pluspunkt. Er vergab die Chance, mit Hana-chan Zeit zu verbringen, ob sie wollte oder nicht. Eventuell hatte er sich wirklich verändert. Zum Besseren. Wir würden sehen.
Er verneigte sich erneut. "Ich habe nun einen Termin bei Tsunade-sama. Wenn Ihr mich entschuldigt, Morikubo-sama, Hanako-tono." Er nickte Kishio und Vater zu. "Morikubo-san, Moeru-san." Dann verließ er das Zimmer. Kurz danach ging die Haustür. Er war fort.
"Uff", machte Hana-chan und ließ endlich meinen Hals los. Wie eine Marionette, der man die Schnüre durchgeschnitten hatte, fiel sie auf die Kissen. "Das wäre geschafft. Dies ist wirklich das erste Mal, dass ich froh bin, dass Ryu nicht in Rufweite ist. Ich fürchte, wir hätten uns drum schlagen müssen, wer Haru töten darf."
"Sei dir mal nicht so sicher", sagte ich, schlug die Decke zurück und stand endlich auf. "Ein Quasi-Anfänger, der es in zwei Jahren zum Chunin schafft, hat definitiv etwas auf dem Kasten." Das war nur zu wahr. Ich beschloss, vorsichtig zu sein. Sehr vorsichtig. Vor allem, solange er noch glaubte, ich sei Hana-chans fester Freund. Man konnte ja nie wissen.
"Papapapapapapapapa!" Akira kam in den Raum gelaufen, noch immer in seinem Schlafanzug. Ich nahm ihn auf den Arm. "Her... Herz..." Herzlichen...", half Maria aus, die lächelnd in der Tür stand.
"Herzlichenglückwunsch!" rief er begeistert und umarmte mich.
"Danke sehr, mein Sohn." Ich küsste seine Wange. "Vielen Dank." Das zweite Geschenk des Tages war auch nicht gerade schlecht. Und der Tag hatte noch einiges mehr zu bieten.
***
Der Tag verging wie im Flug mit den Vorbereitungen für die Feier im Gemeinschaftssaal der Nara. Dann trafen die auswärtige Gäste ein. Ich freute mich sehr, als ich einen kräftigen Handschlag mit Ryuji Nekozumi austauschen konnte. Der Riese mit dem überdimensionierten Schwert war in den letzten Jahren einer meiner besten Freunde geworden.
"Es tut gut, dich wiederzusehen, Mamoru", sagte er, Augenblicke bevor er mich mit der Kraft eines Braunbären umarmte. "Und ich habe einiges zu erzählen."
So, wie er es betonte, ging es um die Mission. Interessiert sah ich ihn an. "Ich bin gespannt."
"Das darfst du sein", versprach er. Der große Clansführer reichte Kishio die Hand. "Moeru-sama."
"Nekozumi-sama." Sie schüttelten einander die Hände und lächelten sich grimmig an. Wie es schien, waren sie auch Freunde geworden.
"Hey, kleiner Bruder! Alles klar in Konoha?"
"Omoi!", rief ich erfreut. "Karui! Samui!" Ich eilte auf die drei Kumo-Nin zu und schüttelte ihre Hände. "Willkommen in Konoha. Ist Sensei nicht dabei?"
"Er schickt dir Grüße und ein Geschenk. Aber leider ist er auf einer Mission", erklärte Omoi grinsend. "Lutscher?"
Übergangslos steckte er mir einen der Lollis in den Mund, die er permanent zu lutschen pflegte. Himbeer. Immerhin hatte er Geschmack.
"Ich habe keinen Lutscher. Darf ich trotzdem eintreten?", fragte Kankurou.
Ich wandte mich zum Ratsherrn Sunagakures um. "Natürlich darfst du das, Kan-chan."
"Der Kazekage lässt sich entschuldigen. Er wäre gerne gekommen, aber im Moment kann er Sunagakure nicht verlassen. Es liegt etwas in der Luft", erklärte der schwarzgekleidete Puppenmeister, während wir einander die Hände schüttelten. "Aber er hat dir ein Geschenk gesandt und ich soll dir herzliche Glückwünsche ausrichten."
"Danke, Kan-chan."
"Was denn? Uns begrüßt du gar nicht?", beschwerte sich Lian bei mir.
"Natürlich tue ich das, aber alles geht hier streng nach Reihenfolge. Zuerst der mächtige Ratsherr von Sunagakure, dann seine Schergen", scherzte ich. "Hallo. Schön, euch zu sehen, Lian, Tooma."
Die beiden Suna-Nin begrüßten mich herzlich, obwohl es gar nicht so lange her war, dass wir einander gesehen hatten. Tooma war noch ein Stück größer geworden. Lian auch, wenngleich das nicht die Körpergröße betraf. Und ihr ehemals herbes Gesicht war nun mindestens so hübsch wie das ihrer Mutter. Aber man sagte ja, das nichts eine Frau schöner machte als die Liebe. Und sie und der Puppenspieler Tooma waren heftig ineinander verliebt.
"Ist hier zufällig das Ende der Schlange, um beim mächtigen ewigen Chunin vorstellig zu werden?", fragte eine weitere bekannte Stimme.
Ich sah erfreut zu den Neuankömmlingen herüber. "Amir! Hassin! Khal!" Die drei Jounin aus Tsukigakure kamen rasch näher und begrüßten mich herzlich. Wenn nicht zu meiner Volljährigkeit, wann sonst hätte ich sie einladen sollen?
"Da traut man sich ja gar nicht richtig...", klang eine schüchterne Mädchenstimme zu mir herüber.
"Suzume-chan?" Erfreut eilte ich auf sie zu. "Was bist du gewachsen. Wie bekommt dir der Dienst in der Burg?" Ein scharfer Blick traf den Mann in ihrer Begleitung: Tsuyoshi, ihr Freund, der mittlerweile als Hauptmann diente. "Du behandelst sie doch gut?"
"Alles in Ordnung, Mamoru-san!", sagte er und hob beschwichtigend die Hände. "Ich trage sie auf Händen."
"Nur über Pfützen", scherzte Suzume. "Ich soll schön von Papa und Onee-chan grüßen. Sie ist wieder schwanger, deshalb wollen sie nicht weit reisen."
Papa nannte sie Genta, den ehemaligen Banditen, der Genta-no-Son gegründet und zum Erfolg gemacht hatte, mittlerweile. Wirklich, der Straßenräuber hatte die Kurve gekriegt und sein Leben auf ein besseres Fundament gestellt. "Immerhin du bist hier."
"Und mein Freund." "Ach ja, und dein Freund", sagte ich gespielt säuerlich. Dennoch ging der Offizier einen halben Schritt zurück und lächelte verlegen. Hatte er Angst vor mir? Sehr gut.
"Kommt rein", sagte ich versöhnlich. Damit waren alle Auswärtigen, die ich geladen hatte und die auch hatten kommen können, eingetroffen. Dazu kam noch die Affen, die ich bald beschwören würde, meine Familie - was die Nara einschloss - und einige spezielle Freunde aus Konoha, die schon da waren. Abzüglich einiger Leute, die nicht kommen konnten. Naruto zum Beispiel war auf einer Mission, was ich sehr bedauerte. Aber ansonsten konnte ich mich nicht beklagen. Freudestrahlend folgte ich meinen Gästen in den Saal.

"Mamo-chan, kann ich dich kurz sprechen?", fragte Ryu Kaminari. Er nickte in Richtung der Ecke, wo der Tisch stand, auf dem ich meine Geschenke sammelte. Nicht, dass ich mit vielen gerechnet hatte. Aber für den frühen Nachmittag war er schon gut gefüllt. Eines der Geschenke war von Ryu, Bücher für meine umfangreiche Bibliothek, wie ich vermutete, wenn ich auf Gewicht und Form des Pakets schloss. "Natürlich."
Also stellten wir uns abseits. "Was diesen Haru angeht...", knurrte er.
"Ich bin ganz Ohr."
"Damit das klar ist, Hana-chan gebe ich nicht her. Nicht mal für dich."
"Glasklar." "Wenn dieser Haru sich also was einbildet, wenn er meint, er könnte hintenrum bei ihr landen, komme ich vornerum mit dem Schwert. Ich hoffe, das ist ihm klar."
"Wenn es ihm nicht klar ist, werden wir es ihm klar machen", versprach ich.
Ryus Miene hellte sich auf. "Ich kann mich also auf dich verlassen, Mamo-chan?"
"Natürlich kannst du das. Ich werde nicht zulassen, dass so etwas Dummes passiert wie dass sich ausgerechnet unsere Hana-chan auf so einen Kerl einlässt, keine Sorge."
"Danke. Schlimm genug, dass ich sie mit dir teilen muss", erwiderte er erleichtert, aber auch ein wenig verärgert. "Aber das wusste ich wenigstens vorher."
"Nun." Das machte mich doch ein wenig verlegen. Er hatte ja Recht. Ich schlief nicht mit ihr, das hatte sie nie gewollt, aber wir waren einander noch immer näher als manche Geschwister. Man konnte beinahe sagen, uns gab es nur zusammen. Glücklicherweise war Ryu gut mit mir befreundet, Teufel auch, er war mein bester Freund in Konoha. Allein deshalb konnte es mit ihm und Hanako gut gehen. Zumindest hoffte ich das, als Balsam für mein Ego. Im Umkehrschluss gab es für Hanako einen ewigen Chunin gratis obendrauf. Auch das wusste Ryu nur zu gut.
Ich klopfte ihm auf die Schulter. "Keine Sorge, ich bin bei dir."
"Ich weiß", erwiderte Ryu. "Und ich weiß das zu schätzen."

"Wo ist denn das Geburtstagskind?", klang hinter uns die Stimme der Hokage auf.
"Hier, Tsunade-sama!" Ich lächelte erfreut und kam zur Tür. Dort stand sie, begleitet von Shizune, wie immer, eigentlich. Sogar Buta-kun, das kleine Schweinchen, war dabei. "Danke, dass Ihr gekommen seid."
"Danke für die Einladung, Mamo-chan", sagte Shizune verschmitzt lächelnd. Das Schweinchen grunzte bestätigend.
"Kommt doch rein", bat ich.
"Langsam, langsam. Zuerst ist dein Geschenk dran. Mal sehen. Das letzte Mal habe ich dir zum Geburtstag ein ANBU-Team geschenkt", sagte sie nachdenklich, auf die Geschehnisse in Suna anspielend. "Was also kann ich dir dieses Jahr schenken?"
"Alleine deine Anwesenheit ist bereits Geschenk genug, Tsunade-sama", erwiderte ich.
"Galante Antwort. Aber ich habe schon etwas ausgesucht." Sie überreichte mir zwei Schriftrollen, die sie von Shizune übernahm. "Deine offizielle Akkreditierung als Tokubetsu Jounin Konohas inklusive einer temporären diplomatischen Immunität, die du im Yuki no Kuni eventuell gebrauchen kannst."
"Danke, Tsunade-sama." Diplomatische Immunität? Für einen Ninja? Wusste sie etwas, was sie mir noch nicht mitteilen wollte? Ahnte sie etwas? Gab es ein Problem? Mit gemischten Gefühlen nahm ich beides entgegen. Immerhin, ich dachte nicht länger über die Akkreditierung als Jounin nach und beschäftigte mich mehr mit der Immunität.
"Wenn du schon dabei bist, Geschenke auszupacken, dann mach unseres doch auch gleich auf." Kira grinste wie ein Honigkuchenpferd. Er, Shinji und Mai standen hinter mir und hielten mir das Päckchen entgegen, mit dem sie gekommen waren.
"Gut, gut." Ich öffnete es und fand zu meiner Verwunderung ein Buch und eine Vase mit Steckmoos. "Nanu?"
"Du hast zwar keine Ambitionen, mal Hokage zu werden", erklärte Shinji grinsend, "aber falls du dich doch mal dazu entschließen solltest, musst du Ikebana erlernen, die Kunst des Blumensteckens. Das scheint eine Grundvoraussetzung zu sein, wenn man Kage werden will."
Tsunade-sama lachte schallend. "Eine sehr gute Idee. Soll ich dir ein paar Stunden geben, Mamo-chan?"
Innerlich amüsiert, aber nach außen säuerlich sah ich mir das Geschenk an. "Danke, Tsunade-sama. Die werde ich jetzt wohl auch nötig haben."
Meine Genin grinsten dabei von einem Ohr zum anderen. "Nicht, dass ich wirklich Hokage werden will, oder so."

"Wenn du schon mal dabei bist... Hier, bitte."
Ich nahm das kleine Paket aus Shinpachis Händen entgegen. Es war eine Kreuzvorrichtung für den Rücken, mit der man zwei Schwerter tragen konnte. Ein übliches Gimmick unter Shinobi. Dieses hier war aus schwarzem Holz gefertigt, geschliffen, lackiert und dann an den entscheidenden Stellen mit geschwärztem Stahl beschlagen worden.
"Selbstgemacht?"
Shinpachi schmunzelte. "So gut bin ich dann doch nicht. Aber ich habe darauf geachtet, dass es die beste Arbeit Konohas ist."
Ich fühlte mich sehr bewegt. Die Sache hatte nur einen Haken. Ich trug nur ein Schwert. Wenn ich denn eines hatte. Aber diesen Einwand zu bringen wäre nicht nett gewesen. Es war schlimm genug, das Shinpa-chan es in meinen Gedanken lesen konnte. Aber warum grinste er dann noch immer?
"Mein Geschenk ist leider auch nicht selbstgemacht und nicht neu", sagte Kishio bescheiden. Er breitete eine Beschwörungsrolle neben sich aus, berührte einen der Versieglungskreise mit einer Hand und hob die andere. "Kai." Die Versieglung brach auf. Hervor kamen zwei Schwerter, kunstvoll gearbeitete, mattierte Waffen, nur etwas kürzer als ein Katana, etwas länger als das übliche Ninja-Schwert. Augenscheinlich für einen Mann gearbeitet, der größer als der durchschnittliche Ninja war. Also perfekt für mich. Ich betrachtete die Ornamente auf den lackierten Scheiden für einen Moment und erkannte mehrfach jene Symbole, mit denen sich Moeru für bestandene Prüfungen zu tätowieren pflegten. Kishio nahm beide Waffen auf und bot sie mir einzeln, in jeder Faust eines an der Scheide gepackt, die Griffe nach innen zeigend dar. "Ich habe sie überarbeiten und schärfen lassen. Sie sind sofort einsatzbereit." Er lächelte seinen großen Bruder an. "Wir haben bei dem Geschenk zusammengearbeitet, Nii-chan."
Ich nahm die beiden Waffen entgegen. Ich zog sie kurz einzeln ein Stück aus den Scheiden. Es waren schöne, gut austarierte und mattierte Klingen, die... Ich stutzte, als ich einen winzigen Gedankenfetzen Kishios erwischte, den er zu unterdrücken gedacht hatte. Es war der Blick auf eine verbrannte Hütte, begleitet vom Gestank von verbranntem Holz und verschmorten Fleisch, und ich sah junge Hände in der noch warmen Asche arbeiten, um zu einem Versteck im Boden zu gelangen. Kishio hatte diese Waffen aus den Trümmern seines Dorfes gerettet. Mehr noch, ein noch flüchtigerer Gedanke ließ mich diese Schwerter an einem voll ausgerüsteten Shinobi mit bereits ergrauten Haaren erkennen, der Kishio und Shinpachi verdammt ähnlich sah. Ich verstand. Ich verstand wirklich.
"Das kann ich nicht annehmen", sagte ich mit versagender Stimme.
"Du hast sie doch schon angenommen, Aniki", sagte Kishio lächelnd.
"Aber dies sind die Waffen deines Großvaters, und..."
"Es sind Waffen. Waffen wollen benutzt werden. Und für mich sind sie zu lang und Shinpachi ist kein Schwertkämpfer für zwei Klingen. Außerdem will ich, dass sie in der Familie bleiben."
Ich war gerührt, hatte einen Kloß im Hals. "Danke", sagte ich und schloss die Hände fester um die Waffen. Um meine Waffen. Ich steckte sie in die Halterung und platzierte diese dann auf dem Geschenktisch. Für die Reise ins Yuki no Kuni würde ich sie bereits tragen. Ob Kishio und Shinpachi wussten, welche Last sie mir damit aufgebürdet hatten?
Egal. "Lasst uns feiern", sagte ich fröhlich.
Leider ging das nicht, denn nun bestanden meine anderen Gäste darauf, dass ich ihre Geschenke öffnete. Und gerade kamen weitere Gäste aus Konoha an.
***

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Der Höhepunkt der Party war die Ankunft der anderen auswärtigen Gäste. Anne, Shinji und ich beschworen mit unseren Kontrakten drei Affen: Ich den König selbst, Anne ihren erklärten Liebling Ryoga und Shinji schaffte es erstaunlicherweise, Kodachi Kuno zu beschwören, die schwarze Rose der Affen, eine Frau, wegen der man überhaupt erst festgestellt hatte, dass Rosen Dornen haben...
Die drei Affen beschworen weitere Affenkrieger, sodass wir schnell auf insgesamt zwölf geladene Gäste vom Affenberg kamen. Anschließend wandten Kira und ich uns der zweiten Pflicht zu. Wir beschworen unsere Spinnen-Kontraktpartner. Kuzomi war ja bereits in Konoha, und wie immer wenn sie hier war, Kira nicht von der Seite gewichen. Also beschwor ich Kuzoko, ihren Vater und Wesir der Affen Kageji, sowie ihre Mutter und Clansführerin Hino Kuzokami. Kira gelang es, Kuzoro zu beschwören, den zweitältesten Bruder Kuzomis, der in den vergangenen neun Monaten mehrmals mit uns trainiert hatte. Ein feiner Kerl, der sich auf eine Kombination von Erd-Jutsu mit der so typischen Spinnenseide seines Clans spezialisiert hat, die uns... Nun, ich schweife ab.
Auf jeden Fall wurde die Party ab hier sehr lebhaft. Und wenn ich zuvor Bedenken gegen eine große Feier gehabt hatte, waren sie hier widerlegt. Es machte Spaß, zu sehen, wie die Menschen, die mir etwas bedeuteten, so viel Spaß miteinander hatten. Beinahe waren wir eine große Familie. Größer, als der Nara-Clan mit der Morikubo/Moeru-Unterabteilung ohnehin schon war. Aber der Spaß war nicht das Einzige, was mich an diesem Abend erwartete. Das merkte ich, als Shikaku-jii mich nach zwei Stunden kurz nach dem Essen in ein Nebenzimmer bat.

"Eines wirst du sehr bald merken, Mamo-chan", sagte er gut gelaunt, und das machte mich misstrauisch, "solche Feiern sind nicht nur Feiern, sondern auch erstklassige Gelegenheiten für Hinterzimmer-Vereinbarungen. Und wir sind gerade auf dem Weg zu solch einer Vereinbarung."
Dies waren seine Worte, bevor er die Tür zum nächsten Raum öffnete. Was mich erwartete, erstaunte mich. Es waren Hitomi und Shouta Kobashi, Mais Eltern.
"Also, jetzt wird es interessant", murmelte ich und ließ mich neben Shikaku auf einer Tatami nieder.
Hitomi-san war eindeutig die Wortführerin in dieser Geschichte, wie immer sie sich entwickeln wollte. Das merkte ich daran, dass sie ein Stück vor ihrem Mann saß. Warum, wieso, weshalb? Ich würde es merken. Bald. Und ob es mir gefallen würde, war vollkommen offen. Wie Recht ich damals hatte...
Hitomi verbeugte sich vor mir. "Mamoru-tono, als Kameradin, als Kunoichi und als ehemalige stolze Kriegerin Konohas bin ich hier, um Verzeihung zu erbitten."
Erst jetzt fiel mir auf, das Shinpachi ebenfalls im Raum war. Er hatte sein Chakra gelöscht und stand unauffällig neben einem Schrank. Der Verdacht kam mir, dass man den Schrank extra in den Raum geschafft hatte, damit er im Halbschatten stehen konnte - verdammter Poser. Wenigstens brachte mich das innerlich zum Lächeln.
"Verzeihung wofür?", fragte ich verwirrt.
Hitomi zog eine Augenbraue hoch. "Hat Kishio-kun nichts erzählt?"
"Nein", gestand ich ehrlich. Ich sah zu Shinpachi herüber, der aber nur den Kopf schüttelte.
Sie griff in die Brusttasche ihrer Kombination und zog einen Stapel Zettel hervor. "Diese Nachrichten habe ich direkt erhalten oder von anderen bekommen, als ich nachgefragt habe. Unter ihnen Kiras und Shinjis Eltern. Wobei Shinjis Eltern die meisten Zettel direkt nach dem Empfang weggeworfen haben. Hätte ich es auch mal so gehalten."
Ich sah sie an, die leichte Zornesröte auf ihren Wangen und den Ärger in ihrem Blick. Das war merkwürdig. Also griff ich nach den Zetteln und begann sie zu lesen. Und jeder Zettel machte mich wütend und wütender. Als ich damit fertig war, verbrannte ich das Papier spontan in meiner Hand. Vielleicht mit einer etwas zu heißen Flamme, denn Shikaku rückte ein Stück von mir ab. "Hooo, ruhig, Großer, ruhig."
Ich knirschte mit den Zähnen. Das, was auf den Zetteln gestanden hatte, war ungeheuerlich gewesen. "Gewiss, Kishio hat ein schweres Leben hinter sich, war auf sich gestellt und musste alleine überleben. Er hat Härten erlebt, die mancher Jounin nicht hinter sich bringen musste und Greuel gesehen, die kaum jemand ertragen kann. Aber ich kenne niemandem, der sich trotz all der Verletzungen, körperlich wie seelisch, so sehr sein Herz bewahrt hat, seine Freundlichkeit und seine Liebe. Man sollte meinen, jemand, der so hintergangen, verraten und missbraucht wurde, wäre dazu nicht mehr fähig, aber Kishio gibt jedem seine Chance. Was soll also dieser Mist mit er wäre ein Monster und würde Mai missbrauchen und wegwerfen, und dem anderen Dreck? Woher hast du diese Zettel, Hitomi?"
Wenn sie erstaunt war, dass ich ihren Namen ohne Suffix benutzte, zeigte sie es nicht. Stattdessen verneigte sie sich wieder leicht. "Ich habe sie erhalten, indem sie mir unter der Tür durchgeschoben wurden. Was aber schlimmer ist, ich habe sie geglaubt."
Ich spürte förmlich, wie sich Shinpa-chan versteifte und zugleich anspannte. Auch ich selbst spürte Ärger in mir aufwallen.
"Es ist nichts passiert", beeilte sich Hitomi Kobashi zu sagen, "aber ich war beim letzten Besuch Kishios etwas sehr rau zu ihm und stellte Fragen, die weit über das hinaus gegangen sind, was meine Sorgen erlaubt hätten. Zudem handelte ich gegen besseres Wissen. Ich hatte geglaubt, wollte wirklich glauben, er hätte uns, er hätte mich täuschen können. Ich hatte glauben wollen, dass er ein Monster sein konnte."
"WAS, BITTE?", rief ich entrüstet. Laut und heftig genug, dass Hitomi die Augen schloss. Kurz glaubte ich gar ihre Haare nach hinten wehen zu sehen.
"Aber ich bin eine Mutter!", begehrte sie auf. "Wenn ich mein armes Baby nicht beschütze, wer tut es dann?"
Shouta räusperte sich vernehmlich und amüsiert, aber Hitomi ignorierte ihn.
"Beschütze vor was?", hakte ich nach.
Nun zog sie einen regelrechten Schmollmund. "Natürlich davor, dass er mir mein Baby wegnimmt."
Ich versuchte, mir meine Überraschung nicht ansehen zu lassen. Kurz ging mein Blick zu Shinpachi, der, wie ich nur zu gut wusste, zur Zeit mehr mit Kishio tat als sein großer Bruder zu sein. Ein kurzer Gedanke erreichte mich von ihm. Es war ein verlegenes Gefühl, das mich darauf hinwies, dass Kishio gerade nicht mithörte, weil er sich abgekapselt hatte. Vermutlich waren ihm die Party, die vielen Leute und die Stadt wieder zuviel geworden und er hatte die Ruhe und die Einsamkeit gesucht. Das kam mir recht gelegen. Über die Verbindung der beiden würde Kishio eh erfahren, was hier gesprochen werden würde, aber ich fand es gut, dass ich es vorab erzählt bekam. Danach konnte ich mich auf die Reaktion des jungen Moerus vorbereiten, sie mildern oder unterstützen.
"Äh, Hitomi-san, bevor du dich da zu sehr reinsteigerst, ich dachte auch, Mai und Kicchan... Aber Shinpachi und er sind... Nun..."
"Das weiß ich", sagte sie. "Aber wir sollten dabei die Realität der Dinge nicht aus den Augen verlieren, Shinpachi-san. Ihr seid beide Männer. Und Männer alleine gründen keinen Clan neu."
Das war ein verdammt gut zutreffendes Argument, wie ich fand. Woher sie das allerdings wusste, oder ob sie es schlicht und einfach ins Blaue geschossen hatte, verriet sie nicht. Vielleicht hatte sie auch einfach nur gutes Einfühlungsvermögen in die menschliche Psyche. Immerhin war sie in ihrer aktiven Zeit eine Kameradin meiner Mutter gewesen, eine aktive und bekannte Medi-Nin.
"Und wenn wir ganz ehrlich miteinander sind und keine Scheuklappen aufsetzen, dann ist es doch offensichtlich, dass Mai bis über beide Ohren in Kishio-san verliebt ist."
"Mehr als offensichtlich", sagte der ältere Moeru. Dies tat er ohne Ärger, Neid oder Abwehr.
"Und wenn wir auch ganz ehrlich sind, dann ist Kishio-san zumindest nicht abgeneigt. Im Gegenteil. Ich denke, er mag Mai mehr, als er selbst zuerkennt."
"Moment mal, moment!" Mein Blick ging zu Shikaku. "Wohin führt dieses Gespräch, Shikaku-jii?"
"Zu einer Hinterzimmerverhandlung, Mamoru."
Ich fixierte Mais Mutter. "Zu einer Hinterzimmerverhandlung? Ohne die beiden Hauptprotagonisten?"
"Zu einer Hinterzimmerabsprache", beschwichtigte Mais Mutter. "Zu einem gegenseitigen Abklopfen, um... ah, Möglichkeiten aufzutun. Um Meinungen zu erfahren." Sie sah zu Shinpachi herüber und deutete eine Verneigung an. "Ich sage ja nicht, dass was aus den beiden werden wird oder muss. Ich sage ja auch nicht, dass das automatisch bedeutet, dass Shinpachi außen vor gestellt wird. Ich meine, wir sind hier in Konoha, und hier darf eigentlich jeder leben, wie er oder sie es für richtig hält. Du kennst Puny-sama, oder, Mamoru?"
Was für eine Frage. Ich nickte ihr zu als Zeichen dafür, fortzufahren.
"Was ich sagen will, ist, dass Kishio no Moeru seinen Clan neu gründen will und muss. Das hat keine Auswirkungen darauf, wen er liebt und mit wem er schläft. Wenn es aber jemand ist, den er ohnehin mag, den er vielleicht sogar liebt, dann sind das zwei Fliegen mit einem Kunai erwischen. Abgesehen wird Shinpachi-san sich selbst auch darum kümmern müssen, den Bestand an Moerus in der Welt zu vergrößern, oder?"
Ich spürte eine Welle der Verlegenheit von meinem anerkannten älteren Bruder kommen. Anscheinend hatte er darüber selbst schon nachgedacht, aber keine Antwort für sich gefunden.
"Was also ist dein Fazit, Hitomi?"
Sie wechselte einen Blick mit ihrem Ehemann, der nun bis über beide Ohren grinste. Mir war plötzlich klar, dass er seiner Frau den Kopf gewaschen haben musste.
"Nun", sagte sie leicht verlegen, "niemand kann sagen, ob und wie lange diese Gefühle der beiden füreinander Bestand haben. Niemand kann sagen, was im nächsten Jahr ist. Aber man kann sagen, dass... Eine Verbindung der Kobashis und der Moerus eine nicht gerade schlechte Verbindung wäre. Die Moerus sind hervorragende Shinobi, und sie werden in und für Konoha trotz ihrer kleinen Zahl Großes leisten. Zudem habe ich mir selbst eingestanden, was an meinen Vorwürfen an Kishio-san aufgrund der Zettel dran war - nämlich nichts. Ich hätte mir selbst mehr trauen sollen. Was ich aber nicht getan habe, weil ich meine Tochter nicht loslassen wollte." Sie schwieg einen Moment, ballte die Hände im Schoß zu Fäusten. "Aber ich will nicht enden wie meine eigene Mutter. Als ich an der Reihe war, mein eigenes Leben zu leben, war sie sehr gegen die Verbindung mit Shouta. Das war mir egal, und auch wenn es schwer war, wir haben unser gemeinsames Leben ohne die Hilfe meiner Familie aufgebaut. Noch heute reden wir nicht miteinander, aber ich stehe zu meiner Entscheidung. Ich will nicht eines Tages so für Mai dastehen. Lieber lasse ich sie scheitern oder erfolgreich sein."
Scheitern schien dabei ihre Lieblingsmöglichkeit zu sein, aber ich hütete mich davor, dies auszusprechen. "Was also schlägst du vor, Hitomi?"
Sie schnaubte amüsiert. "Ein wenig Handfestigkeit in die Geschichte zu bringen, wenn Shinpachi-san nichts dagegen hat. Du bist Kishios Herr, nicht, Mamoru-san?"
"Solange er sich an mich gebunden fühlt. Aber ich bin mir sicher, dass er mir über Claninterna keine Entscheidungsbefugnis einräumen wird. Vielleicht sucht er meinen Rat, aber meinen Befehl?"
"Und wenn es nur um ihn selbst geht?"
Ich schmunzelte. "Noch bin ich mir sicher, dass er mich da anhören wird und meinem Wort Gewicht gibt. Ja, vielleicht macht mich das zu Kishios Herrn, aber ich bin lieber sein großer Bruder."
Hitomi schnaubte trotzig. "Dann bitte ich dich als Kishios Herrn darum, einer Verlobung mit meiner Tochter zuzustimmen."
Erschrocken fuhr ich zusammen. Shinpachi fuhr auf. Shikaku hätte sich fast gekringelt vor Vergnügen.
"Äh, was, bitte?"
"Wenn Shinpachi-san nichts dagegen hat", fügte sie an.
Ich warf dem Moeru wieder einen schnellen Blick zu, aber da war kein Widerstand, nur Neugierde. Letztendlich hatte Hitomi in zwei Punkten Recht. Kishio mochte Mai wirklich gerne, und Shinpachi und er konnten keine Kinder kriegen, nur zeugen. "Das klingt sehr interessant."
"Nur, um den beiden eine Möglichkeit zu geben, einander näher zu kommen", sagte Hitomi schnell. "Ich meine, Mai sitzt stundenlang da und schreibt ihm Briefe, die sie nie abschickt, und er hält sie halbnackt in den Armen und denkt nicht mal daran, dass sie eine Frau ist, obwohl er sich für sie vor ein geworfenes Shuriken stellen würde. Kannst du das noch mit ansehen, Mamoru-san?"
Okay, damit hatte sie einen Nerv getroffen. "Rede weiter, bitte."
"Wir verkaufen es ihnen als Mittel, die Teamarbeit zu verbessern und die Moerus noch mehr an Konoha zu binden. Wenn es nicht funktioniert, können sie in ein oder zwei Jahren die Verlobung selbst auflösen. Aber wenn es funktioniert, richtig funktioniert, dann..."
Dann war sie die Großmutter des künftigen Clanschef der Moerus. Wie überaus interessant.
"Shinpa-chan?"
"Sie hat Recht", sagte der Moeru. "Mit so ziemlich allem. Aber kann Mai damit leben, dass... Kishio und ich..."
Für einen Moment dachte ich an einen gewissen Strand, an vier lauschende Mädchen, während Kishio und ich Chakra und seine sensorischen Fähigkeiten geteilt hatten... "Ich denke, sie kann dem Szenario positive Aspekte abgewinnen", sagte ich mit einem Hauch Amüsement in der Stimme. Und was darüber hinaus passierte, war nicht meine Angelegenheit.
"Sind wir uns da also einig, Mamoru-san?"
"Also gut", sagte ich und erhob mich. "Eine Verlobung also, begrenzt auf zwei Jahre, an deren Ende entweder die Auflösung oder die Verlängerung oder gar eine Hochzeit steht." Mist, das erinnerte mich wieder an meine eigenen Sorgen und Probleme. "Dann ist Kishio achtzehn und rechtlich in der Lage, zu heiraten. Allerdings ist das eine Sache, die wir weder ihm noch Mai aufzwingen sollten. Wir werden sie fragen müssen." Andererseits war es an der Zeit für meinen kleinen Bruder, etwas Glück zu finden. Das war eine Sache, die ich ihm vor allen andern Dingen in dieser Welt gönnte. Ihm, und natürlich Mai. Und ich war sicher, dass diese Familie, dieser Clan - der kleinste Konohas - sehr glücklich werden konnte. Die Idee hatte etwas, und das Herumgeeiere der beiden umeinander hatte dann auch ein Ende - wenn sich die Moerus und Mai arrangieren konnten, hieß das.
"Ach ja, noch etwas", sagte Hitomi unvermittelt. "Die Sache mit den Briefen, die Mai schreibt und nie abschickt... Das bleibt unter uns, okay?"
Ich schmunzelte. "Versprochen. Und wann setzen wir unsere kleine Verschwörung in die Tat um?"
Shikaku klopfte mir auf die Schulter. "Heute nicht mehr, Mamo-chan. Dies ist dein Abend. Da hast du es schon schwer genug."
Und er hatte verdammt noch mal damit Recht. "Aber fragen sollten wir die zwei trotzdem heute noch. Shinpa-chan?"
Der ältere Moeru - immerhin zwei Jahre hatte er mir voraus - schüttelte unwillig den Kopf. "Er schottet sich immer noch ab, Mamo-chan. Sein Kanshi ist zu stark. Ich kann nicht so einfach in seines einbrechen wie er es in meines könnte, um zu sehen, wo er gerade ist. Abgesehen davon, dass er es mir übel nehmen würde." Er stieß sich von der Wand ab. "Gehen wir ihn suchen, Otouto. Setzen wir das Gespräch in einer Stunde fort?"
Hitomi und ihr Mann erhoben sich ebenfalls. "Wir gehen Mai suchen. In einer Stunde, einverstanden."
Ich nickte bestätigend. Wenn das funktionierte - sobald das funktionierte, da war ich mir sehr sicher, würde sich einiges in Kishios Leben voran bewegen. Positiv gesehen.
***
"Mamoru-san, hast du Zeit für mich?", empfing mich Kuzoko, kaum, dass ich als Letzter das "Hinterzimmer" verlassen hatte. Da grübelte ich noch darüber nach, wie ich diese bahnbrechende, lebenverändernde Neuigkeit am Besten Mai-chan - und vor allem Kicchan - schmackhaft machen konnte, da stand augenscheinlich schon das nächste Thema an.
"Natürlich, Kuzoko-chan. Worum geht es denn?"
Die junge Spinnenfrau biss sich auf die Unterlippe. "Es... Es ist sehr persönlich. Wenn du vielleicht..."
Ich warf Shinpachi einen kurzen, fragenden Blick zu. Der ältere Moeru nickte. "Ich suche alleine. Tu du, was du tun musst, Otouto."
Ich nickte und hielt dem Spinnenmädchen die Tür zum Hinterzimmer auf. Nach ihr ging ich zurück in den Raum.
Sie ließ sich auf der Tatami nieder, auf der zuvor Hitomi gesessen hatte. Ich nahm ihr gegenüber Platz. Ihre Verlegenheit, ihre vollkommen offensichtliche Verlegenheit, war ihr sehr gut anzusehen. Die Röte in ihren Wangen sagte darüber genug aus. Mir schwante Übles.
"Möchtest du etwas trinken?"
"Habe ich schon", erwiderte sie und hielt sich eine Hand vor den Mund. Dennoch bemerkte ich einen Hauch Sake in ihrem Atem. "Sonst könnte ich das gar nicht."
"Aha." Sie hatte sich Mut angetrunken. Meine Ahnungen verstärkten sich. "Nun sag schon, worum geht es, Kuzoko-chan?"
Sie sah fort. Ihre gebräunten Wangen wurden von heftiger Röte geziert. Eigentlich ein sehr hübscher Anblick, wie ich fand. Wofür ich mich aber sofort wieder tadelte.
"Wie geht es dem Bizeps? Alles in Ordnung?", fragte ich, um ihr Gelegenheit zu geben, sich wieder zu fangen.
Sie nickte und zeigte mir erneut die feine, weiße Narbe. "Wirklich, es ist alles in Ordnung. Wir haben die Muskelfasern, die Sehnen und die Gefäße mit Spinnenseide vernäht. Das ist besser als eine reine Chakra-Heilung. Man ist quasi sofort wieder einsatzbereit. Es gibt halt nur ein paar unschöne Schwellungen, die ein paar Tage brauchen, um zu verschwinden. Blut und andere Körpersäfte, die in geprelltes Gewebe einsickern. Jeder gute Medi-Nin hat das aber im Griff." Sie sah auf und lächelte. "Ich bereue es nicht."
Tatsächlich hatte sie mich dadurch, dass sie zwischen mich und den Streich gegen meinen Rücken gegangen war, wahrscheinlich vor einer schlimmen Verletzung, vielleicht dem Tod bewahrt. Ich hatte ihr erzählt, dass ich das Gleiche für Omoi getan hatte, und sie hatte gelacht und gesagt, wie ähnlich wir uns doch wären. "Und ich bin dir immer noch dankbar dafür."
"Hai, Tai-sho", sagte sie mit einem frechen Grinsen, legte die rechte Faust in die linke Handfläche und verbeugte sich.
Ich erwiderte die Geste mit einer kürzeren Verbeugung. Dann lachten wir gemeinsam.
Wieder sah sie verlegen fort. "Ich habe es dir nie leicht gemacht, oder? Was war ich gemein zu dir, als Mutter dich eingeladen hatte, um den Kontrakt mit Kira-chan abzusprechen. Was habe ich dich unfair behandelt... Aber ehrlich, ich wollte nur meine süße kleine Schwester beschützen. Damals kannte ich dich noch nicht so wie jetzt. Damals schätzte ich dich noch nicht. Damals habe ich..."
Ich erhob mich. "An dieser Stelle sollte ich vielleicht Karin, Maria und P-chan hinzu holen."
Entgeistert sah sie mich an. "Wieso das denn?"
Konsterniert hielt ich inne. "Nun, wenn es darum geht, was ich vermute, wirst du mit den dreien reden müssen, weil..."
"Hä?" Ihr Blick war ein einziges Fragezeichen. "Wieso soll ich Karin-sempai und die... Ach so! Der Mamo-Pakt! Ich habe davon gehört." Übergangslos begann sie zu lachen. Sie lachte so sehr, dass sie sich mit beiden Händen den Bauch hielt und dabei vorneüber beugte. Dies tat sie fast zwei Minuten lang, und ich fühlte mich peinlich berührt, ja, ausgelacht.
"Setz dich bitte wieder, Mamoru-nii", sagte sie nach einem letzten Glucksen. In ihren Augen brannte der Schalk, während ich mich gehorsam wieder niederließ.
"Du solltest wissen", begann sie, "dass du durchaus ein hübscher kleiner Teufel bist. Ich verstehe, dass die Frauen dir nachlaufen, dass manche sogar einen eigenen Pakt gründen, nur um die Zahl deiner Verehrerinnen überschaubar zu halten. Und ich kann Suirin verstehen, wenn sie so Hals über Kopf... Nun, deine Persönlichkeit macht es auch leicht, dir zu verfallen. Deshalb mag ich dich ja auch so sehr, Mamoru-nii."
"Mögen?", fragte ich, nur leidlich erstaunt. Nach dem Lachanfall war mir klar, dass sie mir keine Liebeserklärung machen würde und sie auch nicht in den Mamo-Pakt aufgenommen werden wollte.
"Nein, das ist vielleicht nicht ganz richtig. Besser ist wohl wirklich, dass ich dich liebe, Mamoru-nii. Aber eben nur wie einen großen Bruder, wie jemanden, der mir so wichtig ist wie meine eigene Familie. Was jedoch das andere angeht..." Sie wiegte den Kopf. "Wir bringe ich dir das bei? Ich gehe nicht in diese Richtung, Mamoru-nii. Ich bin mehr so der Frauentyp."
"Was, bitte?"
"Ich liebe Frauen, keine Männer. Zumindest in der Hinsicht. Sie sind weicher, zarter, reinlicher, zurückhaltender und viel sanfter als Männer." Sie schüttelte sich kurz. "Die meisten zumindest."
"Was für ein Verlust für die Männerwelt", erwiderte ich, einfach um irgendetwas zu sagen.
"Das sehen die Frauen auch so", erwiderte sie grinsend. "Und das ist auch gut so."
Nun, was soll ich lange lamentieren, ich brauchte ein paar Minuten, um das Gehörte zu verdauen. Kuzoko benutzte die Zeit, um mir gehörig den Kopf zu waschen.
"Du darfst halt nicht denken, das alles, was einen Busen hat, dir automatisch verfällt. Nicht jeder ist so leicht zu begeistern wie Suirin, und Konoha hat noch mehr hübsche Teufel zu bieten als dich alleine. Und viele Frauen stehen auch auf den herberen Typen wie Asuma, der cool an seiner Zigarette zieht, bevor er ein Dutzend Gegner auf einen Schlag platt macht. Oder sie stehen mehr auf den androgynen Mann, den Typ Kishio. Was ich sagen will, ist, dass dir die wenigsten Frauen sofort oder auf lange Sicht verfallen werden. Das liegt nicht nur am Mamo-Pakt, mein Bester, sondern auch daran, dass du vielen Frauen schlicht egal bist."
Okay, das war hart zu verdauen. Zwar entsprach es vollkommen der Realität, aber es gesagt zu bekommen war eine andere Sache.
"Bist du deswegen gekommen? Um mich zu erden und um mir zu verraten, dass du die gleichgeschlechtliche Liebe bevorzugst?"
"Nein, natürlich nicht. Das hat sich so ergeben. Weshalb ich tatsächlich gekommen bin, das hat einzig und allein mit meinem Verhalten dir gegenüber zu tun." Sie streckte mir die Hand aus. "Ich wollte dich bitten, mein Freund zu werden. Etwas, was ich von Anfang an hätte tun sollen, anstatt mir einen so schweren Start mit dir aufzubürden. Damals wusste ich schon, dass du es wert bist, aber ich bin ein sturer Mensch und ich wollte Kuzomi-chan beschützen... Du kennst das ja."
Ich ergriff ihre Hand und drückte sie. "Du musst mich nicht um Selbstverständlichkeiten bitten, Kuzoko-chan."
"Ich weiß. Aber ich wollte es aussprechen, Mamoru-nii. Und damit sind wir auch schon beim nächsten Thema. Ich will deine kleine Schwester sein."
"Und damit auf die gleiche Stufe kommen wie Anne-chan und Suzume-chan?"
"Vor allem, um unser Band zu festigen." Die junge Spinnenfrau beugte sich vor und gab mir einen kurzen Kuss auf die Wange.
"Keine Einwände", sagte ich.
"Dann ist ja gut." Kuzoko erhob sich. Sie ging zur Tür und wandte sich dort noch einmal um. "Das hast du übrigens erstaunlich gut verdaut, Mamo-nii. Das habe ich nicht erwartet."
Ich seufzte, während ich mich erhob, um ihr zu folgen. "Glaub es oder glaub es nicht, bis ich sechzehn war, war ich der größte Liebesgrobmotoriker Konohas. Damals war es für mich vollkommen normal, dass Frauen mich als Bruder-Ersatz ansahen. Du kannst meine Überraschung verstehen, als ich lernte, das es noch etwas darüber hinaus gibt. Allerdings habe ich nie geglaubt, dass mir alle Frauen auf dieser Welt zu Füßen liegen würden." Ich grinste frech. "Höchstens achtzig Prozent."
Kuzoko lachte glockenhell, bevor sie trocken erwiderte: "Auf sechzig lasse ich mich hochhandeln."
Wir sahen und an und lachten diesmal gemeinsam. Zumindest der Bereich meines Lebens war derzeit im Lot. Aber ich ahnte, dass die Tage im Kuni no Yuki einiges daran ändern würden.
***
"Das ist es also?", brauste Kishio auf. Mit vor Zorn blitzenden Augen sah er mich an. "Das ist es, was du willst? Nun gut, du sollst es bekommen! Hai, Tai-sho!"
Verwirrt sah ich ihn an. "Kicchan, es ist nur ein Vorschlag..."
"NATÜRLICH ist es nur ein Vorschlag!", sagte er in ätzendem Tonfall, giftig genug, dass selbst Hitomi und Shouta verblüfft dreinsahen. Von Mai, die neben ihren Eltern hockte, gar nicht erst zu reden. Ihr standen Unverständnis und Entsetzen ins Gesicht geschrieben. "Es ist IMMER nur ein Vorschlag! Großvater hat NUR Vorschläge gemacht! Und dann hat er erwartet, dass sie schnellstens und so korrekt wie möglich ausgeführt wurden! Das ist nämlich der Sinn einer Hierarchie, der Sinn eines Herrn und seines Gefolgsmanns!"
"Kicchan, ich habe nicht vor, dich...", begann ich erneut, aber mein kleiner Bruder unterbrach mich erneut.
"Du verstehst es nicht, oder?", fragte er resignierend. "Du verstehst nicht, worum es mir geht." Er sah Shikaku an, aber der Clansführer der Nara zeigte eine unbewegte, stoische Miene. "Du hast mich aufgenommen, ohne Forderungen zu stellen. Du hast mich nie gefragt nach dem, was war. Niemals. Selbst, als ich dir alles, alles über meine Familie, über meinen Großvater, über den Clan erzählen wollte, hast du es abgeblockt."
Verlegen sah ich ihn an. Das hatte schmerzvoll geklungen. "Ich... Ich wollte nie, dass du einem Befehl folgst und dich vollkommen offenlegst. Jeder Mensch braucht ein oder zwei Geheimnisse. Für mich war immer nur wichtig, dass du mir dann, wenn es darauf ankommt, sagst, was ich von dir wissen will. Ich wollte dich nie zwingen, Kishio."
"Ja, das habe ich mir auch gedacht. Es widerspricht vollkommen dem Denken der Moerus, aber ich habe dich kennengelernt, und viele wichtige und relevante Informationen in unsere vielen Gespräche eingebaut, damit du dir nicht die Blöße geben musst, mir das zu befehlen, Tai-sho", sagte er mit resignierender Stimme. "Geschenkt hättest du es bekommen. Stattdessen musste ich es dir unterschieben, damit wir überhaupt Seite an Seite kämpfen konnten." Nun klang seine Stimme vorwurfsvoll.
War ich zu zaghaft, zu sanft, zu wenig fordernd ihm gegenüber gewesen? Ich hatte nie das Gefühl gehabt, zu wenig über ihn zu wissen, nicht zuletzt wegen der Moeru-Kommunikation.
"Ich nehme dir das nicht übel. Nicht mehr. Du hast mich gelehrt, dass du kein Clanführer-, und Clangefolgsmannverhalten von mir wünschst. Oder von Shinpachi-nii. Nach einiger Zeit hat es mir gefallen, und ich fühlte mich mehr und mehr wohl in der Rolle als dein kleiner Bruder, als Teil der Familie Morikubo." Er schwieg einen Moment. "Du hast mich aufgenommen. Dank dir habe ich Shinpachi lebend wiedergetroffen. Ich habe eine Heimat, eine Familie, Freunde, sehr, sehr wichtige Freunde." Kurz ging sein Blick an mir vorbei. "Und mehr als das."
Ich versteifte mich. Mir war klar, dass da noch was kommen würde, denn sonst hätte sein Wutausbruch keinen Sinn gehabt.
"Du hast einen Individualisten aus mir gemacht. Jemand, der Anweisungen befolgt, aber auch sein Potential, selbst zu denken, voll ausschöpft. Sonst wäre ich nie aufgebrochen, um dich in Kumogakure aus der tödlichen Falle Orochimarus zu retten."
"Und ich bin dankbar dafür", erwiderte ich, als er eine erkennbare Pause machte. Eine Pause für mich.
"Und nun erinnerst du mich wieder daran, dass du der Mann bist, auf den ich geschworen habe, dem ich gelobt habe zu folgen, dessen Befehlen ich gehorche. Nicht nur im Kampf, nicht nur als Shinobi, sondern als mein Lehnsherr, als mein Obmann. Wenn du nun statt eines Bruders eine Drohne willst, die Befehle befolgt, wenn du willst, dass ich gehorche, statt selbst zu denken, wenn du die Stelle meines Großvaters einnehmen willst, dann werde ich das so akzeptieren. Denn immerhin verdanke ich dir mein Leben, das steht unumstößlich fest. Aber was du dann bekommst, Tai-sho, das ist dann auch nur eine Drohne!"
Sein wütender Blick taxierte mich. Ich setzte zum Sprechen an, brachte aber kein Wort heraus.
Er schnaubte leise. "Nun gut. Wenn du das so willst, dann wirst du es so bekommen. Hai, Tai-sho! Ich, Kishio no Moeru, als dein getreuer Gefolgsmann, folge deinem Befehl, und..."
Abrupt erhob ich mich. Das unterbrach Kishios Redefluss. "Ich habe einiges falsch gemacht", sagte ich mit der festesten Stimme, die ich zustandebrachte. Was nicht viel sein konnte. "Ich habe vieles nicht gesehen, nicht erkannt, vielleicht auch nicht mitbekommen wollen. Du hast Recht darin, mich zu tadeln, Otouto. Und ich hoffe sehr, dass du mich auch weiterhin als deinen großen Bruder ansiehst. Ich kann es dir nicht verdenken, wenn du deinen Eid als obsolet ansiehst. Aber ich bitte dich, nimm meine Entschuldigung an und bleibe." Ich verneigte mich steif in der Hüfte vor ihm. Selten war ich mir so oberflächlich und dumm vorgekommen. Da ließ ich ihn mich großer Bruder nennen, und was tat ich? Nicht die Dinge, die ein großer Bruder tun sollte.
"Aniki...", hauchte Kishio betroffen.
Ich richtete mich wieder auf und verneigte mich nun vor der Familie Kobashi. "Es tut mir aufrichtig leid. Ich habe einen unverzeihlichen Fehler begangen. Ich möchte das nicht mit einem zweiten Fehler vertiefen. Deshalb sage ich die Idee einer Verlobung ab. Ich übernehme jedwelche Kompensation, die eure Familie mir dafür auferlegt, und..."
"Äh, Aniki", unterbrach Kishio mich, "die Verlobung ist eigentlich der einzige Teil deines Hinterzimmergesprächs, der meine Zustimmung findet."
Ich nickte beifällig. Das hatte ich mir gedacht. Und es war dazu geneigt, Kishio noch mehr zu verletzen, noch mehr zu ent... Was? "WAS?", rief ich überrascht.
Verlegen sah der junge Moeru beiseite. "I-ich meine, die Idee ist ja wirklich nicht schlecht, und wir zwei verstehen uns auch sehr gut, und sie verträgt die Einbindung in die Moeru-Kommunikation sehr gut, und es ist ja auch erstmal ein zeitlich begrenzter Versuch... Also, ich bin dafür."
"WAS?" Ich sah zu Mai herüber. Das Mädchen war puterrot bis zum Haaransatz, aber das hinderte sie nicht daran, heftig zu nicken. "I-i-ich bin da voll Kishios Meinung! Total sowas von! Die Idee ist doch gut! Versuchen wir es! Damit aufhören können wir doch immer noch! Eine sehr gute Idee, Mamo-chan, ich meine, Sensei!"
"Was?", fragte ich vollkommen verblüfft. Auch Shouta war sprachlos. Lediglich Hitomi und Shikaku zeigten ein feines Lächeln. Ich suchte Shinpachi, der wieder neben dem Schrank stand - tatsächlich war er schon vorher im Raum gewesen, der Schrank jetzt - und für mich eine beschwichtigende Geste machte. Na, auf die Erklärung war ich gespannt.
Kishio erhob sich. "Hanabi, ich denke, wir sollten jetzt über den Vorschlag von Mamo-nii und deinen Eltern reden. Alleine."
Mai kam ebenfalls auf die Beine. "Ja, sollten wir. Immerhin wirft das unser Leben doch sehr um."
Die beiden verließen den Raum. Kishios letzter Blick ging zu Shinpachi. Er hob den Zeigefinger, wollte etwas sagen, ließ die Hand fallen, setzte erneut an und ließ es dann doch.
Shinpachi legte die rechte Faust in die linke Hand und präsentierte beides. "Hai, Tai-sho."
Kishio grunzte zufrieden und ging mit Mai hinaus.

"Bedeutet das Ärger für dich, Shinpachi-kun?", fragte Hitomi.
"Warum sollte es das? Kishio hat sein Kanshi selbst gelöscht, während wir gesprochen haben. Ich war ohnehin nur hier als seine Augen und Ohren."
Das war nicht ganz falsch und nicht ganz richtig. Immerhin nahm ich mir vor zu versuchen, etwaigen Ärger in seine Richtung auf mich zu ziehen. Wie mir der junge Moeru klargemacht hatte, hatte ich ja auch genug falsch gemacht, um den Ärger zu verdienen. Verdammt.
Hitomi und Shouta erhoben sich nun ebenfalls. "Erklären wir das Thema für heute als beendet. Und, Mamoru-san, wirst du heute noch deine eigene Verlobung bekannt geben?"
Ich grummelte unwirsch. "Von Verlobungen hatte ich für heute echt genug."
"Das ist... Etwas unfair deinen Damen gegenüber, junger Mann."
"Es gibt ein paar rechtliche Probleme, die ich mit ihnen besprechen muss. Das will ich nicht heute tun müssen."
Hitomi dozierte mit dem Zeigefinger. "Mamoru-san, mach nicht noch einen Fehler heute."
Diese Worte erschreckten mich. "Ich... Ich will es versuchen." Bis hier war es ja wirklich ein grandioser Geburtstag für mich. Verdammt.
Ich spürte, wie Shinpachi mich am Arm berührte. Dadurch etablierte er die volle Moeru-Kommunikation, sodass ich seine beruhigenden Gefühle wahrnehmen konnte. Das, und die Erinnerungen eines gewissen Kishio no Moeru, die dieser gemacht hatte, während er sich total gegenüber Shinpachi und mir abgeschottet hatte. Anscheinend hatte er, als er Shinpachis Erinnerungen über die Verhandlung mit den Kobashis abgefragt hatte, nicht ganz auf seine Deckung geachtet. Anders konnte ich mir diese Bilder nicht erklären. Aber etwas anderes konnte ich mir erklären, nämlich, warum das Unwetter so schnell wieder von dannen gezogen war, wie es hatte aufziehen können: Während ich in einem Hinterzimmer gesessen hatte, war mir Kishio no Moeru nämlich einen Riesenschritt voraus gewesen und hatte in seinem Versteck ein langes Gespräch mit Mai gehabt. Und anscheinend hatten beide keine Probleme mit der Synchronisation ihrer Chakras mehr, denn... Nun, es hatte einen gewissen Austausch gegeben, an Chakra und Mundflorabakterien.
Okay, dafür, dass er dieses Wissen mit mir teilte, würde Kishio ihn garantiert leiden lassen. Aber es bewirkte zumindest, dass ich mich nicht mehr ganz so wie ein Versager fühlte. Im Gegenteil, nun war Kishio in Erklärungsnot. Und ich würde den Umstand ausnutzen. Garantiert.
***
Gegen Morgen gab es eine handfeste Auseinandersetzung, als die meisten Gäste schon gegangen waren. Ausgerechnet Kodachi Kuno und Kuzoro gerieten aneinander und stritten aufs Heftigste darüber, wer der bessere Kontraktpartner war, die Affen oder die Spinnen. Da ihre Clansführer zu dieser Zeit entweder schon daheim waren oder in Nebenzimmern in kleinem Kreis weiterfeierten - letzteres, garantiert, ich kannte meine Pappenheimer eben - war es an mir, sie zur Räson zu bringen. Aber erst die Androhung sie zurückzuschicken, verbunden mit der Aussicht auf ein Duell konnte die Frau mit vor Wut rot glühenden Wangen und den Spinnenmann mit vor nicht weniger Wut rot funkelnden Augen zur Ruhe bringen. Kuzoko und Ryoga waren mir dabei eine Hilfe, indem sie sich der beiden Streithähne annahmen und sie trennten. Das blieb auch die einzige Krise. Zumindest die einzige, die ich mitbekam.

Gegen vier Uhr schien das offizielle Ende der Party erreicht. Mutter hatte sich schon früh verabschiedet, um Aki-chan ins Bett zu bringen, der wohl den besten Schlaf seines Lebens haben würde, und Vater hatte sich mit dem König der Affen und Kuzokos Eltern verabschiedet, um in einem anderen Lokal weiterzutrinken; die meisten Affen waren auf den Affenberg zurückgekehrt und die Mehrzahl der Konoha-Shinobi hatte auch bereits ihr Limit erreicht. Zu dieser Zeit wurde mir bewusst, dass ich selbst kaum etwas getrunken oder gegessen hatte. Ich war vollauf damit beschäftigt gewesen, mich um meine Gäste zu kümmern und Hinterzimmerprobleme zu lösen. Wie hatte Kishio mir doch vor ein paar Tagen gesagt? "Wenn ich achtzehn werde, dann lade ich drei, vier, maximal fünf Leute ein, gehe mit ihnen ein Wochenende in ein Onsen und lasse es mir dort mit ihnen gutgehen." Diese kleine Lösung erschien mir mehr und mehr attraktiv zu sein. Zum Beispiel für meinen zwanzigsten Geburtstag. Andererseits lebte ich in der falschen Stadt, gehörte dem falschen Clan an und hatte die falschen Beschwörungspartner, um das durchziehen zu können. Solche Feiern waren es nämlich, die die Bande untereinander festigten. Und das waren wichtige Bande. Das merkte ich, als mich Shikaku beiseite nahm. "Ich habe recherchiert, die Zettel betreffend", sagte er. "Auch im Clan sind einige aufgetaucht. Als Überbringer diente ein Junge aus der Nachbarschaft, der dafür großzügig bezahlt wurde, aber nichts weiter über seine Auftraggeber weiß. Er hat die Zettel und ein Taschengeld erhalten und sie dann unter die Türen durchgesteckt, die ihm gesagt wurden. Allerdings habe ich Inoichi gebeten, seine Erinnerung zu sondieren, und er hat ein paar Erinnerungen aufgetan, die mir bei der Recherche weitergeholfen haben."
Ich starrte meinen Clansherrn und Onkel (zweiten Grades) fassungslos an. Hatte er all das während der Feier arrangiert und sogar die Yamanaka involviert? "Was für Hinweise?"
"Danzou."
Ich fühlte, wie etwas Eisiges nach mir griff. Danzou Shimura-sama bedeutete ANBU-Ne, und ANBU-Ne bedeutete Ärger, verdammt viel Ärger. "Danzou hat sich die Mühe gemacht, Kishio zu denunzieren?"
"Danach sieht es aus", bestätigte er.
Ich fühlte meine Gesichtsmuskeln arbeiten. Wut stieg in mir auf. Wut auf den Anführer der ANBU-Ne. "Er wollte also Kishios Resozialisierungsprozess abwürgen, unterbrechen, eventuell rückgängig machen. Das verstehe ich. Der alte Kishio, zurückhaltend und scheu, wäre eine gute Wahl für die ANBU-Ne gewesen. Zudem ist seine Fähigkeit, nur mit seinen Gedanken zu töten, ein Wunschtraum für die ANBU, der in Erfüllung geht." Ich ballte die Hände zu Fäusten. "Ich habe nichts dagegen, dass Kishio ANBU wird. Gewiss nicht." Ich kannte Kakashi, der lange Jahre Mitglied gewesen war, ich kannte Yugao-chan und ihr Team, hatte mit ihnen gearbeitet. Die ANBU waren eine wichtige Stütze für Konoha. Aber die ANBU-Ne... Wenn ich an Sai dachte, wenn ich an sein Auftreten, an dieses Fragment von Persönlichkeit dachte, dass die ANBU-Ne ihm gelassen hatten, war mir klar, dass ich nicht wollte, dass Kishio so wird. Und wenn ich den alten Mann dafür umbringen musste.
"Normalerweise tun sie so etwas nicht", sagte Shikaku. "Kicchan ist zu alt für sie. Sie suchen sich ihre Rekruten, wenn sie neun oder zehn Jahre alt sind. Eigentlich. Aber sein Kekkei Genkai macht ihn wohl auch so wertvoll genug. Zudem muss er nicht mehr aufwändig trainiert werden, wenn er von selbst zu seinem introvertierten Selbst zurückkehrt, das keinen Einfluss von außen zulässt und nur Befehlen gehorcht."
"Was in etwa dem Leben im Clan der Moerus entsprechen dürfte", schloss ich. Dieses Leben hatte Kishio ja erst vor ein paar Stunden vor mir ausgebreitet. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut. "Ich gehe zu ihm."
"Was?"
Mein Blick war ernst, als ich meinen Onkel ansah. "Ich gehe zu Danzou und schlage ihm Kishio aus dem Kopf. Entweder mit Worten, oder auf die harte Tour."
"Du Wahnsinniger. Du willst ins Herz von Danzous Macht marschieren und ihn herausfordern? Willst du wirklich nur achtzehn Jahre alt werden?"
"Es gibt eine Alternative", sagte Shinpachi. Shikaku erschrak über sein plötzliches Auftreten so sehr, dass er spontan das Clansjutsu anwendete und den Moeru einfing. Erst als dieser in vorwurfsvoll ansah, zog er die Schattenkunst zurück und entschuldigte sich. "Du bist zu plötzlich aufgetaucht. Und Mamo-chan hat mich nicht vorgewarnt."
Ich lächelte schmallippig. Auch wenn Shinpachi sein Chakra gelöscht hatte, so hatte ich ihn doch bemerkt. Er hatte das hören sollen. Und ich wusste auch, was er nun vorschlagen würde.
"Jedenfalls gibt es eine Lösung, die Danzou-sama akzeptieren kann", führte er seinen Gedanken weiter. "Ich gehe zu den ANBU-Ne. Ich habe die gleiche Kekkei Genkai wie Kishio und..."
Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Wir beide werden morgen Mittag die ANBU-Ne aufsuchen."
"Du willst Shinpachi opfern?", fragte Shikaku entrüstet. Natürlich, schienen seine Gedanken sagen zu wollen, dann war Shinpachi fort, und Kishio und Mai würden es leichter haben, das neue Arrangement hinzunehmen, aber richtig war es deshalb noch lange nicht.
"Natürlich nicht, Shikaku-jii. Mein Plan ist ähnlich plump, aber er wird Kishio aus dem Fokus Danzous nehmen."
Shinpachi sah mich erst wütend, dann ernst und schließlich nachdenklich an. Durch den Körperkontakt konnte er meine Gedanken zum Thema lesen, und schließlich nickte er. "Guter Plan. Nicht perfekt, nicht nett, aber ein guter Plan."
"Lasst Ihr mich an eurem Plan teilhaben?", fragte Shikaku. "Ich sollte auf dem gleichen Stand mit euch sein, wenn wir drei da runter gehen."
"Du kommst mit?", fragte ich und spielte den Überraschten. Aber mir war klar, dass ausgerechnet Shikaku Nara nicht anders konnte.
"Natürlich komme ich mit!", sagte er eine Spur zu laut. "Kishio und Shinpachi sind Angehörige des Nara-Clans! Es ist meine Pflicht, sie zu beschützen!"
Damit war es beschlossen. Danzou Shimura und die ANBU-Ne würden einen denkwürdigen Tag erleben.
***
Letztendlich waren wir zu viert. Wir, das waren Shinpachi, Onkel Shikaku, ich, und als zusätzliches Druckmittel Fuse, die sich nicht lange hatten bitten lassen, nachdem ich der Dämonenkatze erklärt hatte, worum es ging. Hinzu kam... Nun, eine gewisse Lebensversicherung. Danzou war ein verschlagener Mann, der stets sein eigenes Süppchen kochte und dafür eine Privatarmee zur Verfügung hatte. Es war eine Riesendummheit, ihn zu unterschätzen. Oder sich, wie in meinem Fall, nur auf seine Fähigkeit zu verlassen, Affenkrieger zu beschwören.
"Unpraktisch, unpraktisch, unpraktisch", lamentierte Fuse zum viertenmal, während wir unter Konoha durch die Eingeweide der Stadt wanderten. Die meisten Menschen wussten es nicht, aber früher einmal hatte an dieser Stelle eine Fabrik gestanden. Was produziert worden war, wie viel und wofür, war in den Wirren des ersten Ninjakriegs verloren gegangen. Aber solche Fabriken hatte es damals öfters gegeben. Die Hauptstadt des Kuni no Ame war eine solche Fabrik. Wie ich wusste, war die Fabrik, die sich mehrere hundert Meter in die Höhe erhoben hatte, zerstört worden. Bis auf die Eingeweide, in denen wir uns bewegten. Damals war sie tief in die Felsen getrieben worden, an die Konoha heute im Norden grenzte. Das Jutsu oder die Waffe, die diese Fabrik ausgelöscht hatte, hatte eine kreisrunde Fläche vollkommen zerstört und das Halbrund aus den Felsen geschnitten, in dem heutzutage die Köpfe der ehemaligen Kages Konohas prangten. In den Resten des Runds hatte man die Stadt errichtet. Auch das war Wissen, das heute nicht mehr geläufig war. Die Reste der Fabrik, die sich hauptsächlich - so sie noch funktionierten - mit dem Transport von Wasser beschäftigten, ließen keinen Rückschluss auf die damalige Produktion zu. Viele industrielle Prozesse brauchten eine Menge Wasser. Aber wenn man durch diese Eingeweide wanderte, dann fühlte man sich beklommen und ängstlich angesichts dessen, was Menschen einander antun konnten... Andererseits, wenn man Ratten suchte, dann fand man sie dort, wo all das hinwanderte, womit der Mensch sich nicht belasten wollte. Im Untergrund. "Mamo-chan, ich rede mit dir!", begehrte Fuse auf.
Ich stoppte und sah sie an. Für unsere Mission hatte ich sie überredet, Menschengestalt anzunehmen. Seither wurde sie nicht müde, über die "Nachteile eines waffenlosen Menschen" zu reden. Sie hatte sich für die Gestalt einer hochgewachsenen, schlanken Frau mit langem, schwarzen Haar entschieden. Es hatte mich einiges an Diskussion gekostet, sie davon zu überzeugen, dass Frauen heutzutage keinen Bart trugen und auch ansonsten auf den Armen keine Haare hatten. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, fand ich. Wobei sie es beim Busen eindeutig übertrieben hatte. Das, was sie vor sich her trug, hätte einer normalen Frau schon nach zehn Minuten Rückenschmerzen bereitet. Erhebliche Rückenschmerzen. Nicht, dass es so viel war, dass sie sich damit mit der Hokage messen konnte. Aber für ihre sehr schlanke Gestalt war es eindeutig zu viel.
"Du wolltest diesen Mörderbusen", erinnerte ich sie.
"Ja, weil Shinpachi darauf steht", sagte sie und tätschelte dem Moeru die Wange. "Nicht, mein Lieber?" Der Moeru errötete leicht.
"Und du auch, Mamo-chan, nicht wahr?"
Ich kniff die Augen zusammen. "Ich kann mich nicht erinnern, das jemals gesagt zu haben."
"Was? Aber Ihr wart doch bei Puni-chan, oder nicht? Und die hat doch so gewaltige..."
"Das heißt nicht, dass ich große Busen bevorzuge."
"Aber Karin-chan hat doch auch so niedliche..."
"Maria aber nicht", konterte ich. "Und Hana-chan auch nicht."
"Oh, unterschätz mal Hana-chan nicht. Die ist gut gepolstert. Auch wenn man das nicht sofort sieht."
"Jedenfalls bevorzuge ich großen Busen nicht. Ich bin offen für alles, Fuse-chan."
"Hm. Da wollte ich dir mal einen Gefallen tun, und dann ist es auch nicht richtig."
"Wegen mir kannst du aber so bleiben", wandte Shinpachi schüchtern ein.
"Awwww, wenigstens einer, der zu seinen Bedürfnissen steht", schnurrte sie. Dabei drückte sie Shinpachis Gesicht an ihre Oberweite. Manche Shinobi hätten dies freiwillig als Hinrichtungsart gewählt.
Shikaku schmunzelte. "Genug jetzt. Wir sind gleich da", fügte er mahnend an.
"Verstanden", sagte Fuse. Sie entließ Shinpachi aus ihrem Griff und schritt weiter.

Wir erreichten eine Brückenkreuzung, die meterhoch über dem brodelnden Wasser stand. In der Mitte erwartete uns Danzou, ein gebückt gehender, stark bandagierter Mann, ehemaliger Vertrauter des Sandaime Hokages. Um ihn herum standen mehrere ANBU. Eine klare und sehr offensichtliche Drohung an uns. "Was wünschst du, Mamoru?", fragte er direkt.
Immerhin, ich kannte ihn persönlich, hatte als Lehrling Sarutobi-samas ein paarmal mit ihm zu tun gehabt. Daher wusste ich auch einiges über ihn, was nicht öffentlich bekannt war. "Seht ihm nicht in die Augen. Oder vielmehr das Auge", mahnte ich die anderen.
Der alte Mann lächelte mich arrogant an. "Das wird nichts nützen. Shinpachi no Moeru und du, Ihr mögt sensorische Ninjas sein und auch mit geschlossenen Augen kämpfen können, aber Shikaku-bozou und die Katze können das nicht. Zudem kennst du die Fähigkeiten meiner Leute nicht."
"Hm", machte ich leise. "Danzou-sama, das ist mir alles klar. Ich bin auch nicht hier, um zu kämpfen. Ich bin hier, um zu verhandeln."
Der alte Mann lächelte nun geringschätzig. "Und was bietest du mir an? Vergiss nicht, dein Higatsuku no Kara ist in einer Umgebung wie dieser, die vor Wasser nur so wimmelt, nicht viel wert."
Aha, er fürchtete also meine Kunst, mit der ich meinen ganzen Körper in Flammen setzen konnte. Das war eine interessante Information. Oder aber er hatte das absichtlich gesagt, damit ich meinen vermeintlichen Trumpf zog und damit scheiterte. Danzou war ein raffinierter alter Hund.
"Nichts dergleichen, Danzou-sama. Ich will mit dir über Kishio no Moeru verhandeln. Ich bin sein Meister, und dabei bleibt es auch."
Die Miene des alten Mannes versteifte sich. Sein linkes Auge, das rechte war unter einer Bandage verborgen, kniff er zusammen und sah mich wütend an. "Kishios Kunst eignet sich sehr gut für die ANBU-Ne. Wir dürfen ein solches Talent nicht ungenutzt lassen oder gar verschwenden. Seine sensorischen Fähigkeiten sind sehr gut, das alleine wäre es schon wert, ihn aufzunehmen. Aber sein Kekkei Genkai macht es zu einem Muss. Wir brauchen ihn und wir bekommen ihn."
"Nein, das tut Ihr nicht", sagte ich bestimmt und trat einen Schritt vor. Mehrere ANBU-Ne fuhren zusammen, gingen in Abwehrhaltung. "Wenn ich euch Kishio überlasse, wäre es das Gleiche, als wäre er tot. Aber ohne Kishio gibt es keinen Clan der Moeru, und ohne Moeru ist ganz Konoha einer großen Chance beraubt. Ich kann und werde das nicht erlauben. Das ist mein letztes Wort."
"Mamo-chan, lass das Gerede. Ich streife diesen unpraktischen Körper ab und dann lasse ich beim alten Knacker mal die Verbände fliegen", sagte Fuse fauchend.
Ich hielt sie mit einer Handbewegung zurück. "So weit sind wir noch nicht, Fuse-chan. Im Gegenteil, wir beginnen gerade erst, nicht, Danzou-sama?"
Danzou hatte den linken Arm gehoben, um die Reaktion eines seiner Leute zu verhindern. Der andere Arm steckte dick bandagiert in einer Schlinge, und wie ich den alten Sack kannte, kaschierte er damit entweder ein Jutsu, oder er versuchte zu erreichen, dass ein eventueller Gegner seine rechte Seite wegen dem verbundenen Auge und dem derangierten Arm unterschätzte. Danzou war ein tödlicher alter Bastard. "Sprich, Junge."
Ich lächelte geringschätzend, vermied es aber immer noch, ihn direkt anzusehen. Ich wusste, dass er unter dem Verband am Kopf ein Sharingan versteckte. Und ich wusste dank Kakashi auch, wie ich gegen ein Sharingan kämpfte. Zumindest gegen seine Funktion als Hypnosewaffe. Jene überlegenen Jutsu, die Madara Uchiha damit hatte einsetzen können, waren hoffentlich ein für allemal mit dem Clan gestorben. Mit ein wenig Glück würden auch die letzten beiden Überlebenden, Sasuke und sein älterer Bruder Itachi keine Kinder zeugen und ihre Kekkei Genkai nicht weitergeben, geschweige denn die Jutsu erlernen, die Madara zum zweitgefährlichsten Shinobi seiner Zeit gemacht hatten. "Man frisst nicht das Getreide, mit dem man säen will, alter Mann. Das weißt du doch. Willst du jetzt einen Moeru, der dir an die Kehle geht, sobald er herausbekommt, was du mit seinem Verstand tun wolltest, oder willst du später in aller Ruhe wählen können?"
"Oi, oi, Otouto, das war nicht abgesprochen", raunte Shinpachi mir zu.
"Erkläre mir das, Mamoru", forderte Danzou.
"Dir sollte klar sein, dass der Clan der Moeru ausgelöscht wurde. Und ehrlich gesagt würde es mich überhaupt nicht wundern, wenn du da deine Finger drin gehabt hast, um diese potentielle Gefahr für Konoha auszuschalten, Danzou-sama."
"Und wenn es so wäre?", fragte er geringschätzend grinsend. "Umso wichtiger ist es doch, die Talente der Moeru jetzt einzusetzen, solange es sie noch gibt."
"Du denkst falsch", sagte ich.
"Sie können mich haben!", sagte Shinpachi schnell. "Ich beherrsche die Jutsu des Clans besser als Kishio! Ich werde Ihnen eine größere Hilfe sein!"
"Und wieder hast du das gleiche Problem wie mit Kishio, nicht, Danzou-sama? Du hast doch einen bestimmten Grund, warum du deine ANBU-Ne im Kindesalter auswählst und lange trainierst. Beide, Kishio wie Shinpachi, sind erwachsen und haben ihren eigenen Kopf. Du kannst sie nicht lange zur Loyalität erziehen, und deshalb kannst du ihnen nie trauen, so wie deinen willigen Schlägern hier."
Unwillig raunten die anwesenden ANBU-Ne, aber Danzou lachte. "Was also schlägst du vor?"
"Warum jetzt das Saatgetreide fressen, wenn die Ernte viel ergiebiger sein wird? Wenn du wählen kannst?", sagte ich. "Kishio wird den Clan neu gründen und Kinder zeugen."
"Mamoru, du elender Bastard, du wirst doch nicht...", begann Shinpachi. Er sprang auf mich zu, aber einer der ANBU-Ne ging dazwischen und stoppte ihn. Vor ihm flirrte ein violetter Staub in der Luft. Ich wusste, es handelte sich um mikroskopisch kleine Insekten, die ein schnell wirkendes Gift produzierten. Eine verdammte effektive und heimtückische Waffe. "Du bleibst, wo du bist. Du siehst doch, was dies hier ist, oder?", drohte der Aburame Shinpachi.
Widerwillig zog sich der Moeru einen Schritt zurück. Shikaku trat neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Ruhig, Shinpachi. Du weißt, dass dies hier notwendig ist."
"Das macht es nicht leichter", knurrte er.
"Amüsant. Was also bietest du mir an? Kishios Erstgeborenen?"
Ich lachte leise. "Ich sprach von der Ernte, nicht vom ersten Korn, Danzou-sama. Tatsächlich kann unter Kishios zukünftigen Kindern eines dabei sein, das deine Anforderungen perfekt erfüllt. Im Sinne der Sicherheit von Konoha könnte es dir überantwortet werden. Aber warum so lange warten?"
"Es geht schneller?"
"Es geht schneller." Ich deutete auf Shinpachi. "Orochimaru hat mit diesem Mann experimentiert. Mit ihm, seinem Körper und seinem Sperma. Wir sind schon einmal einem Kind begegnet, das auf diese Weise gezeugt wurde. Es diente einem Verbündeten Orochimarus als Spürhund. Ansonsten war es ein Mädchen ohne Verstand und ohne Willen. Ganz so, wie du es magst."
"Hüte dich", brummte der alte Mann. "Du willst mir also sagen, dass man die anderen Moerus, die Orochimaru mit Shinpachis Sperma zeugen ließ, finden kann, um sie für unsere Sache zu nutzen. Und dass dabei auch ein Exemplar sein kann, dass für die ANBU-Ne geradezu geschaffen ist?"
"Wenn es das nicht ist, kannst du immer noch auf Kishios Kinder setzen, Danzou-sama", sagte ich spöttisch grinsend. "Wie sieht es also aus? Haben wir einen Deal?"
"Mamoru, du Halunke! Das kannst du nicht machen! Wenn du das tust, dann schwöre ich dir, dass..."
"Dann was, Shinpachi? Du weißt, dass dies die einzige Möglichkeit ist! Oder nicht?"
Der Moeru knirschte mit den Zähnen. "Ja", presste er schließlich hervor.
"Also, Danzou-sama. Haben wir einen Deal?"
Der alte Mann begann leise zu lachen, steigerte sich und lachte schließlich aus vollem Hals. "Nun gut, ich versuche nicht mehr, Moeru no Kishio zu destabilisieren und in die ANBU-Ne zu holen. Dafür aber suche ich mir einen Moeru aus, der in meine Einheit passt. Ich suche ihn aus, wohlgemerkt."
"Einverstanden." Ich wandte mich von ihm ab. "Wir gehen." Wortlos schlossen sich Shikaku und Fuse an. Shinpachi fluchte unbeherrscht, dann aber folgte auch er.

Als wir wieder auf dem Weg zur Oberfläche waren und weder ich, noch Shinpachi Verfolger oder Überwachungsgeräte entdecken konnten, machten wir kurz Pause. Shinpachi seufzte erleichtert auf und ließ sich, wo er war, zu Boden sinken. "Puuuuh, ich hätte nicht gedacht, dass wir das überleben."
"Das war gut geschauspielert, Shinpachi-san", lobte Fuse, während sie dem Moeru die Haare tätschelte. "Ohne dein Talent hätte Danzou sonst gemerkt, wie sehr wir ihn über den Kamm barbiert haben."
"Und dank unsere entzückenden Fuse, auf die Danzou mehr als die Hälfte seiner Aufmerksamkeit verschwendet hat, weil er sie nicht einschätzen konnte", fügte ich an, "wird er es auch nicht mehr merken. Hoffentlich."
"Und selbst wenn, wird er es nicht wagen, Nachbesserungen zu verlangen. Immerhin war ich als Zeuge und Clanschef anwesend", ergänzte Shikaku. "Dennoch wurmt es mich, ihm überhaupt einen Moeru überlassen zu müssen."
"Besser ein leeres Kind ohne eigenen Verstand, für das das Leben als ANBU-Ne eine Verbesserung darstellen wird, als Kishios Erstgeborener", sagte ich. "Abgesehen davon ist Danzou ein alter Sack, der eh bald abtreten wird. Ob es dann überhaupt noch ANBU-Ne geben wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Jetzt, für den Moment, war dies die beste Lösung, um uns Ruhe und ein ruhigeres Leben zu erkaufen. Uns, und vor allem Kishio."
Ein sehr heftiger und wütender Gedanke erreichte mich. Von Kishio. Vehement hatte er sich dafür eingesetzt, ebenfalls mitgehen zu dürfen, um, so seine Originalworte "uns nicht alleine in unseren Tod rennen zu lassen". Aber einerseits hatte ich seinen schauspielerischen Fähigkeiten misstraut, und andererseits hatten wir nur einen Moeru mitnehmen können. Der andere hatte an einem nahen, aber sicheren Ort unsere Eindrücke überwachen müssen, um zu entscheiden, ob und wann das gemischte Team aus Spinnen, Affen und ANBU, die mir noch einen Gefallen schuldeten, eingreifen sollte. Dass sie nicht zum Einsatz gekommen waren, war kalkuliert gewesen, aber ich war trotzdem froh, dass die Geschichte so ausgegangen war. Seltsamerweise spürte ich nach dem ersten Zorn Bestätigung von Kishio. Verbunden mit dem Gedanken, Danzou nicht mal eines der "leeren" Kinder aus Orochimarus Arsenal zu überlassen. Nun. Wir würden sehen, ob und was nötig werden würde, solange Danzou und seine ANBU-Ne existierten.
Ich winkte die Truppe weiter. "Gehen wir. Der Untergrund von Konoha gehört meiner Meinung nach eingestampft."
"Hai, Tai-sho." Fuse kam an meine Seite und rieb sich an mir, so als wäre sie in ihrer Gestalt als kleine, zweischwänzige Katze. "Und so ein gerissener Tai-sho noch dazu."
"Ich tu, was ich kann, Fuse. Ich tu, was ich kann." Und das war bereits eine ganze Menge.

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4.
Man konnte einiges über Kankurou sagen; dass er eine kalte Aura hatte, dass er mit seiner Schminke bewusst Unsicherheit verbreiten wollte, dass er ein durchaus arroganter Mensch war... Vollkommen richtig. Was man aber auch über ihn sagen konnte, war, dass er Freundschaft ernst nahm. Und so wunderte es mich nicht, dass er mich stumm einige Zeit musterte, bevor er fragte: "Kann ich dir helfen, Mamo-chan?"
Verwundert sah ich ihn an. Es war keine Stunde her, dass wir unseren Ausflug in die Tiefen Konohas beendet hatten, und mir zitterten noch immer die Knie. Ich wusste, bei der nächsten Begegnung mit Danzou würde es zum Kampf kommen und womöglich einer von uns beiden sterben. Dabei rechnete ich mir durchaus gute Chancen gegen ihn alleine aus, nicht aber gegen seine gesammelte ANBU-Ne-Truppe, die Shinobi von hervorragender Qualität und zweifelhafter Moral zu bieten hatte. Ich meine, Shinobi wurden darauf trainiert zu töten und Befehle auszuführen, und dies schon ab einem Alter von acht Jahren, aber wir "normalen" Shinobi halfen nach der Schlacht den Verwundeten beider Seiten. Bei den ANBU-Ne wurden alle Toten nochmal getötet, nur um auf Nummer sicher zu gehen - eigene wie feindliche. Vielleicht konnte ich es mit Danzou und einem Begleiter aufnehmen, aber sicher nicht mit zwei oder drei. Und das auch nur, wenn ich die richtigen Affenkrieger beschwor, die die mir unbekannten Fähigkeiten seiner Begleiter kontern konnten. Das geraubte Sharingan konnte ein Sensoriker kompensieren, darum machte ich mir keine Sorgen. Aber von seinen kannte ich kaum die Fähigkeiten. Sai's waren mir bekannt, und die des Aburame mit seinen mikroskopisch kleinen Käfern. Auch sollte ein Yamanaga in ihren Reihen sein, aber sicher kein Nara. Der Rest war mir unbekannt. Ein unabwägbares Risiko. Einer der Gründe, warum ich Kishio nicht direkt mitgenommen hatte: Man wedelte nicht mit dem Hauptpreis vor dem Maul einer Bestie herum.
"Was?", fragte ich.
"Ob ich dir helfen kann." Eines seiner seltenen Lächeln zierte Kankurous Miene. "Mir wurde zugetragen, dass du kleine Probleme hast. Es wäre mir eine Freude, wenn ich ein klein wenig von dem zurückgeben könnte, was Suna dir schuldet."
Vor Schreck fiel mir die Gabel aus der Hand und landete krachend auf dem Teller. Die anderen Anwesenden in unserer Küche sahen mich an. "Was meinst du, Kan-chan?"
Nun wurde das Lächeln ein Grinsen. "Mir wurde zugetragen, dass, ah, eine gewisse innere Fraktion Konohas sich etwas zu sehr für die Moerus interessiert. Anscheinend hast du einen Frieden ausgehandelt, aber, nun, bei dieser Fraktion gehört Lügen und Betrügen noch mehr zum Geschäft als bei Shinobi üblich. Deshalb solltest du entgegen deiner Art jedem Konoha-Nin vorerst mit Misstrauen begegnen."
Meine Irritation musste an meinem Gesicht abzulesen sein, denn Kankurou lachte nun prustend. "Was bist du so schockiert? Seit wir unser Bündnis erneuert haben, habe ich viele neue Kontakte in der Stadt geschaffen", sagte er grinsend.
"Aha. Neue Kontakte", erwiderte ich. Natürlich meinte er Spione. Suna hatte also gerade inoffiziell zugegeben, dass es Spionage in Konoha verrichtete.
"Neue Kontakte", bestätigte er. "Du magst ein wundervoller Mensch sein, dem ich uneingeschränkt mein Vertrauen geben kann, aber du bist nicht Konoha, oder? Auch Tsunade-sama kann ich vertrauen, aber nicht allen Fraktionen und Strömungen Konohas. Es ist, ah, immer besser, schon vorab zu wissen, in welche Richtung sie marschieren, um gegebenenfalls gewappnet zu sein. Das ist in Suna nicht anders. Schon seit einiger Zeit beobachte ich mit Sorge eine Strömung gegen Gaara, die in letzter Zeit an Fahrt gewinnt. Es ist immer wichtig, in solchen Situationen Quellen vor Ort zu haben, sei es nun in Suna oder sei es in Konoha." Er lehnte sich zurück. "Diesmal aber habe ich nur unsere Kopien der Geheimdienstberichte aus Mizugakure gelesen."
"Sehr witzig, Kan-chan", brummte ich. Das war so ziemlich der älteste Witz im Spionagegewerbe. Andererseits verstand ich sehr wohl, was er sagen wollte. Ich dachte darüber nach und tauschte einen Blick mit Tooma aus, der diesen mit einem feinen Lächeln erwiderte. Wenn ich mich wirklich mit Danzou anlegte - und die Entscheidung darüber würde nicht von mir gefällt werden, wie mir schmerzlich bewusst wurde - dann konnte ich jede Hilfe gebrauchen, die ich kriegen konnte, denn der alte Mann war ein skrupelloser, gewissenloser und selbstgerechter alter Sack. Er redete zwar immer davon, dass er all das mit Schmerzen und nur im Sinne von Konoha tat, aber Konoha, das war in seinen Augen er selbst. Alles andere nur eine Irrmeinung. Wäre Tsunade-sama nicht eine durchaus wehrhafte Frau und wäre sie dank ihres persönlichen Jutsu nach nicht unverwundbar, hätte Danzou eventuell schon eine Dummheit riskiert.
Ich schob diese Gedanken beiseite, denn sie brachten mir nichts. Mehr als sie im Hinterkopf behalten konnte ich im Moment nicht. Und dann, wenn es akut wurde, konnte ich nur hoffen, dass ich einerseits schnell genug reagierte und andererseits überhaupt etwas helfen konnte, denn letztendlich war ich gegenübe Tsunade-sama nur ein kleines Licht. Wenn sie meine Hilfe, die eines kleinen spezialisierten Jounin, brauchte, würde die Kacke aber mächtig am Dampfen sein. Die Alternative war, den eigenen Standpunkt so gut ich es konnte verstärken. "Da gibt es tatsächlich etwas...", sagte ich gedehnt."Aki-chan hat es in Suna ziemlich gut gefallen. Aber vielleicht werde ich nicht mehr die Zeit haben, ihn dorthin mitzunehmen."
Kankurou kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Er sah kurz zu Maria herüber, die, über eine Tasse Tee gebeugt, die Konversation stumm mitverfolgte. Ihr Gesicht war eine undurchdringliche Maske. Natürlich hatte ich ihr nichts von den Problemen mit Danzou und den ANBU-Ne gesagt, niemand in der Familie sollte davon wissen, dass sie ihre Klauen nach Kishio ausgestreckt hatten. Das hieß aber nicht, dass sie es nicht selbst herausgefunden hatten.
Kankurou klopfte leise auf den Tisch. "Mach dir darum keine Sorgen, Mamo-chan. Wenn du keine Zeit hast, wird es mir eine Ehre sein, den Kleinen nach Suna zu holen und ihm die schönen Seiten der Stadt zu zeigen."
Ich fühlte eine gewisse Erleichterung in meinen Eingeweiden. Für einen Ninja bedeutete das Leben, dass er auch immer mit seinem Tod rechnete. Tatsächlich starben die wenigsten Shinobi an Altersschwäche, die Meisten starben in jüngeren Jahren auf dem Schlachtfeld. Ich rechnete also mit meinem eigenen Tod schon, seit ich das erste Mal ein Kunai in die Hand genommen hatte. Aber diese unterschwellige Gewissheit, diese Angst, hatte nichts mit Akira zu tun. Sollte also wirklich etwas passieren, sollte das Schlimmste passieren und die Familie Morikubo zerstreut oder gar vernichtet werden, dann hatte Aki-chan, falls er dann noch lebte, eine sichere Zuflucht in Sunagakure unter den wachsamen Augen von Kankurou.
"Danke", sagte ich mit einem knappen Lächeln. "Ich mag Sunagakure und seine Shinobi sehr."
"Und jetzt noch mehr, eh?", scherzte Tooma. Er sah seine Verlobte an. "Eigentlich ist das eine super Gelegenheit, um ein wenig Urlaub zu machen, findest du nicht, Schatz? Ein paar Wochen das gute Essen in Konoha wird uns guttun."
"Du willst ja nur, dass ich zunehme", erwiderte sie mürrisch. "Damit du mehr zu lieben hast."
"Und was ist falsch daran?", neckte er sie.
"Ihr wohnt dann selbstverständlich hier", erklärte ich rigoros. "So lange, wie Ihr wollt."
Tooma rutschte ein Grinsen durch die Fassade seines Lächelns. "Danke, Mamo-chan. Wir wissen das zu schätzen."
Innerlich atmete ich auf. Kankurou hatte die beiden in meinem Haushalt platziert, womöglich für den ganzen Zeitraum meiner Mission im Land des Schnees, damit sie auf meine Familie aufpassten. Nur für den Fall, dass sich der unfreundliche Teil Konohas gegen sie wendete. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie dankbar ich dem Ratsherrn Sunas und meinen beiden Freunden Lian und Tooma war.
"Nicht doch. Ich danke euch, dass Ihr Konoha mit eurer Anwesenheit ehrt. Und dass Ihr Mutter ein wenig auslastet, während ich nicht da bin. Sie kommt sonst womöglich noch zum Nachdenken, und das ist immer gefährlich." Ich war mir sicher, dass Mutter genau jetzt niesen musste. Ihr sechster Sinn für derart Gesagtes war phänomenal. Deshalb war sie ja auch eine so gut Kunoichi gewesen.
Ich erhob mich. "Entschuldigt mich jetzt bitte. Termin bei der Hokage. Fühlt euch hier ganz wie Zuhause, bitte." Ich nickte Ryuji Nekozumi und Suzume-chan aufmunternd zu. "Kishi! Wir müssen los!"
"Hai, Aniki!", kam sein Ruf zurück, bevor er, sein Stirnband gerade umbindend, ins Gebäude rüberkam. "Ich habe noch kurz mit Kin-chan gesprochen."
Worum es dabei gegangen war konnte ich nur ahnen, aber bei Kicchans feinem Gespür für Situationen hatte er den ANBU, der seit ein paar Tagen bei ihm logierte (und zwar länger als eine Renovierung seiner Wohnung dauern würde), das Versprechen abgerungen, gegen ANBU-Ne auf der Hut zu sein. Wir hatten damit wahrlich in ein Wespennest gegriffen. Nein, das war falsch formuliert. Danzous Gier nach Kishios Fähigkeiten waren wie eine Hand, die aus dem Wespennest hervorgeschossen war, um uns hineinzuziehen. Und das würde ich dem alten Bastard nicht verzeihen. Nicht, solange ich lebte. Was hoffentlich eine lange Zeit sein würde.
Ich nickte bestätigend. "Gut. Lian und Tooma bleiben auch noch ein wenig hier. Maria, was ist mit dir?"
Die junge Frau lächelte, sehr falsch und sehr verstörend. Auch sie wusste mehr, als ich mir eingestehen wollte.
"Ich gehe mit Aki-chan zu seinem Großvater. Der Spielplatz dort ist toll."
Ihre Worte erinnerten mich wieder daran, dass sie seit einem Jahr ein offizielles Familienmitglied war. Und ich wurde auch daran erinnert, dass der Rat der Nara von mir erwartete, sie zu heiraten und Aki-chan damit noch enger an Konoha zu binden. Was mich wiederum daran erinnerte, dass ich mich mit Karin auch hatte verloben wollen. Gut, dass ich im Vorfeld meines Geburtstags keine entsprechenden Andeutungen gemacht hatte, wann ich das tun wollte.
Ich nickte als Zeichen, das ich verstanden hatte. Und zwar alles. Dann wünschten Kishio und ich noch einen schönen Tag in die Runde und machten uns auf den Weg.
***
In Tsunade-samas Büro eingetroffen erwartete uns zu unserer Überraschung Leere. Sie war nicht da. Auch Shizune, ihre Sekretärin und rechte Hand, war nicht aufzutreiben. Das war ungewöhnlich, denn ihre Termine hielt die Godaime Hokage immer ein. "Kishio?"
Der rothaarige Moeru nickte und spannte sein Kanshi auf. Da er Tsunade-samas Chakra gut genug kannte, würde er sie über kurz oder lang finden, wenn sie noch in Konoha war. Trotzdem dauerte es ein paar Minuten, bevor er meine Hand ergriff, damit ich an seinen sensorischen Fähigkeiten teilhaben konnte. Noch immer war meine Reichweite gegenüber der Kishios erbärmlich zu nennen, aber immerhin hatte ich mich von meinen Anfängen, lächerlichen zwanzig Metern, auf mittlerweile einen Kilometer hochgearbeitet. Und das war selbst unter sensorischen Ninjas nicht schlecht. Aber wahrscheinlich auch mein Limit.
Auf Kishios Fähigkeiten mitreitend fand ich sie schnell. Sie war im Krankenhaus. Das war nicht ungewöhnlich. Sie war die fähigste Medi-Nin Konohas, vielleicht die fähigste Medi-Nin aller fünf großen Länder und darüber hinaus. Es war nicht ungewöhnlich, dass sie zu komplizierten Fällen oder schwierigen Behandlungen gerufen wurde. Das bedeutete eine Wartezeit von fünfzehn bis zwanzig Minuten, die Tsunade-sama brauchen würde, um zum Büro zurückzukommen. Die restliche Zeit für das, was sie gerade tat, nicht eingerechnet.
Ich seufzte. "Tee?"
Kishio nickte. Es war mehr als genug Zeit, um in einem der Lokale einen Grüntee zu trinken. Und dank seiner sensorischen Fähigkeiten würden wir es wissen, wenn sie früher zurückkehrte. Es musste darüber hinaus sehr wichtig sein, wenn die Hokage ihren Terminplan komplett auf den Kopf stellte. Sicherheitshalber prüfte ich, erneut Kishios Fähigkeiten nutzend, die Umgebung Tsunade-samas auf Shizunes Anwesenheit. Aber seltsamerweise entdeckte ich sie nicht. Stattdessen aber fiel mir ein Chakra auf, das ich erst ein paar Tage kannte. Der Person, die es verströmte, traute ich nicht weiter, als dass ich einen der Hokage-Köpfe auf den Felsen über uns werfen konnte. Es war unser Regenmacher. Fragend hob ich beide Augenbrauen. Aber Kishio hütete sich, eine irgendwie geartete Vermutung auszusprechen. Dennoch fragte ich mich, was die beiden im Krankenhaus zu tun hatten. Und das im gleichen Raum. Hatte es mit unserer Mission zu tun? Ich konnte es nicht sagen. Und vielleicht würden wir es nie erfahren.

Eine halbe Stunde später standen wir erneut in Tsunade-samas Büro, weil Shizune eingetroffen war. Die junge Frau hatte eine erstaunlich schlechte Laune gehabt, aber sie versuchte tapfer, diese vor uns zu verbergen. Stattdessen betrieb sie belanglose Konversation und bot uns Tee an.
Fünf Minuten später traf Tsunade-sama mit Haru ein. Zusammen.
Die Hokage musterte mich und Kishio aufmerksam. Zwischen ihren Augen stand eine tiefe Falte. "Ihr habt uns gesehen." Das war keine Frage gewesen. Nur eine Feststellung.
"Hai, Tsunade-sama", sagte Kishio. "War es verboten?"
Sie setzte sich auf ihren Platz hinter dem Schreibtisch. "Nein. Es ist nur irrelevant für eure Mission." Damit schob sie das Thema beiseite und bot uns Plätze an. Haru nahm ebenfalls Platz, was logisch erschien, immerhin war dies ein Missionsbriefing. Nur, wie weit war Kiri in unser Vorhaben eingeweiht?
Die nächsten Worte Tsunade-samas bewiesen, dass sie nur das wissen konnten, was sie sich selbst zusammenreimten. "Als Tarnung für eure Untersuchung", begann sie, mit keinem Wort von den Moerus sprechend, "bauen wir auf der Arbeit Kirigakures auf. Nachdem Team sieben unter Kakashi eine Begleitschutzmission im Yuki no Kuni absolviert und dabei "aus Versehen" ein neues Staatsoberhaupt etabliert hat, entwickelte die neue Führung Interesse an, ah, Ninjutsu."
"Frage, Tsunade-sama", sagte Kishio. "Wie kann man aus Versehen ein neues Staatsoberhaupt etablieren?"
Ich musste grinsen. "Naruto."
Tsunade-sama nickte gewichtig. "Naruto." Damit war für uns beide diese Frage geklärt. Aber der junge Moeru, der Jiraiyas Meisterschüler noch nicht so gut kannte, runzelte die Stirn. Sein Gesicht war eine einzige Frage.
"Sagen wir einfach, dass Naruto die Fähigkeit hat, Ungerechtigkeiten zu erkennen und zu bekämpfen. Und wenn man ihn von der Leine lässt, dann bekommt ein kleines Land eben ein neues Oberhaupt." Bei diesen Worten musste sie nun grinsen. Sie hatte, lange nach diesen Ereignissen im Land des Schnees, ihre eigenen Erfahrungen mit Narutos Hartnäckigkeit gemacht. Shizune hatte mir ein paar Anekdoten erzählt, die Tsunade-sama nie freiwillig rausgerückt hätte.
"Auf jeden Fall bedeutet dies für uns, dass wir es mit Koyuki Kazahana zu tun haben. Diese ist, wie ich bereits erwähnt habe, vom Ninjutsu beeindruckt, sodass sie einige Zeit Kiri-Nin angeworben und eingesetzt hat, um talentierte Leute in den eigenen Reihen in die Grundlagen einzuführen."
"Warum Kiri-Nin und warum keine Konoha-Nin?", fragte ich erstaunt. "Ich hätte eher erwartet, dass sie sogar Team sieben direkt anfordert."
"Das hat sie auch getan, aber Team sieben war damals nicht verfügbar. Außerdem musste damals ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte bewahrt werden, weshalb wir zugunsten Kirigakures auf den Auftrag verzichtet haben. Damals hatte Sarutobi-sama dich dafür im Auge, Mamo-chan, aber zugunsten der Außenpolitik wurde ihm aus dem Büro des Daimyos nahegelegt, an Kiri zu delegieren. Damals waren die Räte noch der Meinung, Kirigakure als Puffer zu Kumogakure zu brauchen." Sie deutete auf Haru. "Im letzten Jahr war er einer der Hilfsausbilder, die den ausgesandten Jounin unterstützt haben. Durch seine vortreffliche Arbeit bekam er die Einstufung Chunin und wechselte, genau wie du damals, Mamo-chan, ins Ausbildungsressort im Feld. Er kennt also die Leute, das Gelände und die örtlichen Gegebenheiten und Sitten. Faktisch eine sehr gute Wahl, um die Mission durchzuführen, denn um unser Erkundungsunternehmen nach Orochimaru zu kaschieren, haben wir Kiri darum gebeten, den Ausbildungsauftrag dieses Jahr an uns zurückzugeben, und Kazahana-sama hat dem zugestimmt, nachdem ihr gegenüber erwähnt wurde, du seist ein Freund Narutos."
"Ah, Vitamin B", schmunzelte ich. Nun, ich mochte es wirklich, wenn über Naruto gut geredet wurde. Das hatte er sich verdient, denn er war ein feiner Kerl. Und nur die Götter mochten wissen, wie groß sein Chakra war und wohin ihn sein Weg noch führen würde. Wer einmal das Rasengan gesehen hatte, das er hauptsächlich verwendete, ahnte, dass das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange war. Er pflegte stets zu sagen, dass er Hokage werden und sich den Respekt aller verdienen wollte. Nun, letzteres würde er zweifellos irgendwann schaffen.
"Etwas in der Art, ja." Sie räusperte sich vernehmlich; Haru hörte aufmerksam zu, verzog aber keine Miene. Ich war mir nicht sicher, dass das nur an der Mission lag. "Um auf die eigentliche Mission zurückzukommen, so habe ich entschieden, dass du der Köder sein wirst, Kishio-kun."
"Äh, Tsunade-sama, Köder?", fragte er erstaunt.
"Kishio no Moeru, ja", sagte sie bestimmt. "Wir werden deine Anwesenheit durchsickern lassen und wir werden dich stets prominent positionieren. Jeder, der sich für die Moerus und ihren stärksten Überlebenden interessiert, wird davon angelockt werden wie die Motten nachts von einer Kerzenflamme. Das ist natürlich ein für dich sehr gefährliches Vorgehen und ich kann verstehen, wenn du ablehnst. Es gibt noch einen Plan B und einen Plan C in der Schublade, die..."
"Nein, nein, das geht schon in Ordnung", sagte Kishio lächelnd und hob abwehrend die Hände. "Ich bin ein Shinobi und ich werde meine Pflicht nicht vernachlässigen oder meine Arbeit einem Schwächeren überlassen, dessu ne? Außerdem vertraue ich Mamo-nii. Er wird schon auf mich aufpassen."
"Wer wohl auf wen aufpassen wird, Herr Sensoriker", scherzte ich und knuffte ihm einen Ellenbogen in die Seite.
"Schön, dass du das ansprichst, Kishio-kun. Wir haben intern diskutiert, wie wir den Köder noch attraktiver machen können und sind auf eine Idee gekommen, die, nun, von dir einiges an schauspielerischem Talent abverlangt." Sie sah mich an, und ich fühlte einen eisigen Schauder den Rücken runterlaufen. "Und von dir ein, ah, etwas größeres Opfer, Mamo-chan."
"Ich bin zu jeder Schandtat bereit", sagte ich jovial, zitterte aber innerlich vor dem, was sie verlangen würde. Verdammt, wenn sie so ein Trara darum machte, musste es etwas sein, was mir nicht gefiel.
"Gut, dann sei bitte heute Nachmittag um zwei mit Kira-kun in der Klinik."
"Mit Kira?", fragte ich verwundert. "Warum das denn?"
"Außerdem hast du die nächsten Tage bis zum Aufbruch ein paar Trainingseinheiten mit Kakashi", fuhr sie fort, meine Frage übergehend. "Wir wollen doch, dass alles zumindest perfekt aussieht, oder?" Zufrieden lehnte sie sich nach hinten. "Kishio, ich denke, du wirst einen guten persönlichen Sklaven abgeben."
In etwa so irritiert wie ein Kunde, der in einen Fleischerladen geht und dort einen Shop für Intimhygiene findet, sah Kishio unsere höchste Vorgesetzte an. "Hai?"
"Ein seinem Meister vollkommen ergebener, aber nicht ganz so guter Kishio no Moeru wird die Aufmerksamkeit erzeugen, die uns vorschwebt", sagte sie selbstzufrieden. "Für die einen wirst du schwach wirken, schwach genug, um dich in die Hand zu bekommen, für die anderen schwach genug, um den Wunsch zu wecken, ah, deine Situation zu verbessern." Ihr Lächeln verschwand und machte einem sehr ernsten Gesicht Platz. "Ich erwarte von euch beiden ein perfektes Spiel!"
Beim Ton ihrer Stimme fuhr ich zusammen, Kishio erging es ebenso. "Jawohl, Tsunade-sama!"
"Hai, Taisho!"
"Gut. Dann seid Ihr entlassen, Mamoru, Kishio. Haru, du ebenfalls."
Wir nickten der Hokage zu und verließen ihr Büro wieder.
Vor der Tür sah ich den ehemaligen Harusame an. "Darf ich wissen, was im Krankenhaus los war?"
Er zuckte mit den Schultern. "Warum nicht? Es ist kein großes Geheimnis. Ich werde bald sterben, Morikubo-sama." Mit diesen Worten ließ er uns stehen und ging davon.
Kishio knirschte mit den Zähnen. "Wenn er denkt, er kann sich bei uns einschmeicheln, hat er sich aber geirrt."
Ich runzelte die Stirn. Anscheinend musste ich mir keine Sorgen machen, dass Haru zu viel Sympathie entgegengebracht werden würde. Nicht mal meine eigene.
***
Eine Stunde vor dem Mittagessen waren wir wieder Zuhause. Bis auf Anne brachen meine Freunde aus Tsukigakure wieder auf. Und Maria blieb noch bis zu meinem Aufbruch, um Aki-chan wieder mitzunehmen. Für Lian und Tooma bedeutete das, wenn Kankurou Wort hielt - woran zu zweifeln ich nicht eine Sekunde wagte - ein bezahlter Urlaub an einem der schönsten Strände, die ich kannte.
Ryuji Nekozumi, mein alter Freund hingegen, würde mit uns aufbrechen, da wir, um auf den neuesten Stand zu kommen, noch mal bei ihm daheim vorbeischauen und aktuelle Geheimdienstberichte einholen würden, die Moerus betreffend. Einen Teil des Weges würde uns Team Samui begleiten, bis wir kurz vor der Landesgrenze verschiedene Wege gehen würden. Ich hatte Omoi und den Mädchen allerdings bereits das Versprechen abgeluchst, Suzume und ihren Freund sicher nach Hause zu bringen. Immerhin kannten sie die Burg, in der die beiden heutzutage arbeiteten, noch ziemlich gut aus jenen Tagen, in denen Kirabi-sama und Yugao-chan selbige zerstört hatten. War es ein schlechtes Vorzeichen, dass der damalige Unter-Daimyo, der meine Lehrerin und den Jinchuriki Kumogakures hatte anwerben und als das nicht gelang töten lassen wollte, nun als Chunin Kirigakures mit uns kam? Auf jeden Fall waren wir uns mehr als einig, ihm gegenüber mit keinem Wort zu erwähnen, dass wir überlebende Moerus suchten. Offiziell jagten wir Orochimarus Labore; da ich bereits in dreien von ihnen gewesen war, galt ich durchaus als Experte, denn die meisten Shinobi, die eines der Verstecke zu Gesicht bekamen, sahen nur eines - das, in dem sie anschließend umkamen. Darüber hinaus waren zwei Dinge nicht auszuschließen. Erstens, dass Orochimaru im Yuki no Kuni tatsächlich Stützpunkte und Labors unterhielt. Das Land war so abgelegen und so uninteressant für die fünf großen Reiche, für gewisse Forschungen und Experimente war es geradezu ideal. Und zweitens, dass Orochimaru theoretisch über die gleichen Informationen verfügte wie Konoha. Bedeutete dies einen Wettlauf um die letzten freien Moerus? Bedeutete dies, dass ihre Leben bedroht waren, falls es sie tatsächlich gab? Für die Spurensuche hatte Ryuji nur eine kleine Handvoll Personen eingesetzt, denen er vorbehaltlos vertraute. Aber letztendlich war jeder erpressbar oder unter Folter bereit, alles zu verraten, was er wusste. Und das war nicht einmal notwendig. Ein guter Spion musste einem anderen Spion nur folgen, um zu den gleichen Schlüssen zu kommen wie der andere. Zwar hatte es keinen Briefverkehr gegeben, nur mündliche Berichte, aber das war nur bis Nekozumi gewesen; Konoha hatte natürlich wieder einen Haufen Dokumente gebraucht. Wir waren sicher, dass es noch den einen oder anderen auf Oros Lohnliste in Konoha gab und deshalb die Gelegenheit genutzt, ein paar Fallen zu stellen, in denen sich früher oder später der eine oder andere Lohnsklave verfangen würde, aber wie erfolgreich würden diese sein? Hinzu kam, dass die meisten von ihnen sicherlich nicht einmal wussten, dass sie für Orochimaru arbeiteten. Und es kamen sicher noch ein paar Spione der anderen vier großen Nationen hinzu, die ihrerseits am Moeru-Komplex interessiert waren. Letztendlich aber würden die Klügsten unter ihnen folgerichtig annehmen, dass sie sich erst bewegen durften, wenn sich Kishio oder Shinpachi oder ich - oder alle drei zusammen - bewegten. Fehlten zum Beispiel Orochimaru Daten für eigene Ermittlungen, würde er einfach uns verfolgen lassen, um an sein Ziel zu kommen. War er uns voraus, kamen wir so oder so zu spät. Aber das waren Gedanken, die sich nur Anfänger machten. Profis nahmen hin, und gut war. Und es war ja nicht so, als wären wir Oro selbst nicht auch auf den Fersen. Mein kleiner Bruder Naruto befand sich just auf der Suche nach solch einem Versteck. Natürlich nicht nach dem Versteck selbst und das auch nicht alleine, aber er klapperte Informanten ab, um das Netz enger zu ziehen und Orochimaru endlich zu stellen. War er erfolgreich, würde Team Kakashi einen Präventivschlag führen. Ziel würde es sein, Orochimaru daran zu hindern, den Körper von Sasuke Uchiha nach seinem Drei Jahre-Turnus zu übernehmen und zu eigen zu machen. Falls die Anhaltspunkte zusammengetragen werden konnten.
Wie ich wusste, war Sakura Haruno in seinem Team, ein ziemlich vorlautes Gör, aber eine Schülern Tsunade-samas. Selbstverständlich führte Kakashi die Truppe an, und er war einer der besten Jounin, über die Konoha verfügte. Wenn ich es recht bedachte, waren Naruto und ich an der gleichen Mission beteiligt. Wir marschierten nur in verschiedene Richtungen und hatten verschiedene Einzelziele. Aber alles war darauf ausgerichtet, Orochimaru zu schwächen oder ganz zu vernichten. Was kam danach? Die alte Rivalität der fünf großen Reiche? Akatsuki, die mein Team bereits zu observieren versucht hatte? Ich wusste es nicht. Aber solange Orochimaru lebte und sein perfides Werk verrichtete, band er zumindest einen Teil der Ressourcen aller fünf großen Dörfer, die ansonsten vielleicht für einen vierten großen Krieg verwendet werden würden, und...

"Was?", fragte ich erstaunt und sah auf.
Kankurou schnippte erneut mit der Rechten vor meinen Augen. "Wieder da, Kleiner? Ich sagte, ich muss vorzeitig nach Hause aufbrechen."
"Was? Aber..." Mir war von vorne herein klar gewesen, dass ich auf meiner eigenen Feier nicht viel von meinen oft weitgereisten Besuchern haben würde, deshalb hatte ich jedem einzelnen angeboten, die Tage bis zu meinem Missionsbeginn zu bleiben. Kankurou hatte sich eigentlich die Zeit freigeschaufelt, um noch drei Tage in Konoha zu verbringen. Wenn er trotzdem am Tag nach meinem Geburtstag aufbrach, und das auch noch so plötzlich, dann war etwas im Busch. "Ärger?", fragte ich.
"Genügend", erwiderte er. "Ich bin es gewohnt, dass man Zuhause gegen Gaara intrigiert, aber es scheint etwas im Busch zu sein, das dieses normale Maß in den Schatten stellt. Es klappert und rappelt an viel zu vielen Ecken und Enden." Sein Blick, gedankenverloren in die Ferne gerichtet, kam zurück in die Wirklichkeit. "Irgendetwas wird passieren. Dann will ich in Suna sein, nicht in Konoha."
Ich nickte zustimmend. "Soll ich helfen?"
Verdutzt sah er mich an, bevor er schallend zu lachen begann. "Das habe ich von dir erwartet. Schade, dass ich nicht drauf gewettet habe." Er grinste in Richtung von Tooma, der das Grinsen erwiderte. "Danke. Du hast deine eigene Mission. Du nützt uns allen, wenn du die letzten Moerus findest."
Konsterniert sah ich ihn an. "Hast du das auch aus einer Kopie eines Berichts aus Kirigakure?"
"Nein, das ist meine Menschenkenntnis. Wenn Team dreizehn zusammen mit den Moerus aufbricht, um in eine abgelegene Gegend zu gehen und damit ihre wertvollen Leben riskiert, für nichts weiter als eine D-Mission, dann stinkt der Mist von unten. Da gibt es nur eine logische Schlussfolgerung." Er zuckte die Achseln. "Also gut, es gibt zwei, aber ich nehme nicht an, dass du schon wieder Wert darauf legst, mit Orochimaru und seinen Leuten zu kollidieren. Also bleibt Möglichkeit eins wahrscheinlicher. Ihr sucht nach weiteren Überlebenden des Moeru-Clans."
Ich zog die Stirn kraus. "Kan-chan, ich..."
"Mach dir lieber Sorgen darum, dass ich nicht der Einzige bin, der darauf kommen kann. Ansonsten ist die Information bei mir sicher. Ich werde sie nur im kleinen Kreis verbreiten. Und es gibt kaum wortfaulere Menschen als Temari, Gaara und Baki-sensei. Mit dem Rest musst du selbst klarkommen." Für einen Moment dachte er nach. "Es wird aber gewiss nicht schaden, wenn ich noch mal vor meinem Aufbruch bei Tsunade-sama vorbeischaue und an unseren Beistandspakt appelliere. Ist Naruto verfügbar? Und weißt du, wo Jiraiya-sama steckt?"
"Was genau befürchtest du eigentlich für Sunagakure?", erwiderte ich.
"Ärger. Hatte ich das nicht schon erwähnt?" Er klopfte mir auf die Schulter. "Tooma und Lian bleiben aber hier. Sie begleiten Aki-chan und Maria dann auch nach Tsukigakure zurück, um ein wenig Strandurlaub machen zu können. Die letzten Wochen waren hart für sie, und ein wenig Erholung steht ihnen zu."
Ich ergriff die Hand des Freundes, Ratsherr Sunagakures, und drückte sie fest. "Ich wünsche dir einen guten Heimweg, alter Freund. Und mögen sich deine Sorgen als unberechtigt herausstellen."
"Das hoffe ich auch. Aber leider bin ich zu sehr Realist." Mit der Linken klopfte er mir auf die Schulter. Dabei zeigte er eines seiner seltenen Lächeln. Mir wurde dabei Angst und Bange.
"Vielleicht sollte ich die Mission verschieben. Zwei oder drei Wochen, und mit dir nach Suna gehen. Wenn ich Shinpachi oder Kishio mitbringe, sollten wir..."
"Um Himmels Willen, lass das mal schön bleiben", sagte Kankurou erschrocken. "Meinst du, bei all dem Ärger, der Suna bevorsteht, will ich auch noch Orochimaru neugierig machen?" Er lachte erneut. "Bleib du mal schön bei deiner Mission. Und sei gefälligst erfolgreich. Das Letzte, was ich sehen will, ist Orochimaru mit einem Körper mit überlegenen sensorischen Fähigkeiten und der Kraft, mit Hilfe seines Chakras Menschen töten zu können."
Ich schluckte trocken. In mehrfacher Hinsicht, denn es war nicht gerade sehr aufbauend für mich, meine eigene Mission erklärt zu bekommen - von einem Ratsherrn Sunas. Auch, die Geheimnisse der Moerus geschildert zu bekommen half nicht gerade, um mein Vertrauen in die Gegenspionage Konohas zu verstärken. Auch wenn Sunagakure unser Verbündeter war, wir mussten irgendwo ein Leck haben, jemanden, der unsere Geheimnisse weiter verriet.
"Bevor du lange grübelst, es war Tsunade-sama selbst", sagte Kankurou unvermittelt. "Da unser Land erwiesenermaßen Orochimaru-frei ist, nicht zuletzt dank uns beiden, hat sie mich enger ins Vertrauen gezogen. Für den Fall, dass wir die Details wissen sollten, als Konohas wichtigste Verbündete."
Ich nickte zögerlich. Es war sicher nicht verkehrt, wenn Suna diese Dinge wusste und entscheiden konnte, wie es in den verschiedensten ungünstigen Entwicklungen, die möglich waren, vorgehen sollte. Falls das Bündnis hielt. Nein, ich ritt nicht darauf herum, dass Suna uns bereits einmal verraten hatte. Aber ich als Shinobi wusste nur zu gut, dass sich die Politik nicht viel um Freundschaft scherte. Es mochte der Tag kommen, an dem Kankurou und ich auf einem Schlachtfeld als Feinde auf verschiedenen Seiten zu finden waren. Möge dieser Tag niemals kommen. Oh, was für ein einfältiger Wunsch.
Ich nickte, nickte erneut und klopfte ihm auf die Schulter. "Komm gut nach Hause, alter Freund. Und pass gut auf Sunagakure auf."
"Will sehen, was sich da machen lässt." Err klopfte nun mir noch einmal auf die Schulter und ging ohne ein weiteres Wort an mir vorbei. Tooma hastete an seine Seite. Zweifellos würde er da bleiben, bis sich ihre Wege am Haupttor Konohas trennten.

Ich schüttelte den Kopf. Zu viele Informationen, zu viele Spekulationen. Und wie immer dachte ich zuviel. Viel zuviel. Das brachte nichts. Zuerst einmal musste ich meine Gedanken sortieren. Dann konnte ich immer noch spekulieren. Außerdem war es nicht gut, so kurz vor der Mission abzudriften und mir um Dinge Sorgen zu machen, mit denen ich voraussichtlich nichts zu tun haben würde. Aber ich machte mir eben Sorgen um Kan-chan, um Gaara, um Temari und erstaunlicherweise sogar um Baki, den alten Sack. Mein Hass auf ihn war erloschen, seit ich ihm die Scheiße aus dem Körper hatte prügeln können. Wirklich, der Gedanke, Gekko zu rächen, indem ich Bakis Leben nahm, war fort. Es war alles eine große Intrige Orochimarus gewesen, und mein erster Meister war nur eines der ersten Opfer. Baki hatte nur Befehle befolgt und war besser gewesen als Hayate-sensei. Und ich war besser als Baki gewesen. Schluss und gut. Aber es befriedigte mich durchaus, dass der alte Sack zu schwitzen begann, wenn wir im gleichen Raum waren... Genug. Wenn mir das gefiel, konnte es nicht mehr lange dauern, bis Baki, immerhin Ratsherr Sunas, seinen ANBU befahl, mich als potentielle Gefahr zu liquidieren, meine Freundschaft zu Kan-chan und das Wohlwollen des Godaime Kazekages hin oder her. Ich war nicht Kakashi, was bedeutete, Suna würde nur genügend ANBU schicken müssen, um mich tot sehen zu können.
"Mamo-chan? Mamo?"
Das entrückend schöne Gesicht vor mir lag leicht schräg. Ein Lächeln lag darauf, von leichter Sorge durchdrungen. Sorge, um mich?
"Maria?"
"Du warst weggetreten, seit sich Kankurou-sama verabschiedet hat."
Ich versuchte mich an einem beruhigenden Lächeln. Aber ich wusste, ich scheiterte. "Sorgen. Aber keine um uns." Damit wischte ich das Thema beiseite. "Wo ich dich gerade sehe, kannst du bitte Karin suchen? Ich würde euch beide gerne allein sprechen. Am See im Trainingsgelände. Karin weiß, wo das ist."
"Ich weiß auch, wo das ist, keine Sorge", erwiderte sie, nun weniger ernst lächelnd. "Und ich denke auch, ich weiß, wo sie ist. Sie verbringt jede freie Minute mit Hana-chan, weil die sich nicht sicher fühlt, solange Haru in der Stadt ist."
Aha. Noch eine neue Information. "Bring sie ruhig mit, wenn sie nicht alleine bleiben will."
"Und was ist, wenn Kaminari bei ihr ist? Darf der auch mitkommen?"
Eine gute Frage. Aber war es notwendig? Oder würde er sich zurückgesetzt fühlen, wenn ich ihn nicht dabei haben wollte? "Wenn er schon da ist..." Ich wandte mich um, sah noch mal über die Schulter und sagte: "Reichen zehn Minuten?"
"Ja, das reicht. Bis gleich, Mamo-chan." Sie verschwand mit Step. Anscheinend hatte sie eine wirklich gute Ahnung, wo die beiden steckten. Wie gut verstanden die drei sich mittlerweile, nachdem sie seit der Chunin-Prüfung mehrfach versucht hatten, einander umzubringen? Das Leben war manchmal wirklich merkwürdig.
Ich seufzte und machte mich selbst auf den Weg. Sonst konnte ich das Mittagessen ausfallen lassen und gleich direkt zur Klinik gehen. "Kuchiose nu Jutsu!"
Vor meinen Augen schälte sich Hikari Gosunkugi aus dem Nebel der Beschwörung. Der riesige Affe sah auf mich herab. Seine Klauen waren so scharf wie Samurai-Katana. Seinen Sinnen entging nichts. Sein Blick ruhte kalt und grausam auf mir. Das Einzige, was diesen Anblick ein wenig negierte, war die rosa Schürze, die er trug. Das, und die Aufschrift auf ihr: Küss den Koch.
"Verzeih, Mamo-chan, ich war gerade dabei, ein wenig fürs Abendbrot zu schnippeln", sagte er, während er die Schürze auszog.
"Soll ich dich zurückschicken, Hikari?", fragte ich.
"Nein, nein, schon gut." Er verwandelte sich vor meinen Augen vom riesigen Affen in den kleinen, mageren Menschenjungen mit den dunkel umränderten Augen, von dem kaum jemand jemals angenommen hätte, dass er zu den stärksten Affenkriegern gehörte, die der Clan hatte - außer, er hatte Gaara schon einmal in Aktion gesehen. "Ich koche mit Nabiki und Kasumi. Die beiden Tendo-Schwestern werden auch ohne mich klarkommen. Aber es wäre nett, wenn ich zum Mittagessen für eine halbe Stunde zurückkehren könnte."
"Oh. Ja, das ist machbar. Ich wollte mich auch nur mit dir unterhalten, während ich zu einem Treffpunkt gehe."
Hikari fühlte sich sichtlich unwohl, als er antwortete. "Hör mal, Mamo-chan, wenn es wichtig ist, können wir auch durcharbeiten. Ich bin sicher, Kasumi versteht das."
"Nanu? Läuft da was zwischen dir und der Jüngsten im Hause Tendo?", fragte ich erstaunt.
Der blasse kleine Shinobi errötete leicht. "Nein. Ja. Nein. Ja. Ach, ich weiß es nicht. Ich habe sie mir wohl nie so richtig angesehen, immer nur auf ihren Ruf als verschlagene Spielerin geachtet... Aber als ich das mal getan habe, fand ich einen schwierigen Affen vor, ja, aber jemand, bei dem es sich lohnt, mehr über ihn zu erfahren." Schüchtern hob er die Schultern. "Wir sind noch in der Kennenlern-Phase. Vielleicht passen wir auch gar nicht zusammen, aber seit einem Monat etwa bin ich mehr bei den Tendos als bei mir Zuhause. Onkel Soun hat mich schon ziemlich verstört gefragt, ob ich bereits in seinem Haus schlafe."
Ich kicherte. "Und? Tust du es?"
"Natürlich tue ich es, aber das brauche ich dem alten Wolf ja nicht gerade unter die Schnauze zu reiben, oder?" Er grinste wölfisch. Dabei wirkten seine Reißzähne länger als sonst, irgendwie affischer. Das erinnerte mich daran, dass selbst der dürre Junge vor mir nur ein Scheinbild war. Der riesige Affe war seine wahre Gestalt.
"Und? Denkst du, es wird was?"
Hikari seufzte. "Vielleicht wenn sie ein wenig von sich aufgibt und ich ein wenig, hm, offener werde. Erstaunlicherweise haben wir viele gemeinsame Interessen. Sie küsst phantastisch, und ihr Hintern, der ist eine echte Wucht. Da mal die Hand drauf legen, und du schwebst in Wolke sieben, und... Ist was, Mamo-chan?"
"Sicher, dass ich das hören soll?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue.
Hikari lachte und legte einen Arm um meine Schultern. "Ist doch egal. Du bist der Mensch, dem ich am meisten vertraue. Das macht dich in der Reihenfolge meiner Freunde zu Nummer vier oder fünf."
"Oh, ich fühle mich geehrt." Und das meinte ich nicht spöttisch. "Und? Ist es was ernstes? Ich weiß, du fandest früher Akane toll, aber..."
Er verzog das Gesicht zu einem wehmütigen Lächeln. "Ja, das ist auch so ein Problem. Ich fand sie immer klasse, und es tut mir weh, dass Ranma jetzt unverkennbar ihre Nummer eins ist. Aber nicht so sehr, wie ich befürchtet habe. Außerdem würde ich nicht Zeit mit Nabiki verbringen, wenn sie für mich nur ein Ersatz wäre. Du kennst mich."
"Ja. Bloß jedem unnötigen Aufwand aus dem Weg gehen." Ich knuffte ihn gegen die Schulter. "Das ist mein Hikari, wie ich ihn kenne."
"Und mag, wolltest du doch gewiss sagen?", fragte er argwöhnisch.
"Natürlich. Und jetzt komm, lass uns gehen und dabei reden."

Wir hatten ein gutes Tempo drauf, aber wir liefen nicht. Ab und an benutzten wir Step. Zwischendurch einmal hielt ich, weil ich Fuses Chakra entdeckt hatte. Aber keine Probleme, die Katze trug nun das Konoha-Stirnband als Halsband und ließ sich kraulen und überfüttern. Und das von ANBU. Die hatten sich aber schnell an die veränderte Situation gewöhnt.
Während wir also für Ninja-Begriffe schlenderten, informierte ich ihn über die Natur des bevorstehenden Auftrags. Hikari nickte, wiederholte einige Details und stellte dann Fragen.
"So, wie ich das sehe, wird Kicchan für die Suche zuständig sein, während Shinpa-chan die Außensicherung übernimmt. Team dreizehn beschützt beide dabei. Wozu brauchst du mich als Sensorik-Spezialisten?"
"Genau deshalb. Du bist Sensoriker und meinen Fähigkeiten weit überlegen. Außerdem bist du ein herausragender Kundschafter. Ich hätte gerne, dass du als zusätzliche Instanz die Peripherie überwachst. Wir, die wir mitten in der Materie stecken werden, neigen eventuell dazu, Details zu übersehen, die wichtig werden könnten."
"Du meinst so wichtige Details wie gewisse weißhaarige Shinobi, die Konoha verraten haben?"
"Zum Beispiel."
"Hm." Hikari legte den Kopf schräg. "Aber das Hauptziel ist es, potentielle Moerus zu finden, die nicht getötet wurden? Gibt es dafür überhaupt eine Wahrscheinlichkeit?"
"Eine gewisse. Einige Moerus waren auf Missionen unterwegs, und jene, die im Dorf waren, als es von Itachi Uchiha vernichtet wurde, können nicht gezählt werden. Wenn einige wie Kishio außerhalb waren und wenn der eine oder andere auf Mission schneller war als die auf ihn abgestellten Attentäter, kann es Überlebende geben. Sicher gab es Notfallpläne, Ausweichpläne. Kishio kannte keinen davon, sonst wäre er dem Notfallplan gefolgt."
"Himmel, aber warum kannte er keine? Ich meine, mit sechs musste er schon töten! Da wird doch irgendjemand in der Hierarchie doch daran gedacht haben, dass gerade der zukünftige Clanschef wissen muss, wie er sich im Notfall in Sicherheit bringen konnte!"
"Ein unglücklicher Zufall", erklärte ich. "Wirklich, ein dumme Geschichte. Die Moerus wechselten ihre Notfallpläne regelmäßig und bereiteten jeweils neue Verstecke vor. Als Kishio seine letzte Moeru-Prüfung durchlief, wurden die Verstecke turnusmäßig neu verteilt. Alle wurden informiert, nur nicht der kleine Kishio auf seiner Überlebensprüfung draußen im Wald. Als er heim kam und alles zerstört vorfand, suchte er die alten Ausweichplätze auf, fand aber niemanden. Er versuchte natürlich, die neuen zu finden, zum Beispiel in den Dörfern ihrer Verbündeten, aber die hatten ihn zum Feind erklärt. So kam eines zum anderen. Ach, und falls ich es noch nicht erwähnt hatte, als Shinpachi gefangen wurde, wurden mit ihm eine Handvoll Kinder gefangen. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Nein, das ist falsch. Eine von ihnen, Kishios Schwester, arbeitet nun für Orochimaru. Sie soll ein ziemlich brutales und gewissenloses Biest geworden sein. Ich nehme nicht an, dass es den anderen Kindern besser ergangen ist."
Hikari starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. "Ach du heilige Scheiße. Wie mag dann erst der Rest aussehen? Falls es einen Rest gibt. Ich meine, wenn es Gefangene gab, haben die Angreifer auch bald über die Notfallpläne Bescheid gewusst, richtig?"
Natürlich, das war klar. Folter lockerte jede Zunge. Wer das Gegenteil behauptete, oder sogar meinte, er könne Folter widerstehen, hatte sie noch nie am eigenen Leib erlebt. Es gehörte zur Ausbildung eines Konoha-Nin, Folter kennenzulernen und zu erlernen, wie man ihr lange genug widerstand oder wie man zur richtigen Zeit die falschen Informationen preisgab. Man lernte auch, wie man sich selbst tötete, selbst wenn Arme und Beine gebunden und die Zunge aus dem Mund gezerrt worden war, für den ultimativen Selbstschutz. Kurz gingen meine Gedanken zu Puny-sama. Sie war auf solche Dinge spezialisiert. Ich konnte mir kaum vorstellen, was sie alles durchlebt hatte, aber ich wusste, dass sich eine ziemlich große und alte Narbe über ihre Bauchdecke zog. Ein Überbleibsel einer besonders schweren Gewalttat, die sie als Kunoichi über sich hatte ergehen lassen. Der Lohn war das Leben des Sandaime Hokages gewesen, der durch seine fähige Spionin rechtzeitig vor einem Komplott gegen ihn gewarnt worden war. Aber das war eine vollkommen andere Geschichte. "Deshalb werden sich die überlebenden Moerus nicht an die Notfallpläne gehalten haben, sondern sind eigenen Wegen gefolgt. Dadurch waren sie so gut wie unmöglich aufzuspüren. So gut wie unmöglich." Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. "Mein Freund Ryuji hat eine Spur im Yuki no Kuni entdeckt. Weißt du, je weiter man sich vom Land der Reisfelder entfernt, desto seltener begegnet man dem Moeru-Mythos, der jedem den Tod prophezeit, der einem Moeru begegnet oder sich gar mit ihm einlässt. Im Yuki no Kuni sollte der Mythos demnach gänzlich unbekannt sein. Ist er aber nicht."
"Und das ist die ganze Spur?", fragte Hikari überrascht.
"Es gibt noch ein paar Details mehr, aber, ja, das ist unser Aufhänger. Und damit wir nicht vollkommen vergebens da hoch fahren, werden wir das neu aufgestellte Ninja-Kontingent des Landes trainieren."
Hikari nickte. "Klar, ist ja auch logisch. Der ewige Chunin ist dafür bekannt, dass er bis zu einundzwanzig Mann auf einen Schlag lenken kann und jeden einzelnen optimal nach seinen Fähigkeiten einsetzt. Das passt schon."
"Aber?"
Hikari lächelte. "Aber ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, wenn wir da oben tatsächlich Moerus finden. Sie werden eine verdammt misstrauische Bande sein. Und vergiss nicht die entführten Kinder. Wenn sie alle umgedreht wurden und da oben mitmischen... Das könnte hässlich werden."
"Wir werden sehen, Hikari. Genau deshalb will ich ja, dass du mitkommst."
"Ich verstehe immer besser, wieso." Wir erreichten das Trainingsgelände. "Wenn es das gewesen ist und du die Freundlichkeit besitzt, mich wieder zurückzuschicken... Es gibt gleich Essen."
"Natürlich. Danke, hast einen gut bei mir, Hikari. Kai!"
Der Affe verschwand in einer weißen Rauchwolke. Das war der leichte Part gewesen.

Ich zog mich in Richtung der drei Phäle zurück, setzte mich auf den mittleren und spielte mit dem Gedanken, einen Kage Bunshin zu erschaffen, der an meiner Stelle mit Maria und Karin reden würde. Etwas zu spät, denn kaum hatte ich es mir bequem gemacht, kamen drei Shinobi vor mir aus dem Step. Genauer gesagt waren es Kunoichi. Hanako, Karin und Maria. Hinter mir folgte eine vierte Person. Ein Mann diesmal. Ryu Kaminari, Hana-chans Freund. Ich spürte leichte Eifersucht auf ihn. Noch immer. Ja, auch ich konnte egoistisch und selbstverliebt sein.
"Na, da bin ich aber gespannt", sagte Ryu und ließ sich neben dem mittleren Pfahl zu Boden sinken, um sich hinzusetzen.
"Hast du nicht was zu tun?", fragte ich freundlich.
"Damit ich das hier verpasse? Keine Chance, alter Junge."
"Eins sage ich dir gleich. Das könnte hässlich werden."
"Eventuell kannst du dann jemanden gebrauchen, der auf deiner Seite ist", erwiderte er.
"Bist du denn auf meiner Seite?"
"Kommt drauf an", erwiderte er grinsend.
"Hört auf so zu reden, als wären wir nicht da!", rief Hana-chan entrüstet. "Nicht, dass es mich etwas angeht, aber solange dieser Haru hier rumläuft, bleibe ich bei Karin."
Ryu räusperte sich vernehmlich, und das blonde Mädchen errötete. "Außer nachts. Da übernimmt Ryu meinen Schutz."
Erneut spürte ich meine Galle aufkochen. Ich hatte es immer noch schwer zu akzeptieren, nicht mehr Hanas Nummer eins zu sein, obwohl ich es nie darauf angelegt hatte.
"Aber wahrscheinlich schadet es nichts, wenn ich meinen Frauen zur Seite stehe", schloss sie und setzte sich im Seiza. Maria und Karin folgten ihrem Beispiel.
Ich sprang vom Balken herab und ließ mich ebenfalls im Seiza vor ihnen nieder. "Karin, Maria, ich weiß nicht recht, wie ich das anfangen soll, aber... Nun. Eventuell habt Ihr erwartet, ich würde an meinem Geburtstag Tacheless sprechen, nachdem sogar der Rat der Nara mir im Nacken sitzt, um Aki-chan stärker an Konoha zu binden und so weiter. Aber ehrlich gesagt habe ich es nicht gewagt. Mich nicht getraut. Es ging mir schlagartig besser, als ich die Entscheidung getroffen hatte, es nicht zu tun."
Die beiden Mädchen sahen mich erstaunt an. "Heißt das etwa, du...?", begann Karin fragend.
"Nein, das heißt es nicht." Ich sah Maria an. "Du bist die Mutter meines Sohnes. Was habe ich dich früher gehasst. Es fiel mir nicht schwer, diesen Hass aufzugeben, weil ich von dir spüre, dass du dich vielleicht nicht geändert hast, aber dass sich deine Prioritäten verschoben haben. Auch wenn ich nicht behaupten kann, dass ich dich heute liebe, so mag ich dich mittlerweile. Sehr sogar. Und ich denke, durch deine und Akiras Aufnahme in die Morikubo-Familie haben wir einiges richtig gemacht." Ich sah Karin an. "Du und Hanako, Ihr beide seid für mich stets das Wichtigste auf der Welt gewesen. Immer, wenn ich gekämpft habe, habe ich mir gesagt, ich tue es für euch oder um euch wiederzusehen. Daran hat sich nichts geändert." Ich sah, dass beide Mädchen erröteten. Unsere Bande waren stark, und das mussten sie auch sein, denn wir waren ein Genin-Team gewesen. So etwas verband für das ganze Leben. "Du hingegen, Karin, hast einmal vor mir gestanden, dein Hemd aufgerissen und mir die Brust zum Todesstoß hingehalten, weil du nicht in einer Welt leben wolltest, in der ich dich nicht mehr kenne, in der ich dein Feind bin. Damals habe ich gemerkt, dass..." Ich musste lächeln, warm und aus der Tiefe meines Herzens. "Dass das kleine, stille, blasse und schüchterne Mädchen mein Herz erobert hat. Stärker und nachdrücklicher als alle anderen Frauen. Ich liebe dich, Karin, und das mehr als alles andere auf dieser Welt."
Sie sah mich an, als hätte sie diese Worte von mir zum ersten Mal in ihrem Leben gehört. Ihr Lächeln war wie ein wunderschöner Schmetterling, der das erste Mal seine Flügel ausbreitete und die Welt erfreute. Sie sagte nichts, aber ihr Blick erzählte mir, dass ich für diese Worte vor einer langen und anstrengenden Nacht stand. Was mich nicht unbedingt störte.
"Jedenfalls habe ich gut daran getan, euch beiden gestern keinen Antrag zu machen. Denn ich wurde heute morgen auf einen wichtigen Umstand aufmerksam gemacht." Danke, Kawada.
"Und dieser Umstand ist, dass Konoha zwar vom reinen Gesetz her eine legale Zweitfrau erlaubt, ein Erbe aus jener Zeit, als die Clans in unserer Stadt noch wesentlich stärker waren als heute, aber die Heirat erfordert, nun, die Erlaubnis der Hauptfrau."
Verwirrt sahen die Mädchen mich an. "Mamo-chan, du meinst..."
"Richtig, Hana-chan. Um mich mit Maria verloben zu können muss ich zuerst mit Karin verheiratet sein. Und um sie zu heiraten, muss ich mich erst mit ihr verloben. Ich denke, es wäre gestern das falsche Signal gewesen, das Gesetz zu brechen oder mich ohne diese Erklärung nur mit Karin zu verloben."
Die jungen Frauen wechselten ein paar Blicke untereinander. Teufel auch, wie gut sie sich mittlerweile verstanden. Alle drei. Und obwohl Hanako nicht mehr "im Rennen" war, spielte sie nur zu gerne ehrenhalber mit.
"Okay, das haben wir verstanden. Was also schlägst du vor, Mamo-chan?", fragte Karin.
Ich kratzte mich an der Stirn und sah verlegen in die Wolken. "Wann bist du denn bereit, mich zu heiraten, Karin?"
"Was?"
"Nur so ungefähr. Damit ich weiß, wie, nun, der Gesamtfahrplan aussehen wird."
"Sie hört dich nicht mehr." Hanako fuhr mit der rechten Hand vor ihren Augen auf und ab. "Vollkommen weggetreten. Du hättest das H-Wort nicht so unverblümt aussprechen sollen."
Ich betrachtete ihr vollkommen verzücktes Gesicht. Der Schock, den sie erlitten hatte - natürlich im positiven Sinne - war heftig gewesen.
"Nein!", hörte ich ihre Stimme energisch rufen. "Nicht jetzt. Nicht JETZT!" Ihre Augen wurden wieder klar. Sie sah mich an, aber das Lächeln blieb das Gleiche. "Muss es sofort sein?"
"Wir sind hier, um genau darüber zu reden."
Karin sah Maria an. "Maria-chan, wie lange darf es denn für dich noch dauern?"
Sie errötete ein klein wenig. "Oh, ich kann warten. Nur, was ist für Akira das Beste?"
"Guter Einwand."
"Wenn wir Akira hinzu ziehen, dann sollten wir das abschließen, bevor er auf die Akademie kommt. Denn er wird sicherlich ein Shinobi werden wie sein Vater", sagte Karin bestimmt.
"Ich weiß nicht. Das Handelsgeschäft seines Großvaters findet er auch ziemlich cool", warf Maria ein. "Aber der Zeitrahmen ist zumindest eine Idee."
Karin nickte zufrieden und sah wieder mich an. "Zwei Jahre. Lass uns zwei Jahre warten und dann eine endgültige Entscheidung fällen, wann wir heiraten. Und dann, wenn wir verheiratet sind, verlobst du dich mit Maria, und wir entscheiden, wann Ihr heiratet. Sind alle damit einverstanden?"
Maria nickte ohne zu zögern, Hanako ebenfalls. Warum hatte sie dabei eigentlich ein Mitspracherecht? Und Ryu meinte, als Karin ihn ansah: "Geht in Ordnung."
"Was hast du da eigentlich mitzubestimmen?", fragte ich ärgerlich.
Er beugte sich leicht vor, sodass er mir auf die Schulter klopfen konnte. "Geht schon in Ordnung. Ich gehöre zum inneren Kreis jener verschworenen Gruppe, die dir mächtig auf die Füße gestiegen wäre, wenn du dein Leben nächstes Jahr immer noch vor dir hergeschoben hättest. Natürlich nur aus rein freundschaftlichen Motiven, großer, böser Konoha-Nin."
Ich lächelte gequält. Wer die Mitglieder dieser Gruppe waren, ließ sich sehr leicht erraten. Und das Problem war, sie meinten es wirklich gut mit mir. Zumindest redeten sie sich das ein...
"Gut, dann sind wir uns einig", sagte ich und erhob mich. "Und nun ab nach Hause. Es gibt gleich Essen. Hana-chan, Ryu, kommt Ihr auch?"
"Yuria-samas gutes Essen werden wir uns wohl kaum durch die Lappen gehen lassen. Nicht, Schatz?", meinte Ryu.
"Darauf kannst du wetten!", erwiderte sie. Die beiden verschwanden per Step.
"Hey! Einen Vorsprung holen ist unfair!", rief ich. Kurz lächelte ich den beiden Mädchen zu, und gemeinsam gingen wir in den Step.
***
Eine Stunde später stand ich in einem sterilen Flur in Konohas Hospital. Ich war einigermaßen erstaunt, vielleicht sogar geschockt, seit ich wusste, was Tsunade-sama geplant hatte. Und es war umso erstaunlicher, dass es tatsächlich funktionierte.
Ich sah Kira an, der mir gegenüber saß und seine Gedanken ordnete. Komisch genug, ihn ohne Kuzomi zu sehen. Aber so tief in Gedanken versunken, so als würde er tatsächlich ernsthaft überlegen, war etwas vollkommen Neues. "Hast du Angst?", fragte ich.
Er winkte ab. "Nicht wegen sowas, Mamo-chan. Außerdem geht es in Ordnung. Es ist schließlich eine Mission. Und wer braucht schon Haare? Nein, was mir zu schaffen macht, ist die Entscheidung, wo ich sie mir entnehmen lasse. Dass ich das für dich tue, stand schon fest, bevor man mich gefragt hat."
Das war eine erwachsene Einstellung. Mehr noch, es bewies ein Vertrauen in mich, das ich kaum jemals rechtfertigen konnte. Und dabei hatte es beinahe harmlos begonnen.

Tsunade-sama hatte uns beide empfangen, begleitet von Kakashi, und einen langen Vortrag darüber gehalten, wie Chakra entstand, wie es sich manifestierte und woran es haften konnte. Dies schloss einen Vortrag über Kinkaku und Ginkaku ein, die der Legende folgend einmal vom Kyubi gefressen worden waren und sich am Leben gehalten hatten, indem sie sein Fleisch gegessen hatten - bis der Kyubi alle beide wieder ausgekotzt hatte. Na, besser da raus als anders herum. Auf jeden Fall hatten sie dadurch, dass sie sein intensiv chakralastiges Fleisch gegessen hatten, auch sein Chakra absorbiert, zumindest zum Teil. Es hieß sogar, ihre Körper hätten bis zu ihren Toden das Chakra dies Neunschwänzigen selbst produziert. Und genau das war der Punkt gewesen, an dem sie angesetzt hatten.
"Es ist nur eine Art Spielerei", hatte Tsunade-sama gesagt, "aber es wird eine Überraschung sein, und das ist es, was wir für diese Mission brauchen: Verwirrung unter Feinden und Freunden. Mamoru, ich will, dass du Körpersubstanz in dich aufnimmst, die von einem Raiton-Nutzer stammt. Dadurch wirst du für eine begrenzte Zeit in der Lage sein, künstlich eine schwache Raiton-Natur zu entwickeln. Genauer gesagt will ich, dass Ihr zwei, Mamoru, Kira, einen Teil eurer Haare tauscht."
"Ist das möglich, Tsunade-sama?", hatte ich überrascht gefragt.
"Es ist möglich. Aber wir stehen hier noch relativ am Anfang, also garantiere ich maximal fünf Wochen, bevor eure Körper die fremden Haare samt Wurzel abstoßen", hatte sie erklärt. "Bis dahin müsst Ihr wieder hier sein und die Haare zurücktauschen."
"Moment, Moment, noch mal für die billigen Plätze. Kira und ich tauschen Haare aus. Meine wachsen dann auf seinem Kopf, und seine auf meinem. Dadurch erlange ich eine, wenn auch schwache, Raiton-Fähigkeit, und er eine Katon-Ader?"
"Allerdings eine sehr schwache, die er kaum wird nutzen können", hatte sie bestätigt. "Bei dir wird es etwas anders sein, denn Kakashi hat sich bereit erklärt, ein paar seiner Haare zu opfern und dir eine Grundkontrolle im Raiton beizubringen. Die Haare sollen dir vor allem helfen, quasi mit einem Trick, Raiton-Chakra zu schmieden."
Ich hatte Kakashi gemustert. "Haare von dir, Sempai?"
Der weißhaarige Ninja hatte genickt. "Nur ein paar. Von einer Stelle meines Körpers, wo es nicht unbedingt auffällt, dass sie fehlen."
"Will ich wissen, von wo genau die Haare stammen werden?"
Doch Kakashi hatte nur gelacht. "Haare sind Haare. Kira bringt die Masse, ich bringe die Feinheiten."
"Okay, das kann ich akzeptieren. Aber warum brauche ich eine zeitweilige Raiton-Fähigkeit, Tsunade-sama?"
Sie hatte mich angesehen und beinahe gelacht. "Für die Show, Mamo-chan. Für die Show."
"Für die Show?"
Ihr Grinsen wurde diabolisch. "Für die Show. Mit diesem Raiton wirst du deinem Diener Kishio, der dir vollkommen hörig ist, von Zeit zu Zeit einen vollkommen harmlosen, aber sehr effektvollen Stromstoß verpassen, zu dem dieser höllische Schmerzen schauspielern wird. Ich kann gar nicht abschätzen, wie verwirrt unsere Feinde sein werden, wenn statt Mamoru Morikubos ein alter Mann mit Raiton-Fähigkeiten gen Norden gesandt wird. Und ich will behaupten, dass Kishios erbarmungswürdige Position einiges an Aufmerksamkeit und Mitleid wecken wird. Natürlich tust du das nur, um den kaum zu bändigen Moeru unter Kontrolle zu halten, damit er nicht sinnlos tötet."
Ich spürte einen kalten Schauder meinen Rücken runterjagen. "Show schön und gut, Haare schön und gut, und einen Moeru, der einem bösen Albtraum entsprungen sein wird schön und gut, Tsunade-sama. Aber warum soll ich einen alten Mann mimen?"
"Weil schauspielern für uns fast genauso wichtig ist wie ein Kunai zu werfen. Und weil Desinformation zu unserem Geschäft gehört. Du kriegst das doch hin, oder?"
"Natürlich kriege ich das hin."
"Na, dann überlegt euch mal, Ihr zwei, von wo wir die Haare nehmen sollen, Mamoru, Kira. Wir sehen uns wieder, wenn Ihr euch entschieden habt. Ach, und noch etwas. Kintaro wird als Bodyguard der Moerus mitgehen, nur falls du damit noch nicht gerechnet hast. Zudem gebe ich eine weitere ANBU mit."
Ich hatte die Ohren gespitzt, denn dass sie die weibliche Form so betonte, hieß tatsächlich nichts anderes, als dass sie eine weibliche ANBU zugeteilt hatte. Und mir schwante, dass da eine Geschichte dranhing.
Tja, und nun saßen wir zwei vor der Tür und überlegten uns, wo die Haare von unseren Köpfen fortgenommen werden würden. Das war vor allem für mich wichtig, denn die Haare, die Kakashi-sempais Haaren weichen würden, würde ich kaum wiederbekommen. Und: Wollte ich wirklich wissen, wo sich Kakashi die Haare entnehmen ließ, wenn er sie dort tatsächlich nicht mehr brauchte? Ich beschloss, diesen Teil für immer zu ignorieren.
Kira schlug beide Hände auf seine Oberschenkel. "Das ist es. Wir verpflanzen sie entlang des Mittelscheitels, bis runter zum Hinterkopf. Dieser schwarze Strich wird mir eine ganz besondere Note geben!"
Ich war tatsächlich beeindruckt von seinem Mut. Und von seiner Eitelkeit.
"Dann lasse ich mir meinen auf dem Hinterkopf entnehmen und deine dort einpflanzen. Für einen Nara-Teebesen sind sie nicht lang genug, aber eine blonde Strähne da hinten wird mir gut stehen."
Kira schnaubte amüsiert. "Pass bloß gut auf meine Haare auf, Sensei."
"Und du auf meine." Ich streckte ihm die Hand entgegen und er schlug ein.
"Tsunade-sama, wir haben uns geeinigt."
"Reinkommen!"
"Sensei, wenn ich deine Haare habe, auch wenn das Katon nur schwach ist - zeigst du mir ein paar Tricks?"
"Natürlich, Kira." Die Tür schloss sich hinter uns. Und eine neue öffnete sich vor uns. Sie führte in einen verdammt spannenden Raum namens Zukunft.

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Raiton... Was für eine Möglichkeit. Nachdem ich dank Asuma hart daran gearbeitet hatte, neben meiner Feuer-Affinität Wind zu meinem zweiten Element zu machen, um einige seiner besten Tricks übernehmen zu können - natürlich auch die nicht so guten - machte mich die Aussicht auf eine dritte Natur mehr als ein wenig nervös. Die Herrschaft über das Blitz-Naturell zu haben katapultierte mich automatisch in die Oberliga, in die Reihe derer, die Voll-Jounin waren, und unter ihnen noch eine Spur höher, wenn es mir gelang, Jutsu zu erlernen oder gar zu entwickeln, die alle drei Naturen kombinieren konnten. Dazu musste ich nicht einmal das Chakra mixen, ich musste nur verschiedene Künste aller drei Disziplinen kombinieren. Eine Sache hatte ich schon ausgearbeitet: Alle Entzündungs-Katons konnte ich mit Raiton viel leichter entflammen. Der Haken: Ich würde diese Affinität maximal fünf Wochen behalten können, danach würde mein Körper die fremden Haare von Kira und Kakashi wieder abstoßen. Dann würde ich, wenn ich weiterhin Raiton-Künste verwenden wollte, enorm viel Chakra aufwenden müssen, um meine Affinität zu wandeln. Luft war bereits schwierig für mich, aber nicht unmöglich. Blitz hingegen war weit von mir entfernt, eigentlich das Element, mit dem ich die geringsten Berührungspunkte habe. Eine Kunst, die ich aus eigenem Antrieb nie zu erlernen versucht hätte. Nun bekam ich sie geschenkt, wenngleich nur in einem sehr geringen Maß und für eine sehr begrenzte Zeit, denn die Haare produzierten von sich aus Raiton-Chakra, wenngleich nicht sehr viel. Aber es würde reichen, um jene "Blitzschläge" zu erzeugen, mit denen ich Kishio "foltern" würde, um das Interesse der Moerus zu wecken. Und vielleicht würde es noch für die eine oder andere Überraschung gut sein, denn davon lebte ein Ninja nun mal: Überraschung. Leider würde Kakashis bestes Jutsu, das Chidori, für immer und ewig aus meiner Reichweite bleiben. Und das war wirklich schade.

"Aniki."
Ich wandte mich um, als ich Kishios Stimme hörte. Nach dem Eingriff für die Haarverpflanzung - ich wollte es nicht eine Operation nennen - war ich in Konoha herum gewandert und stand nun in einem der Geschäftsviertel der Stadt. Wieder einmal drängte sich mir für Konoha der Vergleich mit einer jungen Frau auf, die sich aufgehübscht hatte. Ich mochte dieses Bild.
"Aniki?", fragte Kishio noch einmal, als ich nicht reagierte.
"Entschuldige, ich war in Gedanken. Was gibt es?"
Kishio drückte die Fingerspitzen beider Zeigefinger gegeneinander. "Äh... ja... ich entschuldige mich dafür, dass ich meine Beherrschung verloren und dich angebrüllt habe... Das hätte nicht passieren dürfen, egal, wie aufgebracht ich war. Und es hätte schon gar nicht passieren dürfen, wenn dritte anwesend sind und du dein Gesicht verlierst. Verzeih mir, bitte! Es tut mir leid!"
Verwundert runzelte ich die Stirn. "Aber du hast doch gar nicht geschrien. Zumindest nicht, dass ich mich erinnern könnte."
"Das ist hier nicht das Problem", erwiderte er. "Ich habe die Hierarchie missachtet und dich bloßgestellt. Unter vier Augen ist das in Ordnung, aber nicht vor Dritten. Und gerade nicht vor Mais Eltern."
"Otouto, dies ist Konoha. Du bist in ziemlich starren Clanstrukturen aufgewachsen, aber ich dachte, Du hättest mittlerweile gelernt, dass wir die Dinge hier etwas lockerer sehen. Wir sind weder die Hyuugas, noch die Uchihas. Wenn nicht dann, wann sonst hättest du mir wiedersprechen sollen?"
"Das ist etwas, was ich an dir nicht verstehe", gestand Kishio. "Einerseits bist du mein Taisho. Andererseits bist du so weich und nachgiebig, als würde dich dieser Status nicht interessieren. Als Beschützer der Moerus hast du einen Titel und einen Ruf zu wahren, egal wie liberal Konoha da auch ist. Letztendlich sind die Moerus noch strikter als die Hyuugas."
Ich runzelte die Stirn. "Denkst du nicht, dies wäre eine gute Gelegenheit, die, ah, Regeln etwas zu lockern? Du weißt doch selbst am Besten, wie sehr du unter deinem strikten Großvater gelitten hast."
"Es war damals die einzige Möglichkeit für den Clan, um zu überleben. Und selbst das hat uns letztendlich nicht vor Orochimaru retten können." Kishios Augen bekamen etwas Verlorenes, was ich dort lange nicht gesehen hatte.
Ich nickte unmerklich. Die Geschichte der Moerus, also der Hauptfamilie des Uzumaki-Clans und den überlebenden Moerus, war mir mehr als bekannt. Als ehemalige Verbündete Konohas hatten sie einen hohen Stellenwert genossen, aber nach Zerstörung des Heimatdorfs der Uzumaki hatten sie sich dem Land der Reisfelder zugewandt, nicht Konoha. Nun aber wollten wir den Fehler korrigieren und die Überlebenden hier in Konoha konzentrieren. "Mit Konoha zusammen wird es mehr Möglichkeiten zum Überleben geben, Otouto. Und mehr Freiheiten."
"Eine komische Aussage von einem militärischen Führer", sagte Kishio, halb ernst, halb im Scherz.
"Hm. Lass es mich mal so formulieren. Hast du je bemerkt, dass ich im Feld gezögert hätte, einen Befehl zu geben? Hattest du je das Gefühl, ich würde zögern oder zaudern, auch gefährliche Befehle auszusprechen?"
"Nein."
"Ich habe auch nicht vor, je zu zögern. Ich habe zu viele Genin trainiert und aus ihnen Drei Mann-Zellen gemacht, um nicht mit jeder Form von Schwierigkeit vertraut zu sein, von einfachem Trotz bis hin zu Insubordination."
"Insub-was?"
"Äh, offenes Aufbegehren", erklärte ich. Manchmal vergaß ich, dass Kishio sein halbes Leben in der Wildnis verbracht hatte. Der Junge holte so verdammt schnell auf, dass ich manchmal selbst daran zweifelte, ihn irgendwo halbtot im Wald aufgelesen zu haben, anstatt zu glauben, er wäre ein echter Konoha-Junge. "Aber hier in Konoha... Natürlich ist es nicht nett, wenn du mir vor Mais Eltern widersprichst. Aber wann hättest du dann widersprechen sollen?"
Kishio druckste verlegen. "Später. In einem Hinterzimmer. Nicht vor deinen Gästen. Ich habe mich hinterher sehr unwohl gefühlt, mich beinahe geschämt. Nein, Aniki, ich hätte nie so reagieren dürfen. Zwar hatte ich kurz zuvor mit Mai-chan gesprochen, wir haben alles geklärt zwischen uns, daijoubu, und hatten vereinbart, es langsam angehen zu lassen - da kommen wir wieder rein und man erklärt uns, wir wären jetzt verlobt."
"Na, dann weißt du ja, wie ich mich gefühlt habe, als mir der Rat nahegelegt hat, Maria zu heiraten", erwiderte ich trocken. "Oh, ein Eigentor."
"Mein Hauptproblem ist einfach, dass du mir die Wahl gelassen hast. Hättest du radikal gesagt: Otouto, du tust das jetzt zum Wohle der Nara, zum Wohle Konohas und zum Wohle Mais, was hätte ich da erwidern sollen? Aber es ist ja alles freiwillig. Und wenn du mir Freiheiten gewährst, dann nutze ich sie auch. Aber das reicht noch nicht als Ausrede, dich vor den Eltern meiner Verlobten derart bloßzustellen. Deshalb bitte ich dich, meine Entschuldigung anzunehmen."
"Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob du das tatsächlich musst, Kishio, aber ich nehme die Entschuldigung an. Und ich verspreche dir, das nächste Mal, wenn ich versuche, dein Leben umzukrempeln, beziehe ich dich von Anfang an mit ein."
"Du meinst, du willst so was noch mal mit mir machen?", fragte Kishio mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Wer weiß, wer weiß? Wir werden noch eine sehr lange Zeit zusammen bleiben, Kishio. Unser ganzes restliches Leben noch. Und ich kann heute noch nicht sagen, was uns alles passieren wird." Ich lächelte und reichte ihm die Hand. "Manchmal bin ich ein wenig egoistisch oder sehe die Welt nicht, weil ich Scheuklappen aufhabe. Und ich bin auch nicht dein Großvater und nicht das, was du als Taisho gewohnt bist. Ich bin eben nur ich. Das sind meine größten Fehler. Aber willst du es trotzdem mit so einem dummen Aniki probieren?"
Nun, zumindest lächelte er wieder. Er ergriff meine Hand und drückte sie fest. "Jederzeit. Und es ist vielleicht ganz gut, dass es so passiert ist und nicht anders. Ich denke, es wäre eh an der Zeit gewesen, unsere Beziehung neu zu definieren, jetzt, wo ich tatsächlich wieder so etwas wie einen Clan habe. Ich meine, du bist der Mann, der mich gerettet hat, als ich ganz am Ende war. Du hast mich zu meinem Bruder geführt und uns wieder miteinander vereint. Du warst mir Halt und Stütze, wann immer ich dich gebraucht habe. Aber der Clan ist der Clan, und..."
"Und da habe ich nichts zu sagen, verstehe."
"Ja. Nein. Ja. Du hast mir was zu sagen, und damit auch dem Clan. Und die meisten Dinge, die du anordnest, wird Shin-chan auch ohne Rückfragen ausführen. Weil du Teil der Familie bist. Aber eben mit der Einschränkung, das er nichts tun wird, was mir schaden könnte - nicht, dass ich glaube, du würdest je so etwas anordnen. Und im Prinzip muss alles über mich laufen, was den Clan und seine Mitglieder betrifft. Ich bin das Oberhaupt." Entschlossen sah er mich an. "Verstehst du das, Aniki? Ich kann halt nicht aus meiner Haut raus. Und sollte der Clan jetzt wieder größer werden, dann... Nun."
Ich lachte abgehackt und klopfte ihm auf die Schulter. "Schon gut, schon gut, ich wollte dir nie deinen Clan wegnehmen. Und ich wollte auch nie einen Untergebenen haben, sondern tatsächlich einen kleinen Bruder. Auch wenn die Bedeutung, die du in das Wort Aniki liegst, durchaus strenger interpretiert wreden kann. In deine internen Clan-Angelegenheiten werde ich dir nicht reinreden. Aber es wird mich freuen, wenn du hier und da meinen Rat annimmst."
Er lächelte und legte die Rechte auf meine Hand. "Das werde ich. Das weißt du doch, Aniki."
Oh ja, das wusste ich tatsächlich.
"Ach, und da ist noch etwas." Nun wirkte er verlegen, als er seine Hand abnahm.
Ich nickte in Richtung eines Teehauses. "Dauert es länger? Wollen wir dazu Tee trinken und ein paar Dangos essen?"
"Dazu sage ich nicht nein!", rief er fröhlich.
Ich zog meine Hand zurück und legte ihm den Arm um die Schultern. Was war er doch für einen weiten Weg gegangen vom verschreckten Wild, ständig auf der Hut zu jemandem, der hier und heute fast wie ein normaler Mensch leben konnte. Wirklich, ich war sehr stolz auf ihn.
"Geht es um deine Verwendung als ANBU? Kannst du es nicht mehr erwarten?", scherzte ich. "Immerhin kriegst du ja bei der Mission schon einen gewissen Vorgeschmack, wenn du mit einem echten ANBU in einer Drei Mann-Zelle arbeitest."
"Äh, nein, darum geht es nicht. Und es wird auch keine Dreier-Zelle werden. Ich habe von Kintaro gehört, dass wir ein viertes Mitglied kriegen." Er grinste frech. "Scheint so, als wäre der Spitzname für deine Gruppe mehr und mehr gerechtfertigt, Aniki."
"So?" Ich orderte Tee und Dangos für uns beide. Doppelte Portionen, denn ich wusste, dass Kicchan diese spezielle Süßspeise sehr mochte. "Wie lautet denn der Spitzname?"
"Mamorus Wanderzirkus."
Ich lachte abgehackt. "Ja, das passt.
Und, worüber willst du mit mir sprechen?"
"Es geht um das Schauspiel, das wir laut der Godaime Hokage veranstalten sollen, Aniki..."
Für einen Moment glaubte ich, eine Erkenntnis zu haben. "Der Part als Sklave macht dir Sorgen, nicht? Dass deine Autorität als Clanführer leiden könnte, wenn du dich öffentlich derart erniedrigst, auch wenn es nur eine Show ist. Das tut mir leid. Falls ich eine bessere Idee habe, wie wir unsere Suche umsetzen können, werde ich..."
"Nein, das ist es nicht, Aniki." Er dachte kurz nach. "Auch. Aber für einen Shinobi ist so etwas bei einem Auftrag nicht wichtig. Doch Fakt ist, wir brauchen es nicht. Genauer gesagt ist es sogar kontraproduktiv, denn wir können uns nicht gegenseitig anlügen. Wenn die Moerus erkennen, was für eine Farce wir für sie abhalten, könnte sie das verschrecken.
Abgesehen davon, dass wir auf diese Weise Orochimaru anlocken würden. Ich weiß nicht, ob Tsunade-sama genau das geplant hat, aber ich wette mit dir, er wird zumindest Leute dorthin schicken, wohin immer ich mich wende."
"Er hat Spione in Konoha, die wir noch immer nicht entdeckt haben. Vielleicht liest er auch einfach nur ein paar Zeitungen aus Konoha, ich weiß es nicht", bestätigte ich. "Aber wenn wir die anderen Moerus aufspüren wollen, müssen viele Gerüchte über dich kursieren. Gerüchte sind schneller als das Licht und werden sie neugierig machen."
"Nein, das ist ja der Punkt. Wir brauchen das alles nicht."
Ich musste zugeben, ich war baff. Tee und Dangos kamen, und ich starrte Kishio mit offenem Mund an. "Wieso?"
"Wir sind Moerus", sagte er schlicht und zuckte die Schultern.
"Und das bedeutet?"
Für einen Moment sah er mich verwundert an. Dann aber schien es Klick zu machen. "Aniki... Ich bin der stärkste Moeru, der gerade lebt. Ich habe eine so verdammt große Reichweite, dass ich einmal um die ganze Welt auf meinen eigenen Hintern gucken kann."
"Und was hat die verdammt große Reichweite mit... Oh."
"Ja. Genau. Die Moeru-Kommunikation. Wir müssen nichts schauspielern, müssen nichts versuchen zu erreichen. Ich muss sie einfach nur rufen. Und wenn Shinpa-chan und ich uns aufteilen, decken wir fast den doppelten Bereich ab. Wir rufen sie, und die Moerus werden uns hören. Und wenn sie das, was wir ihnen vorschlagen werden, anhören wollen, werden sie sich melden." Er schnaubte leise. "Ich bin zu lange mit dir unterwegs, Aniki. Damals, in meinem Dorf, wäre es undenkbar gewesen, einem einfachen Clansmitglied die Entscheidung zu lassen, ob er oder sie dem Ruf des Clansführers vielleicht antwortet. Sie hatten es zu tun! Oft genug hing unser aller Überleben von dieser Reaktion, dieser Treue ab. Und ehrlich gesagt, wenn sie mir nahe genug kommen, könnte ich sie zwingen. Denn ich glaube nicht, dass es einen lebenden Moeru gibt, der stärker ist als ich. Aber... Was nützt es, sie zu zwingen zu etwas, von dem sie nicht überzeugt sind? Das ist Sklaverei, und da ich genügend Formen von Zwang und Hilflosigkeit erlebt habe und weil ich die Einstellung Konohas zu diesem Thema kenne, werde ich ihnen die freie Wahl lassen, sich mir anzuschließen, und damit Konoha. Die Alternative wäre, dass Kintaro, Shina-nii und ich ihre Kanshi versiegeln, damit sie nicht gegen Konoha, nicht gegen uns eingesetzt werden können."
Ich schwieg beeindruckt. "So, so. Du rufst also einfach nach ihnen. Und wenn sie gute Laune haben, werden sie antworten."
"Das ist besser als anders herum, wenn wir versuchen, sie mit obskuren Gerüchten anzulocken. Das hat Orochimaru sicherlich ein paarmal selbst probiert. Sie werden da sensibel sein. Sehr sensibel."
"Bleibt aber immer noch der Punkt, ihr Interesse zu wecken, damit sie dir nahe genug kommen, um dich zu hören. Abgesehen davon, dass sie vielleicht nicht erbaut sein könnten, ihre Kräfte versiegelt zu bekommen. Aber immerhin, es ist besser als ewig von Orochimaru gejagt zu werden."
Kishio grinste schief. "Dafür haben wir doch dich, ewiger Chunin. Ich bin sicher, ein Shinobi wie du, um den sich so viele Legenden ranken, wird von ihnen zumindest oberflächlich kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass er keine Gefahr für sie ist." Ein Seufzen folgte. "Falls die Moerus, deren Existenz wir vermuten, auch nur annähernd so sicherheitsbedürftig sind wie damals im Dorf."
Ich trank von meinen Tee und aß einen Spieß Dangos. "Heißt das also, ich habe mir Kiras Haare ganz umsonst einpflanzen lassen?"
"Das liegt ja wohl einzig an dir. Immerhin, Kakashi-sensei will dir ein paar kleinere Tricks beibringen, richtig? Das alleine ist es doch schon wert. Apropos, zeig mal her."
Ich wandte den Kopf, sodass er meinen Hinterkopf sehen konnte, auf dem nun ein Büschel von Kiras Haaren prangte. Kishio kicherte so sehr, dass er beinahe seinen Tee verschüttete.
"Was ist?", fragte ich irritiert.
"Aniki, die Haare sind so hell und so ungünstig platziert, es sieht aus, als hättest du da schon eine Platte."
"Na, danke", murrte ich. Kira würde seine Haare aber sowas von zurückkriegen, wenn die Mission vorbei war...
"Warte, ich weiß, was dich tröstet. Noch zwei Portionen, bitte!", rief Kishio.
"Und?", hakte ich nach, während ich den frischen Tee lächelnd entgegen nahm. "Wer wird der vierte ANBU sein?"
"Kin-chan musste es auch nicht, aber ich hoffe, es wird Neko-san sein. Er hat ein gutes Chakra und ich denke, wir würden gut zusammenarbeiten."
Neko-san, das war der ANBU, der das Team anführte, das zur Überwachung der Moerus angesetzt war. Zumindest nannte Kishio ihn so, weil er meist eine Katzenmaske trug. Und natürlich kannte er auch den richtigen Decknamen des ANBU: Tenzou. Aber er bevorzugte den Namen, den er Tenzou selbst gegeben hatte, warum auch immer. Da schlug wahrscheinlich der Shinobi in ihm durch, der ums Verrecken nicht leichtfertig Informationen weitertrug. Gute Eigenschaften für einen Ninja.
Und es würde Sinn machen, wenn Tenzou uns begleitete. Er kannte die Moerus bereits. Andererseits hatte ich leise Zweifel daran, dass er sich unter Kishio als Taisho so ohne weiteres einfügen würde, aber das sprach ich nicht aus. Spätestens wenn wir beide die Moeru-Kommunikation wieder etablierten, würde er von diesen Gedanken erfahren. Kein Grund, ihm jetzt schon den Tag zu versauen.
"Du glaubst nicht daran, dass es Neko-san wird, nicht, Aniki?", fragte er enttäuscht.
Hatte er mir meine Gedanken am Gesicht abgelesen? Mist. "Nein", gestand ich. "Aber ich denke, du hast Recht. Er hätte sich gut im Team gemacht."
Ich aß einen weiteren Spieß Dangos. "So, kleiner Bruder, wir futtern hier auf, und dann gehen wir zu Tsunade-sama. Wenn sie Zeit für uns hat."
"Um was zu tun?", fragte Kishio argwöhnisch.
"Um sie erstens zu fragen, welcher ANBU uns zusätzlich begleiten wird. Nicht, dass ich etwas dagegen habe, neben Kintaro einen weiteren ANBU mitzunehmen. Wenn wir Ärger mit Orochimaro, Akatsuki oder einem der anderen großen Dörfer bekommen, können wir die zusätzliche Kampfkraft sicher gebrauchen." Für einen Moment spürte ich mein Blut hochkochen. Oh ja, Orochimaru-sempai, ich wünschte mir, dass er uns verfolgte, damit ich die Gelegenheit bekam, die Rechnung zwischen uns auszugleichen. Er hatte mich zum Sterben zurückgelassen, in den Mittelpunkt einer Sprengfalle platziert und war dann seiner Wege gegangen. Das würde ich ihm zurückzahlen, bis auf den letzten Ryou! Und danach würde ich eifrig Zinsen zahlen!
Kishio legte mir eine Hand auf die Schulter und lächelte mich an. In diesem Moment wusste ich nicht, ob er meine Gedanken lesen konnte, oder sie nur erriet, aber sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er die Sache mit mir durchziehen würde, bis zum bitteren Ende. Auch er hatte mehr als genügend Gründe, den Konflikt mit Orochimaru zu suchen.
"Und was ist der zweite Grund, Aniki?"
Ein flüchtiges Lächeln huschte über mein Gesicht. "Wir werden ihr erklären müssen, dass ihr Plan mit einem Sklaven Kishio, der von mir mit Elektroschocks traktiert wird, leider nicht funktioniert."
"Na, das kann ja was werden", murmelte Kishio ernüchtert.
***
"WAS?"
Wie ich befürchtet hatte - Tinnitus. Ich prokelte mir mit beiden kleinen Fingern in den Ohren und sah dabei Tsunade-sama vorwurfsvoll an. Das schien sie für einen kleinen Moment verlegen zu machen. Kishio hingegen grinste mich verstohlen an. Er hatte sich Watte in die Ohren gestopft, etwas, was ich natürlich nicht gekonnt hatte, wenn ich der Hokage antworten wollte, wenn sie etwas sagte.
Dabei hatte es so vielversprechend angefangen. Wir hatten an ihr Büro geklopft, und Shizune-chan hatte uns hocherfreut geöffnet. "Ah, Kishio-kun, Mamoru-san. Gerade wollte ich nach euch schicken lassen. Da sparen wir gleich Zeit. Kommt rein."
Also waren wir eingetreten und vor Tsunade-samas Schreibtisch getreten.
"Ah, Mamo-chan, Kicchan, das spart uns Zeit. Ich wollte euch eh herrufen, um euch das vierte Teammitglied für Kishio vorzustellen. Meine Wahl fiel auf einen kampfstarken ANBU, der für die Möglichkeit beitritt, dass sowohl du, Kishio, als auch Shinpachi beschützt werden müssen, während Ihr mit euren Kanshi recherchiert. Zugleich ist er ein erfahrener Feldagent und ein Infiltrator, also die perfekte Ergänzung für eure Fähigkeiten." Sie grinste zufrieden. "Aber erzählt. Was führt euch von selbst her?"
Nun, in diesem Moment machte ich den Fehler, ES TATSÄCHLICH ZU SAGEN!
Da standen wir also, ich mit einem Pfeifen im Ohr, Kishio mit unbewegter Miene und Tsunade-sama teils peinlich berührt, teils verärgert. "Lass mich mal", murrte sie schließlich, kam um den Schreibtisch herum und legte beide Hände auf meine Ohren. Nach einiger Zeit ließ das Pfeifen nach.
"Danke, Tsunade-sama", sagte ich erleichtert. "Du hast aber auch Atü auf der Stimme."
"Das kommt davon, wenn man mit Jiraiya und Orochimaru in einer Gruppe sein muss. Irgendwann lernt man da das Brüllen, sonst dringt man nicht zu den beiden durch." Sie dachte kurz nach. "Aus unterschiedlichen Gründen, natürlich.
Aber jetzt erklär mir mal, warum mein exzellenter Plan nicht funktioniert. Und du, Kicchan, nimm die Watte aus den Ohren."
Kishio musste sie nicht verstehen. Ihr Blick in seine Richtung sagte genug aus, also entfernte er die Watte wieder.
Danach setzte sie sich wieder hinter ihren Schreibtisch und wir erklärten ihr ausführlich, warum es einerseits nicht notwendig war, die Moerus anzulocken, dass es sogar kontraproduktiv sein konnte, weil Orochimaru das sicher auch schon probiert und die Moerus damit sensibilisiert hatte, und dann andererseits, dass ein "versklavter" Kishio, der kein Sklave war, sie für immer vertreiben konnte, weil sich Moerus nicht anlügen konnten. Immerhin, sobald sie Kontakt zu Kishio hatten und es verstanden, sich vor ihm zu verbergen, bestand die Möglichkeit, dass sie die Wahrheit erfuhren, ohne sich offenbaren zu müssen. Und je näher wir uns dann an der Wahrheit hielten, desto wahrscheinlicher war es dann, dass die Dinge so laufen würden, wie wir sie uns wünschten.
Tsunade-sama hatte uns bei unserer zweistimmigen Erklärung nicht unterbrochen, und nun saß sie da und grübelte. Sie wirkte enttäuscht, was mich verwunderte. Bis ich begriff, oder vielmehr erriet, dass sie ein Freund von solchen Scharaden war. Vor allem, wenn sie Blutvergießen verhinderten. Sie war ganz Ninja, und wenn jemand oder etwas gewonnen werden konnte, ohne kämpfen zu müssen, war dieser Weg ihre erste Wahl. Erst wenn dieser Weg scheiterte, kämpfte sie. Dann aber ohne Kompromisse und ohne falsche Zurückhaltung.
"Also gut", murmelte sie. "Kein unwillfähiger Diener, der mit Elektroschocks gebändigt wird. Ich sehe ein, dass wir außerdem Orochimaru nicht mit Gewalt anlocken sollten. Wahrscheinlich wird er euch sowieso auf den Fersen sein. Wenn er nicht gleich eines der "leeren Kinder" einsetzt, die Kishio bereits einmal angegriffen haben." Ihr Blick war ernst, als sie Kishio ansah. "Das bedeutet Verkleidung für euch. Und weil wir gerade beim Thema sind, am besten eine ANBU-Ausrüstung. Du bist zwar formell kein ANBU, Kicchan, aber du bringst die Voraussetzungen für einen von ihnen mit. Außerdem hast du Anführerqualitäten. Das hast du oft genug bewiesen, wenn du die Gruppe anstelle von Mamo-chan führen musstest. Deshalb unterstelle ich die ANBU auch dir. Zumindest für diese Mission. Ihr alle seid aber Mamo-chan unterstellt, und er hat in jeder Angelegenheit das letzte Wort, verstanden?"
"Das steht außer Frage", sagte Kishio.
Als Tsunade-sama eine Augenbraue hob, schluckte der Moeru kurz. "Verstanden, Hokage-sama."
"Was uns gleich zum richtigen Punkt bringt. Die beiden ANBU, die dich begleiten werden, Kicchan. Kintaro kennst du ja schon, aber den anderen Kandidaten noch nicht. Kitsune!"
"Tsunade-sama!" Vor ihrem Schreibtisch kam ein ANBU aus dem Shunshin, dem Step, auf dem rechten Knie ruhend, die Rechte auf dem Boden aufgesetzt. Ich sah ihn von hinten, gekleidet in die typische graue Weste der ANBU, und ich spürte dankenswerterweise keine Anzeichen dafür, dass er ein ANBU-Ne war. Sie, korrigierte ich mich. Meine sensorischen Fähigkeiten signalisierten mir, dass ich es mit einer Frau... Ich versteifte mich, als ich das Chakra erkannte. Sicher, letztendlich hatten sie sich vertragen, aber dies war die Frau, die ausgerechnet in Puny-samas Haus meinem kleinen Bruder ohne Erlaubnis penetrant zu nahe gekommen war.
"Kitsune. Du wirst unter Kishio no Moerus Kommando in Mamoru Morikubos Einheit dienen. Dein Deckname für die Operation wird Hitomi sein."
"Äh, Tsunade-sama, mein wirklicher Name ist...", begehrte sie auf, aber sie stockte im Wort, als sie Tsunade-samas bösen Blick sah.
"Denkst du, ich weiß das nicht, Hitomi-chan? Für den Einsatz verzichtet Ihr auf ANBU-Kleidung, aber nicht auf die ANBU-Ausrüstung, verstanden?"
"Verstanden, Tsunade-sama." Die junge Frau erhob sich und riss sich die Maske vom Kopf. Dass sie weit mehr tat, erkannten wir, als sie kurz darauf in einem kurzen violetten Kimono dastand, der halb auf den Oberschenkeln endete und die bei einigen Kunoichi üblichen Bandagen an den Beinen zeigte. Ihr Haar war braun und lang, und ihr Konoha-Stirnband lag um ihren Hals. Sie war so hübsch, wie ich sie in Erinnerung hatte. Aber ihr Gesicht war geprägt von einem ängstlichen Aspekt. Woran das lag, konnte ich mir lebhaft denken.
"Auf gute Zusammenarbeit, Morikubo-sama, Moeru-sama!" Sie verbeugte sich tief vor uns beiden.
Ich spürte, wie es in Kishio arbeitete. Die Situation war ihm nicht einfach unangenehm, sie störte ihn. Wusste das Mädchen überhaupt, welcher Herausforderung es sich da stellte? Vielleicht ja.
Tsunade lächelte. Und so, wie sie das tat, geschah gerade etwas so, wie sie es geplant hatte.
"Mamo-chan, du hast einen Termin mit Kakashi, nicht wahr? Und Kicchan, Hitomi steht ab sofort unter deinem Kommando."
"Ich... Verstehe, Tsunade-sama."
Und sie grinste immer noch. Was immer sie plante, es war in vollem Gange. Verdammt.
"Also dann, ich verabschiede mich", sagte ich, verbeugte mich vor der Hokage und verließ das Büro. Ich konnte nur hoffen, dass Kishio ab hier besonnen agierte und die richtigen Entscheidungen traf. Denn der renitenteste Untergebene, den er je in Konoha gehabt hatte, war Kira gewesen, und der war nicht wirklich aus Prinzip renitent gewesen. Wie also würde er mit Hitomi umgehen? Mir war klar, dass es eine Lektion war, die er als zukünftiger Anführer einer ANBU-Einheit lernen musste. Das machte es aber nicht weniger ärgerlich für mich. Verdammte Pflicht. Die stille Hoffnung, dass dieser Kontakt gut ausgehen würde, schob ich weit von mir. Ich war kein Träumer.
...Gut, ich WAR ein Träumer, aber auch Realist.
***
"Kakashi-sempai."
Der weißhaarige Ninja schreckte hoch, als er meine Stimme hörte. "Mamo-chan?"
Wie üblich, wenn ich ihn schnell finden wollte und er in der Stadt war, hatte ich Kakashi auf dem Heldenfriedhof gesucht. Und gefunden. Er hatte bei der ewigen Flamme gestanden und so getan, als würde er in seinem Lieblingsbuch lesen. Er klappte es zusammen. "Ist es denn schon soweit?"
"Hm. Eine Zeit wurde mir nicht gesagt. Aber ich wusste, wo ich dich finde." Ich tippte ihm gegen die Brust. "Nämlich in der Vergangenheit."
Für einen Moment sah er mich verdutzt an, dann aber lächelte sein rechtes Auge. Erstaunlich, wie er mit einem Gesicht, das zu fast achtzig Prozent verdeckt war, Emotionen ausdrücken konnte. "Gomen, Mamo-chan. Es fällt mir immer noch schwer, mich von meinen eigenen Dämonen zu lösen. Ich stehe oft hier und frage mich..."
Ich hockte mich vor das Mahnmal und berührte den Stein, bevor ich den weißhaarigen Ninja unterbrach. "Wann und wo ich etwas hätte besser machen können. Was passiert wäre, hätte ich eine Sekunde schneller reagiert oder eine andere Entscheidung getroffen. Wäre jenen Weg gegangen und nicht den, den ich genommen habe. Und war es weise, sich zu dem einen Zeitpunkt nicht von meinen Kameraden zu trennen, war es weise, sich doch von ihnen getrennt zu haben?"
"Du fasst das ziemlich gut zusammen", gestand er.
"Weil es die gleichen Dämonen sind, die mich beuteln, Kakashi. Weil ich ebenso verloren habe. Wir alle haben verloren. Das ist kein Privileg eines Ninjas, aber Ninjas leben schneller und sterben jünger, deshalb kriegen wir davon besonders viel ab." Meine Hände krampften sich um den Stein, bis meine Knöchel weiß hervor traten. "Ich komme selbst ab und zu hierher und setzte mich an Sarutobi-senseis Grab und frage mich, was wohl gewesen wäre, hätte ich meine Truppe nur einen halben Tag früher nach Hause gebracht, als Suna und Oto uns angegriffen haben. Hätte ich Hiruzen Sarutobi retten können? Nein, sicher nicht. Aber wäre meine Truppe damals das Zünglein an der Waage gewesen und hätten wir dadurch den Angriff verhindern können? Vielleicht früher kippen können? Und wäre ich nie auf diese verdammte Mission gegangen, hätte ich Gekko zur Seite stehen können, um sein Leben zu retten? Ich weiß, ich hätte es zumindest versucht, auch wenn es mein Leben gekostet hätte. Ich habe nie gezögert und mich selbst auch in aussichtslose Situationen gestürzt. Ich habe nie von vorneherein aufgegeben. Dennoch zehren diese Dämonen an mir mit ihren Was wäre wenn's und Wie wäre es gewesen's... Sie fressen an mir, an meiner Seele, und werden Tag für Tag für Tag satter. Und sie werden mehr und mehr mit jedem Tag, mit jeder Mission."
Kakashi schwieg. Was hätte er auch darauf sagen sollen?
Ich erhob mich abrupt. "Aber weißt du, was die Dämonen im Zaum hält, Sensei? Ich mache es besser, im Hier, im Jetzt, für diejenigen, die ich liebe und die noch am Leben sind. Ich behaupte nicht, dass ich perfekt bin, oder dass ich es für sie besser mache, aber ich versuche es zumindest."
"Und das funktioniert?", fragte er.
"Ich habe auf jeden Fall weniger Zeit, um mir wegen Gekko und Sarutobi-sensei Selbstvorwürfe zu machen", erwiderte ich.
"Das war ein Tiefschlag."
"Zweifellos", erwiderte ich dünn lächelnd.
Kakashi seufzte geräuschvoll und klappte sein Buch zu. "Vielleicht sollte ich mich wirklich mehr auf die Gegenwart konzentrieren."
"Du hast mir schon einmal gesagt, die Vergangenheit hätte zu viel Macht über dich und du wolltest das ändern", erinnerte ich ihn.
"Ich habe es nicht geändert", erwiderte er.
"Augenscheinlich nicht. Aber das ist in Ordnung. Wenn du es weißt, bist du schon einen Schritt weiter."
Er schnaubte erneut, doch diesmal amüsiert. "Also zurück in die Gegenwart. Bereit für eine kleine Lehrstunde in Raiton, Mamoru Morikubo?"
"Äh, das wollte ich auch noch erwähnen. Die Geschichte mit dem Sklaven, den ich mit Blitzen foltere, hat sich erledigt. Du brauchst mir also nichts beibringen, Kakashi-sempai."
"So? Du hast aber immer noch Kiras und meine Haare, oder?", fragte er.
Ich nickte. "Und?"
"Weißt du, ich wollte dir nicht nur beibringen, wie du Kishio vermeintlich mit Blitzen quälst. Ich wollte dir noch den einen oder anderen Trick mitgeben. Sicher, dein Raiton wird von einer erbärmlichen Schwäche sein, sodass sogar Kira darüber lachen wird, aber... Es gibt da eine Sache, die du lernen musst, Mamo-chan."
Ich gebe zu, mein Interesse war erwacht. Ach, Quatsch, es loderte hell auf. "Und das wäre, Kakshi-sensei?"
"Folge mir, und ich erkläre es dir." Er verschwand per Step. Ich setzte ihm nach.
Ich verrate nicht zuviel, wenn ich erzähle, dass das, was ich von ihm lernte, erfuhr und tat, jemandem auf der Mission im Yuki no Kuni das Leben gerettet hat.
***
"Kishio-sama?", fragte die junge Frau vorsichtig, nachdem sie dem Moeru bereits zwanzig Minuten gefolgt war, ohne dass dieser eine Reaktion auf sie gezeigt hatte. Er hatte ihr lediglich zu verstehen gegeben, ihm zu folgen. Und so irrten sie durch die Straßen, scheinbar wahllos und ziellos. Für einen Moment erwischte sie sich dabei, wie sie nach der Schulter des Rothaarigen greifen wollte, aber sie hielt sich zurück, rechtzeitig. "Kishio-sama?"
Endlich zeigte er eine Reaktion, sah sie an und lächelte. "Dreizehn Minuten länger, als ich dir zugetraut habe. Interessant. Folge mir." Er verschwand mit Step, und Hitomi beeilte sich, ihm nachzukommen.
Im Stadtwald Konohas beendeten sie den Step. Kishio ließ sich in einer eleganten Geste in den Saiza nieder und bedeutete der jungen Frau, vor ihm Platz zu nehmen.
Ebenfalls im Saiza ließ sie sich nieder.
"Den Test hast du bestanden. Du hast abgewartet, aber nicht bis in alle Ewigkeit", sagte Kishio mit zufriedener Stimme. "Aber du hast länger gewartet, als ich von deinem Auftritt bei Puny-sama erwartet habe, deshalb bewerte ich es als eine positive Entwicklung."
Er sah sie freundlich, aber auch distanziert an. "Warum willst du an dem Auftrag teilnehmen?"
Sie senkte den Blick. "Ich bin ANBU. Ich frage nicht nach den Gründen für meine Aufträge, sondern führe sie aus."
"Hitomi-kun", mahnte Kishio.
Verlegen sah sie auf. "Also gut, ich habe ausdrücklich darum ersucht, bei deiner nächsten Mission dabei sein zu dürfen, Kishio-sama. Ich habe damals in Puny-samas Haus einen unverzeihlichen Fehler begangen, habe mich, obwohl ich eine Anfängerin war, als Meistertherapeutin aufgespielt und bin grandios gescheitert. Ich habe Mist gebaut, der unter anderen Umständen ein Leben hätte vernichten können, und dafür bin ich nicht zu Puny-sama gegangen. Im Gegenteil. Ich wollte erlernen, wie ich in meiner Arbeit auch positive Aspekte erleben und herbeiführen kann. Das ist gescheitert, weil ich zu schnell zu viel wollte und mich überschätzt habe. Zudem war ich vor Eifer blind für die kleinen Zeichen..." Spontan verbeugte sie sich. "Ich kann mich gar nicht genug entschuldigen. Meine Sempais haben mir ordentlich den Kopf gewaschen und es hat eine Zeit gedauert, bis ich eine weitere Sitzung begleiten durfte, bis man mir wieder vertraut hat. Aber du vertraust mir nicht, Kishio-sama, und dabei bist du derjenige, dem ich den größten Schaden zugefügt habe." Ein unsicheres Lächeln spielte um ihre Lippen. "Ja, an dieser Stelle kann man es belassen, wir gehen jeder unsere getrennte Wege und dienen Konoha auf unsere eigenen Arten. Aber es war mein verdammter Ehrgeiz, der mich meinen Weg einschlagen ließ, und ich will verdammt sein, wenn ich dir nicht beweisen kann, dass ich meine zweite Chance wert bin."
Kurz huschte ein Schmunzeln über Kishios Züge, eine Ahnung, ein flatternder Schmetterling, nicht lang genug, um sagen zu können, dass es wirklich da gewesen war. "Das kann ich akzeptieren." Er beugte sich vor. "Was bringst du in die Einheit?"
"Kishio-sama?"
"Ich werde meinem Aniki berichten müssen, was deine Stärken und Schwächen sind. Dazu muss ich sie von dir erfahren. Vielleicht legen wir sogar noch einen Testkampf ein, wir werden sehen. Aber ich brauche ein klares Bild von dir, vor dem Einsatz, damit ich weiß, wie du eingesetzt werden kannst. Und Aniki braucht meine Einschätzung von mir über dich, damit er mein Team entsprechend einsetzen kann."
Die junge Frau straffte sich. "Mein Element ist das Feuer, wie bei vielen hier in Konoha. Aber ich arbeite hart an einer Erd-Affinität. Mein Ziel ist es, spezialisierte Jounin zu werden, und, oder ein ANBU-Team zu leiten. Ich bin eine Expertin im Taijutsu, meine größte Kraft aber liegt im Genjutsu." Sie schwieg für einen Moment, dachte nach. "Als Kunoichi bin ich als Hana ausgebildet worden."
"Hana?", fragte Kishio interessiert.
"Ein interner Begriff, den du sicher noch nicht kennst. Wir Kunoichi tragen ihn nicht oft nach draußen, weil er Männer... Nun, manchmal auf dumme Gedanken bringt. Wie soll ich das erklären? Ich habe besonderes Training in der Infiltration erhalten und dabei gelernt, mein hübsches Gesicht und meinen weiblichen Körper einzusetzen. Ich wurde ausgebildet, um als Kurtisane zu dienen, um hochklassige Gesellschaften infiltrieren zu können."
"Kurtisane... Das beinhaltet auch..."
"Richtig, Kishio-sama. Das war der eigentliche Grund für meine Lehrzeit bei Puny-sama. Ich lernte spezielle Techniken, um einerseits als Bettgespielin dienen zu können, andererseits erlernte ich effektive Abwehrtechniken, um meinen Verstand bei sexuellen Übergriffen zu schützen. Inklusive einiger Methoden, mit denen ich mir selbst ein Ende setzen kann, wenn es zu schlimm wird." Beinahe fröhlich zuckte sie die Schultern. "Das Leben als Ninja ist hart, als Kunoichi nicht viel besser, aber auch Shinobi haben nicht immer gut zu lachen."
"Wem sagst du das?", murmelte Kishio.
Sie wurde blass. "Verzeihung, Kishio-sama, ich wollte dich nicht daran erinnern, dass du..."
"Schon gut. Es ist lange her, ich habe es einigermaßen verarbeitet und wir unterhalten uns in einer abstrakten Weise darüber." Er seufzte. "Was sonst bleibt uns übrig, als solch ein Geschehen zu verdauen, abzuhaken und weiterzuleben? Und ich habe mich für das Leben entschieden, Hitomi."
"Das bewundere ich sehr", erwiderte sie ehrlich. "I-ich war noch nie in einer solchen Situation, und ich weiß nicht, ob ich stark genug wäre, um... Nun."
"Das weiß niemand vorher." Kishios Augen verloren für einen Moment ihren Schimmer. "Es ist schlimm, was Menschen einander antun, wenn sie glauben, keine Strafe fürchten zu müssen. Beinahe genauso schlimm ist es, seine Rache zu haben und zu merken, dass sie nicht annähernd die Leere füllt, die eine solche Misshandlung in deine Seele reißt. Aber ich finde Trost darin, dass diese Burschen nie wieder jemandem etwas Vergleichbares antun können."
Ihr Blick schwankte zwischen mitfühlend und offener Härte. "Zu dem Zeitpunkt warst du kein Shinobi, der damit rechnen musste, vergewaltigt zu werden, richtig, Kishio-sama?"
Der Moeru lachte freudlos, kurz und abgehackt. "Nein, das war ich nicht. Aber ich hatte mein Training, mein eigenes Training, das im Clan gelehrt wurde. Ich war nachgiebig wie Bambus im Wind und zog mein Ich zurück in ein Versteck, ein Nest, und dort wartete ich auf meinen Moment, meine Gelegenheit, um zurückzukehren in die Welt der Schmerzen, der Demütigung, der Todesgefahr. Ich kam zurück... Entschuldige, ich wollte das alles nicht erzählen. Aber da du dafür trainiert hast, eine ähnliche Situation überstehen zu können, habe ich mich gehen lassen."
Die junge Frau richtete sich kerzengerade auf. "Kishio-sama, vielen Dank, dass du diese Gedanken mit mir geteilt hast. Ich verstehe immer mehr, wie wenig ich eigentlich erst weiß. Und ich verspüre in mir mehr und mehr den Wunsch, meine Fehler wieder gutzumachen und dir zur Seite zu stehen." Sie dachte einen Moment nach. "Und Mamo-chan, natürlich."
Kishio lachte. Es war nur kurz, aber es klang befreiend. "Ihr nennt ihn alle Mamo-chan, nicht?"
Nun lächelte die Kunoichi. "Alle", bestätigte sie. "Oder wir rufen ihn ewiger Chunin, auch wenn er jetzt endlich befördert wurde. Ihm eilt ein Ruf voraus."
Sie lächelte. "Was mich zum Gedanken bringt, dass wir deinen Ruf vergrößern sollten, Kishio-sama."
"Eventuell tun wir das", erwiderte Kishio. Er erhob sich in einer einzigen, fließenden Bewegung. "Also gut, ich akzeptiere dich. Deine Worte haben mich überzeugt, vorerst. Wir werden aber noch ein oder zwei Sparrings abhalten, damit ich, Shinpachi und Kintaro dich besser einschätzen können. Und sei versichert, fällst du in dein altes Verhalten zurück, bist du schneller auf dem Heimweg als der Bussard kreischen kann. Aber du kriegst deine Chance."
Die junge Frau unterdrückte das Strahlen, das ihre Züge zu überwältigen wollte. Stattdessen wahrte sie ihre neutrale Miene. "Mehr wollte ich nie, Kishio-sama."
"Dann solltest du die anderen kennenlernen." Kishio verschwand mit Shunshin. Hitomi folgte ihm ohne zu zögern.
***

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"Mamoru."
Ich schreckte auf, als die Stimme erklang. Ich war sensorischer Ninja. Selbst wenn ich wie ein Stein schlief, niemand dürfte sich an mich nahe genug heranschleichen können, dass mich erst seine Stimme weckte. Vor allem konnte und durfte das nicht passieren, wenn Kishio und Shinpachi nur drei Meter von mir entfernt schliefen. Ihre Moeru-Sinne waren noch schärfer.
Erstes Tageslicht erhellte den Raum. Vor mir erkannte ich den Schattenumriss einer Frau. Die Stimme kannte ich, kannte sie nur zu gut. "Shizune-chan?"
Der Schatten nickte. Okay, nun hatte ich eine Erklärung, wie jemand bis zu mir hatte vordringen können, ohne mich zu wecken. Tsunade-samas Sekretärin war auf Jounin-Level und verdammt gut in allen Dingen, die sie tat.
Ich ließ mich auf meine Ellenbögen zurücksinken. "Was kann ich für dich tun?"
"Ich habe wichtige Anweisungen von Tsunade-sama für das ANBU-Team von Kishio, die sofort ausgeführt werden müssen. Damit ich meinen Besuch auch überlebe, habe ich dich aufgesucht, damit du die Moerus aufweckst."
"Ja, das klingt vernünftig", brummte ich und schwang mich aus dem Bett. Ein Frauenarm fiel dabei ins Leere und die Besitzerin grummelte etwas Unverständliches im Halbschlaf. Ich beugte mich vor und küsste ihre nackte Schulter. "Schlaf weiter, Schatz. Dringende Geschäfte, aber nichts tödliches. Denke ich."
Wieder grummelte sie, drehte sich und sackte zurück in den Schlaf.
Shizune wirkte verlegen. "Verzeih, ich wusste nicht, dass..."
"Karin und ich sind fest zusammen, wollen heiraten. Damit hättest du rechnen können." Ich zog meine Shorts und meine Schlafanzughose über. "Gehen wir rüber."
Ich konnte ihre Verlegenheit deutlich spüren, was die erfahrene und kampfgestählte Kunoichi seltsam unerfahren auf mich wirken ließ. Aber vielleicht hatte sie auf diesem Gebiet tatsächlich nur wenig Erfahrung... Die Arme.
'Aniki?', vernahm ich Kishios mentale Stimme. 'Was ist passiert?'
'Werde ich dir sagen. Ich komme rüber', antwortete ich. Seine Stimme war mir sehr leise vorgekommen. Es wurde wohl Zeit für eine weitere Infusion mit Moeru-Chakra bei mir.
Shizune und ich nutzten den Durchgang zum Nachbarhaus. Dort ging ich zum Schlafzimmer meines Bruders und öffnete die Tür. Kishio erwartete mich bereits bei Licht, aber nackt, wie die Natur ihn geschaffen hatte. Neben ihm stemmte sich Shinpachi schlaftrunken von der Matratze.
Shizune wirkte verlegen und wandte ihren Blick ab.
"Ich bitte dich, Shizune-sempai. Wir sind hier alle Profis", sagte Kishio. "Was gibt es denn so früh am Morgen?"
Die Sekretärin Tsunade-samas räusperte sich verlegen. "Dringender Befehl von Tsunade-sama. Das ANBU-Team Kishio muss sofort nach Süden aufbrechen und einen Treffpunkt zehn Kilometer südlich von Konoha aufsuchen. Geschwindigkeit ist hierbei der Trumpf. Und bevor du fragst, Kishio-kun, es hängt selbstverständlich mit eurer Mission im Yuki no Kuni zusammen."
Kishio nickte. "Ich verstehe. Kin-chan! Aufstehen! Wichtige Mission!"
"Ja, ja, bin schon dabei", klang es aus dem Nachbarraum.
"Und jemand soll Hitomi Bescheid geben. Oder wird sie uns nicht begleiten?"
"Das habe ich bereits erledigen lassen. Sie wird euch am Stadttor erwarten", sagte Shizune. Sie streckte die Hand aus und reichte Kishio eine Schriftrolle, ohne ihn anzusehen. "Hier sind deine Befehle sowie eine Beschreibung des Treffpunkts verzeichnet."
"Danke."
Als er die Schriftrolle entgegen genommen hatte, trat die Kunoichi beiseite, um den jungen Männern Platz zu schaffen.
"Was soll das bedeuten?", fragte Kishio verwirrt, während er begann, sich anzuziehen. "Ich hatte mich eigentlich darauf gefreut, mit dir den Kampf mit den Doppelschwertern zu üben."
"Tsunade-sama befiehlt, und wir gehorchen. Ist wahrscheinlich auch nicht schlecht, wenn du jetzt schon aus dem Blickfeld der ANBU-NE kommst, Kicchan", sagte ich. Aber es war eher unwahrscheinlich, dass das der Grund für den vorzeitigen Aufbruch von Team Kishio war.
"Ja, wahrscheinlich schon." Er öffnete die Schriftrolle und überflog seine Anweisungen. "Hm, das könnte einige Zeit dauern, fürchte ich. Tsunade-sama schickt uns augenscheinlich in eine verdammt menschenleere Gegend."
"Ach ja? Will sie dir einen Gefallen tun, kleiner Bruder?", scherzte ich, auf Kishios Problem mit Menschenmengen anspielend. Seine Moeru-Sinne waren dann problematisch genug.
"Ha, ha, sehr witzig. Vielleicht will sie mir auch nur vor der eigentlichen Mission die Gelegenheit geben, meine Four Man-Cell in den Griff zu kriegen", erwiderte er belustigt, während er seine Ausrüstung anlegte.
"Sie würde dich nicht rausjagen, wenn du sie erst in den Griff kriegen müsstest, Kicchan", sagte ich lächelnd.
'Du bist ein so verdammter Schleimer', tadelte er mich über die Moeru-Kommunikation. 'Hör damit bloß nicht auf, Aniki.'
Ich unterdrückte ein Auflachen. Dann legte ich Kicchan eine Hand auf die Schulter. 'Du bist stark, kleiner Bruder. Du trägst Verantwortung. Mehr noch, du willst sie tragen. Du bist erfahren und du sorgst dich um die, die dir nahe stehen. Das wird dir durch vieles helfen. Nur eine Sache macht mir Sorgen.'
'Und zwar?'
'Du solltest Hitomi so schnell wie möglich zu den Menschen hinzufügen, um die du dich sorgst. Jeder ANBU ist eine wertvolle Münze. Sie kann oft benutzt, aber nur einmal ausgegeben werden. Verschwende sie nicht leichtfertig.'
'Der Tadel war jetzt nicht nötig, Aniki', antwortete er mürrisch. Er sah mich missmutig an, dann aber tätschelte er meine Hand auf seiner Schulter. 'Oder vielleicht doch. Ich gebe mir Mühe.'
Kintaro erschien neben Shizune in der Tür. Er trug seine Ausrüstung, aber nicht die ANBU-Maske. Wenn ich ihn mir so ansah, konnte er ohne weiteres ein ferner Verwandter von Kishio und den Moerus sein, so selbstverständlich hatte er sich im Haushalt und vor allem im Moeru-Teil eingelebt. Komisch, dass mir das gerade jetzt durch den Kopf ging. Allerdings widersprachen seine braunen Haare und sein stämmiger Körperbau den eher schlankem Grundtyp der Moerus, also schien es eher eine weitläufige Verwandtschaft zu sein. Nicht, dass Verwandtschaft wirklich etwas ausmachte, wenn man Bindungen einging. Eine andere Erkenntnis hingegen hatte ich wesentlich früher erlangt: Kintaro würde hier nicht wieder ausziehen wollen. Und Kishio hatte augenscheinlich nichts dagegen, geschweige denn Shinpa-chan. Zumindest nicht, dass ich es sehen konnte.
"Abmarschbereit", meldete der ANBU. "Unsere Befehle?"
"Wir treffen Hitomi am Tor und brechen zu einem Treffpunkt zehn Kilometer im Süden auf."
"H-hitomi? Sie kommt mit? Geht sie nicht mit Mamo-sempai nach Norden?"
"Sie gehört zu meinem Team, nicht zu seinem", sagte Kishio. "Du hast doch nichts gegen sie, oder?"
"Nein!", beeilte sich der junge Shinobi zu versichern. "Nein, natürlich nicht!"
"Okay, dann lasst uns loslegen." Kishios Doppelschwerter fanden ihren Platz in der Halterung auf seinem Rücken. Er war bereit. Shinpachi war ebenfalls fertig. "Auf zum Stadttor."
Ich nickte, halb belustigt, halb besorgt. Wenn ein Konoha-Shinobi zu einer harmlosen Mission aufbrach, gab es keinerlei Garantie, dass die Mission harmlos blieb. Die meisten Shinobi starben, weil sie eine D-Mission erwarteten und in eine S-Mission gerieten. "Haut ab."
Die drei Shinobi verschwanden per Step. Schließlich stand ich mit Shizune allein im Zimmer.
"Willst du mir jetzt sagen, was das eigentlich soll?"
Sie legte den rechten Zeigefinger an die Lippen und gebot mir zu schweigen. Erst nach einer guten Minute sagte sie: "Tsunade-sama wird dir Mittags alles erklären."
"Mittags? Wieso..." Als mir die Erkenntnis dämmerte, bemühte ich mich verzweifelt, die entsprechenden Gedanken nicht auszuformulieren, nicht zu denken, was sich da mit Gewalt in mein Bewusstsein drängte. Nun, ich war ein trainierter Shinobi und ich war auch auf Genjutsu vorbereitet worden, geschweige denn mentale Überwachungstechniken und wie ich sie kontern konnte. Es gelang. Dennoch war ich auf das Treffen gespannt.
***
Die drei Shinobi hetzten - ziemlich offen, aber immerhin waren sie ja noch in den sicheren Mauern Konohas - auf das Haupttor zu. Dort erwartete sie bereits ihr neues weibliches Teammitglied. Ihre ANBU-Maske war, wie das Klischee diktiert hätte, die einer Füchsin. Kishio erkannte sie bereits von weitem an ihrem Chakra. Und egal, wie er zu ihr stand, er fand ihren Wunsch, sich unter seinen Augen bewähren und ihren Fehler wieder gutmachen zu wollen, anerkennenswert und wollte ihr diese Chance einräumen. Neben ihr stand Morino-sensei. Die beiden sprachen kein Wort miteinander, sie sahen nur stumm zu den heraneilenden Shinobi.
"Morino-sensei", sagte Kishio, als er direkt vor den beiden aus dem Step kam, legte die rechte Faust in die offene linke Hand und verbeugte sich. Shinpachi und Kintaro taten es ihm nach.
Der oberste Ermittler Konohas erwiderte den Gruß mit einem deutlichen Kopfnicken, dann erst begrüßte Kishio Hitomi ebenfalls mit der Andeutung einer Verbeugung. "Hitomi."
Sie bevorzugte eine deutlich formellere Art der Begrüßung. Aus der Hüfte verbeugte sie sich steif nach vorne und ging dabei fast mit dem Oberkörper in die Waagerechte. "Kishio-sama!"
Hätte er zuvor noch Zweifel über ihre Entschlossenheit gehegt, so waren diese wie hinweggefegt. Diese Frau meinte es bitterernst. Sie würde sich zerreißen, um ihre Scharte wieder auszuwetzen.
Dann verneigte sie sich nicht so tief, aber deutlich genug vor den anderen beiden Mitgliedern seines Teams. "Shinpachi-tono, Kintaro-tono, ich bin neu in der Truppe und hoffe, euch nicht aufzuhalten. Auf eine gute Zusammenarbeit."
Wenn Kin-chan erstaunt darüber war, mit dem Suffix Tono belegt zu werden, einer sehr förmlichen Ansprache, zeigte er es nicht. Stattdessen verbeugte er sich ebenfalls, vielleicht eine Spur zu hastig. Shinpachi verbeugte sich ebenfalls und erwiderte die Grußformel, aber beides war neutral und verriet nicht viel über das, was in ihm vorging. Das jedoch konnte Kishio über die Moeru-Kommunikation ohnehin einsehen. Sein älterer Bruder war interessiert, auf eine professionelle Art. Und das war nichts Schlechtes.
"Ihr habt Tsunade-samas Befehle erhalten." Das war eine Feststellung von Morino, keine Frage.
Kishio nickte und zeigte ihm die Rolle. Dank seiner überragenden sensorischen Fähigkeiten konnte er sich sicher sein, dass die beiden Leute vor ihm die waren, die sie zu sein schienen. Komisch, dass ihm diese Selbstverständlichkeit gerade jetzt durch den Kopf ging. Wer wäre auch in der Lage gewesen, ihn zu täuschen? Tsunade-sama? Orochimaru? Ein Kage. Sicherlich. Darüber hinaus aber nur sehr wenige.
"Führt die Befehle wortgetreu aus", mahnte Morino.
Kishio bestätigte traditionell. "Ossu." Danach fragte er: "Morino-sensei, gibt es einen besonderen Grund für unser Zusammentreffen?"
"Ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, dass Ihr Teil einer größeren und extrem wichtigen Operation seid. Schnelligkeit ist hier der Trumpf, also zögert und hadert nicht."
Die vier ANBU verneigten sich erneut. "Ossu!"
"Kishio-kun, bring sie alle wieder heile nach Hause... Wenn es möglich ist."
Das feine Lächeln auf Morino-senseis Zügen erinnerte ihn daran, was sein Aniki stets zu sagen pflegte: Nur, weil man eine D-Mission antrat, gab es keinerlei Garantien dafür, dass sie sich nicht zu einer S-Mission entwickelte. Kishio nahm sich ein Herz. "Morino-sensei, wie ist die Mission eingeteilt?"
Die Frage verblüffte den Jounin sichtlich, aber er fasste sich schnell. "S-Klasse, Kishio-kun. Aber Ihr seid ein wenngleich wichtiger, so doch nur ein Teil der Gesamtmission. Ratet mal, warum wir ANBU aussenden."
Das leuchtete ein. "Ossu!"
"Also, dann ab mit euch."
Sie nickten einander zu, danach verschwanden sie im Licht des beginnenden Morgens mit Step durch das Haupttor. Draußen wandten sie sich, ihren Befehlen entsprechend, sofort und so schnell sie konnten, nach Süden. "So schnell sie konnten" war dabei ein Tempo, von dem Kishio glaubte, Kin-chan und Shinpa-nii würden es für zehn Kilometer durchhalten. Hitomi war dabei eine Unbekannte, weil sie das erste Mal Seite an Seite stritten. Als er sie getestet hatte, hatte er keine Zeit gehabt, ihre Ausdauer zu testen, leider. Aber sie hielt das scharfe Tempo ohne Probleme durch. ANBU halt. Es machte Kishio schon ein wenig stolz, dass diese ANBU zu Konoha gehörten, dass er zu Konoha gehörte, auch wenn die verdammten ANBU-Ne sein Leben gerade unnötig schwer machten, nachdem er endlich wieder eines hatte. Der Gewaltmarsch zum Treffpunkt würde jedenfalls eine recht kurze Reise werden.
***
Fünf Stunden, nachdem Kishio und sein Team aufgebrochen waren, machte ich mich auf den Weg zu Tsunade-sama. Ich wurde sofort vorgelassen, obwohl es noch nicht Mittag war. Doch statt gleich zur Sache zu kommen, erhob sie sich von ihrem Schreibtisch und nahm mein Gesicht in beide Hände. Schließlich nickte sie zufrieden. "Das Moeru-Chakra ist auf ein Maß gesunken, sodass niemand auf dich Zugriff nehmen kann, der dir nicht näher als ein Dutzend Meter ist."
Bei diesen Worten fühlte ich mich unwohl. Unwohl? Ich machte mir Sorgen. Auch, dass Hitomi nun dabei war, eine ANBU, eine Hana, half nicht gerade, mich zu beruhigen. "Sind Kishio und die anderen in Schwierigkeiten?"
"Ja", sagte Tsunade-sama schlicht und setzte sich wieder. "Und wir sind jetzt dabei, die Wurzel dieses Übels auszurotten."
Ich war gefangen zwischen meiner Sorge für Kishio und meiner Loyalität meiner Hokage gegenüber. So wie das klang, war es nicht gut für Kishio. Und das gefiel mir gar nicht.
"Welches Übel, Tsunade-sama?", fragte ich geradeheraus.
Sie lächelte. "Es ist schön, dass du das fragst. Sicher erinnerst du dich an den Zwischenfall, bei dem Kishio-kun von einem Moeru-Kind aufgespürt wurde, das augenscheinlich aus Orochimarus Labors stammte. Es war recht jung."
Ich nickte. Und verstand. "Es gibt ältere Kinder."
"Ja, davon gehen wir aus. Das erste Kind wurde als Testobjekt geopfert und um uns abzulenken. Das oder die älteren Kinder hingegen wurden in Stellung gebracht, um... Nun, ich bin sicher, Orochimaru hätte gerne, dass sie in Kishios Gedankenwelt einbrechen und sein Wissen über Konoha rauben können, aber dafür ist der Junge in jeder Beziehung zu stark. Daher gehen wir davon aus, dass das oder die Kinder versuchen werden, seine Bewegungen zu orten und ihn zu verfolgen. Außerdem sind wir uns sehr sicher, dass etwas über deine Mission ins Yuki no Kuni durchgesickert ist und Orochimaru die Chance nutzt, um an weitere Exemplare des Moeru-Clans heranzukommen. Ihr solltet ihn quasi direkt an die Quelle führen."
"Wie sicher ist das?"
Tsunade-sama faltete ihre Hände vor dem Gesicht ineinander. "Es gibt Gerüchte und eine bestätigte Sichtung über ein rothaariges Kind in Begleitung einiger Personen, von denen sicher keiner freiwillig mal ein Elternteil werden wird. Wir haben das erwartet. Ich würde es genauso machen, wäre ich am anderen Ende dieser Geschichte."
'Ich ebenso', ging es mir durch den Kopf.
"Gut. Kann ich teilnehmen?"
"Teilnehmen woran?", fragte sie amüsiert zurück.
"Teilnehmen an der Mission, das oder die Moeru-Kinder aufzuspüren. Es ist offensichtlich, dass Kishio und Shinpachi als Köder dienen. Die schnelle Reise zehn Kilometer nach Süden, offensichtlich als Teil der Mission, die anderen Moerus zu finden, wird die Agenten Orochimarus vor genau zwei Möglichkeiten stellen: Verfolgen oder bei Konoha abwarten, ob Kishio und die anderen wiederkommen. Wenn sie sich für verfolgen entscheiden, werden sie der schnell reisenden Truppe Kishios nicht mit der nötigen Vorsicht hinterher kommen. Die Shinobi und sicherlich ein paar ANBU, die auf der Lauer liegen, werden sie entdecken, identifizieren und, so der Zeitpunkt gekommen ist, abfangen. Aber dabei gibt es ein weiteres Problem: Die ANBU-Ne", sagte ich. "Danzou Shimura wird die Gelegenheit nutzen wollen, um sich seinen Moeru zu sichern, dazu in einem sehr guten Alter für eine Rekrutierung, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt." Nun juckte es mir noch mehr in den Fingern, meinen Brüdern zu Hilfe zu kommen.
"Richtig. Wer die Moeru-Kinder zuerst aufspürt, die Begleiter besiegt und sie lebend in die Hände kriegt, entscheidet, wie das Spiel ausgeht. All das steht auch in Kishios Befehlen, die er lesen wird, wenn es für seine Verfolger - hoffentlich - bereits zu spät ist. Aber das ist nicht deine Aufgabe. Du wirst mit deinem fliegenden Zirkus noch heute abreisen und deine Mission antreten." Meinen Protest würgte sie mit einer Handbewegung ab. "Es gibt einen Treffpunkt mit Kishios Team im Land der Reisfelder. Sobald die Moeru-Geschichte erledigt ist, wird sein Team ein paar Haken schlagen und euch einholen. Ab hier aber müsst Ihr ständig damit rechnen, von weiteren Moeru-Kindern und den Agenten Orochimarus belauscht zu werden, so es diese Kinder gibt und er sie wie das erste Kind verwenden kann. Orochimaru kennt dein Ziel."
"Das war mir klar. Kakashi-sempai hat mit mir ebenfalls darüber gesprochen. Und deshalb habe ich einen Teil seiner Haare erhalten. Von wo, sagtest du, hat er sie sich entnehmen lassen, Tsunade-sama?"
Sie öffnete den Mund, verschloss ihn aber sofort wieder verdutzt. "Junge, Junge, da hättest du mich ja beinahe drangekriegt, Mamo-chan. Sagen wir einfach, dass es seine Haare sind, und gut ist."
"Mittlerweile will ich es auch gar nicht mehr wissen", sagte ich schaudernd beim Gedanken daran, wo am Körper eines erwachsenen Mannes überall Haare wachsen konnten. Was, wenn sie vom Rücken waren? Aus der Achselhöhle? Aus den Ohren? Aus der Nase? Oder gar... Vielleicht war es doch eine sehr gute Idee, sich nicht mehr mit dem Thema zu beschäftigen.
"Dann ist alles gesagt. Nekozumi-san wird dich wie abgesprochen begleiten. Im Land der Reisfelder werden seine Agenten dich zum Thema Moeru instruieren, Kishio-kun wird mit seinen ANBU hinzu stoßen, und Ihr übernehmt eure "Ausbildungsmission" im Yuki no Kuni, wobei Haru als Vertreter Kirigakures agieren wird."
Ach ja, da war ja noch was. Der ehemalige Harusame, der mich und mein Team als Chunin Kirigakures begleiten sollte, um mit seinem Wissen über das Land zu helfen. Und um ausgerechnet meine liebe süße Hanako zu beeindrucken, der er irgendetwas angetan oder abgeluchst hatte, als sie seine Burg infiltriert hatte, damals im Mizu no Kuni. Kurz bevor wir seine Burg zerstört hatten. Ach, und dann war da noch die Information, dass er bald sterben würde. Auch nicht gerade die besten Nachrichten. Warum? Woran? Wieso? Alles Fragen, über die er hinweg ging, als würden sie mich nicht interessieren. Vielleicht gingen sie mich auch einfach nur nichts an.
"Hai, Tsunade-sama."
"Gut, dann sieh zu, dass Morikubos Wanderzirkus auf den Weg kommt."
"Jawohl, Tsunade-sama." Endlich, der Startschuss zur Mission war gegeben worden. Wir konnten nun die anderen Moerus suchen. Wenn es denn noch welche außer Kishio und Shinpachi gab, die nicht aus Orochimarus Labor stammten.
Ich verneigte mich vor meiner Hokage. Diese Frau war ein dämonisches Wesen. Es gehörte schon einiges dazu, nicht nur darauf zu kommen, dass Kishio überwacht wurde, sondern auch einen Plan auszuhecken, um seine Verfolger einzufangen - ohne, dass der Moeru davon überhaupt etwas mitbekam. Als ich das Büro verließ, hatte ich ein Gefühl der Wärme in mir, das ich ansonsten nur von Gesprächen, Vorab-Briefings und Nachbesprechungen mit meinem Sensei Sarutobi kannte, ein wohliges Gefühl, verstanden und beschützt zu sein. Ich verstand, dass Tsunade-sama eine der Frauen war, für die ich sterben würde.
***
"Kishio ist nicht da?", fragte Mai sofort, kaum dass wir uns am Haupttor trafen. Der Aufbruch, zwei Tage zu früh, hatte meine Genin verwundert, aber nicht überrascht. Sie waren abmarschbereit.
"Sein ANBU-Team hat eine Spezialaufgabe erhalten. Sie werden später zu uns stoßen, im Land der Reisfelder", berichtete ich wahrheitsgemäß.
"Eine Spezialaufgabe? So eine ANBU-Sache mit finden und eliminieren, ohne jede Rücksicht und ohne Mitleid?" Das fasste das Aufgabengebiet der ANBU recht gut zusammen, fand ich. Einer der Gründe, warum ich selbst nie zu den ANBU gewollt hatte und warum ich sie trotz Yugao-chan - seltsam, wann hatte ich angefangen, meine Sensei so zu betiteln? - immer ein wenig argwöhnisch betrachtete, obwohl ich für das ANBU-Team Suzuki immer so etwas wie ein Maskottchen gewesen war. Einmal hatte ich sie sogar als eine Art Geburtstagsgeschenk erhalten...
"Und? Was stört dich daran?", fragte Shinji.
"Ich bin mir nicht sicher, ob das die richtige Aufgabe für ihn ist", gestand sie. "Da haben wir ein Jahr damit verbracht, ihm Vertrauen zu zeigen und seines zu verdienen, ihm das Leben in der Zivilisation schmackhaft zu machen, und nun zieht es ihn wieder in die Barbarei hinab."
Kira runzelte die Stirn. "Seit wann bist du zu solchen Wortgebilden fähig, Mai-chan?"
Das Mädchen ging nicht darauf ein. "Ich mache mir nur Sorgen, das ist alles. Du weißt, wie scheu und unsicher er war, als Mamo-chan ihn eingefangen hat."
"Ach, stimmt ja, Kicchan und ich sind quasi zusammen zum Team gestoßen", sagte Kuzomi unvermittelt. Das Mädchen vom Spinnenclan, Kiras ständige Begleiterin - und ich wollte gar nicht wissen, wie ständig ständig war - gestattete sich ein zaghaftes Lächeln. "Es ist so verdammt viel passiert in einem Jahr."
"Ja, und es verspricht keinesfalls ruhiger zu werden. Die Gerüchte über Akatsuki verdichten sich, und den Ärger, den wir auf der Mission ins Yuki no Kuni haben werden, kann ich jetzt schon riechen", pflichtete Shinji bei. "Allerdings sollte ausgerechnet Mamo-chans Wanderzirkus dieser Aufgabe gewachsen sein. Wenn uns nicht gerade der Tsuchikage auflauert, um uns für unsere Störung der Mission seines Dorfes gegen Akatsuki zu bestrafen." Als er sah, wie die anderen ihn entsetzt ansahen, grinste er schief und legte eine Hand hinter den Kopf. "War doch nur Spaß."
"Das sollte es aber nicht sein", sagte ich ernst. "Als Shinobi musst du diese Möglichkeit in Betracht ziehen und deine Abwehr vorbereiten. Falls sie eintritt." Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Bevor Konoha gegründet wurde, bevor die anderen versteckten Dörfer gegründet wurden, lag die durchschnittliche Lebenserwartung eines Ninjas bei etwa elf Jahren. Das ist eine Folge dessen, dass viele Ninja-Clans jedes ihrer Mitglieder in den Kampf warfen, sogar Sechsjährige. Diese Kämpfe waren absolut. Es wurde keine Gnade erwartet und es wurde keine Gnade gewährt. Die Kinder waren meist die schwächsten Shinobi auf dem Schlachtfeld und starben daher als erste. Als die Stadt gegründet wurde, haben nicht nur eine ganze Reihe Ninja-Clans alte Fehden abgelegt und einen großen Neuanfang gestartet. Es wurden Kräfte gebündelt, die uns damals in die Lage versetzt haben, die Kinder mit zwölf statt mit sechs in tödliche Missionen zu schicken. Ausnahmen gab es dabei immer, aber die konnten durchaus auf sich selbst aufpassen." Kakashi zum Beispiel war in so jungen Jahren zum Jounin befördert worden, als ich gerade mal als Genin unterwegs gewesen war. "Aber es ist keine Garantie dafür, dass dein oder euer Überleben in irgendeiner Form garantiert ist. Also rechnet immer damit, dass das Schlimmste passiert. Und habt dafür einen Ausweichplan parat. Ich meine, wir sind Iwagakure verdammt hart auf die Zehen gestiegen. Es ist möglich."
"Hängt das vielleicht mit Kishios Mission zusammen?", fragte Mai.
"Du kannst ihn selbst fragen. Wenn wir einander im Land der Reisfelder treffen", sagte ich lächelnd.
Halb wandte ich mich um, dabei die Hand von Shinjis Schulter nehmend. "Anne, willst du mit, oder bist du nur hier, um uns zu verabschieden?"
Beinahe direkt vor meiner Nase entstand aus dem Nichts die schlanke junge Shinobi, die über das beste Tarntalent verfügte, das ich bisher hatte kennenlernen dürfen. "Was hat mich verraten?"
"Nichts. Ich dachte mir nur, dass du da bist", entgegnete ich grinsend. "Allerdings hättest du auch einfach fragen können, ob du uns begleiten darfst. Aber nicht mich, sondern deine Vorgesetzten."
"Aber Tsukigakure und Konoha sind doch eh Verbündete", begehrte sie auf.
"Geh Maria fragen. Wenn sie dir die Erlaubnis gibt, nehme ich dich mit, okay?"
Mürrisch sah das Mädchen mich an. "Aber wenn..." "Maria." "Doch wenn sie..." "Maria." "Aber was ist, wenn..." "Maria." Sie ließ die Schultern sacken. "Aber Ihr seid noch hier, wenn ich sie gefragt habe?"
Das ließ mich schmunzeln. "Du hast fünf Minuten."
"Das reicht massig!", rief sie und verschwand per Step in Richtung des Nara-Viertels. Kurz darauf sah ich sie über die Dächer Konohas huschen. Ja, vielleicht war es eine gute Idee, jemanden zusätzlichen mitzunehmen, der Affen beschwören konnte. Shinji hatte sich als talentierter Kontraktpartner erwiesen, aber er hatte noch einen langen Weg zu gehen, bis er die wirklich talentierten Kämpfer der Affen für einen adäquaten Zeitraum beschwören konnte.
"Warten wir wirklich auf sie, oder hauen wir heimlich ab?", fragte Shinji. "Nicht, dass ich es nicht zu schätzen wüsste, dass Ryoga mit im Team ist."
"Das werden wir Anego ja wohl kaum antun", sagte Mai resolut. Aber etwas unsicher war ihr Blick schon, als sie mich ansah. "Richtig, Sensei?"
Ich lachte. "Richtig, Mai-chan. Wir warten tatsächlich."
Keine Minute später kam Anne auch schon wieder zurück. Vollkommen außer Atem landete sie direkt vor mir. "Maria... hat nichts... dagegen, aber... in drei Wochen... muss ich nach... Tsukigakure zurück... hat sie gesagt... Puuuuuh!"
Drei Wochen. Hm, das könnte zeitlich ungefähr mit der Mission passen. "Na, dann lasst uns aufbrechen." Ich öffnete die permanente Wunde auf meinem Daumen, die ich als Beschwörer trug, um ständig an mein eigenes Blut kommen zu können, presste einen Tropfen hervor und drückte das Blut in den Dreck der Straße. Dass Beschwörer-Shinobi nicht schon längst an Blutvergiftungen ausgestorben waren, war mir manchmal echt ein Rätsel. "Kuchiose no Jutsu!"
Auch Anne und Shinji bissen sich in die Daumen und drückten das Blut auf den Boden. "Kuchiose no Jutsu!" "Kuchiose no Jutsu!"
Kurz darauf standen drei Affenkrieger vor uns. In meinem Fall war es natürlich P-chan. "Mamo-chaaan!" Und natürlich fiel sie mir sofort um den Hals. "Oh, ich habe dich soooo vermisst!" Um ihre Worte noch zu unterstreichen, rieb sie ihre Wange an der meinen. "Soooo vermisst." Dabei war sie auf meinem Geburtstag gewesen.
Shinji, der Hikaru Gosunkugi beschworen hatte, besah sich die Szene und dann den Affenkrieger in seiner menschlichen Tarngestalt als schmächtiger Hänfling. Er breitete die Arme aus. "Falls du mich auch vermisst hast, nur zu, mein Freund, nur zu."
"Sehr witzig", brummte der Affenkrieger. "Kriegst du nicht genügend Zuneigung von Shinobu?"
An seine Freundin, Kiras Cousine aus Kumo, erinnert, hielt Shinji kurz inne und ließ die Arme etwas sacken. "Mir mangelt es nicht an zusätzlicher Liebe für all meine Teamkollegen", sagte er und hob die Arme wieder.
"Wie ich schon sagte, sehr witzig", sagte Gosunkugi und tätschelte dem Blondschopf die quirligen Haare. "Wir haben uns doch erst auf Mamo-chans Geburtstag gesehen. Meine Bedürfnisse nach Umarmungen von dir sind also nicht so groß. Außer natürlich, du gewöhnst dir an, endlich mal ein Deo zu benutzen."
Erstaunt hielt Shinji inne und begann, unter seiner Achsel zu riechen. "Da ist nichts."
"Seinen eigenen Schweiß riecht man auch nicht so gut", erwiderte der Affenkrieger grinsend.
Der Affe und der Genin sahen sich an, dann begannen sie beide zu lachen und sich dennoch zu umarmen. "Ich habe dich zwar nur zwei Tage nicht gesehen, Großer, vermisst habe ich dich aber wirklich."
"Und ich habe dich vermisst, Kleiner. Siehst auch nicht mehr so müde aus. Hey, Ryoga, findest du nicht auch..." Der Scout verharrte mitten im Satz. Sein Freund und Kampfgefährte befand sich, kaum entstanden, in einer prekären Situation. Anne war ihm um den Hals gefallen, kaum dass er aus dem Nebel getreten war. Und so hing sie an ihm und zwang ihn zu einer gebeugten Haltung. "Anne-chan, das ist mir ein wenig peinlich", raunte er.
"Wieso? Darf ich dir nicht mal meine Zuneigung zeigen?", beschwerte sie sich. "Oder schadet es deinem Image als großer böser Affenkrieger, wenn ein kleines, unansehnliches Mädchen wie ich dich umarmt?"
"Nein, es geht mir mehr um die Witze und Sticheleien, die ich jetzt von Mamo-chan und den Genin kassieren werde."
"Und? Das können wir eh nicht mehr ändern, Ry-o-ga-sa-ma..."
Ich lachte kurz auf. "Genug gespielt. Lasst uns aufbrechen." Kurz ging mein Blick zu Kuzomi. "Deine Schwertwunde?"
"Vollkommen verheilt, der Spinnenseide sei Dank." Sie legte den Kopf schräg. "Onee-chan braucht noch drei Tage, dann ist sie wieder fit für den Einsatz."
"Das sind gute Nachrichten über jemanden, dem fast ein Arm abgetrennt worden ist", sagte ich zufrieden und innerlich aufatmend. Zugleich fühlte ich Phantomschmerzen in der alten Wunde im rechten Bizeps. Ich hatte damals keine Unterstützung durch Ärzte der Spinnen gehabt, die mit Hilfe der Spinnenseide sogar einzelne Muskelfasern wieder miteinander verbinden konnten. Meine Qualen wären auf wenige Tage reduziert worden anstatt auf zwei Monate. Außerdem freute ich mich darauf, die Spinnenkriegerin wiederzusehen. Wir waren Kampfgefährten, Freunde, vielleicht mehr als das, Familie. Ich vermisste sie sehr. Aber Spötter behaupteten ohnehin, ich würde jeden sehr vermissen, den ich jemals kennengelernt hatte... Orochimaru-sempai vermisste ich jedenfalls nicht, und das aus gutem Grund.

Eine neue Präsenz in meinem Rücken aus Richtung des Stadttors fiel meinen sensorischen Fähigkeiten auf. Genauer gesagt machte der "Neue" mit seinem Chakra sehr deutlich, dass er da war. Er klopfte quasi bei mir an. Ich wandte mich um und sah meinen alten Freund Ryuji Nekozumi. Neben ihm aber stand Haru, der Regenmacher. Seine Präsenz spürte ich nicht. Er unterdrückte sie, und ausgerechnet ich, ein spezialisierter Jounin mit dem Ortertalent, konnte ihn nicht erfassen, so als wäre er nur ein Trugbild. Das machte mir zu schaffen, zeigte aber, dass Haru nicht umsonst Chunin war. "Okay, wir sind vollständig. Morikubos Wanderzirkus rückt aus."
Meine Genin rissen die rechten Fäuste hoch. "Oooo!" Dann schlossen wir zu Ryuji und Haru auf und verließen die Stadt.
***
Tsunade beobachtete von ihrem Fenster aus die Stadt. Sie konnte das Stadttor nicht sehen, geschweige denn die Aufbrechenden, aber sie wusste, dass sie da waren. Es war eine sensible Mission, in die sie den ewigen Chunin hetzte, aber hoffentlich eine, der er gewachsen war. Er und sein Team. Wenn alles klappte, hatte sie vor, Mai-chan, Kira-chan und Shinji-chan für die nächste Chunin-Prüfung zuzulassen. Das hatten sie sich verdient. Und sie hatten bewiesen, dass sie die Beförderung zum Chunin verdient hatten. Aber waren sie den Aufgaben eines Chunin gewachsen? Manche Shinobi versuchten es ein Leben lang, aber hatten einfach nicht das Talent zum Anführer. Wenn sie an Narutos Team Sieben dachte, fühlte sie Bedauern. Alle drei hatten großartige Veranlagungen und die Fähigkeit, bis zum Jounin aufzusteigen. Und Sakura hatte die Chunin-Prüfung bereits erfolgreich abgelegt, während sie auf Naruto noch wartete... Nur Sasuke Uchiha, der dritte im Bunde, würde als Deserteur nie die Ränge aufsteigen und Chunin sowie später Jounin werden. Was für eine Verschwendung eines vielversprechenden Ninjas. Ein Grund mehr, Orochimaru zu grollen.
Eines aber stand außer Frage: Wenn sich Kishio bewährte, würde sie ihn und natürlich Shinpachi ebenfalls zur Chunin-Prüfung anmelden. Und bis die Mission erfolgreich abgeschlossen war, hatte sie auch den dritten Mann für sein Team gefunden. Sie lächelte bei diesem Gedanken. Die Dinge wurden nicht leichter für Team Morikubo. Vielleicht sollte sie den Schritt, Kishios provisorisches ANBU-Team aus der Gruppe zu lösen und selbstständig einzusetzen, früher tun, als sie eigentlich vorgehabt hatte. Sehr viel früher. Die familiären Bande konnte sie damit jedenfalls nicht zerreißen.
***
Kishio nieste heftig.
"Da denkt wohl jemand an dich", scherzte Kintaro.
"Nein, das sind die Pollen", erwiderte er verschnupft und deutete auf die Wiese zurück, die sie gerade durchquert hatten. "Muss eine Pflanze bei sein, die ich nicht vertrage."
"Oder es denkt jemand an dich", beharrte Kintaro.
Kishio wollte antworten, sagen, dass NATÜRLICH jemand an ihn dachte, weil sich immer jemand um ihn Sorgen machte - Aniki zum Beispiel, Mai-chan, Shinji und Kira, Otoo-sama und Okaa-sama oder die Hokage, um nur die wichtigsten zu nennen. Da dämmerte ihm, was er gerade hatte sagen wollen und welche Bedeutung dies für ihn hatte. Eine wohlige Wärme erfüllte ihn bei diesem Gedanken und der Erkenntnis, wie tief er bereits in die Familie Morikubo und Konoha selbst eingebettet war. Und Shinpachi fühlte genauso. Sie tauschten einen stummen Blick und ein Lächeln.
"Ja, da denkt wohl jemand an mich", gab sich Kishio mit einem Seufzer geschlagen. "Du hast Recht, und ich habe meine Ruhe."
Kintaro machte einen nachdenklichen Laut. "Fühlt sich nicht so an, als würde ich Recht haben, Kishio-sama."
"Und auf dein Gefühl ist Verlass, Kin-chan", sagte Kishio.
"Niederlage akzeptiert", erwiderte er generös. "Also lass uns die Blumen schnell hinter uns bringen."
Sie gingen alle vier wieder in den Step, in fester Formation, verschwanden im nahen Wald.
"Stop!", sagte Kishio. Seine sensorischen Fähigkeiten hatten jemanden entdeckt, was hier, mitten in der Wildnis, schon ungewöhnlich war. Er sah zu Shinpachi herüber.
Der nickte. "Drei Personen. ANBU aus Konoha, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt. Sie haben sich gerade erst für uns sichtbar gemacht. Bis dahin war ihr Chakra unterdrückt."
"Das heißt, sie rechnen jetzt mit uns", sagte Kishio. Er stoppte die Unterdrückung des eigenen Chakras und war nun für sensorische Ninjas gut sichtbar. In die drei Personen kam Bewegung. Sie bewegten sich auf ihn zu.
"Yugao-sensei ist bei ihnen", stellte Kishio fest.
"Yugao-sensei?", fragte Hitomi verwundert. "Ich hatte gehört, dass sie ihren Abschied bei den ANBU genommen hat. Das ist ungewöhnlich."
"Die anderen sind Okami-san und Nekohime-chan."
"Dann sind die anderen beiden auch nicht weit." Shinpachi fuhr sein Kanshi hoch, aber er konnte Kuma-san und Kitsune-san nicht entdecken.
Es dauerte nicht lange, dann hatte Yugao Uzuki sein Team erreicht. Sie lüftete ihre Maske. "Kishio-kun."
"Yugao-sensei. Es freut mich, dich zu sehen. Du wirst uns Einzelheiten über die Mission mitteilen?"
"Während wir unterwegs sind. Wir brechen sofort in Richtung Norden auf. Shinpachi und du werdet eure Kanshis so weit hochfahren, wie es euch möglich ist. Ziel ist es, jemanden zu finden, bevor es die ANBU-Ne tun."
"Wen?", fragte Kishio.
"Eins oder mehrere Kinder von Shinpachi aus Orochimarus Labor." Sie setzte die Maske wieder auf. "Los jetzt, ich erkläre alles weitere unterwegs."

Einen guten Kilometer weiter nickte Kishio verstehend. "Gut, das macht Sinn. Aber wir haben keine Nachricht der Verfolgerteams erhalten?"
"Nur, dass sie Kontakt mit dem Begleitschutz gehabt haben und es zum Kampf gekommen ist. Sie haben ein etwa fünfjähriges Kind identifiziert, wohl einen Jungen."
Eine Welle aus Frust rollte über die Moeru-Verbindung von Shinpachi zu Kishio herüber. Anscheinend war sein großer Bruder mit der Gesamtsituation nicht sehr zufrieden.
"Mir geht es gut", wiegelte Shinpachi ab. "Ich könnte Orochimaru nur langsam auf einem Röstspieß braten, bis seine blasse Haut eine schöne, knusprige Färbung angenommen hat, und dann..."
"Ach, hör auf", beschwerte sich Hitomi. "Da kriegt man ja Hunger." Sie lachten, und es nahm viel von der Spannung, die Yugao Uzukis Erklärung in den beiden Moerus aufgebaut hatte. Vor allem in Shinpachi.
"Wo war das?"
"Ganz zu Anfang der Hatz, ungefähr auf Kilometer drei", sagte Yugao. "Wie geplant fielen sie unseren Häschern auf, als sie versuchten, euch zu folgen. Zwei seiner Begleiter stellten sich zum Kampf, die anderen beiden und der Junge flohen weiter. Ob sie noch auf deiner Spur sind oder sich bereits abgesetzt haben, können wir mangels Kontakt nicht sagen. Aber wir wissen definitiv, die ANBU-NE sind ebenfalls hier. Vielleicht sind sie sogar näher dran, deshalb habe ich mich dazu entschlossen, dich und Shinpachi aktiv mitsuchen zu lassen."
Kishio nickte. "Shinpachi."
"Ich nehme Kintaro mit, und, wenn du es erlaubst, Yugao-sama, Nekohime-chan."
"Wir erweitern unseren Suchradius. Shinpachi wird am Rand meines Suchradius suchen, so decken wir einen größeren Bereich ab", erklärte Kishio. "Zwei ANBU dürften für seinen Schutz reichen, wenn er seine volle Aufmerksamkeit seinem Kanshi widmen muss. Das Gleiche wird bei mir der Fall sein."
"In Ordnung."
Nekohime kam zu Shinpachi herüber. Kurz darauf trennten sich die beiden und Kintaro von der Gruppe, um den notwendigen Abstand aufzubauen.
'Alles in Ordnung, großer Bruder?', sendete Kishio.
'Keine Beeinträchtigungen. Du kommst mit Hitomi klar?'
Er warf einen amüsierten Blick auf die ANBU. 'Sie gibt sich Mühe. Das erkenne ich an.'
'Gut. Ich melde mich, wenn ich etwas finde.'
'Das Gleiche hier, großer Bruder.' Laut sagte er: "Shinpachi ist in Position. Wir können beginnen."
"Beeilen wir uns", sagte Yugao.

Etwa auf Kilometer acht, von Konoha zu jener Stelle gesehen, an der sie die anderen ANBU getroffen hatten, spürte Kishio Kontakt. Mehrere Personen, ein Chakra erlosch, und dazwischen war ein... Ein sehr vertrautes Chakra, das ihm dennoch unbekannt war. Das musste das Kind sein, das Orochimaru mit Shinpachis Genen produziert hatte. Ja, produziert hatte. Der arme Bursche. Ob er genauso leer und willenlos wie das Mädchen war, das ihn damals aufgespürt hatte? "Ich habe sie. Einen Kilometer voraus. Jemand ist bei ihnen."
"Schneller!", kommandierte Yugao. Sie beschleunigten ihre Bewegungen. Hitomi ging automatisch in die Vorhut, um Kishio zu schützen, Okami ging nach rechts hinten, Yugao nach links hinten. Kishio bildete die Mitte eines gedachten gleichseitigen Dreiecks.
Sie kamen sehr gut voran, aber sie blieben nicht unentdeckt. Einer der Angreifer bewegte sich auf sie zu. Es war das Chakra eines ANBU-Ne, das er kannte. "Feind nähert sich."
"Ich übernehme." Yugao drängte sich nach vorne. "Ihr holt das Kind."
"Lebend?", fragte Kishio.
Die Frage schien Yugao zu verwirren, ihr Chakra wurde für einen Moment konfus. "Wenn es machbar ist, ja." Mit anderen Worten, sollte er in die Hand der ANBU-Ne zu fallen drohen, war es besser, den Jungen zu töten. Kishio bedauerte, diese Frage gestellt zu haben. Verdammt. Nicht, dass er zögerlich oder nicht in der Lage war zu tun, was notwendig war, aber bereits das leere Mädchen hatte ihm so leid getan, und der Junge war fast so verloren wie er damals, als sein Clan vernichtet und er allein auf der Welt gewesen war. Kishio versuchte, diese unnützen Gedanken abzuschütteln. So kurz vor einem Kampf bedeutete Mitleid einen Nachteil.
"Ich tue es!", rief Hitomi ihm zu.
"Wenn du musst!", rief er zurück. Sie schlugen einen Bogen, um Yugao bei ihrer Konfrontation mit dem ANBU-Ne Platz zu machen.
Dieser stieß kurz darauf vor ihnen aus dem Step hervor und griff sofort Kishio und seine Begleiter an. Allerdings hatte Yugao damit gerechnet und attackierte den Feind sofort, sodass dieser seine Attacke abbrechen und sich der ANBU-Squadführerin voll widmen musste. Kishio und seine Begleiter brachen durch.

Als sie am Ort des Geschehens auftauchten, starb gerade der letzte Begleiter. Der Junge, der ihr Ziel war, stand von ihnen aus gesehen hinter den Konoha-ANBU, mit dem Rücken an einem Baum, das Gesicht angsterfüllt. Es waren zwei ANBU-Ne, deren Chakren Kishio noch nicht kannte.
Einer von ihnen machte eine herrische Geste. "Euer Auftrag ist abgeschlossen. Wir schließen hier unseren ab, Kishio-san!"
Hitomi verschwand neben ihm. Als sie aus dem Step kam, wurde ihr Kunai Zentimeter vor der Brust des Jungen von einem ANBU-Ne mit seinem Sai abgelenkt.
"Nun, wenn Ihr darauf besteht, die Sache hässlich werden zu lassen..." sagte der Erste.
Kishio erkannte schnell zwei Dinge an ihm, nämlich, dass sein Chakra merkwürdig fragmentiert erschien und dass er Affinitäten mit den Chakras der Aburame hatte, die er kannte. Das erklärte das fragmentierte Chakra. Es war nicht zerstückelt, sondern teilte sich auf den ANBU-Ne auf... Und auf ein paar Millionen Insekten, mit denen er in Symbiose lebte. Diese Insekten schossen nun wie eine Flutwelle auf ihn und Okami zu; aber auch auf Hitomi, die, mit dem Rücken zum Aburame stehend, die Welle nicht kommen sah.
Kishio wich aus, Okami ebenso, und noch während er das tat, rief er: "Ausweichen!"
Hitomi reagierte sofort und sprang in die Luft. Der ANBU-Ne, mit dem sie gekämpft hatte, behielt seine Position bei, auf seinen Kameraden vertrauend. Tatsächlich spaltete sich die Insektenwelle vor ihm und dem Jungen und berührte ihn nicht.
Diese Insekten, erkannte Kishio, waren winzig, und darin lag ein Großteil ihrer Gefährlichkeit. Sie waren so winzig, dass er einzelne Exemplare nicht mal mit seinen scharfen Moeru-Augen erkennen konnte. Sie mussten das Format von Hautmilben haben. Dementsprechend war ihre Zahl riesengroß, wenn man sie als Welle erkennen konnte. War es möglich, dass der ANBU-NE tatsächlich nur aus diesen Insekten bestand? Eine schauerliche Vorstellung.
Kishio schmiedete Öl und sammelte es in seinem Mund. "Katon: Dai Endan!"
Er blies den Feuerball auf den Aburame. Dieser ließ die Insekten einen Schild um sich bilden, um dem Feuerball zu widerstehen. Das funktionierte, aber das heiße Feuer Kishios hatte große Lücken in seine Insektenarmee gerissen.
Hitomi versuchte wieder, den Jungen zu töten, aber der zweite ANBU hielt sie erneut auf.
"Das kann den ganzen Tag so gehen, bis einer stirbt!", rief der Aburame. "Zieh dich einfach zurück, Kishio-san! Du hast deine Aufgabe erfüllt, der Beobachter ist fort! Mach dich auf und folge Morikubo!"
"Was ich mache und was nicht, ist nicht deine Angelegenheit!", erwiderte Kishio ärgerlich. Das Feuer hatte geholfen, gut geholfen. Er konnte gewinnen, wenn er Distanz wahrte und seinen Gegner mit Katon attackierte. Allerdings war ihm klar, dass die kleinen Mistviecher hochgefährlich waren. Wahrscheinlich reichte schon eine Berührung, um ihn in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Aber bis dahin war es ein Patt. Ärgerlich, aber wahr. Die Seite würde gewinnen, die zuerst Verstärkung heranführen konnte. Und sie...
'Hilfe!'
Kishio erstarrte. Für einen Augenblick hatte er geglaubt, Shinpachi hätte ihn gerufen. Aber nein, das war...
'Hilfe! Papa, hilfe!'
Das war der Junge gewesen. Zweifellos. Er hatte über die Moeru-Kommunikation um Hilfe gerufen. Und das hatte etwas in Kishio berührt. Etwas, das... Nun, zumindest war dieser Junge nicht leer wie das Mädchen, das einer Marionette gleich nur Befehle ausgeführt hatte.
'Bleib ruhig', dachte Kishio. 'Wir helfen dir.'
'Papa?', fragte der Junge.
Konsterniert hielt Kishio inne. 'Papa?'
'Mama hat gesagt, wenn ich nicht mehr im Labor bin, wird Papa mich finden und retten.'
'Und das wird er auch!', klang Shinpachis kräftige mentale Stimme auf. Sekundenbruchteile darauf tauchten er, Kintaro und Nekohime neben ihm aus dem Step auf. Von der anderen Seite kam Yugao heran, den besiegten ANBU hinter sich herschleifend.
Die erste Gruppe, die Verstärkung erhielt, würde gewinnen. Sah ganz so aus, als wäre dies seine Truppe.
"Ich denke, es ist an der Zeit, die Mission als gescheitert anzusehen, Mushi-san", sagte Kishio.
"Ich..."
Einen Moment des Wunderns, des Innehaltens, war alles, was Hitomi benötigte. Sie kam am zweiten ANBU-NE vorbei, hob ihr Kunai und stieß zu.
"WARTE!", rief Kishio, aber da war schon alles geschehen. Sie hatte ihr Kunai in etwas hinter dem Jungen gerammt, das sich als Shinobi-Puppe herausstellte, ihn ergriffen und war mit ihm fortgesprungen, noch bevor Kishio seinen Ruf beendet hatte.
"Keine Sorge, du bist jetzt in Sicherheit", sagte sie zu ihm.
Er nickte zaghaft, aber ganz wohl war ihm nicht in Hitomis Armen, denn vor wenigen Minuten hatte sie noch versucht, ihn zu töten.
"Alles klar, alles klar", seufzte der Aburame. "Alle Trümpfe sind aus unserer Hand. Kriegen wir unseren Kameraden wieder?"
Yugao brummte unwirsch und warf dem ANBU-Ne seinen bewusstlosen Kameraden zu, so als wäre er nur eine leichte Strohpuppe, und kein ausgewachsener Mann.
"Ihr wisst, dass das in Konoha noch ein Thema werden wird", sagte der Aburame schließlich. Er nickte seinem Kameraden zu, legte sich den Bewusstlosen über die Schultern und verschwand dann mit Step.
Kishio verfolgte die drei mit Step, bis er sicher war, dass sie nicht überraschend Verstärkung erhielten oder zurückkehrten. "Das war's", sagte er zufrieden.
"Papa!", rief der Junge, riss sich aus Hitomis Armen los und lief auf Shinpachi zu.
Die Sinne beider Moerus waren in diesem Moment bis aufs Maximum hochgefahren. Shinpachi war bereit, den Jungen beim geringsten Anzeichen von Feindseligkeit oder einer versteckten Programmierung sofort zu töten, aber sie entdeckten weder einen hypnotischen Befehl in seinem Geist, noch eine verräterische Bewegung. Zudem glaubte der Junge, was er sagte.
"Papa."
Zögerlich ging Shinpachi in die Hocke und ließ sich von dem Jungen umarmen. Er zitterte am ganzen Leib. "Mama hat gesagt, dass du mich findest. Ich musste nur ruhig sein und alles tun, was die Männer von Orochimaru-sama mir sagen. Du würdest dann den Rest machen."
Zögerlich umschloss Shinpachi den Jungen. "Es ist in Ordnung. Du bist in Sicherheit." Bilder gingen ihm durch den Kopf, die ihn an jene Zeiten erinnerte, als er einen vierjährigen Kishio beaufsichtigt hatte. Kishio konnte nicht anders, bei diesen Bildern lachte er mental.
Eine stumme Frage stand in Shinpachis Gesicht geschrieben.
'Ich weiß leider auch nicht, was Tsunade-sama ab hier geplant hat', dachte Kishio bedauernd. 'Aber eines ist sicher. Einen Moeru sollte auch ein Moeru aufziehen.'
Sein großer Bruder schluckte trocken. Vielleicht wurde ihm gerade bewusst, was für eine Verantwortung auf ihm ruhen würde.

Kishio wandte sich Hitomi zu. "Für einen Moment hast du mir Angst gemacht, muss ich zugeben."
"Wieso?", fragte sie leichthin. "Als wir in der Überzahl waren, bestand keine Notwendigkeit mehr, den Jungen zu töten. Stattdessen habe ich die Falle entschärft, die sie hinter ihm aufgebaut haben und den Jungen aus der Gefahrenzone gebracht. Es tut mir leid, dass ich nicht auf deine Anweisungen warten konnte, Kishio-sama."
Kishio hob die Hand, hielt sie unschlüssig in der Luft und tätschelte schließlich die Schulter der ANBU, wenn auch nur zweimal. "Das hast du gut gemacht, Hitomi."
Die junge Frau schob die Maske hoch. Ihre Miene war ernst, aber man konnte sehen, mit welchem Kraftakt sie sich zu beherrschen versuchte. "Ich versuche nur, ein wertvoller Teil des Teams zu sein, Kishio-sama."
Kishio drückte ihre Schulter. "Du bist auf einem guten Weg", lobte er.
"Kishio."
"Yugao-sensei." Er gab Hitomi einen letzten Klaps, übersah die eine Freudenträne, die das rechte Auge hinablief und wandte sich der ANBU-Anführerin zu. "Wie geht es weiter?"
"Wir drosseln die Moeru-Fähigkeiten des Jungen erst einmal stark, sodass er quasi ein ganz normaler Junge und von Orochimaru nicht so leicht wiederzufinden ist. Dann übergeben wir ihn dem Morikubo-Haushalt. Wenn Ihr von eurer Mission zurück seid, werden wir alles wissen, was er weiß, und er wird hoffentlich bereits in Konoha integriert sein." Sie räusperte sich. "Es ist Tsunade-samas ausdrücklicher Wunsch, dem Jungen eine Kindheit zu ermöglichen."
Eine Kindheit, die Kishio nicht gehabt hatte. Es gab keinerlei Grund, diese dem Kind zu versagen. Falls Orochimaru nicht doch noch eine Schweinerei mit dem Jungen angestellt hatte, hieß das. Aber Okaa-sama und die ANBU würden das schon noch herausfinden.
Kishio nickte. "Und unsere Befehle?"
"Ihr brecht auf und begebt euch zum Treffpunkt mit Mamoru."
Shinpachi löste sich vorsichtig aus der Umarmung des Jungen. "Geh mit Uzuki-sensei mit. Sie bringt dich zu deiner Großmutter nach Hause. Dort tust du alles, was sie dir sagt. Dein Vater hat etwas wichtiges zu erledigen, aber in ein paar Wochen werden wir uns wiedersehen."
"Das ist in Ordnung", sagte der Junge freudestrahlend. "Ich habe mein ganzes Leben darauf gewartet, dich zu sehen, Papa. Das ist jetzt passiert. Ich bin zufrieden. Ich kann warten."
Shinpachi schluckte einen dicken Kloß im Hals runter und umarmte den Jungen erneut.
"Wie heißt du denn eigentlich?", fragte er, von den neuen Eindrücken zunehmend irritiert.
"Shintaro, Papa."
"Shintaro. Ein guter Name."
So beließen sie es, warteten fünf Minuten, zehn, dann fünfzehn, bevor Kishio befand, dass es Zeit für den Aufbruch war. "Shintaro-chan, wir müssen jetzt los."
"Das verstehe ich. Du bist Onkel Kishio, nicht? Ich habe von dir gehört."
Die beiden Moerus wechselten einen erstaunten Blick. Das war eine gewichtige Information für sie. Gab es jemanden in der Zuchtstation Orochimarus, der ihn von früher kannte? Oder waren Informationen über ihn durchgesickert, nachdem er sich Konoha angeschlossen hatte?
"Ich hoffe, nur Gutes", scherzte Kishio.
"Nur Gutes", bestätigte der Junge.
Yugao trat heran und nahm das Kind auf den Arm. "Wir bringen dich nach Hause." Sie nickte Kishio und den anderen zu. Dann verschwand sie, den Jungen an sich gedrückt, mit Step. Ihre ANBU folgten ihr fast zeitgleich.
"Na, das kann ja was werden", murmelte Shinpachi. Schalk glomm in seinen Augen. "Andererseits habe ich ja Erfahrung darin, Kleinkinder groß zu ziehen, nicht, Otouto?"
"Keine Sorge", sagte Kishio generös, "wenn die Erfahrung nicht mehr weiterhilft, helfe ich dir stattdessen." Es schien, ihr Leben in Konoha hatte gerade eine riesige Veränderung erfahren.

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Als wir das Land der Reisfelder erreichten, waren ein Tag und eine Nacht vergangen. Gut, nur ein halber Tag, und den größten Teil der Nacht hatten wir in unserer bevorzugten Herberge verbracht, direkt an der Nordgrenze. Damit betraten wir jenes Land, in dem Orochimaru einst sein eigenes Verstecktes Ninjadorf unterhalten hatte, Otogakure, das von mir zerstört worden war. Beim Gedanken an die Falle unter der Stadt, in die ich hineingelaufen war und daran, dass an der Stelle Otos nun ein See stand, lief ein kurzer Schauder über meinen Rücken. Ohne Maria und ihre Kunst, Korridore durch die Raumzeit zu treiben, hätte ich nicht überlebt. Natürlich hatte sie mich überhaupt erst in diese Lage gebracht, allerdings hatte ich so die Gelegenheit gehabt, die Falle so lange offen zu halten, bis die Einwohner und die Konoha-Shinobi unter meinem Kommando hatten fliehen können. Hätte ein anderer diese Falle ausgelöst, wären mit Pech Hunderte gestorben, viele von ihnen Shinobi meiner Stadt.
„Ich kann deine Gedanken lesen“, sagte Ryuji grinsend. Dies tat er, während er mit mit dem Eisenblock, den er dreist als Schwert bezeichnete, auf meine Schulter tippte. Ja, tippte. Hätte er auch nur leicht geklopft, alleine die Masse seiner Waffe hätte mir die Schulter zertrümmert. Wahrscheinlich wäre er ein ziemlich guter Shinobi geworden. Vielleicht aber war er da, wo er jetzt war, am besten aufgehoben. „Denkst du noch immer daran?“
„An die Zerstörung Otogakures?“ Ich seufzte. „Heute mehr denn je zuvor. Es ist das Land, in dem damals die Moeru ihr Dorf unterhalten hatten, bevor es von Orochimaru und Itachi Uchiha zerstört wurde. Ich weiß nicht, wie es für Kishio und Shinpachi sein wird, wenn sie an dem See stehen, der einmal ihre Heimat war, und wenn sie wissen, dass ich daran schuld bin.“
„Loben werden sie dich, Sensei“, sagte Shinji mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. „Immerhin war es Orochimarus Dorf, oder nicht?“
„So leicht ist es nicht“, mischte sich Kira ein. „Heimat ist Heimat, bedenke das.“
„Und da kommt ja auch noch die Tatsache hinzu“, fügte Mai an, „dass die meisten Einwohner von Orochimaru und dem Nukenin aus dem Uchiha-Clan getötet wurden. Die meisten. Die, die noch leben, suchen wir ja gerade.“
„Ach, interessant. Und wann wolltet Ihr mir das sagen?“, beschwerte sich Gosunkugi und tat, als würde er schmollen. „Also echt, Shinji, und du willst mein Kontraktpartner sein, der mit mir auf Augenhöhe sein will? Freundschaft sieht anders aus.“
„Ich glaube“, sagte Shinji gedehnt und klopfte dem Affenkrieger in der schmächtigen Tarngestalt auf die Schulter, „dies ist der richtige Augenblick, um dir zu sagen, dass ich vorhabe, dich zu unterwerfen und in Zukunft an einer Leine zu führen, um meine Macht über dich zu verdeutlichen.“
„Du und welche Armee?“
„Mamo-chan reicht dazu vollkommen aus.“
Hikari Gosunkugi öffnete den Mund zu einer Antwort, sah zu mir herüber und schloss ihn wieder. „Verdammt, du hast recht, das wird reichen. Darf ich die Farbe der Leine bestimmen?“
Verdutzt sah ich meinen Genin und den Affenkrieger an. Dann begannen die beiden lauthals zu lachen, und die Szene, die sich für mich immer bedrohlicher angefühlt hatte, stellte sich als großer Witz heraus. Nun, es wäre auch arg gegen den Charakter des kleinen blonden Genin gewesen, vor allem da Hikari tatsächlich schon so etwas wie ein Freund für ihn war.
„Aber wenn uns arme Affen trotzdem jemand kurz in die Mission einführen könnte...“, fügte er an.
Kuzomi räusperte sich und hob dozierend den Zeigefinger. „Wir gehen davon aus, dass Orochimaru bei der Vernichtung des Moeru-Dorfs nicht alle erwischt haben kann. Also weder getötet, noch entführt. Und Ryuji-samas Agenten haben ja, wie du weißt, nach akribischer Recherche und durch viel Glück eine Spur zu möglichen Überlebenden der Moeru entdeckt, die ins Land des Schnees führt. Soweit so gut. Und wir sind auf dem Weg, um die aktuellen und sehr eindeutigen Hinweise entgegen zu nehmen.“
„Dabei gehen wir allerdings davon aus, dass die Heimat der Nekozumi bereits von Agenten Orochimarus infiltriert wurde“, sagte ich. „Höchste Geheimhaltung ist also Pflicht.“
„Auch vor Kishio?“ Mai war bei diesem Thema leicht reizbar, wie ich mittlerweile festgestellt hatte. Diese Verlobungsgeschichte hatte sie weit besser aufgenommen als ich erwartet hatte.
„Gerade vor Kishio. Wir werden ihm und Shinpachi viele wesentliche Daten vorenthalten. Vorenthalten müssen“, erklärte ich. „Und zwar, weil...“
Mai runzelte die Stirn. Schließlich aber nickte sie. „Das heißt also für uns beide, dass wir während des Einsatzes kein Moeru-Chakra aufnehmen dürfen.“
Ich nickte lächelnd. Sie war ein kluges Mädchen und nicht umsonst meine erste Wahl als Führerin der Genin gewesen.
„Moment mal, da komme ich jetzt nicht ganz mit. Warum Kishio und Shinpa-chan alles verheimlichen? Ich meine, okay, sie haben die Moeru-Kommunikation, aber sie sind auch die mit dem größten Talent auf diesem Gebiet. Kein Moeru kann gegen ihren Willen in ihre Gedanken einbrechen“, ereiferte sich Kira. „Geschweige denn in ihnen spionieren. Also, warum diese übertriebene Geheimhaltung?“
„Du bist naiv, kleiner Genin.“ Haru lächelte, aber es war kein verschmitztes Lächeln. „Nur, weil du und die beiden Moerus davon ausgehen, dass niemand in ihre Gedanken einbrechen kann, heißt das nicht, dass es unmöglich ist. Im Gegenteil, wir wissen, dass Orochimaru mit der unfreiwilligen Hilfe von Moeru no Shinpachi bereits eigene Moerus erzeugt hat. Und Orochimaru ist ein extrem findiger Mann, der einen Pfad zur Unsterblichkeit entdeckt hat. Wenn nicht er, wer dann könnte ein Kind mit Moeru-Fertigkeiten derart ausstatten, dass es sogar Moeru no Kishio belauschen könnte?“
„Oh“, machte Kira.
„Ja, oh. Also überlass die Informationsfrage und was wir den Moerus zukommen lassen, deinem Sensei. Er ist für diese Frage der mit Abstand Kompetenteste im Team.“
Für einen Moment fühlte ich mich gelobt, auch ein wenig gebauchpinselt. Bis mir bewusst wurde, dass er nur das Offensichtliche ausgesprochen hatte. Immerhin WAR ich der Anführer in diesem Einsatz. Und dann erinnerte ich mich daran, dass er selbst Hanako teilweise für sich hatte einnehmen können, und das, nachdem sie vor ihm geflohen war. Sie hatte seine Komplimente angenommen und über einen seiner Witze gelacht. Haru war definitiv gefährlich, und das in mehr als einer Hinsicht. Zum Glück war er auf unserer Seite. ...Er war doch auf unserer Seite? Ich konnte mir nicht vorstellten, dass Mei-chan, ich meine die Mizukage irgendetwas angeordnet haben könnte, was für mich gefährlich wäre, aber ich traute ihm durchaus zu, sein eigenes Süppchen zu kochen. Immerhin hatte ich seine Burg zerstört und seine Regentschaft beendet. Und damit war ich vielleicht auch der Grund, warum er bald sterben würde. Genug Gründe also, um mich zu hintergehen und zum Beispiel meinem Sempai Orochimaru ans Messer zu liefern. Wir tauschten einen Blick, ich täuschte ein Lächeln vor, und Haru lächelte ebenso falsch zurück. Schön, wir verstanden uns also.

„Also“, begann Shinji wieder, „wenn dein Haushalt mit Spionen überflutet ist, Ryuji-kun, warum erzählst du uns nicht alles, was du weißt, hier im Wald?“
„Hast du gerade Kun zu mir gesagt, kleiner Genin?“, grollte Ryuji mit dunkler Stimme. „Kun?“
Shinji schürzte die Lippen zu einem verächtlichen Lächeln. Natürlich kannte er die Suffixe wie Kun oder San und wusste um ihre Bedeutung und die Zusammenhänge der Bedeutung, die sie bekamen, wenn sie an Namen angehängt wurden. „Ich hielt Chan für zu familiär. Später vielleicht, Ryuji-kun.“
Für einen Moment wirkte Ryuji, als wäre er ein Fisch auf dem Trockenen. Sein Mund öffnete und schloss sich, aber kein Wort kam über seine Lippen. Er sah zu mir herüber. „Brauchst du den noch? Darf ich ihn mal eben töten?“
„Das hast du dir jetzt selbst zuzuschreiben, Shinji“, sagte ich ärgerlich.
„Heißt das, ich darf?“ Ryuji hob sein Schwert und richtete es auf den blonden Genin. Der wurde plötzlich blass, bewegte sich aber keinen Millimeter. Gosunkugi griff in Richtung seiner Kunai-Tasche, aber Shinji winkte ihn unauffällig ab.
„Also, kleiner Genin, willst du das mit dem Kun noch mal überdenken? So in den nächsten fünf Teilen einer Sekunde?“
„Nein“, antwortete er schlicht.
„Nein?“
„Nein. Du bist ein Freund vom Sensei, ein sehr guter sogar, und es wäre mir eine große Freude, wenn auch ich mal in diesen Kreis treten dürfte, denn ich halte dich für einen verdammt feinen Kerl.“
„So, tust du das?“ Ryuji hob das Schwert. „Und weißt du, was ich dazu zu sagen habe?“ Das Schwert sauste hernieder, ging neben Shinji in den Boden und spaltete ihn. „Ich halte das für eine sehr gute Idee. Schön, dass mal einer von euch das auf die Tagesordnung bringt. Kun ist vielleicht etwas zu direkt. Immerhin habe ich als Herr meines Hauses einen Ruf zu wahren. Aber ich denke, wenn du mich einfach Ryuji nennst, geht das in Ordnung.“ Er grinste in die Runde. „Das gilt für alle hier.“
Haru hob eine Hand. „Bin ich da inbegriffen?“
„Hm. Tja. Gute Frage. Du darfst mich San statt Sama nennen, in Ordnung?“
„Oh. Damit kann ich leben, Nekozumi-san.“
Innerlich atmete ich erleichtert auf. Aber ich nahm mir fest vor, in nächster Zeit mal mit Shinji über „Takt“, „Risikobereitschaft“ und „Selbstmord“ zu reden. Suizidale Tendenzen wollte ich bei meinen Genin nicht sehen.
„Wenn wir dann alle mit frotzeln, scherzen und verbrüdern fertig sind, können wir dann weiter?“ Ich deutete nach Nordwesten. „Diese Richtung, Shunshin, etwa vier Kilometer, dann eine kurze Pause.“ Ich verschwand mit Step, und nacheinander folgten mir meine Begleiter.

„Bist du nicht etwas zu unwirsch?“, klang die Stimme von P-chan neben mir auf. „Die haben doch nur gespielt.“
„Das ist es ja gerade. Das ist mir nicht aufgefallen. Für ein paar Sekunden habe ich echt Blut und Wasser geschwitzt.“
Die Affenkriegerin kicherte. „Keine Sorge, Hikari hat das auch geglaubt.“
„Na, das beruhigt mich jetzt“, murmelte ich, während wir durch das Land der Reisfelder hetzten.
Ich dachte über den kommenden Einsatz nach. Darüber, dass Orochimaru uns zweifellos überwachen würde, wann immer die Gelegenheit dazu hatte. Wann würde er wieder die Chance haben, direkt zu weiteren Moerus geführt zu werden, wenn nicht durch uns? Es würde uns einige Mühe kosten, seine Ratten abzuschütteln und endlich unsere Arbeit zu tun. Das lag noch etwas in der Zukunft, zugegeben, aber man machte sich besser früher als später dazu seine Gedanken, fand ich.
„Bist du sicher, dass wir sie abschütteln müssen?“, fragte Perine.
„Was?“
Sie lächelte mich an. „Du hast laut gedacht.“
Ich zwinkerte und schaltete von „innere Gedanken“ auf „Konversation“ um. „Was schlägst du vor?“
„Die Problematik ist doch schlicht und einfach, dass wir Orochimarus Spionen nicht ausweichen können. Sie wissen, dass wir kommen.“
Damit hatte die Affenkriegerin den Nagel auf den Kopf getroffen. Mir war klar, dass unsere Tarngeschichte, nach der wir die Ausbildung der kommenden Shinobi des Yuki no Kuni von Kirigakure übernehmen sollten, nicht einmal mich überzeugt hätte. Zudem reisten wir mit den überlebenden Moeru, also bald wieder, was erst Recht die Aufmerksamkeit Orochimarus wecken würde. Die Frage war also in der Tat nicht, ob wir mit seinen Agenten konfrontiert werden würden, sondern wann. Und Frage Nummer zwei: Würden wir ihm selbst begegnen? Zwar hatte Sarutobi-sensei sein Bestes gegeben, um ihn zu schwächen und sein eigenes Leben geopfert, um seinem ehemaligen Schüler zumindest die Arme zu nehmen, aber er war immer noch ein Shinobi, der weit über dem Jounin-Level stand. Aber dank Kakashi-sempai hatte ich ein Ass im Ärmel, um genau in diesem Fall... Nun, ich war nicht sicher, ob es stechen würde, aber ziehen würde ich die Karte auf jeden Fall. Gefallen würde es Orochimaru-sempai auf keinen Fall, dessen war ich mir sehr, sehr sicher.
„Das Problem ist nicht unbedingt, dass sich die Ratten an unsere Fersen heften und sich von uns zu den Moerus führen lassen, sondern, dass sie Kabuto oder gar Orochimaru rufen könnten. Und dann haben wir ein Problem.“
„Ja, schon, aber was sagt dir, dass einer von beiden oder gar beide bereits vor Ort sind? Komm schon, du hast doch sicher für diesen Fall etwas in der Hinterhand.“
„Oh, es gibt da in der Tat einen kleinen Trick, den mir Kakashi gezeigt hat“, sagte ich gedehnt. „Aber das ist nicht der einzige Grund. Ich mache mir auch Sorgen, wie wir auf die Moerus, die wir im Yuki no Kuni vermuten, wirken werden, denn wenn wir Orochimarus Agenten direkt auf die Spur der Moerus bringen, sobald wir ins Yuki no Kuni einreisen, wenn wir sie eben nicht abschütteln können, wenn es ein Wettrennen zu ihnen wird, kann ich mir eigentlich eine bessere Maßnahme zur Vertrauensbildung kaum vorstellen. Wahrscheinlich wimmelt es dort jetzt schon von seinen Agenten, und zwar seit dem Augenblick, in dem bekannt wurde, wohin Mamoru Morikubo und die Moerus das nächste Mal geschickt würden.“
P-chan nickte verstehend. „Zugegeben. Aber wir wussten von vorne herein, dass es nicht leicht werden würde. Davon abgesehen, bist du dir sicher, dass du tatsächlich die Moerus suchst?“
Erstaunt sah ich sie an. „Was, bitte?“
„Es kann ja immer noch eine große Ablenkung sein, genial in Szene gesetzt von Tsunade-sama. Sie pflegt doch oft zu sagen, dass weniger mehr ist. Manchmal reicht es, dem Feind einzureden, man würde eine komplizierte Aktion planen, nur damit er Kraft, Zeit und Personal darauf verschwendet, die Pläne hinter den Plänen aufzudecken.“
„Auf den Gedanken kann ich mich nicht einlassen, Perine“, erwiderte ich eine Spur zu grimmig. „Davon abgesehen glaube ich, dass nur Moerus Moerus finden können, und wir haben nur einen einzigen Versuch.“
„Vielleicht können wir Orochimaru aber weismachen, dass wir nur eine Ablenkung sind“, erwiderte sie gedehnt. „Ich meine, wenn sie sich verwandeln, andere Gestalten annehmen und ihre Moeru-Talente runterdrehen, könnte Orochimaru versuchen, die „echten“ zu finden.“
„Oh, das würde er. Aber er würde uns trotzdem verfolgen oder verfolgen lassen.“ Ich seufzte. Oh, ich HASSTE verzwickte Geschichten, Konterstrategien und Konterkonterstrategien. Deshalb spielte ich auch nicht mit allzu viel Enthusiasmus Shogi. Vor allem nicht gegen meinen jüngeren Cousin, aber das war eine andere Geschichte. Go war da eher meins. Übersichtliche, klare Strukturen, das war meine Welt.
„Aber seine Agenten wären vielleicht zahlenmäßig geschwächt oder sogar selbst abgelenkt“, gab sie zu bedenken.
Ich dachte über ihre Worte nach. Gewiss, Orochimaru zu täuschen konnte Vorteile bringen. Der Versuch wäre es wert. Aber es blieb eine Ungewissheit: Hatten wir ihn auch getäuscht? Außerdem hatte mein Sempai mir genau dafür diesen einen Trick beigebracht...
„Lassen wir es drauf ankommen, Perine“, sagte ich entschlossen. Jedenfalls weit entschlossener, als ich mich gerade fühlte.

Hinter mir klang Shinjis Stimme auf. „Also, warum sagst du es uns nicht einfach schon hier, Ryuji? Ich meine, spielen wir den Agenten einfach eine große Komödie vor und schicken wir sie nach Suna.“
„Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens habe ich in meinem Haus ein Bad mit Wasserfall. Ich pflege alle absolut geheim zu haltenden Gespräche unter dem Wasserfall zu führen, weil er alle Überwachungsgeräte übertönt und auch das Mitlauschen unmöglich macht.“
„Respekt“, sagte Shinji. „Und Grund Nummer zwei?“
Ryuji lachte auf, und ich warf während des Steps einen Blick hinter mich. Ja, die beiden verstanden sich plötzlich ziemlich gut. „Das ist ganz einfach. Ich wurde zwar darüber informiert, dass meine Ermittler neue Hinweise gefunden haben, aber ich kenne sie selbst noch nicht. Und ich würde nirgends darüber sprechen wollen als unter dem Wasserfall. Zumindest nicht, solange wir im Land der Reisfelder sind.“
„Und wann wolltest du mir das sagen?“, fragte ich nach hinten.
„Habe ich das nicht? Oh, Verzeihung. Allerdings sollte der Ewige Chunin kleinere Fehler wie diesen leicht vergeben können, richtig?“
Bei seinem Grinsen fühlte ich mich an eine ganze Reihe an Fehlern erinnert, die auf mein Konto gingen. Zum Beispiel mein Versäumnis damals, als wir Kishio gefunden hatten, mich vollständig über seine Fähigkeiten zu informieren, anstatt anzunehmen, er würde seine Clantechniken vor mir geheim halten wollen. Als er mir seine Sicht der Dinge geschildert hatte, da hatten wir beide sehr gelacht, aber ich vor allem, weil ich die Lage vollkommen falsch eingeschätzt und ihn indirekt damit gefährdet hatte. Das würde mir nicht noch mal passieren.

Was mich zu Haru brachte. Unwillkürlich sah ich hinter mich. Sein Blick ging nach rechts zu jener Seite, den er in seiner Position in der langen Reihe an Steps zu decken hatte. Zugegeben, er war gut ausgebildet. Aber, und das war ein Punkt, den ich vor mir herschob, ich würde mich von ihm aufklären lassen müssen, welche Jutsu er beherrschte, damit ich ihn besser in das Team einbinden konnte. Das hätte ich in Konoha längst erledigen können, aber ich gebe zu, die letzten Tage hätte ich ihn ein paarmal fast vergessen, so viel war geschehen.
Er würde unser Kiri-Kontaktmann sein. Aber ich war sicher, dass Mei-chan, ich meine, die Mizukage Mei Terumi, auch Interesse daran hatte, in ihrem Dorf Moerus anzusiedeln. Ha, DAS Interesse hätten die Moerus verdient gehabt, als es sie noch gegeben hatte. Andererseits war vielleicht genau das passiert. Sie hatten Interesse geweckt. Viel Interesse. Zu viel Interesse. Und nun waren die meisten tot, verbrannt von Itachis Amaterasu, ihr Dorf dem Erdboden gleich gemacht, und nur eine Handvoll Kinder neben Shinpachi waren am Leben gelassen worden... Und vielleicht gab es noch ein paar Moerus, die während der Zerstörung nicht im Ort gewesen waren, so wie Kishio. Diese suchten wir nun. Vielleicht ergab sich eine Gelegenheit, und wir konnten jenes Labor von Orochimaru entdecken, in dem er versuchte, Moerus zu züchten – mit Shinpachis Sperma. Aber tat er dies mit „Freiwilligen“, oder mit Moeru-Frauen? Oder beiden Varianten? Es gab keine sichere Faktenlage diesbezüglich, und dank Amaterasu hatte man später nicht gerade feststellen können, wie viele Moerus gestorben waren. Shinpachi selbst wusste nur, wer mit ihm zusammen gefangengenommen worden war, aber nicht einen von ihnen hatte er je wiedergesehen. Tja, bis auf Kishios kleine Schwester, die aber von Orochimaru tüchtig durch den mentalen Fleischwolf gedreht worden und nun seine Erfüllungsgehilfin war... Eine Fremde mit einem großen Teil der Moeru-Fähigkeiten, ausgestattet mit überragenden sensorischen Fähigkeiten, aber anscheinend nicht mit dem Talent, mit Hilfe ihres Chakras zu töten. Und das war vielleicht der einzige Grund, warum sie noch lebte. Orochimaru brauchte alle drei Jahre einen Shinobi, dessen Körper er übernehmen konnte, einen Wirt quasi. Und mit dem Wirt übernahm er einen Großteil von dessen Fähigkeiten. Deshalb züchtete er sich entsprechenden Nachwuchs heran, mächtigen, und vor allem willigen Nachwuchs. Einer von ihnen war Itachis kleiner Bruder Sasuke. Mit seiner Übernahme erhoffte sich Orochimaru garantiert, über das Sharingan und einige damit verbundene Katon-Jutsu verfügen zu können. Ein erschreckender Gedanke. Der einzige Trost: Nach drei Jahren war der Wirtskörper dermaßen verbraucht, dass er starb und Orochimaru einen neuen Wirt benötigte. Und deshalb hatte er begonnen, Moerus zu züchten, in der Hoffnung, ihr Kanshi übernehmen zu können. Und wenn er nur genügend „machte“, würde ihm alle drei Jahre ein Wirt zur Verfügung stehen... Ein logischer Plan, aber kein besonders netter. Vor allem den Moerus gegenüber nicht. Obwohl, ich zweifelte nicht daran, dass er schon dafür sorgte, dass seine Probanden ihre Leben willentlich opferten. Für ihren Meister. Und das machte die Sache sehr gespenstisch, geradezu makaber. Jedenfalls sollte den Moeru ein solches Schicksal erspart bleiben. Das war das Ziel unserer Mission. Und wenn sich Hinweise auf das Moeru-Labor ergaben, umso besser.

„Du hast umgebaut“, rief ich nach hinten, als das Dorf der Nekozumis in Sicht kam. Ach was, Dorf, eine Stadt war es.
„Ein klein wenig“, rief er zu mir nach vorne. Eine bodenlose Untertreibung. In den beiden Jahren, in denen Ryuji den Clan anführte, hatte er entweder das Familienvermögen für Baumaßnahmen verpulvert, oder viele Dinge richtig entschieden und expandierte jetzt. Ich hoffte letzteres.
„Ist das deine Stadt?“, rief Shinji aufgeregt. „Mamo-chan erzählt manchmal davon, aber nicht genug. Dazu und zur Vernichtung Otos muss man ihm immer die Würmer aus der Nase ziehen, weil er von sich aus nie was sagt.“ Er verstummte für einen Moment. „Nun gut, einiges darf er uns ja auch gar nicht erzählen, weil es der Geheimhaltung unterliegt und nicht für Genin gedacht ist. Aber er hat die Stadt immer kleiner geschildert.“
„Das liegt vielleicht daran, dass ich ein paar Investitionen durchgeführt habe, die mein Vater immer gescheut hat, als er noch Familienoberhaupt war. Der alte Sack hat stets befürchtet, dass uns entweder ein anderer Clan oder Orochimaru bis auf die Grundmauern vernichten, deshalb hat er es leicht und übersichtlich gehalten. Aber auf die Dauer war das ein Hemmschuh für die Entwicklung meines Clans, deshalb habe ich mit seiner Vorsicht gebrochen. Etwas, zumindest.“
Ich hätte beinahe aufgelacht. Die bauten an einer neuen Außenmauer, Dutzende Gebäude entstanden, und er hatte etwas mit der Vorsicht seines Vaters gebrochen. Ryuji war ein fähiger Anführer. Zumindest hoffte ich das, denn es wäre eine Schande gewesen, wenn all dies wieder vernichtet worden wäre.

Meine Gedanken gingen wieder zu den Moerus im Labor. Wenn es tatsächlich Hinweise auf diese Zuchtstation gab, würde ich ihnen nachgehen und auch nicht zögern, Verstärkung aus Konoha anzufordern, um es garantiert hochnehmen zu können. Notfalls würde ich es alleine versuchen, wenn es sein musste. Immerhin war ich der Konoha-Ninja mit dem Kontrakt mit dem Affenclan.
Orochimaru-sempais Geheimverstecke hob ich am liebsten aus. Es würde dann mein viertes sein. Vielleicht einer der Gründe, warum er auf mich, seinen Kohai, nicht besonders gut zu sprechen war. Leider zeigte es auch sehr deutlich, dass vier Verstecke bei weitem nicht sein Limit waren. Die Mission, die uns bevor stand, versprach, schwierig und komplex zu werden. Ein Fehler von uns, und mein Sempai bekam weitere Moerus in die Hände, etwas, was wir um jeden Preis vermeiden mussten, vor allem im Sinne der Moerus. Und dann galt es auch noch, auf Kishio und Shinpachi aufzupassen. Kicchan war geradezu prädestiniert, Orochimarus Wirt zu werden, und Shinpachi war ein unwilliger Lieferant für Moeru-Gene gewesen. Liebend gerne hätte ich sie Zuhause gelassen, außerhalb der Schusslinie. Aber um Moerus zu finden, setzte man eben am besten Moerus ein. Zudem hatte Kishio die größten Fähigkeiten, die ein Moeru besaß. Er war essentiell für diese Mission. Es war zu erwarten, dass das Kanshi der Moerus, die wir zu finden hofften, nicht so stark war wie das meiner beiden Brüder. Was es uns vielleicht erleichtern würde, die anderen zu finden. Falls es sie wirklich gab. Es eröffnete uns auch die Möglichkeit für uns, die anderen Moerus dank Kishios und Shinpachis überlegener Moeru-Kräfte zu unterwerfen, wenn ich dies befahl. Aber wollte ich das? Nein, sicher nicht. Wollte Konoha das? Konoha wollte Sicherheit darüber, ob und wem diese Moeru dienten. Das schloss ihre Unterwerfung nicht einmal ansatzweise ein. Aber ihre Anwerbung. So sie denn wollten.
Blieb noch eine wichtige Frage zu klären, die sich zwangsläufig ergab: Warum hatten sie damals Kishio quasi im Regen stehen gelassen? Das war gegenüber einem kleinen Jungen, der nicht mal in Konoha schon ein vollwertiger Ninja gewesen war, nicht sehr nett gewesen. Und das war noch die freundliche Formulierung vom Albtraum, den Kishio durchgemacht hatte, bevor ich ihn hatte retten können. Ja, retten können. Dieser einen Sache war ich mir sehr sicher. Ein Gefühl, das mir wohlige Wärme im Magen bescherte. Dann kamen wir aus dem Step und waren vor dem Tor.
Als wir den Familiensitz der Nekozumi erreichten, wurde mir klar, dass ich einiges Gewohntes getrost vergessen konnte. Der Hausherr wurde zu seiner Rückkehr begrüßt, und für einen Moment glaubte ich, aus Versehen an den Hof eines Daimyos geraten zu sein. Ehrenwachen traten auf, Beamte reihten sich zum Empfang auf, Gesinde und Bürger verneigten sich. Es war ein Wunder, dass er bei all dem Trara alleine nach Konoha hatte gehen dürfen.
Ryuji tat die Szene nicht ab, handhabte sie aber professionell und sorgte damit dafür, dass sie erheblich verkürzt werden konnte. Dann führte er uns, seine Ehrengäste, in sein Haus. Ich hätte eher die Bezeichnung Residenz oder Palast verwendet.
„Der Platz im Bad ist begrenzt“, sagte er. „Ich, zwei Ermittler und maximal zwei weitere Personen, Mamo-chan.“
Ich nickte. „Ryoga. Du kommst mit mir. Sobald die Besprechung vorbei ist, kommt Ihr nach, und ich informiere euch über das Gesagte. Aber erinnert euch dran: Was Kishio und Shinpa-chan erfahren, kommt ausschließlich von mir, verstanden?“
„Verstanden, Sensei!“

Wir trennten uns von meinen Genin und gingen mit Ryoga ins Bad. Für den Moment war es einfach wichtig, dass so wenige Ohren wie möglich zu hören bekamen, was Ryujis Agenten herausgefunden hatten, dementsprechend führte er mich in den lautesten Raum im Haus – eben jenes Bad. Wir entkleideten uns, reinigten uns vorab, wie es sowohl hier als auch im Land des Feuers üblich war und betraten, mit dem üblichen Badehandtuch um die Hüften geschwungen, den großzügigen Baderaum, der manchem öffentlichen Bad in Konoha Ehre gemacht hätte. Ein kleiner Wasserfall fiel in das Becken und erzeugte dabei ein recht lautes Rauschen. Wir stiegen in das Wasser und traten direkt unter den Wasserfall. Das Wasser selbst war angenehm warm. Hier konnten wir sicher sein, dass die zweifellos vorhandenen heimlichen Lauscher oder elektronischen Überwachungsspielereien so wenig wie möglich von unserer Konversation mitbekommen, der Wasserfall unsere leise gesprochenen Worte übertönen würde. Ein vierter Mann und eine Frau in Badetücher gehüllt, gesellten sich zu uns unter den Wasserfall. Aus Sicherheitsgründen hatten wir vereinbart, das Wort Moeru nicht in den Mund zu nehmen und stattdessen nur von der „Sache“ zu sprechen.
Ryuji stellte uns vor. „Dies sind Mamoru Morikubo und Ryoga vom Clan der Affen. Mamo-chan, dies sind zwei meiner Agenten. Tarnname: San und Unagi. Ich habe sie mit der „Sache“ beauftragt.“
Ich nickte beiden zu und versuchte dabei höflicherweise die Frau nicht zu lange anzuschauen. Sie war darüber hinaus nicht gerade das, was man hässlich nannte, und ihr durchgeweichtes Badetuch enthüllte mehr, als es verdeckte. „Danke für die Ermittlungen in der „Sache“, San, Unagi“, sagte ich und verbeugte mich leicht.
„Es ist unsere Arbeit“, sagte die Frau. „Unagi und ich sind spezialisierte Ermittler. Wir versuchen, ein drittes Fiasko wie die Auslöschung der Moeru oder die Okkupation unserer Nation durch Orochimaru künftig zu verhindern.“
Das war ein verständliches Ziel, wie ich fand, und mir war klar, dass Ryuji der Geschichte, seit er der Boss war – übrigens eines von sieben Familienoberhäuptern im Land der Reisfelder, das die Fäden der Innen-, und Außenpolitik zog – eine hohe Priorität eingeräumt hatte. „Weiter.“
„Bei der Suche nach der „Sache“, sagte die Frau, San, „mussten wir Schnitzeljagd spielen. Uns war klar, dass, wenn es Überlebende gegeben hatte, sie einen Rückzugspunkt gehabt haben mussten. Dieser aber war verbrannt in dem Moment, als Shinpachi-san in Orochimarus Hände gefallen ist. Eventuell ist er auch schon früher wertlos gewesen, wir können das nicht mehr sagen. Auf jeden Fall haben wir ein mehrere Jahre altes Grab in einem nahen Wald entdeckt, in denen sich vier Leichen befanden, die mit Pfeilen getötet worden sind – also aus der Distanz, was uns zu der Vermutung führte, die Toten könnten Moerus gewesen sein, die man aus Angst vor ihrem Jutsu aus der sicheren Distanz getötet hat. Eventuell war dieser Ort der Rückzugsort, eventuell war es auch nur ein Zufall, das lässt sich nicht mehr sagen. Aber wenn es der Rückzugsort war, dann wurden alle, die dorthin geflohen sind, von Bogenschützen erwartet und ermordet.“
Ich nickte verstehend. Es gefiel mir allerdings überhaupt nicht, was ich zu hören bekam.
„Falls es weiter Alternativen gegeben hat, vielleicht einen ultimativen Sammelpunkt, der nur gewissen Clansmitgliedern bekannt war, so haben wir davon keine Spuren entdecken können“, sagte Unagi bedauernd. „Als wir mit den Ermittlungen begonnen haben, war einfach zu viel Zeit vergangen, um so weit in die Vergangenheit sehen zu können.“ Mehr und mehr wurde mir klar, dass ich es weniger mit Spionen, und mehr mit Ermittlern zu tun hatte.
„Was darauf folgte“, nahm San den Faden wieder auf, „war detektivische Kleinstarbeit. Wir ermittelten erst einmal die geschätzte Anzahl der Mitglieder des Clans, um überhaupt einen Anfang zu haben. Dann verbrachten wir eine große Zeit in den Archiven des Clans, in denen Missionslogs geführt wurden, also eine Statistik über alle Aufträge, die den Clansmitgliedern erteilt wurden. Das Gleiche taten wir bei allen anderen großen Familien, nachdem Nekozumi-sama mit der richtigen Mischung aus Druck, Entgegenkommen und politischem Einfluss auch ihre Archive für uns geöffnet hat.“
„Und ganz zum Schluss haben wir auch noch die Kopfgeldbüros abgeklappert und für den fraglichen Tag, der Zerstörung der „Sache“, alle Kopfgelder eingesehen und an wen sie ausgezahlt worden waren“, fügte Unagi an. „Unsere Ausbeute war nicht besonders groß, zugegeben, aber uns ist zumindest ein Fall bekannt, an dem ein Kopfgeld an ein Clansmitglied ausgezahlt wurde, und zwar Stunden nach der Vernichtung der „Sache“.“
„Darüber hinaus wissen wir, dass damals mindestens fünf von ihnen auswärts waren, um Aufträge zu erledigen. Bei dreien von ihnen wissen wir allerdings genau, dass sie in Fallen liefen und getötet wurden. Ob sich noch weitere Clansmitglieder nicht im Dorf befanden, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, auch nicht, ob der Empfänger des Kopfgeldes Begleiter hatte. Aber wir gehen jetzt zumindest von drei potentiellen Überlebenden aus, potentiell sogar bis zu zwanzig, aber das ist reine Spekulation. Es spricht nichts dafür, dass sie zusammengefunden haben, und es ist unwahrscheinlich, dass sie zusammengefunden haben, auch wenn man die besonderen Talente dieser Familie berücksichtigt, aber es ist nicht unmöglich.“ San legte den Kopf schräg und dachte nach. „Aber zugegeben, ihre besondere Kommunikation hätte es erleichtert.“
„Drei also mindestens“, sagte ich.
San nickte. „Von denen wir nicht sicher wissen, dass tatsächlich alle überlebt haben. Aber auch nicht, ob sie Begleiter hatten. Wir rechnen aber maximal mit einer oder mehreren Gruppen, deren Mitglieder nicht über die erwarteten zwanzig Personen hinausgeht, von denen nicht alle zwangsläufig erwachsen gewesen sein müssen. Die Clansmitglieder müssen sich nach der Vernichtung der „Sache“ möglichst unauffällig bewegt haben, um nicht die Aufmerksamkeit von Orochimarus Agenten und ihren Verbündeten aus den sieben großen Familien auf sich zu ziehen. Wir wissen allerdings, dass Grenzübergänge und Häfen besonders überwacht wurden, was bedeuten kann, dass sich die Clansmitglieder über die grüne Grenze aufgemacht haben, oder außerhalb der Häfen eingeschifft haben.“
„Was uns zum wichtigsten Hinweis bringt, den wir aufgespürt haben“, sagte Unagi. „Am Tag nach der Vernichtung der „Sache“ hat jemand bei einer Bank ein Konto aufgelöst. Es war ein sogenanntes Nummernkonto, mit Passwort geschützt, auszahlbar an jedermann, der die Kontonummer und das Passwort kennt. Interessant an der Geschichte sind drei Dinge, abgesehen vom zeitlichen Zusammenhang. Erstens, es war eine Bank im größten Seehafen des Landes. Zweitens, das Konto wurde bis zum letzten Ryou belastet. Drittens: Es handelte sich um eine Summe von zwei Millionen Ryou, also nicht gerade um Kleingeld.“
„Der Verdacht liegt nahe, dass ein Konto des Clans für den Notfall geplündert wurde“, sagte ich nachdenklich. „Können wir das belegen?“
„Das ist der interessante Aspekt“, sagte San. „Normalerweise würde ein Bankdirektor des Landes der Reisfelder ums Verrecken nichts über seine Kunden preisgeben, aber in diesem Fall waren uns die Agenten Orochimarus leicht voraus. Wir trafen ein, als sie den Direktor folterten, um an zusätzliche Informationen zu gelangen. Es gelang uns, sie zu liquidieren, den Bankdirektor zu retten und die bereits fertige Nachricht an Orochimaru zu dechiffrieren. Somit lagen uns alle Informationen vor, aber Orochimaru keine.“
„Bis auf den Anfangsverdacht, der seine Agenten zur Bank gebracht hat“, schränkte ich ein.
„Zugegeben.“ Die Frau lächelte erfreut. Mein Verstand schien ihr zu gefallen. „Aber wir haben die Gelegenheit genutzt und eine Falle rund um die Bank aufgestellt. Bisher haben sich zwei Agenten darin verfangen. Wir hoffen auf mehr.“
„Gut. Die Informationen?“
„Sie betrafen denjenigen, der das Konto eröffnet hat. Eine Sicherheitskamera hat ein Foto von ihm geschossen, natürlich ohne sein Wissen. Den Namen konnten wir nicht ermitteln, aber wir wissen nun, wie er ausschaut. Er war rothaarig, schlank und blasshäutig, etwas über sechzig, schien allerdings gut trainiert. Das Konto wurde zwei Jahre vor der „Sache“ eröffnet und der Betrag auf einen Schlag eingezahlt.“
Ich nickte erneut. „Ein Clansmitglied, eventuell ein hochrangiges.“ Das war eine handfeste Spur, vor allem aber eine, die Orochimaru nicht mehr verfolgen konnte. Zumindest nicht ohne einen Krieg.
„Wir wissen, dass in den umgebenden Städten und Dörfern an den folgenden Tagen einiges gekauft wurde, was für den täglichen Bedarf notwendig ist. Das Auffallende: Eine einzelne Person kaufte stets Versorgungsgüter für ein halbes Dutzend ein, und es war immer ein anderer. Manche sprachen von einem alten Greis, andere von einem riesigen, stiernackigen Kumo-Shinobi, andere von einer unbekannten, biederen Hausfrau. Und genau diese biedere Hausfrau hat Tage später im Hafen versucht, eine Überfahrt ins Yuki no Kuni zu arrangieren. Soweit wir wissen, ohne Erfolg.“
„Allerdings“, sagte Unagi, „wurde ein paar Tage später ein Geisterschiff aufgebracht, eine kleine, schnelle Ruderbarke, wie sie von den hiesigen Piraten gerne verwendet wird. Neunzehn Tote waren an Bord, und alle waren sie steckbrieflich gesuchte Piraten. Das Besondere: Alle schienen an einem Hirnschlag oder plötzlichem Herztod gestorben zu sein. Diese Information, im richtigen Zusammenhang gesehen, ergibt ein klares Bild, das nach Yuki no Kuni deutet. Wir haben diese Fakten erst vor einigen Wochen aufgedeckt und langsam zusammengefügt. Daraufhin haben wir überhaupt erst Ermittlungen im Yuki no Kuni begonnen. Aber wir haben selbstverständlich Nekozumi-sama darüber informiert, und von ihm ging die Information an Tsunade-sama weiter. Selbstverständlich ermitteln wir mit aller gebotenen Vorsicht vor Ort weiter, aber wir gehen davon aus, dass Orochimaru Bescheid weiß oder zumindest etwas vermutet, seit Sie den Auftrag haben, nach Yuki no Kuni zu gehen, Morikubo-sama.“
„Davon ist leider auszugehen. Orochimaru ist kein Idiot und definitiv vorsichtig genug, um zumindest zu überprüfen, ob er Spuren des Clans finden kann“, sagte ich nickend. „Was haben Ihre Ermittler herausgefunden?“
„Das Yuki no Kuni ist relativ klein und damit überschaubarer als das Land des Feuers. Es entspricht etwa dem Land der Reisfelder, sodass außergewöhnliche Ereignisse mehr auffallen und länger im Gedächtnis der Menschen haften bleiben. Wir wissen daher definitiv, dass zur Zeit des Diktators Kazahana Doto etwa vier Jahre vor der Machtübernahme durch seine Nichte Kazahana Koyuki eine Anzahl an Elitesoldaten Dotos während eines Auftrags spurlos verschwunden ist. Eine Leiche konnte man finden. Sie wies keinerlei äußere Verletzungen auf, aber dafür starke Blutungen im Gehirn.“
„Ich erkenne ein Muster. Wo hat man die Leiche gefunden?“
„Das ist das Problem“, sagte San. „An einer Hauptstraße. Wer immer den Soldaten getötet hat, er wollte, dass Kazahana Doto erfuhr, was mit seinen Männern passiert ist. Wo er getötet wurde lässt sich daher nicht nachvollziehen. Wir wissen allerdings, dass der Auftrag der Soldaten sie in den Nordwesten geführt hat. Ein relativ raues Gebiet, weit entfernt von der Hauptstadt. Sehr weitläufig, stark bewaldet und auch bergig. Jemanden zu finden, der sich dort versteckt und nicht gefunden werden will, dürfte schwierig werden. Gerüchten zufolge hat sich dort eine ganze Armee an Rebellen versteckt gehalten, und das über Jahre, seitdem Doto seinen Bruder ermordet und die Macht ergriffen hatte.“
Ich nickte. „Das wird kein großes Problem für uns werden. Aber eine ungefähre Richtung zu haben, ist die wertvollste Information, die ich hier und heute bekommen konnte. Vielen Dank Ihnen beiden. Ich werde Sie in meinem Bericht lobend erwähnen.“
„Danke, Morikubo-sama.“ Die beiden verbeugten sich leicht vor mir und verließen das Wasser wieder.

Ryuji begann übergangslos zu lachen und klopfte mir heftig auf die Schulter.
„Hm?“, machte ich verständnislos.
„Bist du enttäuscht, Morikubo-sama?“
„Enttäuscht weswegen?“
„Dass dir San nicht sofort mit Haut und Haaren verfallen ist, kaum dass sie dich gesehen hat.“
„Was, bitte?“, fragte ich irritiert.
„Oh, ich habe von der Szene gehört, die du dir geleistet hast. Vor einem halben Jahr. Die mit Suirin-chan.“
Ich fühlte, wie ich errötete. „Damit habe ich ihr das Leben gerettet.“
„Ja, das hast du. Zweifellos. Und das auf so angenehme Weise. Sie muss sich ziemlich gut angefühlt haben, oder? Und wie war der Kuss so?“
„Ryuji, das ist nicht fair.“
„Natürlich ist das nicht fair. Genauso wie es nicht fair ist, dass San sich nicht augenblicklich in dich und deinen Heldenblick verliebt hat.“
„Gibt es einen besonderen Grund, warum du so auf San-san herumreitest?“, fragte ich. „Bist du etwa in sie verliebt?“
Er lachte und schlug mir erneut kräftig auf die Schulter. „Da hast du vollkommen Recht. San ist meine Verlobte. Dies ist die letzte Ermittlung, die sie leitet, bevor sie als meine Frau den Familienvorsitz übernimmt.“
„Du willst eine so fähige Frau den Ermittlern entziehen?“
„Im Gegenteil. Ich gebe ihr noch mehr Macht, indem ich sie zur höchsten Instanz in diesem Teil des Landes mache. Polizei, Shinobi, Agenten, alle sind ihr fortan Rechenschaft schuldig. Und sie hat die undankbare Aufgabe, alle Informationen zu einem großen Gesamtbild zusammenzusetzen. Ich verstehe es zwar nicht, aber sie scheint sich darauf zu freuen.“
„Na, da gratuliere ich dir aber. Sie scheint in mehr als einer Hinsicht ein guter Fang zu sein. Wie habt Ihr euch kennengelernt?“
Sein Lächeln bekam etwas wehmütiges. „Als ich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt habe, um einen gewissen Shinobi zu finden, von dem alle Welt glaubte, er wäre bei der Zerstörung Otogakures umgekommen. Sie war die erste, die sich ohne Rücksprache mit meinem Vater in die Ermittlungen gestürzt hat. Sie hat einfach ein Team um sich geschart und angefangen. Ich glaube, da habe ich mich ernsthaft in sie verliebt. Sie ist ein Macher, so wie ich.“
Ryuji verließ den Wasserfall und setzte sich auf eine Liege innerhalb des Beckens. Das war ein etwas merkwürdiger Anblick. Mir hätte die Liege bequem Platz geboten, aber der Herr der Nekozumi war selbst für einen Hünen zu groß und ließ die gemauerte Liege wirken, als wäre sie für ein Kind gemacht. „Und, Zuhause alles in Ordnung? Deine Frauen vertragen sich miteinander?“
„Ja, alles in Ordnung.“ Leise seufzend setzte ich mich auf die Nachbarliege und machte es mir bequem. „Du hast es doch selbst mitbekommen, oder?“
„Es ist eine Sache, was man als Besucher sieht, und eine andere, was hinter geschlossenen Türen passiert, Mamo-chan. Aber wenn du sagst, dass sich Maria gut integriert hat und deine Verlobte, deine Mama und deine große Schwester mit ihr gut auskommen, dann will ich zufrieden sein.“ Er runzelte die Stirn, während er versuchte, auf der Liege eine einigermaßen bequeme Haltung einzunehmen. „Dein Sohn ist sicher? Ich weiß, deine Eltern geben sich viel Mühe, aber zumindest dein Vater ist kein Shinobi, oder?“
„Oh, mach dir um Akira keine Sorgen. Er hat, nun, seit einigen Tagen einen ganz besonderen Begleitschutz.“
„Wie darf ich das verstehen?“
Ich lächelte. „So, wie ich es gesagt habe. Nur ein Wort: Fuse.“
„Die Katzendämonin? Begleitet sie nicht Kishio-kun?“
„Das weiß ich im Moment nicht. Und, haben diese Dinger auch Massagedüsen?“
„Selbstverständlich.“
Kurz darauf begannen diverse Düsen mit sehr warmem Wasser und einem erträglichen Druck, meinen Körper zu massieren. „Ah, das ist Luxus.“ Ein Teil meiner Probleme war gelöst, ein anderer Teil wartete darauf, noch erledigt zu werden, und einige neue waren hinzu gekommen. Nicht, dass ich etwas anderes erwartet hatte. Während ich in Gedanken die neu gewonnenen Daten zu sortieren versuchte, versuchte ich den Körper zu entspannen, zumindest bis...
„ARSCHBOMBE!“
Zumindest, bis meine Genin auch ins Bad durften.
„Ryoga, würdest du...?“
Der Affenkrieger grinste. „Natürlich, großer Anführer. Ruhe dich ruhig weiter bei der Massage aus. Ich übernehme es, deine Genin unter dem Wasserfall auf dem neuesten Stand zu bringen.“
„Danke. Ich schulde dir was, Ryoga.“ Oh, ich genoss das Wasser wirklich.
„Mamo-chan“, sagte Kira, als er den anderen zu Ryoga unter dem Wasserfall folgte, „warten wir hier auf Kicchan und die anderen, oder ziehen wir weiter?“
Ich öffnete ein Auge, um ihn anzusehen. „Sagen wir es so: Morgen baden wir hier auch.“
„Yossha!“ Er ergriff Kuzomis Hand. „Leute, nicht ohne uns anfangen! Und wir bleiben mindestens bis morgen!“
„Dieser Enthusiasmus erinnert mich an dein jüngeres Ich“, kommentierte Ryuji grinsend.
Ich musste leise lachen. „Mich auch, Ryuji. Mich auch.“
***
In der Nacht sind alle Katzen grau, lautet ein typisches Sprichwort in Konoha. Eingeführt wurde es von niemand geringerem als Jiraiya-sama. Das Sprichwort besagte nicht mehr und nicht weniger, dass, wenn das Licht knapp wurde, eine Identifikation von Individuen optisch stark erschwert wurde. Shinobi wussten das. Schon seit Jahrzehnten. Deshalb hatten sie, und das auch seit Jahrzehnten, ihre anderen Sinne trainiert, um im Dunkeln nicht allein auf ihre Augen angewiesen zu sein. Manche entwickelten dabei besondere Fähigkeiten, um die Umgebung rund um sich zu erspüren; das waren die sensorischen Ninjas. Manche gingen den anderen Weg und versuchten, ihre Augen besser an die schlechteren Sichtbedingungen anzupassen, oder sie verfügten über ein Kekkai Genkai wie die Sharingan oder die Byakugan. Aber es war wie mit allen Dingen im Leben: War eine Fähigkeit erst einmal bekannt, dann konnte sie mit genügend Aufwand, Training und Wissen um die Details der Fähigkeiten gekontert werden. Die ANBU waren darin wahre Meister, denn die Infiltration gehörte zu ihren primären Aufgaben. Ob dies nun heimlich schleichend in der Nacht erfolgte, unsichtbar für Augen-Jutsu oder unspürbar für sensorische Ninja, mit Hilfe einer undurchschaubaren Verwandlung, oder, wie die Hana-Shinobi unter vollem Körpereinsatz, war nur ein Detail. Und die ANBU-Ne hatten diese Künste noch einmal vorangetrieben, versucht, unter den ANBU eine eigene Elite zu werden. Die Elite zu werden. Nicht ohne Grund waren sie darum auch sehr stolz auf ihre Schleichfähigkeiten. Ja, stolz. Stolz allerdings war eine zweischneidige Klinge. Er konnte schnell verletzt werden, und verletzter Stolz bedeutete oft genug unüberlegte, vorschnelle oder gar hastige Handlungen. Nach der Niederlage im Wald gegen die ANBU und Kishio no Moerus Team war der Stolz der ANBU-Ne definitiv verletzt. Verletzt genug, um ein Risiko einzugehen. Aber interessanterweise war der Preis, der zu gewinnen möglich schien, durchaus das eine oder andere Risiko wert. Genauer gesagt war es ein Doppel-Jackpot. Gelang die Mission, dann würde Danzou-sama dem Fähigkeitenpool der ANBU-Ne nicht nur die Möglichkeiten der Moeru hinzufügen können, sondern auch die Künste der Nara, die sich bisher standhaft geweigert hatten, ihre Kinder Danzou zur Verfügung zu stellen. Alles, was sie für diesen Erfolg tun mussten, war, die ANBU-Wache zu überlisten, die das Morikubo-Haus überwachte, und Mamoru Morikubos Sohn sowie das Moeru-Kind zu entführen, das erst am Mittag an die Hausherrin übergeben worden war. Das Moeru-Kind war in einem sehr guten Alter für die Aufnahme und Ausbildung als ANBU-Ne, der Nara-Junge eigentlich noch zu jung, aber er würde wachsen. In mehrerlei Hinsicht. Die ANBU-Ne waren sauer und in ihrem Stolz verletzt genug, um es zu riskieren, um den beiden Kindern diese Ungeheuerlichkeit anzutun.
Ein großer Auflauf wäre kontraproduktiv gewesen. Zwar stand eine größere Gruppe ANBU-Ne bereit, um den Rückzug des Einsatzteams zu decken, sobald sie erfolgreich gewesen waren, aber die eigentliche Mission würde von nur drei Mitgliedern durchgeführt werden. Mehr durch die Überwachung der ANBU zu bringen wäre illusorisch gewesen. Der größere Aufwand hätte sie zwangsläufig verraten. Immerhin kannten die ANBU-Ne ihre Kollegen recht gut, wussten auch das aktuelle Team gut einzuschätzen, das mit der Überwachung betraut worden war. Und so nahm die Operation ihren Lauf.

Es hätte niemanden verwundert, zu so später Stunde den Hausherrn Kenshiro Morikubo nach Hause zurückkehren zu sehen, der nach getaner Arbeit in seinem Büro und einem kurzen Besuch im Restaurant seiner Frau endlich den heimischen Futon aufsuchte. Und es wäre auch niemand verwundert gewesen, als Yuriko Morikubo, die Tochter des Hauses, Seite an Seite mit ihrem Verlobten Kou nach Hause kam, nachdem sie einen längeren Abendspaziergang gemacht hatten, einmal zur Hyuuga-Residenz und zurück. Verwundert hätte die ANBU höchstens, wären die drei ihn ihren richtigen Gestalten durch die Fronttür des Hauses geschlüpft.
Einen Sharingan-Benutzer, einen Hyuuga und seine Byakugan oder einen sensorischen Shinobi vom Range eines Moerus hätten sie damit nicht täuschen können, aber im aktuellen ANBU-Team war kein sensorischer Ninja vertreten, geschweige denn ein Träger des Byakugans. Da das Restaurant von Yuria-sama, das Sindo, nicht überwacht wurde, war das ANBU-Team auch nicht darüber informiert, dass Opa Morikubo noch immer dort saß und sein Abendessen genoss. Und die Kommunikation innerhalb des Ortes war nicht auf Alarmstufe, sodass niemand das Team darüber informieren konnte, dass Yuriko und Kou noch nicht einmal an der Hyuuga-Residenz angekommen waren. Ihr einziger Gegner im Haus war also die Tsukigakure-Jounin, die ein uneheliches Kind mit Mamoru Morikubo hatte. Und die war ein kalkulierbares Risiko. Im Zweifelsfall würden sie das Nara-Kind eher zurücklassen, als sich aufhalten zu lassen, in der berechtigten Hoffnung, dass sie sich mehr für das eigene Kind interessierte als für das aus dem Nichts aufgetauchte Moeru-Balg. Der Plan war gut. Ziemlich gut sogar.
Im Haus angekommen, hielten sie ihre Tarnungen dennoch aufrecht. Der Anführer, als Kenshiro Morikubo getarnt, nickte seinen beiden Begleitern zu. Er würde als Hausherr Maria ablenken, und die beiden, die Yuriko und Kou mimten, würden die Kinder entführen. All das würde so schnell gehen, dass selbst eine Jounin wie Maria kaum wissen würde, was gerade geschah. Oder warum.
Die beiden nickten zurück, und der falsche Kenshiro atmete ein, um nach Maria zu rufen, als...
„Ich habe dir gleich gesagt, sie riechen falsch“, klang eine nörgelnde Männerstimme über ihnen auf. „Und Yuriko-chan riecht außerdem auch noch nach Männerschweiß.“ Etwas prallte irgendwo neben ihnen auf und trat in den kleinen Lichtkegel des Vorraums. Es war eine grau getigerte, recht große Katze. Genauer gesagt ein Kater. Von der anderen Seite klang ein amüsiertes Schnauben auf. „Und ich habe dir gleich gesagt, dass diese Typen so etwas gleich am ersten Abend versuchen würden. Wie nennen sie sich? ANBU-Nein?“ Nun trat auch von dort eine Katze ins Licht. Dieser Kater war schmaler, etwas länger, und schwarz wie die Nacht. „Und, was machen wir jetzt mit ihnen, Aniki?“
„Ich denke, das sollte Maria entscheiden.“
Eine dritte Person trat ins Licht. Eine große, junge Frau mit schwarzen Haaren und einer Zornesader, die auf ihrer Stirn pulsierte. „ Ykrei...“, sie sah den grau getigerten Kater an, „Yami...“, ihr Blick ging zum schwarzen Kater, „sie heißen ANBU-Ne, und sie werden jetzt wieder gehen, ohne eine Dummheit zu versuchen. Zum Beispiel zu versuchen, es mit uns dreien aufzunehmen. Oder zu hoffen, dass ihre Verstärkungen schnell genug hier sein könnten, bevor wir sie getötet haben.“
Der Anführer, noch immer in der Verkleidung als Kenshiro Morikubo, wollte das Zeichen zum Angriff geben. Dies war der gleiche Moment, in dem die beiden Kater aufhörten, ihr Chakra zu maskieren. Genauer gesagt fuhren sie es hoch, wie vor einem wirklich miesen Jutsu, und wurden damit zu Leuchtfeuern in Konoha für jeden, der über sensorische Fähigkeiten verfügte. Und damit war selbst dem dümmsten ANBU-Ne – in diesem Fall dem, der Kou Hyuuga darstellte – klar, dass sie es nicht nur mit sprechenden Katzen zu tun hatten, sondern mit Shinobi-Katzen. Brandgefährlichen Shinobi-Katzen.
„Was spricht dagegen, wenn wir sie sofort fertig machen, Anego?“, fragte Ykrei mit grollender, in den Bass abgleitender Stimme, während Chakra-Entladungen über sein Fell tanzten. „Töte einen ANBU-Ne, und warne damit einhundert ANBU-Ne.“
Maria lachte. „Ich bin kein Konoha-Shinobi. Ich habe eigentlich nichts dagegen. Aber Tsunade-sama wird es lieber haben, wenn sie eine Chance hatten, sich zurückzuziehen.“ Ihre Miene wurde hart und eiskalt. „Verschwindet. Jetzt.“
Was war es genau gewesen? Die Chakra-Präsenz der beiden Kater? Die stille Wut in den Augen der Tsukigakure-Jounin? Das drastisch schrumpfende Zeitfenster für die Operation? Oder die Todesdrohung, zu deren Ausführung eine Jounin mehr als in der Lage war, geschweige denn die beiden Shinobi-Katzen? Vielleicht alles zusammen. Der Anführer gab das Zeichen zum Rückzug. Fast zugleich verschwanden die drei Shinobi per Shunshin.

Maria atmete auf und wischte sich kurz über die Stirn. Ihr Adrenalin war bis zum Anschlag aufgedreht und ließ sie zittern. Es würde einige Zeit dauern, bis sie wieder „runter“ gekommen war. Auch die beiden Kater waren auf Kampfbereitschaft und mussten nun wieder herunter dimmen. Daher maskierten sie als erstes wieder ihr Chakra.
Ykrei knurrte wütend: „Ich hätte sie fressen sollen. Die kommen nämlich wieder, und dann hätten wir es mit drei weniger zu tun gehabt.“
„Ruhig, mein großer, böser und zu Recht wütender Katzenkrieger“, klang eine vierte Stimme auf, eine ruhige, weiche Frauenstimme im Sopran. Eine dritte Katze kam herbei. Sie war weiß und hatte rote Flecken über das Fell verteilt, der Schwanz war ebenfalls rot. Sie strich um die beiden Kater herum und rieb ihren Kopf an ihre, bis sie sich wieder besser im Griff hatten. „ Ykrei, Yami, eure Anego ist stolz auf euch.“
„Ach, darauf, Rin-sama? Die drei hätten wir mit Maria-chans Hilfe durchaus geschafft“, sagte Yami, noch immer mürrisch.
„Nein, darauf, dass ihr euch beherrscht habt“, sagte die Katze schnurrend. „Das macht Anego sehr zufrieden.“ Sie kicherte spöttisch. „Also arbeitet an euch, damit es so bleibt.“
„Jawohl, Anego.“
Die Katze zwinkerte zufrieden. „Zurück auf eure Posten.“
Die beiden Kater verschwanden, als hätte es sie nie gegeben. Die Katze aber sprang Maria auf den Arm. „Männer. Wenn du sie bestimmt behandelst, kannst du sogar mit ihnen auskommen. Sagt Fuse-sama immer, und ich denke mittlerweile, sie hat recht.“
Maria lachte und kraulte die Katze hinter den Ohren. Wirklich, sie fühlte sich sehr viel sicherer, seit Fuse, Kishios Katzendämon, angeboten hatte, einige ihrer Shinobi-Katzen zum Schutz des Morikubo/Moeru-Haushalts abzustellen. „Ich denke, ich behalte den Tipp mal im Hinterkopf.“
Langsam ließ das Zittern ihrer Hände nach. Sie wurde wieder ruhiger. Danzou würde der Hokage einiges zu erklären haben.

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„Ach, ist das herrlich“, seufzte Anne behaglich. Sie streckte sich auf der Liege im heißen Wasser aus, so gut sie es konnte und solange es für sie angenehm war. „Und ist ja auch mal schön ohne die Jungs, nicht?“
Mai antwortete darauf nicht. Überhaupt schien sie der Kunoishi aus Tsukigakure eher nicht zugehört haben. Sie lag auf der Nachbarliege, ließ sich vom intelligenten Düsensystem durchwalken und war der Tatsache, dass im Hauptbad des Nekozumi-Haushalts gerade Frauenstunde war, eher unberührt. Obwohl das zu den anderen Zeiten nur bedeutete, dass die Frauen die Handtücher weglassen konnten, so sie denn wollten.
„Erde an Konoha. Bist du noch bei mir, Mai?“
Die junge Genin schreckte zusammen. „Was? Wie? Ich... Ja, ich bin noch hier.“
„Und wo warst du in Gedanken? Bei deinem strammen Verlobten? Ich gebe zu, sein Knackhintern ist wirklich ein Hingucker. Und die roten Haare und das hübsche Gesicht sind wirklich attraktiv.“
Mai wurde rot. „H-hör auf, Anne-chan. Um sowas geht es bei uns nicht. Wir...“
„Ach, komm, Mai. Du bist alt genug, um das in voller Konsequenz durchgedacht zu haben. Selbst wenn Ihr platonisch und keusch nebeneinanderher lebt, werdet Ihr irgendwann heiraten, und dann ist Sex angesagt.“ Sie zwinkerte der errötenden Kunoichi zu, die daraufhin noch eine Spur dunkler wurde. „Angst vorm ersten Mal?“
„N-nein. Ich weiß, wie das geht. Zumindest theoretisch. Und ich bin sicher, dass Kishio und ich da schon mit genügend Vorsicht rangehen werden. Nicht übertreiben, aber auch nicht zu wenig. Ich bin schon sehr gespannt, und zugegeben auch etwas nervös.“ Sie zuckte die Achseln. „Ist eigentlich nur eine Frage, wann es passiert. Und das ist einzig und allein Kishios und meine Sache, denke ich.“
„Wow“, staunte Anne. „Ich habe jetzt nicht erwartet, dass du so erwachsen an die Sache rangehst.“
„Ich habe nicht erwartet, dass du die Sache überhaupt kennst. Ich meine, du hattest die Chance, in die Verehrergruppe von Mamo-chan aufgenommen zu werden, und du hast abgelehnt.“
„Ach, das.“ Anne winkte ab. „Klar, er ist attraktiv. Das habe ich schon gespürt, bevor ich überhaupt selbst wusste, welche Gefühle Frauen entwickeln können. Und klar respektiere ich ihn als meinen Sempai und Mentor. Und klar ist er toll. Aber... Darüber hinaus ist da nichts. Er ist für mich mehr wie ein großer Bruder. Das heißt nicht, dass ich ihn nicht heiß und innig liebe. Aber eben nicht heiß genug, du verstehst?“
„Ich verstehe das“, sagte Kuzomi. Sie tauchte direkt neben Annes Liege aus dem Wasser auf und griff nach ihrer Brust. „Du hast einen anderen, was?“
Anne quiekte erschrocken auf, als die Hände des schlanken Spinnenmädchens ihren Busen ergriffen. „Los, gib es zu. Da ist ein Mann, für den du dich interessierst.“
„L-lass das, Kuzomi. Das gehört sich nicht.“
„Oder ist es eine Frau? Hast du womöglich ein Auge auf Maria geworfen? Verstehen könnte ich das ja. Sie ist bildhübsch. Aber früher soll sie eine verdammt tödliche falsche Schlange gewesen sein.“
„So wie alle Frauen, eh?“, kam es von Mai. Sie glitt von ihrer Liege herunter und kam zu den beiden Mädchen herüber. „Los, sag schon, Tsuki-chan. Wer ist es? Wer ist dir lieber als Konohas drittbeliebtester Junggeselle?“
„Drittbeliebtester? Wer ist denn auf zwei und auf eins?“, fragte Kuzomi.
„Auf zwei ist Kakashi-Sensei. Er hat eine solide und starke Gefolgschaft. Und auf eins ist Asuma-Sensei. Ich finde seinen Bart ja ziemlich blöde, und auch dieses ständige Rauchen. Aber er hat viele weibliche Verehrer. Warum der noch nicht unter der Haube ist, weiß keine Frau. Warum Kakashi-Sensei noch nicht verheiratet ist, ist allerdings offensichtlich.“
„Und warum ist das offensichtlich?“, fragte Anne interessiert.
„Lenk nicht ab. Wer ist dein Schatz? Los, rück raus damit.“ Mai griff nach der Tsukigakure-Shinobi und kitzelte ihre Taille.
„Mai, das ist unfair! Und du bist auch unfair, Kuzomi-chan! Meine Situation derart auszunutzen!“
„Rück raus mit der Sprache, und wir hören sofort auf“, kicherte Kuzomi. „Außerdem ist das nur fair. Du weißt ja auch, wen wir mögen, oder? Also, ist es Maria? Oder wer sonst?“
„Schon gut, schon gut!“, rief sie atemlos. „Ich ergebe mich, aber bitte, hört auf, mich zu kitzeln!“
Die beiden Mädchen hielten in Annes Folter inne. Erwartungsvoll sahen sie das junge Mädchen an.
„Amir...“
„Amir? Der Jounin?“ Mai runzelte die Stirn. „Okay, er ist in kürzester Zeit Jounin geworden, und damit ist er wohl einer der fähigsten Shinobi von Tsukigakure, aber... Er sieht so ALT aus. Auf den stehst du wirklich?“
„Ihr lasst mich ja nicht ausreden“, beschwerte Anne sich. „Amir hat einen jüngeren Bruder. Er ist achtzehn und seit zwei Jahren Chunin. Er hat meine Gruppe bei einem Einsatz angeführt, und das ziemlich gut. Hat mir das Leben gerettet. Zweimal. Tja, und da ist es wohl passiert. Bis dahin dachte ich immer, Mamo-chan soll mich retten kommen. Und plötzlich dachte ich nur noch an Hakin... Tja, so ist es wohl passiert. Nicht, dass ich ihm nicht auch das Leben gerettet habe, und so.“
„Und es gibt weniger Bewerber auf ihn“, sagte Kuzomi.
„Und es gibt weniger... Nein, das spielt dabei absolut keine Rolle. Würde ich auf Mamo-chan stehen, würde ich um ihn kämpfen. Selbst gegen Hana-chan, Maria und Karin.“ Anne hob beide Hände. „So ist es nun mal. Und wenn ich schon ehrlich bin, wo warst du mit deinen Gedanken wirklich, Mai, wenn nicht bei deinem Traummann mit dem Traumhintern?“
„Äh.“
„Genau. Raus damit. War ja nicht zu übersehen“, neckte Kuzomi.
„I-ich habe daran gedacht, wie unfair das Leben ist“, gestand Mai. „Ich meine, Anne-chan, wir sind doch fast ein Alter.“
„Das macht dir zu schaffen? Ich weiß, du warst ein Jahr schwer krank und hast die Shinobi-Schule mit Verspätung abgeschlossen. Aber jetzt bist du auf bestem Wege, um eine Chunin zu werden. Was also macht dir zu schaffen?“
Wortlos hielt Mai sich ihre Hände vor den Brustkorb, Handinnenflächen zum Körper zeigend.
„Häh?“
„Na, wir sind fast gleich alt, aber du hast, obwohl du so klapperdürr aussiehst, so viel, und ich habe so wenig, und ich weiß nicht, ob da noch was kommt, und so... Meine Mutter hatte in meinem Alter schon so viel, dass sie ständig Rückenschmerzen bekommen hat. Aber ich? Dieser verdammte Fuchsbiss...“
Kuzomi glitt um die Liege herum, stellte sich hinter Mai und griff ungeniert zu. „Findest du, dass das wenig ist? Vor einem Jahr hätte ich dir sicher zugestimmt, aber das hier ist doch schon recht appetitlich. Du wirst Kicchan schon nicht enttäuschen, meine kleine Kunoichi.“
„Lass das, Kuzomi. Das kitzelt!“
„Wie, das kitzelt nur? Und wenn ich...“
„Für mein Leben gerne würde ich ja herausfinden, was genau du vorhast, kleine Schwester“, klang eine vierte Stimme auf. Kuzoko hockte plötzlich neben den drei, während sie ihr Chakra benutzte, um auf dem Wasser zu wandeln. „Aber Mamo-chan ruft euch zusammen. Wir haben einen Auftrag.“
„Einen Auftrag? Aber unser Auftrag ist es doch, auf Kicchan zu warten“, sagte Kuzomi.
„Es ist was dazwischen gekommen. Also beeilt euch ein wenig mit dem Kinderkram hier. Fünf Minuten, dann seid Ihr im Gemeinschaftsraum.“ Die ältere Spinnen-Kunoichi grinste, sprang und landete auf dem Rand des Beckens. „Fünf Minuten.“
„Was heißt hier Kinderkram?“, beschwerte sich Kuzomi bei ihrer großen Schwester. Aber da hatte die schon das Bad verlassen.
Anne glitt von der Liege und griff nach dem Beckenrand. „Alsdann, meine Damen. Der Genuss ist vorbei. Der harte Alltag als Kunoichi hat uns wieder.“
„Ich mag den harten Alltag hier im Bad auch ganz gerne“, murmelte Kuzomi.
„Wer nicht?“, raunte Mai ihr zwinkernd zu.
***
Die Mädchen waren nicht die letzten, aber auch nicht die ersten. Ryoga war schon da. Relativ kurz nach ihnen kamen Hikaru Gosunkugi, Shinji und Kira. Den Abschluss bildeten Perine-chan und Haru.
„Wir sind vollzählig“, sagte ich. „Nehmt bitte Platz.“
Als sich alle gesetzt hatten, nickte ich P-chan zu. Die Affenkriegerin warf einen taxierenden Blick in die Runde. „Zuerst die gute Nachricht. Unser dreitägiger Aufenthalt hat sich auf fünf Tage verlängert, da Kishio auf unerwartete Schwierigkeiten getroffen ist.“
Die Nachricht kam einerseits gut an, weil dies zwei Tage mehr im Haushalt der Nekozumis bedeutete, die ihr Bestes gaben, um die persönlichen Freunde des Hausherrn zu verwöhnen. Andererseits, wenn Kishio sich verspätete, während er ein ANBU-Team leitete...
„Was für Schwierigkeiten?“, fragte Mai sofort. Sie blieb sachlich, aber ihre Augen verrieten sie.
„Er befindet sich in einer Spionagekonteroperation, die für unseren Auftrag essentiell ist“, sagte Perine. „Diese fällt etwas länger aus als erwartet. Oder anders ausgedrückt, der Teich, den Tsunade-sama abfischen will, scheint ergiebiger zu sein als erwartet.“
Das beruhigte die Genin wieder. Zumindest für den Moment.
„Und jetzt die schlechte Nachricht“, fuhr P-chan fort. Die junge Affenkriegerin in ihrer sehr aparten Menschengestalt lächelte ein so süßes Lächeln, dass es falsch sein musste. Ein Umstand, der mich bei Ranko-sama immer gewarnt hat. Ein Umstand, der meine Genin bei P-chan warnen sollte. Nun, das würden sie noch selbst lernen. Auf die harte Tour.
„Wir verbringen diese fünf Tage natürlich nicht auf der faulen Haut. Stattdessen machen wir das, was gute Konoha-Nin tun sollten, wenn sie Zeit haben. Wir nehmen einen Unterkontrakt an.“
„Einen Unterkontrakt?“, fragte Kira zweifelnd. „Mamo-chan, geht das überhaupt, ohne dass Tsunade-Drache dir den Kopf abreißt?“
Ein heiteres Raunen ging durch den Raum.
„Du solltest sie nicht so nennen, Kira“, tadelte ich. „Ich weiß nicht, wie sie es macht, aber sie erfährt es, wenn sich einer ihrer Shinobi despektierlich über sie äußert. Und dann muss die entsprechende Person leiden. Oh ja, leiden“, sagte ich, mit sinnierendem Blick.
„Äh, Mamo-chan, hast du schon mal... Musstest du...?“, fragte Shinji vorsichtig.
„NEIN!“, sagte ich sofort. „Und ich werde auch nicht darüber reden!“
Meine Genin verstummten. Und sie wurden ein wenig bange. Nach innen lächelte ich, denn die Legende der Godaime in die Herzen der Genin zu pflanzen war ebenso Aufgabe eines Jounin wie sie anzuführen. Nach außen gab ich mir Mühe, eine Miene zu zeigen, die versuchte, namenlose Schrecken zu verbergen. Was mir nicht besonders schwerfiel, denn Tsunade-sama WAR eine Naturgewalt auf zwei Beinen.
„Aber was ist nun mit dem Unterkontrakt?“, fragte Anne.
„Es geht um ein paar Spuren, die auf Moeru-Aktivität hindeuten. Sie sind bereits sehr alt und damit lange erkaltet. Aber sie wurden Haus Nekozumi erst vor kurzem zugetragen, und wenn wir ihnen nachgehen, entlasten wir das Ermittlerteam für wirklich wichtige Aufgaben, ohne zu sehr involviert zu werden.“
„Und das bedeutet konkret?“, fragte Kuzomi.
„Das bedeutet konkret, dass wir erst einmal Otogakure besuchen. Es heißt, im Umfeld des zerstörten Dorfes soll es noch vereinzelte Tätigkeit versprengter Oto-Nin geben. Anschließend teilen wir uns in drei Teams auf und gehen den Hinweisen nach. Sie betreffen Dörfer in den Wäldern westlich von dem, was einst Otogakure war.“
„Otogakure? Das hast du doch zerstört, Mamoru-sensei!“, rief Shinji mit frisch begeistertem Respekt. Und mit der korrekten Anrede für mich.
„Mehr oder weniger.“
„Und wir können uns das ansehen. Wie cool ist das denn?“
Shinjis Enthusiasmus in allen Ehren, ein wenig peinlich war er mir schon. Also der Enthusiasmus jetzt, nicht mein Genin.
„Nun ja, es soll da mittlerweile recht hübsch sein. Aber vergesst nicht, wir brechen auf, um eventuelle Feinde Konohas aufzuklären, also ist das ein Kampfeinsatz, den wir im Auftrag der Nekozumis für die Kost und Logis ausführen, die wir hier erhalten, während wir auf Kishio warten. Ich stufe die Mission als Klasse D ein.“ Ich wartete auf die Antwort meiner Genin, und Kira enttäuschte mich nicht.
„Aber Mamo-chan, du sagst doch immer, nur weil eine Mission mit D eingestuft ist, haben wir keinerlei Garantien, dass sie sich nicht als A oder gar als S entpuppt.“
Ich erlaubte mir ein selbstgefälliges Lächeln. „Richtig. Also, macht euch bereit. Wir brechen in einer Stunde auf.“
„Alles klar!“ Shinji kam als erster hoch und stürmte fast aus dem Raum, um seine Ausrüstung einzupacken. Die anderen Genin folgten dichtauf, wenn aber nicht ganz so enthusiastisch. Bald war der Raum geleert, und nur noch P-chan, ich selbst und Haru waren noch da.
Der Kiri-Nin trat auf mich zu. „Morikubo, welche Missionseinstufung liegt wirklich vor?“
Ich sah ihm in die Augen. „B. Die Mission ist als B kategorisiert.“
„Es wird also hoffentlich nicht langweilig.“ Er grinste. „Und ja, ich bin auch sehr gespannt auf den Teich, den du da angelegt hast.“
„Du wirst dich dran sattsehen können, das verspreche ich dir“, sagte ich, leicht in seine Richtung nickend.
Er erwiderte die Geste und verließ den Raum, um ebenfalls zu packen.
„Ich traue ihm nicht weiter, als ich Ranko-sama werfen kann“, raunte mir P-chan ins Ohr. „Oder Ranma-tono. Oder beide.“
„Ich traue ihm zumindest so weit, dass er uns nicht in den Rücken fallen wird. Noch nicht.“
„Die Moerus?“
„Die Moerus.“
P-chan legten ihren Kopf auf meine linke Schulter und schmiegte sich leicht an mich. „Ich vertraue dir. Versprochen.“
Das brachte mich zum Lächeln. „Mir kannst du jederzeit vertrauen. Aber behalte Haru im Auge. Vor allem, wenn ich es nicht kann.“ Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange und trat einen Schritt vor, ihr Murren ignorierend. „Ich beschwöre Shampoo und Mousse. Ich denke, die beiden haben ein valides Interesse daran, mitzukommen.“
„Du neigst zu Untertreibungen in letzter Zeit. Hat dir das schon mal jemand gesagt?“
„Nein, da bist du die erste, P-chan.“ Eventuell hatte sie in diesem Fall sogar Recht. Die beiden hatten mit mir Otogakure erobert.
***
Die Beschwörung führte ich natürlich vor der Stadt aus. In einer geschützten Ecke; nachdem ich mich mehrfach vergewissert hatte, dass sich kein Mensch innerhalb meiner sensorischen Reichweite befand, der uns beobachten konnte. Außer natürlich, er war mir als Shinobi überlegen und konnte mich und meine sensorischen Fähigkeiten täuschen. Allerdings zweifelte ich daran, dass es im Moment ein Kage, Orochimaru oder jemand mit vergleichbaren Fähigkeiten im Jounin-Rang auf mich abgesehen hatte. Noch nicht. Außerdem war ich mir sicher, Orochimaru-sempai hätte ich erspürt. Uns verband etwas, das nicht mehr aufzutrennen war. Und das erfüllte mich mit einer gewissen grimmigen Genugtuung. Es würde mir nützlich sein. Früher oder später.
„Kuchiose no Jutsu!“ Ich drückte mein Blut auf den Boden und führte damit die Beschwörung aus. Für einen Sekundenbruchteil fragte ich mich, wie viele Beschwörungstyp-Shinobi auf diese Weise bereits eine Blutvergiftung erlitten hatten, oder zumindest eine eiternde Wunde, aber ich hatte keine Zeit für Statistik. Vor mir entstand eine Rauchwolke, die rasch verwehte. Und darin erkannte ich ganz klar die Umrisse zweier alter, sehr guter Bekannter, die ich zwar erst neulich auf meinem Geburtstag gesehen hatte, aber über die ich mich ehrlich freute: Shampoo und Mousse. Zumindest freute ich mich, bis ein dritter Schatten, ein kleiner, verwaschener Fleck, zwischen den beiden entstand und sofort wieder verschwand, so als hätte jemand Shunshin benutzt. Stattdessen spürte ich, wie sich etwas Spitzes in meine Schädeldecke drückte. Es war nicht lebensgefährlich, aber sehr unangenehm. „So, so, dies ist also der legendäre ewige Chunin, von dem ich so viel gehört habe.“ Die Stimme war alt und wirkte rau, aber definitiv weiblich.
„Ur-ur-Oma, das gehören sich nicht!“, tadelte Shampoo aufgebracht. Wie immer verhaspelte sie unsere Sprache, und wie immer war sie ein toller Anblick. Wer sie an ihrer Seite hatte, brauchte nicht viele Feinde zu fürchten. Nebenbei mochte ich ihre Kleidung. Sie erinnerte mich an den Stil, der in Tentens Familienclan bevorzugt wurde. „Du kannst Mamo-chan nicht auf den Kopf...“ Kurz suchte sie nach Worten. „Auf den Kopf springen.“
„So, kann ich das nicht? Verhindert hat er es jedenfalls auch nicht.“ Der Druck ließ nach, und der Verursacher meiner Beschwerden, ein großer, knorriger Stock mit bienenkorbgroßem Kopf landete vor meinen Füßen. Darauf hockte ein kleiner, uralter Affe mit einer gut einen Meter langen, weißen Löwenmähne. Vielmehr eine Affenfrau. Wenn nicht DIE Affenfrau. Cologne. Eine uralte, erfahrene und auch gefürchtete Affenkriegerin, von der man allerdings gesagt hatte, sie wäre schon sehr lange im Ruhestand. Ich war ihr zuvor noch nie begegnet, und, wenn man den Gerüchten Glauben schenken konnte, war Shampoos Bezeichnung für sie, Ur-ur-Oma, durchaus korrekt. „Nun, was sagst du dazu, ewiger Chunin?“
Ich legte ein leichtes Lächeln auf mein Gesicht und verneigte mich vor ihr. „Es ist mir eine Freude, dich kennenzulernen, Cologne-sama. Ich habe schon viel von dir gehört.“
„Gutes oder schlechtes, junger Morikubo?“
„Das hängt davon ab“, sagte ich und vermied es, bei „gut“ in Richtung Shampoo und bei „schlecht“ zu Mousse herüberzuschielen.
„Äh, Mamo-chan...“, hörte ich Shinji sagen.
„Darf ich vorstellen?“, sagte ich hastig, bevor einer meiner Genin einen Fehler machen konnte, den er definitiv sehr bereuen würde. Sehr, sehr, sehr bereuen würde. „Dies ist Shampoos Ur-Groß-Großmutter Cologne. Sie ist schon ein paar Jahre aus dem Rennen, was die großen Schlachtfelder angeht, aber sie ist eine ernstzunehmende Kriegerin, also versucht, auf ihrer guten Seite zu bleiben.“
„So wie du gerade, eh?“, kicherte sie und klopfte mir mit einer ihrer dürren Hände gegen die Brust. Seltsam, das war nicht unangenehm, es war... Warm. Warm in mehr als einem Sinn als der Temperatur ihrer Hand.
„Ich bemühe mich“, gestand ich. „Deine Legende eilt dir voraus, Cologne-sama. Selbst Happosai, der alte Sack, spricht nur sehr gewählt von dir.“
„Alter Sack?“ Sie kicherte noch mehr, und ihre Hand klopfte meine Schulter. „Ich glaube, ich mag dich, Mamoru Morikubo. Du bist nicht ganz das, was ich erwartet habe. Ich meine, du bist keine drei Meter groß, und deine Augen strahlen auch nicht so hell, dass man nicht einmal hineinsehen kann. Und ich vermisse die brennenden Fußspuren, die du hinterlässt. Aber was ich bisher kennengelernt habe, gefällt mir ganz gut. Ich werde die Kinder und dich ein wenig begleiten, wenn es recht ist.“
Bei dieser übertrieben Schilderung meiner Person musste ich schlucken. Wer würde denn derart übertreiben, wenn es um mich ging? Ich neigte ja schließlich auch nicht dazu, und versuchte, ein Übermensch zu... Nun, ich hatte da so eine Ahnung. Und mir wurde klar, dass ich nicht ganz unschuldig daran war. Der einzige, der meine Schuhe austreten konnte, war immerhin ich selbst. „Natürlich, Cologne-sama. Allerdings habe ich das Kommando.“
„Natürlich hast du das. Meinst du, ich will mir Arbeit aufhalsen?“, erwiderte sie barsch.
Ich schluckte hart. Ihre Aura hatte durchaus etwas von Fuse-chan oder Tsunade-sama. Sie spielte auf einem höheren Level als selbst Ranko-sensei. „Nein, Cologne-sama.“
„Dann lass uns aufbrechen. Ihr geht nach Otogakure, das unter deinem Kommando erobert wurde, richtig? Mousse hat mir einiges erzählt. Ich bin gespannt, das alles mit eigenen Augen zu sehen.“
„ICH habe Otogakure nicht zerstört, möchte ich anmerken, Tsun... ich meine Cologne-sama.“
„Freudscher Versprecher? Kein Problem. Ich mag das junge Mädchen.“ Sie sprang vom Stab auf den Boden und nahm währenddessen Menschengestalt an. Das alte verhutzelte Affenweibchen wurde zu einer fast eins achtzig großen Frau mit langem, schwarzen Haar und dem Aussehen einer Mittzwanzigerin in der Jounin-Uniform Konohas. Einer ziemlich hübschen Mittzwanzigerin, um genau zu sein.
Sie wandte sich halb um, griff nach ihrem Stab und nahm ihn locker in die Hand. Dabei lächelte sie mir zu. „Befiel, und ich gehorche, Tai-sho.“
„Vorhut“, sagte ich nur.
„Verstanden... Tai-sho.“ Sie verschwand per Step, und nach und nach schlossen wir uns in Standardformation an. Auch Mousse und Shampoo integrierten sich schnell, allerdings griff ich nach Shampoos Hand und zog sie neben mich, während wir mit Step in Richtung des Ortes reisten, an dem einmal Otogakure und davor das Dorf der Moerus gestanden hatte. „Was?“, zischte sie.
„Du weißt, was ich dich fragen will“, zischte ich.
„Ahaha. Ahahahahaha, tut mir leid, aber Ur-ur-Großmutter hat darauf bestanden, dich kennenzulernen. Sie ist die Anführerin des Clans und niemandem außer dem König Rechenschaft schuldig. Und wenn sie kennenlernen will dich, dann wird sie kennenlernen dich. Sie will schließlich wissen, wem sie Ur-ur-ur-Enkel eines Tages anvertrauen wird.“
„Na, das sind ja tolle Aussichten“, murrte ich, bevor mich die Erkenntnis traf. „Ur-ur-was?“
Shampoos Gesicht überzog plötzlich hitzige Röte, und Mousse begann gackernd zu lachen.
„Aber... Was... Und seit wann...“
„Schon immer, eigentlich. Aber Mousse hat getraut sich lange nicht zu fragen... Schließlich er es doch gemacht, und... Nun.“ Shampoo legte eine Hand an ihren Bauch. „Wir angefangen haben.“
Das verdutzte mich doch ziemlich. Um nicht zu sagen, verdammt ziemlich. Eigentlich haute es mich fast aus den Sandalen. „Oh. OH! Das freut mich zu hören. Wie hat er die Kurve gekriegt?“
„Er sagt, wenn Mamo-chan kann sich ändern und offen sagen, was er will, dann er es auch kann.“
„Nicht ganz so falsch“, lachte Mousse, „aber auch nicht ganz richtig. Eigentlich wollte sie auch so einen kleinen Liebling wie Aki-chan haben, und als sie das sagte, fasste ich mir ein Herz und sagte, ich hätte mein ganzes Leben Zeit, um das mit ihr zu machen, und dann hat sie zugestimmt. Aus heiterem Himmel. Und nun... Ja. So ist es halt.“
So ist es halt. Was für eine verrückte Aussage. Aber irgendwie auch wohltuend, wie ich fand. Nun stahl sich ein richtiges Lächeln auf mein Gesicht, denn wer sollte Shampoo und Mousse nicht verstehen, wenn nicht ich, der selbst Vater war? Ich drückte ihre Hand fest und ließ sie dann los. Nach dieser guten, dieser sehr guten Neuigkeit war mir tatsächlich klar, wie wichtig es für ihre Ur-ur-Großmutter war, mich kennenzulernen, denn das Kind der beiden würde sehr viel schneller wachsen als ein Mensch, mit fünf Jahren bereits aussehen wie ein Mensch mit zehn, und mit zwölf erwachsen sein. Mit acht seiner Jahre würde ich ihn für den Kampf beschwören können. Dann war er genauso alt wie P-chan damals, als ich sie das erste Mal beschworen hatte... Was für merkwürdige, verrückte Zeiten doch hinter mir lagen. Aber ich wollte nicht einen Tag davon missen. Niemals.
Auf jeden Fall erschien mir die Gegenwart der alten Affenfrau nun noch weniger als Last, und mehr als Herausforderung. Und ich würde mich stellen. Dazu war ich fest entschlossen.

Nach gut einer Stunde auf der Reise erreichten wir einen Weg, der mir nur allzu bekannt vorkam. Ich ließ halten, scannte die Umgebung und gab für den Moment Entwarnung, aber unter dem Vorsatz, dass wir uns in potentiell feindlichem Gebiet befanden. Das bedeutete, niemand würde seine Abwehrbereitschaft ganz herunter fahren.
„Kage Bunshin no Jutsu!“ Ich erschuf drei Schattenklone meiner selbst und sandte sie nach Norden Richtung See und nach Ost und West. Sie würden für mich die Umgebung scannen und auch als Lockvogel für eventuell hier lebende überlebende Oto-Nin dienen. Es bedurfte natürlich schon eines besonderen Jutsu oder gar eines Ninjas vom Rang eines Jounin, um ihnen gefährlich zu werden oder sie gar auszulöschen. Aber selbst wenn es geschah, würde die Erinnerung des eliminierten Klons auf mich übergehen, und ich war gewarnt. Wir waren dann gewarnt. Allerdings erwartete ich weder einen oder mehrere Jounin auf der Lauer, noch jemand mit einem besonderen Jutsu. Ganz einfach deshalb nicht, weil Orochimaru seine fähigsten Gefolgsleute sicher nicht frei herumlaufen ließ. In dieser Beziehung war mein Sempai erstaunlich zuverlässig. Er achtete darauf, was seine Spielzeuge so machten. Die meisten, zumindest.
„Hier sind wir damals angekommen“, sinnierte ich, „mehr als zweihundert Shinobi, alles Genin, bis auf sechs. Karin und Hana kamen als Chunin auf Probe dazu, und jeder führte fünfundzwanzig Kameraden an, als wir Otogakure zu erobern versuchten. Ich teilte sie in acht Gruppen auf, ließ sie die Stadt umringen. Und dann griffen wir an.“ Ich dachte zurück, an meine Situation als Anführer, an die anderen Truppführer neben Hana und Karin, daran, wie der Funk plötzlich hektisch geworden war. „Meine Leute im Südwesten unter Fei Long trafen auf Flüchtlinge und ihren Genin-Begleitschutz und waren leicht unterlegen. Ich sandte ihr aus zwei Gruppen jeweils zehn Mann als Hilfe und drang weiter vor. Dann war plötzlich im Nordosten Funkstille. Tonari-san war auf die Fluchtroute der Chunin und Jounin getroffen und meldete sich nicht mehr.“ Ich fühlte erneut die Panik um meine Kameraden in mir hochsteigen, hörte erneut die Stimmen meiner inneren Dämonen in meinem Kopf, die mich damit marterten, auf welchen Wegen ich die Verluste hätte vermeiden können, spürte Ohnmacht und Wut, weil ich nicht selbst überall hatte sein können, und zudem nach dem Abwehrkampf und nach der Reise hierher nicht auf dem Höhepunkt meiner Kraft war. „Ich beschwor auf Teufel komm raus Affenkrieger. Zum Glück waren es Shampoo und Mousse. Sie als Taijutsu-Spezialistin und er als Waffenmeister der Affen waren das Beste, was ich in dieser Situation bekommen konnte – immerhin war Doktor Tofu erschöpft.“
„Ooooh“, machte Mousse grinsend. „Nur weil Doktor Tofu nicht konnte, waren wir die beste Wahl?“
„Nun, Ranma und Ranko konnten ja auch nicht“, erwiderte ich grinsend.
Mousse griff sich ans Herz. „Treffer.“ Aber immerhin, er grinste noch immer.
„Jedenfalls schickte ich, kaum in Otogakure angekommen, Shampoo und Mousse Tonari zu Hilfe und machte eine erneute Beschwörung, die von P-chan beantwortet wurde. Wir...“

Ich stockte. Stutzte.
„Sensei? Wollen wir nicht weiter vorgehen, damit wir den See sehen können?“, fragte Mai, als ich fast zwanzig Sekunden geschwiegen hatte.
Ich winkte ab. „Still, ich muss denken.“
„Was ist passiert?“, schoss Cologne direkt auf das Ziel.
„Einer meiner Klone hat das Kage Bunshin wieder aufgelöst. Der, den ich nach Norden entsandt habe...“
„Er wurde nicht vernichtet?“, fragte Perine.
„Nein, er hat es selbst aufgelöst. Weil...“ Grimmige Wut packte mich. „Weil er auf Kabuto getroffen ist. Die beiden haben sich unterhalten, und er hat sein Wissen mit seinem Erlöschen an mich übermittelt.“
„Kabuto? Hier?“ Ryoga fletschte die Zähne. „Ich werde dem Bastard die Kehle...“
„Nein, wirst du nicht“, sagte Gosunkugi. „Denn das werde ich übernehmen.“ Er gab seine menschliche Tarngestalt auf und nahm seine Kampfgestalt als Affe an. Er wurde zum über zwei Meter großen, breitschultrigen, muskelbepackten Krieger, der Orochimarus Leuten schon mehr als einmal das Fürchten beigebracht hatte.
„HALT!“, sagte ich scharf. „Er will mit mir reden. Ich gehe. Allein.“
„Morikubo, du traust ihm doch nicht etwa?“, fragte Haru mahnend.
„Was? Nein, natürlich nicht. Aber ich bin sicher, ich kann etwas von ihm erfahren, was wir noch nicht wissen. Außerdem gehe ich nicht ganz alleine. Cologne-sama?“ Ich öffnete meine Jounin-Weste und zog mein Shirt herunter. „Darf ich bitten?“
„Dass du so ein Draufgänger bist, hat mir Shampoo aber so nicht erzählt“, sagte die hochgewachsene Schönheit grinsend. Sie sprang, verwandelte sich dabei in ihre Affengestalt, landete punktgenau in meinem Hemdkragen und machte es sich unter der Spinnenseide bequem.
Ich schloss die Weste wieder und versuchte sie so normal wie möglich aussehen zu lassen.
„Sensei, du siehst aus, als wärst du im vierten Monat schwanger“, kicherte Mai.
„Quatsch. Was du immer redest“, sagte Shinji tadelnd. „Höchstens dritter Monat.“
„Falls noch jemand einen Witz in dieser Richtung auf Lager hat“, mahnte ich, bevor einer der anderen in diese Kerbe schlagen konnte, „kenne ich einen Freiwilligen, der Wachdienst, Kochen, Abwasch und das Machen der Betten übernehmen wird.“
Kira schloss enttäuscht den Mund. Zu spät.
Ich grinste. „Dann ist ja alles klar. Mousse, Shampoo, schnappt euch je zwei Leute und sucht meine Klone im Osten und im Westen auf. Von dort könnt Ihr eingreifen, falls es notwendig werden sollte. Nein, versucht nicht, ihn zu verfolgen, falls er flieht. Ich denke, ich bin neben Cologne-sama der einzige hier, der es derzeit mit Kabuto aufnehmen kann. Haru, du übernimmst den Rest und rückst mir langsam hinterher.“
Der Kiri-Nin zeigte nicht, ob er überrascht war, dass ich ihm demonstrativ Vertrauen bewies. Aber er wusste sicherlich, dass P-chan auch hier bleiben würde. „Verstanden, Morikubo.“
„Gebt mir zehn Minuten. Wenn Ihr in der Zeit nichts von mir hört, zieht Ihr euch zurück. Sehr weit zurück. Alles verstanden? Dann los.“

Ich verschwand per Step, Mousse nahm Ryoga und Anne mit nach Westen, Shampoo schnappte sich Kira und Kuzomi. Die Andeutungen, die der Konoha-Deserteur gemacht hatte, waren... Interessant gewesen. Es würde sich lohnen, ihn anzuhören, und erst danach zu vernichten. Allerdings, das gestand ich mir ein, war er schlau genug gewesen, um mich genug zu triggern, dass es leider nicht heute sein würde. Leider nicht heute. Ich ballte die Hände zu Fäusten.
„Na, na, nicht so unruhig. Entspann dich, Mamoru“, säuselte Cologne-sama. „Wer verkrampft, vergibt Reaktionszeit und Aufmerksamkeit.“
„Natürlich, Cologne-sama“, erwiderte ich und versuchte es. Tatsächlich fühlte ich mich fast sofort besser. Dann kam auch schon der See in Sicht. Jener See, der vor ein paar Jahren noch Otogakure gewesen war.
Tausende Erinnerungen überfluteten mich, obwohl ich den See selbst nie gesehen hatte, und die kleine Stadt, die hier gestanden hatte, heute bestenfalls feiner Staub auf dem Grund des Sees war. Der See war kreisrund und hatte das Bett einer Kugel. Meine Shinobi hatten mir berichtet, er wäre an seiner tiefsten Stelle vierhundert Meter tief. Das passte nicht ganz in das, was ich erwartet hatte, denn zwar hatte sich Guin, die lebende Chakra-Bombe, die diese Explosion ausgelöst, Oto vernichtet und diesen See erschaffen hatte, in Orochimarus Verließen etwa zweihundert Meter unter der Erde befunden, aber wäre die Explosion tatsächlich eine Kugel gewesen, die alles, was sie berührt hatte, verzehrt hätte, dann wäre der See bei einem fast exakten Kilometer Durchmesser nicht vierhundert Meter tief gewesen, sondern siebenhundert. Und der Uferrand hätte dann auch ein paar Besonderheiten aufgewiesen. Also ging ich als Explosionsform von einer Art Linse aus. Die Kugel war zwar die einfachste und natürlichste geometrische Form, aber Energie war anscheinend selbst Guin nicht zur Verfügung gewesen, und daher hatte es entweder einen Kompromiss geben müssen, oder aber, Sempai hatte das Chakra-Monster auf diese Form der Explosion konditioniert. Machte auch Sinn, denn die Linse erwischte wesentlich mehr vom Umland und damit wesentlich mehr potentielle Feinde. Eine Kugel hätte nur zusätzliche Würmer und ein paar unbeteiligte Vögel erwischt. Widerwillig musste ich Orochimarus Genie anerkennen.

In der exakten Mitte des Sees, einen halben Kilometer von mir entfernt, erwartete mich Kabuto. Die verdammte Brillenschlange lächelte. Und er hatte auch jeden Grund dazu, wie ich grimmig eingestehen musste. Mit Step gelangte ich auf den See, und mit Wasserwandeln lief ich ihm entgegen. Ich verzichtete aufs Shunshin, denn der Moment, in dem ich herauskam, wäre Kabutos Vorteil gewesen, nicht meiner. Denn er sah mich kommen.
Fünf Meter von ihm entfernt hielt ich an. „Guten Morgen, Deserteur. Ich habe dich hier nicht erwartet.“
Kabutos Lächeln wurde zur Grimasse. „Ich habe dir schon einmal erklärt, dass ich kein Deserteur bin, Mamoru, und ich bleibe bei meiner Aussage.“
„Du meinst, bei deiner Sicht der Dinge.“
„Meine Sicht der Dinge, deine Sicht der Dinge, letztendlich kommt doch alles nur auf die Frage des Standpunkts an“, erwiderte er jovial. Seine Gesichtszüge kehrten zum Lächeln zurück. „Du bist hier, also konnte ich dein Interesse wecken.“
„Mehr oder weniger.“
„Und warum bringst du dann entgegen der Abmachung einen Kampfaffen mit?“, fragte er trocken.
„Warum fliehst du nicht, wenn du weißt, dass ich einen Affen unter meinem Shirt habe?“, erwiderte ich im gleichen trockenen Ton.
„Weil du so erschreckend berechenbar bist. Du hast zugesagt, mich zu treffen und mir freies Geleit zu geben, also wirst du dich daran halten, denn du willst den Preis, den ich dir dafür versprochen habe. Warum also der Affe?“
„Nun, ich weiß, dass ich mein Wort halten werde, ohne Frage. Aber bei dir bin ich mir keinesfalls sicher.“
„Oh, das tut weh. Ich bin ein Schüler deines Sempais, vergiss das nicht. Außerdem, welcher Affenkrieger sollte mir schon gefährlich werden?“
Cologne steckte den Kopf zum Kragen meines Hemds raus. „Es gibt da vielleicht den einen oder anderen.“
„Co... Co-cologne-sama“, stammelte Kabuto überrascht. Er kannte sie also auch und wusste sie einzuschätzen. Sehr gut.
„Keine Sorge, Kabuto, ich stehe zu meinem Wort. Du hast freien Abzug. Egal ob das, was du mir als Gegenzug überlassen willst, seinen Preis wert ist, oder nicht.“
Feiner Schweiß stand auf seiner Stirn. Er musste sich klar machen, dass all seine Fähigkeiten, sein medizinisches Jutsu, sein ganzes Können gegen mich alleine sicher ausgereicht hätte. Aber meine Kraft kombiniert mit der einer Affenkriegerin von Colognes Kaliber bedeutete für ihn eine Frage auf Leben und Tod. „Ich vertraue deiner Naivität.“ Seine Wangenmuskeln mahlten. „Nun gut, die Information, die du haben wolltest. Als Orochimaru-sama und ich dich im Reich der Wolken in dieser Falle sterbend zurückließen, hatte mein Meister nicht wirklich vor, dich zu töten. Dazu war er viel zu neugierig auf deine Entwicklung. All das war ein Test für die Fähigkeiten von Kishio no Moeru. Wir hatten mehrere Kameras in der Nähe aufgestellt, die euch beide normaloptisch und in Chakra-Sicht beobachtet haben. Orochimaru-sama war mehr als begeistert von dem, was er sah: Einen Moeru auf dem Höhepunkt seiner Kraft und seines Jutsu. Ah, nein, dieser Moeru ist noch lange nicht auf seinem Gipfel angelangt, und das verspricht noch so viel mehr.“
Ich nahm die Worte Kabutos mit unbewegter Miene zur Kenntnis. So viel hatte ich mir bereits selbst zusammengereimt. Es nun bestätigt zu sehen, schmerzte aber trotzdem.
„Natürlich wärt ihr beide gestorben, hätte Kicchan einen Fehler gemacht. Wäre allerdings niemand gekommen, um dich zu retten, hätte sich die Falle in acht weiteren Stunden selbst entschärft. Wie ich bereits sagte, Orochimaru-sama ist neugierig auf seinen Kohai.“
„Und das soll ich glauben?“, fragte ich mit rauer Stimme.
„Ob du es glaubst oder nicht ist mir egal. Ich sage nur, wie es damals war. Die Aufzeichnungen der Kameras waren damals für uns ein erstaunlich gutes Hilfsmaterial. Wie du sicher weißt, braucht Orochimaru-sama demnächst wieder einen Körper. Das wird der junge Uchiha sein. Danach, nach weiteren drei Jahren, könnte ein Moeru den nächsten Körper für ihn stellen. Mit all seinen Vorzügen.“
„So weit habe ich auch schon gedacht. Die Sache mit Sasuke Uchiha, ist die sicher? Wird er sich nicht wehren?“
„Du missverstehst die Vorgehensweise meines Meisters. Er sorgt dafür, dass die Menschen, die ihm ihre Körper spenden, dies freiwillig tun. Sasuke hat er versprochen, seinen älteren Bruder Itachi zu töten, der den Uchiha-Clan ausgerottet hat. Bis auf ihn. Um diese Rache erfüllt zu sehen, gibt Sasuke gerne seine Existenz auf.“
„Das ist aber nur so lange der Fall, wie er glaubt, dass Orochimaru seinen Bruder besiegen kann. Hast du das bedacht, Kabuto?“, fragte ich.
„Es gibt ja wohl keinen Zweifel daran, das Orochimaru-sama einem einfachen Uchiha vollkommen überlegen ist“, sagte Kabuto brüskiert.
„Keinen Zweifel? Du weißt, wo wir hier sind, oder?“
„Wir stehen auf dem See, der nach der Explosion von Guin samt Otogakure entstanden ist.“
„Und zuvor stand hier die geheime Stadt der Moeru. Du weißt, wer sie zerstört hat?“
„Worauf willst du hinaus?“, fragte er misstrauisch.
„Auf einen wichtigen Umstand. Als Akatsuki kam, um die Moeru-Stadt zu zerstören, taten dies Orochimaru und Itachi Uchiha, richtig? Mit Billigung einiger lokaler Daimyos. Zweifellos aber wusste der Uchiha zu dem Zeitpunkt weder von Orochimarus Plänen, Akatsuki zu verlassen, noch von seiner Idee, an dieser Stelle ein neues Ninjadorf zu gründen. Ansonsten hätte Itachi sich gehütet, ihm sein bestes Jutsu vorzuführen.“
„Hn?“
„Ich war mit Shinpachi no Moeru verbunden, von Geist zu Geist. Ich habe gesehen, was er gesehen hat, als die Stadt zerstört wurde. Und ich habe mich mit Asuma darüber unterhalten. Itachi hat schwarzes Feuer, das Amaterasu, eingesetzt. Eine der gefährlichsten Jutsu, die ein Feuernutzer erlernen und anwenden kann, vorausgesetzt, er verfügt über Sharingan. In den letzten einhundert Jahren hatte es niemanden gegeben, der diese Kunst beherrscht. Itachi ist der erste seit dieser Zeit, und damit so mächtig wie ein Kage. Das Amaterasu macht ihn fast unangreifbar, und was immer von diesem Feuer berührt wird, wird vernichtet. Es gibt keine Möglichkeit, es zu löschen. Nur derjenige, der das Jutsu ausgelöst hat, kann es wieder eindämmen. Denkst du wirklich, Orochimaru kann gegen das Amaterasu bestehen?“
Die Kiefermuskeln des Deserteurs mahlten. „Wenn Orochimaru-sama erst einmal über Sasukes Körper verfügt, wird er in der Lage sein, Amaterasu selbst einzusetzen.“
„Und wird das Sasuke Uchiha überzeugen?“, konterte ich.
„Genug davon!“, blaffte er barsch. „Kommen wir zum Thema zurück. Zu den Moerus. Wie ich dir sagte, wünscht sich mein Meister als nächstes nach dem Uchiha einen Moeru-Körper. Dabei schwebt ihm ganz konkret Kishio no Moeru vor, aber im Gegensatz zu den Uchihas hat Kicchan die Chance, seinen Clan wiederzubeleben und, ah, ab und an zur Unsterblichkeit meines Meisters beizutragen. Es muss also nicht sein Körper sein. Ein anderer Moeru täte es auch. Der eines Deserteurs zum Beispiel.“
„Der beispielsweise ins Reich des Schnees geflohen ist“, schlussfolgerte ich.
„Richtig. Kombiniert mit den Jutsu Orochimaru-samas dürfte es dann keinen stärkeren Shinobi geben. Auch ein Kishio no Moeru oder ein Itachi Uchiha nicht.“ Er grinste mich an. „Und ein Mamoru Morikubo erst recht nicht.“
Ich winkte ab. „Glaube ich sofort. Ich wollte eh nie der stärkste Shinobi sein, immer nur stark genug.“
„Und genau da ist dein Denkfehler. Du solltest dir mehr vom Enthusiasmus des jungen Uzumakis abschauen“, tadelte Kabuto.
„Naruto? Wieso, steht er auch auf der Liste jener, deren Körper Orochimaru für sich eingeplant hat?“
Kabuto stockte eine Winzigkeit zu lange. Ich machte mir eine geistige Notiz für den Fall, dass ich Naruto das nächste Mal traf.
„Das steht nicht zur Debatte. Wir wollen einen Kompromiss aushandeln. Mein Meister und ich könnten uns die langwierige Suche im Yuki no Kuni ersparen, um dort einen Moeru zu finden, der uns zusagt. Im Gegenzug enthalten wir uns jedwelcher Spionage und Störaktionen bei deiner Mission. Darauf hast du das Wort deines Sempais.“
„Ach, wie nett. Ich gehe mir damit im Ichiraku eine Schüssel Rahmen kaufen“, knurrte ich. „Was ist für Konoha dabei drin?“
„Wir geben die unfruchtbaren Experimente mit der Moeru-Zucht auf. Ihr könnt dann haben, was wir bis dato zustande gekriegt haben. Unbeschädigt, versteht sich.“
„Und im Gegenzug muss ich Orochimaru einen Moeru im richtigen Alter ausliefern, den dieser in knapp vier Jahren dadurch töten wird, indem er seinen Körper übernimmt.“
„Alle anderen Moeru, einschließlich Kicchan und Shinpachi, gehören dann Konoha. Wir rühren sie nicht an, außer, wir werden von ihnen attackiert.“
„Du weißt, dass ich dem nicht zustimme.“
Kabuto lachte glucksend. „NATÜRLICH weiß ich, dass du nicht zustimmst. Du bist ja auch der miserabelste Shinobi von ganz Konoha. Du würdest nie freiwillig einen deiner Schutzbefohlenen opfern, geschweige denn einen deiner Shinobi, obwohl das ganze Leben von uns Shinobi Kampf und Tod ist. Du würdest versuchen, sie alle zu retten.“
„Das ist nicht richtig. Diese Hände haben schon getötet, und diese Augen haben jene toten Kameraden gesehen, die wegen meiner Befehle gestorben sind“, sagte ich, und meine Stimme klang dabei seltsam brüchig. „Und ich werde es wieder tun, wenn es notwendig ist. Töten und Untergebene in den sicheren Tod schicken. Aber eines werde ich niemals tun: Sie wissentlich opfern, obwohl ich es nicht muss!“
„Du übersiehst die Vorteile. Der Friede, der zwischen dir und deinem Sempai herrscht, könnte auf Konoha ausgedehnt werden. Und alles, was dafür getan werden muss, das ist ab und an das Leben eines Moerus zu opfern. Jedes Jahr sterben ein Dutzend oder mehr Konoha-Nin, die die Verstecke meines Meisters finden und infiltrieren wollen, die uns angreifen. All das können wir sein lassen, Frieden den Vorzug geben.“
Ich hob die Augenbrauen. „In reinen Zahlen ist die Sache klar.“
„Und wir überlassen Kicchan das Labor als Grundstock für die neuen Moerus.“
„Das überzeugt mich nicht“, sagte ich zähneknirschend.
„Meine Worte sind ja auch nicht an dich gerichtet, sondern an Kishio no Moeru selbst. Sobald ihr beide das nächste Mal per Moeru-Kommunikation verbunden seid, wird er von unserem Angebot erfahren. Und im Gegensatz zu dir ist er in der Lage, auch schwierige Entscheidungen zu treffen.“
Treffer. Und das weder im guten wie im negativen Sinn, weil das Pendel in beide Richtungen ausschlagen konnte. Aber es war ein Treffer, definitiv. „Was hindert mich daran, dir hier und jetzt die Information über das Labor rauszuprügeln?“
„Oh, das wäre tatsächlich mal eine Entscheidung wie sie ein richtiger Shinobi treffen würde“, spottete Kabuto. „Aber du fühlst dich zu sehr an dein Wort gebunden. Ich kenne dich, Mamoru.“
„Auch ich habe mal einen schlechten Tag“, knurrte ich angriffslustig.
Kabuto war von Natur ein blasser Hauttyp, aber in diesem Augenblick wurde er aschfahl. Und das wohl nicht nur, als er meine Wut spürte, sondern auch weil Cologne-sama ihren Platz unter meinem Shirt verlassen hatte und nun neben mir auf dem Wasser stand. Ihre kleine Affengestalt platzte dabei fast vor Chakra. „Ich habe ihm gar nichts versprochen, Mamoru. Überlass ihn mir, einverstanden?“
Abwehrend hob Kabuto beide Hände. „Bevor das hier unschön wird, vor allem für mich, gebe ich gerne zu, dass ich mehr getan habe, als zu verhandeln. Ich habe dich manipuliert, denn du wirst die Botschaft überbringen. Um mein freies Geleit zu behalten lasse ich dir ein Geschenk da. Es gibt ein Dort im Westen in den Wäldern des Landes der Reisfelder, nahe der Berge, in dem es Gerüchte über Kicchans Präsenz vor ein paar Jahren gibt.“
„Das ist mir bekannt“, sagte ich. „Das übernehme ich selbst, Cologne-sama. Nur sollte ich sterben, bitte ich darum, dass du mich rächst.“
„Einverstanden.“
„In der Nähe dieses Dorfs gibt es ein geheimes Grab“, fuhr Kabuto stoisch fort. „Als die Moerus ausgelöscht wurden, haben wir einige von ihnen dort bestattet. Mit Wissen der Dorfältesten. Sie sollten den Standort geheim halten und beschützen.“
„Weil?“, fragte ich, kannte die Antwort aber schon.
„Weil das Grab als genetisches Archiv für Orochimaru-samas Forschungen gedient hat. Aber wir brauchen es nicht mehr. Schon lange nicht mehr.“
„Gut.“ Ich entspannte meine Körperhaltung. „Das nehme ich als Preis für dein freies Geleit entgegen. Du hast zwanzig Sekunden Vorsprung.“
Kabuto zögerte nun nicht mehr länger, wandte sich um und verschwand mit Step. Er tauchte am Seeufer wieder auf und verschwand erneut. Im Geiste zählte ich die Sekunden runter. Als ich bei achtzehn angekommen war, formte ich Fingerzeichen. „TAIJU KAGE NO JUTSU!“ Rund um mich entstanden die charakteristischen Rauchwölkchen der Erschaffung von Schattenklonen. Als ich in Gedanken die neunzehn erreicht hatte, war Kabuto sicher schon vier oder fünf Kilometer entfernt. Aber ich hatte vor, ihn noch eine ganze Ecke weiter laufen zu lassen, obwohl ich diesen Raubbau an meinem Chakra noch bereuen würde. Aber den Schrecken hatte sich Orochimarus Leutnant sauer verdient. Rund um mich standen mehr als siebzig Schattenklone meiner selbst.
„Zwanzig!“, kam die letzte Zahl aus über siebzig Mündern. Dann gingen alle meine Schattenklone ins Shunshin, um Kabuto die Hetzjagd seines Lebens zu liefern.
„Und, zufrieden, Cologne-sama?“
Die Affenkriegerin nahm wieder ihre menschliche Gestalt an. „Ich kann nicht sagen, dass ich Kabutos Meinung teile, dass du zu weich bist. Ich würde sogar sagen, dein letzter Zug war regelrecht sadistisch.“
„Man tut was man kann“, erwiderte ich. „Aber machen wir uns nichts vor. Siebzig meiner Schattenklone werden ihm eine schwere Zeit bescheren, aber ihn nicht besiegen können. Er wollte nur runter vom See, bevor der Rest der Truppe eingreifen kann. Und eventuell hatte er Angst vor dir, Cologne-sama.“
„Danke, das hast du schön gesagt.“ Sie strich sich durch ihr seidiges schwarzes Haar. „Meine Fragen sind jedenfalls beantwortet. Du wirst gut auf meinen Ur-ur-ur-Enkel acht geben, das weiß ich jetzt. Ach, stell dich drauf ein, dass ich beizeiten noch mal auf einen Besuch vorbeikomme. Unangekündigt natürlich.“ Die große Frau in der Jounin-Uniform verschwand vor meinen Augen in einer Rauchwolke. Cologne war wieder fort. Zu meiner Überraschung bedauerte ich es. Ihre Kampfkraft hätte in den nächsten Tagen nützlich werden können.

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