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Zum Ende der Seite springen OT: Konoha Side Stories 2 Bewertungen - Durchschnitt: 10,002 Bewertungen - Durchschnitt: 10,002 Bewertungen - Durchschnitt: 10,002 Bewertungen - Durchschnitt: 10,002 Bewertungen - Durchschnitt: 10,00
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Ace Kaiser Ace Kaiser ist männlich
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OT: Konoha Side Stories Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Info:
Ich bin seit Jahren ein Fan von Naruto, und verfolge regelmäßig seine Abenteuer im japanischen Original mit englischen Untertiteln. Dennoch weiß ich nicht annähernd genug über Naruto und seine Welt, um als Experte zu gelten. Ich selbst würde mich als erfahrenen Amateur bezeichnen; wohl auch deshalb weil ich den Manga nicht kenne, und mir deshalb viele Informationen gar nicht zugetragen wurden. Dennoch hält mich das nicht davon ab, ebenfalls in diese Welt einzutauchen. Nur will ich nicht, wie es bei zu vielen Fan-Stories üblich ist, die Hauptcharaktere zu sehr in Anspruch nehmen oder gar belasten. Die ganze Welt von Naruto ist groß und weit, und es gibt so viel zu erleben, so viel zu entdecken, so dass ich mich immer gefragt habe, wie viel wir gar nicht erleben, nicht erleben können. Meine Erzählung hat also wenig mit Naruto selbst zu tun, und setzt, wenn der Plot stabil bleibt, einige Jahre vor der Zeit an, in der er ein Genin wird. Aber meine Helden sind selbst Genin, und ich erfinde sie mit dem, was ich über Konoha weiß. Anschließend entlasse ich sie in Narutos Universum, und hoffe, spannende Geschichten zu schreiben, ohne Naruto zu benutzen, der bei mir im Moment ohnehin erst acht Jahre alt ist, und weniger durch sein Können, als durch das abfällige Geflüster der Älteren und seine eigenen dreisten Streiche von sich reden macht.

Prolog:
Als ich das erste Mal in die Verlegenheit kam, einen Menschen töten zu müssen, war ich gerade einmal zwölf Jahre alt. Jenes Alter also, in dem man von der Akademie abging, um fortan der versteckten Stadt Konoha als Ninja zu dienen, als Genin. Einige Ninja blieben ihr ganzes Leben lang Genin, was nicht zuletzt daran lag, dass die Auswahlverfahren für den nächsthöheren Rang, den Chunin, und den höchsten Rang, den Jounin, unglaublich harsch waren; und außerdem taugten manche Menschen einfach nicht dazu andere anzuführen, oder sie fühlten sich als Befehlsempfänger wohl. Dennoch, mit den ersten Schritten als Genin stehen für jeden die Chancen gleich, eines Tages Jounin, oder sogar Hokage zu werden, Oberhaupt der Versteckten Ninjastadt im Land des Feuers.
Nicht, dass mich das in diesem speziellen Moment interessiert hätte. Nicht, dass ich mich auf etwas anderes konzentriert hätte als auf das maskierte Gesicht mit den stechenden Augen, auf das tödliche Kunai in der Hand meines Gegenübers, und auf sein Zeichen am Stirnband, die vier Wellen, das ihn als Ninja aus Kirigakure auswies. Wie gesagt, ich war zwölf, und er war mindestens dreißig, mir an Körperkraft und Erfahrung weit überlegen. Mein Ende war besiegelt, alleine schon dadurch, dass meine Spezialität das Katon-Jutsu war, also die Kraft, Feuer zu kontrollieren, während mein Feind das traditionelle Suiton beherrschte, das Wasser. Damit war es meinem eigenen Jutsu überlegen, sein natürlicher Feind, und mein Ende erschien unausweichlich.
Wie gesagt, ich hatte gerade erst begonnen, ein Genin zu sein, war noch grün und feucht hinter den Ohren, und eigentlich wurden Neulinge wie ich keinen großen Gefahren ausgesetzt, bis sie wenigstens grundlegend den Unterschied zwischen dem Leben in der Schule und jenem in der Realität begriffen hatten. Damit sie das auch konnten, bekam jedes dreiköpfige Team in den ersten Jahren einen Jounin als Aufpasser und Lehrmeister mit. In meinem Fall war es der ewig kränkliche Schwertkämpfer Gekko Hayate, der rein äußerlich nicht viel hermachte. Aber er war ein Jounin, und die Bedeutung dieses Wortes sollte ich später noch begreifen.
Und wie ich auch schon erwähnte, so wurden uns Neulingen niemals Missionen zugeteilt, deren Gefährlichkeit über einen E-Rang oder in Ausnahmefällen einen D-Rang hinausgingen. Aber es gab leider keine Garantie, dass sich eine E-Mission nicht in ihrem Verlauf in eine B- oder gar A-Mission wandelte, ganz einfach weil die Gefährlichkeit zunahm.

Meine ersten Missionen waren daher auch klassisch gewesen: Entlaufene Haustiere einfangen, um Teamwork zu trainieren, körperliche Arbeit wie Unkraut jäten und Holz hacken, um Fitness und Muskeln aufzubauen sowie Transportmissionen, um für längere Reisen fit zu werden und die Umgebung mit ihren Menschen kennen zu lernen. Mir war trotz meiner Jugend klar, dass wir nicht mit "unwichtigen Missionen, die unserer nicht wert waren", getriezt wurden, sondern das unser Training wie in einem großen Praktikum weiter ging, und deshalb war ich im Gegensatz zu meinen beiden Kameradinnen sehr gespannt auf den Zeitpunkt, an dem die E-Rang-Missionen dauerhaft von denen des D-Rangs abgelöst wurden. Oder wir die erste C-Rang-Mission zugeteilt bekommen würden, sobald Hayate-Sensei meinte, wir wären soweit.
Meine Kameraden nörgelten also, und wollten "richtige Ninja-Arbeit machen", während ich hinnahm was ich nicht ändern konnte und darauf hinarbeitete, dass Team 3 für erfahren genug gelten würde, um vom Sandaime Hokage eine höhere Klassifizierung zu erhalten.
Oh, ich war nicht scharf darauf, meinen ersten echten Kampf zu erleben, Menschen zu verletzen oder zu töten. Welcher Mensch mit genug Verstand war das schon, oder fand sogar Gefallen daran? Aber ich war mit dem vollen Bewusstsein Ninja geworden, dass dieser Beruf tödlich war. Irgendwann einmal für mich, und bis dahin für meine Gegner. Und ich hatte schon mit acht gewusst, dass es Ninjas geben musste. Dass Konohagakure einzig zu dem Zweck existierte, Ninjas auszubilden, zu behausen und für den Schutz des Landes des Feuers bereit zu halten. Auch, um sie für das Land zu opfern. Und ich hatte mich dazu entschlossen, einer von ihnen zu werden. Ninja zu werden, ein stolzer Shinobi Konohas. Soweit meine Planung. Chunin, Jounin, das hatte ich alles schon mal gehört, aber es stand nicht auf meiner mentalen Liste. Ninja zu werden, in einen Einsatz zum Wohle Konohas zu gehen, das war mein Ziel gewesen. Nützlich zu sein, das hatte ich erreichen wollen. Beides hatte ich geschafft, und in diesem einen Augenblick war ich kurz davor, als Genin der Stadt versteckt unter den Blättern zu sterben.

Worum es ging? Ich weiß es nicht mehr. Wir waren jedenfalls mit einer dieser langweiligen Transportmissionen beschäftigt, und noch innerhalb der Grenzen unseres eigenen Landes. Die Angreifer gingen also ein Risiko ein, um uns hier zu attackieren. Das Risiko musste ihnen vertretbar erschienen sein, und ihre Chancen kalkulierbar im Angesicht einer Gruppe blutjunger Genin und nur eines einzigen Jounin, der zudem auch noch aussah, als würde der nächste Hustenanfall ihn umbringen. Sie waren zu acht, und uns damit zwei zu eins überlegen. Vier banden Hayate-sensei, jeweils einer kümmerte sich um uns drei Genin, und der Letzte koordinierte den Angriff, bereit einzuschreiten, wenn etwas nicht so lief wie er es erwartet hatte. Damals konnte ich nicht wissen, dass unser Transport während der Reise von Rang D auf Rang B aufgerückt war. Die Quellen unserer Gegner aus dem Land des Wassers hatten leider ein paar falsche Informationen zusammen getragen, sodass die Ninjas aus dem Dorf hinter dem Blutnebel glauben mussten, wir würden taktisch wichtige Informationen zur Grenzverteidigung transportieren, getarnt als banale D-Mission für ein paar Genin. Natürlich rechneten sie mit einem Backup-Team, vermutlich ANBU, das in so einem Fall einschreiten würde, also trachteten sie danach, die Sache schnell zu beenden. Unsere Leben schnell zu beenden. Und so war ich mit einer Lanze aus Wasser attackiert worden, war zur Seite gesprungen und befand mich nun direkt in der Stoßrichtung des Kunais meines älteren, erfahreneren und schwereren Gegners, hineingetrieben wie ein Fisch in die Reuse, tödlich gezielt auf mein Herz.
Man sagt, wenn ein Mensch stirbt, zieht sein bisheriges Leben vor seinem inneren Auge vor ihm ab wie ein Film. Ich bezweifle das, denn ich kannte nicht viele Leute, die gestorben waren und danach davon hatten berichten können. Oder wollen. In meinem Fall überkam mich eine tiefe innere Ruhe, keine schnelle Abfolge von Bildern meines bisherigen Lebens. Eine Ruhe, und eine prickelnde, sinnliche Erfahrung, die meinen Körper vibrieren ließ. Mehr und mehr schien die Welt in Zeitlupe einzutauchen. Ich sah den Angriff kommen, und ich fühlte mich reagieren, wie ich es beim Training tat. Nur hatte ich mich willentlich zu einer Variante entschlossen, und die Verlangsamung meiner Umgebung verlieh mir die Zeit für eine Entscheidung und ihre Umsetzung. Mein Training hatte mir diese Situation gezeigt, und mich gelehrt, das Kunai mit rechts zu blocken, mich in den Körper des Angreifers hinein zu drehen und ihm den linken Ellenbogen in das Sterngeflecht unterhalb des Brustkorbs zu rammen. Da dies bei einem vierzig Kilo schwereren Mann wenig Erfolg versprach, wandelte ich den Angriff um und machte mir seine Größe und sein Körpergewicht zunutze. Einige wenige Sekunden, vielleicht nur Bruchteile von Sekunden, würde er mein Körpergewicht tragen können, mein ganzes Gewicht mit einer Hand, und mir damit die Basis für einen Angriff geben. Ich ergriff seine angreifende Führungshand, benutzte sie als Anker und schwang mich auf ihr herum, wie im Sportunterricht auf dem Barren oder dem Springbock. Ich riss meine Beine hoch, und mit einer bestimmten Abfolge Zehenbewegungen, die zu beherrschen ich Monate gebraucht hatte, schob sich eine schmale Klinge aus dem rechten Schuh hervor.
Bevor der Angreifer sein Erstaunen darüber richtig verdaut hatte, das ich nicht einfach stehen blieb und mich erdolchen ließ, hatte ich bereits zugetreten; die Klinge drang auf der Höhe seiner linken Halsschlagader ein, und ein heftiger Ruck meinerseits riss eine tiefe Wunde, aus der das Blut einem Schwall gleich schoss. Nun war auch mein linker Fuß in Reichweite. Ich hatte das linke Bein angezogen, und die Hand meines Gegners, noch immer mein Ankerpunkt, erwies mir genügend Rückhalt für den zweiten Angriff. Ich streckte den linken Fuß mit voller Geschwindigkeit zum Tritt wieder aus und traf den Kehlkopf meines Gegners. Ich spürte Knorpel unter meinem Tritt brechen, hörte ihn erstaunt und erschrocken aufgurgeln. Dann riss ich die Klinge aus seinem Hals hervor, wirbelte weiter nach rechts an ihm vorbei, kam nach einer seitlichen Rolle wieder auf die Beine. Noch während ich in die Höhe schoss, langte meine Rechte nach einem meiner eigenen Kunais, und als ich abwehrbereit stand, hatte ich es zur Parier in der Hand. Und ließ die Waffe, plötzlich vollkommen entkräftet, wieder sinken. Langsam, beinahe gequält, ging ich in die Knie, atmete heftig aus und ein, zwang mich wieder ruhiger zu werden.

"Das war ja eine beeindruckende Leistung, Weichkeks", klang die spöttische Stimme von Hanako Yodama auf, der heimlichen Anführerin unserer Gruppe. Sie gehörte einem Nebenzweig des Yamanaka-Clans an, und deren in der Familie vererbte Spezialtechnik war die Kontrolle fremder Körper. Sie hatte in der Sekunde des Angriffs ihren Gegner übernommen und dazu gezwungen, den Befehlshaber außerhalb des Kreises zu attackieren. Der hatte sich zu spät und überrascht gewehrt, und so hatten sie sich gegenseitig erstochen. Danach hatte sich Hanako ein neues Ziel gesucht, aber keines mehr gefunden. Übrigens ein Beweis dafür, dass die Informationen unserer Angreifer fehlerhaft waren, sonst hätten sie sich gegen die Übernahme durch dieses Jutsu besser geschützt, oder jemanden auf Hana-chan gehetzt, dessen stärkerer Wille die Übernahme verhindert hätte.
Sie war im engsten Sinne ein wahrer Hitzkopf und wäre wohl besser als Junge geboren worden. Aber sie war eben auch eine Anführerin, und neben ihren Sticheleien kümmerte sie sich um uns, so gut sie es konnte.
"N-nun lass ihn doch in Ruhe", klang die wie immer verschüchternd klingende Stimme von Karin Akimichi auf, der dritten Genin in unserer Runde. "Er hat seinen Gegner doch besiegt!"
Noch ein Beweis dafür, dass unser Feind nicht vorbereitet gewesen war: das Baika no Jutsu ihrer Familie, in diesem Fall die durch Ninjutsu ins Riesenhafte vergrößerten Hände, hatten ihren Gegner aus der Luft gewischt wie eine Fliege. Er lag zerschmettert vor einem Baum, gegen den sie ihn geworfen hatte. Ihre durch das Jutsu monströs vergrößerten Hände verrieten die Nähe zur Akimichi-Familie, ihr zierlicher Körper hingegen widersprach. Sie entsprach nun überhaupt nicht dem Idealbild der Familie mit dem traditionellen Körper-Jutsu, die gerne mal zwanzig, dreißig Kilo Übergewicht als "gesund" titulierten. Für ein Körper-Jutsu war Masse eben einfach besser, aber bisher hatte Karin sich behauptet. Irgendwie. Andererseits, zwanzig Kilo mehr an dieser Bohnenstange, und man hätte sie auch ohne Jutsu rollen können.
"Gute Arbeit. Ihr alle."Hayate-sensei löste seinen Schattenklon auf, der inmitten seiner niedergestreckten Feinde stand und zog zugleich - außerhalb des Kreises stehend - sein Schwert aus dem letzten Gegner, den er getötet hatte. Schattenklone gehörten zu seinen Spezialitäten. Er versuchte uns diese Kunst immer wieder nahe zu bringen, aber bisher hatte ich lediglich Talent dafür gezeigt zwei, maximal drei normale Doppelgänger zu erschaffen. Niemand bedauerte das mehr als ich selbst.

Ich atmete noch einmal tief durch und erhob mich dann wieder. Das war also mein erstes echtes Gefecht gewesen. Und ich hatte es überlebt. Und meinen Gegner getötet.
Übergangslos fand ich mich erneut auf den Knien wieder und kämpfte hart darum, mein Frühstück im Magen zu behalten. Ich wusste nicht, was mir mehr Übelkeit bereitete: Die Tatsache, einen Menschen getötet zu haben, oder die Leichtigkeit, mit der mir das gelungen war.
Ich spürte Hayate-senseis Hand auf meiner Schulter. "Bist du unverletzt, Mamoru-kun?"
"Mir geht es gut", ächzte ich. "Gleich zumindest."
"Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Es ist nicht leicht, seinen ersten Gegner zu töten." Er klopfte mir anerkennend auf die Schulter und ging neben meinem Gegner in die Knie. Selbstredend hustete er bei dieser Anstrengung asthmatisch. "Sauber erwischt. Du verlässt dich immer noch mehr auf deine körperlichen Fähigkeiten als auf dein Ninjutsu."
"Nicht, dass er das wirklich beherrschen würde", bemerkte Hana-chan amüsiert. "Ich hingegen... Zwei auf einen Streich. Haben Sie gesehen, Sensei?"
"Ja, ich habe es gesehen. Und ich habe es von dir erwartet, Hanako-chan. Es gibt kein Lob dafür, dass man seine Leistung erbringt."
Hana-chan blies frustriert die Wangen auf. Sie war schon immer sehr darauf bedacht gewesen, jede Anerkennung zu erhalten, die sie glaubte verdient zu haben. Sie drängte sich nach vorne, stellte sich aber auch ohne zu zögern vor andere. Man konnte sie lieben oder hassen. Ich war mir persönlich noch nicht sicher, ob ihre positiven Seiten ihre negativen aufwogen.
"Ist wirklich alles in Ordnung mit dir, Mamoru-kun?", fragte Karin schüchtern. Sie sah mich besorgt an und legte mir dabei ihre Rechte auf die Schulter.
Ich wusste nicht warum die Mädchen ihre ersten getöteten Feinde so gut wegsteckten; vielleicht stimmten die Gerüchte, und Mädchen waren von Natur aus grausamer. Vielleicht waren sie auch nur einfach entschlossener, und immerhin brauchten sie sich keine Schuldgefühle einreden zu lassen. Wir waren überfallen worden. Auf unserem Land. Von ausländischen Shinobi. Warum es mich so mitgenommen hatte, wusste ich damals nicht zu sagen. Aber leichter wurde es nie. Ich hatte nur gelernt, die Zweifel und den Schmerz auf später zu verschieben.
Langsam erhob ich mich. Die Übelkeit ging vorbei. Nüchtern stellte ich fest, dass ich drohte, für Team 3 der Klotz am Bein zu werden, das Anhängsel. Und das war etwas, was ich niemals wollte. Also kämpfte ich die Gefühle, das Entsetzen, nieder. Ich war ein Ninja von Konohagakure, und ich war seit vier Jahren darauf trainiert worden, eines Tages im Kampf zu stehen und meine Feinde zu überleben. "Ich bin in Ordnung. Nur etwas schockiert. Der Angriff kam so plötzlich."
"Gewöhne dich dran. Angriffe von Ninjas kommen immer plötzlich", sagte Hanako, wieder dieses amüsierte Grinsen im Gesicht.
"Richtig. Und da wir nicht wissen, ob diese Gruppe ein Backup-Team hat, brechen wir die Mission hier ab und ziehen uns zurück." Sensei hustete laut und vernehmlich.
"Die Mission abbrechen? Aber wir sind fast da!", begehrte Hanako auf. "Wir können fast liefern!"
Das war neben ihrem losen Mundwerk und ihrer Arroganz, geboren aus ihren Fähigkeiten, ihr zweiter großer Fehler: Eine Mission abzuschließen bedeutete, dafür bezahlt zu werden. Und ich hatte selten ein geldgierigeres Biest als Hanako Yodama erlebt.
Senseis Hand legte sich auf den Gegenstand, den wir hatten liefern sollen. Bisher hatte ich ihn als Stärkster der Genin getragen. Als er sich den schweren Rucksack überwarf, wusste ich, wie ernst er die Situation einschätzte. Damals hatte ich noch nicht einmal annähernd so viel Vertrauen in ihn gehabt, wie er in den folgenden Jahren erwerben sollte. Aber er war der Jounin, und wenn dieser Titel irgend etwas wert war, dann sicherlich die Erkenntnis, dass es Sinn machte, auf ihn zu hören.
"Nein!", sagte er schlicht. "Wir verschwinden sofort von hier."
"Ich kann ihn fast selbst ausliefern!", keifte Hana-chan beinahe ein wenig hysterisch. Sie hatte noch nie verlieren können, und aufgeben bedeutet für sie immer auch versagen. Dinge wie "zweite Chance" kannte sie nicht.
"Wir gehen", sagte Sensei erneut mit seiner ernsten Stimme und ging voran, den Weg nach Konoha zurück.
"Aber... Aber... Sensei!"
Ich schloss mich ihm wortlos an. Und, nach einem Moment des Zögerns, schloss auch Karin zu uns auf. Dies brachte nun auch Hanako dazu, nach einem Wutschnauben, das sich gewaschen hatte, endlich zu uns aufzuschließen.
"Und was ist mit den Leichen?", fragte Karin leise, fast unhörbar.
"Wir kümmern uns darum. Ihre Verletzungen verraten zu viel über unsere Kampfkunst. Das können wir uns nicht leisten." Sensei klopfte mir auf die Schulter. "Dein Part, Mamoru-kun."
Ich nickte und blieb stehen. Langsam wandte ich mich um, zurück zu den toten Shinobi aus dem versteckten Dorf des Nebels. Ich wusste, dass sie ein hartes Auswahlkriterium hatten, am Ende ihrer Laufbahn einen anderen Schüler töten mussten, und deshalb als die härtesten Shinobi galten. Aber nach dem heutigen Tag war mir klar, dass Gnadenlosigkeit noch keine Stärke war, und dass der Gedanke, zu den Besten zu gehören, unvorsichtig und verletzlich machte.
Ich hörte, wie die anderen stehen blieben, um mir zu zu sehen. Das machte es nicht gerade leichter. Aber letztendlich war mein Element das Feuer, und auch wenn ich im Kampf mein Katon-Jutsu fast nie anwendete, so beherrschte ich es doch im ausreichenden Maße.
Ich sammelte mein Chakra, ein Vorgang, der mir unendlich lange zu dauern schien. Dann holte ich tiefen Atem, füllte die Wangen mit Chakra meines Elements. Für einen Augenblick meinte ich spüren zu können, wie mein Mund in Flammen stand, dann spie ich einen Feuerball aus, der über das Feld auf den ersten toten Gegner zuflog. Noch bevor ich die Leiche in der heißen Flamme meines Ninjutsus aufgehen sehen konnte, schleuderte ich einen weiteren Feuerball, einen dritten, vierten, fünften, bis alle acht Leichen brannten, und unsere Kampfspuren an ihnen eindrucksvoll verwischten. Auch das war etwas, was ich nicht gerne getan hatte. Aber es war eine würdigere Handlung gewesen, als sie einfach liegen zu lassen, wie es Shinobi in dieser Welt viel zu oft geschah. Langsam wandte ich mich wieder um, nachdem ich sicher sein konnte, dass mein Feuer alles verzehren würde. "Wir können gehen", sagte ich seltsam tonlos, selbst für meine eigenen Ohren.
"Ich bevorzuge laufen", sagte Hayate-sensei, "denn die Rauchsäulen deiner Flammen sind noch im weiten Umkreis zu sehen. Und acht Rauchsäulen werden dem, der die Zeichen zu deuten weiß, einiges darüber erzählen, wo er seine Leute finden wird."
Da hatte Sensei Recht. Also begannen wir zu laufen.

Wenn ich eines in dieser Situation gelernt hatte, dann sicherlich, dass man niemals und an keinem Ort wirklich sicher war. Nicht im eigenen Land, nicht einmal in der eigenen Stadt. Versteht mich jetzt nicht falsch, ich war nie Paranoiker. Und die Wahrscheinlichkeit, im eigenen Land vom Feind überfallen zu werden ist immer noch geringer als in einem Lastkarrenunfall zu sterben. Aber sie ist vorhanden, wird es immer sein. Und deshalb sollte man immer ein wenig zur Abwehr bereit sein. Jederzeit und überall. Das ist es, was den Weg des Shinobi auszeichnet. Keine übertriebene Angst vor dem eigenen Schatten, aber eine gewisse Grundanspannung, und eine feine Ahnung der Umgebung, permanent. Natürlich besaß ich sie damals nicht in dem Maße, in dem Hayate-sensei sie bereits erworben hatte, und das ganze Adrenalin meines ersten Kampfes machte meinen Kopf nicht gerade klarer. Aber als Sensei mitten im Lauf stockte, tat ich dies auch, und spürte gleich darauf etwas anderes, bedrohliches. Wir wurden verfolgt. Noch schlimmer, wir wurden bedroht. Und die ultimative Steigerung war: Wir wurden angegriffen. Ich erkannte sofort, dass unser Gegner nicht versuchte, uns unter Genjutsu zu legen. Auch wenn ich nie eine große Affinität dafür hatte, diese Kunst selbst anzuwenden, so spürte ich sie doch recht deutlich. Was eventuell an der Nähe zu Hanako lag, die mehr als einmal versucht hatte, meinen Körper zu übernehmen, um mich zu piesacken. Nicht, dass ich jedes Genjutsu erkannt oder gar abgewehrt hätte, aber sicherlich die meisten, eventuell bis zu den Fähigkeiten eines Chunin. Andererseits war es nicht besonders schwer, die aggressive Aura, die bis zu uns durchschlug, als solche zu identifizieren, und nicht als Genjutsu misszuverstehen.
"Wie viele?", fragte Hanako, während sie automatisch in Abwehrhaltung ging.
Ich schluckte. Als Team 3 zusammengestellt worden war, folgte man einer sich selbst erhaltenden Tradition. Man steckte nur zu gerne jeweils einen Angehörigen Körperjutsu-Beherrscher der Akimichi, einen Mentaljutsu-Beherrscher der Yamanaka und einen Schattenbeherrscher aus dem Nara-Clan zusammen, um die Kombination der natürlichen Fähigkeiten voll auszuschöpfen. Dies tat man, um das legendäre Ino-Shika-Cho-Team zu imitieren, jenen Shinobi, die heute als die Oberhäupter ihrer Clans bekannt waren. Diese Shinobi-Gruppe hatte sich einen legendären Ruf erworben, weit über die Grenzen Konohas und des Landes des Feuers hinaus. Da ich über meinen Vater mit dem Nara-Clan weitläufig verwandt war, hatte man mich mangels eines Nara-Abkömmlings in meinem Jahrgang in diesem Team eingespannt. Meine sensorischen Fähigkeiten und meine Taijutsu-Begabung sollte hierbei das fehlende Talent, Schatten zu manipulieren, kompensieren.
Die Zeit sollte später zeigen, dass unser halbherziges Imitat der Ino-Shika-Cho-Legende dennoch ihren Erfolg haben würde. Aber bis dahin war es ein langer, tränenreicher und gefährlicher Weg für uns alle. Und für Hayate-sensei... Aber ich schweife ab.
"Einer." Ich spürte den Feind, allerdings nur einen Feind. Falls ich das Tier, das er beschworen hatte, nicht als einen zweiten Gegner rechnete. Das musste das Backup-Team des Gegners sein, der uns attackiert hatte. Und dieser Gegner musste sich sehr sicher fühlen, wenn er uns angriff, nachdem wir gerade erst acht Genin ausgeschaltet hatten. Das ließ auf eine arrogante Persönlichkeit schließen, auf versteckte Verstärkungen, die eingreifen würden, sobald wir im Kampf gebunden waren. Oder auf jemanden, der sich ausrechnete, gegen uns zu gewinnen. Mit anderen Worten, wir hatten es mit einem Jounin zu tun.
Hayate-sensei nickte mir bestätigend zu, während seine Rechte langsam zum Schwertgriff glitt. Mit der Linken zog er den Rucksack vom Rücken und gab ihn mir zurück. "Mamoru-kun, du führst die Gruppe zurück. Noch eine Stunde, dann habt Ihr die Patrouillen von Konoha erreicht. Ein ANBU-Team wird euch ab dort decken."
"Moment mal, warum soll uns Mamo-chan zurück führen?", ereiferte sich Hanako verärgert.
"Weil du in deinem Eifer nach ein paar hundert Metern zurückkehren würdest, um mir zu helfen, Hanako-chan", sagte Hayate-sensei mit einem ironischen Tonfall. "Aber du kannst mir hier nicht helfen. Keiner von euch kann mir helfen. Ihr seid mir jetzt eine Last, wenn ich auch noch auf euch aufpassen muss. Mamoru-kun versteht das. Du nicht, Hanako-chan."
"Aber...", begehrte sie auf.
Ich hingegen nickte. Im Gegensatz zu Hana-chan neigte ich eher selten dazu, dem Sensei zu widersprechen, oder ihn gar offen zu kritisieren. Geschweige denn seine Anweisungen abzuschmettern. "Wir gehen, Karin."
Die junge Akimichi nickte mir zu, und zusammen setzten wir den Weg fort.
"Aber... Aber... Aber..." Ein frustrierter Laut folgte, und mit einem Satz hatte Hanako zu uns aufgeholt. "Wehe, Sie sterben, Sensei! Das verzeihe ich Ihnen niemals!", blaffte sie über die Schulter zurück. Ich hätte beinahe geschmunzelt, denn ich hörte die Angst in ihrer Stimme, Angst um den Sensei, den sie doch so verehrte. Und das machte sie trotz ihrer polterigen, bestimmenden Art doch irgendwie sympathisch. "Keine Angst", sagte ich mit Nachdruck in der Stimme, "kein dahergelaufener Jounin kann unseren Sensei besiegen."
"Wer hat denn hier Angst?", blaffte sie zurück.
Hinter uns hörten wir Bäume zerbrechen, hörten die dumpfen Laute, mit denen umgeworfene Baumkronen zu Boden krachten, spürten die Erschütterungen. Wir sahen über unsere Schultern hinweg und erkannten ein gigantisches Reptil, das, mit einem Shinobi auf dem Kopf, Hayate-sensei attackierte. Es wirkte wie ein übergroßes Chamäleon, das es eventuell auch war. Doch da waren wir auch schon außer Sicht. Und der eigentliche Kampf begann.

Als wir eine Stunde später tatsächlich die Vorpostenkette erreichten, löste unsere Meldung Hektik aus. Noch bevor wir unseren Fuß über die Pforte nach Konoha setzten, sandte die Stadt zwei ANBU-Teams als Verstärkungen aus. Ein so dreister Angriff einer anderen Nation mitten im Herzen des Feuerlandes war eine Provokation sondergleichen. Zu schwer um sie zu ignorieren, zu schwer, um nicht mit aller militärischen Härte darauf zu antworten. Wenn Sensei noch lebte, wusste ich in diesem Moment, dann würden sie ihm helfen, ihn retten. Und wenn er nicht mehr lebte, erkannte ich, dann hatte er eines der Vorrechte eines Anführers ausgeführt, die Konoha kannte.
Das erste Vorrecht jedes Shinobi, der andere befehligte, war, seine Untergebenen in den sicheren Tod zu schicken. Manchmal erforderte die Situation solch ein Opfer und verhinderte den Tod Dutzender, vielleicht hunderter oder gar tausender Menschen.
Das zweite Vorrecht war, sein eigenes Leben zu riskieren, um jenes seiner Untergebenen zu retten. Und genau das hatte Hayate-sensei getan. Und bange fragten wir uns, ob er überlebt hatte.
Wir wurden sofort weiter befohlen, und Kamizuki-sensei geleitete uns direkt zum Sandaime-Hokage. Sarutobi-sama empfing uns in seinem Büro, nicht in der Registrationsstelle für Aufträge. Bei ihm war ein ANBU mit Wolfsmaske, der schweigend zuhörte, während wir unseren Bericht abgaben. Der Hokage lauschte geduldig, fragte nach und kitzelte Details aus uns heraus, an die wir uns bewusst gar nicht mehr erinnerten. Vor allem interessierten ihn Details zum beschworenen Tier unseres letzten Angreifers. Bevor wir uns versahen, war über eine Stunde vergangen.
"Eine unglaubliche Dreistigkeit", sagte der Hokage schließlich, und der ANBU nickte bestätigend. "Allerdings erscheint mir einiges an der Geschichte nicht stimmig. Angefangen beim Auslöser dieser Attacke." Nachdenklich hielt der Hokage den Gegenstand in Händen, den wir hatten transportieren sollen, einen Kunstgegenstand, der mehr einen ideellen als einen tatsächlichen Wert hatte. "Und weiter bei der tatsächlichen Identität der Angreifer."
Der ANBU räusperte sich. "Ein Ablenkungsmanöver können wir ausschließen. Was immer die Angreifer erreichen wollten, sie hatten geplant, Team 3 im ersten Ansturm auszulöschen. Das nützt nicht viel, wenn sie damit von einer anderen Aktion ablenken wollen."
"Also ging es ihnen tatsächlich um das hier? Oder darum, einen Jounin auszuschalten?", fragte der Hokage nachdenklich.
"Niemand schaltet unseren Sensei aus!", sagte Honoka ärgerlich. "Schon gar nicht so ein dämlicher Ninja aus dem Dorf im Nebel!"
Darauf erwiderte der Hokage nichts. Er sah sie nur an, und irgendwann begann er zu schmunzeln. "Ich muss euch drei loben. Ihr habt gegen überlegene, ältere und erfahrene Shinobi gesiegt. Ihr habt gekämpft, wie man es von einem Shinobi Konohas verlangen kann. Und Ihr habt in dieser Mission stets die richtigen Entscheidungen gefällt." Durch das Bürofenster konnten wir einen Falken sehen, der über der Stadt kreiste; genau in diesem Moment stieß er schrille Schreie aus.
Das Schmunzeln wich einem breiten Lächeln. "Und gerade wurde mir gemeldet, dass Hayate-san seinen Kampf gewonnen hat, und auf den Weg zurück nach Konoha ist. Damit dürfte diese unerfreuliche Episode abgeschlossen sein."
"Uff", sagte ich erleichtert. Ich hatte damit gerechnet, aber im Hinterkopf war da immer noch der Gedanke gewesen, die Option, dass Hayate-sensei doch hätte getötet werden können. "Dann ist alles in Ordnung."
"Idiot!", blaffte Hanako mich an und schlug mir gegen den Hinterkopf. "Du hast doch nicht ernsthaft auch nur eine Sekunde geglaubt, Sensei würde sterben?"
"Kein Grund, mich gleich zu schlagen", beschwerte ich mich und wandte mich zu ihr um. Ihr Gesicht war tränenüberströmt, und es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre ihr auch noch der Rotz aus der Nase geflossen. Karin flossen die Tränen der Erleichterung wie Wasser die Wangen hinab, aber merkwürdigerweise gelang es ihr dabei, wie der strahlende Morgen zu lächeln.
Ich versuchte zu lächeln. "Nicht eine Sekunde habe ich geglaubt, irgendjemand wäre dem Sensei gewachsen, Hana-chan."
"Wirklich?", fragte sie merkwürdig sanft und zog deutlich hörbar den Rotz hoch.
"Wirklich", erwiderte ich mit fester Stimme. Himmel, warum musste ich auf einmal der Starke sein?
"Was mich angeht, so habe ich alles erfahren, was ich wissen wollte", sagte der Hokage, noch immer lächelnd. "Ihr seid entlassen. Und wenn Ihr euch beeilt, könnt Ihr Hayate-san noch am Tor in Empfang nehmen."
Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Nach einer mehr als kurzen Verbeugung verließen wir das Büro des obersten Ninjas von Konoha im Laufschritt. Wir schafften es tatsächlich rechtzeitig, am Tor zu sein, als Hayate-sensei es in Begleitung eines ANBU-Teams überschritt. Bei uns dreien schwappte die Erleichterung über uns hinweg, und wir stürzten, erleichtert, froh und zufrieden mit dem Universum, Sensei in die Arme.
Das war der glückliche Epilog unseres ersten Kampfes. Und es sollte nicht der Letzte gewesen sein.

(Aus der Geschichtensammlung von Mamoru Morikubo, Konoha: Chunin und dann? Erinnerungen eines Shinobi.)


1.
Aufbruch

Man kann es durchaus unglaublich nennen, wenn man den jungen Burschen betrachtet, der ich mit zwölf Jahren war, und dann den Jungen ansah, der ich mit vierzehn geworden war. Zwei Jahre Dienst als Genin hatten mich verändert. Ich war gewachsen, und das bezog sich nicht nur auf meine Körpergröße. Die meisten Missionen, die Team 3 zugeteilt bekam, waren mittlerweile C-Rank, und einige von ihnen waren nachträglich auf B hochgestuft worden, weil sie sich als gefährlicher entpuppt hatten, als sie eingeschätzt worden waren. Mit der Routine kommt die Erfahrung. Viele Dinge geschehen automatisch. Man überlebt automatisch, und man wird dadurch besser. Ein wichtiger Punkt, denn auch die Gegner werden besser. Das liegt in der Natur der Sache, wenn der Gefahrenlevel der Missionen an die Erfahrung angepasst wird.
Als ich vierzehn war galt ich schon als vollwertiger Ninja. Im dritten großen Krieg wäre ich an der Front eingesetzt worden, hätte mich in großen Schlachten beweisen müssen, die unsere Aufträge wie ein Zuckerschlecken erscheinen ließen. Schlachten, die kleine Lichter wie mich, wenn nicht in der ersten, dann aber in der zweiten oder dritten Mission verschlangen und nie wieder preis gaben.
Der dritte große Ninja-Krieg war ein Moloch gewesen. So hatte man es mir in der Schule beigebracht. Und er hatte nicht nur Genin wie mich verschlungen, sondern auch den Zweiten Hokage. Manche stilisierten die Kämpfe, sprachen von großartigen Helden, tapferen Shinobi, die sich für ihre Kameraden geopfert hatten, von Ruhm und Ehre. Ich hingegen vermutete, dass es ähnlich wie bei den Missionen von Team 3 zugegangen sein musste. Heftig. Blutig. Brutal. Und anschließend war jemand tot. Das war nicht die populärste Sicht der Dinge, aber als ich einmal mit dem Hokage darüber geredet hatte, da hatte er leise gelacht, mir über den Kopf gestreichelt und gesagt, ich solle diese Sicht der Dinge nie aus den Augen verlieren. Denn wenn ich einen Kampf, wenn ich einen Opfertod nicht heroisierte, dann würde ich an mein Überleben denken, und ein Ninja nützte seiner Stadt am Meisten, wenn er überlebte und ihr weiterhin diente. Abzüglich einiger Ausnahmen, die zu erkennen ich jedoch seiner Meinung nach noch zu jung war.
Na, Schwamm drüber. Heutzutage gab es keine großen Kriege wie den dritten Krieg nicht mehr. Es kam durchaus noch zu kleineren und größeren Scharmützeln zwischen den Ninja-Dörfern, denn selbst wenn wir Shinobi Frieden hielten, galt das nicht immer für die Staaten, denen wir dienten. Aber die Gefahr eines allumfassenden Krieges, der alle fünf großen Nationen und die kleineren mit den nicht so wichtigen oder kampfstarken Ninja-Dörfern umfasste, war seit dem Ende des letzten Krieges nicht mehr so wahrscheinlich. Vielleicht würde es bald einen vierten großen Krieg geben, vielleicht brach er aber auch erst aus, wenn ich nicht mehr lebte. So dachte ich damals. Ich hatte den vierten Krieg ja nicht herbei gesehnt, und ich hatte auch nicht ahnen können, wie merkwürdig er sein würde... Aber ich schweife ab.

Jetzt, im Nachhinein, da denke ich manchmal über den kleinen vierzehnjährigen Ninja nach, der von Hayate Gekko langsam an den wahren Ernst des Lebens herangeführt wurde, der in Ninja-Kämpfe ebenso verwickelt wurde wie in solche gegen Schwertkämpfer, Samurai, Banditen, Ronin, und wie sie alle hießen und waren. Ich hielt mich damals für überlegt, abgeklärt. Nicht so impulsiv-kindlich wie Hana-chan, und nicht so verschreckt-schüchtern wie Karin-chan. Punktum, ich hielt mich für einen Erwachsenen. Immerhin hatte ich schon erwachsene Ninja getötet, wie es meine Aufgabe war. Und nicht nur sie, ich hatte auch schon andere Menschen getötet; manche, die ich nicht getötet hatte, waren später per Gerichtsurteil hingerichtet worden. Das war genauso gut wie sie eigenhändig umzubringen. Zumindest dachte ich es damals. Und damals versuchte ich auch, mein Entsetzen und meine Angst zu verbergen, mir nicht anmerken zu lassen wie schwer mir das Töten fiel. Hana-chan und Karin-chan konnte ich damit täuschen, aber nicht Sensei. Er wusste es, und ich wusste, dass er es wusste. Wenn ich heute von mir sage, ich sei abgeklärt, erfahren und routiniert, ist das genauso richtig und falsch wie damals. Doch trennen diese Zeiten über dreißig Jahre an Lebenserfahrung. An Kampferfahrung. Meiner Kampferfahrung.
Wenn ich könnte, würde ich meinem jüngeren Ich über den Abgrund der Zeit zurufen, dass Angst zu haben, Zweifel zu haben vollkommen normal war. Und... Dass es sich lohnte, wirklich lohnte, ein Ninja Konohas zu sein.
***
"Wieso das denn nicht?", fragte Hana-chan aufgebracht, blies die Wangen auf und sah mich ärgerlich an.
"Wieso was nicht?", fragte Hayate-sensei, der wie immer fünf Minuten zu spät zu unserem Treffen kam. Er erwiderte Karins schüchterne Begrüßung, und wandte sich Hanako und mir zu.
Hanako, groß, blond und wütend, stieß beinahe Stirn an Stirn mit mir. Das war etwas, was ich gelernt hatte. Wollte ich mich von der energischen Furie nicht unterbuttern lassen, musste ich gegen halten. Mit voller Kraft.
Sie sah zu Hayate-sensei herüber und deutete anklagend auf mich. "Sensei, Mamo-chan will nicht mitmachen!"
"Will bei was nicht mitmachen?", fragte er irritiert.
"Beim Chunin-Examen", sagte sie ärgerlich und verschränkte trotzig ihre Arme vor der Brust.
Er beobachtete uns ein wenig verwundert. Kurz ergab er sich einem Hustenanfall, und nachdem er den überstanden hatte, räusperte er sich kräftig. "Das Chunin-Examen?"
Hanako nickte heftig. "Genau. Letztes Jahr haben wir wegen ihm schon ausgesetzt. Und dieses Jahr will er schon wieder nicht, dieser... Dieser..." Das Wort "Feigling" lag in der Luft, und ich hätte es ihr nicht verdenken können, wenn sie es ausgesprochen hätte.
"So, so." Hayate-sensei setzte sich umständlich auf die kleine Holzbank, ließ seinen Blick über den Park schweifen und lehnte dann den Kopf gegen die halbhohe Steinmauer hinter sich. "Du willst also kein Chunin werden, Mamoru-kun."
"Ach was, kein Chunin werden! Er hat Angst, dass er die Prüfung nicht schafft! Ist doch so, nicht, Karin?"
Die Angesprochene sah mit ängstlich flackernden Augen zu uns herüber. Einerseits vergötterte sie die große, blonde und stattliche Hanako, verehrte ihr Temperament und ordnete sich ihr beinahe bedingungslos unter. Andererseits aber hing sie an mir wie an ihrem großen Bruder, aus Gründen, die mir damals nicht verständlich waren. Deshalb saß sie zwischen den Stühlen. "I-ich glaube nicht, dass Mamo-chan Angst hat", sagte sie schließlich mit schwacher Stimme. "Aber vielleicht schafft er die Prüfung wirklich nicht."
Ich lachte amüsiert und schnaubte dabei durch die Nase. An der Prüfung konnte nur eine komplette Drei Mann-Zelle teilnehmen, ungefähr bis zur Hälfte des Auswahlverfahrens. Ab dort kam es zu Einzelkämpfen. Zuerst wurden die Prüflinge gefiltert, klassifiziert und sortiert. Dann wurden sie noch einmal nach Ninja-Aspekten sortiert. Und dann oblag die Ernennung zum Chunin einem Team erfahrener Ninjas, viele von ihnen Jounin, um zu beurteilen, ob ein Ninja das Zeug zum Chunin hatte. Also selbst wenn man sich durchkämpfte, wenn man anschließend selbst gegen seine Teamkameraden antrat, wenn man als Letzter übrig war, hatte man noch nicht das Chunin-Diplom in der Tasche. Dazu kam, dass die Chunin-Prüfung gefährlich war. Sehr gefährlich. Genauso wie der Beruf eines Ninjas, und deshalb fand ich das gerecht.
Ich hatte nicht wirklich Angst vor der Prüfung. Genauso wenig wollte ich meine Teamkameraden im Stich lassen oder ihnen zur Last fallen - was ich seit dem ersten Kampf gegen die Ninjas aus dem Nebel niemals gewesen war - aber ein anderer Aspekt machte mir mehr als Angst. Ein Chunin war nicht einfach irgendein Ninja. Es war keine höhere Soldstufe, keine Auszeichnung, die man als Marke auf der Kampfweste trug. Es war eine Beförderung. Von einem Chunin wurde erwartet, dass er das Gleiche tat wie Hayate-sensei für uns: Teams führte, Missionen ausführte, für andere Ninjas Verantwortung übernahm. Chunin, das war ein magisches Wort, wie Jounin, es bedeutete Anerkennung und Ehre. Ein Chunin zu sein bedeutete einen beruflichen und gesellschaftlichen Aufstieg, und genau das wollte Hanako, genauso wie die höherrangigen Missionen, die Chunin zugeteilt wurden - weil sie besser bezahlt wurden. Und mir war klar, dass sie wusste, dass ein Chunin mehrere Genin in gefährliche Aufträge führen musste. Ein Umstand, der ihrer Persönlichkeit entsprach. Es gehörte zu ihrem Charakter, andere nach Herzenslust herum zu scheuchen. Aber es war nicht meine Art, andere herum zu kommandieren, auch wenn ich mich als Senseis Stellvertreter öfter bewährt hatte als Hanako und Karin. Mit vierzehn fühlte ich mich jedenfalls noch nicht dazu bereit, andere Ninjas in den Kampf oder sogar in den Tod zu schicken. Und dazu kam auch noch, dass das diesjährige Chunin-Examen in Kumogakure stattfinden würde, dem Ninjadorf unter den Wolken. Nun, es war klar, dass die kostspieligen, aber sehr wichtigen Chunin-Examen gepoolt, also zusammengefasst wurden, und die Chunin-Prüflinge nicht nur der fünf großen Nationen, sondern aller dreißig Dörfer gemeinsam in einem großen Verfahren auf ihre Tauglichkeit geprüft wurden. Und mir war klar, dass aus dem letzten Krieg etliche Ressentiments existierten, die keines der großen Dörfer wirklich zu einem Freund Konohas machte, aber die Stadt Kumo war mir besonders unsympathisch. Seit einer ihrer Agenten versucht hatte, Hinata Hyuuga zu entführen, daran gescheitert war, und trotzdem der Tod eines hochrangigen Hyuugas gefordert und erbracht worden war, um einen erneuten Krieg zu vermeiden und den wackligen neuen Frieden zu sichern. Abgesehen von der Frechheit und Dreistigkeit der ganzen Aktion, den politischen Verwicklungen und vielen anderen Dingen, die mir Kopfschmerzen bereiteten, mochte ich alleine den Namen des Ortes nicht. Und freiwillig hingehen würde ich ohnehin nicht.
"Ich gehe nicht nach Kumogakure!", sagte ich ärgerlich.
"Ah, darum geht es also!", rief Hanako verärgert. "Deine dämliche Solidarität mit Kou Hyuuga! Kannst du nicht auch mal was für dich selbst bestimmen? Oder willst du nie Chunin werden?"
"In drei Jahren sind die Prüfungen in Konoha", wandte ich ein. Und ich hielt es für eine plausible Variante. Zumindest für ein paar bange Sekunden.
"SOLANGE KANN ICH NICHT WARTEN!", blaffte sie wütend. "Sensei, sag doch auch mal was! Einem Ninja muss so etwas doch egal sein! Er muss da doch drüber stehen können! Er muss doch den Auftrag erfüllen, egal was er persönlich denkt und fühlt! Er muss..."
"Die Anmeldung", unterbrach Hayate-sensei den Redefluss Hanakos, "erfolgt immer als Gruppe. Das liegt nicht daran, dass wir irgendwelche Traditionen bewahren wollen oder möchten. Im ersten Teil der Prüfung ist es für jeden anderen als ein eingespieltes Team jedoch zu gefährlich. Ihr müsst begreifen, dass Ihr in der Chunin-Prüfung durchaus gezwungen sein werdet, um euer Überleben zu kämpfen. Und dass Ihr dafür töten müsst. Vielleicht sogar Kameraden aus Konoha."
Das ließ mich triumphierend lächeln und Hanako entsetzt erstarren. Aber ich hatte Sensei unterschätzt.
"Aber die Chunin-Prüfung ist sehr wichtig für uns. Denn wenn wir aus denen, die das Talent haben, kein Anführer für unsere Shinobi machen, stagnieren wir und werden angreifbar. Verwundbar. Dann gefährden wir uns selbst. Und wenn wir uns selbst gefährden, steht nicht nur die Existenz der Shinobi Konohas in Frage, dann ist jeder unserer Bürger direkt mit dem Tod bedroht."
Nun waren die Rollen vertauscht, Hanako grinste triumphierend, und ich war entsetzt. Natürlich, so hatte ich es selbst nie gesehen, nicht bis zu diesem Moment.
"Was ich sagen will, ist, dass jeder Ninja Konohas nicht nur die Pflicht hat Befehle zu befolgen und dem Dorf, und damit dem Land des Feuers zu dienen." Senseis Augen ruhten schwer auf mir. "Ein Shinobi hat auch die Pflicht, so er die Fähigkeiten dazu hat, ein Anführer zu werden und Ninja in der Schlacht zu befehligen. Jeder muss so weit voran schreiten, wie es seine Fähigkeiten zulassen, denn wenn er das nicht tut, werden Schlechtere als er seine Aufgaben erfüllen und die Leben ihrer Untergebenen gefährden. Und dann wird es unnötige Tote geben, nur weil jemand nicht den Platz eingenommen hat, den er eigentlich einnehmen muss."
Das triumphierende Grinsen Hanakos wurde breiter. "Siehst du? Also müssen wir zum Chunin-Examen! Es ist unsere Pflicht!"
"Das Chunin-Examen", unterbrach Sensei sie, "ist eine wichtige und gefährliche Sache. Manche Genin treten es nie an, manche versuchen ihr ganzes Leben Chunin zu werden, und scheitern doch immer wieder. Es kann immer nur einige wenige Chunin geben, und aus ihren Reihen rekrutieren sich die Jounin, von denen es noch weniger gibt. Aber sich nie an der Prüfung zu versuchen ist Verschwendung. Nicht für jeden Genin. Ich kenne viele von ihnen, die einen guten Job machen, respektiert werden und ihre Aufgaben hervorragend erfüllen. Doch sie können nicht führen. Vielen von ihnen hätte ich nie geraten, das Chunin-Examen zu versuchen. Wenn sie es nie, oder nie wieder tun, ist das nur gut für Konoha. Aber andere, die sollten das Examen probieren. Ganz einfach weil es ihre Pflicht ist." Er lächelte ins Rund, nur um erneut einen Hustenanfall zu bekommen, an dem er schwer laborierte. Schließlich versuchte er sich an einem Lächeln. "Ihr drei, Mamoru-kun, Hanako-chan, Karin-chan, müsst am Chunin-Examen teil nehmen. Jeder von euch hat das Potential, eines Tages ein Chunin zu werden. Und selbst wenn Ihr es dieses Jahr nicht schafft, so wird die Prüfung doch eine gute Erfahrung sein. Und ich denke auch, dass Ihr sie überleben werdet."
Bei Senseis letzten Worten ging ein Schauder über meinen Rücken. Verständlicherweise. Andererseits verstand ich den Sinn seiner Worte sehr wohl. Dann tat ich das, was ich heute nicht so recht einordnen kann - Fehler oder kein Fehler? "Also gut, dann machen wir halt dieses dämliche Chunin-Examen", sagte ich resignierend.
"Juhuuu!", rief Hana-chan, und hing mir plötzlich überglücklich am Hals. Karin hatte freudestrahlend meine Rechte ergriffen und drückte sie fest. Das war ihr ultimativer Gefühlsausbruch, zu dem sie in der Lage war. Und für einen Moment fühlte sich das wirklich gut an. Sogar richtig gut. Andererseits war mir klar, dass ich dafür den Preis bezahlen würde. Irgendwann. Und Sensei wusste das auch.
***
Ich seufzte leise, zog Rotz aus meiner Nase hoch und spuckte den Brocken weit die Böschung vor mir hinab, während ich die Hände hinter dem Kopf verschränkt hatte und den blauen Himmel betrachtete. "Und deshalb gehe ich also nach Kumogakure, Kou-kun", sagte ich säuerlich zu dem Ninja, der neben mir im Gras lag.
Kou Hyuuga grinste still vor sich hin. Er hatte bereits ein gescheitertes Examen hinter sich, aber das zweite erfolgreich absolviert. Als Mitglied des Nebenarms der Hyuuga-Familie galt er als viel versprechender junger Shinobi und zukünftiger Anführer. Nicht, dass sein Ehrgeiz wirklich über die Pflichten eines Chunin hinaus gingen. Als Mitglied der Zweigfamilie hatte er genug damit zu tun, die Hauptfamilie zu schützen. Und, selbstverständlich, das Geheimnis ihres Augen-Jutsus, des Byakugans.
"Du brauchst gar nicht so zu grinsen, Kou-kun", tadelte ich. "Wenn mir ein paar Kumogakure-Ninjas im Examen quer kommen, werde ich ordentlich mit ihnen Schlitten fahren."
"Ich bitte darum", sagte Kou ohne Spott in der Stimme, aber mit einer gehörigen Portion Belustigung. Er war drei Jahre älter als ich, und ich kannte ihn schon eine gefühlte Ewigkeit. Wie wir Freunde geworden waren weiß ich nicht mehr. Es lag vielleicht an meiner großen Schwester, aber sicher sein konnte ich mir da nicht.
"Soll ich dir ein paar ihrer Stirnbänder als Souvenir mitbringen?", fragte ich, plötzlich gut gelaunt. Genau das würde ich tun. Zum Chunin-Examen gehen, ein paar Ninjas der Stadt in den Wolken so richtig platt machen, und ihre Stirnbänder mit dem Drei Wolken-Symbol dem Hyuuga-Clan zum Geschenk machen.
"Ich bitte darum", sagte er erneut und setzte sich auf. Er lächelte mich an. Das war bei seinen Augen etwas gewöhnungsbedürftig. Denn wie jeder Nutzer des Byakugans hatte er eine schneeweiße Iris, und das irritierte mich. Die Kunst des Augen-Jutsus irritierte mich noch mehr, versetzte es Kou doch in die Lage, selbst das pulsierende Chakra in einem Körper sehen zu können, und noch viele weitere Dinge. Ein Grund dafür, dass ich froh war, nicht in den Hyuuga-Clan geboren worden zu sein.
"Dann werde ich das machen", sagte ich zufrieden und hockte mich ebenfalls auf.

Unter uns lag der Spielplatz, auf dem Kou und ich das erste Mal zusammen getroffen waren. Er hatte seinen Cousin abholen wollen, Neji, glaube ich, und meine Schwester hatte gerade mit mir diskutiert, um mich einerseits zu überzeugen, nicht die jüngeren Kinder zu terrorisieren, und andererseits endlich zum Essen zu kommen. Neji war einer der Jungen, die ich traktiert hatte. Nicht weil es meine Art war, andere zu ärgern. Aber schon damals hatte ich Arroganz auf den Tod nicht ausstehen können. Und mir war es sehr sauer aufgestoßen, wie er einen blonden Jungen, der vielleicht nur ein Jahr jünger war als er aus der Sandkiste rausgeekelt hatte, in der er gespielt hatte.
So hatten wir uns kennen gelernt. Kou hatte nur gelacht, den sich sträubenden Hyuuga unter seinen Arm gesteckt, und war nach einigen Grußworten gegangen. Und meine Schwester hatte mir dann erklärt, dass ich für den Jungen, der zu dem Zeitpunkt einsam und traurig vor sich hin schaukelte, keine Partei ergreifen sollte. Warum nicht, hatte sie mir nicht sagen können. Oder sie hatte es nicht sagen wollen. Aber sie war größer und stärker als ich, und deshalb hatte sie sich durchgesetzt.
Als ich nun auf den Spielplatz sah, erkannte ich den blonden Jungen. Es freute mich zu sehen, dass er mit Shikamaru und Choji spielte. Shikamaru war der Sohn unseres Clanchefs und mein Cousin dritten Grades, und Choji ein entfernter Vetter Karins aus der Hauptlinie der Familie. Ein typischer Vertreter der Akimichi, gerade zehn Jahre alt, und schon jetzt kurz davor zu platzen. Karin hingegen war so dünn wie eh und je, was dem Clan einiges an Sorge bereitete, weil sie das mangelnde Körpergewicht von einigen wichtigen Jutsus ausschloss, die der Clan beherrschte.
"Da ist er ja wieder", sagte ich mit einer gewissen Zufriedenheit in der Stimme. "Und er hat Freunde."
Kou folgte meinem Blick. Sein Lächeln verschwand. "Das ist Naruto." Für einen Moment kämpften zwei Gefühle in seinem Gesicht. "Er wohnt alleine."
Als ich diese Worte hörte, wusste ich, dass Kou sich dafür entschieden hatte, nett über ihn zu reden.
"Alleine? Der Bursche ist doch höchstens zehn oder elf", wandte ich ein. "Wie kommt er dann alleine zurecht?"
"Der Sandaime kümmert sich um ihn", sagte Kou ausweichend. "Aber er wohnt nicht in seinem Haus."
Ich runzelte die Stirn. "Was ist mit ihm? Hat er Krätze?" Das sollte scherzhaft klingen, aber Kou schockierte mich damit, als er nickte. "Etwas in der Art. Sein Vater ist gestorben, als der Kyuubi unser Dorf überfallen hat, was aus seiner Mutter wurde weiß ich nicht. Er war damals noch ein Neugeborenes, und die Älteren reden alle... Nicht nett über ihn. Es ist beinahe so als hätten sie Angst vor ihm. Und das verstehe wer will. Jedenfalls lassen sie kein gutes Haar an ihm, und er macht es ihnen auch sehr leicht, ihn nicht zu mögen. Soweit ich weiß terrorisiert er mit seinen Streichen die ganze Nachbarschaft. Aber die Leute trauen sich nicht so recht an ihn ran, weil der Hokage auf ihn aufpasst."
Ich verdrehte entsetzt die Augen. "Alleine?"
"Hast du mir überhaupt zugehört?", tadelte Kou.
"Wie kommt der Bursche alleine zurecht? Wie kam er bisher zurecht? Wenn der Hokage schon auf ihn achtet, warum macht er es dann nicht richtig? Warum hat nicht einer der Clans den Jungen aufgenommen? Warum...?" Ich stutzte. "Okay, dumme Idee. Ich nehme an, irgendjemand mochte seinen Vater nicht, und das hat er auf den Sohn übertragen. Und er hat genügend Macht, um halb Konoha dafür einzuspannen. Der Hokage kann ihn beschützen, aber nicht bei sich aufnehmen, ohne sich angreifbar zu machen. Etwas in der Art?"
"Nicht ganz, Mamoru-kun", klang hinter mir eine Stimme auf, die ich sehr gut kannte. Überrascht sprang ich auf. Hinter mir stand wirklich der Sandaime Hokage, schmunzelnd, seine Pfeife im Mund, und mit Augen, die sagen wollten: Ich sehe alles.
"Sandaime", sagte ich hastig und nickte ihm zu.
Auch Kou kam auf die Beine. "Sandaime."
"Der Grund, warum ich Naruto nicht in mein Haus aufgenommen habe, ist ein anderer. Es hätte ihn gebrandmarkt. Beinahe so schlimm wie das, was... Die Leute ohnehin schon über ihn reden. Er hätte es noch schwerer im Leben gehabt als ohnehin schon. Und er hätte noch schwerer Freunde gefunden, als es ihm ohnehin schon fällt. Er..." Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, und für einen winzigen Moment glaubte ich zu spüren, wie sich der Hokage selbst vorwarf, nicht genug für Naruto-kun zu tun.
"Nur wenn der Schutz den ich ihm gewähre, nicht so offensichtlich ist, bewahre ich ihn davor in einem goldenen Käfig zu sitzen. Noch erscheint es grausam und unverantwortlich zu sein. Aber in naher Zukunft wird das vielleicht schon ganz anders wirken." Das Lächeln kehrte zurück in das Gesicht des alten Mannes, der auch als der Professor bekannt war, als ein Mann, der über tausend Jutsu beherrschte. "Im Moment entwickelt sich alles etwas langsam, aber es entwickelt sich."
Er sah mich an. "Aber mal etwas anderes. Mamoru-kun, ich habe gehört, Team drei wird am Chunin-Examen in Kumogakure teilnehmen?"
Ich nickte leicht. "Wir haben es heute beschlossen."
"Gut", sagte der Hokage schmunzelnd. Er klopfte mir auf die Schulter und wandte sich ab. "Ich erwarte ein paar spektakuläre Resultate, Mamoru-kun. Und ich denke, ich bin da nicht alleine."
"Sicherlich nicht", pflichtete Kou ihm bei und grinste mich an.
"Bin ich hier eigentlich der einzige, der glaubt, dass die Erwartungen in mich etwas hoch gesteckt sind?", fragte ich halb amüsiert, halb verärgert.
"Ich glaube ja", erwiderte Kou, und der Hokage lachte dazu amüsiert.
Das brachte mich selbst zum Schmunzeln. Ich sah wieder hinab, zu den Jungen und Mädchen, die dort spielten. Und zu dem blonden Jungen, Naruto. Ich konnte mir nicht helfen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass der Hokage auch von ihm etwas erwartete. Etwas, von dem er selbst noch nicht wusste, wie oder was es sein würde. Ich für meinen Teil beschloss, Narutos Werdegang im Auge zu behalten. Falls ich meinen eigenen Werdegang, also das Chunin-Examen, überlebte, hieß das. Und es beinhaltete, so schwor ich mir, auf keinem Fall für den Jungen Partei zu ergreifen, und mir womöglich ein paar unnötige Feinde zu bescheren, die ich nun wirklich nicht brauchen konnte.
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Manchmal überschlagen sich die Dinge. Im einen Moment war man noch auf irgendwelchen Missionen, um Banditen zu jagen, um Unterstützung für Teams älterer Jahrgänge zu sein, oder selbst von jüngeren Teams unterstützt zu werden, und dann war man plötzlich offizieller Botschafter Konohas und würde in ein fremdes Land reisen. Zwei Jahre noch, ging es mir durch den Kopf. Zwei Jahre noch, und unser Team hatte einen Erfahrungsstand erreicht, in der wir nach Fertigkeiten neu eingeteilt wurden. Und Hayate-sensei würde dann vielleicht ein neues Team Grünschnäbel managen. Oder eine andere, einem Jounin angemessene Aufgabe annehmen.
Wir drei würden natürlich immer Team 3 unter Hayate Gekko sein, das stand außer Frage. Aber es war eher selten, dass Konoha ein Team aus Genin-Zeiten für alle Ewigkeiten existieren ließ. Doch es war nicht ungewöhnlich, dass die Bande aus dieser Zeit Jahrzehnte überdauerte.
Und unser Team, das nun nur noch zwei oder drei Jahre zusammen bleiben würde, würde als einzige Genin-Gruppe aus Konoha die versteckte Stadt bei der diesjährigen Chunin-Prüfung in Kumogakure vertreten. Ein Gedanke, der mir durchaus Angst machte, denn die Prüfungen wurden auch von den Offiziellen der großen Nationen beobachtet werden, und unsere Leistungen würden in die Bewertungen der Fähigkeiten der Ninjas der ganzen Nation einfließen. In manchen Fällen konnte das über die Vergabe von Aufträgen entscheiden. Aufträge, die Geld bedeuteten, und die Existenz einer ganzen Stadt. Nicht, dass mich diese Verantwortung lähmte. Nicht besonders, jedenfalls.
"Und warum", fragte Hanako ärgerlich, und riss mich wieder in die Realität, "kommst du nicht mit, Sensei?"
Hayate Gekko hatte beide Hände abwehrend erhoben. "Es ist nicht so als würde ich nicht wollen. Aber leider hat der Hokage mir verboten, nach Kumogakure zu reisen. Es gibt da ein paar alte Geschichten, die noch nicht zu den Akten gelegt wurden. Wäre ich ein Shinobi aus Kumo, dann würde ich dafür sorgen, dass ich einen unvermeidbaren und tödlichen Unfall habe. Versteht mich nicht falsch. Ich möchte weder das sich die Shinobi von Kumogakure einen besonders phantasievollen Unfalltod für mich ausdenken, noch möchte ich während der gesamten Chunin-Prüfung in Lebensgefahr schweben." Er deutete neben sich, zur großen, schlanken und schwarzhaarigen Frau. Sie trug die übliche Ausrüstung eines Konoha-Ninjas, schwarzer Kampfanzug und grüne Weste, was besonders verwunderlich war. Wir kannten sie normalerweise in der leichten Rüstung eines ANBU und einer Katzenmaske, denn sie führte eines der äußerst effektiven Kampf-ANBU-Teams Konohas, jener Elite-Einheit für den Schutz der Stadt, die auch schon uns mehr als einmal gerettet hatte. Sie hieß Uzuki, Yugao Uzuki, und war die feste Freundin des Sensei. Die letzten Jahre hatte ich mich immer gefragt, wie sie wohl unter der Maske aussah... Und jetzt verstand ich Sensei, warum er sich ausgerechnet sie ausgesucht hatte. Sie war eine wahre Schönheit. Ihr geradezu niedliches Lächeln, bei dem sie leicht die Augen zusammenkniff, fegte mich beinahe von den Füßen.
Ein schmerzhafter Knuff gegen meine rechte Schulter riss mich wieder in die Realität. Hanako sah mich böse an. Ihr gehörte die Faust, die mich so unsanft in die Realität gerissen hatte.
"Bist du wieder bei uns, Mamoru-kun?", fragte Sensei und lächelte scheinheilig. Er hustete belegt. "Wie ich also vorhin erklärte, wird Yugao-chan euch an meiner Stelle begleiten. Sie ist ein Intel-Ninja, wie Ihr wisst, und der Sandaime hat sie nicht zuletzt deshalb ausgesucht, weil sie uns einige neue Informationen über Kumogakure und ihre Ninjas beschaffen kann. Also bemüht euch, ihr so wenig wie möglich zur Last zu fallen und unterstützt sie, wo Ihr nur könnt."
"Natürlich machen wir das", ereiferte sich Hanako, nicht ohne mir einen bösen Blick zu zu werfen. "Jedenfalls die von uns, die nicht zu Tagträumen neigen."
"Hana-chan, so schlimm war es doch gar nicht", kam ein leiser Einwand von Karin, den Hanako mit einem bitterbösen Blick beantwortete.
"Hayate, bitte", sagte Uzuki-sensei, "du solltest den Kindern nicht mehr aufbürden, als sie schon ertragen müssen." Sie lächelte uns noch einmal an. "Ich bin Yugao Uzuki. Ich werde Team drei die nächste Woche führen, und ich hoffe, dass ich auch mit einer Gruppe zurückkommen werde. Die Chunin-Prüfungen sind brutal und hart. Und je weiter man kommt, desto größer ist die Chance, tatsächlich zu sterben." Sie seufzte leise. "Aber wenn Hayate sagt, Ihr könnt es schaffen, und wenn der Hokage zustimmt, dann muss ich wohl auf ihr Urteil vertrauen."
Das waren vollkommen neue Informationen für mich. Der Hokage selbst hielt uns für befähigt, um die Chunin-Prüfung zumindest zu überleben? Ein ermutigender Gedanke.
"Hayate-sensei", sagte Hanako maulig, "du hättest uns ruhig sagen können, dass du uns zutraust, das wir die Prüfung schaffen."
Sensei lächelte sie an und tätschelte ihren Kopf. Was nicht mehr so einfach war, denn Hana-chan war die letzten beiden Jahre beträchtlich gewachsen und mit Sensei beinahe auf Augenhöhe. Sie überragte sogar mich um ein paar Zentimeter, und das machte mir Sorgen. Denn im Gegensatz zum Yamanaka-Clan wurden wir Nara-Männer nicht besonders groß. In der Regel. Ich hatte aber noch die stille Hoffnung, dass die Linie meiner Mutter mir noch ein paar Extra-Zentimeter vererbt hatte.
"Was habe ich dir immer gesagt, Hanako-kun? Zuviel Selbstbewusstsein ist genauso tödlich wie zuwenig. Außerdem hättest du weniger hart trainiert, wenn ich euch zu früh gesagt hätte, was ich denke. Und glaubt mir, Ihr könnt jede einzelne Trainingseinheit gebrauchen." Sein Lächeln verschwand bei den letzten Worten. Sensei schnaubte wie über einen guten Witz und wechselte mit Uzuki-sensei einen wissenden Blick, den diese ebenfalls mit einem unterdrückten Lacher beantwortete. Sicher, die beiden hatten die Chunin-Prüfung absolviert und bestanden. Und Hayate-sensei war sogar zum Jounin aufgestiegen. Sie wussten aus erster Hand, wie es auf einer solchen Prüfung zuging. Wie gefährlich es war. Und wie sehr es sich lohnte, dort zu bestehen. Sie hatten sich beide nie über die Prüfung beklagt.
"Ja, Sensei. Verstehe, Sensei", murrte sie, aber ich konnte den Glanz und das neue Selbstbewusstsein in ihren Augen sehen.
Ich seufzte lang und tief. "Besser, wir bringen es hinter uns."
Sensei lachte erfreut auf. "Das ist die richtige Einstellung, Mamoru-kun. Diesen Wagemut vermisse ich sonst oft an dir."
Ich versuchte mich an einem missglückten Lächeln für Hayate-sensei. Es war kein Wagemut, es war Pragmatismus. Denn je eher wir in Kumogakure waren, je eher die eigentliche Chunin-Prüfung begann, desto eher würde Hanako abgelenkt sein und uns mit ihren Plänen, Tiraden und Ideen verschonen.
Uzuki-sensei klatschte in die Hände. "Dann ist ja alles geklärt. Lasst uns aufbrechen."
Sie sah noch einmal Hayate-sensei an, und beinahe erwartete ich eine Umarmung oder einen Abschiedskuss, wie ich es von einem Paar gewöhnt war. Aber diese beiden waren stolze Shinobi und würden vor ihren Untergebenen nicht mehr Schwäche zeigen als unbedingt nötig. Das verstand ich, aber ich fand es auch sehr schade, denn ich gönnte Sensei alles Glück der Welt.
Schließlich wurde es nur eine flüchtige Berührung Senseis an Uzuki-senseis Schulter, das leise Versprechen von ihr, gesund und vollzählig zurückzukehren. Sie wandte sich ohne weitere Worte ab.
Wir verabschiedeten uns von Sensei lauter und länger. Wir waren zwar nicht mehr die Kinder, die wir vor zwei Jahren gewesen waren, und nicht mehr ganz so überschwänglich, aber er war unser Sensei, und in manchen Dingen war er mir näher als mein eigener Vater.
"Kommt Ihr, oder soll ich alleine nach Kumogakure gehen?", fragte Uzuki-sensei schließlich amüsiert.
Also eilten wir ihr nach. Ich gebe zu, damals hatte ich noch recht gute Laune. Ich wusste ja auch nicht, was noch vor mir lag. Und hätte ich geahnt, dass meine Einschätzungen weit hinter der Realität zurück lagen, hätte ich es mir vielleicht doch noch mal mit der Prüfung überlegt. Aber letztendlich habe ich nur eine wirklich schlechte Erinnerung an Kumogakure: Die Musik war einfach scheußlich.
***
Um ins Land der Blitze zu kommen, in der die Versteckte Stadt in den Wolken lag, mussten wir natürlich das Land des Feuers verlassen und zwei kleinere Länder durchqueren. Das war die große Stärke von Kumogakure und das Militär des Landes der Blitze. Es war an über fünfundneunzig Prozent seiner Grenzen vom Meer umgeben, und seine einzige Landverbindung hatte auch noch zwei kleine Länder als Pufferstaat. Das Bekanntere und Wichtigere war zweifellos das Yu no Kuni, das Land der heißen Quellen, aber nicht wegen seiner militärischen Stärke. Die Mädchen waren deshalb ganz aus dem Häuschen, hieß es doch, dass hier heiße Quellen quasi jeden zweiten Meter aus dem Boden traten. Und wenn ich eines über Mädchen wusste, dann dass sie für ihr Leben gerne lange und heiß badeten.
Und mit der Garantie, am Ende eines Reisetags eine Gaststätte mit heißer Quelle zu finden, war dieser Teil unserer Reise für sie eher ein vergnüglicher Urlaubstrip. Für mich als einzigen Mann der Runde - na ja, was heißt hier Mann, damals war ich zwar schon arrogant, aber immer noch ein Junge - bedeutete dies, nicht nur zwei bis drei Stunden pro Abend alleine verbringen zu müssen, es bedeutete Zeit, in der ich mich nicht auf die Rückendeckung meiner Kameradinnen verlassen konnte. Ich musste mir auch noch Hanakos Genörgel anhören, auf keinen Fall zu versuchen, ins Frauenbad zu linsen, um sie nackt sehen zu können.
Alles in allem eine recht unbefriedigende Situation. Und das nächste Land, das uns vom Land der Blitze trennte, das Land des Wassers, gehörte wegen seines starken Ninja-Dorfs, dem Kirigakure auch noch zu den fünf großen Nationen dieses Teils der Welt. Das machte die Dinge nicht gerade besser, denn wir hatten in unserem ersten Kampf ein neunköpfiges Team aus Kirigakure ausgelöscht. Zwar hielten wir im Moment Frieden, also Kirigakure und Konohagakure, aber vielleicht war es dem einen oder anderen Ninja der versteckten Stadt Kiri den Versuch wert.
Und dann würde die Reise noch stressiger werden. Andererseits konnte es auch kaum ein besseres Training für uns geben, und ich bewunderte Senseis Weitsicht, uns mit drei Tagen Vorsprung los zu schicken. Genügend Zeit, um uns auszuruhen und Kraft für die Prüfung zu sammeln.
Aber im Moment beschäftigte mich eher Senseis fehlerhafte Weitsicht, als er mich mit drei Frauen in ein Land geschickt hatte, das vor Onsen und entsprechenden Gasthäusern beinahe überquoll. Eines davon, ein stattliches, gut aufgeräumtes Haus auf einem Hügel mit getrennten Bädern für Männer und Frauen, wurde unser erstes Nachtquartier. Und meine Qualen begannen. Doch, wenn ich so dran zurückdenke, waren es Qualen. Auch wenn ich mich heute eher darüber amüsiere.

"Du versuchst doch nicht zu schmulen, oder?", klang Hana-chans Stimme über den Zaun hinweg auf, der das Frauenbad vom Männerbad trennte. Da wir im Moment die einzigen Gäste waren, hatten wir beide Bäder für uns.
Ich wusste nicht wieso, aber seit wir das Land der heißen Quellen betreten hatten, war das ihre einzige und größte Sorge, von mir nicht nackt gesehen zu werden. Ihre Nervosität hatte etwas Verstörendes. Also blies ich nur die Wangen auf, ließ mich noch tiefer ins heiße Wasser des Männerbades sacken und tastete dabei vorsichtig nach dem Kunai neben meinem rechten Bein. Die einzige Waffe, die ich ins Bad mitgenommen hatte.
"Hey, ich rede mit dir!", rief Hanako ärgerlich.
Wütend sprang ich auf und wirbelte herum. "Wer will dich schon nackt sehen?", rief ich ärgerlich. Das war ungefähr eine Sekunde, bevor ich realisierte, dass Hanako über den Zaun vom Frauenbad hinweg lugte. Dass sie mich ansah. Dass sie errötete. Und dass sie langsam aber sicher panisch wurde. "Du... Du... Du... Was zeigst du mir da?", rief sie beinahe panisch. "Du Perversling! Ich könnte dich..."
"Ich? Du bist doch diejenige, die schmult!", rief ich ärgerlich. Aber ich setzte mich nicht wieder hin. Sollte sie doch gucken! Ich hatte jedenfalls nichts zu verbergen.
"Da soll mich doch...", begann sie und machte Anstalten, sich über den Zaun zu schwingen, als Uzuki-senseis lange Arme von hinten nach ihr griffen und sie stoppten. Langsam und mit Nachdruck zog sie das Mädchen vom Zaun runter. "Entschuldige, Mamoru-chan. Ich habe einen Moment nicht aufgepasst."
Der Klang ihrer Stimme ließ mich erstarren. Tja, Hanako oder auch Karin im Bad zu beobachten, das war langweilig und der Mühe nicht wert. Aber wenn ich daran dachte, dass ich Uzuki-sensei vielleicht...
Ich spürte, wie mein Gesicht heiß wurde. Was hatte ich nur für Gedanken? Und das ausgerechnet bei Senseis Freundin?
"Komm, ich wasche dir den Rücken, Hanako", klang ihre Stimme vom anderen Bad herüber.
"Ich will jetzt lieber diesem Idioten so ordentlich einen... YIEKS!"
"Oh, habe ich da eine empfindliche Stelle gefunden? Du bist da sehr sensibel, nicht, Hana-chan?"
"S-sensei", klang ihre Stimme herüber, gedrückt, irgendwie leidend und etwas hektisch. Ich spürte wie weitere Hitze in mein Gesicht stieg. Langsam ließ ich mich wieder ins Wasser sinken.
"Und du hast so zarte Haut, Hana-chan. So jung wie du möchte ich auch noch mal sein", sagte Sensei.
"Du kannst dich doch nicht beklagen", erwiderte Hanako-chan, halb gepresst, aber diesmal beinahe schon mit ihrer normalen Stimme. "Du hast doch selbst eine wunderbar zarte Haut.
Karin, komm her. Ich wasche dir den Rücken."
"A-aber... Mamo-chan kann uns doch hören", protestierte sie ängstlich.
"Mamo-chan, Mamo-chan, kannst du auch noch was anderes sagen? Komm endlich her und lass mich... YIEKS! Sensei!"
"Oh, entschuldige, aber ich musste unbedingt wissen, ob die Stelle immer so empfindlich ist", hörte ich Uzuki-sensei. Mittlerweile hatte ich mich so tief ins Wasser sinken lassen wie ich nur konnte.
"Ha-hana-chan. Da brauchst du nicht... AH!"
"Papperlapapp. Wir sind doch Freundinnen, fast schon Schwestern. Und es gibt doch nichts Schöneres, als richtig sauber in eine warme Quelle zu steigen, oder?
Sensei, ist das eine Narbe an deinem Po?"
"Oh, ja, da habe ich mal ein Kunai rein gekriegt. War ziemlich tief, und weil wir keinen Medi-Ninja dabei hatten, musste es genäht werden. Die Narbe erinnert mich daran, dass man nie vorsichtig genug sein kann. Und dass man als Mädchen auf seinen Hintern aufpassen sollte."
Bei diesem doch recht simplen Witz hätte ich beinahe gelacht. Aber das letzte was ich wollte, war, dass Hanako sich daran erinnerte, wer nebenan im Männerbad war.
"Darf ich mal anfassen? Eine richtige Narbe?"
"Gerne doch, aber sei vorsichtig. Sie tut manchmal noch weh, und... Uh."
"Oh, Sensei, hat das schon weh getan? Das tut mir leid. Ich werde vorsichtiger sein."
"Ah, Hana-chan, das ist... Ah!"
"Darf ich auch mal?" "Karin-chan..."
"Und das machen wir jetzt jeden Abend?", fragte ich anklagend in den Himmel. Egal wie schwer das Chunin-Examen sein würde, ich konnte mir nichts Schlimmeres vorstellen, als mir die drei jeden Abend im Bad anzuhören. Und das war erst Stop Nummer eins im Land der heißen Quellen.
"Ich kann dich hören, du Blödmann", rief Hanako ärgerlich. "Und wenn du schmulst, erwische ich dich."
Ich lehnte mich zurück, bis selbst meine Lippen unter Wasser waren. "Du bist doch die einzige, die hier schmult", beschwerte ich mich leise. Damit hatte ich zweifellos Recht, aber Hana-chan lebte in ihrer eigenen Welt nach ihren eigenen Regeln. Ich seufzte erneut und beschloss, das Bad, das herrliche, Muskeln tröstende, entkrampfende Bad, wieder zu verlassen.

Mit einem Yukata bekleidet wartete ich schließlich auf die anderen drei, und sie ließen sich Zeit. Die Hausherrin, die uns persönlich zum Abendessen bedienen wollte, kam eine Stunde, nachdem ich das Bad verlassen hatte. Servieren konnte sie aber erst eine weitere Stunde später. Aber das schien sie nicht zu stören, und auch die heißen Speisen waren, als sie gebracht wurden, auf perfekter Temperatur. Das war Professionalität, gepaart mit Erfahrung. Und wenn ein Shinobi etwas zu schätzen wusste, dann, dass er mit Profis arbeiten konnte. Und das grauhaarige Mütterchen, deren kluge Augen nur ab und an berechnend unter ihrer gerunzelten Stirn hervor blitzten, war ein Profi. Wenn nicht ein Meister, dem Range eines Jounin würdig. Sie hatte es zum Beispiel geschafft, mich mit wenigen beiläufigen Bemerkungen in ein Gespräch zu verwickeln, und mich gleichzeitig zu verpflichten, das Kunai, das ich auf der Innenseite an meinen Oberschenkel gebunden hatte, und die Shuriken unter meiner Tatami, die dort griffbereit lagen - nur für den Fall der Fälle - wieder weg zu packen. Sie wusste sehr genau, wer ihre Kunden waren, und sie wusste auch sehr genau, wie sie mit uns umzugehen hatte.
"Du bist ein Beschwörer?", fragte sie leicht heraus, während sie mir frischen Saft nachschenkte. Ich trank die trübe Flüssigkeit, hätte sie bei der Frage aber beinahe wieder ausgespuckt, als ich den Sinn verstand. Beschwörer, das so leidlich hingesprochene Wort, bedeutete nicht mehr oder weniger einen Kontraktträger, der mit einem Tierclan im Einverständnis stand. Ein Kontrakt bedeutete eine Partnerschaft auf gegenseitigem Nutzen. Meistens lief es so ab: Der Tierclan stellte sein Können, seine Erfahrung und seine Soldaten zur Verfügung, und der Kontraktträger offerierte als Gegenleistung Opfer. Das klang barbarisch, aber diese Opfer waren meistens recht materieller Natur, und selten lebendig. Gold, Silber, Informationen, besondere Speisen, aber auch Schulung der jüngeren Krieger und Gelehrten der Tierclans gehörten dazu. Kontraktträger bestätigten auf einer geheiligten Schriftrolle mit ihrem Blut, und dieses Blut war auch nötig, um jemanden aus dem Tierclan herbei zu rufen. Ich war Kontraktträger, der Hokage selbst hatte mich dazu gemacht. Wahrscheinlich aus Mitleid, weil ich keinerlei Affinität zur Schatten-Jutsu der Nara zeigte.
"Ja", gab ich zögerlich zu, denn Informationen waren für einen Shinobi genauso gefährliche Waffen wie Kunais, und man gab Informationen über sich selbst nicht ohne Not preis. Allerdings wollte ich wissen, was mich verraten hatte, also ging ich auf ihre Worte ein.
"Oh, das ist fein. Einen Kontraktträger hatten wir schon lange nicht mehr bei uns. Der Letzte war ein großer weißhaariger Ninja aus Konoha, der mit dem Hundeclan einen Kontrakt geschlossen hatte. Der Kleinste von ihnen, Pakkun hieß er, hatte so himmlisch weiche Pfoten." Vor Verzückung legte die Wirtin beide Hände an ihr Gesicht und errötete leicht. "Beschwörst du auch Hunde?"
Ich lächelte dünn. Vielleicht war diese Frau nicht nur als Wirtin ein Profi. "Was hat mich verraten?"
Sie nahm die Hände wieder ab und legte sie manierlich in ihren Schoß. "Dein rechter Daumen. Eine frische Verletzung wie von einem Eckzahn. Deinem Eckzahn."
Damit spielte sie darauf an, wie ein Kontraktträger normalerweise zum Blut kam, um seine Tierpartner zu beschwören: Er biss oder schnitt sich in eine Stelle seines Körpers, an dem ihn die Verletzung nicht weiter behindern würde, sorgte für ein wenig Blut und begann die Beschwörung.
Ich lächelte nun ein wenig breiter. Viele Jutsu-Beschwörer hatten Narben am Daumen, weil sie zu tief bissen oder schnitten. Und jetzt wo die Wirtin gesprochen hatte, hatte ich etwas Wichtiges gelernt. Ich konzentrierte mein Chakra und benutzte ein leichtes Genjutsu, um die schorfige Stelle zu verbergen und eine unverletzte Daumenkuppe vorzugaukeln.
Die Wirtin nahm es amüsiert zur Kenntnis. "Sie sind gut", stellte ich fest.
"Schätzchen", antwortete sie in einem belustigten Ton, der mit ihrer dienstbaren Stimme nicht viel zu tun hatte und sie in meinen Augen sofort sympathisch machte, "wenn du dreißig Jahre lang ein Gasthaus in einem Land leitest, das zwei großen Ninjadörfern als Durchgang dient, dann lernst du auch so einiges."
Das brachte mich zum Lachen. "Ich habe einen Kontrakt mit den Affen. Aber ich rufe sie selten."
"Affen?" Sie runzelte die Stirn. "Davon habe ich noch nie gehört."
Das wiederum verwunderte mich, denn Affen galten allgemein als geschickte, schnelle und harte Kämpfer. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Enko O Enma, der König der Affen, seinem Volk nur Kontrakte mit Konoha erlaubte. Denn wenn ich nachzählte, dann gab es in ganz Konoha nur... Zwei Kontraktträger. Mich und den Hokage. Und dieser Gedanke machte mich etwas schwindlig, denn ihn umwehte eine tonnenschwere Last, die sich auf meine Schultern zu legen drohte. Verbunden mit der Angst, unweigerlich versagen zu müssen. Ich wusste damals genau, dass ich niemals in der Lage sein würde, die höherklassigen Krieger des Affenclans zu beschwören, geschweige denn Enma selbst. Damals.
"Rufst du einen?", fragte die Wirtin unvermittelt. "Einen kleinen vielleicht?"
Ich wog die Chancen ab. Zuviel über mich zu verraten, zum Beispiel. Aber schon die Bitte der Wirtin, einen kleinen zu rufen, zeigte, wie viel sie davon verstand. Ich wollte sie belohnen, dafür das sie einen Fehler in meiner Ninja-Kunst aufgedeckt hatte, also biss ich die Wunde wieder blutig und beschwor einen Kontraktpartner. "Kuchiose no Jutsu."

Als sich der Rauch der Beschwörung verflüchtigt hatte, saß ein kleiner Affe mit einer drolligen Imitation des Konoha-Kampfanzugs auf meiner Schulter, und musterte interessiert die Welt.
"Oh, der ist süß. Wie ist denn sein Name?"
Mir hingegen wurde es abwechselnd heiß und kalt. "Ha-hallo, Sensei", sagte ich vorsichtig, und unterdrückte das Verlangen mir den Schweiß abzuwischen. Ich hatte einen der kleineren Affen beschworen, und er maß nicht mehr als mein Unterarm, aber ihn deswegen zu unterschätzen wäre tödlicher Leichtsinn gewesen. Dieser Affe war Ranko-sensei, meine Ninjutsu-Lehrerin. Und bisher hatte nur der Sandaime sie beschwören können. Sie war eigentlich eine von den Kriegerinnen, die zu beschwören ich mir niemals zugetraut hätte.
"Puki?", machte sie unschuldig, und blinkerte mit ihren langen Wimpern.
"Sie", korrigierte ich vorsichtig, während der Angstschweiß meine Stirn herab lief, "heißt Ranko - Ranko-sensei!"
"Puki", kam es bestätigend von ihr, und die Wirtin schmolz dahin. Sie griff in ihren Ärmel und holte ein Stück Kandis hervor. "Hier, Ranko-chan, das ist für dich."
"Puki!" Sensei kletterte von meiner Schulter herab, sprang auf allen Vieren zur Wirtin herüber und ließ sich auf ihrem Schoß nieder. Dann griff sie nach dem Zucker, nahm ihn aus der Hand der Wirtin und begann daran zu knabbern. Das tat sie mit solch sichtlichem Vergnügen, das man sie tatsächlich für ein fröhliches Affenmädchen halten konnte, das etwas Süßes geschenkt bekommen hatte. Dazu schnurrte sie wie eine Katze, als die Wirtin sie bis zur Schwanzspitze streichelte. "Pukiiii."
Ehrlich gesagt entnervte mich das Geräusch, und ich wusste, dass ich dem Tod näher war als dem Leben. Hastig schenkte ich etwas vom Fruchtsaft in eine der Schalen, die normalerweise für Sake benutzt wurden, und bot ihn Ranko-sensei an. "Hier, bitte, Sensei."
"Puki!", machte sie, und ich wusste, dass sie Spaß an der Situation hatte. Und dass mein Kopf nicht rollen würde. Noch nicht. Ängstlich lüftete ich meinen Kragen.
"Oh, was für ein süßes Äffchen!", klang Hanako-chans Stimme vom Eingang auf. Noch bevor die Tür ganz zur Seite geschoben war, hatte sie sich neben der Wirtin auf eine Matte geschmissen. "Darf ich ihn auch mal halten?", fragte sie mit bettelndem Blick.
"Aber das ist...", begann die Wirtin, doch sie schien meinen Wink rechtzeitig zu sehen, "...nicht meine Entscheidung. Wenn Ranko-chan zu dir gehen will, ist mir das Recht."
Nun begann Hana-chan mit verschiedenen Versuchen, den Affen zu sich zu locken. Und Karin, die mit Sensei nach Hana-chan den Raum betrat, beteiligte sich verzückt an diesen Versuchen.
Uzuki-sensei wurde kurz bleich, runzelte dann jedoch die Stirn. Vor allem als Ranko-sensei tatsächlich auf Hana-chans Schoß kletterte und dabei nach einem Stück Orange griff, das Karin ihr selig hin hielt. Sie ließ sich neben mir nieder und knuffte mich, ungesehen von den anderen, schmerzhaft in die Seite. "Die Beschwörung ist kein Spielzeug", belehrte sie mich ernst, während ihr Lächeln etwas anderes behauptete. "Und du wirst keine leichte Zeit haben, wenn Ranko-sensei genug von diesem Spiel hat."
"Ich weiß", murmelte ich reuig und erklärte ihr die Situation.
Sie lachte leise und besah sich die Wirtin, die gerade das Essen herein winkte. "Gut, gut, Mamo-chan, du hast wenigstens einen plausiblen Grund. Vielleicht reicht er, um Ranko-sensei zu beschwichtigen. Wie um alles in der Welt hast du das überhaupt geschafft?"
"Ich wollte nur einen kleinen Affen beschwören", erwiderte ich verschüchtert.
"Klein heißt nie weniger mächtig", tadelte sie mich.
"Das weiß ich jetzt auch", murrte ich als Erwiderung.
"Wir reden später darüber. Jetzt lass uns essen." Sie betrachtete die hübschen jungen Damen, die unser Abendessen herein trugen, und hoch erfreut registrierte sie eine Flasche mit Sake, eines ihrer Lieblingsgetränke für gesellige Stunden. Auch wenn sie nie viel davon trank.

Nach dem Essen entkam ich in den Garten, möglichst weit weg von den anderen und Ranko-sensei. Aber ich hatte da natürlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Das wusste ich, als ich den langen Schatten sah, der von hinten langsam auf mich zukam. Eine kräftige, mit Krallen bewehrte Hand legte sich auf meine Schulter und stoppte jeden Gedanken an Flucht. Vorsichtig wandte ich mich unter diesem Griff um. Ranko-sensei hatte ihre volle Größe von fast zwei Metern angenommen und wirkte nun fast vollkommen humanoid - wenn man pelzige Frauen mochte. Sie lächelte mich an, aber es war ein mürrisches Lächeln. Außerdem trug sie ihre Kampfrüstung. "So", sagte sie mit Ärger in der Stimme, "mittlerweile kannst du sogar mich beschwören. Und, wann lädst du den König zu einer Party ein?"
Ich spürte, wie mir das Herz tiefer in den Körper rutschte. Wenn ich eines Tages tatsächlich Enma O selber beschwor, für nichts und wieder nichts, dann war mein Leben kein Kupferstück mehr wert. "I-ich hatte nicht vor, Sensei...", begann ich. Dann runzelte ich die Stirn, als das Lachen drinnen lauter wurde. "Äh..."
"Oh, das." Ranko-sensei lächelte spitzbübisch, was bei ihren Reißzähnen gefährlich wirkte, aber nicht annähernd so gefährlich wie sie war. "Ich habe einen Schattenklon da gelassen."
Langsam nahm sie die Hand wieder zurück. "Entspann dich. Ich bin nicht böse auf dich. Im Gegenteil, es erfüllt mich mit Stolz, das mein Schüler mich beschwören konnte."
"Es ging nur, weil du so klein warst", sagte ich entschuldigend. "Ich bin noch weit davon entfernt, wirklich mächtige Affen in ihrer vollen Größe zu rufen, so wie dich jetzt in voller Gestalt."
Sie öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, aber dann schloss sie ihn wieder und lächelte stattdessen. "Wir sind im Land der heißen Quellen, oder? Du bist auf dem Weg zur Chunin-Prüfung."
Ich nickte. Sie hatte etwas festgestellt, nicht wirklich gefragt. "Ja, das sind wir."
Sie taxierte mich mit ihrem wachen Blick. "Und, wirst du ein Chunin werden?"
"Das weiß ich nicht, Sensei."
"IDIOT!", blaffte sie mich an. "Das Chunin-Examen ist eine große Chance! Eine sehr große Chance! Jeder Shinobi, der fähig ist, den Rang eines Chunin zu erwerben, muss diesen Weg gehen! Und es ist die beste Methode, um den anderen Ninja-Dörfern zu zeigen, dass Konoha vielleicht groß, aber nicht langsam oder verfettet ist!" Wieder ergriff sie mich, diesmal aber mit beiden Händen an der Schulter. Sie beugte sich weit vor, unsere Gesichter trennte nur noch eine Fingerbreite. "Sprich mir nach, Mamoru: Ich werde Chunin!"
"Aber..." Ich hätte gerne widersprochen, gesagt das ich nur wegen Hana-chan am Examen teilnahm, dass mir der Chunin-Rang gestohlen bleiben konnte, oder andere Dinge, aber Ranko-sensei, die mir so nahe war, und augenscheinlich wütend, ließ mir keine andere Wahl. "Ich werde Chunin", sagte ich laut, denn Sensei hätte eine leise Stimme als Gewimmer abgetan.
Sie starrte mich einen Moment an, dann legte sie beide Hände um meine Schulter und drückte mich an sich. "Das ist mein Mamoru", schnurrte sie, und ich fühlte mich gegen ihre Brust gedrückt.
"M-Mamo-chan?"
Erschrocken wandte ich mich der Stimme zu. "Hanako!"
Entsetzt sah sie mich an. Erkennen konnte sie nicht viel, denn wir standen weit vom Licht entfernt. Aber meine Stimme hatte sie gehört, und die von Sensei.
"Da mache ich mir Sorgen um dich, suche dich sogar, und wo finde ich dich? W-w-w-wer ist dieses Weibsbild überhaupt?" Anklagend richtete sie den rechten Zeigefinger auf Sensei.
"Oh, hörst du? Sie ist eifersüchtig", säuselte Ranko-sensei, und drückte mich noch ein wenig enger an sich. Das löste einen Laut des Entsetzens bei Hanako aus.
Sensei lachte amüsiert. Sie ließ mich schließlich los und trat einen Schritt zurück. "Vergiss nicht, mich zu beschwören, sobald du Chunin bist", sagte sie, und löste die Beschwörung auf. Mit einem leisen Puffen verschwand sie vor unseren Augen.
"W-was...?", fragte Hanako ungläubig.
Ich machte eine abwehrende Handbewegung. "Eine Beschwörung. Du weißt doch, ich habe einen Kontrakt mit dem Affenclan."
"U-und solche Affen beschwörst du dann? Dafür brauchst du deinen Kontrakt?"
Ich verzichtete darauf, sie zu korrigieren und ihr zu erklären, wer zum Beispiel der kleine Affe auf ihrem Schoß gewesen war. Stattdessen ging ich an ihr vorbei. "Danke für die Rettung", log ich. "Sensei hätte mich vor Stolz über das Chunin-Examen beinahe zu Tode umarmt."
"Oh. OH!" Ihr Blick wechselte, und ihre natürliche Arroganz gewann die Oberhand. "Siehst du, habe ich dir doch gesagt. Am Chunin-Examen teil zu nehmen bringt uns viele Vorteile."
Ich seufzte laut und lang. Das hatte der Welt noch gefehlt, eine flexible Hanako.
"Lass uns rein gehen", murmelte ich, betrat wieder den Essraum, und stellte dann mit Entsetzen fest, dass Ranko-sensei ihren Schattenklon nicht aufgelöst hatte. Eventuell war auch die Person da draußen der Schattenklon gewesen. Jedenfalls saß der kleine Affe auf Karins Schoß, ließ sich mit Früchten füttern und spielte mit ihren Haaren, sehr zum Vergnügen von Uzuki-sensei, der Wirtin und den bedienenden Damen.
Als ich herein kam, sprang der Affe von Karins Schoß, kletterte auf meine Schulter und legte mir besitzergreifend eine Hand auf den Kopf. Als ich resignierend seufzte, wechselte sie wieder auf Karins Schoß, verfolgt von Hana-chan, die ihren Teil zur Liebkosung beitragen wollte.
Irgendwie wusste ich jetzt, dass Ranko-sensei nicht wirklich vorgehabt hatte, zum Affenclan zurück zu kehren.
***
Man sagt ja, das Leben eines Soldaten besteht aus ewiger Langeweile, unterbrochen von kurzen Momenten unendlichen Schreckens. Das Leben eines Ninjas war schon immer anders. Langeweile kannte er nie, und die Schrecken dauerten erheblich länger. Was dazu führte, dass er immer wachsam sein musste.
In unserem Fall bedeutete das, dass ich als einziger einigermaßen sensorisch begabter Ninja der Gruppe ein Auge auf die Umgebung hatte, während Hanako, Karin und Uzuki-sensei permanent ihre Waffen bereit hielten. Eigentlich eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, wenn man mit einem erfahrenen Krieger des Affenclans reiste. Aber Ranko-sensei war nicht hier, um für mich zu kämpfen, sondern um sich von den Fortschritten zu überzeugen, die ich gemacht hatte. Ein Kampf wäre für sie ein gefundenes Fressen gewesen. Und bis dahin ritt sie einfach auf meiner Schulter, küsste reichlich feucht auf meine rechte Wange und hatte pures Vergnügen daran, meine Frisur umzuarrangieren. Nicht auf die plumpe, zerwühlende Art, sondern durchaus mit Finesse. Das hätte den Mädchen ein Hinweis darauf sein sollen, dass der kleine Affe tatsächlich ein sehr intelligenter Bursche war; stattdessen amüsierten sie sich über jede neue Form, die er meinen Haaren gab. Ich dachte ernsthaft darüber nach, mir eine Glatze zu scheren, sobald wir das nächst Mal hielten.
Mittlerweile hatten wir das Land der heißen Quellen verlassen, und durchquerten nun das Land, das unter Kontrolle Kirigakures stand. Ich befürchtete jeden Augenblick einen Angriff, und ich wusste, dass Uzuki-sensei das auch tat. Selbst wenn der Mizukage Kirikagures den Examensfrieden einhielt hieß das nicht, dass sich seine Leute alle daran halten würden. Immerhin hatten wir neun ihrer Ninja ausgelöscht, und einer von ihnen war vom Rang eines Jounin gewesen. Sie hatten Grund genug, uns anzugreifen, auch wenn Hayate-sensei nicht bei uns war. Er war es gewesen, der die meisten Shinobi des Dorfes unter dem Nebel und den Jounin getötet hatte. Aber ich war sicher, dass eine Gelegenheit auch für die Ninjas Kirigakures eine Gelegenheit war, mochte sie noch so klein sein. Und wer wollte sie anklagen, wenn wir dem dreisten Angriff von ein paar Straßenräubern zum Opfer fielen?
Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt, als mir dieser Gedanke kam, fühlte ich etwas am Rande meiner doch recht begrenzten sensorischen Fähigkeiten. Das war immer noch mehr als Karin leisten konnte, aber gegen einen voll ausgebildeten sensorischen Ninja war das nicht viel, die Reichweite geradezu bescheiden. Dennoch spürte ich das unregelmäßige Chakra von fünf Personen, lange bevor wir die nächste Hügelkuppe auf unserem kleinen Waldweg überwunden hatten und sie sehen konnten. Ranko-sensei auf meiner Schulter unterbrach ihr Spiel nicht, also bedeutete das eventuell keine Gefahr für uns. Oder sie rechnete damit, das wir damit fertig wurden. "Uzuki-sensei", sagte ich leise genug, um außerhalb der Gruppe nicht gehört zu werden. "Fünf, dreihundert Meter vorab."
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. "Besonderheiten?"
"Ihr Chakra ist in wilder Unordnung. Sie müssen krank sein."
Sie lächelte dünnlippig. "Oder besoffen."
Sie sollte Recht behalten, denn als wir die Kuppe überwunden hatten, hörten wir schon ihre schweren, lallenden Stimmen. Ich versteifte mich, als ich sie sah, fünf Männer insgesamt, wie erwartet. Sie trugen Schwerter, und ihre Kleidung war schmutzig, zerrissen und schlecht angelegt. "Ronin."
"Vielleicht", erwiderte Uzuki-sensei, und erinnerte mich daran, dass in unserer Welt, in der Welt der Shinobi, oft genug etwas nicht so war, wie es auf den ersten Blick wirkte.
Die Männer stritten miteinander, und hauptsächlich ging es darum, wer wie lange das große Tongefäß an den Mund setzen durfte, das zwischen ihnen kreiste. Und wie ihr Chakra bewies, kreiste es schon eine ganze Weile. Es enthielt Sake oder sogar harten Schnaps. Das machte langsam, brachte das Herz aus dem Takt und war schlecht fürs Gleichgewicht im Chakra. Aber diese Männer, Ronin, Soldaten ohne Herrn, lebten von ihrem Schwertarm, und ich hatte oft genug gesehen, dass besoffene Männer viele Vorteile genossen. Zum Beispiel waren sie gegen Schmerzen unempfindlicher als andere, und manche hatten bessere Reflexe als im nüchternen Zustand, wenn sie noch nicht zu besoffen waren. Der Umstand, das sie auf dem Weg standen, anstatt auf ihm unterwegs zu sein, ließ darauf schließen, dass sie Reisenden auflauerten. Oder vielleicht wollten sie auch nur, dass wir das glaubten. Vielleicht waren sie auch nicht allein, vielleicht ging uns bereits eine zweite Gruppe von hinten an, weit außerhalb meiner Reichweite. Doch solange Ranko-sensei weiter mit meinen Haarsträhnen zauste, hielt ich die Gefahr nicht für zu groß.
"Und was haben wir da?", rief einer der Männer plötzlich und deutete in unsere Richtung. Er war ein großer Bursche, und hatte den Krug wohl am längsten und am meisten erhalten, denn selbst auf fünfzig Meter glaubte ich, seine Fahne riechen zu können. "Vier liebliche Kätzchen auf der Reise!"
Ich zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Vier? Hatte sich Sensei verwandelt? Nein. Bedeutete das etwa, das dieser ungewaschene, schlecht riechende Bursche... Ich, ein Mädchen? Ich fühlte eisigen Zorn in meinem Magen, einen von der Sorte, die nicht überkochten, aber gut für die Nachdrücklichkeit waren.
Uzuki-sensei drückte mir eine Hand vor die Brust und hielt mich davon ab, vorzutreten.
"Wir wollen keinen Ärger, meine Herren", sagte sie mit ruhiger Stimme. "Wir wollen nur vorbei."
"So, vorbei wollt Ihr?", rief der Große und taxierte uns, während wir näher kamen. Uzuki-sensei hatte augenscheinlich vor, an den Männern einfach vorbei zu gehen, und wenn wir sie passierten war die Gefahr für uns vorüber, dann hatten sie gekniffen. Doch der Große tat uns den Gefallen nicht. Er stellte sich in unseren Weg. "Das kostet aber Wegezoll, meine Kätzchen." Er grinste schief und beinahe zahnlos, und seine Linke ruhte auf seinem Schwertgriff, den er sich in den Gürtel seines schlampig angezogenen Kimonos gesteckt hatte. Die anderen Männer stimmten ihm lautstark zu und besetzten die Straße auf ihrer vollen Breite. Damit hatte es sich mit einer entschlossenen und gewaltfreien Lösung.
"Du kannst deinen Wegezoll haben, du ungewaschener...", begann Hanako-chan in ihrer polterigen Art, doch Uzuki-sensei hielt sie auch zurück. "Ich habe ein paar Ryou bei mir", sagte sie vorsichtig und lotete die Grenzen in der Gier des Großen aus.
"Was wir wollen sind keine Ryous, aber vielleicht eure Gesellschaft für ein paar Stunden."
Er grinste sie noch breiter an, und entblößte dabei ein paar verfaulte Zahnstummel, die einmal Backenzähne gewesen waren.
"Ich will die da!", rief einer seiner Männer, und deutete auf mich.
Nein, ich sah damals nicht besonders weiblich aus, aber Ranko-sensei hatte mir eine unmögliche Frisur verpasst, und der Bursche war besoffen und wahrscheinlich vom Gesöff schon halbblind. Das änderte nichts daran, was für einen Wegezoll diese nach Schweiß stinkenden Bastarde von uns verlangten - unsere Körper. Und da setzte etwas in mir aus.

Für Beobachter musste es so aussehen als würde ich verschwinden, mich in Nichts auflösen, und erst knapp vor dem Großen wieder auftauchen. Der Fast Step war eine Fähigkeit, die jeder Ninja mit der Zeit erlernte. Sie gehörte zu unserer Kampfkunst wie das Sammeln von Erfahrung, und ich beherrschte ihn leidlich. Im Moment überraschte ich damit die fünf Ronin. Besonders ihren Anführer, denn mein Kunai schnitt sich tief und schmerzhaft in seine Kehle. Blut floss an der Klinge herab, und ich drückte noch ein wenig fester zu. Ein erstickendes Gurgeln klang aus seinem Mund, und ängstlich äugte er zu mir herunter.
"Wir suchen wirklich keinen Kampf", sagte ich mit mühsam beherrschtem Zorn, "denn ich bin sehr schlecht im Kämpfen. Ich kann nur töten, so wurde ich trainiert. Wenn Ihr also einen Kampf wollt, muss ich euch töten." Erneut verstärkte ich den Druck, und das Gurgeln des Großen wurde zu einem Winseln. "Muss ich euch töten?", fragte ich ernst in die Runde.
Die Männer ließen die Hände von den Schwertern, und nacheinander schüttelten sie den Kopf.
"Gut." Ich nahm das Kunai von der Kehle meines Gegners ab. Ich sah nach hinten. "Sie lassen uns durch, ohne Wegegeld."
Hastig machten die anderen vier Ronin Platz, als Uzuki-sensei und die beiden Mädchen uns passierten. Ich blieb stehen, neben ihrem Anführer, das Kunai noch immer stoßbereit erhoben, bis sie zwanzig Meter entfernt waren. "Deine Männer haben heute eine kluge Wahl getroffen, die dein Leben gerettet hat", sagte ich zu ihm, ohne ihn anzusehen. "Vielleicht solltest du jetzt eine gute Wahl für sie treffen, und darüber nachdenken, sesshaft zu werden, denn irgendwann werdet Ihr beim Raub auf der Straße auf einen Gegner treffen, der nicht so nachsichtig ist wie ich. Und dann sterben sie. Er, er, er, er, und schließlich du." Jetzt sah ich ihn an, zornig, und er wich unter meinem Blick einen halben Schritt zurück.
Ich steckte das Kunai wieder weg. Langsam, mit Bedacht. Ich tat es so, dass die anderen Ronin begriffen, dass ich diese Waffe jederzeit wieder ziehen konnte, und dass sie in meinen Händen eine noch tödlichere Waffe war, als in den Händen eines normalen Kriegers. "Gebt die Wegelagerei auf. Sie ist nichts für euch", riet ich den Männern noch mal. Dann ging ich zwischen ihnen hindurch, als gäbe es sie nicht. Auf den Fast Step verzichtete ich, denn ich hatte diese Hunde zwar eingeschüchtert, aber sobald ich mir auch nur den Anschein gab, das ich fliehen wollte, Panik hatte, weg wollte, würde ihr Jagdinstinkt geweckt werden. Und dann würde ich sie töten müssen. Nicht, dass es in der Welt einen großen Unterschied gemacht hätte. Irgendwann würden sie auf den Falschen treffen und im Staub der Straße sterben, die sie hatte reich machen sollen. Aber ich wollte es nicht sein, der diesen hoffnungslosen Gestalten nun auch noch das Leben nahm.
"Wer bist du?", rief mir der Anführer mit rauer Stimme nach.
"Mamoru Morikubo", sagte ich ernst. "Ich bin ein Shinobi aus Konoha!"
Sie folgten uns nicht, versuchten auch nicht, mich hinterrücks anzugreifen. Aber ich fürchtete, das Entsetzen hatte sie ausgenüchtert. Ein Gedanke, der mich schmunzeln ließ.

Ranko-sensei tätschelte meinen Kopf. "Ich hätte zwar lieber gesehen, wie du dich in einem Kampf schlägst, Mamoru-chan, aber du hast die Situation gut gelöst. Sie waren einen Kampf auch nicht wert. Und einer von ihnen hat sich sogar eingepisst."
"Sensei, bitte nicht so vulgär", tadelte ich den Affen. Nicht, dass es den Geruch der Bande wesentlich verschlechterte. Aber kein Krieger auf dem Schlachtfeld achtete wirklich auf die Überreaktionen menschlicher Körper, oder die Ergebnisse von Todesangst. Nicht solange die Angst Wahrheit werden konnte.
Der Affe griente mich an und tätschelte mich weiterhin.

Als ich zu den Frauen aufschloss, nickte Uzuki-sensei mir kurz und anerkennend zu. Gut, ich würde nicht für mein eigenmächtiges Handeln getadelt werden. Auch Hana-chan und Karin-chan sahen mich aus großen Augen an. "Was?", fragte ich, als mir ihre Blicke zuviel wurden.
"Ich gebe zu, das war cool", sagte Hanako widerwillig. "Ein bisschen, zumindest."
Karins Augen hingegen verschwammen fast unter Tränen. "Du hast uns beschützt, Mamo-chan. Das war ja so männlich."
"Eigentlich habe ich eher diese Männer beschützt", erwiderte ich unbehaglich. "Sie hätten ja schon gegen mich alleine keine Chance gehabt."
"Das glaube ich aber auch!", klang eine Stimme links von uns auf. Erschrocken fuhr ich herum, das Kunai sprang wie von selbst in meine Hand, und neben mir spürte ich, wie Hanako-chan Chakra für ihr Jutsu sammelte.
An einem Baum am Wegesrand lehnte ein Ninja. Er trug seinen Stirnschutz mit dem Zeichen seines Ninja-Orts um die Hüfte gewunden. Es war das Zeichen von Kumogakure. Darunter trug er schwarze Hosen und eine weiße Schärpe über einem grauen Hemd. Seine Haare waren weiß, und sein Teint recht dunkel. Ich hatte ihn nicht bemerkt, bevor er gesprochen hatte. Andererseits war er über zwanzig Meter von mir entfernt, aber das erschien mir damals eine Ausrede vor mir selbst zu sein. Meine bescheidenen sensorischen Fähigkeiten reichten eigentlich viel weiter. Und das sagte genug über ihn aus.
Er grinste uns mit einem jungenhaften Lächeln an, das in mir den Wunsch weckte, ihn zum Freund zu haben, und er schien genau zu wissen, wie er auf andere wirkte. Er war vielleicht zwanzig, aber bestimmt nicht älter.
Langsam stieß er sich vom Baum ab und kam auf uns zu. Uzuki-sensei ging nicht in Abwehrhaltung, und auch Ranko-sensei reagierte nicht, also gab ich meine Abwehrhaltung auf.
"Ein Kumo-Ninja, so tief in den Wäldern des Reichs des Wassers? Ich bin überrascht", sagte Uzuki-sensei, zeigte aber noch immer kein Anzeichen von Abwehr, während der große Mann immer näher kam.
Vor mir blieb er stehen und tätschelte meinen Kopf. "Du hast dich verhalten wie ein richtiger Mann, mein Kleiner. Du hast deine Mädchen tapfer beschützt, und du hast dich nicht dazu herabgelassen, diesen Abschaum ohne zwingenden Grund zu töten." Er tätschelte noch einmal, dann wandte er sich Uzuki-sensei zu. "Ich wurde geschickt, um die Teilnehmer aus Konoha zu eskortieren. Wärt Ihr nicht früher aufgebrochen, hätten wir euch an der Grenze zum Land der heißen Quellen in Empfang genommen. So aber mussten wir euch ein wenig suchen."
"Wir?", fragte sie interessiert, aber sie wusste die Antwort sicherlich schon.
Der große Kumo-Ninja grinste breit und sah nach hinten zwischen die Bäume. "Kommt Ihr endlich, oder braucht Ihr eine Extraeinladung?"
Drei Schatten lösten sich aus dem Wald. Zwei trugen ebenfalls den Stirnschutz Kumogakures, und waren fast so braun wie ihr Sensei. Die dritte, ein blondes hellhäutiges Mädchen, hätte auch aus Konoha stammen können.
"Das sind Samui", er deutete auf die Blonde, "Karui", er deutete auf die Rothaarige, "und Omoi", und zeigte auf den Jungen der Gruppe. Das machte ihn mir sofort sympathisch. Er steckte in einer ähnlichen Situation wie ich, eingepfercht zwischen zwei Mädchen. Und er schien nicht viel älter als ich zu sein.
"Da sind sie also", sagte Omoi mit einem interessierten Blick in unsere Richtung. "Wir dachten schon, Ihr hättet euch verlaufen. Oder wärt von irgendwelchen Straßenräubern abgeschlachtet worden. Oder beides."
Karui versetzte ihm einen herben Schlag in den Nacken. "Blamiere uns nicht vor unseren Gästen", knurrte sie angriffslustig.
"Genau!", ereiferte sich Hanako. "Wer lässt sich schon von billigen Straßenräubern abschlachten?"
Die beiden Mädchen sahen einander an, und irgendwie schien ein Funke überzuspringen.
Die Blonde schnaubte verächtlich aus und deutete eine Verbeugung an. "Entschuldigt, bitte. Für beide. Sie sind eben unverbesserlich. Zurückhaltung kommt in ihrem Wortschatz nicht vor. Vielleicht ein Grund, warum sie mich nötiger brauchen als die Luft zum atmen."
Hinter mir spürte ich, wie Karin in ihren Bewunderungsmodus wechselte. Ihr Chakra stieg stetig an, und ein leises, begeistertes Geräusch drang aus ihrer Kehle. Sie bewunderte die Selbstsicherheit und Stärke bei anderen, von der sie dachte sie würde ihr fehlen.
Der Anführer nickte Sensei freudig grinsend zu. "Also, wir begleiten euch bis zum Examen. Ich erwarte nicht wirklich, dass Kirigakure den Examensfrieden bricht, aber unsere Geschichte mit der Stadt unter den Blättern verlief nicht immer sehr glücklich. Diesmal wollen wir es besser machen." Er verbeugte sich erneut ansatzweise. "Mein Name ist Kirabi. Ich bin ein Jounin von Kumogakure. Es ist mir eine Freude, euch kennen zu lernen. Yaguo Uzuki-san." Er nickte ihr aufmunternd zu. "Hanako Yodama-kun." Auch für sie hatte er ein Lächeln. "Karin Akimichi-kun." Sie wandte sich von seinem offenen Blick verlegen ab, was ihn noch ein wenig breiter lächeln ließ. "Und schließlich unseren tapferen jungen Mann Mamoru Morikubo. Ihr steht jetzt unter dem Schutz von Kumogakure."
"Sehr erfreut, Kirabi-sama", sagte Sensei mit Bedacht in der Stimme. Dass sie ihn Sama nannte ließ mich aufhorchen, denn dieser Namensanhang sollte großen Respekt andeuten, und klarstellen, dass der andere einem übergeordnet war.
Allerdings hatte ich nicht viel Zeit, um über diese Fakten nachzudenken, denn Omoi ließ seine Rechte krachend auf meinem Rücken landen. "Ihr Konoha-Typen seid ja doch keine solchen Weicheier. Schade, dass ich schon letztes Jahr an der Chunin-Prüfung teil genommen habe. Ich hätte mich gerne mit euch gemessen."
"Na, danke für das Kompliment", ächzte ich. Er war vielleicht nur ein oder zwei Jahre älter als ich, aber dafür hatte er einen Schlag, der Eisennägel in Eichenwände treiben konnte.
Ich hatte erwartet, dass die beiden Mädchen sich Karin und Hanako zuwenden würden, stattdessen kamen sie zu mir. "Das ist aber ein niedlicher Affe", sagte die blonde Samui, und brachte sogar so etwas wie ein Lächeln zustande. "Wie heißt er denn?" Karui indes machte große Augen. So große, dass ich schon fürchtete, sie hätte gerade einen Heißhunger auf Affen entwickelt. Zumindest bis sich ein zärtliches "Äffchen" aus ihrer Kehle entrang.
"Das ist Ranko", sagte ich in freundlichem Ton, und hoffte, dass Sensei mich nicht dafür strafen würde, sie nur mit dem Vornamen vorgestellt zu haben. "Sie ist meine Begleiterin."
"Also sogar vier Mädchen", sagte Kirabi und lachte lauthals. "Junge, du hast es nicht leicht."
"Darf ich sie halten? Darf ich? Darf ich? Darf ich?", rief Karui begeistert.
Samui errötete leicht. "I-ich würde sie eventuell auch halten. Wenn es denn sein muss."
Und wahrscheinlich wollte sie den Affen dringender als Karui auf den Arm nehmen.
"Sie mag Orangen", verriet Hanako den beiden, und hatte sich sofort als ihre Verbündete etabliert. Sie zog ein paar Stücke aus ihrer Weste und schenkte sie den beiden Mädchen. Als Ranko-sensei dann auch sofort auf Samuis Schulter wechselte, strahlte das blonde Mädchen, während Karui zu Tode betrübt zu sein schien, bis Sensei auch auf ihre Schulter kletterte, um ihre Orangen zu fressen. Das führte dazu, dass Samui wieder ihre alltägliche Miene aufsetzte. Aber das hinderte sie nicht daran, dem Affen wehmütig nachzusehen.

Als wir den Weg fortsetzten, wechselte Ranko-sensei mehrfach die Schultern unserer Begleiter aus Kumogakure, und mir war das Recht. Keine Frisur-Experimente mehr. Dass sie sogar auf Kirabi-samas Schulter ritt, überraschte mich etwas, aber nicht so sehr wie seine Reaktion, als er den Affen beinahe zärtlich und zufrieden lachend kraulte. Sogar Omoi bekam seine Portion Affenzuneigung, und auch wenn er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, er genoss es.
Nun waren wir also zu acht, neun, wenn wir Ranko-sensei mit einrechneten. Und falls wir wieder auf einen Onsen treffen würden, musste ich nicht mehr alleine baden. Und Hanako wäre endlich mal abgelenkt. Das stimmte mich froher als die Aussicht auf schlagkräftigen Begleitschutz.
Während wir über die Landstraße gingen, stellte ich Omoi Dutzende Fragen über ihn, über Kirabi und über sein Team. Er beantwortete die meisten von ihnen, jedoch nicht die, die sein Jutsu betrafen. Das hatte ich auch nicht erwartet. Sein Jutsu entblößte ein Ninja nur vor jenen, an deren Seite er kämpfte, und jenen, die er tötete. Aber so erfuhr ich, dass Kirabi-sama aus einer der mächtigen Familien Kumogakures stammte, die bisher immer den Raikage gestellt hatte, und dass er selbst ein herausragender Jounin war. Daran zweifelte ich nicht. Er strotzte vor Kraft, vor Chakra, und die Geschmeidigkeit, mit der er sich bewegte, bewies seine Erfahrung und sein Geschick.
"Allerdings hat er eine Macke", verriet Omoi, zog zwei Lutscher aus seiner Hosentasche, wickelte einen aus und steckte ihn sich in den Mund, und bot mir den anderen an. "Eine ziemlich große sogar."
Ich runzelte die Stirn. Uzuki-senseis Aufgabe war es, neben unserer Begleitung, so viel wie möglich über Kumogakure heraus zu finden, und wir sollten sie unterstützen. Ich würde auch jedes Informationsquäntchen in mich aufsaugen, und war es noch so unwichtig. "Und die darfst du mir verraten?", fragte ich, vor allem weil Omoi mir sehr sympathisch war. Nur weil ich Freund eines Hyuuga-Sproß war, und die versteckte Stadt Kumo für den Versuch, Hinata Hyuuga zu entführen, von Rechts wegen hassen musste, konnte ich für diese vier, und speziell Omoi ruhig eine Ausnahme machen. Dass ich damals den ersten Blick auf ein Dilemma geworfen hatte, dem jeder Krieger, sei er nun Ninja oder Soldat, in seinem Leben mehrfach begegnete, konnte ich damals noch nicht ahnen. Aber immerhin habe ich diese eine Entscheidung nie bereut.
Omoi lachte, als hätte ich ihm einen guten Witz erzählt. "Natürlich darf ich dir das verraten. Du wirst es ja früh genug selbst mitbekommen." Verschwörerisch beugte er sich zu mir herüber und legte mir einen Arm um die Schultern. "Weißt du, Kirabi-sensei hält sich für einen ganz großen Dichter. Wenn er in einem harten Kampf steckt, kann es schon mal passieren, dass er aus dem Stegreif zu reimen anfängt. Und die Reime müssen dann nicht mal besonders poetisch sein, sondern nur einfach cool. Wir haben eine ganze Musikrichtung in Kumogakure, in der die Sänger sprechen und dabei reimen. Sensei ist ein großer Fan dieser Musik, und er hält sich für ihren besten Vertreter."
"Und du hältst ihn nicht für den Besten?", hakte ich nach. "Musikalisch, meine ich."
"Abgesehen davon das ich diese Musik nicht mag? Hm, er ist mit viel Wohlwollen Mittelmaß, finde ich."
Unbehaglich wand ich mich unter seinem Arm hervor. "Du weißt schon, dass ein Jounin wie dein Sensei uns auf die paar Meter hören kann, die er uns mit Uzuki-sensei voraus geht?"
"Hm? Ach so, du meinst, er könnte auf mich böse werden?" Omoi grinste breit. "Ich glaube, es reicht ihm, wenn ich ihn für den größten Shinobi in Kumogakure halte."
"Und? Ist er der größte Shinobi von Kumogakure?"
"Natürlich ist er das!", brüllte mir Karui aus allernächster Nähe ins Ohr. "Und du, Omoi, hör auf, Senseis Musik zu kritisieren! Du hast da ja überhaupt keine Ahnung von! Du machst sie ja nicht mal selbst!"
Der Junge schnaubte amüsiert. "Ich lege auch keine Eier, und trotzdem verstehe ich mehr von Omelettes als jedes Huhn."
Kirabi-sama lachte lauthals und warf einen Blick zu uns zurück. "Das war ein guter Konter, Omoi. Aber ich bringe dich schon noch dazu, meine Musik zu lieben."
"Reicht es nicht, wenn ich dich liebe, Sensei?", fragte er fröhlich zurück.
"Eigentlich ja", schmunzelte der große Mann und wandte sich wieder Uzuki-sensei um.
"Er hat gute Laune", sagte ich.
"Natürlich hat er gute Laune. Zumindest seit ich ihm diese Schnapsidee ausgeredet habe, sich den gleichen Bart wachsen zu lassen wie ihn der Raikage trägt, sein älterer Bruder."
"Und ich weiß, das war ein großer Fehler!", blaffte Karui erneut aus nächster Nähe. "Ich finde, so ein Bart würde ihm super stehen! Und eine coole Sonnenbrille, und... Und... Und..."
Ich hielt eine Hand vor ihr Gesicht und brachte sie dankenswerterweise zum Verstummen. Nach ein paar Sekunden hörte dann auch der Nachhall ihrer Stimme in meinem Schädel auf. "Danke. Könntest du bitte darauf verzichten zu versuchen, meine Trommelfelle zum platzen zu bringen?"
Sie errötete. "Ich hatte nicht vor..."
"Aber du hast mir aus allernächster Nähe ins Ohr geschrien", erwiderte ich vorwurfsvoll. "Zweimal."
"I-ich wollte nicht..." "Dann lass es bitte. Oder komm auf Omois andere Seite, wenn du dich mit ihm streiten willst."
Verblüfft blieb sie stehen, und es dauerte einige Zeit, bis sie so etwas wie eine Entschuldigung murmelte und wieder zu uns aufschloss.
Omoi zog die rechte Augenbraue hoch. "Du hast Potential, Mamo-chan. Ich dachte schon, sie würde mit dir den Boden polieren, weil du ihr zu frech bist. Aber ausnahmsweise ist wohl der Sinn deiner Worte bis zu ihr durchgedrungen. Das kommt nicht oft vor."
"Genug gestichelt!", sagte Samui schnell und trat autoritär zwischen die beiden Shinobi. Es hätte sicher eindrucksvoller gewirkt, wenn Ranko-sensei nicht auf ihrem Kopf gesessen hätte, in den Händen ein halb verspeistes Stück Orange. "Omoi, du gehst mit Mamoru-kun ein bisschen vor. Karui, du bleibst bei mir und den Mädchen!"
So sprach sie, und so taten wir es auch.

"Tust du immer das, was sie sagt?", fragte ich.
"Was soll ich machen? Sie ist unser Chunin."
"Hä? Aber ich dachte, du..."
"Ja, ich habe das Chunin-Examen bestanden. Und Karui auch. Aber ich habe den Rang nicht angenommen. Noch nicht."
Entgeistert starrte ich ihn an. Mir fielen tausend Fragen ein, und die Lehren meiner eigenen Meister, die immer wieder betonten, das fähige Leute ihren Fähigkeiten entsprechend arbeiten mussten, dass sie für das Wohl aller Verantwortung übernehmen mussten, und ähnliches. Und da ging ich neben einem Genin, der ein Chunin sein könnte, und es sogar müsste. Mein Gesicht musste ein einziges Fragezeichen gewesen sein.
Omoi lächelte verschmitzt und legte beide Hände hinter seinen Kopf. "Ach, weißt du, wenn ich Chunin bin, dann muss ich selbst Einsätze leiten, Teams anführen und Verantwortung übernehmen. Ich weiß, ich kann dem nicht entkommen, und eines Tages werde ich das auch nicht mehr. Karui und ich sind uns dessen wohl bewusst, und wir haben auch schon letztes Jahr Einsätze angeführt. Aber..." Er sah nach vorne zu Kirabi-sama, dann zurück zu den beiden Mädchen. "Aber mir gefällt die Situation so wie sie jetzt ist. Viele alte Shinobi halten die ersten Jahre in ihrer ersten Dreier-Einsatzgruppe für die beste ihres Lebens. Was spricht dagegen, diese Zeit zu genießen, solange wie es das Schicksal zulässt?"
"Aber... Aber... Wenn du den Chunin-Rang nicht annimmst, dann macht ein Schlechterer deinen Job! Und dann sterben Ninjas durch unnötige Risiken!"
"Ich denke, im Moment bin ich da, wo ich bin, in diesem Team, unter Sensei, am Nützlichsten. Wir sind ein eingespieltes Team, eine sichere Bank in der Kalkulation des Raikages. Außerdem werden wir ja ab und an abgezogen, um besondere Einsätze durchzuführen. Es ist nicht so, als würden wir die Chunin-Pflichten überhaupt nicht wahrnehmen. Aber ich brauche diese Gruppe, und ich will, dass sie so lange wie möglich existiert. Und wenn ich dafür eine von den beiden heiraten muss." Grinsend deutete er hinter sich.
"W-wer will dich schon heiraten? Blödmann!", rief Karui von hinten, und verriet uns damit, das sie zugehört hatte. Ich sah zurück und erkannte die deutliche Röte auf ihren gebräunten Wangen. Allerdings war auch Samui unter ihrem hellen Teint kräftig rot geworden. Nun, ich verstand nicht allzu viel von Mädchen in diesen Tagen, aber ich verstand in jenem Moment, dass sie manchmal etwas ganz anderes sagten als sie wirklich dachten.
"Und wozu ist der Chunin-Rang dann überhaupt gut?", murrte ich ärgerlich.
Omoi lachte leise. "Das weißt du nicht? Als Chunin wirst du erheblich besser bezahlt. Das ist das ganze Geheimnis. Du kriegst in manchen Missionen sogar einen Anteil. Aber ich war nie besonders geldgierig."
Ich runzelte die Stirn. Wenn Hanako-chan das gehört hatte, dann würde ich keine ruhige Minute mehr haben.
"Chunin-Examen! Yay! Ich will Chunin werden!" Ihre Stimme. Sie hatte es gehört. Und ich wusste, dass mein Leben damit ein klein wenig komplizierter geworden war. Ich seufzte leise. "Ach, bringen wir es einfach hinter uns."
Omoi griente mich wissend an. Erneut legte er den Arm um meine Schulter. "Wird schon werden, Kumpel. Aber jetzt erzähl mal, wo seid Ihr lang gekommen? Wo habt Ihr Rast gemacht? Kennst du den "Drachen, der in zwei Quellen badet"? Finde ich ein großartiges Gasthaus."
Ich seufzte erneut, aber anschließend redete ich mit Omoi über viele unwichtige Themen, allerdings immer darauf bedacht, ihn ein wenig über Kumo auszuhorchen, während er nach Hinweisen über Konoha fischte, die nicht allgemein bekannt waren. Er wusste es, ich wusste es. Wir wussten es beide. Und deshalb grinsten wir und köderten einander mit kleinen Häppchen an Wissen. Es machte uns Spaß. Und ich glaube, wären die Dinge anders gekommen... Aber das führt schon wieder zu weit.

Wie ich schon erwähnte, war ich der einzige sensorische Ninja der Konoha-Gruppe, und meine Fähigkeiten waren damals nicht viel besser als heute, eigentlich erbärmlich zu nennen. Meine Stärken liegen halt woanders, und das sage ich ohne Ironie. Aber hätte ich Omois Fähigkeiten gehabt, oder jene von Kirabi-sama oder Uzuki-sensei, dann hätte ich gewusst, dass wir einige Stunden lang von mehreren Shinobi Kirigakures begleitet worden waren. Ob sie nur sichergehen wollten, dass wir ihr Land schnellstmöglich wieder verließen, oder ob sie wirklich einen persönlichen Groll auf Team drei abbauen wollten, erfuhren wir nie. Aber als mir Omoi später davon erzählte, wurde mir klar, warum Kirabi-sama und Uzuki-sensei zwischen all ihrem Gelächter für kurze Zeit abwesend gewesen zu sein schienen. Und anscheinend war Kirabi-sama bei den Shinobi der Stadt hinter dem Blutregen wohl bekannt. Ich weiß nicht ob es seine Anwesenheit war, die Kirigakure vom Angriff abhielt. Ich weiß auch nicht, ob es ohne ihn einen Angriff gegeben hätte. Aber ich wollte es damals glauben, und ich will es heute noch glauben.
Der Rest der Reise nach Kumo wurde für uns junge Shinobi aus Konoha jedenfalls ein richtiger Spaß, den ich sehr genoss, trotz der unliebsamen Überraschungen. Der Spaß, der dann allerdings in der Ninja-Stadt beim Chunin-Examen auf uns wartete, besaß ein eigenes Kaliber.
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***
Heftig atmend presste ich die linke Hand auf die tiefe Schnittwunde im rechten Bizeps. Es blutete wie Sau, wahrscheinlich war eine Arterie verletzt worden. Der Ärmel war schon rot von meinem Blut, mir war übel, und irgendwie schien die Welt ein wenig zu wanken. Ich sah mich um, sah die Körper Toter und Sterbender, sah das Blut, das die Straße bedeckte, sah meine Kameraden und Gefährten, Blutbesudelt. Eins. Zwei. Konoha komplett. Drei. Vier. Fünf. Kumogakure war auch komplett.
Karin lehnte an einem Baum und atmete schwer. Hanako hockte neben ihr, das Gesicht so sehr von Blut bedeckt, das es wie eine Maske wirkte. Ihre sorgenvollen Augen sahen auf das Akimichi-Mädchen herab, doch sie winkte nur zum Zeichen, das es ihr gut ging.
Omoi zog sein Katana aus einer Leiche hervor, schwenkte die Klinge mit jener Eleganz und Präzision, der mehr als zwanzig Männer zum Opfer gefallen waren und steckte sie wieder weg.
Karui japste wie ein Fisch auf dem Trockenen, in beiden Händen noch immer die Kragen der Männer, die sie zuletzt mit bloßen Händen getötet hatte. Ungläubig sah sie sich um, so als wollte sie nicht verstehen, dass es vorbei war.
Samui tötete den letzten Angreifer, mit all dem Bedacht und der Ruhe, die sie schon zuvor ausgezeichnet hatte. Damit hatten wir wie viele erledigt? Sechzig? Ich wusste es nicht, und ich wollte es auch nicht wissen.
Ich erinnerte mich daran, wie diese Burschen über uns gekommen waren, praktisch aus dem Nichts heraus, schwer bewaffnet, eine wilde Mischung aus Ronin mit Schwertern und Speeren sowie herrenlosen Ninjas mit den klassischen Waffen unserer Kunst. Eigentlich hätten wir jetzt tot sein müssen, mausetot. Alleine die Übermacht hätte uns erdrücken, erschlagen müssen. Allein der Anblick des Riesen mit den fettigen schwarzen Haaren hätte uns erstarren lassen müssen. Doch es war nicht passiert. Wir hatten so reagiert, wie wir es immer trainiert hatten. Jeder für sich, denn um eine Linie aufzubauen war alles zu schnell gegangen, aber mit all dem Eifer und der Kraft, die wir erworben hatten in den Jahren als Genin.
Ich sah zu der Burg hinauf, auf der Kirabi-sama und Uzuki-sensei gerade zu Gast waren, und ich fragte mich, ob dies ein gezielter Angriff auf uns gewesen war, im Zeitpunkt der größten Schwäche, jener Moment, in dem die beiden Jounin nicht bei uns waren. Oder ob wir einfach in eine Schlacht hinein geraten waren; vielleicht hatten diese gedungenen Mörder uns einfach nur ausschalten wollen, damit wir die Burg nicht warnen konnten. Ich blickte mich weiter suchend um, doch ich konnte Ranko-sensei nirgends entdecken. Ich hatte sie doch bei mir gehabt! Ich hatte ihr Gewicht auf meiner Schulter gespürt, das vertraute Gewicht, die wohlige Wärme ihres Körpers, und ein Stück ihres Armpelzes hatte meine Wange gestreichelt. Sensei, wo war sie? Tot? Ranko-sensei? Niemals! Oder doch? Zweifel griffen nach meinem Herzen, und bevor ich mich versah, begann ich sie zu suchen, unter all den Toten. Was, wenn sie wirklich tot war? Was, wenn ich dem Hokage erklären musste, dass ich Sensei eigenmächtig beschworen hatte, nur um sie im Staub der Straße unter der Burg zu verlieren?
"Du darfst deine Wunde nicht loslassen", tadelte mich Omoi. Er drückte seine eigene Hand auf meine Wunde und zog mich von dem Toten fort, den ich gerade herum gewälzt hatte. "Samui!"
Die junge Chunin sah auf, es war beinahe so als würde sie aus einem Traum erwachen. Sie sah zu uns herüber, fixierte meine Wunde, warf dann einen letzten Blick auf den Toten, der, den sie zuletzt getötet hatte. "Komme."
Um zu Omoi und mir zu gelangen musste sie über ein Dutzend Leichen steigen, aber sie beachtete die Toten nicht wirklich. Die meisten dort hatte Karin mit ihrem beeindruckenden Baika no Jutsu zerschmettert, bevor sie überhaupt gemerkt hatten, was ihnen passiert war. Und sie war nicht einmal die Gefährlichste von uns sechs.
"Ranko", sagte ich mit matter, verzweifelter Stimme. "Ich muss Ranko finden. Eben war sie doch noch da."
"Halte den Mund", tadelte Samui. Sie zog ein Kunai hervor und schlitzte meinen rechten Ärmel auf. Sie besah sich die Wunde. Ein Stirnrunzeln. "Sehr tief. Das kriege ich nicht geheilt."
"Aber du kannst die Ader schließen", sagte Omoi bedächtig.
"Natürlich kann ich das. Dafür reicht es noch. Den Rest müssen wir verbinden, bis wir einen Arzt oder einen Medi-Ninja finden." Sie legte mir eine Hand auf die Stirn. "Blutverlust, aber noch nicht bedrohlich. Nimm die Hand weg, Omoi."
Der Genin tat wie ihm befohlen wurde, das Blut schoss wieder hervor. Aber Samuis Chakra zeigte bereits Wirkung. Dünner Rauch kräuselte aus der Wunde, und dann war die Ader wieder geschlossen, geradezu geflickt. Anschließend schnitt sie mir den Ärmel ab. "Verbinde du ihn. Ich muss nach den anderen sehen. Obwohl er mein schwerster Patient gewesen zu sein scheint." Ein dünnes Lächeln huschte über ihre Züge, bevor sie sich Karin und Hanako zuwandte.
Plötzlich fühlte ich mich so schwach, so leer. "Was ist überhaupt passiert, zum Henker?", fragte ich, und ließ mich zu Boden sinken. Ein Wunder, dass ich das Straßenpflaster traf, und nicht eine der zahlreichen Leichen. "Was war das hier? Kämpfen um des kämpfens Willen? Was...?"
"Das kann ich dir leider nicht beantworten. Ich kenne einige dieser Burschen vom Bingo-Buch für Kopfgelder, aber keiner von ihnen hat eine direkte Verbindung mit Kumogakure. Mir ist auch nichts davon bekannt, dass uns gemeldet wurde, eine Gruppe dieser Größe würde sich an der Grenze zum Land der Blitze herum treiben. Ich..."
Eine Explosion unterbrach ihn. Über dem Hauptgebäude des Schlosses hing eine gigantische Rauchwolke. Omoi lächelte dünn. "Ah, Sensei bei der Arbeit. Dann wird er die Sache sicherlich aufklären können." Er nickte in Richtung meiner Armwunde. "Wie ist das überhaupt passiert?"
Ich seufzte leise. Ranko-sensei, wo war sie nur? Es erfolgte eine weitere Explosion, die weite Teile des Haupthauses einstürzen ließ, und das alles schien mir seltsam entrückt zu sein. "Es war ein Katana. Hätte ich den Arm weg gezogen, hätte es dich in den Rücken getroffen. Dann rutschte die Klinge glücklicherweise am Armknochen ab, weil sie nicht scharf genug war. Und..." Ich stockte. "War das überhaupt nötig? Oder hattest du den Burschen längst im Visier?"
Omoi legte mir eine Hand auf die Schulter. "Glaube mir, Mamo-chan, ich habe ihn nicht gesehen. Tja, wer weiß, vielleicht hast du mir sogar das Leben gerettet. Aber wenn ich mir so ansehe, was Kirabi-sama mit dem Schloss macht, könnte mein Lebensende durchaus noch kommen. Falls das noch nicht alle gewesen sind."
Ich atmete erleichtert auf. Immerhin. Ich hatte meinen Arm nicht für Nichts riskiert. Das erleichterte mich. Ich war versucht, mich einfach nach hinten fallen zu lassen, tief einzuatmen und sofort einzuschlafen. Aber Omoi hatte Recht. Wir waren in eine unübersehbare Situation geraten, hatten viel Chakra verbraucht, und würden vielleicht noch einmal kämpfen müssen. Wir wussten nicht was im Schloss los war, wie es Kirabi-sama und Uzuki-sensei gerade erging, ob sie es überhaupt raus schafften. Wenn sie das nicht konnten, würden wir rein müssen. Und dann hatten wir es mit einem Gegner zu tun, der mindestens zwei Jounin binden konnte.
"Puki?", erklang es vor mir, ein Stück abseits der Straße. Ranko-sensei schien aus dem Nichts zu entstehen. In ihrer Form als kleiner Affe sprang sie auf die Straße, hüpfte über die Leichen und sprang auf meine Schulter. Sie sah Omoi dabei zu, wie er mir einen Verband anlegte. "Puki?"
"Schon in Ordnung. Ein tiefer Schnitt, aber nicht lebensbedrohend", erwiderte ich. "Karin, Hanako, alles in Ordnung bei euch?"
Die beiden Mädchen nickten. Samui war derweil zu Kamui weiter gegangen, die immer noch fassungslos auf die Toten starrte. Erst als das blonde Mädchen sie erreicht hatte, stahl sich ein wildes Grinsen auf ihre Züge, und sie ließ die Kragen der beiden Toten los. "Na, da soll noch mal einer sagen, es gäbe keine Überraschungen mehr im Leben. Hey, Mamo-chan, wo ist denn dein Affe gerade hergekommen?"
"Wahrscheinlich da her, wo auch die anderen hergekommen sind", sagte ich. Ranko-senseis Pfoten waren mit Blut verschmiert, und ich ahnte, dass sie sich diesmal nicht zurückgehalten hatte. Ich biss mir auf die Unterlippe und zwang mich aufzustehen. "Wir werden nachsehen müssen."
"Sie sind noch nicht zurück", gab Omoi zu bedenken, und er meinte unsere Sensei. Falls uns ein weiterer Kampf bevor stand, weil wir uns in Gefahr begaben, wäre es wesentlich klüger gewesen, auf die beiden zu warten. Normalerweise. Aber ich rechnete nicht damit, dass Ranko-sensei irgend etwas Gefährliches für uns übrig gelassen hatte.
"Was ist überhaupt passiert?", fragte Karin. "Ich weiß noch, ich hatte mich so erschrocken, und dann konnte ich gar nichts mehr machen."
Kamui sah die kleine Genin mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen an. "Mädchen, dein Jutsu hat mindestens zwanzig von ihnen erwischt. Dafür, das du nichts mehr machen konntest, war das aber ziemlich viel."
"Ich habe vielleicht ein wenig in Panik reagiert", erwiderte sie und wurde rot.
Eine dritte Explosion erklang in der Festung, und diesmal lag sie nicht beim Hauptgebäude, sondern näher am Torhaus. Das lenkte mich für einen Augenblick ab, und ich rannte in etwas Hartes. Ungläubig blieb ich stehen. Da war doch nichts, da war doch einfach... Unter meiner Wange spürte ich Holz. Aber auch die schwache Ausstrahlung eines an einen Gegenstand gebundenen Genjutsus. Ich tastete in meiner unbequemen Haltung das Holz ab und fand die Ränder. Langsam und vorsichtig schob ich den Kopf um die breite Bohle. Und dann wurde mir alles klar, als ich die Welt aus einer neuen Perspektive betrachtete, nämlich seitlich. Dutzende Bohlen steckten hier in vier Reihen in der Erde, und sie waren so arrangiert, dass man immer die Bretter sah, wenn man von der Straße herab schaute. Die Planken waren bemalt, oder es war das Genjutsu, das es dem Betrachter vorgaukelte, den Hintergrund zu sehen, so als gäbe es keine Planken, als gäbe es das dahinter nicht.
"Mamo-chan, wo bist du plötzlich hin? Da passt man eine Sekunde nicht auf, und...", fluchte Omoi.
Ich trat wieder vor die Planken. "Ich weiß jetzt wo sie hergekommen sind."
"Wie hast du das gemacht?", fragte Samui ernst.
"Es ist ein Trick. Ein optischer Effekt. Verstärkt durch ein Genjutsu. Ein unterschwelliges, nicht besonders starkes. Man spürt es kaum, und deshalb funktioniert es wohl."
Ich verschwand wieder hinter dem Holz. Aus meiner Perspektive heraus war es einfach, einen Weg zwischen ihnen zu finden. Tatsächlich konnte man von der letzten Reihe bequem auf die Straße gelangen, indem man die Planken einfach schräg passierte. Auf den gleichen Weg gelangte ich hinter den optischen Wall. Vor mir breitete sich ein kleines Lager aus, das direkt hinter den Brettern begann, und von ihnen halbkreisförmig geschützt worden war. Ich entdeckte drei weitere Tote im Lager selbst. Die musste Ranko-sensei erledigt haben. "Wer waren sie, Sensei?", fragte ich leise.
"Shinobi. Sie gehörten nicht zu diesen bezahlten Killern. Profis, wenn du so willst."
"Du machst die Sache gerade unnötig kompliziert", tadelte ich.
"Weil sie kompliziert ist."
"Wow, das habe ich nicht erwartet", rief Hanako erstaunt, als sie den Weg hinter das Holz gefunden hatte. "Hier war ihr Lager? Das war doch ein gutes Versteck. Warum haben sie uns also angegriffen?"
Die anderen folgten nach, wir bestaunten die geschickte Konstruktion. "Ich hatte etwas gespürt, am Rande meiner Wahrnehmung. Ein Chakra flammte auf", sagte Omoi. "Schwach nur, aber es war da. Ich meine hier, wo man von der Straße aus aber niemanden sehen konnte. Vielleicht haben sie das gemerkt und deshalb angegriffen. Oder ich habe es gespürt, weil sie angegriffen haben." Er tätschelte die Bretter. "Diesen Aufwand haben sie jedenfalls nicht dafür betrieben, um uns harmlose Genin zu überfallen." Samui hüstelte. "Und Chunin." "Danke."
"Das glaube ich auch nicht. Nicht mehr", sagte ich. Der Aufwand war tatsächlich zu groß. Das Versteck lag zu nahe am Tor, und es war viel zu gut geschützt. "Sind wir etwa durch puren Zufall in diesen Mist hinein geraten?", fragte ich, und ich musste lachen, weil die Situation so lächerlich wirkte.
Da erklang eine weitere Explosion, diesmal ganz nahe. "Samui! Karui! Omoi!", klang die vor Sorge getränkte Stimme Kirabi-samas auf. "Wo seid Ihr?"
"Oh, diese Bohlen müssen unser Chakra unterdrücken", bemerkte Omoi amüsiert. Er griff nach seinem Schwert, zog es mit einem heftigen Ruck, und stieß es danach wieder in die Scheide. Vor ihm fielen auf einer Breite von fünf Metern die Balken um. Er hatte sie sauber in Bauchhöhe abgetrennt. "Wir sind hier, Sensei!"
Erstaunt starrte Kirabi zu uns herüber. "Was? Aber..." Er runzelte die Stirn. "Aber... Wie?"
Hinter ihm kam Uzuki-sensei aus dem zerstörten Tor der Burg. "Ihr habt hier ja ganze Arbeit geleistet, wie es scheint."
Ich sah zur Burg hoch, über der sich eine Rauchwolke gesammelt hatte. "Ihr anscheinend auch, Sensei."
"Und es ist noch nicht vorbei. Erklärt uns alles unterwegs. Hier haben wir nichts mehr verloren."
"Außer dem Kopfgeld für einige der Männer", sagte Hanako. "Sie stehen im Bingo-Buch."
"Wir können uns jetzt nicht mit Leichen belasten", sagte Uzuki-sensei ernst. "Diese Männer waren eine Vorhut. Die Hauptstreitmacht ist bereits auf den Weg, und wenn wir nicht richtig ins Kreuzfeuer geraten wollen, sollten wir wirklich verschwinden."
"Wir haben genug Dilemma angerichtet", fügte Kirabi-sensei hinzu. Was ich vermisste war eine Erklärung, dass wir der Hauptstreitmacht nichts entgegen zu setzen hatten. Kirabi-sama schien das auch nicht zu denken.
"Los jetzt", drängte Uzuki-sensei, "keine Zeit zu verlieren!"

Wir verließen die Straße und machten uns auf den direkten Weg zur Grenze ins Land der Blitze. Dazu nahmen wir den Weg durch einen Wald, sprangen von Ast zu Ast und versuchten dem Chaos hinter uns zu entkommen.
"Was ist überhaupt passiert?" Ich schüttelte den Kopf, energisch, um den leichten Schwindel abzuschütteln, der mich erfasst hatte. Der Blutverlust machte sich bemerkbar. Ich Trottel war als einziger verletzt worden. Damals hielt ich mich deshalb auch für den Schlechtesten Genin unserer Reisegruppe. Vielleicht hatte ich damit auch Recht, damals.
"Eigentlich ist es eine ganz witzige Geschichte", erklärte Kirabi-sama, während er an der Spitze unserer Gruppe reiste; Uzuki-sensei machte den Abschluss, und das sagte uns genug über den Ernst der Situation. "Koda, der hiesige Daimyo, der in dieser Burg residiert und die Grenze zu unserem Land überwacht, hat einen Privatkonflikt mit Artori, dem Herrn der Nachbarburg. Die beiden beharken sich schon eine ganze Zeitlang, und es sieht so aus, als hätte Artori zum finalen Schlag ausgeholt, als er diese Söldnerbande bis vor Kodas Burgtor geschickt hat. Er hätte nicht viel riskiert, wenn die Söldner beim Erstürmen des Burgtors gescheitert wären, aber er hätte alles gewinnen können. Als wir an seiner Burg vorbei kamen dachte Koda, sein Feind hätte uns beauftragt, seine Festung zu stürmen. Deshalb hat er Uzuki-chan und mich von euch getrennt. Als er versuchte, uns von seinen Wachen überwältigen zu lassen, beging er seinen ersten Fehler. Sein zweiter war, uns nicht gehen lassen zu wollen. Hätte ich gewusst, das Ihr zugleich von Artoris Banditen angegriffen wurdet, hätte ich mich beeilt."
Uzuki-sensei schnaubte von hinten amüsiert. "Wir mussten uns ja keine Sorgen um sie machen, oder?"
"Augenscheinlich nicht", sagte Kirabi, und mit Stolz blickte er über seine Gruppe hinweg. "Und deine Truppe war auch nicht schlecht, Uzuki-chan."
"Oh, das habe ich durchaus mitgekriegt", erwiderte sie zufrieden.
Ich seufzte. Und ich war als Einziger verletzt worden. Was für eine Schande. Dass wir damals auch alle hätten sterben können, kam mir nicht zu Bewusstsein. Das war auch etwas schwierig, denn der Blutverlust und unser schnelles Reisetempo forderten von meinem Körper Tribut, und übergangslos wurde mir schwarz vor Augen. Alles wurde abgestellt. Sehen. Hören. Fühlen. Ich fühlte mich einen Moment lang dumpf und schwer, und irgendwo in der Ferne schienen Stimmen meinen Namen zu rufen. Aber es erreichte mich nicht, riss mich nicht aus der Lethargie. Dann wurde es richtig finster.

Als ich wieder erwachte, spürte ich als Erstes eine gewisse Wärme. Und ich werde mich wohl ewig an diese Mischung aus Rauch und dem Geruch eines erwachsenen Mannes erinnern, der gerade schwitzte.
"...hättest uns zuerst über seine Verletzung informieren müssen", hörte ich Uzuki-sensei sagen.
"Es tut mir leid", klang Samuis zerknirschte Stimme auf. "Ich habe den Blutverlust falsch eingeschätzt. Und als er mit uns problemlos mithielt, und weil es schnell gehen musste... Ich habe einen Fehler gemacht."
"Kein Fehler, den wir noch korrigieren konnten. Aber der Junge muss dringend in ein Hospital. Wenn er es überhaupt zur Chunin-Prüfung schafft."
Ich erwartete Hanakos enttäuschtes Aufheulen zu hören, weil ich ihr ihre heiß geliebte Prüfung versauen würde. Aber da war nichts, keine Beschwerde, kein Geschimpfe.
Mühsam öffnete ich die Augen, sah auf Kirabis breiten Rücken. Er wandte sich so weit um wie er konnte. Da begriff ich, dass der große Shinobi mich trug. "Schlaf weiter, mein Junge. Wir haben es fast geschafft."
Ich wollte aufbegehren, etwas erwidern, aber es wurde nur ein gequältes Stöhnen. Bevor ich mich versah, kam die Schwärze wieder über mich.


2.
Das Chunin-Examen

Als ich diesmal erwachte, lag ich in einem Bett. Einem recht weichen, bequemen Bett. Das Bett stand in einem weiß getünchten Zimmer, zwei Fenster waren geöffnet, und ein kalter Wind strich herein. Das Bett stand in einem Einzelzimmer, deshalb hatte es keine Vorhänge wie es in Konoha üblich war, um jedem Patienten eine eigene Privatsphäre verschaffen zu können. Ich blinzelte. Scheiße, wo war ich?
Omois grinsendes Gesicht erschien über mir. Der obligatorische Lutscher rotierte in seinem Mund. "Keine Sorge, Kleiner. Du bist in Kumogakure, hast einen ganzen Tag durchgeschlafen und bist auf dem Weg der Besserung. Wir haben zufällig die gleiche Blutgruppe, also war ich so frei, dir mein Blut zu spenden. Die Prüfung ist erst in zwei Tagen, und bis dahin kannst du zumindest an der theoretischen Prüfung teil nehmen. Dein rechter Arm wird bis dahin nicht wieder gut sein, den kannst du erst mal vergessen. Bizeps komplett gekappt. Aber ich bin ganz froh darüber. Ansonsten hätte die Klinge womöglich in meinem Genick gesteckt, und das brauche ich noch."
"Das sagst du doch nur so", erwiderte ich mit einer heiseren Stimme, die ich kaum als meine eigene erkannte.
"Du kannst ruhig glauben was du willst. Aber ich schulde dir einen, Mamo-chan." Sein Grinsen war ansteckend, und so rang ich mir auch ein müdes Lächeln ab.
"Willst du was zu trinken? Du hast dein Wasser durch eine Infusion bekommen, aber ich kann mir vorstellen, dass deine Kehle jetzt furchtbar trocken ist."
"Tu dir keinen Zwang an." Der Größere griente mich an und schenkte mir ein Glas Wasser aus einer bauchigen Flasche ein. Ich trank das Glas langsam leer, in vorsichtigen Schlucken, und ließ das Wasser lange in meinem Mund rollen. Ich hatte tatsächlich ein furchtbar trockenes Gefühl im Mund gehabt, nun wurde es besser. "Danke."
Omoi half mir dabei, mich aufzusetzen. "Wann kann ich hier raus?"
"Die Ärzte sagen, morgen. Und ich würde auf die Ärzte hören." Er lachte leise. "Kirabi-sama hat ihnen die Hölle heiß gemacht, damit du eine Vorzugsbehandlung bekommst. Er macht sich furchtbare Vorwürfe, weil dir etwas passiert ist. Deshalb hat er den Ärzten unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass du zur Prüfung fit sein musst. Zumindest fit genug, um einen Stift zu halten."
"Na toll", sagte ich ärgerlich und ließ mich gegen mein Kissen sinken. "Ich bin für die Chunin-Prüfung hier, nicht für einen Schreibtest. Die Prüfung ist in den ersten beiden Phasen ein Teamtest, oder?"
Omoi schmunzelte. "Ja, und ab da wird es noch härter. Ich habe auch schon Shinobi alleine antreten und gewinnen gesehen. Kommt alles vor. Allerdings selten."
Ich setzte mich wieder auf. "Du weißt, dass ich die Prüfung durchziehen werde, sobald ich dieses Bett verlassen kann?"
"Ja, das habe ich befürchtet. Deshalb haben die Ärzte auch alles getan, um dich so fit wie möglich zu kriegen. Aber egal was sie auch leisten werden, den Arm kriegen sie so schnell nicht wieder hin."
Ich betrachtete meinen rechten Oberarm. Rein äußerlich war nichts mehr zu erkennen, bis auf eine dünne weiße Linie. Aber bewegen konnte ich den Arm nicht. Er lag in einer Schlaufe über meiner Brust, um ihn ruhig zu stellen. Nein, so schnell würde der Arm nicht wieder einsatzbereit werden. Das bedeutete fürs Erste auch keine Fingerzeichen, und damit kein Ninjutsu. Verdammt.
"Nimm es nicht so schwer, Mamo-chan. Du musst die Prüfung ja nicht schaffen. Du musst nur dafür sorgen, dass deine Teamkameraden durch kommen. Irgendwie."
"Ja. Irgendwie. Hm. Wenn du gerade von meinen Teamkameraden sprichst, wo sind sie eigentlich?"
"Sie schlafen. Sie haben den ganzen gestrigen Tag und die ganze Nacht bei dir im Zimmer verbracht, und heute morgen hat dein Sensei sie ins Bett gesteckt." Er grinste schief. "Und Samui und Karui gleich mit dazu. Die eine macht sich Vorwürfe, die andere Sorgen. Du hast ganz schön Schlag bei den Frauen, Mamo-chan."
"Witzbold", brummte ich beleidigt. "Sich über jemanden lustig zu machen, der Sorgen hat, ist nicht nett."
"Du kannst einfach nicht den positiven Aspekt sehen, oder?"
"Nein, wahrscheinlich nicht." Ich streckte den linken Arm durch, um ihn zu testen. Ich fühlte mich recht gut. Die Medi-Ninjas von Kumogakure mussten ihr Geschäft verstehen. Mit etwas Glück war ich am Tag der Prüfung zu mehr in der Lage als aufzustehen und einen Stift zu halten. "Ich habe gehört, Kumo liegt in ziemlich dünner Luft. Ich kann hier aber gut atmen."
"In dünner Luft, nicht in kaum vorhandener", erklärte Omoi. "Außerdem liegst du hier schon einige Zeit und konntest dich ein wenig anpassen. Nicht genug für einen ernsthaften Kampf, aber zum spazieren gehen wird es schon reichen. Oder für die schriftliche Prüfung."
Ich lächelte. "Erzähl mir mehr."
"Für das eigentliche Examen gehen wir in ein niedriger gelegenes Bergtal, in der wir ein Shinobi-Trainingsgebiet eingerichtet haben. Da gibt es das Übliche, Dschungel, fleischfressende Pflanzen, wild wütende Riesentiere, alles was das Herz eines Prüflings begehrt. Und die Luft ist da nicht ganz so dünn."
"Aber immer noch dünner als in Konoha."
"Ja, das ist anzunehmen." Er kratzte sich nachdenklich an der Stirn. "Aber das gilt für alle anderen Shinobi auch. Natürlich nicht für unsere eigenen Leute. Ist halt der Heimvorteil."
"Natürlich", sagte ich und lächelte dünn.
"Und was die Prüfung selbst angeht, da wirst du eine Menge Spaß haben, Mamo-chan. Glaub mir, ich hatte meinen Spaß. Natürlich nur, wenn deine Vorstellung von Spaß darin besteht, einen ganzen Tag in akuter Lebensgefahr zu sein."
Ich schnaubte amüsiert. "Ich hasse dich, Omoi."
Der Kumo-Shinobi grinste breit. "Nein, das glaube ich dir nicht, Mamo-chan."
Und er hatte damit Recht.
Er klopfte sich auf die Schenkel und stand auf. "Na, ich muss los. Habe hier Zuhause durchaus mehr Pflichten, als auf kleine Konoha-Shinobi aufzupassen und ihnen beim Schlafen zuzusehen."
Ich nickte verstehend. "Du kommst wieder?"
"Heute Abend vielleicht. Vorher werden deine Teamkameraden hier gewesen sein. Und eventuell meine, oder sogar Kirabi-sama. Ach, und Mamo-chan?" "Ja?" "Du hast wirklich niedlich ausgesehen, als du geschlafen hast."
"Hätte ich was zum werfen, würde ich jetzt danach greifen, Omoi."
"Okay, das glaube ich dir." Er winkte mir zum Abschied zu, verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Damit ließ er mich allein zurück, mit meinen Sorgen, meinen Gedanken und meinen Selbstvorwürfen. Aber das Beste was ich machen konnte war, schnell wieder gesund zu werden. Deshalb drehte ich mich um und versuchte wieder einzuschlafen.
***
Am nächsten Tag durfte ich nicht nur das Bett verlassen, sondern auch das Krankenhaus. Bei einem normalen Heilungsprozess ohne Chakra-Unterstützung wäre ich mit dem Blutverlust und dieser Wunde ein oder zwei Wochen ans Bett gefesselt gewesen. So aber waren die Auswirkungen des körperlichen Schocks und die negativen Aspekte des Blutverlusts schnell ausgeglichen worden. Außerdem war ich jung und trainiert, das half mir ebenfalls. Und meine Selbstheilung würde noch einige Tage stimuliert bleiben. Einer der Ärzte hatte mir einen Trick gezeigt, wie ich eigenes Chakra dafür aufwenden konnte. Solange ich mehrmals täglich eine bestimmte Menge Chakra im rechten Bizeps konzentrierte, würde ich die von den Medi-Ninjas angeregte Selbstheilung weiter stimulieren. Das würde meine Rekonvaleszenz von mehreren Monate auf einige wenige Wochen reduzieren. Eventuell ging es noch schneller, aber das hing von meinem Heilfleisch ab.
So, ich war draußen. Und das bedeutete, dass das Chunin-Examen wartete.
Wir verbrachten einen weiteren Tag in Kumogakure, den Karin und Hanako zum trainieren benutzten, während Sensei mir jegliche Aktivität verbot und strikte Ruhe verordnet hatte. Ich durfte nicht einmal genug Chakra schmieden, um eine Kerze zu entzünden. Aber ja, ich gebe es ehrlich zu, diese Ruhe hat mir sehr gut getan.
Für das Examen erwartete uns am nächsten Morgen ein Schulungsraum in der Residenz des Raikages.

Als ich Kumogakure das erste Mal betreten hatte, war ich besinnungslos gewesen und hatte nur die wenigen Fotos und die Berichte über die Stadt gekannt. Die harschen Sicherheitsmaßnahmen, die wenigen Zufahrtswege, zum Teil vermint, Checkpoints, die regelmäßig getestet wurden. Konohagakure war eine fröhliche, weltoffene Stadt des Handels und des Lebens. Kumogakure war eine uneinnehmbare Bergfestung.
Mit großen Augen bestaunte ich die hohen, in die Berge hinein gebauten Häuser, Türmen gleich, viele mehrstufig angeordnet.
Die Straße wirkte so belebt seltsam fremd, ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass in dieser Festung so etwas möglich war wie ein normales Leben. Konoha kannte viele Geschäfte und Gaststätten. Hier schien mir das undenkbar zu sein, bis ich bemerkte, dass sich das Leben in dieser Stadt in den mehrgeschossigen, übereinander gestapelten Häusern abspielte. Nur wenn jemand von Turm zu Turm wechselte, musste er auf die Straße. Das war auch eine Form des Lebens, und bei einem langen Wintersturm in dieser Gegend in dieser Höhe machte es wohl auch mehr Sinn. Ich vermutete, dass die Haustürme durch Laufgänge unter der Straße miteinander verbunden waren, die den Fußgängern im Winter zusätzlichen Schutz boten. Wahrscheinlich hatte man sie gleich mit errichtet, als die rigorosen Verteidigungen installiert worden waren.
Mein Blick ging über die Menschen, mit denen wir unterwegs waren, und von denen die meisten nur eines mit uns gemein hatten, den Stirnschutz mit dem Symbol ihrer versteckten Ninja-Stadt. Kumogakure bot einen recht beträchtlichen Anteil auf, aber ich erkannte auch die Symbole von Sunagakure, Kirigakure und Iwagakure. Diese vier großen Dörfer stellten den Hauptanteil der Prüflinge, und ein wenig wurmte es mich schon, dass ausgerechnet Konoha als fünfte der großen Städte nur ein einziges Team ausgesandt hatte, um sich der Prüfung zu stellen. Außerdem sah ich Teams von kleineren Dörfern, aber nur Amegakure und Getsugakure sandten mehr als ein Dreier-Team aus.
Für heute morgen standen die schriftlichen Prüfungen an, und es hieß, dass sie die Zahl der Prüflinge hier schon halbieren wollten. Auf der Straße unterwegs waren sechzig, und ich vermutete, dass ungefähr die Hälfte davon noch kommen oder bereits im Saal warten würden. Neunzig, vielleicht hundert Genin, schätzte ich. Etwas über dreißig Teams.
Wenn man dann auch noch bedachte, dass bei manchen Prüfungen nicht einmal der Sieger des abschließenden K.O.-Turniers ein wirkliches Anrecht auf den Chunin-Rang hatte, konnte einem ganz anders werden. Das ganze Examen war ein Schaulaufen, so wie man besonders beeindruckende Pferde vor einer Auktion vor dem Kaufwilligen paradieren ließ, damit sie sich jene mit den viel versprechendsten Merkmalen sichern konnten, nicht unbedingt den Sieger.
Andererseits war es eigentlich üblich, dass drei bis fünf Genin anschließend aufgrund ihrer Leistungen zum Chunin befördert wurden. Wir taten das hier also nicht völlig umsonst.

Ich stockte im Schritt, als die Gruppe vor mir, eine der beiden aus Getsugakure, anhielt und die Tür zur Residenz blockierte. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass sie stoppten. Nämlich genau jenen, den der derbe Schmerz in meinem rechten Oberarm brauchte, um einmal quer durch meinen Körper zu fahren, als ich auf den ersten Shinobi auflief. Nachdem ich die Schmerzen einigermaßen überstanden hatte und mein Blick sich geklärt hatte, konnte ich die besorgten Stimmen von Hanako und Karin hören, die von einem dumpfen Ton zunehmend klarer wurden. "Es geht", ächzte ich, und fixierte den dicken Getsugakure-Ninja, in den ich hinein gerannt war. Der Bursche hätte ohne Weiteres in Karins nähere Verwandtschaft gepasst, aber ich bezweifelte, dass er die überflüssigen Pfunde für das Familien-Jutsu brauchte - er war einfach nur fett. Andererseits hatte er nicht mal reagiert, als ich in ihn hinein gerannt war. Erst jetzt wandte er sich langsam um, und offenbarte ein Gesicht, das einem wohl dreißig Jahre alten Mann gehörte. Er musterte mich und die Situation. "Sicher, dass du an der Prüfung teilnehmen willst?"
Ich lächelte den größeren mit schmerzverzerrter Miene an. "Das Chunin-Examen ist leider nur einmal im Jahr, da kann ich nicht viel Rücksicht nehmen."
Für einen Moment schien der Mann verblüfft. Dann lachte er laut auf und klopfte seinen beiden Kameraden auf die Schultern. "Amir, Hassin, lasst doch mal die drei Küken aus Konoha vor. Einer von denen hat richtig Schneid." Die anderen beiden Ninjas aus Getsugakure drehten sich nun auch zu mir um. Der Rechte, ein großer, fast skeletthaft dürrer Shinobi, grinste mich an. "Was meinst du, Amir? Sollen wir?"
Der dritte in der Runde, ein kleiner, drahtiger Bursche, musterte uns eindringlich. Schließlich zuckte er mit den Schultern. "Warum eigentlich nicht? Es kann ihnen nur gut tun."
Die Konversation hatte ein wenig Aufmerksamkeit erregt, und neben den Getsu-Ninjas machten uns nun auch andere Shinobi Platz. Die Meisten von ihnen waren schon etliche Jahre im Geschäft, und sicher war dies nicht ihre erste Chunin-Prüfung. Als wir also vorgelassen worden ahnte ich, dass uns etwas erwartete, was speziell für die Neulinge bei der Prüfung inszeniert wurde.

Unter den grinsenden Blicken der Älteren gingen wir vor, passierten ein regelrechtes Spalier. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, wie die Getsugakure-Ninjas ihre zweite Gruppe zurückhielten, augenscheinlich Ninjas in unserer Altersstufe. Andere Gruppen wurden ebenfalls vorgelassen, und wir standen an der Spitze.
Bald hatten wir den Pfropfen an älteren Ninjas passiert. Dahinter erwartete uns ein gut belaufener, aber nicht überfüllter Gang. Ich ahnte, dass die Älteren absichtlich warteten, und einige sich dabei um ihre Kohais kümmerten, also die jüngeren Shinobi ihrer Orte. Die Getsugakure-Ninjas hatten auch uns zurückhalten wollen, und das rechnete ich ihnen spontan an; und vielleicht hatten sie uns nur durchgelassen, weil sie damit rechneten, das wir überwinden konnten was immer uns erwartete. Oder auch nicht.
Vor einer großen Tür, über deren Sims ein Schild darauf hinwies, dass der Prüfungsraum hinter ihr lag, stauten sich die jungen Genin. Eine Gruppe Kumogakure-Ninjas in unserem Alter hatte sich davor aufgebaut. Sie wirkten wie Wachtposten, aber sie hielten nicht wirklich jemanden zurück. Doch jeder, der den Mut aufbrachte, zwischen den vier bulligen, bösartig dreinblickenden Ninjas hindurch zu gehen, wurde wie von einer unsichtbaren Barriere zurück geworfen. Das stachelte andere an es zu versuchen, aber ihnen erging es nicht besser. Ich muss zugeben, auch ich fühlte mich von dieser Problematik, dieser Barriere, angezogen. Wie ich schon erzählt hatte, waren meine erbärmlichen sensorischen Fähigkeiten die Besten in der Gruppe, aber auch ich konnte nur eine große, dichte, kompakte Wand ertasten, welche das Jutsu darstellte, das uns den Weg versperrte.
"Warum macht Ihr nicht einfach auf?", rief ein Sunagakure-Shinobi entrüstet, und der wütende Ruf pflanzte sich schnell durch die Reihen fort. Ein eifriger Kirigakure-Ninja ließ sich zum Angriff auf den Kumo-Ninja ganz rechts hinreißen, und bevor er sich versah befand er sich am Boden, durch einen wirksamen Hebelgriff, den dieser mit nur einer Hand ausführte, fixiert.
"Langsam, langsam. Wir blockieren hier nichts und niemanden. Und wenn Ihr wirklich durch diese Tür wollt, dann müsst Ihr euch schon anstrengen. Das hat absolut nichts mit uns zu tun", sagte der Bursche selbstgefällig, und sein Grinsen reizte mich bis aufs Mark.
Karin zupfte an meinem Ärmel. "Mamo-chan, vielleicht...", begann sie. Aber sie verstummte, als Hanako-chan eine ärgerliche Verwünschung auf die unverschämten Kumo-Ninjas ausstieß.
"Was?", hakte ich nach, aber das Mädchen winkte ab. "Nur so ein Gedanke, Mamo-chan. Ist bestimmt nicht richtig."
"Okay." Ich hob eine Augenbraue. "Aber vielleicht willst du..."
"N-nein, nein. Es ist in Ordnung. Ich bin sicher, du bringst uns rein, Mamo-chan", sagte sie hastig.
Ich lächelte sie an. "Den Versuch ist es wert."
"Ja, genau", ereiferte sich Hanako. "Mamo-chan wird schon einen Weg durch die Barriere finden - schneller als alle anderen! Hörst du, Mamo-chan, die Ehre Konohas steht auf dem Spiel!"
Natürlich hatten das andere Ninjas gehört. Das Ergebnis war Aufmerksamkeit. Und zwar weit mehr als ich mochte. Hana-chan hätte sich in meiner Situation sicherlich wohl gefühlt, aber selbst sie verstand es, sich aus Dingen heraus zu halten, die sie nicht bewältigen konnte. Also schob sie mich vor.
Der Bursche aus Sunagakure musterte mich beinahe ärgerlich. Suna gehörte zu Konohas engen und besseren Verbündeten, aber ehrlich gesagt fand ich den Burschen schon von der ersten Sekunde an unsympathisch. Und das nicht nur weil er mit seinem viel zu groß gewickelten Turban lächerlich aussah. "So, so. Du kleiner Idiot willst also erreichen, woran der beste sensorische Ninja Sunagakures gescheitert ist, der große Tooma?" Er grinste mich abfällig an. Dann machte er eine einladende Geste zur Tür mit den vier grinsenden Wächtern. "Bitte sehr, Konoha, dein Versuch."
Oh, ich zweifelte schon daran, dass dieser Tooma der beste sensorische Ninja Sunagakures war. Aber ich zweifelte nicht daran, dass er besser war als ich. Und in meinem Geist machte das einen Baustein im Mosaik, welches die Situation gerade für mich bildete. Mit einem mentalen Klick fand es seinen Platz. Und nach einem kräftigen Stoß in meinen Rücken fand ich mich ganz vorne wieder. Dadurch schmerzte natürlich meine Schulter wieder, und ein gequälter Laut entwich meinen Lippen, bevor ich ihn unterdrücken konnte.
"Hey! Ich weiß nicht wie es bei euch Zuhause ist, aber hier wird auf einen verletzten Menschen mehr Rücksicht genommen!" Ein riesiger Schatten senkte sich auf mich nieder. Ich wandte mich um. Hinter mir kam ein wirklich großer Kumo-Shinobi heran. Er legte mir eine Hand auf die rechte Schulter, und wohlige Wärme durchströmte mich. "Wir kümmern uns nämlich um die Idioten, die das nicht können!" Der Bursche war mindestens zwei Meter zwanzig groß, und in den Schultern maß er genügend für zwei Männer. Er war muskelbepackt und so braungebrannt wie Kirabi-sensei. Er trug eine dicke Sonnenbrille, und das lange weiße Haar offen, wie eine Flut auf seine Schultern fallend. Er sah über mich hinweg auf das Tor zum Prüfungsraum und grinste breit. "Ach, dieses Spielchen schon wieder? Euch fällt auch nichts Neues ein", tadelte er die vier Torwachen."
Klick, ein weiteres Sortimentssteinchen.
Der Kumo-Shinobi ganz links grinste breit. Er sah nicht ein Jahr älter aus als ich, und dennoch hatte der Riese ihm vorgeworfen, so etwas öfter zu machen. Da die Austragungsorte des Examens variierten, bedeutete dies einen von zwei Fällen: Entweder reisten diese Shinobi von Prüfung zu Prüfung, oder sie waren auch schon bei der letzten Chunin-Prüfung in Kumogakure dabei gewesen. Den Punkt mochte ich nicht ausschließen. Immerhin hatte Konoha mit dem Jounin Kakashi Hayate einen Ninja, der bereits mit fünf Genin, und mit sechs Chunin geworden war. Doch ich bezweifelte sehr, dass dies allen vier Kumogakure-Shinobi vor mir gelungen war. Wenn ich also die Vermutungen wegließ und mich auf das stürzte, was wahrscheinlicher war, dann hieß das, dass diese vier auch beim letzten Examen in Kumogakure hier gestanden hatten, um die Tür zum Examensraum zu blockieren. Aber blockierten sie sie wirklich? Nach eigener Aussage nicht. Und was hatte das für einen Sinn, wenn ältere Shinobi, die vielleicht selbst schon Chunin waren, den Saal blockierten?
War das ein schlechter Scherz? Oder schon die erste Prüfung? Ein Versuch, uns zu demoralisieren?
Tausend Gedanken wirbelten mir durch den Kopf. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem, um die Schwächeren unter uns vorab weich zu kochen, um es den Prüfern zu erlauben, die Sahne von der Milch leichter abschöpfen zu können.
Der letzte Stein fiel ins Mosaik, während mich die anderen jungen Genin erwartungsvoll ansahen. Nein, diese Genin aus Kumo blockierten die Tür nicht. Und sie hatten auch kein Jutsu gewirkt. Nicht so jedenfalls, wie wir es erwarteten. "Karin, was wolltest du mir gerade sagen?" "I-ich... Nicht so wichtig, Mamo-chan."
"Karin!", sagte ich scharf. Ich hörte sie hinter mir erschrocken einatmen. Dann klang ihre Stimme laut und hysterisch auf. "Dieses Jutsu ist wie eine massive Wand!" Leiser, beinahe kläglich fügte sie hinzu: "Denke ich."
Ich lachte laut auf. Ich hielt mir die Linke an die Stirn und lachte. Unruhe kam in die beobachtenden Shinobi. Unverständnis. Sie raunten unzufrieden. Der Anführer der Wächter griente mich an. "Wir behindern niemanden, hier durch zu gehen", wiederholte er. Aber dieser Aussage hatte es nicht mehr bedurft, damit ich mir sicher war. "Hana-chan", sagte ich ernst, ohne mich umzudrehen, "wie ist der Name dieses Raumes?"
"Das siehst du doch selbst! Examensraum! Steht doch groß drüber!", antwortete sie ärgerlich.
Ich sah sie an. "Bist du dir sicher?"
Sie starrte wütend zurück, aber da war ein winziger Moment, ein Augenblick, in dem sie mich verstand, in dem wir uns verstanden, in dem unser Teamwork sichtbar wurde. Sie sah mich überrascht an. Dann musste sie lächeln. Sie formte Daumen und Zeigefinger beider Hände zu einem Rechteck und sah hindurch, auf die schwere Holztür zum Examensraum. "Es steht doch nicht drüber."
Nun war es wieder an mir zu lachen. "Kommt, gehen wir. Wir haben hier keine Zeit mehr zu verschwenden."
An der Spitze meiner Gruppe ging ich tiefer in den Gang, bis ich den ersten Wegweiser sehen konnte. Der riesige Kumo-Shinobi folgte uns zufrieden grinsend.
"Hey, Konoha!", rief Tooma aufgeregt hinter mir. "Gibst du auf? Ist das Problem zu schwierig für dich? Ist das alles was Konoha zu bieten hat?"
Ich grinste noch immer, als ich mich noch einmal umwandte. "Geh doch ruhig weiter mit dem Kopf durch die Wand, wenn du willst. Ich für meinen Teil gehe mit meinem Team jetzt zur Prüfung."
Damit wandte ich mich wieder um. Ich war nicht hier, um dieses Rätsel für Sunagakure zu lösen, aber immerhin war ich nett genug gewesen, den anderen einen Hinweis zu geben. Einige der jungen Shinobi schienen zu begreifen. Manche lachten, andere schienen sich über sich selbst zu ärgern, aber nach und nach machten fast alle Gruppen Anstalten, uns zu folgen. Sicher hatten nicht alle erraten, was es mit der Barriere auf sich hatte. Oder vielmehr mit der Illusion, welche die vier Kumo-Ninjas dort gewoben hatten.
Unsicher sah Tooma über die Ninjas, die uns folgten, und noch unsicherer betrachtete er den stetigen Strom der erfahreneren Ninjas, die sich nun ebenfalls ins Gebäude ergossen und die Tür ignorierten. Ihm blieb schlussendlich nichts anderes, als seinen eigenen Leuten zu folgen, wollte er nicht allein zurückbleiben.

"Danke für den Hinweis, Omoi. Sonst hätte ich vielleicht nie gemerkt, dass deine Leute eine Tür vorgegaukelt haben, wo es in Wirklichkeit nur eine harte Steinwand gibt."
Verlegen sah der Riese mich an. Er löste sein Jutsu auf, kramte in seinen Taschen und zog vier Lutscher hervor, die er großzügig unter uns verteilte. "Was hat mich verraten?"
Ich grinste breit. "Eigentlich nichts. Ich habe nur geraten. Du hast es mir gerade bestätigt."
"Gefährlicher kleiner Rüpel, du", tadelte Omoi und lachte zufrieden. "Ich sehe schon, Ihr Shinobi aus Konoha habt Potential. Aber du hättest bestimmter sein sollen, um deinen Verdacht zu äußern, Karin-chan." Das Mädchen senkte schuldbewusst den Kopf. "Und du hättest vielleicht von vorneherein mit einem Genjutsu rechnen sollen, Hana-chan." Die junge Frau wurde rot vor Ärger und Scham, sagte aber nichts. Sehr ungewöhnlich für sie. Und ein Zeichen dafür, wie gut Omoi getroffen hatte.
"Aber Ihr habt ja den großartigen Mamo-chan dabei. Was soll da noch schief gehen?"
Karin meldete sich mit einem schüchternden Handzeichen zu Wort. "Omoi-kun, die vier Genin, die da an der vermeintlichen Tür standen..."
"Ach, das hast du erkannt und nichts gesagt?" Omoi grinste, als auch auf Karins Wangen ein kräftiges Rot auftauchte. "Ein gutes Team lebt von den Fähigkeiten aller Mitglieder, und davon wie der Anführer die Informationen bekommt und verarbeitet. Ihr habt Mamo-chan nicht gut zugearbeitet."
"Er ist ja wohl auch nicht unser Anführer!", blaffte Hana-chan.
"Ich denke, für diese Prüfung wird er es sein. Und wenn du schlau bist, siehst du das auch ein, Hana-chan." Omoi wandte sich Karin zu. "Du hast also erkannt, dass die vier gar nicht in eurem Alter sind. Sondern dass sie sich ebenfalls mit Genjutsu ein jüngeres Aussehen gegeben haben, und oben im Saal als Prüfer auf euch warten."
"Äh, ja, bis auf das mit den Prüfern."
Okay, so weit hatte nicht mal ich gedacht. Ich sah Karin an, und fragte mich, ob ich sie nicht zu oft unterschätzte. Je mehr sie für sich behielt, desto schlimmer konnte das fürs Team werden.
"Karin", sagte ich ernst, "in Zukunft sprichst du alles aus, was dir durch den Kopf geht. Egal wie banal es klingt. Ich will alles hören." Omoi sah mich erstaunt an, und auch Hanakos Blick wäre unter anderen Umständen Gold wert gewesen. "A-alles?", fragte Karin unsicher.
Nun war es an mir, verlegen zu sein. "Ich meine natürlich im Einsatz", korrigierte ich mich. "Wir haben alle drei unterschiedliche Fähigkeiten und unterschiedliche Methoden, um Informationen aufzunehmen. Was nützt uns das, wenn wir die Informationen nicht zusammenlegen?"
"Okay. Ich verstehe", erwiderte sie. Sie lächelte fröhlich, und das war ein viel zu seltener Anblick. Ich machte mir bewusst, dass ich auch dafür verantwortlich war, der wortkargen und unsicheren jungen Akimichi mehr Grund zum Lächeln zu geben. Viel mehr Grund zum Lächeln. Immerhin waren wir mehr als Teampartner. Wir waren Freunde, und aufeinander angewiesen.
Omoi klopfte mir auf die Schulter. "So, hier geht es rein. Ihr müsst euch auseinander setzen, damit das Spiel nicht zu leicht wird. Aber keine Sorge, ich bin im Saal und schaue zu."
"Als einer der Prüfer?", argwöhnte ich.
"Als einer der Prüfer", erwiderte Omoi grinsend. Er betrat den bereits leidlich gefüllten Saal, und ging die Schräge bis zur großen Tafel durch, wo bereits weitere Shinobi warteten, unter ihnen auch Kirabi-sama und Uzuki-sensei.
Einige weitere Shinobi hatten sich bereits an den Wänden postiert und beobachteten die Eintreffenden mit mürrischen Mienen. "Aufteilen, Konoha", schnarrte einer von ihnen böse.
Ich sah Karin und Hanako an. "So, jetzt gilt es. Vergesst nicht, wenn wir diese Hürde nicht meistern, dann war es das für den Chunin-Rang. Ein ganzes Jahr lang. Also gebt euch Mühe. Und vergesst nicht, wir arbeiten so lange wir können als Team."
Die beiden nickten bestätigend. "Mamo-chan, wenn du es schaffst, kriegst du vielleicht was von mir", sagte Hanako. "Vielleicht. Und von Karin auch."
"Ja, ja, was auch immer. Und jetzt sucht euch Plätze, möglichst weit auseinander."
Für einen Moment starrte Hana-chan mich an, bevor sie mit einem gezischten "Idiot" an mir vorbei huschte. Auch Karin sah mich so merkwürdig an, beinahe verzweifelt, bevor sie sich mit einer gemurmelten Entschuldigung an mir vorbei drückte.
Und, was war das jetzt schon wieder? Ich seufzte. Als wenn ich mit dem gekappten Bizeps nicht schon genug Ärger hätte.
Karin hatte sich gemäß ihrer Art ins hinterste Drittel gesetzt, möglichst weit weg vom Vortragspult auf der Sohle des Saals. Hanako als alte Streberin hatte sich den letzten freien Platz in der zweiten vorderen Reihe links ausgesucht, und für mich blieb damit eine freie weite Auswahl.
Ich ließ meinen Blick über die freien Plätze schweifen und bemerkte Omoi, der wieder herauf stieg, um seinen Platz an der Wand einzunehmen. Kurz trafen sich unsere Blicke, und ich wusste, wo ich sitzen wollte. Direkt in seiner Nähe.

Die schriftlichen Prüfungen waren bereits ausgeteilt, aber die blanken Seiten lagen oben. Ein Ninja, dessen Stirnzeichen ich nicht erkennen konnte, wurde aus dem Saal geworfen, als er es wagte - noch nicht einmal besonders geschickt - unter die Zettel zu linsen.
Ein anderer machte es besser, indem er den Test durch einen Windstoß anhob und sein Ninja-Haustier, ein dürres pelziges Frettchen, an dem Hana-chan und Karin-chan sichtlich ihre Freude gehabt hätten, drunter schauen ließ. Ich bemerkte, dass Omoi das auch sah, aber dieser Ninja wurde nicht rausgeworfen.
Es dauerte einige Zeit, bis ich auf dem unbequemen Stuhl eine einigermaßen gute Sitzhaltung gefunden hatte, vor allem mit dem rechten Arm in der Schlinge war das nicht sehr leicht.
Als ich mich für einen Moment zurücklehnte, um zu entspannen, hörte ich wie der Stuhl neben mir zurückgezogen wurde. Ich sah herüber. "Tooma."
"Eben der." Er blickte mich grießgrämig, aber nicht böse an. "Du hättest mir das mit der Wand auch sagen können, anstatt mich dumm da stehen zu lassen."
Ich grinste dünn. "Was denn? Ausgerechnet der größte sensorische Ninja von Sunagakure braucht meinen Rat?"
Für einen Moment wirkte er ärgerlich, dann aber lächelte er dünn. "Vielleicht war ich mehr als ungerecht, als ich dich in die Mitte der Aufmerksamkeit schob. Vielleicht habe ich meinen Frust an dir abreagieren wollen. Das sind beides keine guten Eigenschaften für einen Shinobi. Und dafür entschuldige ich mich." Seine Miene wurde starr. "Aber das ich dich nicht mag ist eher eine persönliche Sache, Konoha."
Ich lachte leise. "Okay, damit kann ich sehr gut leben. Ich bin Mamoru Morikubo. Du musst mich also nicht weiterhin Konoha nennen."
"Und was ist, wenn ich das aber will?"
Ich schnaubte leise. "Dann nenne ich dich eben Suna."
"Ist mir vollkommen Recht, Konoha."
Für einen Moment tauschten wir ein freches, beinahe verständnisvolles Grinsen, das aber nichts daran änderte, das wir ab diesem Moment Rivalen waren.

"Wenn die beiden Herren aus Konoha und Suna sich dazu entschließen könnten, auch endlich zuzuhören", klang eine trockene, laute Frauenstimme zu uns hoch, "dann könnten wir mit der Prüfung eventuell beginnen. Falls es den beiden Herren genehm ist, meine ich."
Ätzender Spott stand in den Augen der blonden Frau am Rednerpult. So viel Spott, wie ich nicht ertragen konnte. War es das, was mich damals zu dieser Dummheit trieb? Wahrscheinlich ja. Ich war immer gut darin, meine eigenen Fehler einzusehen, aber Überheblichkeit hatte mir immer zu schaffen gemacht, vor allem Überheblichkeit gegenüber meiner Person. "Bitte, Sensei, tun Sie sich keinen Zwang an", sagte ich gönnerhaft.
Für einen Moment huschte Ärger über ihr Gesicht. Sie machte sich eine Notiz auf ihren Zetteln, und neben mir murmelte Omoi so etwas wie "Mamo-chan, du kleiner Idiot". Andererseits stand ich auch zu meinen Fehlern, gerade zu den dümmeren.
"Noch einmal für unsere beiden Helden aus Konoha und Suna: Ich bin Yugito Nii, die Hauptprüferin des schriftlichen Examens der heutigen Chunin-Prüfung. Die Prüfung besteht aus einem achtseitigen Fragenkatalog zu den Themen Aufgaben und Fähigkeiten eines Shinobi, speziell aber zu Führungsrollen. Es sind insgesamt achtundsechzig Fragen zu neun Wissensgebieten, von denen vierzig sogenannte Multiple Wahl-Fragen sind. Ihr könnt euch dort also, wenn Ihr die Antwort nicht wisst, eine von vier vorgegebenen Antworten aussuchen. Das Zeitlimit ist zwei Stunden und zehn Minuten." Sie sah in die Runde. "Noch ein wichtiges Wort in die Runde. Ihr habt gesehen, dass wir noch vor Beginn einen Shinobi aus dem Saal gewiesen haben, weil er versucht hat, sich die Prüfungsunterlagen anzusehen." Sie seufzte theatralisch, und ich fühlte mich versucht, auf den anderen Shinobi hinzuweisen, der nicht des Saales verwiesen worden war.
"Wir sind hier alle tapfere, erfahrene Shinobi, die alle eine Führungsrolle anstreben. Um das zu erreichen erwarten wir große Fähigkeiten, ja, Perfektion. Ich kann hier keinen kleinen Trottel passieren lassen, der derart plump zu betrügen versucht! Nur eine erstklassige Technik bringt hier den Erfolg!"
Erschrocken sackte ich ein Stück im Stuhl zusammen. Interpretierte ich das richtig, und hatte Nii-sensei uns gerade die Erlaubnis gegeben zu schummeln, wenn wir nur gut genug waren?
"Die Schiedsrichter an den Wänden beobachten euch genau", fuhr sie fort, "und beurteilen eure Leistungen. Jeder, der dreimal beim plumpen Abschreiben erwischt wurde, fliegt aus dem Saal. Und mit ihm seine Gruppenmitglieder."
Erneut runzelte ich die Stirn. Der erste Bursche, der raus geflogen war, war jedenfalls alleine gegangen. Aha. Klick. Ein Mosaiksteinchen in meinem Kopf fand seinen Platz.
"Also benehmt euch, wie es sich für fähige Shinobi und zukünftige Chunin gehört, und enttäuscht die Prüfer nicht."
Sie sah ins weite Rund, und der letzte Blick galt Tooma und mir. Natürlich. Es war kein besonders netter Blick. "Beginnt... Jetzt!"

Schnell wendete ich die Blätter und erkannte schon auf Seite eins, dass der Durchschnitt der Fragen für mich problemlos zu beantworten war. Der Block mit den vorgefertigten Antworten war da schon schwieriger zu beantworten, und ich ahnte, dass Karin die meisten nicht schaffen würde. Knapp die Hälfte war auch mir zu schwierig, und in einigen Bereichen, die Hana-chan geradezu lächerlich leicht fielen, würde ich raten müssen. Hm. Ich sah die Ränge hinab. Hanako lächelte verschmitzt zu mir herüber. Anscheinend hatte sie die gleiche Idee wie ich. Anschließend sahen wir Karin an, die bei der Art der Fragen schon leichte Anzeichen von Verzweiflung zeigte. Aber unsere zuversichtlichen Blicke beruhigten sie.
Wenn ich Nii-sensei richtig verstanden hatte war schummeln und abschreiben erlaubt, wenn wir es wie gute Shinobi machten. Also sprach nichts dagegen, dass Hana-chan ihr Familien-Jutsu des Bewusstseinstransfers benutzte, um mich und Karin zu übernehmen. Alle unsere Antworten zusammengenommen mussten sie in die Lage versetzen, bei jedem von uns die richtigen Antworten einzutragen. Und alles was ich dafür tun musste, war all jene Fragen zu beantworten, deren Antwort ich wusste, und Hana-chan dann ein Zeichen zu geben. Das war doch zu schaffen.
Zuversichtlich blätterte ich bis auf die letzte Seite durch. Der Text dort überraschte mich doch sehr. Frage achtundsechzig, stand da, würde erst in den letzten zehn Minuten der Prüfung mündlich gestellt werden und mehr Gewicht haben als alle anderen siebenundsechzig Fragen zusammen genommen. Ich widerstand der Versuchung, mir an den Kopf zu fassen und laut aufzustöhnen. Was also hinderte komplette Fachidioten daran, alles auf eine Karte zu setzen, die anderen Fragen zu ignorieren und darauf zu hoffen, nur die letzte beantworten zu können? Das bedeutete eine Fünfzig-Fünfzig-Chance. Mehr noch, es machte alle anderen Fragen nahezu wertlos.
Mein Blick ging zu Omoi, aber der Kumo-Ninja gab sich unbeteiligt und sah mich nicht an. Es hätte mich nicht besonders überrascht, wenn er begonnen hätte, unschuldig zu pfeifen.
Dennoch, es blieben über zwei Stunden totzuschlagen, und da ich Risiken nicht sehr mochte - damals wie heute - machte ich mich an die Beantwortung der Fragen.

Während ich meine Fragen bearbeitete, bemerkte ich aus den Augenwinkeln etliche der anderen Prüflinge kräftig arbeiten. Der mit dem Frettchen ließ es laufen, damit es bei seinen Teamkameraden auf die Tests schauen konnte. Das war den Prüfern jedoch offensichtlich zu simpel, und nach dem dritten Versuch wurden alle drei zum Hauptausgang aus dem Saal geworfen.
Andere machten es besser. Ich bemerkte einen Kirigakure-Ninja, der mit Hilfe zweier Kunais einen Spiegel an der Decke platziert hatte, mit dem er seinen Nachbarn vor sich in die Texte blicken konnte. Das fand anscheinend Gnade vor den Prüfern. Ein anderer benutzte ein winziges Insekt, das für ihn von Blatt zu Blatt flog. Es erinnerte mich sehr an den Aburame-Clan in Konoha. Und es machte mir bewusst, dass wir in Konoha nicht die einzigen Insektenbändiger hatten.
Zwei weitere Ninja tauschten ihre Unterlagen blitzschnell aus, obwohl sie aus unterschiedlichen Dörfern stammten. Zumindest behaupteten das ihre Stirnbänder. Hm. Auch die Methode fand Gnade vor den Prüfern, andere jedoch nicht. Zum Ablauf der ersten Stunde hatten von rund einhundert Shinobi schon über dreißig den Saal verlassen müssen.
Ich selbst hatte ausgefüllt was ich wusste. Es wurde Zeit, Hana-chan ein Zeichen zu geben.
Ich ließ den Stift fallen, zerdrückte einen derben Fluch zwischen den Lippen und nahm den rechten Arm aus der Schlinge. Dann streckte ich beide Arme durch, und wie erwartet zuckte beißender Schmerz durch den Oberarm und ließ mich fast aufheulen. Das provozierte einiges an Gelächter. "Ich dachte, das wäre schon fertig", murrte ich entschuldigend, musste aber den linken Arm zu Hilfe nehmen, um meinen verletzten Arm wieder in der Schlinge zu platzieren.
Dann schlug das Bewusstseinstausch-Jutsu der Yamanakas zu, und ich tauschte mit Hana-chan die Körper. Bis sie fertig war, würde ich wehrlos sein, gefangen in ihrem Leib, ohne etwas zu fühlen, ohne handeln zu können. Aber sehen konnte ich, und Hanako hatte sich vor dem Bewusstseinstransfer so platziert, sodass ich auf ihre Unterlagen sehen konnte. Genau auf jene Parts, die sie beherrschte, und die mir schwer fielen. Das kleine Biest konnte es nicht lassen, mir eine Nachhilfelektion zu erteilen. Und durch die Lähmung konnte ich ihr nicht entkommen. Das frustrierte beinahe ebenso wie es mich amüsierte.
Eine Viertelstunde später löste sie das Jutsu auf, und ich konnte zufrieden auf fast sechzig ausgefüllte Fragen schauen. In diesem Moment würde sie wohl Karin übernehmen und ihre Fragen beantworten. Eventuell, wenn die Zeit reichte, würde sie dann noch mal meinen Körper übernehmen, und die restlichen Fragen beantworten.
Zwei weitere Gruppen wurden aus dem Raum geworfen, und die Arten des Abschreibens wurden immer subtiler. Ich bemerkte zwei Shinobi aus Kumogakure, die ein ähnliches System wie wir zu verwenden schienen. Eine Gruppe aus einem Ninjadorf, dessen Zeichen ich nicht kannte, eine große Achtelnote, tauschten sich durch eine Art Summen am oberen Ende des hörbaren Spektrums aus. Das war ein Bereich, den neunzig Prozent aller Shinobi nicht hören konnten, und viele von ihnen verloren diese Fähigkeit mit zwanzig, dreißig Jahren auch noch.
Und dann war da auch noch Tooma neben mir, der seinen Bogen mit schlafwandlerischer Sicherheit ausgefüllt hatte. Doch nun schien er in einer Klemme zu stecken, denn er klopfte nervös mit seinem Stift einen leisen, aber energischen Takt auf dem Holztisch. Zumindest wirkte es so auf mich - auf den ersten Blick. Bis ich bemerkte, dass einer von Toomas Partnern vor ihm saß; und wie sich der Schriftzug auf dessen Rücken subtil veränderte und neue Worte bildete. Tooma beantwortete dies, indem er heftig zu radieren und gut hörbar erneut über das Papier schrieb. Es ergab ein ähnliches Stakkato wie das Klopfen. Ich musste zugeben, das war subtil und geschickt.
Als die zweite Stunde um war, befanden sich nur noch knapp fünfzig Prüflinge im Raum. Unter ihnen waren die meisten älter. Ich wusste, das hatte etwas zu bedeuten.
"So, legt die Stifte beiseite." Nii-sensei fixierte Tooma und mich. "Auch die beiden Scherzbolde auf der fünften Bank, bitte. Es wird Zeit für die letzte Frage."
Gehorsam legten wir die Stifte beiseite.
"Aber bevor wir dazu kommen..." Nii.-sensei hielt inne, bis von den Prüfern Notizzettel bis zu ihr durchgereicht worden waren. "...möchte ich feststellen, dass es keine Gruppe hier im Raum gibt, die nicht betrogen und abgeschrieben hat. Ihr habt Glück und seid alle unter höchsten zwei Versuchen geblieben. Aber diese Häufung und Dreistigkeit kann ich nicht dulden. Ich fürchte, ich muss hier ein wenig Selektion betreiben, bevor wir zur letzten Frage kommen." Sie zeigte ein strahlendes Lächeln, als sie mich direkt ansah. "Ah, Konoha Eins. Morikubo, Yodama, Akimichi. Ihr habt alle je zwei Verweise wegen Abschreiben. Das ist ein wenig viel, meint Ihr nicht?" Sie seufzte laut. "Aber ich will mal Gnade vor Recht ergehen lassen, weil Ihr euch Mühe gegeben habt. Ich schließe einen aus eurer Gruppe aus und gestatte den anderen beiden, hier im Raum zu bleiben. Karin Akimichi, du bist die Schwächste in der Gruppe. Du wirst..."
Ich fuhr auf und schlug auf mein Pult. Das heißt, ich wollte drauf hauen, aber von unten klang bereits der harte Schlag einer Hand auf Holz zu mir herauf. Hana-chan stand bereits. Sie sah Nii-sensei böse an. "Wenn, dann müssen Sie uns alle drei bestrafen, Sensei, denn es war eine Gemeinschaftsarbeit! Und wagen Sie es ja nicht, Karin als die Schwächste in unserer Gruppe zu bezeichnen! Sie kennen sie ja gar nicht!"
Nii-sensei runzelte die Stirn. "Hör mal, Kleines, ich versuche hier, euch die Chance zu geben, doch noch in die nächste Prüfung zu kommen, und..."
"Das können Sie sich sparen", sagte ich ernst. "Wir sind, wie Sie so schön sagten, Konoha Eins, und wir lassen unsere Kameraden nicht im Stich. Karin soll den Raum verlassen? Dann gehen wir mit."
Nii-sensei lachte abfällig. "Und du meinst, bei der nächsten Prüfung wird es dir leichter fallen? Dir oder ihnen?"
"Wir werden sehen. Und hart dafür trainieren", erwiderte ich. "Gehen wir."
"Nicht oben raus. Unten lang", sagte Nii-sensei und deutete auf die Tür neben der Tafel.
Omoi verließ seinen Platz neben meiner Bank. Mit steinerner Miene stieg er auf die untere Ebene herab und öffnete die Tür für uns drei. Hanako stand der Trotz deutlich ins Gesicht geschrieben, und Karin sah so aus als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Ich legte meinen gesunden Arm um sie und drückte sie tröstend. "Lass dir das nicht an die Nieren gehen. Das war reine Willkür. Und nächstes Mal machen wir es eben einfach besser, okay?"
Ihre Augen schimmerten feucht, als sie neben mir durch die Tür in einen weiteren, kleineren Saal trat. Kirabi-sama erwartete uns hier. Seine Augen und seine Miene waren ausdruckslos. Mit einer fahrigen Geste zeigte er auf eine Reihe von Stühlen. "Setzt euch, bitte. Es wird noch ein wenig dauern."
Gehorsam nahmen wir Platz. "Auf jeden Fall wissen wir jetzt einiges über die Fragen, die gestellt werden", sagte Hanako mit einem falschen fröhlichen Lächeln. "Das wird uns nächstes Jahr mächtig weiter helfen."
"Interessant. Wollen wir dafür eine Studiengruppe bilden?", klang Toomas Stimme an der Tür auf. An der Spitze seiner Sunagakure-Gruppe trat er ein und folgte der Aufforderung Kirabi-samas, sich ebenfalls zu setzen.
"Vielleicht sollten wir das, wenn das bedeutet, dass der beste sensorische Ninja Sunas mit uns ist", stichelte ich.
Bevor er antworten konnte, öffnete sich die Tür erneut, und ein weiterer Trupp trat ein. Ich erkannte sie als die Gruppe älterer Ninjas aus Getsugakure; ihre jüngeren Kameraden waren schon während der Prüfung wegen Schummelns raus geflogen. Sie sagten nicht viel, und auch Kirabi-sama machte nicht viele Worte. Tooma und ich schwiegen, während der Saal sich in den nächsten zehn Minuten deutlich füllte. Das waren in etwa jene zehn Minuten, die für die letzte Frage veranschlagt worden waren, ging es mir durch den Kopf. Der Strom an Ninjas versiegte. Es waren vor allem ältere Teams im Saal, nur wir, Toomas Gruppe und eine aus Kirigakure war in meinem Alter.
Aus dem Prüfungssaal erklang plötzlich wütendes Geschrei, dann war es schlagartig still.

Nii-sensei trat ein, abfällig schnaubend, gefolgt von einigen der Prüfer. "Jedes mal der gleiche Ärger mit den Halbstarken", sagte sie und kam zu Kirabi-sama.
"Bitte, Yugito-kun", sagte Kirabi, aber die junge Frau winkte ab. "Nein, Sempai, Sie haben heute ein persönliches Interesse, das Ergebnis zu verkünden, oder?"
Kirabi-sama schnaubte bestätigend. Übergangslos verschwand das aufgesetzte, nichtssagende Gesicht, und dem jungen Mann schien ein Leuchten aus den Augen zu springen.
"Ergebnis?", fragte ich irritiert, als ich nun auch noch Omoi, Karui und Samui lächeln sah.
"Herzlichen Glückwunsch!", sagte Kirabi-sama, und sah uns an, eine Bande von jetzt noch knappen vierzig Shinobi, "Ihr habt die schriftliche Prüfung bestanden!"
Überrascht schnaubte ich aus. Neben mir begann Karin zu weinen, während Hanako-chan konsterniert in Richtung des Kumo-Shinobi starrte.
Auf meiner anderen Seite stockte Tooma mitten in einem abgehackten Lachen, und seine beiden Teamkameraden klopften sich jubelnd auf die Schultern. Das Meiste ging im allgemeinen Jubel unter, der plötzlich herrschte.
Als es ein wenig ruhiger geworden war, lächelte Nii-sensei ins Rund. Sie hob eine Hand, und nach und nach kamen die Jubelnden zur Ruhe. "Lasst mich das erklären. Wir haben hier nicht nur euer Wissen getestet, sondern auch eure Fähigkeiten, vor allem aber die Zusammenarbeit und eure Ninja-Techniken. Ihr konntet alle maximal einhundert Punkte erreichen, musstet aber jeder für sich mindestens achtzig schaffen. Alle die hier sitzen haben einzeln über achtzig Punkte erreicht. Das letzte Hindernis war die achtundsechzigste Frage, nämlich ob Ihr einen Teamkameraden zurücklassen würdet, um im Examen weiter zu kommen."
Sie hielt kurz inne, und ein Blick voller Respekt streifte Hanako. "Für einen Shinobi ist es natürlich wichtig, seinen Auftrag zu erfüllen, das Missionsziel zu erreichen. Dafür muss er oft genug Wagnisse eingehen, auch Kameraden opfern, und irgendwann auch das eigene Leben, wenn es hart genug wird. Aber er muss auch erkennen, wann er dies tun muss, und wann er besser seine Leute zurücknimmt und auf eine zweite, bessere Chance wartet. Shinobi sind wertvoll und sollten nicht in aussichtslosen Situationen verheizt werden. Vor allem nicht, wenn absehbar ist, dass es eine zweite Chance gibt."
"Oder anders ausgedrückt, als Ihr aufgefordert wurdet, einen von euch zurückzulassen um weiter zu kommen, obwohl im nächsten Jahr eine weitere Prüfung ansteht, musstet Ihr euch entscheiden, geschwächt in die zweite Runde zu gehen, oder besser vorbereitet in einem Jahr zu wiederholen." Kirabi-sama sah ins Rund. "Alle, die hier sitzen, haben die richtige Wahl getroffen und erfüllen den Standard, den wir von einem Chunin erwarten. Also noch mal, Gratulation."
Merkwürdig, wenn ich mich recht erinnere, war die Erleichterung für mich so groß, dass ich zehn Minuten lang den schmerzenden Bizeps nicht mehr spürte. Die erste Runde war geschafft.
"Aber ab hier wird es nur noch schwerer", mahnte Nii-sensei. "Ab hier wird die Zahl der Teilnehmer mindestens halbiert werden."
Sie sah zu mir und meinen Kameradinnen herüber. "Konoha Eins, mir wurde zugesagt, dass Ihr nächstes Jahr Erlaubnis habt, die theoretische Prüfung zu überspringen, wenn Ihr euch wegen der Verletzung von Mamoru Moribuko zurückzieht."
Im ersten Augenblick wollte ich energisch widersprechen, aber dann begriff ich, dass auch meine nächste Antwort eine Prüfung war. Wenn schon nicht für das Chunin-Examen, dann aber doch für mich selbst. Ich war verletzt, nicht gerade leicht verletzt, und wir wussten nicht, was uns als nächstes erwartete. Da wir "halbiert" werden sollten, lief es wohl auf eine Prüfung unserer Leistungsfähigkeit hinaus. Und ich war definitiv gehandicapt.
Hana sah mich ernst an; sie überließ die Entscheidung mir. Karins Blick war ängstlich, aber auch sie schien entschlossen, meiner Entscheidung zu folgen.
"Kirabi-sama?" Der große weißhaarige Mann wiegelte mit beiden Händen ab. "Schieb das nicht auf mich, Junge."
Ich sah zu meinen Freunden unter den Kumo-Shinobi herüber, aber die drei fanden plötzlich die Decke sehr interessant. Verräter.
Also sah ich Tooma an, der überrascht zurück sah. "Keine Ahnung, ob du das schaffst. Traust du es dir denn zu?"
Das gab für mich den Ausschlag. "Ninjas müssen oft mit Handycaps kämpfen, nicht selten um ihre Leben. Ich bin gespannt, wie weit ich mit meiner Wunde komme." Ich nickte entschlossen. "Konoha Eins nimmt weiterhin teil."
"Irgendwie habe ich das geahnt", seufzte Kirabi. "Sie nehmen teil, Yugito-kun."
"Ja, Sempai." Sie lächelte ins Rund. "Eine Stunde Pause für alle. Mittagessen steht in der Kantine im Erdgeschoss bereit. Anschließend sammeln wir uns wieder im Prüfungsraum und ziehen gemeinsam weiter zur zweiten Prüfung. Ihr seid entlassen."
Mit diesen Worten löste sie die Gruppe auf; wir waren einen großen Schritt weiter auf dem Weg, um Chunin zu werden.

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"Junge, das war ein Spaß", sagte Omoi und schlug mir dankenswerterweise auf die linke Schulter. "Für nen Moment dachte ich schon, du erkennst die Falle nicht, aber dann kam dir ja Hana-chan zu Hilfe."
"Glücklicherweise", bestätigte Samui mit einem zufriedenen Lächeln.
Ich tauschte einen verdutzten Blick mit Hanako. "Also, wir haben das ernst genommen", sagte ich.
Die beiden Shinobi erstarrten. Karui begann zu lachen. "Da stehen mir ja zwei Einladungen zum Barbeque bevor."
"Ihr habt gewettet?", fragte Karin entrüstet.
"Ja, ob Ihr erkennt, dass die letzte Frage die war, ob Ihr einen Partner opfert oder nicht. Bis jetzt dachte ich, Ihr hättet nur gut geschauspielert", murrte Omoi missmutig. "Karui einladen, das wird ein teurer Spaß."
"S-soviel esse ich nun auch wieder nicht", beschwerte sie sich.
"Apropos essen, seid Ihr fertig?", fragte Samui. "Es wird nämlich Zeit für euch. Und ab hier wird es schwerer, nicht leichter."
"Wir sind fertig." Ich lächelte dünn. War das die richtige Entscheidung gewesen? Hätte ich mich vielleicht doch fürs nächste Jahr entscheiden können, mit der Option die erste Prüfung zu überspringen? Aber Ninjas im Feld hatten eher selten die Chance dazu, also war mir meine Entscheidung logisch vorgekommen. Ansonsten hätte ich mit der Verletzung doch nicht mal zur schriftlichen Prüfung antreten sollen, oder? Nun, wenn ich mir das oft genug sagte, dann würde ich es eventuell auch selbst glauben.

Im Prüfungsraum angekommen erwartete uns bereits ein düster drein blickender Kerl, groß, vierschrötig, mit einer langen schwarzen Mähne. Die Nase hatte schon bessere Zeiten gesehen, so etwa vor dem vierten oder fünften Bruch. Er stand neben Kirabi-sama und Nii-sensei und betrachtete die neununddreißig Prüflinge, die wieder in den Raum traten. Neununddreißig, das bedeutete dreizehn Teams. Unseres, Toomas Team aus Sunagakure, zwei aus Kirigakure, vier aus Kumogakure, unsere Bekanntschaft aus Getsugakure, dieses Team mit der Note als Stirnbandzeichen, zwei aus Iwagakure, und das letzte aus Kusagakure.
"Da habt Ihr aber ein paar viele Prüflinge übrig gelassen." Er warf Nii-sensei einen bösen Blick zu. "Du wirst weich, Mädchen."
Die blonde Frau lächelte tiefgründig. "Vielleicht sind auch einfach nur so viele ernsthafte Kandidaten für den Chunin-Rang unter ihnen, Motoi-sempai."
Der große Mann ließ einen abfälligen Laut hören. "Ernsthafte Kandidaten für den Chunin-Rang? Du wirst also tatsächlich weich. Das hätte ich ausgerechnet von dir nicht erwartet." Er sah wieder zu den wartenden Genin herüber. "Aber ich werde die Zahl radikal reduzieren." Er lächelte plötzlich, aber er schien in dieser Disziplin so unerfahren zu sein, dass Karin neben mir instinktiv nach meinem Ärmel griff und einen erschrockenen Laut machte. Nein, ich musste mich korrigieren. Motoi wusste genau, wie sein Lächeln wirkte.
"Ich habe das südliche Trainingsgebiet vorbereiten lassen. Wir brauchen sechs Stunden, um es zu erreichen. Deshalb werden wir jetzt sofort aufbrechen. Alles weitere erkläre ich dort." Ohne weiter auf uns zu achten ging er zwischen uns durch zum Ausgang und verließ den Saal. Die anderen Genin folgten ihm, und auch ich wollte mit meinen Kameradinnen aufspringen. Doch Kirabi-sama winkte uns heran.
"Ihr seid gehandycapt", stellte Kirabi-sama fest, "und das ist zu einem beträchtlichen Teil meine Schuld."
"Kirabi-sama, wenn Sie deshalb Schuldgefühle haben, dann..."
"Halte die Klappe, Mamoru." "Ja, Kirabi-sama."
"Also, ich bin Schuld daran, dass Mamoru nur die Hälfte wert ist. Deshalb gebe ich euch ein wenig Starthilfe. Karin, du bist die Recherchekoryphäe des Trupps, also höre aufmerksam zu."
Die nächsten zehn Minuten verbrachte Kirabi-sama damit, uns die gefährlichsten Spezies der Flora und Fauna zu erklären, die uns im südlichen Trainingsgebiet erwarten würden. Das Ganze auf einer Fläche von fünfzehn Quadratkilometern. Das waren wirklich keine schönen Aussichten. Ich wollte weder von pfeilschnellen Raubechsen gefressen werden, die im Rudel jagten und mit ihren Kunai-scharfen Krallen einen Menschen längs aufschlitzen konnten, bevor er schrie; noch wollte ich in das Nest einer roten Winzspinne treten, deren Biss in wenigen Sekunden tödlich war, und die einen Tritt in ihr Nest überhaupt nicht mochte. Das waren nur zwei der Gefahren, von denen die meisten natürlich auch den Kumo-Genin bekannt sein mussten.
Kirabi-sensei musterte uns streng. "Habt Ihr das alles verstanden?"
"Ja, Kirabi-sama." "Gut, dann geht da raus und zeigt Kumogakure aus welchem Holz die Shinobi von Konoha sind." Er verlor sein Lächeln für einen Moment. "Wir hatten eine schwere Zeit miteinander, Kumogakure und Konohagakure. Noch immer gibt es Stimmen im Rat und in den Reihen unserer Shinobi, die sagen, dass wir den Frieden zu leichtfertig angeboten haben, dass wir hätten siegen können. Zwei der Kumo-Genin-Gruppen im Examen haben Mentoren aus dieser Fraktion. Ich würde es gerne sehen, wenn die Stärke von Konoha von unseren Leuten anerkannt wird. Das könnte den Frieden besser sichern als ein Machtwort meines Bruders." Er machte einen enttäuschten Laut. "Du hättest zu keinem schlechteren Zeitpunkt verletzt werden können, Mamoru."
Okay, ich war nicht der Schnellste, weder beim Fast Step, noch beim Denken. Ich war der Erste, der das zugab. Aber ich verstand. Und ich kapierte auch, warum Kirabi-samas Gruppe uns hatte abholen wollen. Wir hatten Kumogakure um jeden Preis erreichen sollen, um den Shinobi und dem Rat präsentieren zu können, dass ein neuer Kampf mit Konoha zumindest kostspielig werden würde. Andererseits zweifelte ich nicht eine Sekunde an der Zuneigung von Kirabi-sama, die er uns zeigte, und auch nicht an der Freundschaft, die sich zwischen uns und Omoi und den Mädchen entwickelt hatte. Für sein Ziel, für unser gutes Abschneiden, war Kirabi-sama sogar so weit gegangen, die Regeln zu biegen. Nicht zu brechen, denn von den natürlichen Gefahren hätten wir früher oder später doch erfahren. Aber er bog sie, indem er uns auf die beiden Kumogakure-Teams aufmerksam machte, die es eventuell auf uns abgesehen haben mochten. Verdammt, und ich konnte keine Fingerzeichen formen.
Er strich den Mädchen mit beiden Händen über die Haare, und gab mir anschließend einen schmerzhaften Knuff gegen mein Kinn. "Enttäuscht mich nicht, meine Kleinen. Zeigt mir, was Ihr drauf habt."
"Und dafür werdet Ihr genügend Gelegenheit haben", sagte Nii-sensei mit einem gefährlichen Grinsen. Wenn ich zuvor nicht geahnt hätte, dass es schwer werden würde - jetzt wusste ich es.
Omoi winkte uns. "Mir nach. Ich kenne eine Abkürzung."
Wieder verließen wir den Saal zum hinteren Raum, von dort führte eine Geheimtür zu einem Laufgang, der zu einer Treppe ohne Stufen führte. Omoi sprang gut ein Stockwerk hinab, und die Mädchen folgten ihm ohne zu zögern. Als ich hinterher sprang, fing mich der große Kumo-Shinobi auf. Ich wusste die Geste zu schätzen, und auch seine Sorge, also verriet ich ihm nicht, dass mir der Arm schlimmer schmerzte, als er es getan hätte, wenn ich alleine gelandet wäre.
Der Gang führte auf den Hof, wo die anderen Shinobi noch immer warteten.
"Gut, wir sind vollständig. Mir nach." Motoi-sensei ging voran, Richtung Norden, was mich anfangs etwas verwunderte. Aber die Wege von Kumogakure waren verschlungen, und bevor wir die dritte Postenkette passiert hatten, waren wir schon wieder auf dem Weg nach Süden.
***
Als wir das Trainingsgebiet erreichten, war es schon dunkel. Die Nacht war Sternenklar, deshalb gab es genügend Licht, um sich zu orientieren. Das würde wahrscheinlich auch bitter nötig sein, denn Motoi machte keine Anstalten, ein Lager zu errichten. Das bedeutete, das er uns sofort in das Trainingsgelände jagen würde.
"So, Ihr Möchtegern-Chunin!", erklang Motoi-senseis kraftvolle Stimme, "heute steht euch eine ganz besondere Mission bevor! Ihr werdet gleich dreizehn Chunin von Kumogakure folgen. Sie bringen euch zu unterschiedlichen Abschnitten des Umgebungszauns. Sie haben feste Pläne, wann sie euch in das Trainingsgebiet hetzen. Diese Zeiten variieren bis zu zwei Stunden. Ihr habt zwei Aufgaben, die eng mit dem Wesen eines Shinobi verbunden sind. Die erste Aufgabe ist, innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden den Turm in der Mitte des Trainingsgebiets zu erreichen. Aber da ich versprochen habe, eure Zahl mindestens zu halbieren, werden nur die ersten sechs Teams auch eingelassen."
Ich atmete heftig aus. Das bedeutete, das sieben Teams nicht eingelassen werden würden. Mit anderen Worten: Es würden die Fetzen fliegen, sobald sich zwei Teams trafen.
"Das ist jedoch nur ein Aspekt der Prüfung. Ein weiterer sind die Kugeln!" Er hielt eine faustgroße Kugel in die Höhe, die seltsam golden von innen schimmerte. In der Kugel schimmerte ein einzelner Stern. "Dies ist eine Teamkugel. Jede von ihnen hat eine gewisse Anzahl Sterne in sich, die sie erst enthüllen wird, sobald zwei Teams aufeinander treffen. Teams, deren Kugeln die gleiche Anzahl Sterne enthalten, sind Partner."
Ich runzelte die Stirn. Auf diese Weise würden wir gezwungen sein, andere Teams zu suchen, alleine schon um zu wissen, welche Anzahl Sterne unsere Kugeln hatte.
"Auf dem Schlachtfeld ist es manchmal sehr schwer, Freund und Feind zu unterscheiden. Außerdem hat man manchmal die merkwürdigsten Verbündeten, und muss sich trotzdem für sie einsetzen. Ninjas, die sich gerade noch gehasst haben, müssen aufgrund der Politik plötzlich gemeinsam kämpfen. Das ist nichts Neues, das ist nichts Ungewöhnliches. Der Auftraggeber hat immer Recht. Und deshalb.."
Motoi-sensei schwieg lange und bedeutungsschwer. Ich ahnte, dass er die Möglichkeiten, uns in Konflikte zu treiben, noch weiter erhöhen würde.
"Und deshalb wird es euch nur gestattet sein, den Turm zu betreten, wenn Ihr mindestens ein Partnerteam gefunden habt! Fragen?"
"Wie viele Partnerteams gibt es?", fragte Tooma, und ich hielt die Frage an sich für schlau. Aber ich erwartete keine ehrliche Antwort.
"Es gibt zwei Zweiergruppen, eine Vierergruppe und eine Dreiergruppe. Auf dem Schlachtfeld sind die Zahlen selten ausgewogen, also gewöhnt euch daran."
Na toll. Nicht nur, dass wir einander suchen mussten, um mindestens eine Partnergruppe zu finden, wir liefen auch Gefahr, von einer Vierergruppe zerquetscht zu werden. Und wenn die Vierergruppe zueinander fand, wer würde sie dann noch davon abhalten, den Turm zu erreichen? Von ihrer Gnade mochte es dann abhängen, welchem anderen Bündnis der Eintritt gestattet wurde. Eines war klar, die Dreiergruppe konnte keine Gnade erwarten, denn wenn sie zusammenfand, hatte sie genau ein Team zuviel. Und Verbündete durften einander nicht angreifen. Ich ahnte, dass die Jounin Kumogakures schon darauf achten würden, ob wir uns an die Regeln hielten.Aber vielleicht ließen sie es durchgehen, wenn wir die Regeln elegant brachen, so wie bei der schriftlichen Prüfung, auf Ninja-Art.
"Keine weiteren Fragen? Dann wartet jetzt auf euren Chunin und begebt euch zu eurem Tor."

Es dauerte nicht lange, dann kam Samui zu uns. Sie lächelte in der sternklaren Nacht, und das Licht der Sterne glänzte auf ihren goldenen Haaren und den weißen Zähnen. Ein Anblick, der mich berührte.
"Ich bringe euch zu Tor vier. Ihr dürft in gut zwanzig Minuten als eine der ersten Teams auf das Trainingsgelände." Sie drückte Hanako die Kugel in die Hand. Im Moment war sie noch klar, ohne Stern, aber das würde sich ändern, sobald wir dem erstbesten Team begegneten. Hana-chan ließ die gleißende Kugel in ihrem Kragen verschwinden, und ich fragte mich damals ehrlich, wie der Ball dort genug Halt gefunden hatte, um nicht einmal durch zu rutschen. Ehrlich gesagt hatte ich auch nicht besonders auf die körperliche Entwicklung der Mädchen geachtet, sonst wären mir schon damals ein paar wichtige Details aufgefallen. Das Glimmen wurde so unterdrückt, und ich akzeptierte, dass sie die Kugel so jederzeit griffbereit hatte.
Samui lächelte zufrieden. "Kommt jetzt." Sie führte uns mit Fast Steps von den anderen weg, bis zu unserem Tor. "Uzuki-sensei erwartet euch im Turm. Sie geht fest davon aus, dass Ihr es schafft."
"Natürlich schaffen wir das! Wir sind schließlich bald Chunin!", rief Hanako enthusiastisch. Seltsamerweise stimmte Karin in den Jubel mit ein, und ausnahmsweise war ich es, der eher halbherzig und viel zu leise mitjubelte.
"Mamo-chan!", tadelte sie mich.
"Ich habe Schmerzen, okay?", log ich, um mich aus der Affäre zu ziehen.
"Schmerzen? Sollen wir abbrechen?", fragte sie mitfühlend.
"Verarschen kann ich mich alleine", erwiderte ich frostig. Ihr Konter war so unerwartet gekommen, es löste meinen Beissreflex aus.
Sie sah mich konsterniert an. Zweimal setzte sie zum Sprechen an, doch schließlich wandte sie sich um. "Idiot!"
Samui schloss den Zaun auf. "Die meisten Tiere sind nicht nachtaktiv. Ihr habt es im Dunkeln also leichter. Ihr könnt jetzt los, und viel Glück."
"Danke, Samui-chan", sagte Hana-chan, schon wesentlich milder gestimmt.
"Grüß die anderen und Kirabi-sensei, bitte", fügte Karin an, als sie an Samui vorbei auf das Übungsgelände trat.
"In spätestens vierundzwanzig Stunden sehen wir uns wieder", sagte ich, passierte sie und sprang in den Wald.
"Das war ein Versprechen, richtig?", rief sie uns hinterher. Doch für eine Antwort bewegten wir uns zu schnell in den Wald hinein. Der zweite Teil der Chunin-Prüfung hatte begonnen. Und ich war immer noch schwer verletzt.


3.
Der lange Weg zum Turm

Der große, weißhaarige Mann ging nervös in seinem Raum auf und ab. Er war ein Riese, muskelbepackt und breitschultrig, und sein Blick schien immer zornig zu sein.
Eine elegante junge Frau lehnte an der Wand und beobachtete ihn dabei.
Der Mann wandte sich ihr abrupt zu. "Du stellst mir da keine guten Aussichten, Ranko-sama."
Die große Schönheit lächelte gewinnend, und strich eine Strähne ihres seidig schwarzen Haares nach hinten. Ihr gefiel diese Gestalt sehr. Vor allem gefiel es ihr einen Kimono zu tragen. "Aber, aber, Raikage-sama, einfach wäre doch nicht lustig."
Der große Mann besah sie sich lange, bis sich so etwas wie ein spöttisches Lächeln auf seine Züge stahl. "Ich bin einiges gewohnt, und habe auch schon einiges erlebt. Ich habe nicht den Drang, noch mehr zu erleben, und aufregende Zeiten schon gar nicht."
"Aber du wirst ihnen nicht entkommen können."
"Aber ich werde ihnen nicht entkommen können." Der Raikage seufzte lang und tief, und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. "Der Affenclan hat also immer noch kein Interesse daran, mit einem Shinobi Kumogakures einen Kontrakt zu schließen."
"Der Affenclan hat allgemein kein Interesse daran, mit irgend einem Shinobi der fünf großen Nationen einen Kontrakt abzuschließen. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel. Wenn du mir also einen viel versprechenden Kontraktnehmer wie meinen Mamoru-chan vorstellen kannst, überlege ich mir das eventuell."
"Schade. Ich hatte gehofft, ich könnte einen Kontrakt abschließen."
"Du?" Die Affenkriegerin in ihrer menschlichen Tarnung rutschte vor Schreck ein Stück die Wand hinab, an der sie lehnte. "Ausgerechnet der berüchtigte A-Sama, der einzige Ninja, von dem man sagt, er würde es alleine mit einem Biju aufnehmen können? Was willst du mit all der Macht? Außerdem, wenn ich dich daran erinnern kann, hat dein Dorf gleich zwei Jinchuuriki, oder?"
"Das ist nicht der Punkt. Wir bringen einen Großteil unserer Zeit dafür auf, die Bestien in ihnen unter Kontrolle zu halten, anstatt sie zu nutzen. Yugito-chan und mein Bruder zahlen den Preis dafür, das wir unsere militärische Stärke erhöhen. Sie kämpfen jeden Tag dagegen, sich von ihren Biju übernehmen zu lassen, und sie werden wegen ihrer Macht auch noch gehasst."
Stumpf starrte der Raikage vor sich hin. "Bei Yugito-chan sehe ich nicht so viel Grund zur Besorgnis. Sie hat sich ihren Respekt erkämpft und wird im Ansehen einiger Leute - der richtigen Leute - weiter ansteigen. Aber mein Bruder ist eine andere Geschichte. Sein Biju, der Achtschwänzige, ist in den letzten zwanzig Jahren siebenmal ausgebrochen, hat seinen Träger übernommen und unglaubliche Schäden angerichtet. Alle erwarten, das er auch ein achtes Mal ausbricht, und deshalb sind sie gefangen zwischen ihrer Angst vor dem Achtschwänzigen und dem Respekt, der einem hochrangigen Ninja wie Kirabi zusteht." Wieder seufzte der Raikage. "Ich sehe den Tag kommen, an dem er all die Brocken hinwirft und nur noch tut was er will. Vielleicht wird er sich dann vollkommen auf diese verrückte Reim-Musik konzentrieren. Oder er wird Kumogakure eine lange Nase drehen und durch die Lande ziehen. Verstehen kann ich es ja. Ich muss mich hier als Lehrmeister aufspielen, als böser Boss, und vor dem Rat muss ich demonstrieren, wie sehr ich die Achtschwänzigen diesmal im Griff habe. Dafür tanzt mein eigener Bruder wie eine Marionette an meinen Fäden. Nein, ich erwarte nicht, das er das ewig mitmacht."
"Aber du wirst natürlich nicht zulassen, dass er sein eigenes Ding macht."
Der Raikage schnaubte amüsiert. "Nein, das kann ich nicht und das werde ich nicht. Dennoch, er ist mein Bruder, und... Oh, ich hasse diese Arbeit. Bisher hat sie immer nur von mir genommen, nie etwas gegeben."
"Das ist der Preis, den jene zahlen, die an der Spitze stehen." Ranko stieß sich von der Wand ab und kam in langen, eleganten Schritten zum Raikage herüber. "Und eventuell solltest du Kirabi auch einfach nur vertrauen."
"Bwahahaha! Ein guter Witz!" Sofort setzte er wieder eine mürrische Miene auf. "Nein. Ich bin zu sehr der Kage dieser Stadt, als dass ich mich auf so etwas einlassen kann. Hätte ich aber durch einen meiner Ninjas Zugriff auf den Affenclan, dann..."
"Oh, bitte nicht, A-sama", tadelte Ranko. "Nicht auf die Mitleidstour. Die hassen wir doch beide."
"Dann bleibt es dabei? Von den großen Städten gibt es nur Kontraktträger in Konoha?"
"So sieht es aus", erwiderte sie. "Den Hokage und meinen Mamoru-chan."
Der Raikage runzelte die Stirn. "Was siehst du bloß in ihm? Was sieht der Affenclan in diesem kleinen, dürren Kerl? Der Hokage, das ist verständlich. Der Ruf des Professors eilt ihm überallhin voraus. Aber dieser kleine Mann? Was soll er deiner Meinung nach mal werden? Hokage?"
Ranko lachte leise. Sie beugte sich vor und nahm das Gesicht des Raikages in die Rechte, um es zu sich zu drehen. "A-sama, mein Gesicht ist hier oben", tadelte sie.
"So? Nun, wenn du mich aber auch in diese Richtung drückst. Was ist nun mit diesem Mamoru?"
"Ob er eines Tages Hokage wird oder nicht kann ich nicht entscheiden. Ich glaube es eher nicht. Aber ich glaube daran, dass er ein guter Chunin wird, und wenn er sich weiter so positiv entwickelt und am Leben bleibt, eines Tages auch ein guter Jounin. Und was das Interesse der Affen an ihm angeht, er passt zu uns. So einfach ist das. Wir suchen uns unsere Kontraktträger nicht nach Potential aus, wie es die Schlangen tun, nicht nach dem unbändigen Chakra wie die Frösche. Wir wollen, wenn wir beschworen werden, mit jemandem zu tun haben, den wir mögen. In vielen Fällen ist es sogar eine tiefe, innige Liebe, die uns mit unseren Kontraktträgern verbindet. Und der Affenclan hat Mamoru-chan sofort ins Herz geschlossen. Wir sind, trotz unseres Rufs, ein sehr emotionales Volk."
"Ich verstehe. Zumindest glaube ich, das ich verstehe, Ranko-sama." Er grinste dünn. "Vermisst er dich eigentlich nicht? Du hast ihn verlassen, kaum das du in der Stadt warst."
"Hm? Oh, ich nehme an, er denkt, dass ich die Beschwörung aufgelöst habe und wieder auf dem Affenberg bin. Das ist schließlich der einfachste Schluss."
"Und? Wirst du zum Trainingsgelände gehen und ihm helfen?"
Die Affenkriegerin schüttelte den Kopf. "Nein, A-sama. Ich habe Vertrauen in Mamoru und seine Gruppe. Er wird sich durchschlagen, wie immer. Zähigkeit, das ist auch eine Eigenschaft, die wir Affen lieben." Ranko beugte sich weiter vor, und kam dem Gesicht des Raikages sehr nahe. "Ich habe auch eine Frage, A-sama. Welches Interesse hat Kirabi an meinem Schützling?"
Nun begann der große Mann leise zu lachen. "Mein Bruder ist einer der besten Shinobi Kumogakures, wenn nicht der beste. Aber er hat einen eklatanten Fehler. Sein Herz ist viel zu groß. Ganz Kumogakure passt hinein, und noch ein paar hundert Menschen mehr. Ich schätze, er macht sich Vorwürfe, weil er nicht da war, als Mamoru-kun verletzt wurde. Und dann hat er den dürren Burschen nach und nach ins Herz geschlossen. Das dürfte auch schon alles sein, denn abgesehen von seiner Fähigkeit Affen zu beschwören hat er nichts, was die Shinobi meiner Stadt interessiert."
"Das beruhigt mich zu hören. Und, wird er Mamoru-chan helfen?"
"Sicherlich nicht. Würde er nicht vermuten, dass der Bengel es schaffen kann, hätte er ihn längst daran gehindert, zum zweiten Teil der Prüfung anzutreten." Der Raikage lehnte sich nach hinten, und glitt so langsam aus Rankos zarter Hand. "Der Rest liegt bei ihm. Wir werden sehen."
Ranko richtete sich wieder auf. "Ja. Wir werden sehen."
"Hast du Angst um ihn?"
"Welcher Lehrer mit dem Herz am richtigen Fleck würde keine Angst um seinen Schützling haben?", erwiderte sie.
"Ich verstehe. Aber die Kämpfe der Schüler müssen die Schüler selbst bestreiten, Ranko-sama."
"Ich weiß." Sie wandte sich ab. "Ich weiß."
Der Raikage streckte eine Hand nach ihr aus, schien etwas sagen zu wollen, doch dann ließ er die Hand auf den Tisch sinken. "Das Ende der Prüfung ist in vier Wochen. Wenn du willst, sei in dieser Zeit mein Gast. In deiner menschlichen Hülle, als Affe, was immer du willst."
"Ich danke dir für das großherzige Angebot, A-sama", erwiderte sie, ohne sich umzudrehen.
Der Raikage seufzte. Irgend etwas musste doch besonders an diesem Burschen sein. Irgendwas.
***
Es gab mehr als einen Moment in meinem Leben, in dem ich mir die Byakugan meines Freundes Kou Hyuuga herbei gewünscht hatte. Im stockfinsteren Wald des südlichen Trainigsgeländes wünschte ich es mir inbrünstig wie selten.
Es war nicht nur die Dunkelheit, die Gefahr jederzeit gegen irgendetwas Lebendiges zu laufen. Es war eine kreatürliche Angst, die mich zu lähmen drohte, die mich zwingen wollte, mich zusammenzukrümmen, mich auf den Boden zu hocken, meine Augen zu schließen und meine Ohren zuzuhalten, bis der Morgen kam. Aber ich widerstand. Ich ließ mich von der Angst nicht einnehmen, nicht von ihr beherrschen, und das lag letztendlich an meinem schmerzenden rechten Arm. Ich hatte gar keine Zeit, die Angst in mir weiter hoch kochen zu lassen, während der heilende Bizeps schmerzte, als wolle er aufplatzen.
Das dichte Blätterwerk schloss das Licht der Sterne fast aus. Uns blieb nur wenig Licht übrig, um uns zu orientieren. Und zugleich waren unsere Sinne bis zum Zerreißen gespannt, um auf der Hut zu sein vor den nachtaktiven Jägern. Und um nicht aus Versehen in das Versteck eines tagaktiven Jägers zu treten und ihn zu verärgern. Meine schwachen sensorischen Fähigkeiten wurden hier zu unseren einzigen Augen, deshalb führte ich den Zug an. Meiner Schätzung nach hatten wir in der Finsternis bereits einen Kilometer auf einem gut ausgetretenen Tierpfad hinter uns gebracht, das war von unserer Perspektive aus ein Viertel der Strecke bis zum Turm. Dafür hatten wir eine Stunde gebraucht, denn wir mussten uns nicht nur wegen der Tiere vorsehen, sondern auch vor den anderen Teams. Die wir bekämpfen mussten, weil einerseits nur sechs Teams der Eintritt und damit der nächste Teil der Chunin-Prüfung gestattet werden wurden, und die wir finden mussten, um unsere Partner aufzuspüren, denn ohne Partner gab es auch keinen Eintritt. Eine perfide Geschichte, die sich Motoi-sensei da ausgedacht hatte.
"Mamo-chan!"
Beim Klang von Hanako-chans Stimme fuhr ich alarmiert herum und zog mit links ein Kunai. "Wo?" "Wie, wo?"
"Wo hast du jemanden bemerkt?" "Wie, bemerkt?"
"Na, du hast mich doch gerufen!", fragte ich irritiert.
"Oh, du hast das als Alarmruf missverstanden. Entschuldige." Sie lächelte verlegen, und das dünne Sternenlicht blitzte für einen Moment im Weißen ihrer Augen auf. "Mir ist nur etwas eingefallen. Sag mal, wo ist eigentlich Ranko-chan? Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit du ins Krankenhaus eingeliefert wurdest."
"Ranko-chan?", fragte ich irritiert. Natürlich, die Antwort war einfach. Die Beschwörung war ausgelaufen, und sie war zum Affenclan zurückgekehrt. Aber konnte ich ihr das wirklich sagen? Sie wusste zwar, dass der Hokage mich zum Kontraktträger gemacht hatte. Aber es würde mich in Erklärungsnot bringen, wenn ich ihr erzählen wollte, wen ich da beschworen hatte. Wenn sie dann eins und eins zusammenzählte und sich an die große Frauengestalt im Garten der Onsen-Gaststätte erinnerte, wusste sie, wen sie da gestreichelt und gefüttert hatte. Und dann war sie so entsetzt über sich selbst, dass sie stundenlang nicht mehr zu gebrauchen war. "Ich habe sie bei Kirabi-sama gelassen. Er kümmert sich um sie, bis die Prüfung vorbei ist", log ich. Ärgerlich biss ich mir auf die Unterlippe. Nun würde ich Sensei noch einmal beschwören müssen, und ich wusste weder ob es mir noch mal gelang, noch welche Laune Ranko-sensei hatte, wenn ich sie schon wieder herbei rief. Bisher schien sie mir gewogen zu sein, aber das konnte sich schnell ändern.
"Oh, ja, verstehe. Ist ja auch das Naheliegendste. Wir können das süße Äffchen ja hier nicht gefährden", sagte sie mit leiser Enttäuschung in der Stimme. Vermutlich hätte sie das süße Äffchen ohne Weiteres gefährdet, wenn dies bedeutet hätte, es in der Nähe zu haben.
"Mamo-chan." "Ich denke auch, so ist es besser. Aber wir sehen sie ja nach der Prüfung."
"Mamo-chan." "Was ist denn, Karin? Ist dir auch etwas eingefallen?"
"Nein, aber ich höre etwas. Jemand kommt schnell näher."
Ich fuhr zusammen. Verdammt, hatte ich meine Pflichten vernachlässigt? Ich streckte meine Sinne so weit ich konnte, aber ich fand nichts. "Wo?"
Karin bedeutete mir eine Richtung, und ich konzentrierte mich darauf, nicht mehr mein komplettes Umfeld, sondern einen kegelförmigen Bereich zu erfassen. Dadurch wurden wir angreifbar, aber ich konnte ein Stück weiter voraus tasten.
Dann erspürte ich tatsächlich die Bewegungen in den Bäumen, und erahnte schwach etwas Chakra. Die Bewegungen deuteten auf uns, und ich konnte das Chakra immer stärker spüren, je näher sie kamen. Noch immer unterdrückt, aber die Ahnung wurde deutlicher.
"Jemand kommt", stellte ich unsinnigerweise fest und hielt das Kunai kampfbereit vor mich.
Jemand kam. Genauer gesagt eine Dreier-Gruppe. Sie hielt direkt auf uns zu. Und dann... Erreichte sie uns. Wir hörten, wie sie nacheinander von den Bäumen herab sprangen und auf dem Tierpfad landeten.

"Yo", erklang es in der Dunkelheit. Vor uns gleißte eine Kugel auf. Deutlich zu sehen war der schimmernde eine Stern in ihr. "Wollen wir mal schauen, ob wir zusammen passen?"
Der matte Schein der Kugel entriss ein maskiertes Gesicht der Dunkelheit, in dem nur die Augen zu sehen waren. Schwarze, irgendwie müde wirkende Augen über einem weißen Mundschutz. Seine beiden Gefährten, beides Männer, grinsten erwartungsvoll, ihre Waffen kampfbereit gehalten. Ich erkannte das Zeichen auf ihrem Stirnband, die Achtelnote.
"Hana-chan", sagte ich leise, ohne den Blick von den dreien zu wenden.
Hanako griff in ihren Ausschnitt und holte die Kugel hervor. Sofort begann ein einzelner Stern in ihr zu glimmen.
Erleichtert atmeten die anderen drei Genin auf. "Na, dann sind wir ja wohl Partner, was?", rief der Anführer fröhlich. "Das nenne ich Glück. Jetzt müssen wir nur noch vor der Vierergruppe beim Turm sein!"
Auch Hanako und Karin seufzten erleichtert. War es wirklich so einfach? Wenn wir geschickt waren, wenn wir auf der Hut waren, konnten wir uns in zwei, drei Stunden zum Turm durchschlagen. Und dann mussten wir nur noch rechtzeitig eintreten, bevor die sechs Spots belegt waren. Das war der Fehler in der Kalkulation Motoi-senseis. Wenn sich zwei Partner sehr früh trafen, konnten sie das Feld von hinten aufrollen.
"Partner", sagte ich langsam und senkte das Kunai, ließ es aber nicht los. "Wir sind Konoha Eins."
Die Augen des Anführers ließen vermuten, das er lächelte. "Keine Sorge, wir wissen wer Ihr seid. Dein Auftritt war nicht zu übersehen, Mamoru-chan."
Ich hüstelte verlegen.
"Und deiner auch nicht, Hana-chan. Ehrlich gesagt war es Euer Vorbild, das uns die Stärke gegeben hat, Hikari nicht zurück zu lassen." Der Rechte der beiden Shinobi ächzte gequält auf. "Ich habe mich nicht zweimal erwischen lassen! Ehrlich!"
Der Anführer lüftete seinen Atemschutz. Ich konnte nun sein ganzes Gesicht sehen. Es war ein hübsches, apartes Frauengesicht, und das Lächeln war bezaubernd. "Wir sind Otogakure Eins. Wir nehmen das erste Mal an einer Chunin-Prüfung teil, und prompt haben wir es in den zweiten Teil des Seminars geschafft. Das ist für ein so kleines Dorf wie unseres ein Riesenerfolg. Ich bin Maria. Hikari habe ich ja schon vorgestellt, und das ist Santori."
"Uns muss ich ja kaum vorstellen, wenn Ihr schon so viel über uns wisst", erwiderte ich. "Es tut mir leid, dass Ihr ausgerechnet eine Gruppe zum Partner habt, die einen Verletzten mit sich herum schleppen muss."
Maria winkte gönnerhaft ab. "Was soll's? Wir stehen ganz am Anfang des Examens, und wir können direkt bis zum Turm durch, während die anderen noch ihre Partner suchen und auf Gegner treffen. Wollen wir dann gleich mal weiter?"
Hanako nickte und wollte vortreten. Aber ich hielt sie mit dem gesunden Arm ab. "Bevor wir los ziehen, würde ich gerne noch etwas über eure Jutsu erfahren." Ich deutete auf mich. "Mein Element ist das Feuer. Hana-chan ist Wind-affin, und Karins Element ist die Erde."
Die drei Genin aus Otogakure wechselten einen schnellen Blick miteinander. "Wind." "Wind." "Wind."
Ich runzelte die Stirn. "Nicht gerade die glücklichste Kombination, wenn man auf Variation steht, oder?"
Maria lächelte erneut auf ihre bezaubernde Art. "Du musst verstehen, Mamo-chan, das liegt an der Natur unseres Jutsu. Die Meisten von uns Oto-Nin beherrschen den Schall. Deshalb ist es essentiell für uns, eine Wind-Affinität zu haben, oder sie zu entwickeln. Wir sind in dieser Affinität die derzeit Besten, und wir haben verschiedene Stile. Santori ist ein Beschwörer-Typ, Hikari hingegen Genjutsu-Nutzer. Ich selbst bin Taijutsu-Nutzer. Der Wind ermöglicht es uns, unsere Fähigkeiten voll zu entfalten."
Ich hätte gerne mehr erfahren, aber Marias fragend hochgezogenen Augenbrauen sagten genug darüber, dass wir nun an der Reihe waren, unsere Techniken zu enthüllen.
"Taijutsu", sagte ich entschuldigend und deutete auf meinen rechten Arm. "Gerade etwas eingeschränkt in meinen Möglichkeiten."
"Genjutsu", sagte Hanako-chan. Das war nur die halbe Miete, und ich unterdrückte das Verlangen, sie anzusehen und zu fragen, warum sie eine derart oberflächliche Information unterschlug.
"Ninjutsu", sagte Karin schüchtern.
"Von allem etwas, gemischte Elemente, und der Anführer ist verletzt. Na ja, es könnte besser sein. Oder auch weitaus schlimmer."
Ich erwartete, das Hana-chan protestierte, als Maria mich als Anführer bezeichnete; dass sie es nicht tat, ließ einen kalten Schauder über meinen Rücken fahren.
Maria betrachtete uns und seufzte. "Nichts gegen euch, Konoha Eins, aber beinahe befürchte ich, dass wir die Hauptlast tragen werden, wenn es zum Turm geht, und Ihr werdet nur mithalten müssen, um in die nächste Runde zu kommen. Ausgerechnet das große Konoha bekommt den Sieg geschenkt, und das kleine Oto rackert sich für euch ab." Sie zuckte mit den Schultern. "Na, egal. Hikari, Vorhut. Santori, Nachhut. Ich gehe zu Mamo-chan in die Mitte. Karin, rechts, Hana, links. Mamo-chan, du übernimmst Boden und Luft."
Ich nickte zustimmend. Das war eine gute Analyse. Die Wind-Affinen würden einerseits einen Hinterhalt, andererseits Verfolger schneller aufspüren als ich. Die Flanken zu decken bedeutete für Karin und Hana, dass sie sich nicht weit von mir entfernen mussten. Maria dachte mit, und das erschreckend gut. Und ich konnte mit meinen beschränkten sensorischen Fähigkeiten die höheren Ebenen und den Boden auf Angreifer überwachen, in einem überschaubaren, kleinen Umfeld.
"Also, wollen wir dann?" Sie wartete keine Antwort ab und gab Hikari ein Zeichen. Der große schlanke Mann sprang voran. Wir reagierten wie im Training, bewegten uns ebenfalls und besetzten die Mitte. Maria hielt sich direkt neben mir, und bot mir damit persönlichen Schutz, während meine Mädchen auf die Flanken gingen.
"Wie ist das eigentlich passiert? Das mit dem Arm, Mamo-chan?", fragte Maria, während wir durch die Nacht gingen. Hikari musste sensorische Fähigkeiten besitzen, die meinen weit überlegen waren. Er bewegte sich vor uns mit schlafwandlerischer Sicherheit. Ein leises Klopfen verriet uns ab und an, das ein Baum im Weg war.
"Ach, es war eine dumme Geschichte. Wir, ein Haufen Wegelagerer, und eine Schwertklinge, die das Genick eines Freundes getroffen hätte, wenn ich den Arm weggezogen hätte."
"Wow. Der Arm könnte jetzt ab sein, hast du daran gedacht?"
"In dem Moment nicht", erwiderte ich. "Und hätte ich drüber nachdenken können, wäre es mir das Leben meines Freundes wert gewesen."
Maria lächelte zufrieden. "Du gefällst mir, Mamo-chan. Jemand, der sich für seine Kameraden einsetzt, der bereit ist, ihnen auf Kosten des eigenen Lebens das Leben zu retten; das sind Menschen, die ich mag." Ihr Lächeln verschwand übergangslos.
Ich verkrampfte kaum merklich die Hand um mein Kunai.
Maria sah kurz nach hinten, dann wieder zu mir. "Oh, es ist nichts. Ich dachte nur für einen Augenblick, ich hätte ein Chakra gespürt. Ein ziemlich starkes, das... Ich meine, es wäre einen Blick wert, oder? Wir wissen ja noch gar nicht, ob wir eine Zweiergruppe sind, oder vielleicht sogar zur Vierergruppe gehören."
Schweigend setzten wir unseren Weg fort. War es nicht unsere Pflicht als Shinobi, herauszufinden, ob es noch eine dritte oder gar vierte Kugel mit einem Stern gab? Mussten wir nicht zu unseren Verbündeten stehen? Ich ahnte, das es doch nicht so einfach getan war, und dass wir mit Erreichen des Turms erst am Anfang der Aufgabe standen.
"Wo waren wir? Ach ja. Ich mag Menschen, die sich für andere aufopfern." Wieder dieses süße Lächeln. Zugleich aber, an der Grenze meiner Fähigkeit zu hören, war da dieser Laut.
Ich riss mein Kunai hoch, und stoppte damit Marias Schwertangriff.
"Sie sind so willige Opfer - eigentlich!", keuchte sie, während sie versuchte, mit ihrem Schwertarm meine Abwehr zu zerschlagen.
Hikari war bei dem Ton umgekehrt und hatte Hana-chan attackiert. Das überraschte Mädchen kniete halb gegen einen Baum gelehnt. Ihr linker Arm baumelte wie nutzlos von ihrer Schulter herab. Santori hatte Karin attackiert, aber keinen Erfolg gehabt. Ihr Baika no Jutsu hatte zwei riesige Hände produziert, die ihn wie eine Mauer gestoppt hatten. Er fand sich am Boden wieder, wo er für eine Sekunde benommen den Kopf schüttelte, bevor er wieder auf die Beine kam. Keine gute Situation. Eigentlich eine Scheiß Situation. Hanako zog ihr Kunai mit rechts und hielt es abwehrend vor sich, während Santori seinen Tierclanpartner beschwörte.
"Was wird hier gespielt?", fragte ich mit krächzender Stimme, während ich mit Maria einen reinen Kampf der Kraft focht. "Wir haben beide Kugeln mit einem Stern, oder?"
"Ja. Und dafür sind wir auch dankbar. Das hat es uns erlaubt, euch sehr nahe zu kommen. Ich wage nicht mir vorzustellen wie unser Angriff ausgesehen hätte, wenn wir euch nicht überrascht hätten." Sie sah mich ernst an. "Tut mir leid, Mamo-chan, aber es ist nichts persönliches. Wir haben den Auftrag, deine Konoha-Gruppe zu eliminieren. Und du weißt was ein Auftrag für einen Ninja ist." Wieder lächelte sie, flüchtig diesmal. "Ihr seid wohl einem Daimyo im Land des Wassers zu sehr auf die Füße gestiegen. Aber keine Sorge, wir töten euch schnell und sauber, ohne große Quälerei."
"Soll ich dafür auch noch dankbar sein?", zischte ich, während ihr Schwertarm mein Kunai immer tiefer drückte.
Der beschworene Tierpartner Santoris war ein mannshoher Bär. Ich verstand für einen Moment nicht, welche Affinität Bären mit dem Wind-Element hatten, bis sich das Tier auf die Hinterbeine stellte, fast vier Meter Größe erreichte, und tief Atem schöpfte. Der Angriff mit purer Luft hob Karin trotz ihres Jutsus von den Beinen und schleuderte sie gegen einen Baum. Sie quiekte erschrocken auf, als sie gegen den harten Stamm prallte.
Hanako, wegen der Armverletzung unfähig ihr Jutsu einzusetzen. Karin, von einem Distanzkämpfer in Bedrängnis gebracht. Und ich, der Taijutsu-Nutzer, wurde vom gegnerischen Anführer an Ort und Stelle festgehalten und drohte jederzeit selbst mein Leben zu verlieren.
War es naiv von mir, darauf zu hoffen, dass die Jounin Kumogakures uns beobachteten und eingreifen würden? Hatte ich es überhaupt verdient, das sie zu unseren Gunsten eingriffen? Ja, wahrscheinlich war es naiv. Und die einzige Variante, die mir darüber hinaus blieb, bedeutete einen tödlichen Hieb von Maria hinzunehmen, und mit der letzten Kraft, die ich besaß, einen Affenkrieger zu beschwören. Falls ich überhaupt so weit kam. Aber für das Leben meiner Kameradinnen, meiner Freundinnen war ich gewillt, Schmerzen hinzunehmen. Den Tod hinzunehmen.
Dieser Gedanke löste etwas in mir aus. Ein Schub der Wärme erfüllte mich, und neue Kraft schien in meinen überanstrengten linken Arm zu fließen. "So weit sind wir noch nicht", knurrte ich und drückte ihr Schwert ein Stück von mir fort.
"Du hast ja noch Reserven. Und du gibst nicht so schnell auf. Respekt. Aber wir müssen jetzt zu einem Abschluss kommen, so leid mir das persönlich auch tut."
"Laber nicht! Nichts hiervon tut dir leid, Maria!", rief ich ärgerlich.
"Oh, da hast du mich wohl erwischt", sagte sie und lächelte mich liebevoll an. Doch aus dem liebevollen Lächeln wurde eine gierige Grimasse. "Dann lass uns mal etwas Spaß haben!"

"DOTON!" Zwischen mir und Maria bäumte sich die Erde auf. Bevor ich mich versah, trennte mich eine mehrere Meter hohe Mauer aus Dreck von der Genin aus Otogakure. Zugleich schloss sie aber auch Karin mit Maria und Santori auf der anderen Seite ein.
Ich reagierte sofort, stieß mich an der Mauer aus Erde ab, Maria mit meinen sensorischen Fähigkeiten verfolgend. Die hatte sich der Richtung zugewandt, aus der das Chakra für das Erd-Jutsu gekommen war, dem neuen Gegner. Das erlaubte mir für den Moment, Hikari zu attackieren und Hanako zu entlasten. Ich schleuderte mein Kunai nach ihm, und der Ninja wich ihm aus, verschwand im Dunkeln. "Das kam unerwartet. Aber wer mag es schon einfach?", klang seine Stimme auf. Aus dem Wald, hinter mir, über mir. Ich verstand, warum die Windaffinität für ihn so interessant und wichtig war. Von woher würde er kommen? Welche Geräusche waren echt und welche nicht? Wenn er sein Chakra genug unterdrückte, wie nahe würde er mir kommen können, ohne das ich ihn bemerkte, ihn abwehren konnte?
Ich zog ein zweites Kunai, landete neben Hanako. Schützend stellte ich mich vor sie, abwehrbereit. Zugleich aber erfüllte mich Todesangst um Karin auf der anderen Seite der Mauer. Maria hatte noch immer nicht versucht, über den Wall zu kommen und mich zu attackieren. Das irritierte mich erheblich.
"Denkst du wirklich, du kannst sie schützen, du erbärmlicher kleiner Wicht?", flüsterte es direkt hinter meinem rechten Ohr. "Du wirst es nicht wissen, aus welcher Richtung ich kommen werde. Und wenn du es spürst, ist es mein Schwert, das dir durch die Rippen geht. Du kannst mich nicht hören, du kannst mich nicht sehen. Und ich werde meinen Spaß daran haben, mir deine Gedärme genauer anzusehen."
In einem Punkt hatte er unrecht. Ich konnte ihn nicht kommen hören, solange er den Wind manipulierte. Aber ich konnte ihn sehen. "Hana-chan!", rief ich, stieß mein Kunai griffbereit in den Baumstamm hinter mir und formte mit der unverletzten Linken einen Teil des Fingerzeichens für ein Feuerjutsu. "Gut!", rief Hanako, sprang auf und an meine Seite. Ihre Rechte formte die andere Hälfte des ersten Fingerzeichens. So schnell wie es uns möglich war, gingen wir alle Symbole durch, während ich Chakra schmiedete und in meinem Mund sammelte. "Katon! Endan!" Ich spie Flammen aus. Dabei bewegte ich mich um den Baum herum und steckte alles im Umkreis in Brand. Wenn ich Hikari damit nicht erwischte, würde ich einen zweiten Feuerstoß in die Äste über mir jagen, auch auf die Gefahr hin, selbst in einem Waldbrand gefangen zu sein. Aber der Gedanke war unnötig, denn der Oto-Ninja wurde von meinem Jutsu aus nächster Nähe getroffen. Er hatte nicht einmal Zeit zu schreien, als sich die Flammen durch ihn hindurch fraßen.
Ich griff nach meinem Kunai, riss es wieder hervor und starrte auf das brennende Häufchen, das mal ein Genin gewesen war. "Du hast dich zu sehr auf deine Kunst verlassen und vergessen, dass auch ein Ninja, der angegriffen wird, eine eigene Kunst hat", flüsterte ich.
"Oh, das war cool! Meinst du, das kriegen wir auch mit dem Bewusstseinstransfer hin? Dann bin ich nicht so wertlos!", sagte Hanako aufgeregt.
Ich schaute auf ihren Arm, doch sie winkte ab. "Meine Chakra-Knotenpunkte wurden getroffen. Der Arm ist gelähmt. Mindestens noch ein paar Stunden." Sie sah mich ernst an. "Und was jetzt?"
"Wir haben es mit einer dritten Partei zu tun. Die hat sich dankenswerterweise vorerst um Maria und Santori gekümmert. Leider ist auch Karin auf der anderen Seite. Und da wir nun unseren Gegner ausgeschaltet haben, müssen wir da rüber. Wir..."
"Hey, Konoha, suchst du das hier?", klang eine vertraute Stimme auf. Vor mir landete ein zuckendes Bündel Frau, leidlich beleuchtet durch den Brand, den ich gelegt hatte. Für einen Augenblick glaubte ich, mein Herz müsse aussetzen, weil ich Karins schwarze Haare zu erkennen glaubte. Dann aber erkannte ich Maria, die sich mühsam wieder aufzurichten versuchte. "Du... Schwein...", krächzte sie.
"Oh, aber lange nicht so ein Schwein wie du. Immerhin habe ich nicht meine Partner angegriffen." Seine Miene wurde starr. "Und ich habe auch keine Lust, die ganze Chunin-Prüfung zu gefährden. Dafür bin ich schließlich hier."
"Und?", fragte ich. "Wie geht es jetzt weiter, Suna?"
Tooma grinste über das ganze Gesicht. "Tja, wenn du Pech hast, Konoha, dann war es das für euch. Wenn Ihr eine Zweiergruppe wart, dann ist das Examen für euch vorbei."
"Abgesehen davon, dass du und deine Suna-Gruppe uns noch erledigen könnt", fügte ich hinzu.
Tooma lachte laut auf. Dabei erkannte ich, das in seinem Rachen etwas blitzte. Eine Art Vorrichtung für... Kleine Nadeln? Im flackernden Feuerschein sah ich ähnliche Nadeln in Marias Körper. Er hatte sie vergiftet.
Eine weitere Gestalt erschien auf dem Erdwall. Einer der Suna-Genin, ein bulliger Kerl mit mürrischer Miene. Auf seinen Armen trug er Karin.
"Was wird das? Ein Erpressungsversuch?", fragte ich resignierend.
"Ach komm. Es ist nichts Persönliches. Wir sind mitten in einer Prüfung. Und meine Gruppe ist gerade dabei, ihren Partner zu finden. Als Zugabe haben wir die Oto-Gruppe zerschlagen, und das reicht für den Anfang." Er nickte in Richtung seines Partners. Die grimmige, rote Gesichtsbemalung unterstrich sein mürrisches Wesen. "Bei der Gelegenheit kannst du dich bei Katou bedanken. Er hat das Erdjutsu beschworen, das dir den Arsch gerettet hat. Er hat auch dein zweites Mädchen gerettet, bevor dieser Bär sie am Baum zerquetschen konnte."
"Stimmt das, Karin?"
Die junge Akimichi nickte. "Ja, er hat einen zweiten Erdwall geschaffen, der mich abgeschirmt hat. Und dann hat Lian..."
Der dritte Suna-Genin erklomm den Wall. Oder vielmehr sie. Lian war mir zuvor nicht aufgefallen, und auch jetzt hätte ich sie eher für einen Mann gehalten. Allerdings einen Mann mit beträchtlicher Oberweite. Sie trug den klassischen Turban Sunagakures, der allerdings nicht die überdimensionierte Größe Toomas erreichte. "Und dann habe ich mir erlaubt, ihnen zu demonstrieren, was passiert, wenn Wasser und Erde zusammen kommen."
Ich nickte verstehend. "Ein Sumpf."
"Ein tiefer Sumpf." Sie grinste breit. "Für den Bären hat es gereicht, also nehme ich an, für den zweiten Oto-Nin auch." Sie musterte Maria. "Also, ich bitte dich, Tooma. Sind wir heute wieder mal zu weich? Warum hast du sie leben lassen? Dieses hinterhältige Biest."
"Richtig, ich habe sie leben lassen", gestand Tooma grinsend. "Aber auch nur, weil ein schneller Tod für sie zu gut wäre. Weißt du noch, was Motoi-sensei gesagt hat? Die meisten Jäger hier sind tagaktiv. Ich bin gespannt, was schneller ist: Ihr Körper beim Verarbeiten meines Giftes, oder die Jäger in diesem Wald dabei, sie aufzuspüren. Beinahe bin ich versucht, mir das anzusehen."
"Sch... Schwein", kam es gurgelnd aus Marias Kehle.
Toomas Miene verzerrte sich vor Wut. Sein Turban entwickelte ein Eigenleben. Er klappte auf, bildete ein mechanisches Männchen aus, das ein kurzes Schwert in der Hand hielt, und auf Maria zusprang. Die Klinge drang in ihrem rechten Oberschenkel ein und ließ sie vor Schmerzen aufheulen. "Noch ein Wort von dir, und ich töte dich gleich!", rief er wütend. Er machte eine herrische Bewegung mit der rechten Hand, und die Puppe sprang zu ihm zurück. Sie kletterte auf seinen Kopf und formte sich dort wieder zum Turban.
Von Maria erklang kein weiterer Laut. Tooma nickte zufrieden.
"Wie ich schon sagte, eine Gruppe ausradiert zu haben reicht uns zur Zeit. Außerdem sind wir ja Verbündete, Suna und Konoha, meine ich. Und wenn ich ehrlich bin, dann mag ich dich, Konoha. Du bist so herrlich störrisch, du könntest ein Suna-Shinobi sein. Und damit kommen wir zu dem Punkt, der uns beiden nützt." Er hob die rechte Hand. Darin glomm eine Kugel mit drei Sternen. In seiner Linken glomm die der Oto-Gruppe mit dem einen Stern. "Was meinst du, Konoha, sollte man eine Gelegenheit ergreifen, wenn man sie vor sich hat? Das macht doch gute Ninjas aus, oder? Was also, wenn wir ab jetzt die Kugel mit einem Stern benutzen?"
Für einen Moment glaubte ich, vor Erleichterung zusammenbrechen zu müssen. Tooma hatte nicht mehr und nicht weniger angeboten, als fortan unser Partner zu sein. Damit waren wir für den Turm wieder Zutrittsberechtigt, und ich ahnte, dass die Offiziellen des Chunin-Examens das anerkennen würden. "Willst du dich wirklich mit drei Verletzten belasten?", fragte ich matt.
Tooma deutete hinter uns. "Mit Verletzten, die noch in der Lage sind, so etwas anzurichten - jederzeit, Konoha. Ach, bei der Gelegenheit, Lian, wärst du so nett, unsere Position wieder in Schatten zu hüllen?"
"Aber natürlich, Tooma." Sie lächelte dünnlippig und beschwor ein Wasserjutsu, mit dem sie die restlichen Flammen meiner Attacke auf Hikari wieder löschte. Als die Welt rund um uns wieder in Dunkelheit versank, und nur noch die beiden Kugeln in Toomas Händen etwas Helligkeit verströmten, kamen die drei Suna-Nin den Wall herunter.
Katou ließ Karin wieder auf die Beine, stützte sie aber noch einen Moment, bis er absehen konnte, dass sie sicher stand. "Sie wurde hart gegen den Baum geschleudert. Ich dachte schon, sie hätte sich etwas gebrochen."
"Nein, keine Sorge", erwiderte Karin. "Ich habe mich auf dem Rücken dick gemacht. Das hat den Aufprall abgefedert." Sie sah betreten zu Boden. "Danke, Katou-san."
"Jederzeit wieder. Und da wir ja jetzt zwei verbündete Gruppen sind...", begann er.
"Wie dem auch sei!" Plötzlich stand ich zwischen den beiden, und ich wusste nicht einmal warum. "Wenn Ihr einen Medi-Nin in eurer Gruppe habt, hätte ich jetzt etwas für ihn zu tun."
"Ach, wie niedlich. Bist du etwa eifersüchtig, Mamoru-kun?", fragte Lian grinsend.
"Ei-eifersüchtig? Auf den Mann, der Karin gerettet hat? Mach dich nicht lächerlich." Aber ehrlich gesagt glaubte ich meine eigenen Worte nicht.
"Wir reden später. Erstmal sollten wir so viel Distanz wie möglich zu diesem Ort aufbauen. Meine Rechnung sagt, das wir noch drei Minuten haben, bis eine weitere Gruppe hier eintrifft. Wenn wir nicht bereits beobachtet werden", sagte Tooma. Er warf Maria einen Blick zu. "Falls du es schaffst zu überleben - geh mir in Zukunft aus dem Weg, verstanden? Falls du es nicht schaffst, grüß deine toten Kameraden, und sag ihnen, sie sollen Platz machen. Wir schicken ihnen noch mehr Oto-Nin."
Die gelähmte Frau schaffte es, die Hände zu Fäusten zu ballen. Aber sie war schlau genug, keinen weiteren Ton von sich zu geben.
"Hauen wir hier ab", sagte Tooma schließlich und eilte voran.

Mit den Suna-Nin wurde unser Weg einfacher. Tooma war sensorischer Ninja, und er war richtig gut darin. Mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit liefen wir durch den Wald, ohne auf Hindernisse zu treffen. Seine Reichweite übertraf meine um das Zehnfache. Es führte mir vor Augen, was ein richtiger sensorischer Ninja zu leisten vermochte, und das war ein sehr deprimierendes Gefühl. Andererseits konnte man in eine Dreier-Gruppe niemals alle starken Jutsu vereinigen, außer man hatte Kakashi Hatake oder den Sandaime in einer Gruppe.
Als wir kurz rasteten, um etwas zu essen und zu trinken, nahm ich Tooma an die Seite. "Ihr habt uns schnell gefunden."
"Reine Notwendigkeit. Ich habe dich und deine Gruppe von vorne herein im Auge behalten und gezielt gesucht. Ich hätte euch so oder so ein Bündnis angeboten. Ich rechne damit, dass die Kumogakure-Gruppen ohnehin ein Bündnis eingehen werden, und je stärker wir anderen werden, desto größer ist unsere Chance, zum Turm zu kommen. Ich denke, für die Kumo-Genin ist es eine Frage der Ehre, zu kontrollieren, wer die zweite Prüfung besteht. Die großen Dörfer werden jedenfalls nicht dabei sein, wenn es nach ihnen geht." Er rieb sich den Nacken. "Also, wenn wir vier oder fünf Gruppen vereinigen können, haben wir sicherlich die besten Chancen. Denn wie hat Motoi-sensei doch gesagt? Man hat auf dem Schlachtfeld oft die merkwürdigsten Verbündeten."
Ich nickte ihm respektvoll zu. Er hatte die Sache weiter gedacht als ich. Andererseits hatte ich mich auch mehr mit dem Aspekt beschäftigt, der ihm unbekannt sein musste. Dass die Konservativen in Kumogakure meine Gruppe versagen sehen wollten.
"Das ist noch nicht alles. Sie haben meine Gruppe besonders auf dem Kieker", gestand ich.
"Wegen dem Krieg vor fünf Jahren?"
Ich nickte. "Sie wollen wohl beweisen, dass die Konoha-Shinobi ihren eigenen weit unterlegen sind."
"Mach dich nicht lächerlich, Konoha. Suna hatte auch seinen Anteil an Kämpfen mit Kumo. Denkst du, du hast den Zorn der Konservativen exklusiv gepachtet?" Er grinste mich an. "Würde ich das glauben, dann würde ich deine Gruppe ausliefern und so locker in die nächste Runde kommen." Als er meinen Blick sah, hob er abwehrend die Hände. "Entschuldige, aber ich bin ein Shinobi. Ich erfülle Aufträge. Für Wünsche und Wunder sind andere zuständig."
"Nein, nein, das ist es nicht", wiegelte ich ab. "Ich war nur erstaunt, weil du Facetten siehst, die mir verborgen geblieben sind. Also sind da schon zwei Nationen, die sich in Kumogakure beweisen müssen?"
Tooma grinste mich an. "Na sieh mal einer an. Da ist ja wohl doch jemand recht schnell von Begriff."
Der Suna-Genin sah auf. "Wir verschwenden Zeit. Wenn die Sonne kommt, erwachen die Räuber, und dann haben wir es mit noch mehr Gegnern zu tun."
Also erhoben wir uns. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir knapp die Hälfte geschafft, und der Stand der Sterne verriet uns, dass es schon nach Mitternacht war.
Die Nacht war klar und ruhig, frei vom Lärm eines Kampfes. Aber das Trainingsgelände war groß. Auch wenn man sagte, dass die Nacht besser Geräusche transportierte als der Tag, war dies kein Indiz dafür, dass gar keine Kämpfe statt fanden. Und ich war mir sicher, dass sie stattfanden. Irgendwo da draußen, während Genin ihre Partner suchten, und sich mit Gegnern konfrontiert sahen. Zumindest hoffte ich das, denn die Alternative hätte im schlimmsten Fall gelautet, dass sich Konoha Eins und Suna Eins den restlichen zehn Gruppen stellen mussten. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.
***
Mit den ersten Sonnenstrahlen, die durch das Gewirr der Blätter brachen, kündigte sich nicht nur der neue Tag an. In Marias Körper ließ allmählich die Lähmung nach, und sie konnte mit zitternden Händen ein Kunai ergreifen. Rings um sie erwachte der Wald zum Leben. Sie hörte einen großen Räuber sein Erwachen in die Welt posaunen, hörte das leise Rascheln von Pfoten im Unterholz, den erschreckten Quiek-Ton eines Nagers, der einem Räuber zum Oper fiel. Ein mächtiger Pflanzenfresser in der Ferne rief nach seinen Artgenossen und erhielt Antwort - und lockte damit auch die Räuber an, die es nun zweifellos auf die Neugeborenen und Halbwüchsigen der Herde abgesehen hatten. Das würde ihr vielleicht den Funken Ablenkung einbringen, den sie brauchte, um sich nicht nur wehren, sondern auch retten zu können.
Das war eine Sekunde, bevor sie merkte, das etwas Ungewöhnliches vorging. Die Welt bewegte sich. Nein, korrigierte sie sich, sie selbst bewegte sich. Deutlich konnte sie die Schleifspur im Dreck sehen, die ihr Körper zog. In ihren Beinen erwachte das Gefühl wieder, und jetzt spürte sie, dass etwas sie umschlungen hielt, dass etwas an ihr zog. Sie bewegte mühevoll den Kopf, und wünschte sich, es doch nicht getan zu haben, denn sie starrte in ein nicht mehr allzu fernes Maul. Ein Löwenkopf, eine riesige karnivore Pflanze, die ihre Beute mit Tentakeln fing, in ihr Maul zog, und mit ihren Verdauungssäften langsam zersetzte. Ein qualvoller und elender Tod.
Maria stieß ihr Kunai mit allem was sie an Kraft hatte in die Erde! Entsetzen gab ihr Kraft, und die Wut auf Tooma, der garantiert gewusst hatte, dass die Pflanze hier lauerte, ließ sie den Griff nicht verlieren. Während die Pflanze an ihr zerrte, spürte sie das Leben in ihren Körper zurückkehren. Zugleich aber fühlte sie ihre Finger tauber und tauber werden, während sie sich gegen den Zug stemmte. Nur ein wenig mehr, ein klein wenig mehr, bis sie sich aufsetzen und die Tentakel zerschneiden konnte, nur ein winziges Minütchen!
Ein scharfer Ruck ging durch ihren Körper, als weitere Tentakel heran schnellten. Sie fühlte sich, als würde sie innerlich zerrissen werden! Der Schmerz wollte sie schreien lassen, aber sie hatte keine Kontrolle über ihre Stimme. Es wurde nur ein kurzes, kehliges Wimmern. Aber sie lebte, noch war sie nicht verschlungen! Dann schob sich das Kunai Millimeter für Millimeter aus der Erde, war kein Halt mehr für sie, und mit einem plötzlichen Ruck bot sie dem Löwenkopf keinen Widerstand mehr. Wie eine hilflose Gliederpuppe flog sie auf das weit aufgerissene Maul zu, sah bereits die ersten Säuretropfen fließen. Ihr standen unglaubliche Qualen bevor.
Dann ging alles ganz schnell.

"Bist du in Ordnung, Maria?"
Verwundert blinzelte die junge Frau. Nur mühsam konnte sie die Augen öffnen."Kidomaru-sama!"
Der Otogakure-Jounin trug sie auf den Armen. Unter ihnen zerfiel der Löwenkopf in vier gleich große Teile. Der Jounin, der Marias Gruppe zum Examen eskortiert hatte, landete mit seiner Last direkt auf dem Erdwall. Er besah sich das Geschehen. "Ich sollte dich hier an Ort und Stelle töten, du Dummkopf. Nicht nur, dass du das erste Chunin-Examen versaut hast, das Otogakure besucht hat, du hast auch noch den Auftrag versiebt. Oto-Nin versagen nicht. Und du hast auch noch deine Gruppe verloren."
Schuldbewusst senkte sie den Kopf. "Ja, Kidomaru-sama. Ich bitte um eine harte und gerechte Bestrafung."
"Andererseits hat dieser Bastard aus Suna auch eine Strafe verdient, und die Bälger aus Konoha ebenso. Sie können mit Oto-Nins so nicht umspringen." Er sah die junge Frau mit einem wölfischen Grinsen an. "Wirst du eines Tages in der Lage sein, für diese Schande Rache zu nehmen, oder ist es besser für uns alle, dich doch noch in den erstbesten Löwenkopf zu werfen?"
Mutlos ließ Maria den Kopf sinken. Sie hatte ja versagt. Hatte die zweite Gruppe aus Suna bemerkt, aber nicht weiter beachtet. Und sie hatte die Konoha-Genin unterschätzt, weit unterschätzt. Vielleicht war es wirklich besser, wenn sie in Zukunft Otogakure und Orochimaru-sama nicht länger mit ihrer Anwesenheit besudelte. Vielleicht war es besser, wenn fähigere Shinobi ihrem Platz einnahmen. Vielleicht. Doch dann regte sich Trotz in ihr. Heftiger, lebendiger Trotz. Zugleich fühlte sie mehr und mehr Leben in ihren Gliedmaßen. Sie biss die Zähne zusammen, und lebendiger Hass erfüllte sie.
"Oho", kam es vom Jounin, "dein Blick gefällt mir."
"Kidomaru-sama, es wäre vielleicht eine gute Idee, mich doch zu töten", presste sie zwischen den Lippen hervor, "denn ich kann für nichts garantieren, wenn ich jemals wieder auf Shinobi aus Konoha oder Suna treffe."
Langsam setzte der Jounin sie auf die eigenen Füße. "Es ist also doch noch Leben in dir. Gut, Otogakure neigt dazu, unnützen Ballast abzuwerfen. Aber Otogakure erhält am Leben, was ihr noch nützlich ist. Und ich sehe bei dir genügend Potential, um zumindest heute noch leben zu dürfen." Er griff in ihr Gesicht, zog es zu sich heran und sah ihr in die Augen. "Der Rest liegt bei dir, Maria!"
Trotz des harten Griffs, trotz der Schmerzen, die er ihr bereitete, erwiderte sie den Blick, voller Trotz, voller Hass. Hass auf Tooma aus Sunagakure, Hass auf Mamoru aus Konohagakure. "Verstanden, Kidomaru-sama!"
"Du hast Trotz und Hass im Blick. Das ist gut, das ist sehr gut.
Komm, wir verschwinden von hier. Es gibt für Otogakure nichts mehr zu gewinnen."
"Jawohl, Kidomaru-sama!" Sie folgte ihrem Jounin, als dieser sich in Bewegung setzte. Und mit jedem Atemzug schwor sie Tooma und Mamoru furchtbare Rache für ihre Demütigung und ihre toten Kameraden.
***

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Als die ersten Lichtstrahlen durch das Blätterdach fielen, sich der Morgen ankündigte, etwa eine halbe Stunde, bevor die Sonne endlich aufging, war der Turm nicht mehr fern. Alles, was wir jetzt noch brauchten, das war eine gute Beobachtungsposition, um die Situation einschätzen zu können.
Ich hatte solche Situationen schon selbst erlebt. Bei Überwachungsmissionen, den letzten Phasen vor einer Attacke, und immer hatte uns dabei Hayate-sensei begleitet, unsere Informationen gepoolt und uns vor groben Fehlern bewahrt. Diesmal lag es an sechs Frischlingen, aus dem was wir sehen konnten die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Die Erkundung übernahmen Tooma und Karin. Er war der beste sensorische Ninja, und Karin hatte ein vorzügliches Gedächtnis. Wir anderen bereiteten uns ein Lager, das wir so gut es ging gegen Entdeckung absicherten. Lange würden wir ohnehin nicht hier bleiben. Aber es bestand für uns keine Notwendigkeit, weiteren Gruppen zu begegnen. Wir mussten nur in den verdammten Turm rein kommen.
Es dauerte nicht lange, und die beiden kamen zurück. Die Sonne kroch gerade im Osten über den Horizont; ich ahnte, dass der Weg in den Turm hinein mindestens ebenso schwer sein würde wie der Weg durch den Dschungel. Zudem erwachten nun die tagaktiven Jäger und würden uns zusätzliche Scherereien machen.
"Sechs Gruppen sind schon vor Ort", sagte Tooma ernst. "Eine Zweiergruppe aus Kumogakure, und eine gemischte Vierergruppe. Die große Gruppe hindert das Kumo-Doppelteam daran, den Turm zu betreten. Sie besteht aus zwei Gruppen Kirigakure, einer aus Iwagakure und einer aus Kusagakure."
Lian sah skeptisch drein, während sie auf einem Grashalm kaute. "Warum gehen sie nicht direkt rein? Es kommt niemand mehr dazu, sie haben ihre Vierer-Gruppe komplett. Ich meine, ich bin dankbar dafür, dass sie dem Doppel aus Kumogakure den Eintritt verwehren, denn das gibt uns die Chance, zu den letzten beiden Teams zu gehören. Aber warum tun sie das?"
"Im schlimmsten Fall müssen wir annehmen, dass sie sich verbündet haben, um ein theoretisches Zweierteam der kleineren Ninjadörfer zu begünstigen", sagte ich ernst. "Kumogakure im eigenen Ort aus dem Examen zu kicken ist eine schwere Demütigung."
"Heißt das, wir sollten den Kontakt mit dem Zweierteam aus Kumo suchen?", fragte Katou skeptisch. "Es gibt zwar dieses Sprichwort, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist, aber irgendwie mag ich daran nicht glauben." Der große Genin kratzte sich ausgiebig im Nacken. "Wisst Ihr, was mich stört? Da haben also vier Gruppen aus drei Dörfern Kugeln mit der gleichen Anzahl Sternen, finden zusammen lange bevor wir überhaupt den Turm erreicht haben, und verteidigen jetzt auch noch den Turm gegen andere Ninja-Gruppen, nur um ihre Favoriten einzulassen? Sie müssen doch wissen, dass da draußen noch zwei weitere Gruppen aus Kumogakure sind, und dass die Genin aus Kumo dann zumindest die gleiche Mannstärke haben."
Tooma nickte. "Sprich es doch aus. Es klingt als wäre dieses Szenario von langer Hand geplant. Und wenn es das ist, dann frage ich mich, wo die Zweiergruppe bleibt, die sie rein lassen wollen. Wir wurden durch den Kampf verlangsamt. Kann es sein, dass die andere Doppelgruppe sich noch verspätet? Außerdem fehlen in dieser Rechnung noch zwei weitere Teams, die eventuell gerade auf der Lauer liegen und die Lage sondieren."
"Möchtest du, das wir nach diesen Gruppen suchen und Kontakt mit ihnen aufnehmen?" Nachdenklich neigte ich den Kopf. "Wenn wir unsere Zahl verdoppeln, vergrößern sich unsere Chancen, sowohl gegen die Vierergruppe als auch gegen die Doppelgruppe aus Kumogakure."
Hinter uns erscholl in der Ferne lautes Gebrüll, das kurz darauf vom qualvollen Fiepen einer sterbenden Kreatur abgelöst wurde. Die Jäger begannen ihr Tageswerk. So wie wir.
"Das wäre ein guter Gedanke. Wir sollten in beide Richtungen denken, sowohl über ein Bündnis mit Kumogakure nachdenken als auch über ein Bündnis mit dem letzten übrig gebliebenen Zweier-Team. Und wir sollten uns beeilen, bevor das Vierer-Bündnis sein Ziel erreicht. Dann ist es für uns alle zu spät."
Nachdenklich nahm ich einen Stock zur Hand und begann in der Erde vor mir herum zu malen. "Karin."
Die junge Akimichi zuckte zusammen. "Mamo-chan?"
"Du bist mir viel zu still. Was hast du da draußen gesehen?"
Sie errötete und wandte den Blick ab. "Nun, das... Das ist nur meine Meinung, aber..."
"Karin", sagte ich mit mahnender Stimme. "Ich habe dir gesagt, dass du mir alles erzählen sollst. Jeden noch so flüchtigen Gedanken. Einfach alles."
Als die Sunagakure-Ninjas leise zu kichern begannen, wiegelte ich ab. "Alles, was mit der Mission zusammenhängt, meine ich."
Sie sah wieder auf, lächelte schüchtern. "Nun, da ist was... Ich meine, es... Sie passen nicht, Mamo-chan."
"Wie, sie passen nicht?", fragte ich verdutzt.
"Na, die Stirnbänder. Und die Gesichter. Sie passen nicht."
Ich runzelte ratlos die Stirn. "Das musst du mir näher erklären, Karin."
"Na, die Iwa-Gruppe. Das sind nicht die Gesichter, die..." Sie verstummte, als sie unsere entsetzten Gesichter sah. "Nur so ein Gedanke!"
"Und die Kusa-Gruppe wahrscheinlich auch", knurrte Tooma in plötzlicher Erkenntnis. "Verdammt!"
"Karin, was ist mit den Kirigakure-Ninjas? Passen die Gesichter zu den Stirnbändern?", fragte ich eindringlich.
"J-ja, da passt alles soweit."
"Na, das würde doch passen", stellte ich seltsam zufrieden fest. "Kirigakure hat eh noch eine Rechnung mit uns offen."
"Du tust es schon wieder", tadelte Tooma. "Die Welt dreht sich nicht nur um Konoha, Mamoru."
"Ich fürchte, in diesem Fall schon. Ärgerlicherweise. Glaub mir, ich wünschte mir, es wäre anders."
Resignierend stocherte ich weiter in der Erde herum.
"Augenblick. Kann mir mal einer erklären, worum es geht?", fragte Hanako irritiert. "Ich glaube, ich komme gerade nicht hinterher."
"Was die beiden sagen wollen, ist", begann Lian, "dass die Vierergruppe nicht aus je einem Team aus Iwa und Kusa und zwei Teams Kiri besteht, sondern aus je zwei Gruppen aus Kiri und Kumo."
"Und das bedeutet, das mit der Doppelgruppe Kumo-Genin alle Kumo-Gruppen am Turm sind. Genau sechs. Genau die Anzahl, die eingelassen werden soll. Also ist es eine Falle."
"Oh. Aha. So macht das tatsächlich Sinn." Hanako kniff die Augen zusammen. "Also, anstatt in den Turm zu ziehen und die sechs Plätze für die nächste Prüfung zu belegen wollen sie was?"
"Uns demütigen, im schlimmsten Fall töten", stellte Tooma fest. "Und damit das auch klappt, spielen sie uns diese Schmierenkomödie vor, in der zwei Kumo-Gruppen die große Vierergruppe attackieren und immer wieder abgewiesen werden. Das können sie durchhalten, bis das Zeitlimit erreicht ist. Und selbst wenn wir uns bis dahin nicht zeigen, brauchen sie nur einzuziehen, und haben lediglich etwas Zeit vertan."
"Die Frage, die sich uns also stellt, ist folgende." Ich versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken, was mir nicht besonders gut gelang. Ich war es gewöhnt, längere Zeit nicht zu schlafen, notfalls tagelang wach zu bleiben. Aber die Verwundung forderte ihren Tribut, und wir waren nun fast einen ganzen Tag und eine ganze Nacht auf den Beinen. "Geben wir auf und versuchen wir es nächstes Jahr wieder, und bleiben wir deshalb am Leben, oder versuchen wir es doch irgendwie?"
Karin begegnete kurz meinem Blick, sah dann aber scheu zur Seite.
"Karin?", fragte ich mahnend. Die Akimichi wiegelte ab. "N-nichts."
"Karin!" "Es hat nichts mit dem Thema zu tun! Ich frage mich halt nur, wie sie eine Vierergruppe aufstellen konnten! Haben sie vier Kugeln mit gleicher Anzahl Sternen, oder..."
"Oder haben sie sich die Kugeln von anderen Gruppen besorgt?", vollendete Tooma ernst. "So wie wir." Nachdenklich zog er beide Kugeln hervor. Die mit dem einen Stern von den Oto-Nins, und die mit den drei Sternen, die von vorne herein in ihrem Besitz gewesen war.
"Wenn wir es mit einem guten Plan zu tun haben, dann war die Aufklärung der Kumo-Nin im Vorfeld nahezu perfekt", sagte ich ernst. "Eventuell wussten sie auch vom Vorhaben der Oto-Nin, und haben beschlossen, uns ihnen zu überlassen. Und Ihr, Tooma, seid aus der Planung gefallen, weil Ihr uns nachgejagt seid."
Tooma trommelte mit den Fingern der Linken einen schnellen Takt auf dem Waldboden. "Bisschen viele Lücken."
"Hast du eine bessere Interpretation anzubieten?"
"Nicht im Moment, Konoha." Er stellte das Trommeln ein. "Aber heißt das nicht im schlimmsten Fall, dass wir, also Suna Eins und Konoha Eins, die letzten beiden Gruppen sind?"
"Nicht die letzten beiden", klang eine Stimme mitten zwischen uns auf. Genau zwischen Hanakos Beinen wuchs die Erde empor, bis sie Mannshöhe erreicht hatte. Die junge Genin starrte fassungslos auf die halbmeterbreite Säule aus Erde und Dreck.
Die Säule riss auf und entließ einen Ninja. Ich kannte ihn. Es war Amir aus Getsugakure. "Meine Gruppe gibt es auch noch."
"Duuuuu", grollte Hanako, während sie langsam auf die Beine kam. "Duuuu waaaaagst es...."
Der kleine Getsu-Nin grinste gewinnend in die Runde, wurde aber entsetzlich blass als er Hanako sah. "AUTSCH!"

Da saßen sie also mitten zwischen uns. Der große, dürre Hassin, der dicke Khal, und der kleine, geradezu zerbrechlich schmächtige Amir. Letzterer rieb sich gerade die schmerzende Wange, auf der sich Hanakos Rechte eindrucksvoll verewigt hatte. Ihr Schlag war so hart gewesen, sodass der Handabdruck weiß geblieben war, während die restliche Wange nun in tiefem Rot leuchtete. "Ich habe mich doch entschuldigt", versuchte es der Genin erneut, aber Hana-chan ließ ihn eiskalt abblitzen. "Ich bin nicht sicher, ob wir tatsächlich mit solchen Rüpeln zusammenarbeiten sollten, Mamo-chan", sagte sie hochmütig. "Sie lauern Mädchen auf und kommen dann zwischen ihren Beinen aus dem Boden hervor."
"Ja, ja, Hana-chan, wir haben es alle gesehen", wiegelte ich ab.
Entsetzt blies Hanako die Wangen auf. Aber es blieb bei dieser Geste. Sie senkte ihr tiefrotes Gesicht. "Wenn ich jetzt nicht mehr heiraten kann, bist du Schuld, Amir."
"Himmel, Ihr Konoha-Nin seid ja solche Kinder", sagte der Anführer der Getsu-Gruppe in komischer Resignation. Aber das ärgerliche Lächeln verschwand schnell wieder. "Was ich sagen kann ist folgendes: Diese sechs Gruppen haben von vorneherein zusammen gearbeitet. Sie haben nach und nach die anderen Gruppen ausgeschaltet, die in ihrer Reichweite waren oder die dumm genug waren, auf die Scharade am Turm herein zu fallen. Knapp die Hälfte wurde im Wald getötet oder schwer verwundet zurückgelassen. Der Rest hier am Turm überwältigt und in der Nähe versteckt. Es scheint so, als würden die Kumo-Nin so nahe bei ihren Prüfern nicht mehr über die Strenge schlagen wollen."
"Es kann aber auch Taktik sein, um uns glauben zu machen, wir hätten bei einem Angriff eine Überlebenschance, weil sie uns hier nicht töten wollen", warf ich mürrisch sein. "Entschuldige, Amir, aber darauf will ich mich nicht verlassen."
"Und du tust gut daran, weil du schlau bist", sagte Amir ernst. Er sah in die Runde. "Was also tun wir?"
Katou hob eine Hand. "Ich habe eine Zwischenfrage. Wie viele Sterne hat eure Kugel, Amir-kun?"
Amir verzog keine Miene, als er mit dem Suffix für Gleichgestellte angesprochen wurde, obwohl er augenscheinlich zehn Jahre älter als der Erd-Jutsu-Nin war. Stattdessen grinste er breit. "Wie es der Zufall so will..." Er streckte seine Hand in Richtung Khal aus. Der Dicke ließ ein lautes Rülpsen hören, dann spie er die Kugel aus. Sie hatte einen Stern, genau wie unsere und jene, welche den Otogakure-Genin gehört hatte.
"Na, das nenne ich einen Zufall", sagte ich erstaunt.
"Nicht ganz ein Zufall. Die Kumo-Nin sammeln die Kugeln ihrer besiegten Gegner ein. Und diese war dabei. Als sie sich noch nicht organisiert hatten, haben wir uns diese hier ausgeborgt. Wir haben auch noch unsere alte, die mit zwei Sternen."
"Kann ich die mal sehen?", fragte ich.
Khal rülpste erneut, und nun hatte Amir beide in der Hand. "Du hast vermutet, wir könnten mit den Kumo-Nin verbündet sein?", fragte der kleine Mann. Es lag kein Vorwurf in seiner Stimme. Dafür aber etwas Anerkennung.
"Jetzt nicht mehr", erwiderte ich. "Dann sind wir also jetzt rechtens die Dreier-Gruppe. Bleibt nur noch eine Frage: Wie kommen wir in den verdammten Turm?"
Amir sah von mir zu Tooma. "Dann steht es fest? Aufgeben ist keine Option?"
"Noch ist es keine Option", sagte der Suna-Genin ernst. "Man stellt uns zwar eine Falle, aber man gibt uns auch gleichzeitig die Möglichkeit, sie zu überwinden."
Ich nickte zustimmend. "Hana-chan, dein Arm?" "Ist fast wieder gut. Ich kann mein Jutsu einsetzen."
Das waren gute Nachrichten. "Ich erkläre euch jetzt unsere besten Jutsu", sagte ich ernst und schilderte die Fähigkeiten meines Teams.
Tooma schloss sich an. "Lian hat Erd-Affinität und ist Ninjutsu-Benutzer. Katou ist wie du, Amir, ein Erd-Affiner und nutzt ausgewogen Taijutsu und Ninjutsu. Ich selbst habe eine Blitz-Affinität, aber mein Ninjutsu nutzt hauptsächlich Kampfpuppen."
"Ah, die berühmten Kampfpuppen von Sunagakure. Ich würde zu gerne mal eine in Aktion erleben. Wo ist deine? Irgendwo in der Nähe versteckt?"
Tooma grinste und tippte sich an seinen gewaltigen Turban.
"Äh... Beleidigst du mich gerade?" "Nein, ich gebe dir einen Hinweis." "Aha. Kommt nicht bei mir an."
"Mann, bist du langsam! Der Turban ist seine Puppe", rief Hanako.
"Der Turban? Dann hast du keinen Wasserkopf?"
"Wenn du Streit suchst, bist du bei mir genau an der richtigen Adresse, Kleiner!", rief Tooma und sprang auf.
"Bitte, meine Herren!", schnitt meine Stimme dazwischen. "Wir wollen doch bitte weder unseren Feinden unsere Position verraten, noch uns schon vorher gegenseitig umbringen. Amir, bitte."
Wütend, aber gehorsam, setzte sich Tooma wieder, während Amir zustimmend nickte.
"Wie Ihr seht, bin ich Erdjutsu-Nutzer und bevorzuge Ninjutsu. Hassin ist Luft-affin. Er ist ein Genjutsu-Nutzer, aber er macht auch im Taijutsu eine sehr gute Figur. Und Khal ist Wasser-affiner Ninjutsu-Kämpfer."
"Das heißt, wir haben nur einen Genjutsu-Benutzer in unseren Reihen", stellte ich ärgerlich fest. "Und, bist du stark genug, um alle achtzehn Genin unter einem Genjutsu zu fangen, Hassin?"
Der große dürre Mann lachte hässlich. "Meinst du, ich hätte es dann nicht längst getan?"
"Gutes Argument. Was wissen wir über die Fähigkeiten der sechs Gruppen?"
Amir nickte als Zeichen dafür, das er Näheres wusste. "Hier am Turm bekämpfen sie sich nur mit Kunai, Schwertern und Shuriken. Draußen im Kampf gegen die anderen Gruppen haben sie hauptsächlich Ninjutsu genutzt. Aber sie haben auch zwei oder drei Genjutsu-Nutzer, die ahnungslose Gruppen eingefangen haben, die auf die Scharade mit den zwei feindlichen Gruppen hereingefallen sind."
"Diese Genjutsu-Nutzer müssen wir also unter den Genin der Zweiergruppe suchen", stellte ich fest. "Das macht es nicht gerade leichter."
"Hm. Wie sieht es mit deinem Jutsu des Erdverstecks aus, Amir?" Tooma deutete auf den Getsu-Nin und dann auf Katou. "Eventuell können wir das mit seinem Jutsu verbinden und uns bis zum Turm durchwühlen. Wenn wir für eine gute Ablenkung sorgen..."
"Und wie soll diese Ablenkung aussehen? Wen willst du opfern? Oder hoffst du, dass die Kumo-Shinobi auf Klone hereinfallen?" So etwas wie Hoffnung glomm in Amirs Augen auf. "Wenn jemand Kage Bunshin no Jutsu beherrscht, könnten wir kurzfristig unsere Kampfkraft erhöhen und für die Ablenkung sorgen, die wir brauchen. Neun Schattenklone, die unsere Gestalten annehmen, dazu unsere Erdjutsu..."
Wortlos deuteten Karin und Hanako auf mich. Ich hob schuldbewusst die Linke. "Ich beherrsche Kage Bunshin. Aber in meiner derzeitigen Lage kann ich bestenfalls zwei aufrecht erhalten, und das auch nicht sehr lange. Ganz davon abgesehen, dass ich Hilfe brauche, um die Fingerzeichen zu formen. Mein Chakra ist ein klein wenig durcheinander, seit mir beinahe der Arm abgehackt wurde."
Enttäuscht raunte Amir auf. "Schade. Das wäre ein guter Plan gewesen."
"Wenn wir schon nach jedem Strohhalm greifen", nahm Katou den Faden wieder auf, "sollten wir Bunshin no Jutsu nutzen, einfach weil wir es können. Mein Limit sind fünf Klone."
"Ich schaffe auch fünf", sagte Lian. "Acht", sagte Tooma.
Amir hob die rechte und die linke Hand und zeigte sieben Finger. Hassin hob vier Finger, Khal zeigte neun an. Hanako konnte zehn erzeugen, da ihr Ninjutsu eine hohe Chakra-Kontrolle benötigte, Karin schaffte immerhin auch fünf.
"Mein Limit bei Bunshin no Jutsu liegt gerade bei drei", sagte ich entschuldigend. "Ich bin nicht in der besten Verfassung."
"Nicht so schlimm. Das wären sechsundfünfzig Klone, die im Kampf aber nicht sehr viel wert sind. Es wäre zumindest ein Überraschungsmoment."
"Den wir nutzen wollen, um zum Turm zu kommen? Dessen Eingang wahrscheinlich unter einen Genjutsu liegt, um zu verhindern, das wir durchbrechen?" Ich sah zu Hanako herüber. "Hana-chan, schau dir den Turm an. Karin, führe sie."
Die beiden Mädchen nickten bestätigend, bevor ihre Konturen zu verwischen schienen und sie spurlos verschwanden.

Tooma grinste dünn. "Gibt es einen besonderen Grund, warum du deine beiden Teamgefährten fort geschickt hast? Ich meine, außer um zu klären, ob die Kumo-Shinobi die gleiche Schweinerei gemacht haben wie mit der falschen Tür zum Examens-Raum?"
"Ich habe noch eine Fähigkeit, die ich bisher nicht erwähnt habe. Ich bin ein Kontraktnutzer. Aber ich bin nicht besonders gut darin, wirklich starke Kämpfer zu beschwören. Und ausgerechnet jetzt bin ich durch meine Verletzung zusätzlich gehandicapt." Ich schnaubte amüsiert. "Ich will es trotzdem versuchen, aber ich wollte mich nicht vor Karin und Hanako blamieren, wenn ich statt eines Kriegers ein Kleinkind beschwöre."
"Ach, sieh an, Konoha, sind wir etwa eitel?", fragte Tooma grinsend. "Mit welchem Tierclan hast du denn einen Kontrakt? Konoha ist ja für die Kontrakte mit Hunden und Fröschen berühmt."
"Affen", gestand ich leise. "Ich habe einen Kontrakt mit den Affen."
Die anderen raunten erstaunt auf. "Das sind gute Nachrichten. Affen sind für ihr Taijutsu bekannt und gefürchtet. Und sie sind für Genjutsu nahezu unanfällig", sagte Lian zufrieden. "Solange es dir gelingt, einen Krieger zu beschwören, haben wir unsere Zahl zumindest auf zehn erhöht."
Amir sah mich erwartungsvoll an. "Und, willst du es probieren?"
"Kann mir mal jemand mit der Schlinge helfen?"
Lian trat an meine Seite und half mir, den verletzten Arm zu befreien und zum Mund zu führen. Ich biss in den Daumen, setzte Blut frei - ehrlich, dass ich auch einfach die Linke hätte nehmen können, fiel mir erst hinterher ein - und drückte die Hand auf den Boden. "Kuchiose no Jutsu!"
Zuerst war da Rauch. Genug Rauch, um mich befürchten zu lassen, dass unsere Position für die Gruppen am Turm enthüllt worden war. Dann war da leises Husten von den anderen aus der Zweckgemeinschaft. Und danach war... Nichts?
Erschrocken starrte ich vor mich, wo sich jetzt eigentlich zumindest ein kleiner Affe hätte befinden müssen. "Nichts!", rief ich enttäuscht.
"Nichts", sagte Tooma matt und zerdrückte einen derben Fluch zwischen den Lippen.
"Nichts", klang Amirs enttäuschte Stimme auf. Ein allgemeines Raunen ging durch unsere Reihen.
"Tatsächlich nichts", klang neben mir eine vertraute Stimme auf. "Wonach schauen wir denn, Mamo-chan?"
"Ich habe versucht, einen Affenkrieger zu beschwören", sagte ich zutiefst betrübt, "aber es ist mir nicht gelungen."
"So, so. Das ist eine ernste Situation. Hey, warum nimmst du nicht mich stattdessen?"
Ärgerlich wandte ich mich dem Sprecher zu. "Weil ich einen Affen... WHOA! SENSEI!"
Der Affe, der neben mir hockte und bis eben mit mir auf den Beschwörerkreis gestarrt hatte, kniff die Augen zusammen und lächelte mich an. Er hatte sich in eine menschliche Tarnung gehüllt, in der er einen Kampfanzug aus Konoha trug. "Hallo, Mamo-chan."
Ich starrte in das freundliche Gesicht mit der dicken Narbe, die einmal quer über beide Wangenknochen und die Nase verlief. Für einen Augenblick meinte ich, Iruka-sempai vor mir zu sehen, aber auch nur, weil der Affe das wollte.
"Ranma-sensei!" Ich japste erschrocken. "Ranma-sensei, wie lange bist du schon hier?"
Erstaunt sah er mich an. "Aber Mamo-chan, du hast mich doch beschworen!"
Nun klang erfreutes Raunen auf. "Dann hast du es doch geschafft!", sagte Tooma zufrieden. "Ist Ranma-sensei stark?"
"Nein, du verstehst nicht!", rief ich beinahe verzweifelt. "Ich kann Ranma-sensei gar nicht beschworen haben! Er ist viel zu stark und viel zu mächtig, als dass ausgerechnet ich..." Ich japste nach Luft, suchte nach Worten. Ranma war Rankos Zwillingsbruder, und unter den Kämpfern der Affen nicht gerade der Unwichtigste. "Sensei, spiele nicht mit mir! Seit wann bist du hier?"
Ranmas Lächeln verwischte. Er nahm meinen Kopf zwischen beide Hände, drehte ihn zur Seite und zog ihn zu sich heran. "DU HAST MICH BESCHWOREN!", brüllte er aus nächster Nähe in mein rechtes Ohr. Ich denke, den anschließenden Tinnitus hatte ich tatsächlich verdient.
"Also", fragte Sensei in die Runde, nachdem ich wenigstens wieder etwas hören konnte, "warum hat Mamo-chan mich beschworen?"
"Ah! Ranma-sama!" Hanako sprang als Erste in unsere Mitte. "Ranma-sama, ist der Sandaime etwa auch in der Nähe?"
"Nein, Hana-chan. Mamoru hat mich beschworen."
"Ach was, Ranma-sama, Mamoru doch nicht. Ich..." Sie lächelte schief, machte eine wegwerfende Handbewegung. Doch dann erstarrte sie, sah mich erstaunt und Sensei noch erstaunter an. "Er hat wirklich?" Ranma-sensei nickte bestätigend. "Und jetzt bin ich hier. Wie kann ich helfen?"
"Ha... ha... Ranma-sama?", klang Karins verschüchterte Stimme auf, als sie sich zu Hanako gesellte. "Ist der Sandaime hier?"
"Ich glaube, der Witz wird langsam etwas alt", murrte der Affenkrieger. "Bringt mich jetzt bitte jemand auf den neuesten Stand?"

Fünf Minuten später war mein Tinnitus abgeklungen, und Ranma-sensei über die Lage informiert. Er klopfte sich amüsiert auf die Schenkel. "Und die haben wirklich den wahren Eingang zum Turm verhüllt? Naivlinge."
"So naiv nun auch wieder nicht. Einige Genin sind darauf herein gefallen", sagte Amir.
"Wie das halt mit Genin so ist." Trotziges Gemurmel erklang. "Nichts gegen die Anwesenden."
"Also, Ranma-sensei", nahm Amir den Faden wieder auf, "wie können Sie uns helfen?"
"Tja, ich schlage vor, ich kümmere mich um die Vierergruppe mit den Kiri-Genin und den Kumo-Genin, und Ihr beschäftigt die Zweiergruppe mit den restlichen Kumo-Shinobi. In der Zeit versuchen Hanako-chan und Hassin-kun das Genjutsu aufzuheben, das eigentliche Tor zu enthüllen und euch allen Zugang zum Turm zu verschaffen."
Amir starrte den Affenkrieger wie einen Geist an. "Jetzt mal ernsthaft, Sensei, wie können Sie uns helfen?"
"Soll ich die Zweier-Gruppe auch noch übernehmen? Ich dachte eigentlich, Ihr wollt auch ein wenig Spaß haben, aber ich kriege das bestimmt hin. KAGE BUNSHIN NO..."
"Es ist gut, Sensei", sagte ich hastig. "Es sieht vielleicht für die Prüfer besser aus, wenn wir auch etwas selbst tun. Letztendlich entscheidet nicht unsere Anwesenheit darüber, ob wir das Examen bestehen, sondern die Meinung der Prüfer."
"Oh. Ja, das ist ein gutes Argument. Also, mein Angebot steht. Ich übernehme die Vierer-Gruppe."
"Das ist kein schlechter Scherz?", fragte Amir entsetzt.
"Es sind ja nur Genin", erwiderte Ranma schulterzuckend.
"Kein Witz", erklärte ich mit tonloser Stimme. "Ranma-sensei ist auf Jounin-Level. Und das sage ich ohne zu übertreiben. Eher die andere Richtung."
"Gut, dann ist es abgemacht. Aber wenn wir Recht haben, und die Genjutsu-Nutzer summieren sich bei der kleinen Gruppe, müssen wir schon vorher eine Abwehr parat haben", sagte Tooma.
"Das wird schwierig, wenn unser Genjutsu-Nutzer damit gebunden ist, die Barriere zu durchbrechen." Nachdenklich stocherte ich weiter im Waldboden herum. "Wir müssen sie entweder schnell identifizieren, oder alle ausschalten."
Katou räusperte sich vernehmlich. "Wenn Ranma-sensei angreift, ergibt sich da vielleicht eine Möglichkeit, im Moment größter Verwirrung."
"Und das wäre?" Nachdenklich lauschte ich den Worten des Suna-Genin, und nicht nur meine Miene hellte sich mehr und mehr auf, während ich ihm zuhörte.
***
Die neun Shinobi näherten sich der Vierergruppe mit allen Anzeichen der Vorsicht, blieben immer auf dem Sprung, und nur einer von ihnen, Tooma, ging tatsächlich bis auf Rufweite heran.
"Können wir reden?", rief Tooma herüber.
Einer der Ninjas, er trug einen Stirnschutz von Iwa, trat ein paar Schritte vor. "Was willst du, Sunagakure?"
"Die Gruppen auf die Ihr wartet kommen augenscheinlich nicht", stellte Tooma fest und deutete hinter sich. "Und wir sehen für zwei von unseren Teams die Chance, in den Turm gelassen zu werden und zur nächsten Runde vorzustoßen."
"Ihr seid eine Gruppe zuviel", stellte der Iwa-Nin fest.
"Wir regeln das intern." Tooma deutete auf die Shinobi hinter sich. "Da sind wir uns einig. Wir helfen erst einander, überhaupt in den Turm zu kommen, und dann losen wir untereinander und in aller Freundschaft aus, wer als fünfte und sechste Gruppe rein darf."
"In aller Freundschaft?" Der Iwa-Shinobi lachte laut. "Was seid Ihr denn für Genin? Freundschaft unter Ninjas? Komische Bande. Wenn ich du wäre, würde ich mich genau jetzt von einer Gruppe trennen. Endgültig. Dann könnten wir reden."
Tooma grinste wölfisch. "Ich denke, zu neunt haben wir bessere Chancen. Falls wir zu einer Einigung kommen und Ihr euer Wort nicht haltet."
Der Iwa-Nin zog die Stirn kraus. "Ihr regelt das selbst?"
"Ihr werdet mit unseren Problemen nicht belastet. Ihr geht als die vier ersten Gruppen rein, und wir folgen mit zwei weiteren Gruppen."
"Hm", machte der Andere. "Wir mögen Konoha nicht besonders. Wir alle nicht."
"Wie ich schon sagte, wir regeln es anschließend selbst. Also, wollt Ihr noch auf eure ausstehenden Gruppen warten, oder haben wir einen Deal?"
"Wie du schon sagtest, wir warten auf zwei weitere Gruppen. Aber bevor wir die Kumogakure-Trottel einlassen... Du kannst mir nicht garantieren, dass die Konoha-Genin das siebte Team sind?"
"Nein, wie gesagt, wir regeln das anders."
Der Iwa-Ninja grinste bösartig. "Nun, vielleicht kann ich euch die Entscheidung auch abnehmen." Zwischen den neun Neuankömmlingen brach die Erde auf. Aus einer nahen Pfütze entstanden drei Ninjas Kirigakures. Plötzlich waren sechs Ninjas mitten zwischen der Gruppe Toomas.
Bevor jemand aus der Gruppe reagierte, hatte der erste Kiri-Nin mich erdolcht, und der zweite sein unterarmlanges Shuriken auf Hanako geworfen. Doch wer damit gerechnet hätte, dass sich der Iwa-Ninja oder seine Handlanger damit zufrieden gaben, sah sich getäuscht. Ein Kunai raste von hinten auf Tooma zu, bohrte sich in seinen Rücken und durchstieß widerstandslos die Rauchwolke, in die sich der Suna-Nin aufgelöst hatte. Auch ich verschwand, ebenso Hanako und Lian, die als erste attackiert worden waren. "Bunshin!", rief einer der Kiri-Genin. "Es sind nur Klone!"
Ärgerlich verzog der angebliche Iwa-Genin sein Gesicht. "Das hättet Ihr merken müssen!", warf er dem Kiri-Ninja vor.
"Wir haben von allen neun ein starkes Chakra gespürt!", rechtfertigte sich der Kiri-Ninja, und warf frustriert Shuriken auf die anderen Klone. Sie verpufften, kaum das sie getroffen wurden. Nun, alle bis auf Karin. Sie blockierte das Shuriken mit einer beiläufigen Handbewegung. "Das muss dann wohl mein Chakra gewesen sein." Sie verschränkte die Hände ineinander und streckte sie, bis die Knöchel knackten. "So, und da Ihr jetzt eure wahren Absichten verraten habt, kann es ja losgehen."
Irritiert betrachtete der Iwa-Genin das dünne schwarzhaarige Mädchen. "Imai, töte sie."
Der Kiri-Genin bestätigte, zog sein Schwert und stürmte auf Karin zu. Er führte einen mächtigen Hieb von oben herab auf sie aus, doch das kleine Mädchen fing die Klinge mit Daumen und Zeigefinger der Linken so lässig ab, als wäre es nur ein leichter Fächer. Sie grinste dämonisch. "Wie ich schon sagte, dann kann es ja losgehen." Sie zog das Schwert und damit den Kiri-Ninja näher zu sich heran, trat ihm in den Bauch und gab ihm damit einen Bewegungsimpuls mit, der ihn meterhoch und meterweit durch die Luft wirbelte. Als er aufschlug, blieb er nach Atem ringend liegen. Karin indes zerbrach seine Klinge mit einer ebenso beiläufigen Handbewegung, mit der sie die Klinge bereits gefangen hatte.
Die anderen fünf Ninjas begannen sie vorsichtig zu umkreisen, ihre Waffen gezückt.
Karin lächelte voller Vorfreude. "Los, lasst uns anfangen."
Die fünf Ninjas nickten einander zu, dann stürmten sie gemeinsam auf das Mädchen zu.

Zur gleichen Zeit löste ich mein Katon aus; ein Teil des Gehölz ging in Flammen auf. Aus dem Wald brach eine Horde Raubechsen hervor, die vor dem Feuer floh. Lian zur Linken und Khal zur Rechten dirigierten die gut fünfzig verschreckten und panischen Tiere wie Schäferhunde ihre Herde direkt auf die anderen beiden Gruppen aus Kumo zu.
Ich eilte hinterher, einerseits um nicht selbst ein Raub der Flammen zu werden, andererseits, um die Tiere mit gelegentlichen Flammenstößen weiter anzutreiben. Das war der kritische Part unserer Planung. Wenn die Kumo-Nin nun folgerichtig reagierten, wenn sie verstanden was wir taten, wenn sie mich als oberste Bedrohung erkannten und mich bekämpften, dann kippte der ganze Plan. Zumindest für mich.
Kurz vor den beiden Gruppen lösten sich Lian und Khal von den Tieren, gaben ihnen Freiraum. Sie breiteten sich nun aus, und in ihren Augen war neben der Panik auch Wut zu sehen. Diese Wut richtete sich auf die sechs Genin vor ihnen. Einer floh, ein weiterer erschuf einen Erdwall vor sich. Zwei von ihnen schleuderten Shuriken auf die Tiere, und die erste Salve ließ sechs unserer Raubechsen verpuffen, enttarnten sie als weitere Klone. Dies ließ sie für einen Moment aufatmen, aber dann verschwanden auch Lian und Khal in Rauch und Nebel. Sie zögerten, nur einen kleinen Augenblick, und das war genau das, was wir brauchten. Die zweite Reihe der Raubechsen löste sich in Rauch auf, aber die Reihe, die danach kam verwandelte sich in sechs Ninjas unserer Gruppe.
Mittlerweile hatten wir vier Ninjas als mögliche Genjutsu-Wirker eingestuft, und sie wurden unsere primären Ziele. Es war wichtig zu verhindern, das sie ihre Kunst anwenden konnten. Deshalb durften sie keine Fingerzeichen machen, oder, was für uns fataler wäre, auf ein Bluterbe zurückgreifen, das uns womöglich auch noch unbekannt war. Tooma hatte das ganz praktisch ausgedrückt. "Also brechen wir ihnen was, oder wir töten sie gleich."
Zumindest versuchten wir es, und im ersten Angriff wurden drei Kumo-Nin verletzt. Zwei von ihnen an den Händen, was Fingerzeichen effektiv verhinderte.
Aus der hinteren Reihe der zu Raubechsen transformierten Klone lösten sich zwei Echsen und hielten Kurs auf den Turm. Diesen Teil der Entwicklung beobachtete ich mit Sorge. Das waren Hassin und Hanako mit dem Auftrag, den eigentlichen Eingang zum Turm zu enthüllen. Wenn die Kumo-Genin sie angriffen, wenn Ranma-sensei - der einen Riesenspaß an der Idee gehabt hatte, als Karin getarnt zu kämpfen - auch nur einen der zwölf Ninjas, um die er sich hatte kümmern wollen, entkommen ließ, gerade weit genug um die beiden anzugreifen... Ich verdrängte den Gedanken. Wenn nicht Ranma, wer sollte sonst in der Lage sein, zwölf Genin auf einen Schlag aufzumischen?

Ich war nun nahe genug, um in den Kampf einzugreifen. Als siebter Genin konnte ich mir mein Ziel aussuchen. Allerdings war die Lage bereits sehr unübersichtlich. Karin - die echte Karin - hatte mit ihrem Körperjutsu erneut die Riesenhände ausgeformt und drei der Kumo-Genin einfach von den Füßen gewischt. Tooma hatte einen von ihnen mit der Nadelvorrichtung in seinem Mund getroffen und vergiftet, aber der Bastard wollte einfach nicht umfallen. Zwei der Gegner entpuppten sich als Kawarimi, als Ablenkungsziele, was uns zwang die Originale zu suchen. Lian hatte einen Genin am Wickel, den sie mit aller Kraft daran hindern wollte, Fingerzeichen zu formen. Der Rest entzog sich meinem Blick. Es war ein großes, kräftiges Chaos. In etwa wie Hanako-chans Zimmer, aber vielleicht nicht ganz so durcheinander.
Ich wurde von einem Shuriken an der Schulter gestreift, was mich doch ein wenig verwunderte. Ich war hier die geringste Bedrohung, hatte noch nicht einmal in den Kampf eingegriffen. Es musste sich um eine abgelenkte Waffe handeln. Dachte ich, bis mir ein zweiter um die Ohren flog, dann ein dritter. Jemand nahm sich Zeit, inmitten der Bedrohung durch den Nahkampf ausgerechnet mich anzugreifen. Und das bedeutete folgerichtig, dass er wahrscheinlich auch die anderen Konoha-Genin auf dem Kieker hatte. "Tooma!", rief ich.
Der Genin schlug seinem Gegner gegen die Schläfe und sprang bis zu meiner Position zurück. "Feuerwand!"
Der Suna-Nin nickte, und half mir mit seiner Linken, die Handzeichen zu formen. Schwerfälliger als Hanako-chan, aber immer noch schnell genug. Ich spie meine Flammen aus, und aus ihnen wurde eine mehrere Meter hohe Flammenwand zwischen den Kämpfenden und dem Turm. Das würde Hanako und Hassin ein paar kostbare Sekunden erkaufen, vielleicht eine Minute.
Ich erschauderte bei dem Gedanken, dieses Jutsu mitten unter die Kämpfenden zu werfen. Es hätte Freund wie Feind verzehrt. Feuer war unglaublich gerecht und fraß einfach jeden.
Ich zog mein Kunai, suchte nach einem Gegner. Tatsächlich griffen nun jene Ninja ein, die sich zuvor von Klonen hatten vertreten lassen. Einer von ihnen beherrschte Kage Bunshin, und wir sahen uns nun nicht nur zwei, sondern acht weiteren Gegnern gegenüber. Alles in allem war die Situation verfahren, aber solange wir nicht starben, hatten wir das bessere Blatt in der Hand.
Ich wehrte den ersten Schattenklon ab, parierte seinen zweiten Tritt und musste die Beine zu Hilfe nehmen, um den zweiten zu parieren. Ein winziger Moment der Unsicherheit genügte mir, um ihn anzuspringen und ihm mein Knie zu einem tödlichen Stoß in die Kehle zu rammen. Er verpuffte im gleichen Atemzug, als der Schaden an ihm bei einem echten Ninja den Tod ausgelöst hätte. Der andere Schattenklon attackierte mich von der Seite, und mir blieb nichts anderes übrig, als auf Tooma oder einen der anderen zu vertrauen. Ich war nicht auf dem Höhepunkt meiner Kraft, müde, erschöpft und hatte kaum noch Chakra. Eigentlich war mir alles reichlich Scheißegal, für einen langen, endlosen Moment. Beinahe hätte ich mich zu Boden sinken lassen, um zu schlafen, einfach nur zu schlafen.
Der Schattenklon löste sich auf, als ihn zwei Wasserlanzen aufspießten. Lian zwinkerte mir für einen winzigen Moment zu, dann musste sie sich wieder um ihren eigenen Gegner kümmern. Auch ihn attackierte sie mit Wasserlanzen. Das ließ mich noch einmal hochschrecken.
Ich prüfte meine innere Uhr. Der Kampf dauerte nun schon fast zwei Minuten. Wir kamen in die kritische Zeit, in der sich der Gegner sammeln, neu ordnen und wieder angreifen konnte.
"Hana-chan!", rief ich über die Flammen hinweg.
"Gleich!"
Gleich konnte so ziemlich alles bedeuten. Und das war ein frustrierender Gedanke. Zudem erlosch meine Feuerwand nach und nach. Auch ein Zeichen dafür, dass mein Chakra nachließ.
"JETZT!", kam der vollkommen unerwartete Ruf von Hassin. Der unerwartete und erlösende Ruf.
Tooma grinste neben mir. Sein Turban nahm die Puppenform an und wirbelte auf einen Kumogakure-Ninja zu. Wirbeln war das richtige Wort. Die kleine Puppe wurde zu einem Kreisel aus Klingen und Tod; der Genin entkam nur mit knapper Not. Lian weichte den Boden auf, Katou beschwor aus ihm eine Schlammsäule, die zwei unserer Gegner mit sich riss. Die Zahl der Klone war nun bei null, uns standen nur noch drei Gegner gegenüber. Drei waren am Boden, bewusstlos oder tot. Und dankenswerterweise war noch kein Genjutsu über uns geworfen worden. Nach und nach lösten sich unsere Verbündeten aus dem Kampf. Karin kam als Letzte.
Ich schreibe hier nach und nach, aber seit dem Ruf von Hassin bis zu dem Moment, als Karin mich passierte, vergingen bestenfalls zwanzig Sekunden.
Tooma zog seine Puppe zurück; er umfasste mich unter den Armen und sprang mit mir davon. Er musste gemerkt haben, dass ich am Ende meiner Kräfte war. Wir überquerten die nun nicht mehr so hohe Feuermauer und landeten auf der anderen Seite. Hanako und Hassin standen mehr als vierzig Meter von jener Stelle entfernt, die uns noch immer ein Tor vorgaukelte. Sie winkten uns heran.
Von der anderen Gruppe unserer Gegner eilten drei Ninjas heran. Unglaublich, dass sie Ranma-sensei entkommen waren. Hanako setzte ihr Bewusstseinstransferjutsu ein, übernahm einen von ihnen. Er verpuffte augenblicklich. "Schattenklone!", rief ich ärgerlich.
"Egal, hinein jetzt!", rief Tooma, schlang, als er neben ihr landete, den anderen Arm um Hanako, und sprang mit uns beiden über die Türschwelle in den Turm hinein. Hassin war der Letzte.
Lian, Katou, Khal und Amir bildeten eine defensive Linie vor dem Eingang, und tatsächlich mussten sie einige Kunais abwehren, die auf sie zuflogen.

Dies löste einen Wutschrei aus, der sich gewaschen hatte. Kirabi-sama setzte über unsere Gruppe hinweg. Als er mitten im Tor wieder aufsetzte, tat er irgend etwas, was ich nicht sehen konnte. Aber die Angriffe hörten definitiv aus.
"Jetzt reicht es aber!", blaffte er. "Anstatt hier herum zu spielen solltet Ihr euch mehr um euer Examen kümmern! Drei Gruppen finden noch Einlass, nicht mehr und nicht weniger! Macht das unter euch aus, aber entscheidet euch! Wir haben keine Probleme damit, nur drei Gruppen bestehen zu lassen! Ihr habt dafür nicht ewig Zeit!"
Mit diesen Worten wandte er sich wieder um. Er murmelte einen derben Fluch, und irgendwie musste ich bei diesem Anblick grinsen.
Motoi-sensei hatte die Reaktion Kirabi-samas mit unbewegter Miene verfolgt. Als er sicher sein konnte, dass der große Jounin fertig war, deutete er auf uns. "Die Kugeln, bitte."
Tooma hielt seine eroberte Kugel mit den einen Stern hoch. Phal rülpste die Einstern-Kugel der Getsu-Ninjas hoch. Und Hanako holte unsere Kugel aus ihrem Ausschnitt.
Motoi-sensei betrachtete alle drei Kugeln eindringlich. Dann nickte er. "Sie sind echt. Ich gratuliere, Ihr neun seid die Ersten, die den zweiten Teil des Chunin-Examens bestanden haben."
Ich spürte, wie meine Knie weich wurden. Diese Worte waren wie eine große Erleichterung für mich. Endlich. Endlich! Ab hier war das Examen keine Gruppenaufgabe mehr. Ich hatte Karin und Hanako sicher bis hierhin eskortiert. Mit einem Seufzer sackte ich in mich zusammen.
"Mamo-chan!", hörte ich Hanako besorgt rufen. "Mamoru!" Das war Karins Stimme. Merkwürdig, das sie mich nicht bei meinem Kosenamen rief.
Ich fühlte, wie mich jemand davor bewahrte, zu Boden zu stürzen. "Ich habe dich, Konoha. Ruh dich aus. Du hast es dir verdient", raunte mir Tooma ins Ohr.
Ich hätte gerne gelächelt, aber ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper. In Tooma hatte ich einen würdigen Rivalen gefunden. Und einen Freund.
"Na, na, na", klang Uzuki-senseis wohlklingende Stimme irgendwo in meiner Nähe auf. "Wie kriegen wir den nur fit für die nächste Runde? Wenn er Pech hat, ist er in zehn Minuten schon dran, falls sich die Streithähne da draußen schneller einigen als wir es erwarten."
"Na, das lass mal meine Sorge sein, Yugao-chan", hörte ich Ranma-sensei fröhlich rufen.
Ich spürte seine kräftige Hand auf meinen Kopf, und hätte ich die Kraft gehabt hätte ich ihn für die Zerstörung meiner Frisur getadelt. "Ich gratuliere dir, Mamo-chan. Du hast auch den zweiten Abschnitt der Chunin-Prüfung gemeistert", flüsterte er mir ins Ohr.
Damit war ich fertig mit dem Examen. Dachte ich zumindest.

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Als ich wieder zu mir kam, fühlte ich mich seltsam erfrischt. Ich lag auf einer dünnen Matte auf dem harten Steinboden des Turms, links von mir sah ich eine Wand, rechts eine Steinbank, einen Steintisch und die Rückenansichten von Uzuki-sensei und Hanako. Neben mir hockte Ranma-sensei, aber der Affenkrieger, der immer noch die Tarnung als Konoha-Shinobi trug, beobachtete interessiert irgend etwas jenseits des Tisches.
Langsam klärte sich mein Verstand. Ich konnte nun einige der Geräusche einordnen, die ich zuvor schon gehört hatte. So klang es, wenn zwei Kunai aufeinander trafen.
"Was...?", fragte ich, und Ranma-sama wurde auf mich aufmerksam. "Oh, du bist schon wach? Beeindruckend. So viel Chakra hatte ich dir gar nicht gespendet." Der große Affenkrieger tätschelte mir über den Kopf. "Kannst dich aber ruhig noch etwas flach legen. Bist eh raus aus der Nummer."
"So?", fragte ich. Also hatte die Erschöpfung ihren Tribut gefordert, und ich hatte die dritte Etappe der Chunin-Prüfung verschlafen. War also nichts damit, ein Chunin zu werden. Aber ich hatte Hanako-chan und Karin-chan die Chance erarbeitet, und darauf, so dachte ich, durfte ich ruhig stolz sein.
"Andererseits, wenn du Karins Kampf sehen möchtest, können wir gerne ausprobieren, ob du schon sitzen kannst."
Erschrocken fuhr ich hoch. Natürlich, Karin saß nicht am Tisch! Und in diesem Moment steckte sie in den Einzelkämpfen? Gegen welchen Gegner?
"Das werte ich als ja. Hana-chan, mach mal Platz. Mamoru möchte auch auf die Bank."
Die junge Shinobi wandte sich uns zu. Erfreut nickte sie. "Na klar! Schön, dass du wieder wach bist. Ich habe meinen Qualifikationskampf schon hinter mir. Natürlich habe ich gewonnen. Und bei Karin sieht es auch ziemlich gut aus."
Mit Ranma-senseis Hilfe kletterte ich auf die Bank. Aber ich fühlte mich wirklich gut und hätte seine Hilfe wahrscheinlich gar nicht gebraucht. Andererseits wäre ich nicht der erste Idiot gewesen, der es übertrieben hätte, nur um anschließend den Preis für seinen übertriebenen Stolz zu entrichten.
"Ah, Konoha!", klang Toomas freudige Stimme links von mir auf. Er saß mit seinen beiden Kameraden und seinem Jounin auf seiner Steinbank und grinste mir zu. Zwei Tische weiter erkannte ich auch Amir und seine Gruppe. Als er mich herüber schauen sah, winkte er zufrieden und deutete nach rechts. Ich folgte seiner Handbewegung und sah eine große Tafel mit fünfzehn Namen.
Drei der Namen waren durchgestrichen, und ich verstand, das es sich um eine Wertungstafel für die Einzelkämpfe handelte. Wenn ich nach der Anzeige ging, dann hatte Hanako ihren Gegner Dan im ersten Kampf besiegt, danach hatte Lian klar die Oberhand bewiesen, als sie gegen Phal angetreten war. Und schließlich hatte Amir Yutan besiegt.
Die fremden Namen irritierten mich für einen Moment. Bis ich begriff, dass es sich um die Namen der Genin handeln musste, die uns draußen vorm Turm eine Falle gestellt hatten. Aber wenn die Anzeige stimmte, dann hatten nicht drei, sondern nur zwei Gruppen Zugang zum Turm gefunden. Hatten sie sich also draußen so weit dezimiert, dass vier Genin-Teams auf der Strecke geblieben waren?
Kurz strich mein Blick über Karin. Ihr Gegner hieß Motti, und er war deutlich in der Defensive.
"Kannst du mir das erklären, Sensei?", fragte ich in Ranmas Richtung. "Wieso sind nur zwei Genin-Teams Kumogakures auf der Liste, obwohl sechs Teams da draußen waren, und sie die Kugeln der Vierergruppe hatten?"
"Na, hatten sie eben nicht." Der große Affenkrieger grinste breit. "Ich habe mir erlaubt, ihnen nur die Kugeln für drei Zweiergruppen zu überlassen. Die überschüssigen Viererkugeln habe ich einkassiert. Eingelassen wurden nur Gruppen, die ihre Partner gefunden hatten. Also konnten nur noch zwei Teams den Turm betreten." Sensei lächelte boshaft. "Ich hielt das für eine angemessene Bestrafung für den ganzen Ärger, den sie uns mit ihrer kindischen Intrige eingebrockt haben."
"Natürlich", erwiderte ich mit einem dünnen Lächeln. Ich wandte mich wieder dem Kampf zu. "Karin! Du hältst dich gut!"
Die junge Akimichi strahlte mich an, als sie diese Worte hörte. Ihr Gegner Motti wollte diesen Moment der Unaufmerksamkeit nutzen und in die Offensive gehen. Das Ergebnis war, dass Karin zu Tode erschrak, ihr Körperjutsu benutzte, und den nicht gerade schmächtig gebauten Kumo-Genin an die nächste Wand klatschte. Dort blieb er einige Zeit aufrecht stehen, bevor er an der Wand herabrutschte und liegen blieb.
"D-das wollte ich nicht!", sagte Karin erschrocken.
"Oh doch, das wolltest du!", rief ich.
"Sieger ist Karin Akimichi, Konoha!", verkündete Motoi-sensei. Mit einem anerkennenden Nicken schickte er Karin wieder zum Konoha-Tisch, und mit einem weiteren Nicken erlaubte er den bereit stehenden Sanitätern, den besiegten Motti zu versorgen.
"Nächster Kampf! Tooma gegen Krom!"
Als Karin an unseren Tisch zurückkam, applaudierte ich für sie. "Das war eine großartige Leistung. Ich gratuliere euch beiden für den Einzug in die nächste Runde."
Karin setzte sich übermütig und gut gelaunt. Ich erkannte das schüchterne kleine Mädchen kaum wieder. "Das Gleiche gilt für dich, Mamoru."
Ich lächelte nachsichtig. "Ja, du hast Recht. So schlecht war meine Leistung dann doch nicht, wenn ich euch zumindest bis in den Turm gebracht habe."
Karin schob ihre Augenbrauen zusammen. "Weißt du es denn nicht?"
"Ich weiß was nicht?" "Na, dass... Sensei? Hana-chan?"
Hanako griente mich an. "Oh, ich dachte, es wäre witziger, wenn er es selbst heraus findet. Aber meinetwegen. Ich gratuliere, Mamo-chan. Du bist auch im Finale."
"Was?" Irritiert sah ich zwischen ihr und Karin hin und her. "Aber... Wieso? Ich meine, ich habe doch nicht gekämpft, oder?"
Uzuki-sensei griff über den Tisch hinweg und klopfte auf meine Hand. "Du bist definitiv durch. Damit hat Konoha Eins den Einzug in die Finalrunde geschafft. Dort wird es nach dem K.O-Prinzip Einzelkämpfe geben. Und je nachdem wie euch die Jounin bewerten, wird das einem oder mehreren von euch die Beförderung zum Chunin einbringen."
Auf der Kampffläche gab es einen Laut des Entsetzens, dann war Stille.
"Sieger ist Tooma, Sunagakure!"
Während sich sein Gegner in Krämpfen am Boden wand, kam Tooma mit einem strahlenden Lächeln zurück.
"Das war ein schneller Sieg", sagte ich anerkennend.
"Ja, das kommt davon, wenn man seinen Gegner auf eine Kunst reduziert und nicht in Betracht zieht, das er noch einen zweiten Trick beherrscht. Allerdings war mein Sieg nicht so fix wie deiner."
"Nächster Kampf: Hassin gegen Katou!"
"So fix wie meiner? Also, jetzt verstehe ich gar nichts mehr."
Tooma trat an unseren Tisch heran. "Du bist kampflos durchgewunken worden. Als die Paarungen für den Kampf gemacht wurden, hat dein Ranma-sensei angeboten, an deiner Statt zu kämpfen, bis du wieder aufgewacht bist. Da du ihn beschworen hast, war das mehr als legitim. Aber leider fanden wir Genin diese Idee überhaupt nicht gut, und deshalb haben wir geschlossen dafür gestimmt, dir die Wild Card zu geben. Du hast den letzten Kampf bekommen, den du in Ermangelung eines Gegners damit auch schon gewonnen hast. Und glaube mir", sagte er und klopfte mir auf die Schulter, "alle gönnen dir das. Zumindest wir Suna- und Getsu-Shinobi. Und deine Mädchen aus Konoha sowieso. Du kannst dich also in aller Ruhe darauf konzentrieren, bis zur Finalrunde in einem Monat wieder fit zu werden... Während wir anderen nach einem Weg suchen, um deine Beschwörung auszukontern. Wer weiß wen du das nächste Mal beschwörst - den Affenkönig vielleicht?"
Ranma-sensei begann zu kichern, aber ich fühlte mich in keinem Fall belustigt. Im Gegenteil, der Gedanke erschreckte mich. Sollte mir das tatsächlich gelingen - was ich aber nicht wirklich glaubte, zumindest damals - würde Enka O Enma nicht gerade erfreut sein. Und die Konsequenzen für mich würden entsprechend ausfallen. "Da denke ich besser nicht dran", murmelte ich matt.
Tooma lachte schallend. Anscheinend hatte er meine Worte deutlich missverstanden. "Ich auch nicht. Zumindest so lange nicht, wie wir uns nicht im Kampf gegenüber stehen." Er klopfte mir auf die linke Schulter und ging wieder zu seinem Tisch.

Der aktuelle Kampf des Genjutsu-Shinobis Hassin gegen den Suna-Ninja Katou war auch relativ schnell vorbei. Katou fand nicht einmal ansatzweise eine Abwehr gegen das Genjutsu seines Gegners und hatte schon verloren, bevor der eigentliche Kampf begann. Er kämpfte gegen zwanzig imaginäre Feinde zugleich, und deren Zahl schien mehr und mehr zu zu nehmen. Ich sah ihn seine Kunst entfalten, sich in einen Hügel aus Erde hüllen, und dennoch stieß er schließlich einen markerschütternden Schrei aus, bevor er seinen Schutzhügel wieder auflöste und schwer atmend nach seinen Gegnern suchte.
Hassin kam nun selbst heran, hob die rechte Hand vor die Stirn des wild um sich schauenden Suna-Ninjas, und verpasste ihm einen Schnipser an die Stirn. Die Wirkung überraschte nicht nur mich, denn der große Katou wurde von den Beinen gerissen, prallte neben unserem Tisch gegen die Wand, und blieb besinnungslos liegen.
"Sieger ist Hassin, Getsugakure!"
"Ich möchte lieber nicht wissen, was Hassin dem armen Katou vorgegaukelt hat", sagte Hanako schaudernd.
"Oh doch, das solltest du", sagte Uzuki-sensei. "Du bist vielleicht gezwungen, gegen ihn anzutreten, und dann wird dir jeder Fetzen Wissen dabei helfen, nicht so zu enden wie Katou-kun. Und denke dran, Hassin hätte Katou nicht bewusstlos zu schlagen brauchen. Er hätte ihn auch töten können."
Hanako erschauderte bei diesen Worten. Und sie erschauderte gleich noch ein zweites Mal. "Und mit dem habe ich das Jutsu über dem Tor aufgelöst."
"Es gibt eben mächtige Ninjas da draußen. Und viele haben weit mehr drauf als...", begann ich nachdenklich, während Hassin uns passierte. Ein ärgerliches Gesicht drängte sich in mein Blickfeld. "Sag jetzt ja das Richtige, Mamo-chan!", drohte Hanako böse.
"...viele haben weit mehr drauf aus ein durchschnittlicher Genin?", bot ich an.
Ihr ärgerlicher Blick wurde milder und wich einem Lächeln. "Gerade so vom Gong gerettet, Mamo-chan."

"Letzter Kampf! Jardin gegen Attal!"
Die letzten beiden Kumogakure-Genin erhoben sich, um zum Kampfplatz in der Mitte zu gehen. Bisher hatte es noch kein Kumo-Nin in die nächste Runde geschafft. Und das, obwohl die Kumo-Fraktion mit vier Gruppen gestartet war. Dann hatten sie sich vertändelt, anstatt mit ihren verbündeten Kiri-Genin vollendete Tatsachen zu schaffen. Und jetzt standen sich die letzten beiden gegenüber, um den letzten der acht Plätze für das Finale zu erreichen. Wenigstens einer von ihnen würde also durchkommen. Und uns sicherlich noch eine Menge Ärger machen, da war ich sicher. Allerdings bestand immer noch die Chance, dass sie sich gegenseitig ausschalteten. Waren die Regeln internationaler Standard, hieß das, dass beide ausschieden.
Jardin war ein Wasser-affiner Ninjutsu-Nutzer. Er versuchte von Anfang an, seinen Gegner in einer Wasserblase zu ersticken. Da war keine Spur von Kameradschaft, kein Zeichen von Verbundenheit, nur der absolute Wille zum Sieg. Attal war ein Tai-Jutsu-Talent, aber das nützte ihm überhaupt nichts, während er langsam aber sicher ertrank.
Ich fragte mich, wann der Schiedsrichter eingreifen würde; andererseits hatten die Jounin Kumogakures auch nicht eingegriffen, als draußen im Wald Genin getötet worden waren. Ich sprang auf, wollte protestieren. Und wunderte mich selbst darüber. Gerade ich hatte den Kumo-Genin nichts zu verzeihen. Dennoch wollte ich Partei ergreifen. Das war schon ein wenig lächerlich, gerade für einen Shinobi.
Aber meine Aufregung war unnötig, denn in dem Moment, in dem ich gerade protestieren wollte, verschwand Attal in einer Mischung aus Rauch und Wasser. "Ein Schattenklon", stellte ich fest. "Wie überraschend." Zumindest wusste ich jetzt, wer uns die Schattenklone auf den Hals geschickt hatte, als wir schon fast im Turm gewesen waren.
Und nicht nur ich war überrascht. Jardin war es auch. Fassungslos, beinahe verzweifelt, sah er sich um seinen sicheren Sieg betrogen. Ein Schattenklon, und wer wusste schon, wie lange Attal den Klon an seiner Stelle hatte agieren lassen.
Als der Boden unter Jardin aufbrach, und der kleine, stämmige Attal hervorgeschossen kam, die Faust auf dessen Kinn gezielt, wusste ich, dass der Sieger feststand.
Attal hatte einen Fehler gemacht. Einen gravierenden, entscheidenden Fehler. Er hatte versucht jemanden zu überraschen, der ihn kannte. Nun verstand ich auch, warum Jardin so grausam vorgegangen war - einen Schattenklon konnte man nicht töten, nur zerstören.
Der Jardin, dessen Kinn getroffen wurde, erwies sich als Wasserklon, der sofort zerfiel. Nun war es an Attal, verwirrt zu sein. Er wirbelte zur Wasserblase, aber leider zu spät. Dort hatte sich aus dem Wassergefängnis bereits eine humanoide Gestalt geformt. Die durchscheinende Gestalt formte Fingerzeichen und schoss schließlich eine beachtliche Wassersäule aus dem Mund auf Attal ab. Der Kumo-Genin wurde mittig im Körper getroffen, davon getragen und gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert. Beim Aufprall presste er sich in das Gestein. Als das Jutsu erlosch, befreite sich der Kumo-Genin aus der Wand und machte einen Schritt auf Jardin zu. "DU!", rief er anklagend. Doch bereits der nächste Schritt war zuviel für ihn. Haltlos stürzte er zu Boden und blieb liegen.
Nun entstieg Jardin der Wasserblase vollends und nahm wieder seine normale Körperform an.
"Ein Taihoudan. Oder eine Kunst, die dieser sehr ähnlich ist", sagte Ranma-sensei nachdenklich. "Allerdings konnte ich die Fingerzeichen nicht erkennen. Nur das Erste, das Tigerzeichen."
Ich nickte unwillkürlich. Sensei testete mich gerade, und gab mir einen Hinweis. Natürlich, Jardin konnte mein Gegner werden. Das war nicht unwahrscheinlich, immerhin hatte er sich als einziger Kumo-Nin durchgesetzt. Und daher war es wichtig, so viel wie möglich über ihn und sein Jutsu zu wissen.
"Sieger, Jardin Nabara, Kumogakure!"
Sanitäter eilten heran, um sich um Attal zu kümmern.
"Damit ist die dritte Runde beendet", verkündete Motoi-sensei. "Die letzte und entscheidende Runde des Chunin-Examens findet in vier Wochen in Kumogakure statt. Allen acht Kandidaten stellt der Raikage für diese Zeit Räumlichkeiten, Trainingsmöglichkeiten und Trainingspartner zur Verfügung, ebenso wie medizinische Unterstützung. Das Finale selbst wird in der Arena stattfinden." Er räusperte sich. "Ich gratuliere den Genin aus Getsugakure, Sunagakure, Konohagakure und Kumogakure, die sich qualifizieren konnten. Damit seid Ihr entlassen."

Es kam kein großer Jubel auf. Wie auch? Wir alle waren erschöpft, manch einer von den anderen vielleicht noch schlimmer als ich. Und nach einer Nacht in diesem teuflischen Wald und seinen heimtückischen Bewohnern - vor allem den noch heimtückischeren temporären Bewohnern, die mir zugesetzt hatten - wollte ich nur noch baden, essen, schlafen. Nicht unbedingt in der Reihenfolge.
Aber ein Grinsen konnte ich mir dann doch nicht verkneifen, als Kirabi-sama zu uns herüber kam.
"Alle drei weiter", stellte er fest. Auch wenn es unnötig war, es zu erwähnen; es tat gut, es zu hören.
Wir nickten. Ich war jedoch mit meinem Weiterkommen nicht besonders zufrieden. Ich hatte ja nichts dafür getan. Rein gar nichts. Ich hatte nur Ranma-sama beschworen. Und das bedeutete zumindest Ärger von Ranko-sama, seiner Zwillingsschwester. Ranma war schon immer der Umgänglichere, Verzeihendere der beiden gewesen, Ranko die Herrische, Rechthaberische. Selbst wenn Ranma-sensei mir vergab, ihn für etwas so läppisches wie die Chunin-Prüfung beschworen zu haben - Ranko-sama würde niemals so gnädig sein. "Was mich angeht...", begann ich vorsichtig.
Kirabi-sama wechselte einen verblüfften Blick mit Uzuki-sensei. "Ja, sprich weiter."
"Ich bin nicht sicher, ob ich dieses Geschenk annehmen kann", fuhr ich zögerlich fort. "Ich bin nicht sicher, ob es richtig ist, auf diese Weise in die Finalrunde einzuziehen, ohne etwas zu tun. Vor allem weil es ein absoluter Zufall war, als ich Ranma-sama beschworen habe. Im Finale gelingt mir das nicht, und dann stehe ich da."
"Ist die Kontraktnutzung denn dein einziges Jutsu?", fragte Kirabi-sama lächelnd.
"Nein, natürlich nicht, aber..."
"Und, hast du kein Vertrauen in dein Jutsu?"
"Das ist es auch nicht, aber..."
Ranma-sama klopfte mir auf die Schulter. "Was mich angeht, hat alles seine Richtigkeit." Er löste seine Verwandlung auf, und anstelle des großen Konoha-Nin erschien der verwegene Affenkrieger. Er grinste mich an, bleckte dabei seine Zähne und entblößte ein Raubtiergebiss. "Ich für meinen Teil bin zufrieden. Falls du also im Finale Schwierigkeiten bekommst, Mamo-chan, zögere nicht, mich zu beschwören." Er löste die Beschwörung auf und verschwand vor meinen Augen in einer Rauchwolke. Das war mir auch neu. Ich hatte nicht gewusst, dass beschworene Kreaturen nach eigenem Willen zurückkehren konnten. Bisher hatte ich immer gewartet, bis die Beschwörung von selbst erlosch.
"In vier Wochen wird dein rechter Bizeps wieder gesund sein", sagte Kirabi-sama ernst. "Und dann kannst du deine Künste ohne Einschränkungen einsetzen. Willst du nicht wenigstens versuchen so weit wie möglich zu kommen?"
"Habe ich es mir denn überhaupt verdient?", fragte ich zweifelnd.
Er sah mich mitfühlend an. In seinen Augen schimmerte es plötzlich feucht, und ein wenig bedrückt sagte er: "Egal, ob du es dir verdient hast oder nicht, du würdest mir einen großen Gefallen tun. Denn wenn du am Finale teilnimmst, muss ich mir nichts mehr vorwerfen. Tust du es nicht, dann wird es für immer meine Nachlässigkeit gewesen sein, die verhindert hat, dass du dieses Jahr ein Chunin wirst."
"Sensei, das ist nicht fair."
"Also ziehst du deine Teilnahme nicht zurück?" Die bedrückte Miene verschwand und machte einem strahlenden Lächeln Platz.
"Ja, ich ziehe meine Teilnahme nicht zurück. Aber auch nur weil ich dich nicht leiden sehen kann, Sensei", erwiderte ich schroff. Schroffer als ich vorgehabt hatte.
Wieder wechselten Uzuki-sensei und Kirabi-sama diesen Blick. Und ich hatte das Gefühl, selbst gerade in ein Genjutsu geraten zu sein. Auf jeden Fall hatte ich mir damit die Finalrunde aufgehalst. Und das bedeutete nicht nur für mich viel zusätzliches Training.
"Junge, sieh es doch ein, du kommst da jetzt rein, in das nicht so banale, Chunin-Finale. Da wirst du richtig rocken, es garantiert nicht verbocken. Jeder sagt es in da house, im Finale kommst du ganz groß raus." Kirabi-sama verschränkte die Arme vor der Brust und warf einen Blick in die Runde, als erwarte er Applaus.
Das war also diese Sprechgesang-Musikrichtung, der Sensei nachhing? Nun, zumindest war sie situationsbezogen, und... Interessant. Aber definitiv nicht mein Ding. Zögerlich klatschte ich in die Hände. "Es macht mir Mut, dass du so ein Vertrauen in mich hast, Kirabi-sama."
"Ja, nicht wahr? Den Reim habe ich aus dem Stand gemacht. Gut, nicht?"
Nun, für einen Reim aus dem Stand war er tatsächlich mehr als annehmbar. Also konnte ich ohne zu lügen sagen: "Ja, richtig gut, Sensei."
Das ließ Kirabi-sama strahlen. "Na, dann wollen wir doch mal schauen, was wir die nächsten Tage für dich tun können, Mamoru-kun. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht dafür sorgen können, dass du dem Training der anderen nicht hinterher hinkst." Er wuschelte mir über den Kopf. Eine Geste, die er sichtlich genoss. Ich weniger, aber ich mochte die Anerkennung, die dahinter steckte.
"Ach, und hier ist jemand, der dich unbedingt sehen will", fügte er an.
Ich weiß nicht woher sie kam, aber nach einem Schnalzen von Sensei kam ein kleiner Affe im Kleidungsstil eines Konoha-Shinobis herbei gerannt. Er hielt sich nicht lange mit Sensei auf, rannte direkt zu mir durch, kletterte an meiner Kleidung hoch und setzte sich auf meine rechte Schulter. Im Anschluss kam ich in den Genuss eines feuchten Affenkuss und einer innigen Umarmung, als der Affe meinen ganzen Kopf umfassen wollte.
"Ranko-chan!" Hanako und Karin waren ganz aus dem Häuschen, als sie den Affen wiedersahen. Man konnte sich kaum vorstellen, dass die Mädchen noch in der Nacht in tödlichen Kämpfen gesteckt hatten, und gerade erst in kräftezehrenden Zweikämpfen.
"Ha-hallo, Ranko", sagte ich erschrocken, und fügte leise ein -sama hinzu, um meinen Sensei nicht zu verärgern. Dies brachte mir eine gespielte Kopfnuss ein. Und dann desertierte dieser treulose Affe auch noch zu Hanako. Ich wunderte mich selbst darüber, dass ich mich ärgerte. Hatte ich mich etwa so sehr daran gewöhnt, Sensei in ihrer kleinen Affengestalt auf der Schulter zu tragen?
Das war ein gefährlicher Weg für einen jungen Shinobi wie mich. Ein sehr gefährlicher Weg. "Wir sollten uns langsam an die Höhenluft in Kumogakure gewöhnen. Brechen wir auf?"
Uzuki-sensei und Kirabi-sama wechselten einen amüsierten Blick.
"Ich glaube", sagte Kirabi-sensei, und wuschelte mir erneut durch die Haare, "wir sollten der Idee unseres jungen Helden folgen."
"Da sind wir einer Meinung", sagte die Jounin aus Konoha lächelnd. Es war dieses niedliche Lächeln, bei dem sie die Augen leicht zusammenkniff.
Ich spürte, wie ich rot wurde und wandte mich mit einem verlegenen Hüsteln ab. "Also, gehen wir."

Auf dem Wege nach draußen gesellten sich Tooma und seine Suna-Nin zu uns, während die besiegten Kumo-Genin uns keines Blickes würdigten. Amir und seine Getsu-Nin schlossen sich ebenfalls an.
Ich verstand, dass diese Geste vor allem eines war: Eine klare Mitteilung an die Kumo-Gruppen, die hier versagt hatten. Getsugakure, Sunagakure und Konohagakure hielten in diesem Fall zusammen. Zumindest bis zum Finale. Ein beruhigender Gedanke. Aber es war schon merkwürdig, dass der ältere und erfahrenere Amir und seine Shinobi sich anschlossen, anstatt voran zu gehen. Allerdings sollte ich den Grund hierfür erst sehr viel später erfahren.
***
Es war überraschend, wie simpel einem der Weg zurück vorkam, wenn man vier Shinobi vom Range eines Jounin dabei hatte. Es war, als würden Kirabi-sama, Uzuki-sensei, Maki-sama aus Sunagakure und Jouma Endo-sensei aus Getsugakure - merkwürdig, das selbst eine so erfahrene Gruppe wie die Amirs, die wahrscheinlich schon zwanzig Jahre miteinander arbeitete, von einem Jounin begleitet wurde - eine Aura vor sich her schieben, die jeden potentiellen Angreifer von vorne herein abschreckte.
Ich sah selbst, wie ein Rudel Wölfe uns zu umkreisen begann, sich ein weiches Ziel aussuchen, auf den Ruf des Anführers hin in Position gehen - nur um mit der Rute zwischen den Beinen stiften zu gehen, als Kirabi-sama dem Anführer einen bitterbösen Blick zuwarf. Das war eine beeindruckende Kunst. Das war beinahe schon Macht. Zum Glück war Sensei auf unserer Seite. Diesmal zumindest.
Als wir den Zaun des Trainingsgeländes verlassen hatten, atmete ich doch erleichtert auf. Ich war noch am Leben, in der letzten Runde des Examens, meine Kameradinnen hatten es ebenso geschafft, Ranko-sensei hatte mir wider Erwarten nicht den Kopf abgerissen, weil ich ihren Zwillingsbruder leichtfertig beschworen hatte, und ich hatte ein paar neue Freunde gewonnen. Für einen Ninja war das allerdings ein zweischneidiges Schwert, Freunde zu gewinnen, die einem anderen Dorf angehörten. Denn man konnte nie wissen, ob nicht eines Tages Missionen kollidierten, ein Krieg ausbrach, oder ob man sich einfach zur falschen Zeit am falschen Ort traf.

"Ah, es ist Mittagszeit", stellte Kirabi-sama fest. Er marschierte, kaum das er das Tor passiert hatte, in Richtung meines Kumpels Omoi, der uns bereits erwartete. Er griente mich an, so als hätte er niemals einen anderen Ausgang als diesen erwartet. Dann deutete er hinter sich, wo unter den Bäumen mehrere Decken ausgebreitet waren. Kumogakure-Shinobis hielten hier Lunchboxen bereit. Zielstrebig wurden wir von Kirabi-sama zur Decke gesteuert, auf der Samui und Karui gerade dabei waren, die mehrere Schubladen große Box auseinander zu nehmen und frischen Tee einzugießen. Omoi schloss sich uns an, als wir ihn passierten. Er flüsterte mir etwas ins Ohr, was ich mit ungläubigem Kopfschütteln erwiderte. Dann standen wir vor der farbenfrohen Decke, und Karui empfing uns mit einem abweisenden Blick. "Setzt euch. Aber es ist nicht gerade so, als hätten wir das Essen extra für euch gemacht."
Ich starrte Omoi ungläubig an. "Du hattest Recht. Sie hat genau das gesagt, was du prophezeit hast."
"Ich erkenne meine Schweinchen eben am Gang", erwiderte er mit allerbester Laune.
"W-wer ist hier ein Schweinchen?", ereiferte sich Karui und wollte aufspringen, aber Samui griff ihr in die Weste und zog sie wieder runter.
Die blonde Chunin schenkte uns eines ihrer seltenen Lächeln. "Ich gratuliere aufs Herzlichste unseren Freunden aus Konoha zur Erreichung des Finales. Das ist eine grandiose Leistung. Euch gebührt mein, nein, unser Respekt." Sie lächelte immer noch, als sie eine einladende Geste auf die Decke machte. "Bitte, setzt euch und stärkt euch ein wenig. Karui und Omoi haben viel Zeit investiert, um zu kochen." Kurz entstand ein bitterer Zug um ihre Miene. "Ich tauge leider nur zum Tee machen."
"Niemand braut einen so guten Tee wie du, Samui!", beeilte Karui sich zu sagen.
"Omoi hat gekocht?", fragte ich interessiert und ließ mich auf der Decke nieder.
"Und das sogar sehr gut. Er hätte kein Ninja werden sollen, sondern Profikoch", erwiderte Samui, erneut mit diesem feinen Lächeln, das ich an ihr in meinem Leben so selten gesehen hatte, und doch so sehr mochte.
"Na, dann lass uns doch was probieren", schlug ich vor.
Karui legte eine der Boxen vor mir ab und deutete auf die gebratenen Eier, die zur Rolle gebraten worden waren. "Die hat Omoi gemacht." Anschließend deutete sie auf kross gebackenes Schweinefleisch. "Das ist von mir."
Ich verstand, auch ohne das sie es sagte. Sie wollte gelobt werden. Und Omoi garantiert auch, obwohl er sich neben mich setzte und grinste, als wäre er überhaupt nicht beteiligt.
Zuerst probierte ich das Ei. Das war sehr lecker. Anschließend das Fleisch. Und ich hielt nicht mit Lob für Konsistenz und die süßsaure Note zurück.
"Wir haben genügend gemacht!", versicherte Karui und strahlte mich dabei an. Sie sah zu den Mädchen hoch. "Wollt Ihr nichts essen?"
Zögerlich setzten sich Karin und Hana-chan. Und, wie ich zu meiner Überraschung bemerkte, links und rechts von mir.
"K-kannst du überhaupt richtig essen mit dem kaputten Arm?", fragte Hanako. "Soll ich dich nicht besser füttern?"
"O-oder ich?", kam es von Karins Seite.
"Danke, aber ich komme sehr gut zurecht", erwiderte ich. "Ein guter Ninja sollte beide Hände so gut wie möglich benutzen können."
Ich nahm mit den Stäbchen ein Stück Orange auf und reichte es Ranko-sama, die wieder auf meiner Schulter saß. Sie aß es mit sichtlichem Genuss.
Omoi seufzte lautstark hinter mir. "Na, da kann man halt nichts machen. Mein Mamo-chan ist eben ein ausgemachter Idiot." Er klopfte mir auf die Schulter, ging um uns herum und ließ sich auf der anderen Seite des Tuchs nieder. Dort begann er, den Tee einzugießen. Kirabi-sama und Uzuki-sensei bekamen zuerst.
"Ausgemachter Idiot?", fragte ich leicht verärgert.
"Oh, das ist nichts persönliches, nur eine Feststellung", erwiderte er und stellte drei Becher vor mir und den Mädchen ab. Dabei zwinkerte er ihnen zu. Meine Verwunderung wuchs, als ich beide erröten und zu Boden schauen sah. Wie ich schon sagte, damals war ich vierzehn, und bisher hatte ich mit Mädchen nichts am Hut. Das lag wohl zu einem beträchtlichen Teil an der ständigen Todesgefahr, in der ein Shinobi schwebte. Man musste sich Zeit für andere Emotionen standhaft erkämpfen. Aber ich erkannte sehr wohl, dass ich da in etwas hinein rutschte, das für mich sehr gefährlich werden konnte. Also konzentrierte ich mich auf das Essen und verbrachte den Rest der Mahlzeit damit, die Köche und Samuis Tee zu loben. Wenigstens damit war ich auf der sicheren Seite.

"M-mamo-chan", sagte Hanako, kaum das ich die Stäbchen nach dem Essen beiseite gelegt hatte, "es gibt da etwas, was Karin und ich mit dir besprechen müssen. Hast du kurz Zeit?"
Beinahe hätte ich aufgelacht. Ich hatte vier Wochen Zeit, wenn man es genau nahm.
"Natürlich."
"Gut. Komm bitte mit."
Die beiden Mädchen erhoben sich, und ich stand ebenfalls auf. Als ich gerade dazu ansetzen wollte zu fragen, was so wichtig war, dass wir es nicht hier bereden konnten, warf mir Omoi einen entsetzten Blick zu und wedelte mit den Armen, damit ich die Klappe hielt.
Beeindruckt schwieg ich.
Ich folgte den Mädchen ein Stückchen in den Wald hinein, in den ungefährlichen Gebirgswald, nicht das Trainingsgelände. Als wir eine kleine Lichtung erreicht hatten, hielten wir, und die beiden wandten sich mir zu. Ihre Wangen waren stark gerötet, und sie wagten es kaum, mir in die Augen zu sehen.
"Mamo-chan, vor dem Examen haben wir dir doch etwas versprochen", begann Hanako.
"Wir wollten dir etwas geben, wenn wir es durch das schriftliche Examen schaffen", fügte Karin an. "Und jetzt sind wir schon im Finale."
Ich winkte ab. "Ach, das geht schon in Ordnung. Ich bin ja froh, dass ich kein Hindernis für euch beide war. Ihr müsst mir nichts geben. Eher schulde ich euch etwas."
"NEIN!", begehrte Hanako auf. "Das geht so nicht! Wir müssen es dir geben!"
Karin nickte entschlossen und nachdrücklich mehrere Male. "Wir müssen!"
Ich seufzte. "Okay. Meinetwegen. Was ist es?"
Die beiden Mädchen wechselten einen kurzen Blick. "Du musst die Augen zumachen und die Hände aufhalten."
"Okay." Also schloss ich die Augen, und hielt die Hände auf. "Kann losgehen."
Zuerst spürte ich etwas weiches, warmes, das sich an meine Hände drückte. Dann etwas noch viel weicheres auf meinen Lippen. Dieses Gefühl wurde begleitet von einer Erfahrung, die einem Stromschlag gleich kam. Dann fühlte ich das Gleiche noch einmal, und es war eine ebenso eindrückliche Erfahrung. Es war merkwürdig, aber auch sehr interessant. Und irgendwo in mir erwachte der Wunsch nach mehr davon. Nicht sehr stark, nicht zu diesem Zeitpunkt, aber das Interesse erwachte.
"D-du darfst die Augen wieder aufmachen", sagte Karin stockend.
Ich öffnete die Augen. Die beiden blickten mich verlegen an. "Und?"
"Habt Ihr zwei mich gerade geküsst?"
"Glaub ja nicht, das machen wir jetzt jedes Mal", erwiderte Hanako schroff. "Das war nur für das Finale des Chunin-Examens, mehr nicht."
Sie wandte sich Karin zu. "Los, wir gehen zurück."
Karin, die mich gebannt mit hochrotem Kopf musterte, reagierte erst auf die dritte Aufforderung. Und auch da konnte sie sich erst losreißen, als Hanako sie mit sich zog.

Ich blieb zurück. Alleine mit meinen Gedanken. Alleine mit vielen unnützen Gedanken. Hatte Hana-chan nicht in letzter Zeit einiges an Oberweite zugelegt? Und die dürre Karin nicht mehr und mehr richtig Taille und Hüfte?
"Puki?", klang es über mir auf. Sensei sprang aus dem Baum über mir herab und landete auf meiner Schulter. "Das ist mein Mamo-chan. Kriegt den ersten Kuss gleich von zwei Mädchen."
"Und was soll an dieser Küsserei jetzt so besonderes sein?"
Sensei grinste mich an. "Oh, das wirst du auch noch lernen, Mamo-chan. Und ich denke, das wird nicht mehr allzu lange dauern."
Ich seufzte erneut. Und ich war mir plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob ich diese Erfahrung unter "gut" verbuchen sollte. Immerhin waren sie beide meine Teamkameradinnen. Und schlimm genug, dass sie genügend Interesse an mir gezeigt hatten, um mich zu küssen; was wenn das unsere Zusammenarbeit störte? Mir standen definitiv interessante Zeiten bevor. Es sah nicht so aus, als könnte ich sie verhindern.
"Gehen wir auch zurück, Sensei", murmelte ich nachdenklich.
Ich ahnte es da vielleicht, aber erst heute weiß ich es: Der Ärger fing damit natürlich erst an.
Aber der Ärger lohnte sich wirklich. Diese Erkenntnis brauchte allerdings einige Zeit, bis ich sie hatte.


5.
Vor dem Finale I

Die Bauweise Kumogakures war polyzentral. Das Leben spielte sich in den sich auftürmenden Häusern ab, die in die Berge hinein gebaut waren. Jedes mehrstufige Haus war eine Kleinstadt für sich, und die Shinobi waren der Kitt, der aus den kleinen Zentren ein großes Ganzes machte. Es kam vor, das eine Familie seit Generationen in ihrem Haus lebte, manche ihr ganzes Leben vielleicht nie ein anderes betraten. Aber die Shinobi wurden ungeachtet der Häuser eingesetzt, bunt durchgemischt, und waren zudem nur dem Raikage und dem Rat gegenüber verantwortlich. Selbst wenn es Ressentiments, kleinliche Eifersüchteleien oder spießbürgerliche Kleinkriege zwischen den Häusern gab, die Shinobi garantierten dafür, dass diese nicht eskalierten, verhinderten sie. Ihnen wurde schon vom ersten Tag in der Akademie beigebracht, dass alle Häuser zusammen Kumogakure bildeten, und das einzelne Häuser auch einzeln fallen würden.
Damit ging eine Art natürlicher Gerechtigkeit einher. Keines der Häuser durfte mehr oder weniger belastet werden als die anderen. Die Kleinstädte innerhalb der Stadt hielten ihren Aufwand stets auf gleichem Maßstab, gemessen an den Gesamtmöglichkeiten. Um dem gerecht zu werden, hatte der Raikage auch die drei auswärtigen Gruppen, die sich den Weg ins Finale erkämpft hatten, in drei verschiedenen Turmstädten untergebracht. Dabei hatte er die Gruppe aus Konoha allerdings besonders bevorzugt; er hatte sie im Wohntrakt des Großgebäudes einquartiert, in dem sich auch der Arbeitsbereich des Raikages selbst befand. Diese kleine Maßnahme war A-sama angemessen erschienen, nachdem die Ressentiments gewisser Gruppen der Kumo-Shinobi gegenüber Konoha dazu geführt hatten, dass Kumo nun nur noch einen einzigen Genin im Examen hatte. Und das nach dem so viel versprechenden Start der gastgebenden Stadt. Dies brachte den Raikage nur erneut zu der Erkenntnis, das die Mentoren dieser gescheiterten Genin einer Philosophie und Weltsicht anhingen, die längst überkommen war. Und deshalb gehörte sie ausgemerzt. Die Unterbringung von Konoha Eins in seiner direkten Nähe war somit auch ein Signal an diese Gruppierungen, dass der Raikage sie bemerkt hatte, und sie missbilligte. Und dass er eine Einmischung in das Training der Konoha-Genin als persönliche Beleidigung verstehen und entsprechend ahnden würde.
Leider entsprach es der Natur einiger Menschen, solche eindeutigen Zeichen als Herausforderung zu verstehen. Die beinahe komplette Niederlage der Kumogakure-Genin wurde auch von vielen hitzköpfigeren Vertretern der Stadt als eigene Niederlage empfunden, nicht nur von der Anti-Konoha-Fraktion.
Das Ergebnis waren viele nicht sehr schöne Szenen, die uns eher selten zugetragen wurden. Viele entdeckten wir selbst, einige bestritten wir selbst, und nicht selten waren jene in Gefahr, die uns verteidigten. Ein paarmal mussten wir uns selbst verteidigen, wenn es unseren Gegnern gelungen war, uns wenigstens für eine gewisse Zeit zu isolieren. Erst Jahre später realisierte ich, in welcher Gefahr wir geschwebt hätten, wenn Kirabi-sama, der Raikage und unsere Freunde nicht auf uns acht gegeben hätten. Sie hatten viel von dem Ärger abgefangen, bevor er uns erreichen konnte. Und das waren nicht nur Samui, Karui und Omoi gewesen, auch einige andere Kumo-Ninjas standen auf unserer Seite oder wenigstens für unseren Schutz. Dann waren da noch Tooma und seine Suna-Genin, und Amir mit seinen Getsu-Nin, die sich im Zweifel ebenfalls auf unsere Seite stellten.
Ach, und da waren auch noch Uzuki-sensei... Und Ranko-sama.
***
Der Ninja-Trupp setzte sich aus einigen der talentiertesten Kriegern Kumos zusammen. Eine klassische Dreier-Gruppe mit einem Anführer. Drei Chunin, ein Jounin. Der Leiter war ein sensorischer Ninja, der sich zudem auf Genjutsu spezialisiert hatte.
Der Angriffstrupp bestand aus zwei Wind-affinen Taijutsu-Nutzern und einem Erd-affinen Ninjutsu-Nutzer. Alle vier hatten bereits Jahre für Kumo im Feld gestanden, aber nur zwei von ihnen schon gemeinsam. Dennoch erfüllten sie mit Professionalität und der Sicherheit von langjähriger Routine ihre Aufgaben. Es gab einen Aspekt, der sie vereinte. Sie gehörten alle der Fraktion an, die Konoha für militärisch schwach und ihre Ninjas für verweichlicht hielt. Sie waren alle der Meinung, das es das Beste für Kumogakure wäre, wenn der Ninja-Krieg gegen die versteckte Stadt unter den Blättern wieder aufgenommen werden würde. Und im Gegensatz zu jenen Gruppierungen, die bis zu diesem Tag ihrem Unmut Luft gemacht hatten, waren sie bereit zu töten. Notfalls auch Kumo-Shinobi, die auf der falschen Seite standen.
Die Infiltration des Turms, in dem die Residenz des Raikage stand, bereitete keine Probleme. Alle vier waren für den regulären Wachdienst eingeteilt. Sobald ihre Schicht begann, hatten sie ein Zeitfenster von zehn Minuten bis zur ersten Überprüfung ihrer Wachpositionen. In dieser Zeit würden sie nicht behelligt werden, nicht einmal von ihren Kollegen, die ebenfalls im Ratsgebäude Wache schoben. Die Schwierigkeit bestand darin, innerhalb dieser zehn Minuten das Einsatzziel zu erreichen und die alten Positionen zu beziehen, und in keinem Fall die Ersten am Fundort des grausamen Verbrechens zu sein - jenem Ort, an dem die Konoha-Delegation ohne erkennbare Gegenwehr ermordet worden war.
Es würde eine Untersuchung geben, es würden Spuren verfolgt werden, und die vier Ninja würden übereinstimmend aussagen, in ihrer Schicht nichts Ungewöhnliches bemerkt zu haben. Die Leichtigkeit, mit der Konoha Eins ermordet worden war würde dann vor allem ein schlechtes Licht auf die Fähigkeiten der Genin und ihrer Jounin werfen, sich zu verteidigen. Man konnte es Konoha regelrecht vorwerfen, warum sie keine besseren Ninja geschickt hatten. Auch wenn der Raikage das nicht tun würde, einige einflussreiche Räte würden es tun. Und entweder würde es für einen Abbruch der Beziehungen mit Konoha führen, was Kumogakure einen großen Freiraum ermöglichen würde, oder noch besser, ein offener Krieg brach aus. Und wie man anhand der Toten von Konoha Eins dann sehen konnte, brauchte Kumogakure einen Krieg gegen das schwache Ninjadorf aus dem Feuerland nicht zu fürchten.

Eine Minute nach dem Wachwechsel verließen die drei Chunin und der Jounin ihre Positionen. Das schrumpfte ihr Zeitfenster auf neun Minuten, war aber erforderlich um zu gewährleisten, dass die Abgelösten ihre alten Positionen wirklich verlassen hatten.
In Minute zwei sammelten sich die Chunin und gaben über Funk durch zuvor vereinbarte Störungsgeräusche ihre Bereitschaft bekannt. Der Jounin, nun ebenfalls in Position, antwortete mit eigenen Störgeräuschen. Er sicherte das Dach. Zu diesem Zweck hatte er die drei hier eingesetzten Genin unter ein Genjutsu gesetzt, und schaltete sie danach einzeln aus. Es war für den Erfolg der Mission nicht erforderlich, dass sie starben. Sie würden weder Augenzeugen sein, noch andere Eindrücke schildern können. Die Illusion hatte der Jounin extra für diesen Einsatz erst entwickelt. Sie würde keinen Aufschluss über den Anwender bieten.
Als die Chunin eintrafen, war bereits alles wieder vorbei. Minute drei brach an, und der erste Ninja begann sich an der Fassade abzuseilen. Ihm folgte schnell der zweite, dann der dritte Chunin. Alles, was Chakra emissierte, wurde so früh in der Mission tunlichst vermieden. Sie würden über das einzige Fenster in den Schlafraum eindringen, schnell nacheinander, und sich sofort auf ihre Ziele stürzen. Die ersten beiden hatten Uzuki zum Ziel. Der dritte hatte die Aufgabe, die Genin zu töten. Sollte er dabei Schwierigkeiten bekommen, würden ihm die anderen beiden helfen, sobald der Konoha-Jounin tot war. Aber was war schon schwierig daran, ein paar Kinder zu töten?
Auf dem Dach deckte der Jounin mit seinen sensorischen Fähigkeiten den größten Teil des Turmes ab. Dabei überwachte er vor allem die Positionen jener, die ihnen in den Plan pfuschen konnten. Der Raikage war nicht anwesend; sie hatten einiges an Mühe aufgebracht, um einen entsprechenden Termin zu finden. Auch Kirabi war nicht im Gebäude. Das war beruhigend, auch wenn der Jounin der festen Meinung war, dass nicht nur der Raikage seinen kleinen Bruder maßlos überschätzte. Dennoch, es gab einige verschiedene Signale, mit denen er eine veränderte Situation weitergeben konnte. Unter anderem die verfrühte Rückkehr des Raikages. Oder den Abbruchbefehl durch eine irreguläre Patrouille, die in die Ermordung der Konoha-Nin eingreifen konnte
Nichts davon schien einzutreffen, deshalb gab er, nachdem Minute vier halb verstrichen war, das Zeichen zum Missionsbeginn.

Der erste Ninja, er hing mit einem Seil links vom Fenster, stieß sich ab und machte sich bereit, die Holzläden mit seiner Körpermasse zu durchstoßen. Das war der Augenblick der Überraschung, der Moment, in dem es begann. Zumindest schien das so, bis die Fensterläden plötzlich aufklappten. Dabei wurde der Chunin rechts vom Fenster getroffen und verlor den Griff um das Seil. Überrascht sauste er mehrere Meter in die Tiefe, bevor er Chakra aufwendete, um sich am Mauerwerk festzuhalten. Diese Maßnahme alarmierte einen der anderen Wächter des Gebäudes.
Im Fenster stand eine große schwarzhaarige Frau. Sie lächelte, als der erste Chunin auf sie zugerast kam. Dann streckte sie die rechte Hand aus und stoppte die volle, beschleunigte Masse alleine mit ihrem Zeigefinger. Überrascht keuchte der Mann auf. Vielleicht ahnte er, dass die Mission nicht so verlaufen würde, wie er es erwartet hatte.
Die schwarzhaarige Frau zog den Zeigefinger ein und ballte die Hand zur Faust. Diese stieß sie so weit vor, bis sie den Körper des Chunin berührte. Der kinetische Impuls, den sie ihm dabei mitgab, schleuderte ihn erst vom Seil fort, und dann meterweit in die Tiefe. Mit einem entsetzten Schrei verschwand er in der Finsternis unter dem Turm.
Der dritte Chunin reagierte sofort und schleuderte eine Serie von Kunais. Diese trugen Kibakufuda, mit Chakra geformte Jutsu auf Pergament, die explodierten. Doch die schwarzhaarige Schönheit fing die Waffen ab, bevor sie den Innenraum erreichen konnten. Sie hielt insgesamt drei Kunai in Händen, und die Pergamente mit den explosiven Formeln begannen erst zu qualmen, dann verschwanden die Formeln auf ihnen. "Keine Sorge, ich habe dich nicht vergessen", versprach sie dem dritten Chunin. Dieser setzte nun auch sein Chakra ein, um den Turm wieder hoch laufen zu können. Und das machte ihn für die Überwachungszentrale ebenso wie seinen Kameraden, der zuerst abgestürzt war, zu einem Chakra-Leuchtfeuer.

Auf dem Dach bekam der sensorische Ninja mit, wie der wohldurchdachte Plan in Trümmer ging. Die Chunin scheiterten bereits am Fenster, ohne dass sich die Chakren der Genin und der Jounin Konohas von ihren Positionen bewegt hatten. Alles deutete auf einen wirklich großen Fehlschlag hin; Alarm klang auf, und dem Jounin blieb nicht viel Zeit, um eine Position zu erreichen, die ihn als Mittäter an diesem missglückten Anschlag ausschloss. Das war Minute fünf. Nicht einmal in seinen pessimistischsten Überlegungen war ihm in den Sinn gekommen, so rigoros und so schnell zu scheitern.
"Nicht so eilig!", erklang hinter ihm eine Frauenstimme. Er wirbelte herum, erkannte einen ANBU mit Katzenmaske, der vor einem Dreiertrupp stand. Etwas irritierte ihn an diesem Anblick, bis er bemerkte, dass der vordere ANBU nicht in die in Kumogakure üblichen Uniformen gehüllt war; der Stil wich erheblich ab. Also die Konoha-Jounin? Aber er hatte keinerlei Informationen darüber, dass die Frau eine ANBU war!
"Es wäre sehr unhöflich von mir, unsere Gäste schon nach so kurzer Besuchszeit wieder gehen zu lassen. Glaube mir, wir würden uns gerne mehr um dich und deine Leute kümmern!"
Daran zweifelte der Jounin nicht eine Sekunde, ebenso wenig wie daran, dass ihm nur wenige Sekunden blieben, um aus dieser Falle noch zu entkommen. Hastig bereitete er ein Genjutsu zu. Das war eine Sekunde, bevor ihn jemand an der Schulter herum riss und er eine Faust sah, die mehr und mehr sein Blickfeld ausfüllte. Dass er wie ein nasser Sack meterweit entfernt auf dem Boden aufschlug, bekam er gar nicht mehr mit.

Kirabi schnaubte abfällig, als er den Bewusstlosen betrachtete. Er nickte den Kumo-ANBU zu. "Bringt ihn weg. Und sucht nach den anderen drei."
Die ANBU reagierten sofort, teilten sich auf. Nur der ANBU mit der Katzenmaske blieb zurück.
Yugao Uzuki lüftete ihre Maske. "Danke, das du mich hieran hast teilhaben lassen, Kirabi-sama."
Der große Jounin schnaubte erneut. "Du hattest jedes Recht dazu. Sie hatten zweifellos nicht vor, euch aus Höflichkeit zu besuchen und Geschenke zu bringen. Wenn mein Bruder nicht eine Doppelüberwachung angeordnet hätte, um eure Sicherheit zu gewährleisten, hätte das einen neuen Krieg auslösen können. Ganz davon abgesehen, dass ich die Kinder nicht tot sehen will."
Uzuki lächelte hintergründig. "Es sind schon lange keine Kinder mehr, und das weißt du."
"In vielen Dingen sind sie noch wie Kinder, in vielen Dingen nicht mehr. Aber eines weiß ich genau. Ich bin stärker als sie, und solange das der Fall ist, werde ich sie beschützen. So einfach ist das."
"Das kann ich akzeptieren", erwiderte die Konoha-Jounin. "Und ich danke dir dafür."
Neben den beiden erschien eine dritte Gestalt auf dem Dach. Es war die schwarzhaarige Schönheit, die den Angriff am Fenster abgefangen hatte.
"Dir danke ich natürlich auch, Ranko-sensei." Sie verbeugte sich leicht vor der Frau aus dem Affenclan.
"Keine Ursache. Ich hatte sie ohnehin schon selbst bemerkt. Allerdings hätte ich Mamo-chan und die Mädchen geweckt, wenn wir die Unterstützung der Kumo-ANBU nicht gehabt hätten. Die drei hatten so einen harten Tag." Sie seufzte voller Mitgefühl für die Härten des Alltags der drei Genin.
"Das war deine einzige Sorge? Ob wir Mamoru und die anderen wecken, wenn wir diesen Anschlag abwehren?", fragte Uzuki ungläubig.
"Yaguo-chan, meine allererste Priorität war die Sicherheit von Team drei, nicht mehr und nicht weniger. Wenn ich dies schaffe, ohne Mamoru, Hinako und Karin aus ihrem Erschöpfungsschlaf zu wecken, ist das für mich eine zusätzliche Belohnung. Seit wir die Möglichkeit eines solchen Anschlags diskutiert haben und als wahrscheinlichstes Zeitfenster einen Tag erkannt hatten, an dem A-sama und du, Kirabi, nicht im Gebäude seid, habe ich deinen Planungen vertraut. Und was soll ich sagen, Yaguo-chan musste nicht einmal aktiv eingreifen. Es ist natürlich beruhigend, dass das Kumo-ANBU-Team bereit stand und sofort aktiv wurde, als die zweite Überwachungszentrale meldete, dass vier der Wachen ihre Positionen verlassen hatten. Eine Dreier-Gruppe plus Anführer."
"Sie hielten sich für besonders schlau, hatten viel durchdacht und geplant. Ihre Gruppe isoliert, nichts nach außen dringen lassen. Sie kennen sich wahrscheinlich nicht einmal persönlich. Aber dass wir einen Anschlag erwarten würden, und dass wir erkennen könnten, wann die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Anschlag am höchsten sein würde, das haben sie nicht gesehen. Und diese offensichtliche Dummheit schränkt den Kreis der Anstifter dankenswerterweise erheblich ein." Kirabi ging zu den Genin-Wachen herüber, die vom Jounin bewusstlos geschlagen worden waren. "Sie leben noch. Es wäre mir auch ein sehr hoher Preis gewesen, wenn heute jemand anders gestorben wären als diese Narren."
"Sie sind nicht alle gestorben", warf Uzuki ein.
"Wir werden nicht viel aus ihnen heraus holen können", erwiderte Kirabi ernst. "Es sind Kumo-Shinobi."
"Wir haben in Konoha Methoden, um jemanden zu verhören."
"Du meinst das spezielle Jutsu des Yamanaka-Clans, das es dem Anwender erlaubt, direkt in den Geist eines anderen Menschen einzutauchen?", fragte Kirabi lächelnd.
Yaguo Uzuki versuchte nicht zusammen zu zucken, als sich eines der wichtigsten Geheimnisse Konohas als nicht ganz so geheim heraus stellte, wie die Stadt es eigentlich gerne hätte.
Kirabi übersah es höflich. "Sie werden dagegen abgesichert sein. Ihre Auftraggeber sind Fanatiker, aber auch Paranoiker. Sie werden keine direkten Beweise gegen sich zulassen. Die brauchen wir auch nicht, um sie ernsthaft in ihre Schranken zu verweisen. Jetzt, wo sie sich angreifbar gemacht haben."

Einer der Kumo-ANBU erschien vor Kirabi und verneigte sich leicht. "Die Aktion wurde abgeschlossen, Kirabi-sama. Ein Attentäter stürzte zu Tode, die anderen konnten wir einfangen. es gab nur leichte Verletzungen im ANBU-Team. Die drei Wächter vom Dach konnten aus dem Genjutsu geweckt werden."
Kirabi nickte zufrieden. "Tun Sie jetzt Ihre Pflicht, Gruppenführer."
Der ANBU nickte zustimmend. "Jawohl, Kirabi-sama. Soll Uzuki-sama uns begleiten?"
Der Kumo-Nin und die Konoha-Shinobi maßen sich kurz mit einem Blick. Es würde ein ungeheurer Vertrauensbeweis sein, der ANBU Einblicke in die Verhörmethoden Kumogakures zu gestatten. Andererseits waren es aber auch Informationen, die man selbst seinem besten Freund nur ungern weiter geben sollte.
Uzuki lächelte freundlich. "Dazu besteht keine Notwendigkeit, Gruppenführer. Ich bedanke mich für die Unterstützung durch Ihr Team, aber meine Aufgabe ist drei Stockwerke unter mir und sägt gerade sämtliche Wälder Konohas um."
Kirabi neigte leicht das Haupt, um seine Zustimmung und seine Anerkennung auszudrücken.
"Verstanden", sagte der ANBU, und verschwand vor den Augen der beiden.
Kirabi runzelte die Stirn. "Wie lange müssen wir das noch mal durchhalten?", fragte er in einem Anflug aus ironischem Trotz heraus.
"Noch zwei Wochen und vier Tage", antwortete Uzuki im gleichen Tonfall. "Aber sehen wir es positiv. So viel wie die drei in diesen vier Wochen lernen werden, kriegen sie sonst in einem ganzen Jahr nicht mit. Also egal ob sie den Chunin-Rang erreichen werden, es wird gut für sie sein."
"Und für das, was nicht gut für sie ist, sind wir ja da", sagte Ranko-sama mit einem feinen Lächeln. Sie verwandelte sich vor den beiden Jounin wieder in den kleinen Affen, kletterte geschickt an Uzukis Rüstung empor und setzte sich auf ihre Schulter. "Gehen wir zurück, Yaguo-chan. Auch du brauchst deinen Schönheitsschlaf."
"Ich beuge mich deinem Rat, Ranko-sama", erwiderte sie lächelnd. Sie nickte Kirabi noch einmal zu, und verschwand dann ganz konventionell im Treppenaufgang.

Der Kumo-Jounin blieb noch einige Zeit alleine auf dem Dach. Er wartete auf die Ablösung für die Wachen, die im Genjutsu gefangen gewesen waren und erst untersucht werden würden. Das gab ihm ein wenig Gelegenheit, über einige Dinge nachzudenken. Nicht nur über den Bijuu, den sein eigener Vater nach dessem siebten Ausbruch in ihn gepflanzt hatte - ganz nach dem Motto, dass es nur dem Stärksten gelingen konnte, den Achtschwänzigen dauerhaft zu bändigen - auch über seine Aufgaben und seine Rollen in Kumogakure. Als Bruder des jetzigen Raikage hatte er wesentlich mehr Pflichten und Verantwortungen als andere Ninja, ja selbst als andere Jounin. Pflichten, die nicht immer so angenehm waren wie jene, auf die jungen Konoha-Genin zu achten und ihre faire Chance auf das Finale zu bewahren. Bisher hatte er immer alles ohne zu zaudern ertragen und akzeptiert. Warum auch nicht, er war ja ein Shinobi im Dienste der Stadt. Aber in ihm war auch das Gefühl, der Wunsch, sich auf mehr als eine Art zu verwirklichen. Vielleicht würde eine Veränderung gut tun. Vielleicht würde noch eine Pflicht, egal was sein Bruder sagte, mehr eine Entlastung bringen als zusätzliche Last. Vielleicht sollte er auf Kamui hören und sich einen Bart stehen lassen. Eine Sonnenbrille war vielleicht auch nicht schlecht. Nicht besonders praktisch, aber bestimmt verdammt cool. Und vielleicht sollte er in Zukunft mehr Musik machen, wenn seine Arbeit als Jounin ihm dafür Zeit ließ. Denn egal wie sehr er seine Arbeit als Shinobi liebte, egal wie sehr er diese Stadt und ihre Einwohner beschützen wollte, er liebte auch seine Musik. Und ohne Übung würde sie ewig nur ein Hobby bleiben. Und er, Kirabi-sama, machte niemals halbe Sachen, ließ niemals unfertige Dinge zurück. Und außerdem schob er selten Dinge auf.
"Kirabi-sama, wir übernehmen jetzt den Wachdienst", meldete einer der drei Wachen aus der Reserve.
"Was? Oh, ja. Gut, ich gehe dann wieder." Er grüßte die drei Wachen, von denen er eine persönlich kannte. Sie war Genjutsu-Nutzerin. Also hatte der Wachführer auf die Taktik des Angriffs bereits reagiert. Beeindruckend und naheliegend. Kumogakure halt.
Doch, einen Aufschub würde er noch machen müssen, was seine Gesangskarriere anging: Er würde erst morgen starten. Mit diesem Gedanken verließ auch er das Dach. Morgen. Was für ein viel versprechendes Wort voller Magie.
***

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Training konnte eine sehr schmerzvolle Erfahrung sein. Und das meine ich nicht als Metapher. In meinem speziellen Fall, unter der brütenden Mittagshitze in unglaublich dünner Luft, hingen die Schmerzen vor allem mit einem harten Fußboden zusammen, auf das mein Gesicht kraftvoll klatschte. Das würde einen blauen Fleck geben, der sich gewaschen hatte.
"Was tust du da, Mamo-chan? Ausruhen?", erklang über mir eine spöttische Stimme.
Ich setzte im Liegen zu einer Beinsichel an, doch mein Gegner sprang darüber hinweg. Damit hatte ich gerechnet, ich zog das linke Bein an und stieß es in Richtung meines gerade wieder gelandeten Gegners. Der wich zwar aus, musste dafür aber gleichzeitig Distanz aufbauen. Das bedeutete für mich, dass ich wieder auf die Beine kommen konnte.
Perine-chan war schon wieder auf der Trainingsmatte, von der sie mich kraftvoll vertrieben hatte. Sie hatte zwei Finger auf die Matte gestemmt, hielt die Beine waagerecht in der Luft und den Oberkörper gerade. Eine reine Angeberpose, vor allem weil sie mir mit der freien Linken auch noch herausfordernd zuwinkte. Das brachte ihr natürlich entsprechende Bewunderung der Mädchen ein, die es nicht lassen konnten, bei meinen Taijutsu-Stunden zuzuschauen. Und dabei Zeugen wurden, wie ich jedes Mal von Perine durchgeprügelt wurde. So wie heute. Ich seufzte, drehte mich auf den Rücken, zog die Beine an und streckte sie ruckartig aus, während ich mich mit der Linken kräftig abstieß. Wacklig zwar, aber ich kam so wieder auf die Beine. Wenn ich dieses Manöver einmal perfekt beherrschte und zudem beide Hände benutzen konnte, würde es eine herbe Überraschung in meinen Kämpfen werden. "Ich bin nicht zum ausruhen hier. Du etwa, P-chan?"
Die goldblonde Affenkriegerin verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse des Widerwillens. "Mamo-chan, du sollst meinen Namen doch nicht abkürzen. Da klinge ich ja so... So... Wie ein kleines Schweinchen."
Ich lachte auf. "Also, ich finde P-chan niedlich."
"Du bist aber nicht hier, um etwas niedlich zu finden, sondern um dein Taijutsu zu trainieren. Um es anwenden zu können, ohne den rechten Arm zu belasten. Vorerst jedenfalls."
Für einen winzigen Moment zuckte mein Blick zum rechten Bizeps, der noch immer nicht ganz verheilt war. Ich hatte den Arm geschont, wo es nur ging. Im Moment steckte ich in der Physiotherapie, um den frisch verwachsenen Muskelfasern nach und nach die alte Stärke zu verleihen, aber es würde ein langer Weg für mich werden, selbst mit der Unterstützung durch Medi-Nin. Ich konnte ja schon froh sein, dass es mir zumindest wieder gelang, Fingerzeichen zu formen. Auch wenn es mir schwer fiel und langsam war. Deshalb trainierte ich mit Perine. Sie war in der Hierarchie des Affenclans eine Kriegerin, die irgendwo zwischen Genin und Chunin gestanden hätte, wenn der Clan eine solche Einteilung gekannt hätte. Vor drei Jahren war sie meine erste Beschwörung gewesen; da hatte sie noch nicht einmal einen halben Meter Körpergröße gehabt. Außerdem hatte sie sich vor mir gefürchtet. Heute war sie beinahe so groß wie Hanako und eine voll ausgebildete Kriegerin. Und wie die meisten Affenkrieger eine Meisterin im Taijutsu. Noch lange nicht auf dem Level von Ranko-sama oder Ranma-sama, aber mit einem verletzten Mamoru Morikubo nahm sie es allemal auf.
So wie jetzt, als sie meine kurze Ablenkung ausnutzte, auf mich zuschoss und mein Kinn mit einem Spinkick anvisierte.
Ich reagierte gerade noch rechtzeitig und nahm den vollen Impakt des Tritts mit der linken Hand auf, die ihren Fußknöchel fest umschloss. Der Schmerz raste durch meinen Körper, ich rückte durch die Wucht mehrere Zentimeter nach hinten. Aber ich behielt den Griff um den Knöchel. Was nun ohne mein weiteres Hinzutun dazu führte, dass P-chan wie ein Stein zu Boden fiel.
Das war natürlich noch nicht das Aus in dieser Runde. P-chan fing sich mit Links auf, stieß sich wieder vom Boden ab und wirbelte um ihre Längsachse. Dabei verlor ich den Griff um ihren Knöchel und sah den anderen Fuß auf mich zukommen. Doch anstatt nun auch diesen mit links abzuwehren und meinen Bauch damit für einen Tritt zu entblößen, brachte ich mein rechtes Bein ins Spiel. Hart trat ich sie mit meinem Schienbein in den Körper und gab ihr einen satten kinetischen Bewegungsimpuls mit, der sie mehrere Meter weit beförderte. Sie rutschte sogar von der Matte, und ich konnte ihren überraschten, quiekenden Schmerzensschrei hören.
Für einen Augenblick ruckte ihr Kopf über den Rand der Matte empor. Doch ihr Blick wurde glasig, und sie sackte wieder zurück.
Darauf fiel ich natürlich nicht herein, dazu kannte ich P-chan zu lange, hatte zu oft mit ihr trainiert. Das letzte Mal, als wir Sparring gehabt hatten, war ich ihr überlegen gewesen. Nun aber fehlte mir ein Arm, und sie war auch noch ein Stück gewachsen. Außerdem wusste ich, dass ein Trainingskampf erst dann Zuende war, wenn einer der Partner dreimal auf die Matte schlug, oder meinetwegen auf den Boden. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass sie mich in eine Falle zu locken versuchte, indem sie mein Mitleid und meine Sorge ausnutzte - und mir dann anschließend sehr bestimmt austrieb, so etwas für meinen Gegner zu empfinden.
Die Mädchen hingegen fielen nur zu gerne darauf herein. Als Perine nach einer Minute noch immer nicht hoch gekommen war, hörte ich halblautes Gemurmel der zwei, die mit Wörtern gespickt waren wie "zu brutal", "Rücksicht nehmen" und "Mädchen respektieren".
Ich sah für einen Moment unsicher zu Uzuki-sensei herüber, aber sie hatte den Kampf nicht abgebrochen. Noch immer stand sie am Nordrand der Matte und beobachtete uns mit einem feinen Lächeln.
Die beiden Mädchen erreichten Perine und knieten sich neben ihr nieder.
Hanako fuhr entsetzt hoch. "Sie atmet nicht mehr!"
Nun gab ich meine Abwehrhaltung auf, kam ein paar Schritte näher. Als ich bemerkte, das Sensei den Kampf immer noch nicht abgebrochen hatte, riss ich beide Arme zum Block hoch. Prompt traf mich ein Tritt von Perine, während ihr Schattenklon am Mattenrand zwischen Karin und Hana-chan verpuffte.
"Na, danke für diese nette kleine Falle", murrte ich.
"Du hast viel zu fest zugetreten! Das macht man nicht mit einem Mädchen!", erwiderte Hanako mürrisch.
"Aber sie darf das, oder wie? AUTSCH!" Nun sackte ich zu Boden. Der Tritt war hart gewesen, sehr hart. Dabei umschloss ich mit der linken Hand den rechten Oberarm. "Ah, Mist! Verdammt!"
"Akira, habe ich den rechten Arm verletzt?" Die Affenkriegerin kniete sich vor mich. "Lass mich mal sehen!"
In diesem Moment ließ ich meine Rechte vorschnellen und traf Perine mit den Fingerspitzen auf den Bauch. Dann ballte ich die Hand zur Faust und schlug mit ihr ohne erneut auszuholen zu. Von diesem Doppelschlag wurde P-chan die Luft aus der Lunge getrieben. Sie selbst landete auf dem Rücken, wo sie keuchend liegenblieb. Mich durchfuhr dafür heißer Schmerz im rechten Oberarm.
"Das war schon wieder viel zu brutal!", rief Hanako entrüstet. "Außerdem darfst du den rechten Arm nicht einsetzen!"
"Wer hat das denn behauptet, Hanako-chan?", fragte Sensei. Sie musterte die japsende Affenkriegerin einen Augenblick. "Sieger ist Mamoru-kun. Erhebt euch und grüßt."
Ich kämpfte mich auf die Beine. Okay, das ging leidlich. Das schuf Hoffnung für die Finalrunde des Chunin-Turniers. Ich reichte Perine die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen, doch die Affenkriegerin richtete sich ohne meine Hilfe auf. Also, entweder hatte ich ihr nur halb so weh getan wie ich geglaubt hatte, oder sie zog eine Riesenshow für mich ab, wie taff sie doch war.
"Hast ja einen guten Kampf geliefert, Mamo-chan. Das traut man dir gar nicht zu mit dem Arm." Sie trat an mich heran, ergriff den rechten Arm und bewegte ihn.
"Nanu, seit wann bist du denn unter die Ärzte gegangen, P-chan?", spöttelte ich.
"Halt die Klappe, Mamo-chan", tadelte sie mich. Zufrieden ließ sie den Arm wieder los. "Sieht gut aus. Der Schlag eben hat der Heilung nicht geschadet. Du hast aber eben auch zugelangt. Wenn ich nicht mitgegangen wäre, würde ich wahrscheinlich immer noch auf der Matte liegen."
"Äh..." "Ja, ja, ich bin in Ordnung." Sie lächelte mich an. "Was wäre ich für eine Kriegerin, was wäre ich für eine Kontraktpartnerin, wenn mich das schon umhauen würde? Aber gut warst du, richtig gut, Mamo-chan."
Das machte mich ehrlich gesagt verlegen. "Ich versuche eben, an dir zu wachsen, P-chan", erwiderte ich und tätschelte ihren Kopf.
"L-lass das. Du weißt, dass ich das nicht mag", murrte sie, versuchte aber auch nicht, meine Hand abzuschütteln.
"Ich lerne in jeder Lektion eine Menge von dir", sagte ich lächelnd und tätschelte weiter. "Und ich werde mit meinen Beschwörungen immer besser. Nicht, dass ich wieder Ranko-sensei beschwöre, für nichts und wieder nichts." Ein kalter Schauder ging über meinen Rücken. Ich hatte sie im Kampf gesehen, in einem echten Kampf. Und seither hatte ich vor allem an einer Sache kein Interesse: Eines Tages einmal ihr Gegner zu sein.
"Ach", lachte Perine, und schüttelte meine Hand nun doch ab, "ausgerechnet ihr Lieblingsschüler sollte seinen Sensei auch mal für nicht so wichtige Dinge beschwören können, denkst du nicht?"
"Ich denke da vor allem an ihre Rache", sagte ich mit einem leichten Zittern in der Stimme. Moment mal, Lieblingsschüler? "P-chan, ich bin ihr einziger Schüler. Zumindest ihr einziger Menschenschüler."
"Also habe ich doch Recht, oder?", erwiderte sie mit einem breiten Grinsen. Suchend schaute sie umher. "Wo ist sie überhaupt? Ich dachte eigentlich, sie treffen zu können, wenn wir trainieren. Aber das ist schon der zwanzigste Tag in Folge, an dem sie nicht da ist."
"Ist sie nicht beim Clan?", fragte ich verwundert, da ich sie schon einige Tage nicht mehr gesehen hatte.
"Nein, seit du sie beschworen hast, ist sie nicht wieder zurückgekehrt." Sie dachte kurz nach. "Zumindest habe ich sie nicht gesehen. Da lag es doch nahe zu vermuten, das sie bei dir geblieben ist, um dich beim Chunin-Examen zu unterstützen, oder, Mamo-chan?" Sie schlug mir derbe auf den Rücken. "Ein Glück hast du. So viel Aufmerksamkeit hätte ich auch gerne mal von ihr."
"Äh, P-chan, Sensei ist nicht hier."
Sie schnaubte als Antwort. "Aber sie ist auch nicht auf dem Affenberg. Vielleicht macht sie auch irgendwo richtig einen drauf. Ein Kind von Traurigkeit war sie ja noch nie."
Noch einmal rieb sie sich den schmerzenden Bauch, dem folgte ein wohlwollendes Lächeln. "Morgen gleiche Stelle, gleiche Zeit?"
"Klar."
"Gut, dann gehe ich jetzt wieder. Und falls du bis dahin Ranko-sama siehst, erzähl es mir morgen. Ich schaue mal bei uns nach, Okay?"
"Okay."
Perine lächelte mich noch einmal an, dann winkte sie den Mädchen. Schließlich verschwand sie in einer weißen Rauchwolke.
Das war immer der gefährlichste Moment für mich, denn traditionell bildeten die Mädchen eine verschworene Zweckgemeinschaft, die selbst dann zusammenhielt wenn es nicht nötig war. Oder mit anderen Worten: Sie hatten mich auf dem Kieker. Das Wort "Trainingsstunden" und dessen Bedeutung war ihnen dabei ziemlich egal. Ich ahnte, dass das weibliche Eigenschaften waren, mit denen ich in meinem weiteren Leben noch sehr zu kämpfen haben würde. Dabei waren es weniger ihre Worte, die mir zu schaffen machten. Es waren die stummen Vorwürfe. Blicke, die töten konnten. Blicke, die sie mir seit dem Ende des Kampfes zuwarfen, und die bewirkten, dass ich mich kleiner fühlte als ich eigentlich war. Oh ja, Mädchen waren gut in solchen Dingen. Aber ich sollte in meinem Leben noch viele weitere Dinge herausfinden, in denen sie gut waren. Und einige würden sich als nützlich erweisen, andere als... Angenehm. Damals aber taten mir nur die schneidenden Blicke der beiden Mädchen weh, aber ich war zu stolz und zu stur, um sie mit ihrem kindischen Verhalten und meiner Seelenpein zu konfrontieren. Also stieg ich einfach nur von der Trainingsmatte herab und postierte mich neben Uzuki-sensei. Das war der sicherste Platz für mich. Sie als Frau wusste, was Frauen anrichten konnten, und sie beschützte mich. In einem gewissen Sinne.

Hanako und Karin lösten mich auf der Matte ab. Beide waren keine Taijutsu-Nutzer wie ich, aber Hayate-sensei hatte immer darauf bestanden, dass wir alle drei ein Mindestmaß an Nahkampf beherrschten. Dieses Mindestmaß hatte er immer wieder angehoben, und so waren auch die beiden Mädchen von Team drei schließlich auf einem beachtlichen Level angelangt. Das Witzige daran war, dass es zuträglich für ihre Kunst war. Andererseits hatte ich noch nie gesehen, wie ein Akimichi mit Baika no Jutsu die Kraft des Gegners gegen ihn wandte. Es war ein obskures Bild, wenn Karin Hana-chan mit Daumen und Zeigefinger den Arm auf den Rücken drehte. Darüber hinaus hatte sie ihr Jutsu weiter verfeinert. Wir wussten alle, dass der Akimichi-Clan sich allergrößte Sorge um sie machte, weil sie einfach kein "gesundes Gewicht" erreichen wollte und so dünn blieb wie eh und je. Selbst ihr kleiner Cousin Choji wog schon mehr als sie. Daraus resultierend, dass sie nie die Masse aufbauen würde, um alle Aspekte des Baika no Jutsu auszunutzen, waren Hayate-sensei und Karin dazu übergegangen, ihr neue Möglichkeiten zu finden.
Ihr einfachstes Jutsu war das mit den übergroßen Händen; das kostete sie erstaunlicherweise nur wenig Chakra. Sie hatte es beinahe mit der Muttermilch aufgesogen, und es hatte sich in vielerlei Hinsicht als nützlich erwiesen. Mit dieser zusätzlichen Körpermasse, die sie erzeugen konnte, ohne sofort an totaler Entkräftung zu sterben, hatten Sensei und sie gearbeitet, ihr neue Wege eröffnet. Im Clan wäre das niemals möglich gewesen. Die Akimichi waren sehr traditionsbewusst und stur. Bei ihnen gab es nur größer, dicker, stärker. Hayate-sensei hingegen hatte neue Grenzen entdeckt. Zum Beispiel konnte Karin mittlerweile mit der existierenden Masse arbeiten. Anstatt also weitere Körperteile zu vergrößern, konnte sie sie strecken. Bis zu einer Entfernung, bei der ihre Hände und Arme ihre normale Größe erreicht hatten. Das war ihr Limit. Besonders gefährlich waren diese auch noch schwer zu kontrollierenden Hände nicht, deshalb war ihr Limit der verlängerten Gliedmaßen bei zehn Metern zu finden. Gerade weit genug entfernt von ihr, um noch kontrollierbar zu sein, und noch groß genug, um weh zu tun. Das überwand ihre Beschränkung als Nahkämpferin und machte sie auch für mittlere Distanzen gefährlich. Weiterhin beherrschte sie einige recht gefährliche Ninjutsu ihrer Erd-Affinität. Da diese aber einiges an Zeit brauchten, kam sie in einem Gefecht eher selten dazu, sie zu nutzen. Bis dahin hatte ihr Baika no Jutsu meistens schon aufgeräumt.

Hana-chan beherrschte das klassische Genjutsu des Yamanaka-Clans, die Körperkontrolle. Es wäre ungerecht ihr gegenüber gewesen zu sagen, das wäre ihre einzige Stärke gewesen. Selbst damals hatte sie sich immer bemüht, wichtige gängige Jutsu ihrer Wind-Affinität zu beherrschen. Es unterstützte ihr Jutsu nicht merklich, aber seit sie das Genjutsu des Oto-Nin Santori erlebt hatte, trainierte sie hart daran, ihre Stimme ebenfalls mit Hilfe des Windes zu dirigieren. Verwirrung, das war genau das was sie brauchte, um erfolgreich einen Verstand zu überwältigen.
Sie beherrschte auch einige andere interessante Fuuton, aber ihre Körperübernahmetechnik war definitiv ihre stärkste Waffe und ihre erste Wahl. Außerdem besaß sie in der Gruppe die stärkste Befähigung, um nicht unter ein Genjutsu zu fallen. Ich schrieb das ihrem unvergleichlichen Dickkopf zu. Und vermutlich hatte ich damit auch Recht.

Als ich aus meinen Gedanken erwachte, war der Kampf der beiden schon einige Zeit im Gange. Es war ein ausgewogenes Duell, was mich erstaunte. Ich hätte nie gedacht, dass die schüchterne Karin so viel Energie und Willen aufbringen würde, um ausgerechnet gegen Hana-chan zu bestehen. Das tägliche Training machte sich hier wirklich bemerkbar. Und die zielsicher gesetzten Ermutigungen von Uzuki-sensei spornten und förderten beide Mädchen gleichermaßen.
Als Hanako erschrocken aufquiekte, weil sie unerwarteterweise von Karins Baika no Jutsu getroffen wurde, reagierte ich automatisch. Mit einem Step erschien ich am Rand der Matte und fing Hana-chan auf, als sie über den Rand der Matte hinweg segelte. Das war für Karin-chan der erste derartige Sieg über Hanako. Das war ein Riesenfortschritt für sie.
Für einige lange Sekunden ruhte Hana-chan in meinen Armen, und ich wunderte mich, warum das sonst so vorlaute Mädchen plötzlich so rot wurde und regelrecht verstummt war. "D-dan...", kam es leise aus ihrem Mund.
Karin hatte entsetzt eine Hand auf ihren Mund gelegt. "Mamo-chan, du berührst ihre...", haspelte sie.
"Ihre was?", fragte ich verwundert.
"AH!" Entsetzt begann Hanako in meinem Griff zu strampeln, bis ich sie wieder auf den Boden setzte. Sie wandte sich sofort von mir ab, beide Hände schützend vor ihren Brustkorb gelegt. "Wie kannst du die Situation nur so ausnutzen, Mamoru?", fragte sie vorwurfsvoll. "Wenn sich das rum spricht, bin ich bei allen Mädchen in Konoha unten durch."
Beinahe verzweifelt fragte ich: "Was meinst du? Hätte ich dich nicht auffangen sollen? Ich weiß, das war unfair Karin gegenüber. Aber diesmal war sie stärker als du." Schüchterne Röte schoss über die Wangen der kleinen Akimichi.
"Und ich sehe dich so ungern an der nächsten Wand zerschmettert, Hana-chan."
Nun konnte ich auch auf ihren Wangen eine kräftige Röte erahnen.
"D-dafür danke ich dir ja auch", stotterte sie. "A-aber das du dafür einem Mädchen an den Busen fassen musstest... J-jetzt muss ich dich ja wohl hei..."
"Welcher Busen?", fragte ich irritiert.
Ehrlich, für einen winzigen Moment hatte ich das Gefühl, in der Hölle gelandet zu sein. Karins entsetzter Blick, die erschrockenen Augen von Sensei und die pochende Ader auf Hanakos Stirn, als sie sich zu mir umdrehte, flößten mir eine Heidenangst ein.
"Autsch!"
Hana-chan rieb sich die schmerzende Faust, mit der sie mir die Kopfnuss meines Lebens verpasst hatte. "War ja auch nicht anders zu erwarten bei einem kleinen Idioten, der noch ein halbes Kind ist. Hast du überhaupt bemerkt, dass du mit zwei Frauen in einem Team bist?" Sie wartete keine Antwort ab. Mit eine Geste absoluter Verachtung wandte sie sich ab und ging stolz wie eine Daimyou zurück zu Karin auf die Matte.
Mit hoch erhobenen Augenbrauen sah mich Uzuki-sensei an. "Mamo-chan, ich fürchte, wir müssen uns über gewisse Aspekte des Lebens dringend unterhalten."
"Ich bin nicht sicher, ob ich diese Unterhaltung führen will."
"Ich habe dich nicht um deine Meinung gefragt", schloss Sensei.

Eine Stunde später bekam ich einen erweiterten Kurs über die Sensibilität weiblicher Heranwachsender und deren Physis. Das war noch in Ordnung. Aber die Andeutungen Senseis, dass ich dieses Wissen eventuell einmal in meiner Arbeit als Shinobi brauchen könnte, trug dazu bei, mich ernsthaft zu verunsichern.
Als ich nach dieser Lektion entlassen war, verließ ich die Halle als Letzter, den Kopf voll wirrer Gedanken, die sich nicht ordnen wollten. Wer hätte je gedacht, dass Frauen so etwas Kompliziertes waren? Ich hatte eigentlich erwartet, alle Frauen würde so wie Uzuki-sensei sein. Oder es zumindest versuchen. Nach diesem Gespräch vermutete ich, dass Sensei sich verstellte, und einige ihrer nicht so erfreulichen Eigenarten zu ihrem eigenen Vorteil unterdrückte. Ein nicht besonders netter Gedanke über sie. Vor allem irritierte mich, dass sie auf meine direkte Frage danach nur nichtssagend gelächelt hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das ausgerechnet Hayate-sensei verborgen geblieben sein sollte. Und das bedeutete im Umkehrschluss, dass er die Eigenschaften, die Uzuki-sensei uns gegenüber verbarg, willentlich in Kauf nahm. Ich begann mich ehrlich zu fragen, ob die Freuden einer Beziehung zwischen Mann und Frau diesen Ärger wert waren. Und wenn sie es waren, wie viel Freude brachte eine solche Beziehung?

"Na, Kleiner, fertig für..." Omoi runzelte die Stirn. "Was machst du denn für ein Gesicht?"
"Ach, nichts weiter. Ein wenig Ärger mit Hanako, weil ich ihr an den Busen gefasst habe."
"Du hast was?" Vor Schreck wäre ihm fast sein Lutscher aus dem Mund gefallen.
"Sie wurde von der Matte geschleudert. Ich habe automatisch reagiert und sie aufgefangen. Dabei habe ich ihren Oberkörper berührt, und Hana-chan behauptet jetzt, ich habe ihren Busen berührt. Und Sensei meinte daraufhin, sie müsse mich aufklären. Über die sensible Psyche eines Mädchens und über die Eigenarten der sich verändernden Körper."
Omoi klappte den Mund wieder zu. "War wohl nicht sehr interessant, was?"
"Was soll ich sagen? Ich fand das Thema schon in der Schule nicht sehr prickelnd. Und auch jetzt fehlt mir da ein wenig der Bezug. Was ist so toll an Mädchen, die sich entwickeln? Und warum ist Hana-chan einerseits sauer auf mich, weil ich ihren Busen berührt habe, und andererseits sauer auf mich, weil es mir nichts ausmacht?"
"Junge, Junge, Junge. Du bist ein ganz schön schwieriger Fall, Mamo-chan." Er musterte mich aufmerksam, dann klopfte er mir auf Arme, Hüfte und Beine. "Also, hintendran bist du eigentlich nicht. Das muss sich bei dir im Kopf abspielen. Hm. Hm."
"Dieses Hm gefällt mir nicht, Omoi. Du heckst doch gerade wieder etwas aus."
Seine Zähne blitzten weiß wie Schnee in seinem Gesicht auf. "Ach, so gut kennst du mich mittlerweile? Sehr schön, dann brauche ich ja nichts weiter zu sagen. Sag mal, wie gut ist deine Imitationstechnik?" Omoi legte nachdrücklich den rechten Arm um meine Schulter, hielt mich fest im Griff und zog mich mit sich.
"An dieser Stelle möchte ich gegen meine Entführung formellen Protest einlegen", sagte ich mit Resignation in der Stimme.
"Protest wird im Protokoll festgehalten. Aber das ist alles nur zu deinem Besten, mein junger Freund. Nur zu deinem Besten."
"Wieso habe ich das Gefühl, dass damit ein hohes Risiko verbunden ist?", stöhnte ich entsetzt.
"Weil alle Dinge, die es wirklich wert sind, mit hohen Risiken verbunden sind, kleiner Bruder."
Er grinste mich erneut an, aber diesmal hatte ich ein ähnliches Gefühl wie in der Halle vor einer Stunde. Die Hölle tat sich auf und würde mich verschlingen. Definitiv.
***
Keine Stunde später saß ich noch ein wenig blessierter als ich ohnehin schon war im Büro des Raikage. Ein blutrot strahlender Handabdruck in meinem Gesicht überlappte sich mit einem zweiten und kündete von meinem Schicksal. Das Nasenbluten hingegen hatte mit den Schlägen, die ich kassiert hatte, nichts zu tun.
Neben dem Schreibtisch des Raikage standen Kirabi-sama und Uzuki-sensei. Es war schwierig, in ihren Gesichtern zu lesen, aber seltsamerweise erkannte ich keine Anzeichen für Wut.
Omoi, der neben mir saß und vollkommen unverletzt war, hatte allerbeste Laune - noch.
Im Hintergrund lehnten eine wutschnaubende Karui und eine außerordentlich kalt dreinschauende Samui an der Wand, während Nii-Sensei, die den ersten Part des Chunin-Examens geleitet hatte, mit hochroten Wangen und sich überschlagender Stimme eine Erklärung abhielt, die immer wieder von ihrem eigenen Eifer unterbrochen wurden.
"U-u-u-und nicht nur mich! Oder Karui-chan und Samui-chan! Die beiden ha-haben m-mindestens neun weitere Kunoichi n-n-nackt gesehen! Splitterfasernackt!" Ihre eigenen Worte steigerten ihr Entsetzen. "D-dieses freche Eindringen ins Frauenbad m-muss bestraft werden! M-mit aller Härte!"
Sie warf mir einen schiefen Seitenblick zu. Einer der Handabdrücke gehörte ihr. Der andere Karui. "Omoi-kun, zumindest. Es steht wohl außer Zweifel, dass Morikubo-kun von diesem verantwortungslosen Drückeberger zu dieser unglaublichen Aktion angestiftet wurde."
Omoi grinste von einem Ohr bis zum anderen und stieß mir mit seinem Ellenbogen in die Seite. "Deinen Schlag bei den Frauen möchte ich haben, Mamo-chan."
Yugito Nii-sensei errötete noch mehr. Beinahe erwartete ich, kleine Dampfwolken aus ihrem Kopf steigen zu sehen. Sie machte einen hastigen Schritt auf uns zu.
"Autsch! Aiii! Uuuuh!" Omoi hielt sich den schmerzenden Schädel. Nicht nur Nii-sensei, sondern auch die beiden Mädchen hatten ordentlich zugelangt, und ihm eine Kopfnuss verpasst, die sich gewaschen hatte. Auch so ein Ding. Warum waren Frauen so schrecklich brutal? Was mich gleich auf den nächsten Gedanken brachte: Da Omoi und ich so grandios und effektvoll gescheitert waren, was würden Hana-chan und Karin-chan wohl mit mir anstellen? Der Gedanke daran ließ mich vor Entsetzen sogar für einen Moment die schmerzende Wange vergessen.
"Jedenfalls gehört hier jemand bestraft!", sagte Nii-sensei mit Nachdruck.

Der Raikage, der bis dato schweigend zugehört hatte, hob die Rechte. Nii-sensei schwieg sofort.
"Lass mich das doch mal zusammenfassen, Yugito-chan. Du warst im Frauenbad. Du, Karui-chan, Samui-chan, und dazu weitere Kunoichi, einige davon auf Chunin-Level."
"Das ist richtig, Raikage-sama."
"Vor dem Badehaus haben sich Mamoru-kun und Omoi-chan der Imitationstechnik bedient und sich in Frauen verwandelt."
"Das ist richtig, Raikage-sama."
"Und anschließend sind sie dreist und frech ins Frauenbad gegangen."
Nii-sensei nickte diesmal nur stumm.
"Dort haben sie mitten unter zwölf ausgebildeten und erfahrenen Kunoichi Kumogakures für fast eine halbe Stunde gebadet, ohne das ihr Jutsu aufgedeckt wurde. Obwohl euch allen die Frauen vollkommen fremd waren."
"Ja", sagte Nii-sensei, diesmal kleinlaut, "auch das ist richtig."
"Und die Imitationstechnik ist euch nur aufgefallen, weil..."
Nun ging ein gehetzter Blick von Nii-sensei zu den Mädchen. "Nun, Maria-chan war... Ich meine Morikubo-kun wirkte in seiner Verkleidung so blass und ängstlich und so gehetzt. Und Omiko-chan, ich meine Omoi-kun in seiner Verwandlung hatte sich solche Sorgen darum gemacht, wie sich Maria in eine fremde Frauengruppe integrierte... Und ihre Schüchternheit war so erheiternd und niedlich... Da habe ich... Da haben wir..."
"Kommt jetzt die Stelle mit dem Nasenbluten?", fragte Kirabi-sama mit neutraler Stimme. Ein amüsiertes Schnauben war zu hören, aber das war von Uzuki-sensei gekommen.
"So in etwa. Maria war so niedlich, da haben wir sie geknuddelt und geherzt, und... Und dann bekam sie dieses schreckliche Nasenbluten. Karui-chan hat versucht, ihr zu helfen, ihren Kopf hochgehalten und auf ihrem Brustkorb abgestützt, doch dann wurde es noch mehr Blut... Und dann wurde Maria so schwindlig, und wir haben uns noch mehr um sie bemüht, und dann stand plötzlich Omoi unter uns und schickte uns weg... Und dann verwandelte sich Maria in Moribuko-kun, und wir... Und wir..."
Erneut war ein Schnauben zu hören. Uzuki-sensei sagte mit leidlich amüsierter Stimme: "Mamo-chan, ich hatte nicht erwartet, dass du meine Nachhilfelektion sofort umsetzt und einen Feldversuch startest."
"Also bitte, die Sache ist doch zu ernst, um sie so herunter zu reden, Uzuki-sensei." Kirabi-sama warf ihr einen mürrischen Seitenblick zu, den sie mit einem Schmunzeln beantwortete.
Der Raikage räusperte sich laut und vernehmlich. "Ich habe eine Frage, Yugito-chan: Ist irgendjemand außer Morikubo-kun zu Schaden gekommen?"
Die Jounin errötete bis unter die Haarspitzen. "N-nein, Raikage-sama, nicht körperlich."
"Aber sowohl er als auch Omoi-kun haben ein schönes Exempel dafür abgeliefert, was passiert, wenn ein Shinobi leichtfertig wird und sich zu sicher fühlt."
"D-das kann man so stehen lassen", gab sie tonlos zu.
"Und sie haben auch ein exzellentes Imitations-Jutsu gezeigt, richtig?"
"Es war ein wenig zu exzellent, Raikage-sama."
Der große Mann schlug mit beiden Händen auf die Tischplatte. Es gab einen lauten Knall, der alle Anwesenden zusammenzucken ließ. "Wie dem auch sei. Ich spreche hiermit ein ausdrückliches Verbot für die beiden aus, sich jemals wieder ins Frauenbad zu schleichen. Sollten sie das dennoch tun, können die beobachteten Frauen mit den beiden tun und lassen, was sie wollen. Habt Ihr das verstanden, Ihr zwei Helden? Wir reden hier von Kriegserfahrenen Kunoichi, die in solchen Momenten verdammt sauer auf euch sind!"
Ich nickte heftig. Das hatte ich nur zu gut verstanden. Omoi grinste als Antwort und nickte ebenfalls bestätigend.
"Darüber hinaus habt Ihr die beiden bereits ausgiebig bestraft. Der arme, rekonvaleszente Morikubo hat darüber hinaus auch noch viel Blut verloren. Außerdem wird die Geschichte ihre Runde machen, daran habe ich keinen Zweifel. Von offizieller Seite sehe ich hier allerdings keinen weiteren Grund zum Handeln. Die weitere Bestrafung dieses peinlichen Eindringens in die Privatsphäre der Kunoichi Kumogakures überlasse ich euren Gruppenleitern. Uzuki-sensei, Ototo, ich erwartete eine gerechte, aber harte Bestrafung."
Auf die Züge von Kirabi-sama stahl sich ein Lächeln. "Ich delegiere die Bestrafung in eure Hände, Karui-chan, Samui-chan."
Ich warf einen schnellen Blick nach hinten - und wünschte, es nicht getan zu haben. Beide Mädchen sahen Omois Rücken mit dem Blick rasender Dämonen an. Rotes Licht schien als kräftiges Leuchtfeuer aus ihren Augen zu treten, und ihre Auren hatten etwas Bedrohliches an sich, als sie näher traten, links und rechts nach Omois Armen griffen und ihn fortschleppten.
"OMOI!", rief ich ihm entsetzt nach.
Doch der Kumo-Ninja winkte nur ab. "Keine Sorge. Ich werde es überleben. Hoffe ich."
"OMOI!"
"Benimm dich, Morikubo-kun!", sagte der Raikage streng. "Yugito-chan, ist diese Bestrafung für euch Frauen ausreichend?"
Zögerlich nickte die große blonde Frau. Die Röte wollte einfach nicht von ihren Wangen weichen. "J-ja, Raikage-sama. Aber ich bitte Uzuki-kun ausdrücklich darum, Morikubo-kun nachdrücklich zu bestrafen. Da, wo es weh tut."
"Da, wo es weh tut?" Wieder glitt ein Lächeln über ihre schönen Züge. "Oh. Oh, da gibt es tatsächlich etwas, was ihm richtig weh tun wird. Nicht wahr, Mamo-chan? Hast du uns nicht alle im Land der heißen Quellen zum Barbeque-Essen eingeladen und diese horrend hohe Rechnung bezahlen müssen?"
Ich schluckte hart. Karin war naturgemäß ein Schmelzofen für Chakra und hatte einen Stoffwechsel, mit dem sie Nahrung geradezu einatmete. Und Hanako war laut ihrer eigenen Aussage ein "wachsendes Mädchen", das Karins Appetit nur wenig nachstand. Die doppelten Portionen, die Sensei verspeiste, fielen dabei kaum noch ins Gewicht.
Sie klatschte begeistert in die Hände. "Genau. Du wirst uns zum Essen einladen, Mamo-chan! Mich, die Mädchen, Kirabi-sama und sein Team, und natürlich Nii-kun." Ihr Lächeln wurde düster. "Und wenn du nicht genügend Geld hast, werde ich dir etwas leihen. Zu sehr günstigen Konditionen. Die Schulden kannst du einfach bei einigen niederen Arbeiten hier im Kumogakure abarbeiten."
Ich dachte an dieses Abendessen am Tischgrill. Dachte an die Mengen, die drei Kunoichi verspeist hatten. Dachte daran, wie viel sechs von ihnen vertilgen würden. Und da waren Omoi und Kirabi-sama noch nicht einmal in der Rechnung enthalten. Das Geld, das ich vorsichtshalber mitgenommen hatte, würde sich verbrauchen wie Rauch im heftigen Wind. "Können wir mich nicht stattdessen einfach töten?", flehte ich. "Das wäre viel humaner!"
"Das Ermessen der Strafe liegt in meinen Händen, Mamo-chan", flötete sie. "Also keine Ausflüchte. Einverstanden, Nii-kun?"
Die Kumo-Jounin lächelte nun auf die gleiche Art wie Sensei. "Einverstanden, Uzuki-kun. Und mir fallen da auch gleich ein paar schöne Arbeiten ein, die Mamo-chan erledigen kann, wenn sein Geld nicht reicht. Das Bad müsste zum Beispiel mal richtig ordentlich dreifach geschrubbt werden. Und ich bin sicher, es gibt noch viel mehr zu tun, wo dieser listige kleine Bursche helfen kann."
"Und was ist mit meinem Training?", wagte ich vorsichtig einzuwenden. Damit waren das Finale und der Inhalt meines Geldbeutels in weite Ferne gerückt.
"Das hättest du dir vorher überlegen sollen", sagte Uzuki-sensei. "Abgesehen davon - das ist dein Training."
Ich seufzte und ließ die Schultern hängen. Ich gab mich geschlagen. Bevor ihnen noch mehr einfiel.
Raikage-sama lachte laut auf. "Dann ist das ja geklärt."
Okay, ich war besiegt, aber dies war nur eine Schlacht, nicht der Krieg. Und ich konnte dies alles noch zu einem kleinen Erfolg für mich drehen. "Raikage-sama, selbstverständlich lade ich Sie auch ein."
"Was?" "Was?" "WAS?"
Drei verblüffte Augenpaare starrten mich an, nur Kirabi-sama zeigte eine mühsam beherrschte ausdruckslose Miene.
"Na, wenn ich schon bezahlen muss, dann kann ich doch noch jemanden dazu einladen, nehme ich an. Oder wollt Ihr A-sama nicht dabei haben?"
Das brachte die beiden Kunoichi in Erklärungsnöte. "Natürlich nicht!", rief Nii-sensei hastig.
"Wenn der Raikage also zustimmt...", sagte ich gedehnt.
"Und er stimmt zu. Ein geselliger Abend ab und zu ist eine tolle Idee. Sehr gut, Mamoru Morikubo."
Nun war es an mir zu grinsen. Ein kleiner Erfolg in diesem großen Malheur. Ach ja, und da waren noch die positiven Aspekte meines Ausflugs mit Omoi in das Damenbad. Ich hatte entdeckt, dass ich auch nur ein Mann war.
"Gut. Du bist entlassen, Moribuko-kun."
Ich erhob mich, verneigte mich vor den Kage Kumogakures und verließ den Raum.
Vor der Tür atmete ich erst einmal erleichtert auf. Das hätte wesentlich schlimmer ausgehen können. Noch viel schlimmer als die anständigen Schmerzen in meiner linken Wange. Dass das Thema für den Raikage noch nicht beendet war ahnte ich, als ich ihn, Nii-sensei, Uzuki-sensei und Kirabi-sensei in seinem Büro weiter reden hörte.

"Da ist er! Der Lustmolch!" Hanako, natürlich. Ich wandte mich der Richtung zu, aus der ich ihre Stimme gehört hatte. Sie kam mit Karin heran, die Augen blitzend, als wäre sie eine höhere Entität der Rache. Kaum hatte sie mich erreicht, spürte ich ihren heftigen Schlag auf der rechten Wange. Dankenswerterweise schlug sie nicht meine lädierte linke Wange. "So. Das ist dafür, dass du Konohas Ruf schädigst, du Perversling! Machst du das jetzt auch in unserer Heimatstadt? Und warum hast du erst hier damit angefangen? Es hätte alleine im Land der heißen Quellen so viele Möglichkeiten gegeben, uns... Nun sag doch auch mal was, Karin! Los, scheuer ihm auch eine!"
Die junge Akimichi wurde von Hanako vor mich geschoben.
Doch statt mich zu schlagen sah sie beschämt zu Boden. Das berührte mich. Das berührte mich wirklich tief, und das erste Mal seit mich Omoi in dieses Abenteuer geschleppt hatte, spürte ich, dass ich damit einen Freund verletzt hatte. "Karin-chan...", hauchte ich. "Es tut mir..."
"Mamoru, wenn..." Sie öffnete und schloss den Mund wie ein Karpfen auf dem Trockenen. "Ich meine, wenn du... Wenn du eine Frau nackt sehen wolltest, warum hast du dann nicht einfach mich..."
Entsetzt hielt Hanako ihr den Mund zu. "Unfair! Keinen Vorsprung holen, Karin!"
"A-aber wenn es doch für Mamo-chan ist!"
Ungläubig sah ich die beiden an. "Ihr schafft mich eines Tages. Irgendwann schafft Ihr mich wirklich."
"Das musst du gerade sagen. Du Dummkopf und Nichtsversteher", erwiderte Hanako böse. "Was haben sie denn drinnen mit dir angestellt? Wie sieht deine Strafe aus?"
"Ich soll euch zum Essen einladen."
"U-uns? Wir drei gehen essen? H-habe ich denn überhaupt was ordentliches zum anziehen mitgenommen? Oder kann man hier was kaufen? Karin, hast du einen schönen Laden entdeckt?"
"Wir müssen einfach Samui und Karui fragen! Die kennen bestimmt ein schönes Geschäft!"
"Euch beide, Sensei, Nii-sensei, Kirabi-sama und sein Team, und den Raikage", fügte ich hinzu.
"Oh, das ist aber schön!" Hanako schien hoch erfreut, wenngleich nur für eine Sekunde. "Also nicht nur wir drei?" Und dann wechselte ihre Miene wieder auf glücklich. "Aber eine schöne Runde ist das."
"Und es heißt ja nicht, dass wir immer so viele sind", fügte Karin schüchtern hinzu. "Trotzdem müssen wir Karui und Samui finden!"
"Richtig! Am Besten sofort!" Mit diesen Worten ließen sie mich stehen. Ich kam zu der Erkenntnis: Ich verstand Frauen einfach nicht, und ich würde und wollte es auch gar nicht. Aber ich wusste, ich ahnte, dass es da noch viele Aspekte gab, die Frauen für mich in Zukunft mehr als interessant machen würden. Alleine beim Gedanken, was ich alles im Bad gesehen hatte, hüstelte ich verlegen.
"Dass mir das aber niemand P-chan erzählt!", rief ich den beiden nach.
"Natürlich nicht!", rief Karin zurück. Sie hatte schon überzeugender gelogen.


6.
Vor dem Finale II

"Mamo-chan, vergiss nicht den Vorraum zu schrubben." "Verstanden!"
"Mamo-chan, hol mit dem Handwagen noch das Gemüse vom Depot." "Geht klar!"
"Mamo-chan, im Gewächshaus drei muss Unkraut gejätet werden!" "Schon so gut wie erledigt!"
"Mamo-chan, der Geldbote auf der Talroute braucht Geleitschutz!" "Genau mein Ding!"
"Mamo-chan, passe diesen Nachmittag auf die Kindergruppe auf!" "Okay!"
"Mamo-chan, unterrichte die älteren Kinder am Shuriken!" "Bereits dabei!"
"Mamo-chan, der Raikage möchte, dass du den Wochenvorrat einkaufst!" "Auf dem Weg!"
"Mamo-chan..." "Mamo-chan!" "Maaaamoooo-chaaan!" "Mamo-chan!" Mamo-chan?"
Oh ja, man konnte wirklich behaupten, dass Kumogakure mich hart ran nahm. Hart und ungerecht. Am frühen Morgen begannen die vielen kleinen Jobs, die ich am Tag bewältigen musste, und erst am späten Abend hatte ich Gelegenheit dazu, mich ein wenig auszuruhen. Süffisante Bemerkungen, dass ich doch jung wäre und sowas abkönnen müsste, waren da nicht besonders hilfreich. Und das alles nur, weil Uzuki-sensei mich mit diesem einen Abend in Unkosten gestürzt hatte. In horrende Unkosten. Ich hatte mir ein großzügiges Taschengeld von dreitausend Ryou eingesteckt, und auf der Reise nach Kumogakure etwas mehr als eintausend am Abend des Barbeques mit den Frauen verbraucht. Aber um dieses Gelage zu bezahlen reichte die restliche Summe bei weitem nicht. Vor allem weil die Erwachsenen auf meiner illustren Liste Sake getrunken hatten. Nicht einfach den billigen für dreihundert Ryou die Flasche, sondern den teuren für zweitausend. Und dann nicht nur eine Flasche, sondern gleich mehrere. Auch das Essen war nur vom Feinsten gewesen, und am Ende des Abends hatte ich mit zwanzigtausend Ryou in der Kreide gestanden. Das entsprach in etwa dem Nettomonatslohn eines Angestellten in Konoha und war ein ganzer Haufen Geld. Dennoch, wäre ich in Konoha gewesen, hätte ich diese Summe mit zwei bis drei C-Rang-Missionen aufbringen können. Spesen nicht eingerechnet. Aber ich war nicht in Konoha und konnte deshalb nur sehr begrenzt als Ninja arbeiten. Darüber hinaus suchte Uzuki-sensei die Jobs aus, die ich machen sollte, und sie verhandelte auch meine Bezahlung. Spätestens nach dem zweiten Tag hatte es sich unter den Bürgern und Geschäftsleuten Kumogakures herum gesprochen, dass ich ein williger, fleißiger und preiswerter Arbeiter war, der zu so ziemlich jeder Arbeit herangezogen werden konnte. Deshalb tat ich hier alles, von der Laufburschentätigkeit über den Babysitter bis zum Leibwächter - buchstäblich alles. Nach sieben Tagen rief mich der ganze Ort bei meinem Kosenamen, und jeder kannte mich. Ich wurde sogar manchmal auf meinen Stirnschutz angesprochen und verwundert gefragt, ob ich nicht doch ein Kumo-Nin wäre. Ebenso erstaunt wurde ich auch öfter gefragt, warum ich nicht für mein Finale trainierte. Nun, die Frage hätte ich gerne an Sensei weitergeleitet, aber ich bin sicher, dass die Antwort sehr unbefriedigend ausgefallen wäre.
Und so passte ich auf Kleinkinder auf, die schlechter zu hüten waren als ein Sack Flöhe, sodass ich mich meistens mit vier bis sechs Schattenklonen um die Kleinen kümmerte. Oder trainierte eine der Ninja-Schulklassen im bewaffneten und unbewaffneten Kampf, was für mich auch nur möglich war, weil ich diese Lektionen schon vor sechs und mehr Jahren selbst erhalten hatte; ich musste also nicht befürchten, potentiellen zukünftigen Gegnern Geheimnisse Konohas zu verraten.
Auch sehr beliebt war es geworden, Begleitschutzmissionen auf mich abzuwälzen, die vor allem Zeit kosteten, ungefährlich waren, und einen wichtigeren Kumo-Shinobi freistellten. Meistens ging es darum, die Zahlmeister zu eskortieren, die in die Dörfe und Städte ins Tal gingen, um Warenlieferungen für die Stadt abzurechnen. Mitten im Freundesland eine einfache Sache, doch so viel Geld musste eskortiert werden. Das gebot einfach der gesunde Menschenverstand.
Und dazwischen tat ich auch noch alles andere: Unkraut jäten, Einkäufe erledigen, die öffentlichen Bäder schrubben... Kein Wunder, dass ich abends todmüde und bar jeden Chakras auf meinen Futon fiel und beinahe sofort eingeschlafen war.
Wenigstens kam ich trotz der vielen Aufträge dazu, im Laufe des Tages gut zu essen. Das musste man den Menschen in Kumogakure lassen, sie versorgten mich verdammt gut, wenn ich irgendwelche niederen Tätigkeiten für sie erledigte. Ich musste nicht befürchten, an Entkräftung zu sterben. Mir schwebte auch eher Erschöpfung vor, je näher der Tag des Abschlusswettbewerbs kam. Und wenn ich doch mal ein paar Stunden unerwarteter Freizeit hatte, schleifte mich Sensei in die Trainingshalle, ließ mich P-chan beschwören und mich mit ihr trainieren, soviel meine Muskeln hergaben. Glücklicherweise ging es meinem rechten Bizeps von Tag zu Tag besser.
Und das alles passierte nur, weil mich Omoi im lobenswerten Versuch, mich aufzuklären, ins Frauenbad geschleppt hatte. Und weil ich anschließend dazu verdonnert worden war, das gemeinsame Essen zu bezahlen. Und das war es eigentlich wert gewesen, wenn ich so an diesen Abend zurückdachte.

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"Bwahahahaha! Ein vorzüglicher Tropfen!", lobte der Raikage den Sake, der ihm von seiner jugendlichen Begleiterin eingeschenkt worden war. Mabui, so hieß die junge Dame, war in der Ausbildung in der Verwaltung und sollte A-Samas Sekretär beerben, der schon dessen Vater gedient hatte, und nun langsam auf den Ruhestand zuhielt. Sie hatte sich bei mir für ihre unangekündigte Anwesenheit mehrfach entschuldigt, unter anderem mit einer tiefen Verbeugung, und versprochen, lediglich beim Raikage zu sitzen, und nichts zu konsumieren.
Dem hatte ich natürlich harsch widersprochen und sie ebenfalls eingeladen. Energisch hatte ich daraufhin geachtet, dass sie tatsächlich vom hervorragenden Essen nahm. Wenn man wie ich bereits den untersten Boden der Hölle betreten hatte, konnte man erstaunlich großzügig sein. Auf jeden Fall hatte ich bei der jungen Dame einen Stein im Brett, und wie es aussah, auch beim Raikage. Der übrigens gerade Sake aus einer Flasche für dreitausend Ryou trank. Für den Preis musste das Zeug einfach schmecken.
A-Sama bildete mit seiner Sekretärin die Stirnseite. Rechts von ihm saß Konoha eins, links Kirabi-samas Gruppe. Nii-sensei hatte sich nach einer entsprechenden Aufforderung neben dem Raikage niedergelassen. Wahrscheinlich, um ihn mit Sake zu versorgen. Eventuell auch, um ihr das Gefühl zu nehmen, zu keiner der Gruppen wirklich zu gehören.
Mir direkt gegenüber saß Omoi. Äußerlich war er unverletzt; seine Stimme war die gleiche wie immer, und alles an ihm war wie auch zuvor. Aber ich hatte die Augen nicht vergessen, diese feurig roten dämonischen Augen von Samui und Karui, als ihnen erlaubt worden war, seine Bestrafung vorzunehmen. Ich war versucht, ihn zu fragen, wie sie ihn bestraft hatten, aber dann traute ich mich doch nicht.
Kirabi-sama und Uzuki-sensei saßen dem Raikage am Nächsten. Ich war ebenso wie Omoi zwischen den Mädchen eingekeilt. Eine unvorteilhafte Position, weil Hana und Karin sich einen Spaß daraus machten, mich mit dem Essen zu füttern, das ich teuer bezahlen musste. Und da dieses Schicksal nicht abzuwenden war, langte ich ordentlich zu.
Omoi hingegen sah sich Karuis Redeschwall ausgesetzt, während Samui sich bemühte, Kirabi-sama ebenso zu servieren, wie es Nii-sensei und Mabui-san taten. Doch der große Shinobi aß und trank nur wenig, während er mit melancholischer Miene ins Leere starrte.
"Schmeckt es dir nicht, Kirabi-sama?", fragte ich. Das hätte mich wirklich gewundert, denn das Essen war großartig und mit sündhaft teuren Zutaten zubereitet.
"Was?" Sein Blick kam aus der Ferne zurück. Mit einem Lächeln quittierte er Samuis Geste, ihm einzuschenken. Dankbar ließ er sich seine Trinkschale füllen. "Oh, nein, das Essen ist gut. Aber ich bin mit meinen Gedanken ganz woanders. Erinnerst du dich noch an das Lied, das ich im Trainingsgelände über dich gemacht habe? Ich habe jetzt schon sechzehn Zeilen, und ich fürchte, es wird noch mehr."
Omoi stieß ein leises Lachen aus. "Ich habe es schon gehört, Mamo-chan. Das wird gut, richtig gut. Sensei, wenn du so weiter machst, werde ich noch das erste Mitglied in deinem Fanclub!"
"Hängst du immer noch dieser Sprechsingerei nach?", fragte A-sama ärgerlich.
Kirabi warf seinem älteren Bruder einen ebenso ärgerlichen Blick zu. "Du hast gesagt, ich kann tun und lassen, was nicht mit meiner Arbeit als Jounin kollidiert. Darf ich jetzt nicht einmal mehr reimen, wenn ich die Zeit dazu habe?"
"Vielleicht hast du einfach zu viel Zeit", brummte der Raikage mürrisch.
Das war keine gute Entwicklung. Abgesehen davon, dass sich A-sama und sein Bruder anschickten, auf meinem Abend ihre schmutzige Wäsche zu waschen. Das hätte zweifellos ein frühes Ende bedeutet und meine Finanzen geschont, aber ich konnte nicht über meinen Schatten springen. Schon gar nicht, wenn Menschen, die ich mochte, sich aus Unachtsamkeit gegenseitig verletzten.
"Hatte A-sama eigentlich nie Hobbies?", warf ich mit unschuldiger Miene ein und nippte an meinem Saft. Ein wichtiger Grund, erwachsen zu werden, fand ich. Dann durfte ich endlich mal ein Bier trinken, von dem die Erwachsenen alle so begeistert waren. Oder diesen Sake.
Kirabi lachte leise. "Oh, da gibt es ein Hobby, das hat sein Vater immer gehasst. Kannst du dir vorstellen, dass du hier am Tisch mit dem dreifachen Meister Kumogakures in der Kunst des Ikebanas sitzt?"
"In der Kunst des Blumensteckens?", fragte ich erstaunt. Nun, das war nicht gerade die männlichste aller Künste, aber zweifellos eine schwierige, anspruchsvolle und beachtenswerte. Die Chance, das mein Plan aufging, stand an dieser Stelle Halbe-Halbe.
Der Raikage sah seinen Bruder einen bangen Moment ernst an. Dann entrang sich seiner Kehle ein leises Kichern. "Oh, ich erinnere mich. Er hat immer befürchtet, ich würde deshalb zu sehr verweichlichen, oder den Weg des Shinobis verlassen. Gut, er war immer stolz auf mich, wenn ich wieder einen Preis gewann. Aber sicherheitshalber hat er mich anschließend beim Sparring durchgeprügelt, um zu prüfen, ob ich noch Mann genug war. Dabei habe ich ihm immer erklärt, dass das Blumen stecken für mich das Gleiche war wie für ihn Go-Steine legen. Wie das Ordnen der Truppen vor einer Schlacht. Ein fertiges Bild malen, das bereits in meinen Gedanken existiert." Er seufzte leise. "Heute komme ich kaum noch dazu, geschweige denn, dass ich an Wettkämpfen teilnehmen kann. Als Raikage ohnehin nicht." Er schüttelte unmerklich den Kopf. "Du bist ein kluger Kopf, Morikubo-kun."
Sicherheitshalber verzichtete ich darauf, zu antworten.
"Der Kleine hat ja Recht. Was rege ich mich über eine Sache auf, die dir etwas bedeutet und dir nicht schadet, Ototo? Eigensinnig warst du schon immer und wirst es auch bleiben, also was soll ich dich ändern? Jedenfalls solange du deine Pflichten erfüllst."
"Solange ich meine Pflichten erfülle?" Kirabi runzelte die Stirn. "Ich stehe ja wohl treu zu Kumogakure, und bin allzeit für die Stadt und ihre Shinobi da."
"Bis auf letzten August, nicht wahr? Oder letztes Jahr die Herbstmonate, die du ohne dich abzumelden im Land der heißen Quellen verbracht hast. Und darf ich dich am vorletztes Jahr im Frühjahr erinnern, als du uns in diese Glücksspielstadt zum Pachinko-Spielen und Roulette mitgenommen hast?", zählte Samui ohne Gnade auf.
"Musst du mir so in den Rücken fallen, Samui-chan? Nur weil ich ab und zu eine Auszeit vom Stress nehme, bin ich doch kein schlechter Shinobi."
Dazu schien der Raikage etwas zu sagen zu haben, und leider fiel mir diesmal nichts ein, womit ich die Situation noch retten konnte.
"Wieso sein Vater?", platzte es aus Karin heraus.
Erstaunt sah ich sie an. "Was?"
"Kirabi-sama hat das gesagt. Also der Vater von A-sama hat sein Ikebana gehasst. Das hat mich verwundert. Hast du nicht den gleichen Vater, Kirabi-sama?"
Erstaunt sah der Jounin sie an, bevor er verlegen eine Hand hinter den Kopf legte. "Ach, weißt du, Karin-chan, das ist eine eigene Geschichte. Natürlich haben wir nicht den gleichen Vater. Wir haben nicht einmal die gleiche Mutter. Aber A-sama bezeichnet mich schon so lange als seinen kleinen Bruder, und ich ihn als meinen großen, da vergisst man solche Details schon mal."
"Um es genauer zu sagen, trage ich den Ehrennamen A, weil ich der stärkste Shinobi Kumogakures bin. B bekam seinen Ehrennamen, weil er der Einzige war, der nicht nur mit mir mithalten konnte, sondern auch in der Lage war, mit mir ein Team zu bilden. Bevor ich meinen Vater beerbte und Raikage wurde, waren wir das stärkste Team der Stadt und eine sichere Bank der Jounin. Das machte uns zu einer Familie, Akimichi-kun. Du kennst das ja aus deiner eigenen Gruppe, oder? Die beiden müssen ja nach zwei Jahren schon wie Geschwister für dich sein."
"Und seitdem bin ich sein Bruder. Aber da wir jetzt eher selten dazu kommen gemeinsam zu kämpfen, muss ich seine Arbeit mit übernehmen und doppelt so viel leisten. Auch weil wir ausgerechnet den Raikage nicht riskieren können. Das sieht er allerdings anders", sagte Kirabi amüsiert und ließ sich von Samui Sake nachschenken.
"Meine Art ist es, von meinen Shinobi nur das zu fordern, was ich auch selbst bereit bin zu leisten. Deshalb stehe ich immer noch im Feld. So hat es auch der Vierte Hokage gehalten. Und so hält es auch der Dritte Hokage, der legendäre Professor."
"Risiken", tadelte Kirabi.
"Kalkulierbare Risiken, Ototo", erwiderte A-sama.
"Risiken sind nur vertretbar, wenn sie nicht mit Risiken verbunden sind. Vor allem für den Raikage", konterte Kirabi.
"Entweder kann das jetzt noch tagelang so weitergehen", sagte Nii-sensei seufzend, "oder wir können weiter essen."
Für einen Augenblick herrschte Stille, dann lachten Kirabi und A-sama zusammen auf.
"Recht hast du, Yugito-chan." "Weshalb sind wir sonst hier?"
Ich betrachtete die beiden, wie sie sich und der jungen Jounin verschmitzt zulächelten. "Sicher, dass Ihr keine Brüder seid?"
Der Raikage schnaubte anerkennend. "Du gefällst mir wirklich, Morikubo-kun."
"Ich hoffe, Sie versuchen jetzt nicht, ihn für Kumogakure abzuwerben, A-sama", warf Uzuki-sensei gespielt böse ein.
"Nein, damit warte ich, bis wir die Ergebnisse der Endrunde haben." Es folgte wieder ein Moment der Stille, und wieder lachten Kirabi und der Raikage. Die anderen Jounin fielen ein.
Na, wunderbar, hatten wir diese Klippe auch elegant umschifft. Der Rest sollte ein angenehmer, ruhiger, wenngleich sauteurer Abend werden. Dachte ich zumindest.

Als die Tür hinter mir aufglitt, ahnte ich, dass der weitere Verlauf des Essens nicht den Weg nehmen würde, an den ich gedacht hatte. "Entschuldigen Sie die Störung", sagte unser Kellner von der Tür aus, "aber hier sind zwei Personen, die Uzuki-san und die Abordnung aus Konoha treffen möchten."
Ich spürte sofort die Anspannung am Tisch steigen. Kirabi-sama spannte seine Muskeln an, der Raikage wechselte seinen Gesichtsausdruck von Amüsement zu ärgerlicher Vorsicht. Omoi und die Mädchen hatten auch begriffen. Ich spürte von ihnen, wie sie Chakra schmiedeten. Nur Uzuki-sensei blieb unbeeindruckt. Sie erhob sich. "Einen Augenblick. Ich komme."
Die Miene des Raikages entspannte sich. "Aber nicht doch, Uzuki-kun. Bitten Sie Ihre Gäste herein. Das heißt, wenn es dem Gastgeber Recht ist."
Ich verschluckte mich fast beim Gedanken, dass ich den Wunsch des Raikages erlauben musste. "Natürlich", sagte ich hastig. "Bitte sie herein, Uzuki-sensei."
Die ANBU nickte dankbar und ging zur Tür. Dort stand sie einige Minuten, wechselte ein paar Worte mit jemandem, von dem ich nur die Stimmen hörte, aber kein Wort verstand. Schließlich trat Uzuki-sensei beiseite und ließ einen groß gewachsenen bärtigen Mann herein. In seinem rechten Mundwinkel steckte eine Zigarette, die aber nicht angezündet war. Er winkte fröhlich in die Runde, bevor er sich respektvoll vor dem Raikage und Kirabi-sama verbeugte. Dann sah er uns Konoha-Nins wohlwollend an. "Also habt Ihr alle drei es geschafft. Respekt, Respekt."
"Sarutobi-sensei." Asuma Sarutobi war Jounin, ein Sohn des dritten Hokages und einer der besten Krieger Konohas, nicht zuletzt wegen seiner Agilität und der Wind-Affinität. Ich hatte ihn noch nie im Training oder gar im Kampf gesehen, aber der Mann war ein kleines Wunder, hatte er doch seine Prüfung zum Ninja schon mit neun abgelegt und war mit zwölf Chunin geworden. Zwei Jahre eher, als ich zur ersten Prüfung angetreten war. Er war ein Ausnahme-Ninja, und das nicht nur wegen der seltenen Wind-Affinität. Ich hingegen musste mich mit dem Feuer-Element zufrieden geben, das sehr viel häufiger vorkam... Na, Schwamm drüber. Anstatt Neid zu entwickeln hatte ich meine Kraft darauf richten müssen, in meinem Element einfach besser zu werden und schwerere Jutsu beherrschen zu lernen. "Sensei, setz dich doch!", sagte ich hastig, sprang auf und besorgte ein weiteren Sitzkissen für ihn. Ich machte zwei draus, denn unser Kellner hatte im Plural gesprochen.
"Danke, Morikubo-kun." Er nahm Platz und ließ sich von mir eine Schale mit Sake befüllen. "Du erwartest einen weiteren Gast?"
Ich lächelte ironisch. "Unser Kellner sprach von zwei Personen, Sensei."
"Immerhin." Ich verstand damals nicht, was er sagen wollte, und auch jetzt kann ich nur versuchen zu interpretieren, was er damit meinte. Aber ich bin mir sicher, er war mit mir zufrieden.
"Guten Abend", klang nun eine Frauenstimme hinter mir auf. Ich fuhr hoch und entdeckte den nächsten Jounin. Yuuhi Kurenai trat lächelnd ein, und ließ sich von mir, nach der obligatorischen Verbeugung vor dem Raikage und Kirabi-sama, auf das zweite Sitzkissen geleiten.
"Danke, Mamoru-kun", sagte sie, während ich auch ihr eine Schale mit Sake einschenkte. Dann verließ ich die beiden wieder, um auf meinen Platz zu gehen. Auch ohne, das ich etwas sagen musste, würden sich Karui und Karin der Beiden annehmen, wenn es darum ging, die Trinkschalen wieder zu befüllen. Zumindest hoffte ich das.
"Sarutobi-kun." Der Raikage nickte Asuma freundlich zu. "Kurenai-kun." Auch sie bekam ihr Quent an Aufmerksamkeit des Raikages. "Ihr seid die Konoha-Delegation." Er fragte nicht, er stellte fest.
Sarutobi-sensei nickte fröhlich. "Allerdings. Und wir sind hoch erfreut, dass wir überhaupt kommen konnten, weil es unser einziges Team ins Finale geschafft hat. Alle drei." Wieder war da dieser Stolz in seinem Blick.
Es war natürlich nicht schwer zu verstehen. Wenn das Chunin-Examen nicht in der eigenen Stadt stattfand, machte es wenig Sinn, die Bewertung anderer Jounin zu nutzen, um zu entscheiden, welche eigenen Shinobi nun Chunin werden sollten. Natürlich würden alle beteiligten Dörfer ihre Fachleute entsenden und die Einzelkämpfe beurteilen. Auf dieser Grundlage würden die Kages und anderen Dorfführer ihre Entscheidungen fällen. Ich hätte damit rechnen müssen, dass der Hokage nicht einfach irgendwen entsandte, sondern Jounin, die Ahnung davon hatten, was sie sahen. Sarutobi-sama galt als großartiger Taijutsu-Nutzer, beherrschte aber auch ein subtiles Ninjutsu. Er würde vor allem mich und Karin-chan beurteilen. Kurenai-sama hingegen beherrschte ein besonders starkes Genjutsu. Es war offensichtlich, dass sie Hana-chan beurteilen würde.
Wir murmelten unseren Dank. Er fiel bei mir wohl etwas spärlich aus, denn das Eintreffen der beiden machte mich etwas nachdenklich und rückte das Finale wieder in mein Bewusstsein. War ich gut genug? Würde ich mich zumindest nicht blamieren? Musste ich gegen einen Genjutsu-Nutzer antreten, womöglich gegen Hanako?
"Was?", fragte ich verwirrt, als ich zwar Asumas Stimme hörte, aber die Worte nicht verstand.
"Ich habe gefragt, warum du diese Feier finanzieren musst, Mamoru-kun." Asuma grinste mich breit an. "Yugao-kun sagte, es wäre spaßiger, dich direkt zu fragen."
Ich warf Sensei einen schnellen Seitenblick zu. Hätte ich es besser nicht getan. Ihr Grinsen war nicht nur sehr undamenhaft und erwartungsvoll, es hatte auch eine sadistische Note. Auch das war Teil meiner Strafe. Mist.
Ich warf einen schnellen Blick zu Nii-sensei herüber, die errötete. Dann Samui-chan und Karui-chan. Die eine blieb verschlossen, die andere hatte erschrocken die Augen aufgerissen.
"Das hier ist meine Strafe, Asuma-sama", sagte ich gedehnt. Dadurch, dass der alte Hokage mich im Beschwörungsgewerbe trainierte, war ich in seiner engeren Familie bekannt. Sarutobi-sensei hatte mir in einem Anflug von Übermut angeboten, ihn beim Vornamen zu rufen. Seither tat ich das auch, allerdings sehr vorsichtig und in Maßen.
"Deine Strafe für was, Mamoru-kun?", fragte Kurenai-sensei interessiert.
Ich schluckte hart. "Dafür, das ich im Frauenbad war."
"Du warst WAS?", rief sie erschrocken und wäre beinahe aufgesprungen. "Ich meine, ausgerechnet DU?"
"Wie, ausgerechnet ich?", fragte ich verwirrt.
"Das sollte wohl besser ich erklären", sagte Sarutobi-sensei mit mühsam beherrschter Stimme. "In unseren Kreisen sieht man es... Etwas problematisch, dass du mit zwei Mädchen in einem Team bist, und dass du an keiner der beiden irgendein Interesse zeigst." Er blinzelte leicht. "Man... vermutet, dass du ein Spätentwickler bist, und dass Hayate-kun dann mit dir vor einem Dilemma steht. Oder man vermutet, dass du... Aber das gehört hier nicht her."
"Spätentwickler?" Ich mochte das Wort vom ersten Moment an nicht.
"Ich erkläre dir das alles in Ruhe. Später, vielleicht morgen. Jetzt erkläre mir erst mal, wie du ins Frauenbad gekommen bist. Und was du da gesucht hast."

Etwa zehn Minuten später lachte Asuma so sehr, dass er sich den Bauch halten musste. Die anwesenden Frauen, Uzuki-sensei ausgenommen, waren rot bis unter die Ohren geworden. Er bedachte Omoi mit einem sachlichen Blick, dann hielt er sich wieder den Bauch und lachte weiter.
"Und?", fragte er schließlich unter Tränen, "hast du wenigstens was gelernt, Mamoru-kun?"
Automatisch griff ich mir an die linke Wange. "Forscherdrang kann manchmal ganz schön wehtun, Asuma-sama."
Das brachte ihn wieder zum Lachen.
"Asuma!", sagte Kurenai-sensei empört.
Der große Ninja lachte noch einmal schnaubend und brummte dann eine Entschuldigung. "Hast du noch eine Erfahrung aus der Geschichte gezogen, Mamoru-kun?"
"Ja. Mich nicht erwischen zu lassen. Erwischt werden ist teuer. In vielerlei Hinsicht."
Erneut lachte Sarutobi-sensei so sehr, dass er mit der Rechten auf den Tisch klopfte. "Oh, wenn ich das Vater erzähle. Ich kann nicht mehr. So jung und schon so dreist. Und so erfolgreich!"
Bei den letzten drei Worten senkten Nii-sensei und Omois Teampartnerinnen die Köpfe.
Er räusperte sich erneut und murmelte eine weitere Entschuldigung. "Nun gut, genug davon. Hast du denn genügend Geld mit? Ich meine, du musst jetzt ja noch zwei weitere Personen durchfüttern, nachdem du uns eingeladen hast. Wenn nicht, kann ich dir was leihen."
"Oh, Asuma-kun, auch die Bezahlung dieses Festmahls ist Teil seiner Strafe", sagte Uzuki-sensei mit dem Lächeln eines Raubtiers. "Ich habe mir da einiges ausgedacht, um ihm einzubläuen, dass das Glück auch seinen Preis hat."
"Okay, jetzt bin ich interessiert." Er beugte sich in ihre Richtung, und ich seufzte. Hätte Sensei zugelassen, dass Sarutobi-sensei mir ausgeholfen hätte, wäre ich bis nach dem Finale aus dem Schneider gewesen. Aber ihre Lektion, die sie mir demonstrieren wollte, war ihr sehr, sehr wichtig. Auch das sollte ich erst später verstehen, ebenso ihre Motive und ihre Methode.
Ein altes Sprichwort sagte: Die Belohnung für eine gut gemachte Aufgabe ist eine noch schwerere Aufgabe. Oh, es hatte Recht, so unglaublich Recht.
"Es gibt einiges zu tun in Kumogakure", sagte Sensei, und zählte ein paar der Dinge auf, die ich in den nächsten Tagen erledigen würde.
Die Miene Sarutobis hellte sich merklich auf. Wieder zeigte sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. "Nicht schlecht, Yugao-san. Nicht schlecht."
"Ich finde, er sollte das Frauenbad nicht schrubben!", sagte Kurenai-sensei heftig. "Was da alles passieren kann! Und es ist ja auch schon einiges da passiert."
"Er schrubbt es ja nicht, wenn Betrieb ist", wiegelte Uzuki-sensei ab. "Außerdem, wenn er Kraft dafür hat, wieder Frauen im Bad zu beobachten, habe ich ihn nicht hart genug ran genommen."
Das quittierten die anderen Jounin und der Raikage mit Gelächter. Und ich wusste, die nächsten Tage würden verdammt schwer werden. Auf einer Skala von eins bis zehn sicher dreizehn oder vierzehn. Mist.
***
Später, als man die Genin schon zurück in ihre Quartiere geschickt hatte, saßen die Jounin und der Raikage noch zusammen.
Diesen Teil des Abends würden sie Mamoru nicht aufbürden, und auch einige andere Dinge nicht. Erfahren würde er es freilich nie. Es sollte schließlich eine lehrreiche Lektion bleiben.
Bei einer weiteren Flasche Reiswein entsponn sich ein intensiver Austausch an Informationen und Gedanken.
Der Raikage musterte die Jounin Konohas nachdenklich. "Dieser Orochimaru. Wenn Konoha ihn nicht endlich eliminiert, wird es für diesen Fehler noch teuer bezahlen."
Kurenai machte eine abwehrende Handbewegung. "Er ist schwierig zu erfassen. Um nicht zu sagen, er kann nicht gefunden werden, wenn er es nicht will. Außerdem hat er noch immer Helfer und Informanten in Konoha selbst. Wir wissen nicht, wie er diese Leute rekrutiert, aber er tut es. Und da ist immer noch der Fakt, dass er ein Sannin ist. Einer der drei legendären Shinobis Konohas."
A-sama strich sich nachdenklich über seinen Bart. "Dann sollten zumindest die anderen beiden Sannin nach Konoha zurückkehren. Wenn es jemanden gibt, der ihm Paroli bieten kann, dann doch sicher sie." Er überdachte seine Worte einen Moment lang. "Nein, das ist keine gute Idee. Einen ehemaligen Team-Kameraden zu töten fällt selbst den abgebrühtesten Shinobi schwer. Orochimaru hingegen dürfte alle Hemmungen über Bord geworfen haben. Ein unfairer Gegner, der was sucht? Die Unsterblichkeit?" Der Raikage schlug ärgerlich auf den Tisch. "Unsterblichkeit, was für ein Quatsch! Er sollte sich auf Unverwundbarkeit konzentrieren!"
"Das macht er dann sicher als Nächstes", brummte Asuma und trank seine Schale leer.
"Wir werden jedenfalls die Augen offen halten", fügte Kirabi-sama hinzu. "Eine Bedrohung wie Orochimaru ist auch eine Last für uns."
Asuma senkte das Haupt zu einem dankbaren Nicken. "Das wäre Konoha sehr Recht." Er sah in die Runde. "Und wenn ich gerade mit den beiden Jinchuriki Kumogakures an einem Tisch sitze, würde ich gerne über unseren Jinchuriki berichten."
Der Raikage ließ ein mürrisches Brummen erklingen. "Ist der Neunschwänzige noch immer im Körper eines Kindes eingesperrt, das nicht einmal ansatzweise Talent für einen Ninja aufweist?"
Als eines der wichtigsten Geheimnisse Konohas so offen vor ihm ausgeplaudert wurde, zeigte Asuma Nerven. Seine rechte Augenbraue zuckte bedrohlich. "Noch immer", bestätigte er schließlich. "Aber das mit der Eignung steht noch nicht fest. Einer unserer besten Jounin wird sich seiner annehmen, wenn es soweit ist."
"Du also, Asuma-kun", stellte der Raikage fest. "Eventuell auch Yugao-chan."
Sie lächelte bei diesen Worten leicht. "Ich fühle mich als ANBU wohl. Diese kleine Reise mit Mamo-chan und den Mädchen ist zwar eine nette Abwechslung, aber gewiss nichts, wofür ich meine Karriere unterbreche."
"Bleibt noch Guy-kun."
Kirabi beugte sich leicht vor. "Das weiße Biest ist auch noch da."
"Wer? Ach, Hatake-san." Nachdenklich kraulte sich der Raikage den Bart. "Nein, unwahrscheinlich. Er hat in zehn Jahren als Jounin noch nicht eine einzige Gruppe übernommen. Er gilt als einzelgängerisch, wortkarg und übertrieben ernst. Er müsste schon die neuen Sannin bekommen, damit er überhaupt Interesse daran entwickelt, ein Team Genin zu führen."
"Danach sieht es nicht gerade aus", sagte Asuma seufzend. "Wir hatten schon lange keinen Ninja mehr, der vor der regulären Zeit ein Shinobi geworden ist. Ich weiß, das ist kein Kriterium für den weiteren Lebensweg, aber meistens zeigt es ein Ausnahmetalent an."
"So wie bei dir, Asuma-kun? Mit neun graduiert ist ein deutliches Zeichen für ein Ausnahmetalent", sagte der Raikage.
Er lachte. "Nun, was soll ich sagen? Da herrscht ein gewisser Druck in der Familie. Man erwartet einiges von dem Nachkömmling eines Hokages. Ich hoffe nur, bei meinem Neffen wird man keine so übertriebenen Erwartungen haben. Oder ihn ins Ninja-Handwerk drängen, so wie mich."
"Ach. Wolltest du nie Ninja werden?", staunte A-sama.
"Ich habe mich immer sehr für Floristik interessiert", erwiderte Sarutobi-sensei mit todernster Miene.
Kurenai schlug ihn tadelnd auf die Schulter. "Asuma, hör auf, den Raikage hoch zu nehmen."
"Schon gut, schon gut. Aber es würde mich wirklich freuen, wenn Konohamaru werden könnte, was immer er wollte. Wenn er sein Glück darin sieht, Ninja zu werden, dann soll er es tun. Aber wenn er etwas anderes werden will, meinetwegen Journalist, wäre es schön, wenn man ihn ließe."
"Ist Konohamaru-kun Träger des Biju?", fragte der Raikage unvermittelt.
Die Mienen der Konoha-Jounin versteinerten.
"Den Versuch war es wert", lachte A-sama.
"Er ist zu jung, um es sein zu können", sagte Asuma unvermittelt.
"Asuma!", klang Kurenais Stimme scharf auf.
Der große Shinobi winkte ab. "Es ist kein Geheimnis, und ich will Konohamaru nicht gefährden, weil ich ein unwichtiges Detail nicht verraten will. Er ist es nicht, Raikage-sama."
Der Raikage musterte ihn lange und nickte schließlich. "Mabui-kun, korrigiere morgen unsere Liste über den Neunschwänzigen und streiche Konohamaru."
Die Sekretärin des Raikages nickte bestätigend.
Asuma atmete erleichtert auf. Genauso gut hätte es der Raikage als Bluff interpretieren können. Dann wäre Konohamaru erst Recht ins Visier der zweifellos vorhandenen Spione Kumogakures in Konoha geraten.
"Und Ihr habt ihn unter Kontrolle, euren Jinchuriki?", fragte Kirabi-sama. "Ich meine damit nicht, ob Ihr ihn eingesperrt habt. Ich möchte wissen, ob es ihm gut geht, ob er gut eingebunden ist in Konohas Strukturen."
"Es ist... schwierig", gestand Asuma. "Er steht unter dem Schutz meines Vaters, aber... Auf ihn ist viel Unverständnis und Ärger der Älteren gerichtet, sicher auch Hass."
Die Miene Kirabis verfinsterte sich. "Und ich bin sicher, er hat nichts davon verdient."
"Oh, er ist ein kleiner Satansbraten. Aber... Wir können nicht mehr tun als ihn zu beschützen. Noch mehr Protektion von den Sarutobis würde ihn isolieren. Richtig isolieren. Wir haben kein Patent für ihn, aber wir wären froh, wenn wir es hätten."
"Und wenn er einfach nur ein Freund der Sarutobis wäre? Würde das nicht genügen?"
"Es gibt keinen in meiner Familie in seinem Alter." Asuma seufzte. "Ich fürchte, wir müssen die Dinge laufen lassen und ihn seine Freunde selbst finden lassen. Auch wenn mir die Bigotterie einiger meiner Leute mehr als auf die Nerven geht."
"Du hast dir einige Gedanken über euren Jinchuriki gemacht", stellte der Raikage fest. "Es freut mich zu hören, dass es jemanden in Konoha gibt, der sich Sorgen um ihn macht. Ich weiß aus erster Hand, wie schwierig das Verhältnis zu einem Jinchuriki sein kann, mit wie viel Angst und Hass man konfrontiert wird." Er sah seinen Bruder an. "Und wie sehr es sich lohnt, die eigenen Vorteile zu überwinden, den Schatten zu überspringen und das Risiko einzugehen, voran zu schreiten."
"Auch, wenn wir Zeit dafür brauchten", erwiderte Kirabi mit einem leichten Lächeln.
Nii-sensei nickte beifällig. Auch sie konnte mehr als genug zu diesem Thema sagen. Die in Menschen versiegelten Biju waren mächtige Waffen, aber auch mächtige Bedrohungen, die Tod und Vernichtung gesäht hatten. Viele Menschen übertrugen ihre Ängste und ihren Hass nur zu gerne auf jene Menschen, in denen die Monstren versiegelt worden waren. Das war ungerecht, hetzerisch und naiv, aber letztendlich konnten die Biju jederzeit ausbrechen und unglaubliche Schrecken anrichten. Auch das war unfair, aber kaum zu vermeiden.
"Er wird seinen Weg gehen", stellte Asuma fest. "Und er beginnt gerade erst."
Der Raikage hob seine Schale. "Dann lasst uns trinken auf unsere jungen Leute, die wir in eine Welt entlassen, die wir geschaffen haben. Sie ist nicht perfekt, sie bietet Gefahren, sie ist an manchen Stellen hässlich, aber es ist die Welt, die unsere jungen Leute neu formen werden."
Auch die anderen hoben ihre Schalen. "Dachtest du dabei an jemand bestimmten, A-sama?", fragte Asuma lächelnd.
"Nun, fürs Erste meine ich sie alle. Aber es schadet bestimmt nicht, mit einem Auge auf Morikubo-kun zu schauen, wie er die Welt ein klein wenig seinen Wünschen anpasst."
Leises Gelächter klang am Tisch auf, dann prosteten sie sich zu und tranken. Die nächsten Tage versprachen interessant zu werden.
***
Manchmal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Manchmal in meinem Leben hatte ich auch das Gefühl, nach Strich und Faden verarscht zu werden. Als Asuma im Laufe der letzten Woche vor dem Finale verkündete, er wolle sich mein Training ansehen, hatte ich schon gedacht, die Zeit der Mini-Aufträge wäre für mich vorbei. Stattdessen ging er mit mir auf all die kleinen Aufträge. Beobachtete mich beim Kinderhüten. Dabei, wie ich eine Klasse junger Shinobi unterrichtete. Wie ich Waren von A nach B brachte. Botengänge erledigte. Und vieles mehr.
Und er begleitete mich tatsächlich auch auf diesem Gang, den wöchentlichen Geldboten für die Tantei-Handelsorganisation zu eskortieren. Der Bote selbst, Mappi-san, hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt, ausgerechnet einen Jounin in seiner Begleitung zu haben. Nicht, dass ich ihm nicht auch gereicht hätte. Sagte er zumindest. Und so stieg ich also mit dem Boten aus der Stadt Kumo hinab ins Tal, und Asuma folgte mal hinter mir, mal ging er voran, so wie seine Laune es ihm vorschrieb.
Er hatte sich schnell beliebt gemacht. Die Leute, die mich für meine Missionen durchfütterten hatten absolut kein Problem gehabt, den lustigen, sympathischen Riesen mitzufüttern. Vielleicht war das der wahre Grund, warum er mitkam. Vielleicht auch nicht.
Auf jeden Fall gingen wir die gut verdichtete Bergstraße schnell hinab. Ich ein wenig schneller als Asuma, weil ich mich an die dünne Luft bereits gewöhnt hatte, während der Jounin erst ein paar Tage hier war. Tatsächlich machte ich diese Wanderung alle zwei bis drei Tage, je nach Auftragslage, und hatte mich längst angepasst. Es war wohl auch für meine Kondition nicht so verkehrt. Ich hielt wesentlich länger gegen P-Chan durch, wenn ich ehrlich war.
Und Asuma als starker Raucher... Na, Schwamm drüber. Er hielt mit, und mehr verlangte ich nicht von ihm.
Wahrscheinlich begleitete er mich, weil das bereits Teil des Tests der Chunin-Prüfung war. Dann blieben Uzuki-sensei und Kurenai-sensei für die Mädchen. Mit ein wenig Logik machte das auch Sinn.

"Raucherpause", klang Asumas Stimme hinter mir auf.
Ich verdrehte resignierend die Augen. Nicht schon wieder. Außerdem, die Luft war für ihn schon so dünn, und er verschlechterte seine Atmung absichtlich darüber hinaus mit Zigaretten? In Mappi-san hatte er dabei einen willigen Verbündeten, denn der drahtige kleine Mann nutzte die Gelegenheit, um sich wieder mal eine Zigarette von Asuma zu schnorren. Damit war ich überstimmt und musste warten, bis die lachenden und scherzenden Männer den Rest ihrer abgebrannten Glimmstengel unter ihren Füßen zertraten, und wir weiter gehen konnten. Das machte die eintönige Mission nicht gerade erträglicher, geschweige denn kürzer.
Da hockten sie also am Boden, die Kippen im Mundwinkel, und erzählten sich gegenseitig witzige Episoden ihrer Leben. Mit halbem Ohr hörte ich hin, denn bei Asuma konnte man nie sicher sein, ob man nicht was lernen konnte. Der Rest meiner Aufmerksamkeit aber war auf meine Umgebung gerichtet. Okay, wir waren in Freundesland. Okay, nur Verrückte legten sich mit einem offiziellen Geldboten Kumos an. Und okay, nur vollkommen durchgeknallte Schurken würden es ernsthaft versuchen, sich auf einen Händel mit einem Shinobi einzulassen. Unmöglich war das freilich nicht. Außerdem war es mein Job, wachsam zu sein. Und auch wenn mich die ersten beiden Jobs des Tages so viel Kraft gekostet hatten, das ich beinahe im Stehen eingeschlafen wäre - die Blöße zu versagen gab ich mir freilich nicht.

Als irgendwo hinter mir ein dumpfer Laut erklang, registrierte ich ihn erst nicht. Aber automatisch griff ich nach einem Kunai. Das war ein vollkommen automatisierter Vorgang, der sich über die Monate und Jahre eingespielt hatte. Fühlte ich mich bedroht, oder passierte etwas, was nicht ins Szenario passte, ergriff ich meine Waffe.
Erst als ich das schwere Messer in Händen hielt, registrierte ich das Geräusch. Und als ich aufsah, kam auch Asuma aus der Hocke hoch.
Ich winkte ab. "Bleibe bitte bei Mappi-san, Asuma-sama. Ich schau mir das mal an."
"Sei vorsichtig. Nicht, dass hier so nahe an Kumo etwas passieren kann, aber..."
Irrte ich mich, oder troff seine Stimme vor Ironie?
Ich huschte, das Kunai abwehrend vor mich gehalten, in das kleine Bergwäldchen neben der Straße. Es war recht licht und weit, und so sah ich auch schon bald, was das Geräusch verursachte. Ehrlich gesagt erschrak es mich so sehr, dass ich minutenlang konsterniert stehen blieb und die Szene nur musterte. Ranko-sensei stand inmitten eines Haufens bewusstloser Kumo-Shinobi, die mehr oder weniger lädiert, aber hoffentlich noch am Leben waren. Den Letzten hielt sie mit der linken Hand einen halben Meter in der Luft, und mit der Rechten arrangierte sie sein Gesicht um. Junge, Junge, die mussten Ranko-sama ganz schön angepisst haben, um ihre Intensivbehandlung zu bekommen. Normalerweise gab sie sich damit zufrieden, einen Gegner nur zu zerstören. War sie sauer, so wie in diesem Fall, sorgte sie dafür, dass der Angreifer die Lektion nie wieder vergaß - wenn sie ihn überhaupt leben ließ. Und Sensei war wirklich mächtig sauer.
"Dass... du... mir... das... nie... wieder... tust!", zischte sie ärgerlich, jedes Wort von einem Schlag begleitet. Doch der Shinobi reagierte nicht mehr, und hing halb besinnungslos in ihrem Griff.
Wäre sein Gesicht nicht bereits grün und blau angeschwollen, hätte man es für eine Szene aus einer Komödie halten können. Dennoch, Sensei war gnädig gewesen und hatte keinen der sieben Idioten getötet. Da konnte ich mich nur fragen, womit sie Sensei derart verärgert hatten.
"Ranko-sama!", rief ich.
Die Affenkriegerin sah verdutzt zu mir herüber. "Mamo-chan?" Zuerst versuchte sie, den lädierten Ninja hinter ihrem Rücken zu verbergen. Das gelang nicht, also ließ sie ihn einfach fallen.
"Ahaha. Ahahaha. Du bist schon hier? Ich dachte, du würdest frühestens in einer halben Stunde vorbei kommen."
Bei den vielen Raucherpausen von Asuma und Mappi wäre das sicher kein Problem gewesen. Wir waren hintenan. "Ich habe mich beeilt." Mit Nachdruck deutete ich auf die Kumo-Nins. "Was ist passiert, Sensei?"
"Das willst du nicht wissen, Mamo-chan. Es reicht, wenn ich dir sage, dass ich die Lage im Griff habe."
Vorsichtig nickte ich. Ich kannte ihr aufbrausendes Temperament, und ich wusste, dass ein falsches Wort schreckliche Konsequenzen haben würde. Wenn Sensei nicht darüber reden wollte, was hier geschehen war, dann würde sie nicht darüber reden. Nicht einmal unter Folter würde ihr etwa zu entlocken sein. Obwohl, das mussten ganz besonders mutige Foltermeister sein. Und die brauchten vorher eine mutige Division Jounin, die überhaupt erst versuchte, sie einzufangen.
"Was tust du hier, Sensei? Ich habe dich ewig nicht mehr gesehen und dachte, du wärst auf dem Affenberg. Aber dann hat Perine gesagt, du seist gar nicht Zuhause. Und Ranma-sensei hat auch nichts gesagt! Warum bist du noch in Kumogakure?"
Sie schlug sich die Hände sauber und kam langsam auf mich zu. "Ah, hatte ich ja fast vergessen. Du hast ja meinen nutzlosen Zwilling beschworen. Wundert mich, dass dir der Tagträumer eine Hilfe gewesen ist."
Ich schluckte hart. Zweifellos würde jetzt ein Tadel wegen dieser Beschwörung folgen - oder Schlimmeres.
Sensei trat an mich heran. Sie maß mit der flachen Hand meine Körpergröße und verglich sie mit ihrer eigenen. "Noch zwei Jahre, und wir können uns in die Augen schauen, Mamo-chan." Die Wärme, ja die Sanftheit in ihrer Stimme irritierte mich. Ich spürte, wie meine Rechte mit dem Kunai zu zittern begann. Wie würde sie mich bestrafen? Würde ich anschließend auch so aussehen wie die armen Kumo-Nins, die sie so mächtig angepisst hatten? Ich präparierte mich mental für das Schlimmste.
Übergangslos steckte ich in ihrer Umarmung, wie damals im Onsen-Gasthaus. "Mein großer tapferer Shinobi. Ranma beschworen zu haben war eine große Leistung. Und das mit deiner Verletzung. Du wirst immer besser. Vielleicht sogar noch besser als ich." Sie schüttelte bei der Absurdität ihrer eigenen Worte vehement den Kopf. "Okay, vielleicht besser als Ranma."
Sensei stand zwar als Affe vor mich, aber sie hielt meinen Kopf gegen ihren Brustkorb gedrückt. Und Sensei hatte nach menschlicher Art eine ziemliche Oberweite. Eine weiche Oberweite, um genau zu sein. Die Episode aus dem Frauenbad fiel mir wieder ein. Was, wenn jemand Sensei darüber informierte? Was, wenn ihr bewusst wurde, dass ich auf dem Wege war, ein Mann zu werden? Würde sie mich dann für ihre Unachtsamkeit bestrafen? Immerhin ruhte mein Gesicht auf ihrem Busenansatz, und den Pelz würde sie als Ausrede nicht gelten lassen, dessen war ich mir sicher.
"Mir reicht eigentlich schon P-chan", sagte ich hastig.
"Oh, das habe ich mitbekommen. Auch keine schlechte Leistung. Du kannst sie mittlerweile gezielt beschwören. Dazu gehört eine Menge. Aber untersteh dich, Enma zu beschwören. Wenn du ihn störst, und es ist nicht wichtig, kann das Ärger bedeuten. Und ich meine keinen Ranko-Ärger, sondern das Dreifache, Mamo-chan."
"Ich werde ja wohl kaum in der Lage sein, ausgerechnet Enma O zu beschwören", widersprach ich trotzig.
Sensei seufzte und löste sich von mir. "Ich kenne da einen kleinen Jungen in Konoha, der will unbedingt Hokage werden. Er plustert sich auf, redet sich ein, sehr viel besser zu sein als er wirklich ist, und hält sich schon jetzt für nahezu unbesiegbar. Was machst du hingegen, Mamo-chan? Das genaue Gegenteil." Sie runzelte die Stirn. "Mamo-chan, wenn ich dir sage, dass du gar nicht schlecht bist, würdest du mir das glauben?"
Okay, diese Option bestand. Bei aller Selbstkritik merkte ich selbst, dass ich zugelegt hatte. "Ja, schon."
Sie seufzte erleichtert. "Das ist ja immerhin etwas." Sie führte Fingerzeichen für ihre Verwandlung aus, und für einen Moment glaubte ich, sie würde sich in den kleinen Affen verwandeln und wieder auf meiner Schulter mitreiten. Stattdessen verwandelte sie sich in eine Menschenfrau, welche die Kleidung eines Kumo-Ninjas trug. "Niemand verlangt von dir, der nächste Hokage zu werden. Oder eines Tages die Armeen Konohas in die Schlacht zu führen. Aber wir schauen alle mit Wohlwollen auf dich als viel versprechendes Talent. Und die Affen mögen dich alle, Mamo-chan. Du sollst so weit kommen, wie du aus eigener Kraft schaffst. Mehr verlangt niemand von dir. Aber es verlangt auch niemand weniger von dir, verstehst du?"
"Aha. Das bedeutet, Ihr habt mir ein Ziel gesteckt, das Ihr mir nicht verratet. Und wenn ich es nicht erreiche, gibt es Ärger."
"So in etwa", erwiderte sie grinsend.

"Mamoru-kun! Wie lange willst du denn weg bleiben?", klang Asumas Stimme auf. "Wir wollen langsam auch mal ins Tal kommen!"
"Das sagt der Richtige", sagte ich leidlich amüsiert. "Ich komme, Asuma-sama!"
Ich sah Sensei an. "Willst du mitkommen? Oder warum bist du hier draußen und verdrischst harmlose Kumo-Ninjas?"
"Harmlose?" Sie stockte. "Ich komme mit. Ich bin hier ohnehin fertig. A-sama hatte mich um ein paar Dinge gebeten, die ich erledigen soll, dies war eine davon. Außerdem habe ich noch ein paar weitere Interessen in der Stadt. Es gibt ein paar mögliche Kontraktpartner in Kumogakure, die ich unter die Lupe nehmen möchte." Sie zuckte mit den Schultern. "Es war ein anstrengender Monat, Mamo-chan."
Keine sehr detaillierte Auskunft. Da es mir allerdings unmöglich war, Sensei dazu zu zwingen, ausführlicher zu werden, beließ ich es dabei. "Affenclan-Geschäfte, also."
"So kannst du das nennen."
Während wir zur Straße zurück gingen, knuffte sie mir gespielt gegen mein Kinn. "Und, bist du schon aufgeregt? Das Finale ist in drei Tagen."
"Ich wäre ruhiger, wenn Uzuki-sensei mich hätte trainieren lassen, anstatt mich durch einen Haufen Mini-Jobs zu hetzen."
Ranko-sama schnaubte leise. "Ach so. Jedenfalls will ich mir deinen Kampf ansehen, Mamo-chan. Noch ein Grund, warum ich noch nicht zurückgekehrt bin."
Wir traten aus dem Wald hervor, und es irritierte mich erheblich, dass Asuma nicht überrascht war, Ranko zu sehen. Was mich noch viel mehr irritierte war aber Mappi-san. Er winkte ihr so vollkommen ungezwungen zu, so als würden sie einander schon eine lange Zeit kennen.
Mir brannte eine entsprechende Frage auf der Zunge, aber bei Sensei konnte man nicht sicher sein, ob man sie stellen durfte. Also schluckte ich und hielt die Klappe.
"So, und jetzt wollen wir uns mal ein bisschen beeilen, damit du deinen nächsten Auftraggeber nicht warten lassen musst, Mamoru-kun", sagte Asuma grinsend.
Oh, ich war neugierig, andererseits aber auch nicht lebensmüde.


7.
Finale des Chunin-Examens

Alle waren nervös. Warum auch nicht? Im Finale wurde schließlich auf Leben und Tod gekämpft, und es lag alleine in der Gnade oder in den Fähigkeiten des Siegers, ob er seinen Gegner leben ließ oder nicht.
Auch wenn sie es nicht zugegeben hätte, Karin hatte Angst. Wahrscheinlich hatten Hana-chan und Mamo-chan auch Angst, aber Mamoru war zu sehr damit beschäftigt, seine schmerzenden Muskeln zu dehnen, und Hana quatschte gerade munter mit Lian, der Suna-Kunoichi. Sie selbst stand mehr als verlegen im Warteraum herum. Niemand kümmerte sich um sie. Nicht, dass sie jetzt dringend Zuneigung gebraucht hätte, oder so. Aber es wäre beruhigend gewesen, wenn sich doch jemand... Wenn sich Mamo-chan...
"Puki?", klang es vor ihr auf. Ranko-chan hockte dort vor ihr und sah sie fragend an.
"Es... Es ist nichts", sagte sie, und fühlte sich gleich töricht dafür, sich vor einem Affen zu rechtfertigen. Das kleine Äffchen hielt den Kopf schräg, dann streckte es den rechten Arm zu ihr aus. In der niedlichen kleinen Hand hielt es ein Stück Orange.
Karins Herz wäre beinahe übergequollen vor Zuneigung und Rührung. Ranko-chan wollte sie aufmuntern und ihr eines der heiß geliebten Orangenstückchen schenken. Mit Tränen in den Augen beugte sie sich vor und nahm das Obststück aus ihrer Hand. "Danke, Ranko-chan. Du machst mir eine Riesenfreude." Sie streckte den rechten Arm erneut aus, und der Affe kletterte daran auf ihre Schulter empor. Mit glücksseligem Lächeln verspeiste sie das Fruchtstück. "Was zum Nachspülen wäre nicht schlecht."
Mal überlegen. Im Moment füllte sich die Giganthalle, in der das Finale ausgetragen werden würde. Die Paarung der Kämpfe stand noch nicht fest und würde auch frühestens in einer halben Stunde bekannt gegeben werden. Mehr als genug Zeit, um sich ein Getränk an einem der Automaten zu ziehen. Oder sich einen frisch gebrühten Tee von einem der Stände zu holen.
Kurz entschlossen, Ranko auf der Schulter, verließ sie den Warteraum und suchte sich einen Getränkeautomaten.
An der Maschine zog sie sich eine Schokomilch. Das tat sie nur, wenn sie alleine war. Sie wollte auf keinen Fall, dass Mamoru sie für kindisch hielt, egal wie lecker diese Milch war. Er sollte ihre Persönlichkeit sehen, ihre vielfältigen Interessen, ihr Fachwissen und ihr Können, nicht irgendeine obskure, aus Mitleid adoptierte kleine Schwester. Und wenn er sie erst einmal als Kunoichi, als Frau anerkannt hatte, dann würde er vielleicht... Dann würden sie vielleicht...
Bei dem Gedanken errötete sie bis unter die Haarspitzen.
"Bist du in Ordnung?", sprach eine fremde Männerstimme sie an. "Ich meine, du siehst aus als hättest du massiven Bluthochdruck."
"Was? Oh. Nein, mir geht es gut. Ich bin nur etwas aufgeregt, weißt du? Ich muss heute noch im Finale kämpfen."
Vor ihr stand ein weißhaariger Ninja mit dem Stirnschutz eines Konoha-Nins. Er musterte sie skeptisch durch die Brille. "Bist du sicher? Ich bin Medi-Nin. Soll ich dich nicht besser kurz auf Störungen im Chakra untersuchen?"
"Nein! Mir geht es gut." Sie kniff ein Auge zusammen. "Aber was macht ein Medi-Nin aus Konoha auf dem Finale des Chunin-Examens in Kumogakure?"
"Verzeih, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Kabuto Yakushi." Er legte verlegen einen Arm hinter den Kopf und lachte. "Wenn du so willst, bin ich ein Fan des Chunin-Examens. Ich habe letztes Jahr in Sunagakure daran teil genommen und bin im zweiten Teil gescheitert. Diesmal will ich es langsamer angehen, und vor allem die Finalrunde analysieren. Wenn ich im nächsten Jahr wieder antrete, werde ich besser vorbereitet sein." Er lachte erneut. "Das muss ja alles furchtbar verrückt klingen. Ich muss ja in deinen Augen ein vollkommener Loser sein. Du bist immerhin im Finale, und ich..."
"Aber das hat doch damit nichts zu tun", wiegelte Karin ab. "Ich habe es doch auch nur so weit geschafft, weil ich die bedingungslose Unterstützung meiner Gruppe hatte. Sonst wäre ich noch im ersten Teil raus geflogen. Du hattest vielleicht einfach keine gute Gruppe."
"Oh, das kann sein", erwiderte Kabuto mit Wehmut in der Stimme. "Ich bin der einzige Überlebende. Und ich lebe nur noch, weil man mich halbtot zum Sterben liegen ließ. Ich stehe jetzt nur hier, weil ich mich selbst heilen konnte. Zumindest bis der zweite Test vorüber war, und man die Toten und Überlebenden eingesammelt hat." Seine Stirn umwölkte sich. "Das war eine einschneidende Erfahrung. Aber ich bin ein Ninja, und ich weiß, welches Schicksal einen Ninja erwartet. Und dass die Gefahren einer Mission eher nach oben als nach unten gehen. Also versuche ich es wieder und wieder. Bis es klappt."
Karins Mund klappte auf.
"Ein wenig pathetisch, nicht?", gab Kabuto zu.
"Nein, das ist es nicht. Aber du hast so eine Entschlossenheit, so eine energische Einstellung. Ich wünschte, ich wäre wie du."
"Nun schau mich doch bitte nicht so bewundernd an. Du bist im Finale, nicht ich."
Verlegen senkte Karin den Blick. "Tu-tut mir leid, ich wollte dich nicht unter Druck setzen."
"Nein, das ist es nicht. Ich will nur mit meinen mittelmäßigen Leistungen keine falschen Erwartungen wecken. Ein starker Wille kann vieles bewirken, aber er kann nur eines von vielen Werkzeugen sein, die der Shinobi benutzt." Er musterte sie genauer. "Du bist Karin Akimichi, richtig?"
"Ja. Du kennst mich?"
"Na, wenn ich schon zum Finale nach Kumogakure reise, dann sollte ich auch vorbereitet sein. Du bist die Mitteldistanzkämpferin von Team drei. Dann haben wir noch den Nahkämpfer Mamoru Morikubo, und die Fernkämpferin Hanako Yodama. Eine ausgewogene Mischung. Wenn ich da an meine eigene Truppe denke, zwei Fernkämpfer und ein Nahkämpfer - und alle hatten die gleichen dämlichen Feuerjutsu drauf. Das musste ja in die Hose gehen."
"Feuerjutsu hat Hana-chan und Mamo-chan gerettet. Er hat damit einen Gegner getötet, der sie zwei in einem Genjutsu fangen wollte."
"Ah, radikal. Er hat einfach alles um sich herum in Brand gesteckt. Vermute ich."
"Ich habe es nicht gesehen, nur die Flammen", wiegelte Karin ab. "Aber so muss es gewesen sein. Manchmal kann Mamo-chan kompromisslos sein. Wenn er muss."
Kabuto nickte. "Das ist eine gute Eigenschaft für einen Shinobi. Kompromisslos sein, wenn er muss. Und die Gelegenheiten erkennen, wann er es muss. Alle anderen sind nur Bestien, die solange Tod und Verderben säen, bis sie selbst getötet werden. Aber einen Gegner wie Morikubo-kun kann man respektieren. Denke ich."
Er lächelte Karin verschmitzt an. "Ich habe eine Karte über dich angelegt, auch wenn ich nicht glaube, dass ich sie noch brauchen werde. Willst du sie sehen?"
"Eine Karte?"
Kabuto griff in seine Gürteltasche und zog einen Stapel Karten hervor. "Ich sagte doch, diesmal will ich besser vorbereitet sein. Ich lege Daten über die Genin an, die zum Chunin-Examen antreten. Alle, die es nicht schaffen, sind meine potentiellen nächsten Gegner, deshalb studiere ich ihre Fertigkeiten und speichere sie auf diesen Karten. Ist natürlich alles versiegelt, und nur mit meinem Chakra zu öffnen." Er zog eine der einfarbigen Karten hervor, konzentrierte sein Chakra auf sie, und flugs poppte ein Bild Karins auf, darunter eine Tabelle und ein Leistungsdiagramm. "Ist sicher nicht mehr auf dem neuesten Stand, denn hier ist dein Körperjutsu noch deine Hauptwaffe."
"Das ist immer noch so. Auch wenn ich ein paar neue Tricks gelernt habe." Sie musterte ihre Karte intensiv. Die Daten waren veraltet, entsprachen dem Stand als sie die Schule verlassen hatte. "Nicht ganz aktuell, Kabuto-san", monierte sie.
"Ich werde das heute an das anpassen, was du uns zeigen wirst." Er grinste wild. "Ich habe hohe Erwartungen in dich, Akimichi-kun. Ich erwarte nicht, dass du jemals wieder ein zweites Mal zum Examen antreten musst. Im Gegenteil, ich sehe dich schon als Chunin."
"Ich bin mir da nicht so sicher", sagte sie abwehrend. "Ich habe Angst davor, Verantwortung für andere zu übernehmen. Oder sie in den sicheren Tod zu schicken. Ich..."
"Das ist normal, Akimichi-kun", unterbrach Kabuto sie. "Vollkommen normal. Ein Ninja, der keine Angst vor der Verantwortung hat, und sie dementsprechend respektiert, sollte gar nicht erst kommandieren. Mit der Erfahrung kommt die Ruhe, aber hoffentlich verlässt einen nie die Sorge um die eigenen Leute. Und jene, die ihre Shinobi in den sicheren Tod schicken... Wenn sie dies nur mit schwerem Herzen tun können, können sie wenigstens sicher sein, ihre Leute nicht sinnlos zu verheizen. Ich denke, dass du gutes Chunin-Material bist, Akimichi-kun. Da habe ich schon ganz andere erlebt." Erneut verdüsterte sich seine Miene. "Dieses Schwein Amir zum Beispiel. Als er meine Gruppe ausradiert hat, ließ er mich nur liegen, weil er sicher sein konnte, dass ich meinen Kameraden bald nachfolgen würde. Er ist absolut gnadenlos und tötet mit der Kaltblütigkeit eines Tieres." Sein Gesicht hellte sich auf. "Aber auch das sind gute Eigenschaften für einen Shinobi. Er hat nur den einen Fehler gemacht, mich leben zu lassen. Und irgendwann werde ich mich rächen. Hart und erbarmungslos."
"Amir?" Sie kannte den Getsugakure-Nin nur als Retter in der Not. Aber er war aus seinem Erdversteck zwischen Hana-chans Beinen hoch gekommen, und das machte ihn schon ein wenig verdächtig.
"Solltest du das Pech haben, gegen ihn kämpfen zu müssen, erwarte keine Gnade und zeige auch keine. Dies ist sein letztes Chunin-Examen, habe ich gehört. Er wird alles tun, um sich zu empfehlen. Auch wenn er dafür einen Kampfgefährten aus Runde zwei töten muss. Du kannst natürlich aufgeben, aber das fände ich schade. Und davon abgesehen steht es ja noch überhaupt nicht fest, ob du ihn auch nur aus der Ferne siehst."
Karin senkte den Kopf. Es gab da diese Regel, diese eine Regel, das Gesetz des Hokages. Und das besagte, das eine Sache umso wahrscheinlicher eintrat, je mehr man drüber redete und ihr Eintreffen verneinte. Die Folge war, dass ihre Chance, auf Hassin zu treffen, gerade auf das Dreifache gestiegen war. "Ja, sicherlich." Was wusste sie noch mal über das Jutsu des Erdnutzers?
"Oh, jetzt habe ich dir Gedanken gemacht. Na, ich denke, ich werde mir dann meinen Platz suchen und dich von den Zuschauerrängen anfeuern, okay? Und wenn du deinen Gegner geplättet hast, schenke ich dir diese hier vielleicht. Ich brauche sie dann ja nicht mehr." Er wedelte mit Karins Karte. "Natürlich nachdem ich sie upgedated habe."
"Wirklich? Das wäre aber nett von dir."
"Aber dafür musst du schon gewinnen", lachte er.
"Oh, das werde ich schon. Versprochen. Ich gehe dann auch mal zurück." Sie verbeugte sich vor Kabuto, und der Affe auf ihrer Schulter imitierte die Geste.
Auch Kabuto verbeugte sich leicht, murmelte eine Abschiedsformel und ging nach einem letzten Winken auf die Zuschauerränge hinaus.
Karin aber wandte sich um, in Richtung Warteraum. Sie fühlte sich motiviert, und das war gut so.

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Fluchend versuchte ich, Leben in meine Muskeln zu bekommen. Sie schmerzten und spannten. Ich erwartete jede Sekunde einen handfesten Krampf. Anstatt mich den letzten Tag vor dem Finale ausruhen zu lassen hatte Uzuki-sensei gesagt, es wäre verkehrt, meine Muskeln abkühlen zu lassen. Deshalb hatte sie mich zuerst durch eine Sparringsrunde mit P-chan gehetzt, und anschließend war sie selbst gegen mich angetreten. Dabei hatte sie die Unterschiede zwischen einem Jounin und mir sehr deutlich gemacht. Mehrmals. Man hätte von einer absoluten Demütigung sprechen können. Verdammt, das war es wohl auch. Und Asuma, dieser Verräter? Hatte sich alles angeschaut, und mir anschließend auf die Schultern geklopft, die mir ohnehin schmerzten. Wenn ich wirklich noch krampfen würde, wäre ich gezwungen, einen Affenkrieger zu beschwören, der an meiner Stelle kämpfte. Wofür hatte ich dann diese schwierige Heilung auf mich genommen? Warum jeden Tag mein Taijutsu trainiert? Wieso die Feinheiten meines Feuerjutsu heraus gearbeitet? Und die meiste Zeit die vielen kräftezehrenden Aufträge von Kumogakure erfüllt?
Eine große Hand krachte auf meine Schulter, und ich spürte den Muskelschmerz einmal durch meinen ganzen Körper zucken. "Mamoru-kun, bist du fit?", hörte ich Asuma-sama sagen.
"Das war jetzt nicht sehr nett", erwiderte ich mit Schmerzverzerrtem Gesicht.
"Also nicht fit? Ist dein Arm noch nicht wieder in Ordnung?"
"Dem geht es gut. Ich habe nur einen mörderischen Muskelkater von gestern."
"Ach, die Sparringsrunde mit Yaguo-kun. Warum heilst du dich nicht selbst? Von dieser Art der Chakra-Kontrolle solltest du mittlerweile genügend wissen, Mamoru-kun."
Was hätte ich ihm sagen sollen? Dass ich bereits einen Großteil meines Chakras aufwandte, um den Muskelschmerz im kaum verheilten rechten Bizeps zu kontrollieren? Chakra, das ich im Kampf ohnehin noch viel nötiger brauchte? Verdammt, ich war Taijutsu-Kämpfer, doch jetzt gerade war ich ein hilfloses Lämmchen. Zumindest wenn ich die anderen Genin als Maßstab nahm, gegen die ich kämpfen würde. Allerdings würde es meine Situation verschlimmern, wenn ich hier Schwäche zeigte.
"Ich spare mir mein Chakra für den Kampf, Asuma-sama", erwiderte ich trotzig.
Das brachte ihn zum Lachen. Und mir brachte es einen weiteren Schlag auf die Schulter ein, der mir einen Schmerz von den Zehenspitzen bis zu den Haarwurzeln einbrachte. Wirklich, ich war nie besonders mordsüchtig gewesen, aber in diesem Moment hätte ich Asuma auf der Stelle umbringen können. Wenn ich die Kraft gehabt hätte, um ein Kunai zu ziehen. Falls ich gegen Asuma auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätte. Stattdessen fiel ich halbherzig in sein Lachen ein.

Als Nii-sensei, Kirabi-sama und Motoi-sensei den Raum betraten, wurde es schlagartig still.
Wir acht Aspiranten auf den Rang eines Chunin sahen sie gespannt an. Nun würde die Aufteilung erfolgen, wir würden wissen, wer unsere Gegner sein würden. Und es würde entschieden werden, ob die Sieger dieser vier Duelle gegeneinander antreten würden, bis es schließlich nur noch einen gab. Viele Städte hielten ein K.O.-Finale für unnötig, und gaben die Paarungen schon nach der dritten Etappe des Examens bekannt.
"Ich bitte um Ruhe", sagte Motoi-sensei unnötigerweise. Noch ruhiger hätten wir kaum sein können. Er sah ins Rund. "Die Paarungen für diesen Kampf haben uns erhebliche Schwierigkeiten bereitet, weil niemand gegen Morikubo-kun und sein Beschwörungsjutsu antreten will. Das bedeutet für seinen Gegner automatisch den K.O.. Und wir Jounin haben dann keinerlei Möglichkeiten, Morikubo-kuns Fähigkeiten und die seines Gegners zu beurteilen. Wen also können wir opfern? Wir haben uns diese Frage lange und oft gestellt."
Zaghaft ging Karins Hand nach oben. Ich sah auf ihren Lippen schon ihre Freiwilligenmeldung.
Mit einem schnellen Schritt war ich neben ihr. Erschrocken hüpfte sie mit einem Trippelschritt vor, als meine Linke auf ihrem Po landete. Der kleine Klaps hatte ihr nicht weh getan, aber die erhoffte Wirkung gezeigt. "Du meldest dich nicht freiwillig als meine Gegnerin", zischte ich ihr zu.
Erschrocken, und mit tief geröteten Wangen sah sie mich an. "Mamo-chan..."
Ich trat wieder einen Schritt beiseite.
Asuma musterte mich schräg von der Seite. "Im Frauenbad hast du wohl nicht allzu viel gelernt, was?"
"Was?" Es irritierte mich, dass der große Jounin grinsend den Kopf schüttelte.
"Nachdem dieses Intermezzo vorbei ist", klang Motoi-senseis Stimme laut auf, "können wir weiter machen. Folgende Personen haben sich für das Finale qualifiziert. Mamoru Morikubo, Hanako Yodama, Karin Akimichi, alle Konoha. Tooma, Lian, beide Sunagakure. Amir, Hassin, beide Getsugakure. Zum Schluss Jardin Nabara, Kumogakure. Wir werden per Los bestimmen, wer..."
"Moment, Motoi-san." Jardin, der sich bisher stillschweigend in einer Ecke aufgehalten hatte, trat heran. "Ich habe vier Wochen lang hart trainiert. Ich fühle mich in der Lage, es mit Morikubo und seinem Beschwörungsjutsu aufzunehmen." Er verbeugte sich steif in der Hüfte. "Bitte teilen Sie mich Morikubo zu, Motoi-san!"
Erschrockenes Raunen ging durch den Raum. Er hatte trainiert, um mein Jutsu auszukontern? Er hatte Ranma-sensei doch erlebt! Was also konnte er aufbringen? Und wie konnte ich das kontern? Konnte ich das überhaupt überleben? Ich fühlte, wie meine Hand nach oben glitt. War es ehrenhaft, an dieser Stelle auszusteigen? Und was würden meine Kameradinnen sagen? "Ich nehme die Herausforderung an, Motoi-sensei", hörte ich mich sagen. War das Wagemut, oder fortgeschrittener Wahnsinn? Ich wusste es nicht.
Motoi schnaubte zufrieden, wechselte einen bestätigenden Blick mit Kirabi-sama und Nii-sensei, und sagte: "Gut. Erster Kampf ist also Morikubo-kun gegen Nabara-san."
Der Kumo-Genin wandte sich mir zu. "Kämpfe mit voller Kraft. Du wirst jedes Quentchen brauchen", verkündete er düster.
"Wetten, dass nicht?", erwiderte ich salopp. Kontrollierte Hana-chan mich etwa gerade, um den Kumo-Nin noch mehr zu reizen? Oder glaubte ein Teil von mir tatsächlich das, was ich da gerade sagte?
Jardin schnaubte amüsiert und trat wieder in seine Ecke. Also, an Selbstvertrauen mangelte es ihm im Moment nicht gerade. Sein Suiton war meinem Katon generell überlegen, und ich hatte im Moment einfach nicht genügend Chakra, um diesen Nachteil auszugleichen. Allerdings weigerte ich mich das zu zeigen, und grinste den Kumo-Genin frech an. Innerlich aber war mir sterbenselend.

"Kommen wir zu den restlichen drei Kämpfen." Kurz besprach sich Motoi mit den beiden Jounin, und als diese nickten sagte er: "Tooma bestreitet Kampf zwei gegen Yodama. Lian tritt an gegen Hassin. Die letzte Paarung ist Amir gegen Akimichi."
Einerseits was das Aufatmen groß. Niemand musste gegen einen Kameraden aus dem eigenen Dorf antreten. Andererseits waren wir alle Kampfgefährten geworden und hatten einander schätzen gelernt. Das machte es für keinen von uns leicht.
"Sensei, eine Frage!", meldete sich Tooma.
Motoi-sensei nickte auffordernd.
"Sensei, wird es ein K.O.-Finale geben?"
"Die Prüfungskommission erachtet es als nicht notwendig. Jeder Genin hat während der Einzelkämpfe mehr als genügend Gelegenheit, um seine Fortschritte zu zeigen."
Das ließ uns erneut aufatmen. Kein Halbfinale, kein Finale. Das bewahrte uns endgültig davor, gegen jemand aus dem gleichen Team anzutreten. Obwohl, zu dem Zeitpunkt hätte ich ohnehin bereits im Krankenhaus gelegen. Entweder in der Notaufnahme, oder in der Pathologie. Aber eventuell... Mein Blick ging umher, suchte Ranko-sama. Zuletzt hatte ich sie mit Karin gesehen. Sie musste ich nicht erst beschwören - sie war ja schon da!
"Na, Konoha, ich sehe mal zu, dass ich deine kleine Hanako liebevoll behandle. Ich will mir ja keinen Ärger mit dir einhandeln", scherzte Tooma, während er mir freundschaftlich auf die rechte Schulter klopfte. Was dazu führte, dass mich erneut eine Schmerzwelle durchfuhr.
"Wie genau hast du das denn gemeint?", fragte Lian böse.
"So, wie es sich angehört hat. Ich sehe zu, dass an Hana-chan genügend dran bleibt, was Mamo-chan lie..."
"Aaaahhh!" Mit hochrotem Kopf stürmte Hanako heran. "Tooma, du kannst doch nicht... Und davon mal abgesehen, wieso glaubst du, dass du gewinnen wirst?"
"Werde ich nicht?", fragte der Suna-Nin überrascht. "Willst du etwa gewinnen?"
"Ja, das war der Plan", erwiderte sie mit fester Stimme.
"Und das sollte sogar möglich sein, nicht wahr, Tooma?", säuselte Lian ihm ins Ohr. "Denn wenn ich sehen sollte, dass du nicht wirklich, wirklich nett zu ihr bist - oder wenn ich sehe, dass du ZU nett bist, dann solltest du den Kampfplatz besser nicht lebend verlassen."
Eine einsame Schweißperle tropfte dem Genin die Stirn herab. "S-so habe ich das doch gar nicht gemeint, Lian! Du weißt doch ganz genau, dass Mamo-chan und die beiden..."
Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Ich schlug die geballte Rechte in die linke Handfläche. "Lian-chan, du bist eifersüchtig! Ganz klar, du bist eifersüchtig. Du fürchtest, Tooma könnte sich mit Hana-chan in mehrerlei Hinsicht vergnügen, nicht nur auf kämpferischer Ebene."
Ungläubige Blicke trafen mich. Tooma schlug die Rechte vor die Stirn. "Himmel, ausgerechnet jetzt lernt der Kerl auch noch dazu! Hat dir schon mal jemand das Prinzip vom sehr schlechten Timing erklärt, Konoha?"
"Oder davon, dass man manche Gedanken besser nicht ausspricht!", tadelte Hanako. Ihre Wangen waren tief gerötet. "A-außerdem lasse ich bestimmt nicht mit mir spielen! Nicht in dem Sinne, Tooma!"
"Das hatte ich auch gar nicht vor!", rechtfertigte sich der Suna-Genin. "Ich nehme Mamo-chan ja auch nicht eine seiner beiden..."
Hanako wedelte mit beiden Händen vor Toomas Gesicht herum. "Du kannst doch nicht einfach..."
"Was, ich kann nicht einfach? Solltet Ihr die Dinge nicht mal aussprechen, du und Karin-chan? Ich meine, wie hoch ist die Hoffnung, dass dieser Holzkopf noch mehr über dieses Thema lernt?"
Die Blicke der meisten Anwesenden gingen in meine Richtung. "Was?", fragte ich irritiert.
Wie auf ein geheimes Kommando sahen alle wieder in eine andere Richtung, und ein kollektives Seufzen ging durch die Reihen. "WAS?" Ich erhielt keine Antwort.
"Na, da wurdest du ja noch mal vom Gong gerettet. Oder von Mamo-chan", säuselte Lian, und drückte dem Teamkameraden einen Kuss auf die Wange. Waren die zwei wirklich nur Teamkameraden? Ich bekam da leichte Zweifel.
Nun errötete Tooma für einen Moment, und er musste sich räuspern, bevor seine Stimme zurückkehrte. "Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Glück, Konoha. Und ramm diesen Kumo-Trottel ungespitzt in den Boden, okay?"
Na, wer hier wohl wen ungespitzt in den Boden rammen würde. "Etwas in der Art hatte ich vor. Dir auch viel Glück gegen Hana-chan. Du wirst es gebrauchen können. Sie hat die letzten vier Wochen viel gelernt."
"Mamo-chan, du redest wieder", wiegelte sie ab und sah verlegen zur Seite.
"Das Gleiche gilt für mich", sagte Amir und klopfte mir ebenfalls auf die Schulter. Wieder zuckte dieser Schmerz durch mich hindurch. Ein gequälter Laut entkam meinen zusammengebissenen Zähnen.
Der kleine Amir hob abwehrend die Arme. "Friede, Mamo-chan. Ich habe keinesfalls vor, Karin etwa Schmerzhaftes anzutun."
"E-es ist doch noch gar nicht sicher, ob du gewinnst!", warf Karin ihm vor. Irgend etwas in ihren Augen schien aufzuleuchten. "Außerdem habe ich auch trainiert! Und... Und ich nehme es dir übel, wenn du nicht mit allem kämpfst, was du hast!" Kurz sah ich Furcht in ihren Augen flackern, aber das war nur ein Moment.
Amir nickte anerkennend. "Ich erwarte einen guten Kampf, Karin-chan. Dies wird mein letztes Examen, so oder so. Und ich will mich empfehlen." Durch Karin ging ein körperlicher Ruck. "Ich werde dir einen guten Kampf liefern", versprach sie. Irgend etwas ging in ihr vor, veränderte sie. Von einer Sekunde zur anderen straffte sie sich, schien größer zu werden. Sie war entschlossener. Gefährlicher. Und schöner. Schöner? Hatte ich das wirklich gedacht? Aber es war tatsächlich so. Wie sie da stand, mit ihrem Gegner Auge in Auge, schien sie zu funkeln, ja zu strahlen wie ein Diamant im Sonnenlicht. "Mamo-chan, ich werde dich nicht enttäuschen", versprach sie.
Ich lachte rau auf. Nachdem Jardin mich umgebracht hatte, konnte sie gar nicht mehr schlechter als ich abschneiden.
Empört sah sie mich an. "Du brauchst nicht zu zweifeln! Ich habe genauso hart trainiert wie du, Mamo-chan! Du wirst stolz auf mich sein!" Mit diesen Worten wandte sie sich ab.
Also, das war neu. Mein hässliches Lachen, das sie so fulminant fehlinterpretiert hatte, hätte ihr normalerweise die Tränen in die Augen getrieben und sie in irgend eine Ecke gescheucht, in der sie ihren Kummer ausheulen konnte. Stattdessen war sie noch kämpferischer geworden. Entschlossener. In diesem Moment war sie mehr denn je eine Akimichi. Ehrlich, ich war beeindruckt. Zutiefst beeindruckt.
Aber wo zum Henker war jetzt Ranko-sensei?
"Runde eins! Die Kontrahenten bitte auf den Kampfplatz!", erklang es aus der Halle.
Das durchfuhr mich beinahe noch ärger als die Schläge auf meine Schulter. Wo war Sensei, wenn ich sie wirklich mal brauchte? Ich sah mich suchend um, aber auf die naheliegendste Methode, andere zu fragen, kam ich nicht. "Morikubo-kun, komm jetzt!", klang Motoi-senseis Stimme auf.
"J-ja, ich bin schon auf dem Weg." Mist. Mistmistmistmistmist! Ich war verdammt!

Ich kannte die Arena von Konoha, ein Monolith-Bau, der seinesgleichen suchte. Die Halle in Kumogakure war das überdachte Pendant. Die Zuschauer saßen nicht ganz so hoch wie bei uns Zuhause, aber es waren mindestens ebenso viele Plätze vorhanden. Und die Halle war brechend voll. Als wir eintraten, brandeten Jubel und Beifall zu uns herunter.
Jardin ging siegesgewiss voran. Er hob hier und da den Arm, und winkte ins Rund. Ich trottete ihm nur hinterher.
Motoi-sensei führte uns in die Mitte. "Ich bin euer Schiedsrichter. Wenn ich sage, dass ein Kampf vorbei ist, ist er vorbei. Ansonsten gibt es keine Regeln. Alles ist erlaubt. Benehmt euch wie stolze Shinobi. Dazu gehört auch, dass Ihr rechtzeitig aufgebt, wenn die Situation aussichtslos für euch ist, verstanden?"
Mein Kopf ruckte hoch. War da vielleicht eine Möglichkeit, lebend aus der Sache heraus zu kommen? "Aufgeben?"
Motoi grinste grausam. "Der Gegner muss die Aufgabe annehmen. Oder ich muss zum Entschluss kommen, dass wir nichts Neues mehr sehen werden. Etwas in der Art."
Wieder senkte ich den Kopf. "Natürlich. Wie es sich für tapfere Shinobi gehört."
"Du hast es verstanden, Morikubo-kun."
Jardin lächelte Raubtierhaft. "Keine Sorge, Motoi-san, ich werde ihm nicht genügend Luft lassen, um um Gnade zu betteln."
In einem Anflug von Größenwahn schnaubte ich abfällig. "Wir werden sehen, wem hier die Luft wegbleibt."
Wütend sah er herüber. "Du verdammtes Großmaul aus Konoha! Ich werde..."
"Warten, bis der Kampf offiziell eröffnet ist!", sagte Motoi mit Nachdruck.
"N-natürlich." Jardins Miene versteinerte, und er trat einen halben Schritt zurück.
Der Jounin nickte zufrieden. "Kampf eins, LOS!" Mit einem schnellen Step war er am Rand der Kampfarena angekommen, ein Sprung brachte ihn auf die Tribüne.

Beinahe zugleich sprang auch Jardin von mir fort. Er grinste dämonisch. Aus seiner Shinobi-Uniform holte er ein Briefchen hervor und öffnete es. "Irgendwelche letzten Worte, Morikubo?"
"Wie wäre es mit: Ich gebe auf?", fragte ich hoffnungsvoll.
Das versetzte Jardin in Rage. "Du wirst deinen Spott noch bitter bereuen!"
Na toll, damit hatte ich es noch schlimmer gemacht.
Er riss das Briefchen auf und schüttete sich den Inhalt in den Mund. Beinahe sofort spürte ich, wie von ihm eine regelrechte Eruption an Chakra ausging. Wenn ich das in zwanzig Metern Entfernung noch spüren konnte, was hatte er da gerade geschluckt? Kennen lernen wollte ich es auf keinen Fall!
"Ich habe doch gesagt, ich habe geübt! Sieh die Früchte meiner Arbeit!", rief Jardin herüber und biss sich in den rechten Daumen. "Kuchiose no Jutsu!"
Die Beschwörung verursachte eine riesige Rauchsäule. Als sie verschwand, enthüllte sie einen Giganten. Ich sah auf. Und auf. Und noch weiter auf. Was Jardin da gerade beschworen hatte, konnte man mit vier einfachen Worten treffend beschreiben: Zwanzig Meter lange Schlange.
Okay, ich war im Arsch.
"Na, was sagst du dazu, Morikubo? Selbst dein gewaltiger Affenkrieger kann nicht gegen meinen Oro-Kabu gewinnen!" Er stemmte beide Hände in die Hüften und lachte rau.
Die Schlange senkte den Kopf, um mich zu mustern. Dann sah sie Jardin an. "Dafür rufst du mich? Für dieses Würstchen hätte auch ein schwächerer Untergebener Manda-samas genügt."
Jardin musterte mich durch zusammengekniffene Lider. "Unterschätze diesen hier nicht. Er ist sehr stark. Du wirst es noch erleben?"
"So? Da bin ich aber gespannt. Was ist denn so besonderes an ihm?"
"Er beschwört Affenkrieger."
Das brachte die Schlange zum Prusten. "Dieses Würstchen? Affenkrieger? Da müsste er schon mit einem Kaliber wie dem Affenkönig aufwarten, damit ich überhaupt Schwierigkeiten bekomme. Da lache ich doch drüber. Töten wir ihn gleich!"
"Warte! Ich will, dass er mit allem kämpft, was er hat! Sonst ist mein Sieg kein richtiger Sieg!"
Die große Schlange zögerte. "Wie du willst. Du bist der Boss. Leider." Sie sah zu mir herüber. Mit ihrer dunklen, kräftigen Stimme sagte sie: "Dann zeige mir mal, was du hast, Mensch. Besser, du enttäuschst mich nicht!"
Die Situation war so gefährlich, und gleichzeitig so absurd, ich musste lachen. Ich musste einfach nur lachen. So sehr, dass mir schnell der Atem fehlte.
"Oi! Ist er jetzt verrückt geworden?", raunte die Schlange.
"Nein, er holt zum Gegenschlag aus", sagte Jardin mit einem leisen Zittern in der Stimme. "Hoffentlich habe ich ihn nicht unterschätzt."
Ein unsicherer Blick der Riesenschlange traf mich. "Ich sollte...", begann sie und schnellte vor.
"Kuchiose no Jutsu!" Ich legte alles in diese eine Beschwörung, jeden winzigen Tropfen Chakra, den ich mobilisieren konnte. Vielleicht gelang es mir ja, Ranma-sama erneut zu beschwören! Selbst mit P-chan wäre ich zufrieden gewesen, obwohl das auch nur bedeutet hätte, nicht alleine zu sterben.
Die charakteristische Rauchwolke entstand. Und die Schlange hielt genau auf ihr Zentrum zu. Doch sie stockte.

Der Rauch verflog. Eine groß gewachsene Gestalt trat daraus hervor. Ich konnte nur den Rücken sehen, sah die lange weiße Mähne und den buschigen, weißen Schwanz. Und ich wusste, DEN hatte ich noch nie beschworen.
Die Gestalt richtete sich zur vollen Größe auf. "Enko O Enma betritt das Schlachtfeld!", verkündete er.
Ich wurde kreidebleich. Auf einmal erschien mir die Alternative, von dieser riesigen Schlange gefressen zu werden, als das erträglichere Schicksal. Oder von Jardin langsam in Stücke geschnitten zu werden. Was würde ausgerechnet der Affenkönig mit mir anstellen, nachdem ich ihn für derart Triviales wie eine Chunin-Prüfung beschworen hatte?
"Morikubo-tono", klang seine Stimme auf.
"O-sama?"
Sein Blick ging nach hinten, und seine Augen waren kalt wie Stahl, als sie in meine sahen. "Läuft das Examen gut für dich?"
"Bis jetzt ja, O-sama", erwiderte ich.
Er sah nach vorne, sein Blick ging die riesige Schlange hoch. "Ich verstehe dein Problem."
Der Affenkönig stellte sich in Positur und winkte die gigantische Schlange heran. "Komm nur. Ich lasse aus deiner Haut ein paar tausend Gürtel machen."
Die Schlange schien wie erstarrt.
"Das ist eine Täuschung!", rief Jardin wütend. "Das kann nicht der Affenkönig sein! Schau dir Morikubo doch an! Der kann doch kaum noch stehen! Wie will der den Affenkönig beschworen haben können?"
Die Schlange zögerte. Dann schnellte sie sich vor.
In diesem Moment aber spürte ich, wie das Chakra in Enma wuchs. Nicht so wie in Jardin, nachdem er das Pulver geschluckt hatte. Nein, viel mächtiger, kräftiger. Ich glaubte, vom Chakra davon gespült zu werden, als mich die volle Energie traf.
"Kommst du nun, oder muss ich zu dir kommen, Schlange?", rief der König.
Wieder zögerte die Schlange. Sie sah zu Jardin herab. "Du hast Recht. Man darf diesen Konoha-Ninja nicht unterschätzen. Ich für meinen Teil habe genug. Man sieht sich, Genin!"
Vor meinen Augen löste die Schlange die Beschwörung von sich aus auf. Es gab einen Knall, und sie war verschwunden.
Empört und entsetzt starrte Jardin auf die Stelle, an der sich eben noch eine gigantische Schlange befunden hatte. "So war das nicht geplant!" Er sah suchend ins Publikum. "So hatten wir das nicht besprochen!"
Der Affenkönig ging einen Schritt auf Jardin zu. "Hat man dir nicht beigebracht, dich im Kampf auf deinen Gegner zu konzentrieren, weil eine Sekunde geistiger Abwesenheit deinen Tod bedeutet?"
Der Kumo-Nin erbleichte. "I-ich gebe auf", brachte er stotternd hervor. "ICH GEBE AUF!"
Der Affenkönig schnaubte halb amüsiert und halb enttäuscht. "Wenn du die Kapitulation nicht annimmst, kann ich mich mit ihm noch ein wenig amüsieren, Morikubo-tono."
"Nein, nein!", beeilte ich mich zu sagen. "Ich nehme sie an. Hörst du, Jardin? Der Kampf ist vorbei!"
"Sieger im ersten Kampf", verkündete Motoi-sensei, "ist Mamoru Morikubo, Konohagakure!"
Nun brandete wieder Jubel von den Rängen auf. Die Menschen standen auf und applaudierten. Sie hatten zwar keinen Kampf gesehen, aber jeder hatte das mächtige Chakra des Affenkönigs gespürt, und die gigantische Schlange gesehen. Fürs Auge war mehr als genug geboten worden.
Vor mir gab es eine weitere Verpuffung, und anstelle von Enma O stand da plötzlich P-chan. "Ein Glück", hörte ich sie sagen, während sie verlegen lächelte und den rechten Arm hinter dem Kopf verschränkt hielt, "noch länger hätte ich diese Tarnung nicht aufrecht erhalten können!"
"Ein Bluff?", rief Jardin entrüstet. "Ein verdammter Bluff? Affe, ich werde dich..." Er stürmte auf Perine zu.

Ein Step, und ich war vor ihr. Für den Augenblick waren die Schmerzen vergessen. Ich hatte mein Kunai gezückt und hielt es stoßbereit vor mir. "Überlege dir genau, was du jetzt tust, Jardin Nabara! Ich habe dir einmal dein Leben geschenkt! Vertraue nicht darauf, dass ich es ein zweites Mal tue!"
"Du kannst mich mal am...", begann er und stürmte weiter auf uns zu.
Ich warf das Kunai. "Katon!" Ein Strahl reinen Feuers folgte der Schnur, die an dem Kunai befestigt war, und hüllte die Klingenwaffe ein.
Jardin wich aus, aber damit war ich noch nicht am Ende meiner Kunst. Ich zog an der Schnur, riss Waffe und Feuerball in seine Richtung weiter. Er warf sich zu Boden, und das Feuer meines Jutsu zog über ihn hinweg, die Hitze glitt nur Zentimeter über sein Gesicht dahin. Als die Waffe ihn passiert hatte, riss ich sie zu mir zurück und fing sie auf.
Jardin saß am Boden, die rechte Gesichtshälfte voller Brandblasen. Mit Entsetzen sah er zu mir herüber.
Ich schnaubte frustriert. Und dann spürte ich, wie sich meine gemarterten Muskeln für diese aufreibende Aktion bedankten. Wieder wurde mein ganzer Körper von den Schmerzen gepeinigt. Es war ein wenig so wie den Ellenbogenknochen anzuschlagen, nur halt überall und viel stärker.
Als ich mich von dieser Schockwelle erholt hatte, löschte ich zuerst das Feuer um mein Kunai. Ich packte die Klinge wieder weg und wandte mich von Jardin ab. "Der Kampf ist vorbei. Endgültig", sagte ich ernst.
Ich sah zu Perine herüber. "Danke, dass du mich gerettet hast, P-chan. Wie immer bist du mir eine große Hilfe."
Sie winkte gönnerhaft ab. "Ach, dafür doch nicht, Morikubo-tono. Wir Affen passen auf unsere Freunde auf, das weißt du doch. Wenn du mich jetzt zurückschicken könntest..."
"Oh. Ja, natürlich." Ich löste die Beschwörung wieder auf, und Perine verschwand wieder auf den Affenberg. Dann ließ ich mich wie ich war einfach nach hinten auf den Steinboden der Halle fallen. Ich streckte Arme und Beine von mir. Da waren diese ernsthaften Erkenntnisse, mit denen ich gerade schwer zu kämpfen hatte: Ich war immer noch am Leben. Und ich hatte gewonnen. Und einen mörderischen Muskelkater, der immer schlimmer wurde. Ob ich den Platz überhaupt für den nächsten Kampf räumen konnte? Ich lachte rau. Das war jetzt meine kleinste Sorge. Die weit größere kam gerade irgendwo hinter mir auf die Beine und wankte mit unsicheren Schritten zum Ausgang. Mein neuer Todfeind Jardin Nabara.
***
Auf den Rängen saß ein Agent. Das war nichts Ungewöhnliches, denn wenn Kumogakure schon einmal seine gut verteidigten Pforten für die Öffentlichkeit öffnete, dann nutzten viele Länder die Gelegenheit für ein wenig Erkundung. Und auch für die Suche nach viel versprechenden Genin der aktuellen Generation. Diese Agenten empfahlen anschließend das eine oder das andere versteckte Dorf, oder sie empfahlen bestimmte Ninja für Aufträge.
Aber dieser Agent war mehr so der klassische Typ. Ein Infiltrator, Ermittler, ein Mann der Schatten, der aus diesem Schatten heraus tötete. Er war es gewesen, der Jardin das Pulver besorgt hatte, um sein Chakra zu pushen. Er war es auch gewesen, der ihm den Schlangenkontrakt besorgt hatte. Nun hatte er die aufwändige und zeitraubende Arbeit vor sich, den Namen dieses Versagers wieder von der Liste zu tilgen. Und am Besten wäre es auch, Jardin gleich mit zu tilgen, bevor die falschen Leute die richtigen Schlüsse zogen.
Andererseits konnte ein so zorniger und zugleich verängstigter Mann noch einmal sehr nützlich sein. Ein Lächeln ging über sein Gesicht, als er an die verschiedenen Möglichkeiten dachte, wie man Jardin Nabara manipulieren konnte, um ihn ein wenig Drecksarbeit verrichten zu lassen. Die Fanatischen waren meistens die Nützlichsten, fand er.
***
"Kampf zwei! Los!" Motoi sprang wieder davon, überließ das Geschehen den beiden Genin.
Hanako sah Tooma böse an. "Wehe, du schonst mich!" Ein nicht besonders angenehmer Gedanke huschte durch ihren Verstand. "Und wehe, du versuchst irgendwas Schmutziges!"
Abwehrend hob Tooma die Hände. "Sei versichert, werte Honoka-chan, ich habe nichts dergleichen im Sinn. Ich würde es auch nicht überleben.Denk an Lian und Mamoru."
"Gut. Dann komm! Mit voller Kraft!", rief sie fordernd.
"Okay!" Toomas Turban verwandelte sich wieder in das todbringende kleine Männchen. Es stürzte direkt auf Hanako zu, aber mit Kunais in beiden Händen stoppte sie die Klingen. Leider hatte das Männchen vier davon, und so rettete sie nur ein beherzter Sprung rückwärts vor einer ernsthaften Verletzung.
"Gut ausgewichen", lobte Tooma. Er riss die Chakrafäden, welche die Puppe lenkten, nach vorne, um ihr nachzusetzen. Wieder wehrte Hanako zwei Klingen ab und wich den anderen beiden aus.
Dann stockte dieser Angriff.
"Gut, das ist also deine Reichweite", stellte sie fest und steckte ihre Kunais wieder fort. "Na, dann wollen wir mal!" Sie vollführte die Fingerzeichen für die Schattenklone. Kurz darauf gab es fünf Hanako Yodamas. Die vier Schattenklone verteilten sich rund um Tooma, knapp außerhalb der Reichweite seiner Chakrafäden. Tooma zog die Puppe zu sich zurück und wartete ab. "Tut mir leid, wenn ich es kurz mache!", rief Hanako. Ihre Schattenklone gingen zum Angriff über. Tooma reagierte blitzschnell, suchte sich einen der Klone aus und ließ die Puppe auf ihn niederfahren. Der Klon wehrte sich mit Kunais, doch diesmal durchschlug die Puppe diese Verteidigung. Zwei Klingen fuhren in Brust und Bauch, und lösten damit den Schattenklon auf. Tooma riss die Puppe zum nächsten Klon herüber. Auch der wehrte sich für ein paar bange Augenblicke, dann löste auch er sich auf, als eine Klinge durch den Hals ging.
Da waren die anderen beiden Klone heran. Links und rechts stürzten sie herbei, umklammerten seine Arme und fixierten sie. Die Puppe stürzte ungesteuert zu Boden.
"Ich sagte es doch. Tut mir leid, wenn ich es kurz mache", sagte Hanako erneut. Sie formte mit beiden Daumen und Zeigefingern ein Rechteck, durch das sie Tooma fixierte. "Shintenshin no Jutsu!" Die Technik der Körperkontrolle. Hanako war auf dem besten Wege, ihren Geist in Toomas Körper zu transferieren. Und damit nur einen Schritt davon entfernt, ihn "ich gebe auf" rufen zu lassen.
Im gleichen Augenblick aber schien der Suna-Nin unter Strom zu stehen. Blitze zuckten über seinen Körper, wanderten seine Gliedmaßen entlang, besonders seine Arme. Die beiden Schattenklone wurden von den Blitzen erfasst, elektrisiert und zerstört. Tooma machte eine Bewegung mit der Rechten, und die Puppe kehrte zu ihm zurück. Genauer gesagt war sie in dem Moment zwischen ihm und Hanako, in jenem Augenblick, als sie ihre Bewusstseinstransfertechnik anwendete.
Übergangslos fand sie sich in der Puppe wieder. Das überraschte sie. Es war ihr neu, dass es möglich war, mit dieser Technik auch leblose Materie zu übernehmen, geschweige denn eine Kampfpuppe. Aber egal ob interessant oder nicht, sie musste sich eine neue Strategie überlegen und diese Puppe wieder verlassen. Sie musste...
Toomas Gesicht erschien riesengroß vor ihren Augen. Er lächelte. "Gib dir keine Mühe, Hana-chan. Das Siegel hält dich noch mindestens zwei Minuten gefangen. In der Zeit nehme ich mich mal deines Körpers an." Sie sah, wie Tooma, die Puppe in der Hand, auf ihren Körper zuschritt, der ohne Bewusstsein am Boden lag. Wehrlos, vollkommen wehrlos. Beim Gedanken, was der Suna-Nin jetzt alles mit ihr anstellen würde, überkam sie das kalte Grausen. Nun, vielleicht nicht das richtig kalte, und Tooma war irgendwie nett und ein toller Kerl, aber doch nicht so und hier! Und überhaupt, vor all den Leuten? Außerdem sollte doch Mamo-chan das erste...
Tooma blieb zwei Meter vor der am Boden liegenden Mädchengestalt stehen. "So, näher gehe ich nicht heran, sonst gibt das Ärger mit Mamo-chan und Lian." Er hielt die Puppe so, dass sie ihn lächeln sehen konnte. "Deine Taktik war gut, aber du hast vergessen, dass ich Blitz-affin bin.Und dass auch ich dazu lernen kann. Mich von der Puppe zu trennen war aber der richtige Gedanke." Er öffnete den Mund, und Hanako sah dort etwas glitzern. Dann spürte sie einen leichten körperlichen Schmerz an der Schulter, und langsam begannen ihre Sinne zu verschwimmen. "Nur ein Betäubungsgift, Hana-chan. Es tut mir leid, dass ich es jetzt so schnell beendet habe."
Den Rest seiner Worte hörte sie schon nicht mehr. Sie kamen nicht durch den dicken Nebel, der ihr Bewusstsein umhüllte.
"Sieger: Tooma, Sunagakure!", verkündete Motoi, und wieder wurde applaudiert und gejubelt.
Tooma, die Puppe wieder als Turban auf dem Kopf, winkte die Sanitäter heran. "Wir könnten hier eine Trage gebrauchen!"
***
Als ich wieder wusste, wo ich war, begann gerade der Kampf zwischen Lian und Hassin. Ich hätte mir das gerne angesehen, aber ehrlich gesagt bereitete mir selbst ein Kopfnicken schon erhebliche Schmerzen. "Halt still, Mamo-chan."
Nun fuhr ich erst Recht herum, und wurde mit erheblichen Schmerzen belohnt. "Autsch!"
"Ich sagte doch, du sollst still halten", tadelte mich Ranko-sensei mit Wärme in der Stimme. Chakra strömte von ihren Händen in meinen Körper und erfüllte mich mit Wärme. Das war angenehm, aber es trug nicht sonderlich dazu bei, meine Schmerzen zu lindern. "Ranko-sama? Wo warst du vorhin? Ich habe dich gesucht. Und warum bist du ein Mensch?", raunte ich.
"Wie ich dir schon sagte, ich habe Geschäfte in Kumogakure und konnte dir bei deinem Kampf leider nicht helfen. Aber ich denke, Perine hat mich würdig vertreten."
Ich lachte leise. "Oh ja, das hat sie. Wenn ich daran denke, ich hätte wirklich König Enma beschworen... Ich weiß nicht, was er mit mir angestellt hätte."
Sie gab mir einen leichten Klaps auf die rechte Schulter, was wieder eine Schmerzwelle durch meinen Körper jagte. "Vielleicht haben wir dir einmal zu oft gesagt, dass du Affenkrieger nicht ohne triftigen Grund beschwören sollst."
"Das ist es nicht. Es waren eher die angedrohten Strafen, wenn ich es doch mache", erklärte ich.
"Ach so, das." Sie lächelte wie bei einem guten Witz.
"Da ist er also, unser Held." Uzuki-senseis Gesicht erschien über mir. "Respekt, Mamo-chan, ich habe dir nicht zugetraut, dass du noch so viele Reserven hast. Ich dachte, ich hätte dir alle verschlossen."
Sie hatte was? "DU HAST WAS?", rief ich erschrocken und fuhr hoch. Nur um sofort unter großen Schmerzen wieder zu Boden zu sinken.
"Ich habe deine Chakra-Knotenpunkte verschlossen. Die meisten, zumindest."
"Ja, aber, aber, aber... WARUM?"
Uzuki-sensei zuckte die Achseln. "Damit du deine Beschwörungstechnik verwendest."
Entsetzt stöhnte ich auf. "Das leuchtet mir in keinster Weise ein."
"Ach, das hat rein finanzielle Gründe. Sicher, du hättest Jardin und die Riesenschlange auch so besiegen können. Und das wäre sicherlich dein Sprungbrett zum Chunin gewesen."
"So, hätte ich das?" Ich war mir eher sicher, dass ich gegen die Schlange keine Minute überlebt hätte.
"Ja, hättest du. Aber da draußen sitzen viele potentielle Auftraggeber, die sich die Kämpfe vor allem deshalb anschauen, um zu sehen, welche versteckte Stadt das meiste Potential bietet, welche voraussichtlich Aufträge am besten erledigen wird. Dadurch, dass du vor deren Augen einen Affen beschwört hast, hast du der Reputation von Konoha genutzt."
"Aha, wie interessant", murmelte ich.
"Sieh es als Auftrag, von dem du nichts wusstest, Mamo-chan", sagte sie nonchalant, und packte meinen Körper mit festem Griff. Beinahe sofort konnte ich Erleichterung spüren. "Ich löse jetzt die Blockaden wieder. Gleich geht es dir besser."
Ich stöhnte gequält. "Und wofür das alles? Damit ich aller Welt zeige, dass Konoha Kontraktnutzer für den Affenclan hat?"
Sensei lächelte niedlich. "Genau das. Eine rein taktische Entscheidung."
"Aber warum hast du mir das dann nicht einfach gesagt?", rief ich verzweifelt.
"Weil du fraglos versucht hättest, ohne Beschwörung auszukommen, Konoha." Tooma trat grinsend in den Warteraum ein. Hinter ihm wurde Hanako auf der Trage herein gebracht. "Du bist ein ziemlich sturer Vogel."
Ich ächzte. "Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Warst du nett zu ihr?"
"So nett wie es ging. Sie hat eine vergiftete Nadel in der Schulter. Das Gift dürfte in etwa zehn Sekunden abklingen."
"Definiere nett", verlangte ich.
"Zwei Meter Abstand-nett. Reicht das?"
Merkwürdigerweise tat es das. Ich nickte. Zusätzlich spürte ich die Erleichterung durch das Öffnen meiner Chakra-Knoten.
"Du wirst noch ein paar Stunden Schmerzen haben, aber nicht so schlimme wie bisher", sagte Uzuki-sensei. Sie gab mir einen Klaps auf die Schulter, der diesmal nicht so furchtbar schmerzte. "Na los, steh auf und geh hin."

Mit ihrer und Ranko-samas Hilfe kam ich auf die Beine. Ich ging bis zu Hana-chan und sah auf das schlafenden Mädchen herab. Merkwürdig, so wie sie da lag, mal nicht laut und polternd, nicht so besitzergreifend und Kommandosüchtig, sondern einfach nur friedlich schlafend, da war sie richtig süß. Man konnte sagen, schön. Vor allem weil sie das typische Blondhaar ihrer Familie geerbt hatte, das ihr Gesicht nun wie goldene Seide einrahmte. "Tooma, kannst du mir ein paar Liter von dem Zeug mitgeben? So friedlich sehe ich sie nie wieder."
Der Suna-Nin lachte abgehackt. "Eventuell, Konoha. Eventuell. Ich muss jetzt mal schauen, wie es meinem Mädchen geht." Er nickte mir zu und trat zum Ausgang zu den Zuschauerrängen.
Derweil schlug Hana-chan die Augen auf. Mir pochte das Herz bis zum Hals. "Mamo-chan", hauchte sie, "ich habe verloren."
"Tooma ist ein starker Gegner. Du brauchst dich nicht zu ärgern, dass du verloren hast, Hana. Das ist keine Schande."
"Mamo-chan!", rief sie mit gequälter Stimme. Sie kam hoch und klammerte sich an mich. "Danke, dass du so verständnisvoll bist!"
Peinlich berührt spürte ich ihre Umarmung. Und ich spürte noch etwas anderes, weiches, in doppelter Ausführung auf meiner Brust.
"Das geht schon in Ordnung, Hana", sagte ich. "Aber könntest du mich wieder loslassen?"
"Ist dir das so unangenehm, dass ich bei dir Trost suche?", fragte sie schniefend.
"Das ist es nicht."
"Dann lass mich doch noch ein wenig so bleiben."
Seufzend gab ich nach. Zumindest bis ich einen stechenden Blick in meinem Rücken spürte.
Ich wandte mich um so gut ich konnte.
Karin sah mich aus großen, wässrigen Augen an. Na klar, da hatten wir die Bescherung. Sie hatte ihre zarten kleinen Hände zu Fäusten geballt. "Mamo-chan, wenn ich verliere, kriege ich dann..."
"Wenn du gewinnst", sagte ich mit Betonung auf dem letzten Wort, "kriegst du was immer du willst!" Auch wenn es bedeutete, dass mein Geldbeutel erneut geschröpft werden würde.
Karins Augen wurden riesengroß. "A-alles, was ich will?"
"Und ich mir leisten kann", schränkte ich ein.
"Alles, was ich will?" Ihr Blick ging zu Amir herüber, der plötzlich blass wurde. "Na, schönen Dank auch für diesen Motivationsschub, Mamoru", sagte er sarkastisch.
"Sieger: Hassin, Getsugakure!"
"Dann sind wir jetzt wohl dran, Karin-chan. Aber vergiss nicht, wenn ich am Boden liege und nicht mehr atme, solltest du aufhören."
"Was? Aber ich... Ich meine... Ich gebe nur mein Bestes, Amir-kun!"
"Genau das befürchte ich ja. Also bis gleich, Mamoru. Hoffentlich in einem Stück", fügte er mit einem Seufzer an.

Tooma kam wieder herein, mit einer nachdenklichen Miene. "Das war ein guter Kampf. Lian hat ihn nur knapp verloren. Sein Genjutsu natürlich. Äh, Konoha, was machst du da eigentlich?"
"Meine Teamgefährtin wegen ihrer Niederlage trösten."
"Aha. Meinst du, das klappt auch mit Lian?"
"Weiß nicht. Kannst es ja mal versuchen." Ich sah Hanako an. "Und? Hast du jetzt genug von..."
"Nur noch ein kleines bisschen", murrte sie.
Ich seufzte erneut. Frauen. Was für ein merkwürdiges Volk. Und warum grinste Uzuki-sensei so merkwürdig?
Aber ich schwor mir, Karins Kampf anzuschauen, und wenn ich Hanako dafür tragen musste.
***
Karin Akimichi war schon immer dünn gewesen. In den Worten ihrer Mutter hieß das mager. Die Körperkunst des Akimichi-Clans funktionierte am Besten, wenn man gesunde dreißig bis vierzig Prozent Übergewicht auf den Hüften hatte, das war wichtig für die Reserven, die das Familienjutsu benötigte.
Tatsächlich gab es ein paar geheime Künste des Clans, die Karin niemals erlernen oder gar anwenden durfte, da sie ihre Kraft direkt von der Körpersubstanz nahmen, nicht vom Chakra. Es war schon mehr als einmal vorgekommen, dass ein Akimichi stolz und rundlich in die Schlacht gezogen war, und anschließend als abgemagertes Gerippe zurückgekehrt war - aber natürlich siegreich. Karin war also für die wichtigsten Familienjutsu nicht geeignet, und lange Zeit hatte es eine Diskussion darüber gegeben, ob man sie überhaupt Ninja werden lassen sollte. Erst ein Machtwort ihres Vaters, der die Clanoberen daran erinnerte, dass die Welt der Shinobi nicht nur aus den Jutsu des Clans bestand, hatte dazu geführt, dass sie das dürre Kind tatsächlich auf die Schule gelassen hatten.
Karin wusste das. Sie kannte ihre Defizite, ihre eingeschränkten Möglichkeiten. Meistens behalf sie sich mit einer Soldatenpille, die Kalorien für mehrere Tage bot. Für sie reichte sie ein paar Stunden. Auf diese Weise konnte sie ein wenig mehr Energie herausschinden, die für das eine oder andere Akimichi-Jutsu notwendig waren. Der Rest waren Erdjutsu, die sie unter Hayate-senseis Anleitung erlernt hatte. Und sie war gut darin. Allerdings war sie bisher in noch keinem Gefecht gewesen, in dem ihr Baika no Jutsu die Situation nicht schnell und nachdrücklich geklärt hätte. Auch so ein Problem. Als Ninja wusste sie, dass man sich nicht auf einen einzigen Trumpf verlassen sollte. Aber sie setzte dieses Jutsu so natürlich ein wie andere die Atmung benutzten. Und es fraß auch nur wenig Chakra.
Diesmal war es ein wenig anders. Amir war auch Ninjutsu-Nutzer mit Erdaffinität. Und er war mindestens zehn Jahre älter und erfahrener als sie. Sicherlich, er war noch kein Chunin, und das bedeutete nicht die besten Fähigkeiten. Aber sie hatte ihn am Turm kämpfen gesehen. Und sie hatte sein Vorrunden-Duell gesehen. Ihn zu unterschätzen wäre tödlich gewesen. Und dann war da noch die Geschichte, die Kabuto-san ihr erzählt hatte. Dass er grausam war, jede Chance nutzte. Tödlich und präzise.
Aber der wichtigste Punkt war, dass Mamo-chan ihr versprochen hatte, was immer sie wollte, wenn sie diesen Kampf gewann. Das bedeutete, sie konnte ihn um einen kleinen Urlaub bitten, nur sie zwei, vielleicht in einem Onsen-Hotel. Gemeinsam in einem Privatbad baden, zusammen zu Abend essen, sich einen Raum teilen und die Nacht zusammen verbringen. Nur sie zwei, ganz alleine, und dann... Und dann...
"Karin, irgendwie machst du mir Angst. Wo holst du eigentlich das ganze Chakra her? Und warum bist du so krebsrot im Gesicht?", raunte Amir ihr zu.
Erschrocken sah sie den Getsu-Ninja an. "D-das ist die Aufregung." Sie verbeugte sich, während sie hinter Motoi-sensei herging, vor Amir. "I-ich hoffe, du hältst dich nicht zurück. Ich will nicht verlieren, wenn du mich geschont hast. Und ich will nicht gewinnen, wenn du nicht alles gegeben hast!" Womöglich nahm Mamo-chan sein Wort wieder zurück, wenn er meinte, Amir habe sie gewinnen lassen! Und was wurde dann aus dem schönen Urlaub? Ihre gemeinsame...
"Natürlich kämpfe ich mit voller Kraft!", erwiderte er entrüstet. Leiser fügte er hinzu: "Ich kämpfe hier schließlich um mein Leben. Dieser Mamoru. Was hat er sich dabei gedacht, als er ein Streichholz in dieses Sprengstofflager geworfen hat? Na, vermutlich nichts, wie immer." Ergeben seufzte Amir und zuckte mit den Schultern.
"S-sprengstofflager?" "Ich meine dich, Karin. Mamorus Worte haben dich so aufgeheizt, du stehst fast vor einer Explosion. Wenn ich überleben will, muss ich schon mit ganzem Einsatz kämpfen."
"Wenn Ihr zwei dann mit tratschen fertig seid, würde ich gerne den Kampf beginnen", mahnte Motoi.
Die beiden sahen auf. Sie standen bereits in der Mitte der Halle.
"Entschuldigung, Sensei!" Karin verbeugte sich tief vor ihm.
"Tut mir leid. Hab's gar nicht gemerkt", murmelte Amir peinlich berührt.
"Wie dem auch sei. Vierter Kampf, Start!"
Motoi-sensei verließ die Mitte, und zog sich wieder auf die Bühne zurück.

Nun ging es also los. Eine seltsame Erregung hatte Karin erfasst. Hatte sie bisher gekämpft, um Hana-chan nicht zu enttäuschen und um vor Mamo-chan gut auszusehen, so ging es diesmal um etwas Größeres, größer als der Titel einer Chunin. Es ging um ihr ganzes zukünftiges Leben mit Mamo-chan!
Das schlanke Mädchen massierte mit der Linken die Knöchel der Rechten. Die Knochen knackten dabei bedrohlich. "Es tut mir leid, wenn ich jetzt etwas rau zu dir sein muss, Amir-kun", sagte sie in einem bedauernden Tonfall.
"Oh, ich habe so etwas schon erwartet..." Über seine Augen senkte sich ein Schatten düsterer Vorahnung. "Bringen wir es hinter uns, Karin-chan."
"Okay. KATON!"
Die junge Akimichi spie einen Feuerball aus, dem Amir nur knapp ausweichen konnte. Karin verfolgte ihn eine Zeitlang mit dem Feuerstrom, so weit das Feuer in ihrem Mund reichte, aber Amir war knapp vor den Flammen.
Entgeistert starrte er die Kunoichi an. "Sag mal, was war das denn? Ich dachte, du bist Erd-affin! Und außerdem, ich habe mit deinem Körperjutsu gerechnet!"
Verlegen kicherte sie und legte einen Arm hinter ihren Kopf. "Sarutobi-sensei hat mir ein paar Katons beigebracht. Er meinte, ich habe eine leichte Affinität zum Feuerjutsu."
"Dann beherrschst du jetzt also zwei Elemente? Respekt, Karin-chan, Respekt."
"Ach, was heißt beherrschen? So kunstvoll wie Mamo-chan bin ich nicht. Was er mit dem Kunai und seinen Flammen gemacht hat, erlerne ich nie."
"Dennoch, das ist ein Riesenfortschritt. Beinahe tut es mir leid. DOTON!" Amir war ein kleiner, dürrer Mann, er wirkte beinahe zerbrechlich. Aber als er kraftvoll auf dem Boden aufstampfte, schien die Halle zu beben, und ein Riss zog sich über den Kampfplatz. Mitten unter Karin brach der Hallenboden auf zwei Meter Länge auf und offenbarte blanke Erde. Sie quiekte erschrocken auf und fiel in das Erdloch.
Amir vollführte Fingerzeichen, und die Spalte begann sich zu schließen und Karin lebendig zu begraben. Dann war Ruhe.
Leiser, zaghafter Jubel regte sich auf der Tribüne, aber Amir war von seinem Sieg nicht überzeugt. "Komm schon, Karin. Das war doch noch nicht alles."
Dort, wo die Akimichi verschwunden war, gab es eine kleine Explosion. Mit Hilfe ihrer riesigen Hände kroch die junge Frau aus dem Loch hervor. Ärgerlich sah sie Amir an. "Ich wollte heute ohne Baika no Jutsu auskommen. Eigentlich!"
"Ohne dein Jutsu? Was genau hat dir Sarutobi-sensei denn noch alles beigebracht?"
"Nicht nur Sarutobi-sensei!" Ihre Arme schnellten nach vorne und wurden dabei ein wenig dünner.
Amir beschwor einen Erdwall, der die Hände stoppte.
Karin riss sie herum, um den Wall, und versuchte nach Amir zu greifen, den nur ein beherzter Sprung auf den Wall rettete.
"Tsuchi Bunshin no Jutsu!" Er gestikulierte erneut, und rund um Karin erhoben sich zehn schlanke Erdsäulen. Die Erde bröckelte ab, zurück blieben zehn Amir-Erdklone. Gemeinsam griffen sie die Kunoichi an, doch Karin zog ihre Hände zurück, vergrößerte sie wieder und schlug einmal um sich. Mit dieser Verteidigung hätte sie auch einem Hyuuga Ehre gemacht. Anschließend spie sie einen Feuerstrom aus, der die zehn Klone erfasste und zu hartem Stein backte.
"Nicht schlecht, Karin, wirklich nicht schlecht. Aber du bist nicht die einzige, die dazu gelernt hat!"
Er formte erneut Handzeichen. "Suiton: Suishouha!" Von seinem Erdwall ausgehend entstand eine Flutwelle, die auf Karin zuraste. Die Welle nahm die Erde mit und verfärbte sich braun. Als die Kunoichi von den Füßen gerissen wurde, trieb Amir die Welle bis an die nächste Wand, wo er aus der Mischung zweier Elemente einen Sumpf entstehen ließ, der Karin bis zum Hals bedeckte. "So, ich denke, das war es dann", sagte Amir zufrieden. "Nur noch verhärten, und du bist gefangen, bis dich jemand mit Hammer und Meißel freihaut."
"Nanu, du hast ja auch was dazu gelernt!", rief Karin erstaunt. "Nur schade, dass es nicht reicht."
"Versuch mal in dem Sumpf deine supergroßen Arme zu bewegen", spottete Amir. "Sieh es ein, es ist vorbei."
"Nun, nicht ganz", erwiderte Karin, grinste, und verschwand in einer Rauchwolke.
"Ein Schattenklon!" Amir fuhr herum, nur um zu spüren, wie sich ein Kunai an seine Kehle legte.
"Karin-chan? Aber wann..."
Die junge Genin lächelte liebenswürdig. "Als du mich in der Erde gefangen hast, hatte ich genügend Zeit dafür. Tut mir leid, das ich so gewinnen muss. Würdest du dann bitte aufgeben?"
Entsetzt starrte Amir sie an. "Du bist ja ganz schön gerissen, Karin.chan, das muss ich schon zugeben. Aber..." Amir verschwand in einer Rauchwolke. Zugleich schoss eine Erdsäule hinter Karin in die Höhe, aus der der richtige Amir hervor kam, und einen Handkantenschlag an ihrem Hals anbrachte. Sie klappte in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Amir fing sie sanft bei den Schultern und legte sie vorsichtig auf dem Erdwall ab. "Aber leider hatte ich genau die gleiche Taktik. Und bei diesem Spiel gewinnt der, der als Letzter aus seinem Versteck kommt. Tut mir leid, Karin-chan, aber aus dem freien Wunsch bei Mamo-chan wird wohl nichts."
"Sieger: Amir, Getsugakure!"

Für einen Moment schien die Halle Kopf zu stehen. Der Kampf war nicht lang gewesen, aber es waren zwei Erdjutsu-Nutzer angekündigt gewesen. Und der eine hatte sich um das Element Feuer erweitert, der andere um das Element Wasser. Alleine das war schon eine Show für sich. Für die Reputation von Getsugakure und Konohagakure war das allemal eine Empfehlung.
Grund genug für minutenlangen Beifall für die beiden Shinobi.
Amir winkte lächelnd in die Runde. Er wusste selbst am Besten, dass das Bestehen im Endkampf nicht bedeutete, Chunin zu werden. Es war nur eine Empfehlung. Er wusste nicht, ob es diesmal klappen würde, aber er hatte sein Bestes gegeben, um Führungsqualitäten zu zeigen, und natürlich seine Stärke. Der Rest lag bei den Jounin seines Heimatortes.
Er blickte die Tribüne hoch. Dort standen Mamoru und Hanako und sahen zu ihnen beiden herab. Sie wirkten nicht besonders erfreut, aber der Shinobi lächelte schließlich doch für Amir, und zeigte ihm den erhobenen rechten Daumen.
Amir imitierte die Geste grinsend.
"Autsch!" Karin schreckte hoch wie aus einem schlechten Traum. "Ich habe verloren, richtig?"
"Ja, hast du. Aber warum bist du schon wieder wach? Der Schlag war so dosiert, dass du mindestens noch drei Stunden liegen bleiben solltest! Was für Monster züchtet Ihr eigentlich in Konoha?"
"Oh, ich habe damit gerechnet, dass du so etwas versuchst, und mir einen Schutzmantel aus verhärteter Erde angelegt." Sie hob die schwarzen Haare an und zeigte ihm den zerbröckelten Panzer. "Leider hast du härter zugeschlagen als ich erwartet habe. Mist."
Amir starrte sie entgeistert an, dann begann er zu lachen. "Himmel, ich wünsche mir gerade, keinem von euch dreien jemals im Kampf begegnen zu müssen." Er reichte ihr eine Hand zum Aufstehen. "Wird wohl nichts mit deinem freien Wunsch bei Mamo-chan."
Sie ergriff die Hand und ließ sich auf die Füße ziehen. "Da kann man halt nichts machen. Du warst eben besser als ich, Amir-kun. Aber lieber ehrlich verloren als dreckig gewonnen. Danke."
"Danke wofür?"
"Danke, dass du mit voller Kraft gekämpft hast. Das war für mich auch ein Beweis dafür, wo ich stehe. Weißt du, mein Selbstbewusstsein war ziemlich im Eimer, damals beim schriftlichen Examen, als Nii-sensei mich heraus gepickt hatte. Aber jetzt bin ich wieder obenauf. Ich konnte mit einem starken Ninja wie dir mithalten. Und du hast mich nicht getötet. Glücklicherweise."
"Getötet?" Irritiert runzelte Amir die Stirn. "Warum hätte ich das tun sollen?"
Nebeneinander, in die Menge winkend, gingen sie zum Ausgang. Karin sagte: "Erinnerst du dich an die letzte Prüfung? Du hast ein Team aus Konoha vernichtet, und das letzte Mitglied zum Sterben zurück gelassen."
"Zum Sterben?" Amir lachte gehässig. "Ja, im zweiten Teil hatten wir einen Zusammenstoß mit Konoha. Aber das Team bestand nur aus zwei Leuten. Der dritte war nicht dabei. Und die beiden habe ich nicht getötet, nur neutralisiert. Auch wenn ich ein Shinobi bin, ich töte nur, wenn ich es muss."
"Kabuto-kun hat mir etwas völlig anderes erzählt!"
"Kabuto?" Amir ergriff Karin an der Schulter. "Kabuto?"
"Ja, Kabuto-kun."
"Ist er hier? Jetzt gerade? Im Publikum?"
"Vorhin war er das. Wieso? Was ist?"
Langsam, bedächtig, löste Amir die Hände von Karins Schultern. "Nichts. Es ist nichts. Er ist nur... Ich weiß, er hat dir viel erzählt, und er wird sehr überzeugend gewesen sein. Und jetzt steht meine Version gegen seine Version. Aber wenn du einen Rat von mir annehmen willst, Karin-chan, gehe diesem Bastard aus dem Weg! Er ist gefährlich, tödlich und rücksichtslos! Halte dich immer zuerst an deine Teamkameraden!"
"Ich verstehe nicht. Was ist denn passiert?"
"Ich bin ihm begegnet, aber nicht im Chunin-Examen. Der Kerl ist ein unbesiegbares Monster, und vollkommen gewissenlos", erwiderte Amir mit rauer Stimme. "Karin, höre auf mich. Meide diesen Bastard."
"I-ich weiß gerade nicht, was ich denken soll", erwiderte sie.
"Nun, Zweifel sind besser als nichts." Amir musste plötzlich lächeln. "Willst du dir jetzt nicht deine Umarmung bei Mamoru abholen? Du hast doch auch verloren, genau wie Hana-chan."
"Stimmt! Da war ja noch was! Mamo-chan!"
Amir sah der Kunoichi nach. Die drei waren ein verrücktes Gespann. Und Mamoru würde mit den beiden noch viel Ärger haben, aber auch gute Zeiten erleben. Was ihn selbst betraf, wenn Kabuto noch immer in Kumogakure war, dann musste er seine Teamkameraden warnen. Denn alleine oder gar zu dritt waren sie ihm keinesfalls gewachsen.

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8.
Der Weg zurück

"Ach ja. So fühlt sich das Paradies an." Mit äußerstem Wohlbehagen ließ sich Omoi neben mir in das heiße Wasser des Onsen sinken. Das Wasser hatte eine gute Temperatur, und nach den anstrengenden letzten Tagen hatte er sich die Entspannung verdient.
Er warf mir einen schiefen Seitenblick zu. "Was ist los, Kleiner? Planst du gerade eine Attacke auf das Frauenbad?", fragte Omoi und deutete mit dem Daumen hinter sich.
"Das haben wir gehört!", klang Karuis wütende Stimme auf. "Untersteh dich! Und zieh den armen Mamo-chan nicht immer in diese Sachen mit rein!"
Ich seufzte leise. Nachdem wir das Gebiet von Kirigakure im Eilmarsch passiert hatten - immerhin waren wir Schuld daran, dass die beiden Gruppen Kiri-Genin bei der zweiten Prüfung gescheitert waren - hatten wir im Land der heißen Quellen ein Rasthaus gefunden. Natürlich mit heißer Quelle. Die Mädchen hatten sich darüber sehr gefreut, aber mir gingen zu viele Dinge durch den Kopf, als dass ich die Wärme des Wassers richtig genießen konnte.
Oder Omoi tatsächlich auf ein waghalsiges Abenteuer begleitete, um ins Frauenbad zu linsen. "Entschuldige, aber ich bin gerade ganz woanders."
"Das ist vollkommen normal, Mamoru-kun", sagte Asuma, während er nach der üblichen Vorreinigung in das heiße Wasser stieg. "Es war eine anstrengende Woche. Und hier fängt der Ärger für dich wahrscheinlich erst an."
"Nun verschüchtere den Kleinen doch nicht gleich, Asuma-kun", sagte Kirabi, während er sich einshampoonierte. "Er ist nicht Kakashi, und er ist auch nicht so ein Monster wie du."
"Na, danke für das Monster", murrte der Spross der Sarutobi-Familie. Er setzte sich ins Osen, streckte sich einmal behaglich, und ließ sich nach hinten sinken. Als er sich richtig wohl fühlte, steckte er sich seine obligatorische Zigarette an.
"Asuma, rauchst du etwa? Kannst du diese Unsitte nicht wenigstens im Bad sein lassen?", klang die Stimme von Kurenai-sensei auf.
Asuma fuhr vor Schreck heftig zusammen. Hastig nahm er die Zigarette aus dem Mund und steckte sie mir zwischen die Lippen. "Ich rauche doch gar nicht! Mamoru-kun raucht!"
Erschrocken sog ich Luft in meine Lungen, und damit den beißenden Rauch der brennenden Zigarette. Der anschließende Hustenanfall ließ mich kurz befürchten, ich könnte daran sterben. "Asuma-sama!", krächzte ich vorwurfsvoll, als ich wieder einigermaßen atmen konnte. Also, Tabak würde mit Sicherheit keines meiner Laster werden.
Kirabi-sama stieg nun ebenfalls ins Bad, nahm mir die Zigarette aus dem Mund, löschte es an der Innenseite seiner rechten Hand, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und ohne sich zu verletzen, und schnippte das nun nutzlose Röllchen über den Außenzaun. "Dies hier ist ein Nichtraucherbereich, Mamo-chan", dozierte er.
"Sensei! Du auch?", erwiderte ich anklagend.
"Was? Du rauchst?", rief Hanako von drüben zu uns herüber. "Uns gegenüber den Moralapostel spielen und sagen wie gefährlich und unnütz rauchen ist, und dann qualmst du selber? Dir soll noch mal einer was glauben, Mamo-chan!"
Okay, damit saß ich in der Falle. Obwohl keines der Mädchen, geschweige denn unsere Lehrer, mich jemals mit einer Zigarette gesehen hatten, würden sie glauben, ich würde rauchen. Und das nur, weil Kirabi-sama Asuma zu Hilfe gekommen war, und nicht mir.
"Na, ist ja auch egal", murmelte ich, und ließ mich bis zur Nase ins Wasser sinken. Ich würde mir nachher noch gründlich den Mund ausspülen müssen, um diesen schrecklichen Geschmack los zu werden.
Omoi legte einen Arm um meine Schulter. "Kopf hoch, Kleiner. Wenn die Großen sich gegen die Kleinen verbünden, dann verbünden sich die Kleinen eben gegen die Großen." Er grinste schelmisch und holte tief Luft. "Nein, Asuma-sama, danke für das Angebot, aber diese Zigarette ist nicht meine Marke!"
Konsterniert sah der Jounin den Kuro-Ninja an.
"Also doch! Asuma!" Beinahe erwartete ich, dass Kurenai-sensei das Männerbad stürmte. Entrüstet genug klang sie jedenfalls.
Nun ließ sich auch Asuma ins Wasser sinken. "Mist", murmelte er. "Das wird sie mir nachtragen."
Das hatte er zweifellos verdient, aber aus irgend einem Grund schien ihm das wichtig zu sein. Wie und warum, das überstieg damals meinen Horizont.
Es würde noch einige Zeit dauern, bis ich begriff, dass Männer durchaus versuchten, vor Frauen besser dazustehen als sie eigentlich vorweisen konnten.

"Danke", murmelte ich in Omois Richtung.
"Na, da bist du ja wieder", sagte er zufrieden. "Was hat dich denn so sehr abgelenkt?"
Ich schnaubte amüsiert aus. "Dieses und jenes."
"Dieses und jenes? Also, das musst du erklären."
"Habe ich mich jetzt zum Chunin empfohlen? Will ich überhaupt Chunin werden? Diese Dinge gehen mir durch den Kopf. Weißt du noch, damals vor der Burg, als wir wie aus dem Nichts angegriffen wurden, während Kirabi-sama und Uzuki-sensei fort waren? Da erschien mir alles so klar, alles so greifbar. Es war machbar. Aber wenn ich daran denke, dass ich eine Position wie Uzuki-sensei als Teamführer einnehmen soll, dann kochen die Zweifel in mir hoch."
"Kopf hoch, Mamoru-kun", sagte Asuma und klopfte mir auf die Schulter. "Ein Sieg im Finale garantiert noch lange keine Beförderung, das kann ich dir versprechen. Nur die Summe der ganzen Prüfung lässt den Schluss zu, ob du zum Chunin geeignet bist oder nicht."
"Und? Was sagt diese Prüfung? Du musst doch deine Meinung abgeben, oder? Was denkst du? Wie lautet deine Empfehlung, Asuma-sama?"
Dem Jounin entgleisten kurz die Gesichtszüge. "Also, ich weiß nicht wie sich Yugao-chan und Yuhi entscheiden werden, aber ich werde dem Rat empfehlen, dass du ein Chunin werden sollst. Allerdings werde ich die gleiche Empfehlung auch für Hana-chan und Karin-chan aussprechen. Das ist so oder so kein Garant für diese Beförderung." Etwas leiser fügte er an: "Zumindest kein absolut sicherer."
"Wenn Konoha deine Talente nicht zu würdigen weiß", mischte sich Kirabi-sama ein, "dann komm nach Kumo zurück. Bei uns wirst du Chunin, das verspreche ich dir. Beliebt bist du ohnehin bei uns."
Das ließ mich kurz lächeln. Kirabi-sama spielte damit auf den Abschied vor vier Tagen an, als wir Kumogakure verlassen hatten. Ich war von einer mittleren Menschenmenge verabschiedet worden, und man hatte mich mit Geschenken überhäuft. Um all das nach Hause zu schaffen, musste ich zwei Schattenklone beschwören, die meine beiden zusätzlichen Rucksäcke trugen. Ich war überrascht über die Großzügigkeit Kumogakures, aber andererseits war sie auch verständlich. Denn diese Menschen waren die gleichen, für die ich in Uzuki-senseis Auftrag die vielen kleinen Aufträge erfüllt hatte. Menschen, mit denen ich täglich zu tun gehabt hatte. Menschen, die wollten, das ich sie in Erinnerung behielt, so wie der Gemüsehändler, Herr Ataba, für den ich zweimal die Woche Frischware per Karren aus dem Tal geholt hatte. Oder Mappi-san, der Geldbote, den ich immer eskortiert hatte. Ataba-san hatte mich mit Frischobst für alle versorgt; Mappi hatte es sich nicht nehmen lassen, mir ein erschreckend großes Trinkgeld mit auf den Weg zu geben. Unnötig zu erwähnen, dass die Mädchen mich genötigt hatten, sie mit diesem Geld mit Süßigkeiten und anderen Leckereien zu versorgen. Und das waren nur zwei Beispiele von vielen.
Der Abschied war mir entsprechend schwer gefallen. Aber dass Kirabi-samas Team uns noch bis durch das Land der heißen Quellen eskortierte, linderte den Abschiedsschmerz schon ein wenig. Zumindest, bis auch sie wieder zurückkehren mussten.
"Das Problem liegt ja genau darin. Ich meine, Omoi drückt sich davor, Chunin zu werden. Warum also nicht auch ich?"
"Weil Gekko dir in den Hintern treten würde, und zwar ziemlich kräftig, wenn du dir diese Gelegenheit entgehen lässt, Mamoru-kun", sagte Asuma süffisant, und ich befürchtete, er hatte vollkommen Recht damit.
"Und warum darf Omoi das dann?", fragte ich maulig.
"Weil irgendeiner auf diesen faulen Feigling aufpassen muss", klang es vom Frauenbad herüber. Für einen Augenblick dachte ich, Karuis Stimme erkannt zu haben. Aber es war ausgerechnet die sonst so beherrschte, stoische Samui gewesen. Das erstaunte mich schon.
Omoi aber grinste nur breit und legte beide Arme hinter den Kopf. "Sagen wir einfach, wir haben eine Regelung getroffen. Nicht, Sensei? Äh, Sensei?"
"Hm? Nicht jetzt, Omoi. Also, Asuma-kun, was denkst du? Wen ich mir einen Bart stehen lasse, genau wie du einen trägst, dann käme das doch cool, oder? Und früher habe ich immer gerne Sonnenbrillen getragen. Das würde auch gut dazu passen, oder?"
"Sonnenbrille ist eine gute Idee. Du hast definitiv ein Sonnenbrillengesicht. Und hast du auch schon mal drüber nachgedacht, das Tuch deines Stirnbands wie ein Kopftuch zu tragen? Das sieht bestimmt auch gut aus."
Omoi machte einen verächtlichen Ton. "Scheint so, als wenn die beiden jeder weiteren Diskussion über deine Verwendung als Chunin ausweichen wollen. Mehr Informationen kriegst du aus den beiden nicht raus."
Ich musterte die beiden Jounin, die sich in ihre Unterhaltung vertieft hatten. Oder zumindest vorgaben, in eine Unterhaltung vertieft zu sein. Mein Versuch, Omoi gegen sie auszuspielen, hatte auf ganzer Linie versagt. Das Fazit blieb das Gleiche. Er und Karui durften den Chunin-Rang vor sich her schieben, und ich durfte es nicht. Blieb nur noch die Möglichkeit, dass die Frauen keine positive Empfehlung für mich aussprechen würden. Aber sollte ich mich wirklich bei ihnen unbeliebt machen? Abgesehen davon hatte der Raikage allen Kumogakure-Kunoichi erlaubt, mich zu liquidieren, wenn sie mich im Frauenbad erwischten. Und war es denn wirklich so schlecht, ein Chunin zu sein? Das bedeutete zwar mehr Arbeit, mehr Risiko und mehr Verantwortung, aber auch mehr Geld. Und eventuell mehr Ruhm.
Apropos Ruhm, verwundert stellte ich fest, das ich wirklich nie weiter als bis zu diesem Punkt gedacht hatte. Genin sein, Ninja sein, Aufträge erfüllen, das war meine Welt gewesen. Und jetzt? Ich würde vielleicht mit etwas Glück drum herum kommen, Chunin zu werden und meine alte Welt auf den Kopf gestellt zu sehen. Dennoch, Neues war nicht automatisch Schlechtes. Und vielleicht bot mir eine Karriere als Chunin Möglichkeiten, die ich jetzt noch nicht sehen konnte. Vielleicht gab es neben dem Geld noch einen anderen, wertvolleren Anreiz für mich. Und da war immer noch der Punkt, dass ich Konoha nicht im Stich lassen konnte. Und das würde ich, wenn ich meine Aufgaben nicht ernst nahm. Wenn ich so eine Beförderung ausschlug.
Auf der anderen Seite würde es für die Mädchen furchtbar sein, wenn ich befördert wurde, und eine der beiden nicht. Sie hatten so hart gearbeitet, ihr Potential ausgereizt, es wäre furchtbar gewesen, wenn dieser Eifer nicht belohnt werden würde. Dass dieser Gedanke zu gleichen Teilen auch für mich galt, wollte ich damals nicht sehen. Immerhin hatte ich ja nur am Examen teilgenommen, um Hanako und Karin die Chance zu ermöglichen, ein Chunin zu werden. Dass ich jetzt die besten Karten auf der Hand zu haben schien, verwirrte mich.
Wie würden sie reagieren, wenn sie es nicht schafften? Wie würde ich reagieren, wenn sie es nicht schafften? Was würde passieren, wenn Hanako Chunin werden würde, aber Karin nicht? Oder umgekehrt?
Es lag so viel Ärger vor mir, vielleicht war es wirklich eine gute Idee, nach Kumogakure zurück zu gehen und dort als Ninja zu arbeiten, anstatt mich dem zu erwartenden Chaos in Konoha zu stellen.
Wieder seufzte ich. Es gab Shinobi, die blieben ihr ganzes Leben lang Befehlsempfänger und Genin, und sie wurden glücklich bei dieser Arbeit. Die waren aber auch schlau genug gewesen, sich nicht zur Prüfung drängen zu lassen.
Wenn ich da an Shikamaru dachte, den Sohn unseres Clan-Führers, hatte ich einen Kandidaten für einen ewigen Genin vor mir. Shika-chan war träge, nachdenklich, seltsam fokussiert und wirkte jede Sekunde als müsste er alle Sorgen Konohas auf seinen schmalen Schultern tragen. Dabei war er weder verweichlicht noch fett, und es hatte mich sehr gewundert, dass er tatsächlich in die Shinobi-Schule eingetreten war. Dabei war er nicht dumm, im Gegenteil. Er vermied nur wo immer es ging, jedwelchen Aufwand. Darin war er wirklich gut. Und das war wohl das eindringlichste Zeichen für seine Intelligenz. Und ein sicheres Zeichen für meine Dummheit. Ich hatte mich nicht so erfolgreich drücken können. Ich, das gutmütige Arbeitstier.
Ich sah wieder zu den beiden Jounin herüber, die sich nun in trauter Eintracht gegenseitig heißen Sake einschenkten. Von ihnen konnte ich keine Antworten auf meine Fragen erhoffen. Außer, sie hatten nichts mit dem Chunin-Examen zu tun. Und so ließen sie mich ins offene Messer rennen.
"Kopf hoch, Kleiner", sagte Omoi und verstärkte seinen Griff ein wenig, um mir Zuversicht zu geben. "Du hast das Chunin-Examen gemeistert. Ab jetzt werden die Dinge nur noch schwerer für dich."
"Du verstehst es wirklich, jemanden aufzumuntern", murmelte ich ärgerlich.
"Ach, dafür sind Freunde doch da."
Nun, wer solche Freunde hatte, war auf seine Feinde zumindest besser vorbereitet.
***
Im Frauenbad ging es entspannter zu. Vielleicht deshalb, weil die Shinobi halt... Frauen waren. Nach dem kurzen Ärger über Asumas Zigarette und darauf, wie er diesen Fauxpas Mamoru hatte unterschieben wollen, hatten es sich die Frauen gemütlich gemacht. Während die Älteren ebenso wie Kirabi und Sarutobi einem heißen Sake zusprachen, mussten sich die Mädchen mit dem Versprechen auf eine Fruchtmilch nach dem Bad begnügen. Das tat dem Genuss der heißen Quelle aber keinen Abbruch, und der leichte vulkanische Schwefelgeruch des Wassers störte sie nicht. Es hieß ohnehin, dass der leichte Schwefelgehalt die beste Medizin war, um eine alte Haut zu verjüngen und eine junge jung zu halten. Nicht, dass auch nur eine der Frauen solch eine Behandlung auch nur ansatzweise nötig gehabt hätte. Von der Narbe auf dem Allerwertesten Uzuki-senseis abgesehen.
Alles in allem war es idyllisch, und zur großen Freude der Mädchen badete das niedliche Äffchen Ranko heute mit ihnen. Es hatte sich sogar in menschlicher Art ein Handtuch gefaltet und auf den Kopf gelegt. Karui und Samui waren vom Anblick den triefnassen Äffchens, das wie ein Mensch lässig am Rand saß und das heiße Wasser genoss, hin und weg.
Aber die Niedlichkeit des kleinen Affen reichte heute nicht, um auch Hana und Karin abzulenken. Ihre Gedanken schienen um ganz andere Dinge zu kreisen, und selbst der niedliche Affe konnte sie kaum auf andere Gedanken bringen.
Uzuki und Kurenai sprachen derweil ihrem Sake zu und tratschten wie alte Weiber miteinander.
Hana und Karin konnten also den eigenen Gedanken nachhängen, und die drehten sich natürlich um Mamoru Morikubo.
"Wehe, er kommt rüber und beobachtet uns beim Baden", grummelte Hanako ärgerlich. "Dann werde ich... Werde ich..." Die schlanke Blonde errötete plötzlich, und ließ sich ganz ins Wasser sinken. Als sie nach einiger Zeit wieder auftauchte, weil sie die Luft nicht mehr anhalten konnte, spürte sie Karins Blick auf sich ruhen. "M-meinst du, er will uns überhaupt ansehen? Ich habe nachgedacht, und wenn ich mir Samui und Karui so ansehe... Er hat sie im Bad gesehen, und Karui hat seinen Kopf auf ihren Busen gebettet." Mit großer Verzweiflung sah die junge Akimichi an sich herab. Da gab es nicht viel, was man Busen nennen konnte, im Gegensatz zu den Brüsten der beiden Kumo-Kunoichi, bei denen sich die Entwicklung zu einer prächtigen Oberweite bemerkbar machte.
Karui errötete, als sie das hörte. "Lasst euch das nicht zu Kopf steigen! Immerhin hat er uns getäuscht! Vorsätzlich! Und uns aufs Schlimmste ausgenutzt! Und... U-und..." Noch mehr errötend starrte sie auf ihre Brust.
"Aber er war schon niedlich als Frau, oder?", ragte Samui schelmisch. "Als er sich zurückverwandelt hat, fand ich das richtig schade."
"Schon. Niedlich war er. Ich bin ja auch gar nicht mehr böse. Ich weiß ja, dass der Quatsch auf Omois Mist gewachsen ist. Und er hat uns ja auch zum Essen eingeladen. Aber ich finde, da fehlt noch etwas."
Hanako sah betont gelassen geradeaus. "Und? Hatte er als Mädchen eigentlich viel Oberweite?"
"Ob er als Mädchen..." Karui wechselte einen verwunderten Blick mit ihrer Freundin. "Eigentlich nicht." "Nein, eigentlich nicht."
Hana sah zu Karin herüber und wechselte mit ihr einen triumphierenden Blick. "Und wie war es mit der Hüfte und der Taille?"
"Nun", meinte Karui nachdenklich, "die Taille war wirklich dünn, aber dafür hatte er ein recht breites Becken."
Karin, die bei den ersten Worten noch erfreut aufgehorcht hatte, betastete nun die eigene Hüfte und schaute verzweifelt drein.
Umgekehrt war es bei Hanako. War sie bei der dünnen Taille nahe an der Verzweiflung gewesen, so hatte das breite Becken ihre Hoffnungen erneut entfacht.
"Wieso fragst du?", fragte Karui.
"Ach, aus keinem bestimmten Grund. Ich möchte ihn nur wiedererkennen, wenn er sich als Frau verkleidet und vor mir steht." Vorsichtig ging ihr Blick zu Karin. Hoffnung und Verzweiflung hielten sich dort die Waage, genau wie bei ihr selbst. Unentschieden. Die beiden Mädchen reglementierten das mit einem erhobenen Daumen.
"Wisst Ihr", begann Samui, "wenn ich so drüber nachdenke, ist das vielleicht keine schlechte Idee. Ich meine, Mamo-chan schuldet uns was. Ich meine, richtig was. Und Omoi hat auch noch nicht genug bezahlt, finde ich. Warum schnappen wir uns die beiden nicht, zwingen sie, sich wieder in Frauen zu verwandeln, und..."
Karuis Augen leuchteten auf. "Und machen dann ihre Haare und ihr Make-Up! Und stecken sie in hübsche Kimonos!"
Nun begann das Feuer dieser Begeisterung auch die Konoha-Genin zu erfassen. "Ich habe rosa Lippenstift dabei", sagte Hanako hastig. "Und blauen Lidschatten!"
"Aber Hanako, das können wir doch nicht machen", mahnte Karin.
"Ja, du hast Recht. Wir dürfen nicht so übertreiben."
"Nein, das meinte ich nicht. Mamo-chan ist doch ein Erdfarbentyp. Wir müssen meine Schminke benutzen", sagte die kleine Akimichi mit verschwörerischem Lächeln.
Ein unheilvolles leises Gekicher voller Vorfreude erhob sich im Frauenbad.
Drüben bei den Männern hörte man, wie jemand hastig aus dem Wasser sprang.
Lautes Gelächter war zu hören, und schließlich rief Kirabi-sama: "Ihr braucht es gar nicht erst zu versuchen! Sie finden euch ja doch, Mamoru-kun, Omoi!"
"Ach, wie interessant. Sie versuchen uns zu entkommen", sagte Karui, noch immer dieses Kichern auf den Lippen. Sie erhob sich und ging auf den Ausstieg zu. Dabei bewegte ihr Körper, der zu schweben schien, nicht einmal ansatzweise das Wasser. Auch Samui, Karin und Hanako standen nun auf. Immer noch lag dieses leise Kichern in der Luft. Kurz darauf begann die Jagd.

Als die Mädchen das Bad verlassen hatten, verwandelte sich Ranko-sama in ihre Menschengestalt. "Hach, endlich etwas Entspannung." Sie seufzte ergeben und streckte ihre langen Beine so weit aus wie es ging.
"Sake, Sensei?", fragte Uzuki und bot der Affenkriegerin eine Trinkschale an.
"Gerne. Ein Schlückchen ab und an ist gesund."
Als ihre Schale gefüllt war, nahm sie einen kräftigen Zug davon und seufzte zufrieden. "Wollt Ihr die vier nicht aufhalten?"
"Warum?" Uzuki schüttelte den Kopf. "Von Schminke ist noch niemand gestorben."
"Abgesehen davon tut es den beiden vielleicht mal gut", fügte Kurenai an. "Ich meine, vielleicht merkt Omoi, was er an den beiden hat. Und Mamo-chan kapiert vielleicht endlich, was er haben könnte. Bevor seine Trottelhaftigkeit zu einer ernsten Krise führt."
"Oder er womöglich ein anderes Mädchen kennenlernt und den beiden vorzieht", ergänzte Uzuki. "Die sollte dann aber besser eine weit fähigere Shinobi sein als meine beiden Mädchen. Sonst hat sie ein schweres Leben."
"Na, Ihr seid mir ja zwei Schätzchen", klang Sarutobis Stimme vom Zaun auf. Der Ninja schaute über die Spitze, eine Zigarette im Mundwinkel und sah auf die Frauen herab.
"Hier wird nicht gespannt!", rief Kurenai,.schleuderte ein Kunai nach ihm und ließ ihn in Deckung gehen. "Was denkst du dir nur dabei?"
"Ich denke, du hast mich beim Rauchen erwischt, also was sollte mir noch Schlimmeres passieren?"
"Lass ihn doch", sagte Ranko mit einem breiten Grinsen. "Wenn er sich von Yugao-chan oder mir davon ablenken lässt, dich anzuschauen, dann hast du ohnehin schlechte Karten, Yuhi."
"W-wer braucht schon schlechte Karten? Oder gute?", erwiderte die Jounin. "Und vor allem, ausgerechnet bei dem?"
Ranko und Uzuki wechselten einen schnellen Blick, bevor sie in schallendes Gelächter ausbrachen.
"Was ist?", fragte Kurenai, noch mehr errötend.
"Ach, nichts, nichts. Du hast vollkommen Recht. Dass er nur dich angeguckt hat, hat dann sicherlich auch nichts zu bedeuten. Noch etwas Sake, bitte, Yugao-chan."
"Aber natürlich, Sensei."
"Und genauso meine ich das auch", sagte Kurenai hastig. Aber sie schien ihre eigenen Worte nicht wirklich ernst gemeint zu haben, denn verstohlen schaute sie zum Zaun herüber, um zu sehen, ob Asuma nicht ein weiteres Mal zu spionieren versuchte.
***
Das Glucksen und die erfreuten Stimmen der Mädchen waren nun schon eine lange Zeit zu hören gewesen. Als das Abendessen anstand, und Kirabi-sama alle zum Essen rief, erwarteten die Jounin sicherlich das Schlimmste, Demütigendste, was Omoi und mir widerfahren konnte. Diese Toren hatten ja keine Ahnung
Als wir, von den Mädchen geschoben, eintraten, herrschte vollkommene Stille unter den Shinobi. Bis Kirabi-sama in brüllendes Gelächter ausbrach. Nach und nach fielen die anderen Jounin ein.
"Also, das ist jetzt nicht sehr nett", murmelte Omoi und versuchte den Speisesaal wieder zu verlassen.
"Oh nein, das wirst du nicht", raunte ich ihm zu und hielt ihn am Gürtel seines Kimonos fest. "Wir stecken beide drin in der Scheiße."
"Sind sie nicht schön geraten?", säuselte Samui, während sie ein letztes Mal über die Aufschläge des Kumo-Nin ging, damit der herrliche Kirschblüten-Kimono voll zur Geltung kam. In Verbindung mit den weißen, nach hinten gegelten Haaren und dem Lippenstift, der der Farbe der abgebildeten Blüten glich, sicherlich eine perfekte Kombination und sehr feminin. Nur leider hatten die Mädchen das Wichtigste vergessen.
"Eine Frage", sagte Asuma, und sah von Omoi zu mir und wieder zurück. "Wolltet Ihr die beiden nicht zwingen, sich in Frauen zu verwandeln?"
Wir wechselten einen schnellen, verzweifelten Blick. Und ich dachte dabei an den dunkelroten Lippenstift auf meinen Lippen und die bunt geschminkten Augen, mit dem mich die Mädchen traktiert hatten.
"Wir haben uns entschieden, dass es so lustiger ist", sagte Karin und lächelte. Ganz entgegen ihrer Art streichelte sie über meine linke Wange. "Gut siehst du aus, Mamo-chan."
"Das liegt ja wohl am Kimono", erwiderte ich, im verzweifelten Versuch, wenigstens einen letzten Rest männlicher Würde zu bewahren, während Sensei auf meiner rechten Schulter saß, und mir meinen heutigen Anteil an Äffchenliebe verpasste. Beinahe war es ja rührend, wie sie mich umarmte und küsste. Andererseits war es auch Sensei gewesen, die diese vier Furien auf unser Versteck aufmerksam gemacht hatte. Meine Begeisterung hielt sich also in Grenzen. Aber sie passte wunderbar zum dunkelblauen Kimono mit den unaufdringlichen braunen und roten aufgestickten Applikationen. Es fehlte nur noch ein gleichfarbener Kimono für sie. Es war schon ironisch, dass ich in den dreißig Minuten in den Händen der Mädchen mehr über einen Kimono gelernt hatte, als zuvor in meinem ganzen Leben. Mehr als ich jemals hatte lernen wollen.
"Na, dann ist ja alles geklärt." Kirabi-sama klatschte in die Hände. "Dann wollen wir essen. Setzt euch, Mädchen." Als Omoi und ich nicht reagierten, fügte er hinzu: "Alle Mädchen."
Wir seufzten vielsagend und nahmen ebenfalls Platz.

Als das Essen aufgetragen wurde, saßen wir links und rechts eskortiert, ich von Hana und Karin, Omoi von seinen beiden Mädchen, damit wir nicht entkommen konnten. Mit Sensei auf der Schulter wäre das auch eine sehr kurze Flucht geworden, und so fügten wir uns in unser Schicksal. Das im Übrigen darin bestand, uns von den Mädchen füttern zu lassen und ihre ständigen Sticheleien darüber, "wie hübsch" wir doch aussahen, über uns ergehen zu lassen.
Derweil sprachen die Jounin dem Sake zu, und schnell wurde es recht ausgelassen. Besonders Kirabi-sama erlebte ich anders als sonst; war er bisher immer beherrscht aufgetreten, so ähnelte er seinem Bruder, dem Raikage, heute mehr denn je. Ein bisschen zu laut, aber sehr fröhlich. Ob die beiden wussten wie ähnlich sie einander waren, obwohl sie nicht blutsverwandt waren?
Ich entspannte mich merklich, blendete die Sticheleien darüber aus, wie niedlich ich doch geschminkt ausschaute, und versuchte das Essen und den Abend zu genießen.
Zumindest, bis die Tür aufglitt, und eine reichlich entsetzte Wirtin herein stolperte.

"Ich bitte um Verzeihung, aber wir haben einen hohen Gast, der einzutreten wünscht."
"Ein hoher Gast?", fragte Kirabi-sama erstaunt, aber am Grinsen der anderen Jounin konnte man erkennen, dass sie diese Entwicklung nicht überraschte. Oder war das ein hämisches Grinsen?
"Er mag als unser Gast eintreten", entschied Kirabi-sensei.
Die Wirtin machte Platz, und deutete dem Wartenden, einzutreten.
Ich war nicht sehr überrascht, als ich Ranma-sensei in seiner Gestalt als Konoha-Shinobi sah.
Verlegen strich er sich über den Hinterkopf. "Es ist mir sehr peinlich, euch zu stören."
"Aber nicht doch, Ranma-sama. Du bist bei uns immer willkommen", sagte Asuma ruhig. Für mich etwas zu ruhig für so einen überraschenden Besuch.
Ranma wollte etwas erwidern, aber ein geölter Blitz unterbrach ihn. Und dieser Blitz zielte auf mich. Bevor ich mich versah, steckte ich in einer innigen Umarmung. "Das ist mein Mamo-chan! Mein Mamo-chan! Und du riechst heute auch noch so gut." Perine wühlte sich in ihrer Affengestalt so gut sie konnte in meinen Kimono. Es vergingen ein paar Sekunden, bevor sie mich wirklich ansah. Als sie es aber tat, löste sie sich von mir, und hielt sich vor lauter Lachen den Bauch. "Was haben sie denn mit dir gemacht, Mamoru? Willst du dich so dem König zeigen?"
Ich erstarrte in vollkommener Konsterniertheit. Ranko-sensei musste Ranma-sama beschworen haben. Der hatte P-chan geholt. Und auch noch Enma?
"Entschuldigt die Störung und das abrupte Erscheinen", klang die dunkle, volltönende Stimme des Affenkönigs vom Eingang auf. Er trat ein, die Wirtin verbeugte sich.
"Enma O!", rief ich und verneigte mich hastig in angemessener Tiefe vor meinem größten Sensei.
Der Affenkönig sah mich irritiert an. "Kennen wir uns, junges Fräulein?"
Als ich ihn daraufhin entsetzt ansah, brach der große Affe in lautes Gelächter aus. "Nur ein Scherz, Mamoru-tono. Nur ein Scherz."
Asuma bot dem König und Ranma-sensei einen Platz am freien Stirnende an, P-chan war nach ihrem Lachanfall nicht mehr von meiner Seite zu kriegen. Das frustrierte Karin und Hanako, auch wenn ich nicht verstand wieso. Also ließen sie die junge Affenkriegerin notgedrungen in ihre Mitte.
Die Wirtin überschlug sich nun fast und tischte neu auf, so als wenn die bisherigen Speisen nur minderwertiger Dreck gewesen wären. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, die Qualität noch steigern zu können. Sie aber schaffte es. Nicht, dass ich kulinarisch in meinem Leben besonders viel erlebt hätte.
"Was verschafft uns die Ehre Eures Besuchs, Enma O?", fragte Asuma nonchalant.
"Natürlich unser Kontraktträger." Mit zufriedener Miene sah er mich an. "Perine hat mir jeden Tag von deinem Fortschritt berichtet. Und Ranma-tono hat sich sehr wohlwollend über deinen Plan geäußert, mit dem du im zweiten Prüfungsteil deine Gruppe in den Turm geführt hast. Und Ranko... Na, reden wir nicht darüber." Der große König der Affen sah Asuma an. "Sarutobi-tono, ich nehme doch an, dass einem Shinobi mit so viel Talent der Titel eines Chunin zusteht."
"Meine Stimme hat er", erwiderte Asuma grinsend.
"Das reicht mir fürs Erste. Und mit Hiruzen werde ich beizeiten reden."
Sake wurde gebracht und dem König eingeschenkt. Mit der Schale in der Hand prostete er uns zu. "Auf Konoha Eins, das erfolgreich vom Chunin-Examen zurückkehrt und Großartiges geleistet hat."
Die Mädchen erröteten, als sie so hoch gelobt wurden.
"Auf Konoha Eins."
"Ja, das ist mein Mamo-chan", sagte P-chan erneut und fiel mir von hinten um den Hals.
Dies löste merkwürdigerweise eine Aura der Frustration bei den Mädchen aus, die ich nicht verstand. Immerhin war sie ein Affe.
Bis ich bemerkte, dass sich kein Fell an meine Wange drückte. Sie hatte die Gestalt eines Menschenmädchens angenommen. Und auf meinen Rücken spürte ich deutlich zwei weiche, warme, große... "P-chan!"
"Was denn? Darf ich dich nicht mal mehr umarmen?" Sie drückte sich noch enger an mich. "Oder möchtest du mir lieber in die Augen sehen können, wenn ich dich umarme? Ich..."
"Einen Moment, bitte, P-chan", sagte Hanako. Sie hatte sich erhoben und griff nun nach dem rechten Arm des Affenmädchens.
"Wir müssen kurz etwas mit dir bereden, P-chan", fügte Karin an und ergriff den anderen Arm. Gemeinsam zogen sie Perine hinter sich her, aus dem Raum raus, in Richtung ihres Zimmers.
Für den Moment war ich frei. Wenn man mal von Sensei absah, die noch immer auf meiner Schulter saß.

Als sich die Tür hinter den drei Mädchen geschlossen hatte, nahm sie ihre große Affengestalt an. "Oh, das tut gut. Manchmal ist die kleine Gestalt so... Einengend." Sie lächelte verschmitzt in die Runde, sah das Entsetzen der drei Kumo-Nin, und legte einen Zeigefinger an die Lippen. "Sagt ihnen nichts, okay?" Die drei überraschten Shinobi nickten unisono.
"Wollen wir dann mal, mein König? Perine soll sich ja nicht umsonst geopfert haben."
Der König lachte kurz dazu und erhob sich. Ich wollte ebenfalls aufstehen, aber Enma winkte ab. Er kam zu mir herüber und legte mir die Rechte auf die Schulter. "Mamoru-tono, ich habe gesehen... Ich meine, Perine hat mir darüber berichtet, wie umsichtig und tapfer du in der Arena warst. Du sollst wissen, dass ich sehr stolz auf dich bin. Dass das Affenvolk sehr stolz auf dich ist. Hiruzen hat den Richtigen ausgewählt, als er dich zum Kontraktträger gemacht hat."
Übergangslos steckte ein Riesenkloß in meinem Hals. Rührung und Stolz schnürten mir die Kehle ein. "Danke", brachte ich mühsam hervor. Ein Lob vom König selbst war eine Ehre, die ich mir bisher nicht hatte vorstellen können. Ich war tief ergriffen.
"Und jetzt kannst du mir vielleicht erklären, warum du Frauenkleider trägst und geschminkt bist, Mamoru-tono."
Ach ja, da war ja noch was. Während die anderen am Tisch lauthals lachten, suchte ich verlegen nach Worten.
"Es ist eine Strafe", half Asuma aus. "Er und der da -" er deutete auf Omoi "- waren nicht ganz so nett zu den Kunoichi in Kumogakure, wie sie eigentlich sollten."
"Oh. Dann hat sicher alles seine Richtigkeit." Der König lachte, und ließ sich wieder an seinem Platz nieder. Ranma-sama schenkte ihm Sake ein.
Ranko-sensei verwandelte sich wieder in das Äffchen und kletterte auf meine Schulter, keine Sekunde zu früh, bevor die Tür aufging, und Hana und Karin mit P-chan zurückkamen.
Perine warf sich, kaum das sie eingetreten war, wieder um meinen Hals. Dies löste irritierenderweise bei Karin und Hana keine Reaktion aus. Sie ließen sich links und rechts von mir nieder als wäre nichts geschehen. Rein gar nichts konnte man aber auch nicht sagen, denn als sie es nach Hanas Erachten zu bunt trieb, griff sie dem Affenmädchen in den Obi und zog sie ein wenig von mir runter. "Du bist zwar ein Gast und so selten da", sagte sie mit mühsam beherrschter Stimme, "aber auch Gäste müssen sich an die Regeln halten."
"Oh, die Regeln." Sittsam setzte sie sich schräg hinter mich, im Saizen, die wohlerzogene Tochter mimend. Allerdings nur für bange Sekunden, dann drückte sie mich von hinten. "Aber er riecht doch heute so guuuuut..."
Karin und Hanako seufzten simultan. "Noch etwas zu essen, Mamo-chan?"
Beide hielten mir ihre Essstäbchen unter die Nase. Notgedrungen aß ich von beiden zugleich.
"Und ich dachte, der Abend würde ab jetzt langweiliger werden", sagte Omoi. "Jetzt hat er ja vier."
"Vier?", fragte ich erstaunt.
"Äh, drei." Er zwinkerte mir zu. Damals verstand ich meinen Freund Omoi nicht. Zurückblickend muss ich sagen, dass das auch gut so war.
***
An der Grenze zum Feuerland trennten sich dann unsere Wege. Kirabi-samas Gruppe würde nun wieder zurückkehren, nachdem sie uns sicher bis zur Grenze eskortiert hatte.
Allen, vor allem uns Jungen, war klar, das wir einander eine sehr lange Zeit nicht wiedersehen würden. Die Erwachsenen nahmen es eher gelassen wie Jounin und zeigten den Schmerz über den Abschied nicht. Im Gegenteil, Asuma und Kirabi-sama wechselten ein paar derbe Worte und Scherze miteinander, während die Frauen eine gute Reise wünschten.
Omoi und die Mädchen waren da ganz anders. Karui lag sich heulend mit Hanako in den Armen, Samui musste die völlig aufgelöste Karin trösten, und selbst dem großen und selbstbewussten Omoi schimmerten die Augen. "Du darfst ruhig weinen, wenn du möchtest."
Ich wischte mir über die nassen Augen. Ich hatte mich schon öfter verabschiedet, auch für längere Zeit, aber noch nie mit einem so ungewissen Ausgang dessen, was passieren konnte. Wir waren Ninjas, konnten morgen Feinde sein, oder irgendwo in der Ferne sterben, ohne ein Grab zu bekommen. In diesem Moment hatte ich einfach Angst, Omoi und die Mädchen niemals wieder zu sehen, oder vielleicht als Feinde. Das war etwas, was ich nicht wollte. Nein, niemals. Aber das war die Pflicht der Shinobi. Die konnte ich nicht ändern, ohne unzählige andere Menschen zu gefährden. Deshalb liefen mir die Tränen. Omoi, Karui und Samui bedeuteten mir etwas. Wir waren Freunde. Richtig gute Freunde.
"Soll ich dir schreiben?", bot Omoi mit aufgesetzter stoischer Ruhe an.
Ich wischte mir erneut über die Augen und schüttelte den Kopf. "Mach dich nur bereit für den Tag, an dem ich dich besuchen komme."
Bevor ich es bemerkte, hatte Karui mich ergriffen und an ihren Busen gedrückt "Versprichst du das, Mamo-chan? Kommst du uns mit unseren beiden süßen Mädchen Hanako und Karin besuchen?" Sie schniefte laut, bevor sich die Tränen wieder Bahn brachen.
"Natürlich verspreche ich das. Wenn wir nicht gerade Krieg haben."
"Es wird keinen Krieg zwischen Konoha und Kumo geben", versetzte sie wütend, so als ob sie alleine das verhindern konnte. Übergangslos begann sie erneut zu heulen.
Omoi indes sah sich von Hanako umklammert. Ein wenig hilflos strich er ihr über den Blondschopf.
Samuis Hand legte sich auf Karuis Schulter. "Gehst du zu Karin-chan? Sie nimmt es besonders schwer." "Natürlich. Kariiiin-chaaaan!"
Nun schloss mich die Chunin in die Arme und drückte mich fest. "Dass du mir nur nach Kumogakure zurück kommst, wenn du ein Chunin bist, hast du gehört, Mamo-chan?" Sie legte den Kopf schräg und berührte dabei meine Wange mit ihrer. "Oder wenn du dir sicher bist, dass du bald einer wirst."

Uzuki-sensei klatschte in die Hände. "Genug Tränen vergossen. Ihr seid stolze, siegreiche Shinobi. Es wird Zeit, dass wir nach Hause aufbrechen."
Langsam lösten wir uns voneinander. Und wieder musste ich mir über die feuchten Augen wischen. Wir hatten hier wahrlich Freunde gefunden, richtig gute Freunde. Das würde sich auch nicht ändern, wenn ein Jahr oder mehr verging, bevor wir uns wieder sahen.
Dann standen wir uns gegenüber. Auf der einen Seite Kirabi-samas Gruppe, auf der anderen wir mit Uzuki-sensei, Asuma und Kurenai-sensei.
"Also dann, wir sehen uns", sagte Kirabi-sama, winkte, und sprang davon. Die anderen winkten ebenfalls und folgten ihrem Teamführer.
Als sie im nahen Wald verschwunden waren, atmete ich noch einmal tief durch, seufzte und wischte mir ein letztes Mal über die Augen.
"Das war doch nicht gelogen, oder, Mamo-chan?", fragte Karin schüchtern. "Ich meine, das wir sie besuchen gehen. Irgendwann."
"Nichts könnte mich jemals davon abhalten", versprach ich.
"Eventuell komme ich dann sogar mit!", rief eine vertraute Stimme hinter uns, begleitet von einem asthmatischen Huster.
Überrascht wirbelten wir herum. "Hayate-sensei!"
Ohne nachzudenken lief ich los. Auch Karin und Hanako liefen auf ihn zu. So als wenn wir noch die unschuldigen zwölfjährigen Kinder frisch von der Schule wären, fielen wir Sensei stürmisch um den Hals. Uzuki-sensei war ein guter Ersatz für ihn gewesen, aber wir hatten ihn vermisst.
Bei unserem Ansturm fiel Sensei um wie ein Kartenhaus. Aber er tat es freudig lachend.

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9.
Heimkehr

Die Trauer über den Abschied schmerzte, aber die Freude, wieder heim zu kommen, überwog sie allmählich. Die mehrtägige Reise durch das Land des Feuers war belebend, wir durchquerten Gebiete, die wir durch frühere Missionen wie unsere eigenen Rucksäcke kannten. Apropos Rucksäcke; mittlerweile war meine Last zwar leichter geworden, weil die Kumo-Nin und meine eigene Gruppe mir eifrig dabei geholfen hatte, die verderblichen Geschenke der Bürger Kumogakures rechtzeitig zu verwerten - Spötter konnten auch sagen, sie hätten mir die Leckereien weggefuttert - aber auch jetzt noch, mit deutlich reduzierter Last, erschuf ich ab und an einen Schattenklon, um den zweiten Rucksack zu tragen, wenn er mir zu schwer wurde. Das ging natürlich doppelt auf mein Chakra, und endete meistens damit, dass sich Asuma erbarmte und den Rucksack einen Teil des Weges trug.
"Junge, dafür schuldest du mir ein Essen", war seine Standard-Antwort. Und wenn ich diese Aussagen addierte, dann würde ich ihn wohl die komplette nächste Woche aushalten müssen.
Hayate-sensei wollte keiner von uns diese Last zumuten. Das Ding war schwer, gefüllt mit Krimskrams, Andenken, neuen Ninja-Waffen und weiterem schweren Unsinn, aber an den Stücken hing mein Herz, wie es nun auch an Kumogakure hing. Ich konnte und wollte es nicht einfach zurück lassen. Ich wollte aber auch nicht Sensei unter der Last ächzen sehen. Er hatte es doch schon so schwer mit seinem chronischen Husten.
Und dann war da auch noch Ranko-sama, die noch immer auf meiner Schulter mitritt, oder je nachdem wer die meisten Orangen hatte, auf den Schultern meiner Begleiter. Wenn sie vor hatte, bis nach Kohona mit zu reisen, konnte das nur bedeuten, dass sie den Hokage sprechen wollte. Und das würde mit Sicherheit Auswirkungen auf die Entscheidung haben, ob ich Chunin wurde, oder auch nicht. Zeichnete sich da ein Schimmer an Hoffnung für mich ab? Gab es da eine Chance, um diese unliebsame Pflicht herum zu kommen? War diese Pflicht überhaupt unliebsam?
Ich gebe zu, ich war in der Zwickmühle. Aber wenigstens war dank Ranko-sensei die Stimmung richtig gut.

Als wir nach mehreren Tagen die Tore Konohas erreichten, hatten wir bereits drei oder vier Patrouillen passiert. Einige unbemerkt, andere waren uns offen begegnet und hatten uns willkommen geheißen.
Vor dem Tor war nicht viel los. Ich hatte nicht gerade ein Empfangskomitee erwartet, aber doch zumindest irgendjemand, der uns erwartete.
Stattdessen lehnte da nur dieser maskierte Kerl am Tor, in ein Buch vertieft, dessen Titel ich nicht lesen konnte, und der so gelangweilt wirkte, als könnte die Welt ihm nicht egaler sein.
Ich kannte ihn, ging es mir durch den Kopf. Ein Jounin. Der legendäre Copy-Ninja Kakashi Hatake. Der schräg aufgesetzte Stirnschutz, der sein linkes Auge verdeckte, sprach Bände.
"Uzuki-kun", sagte er, kaum das die Torwachen uns begrüßt hatten, "Asuma-san, Yuhi-kun, der Hokage lässt ausrichten, dass die Kinder erst einmal zu ihren Familien zurückkehren sollen. Die Jounin sollen für die abschließende Besprechung gleich zu ihm kommen."
Er klappte sein Buch zu und sah zu uns herüber. "Gekko, du kannst sie einzeln heim bringen und wirst dann ebenfalls beim Hokage erwartet."
"Verstanden, Kakashi-san."
Kaum hatte er ausgesprochen, ging der weißhaarige Kerl von dannen, als ginge ihn die ganze Szenerie überhaupt nichts an. Er schlug sein Buch auf und las weiter. Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen, als der tödliche, legendäre Copy-Ninja plötzlich glucksend zu lachen begann.
"Ihr habt die Befehle gehört", sagte Hayate-sensei seufzend. "Ich bringe die Kinder nach Hause. Macht Ihr euch schon mal auf den Weg ins Büro. Asuma-san, ich verlasse mich darauf, dass Ihr nur Gutes berichtet."
"Ich könnte nichts anderes tun, ohne zu lügen", versicherte er. "Ach, Mamoru-kun. Hier ist deine zweite Tasche. Die erste Rate für meine Hilfe kannst du heute Abend im Ichiruka Ramen abbezahlen."
Säuerlich nahm ich die schwere Tasche in Empfang. Ramen also? Na, das würde jetzt nicht so teuer werden.
Uzuki-sensei verabschiedete sich von den Mädchen. Verständlich, denn sie war eine ANBU, und obwohl sie Senseis Freundin war, bekamen wir sie nicht sehr oft zu sehen. Dementsprechend herzlich war der Abschied auch. Als sie zu mir kam, hielt sie mir einen kleinen Geldbeutel hin. "Hier ist die Differenz, die dir noch von deinen Aufträgen in Kumogakure zusteht. Ich habe es einbehalten, damit du die Mädchen nicht noch häufiger einlädst."
Überrascht nahm ich den Beutel an mich. Es war ja nicht so als hätte ich Hana und Karin - und die Jounin, wohlgemerkt - freiwillig so oft eingeladen. "Danke, Sensei." Er war schwer und gut gefüllt. Also hatte sich meine Arbeit doch gelohnt. Irgendwie.
Kurz schloss sie mich in die Arme. "Pass auf dich auf, Mamo-chan. Und pass auf deine Mädchen auf, ja?"
Ich erwiderte die Umarmung für einen Moment. Dann ließ ich sie fahren.
"Geht jetzt mal ordentlich feiern", meinte Kurenai-sensei. Sie strich den Mädchen über den Kopf und winkte mir zu. Zu dritt verließen sie uns, um mit dem Hokage und dem Rat zu besprechen, wer sich zum Chunin eignete, und wer nicht.
Hayate-sensei atmete leise durch. "Also, Hana wohnt am Nächsten. Dann bringen wir Karin heim, und anschließend ist Mamoru-kun dran."
Und so betraten wir wieder den Boden der Stadt Konoha. Es fühlte sich besser an als sonst.

Als wir den Bereich erreichten, in dem die meisten Yamanakas in Konoha lebten, bemerkten wir schon die erste Veränderung. Fröhlicher Lärm scholl uns entgegen, und als Hanako ihr Elternhaus erreichte, wurde sie von einer wahren Menschenmenge empfangen und frenetisch gefeiert. In diesem Gewühl hatten wir natürlich keine Chance, uns von ihr zu verabschieden; andererseits hatten wir einige Mühe, den Yamanakas, den Yodamas, den Izunos und wie sie alle hießen, die Einladung für die Heimkehrparty auszuschlagen.
Bei den Akimichis war es nicht ruhiger, eher noch schlimmer. Noch bevor Karin ihren ersten Verwandten umarmen konnte - in diesem Fall ihren jüngeren Vetter Choji - musste sie nach diversen Gratulationen darüber, trotz ihres Defizits (dem nach Akimichi-Meinung gesundheitsschädlichen Untergewicht) so weit gekommen zu sein, alle wichtigen Phasen der Prüfung erzählen.
Diesmal gelang es Hayate-sensei und mir nicht, uns so schnell wieder los zu eisen, und nur mit dem Versprechen, am nächsten Tag zu Besuch zu kommen, durften wir die Runde eine Viertelstunde später verlassen.

Als wir in den Sektor kamen, in dem der Nara-Clan residierte, und von dem ich so wenig Talent in mir trug, waren die Gefühle in mir sehr gemischt. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, ebenso groß empfangen zu werden. Ich hatte keinerlei Talent für das Aushängeschild des Clans, das Schattenjutsu, und rein Familientechnisch entstammte ich einem unbedeutenden Nebenzweig. Mehr als einmal spielte ich mit dem Gedanken, zu den Akimichis zurück zu kehren, wo ich mir wenigstens einiger Aufmerksamkeit gewiss sein konnte, anstatt zu den Naras zu gehen.
Das war zumindest so, bis wir das erste von Naras bewohnte Gebäude sehen konnten. An der Ecke lehnte Shikamaru, der Sohn des Clanchefs. Er musterte mich mit mehr Interesse, als er der Welt ansonsten zu zeigen pflegte. "Du bist zurück." Eine Feststellung, ganz wie es seine trockene Art war.
"Ja. War ganz schön anstrengend."
Er lächelte dünn. "Was für ein unnützer Aufwand. Hast du es wenigstens geschafft?"
"Weiß ich noch nicht. Und, weißt du schon, mit wem du in eine Gruppe kommst?"
Er zuckte mit den Schultern. "Das solltest du doch am besten wissen. Einen Nara spannt man immer mit einem Akimichi und einem Yamanaka zusammen."
Ich lachte für einen Moment auf. "Ich bin nicht wirklich ein Nara, das weißt du."
"Du beherrschst das Schattenjutsu nicht, na und? Seit wann bestimmt das, wie gut ein Shinobi ist? Oder wer du bist?" Er lächelte dünnlippig, stieß sich von seiner Wand ab und ging neben mir her. "Wie anstrengend war denn anstrengend?"
Das brachte mich zum Grinsen. Ich krempelte meinen rechten Ärmel hoch und zeigte ihm die Narbe vom Schwert, das meinen Bizeps durchtrennt hatte. "Richtig schwer."
Shikamaru schnaubte amüsiert. "Und was wäre, wenn du getötet worden wärst? Dann wäre der ganze Aufwand für nichts gewesen."
"Ja, da hast du wohl Recht. Aber es gibt da etwas, was du auch noch kennenlernen wirst, sobald du in deiner eigenen Gruppe bist. Für seine Kameraden ist man bereit, einiges an Schmerzen zu ertragen." Ich drückte ihm gespielt mit der rechten Faust das Kinn zur Seite.
"Ich werde es ja nächste Woche erleben. Mal sehen."
"Kein Sorge", erwiderte ich mit dem sicheren Wissen des Veteranen, "die ersten Aufträge sind nie sehr schwer. Eigentlich richtig gemütlich, also genau dein Ding."
Er lächelte erneut. "Wehe, du lügst mich an, Mamo-niichan."
"Wer weiß das schon. Ich bin ein Shinobi, oder?"
"Und ein ziemlich guter, habe ich mir sagen lassen", klang von vorne eine weitere, sehr vertraute Stimme auf.
Ebenso lässig wie der Sohn ein paar Minuten zuvor lehnte unser Clanchef im Schatten einer Hausmauer.
"Onkel Shikaku", sagte ich erschrocken.
Er stieß sich von der Wand ab und kam auf mich zu. "Wir haben einiges gehört. Und wir werden sicher noch einiges hören, nicht zuletzt von dir, Ranko-sama", sagte er in Richtung des Äffchens auf meiner Schulter. "Auf jeden Fall ist es genug, um jeden Zweifel darüber auszuräumen, ob du ein Shinobi werden solltest oder nicht."
Okay, ich gebe zu, mir waren bei Onkel Shikakus Auftritt die Knie weich geworden. Wenn ich daran denke, wie mein Karrierewunsch kommentiert worden war - ohne Schattenjutsu ein Ninja aus dem Nara-Clan zu werden, wie lange ich wohl noch zu leben hatte, und so weiter - und wie gut die Worte Shikakus jetzt taten, geht mir selbst heute noch ein wohliger Schauder über dem Rücken.
Ich hatte mich bewährt, vor den Augen des Clanchefs voll habilitiert. Selten war mir ein Lob so gut bekommen, selten hatte ein Schulterklopfer für mich so einen Wert gehabt.
"Wir haben ein kleines Fest zu deiner Rückkehr vorbereitet", fuhr er fort und klopfte mir erneut auf die Schulter. "Nichts Großes. Aber genug um unseren Stolz auf unseren tapferen Mamoru-kun auszudrücken. Gekko, du bist selbstverständlich auch eingeladen."
"Ich würde gerne, wirklich", wiegelte er ab, "aber der Hokage erwartet mich, sobald ich Mamoru-kun abgeliefert habe."
"Das war zu erwarten gewesen." Schmunzelnd schritt er uns voran.

Die Straße vor dem Haus des Nara-Clans, des Hauptsitzes, wohlgemerkt, war leer. Kein Anzeichen der großen Menschenansammlungen wie bei den Akimichis oder den Yamanakas. Aber was hatte ich auch schon erwartet? Beinahe erleichtert atmete ich aus. So einen Trubel war ich auch gar nicht wert. Den Gedanken konnte ich festhalten, bis ich merkte, das wir sowohl an meinem Geburtshaus als auch am Stammsitz vorbei gingen. Wir hielten, wenn ich die Strecke extrapolierte, auf einen großen Saal zu, der den Anwohnern für die verschiedensten Gelegenheiten diente. Von dort klang der Lärm vieler Menschen, die sich unterhielten, zu uns herüber, dazu Musik, und der Wind wehte den Duft vieler Speisen heran. Ich meinte für einen Moment, die Miso-Suppe zu erkennen, die meine große Schwester so unnachahmlich zubereiten konnte. Meine Unsicherheit wuchs wieder.
Dann war Onkel Shikaku am Tor, zog es auf und deutete einladend hinein. "Willkommen zurück, Mamoru-kun."
Halb betäubt vor Aufregung stolperte ich hinein. Und beinahe ganz betäubt vor Freude, Entsetzen und Panik sah ich den gesamten Clan vor mir, darüber hinaus weitere Verwandte und Freunde. Meine Eltern, meine Schwester, Kou, der mit ihr geredet hatte bis ich eintrat, und noch viele mehr.
Während der Begrüßungssturm um mich herum los brach, Mutter mich als erste umarmte und Vater auf sein Recht pochte, seinen großen Jungen ebenfalls liebkosen zu dürfen, im Wirbelsturm der Glückwünsche und der Freude über meine einigermaßen unbeschadete Heimkehr, gelang es mir nur, Hayate-sensei zuzunicken, als er den Saal mit ein paar letzten Worten an Onkel Shikaku wieder verließ.
"Was für ein sinnloser Tumult", murrte Shikamaru, der noch immer an meiner Seite war. Aber sein breites Lächeln passte überhaupt nicht zu seinen Worten.

Als es wieder etwas ruhiger geworden war, als das Buffet eröffnet war und jeder ein Getränk in Händen hielt, musste ich natürlich alles haarklein erzählen. Ergänzt wurde das von Ranko-sama, die sich wieder in die große Menschenfrau verwandelt hatte, um einerseits den vielen gierigen Kinderhänden zu entkommen, die sie hatten streicheln wollen, und andererseits ein paar gewichtige Worte mit Vater und Shikaku zu wechseln. Dabei wurde Vaters Miene immer starrer. Er war nie Ninja gewesen, sondern hatte eine Karriere als Händler eingeschlagen. Es konnten nicht alle Nara Ninja sein, hieß es oft. Daher konnte ich mir bildlich vorstellen, dass ihn die Schilderungen meiner Erlebnisse erschreckten. Mutter wäre da ein ganz anderes Beispiel gewesen. Bis sie Yuriko ausgetragen hatte, war sie selbst Kunoichi gewesen, hatte sich dann aber ganz der Familie gewidmet. Sie war nicht so leicht zu erschrecken, hatte als Medi-Nin aber auch genug gesehen. Deshalb war ihre erste Reaktion, kaum das ich meine Narbe gezeigt hatte, eine intensive Chakra-Untersuchung, um den Heilungsprozess zu überprüfen. Ein, zwei Flüche über "die Stümper und Amateure in Kumogakure", dann war sie mit dem Zustand meines Arms zufrieden.
Währenddessen hing mir der Clan an den Lippen, und ich vollbrachte das Kunststück, zu essen und zu trinken, und nebenbei meine Erzählungen mit beiden Händen gestikulierend zu untermauern.
Die Falle der Kumo-Nin mit der Tür, die keine war, das schriftliche Examen - wobei ich einige Details übersprang, um es künftigen Shinobi nicht zu leicht zu machen - der lange Weg zum Turm und den Verrat der Oto-Nin, die Falle der Kiri- und Kumo-Ninjas, die Ausscheidungen, an denen ich dank Ranma-sama nicht hatte teilnehmen müssen. Die langen vier Wochen in Kumogakure, in denen ich als Mädchen für alles gewütet hatte, das Essen mit dem Raikage, was allgemeine Belustigung auslöste, und schließlich das große Finale, in dem ich zerschlagen und schmerzerfüllt gegen meinen hasserfüllten Gegner Jardin eingetreten war.
Als ich dann endlich an jene Stelle kam, in der P-chan im Finalkampf als Enma O aufgetreten war, hörte ich amüsiertes Gelächter, am lautesten aber von Ranko-sama.
Die anschließenden Fragen konnte ich kaum beantworten, am allerwenigsten die Frage, ob ich nun Chunin werden würde oder nicht. Mein vorsichtiger Hinweis, dass Asuma auf meiner Seite war, wurde mit Zustimmung aufgenommen, aber auch mit der einen oder anderen Stimme, dass sich Asuma "nicht mehr hier blicken lassen brauchte, wenn er gegen Mamoru stimmte". Das fand ich in Anbetracht eines der stärksten Jounin Konohas doch etwas bedenklich. Aber ich interpretierte es nicht als Diskriminierung der Sarutobis, sondern als Zuneigung an mich. Das macht es nicht besser, aber verständlicher.

In den frühen Abendstunden gelang es mir dann dank Shikamaru, mich von der Feier abzusetzen, damit ich meinen Termin mit Asuma nicht verpasste. Allerdings hing mir der Bengel wie eine Klette an und fragte mich auf dem ganzen Weg zum besten Ramen-Shop der Stadt weiter aus.
"Und wo war das Essen am besten? Welches Gasthaus kannst du empfehlen? Außerdem, bei der Stelle mit den Straßenräubern, hat es dich da wirklich nur eine Drohung gekostet, um sie zu vertreiben?"
Hätte er nicht einen so gelangweilten Ton in der Stimme gehabt, hätte man meinen können, er interessiere sich wirklich. Nicht für das Ninja-Handwerk, wohl aber für die Orte mit der besten Verpflegung.
"Musst du nicht bald nach Hause?", fragte ich, wohl wissend auf wen sein Essen gehen würde, wenn er bis zu Ichiraku mitkam.
"Du triffst doch Asuma, oder?" Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und gähnte. "Ich wollte ihn ohnehin noch was fragen. Das passt sich also. Außerdem ist Naruto bestimmt auch da."
Interessiert sah ich ihn an. "Naruto Uzumaki? Seid Ihr Freunde?"
"Na, was heißt hier Freunde. Wir gehen in die gleiche Klasse, und wir kommen ganz gut miteinander aus. Aber er ist so... Aktiv. So anstrengend."
Ich schnaubte amüsiert. Manchmal meinte ich, man sollte Shikamaru eine Schnecke als Haustier besorgen. Das hätte seinem Gemüt entsprochen. Aber wahrscheinlich hätte er sich irgendwann beschwert, dass ihm das Biest zu schnell war. "Und ansonsten? Weißt du noch mehr über den Burschen?"
"Nicht viel. Er lebt alleine, ist der Schlechteste in der Klasse, heckt dauernd irgendwelche Streiche aus... Du hättest gestern hier sein sollen. Da hat er tatsächlich die vier Hokage-Köpfe beschmiert. Nicht einfach nur bemalt, sondern den Köpfen Sachen wie laufende Nasen und Bärte verpasst... Kreativ ist er ja, das muss man ihm lassen."
"Und das hat dir gefallen?", folgerte ich.
Shikamaru grinste mich schief an. "Natürlich hat mir das gefallen. Mir wäre der Aufwand ja zu groß gewesen. Vor allem das ganze Zeug wieder abzuwaschen muss eine Mörderarbeit gewesen sein. Aber es ist doch immer schön zu sehen, wie jemand etwas unorthodoxes ausprobiert."
Nun war es an mir zu grinsen. "Du redest wie über eine Ausstellung moderner Kunst, nicht wie über einen Kleine Jungen-Streich."
"Sieh es als ausgleichende Gerechtigkeit. So wie die Erwachsenen ihn manchmal behandeln, hat er jedes Recht, sich ein wenig auszutoben." Seine Miene verdüsterte sich. "Ich habe mal gesehen, wie er etwas kaufen wollte. Der Verkäufer hat ihn nicht nur davon gejagt, sondern ihm das Teil, eine Maske, hinterher geworfen, als wäre sie jetzt vergiftet. Geld hatte er auch nicht haben wollen. Als ich das Vater erzählt habe, hat er den Händler dreimal quer gefaltet, so dass es die ganze Straße mitbekommen hat. Das hat aber nicht viel geändert. Aber wenigstens wird Naruto jetzt nicht mehr verscheucht."
"Das ist ja schrecklich", entfuhr es mir. Beinahe tat es mir leid, das ich mir vorgenommen hatte, nicht mit ihm und damit noch mehr Problemen involviert zu werden. Eine Einstellung, die Shikamaru würdig gewesen wäre. Stattdessen aber nahm er die Mühen auf sich, diesem Naruto zumindest ein Kumpel zu sein, wovor ich zurückgeschreckt war. "Ich weiß ja, dass es suspekt für einen Jungen seines Alters ist, alleine zu leben, aber..."
"Aber es steckt mehr dahinter, oder was meinst du? Die Erwachsenen rücken nicht damit raus, was es ist. Aber nicht viele Väter wie meiner oder Chojis erlauben es uns, mit ihm zu spielen." Shikamaru errötete ein wenig und hüstelte verlegen. "Zumindest als wir noch kleiner waren und noch gespielt haben."
"Verstehe", erwiderte ich und ersparte ihm die Gegenfrage, wie lange das her war.
"Jedenfalls, egal was es ist, Naruto kann da sicher nichts für. Aber es wird besser. Finde ich."
Das weckte mein Interesse. "Wie, besser?"
"Du kennst doch Sasuke Uchiha. Den einzigen Überlebenden nach dem Massaker am ganzen Clan."
Ich nickte zustimmend. Natürlich kannte ich die Geschichte. Das machte Sasuke zu einer ebenso einsamen Person wie Naruto, aber auch zu einem reichen Bengel, denn das gesamte Vermögen der Uchiha und die Gebäude wurden derzeit von einem Treuhänder verwaltet und Sasuke überschrieben, sobald er volljährig war. Das bedeutete ein beträchtliches Vermögen, das ihm seine ermordeten Verwandten hinterließen. "Und die beiden..."
"Nein, so ist es nicht. Aber Naruto hat es sich in den Kopf gesetzt, mit Sasuke mitzuhalten. Der ist unser Klassenprimus, also ein verdammt hoch gestecktes Ziel für jemanden mit so wenig Talent wie Naruto. Im Gegenzug merkt er nicht einmal, wie er besser und besser wird, weil er nur Sasuke als Maßstab zulässt. Und Sasuke tut das auch gut, finde ich. Bisher war er immer so eigenbrödlerisch, kaum aus sich raus zu kriegen. Aber wenn Naruto die Konfrontation mit ihm sucht, reagiert er beinahe normal." Er seufzte erneut und hob in komischer Verzweiflung die Schultern. "Also, entweder endet das alles in einem gigantischen Unglück, oder die beiden werden noch die dicksten Freunde."
"Wohl eher Ersteres", murmelte ich. Die Arroganz der Uchihas war mir noch viel zu sehr aus erster Hand bekannt, als dass ich daran zweifelte, dass auch dieser Sasuke sie geerbt hatte. Oder ablegen konnte.

Als wir den Stand des Ichiruka Ramen erreichten, war Asuma schon da. Er rauchte wohl gerade die vierte oder fünfte Zigarette auf Vorrat. Hinter dem Vorhang war nämlich Rauchverbot.
"Hallo, Mamoru-kun, Shikamaru."
Wir nickten ihm freundlich zu. "Er wollte mich unbedingt begleiten."
Asuma zog an seiner Zigarette, um den Rauch tief zu inhalieren. "Passt schon. Und wenn nicht heute, dann spätestens morgen." Er drückte den Rest in einem Ascher aus, dann lüftete er den Vorhang. "Der mit dem Geld zuerst, bitte", sagte er grinsend. Damit war mein Schicksal besiegelt. Mürrisch trat ich ein.
"Herzlich willkommen", schallte es mir vom Besitzer und seiner Tochter entgegen.
Missmutig setzte ich mich auf einen der Hocker, Asuma rechts von mir, und Shikamaru links. Dort saß auf einem weiteren Hocker tatsächlich Naruto Uzumaki, und leerte gerade die fünfte Schüssel.
"Ich nehme dann mal das Rindfleisch-Ramen", sagte Asuma gedehnt. "Zwei Portionen, bitte."
"Kommt sofort", erwiderte Teuchi-san.
"Ich nehme das Sesam-Ramen", sagte Shikamaru. "Einfache Portion."
Wahrscheinlich wollte er mich damit beruhigen. Oder in die Falle locken. "Und noch mal eine Portion für Naruto", fügte er an. Mit einem Seufzer gab ich meine Zustimmung. Immerhin war die Summe, die mir Uzuki-sensei ausgehändigt hatte, nicht gerade kleinlich gewesen.
"Wirklich? Oh, danke, Shikamaru!"
"Nein, nein, das geht auf Mamo-niichan."
"Mamo-niichan? Du hast einen Bruder?"
"Mehr einen älteren Vetter." Ich deutete auf Narutos leere Schüsseln. "Ich nehme das Gleiche was er hatte. Muss ja lecker sein, wenn er davon sechs Portionen verdrückt."
"Darauf kannst du dich verlassen, Mamo-niichan", sagte Naruto stolz. "Obwohl, hier ist jedes Ramen lecker."
"Und es gibt keinen, der da widerspricht", kam es von Asuma.
Ich konnte nur zustimmend nicken.
"Schmeichler", kam es vom Hausherrn, der bei diesem Lob jeder Schale ein Extra-Ei spendierte.
"Guten Appetit", wünschte Ayame, die Tochter des Hauses, und schenkte jedem ein besonders fröhliches Lächeln beim Servieren. Selbst Naruto bekam seine Portion dienstlicher Zuneigung. Vielleicht ein Grund, warum es ihm hier so gut schmeckte.
"Du bist ja schon wieder gewachsen", sagte Ayame zu ihm. "Wenn du so weiter in die Höhe schießt, bist du bald größer als ich."
Naruto lachte verlegen. "Das muss am guten Ramen liegen, Ayame-nee."
Wir lachten zustimmend. Dann teilte ich meine Stäbchen und wünschte allgemein einen guten Appetit.

Während wir die heiße Nudelsuppe verspeisten - sie war wirklich verdammt gut - fing Shikamaru eine Unterhaltung mit Naruto an. "War ja nicht sehr glücklich heute morgen, oder? Was bereitet dir denn solche Schwierigkeiten beim Bunshin no Jutsu?"
"Ach, hör auf. Morgen will mich Iruka-sensei noch mal prüfen, und ich kann es immer noch nicht. Dabei ist Bunshin no Jutsu doch so simpel. Wenn ich es dann wieder nicht schaffe, soll ich dann vielleicht das Jahr wiederholen, oder was? Dann sehe ich Saku... Ich meine, dann sehe ich ja keinen aus unserem Jahrgang wieder."
Interessiert sah ich herüber. "Du hast Schwierigkeiten beim Bunshin?"
"Ja, hat er. Wenn er Doppelgänger von sich anfertigt, werden das immer nur unförmige Quallen, die man vor lauter Erbarmen am liebsten töten würde. Dabei ist er beim Sexy no Jutsu eigentlich richtig gut. Also, an mangelnder Vorstellungskraft liegt es sicher nicht."
Naruto lachte verlegen. "Hör auf mich zu loben, Shikamaru."
"Sexy no Jutsu?", fragte ich verständnislos.
Als die beiden mir erklärten, was es damit auf sich hatte, hätte ich beinahe den Strang Nudeln wieder ausgespuckt, den ich gerade erst in den Mund genommen hatte. "Ach so."
Ich sah zu Asuma herüber. "Asuma-sama, meinst du nicht auch, dass..."
"Ja, ich kenne das Problem. Das tritt auf, wenn man viel Chakra bei schlechter Kontrolle hat, das Jutsu aber wenig benötigt. Vielleicht solltest du versuchen, gleich mehrere Klone zu machen, Naruto."
"Oder du versuchst es mit dem Kage Bunshin no Jutsu", griff ich den Gedanken auf. "Das erfordert mehr Konzentration, aber auch mehr Chakra. Das könnte deine schlechte Chakra-Kontrolle kompensieren. Ich würde mit mehreren anfangen und mich dann nach und nach auf einen reduzieren, Naruto."
"Kage Bunshin no Jutsu? Aber das beherrsche ich doch gar nicht", beschwerte sich Naruto maulig.
"Das ist auch nicht viel schwerer als Bunshin", erklärte ich. "Du solltest das in deinem Lehrbuch haben. Wenn du Bunshin no Jutsu beherrschst und Klone erzeugen kannst, ist es nur ein kleiner Schritt zum Kage Bunshin. Allerdings ist es da wie mit allen Jutsu. Du musst sie verstehen, dir zu eigen machen. So wie ein Sänger ein Lied imitieren kann, oder es auf seine eigene Art singen kann."
"Mamoru-kun, überfordere ihn nicht. Damit er in nur einer Nacht Kage Bunshin erlernt, bräuchte er schon ein besseres Lehrbuch als das Schulbuch. Das ist darauf ausgelegt, dass der Lernende mit viel Intuition einiges selbst erahnt oder beherrschen lernt. Was er bräuchte wäre ein Lehrbuch, das geschrieben wurde, damit jemand dieses Jutsu ohne Anleitung durch einen Lehrer beherrschen lernt."
"Na Klasse. Und wo kriege ich so ein Buch her?", murrte Naruto.
"Konzentriere dich doch erst mal auf das Bunshin no Jutsu und versuche es mit vielen Klonen", sagte Asuma ernst. "Wenn das nicht funktioniert, zeigen Mamoru-kun oder ich dir den Kage Bunshin. Notfalls die ganze Nacht, wenn es sein muss."
"Aber... Können wir nicht gleich...", begann er verzweifelt.
"Nein, Naruto, es ist wichtig, dass du auf einige Dinge selbst kommst. Du musst es versuchen. Sagen wir, du schaffst es nicht bis Mitternacht, dann kannst du einen von uns aufsuchen. Aber nicht vorher."
"Na, immerhin", murrte Naruto. Er schob die halb leer gegessene Schale von sich weg. "Ich bin satt." Dann erhob er sich, grüßte noch mal in die Runde und verließ den Ramen-Stand.

Nachdenklich fragte ich: "War das richtig? Wir hätten ihm wenigstens den einen oder anderen Kniff verraten sollen."
Asuma lachte leise. Nachdem er auch seine zweite Schale geleert hatte, erwiderte er: "Iruka-kohai ist ein fähiger Bursche. Wenn Naruto die grobe Struktur begriffen hat, kriegt er von ihm den Feinschliff, sei unbesorgt. Und sollte er tatsächlich um Mitternacht vor deiner oder meiner Tür stehen, ist es immer noch früh genug für Kniffe. Bis dahin lass ihn seinen eigenen Verstand benutzen. Noch eine Schale, bitte."
"Sensei!", rief ich empört. "Du lässt ihn genauso ins Messer laufen wie alle anderen."
"Nein, tue ich nicht. Denn ich weiß, dass Iruka auf ihn aufpasst. Die zwei finden sich schon noch, warte es ab. Auf den Rest haben wir keinen Einfluss. Und glaub mir, das wird eine gute Erfahrung für Naruto. Das, und ein weiterer Mensch, der ihm ein Freund sein kann." Er klopfte mir auf die Schulter, was mir ein müdes Lächeln entlockte. "Freund? Eher ein Kumpel. Falsches Jahr, unterschiedliche Missionen, und keine familiären Bande. Ich werde ihn noch seltener sehen als Kou oder meine eigene Familie." Ich lächelte dünnlippig. "Aber Kumpel wird wohl in Ordnung gehen. Noch eine Portion, bitte!"
Teuchi, der mir bis dahin aufmerksam zugehört hatte, bestätigte, und machte eine weitere Portion Ramen für mich zurecht, und wieder legte er ein Extra-Ei mit hinein. Womit ich diese Luxusbehandlung verdient hatte, wusste ich nicht, aber bei dem Ramen wollte ich nur genießen, nicht nachfragen. "Guten Appetit."
"Nicht vor Mitternacht. Versprich mir das, Mamoru-kun", mahnte Asuma.
"Jaja, verfproffen", erwiderte ich mit vollem Mund.

Als ich nach dem Essen zurückkehrte, erfasste mich Unruhe. Ein Gefühl, so als würde ich etwas Wichtiges oder Interessantes verpassen. Ich marschierte im Hausflur auf und ab, bis sich Yuriko-Oneechan, als sie von der Feier nach Hause kam, sorgenvoll bei mir erkundigte, ob ich noch Schmerzen im Bizeps hätte und sie Mutter rufen sollte. Aber es waren keine Schmerzen, die mich umtrieben. Die Unruhe hatte ein ganz eigenes Kaliber. Dann kam die Mitternachtsstunde. Meine Eltern waren mittlerweile auch Zuhause und hatten sich gewundert, dass ich, erschöpft wie ich war, noch nicht schlafen gegangen war. Aber an Ruhe konnte ich nicht denken, nicht solange Naruto noch kommen konnte. Eine Stunde verging, zwei vergingen, und trotz der inneren Unruhe versuchte ich zu schlafen. Erst in den frühen Morgenstunden fiel ich in einen unruhigen Dämmerschlaf.
***
Am nächsten Tag wurde ich von Ranko-sama geweckt. Es war beinahe schon Mittag, aber die Familie hatte entschieden, dass ich den Schlaf brauchte. Es war Zeit für meinen Termin beim Hokage.
Vor dem Haus warteten schon die Mädchen, misstrauisch die große schwarzhaarige Kunoichi in meiner Begleitung beäugend. Auch Hayate-sensei kam gerade an, und gemeinsam gingen wir zum Verwaltungskomplex Konohas.
Als wir eingelassen wurden, waren auch die anderen Jounin, die uns begleitet hatten, anwesend. Zumindest vermutete ich, dass der ANBU mit der Katzenmaske Uzuki-sensei war.
Neben dem Hokage und seinen Beisitzern war auch der Rat vertreten. Ich entdeckte Onkel Shikaku, eine nichtssagende Miene zur Schau tragend.
Der Sandaime Hokage schmunzelte, als er uns eintreten sah. Er bedeutete uns, vor dem Schreibtisch stehen zu bleiben, während er sich umwandte, und aus seinen Bürofenstern auf Konohagakure blickte. "Wenn ich ehrlich sein soll", begann er mit seiner sonoren Stimme zu sagen, "dann hatte ich nicht sehr viele Hoffnungen in die Chunin-Prüfung in Kumogakure gesetzt. Wir haben auch nur ein Gruppe entsandt. Und dann wurde der Erfolg mehr, so viel mehr."
Er wandte sich vom Fenster ab. Sein Blick fiel auf mich. "Mamoru-kun, der Rat ist sich einig. Du hast die Fähigkeiten gezeigt, die ein Chunin haben muss. Deshalb befördern wir dich hiermit in den Chunin-Rang."
Für einen Moment fühlte ich mich, als würde ich neben mir stehen. Irgendwas rauschte in meinem Kopf, und die Welt war so unwirklich, und ich so unbeteiligt. Ich merkte kaum, wie Hana und Karin mir um den Hals fielen, um mir zu gratulieren. Ich konnte kaum ein Danke stammeln. Hauptsächlich deshalb, weil ich immer noch nicht wusste, ob die Beförderung zum Chunin nun gut oder schlecht für mich war.
"Was euch beide betrifft, Hanako Yodama und Karin Akimichi, so habt Ihr nicht nur eure Fähigkeiten während des Examens bewiesen, sondern auch enorme Fortschritte bei der Vorbereitung für die finale Prüfung vorzuweisen. Konoha ist glücklich, so begabte Ninjas zu haben. Aber den Chunin-Rang können wir euch nicht geben."
"Tja", meinte Hana-chan, "da kann man wohl nichts machen."
Karin zuckte mit den Achseln. "Versuchen wir es eben nächstes Jahr wieder."
"Moment mal, bin ich hier im falschen Theater? Ihr wart doch so scharf auf den Titel, und jetzt tut Ihr das ab wie ein heruntergefallenes Stück Tofu?", rief ich erstaunt.
"Man soll eben nicht so an Titeln hängen", erwiderte Hanako.
"Ich bin noch nicht fertig", mahnte der Hokage. "So wie die Dinge liegen, werden wir Team drei noch einige Zeit bestehen lassen. Nämlich um zu trainieren, was euch beiden fehlt, Akimichi-kun, Yodama-kun. Euch fehlen die Qualitäten, andere Genin anzuführen. Diese müsst Ihr entwickeln. Auf Mamoru Morikubo warten demnächst einige Einsätze mit größeren Gruppen. An diesen werdet Ihr teilnehmen und als seine Stellvertreter agieren. Habt Ihr dadurch genug Erfahrung gesammelt, steht einer Beförderung zum Chunin nichts mehr im Wege." Der Hokage beugte sich vor. "Ihr seid also quasi bis auf Weiteres Chunin auf Bewährung. Zumindest, bis Ihr genug gelernt habt, um eigenständige Chunin zu sein. Denn alle Anwesenden sind sich einig, dass Ihr das Potential habt, um Führungsqualitäten zu entwickeln. Auch wenn du, Yodama-kun, etwas leiser werden musst. Und du, Akimichi-kun, etwas lauter."
Ich unterdrückte ein Auflachen bei diesen Worten. Sarutobi-sensei hatte alles sehr treffend zusammengefasst.
"Damit ist diese Sitzung beendet. Mamoru-kun, bleibe bitte noch."

Die Beisitzer und die Räte erhoben sich und gratulierten uns nacheinander.
Hastig fragte Karin Hayate-sensei: "Aber Team drei bleibt erst einmal bestehen?"
"Daran ändert sich für das ganze nächste Jahr nichts, keine Sorge, Hana-chan", bestätigte er lächelnd.
Die beiden Mädchen atmeten auf.
"Aber Ihr müsst ohnehin nicht in einer Gruppe sein, um ihn...", begann Sensei, und Karin fiel ihm hastig in den Arm. "Sensei, du wolltest mir noch dieses neue Jutsu zeigen!"
"Und mir wolltest du ein neues Katon beibringen!", sagte Hana und ergriff den anderen Arm. Bevor Hayate-sensei sich versah, hatten die Mädchen ihn aus dem Raum gezogen.
Ich spürte den Blick des Hokages auf mir ruhen. Es war ein beinahe mitleidiger Blick, der mir gehörig auf die Nerven ging. "Und du hast tatsächlich in Verwandlung das Frauenbad unsicher gemacht, Mamoru-kun?", fragte er ungläubig. "Und dann verstehst du nicht, was hier vorgeht?"
Erstaunt sah ich den Hokage an. "Äh, ich bin Chunin, und die beiden Chunin auf Probe. Muss ich noch mehr verstehen, Sarutobi-sensei?"
"Irgendwann wird er es schon lernen, Hiruzen-tono", sagte Ranko-sensei mit einem Lächeln. "Und wenn ich es in ihn reinprügeln muss."
"Ja, das wird vielleicht notwendig sein, bevor die ganze Situation in einer Katastrophe endet." Er versuchte sich an einem Lächeln, aber es misslang. "Hast du eigentlich irgend etwas im Frauenbad von Kumogakure gelernt?"
"Ja. Frauen sind Bestien, wenn sie dir auf die Schliche kommen."
Der Hokage ließ ein prustendes Lachen hören. "Na immerhin. Etwas hat er gelernt. Vielleicht ist da ja noch Hoffnung." Er lächelte mich großväterlich an. "Du kannst auch gehen, Mamoru-kun. Und wenn du raus gehst, schick bitte Naruto in den Tagungsraum, ja?"
"Verstanden, Hokage-sama."

Mit Ranko-sensei verließ ich das Büro wieder. Nach einigen Schritten fand ich auch besagten Naruto. Er griente mich an wie eine Schüssel Ichiruka-Ramen. "Mamo-niichan! Danke für deinen Tipp! Das mit dem Kage Bunshin no Jutsu hat super geklappt! Ich brauchte nur eines von diesen Büchern, das einem die Kunst wirklich haarklein erklärt. Damit hat das echt funktioniert!"
"Na, das ist ja Klasse. Dann schaffst du ja die Prüfung mit links."
"Äh, Niichan", sagte Naruto grinsend und deutete auf seine Stirn. Dort prangte tatsächlich der Stirnschutz Konohas. "Habe ich schon. Wir hatten letzte Nacht... Einige Probleme, und da ist mir ein Tajuu Kage Bunshin no Jutsu gelungen."
"Da gratuliere ich aber. Willkommen in der Welt der Shinobi. Wie viele Schattenklone hast du denn geschafft?" Kurz dachte ich nach. "Mein Bestes war bisher acht."
"Äh..." Naruto wirkte verlegen. "Mamo-niichan, ich..."
"Ach, halb so wild, Naruto. Alle fangen klein an. Das ist normal. Wie viele waren es denn jetzt?"
"..."
"Was?"
"Zweihundert, oder so", flüsterte er.
Entsetzt wich ich bis an die Wand zurück. "WIEVIELE?"
Narutos Blick bekam etwas Gequältes, als er meine Reaktion sah.
Doch ich schüttelte nur den Kopf, ging wieder einen Schritt vor und klopfte ihm auf die Schulter. "Jetzt in diesem Moment bin ich gerade sehr neidisch, Naruto. Da erschaffst du einfach so zweihundert Klone. Tssss. Ich frage mich, ob dir überhaupt Grenzen gesetzt sind."
"M-meinst du, Mamo-niichan?"
"Als Ninja brauchst du natürlich mehr als eine Kunst. Das habe ich erst neulich schmerzhaft erfahren müssen. Aber so ein mächtiges Jutsu ist schon mal ein guter Anfang. Wenn du jetzt etwas erreichen willst, dann brauchst du nur den Willen, dein Können, und jemand, der es dir haarklein erklärt."
"Niichan, der war gemein!", beschwerte sich der Blondschopf.
"War nur Spaß", erwiderte ich und strich ihm über die blonden Haare.
"Wenn ich alles erreichen kann...", sinnierte er leise.
"Du musst dich nur anstrengen, Naruto", versicherte ich.
"Wenn ich alles erreichen kann, meinst du, ich finde dann auch Freunde?"
Diese Frage war etwas absurd, wenn ich an Shikamaru dachte. Dann aber kam mir wieder in den Sinn, was er über Narutos Besessenheit vom Uchiha erzählt hatte. "Wenn du dir genügend Mühe gibst, sicherlich. Viele Freunde. Und falls die Freunde dir irgendwann mal Zeit lassen und wir beide zur gleichen Zeit in Konoha sind, lade ich dich noch mal zu Ramen ein."
"Echt? Das ist ein Versprechen, oder?"
"Klar. Aber Ninjas sind viel unterwegs. Das wirst du auch noch merken. Es wird ein Wunder sein, wenn wir uns überhaupt einmal im Monat begegnen", erklärte ich.
"Ach, das reicht doch für eine Schüssel Ramen von Ichiraku", erwiderte er lachend.
"Naruto... Ich habe gerade das Gefühl, du freust dich nur darauf, mich erneut zu treffen, weil es dann was zu Essen gibt", sagte ich bedrückt.
"Äh... Auch."
Ich unterdrückte einen prustenden Lacher. "Du bist ein Frechdachs, Naruto Uzumaki. Und jetzt ab ins Konferenzzimmer mit dir. Der Hokage erwartet dich da bereits. Ach, und mach Konoha Ehre, Genin."
"Genin. Das klingt gut. Natürlich werde ich das, Mamo-niichan. Und ich freue mich schon darauf einmal wieder mit dir Ramen zu essen." Er griente mich noch einmal an, bevor er in den Gang lief. "Auf bald, Mamo-niichan."
"Auf bald, Naruto."

Ich seufzte. Es war keine Lüge gewesen, als ich gesagt hatte, wir würden einander kaum sehen. Chunin erhielten grundsätzlich vollkommen andere Aufträge an vollkommen anderen Orten als die Anfängergruppen. Selbst wenn wir beide in Konoha waren, würden wir einander kaum über den Weg laufen. Aber darum machte ich mir wenig Sorgen. Ich zweifelte nicht daran, dass der blonde Bursche nun motiviert genug war, um seinen ersten richtigen Freund zu finden. Auch wenn ich bezweifelte, dass es der kleine Uchiha werden würde.
"Ah! Mamo-nii!"
Ich wandte mich der Stimme zu, die mich gerufen hatte. "Konohamaru-kun?"
Der kleine Bursche trat an mich heran. "Hast du den alten Mann gesehen?"
Ich sah zweifelnd auf den Jungen herab. "Willst du ihn immer noch besiegen und selbst Hokage werden?"
"Natürlich! Irgendwie muss ich ja dafür sorgen, nicht mehr wie ein Kind behandelt zu werden", rief er entrüstet. Leiser fügte er hinzu: "Oder dauernd verhätschelt."
Ich schnaubte verzweifelt. "Er ist im Konferenzraum, Konohamaru-kun."
"Danke, Mamo-nii!" Eilig hastete er an mir vorbei. Und wäre fast über seinen protzigen Umhang gestolpert.
"Na, das kann ja was werden", murmelte ich und wandte mich in Richtung Ausgang.
"War das nicht gerade der Enkel von Hiruzen?", fragte Ranko erstaunt. "Und er will seinen Großvater angreifen?"
"Eine lange Geschichte. Ich hätte ihm den Hosenboden stramm ziehen sollen, anstatt ihm den Weg zu zeigen", seufzte ich.
"Konohamaru-sama!", rief eine aufgeregte Männerstimme. Ich erkannte Ebi-sensei wieder, Konohamarus persönlichen Trainer.
Mit dem Daumen deutete ich tiefer in den Gang hinein. "Konferenzraum."
"Danke, Morikubo-tono!" Erleichtert hastete er an mir vorbei.
Ranko-sama räusperte sich. "Was die lange Geschichte angeht, also ich habe Zeit."
"Na, meinetwegen. Es geht hierbei vornehmlich um Konohamarus Vater, der..."

So begann meine Karriere als Chunin. Es war eine Zeit, die mich geprägt hatte wie kaum eine andere in meinem Leben. Es war die Zeit, in der der menschliche Verstand am meisten und am besten lernt. Und es war eine Zeit, in der ich in eine Welt voller Wunder, aber auch voller Vernichtung und Menschenverachtung eintrat. Was ich damals erlebt hatte, es hatte mich geformt und zu dem gemacht, was ich heute bin.

Ende der ersten Erzählung.

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Konoha Side Stories 2
Feuerregen

Prolog:
Wenn ich über meine Jugend zurück sinne, lange bevor ich wirkliche Verantwortung für Konoha und mein eigenes Leben hatte übernehmen müssen, könnte ich von jedem Tag berichten. Allein, was interessiert es jene, die meinen Bericht lesen, um etwas über das Leben der Shinobi in jenen Jahren zu erfahren? Ich maße mir an zu wissen, was ein Leser für interessant hält, und was nicht. Deshalb springe ich in meiner Erzählung zwei Jahre in die Zukunft - und doch wieder nicht. Ich war sechzehn, vor mir lagen viele gefahrvolle Missionen im Dienste Konohas und des Landes des Feuers. Viele erfreuliche Ereignisse lagen vor mir, aber auch viele schmerzvolle Verluste.
Meine Verantwortung, die ich für andere trug, wuchs mehr und mehr, und ich gewöhnte mich daran.
Es war in jenen Jahren, in denen ich Ereignisse erlebte, die mir nahe brachten, wie die großen Schlachten im dritten Ninja-Weltkrieg gewesen sein mochten. Nur um wenige Jahre später eindrucksvoll belehrt zu werden, das nichts, was man kannte, einen Ninja-Weltkrieg glich.
Und das waren nur einige der Probleme, mit denen ich mich konfrontiert sah. Ich will die Geschichte, die ich hier vor meinen Lesern ausbreite, in zwei Zeitebenen erzählen. Die eine, in der ich tatsächlich sechzehn bin, und jene Zeitebene, in der Konoha von der gemeinsamen Koalition aus Suna und Oto attackiert wurde, etwa ein Jahr nach der Chunin-Prüfung für Team drei.


1.
Heute

Eines habe ich gelernt, zweifellos. In meiner Tätigkeit als Aushilfslehrer in Kumogakure, im tägliche Umgang mit meinen Genin und meinen Vorgesetzten: Wer lehrt, lernt auch zugleich. Man kann Genin nicht über einen Kamm scheren oder gering schätzen, weil sie den eigenen Rang nicht erreicht haben. Im Gegenteil, jeder von ihnen verfügt über spezielles Wissen, das es zu erforschen und zu nutzen gilt.
In den Tagen rund um meinen fünfzehnten Geburtstag war ich meistens mit Karin und Hanako unterwegs, und es war selten, dass Hayate-sensei uns noch begleitete. Größere Missionen, die ich für Konoha erledigen musste, erforderten hingegen eine Neuner-Zelle, in der mir zwei Dreiergruppen Genin zugeteilt wurden, die von Hanako und Karin als meinen Stellvertretern koordiniert wurden, während ich die Gesamtlage im Auge behielt.
Diese sechs Genin wechselten öfters, sehr zu meinem Verdruss. Kaum hatte ich ein reibungsloses Zusammenspiel der einzelnen Persönlichkeiten und Fähigkeiten erreicht, wurden diese Gruppen wieder aufgebrochen und neu durcheinander gewirbelt.
Bis zu meinem sechzehnten Geburtstag zogen sich diese Aufträge. Danach wurden die Missionen schwerer.
Erst einige Jahre später sollte ich erfahren, dass der Sandaime Hokage, mein Sensei, dies in voller Absicht getan hatte. Er hatte mich benutzt, um den Genin-Gruppen die Grundlagen der Zusammenarbeit in größeren Teams näher zu bringen. Mit meiner Engelsgeduld und meinem scharfen Auge war ich dafür prädestiniert, könnte man sagen. Natürlich war ich nicht immer erfolgreich. Aber wir schlossen unsere Missionen ab, fast immer erfolgreich, und es herrschte ein gesunder Respekt füreinander. Gewiss, ich war nicht der erfolgreichste Anführer, sicher nicht, aber da es bei meinen Missionen bisher eher wenige Verluste gegeben hatte, stand ich im Ruf, mich besonders für meine Leute einzusetzen, eher eine Mission abzubrechen als sie zu verheizen.
Besonders die älteren Genin honorierten das.
Man konnte sagen, ich war beliebt. In einem gewissen Maße. Aber in jener Zeit lernte ich noch. Und es gab viel zu verstehen für mich. Eine dieser Lektionen war, dass die Taten der Vergangenheit irgendwann einmal Auswirkungen auf die Zukunft hatten. Vielleicht verstrichen Jahre, aber es gab diese Auswirkungen.
So auch in diesem Fall.

Als ich das Büro der Hokage betrat, war ich übermüdet, überstrapaziert und vollkommen verspannt. Vier Tage und Nächte ohne Schlaf und eine Hetzjagd, die mehr einem Puzzle geglichen hatte, hatten ihren Teil getan, um mich zu einem nervösen, herrischen und leicht aufbrausenden Wrack zu machen. Zudem war das Einzige was ich in dieser Zeit gegessen hatte, eine Soldatenpille gewesen. Zu mehr hatte ich keine Gelegenheit gehabt. Und so sehr man als Ninja, diese kleinen Dinger schätzen sollte, die einen für mehrere Tage mit allen notwendigen Nährstoffen und Kalorien versorgten - sie füllten nicht den Magen und ersetzten auch nicht den Genuss, den man beim Essen verspürte.

"Morikubo-kun", fragte die Godaime Hokage, und faltete ihre langen, filigranen Hände vor dem Gesicht ineinander, während ihre Ellenbögen auf der Tischplatte des Schreibtischs ruhte, "das Missionsziel wurde erreicht?"
Kurz blinzelte ich auf, um einen leichten Schwindelanfall zurückzudrängen. "Nein, Tsunade-sama. Das vierte Ziel ist uns entwischt. Ich entschuldige mich in aller Form für mein Versagen."
Sie warf einen fragenden Blick zu ihrer Sekretärin herüber.
Shizune warf einen Blick auf ihr Klemmbrett. "Aino ist entkommen."
"So." Nachdenklich sah sie mich an. "Das wird unserem Auftraggeber nicht gefallen. Aber Takko Aino war nicht das wichtigste Ziel der Mission."
"Dennoch. Ich bitte um die Erlaubnis, mich weiterhin um den Fall zu kümmern. Ein Mann, der kein Ninja ist, und mir dennoch entkommt, ist eine potentielle Bedrohung für uns."
"Abgelehnt." Dieses eine Wort nur, und es zerstörte meinen Stolz und meine Ehre als Ninja. Ich stellte mir vor, der Sandaime würde noch leben und hier sitzen. Hätte er es hingenommen, dass meine Mission unvollendet blieb?
"Tsunade-sama", begann ich. Doch die Hokage wischte meinen Einwand mit einem bissigen Knurren davon.
"Es ist gut! Wir setzen ihn aufs Bingo-Buch der Kopfgeldjäger und warten die weitere Entwicklung ab. Es gibt keinen Grund, warum ich einen Chunin weiterhin auf diesen kleinen Fisch ansetzen sollte."
Ich spürte, wie meine Hände zu zittern begannen. "Tsunade-sama, ich..."
"Außerdem habe ich längst eine weitere Mission für dich. Sie ist zwar nur B-Rang, aber du wirst dich für sie wieder der Neuner-Zelle bedienen."
"Was?", fragte ich überrascht.
"Du wurdest persönlich angefordert, Mamoru Morikubo. Unser Auftraggeber will dich und niemand anderen für die Mission haben. Da die Missionsparameter mehrere Gruppen erfordern, habe ich mich für deine bewährte Neuner-Formation entschieden. Da sie nur B-Rang ist, wirst du die Mission leiten, wie üblich. Keine weitere Unterstützung durch Chunin oder Jounin."
Ich blinzelte erneut. Das Zittern meiner Hände legte sich ein wenig. "Was ist das für eine Mission, Tsunade-sama?"
"Kennst du den neuen Spielfilm der gerade im Kino läuft? Die Gerechten Sieben?"
"Oh, ich habe davon gehört. Sieben herrenlose Shinobi werden von einem abseits gelegenen Dorf angeheuert, das periodisch von seinen Nachbarn geplündert wird. Wie der Film ausgeht weiß ich nicht."
Die Godaime Hokage griente mich an. "Ist vielleicht auch besser so. Aber freu dich: Du hast nicht sieben, sondern acht Ninja zur Verfügung."
"Eine Beschützer-Mission?"
"Das ist richtig. Wir haben den Auftrag bereits angenommen. Er ist... Etwas delikat, weil du nach Mizu no Kuni musst. Aber ich erwarte keine Schwierigkeiten mit Kirigakure."
"Warum hat unser Auftraggeber nicht einfach Kiri-Ninjas angeheuert?", fragte ich erstaunt.
"Das kann uns völlig egal sein. Er will dich, und er kriegt dich auch, weil er dafür bezahlt." Tsunade-sama wirkte reichlich zufrieden mit sich und der Welt. Und ich selbst fühlte mich auch besser. Persönlich angefordert zu werden... Hatte ich mir bereits einen Ruf erworben?
Die Hokage musterte mich von Kopf bis Fuß. "Aber jetzt solltest du erst mal was essen, ein Bad nehmen und ein wenig schlafen. Wir stellen dein Team zusammen. Du brichst in vierzig Stunden auf."
Das erleichterte mich doch ein wenig. Für einen sofortigen Aufbruch fühlte ich mich zu ausgelaugt. Dennoch fragte ich: "Wäre es nicht angemessener, wenn wir..."
"Das Dorf wird periodisch bedroht, Morikubo-kun. Du hast noch zehn Tage Zeit, bevor die Ernte beginnt. Erst dann ist das Dorf als potentielles Ziel gefährdet. Wenn du in zwei Tagen aufbrichst, kannst du in weiteren sechs Tagen dort sein. Die Ernte dauert eine Woche. Du hast also ein ausreichendes Zeitfenster für Vorbereitungen. Also ruhe dich erst einmal aus. Und sag das auch deinen Stellvertretern. Ich will keine Shinobi mit Augenringen sehen", mahnte sie.
"Ich werde sie persönlich ins Bett stecken", versprach ich.
"Das werden sie sicherlich zu schätzen wissen", murmelte Shizune vor sich hin.
"Eventuell", sagte ich in ihre Richtung, und mit Genugtuung nahm ich zur Kenntnis, wie eine leichte Röte über ihre Wangen huschte.
"Das ist dann alles, Morikubo-kun. In vierzig Stunden in diesem Büro. Du kannst gehen."
"Hokage-sama", sagte ich in ihre Richtung und deutete eine Verbeugung an. "Shizune-tono."
Sie erwiderten meinen Abschiedsgruß mit einem Nicken.

Ich verließ das Büro mit einem breiten Gähnen. Himmel, war ich fertig. Etwas Schlaf war genau die richtige Idee. Ich konnte es kaum erwarten, endlich ins Bett zu kommen. Und anschließend würde ich mir etwas Zeit abzwacken, um ein paar Freunde aufzusuchen, die ich seit Monaten nicht mehr gesehen hatte. Aber zuerst musste ich meine Leute informieren und nach Hause schicken.
Mit müden Schritten erklomm ich das Dach der Residenz. Welcher Trottel hatte das gleich noch mal angeordnet, angeblich um die warme Herbstsonne genießen zu können? Ach ja, das war ich selbst gewesen.
Schließlich stand ich oben, mit schmerzenden Beinen und die Treppe verfluchend. Und was bot sich mir? Eine Horde sich entspannender, teilweise schnarchender Shinobi, die entweder tatsächlich die Sonne genossen, oder die Steinbänke als Schlafstätten requiriert hatten. Auf den ersten Blick war ich neidisch.
"Mamo-chan!", sagte Karin hastig, als sie mich das Dach betreten sah.
Als sie sich erheben wollte, winkte ich ab. "Bleib liegen. Ihr alle, entspannt euch."
Vor meinen Leuten ging ich in die Hocke. Das würde sich noch rächen, wenn ich versuchte, wieder aufzustehen. "Tsunade-sama hat die Mission für beendet erklärt. Unser letztes Ziel setzt sie ins Kopfgeldjägerbuch. Für uns ist damit alles erledigt."
Leises Gemurre klang auf. Ich konnte das verstehen. Alle Shinobi Konohas zogen einen gewissen Stolz aus ihrer Arbeit. Und eine nicht abgeschlossene oder abgebrochene Mission zehrte von diesem Stolz. "Es geht nicht anders, Leute. Ich wurde bereits der nächsten Mission zugeteilt. Sie startet in vierzig Stunden, und meine Anweisungen lauten, bis dahin ausgeruht zu sein. Ach kommt, Leute, macht nicht so ein Gesicht. Wir haben doch die Hauptziele erwischt und nach Konoha gebracht. Was interessiert uns so ein kleiner Fisch?"
"Ein kleiner Fisch, der uns entkommen ist", merkte einer der Genin bissig an.
"Es gibt immer eine weitere Gelegenheit, Shiro. Man trifft sich immer zweimal im Leben." Ich sah in die Runde. "Fragen? Wenn nicht, schicke ich euch jetzt in die Betten. Ja, Sara?"
"Sempai, werden wir mit von der Partie sein?"
"Ehrlich gesagt weiß ich das nicht. Tsunade-sama stellt die Gruppe zusammen. Aber ich glaube eher nicht. Normalerweise kriegen Karin, Hanako und ich für neue Missionen immer andere Genin zugeteilt."
Zustimmendes, teils spöttisches Gemurmel klang auf.
Ich klatschte in die Hände. "Also, Herrschaften, wenn es das gewesen ist, dann habt Ihr jetzt Dienstschluss. Ab nach Hause, was Anständiges essen, baden, schlafen.
Mürrisch erhoben sich die Genin. Shiro half Karin auf die Beine. Nur Hanako blieb auf ihrer Steinbank liegen, als ginge sie das alles nichts an.
Ich kam wieder hoch, sehr zum Leidwesen meiner Beinmuskeln, und trat zu Hana herüber. "Du auch, Mädchen. Los, dein Bett ist doch viel bequemer als die Steinbank."
"Ach, nur noch fünf Minuten", murmelte sie im Halbschlaf.
"Gut, dann bleib liegen. Ich gehe mit Karin vor."
Urplötzlich war sie wach und schoss in die Höhe. Bevor ich es verhindern konnte, hatte ich sie am rechten Arm hängen.
"Haha. Ahahaha. War doch nur ein Witz. Ich bin wach, wirklich!"
Die Gegenreaktion ließ natürlich nicht lange auf sich warten, und keine Sekunde darauf hing Karin an meinem anderen Arm. "Bringst du mich nach Hause, Mamo-chan? Choji würde sich bestimmt freuen, dich zu sehen."
Ich seufzte ergeben. Seit ein paar Monaten, genauer gesagt seit der letzten Chunin-Prüfung in Konoha verstand ich, was in den beiden Mädchen vorging, was sie für mich empfanden, und was das ganze Theater eigentlich sollte, das sie um mich veranstalteten. Sie waren beide in mich verliebt, und das schon seit der Schule. Ich hätte lügen müssen, hätte ich behauptet, ich würde nichts für die beiden empfinden. Ja, vielleicht liebte ich eine der beiden, ich konnte es nicht sagen. Aber ich hatte ein ernsthaftes Problem. Ich verstand nicht, warum die beiden in mich verliebt waren. Ausgerechnet in mich. Bevor ich diese sich selbst widersprechende Frage nicht geklärt hatte, ihre Motive erkannt hatte, konnte ich mich mit dem Thema Liebe nicht weiter beschäftigen. Aber wenn ich ehrlich war, dann steckte ich, seit ich verstanden hatte was überhaupt passierte, in einer Zwickmühle. Die eine zu wählen würde bedeuten die andere zu enttäuschen. Keine zu wählen würde sie langfristig von mir forttreiben. Beide zu wählen hingegen mochte der Traum jedes Pubertierenden sein, aber diese Option stand mir nicht offen.
Ich war nicht soweit, um eine Entscheidung zu treffen. Noch lange nicht. Zwar neckte ich die beiden mit ihrer Leidenschaft, von der sie immer noch dachten, sie wäre vor mir geheim. Aber ich war noch nicht bereit, mich für eine zu entscheiden und die andere aufzugeben. Ich wusste ja noch nicht einmal, für welche der beiden ich mich entscheiden sollte. Aber immerhin fiel es mir seither leichter, mich aus ihrem Spiel um mich auszuklinken. Und ihre Reaktionen waren vorhersagbar, weshalb ich Vorbereitungen treffen konnte.
"Aber natürlich bringe ich dich nach Hause, Karin. Euch beide. Ich... Ja, hallo, ist das nicht Kou Hyuuga? Kumpel, was machst du denn hier?"
Der groß gewachsene Shinobi zeigte mir seine ernsteste Miene. Mit der weißen Iris, typisch für die Hyuugas, wirkte es gleich bedrohlich. "Ich würde dich gerne sprechen, Mamoru." Er taxierte die beiden Mädchen, die meine Arme festhielten. "Privat."
Widerstrebend ließen sie meine Arme fahren. "Du kommst doch vorbei, wenn du ausgeschlafen hast, ja, Mamo-chan?", fragte Hanako drängend.
"Versprochen", sagte ich und legte beiden Mädchen einen Arm um die Schultern. "Lasst uns morgen essen gehen. Nur wir drei. Ich bezahle."
Nun, das machte sie glücklich genug, um mir den Freiraum zu erkaufen, den ich jetzt brauchte.

Nachdem Hana und Karin mit einem letzten Winken vom Dach verschwunden waren - immerhin überließen sie mich einem Mann, keiner Rivalin - atmete ich erleichtert auf. "Danke, wie immer."
Kous ernste Miene verschwand und machte einem verlegenen Lächeln Platz. "Ach, da doch nicht für, Mamo-chan. Das mache ich doch gerne als dein Freund. Ich frage mich nur manchmal, wie lange Karin und Hanako auf diese Scharade noch reinfallen." Sein Lächeln verblasste ein wenig. "Noch Lust auf was zu trinken, bevor du dich aufs Ohr haust?"
"Ich denke, ein Bier kann nichts schaden."
"Gut. Obwohl, wenn ich mir die Ringe unter deinen Augen so ansehe, wäre es vielleicht doch keine schlechte Idee, wenn du gleich ins Bett gehst."
"Diese eine Stunde kann ich auch noch wach bleiben." Ich klopfte Kou auf die Schulter. "Und läuft alles? Flirtest du auch weiterhin eifrig mit meiner Schwester?"
"Oh, man tut was man kann. Was bei dir in Sachen Liebe los ist, weiß ich ja jedes Mal, wenn ich dich aus deinem Liebesdreieck raus hauen muss. Warum machst du der Sache nicht endlich mal ein Ende und entscheidest dich?"
"Viel zu anstrengend", erwiderte ich.
"Jetzt klingst du wie dein Cousin. Hast du übrigens gehört, das im Gespräch ist, ihn zum Jounin zu machen?"
"Warum nicht? Shikamaru ist ein heller Kopf. Außerdem hält ihn das auf Trab." Ich grinste. "Und besser er als ich."
Kou lachte leise. "Ich werde nie verstehen, was Ihr Nara-Männer für ein Problem mit Verantwortung habt." Er schwieg für einen Moment, und sein Blick ging an mir vorbei. Ich wusste, wohin er sah: Hoch zu den Gesichtern der vorigen Hokage. Jener Hokage, die für Konoha gestorben waren, auch Sarutobi-sensei. "Denkst...", begann er, brach ab und setzte erneut an. "Denkst du noch daran?"
"Jeden Tag", gestand ich. Ja, jeden Tag dachte ich daran, wie ich in eine Stadt zurückgekehrt war, die unter einer unglaublichen Attacke gestanden hatte. Jeden Tag dachte ich daran, ob es etwas geändert hätte, wenn ich Sarutobi-sensei hätte zur Seite stehen können. Dieser verdammte Orochimaru. Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten. Das waren keine guten Tage gewesen. Sicherlich keine guten Tage.
Langsam öffnete ich meine Fäuste wieder. "Lass uns trinken gehen, Kou."
"Okay, ich bezahle."
Ich lächelte schmallippig. "Du wusstest schon immer, wie du meine Stimmung bessern konntest."
Er klopfte mir auf die Schulter. "Gehen wir."

Ein letzter Blick von ihm ging nach oben, dann wandte er sich ab. Stattdessen wandte ich mich um und sah zu den fünf Gesichtern hoch; Tsunade-samas Antlitz war dort bereits verewigt worden, seit ausgerechnet Naruto Uzumaki sie dazu überredet hatte, ihre Verantwortung gegenüber Konoha anzunehmen. Eine verrückte Geschichte. Aber es passte zu dem Ruf, den der junge Genin nach und nach um sich aufbaute.
Mein Hauptaugenmerk aber galt Sarutobi-sensei. Hätte ich wirklich etwas ändern können, wenn ich hier gewesen wäre? Diese Frage verunsicherte mich seit dem Überfall auf meine Heimatstadt. Und ich wusste, es gab keine Antwort, so wie ich es auch nicht ungeschehen machen konnte. Blieb nur noch die Rache.
"Kommst du, oder muss ich mein Bier allein trinken?", rief Kou herüber.
"Wenn du schon mal bezahlst...", erwiderte ich und wandte mich von den Steingesichtern ab. Es blieb nur noch die Rache, aber das war immerhin etwas.
***
Damals

Damals, das war ein Jahr nach der Chunin-Prüfung in Kumogakure gewesen. Ich hatte mich längst als Chunin bewährt, und mit Hana und Karin als meinen Leutnants hatte ich ein effektives System aufgebaut, um die Genin, die mir für die verschiedenen Missionen zugeteilt wurden, zu führen.
Achtzehn Missionen hatten wir mittlerweile erfüllt, die meisten B- und C-Rang. Zwei hatten A-Rang gehabt, eine weitere war nachträglich auf A-Rang gehievt worden. Eine S-Rang-Mission hatte ich bestritten, allerdings nur als Unterführer in einer Gruppe von siebenundzwanzig Genin und Chunin, mit einem Jounin als Kommandeur. Das war eine sehr interessante Erfahrung gewesen - wenn man nichts dagegen hatte, permanent an der Schwelle des Todes zu schweben.
Natürlich bestritt ich nicht nur diese Missionen. Es kam auch vor, dass wir wie in alten Zeiten mit Hayate-sensei als Drei Mann-Zelle unterwegs waren. Eine Mission hatte ich alleine ausgeführt, und ich hatte auch schon Sechsergruppen angeführt.
Es war nicht schwer, ein Team zu führen, wenn man die Stärken und Schwächen der Mitglieder kannte. Wenn sie auf einen hörten, musste man dazu sagen. Anfangs war es nicht leicht gewesen; ich hatte erkennen müssen, dass vor allem ältere Genin ihre eigenen Erfahrungen hatten und oftmals danach handelten. Dass ich mir bei meiner Planung etwas gedacht hatte, und das ihre Handlungen die Leben ihrer Kameraden gefährden konnten, mussten sie dann halt auf die harte Tour lernen.
Ich hatte es mir angewöhnt, diese "erfahrenen" Genin schnell heraus zu sortieren, die Art ihres Vorbehalts oder ihres Überlegenheitsdenkens herauszufinden, und das dann entweder insgeheim für meine Pläne zu verwenden, oder sie an ihrer eigenen Arroganz scheitern zu lassen. Eine rechtzeitige Rettung in letzter Sekunde half meistens mehr als stundenlange Überzeugungsversuche.

Als mein Neunerteam diesmal heimkehrte, hatten wir zum Glück keine besonderen Schwierigkeiten gehabt. Es war um das Übliche gegangen; eine Gruppe ausländischer Nukenin, also Ninjas, die aus ihren Dörfern geflohen waren, hatten gedacht, sich in einer dünn besiedelten Ecke des Feuerlandes ihr eigenes kleines Reich des Terrors und der Unterdrückung zusammen zu stellen. Wir waren ausgezogen, um sie davon zu überzeugen, dass das keine gute Idee war.
Um es abzuschließen, wir hatten gesiegt, und als Zeichen des guten Willens hatten wir die Deserteure aus Kumogakure direkt an eine Einheit Kumo-Nin überstellt, auf die wir ein paar Tage hatten warten müssen. Bei der Gelegenheit hatten wir Omoi wiedergesehen, und das war die Sache wert gewesen.
Auch die Kiri-Deserteure hatten wir aus Gründen der Diplomatie an ihre ehemaligen Kameraden übergeben. Es hatte mich nicht überrascht, dass die Kiri-Nukenin schon kurz nach der Übergabe exekutiert worden waren und man dafür gesorgt hatte, dass nicht genügend von ihren Körpern übrig bleiben würde, um irgendjemanden Rückschlüsse auf ihre Jutsu zu erlauben. Kirigakure war ein Dorf, das sich vor allem durch Härte gegen sich selbst auszeichnete. Es hieß, die Akademieabgänger würden in Zweierkämpfen auf Leben und Tod entscheiden, wer ein Genin werden durfte. Der andere war tot.
Ich persönlich hielt das für Verschwendung von guten Shinobi; andererseits hatten die Kiri-Nin bereits getötet und die Hemmungen überwunden, ihre Bekannten zu töten, vielleicht sogar Freunde. Das machte sie unglaublich gefährlich, geradezu monströs. Und deshalb gingen sie mit Deserteuren äußerst brutal um. Jemand aus ihrem Kreis, der sich allen Härten gestellt hatte, einer der ihren, der seinen Dienst für das Dorf mit Blut besiegelt hatte, durfte nicht fliehen, sich nicht der Aufgabe entziehen. Solch ein Verrat traf die Kiri-Leute doppelt und dreifach. Deshalb hatte ein Kiri-Nukenin für die ehrlose Flucht den Tod vor sich.

Ursprünglich hatte ich die Hoffnung gehabt, zur Chunin-Prüfung, die diesmal in Konoha stattfinden würde, wieder daheim zu sein, aber die Warterei auf die Abordnungen aus Kiri und Kumo, und der Wiederaufbau der von den Nukenin brutal kontrollierten Dörfer und Höfe, hatte viel mehr Zeit verschlungen als ich gedacht hatte.
Dementsprechend hetzte ich meine Truppe, so weit ich es verantworten konnte, um nach Hause zu kommen. Die letzten Gefangenen, einen Suna-Genin und einen Deserteur aus meiner eigenen Stadt, nahmen wir dabei mit; die letzten Depeschen hatten davon gesprochen, dass der Kazekage, der Oberhaupt der Versteckten Stadt im Sand, mit einem großen Gefolge anreisen würde, um die Endrunde der Prüfung zu beobachten. Es würde einfacher sein, den Suna-Nukenin Zuhause zu übergeben anstatt auf eine Suna-Abordnung zu warten.
Und unser Gefangener, nun, Konoha hatte für solche Zwecke ein Gefängnis. Pragmatisch wie wir Konoha-Shinobi nun mal waren, behielten wir es vor, seine Fähigkeiten in Zukunft für Konohas Nutzen aufzubewahren. Es mochte die Zeit kommen, in der er sich bewähren konnte und die Schande der Desertation und seiner unwürdigen Aktionen mit den anderen Nukenin mildern, wenn nicht ganz fortwaschen konnte. Das ging natürlich nicht, wenn wir ihn töteten. Insoweit hatte er Glück gehabt. Nach den Kämpfen gegen die Nukenin hatte es nur neun Überlebende gegeben. Er hätte auch durchaus unter den dreizehn Toten gewesen sein können, und das wäre im Anbetracht der Verbrechen, die seine Gruppe begangen hatte, und im Angesicht von über dreißig toten Dorfbewohnern nicht einmal ungerecht gewesen. Und sein Suna-Kumpel... Sie waren halt kleine Fische, was man auch daran hatte erkennen können, wie leicht es mir gefallen war, sie auszuschalten. Der Kampf gegen die Rädelsführer war von einem anderen Kaliber gewesen und hatte uns mehrere Verletzte und einen Toten gekostet.

Es war eine wichtige Lektion für mich gewesen, dass eben nicht immer alles nach der Planung ging, und das auf der eigenen Seite Menschen sterben konnten und es auch taten. Ich zermarterte mir seither den Kopf, welchen Fehler ich begangen hatte, um den Tod von Akio zugelassen zu haben, denn es musste mein Fehler gewesen sein. Und wenn er doch an der eigenen Waghalsigkeit gestorben war, dann war es mein Fehler gewesen, dies nicht rechtzeitig zu erkennen. Letztendlich war er von der Hand des Anführers gestorben, einem bulligen Erdjutsu-Nutzers ohne die Abzeichen eines versteckten Dorfes.
Wir führten die toten Nukenin und Akios Leichnam mit uns; eine Abart des Beschwörungsjutsu erlaubte es uns, die Leichen noch auf dem Schlachtfeld per Schriftrolle in eine Tierdimension zu bannen, und in Konoha wieder zu beschwören. Unsere Medi-Ninjas würden versuchen, anhand der toten Körper mehr über die Jutsu heraus zu finden. Nicht verkehrt, vor allem weil einer der Nukenin über ein Blutlimit verfügt haben musste, also eine spezielle Ninja-Kunst, die nicht erlernt, sondern nur vererbt werden konnte. Oder gestohlen. Andererseits war der Kerl Genjutsu-Nutzer gewesen. Es konnte auch nur eine vorsichtige Illusion gewesen sein, sanft eingebettet in die Realität. Blut als Waffe, es hatte etwas Monströses.
Letztendlich waren wir nur noch acht, und wegen der Verletzten, die ich nicht einmal auf dem Gebiet des Feuerlands zurücklassen wollte, kamen wir nicht so schnell voran wie wir gekonnt hätten. Und das ausgerechnet am Tag des Finales.
Ich hätte schon gerne zugesehen, immerhin sollte Naruto gegen Neji Hyuuga kämpfen, und Kou selbst hatte gesagt, dem jungen Ausnahmetalent seines Clans würde eine Überraschung bevorstehen, wenn er sich nicht auf Naruto einstellte. Dann war da noch der Kampf vom jungen Uchiha gegen einen Suna-Genin, der sich nach dem Hörensagen durch unglaublichen Killerinstinkt und grenzenlose Brutalität durch das bisherige Examen gekämpft hatte. Dann kämpfte mein Cousin Shikamaru gegen einen weiteren Suna-Nin, und den Kampf wollte ich zu gerne sehen. Wenngleich ich nicht besonders gerne daran dachte, was danach anstand: Ausgerechnet der jüngste Aburame-Ninja würde gegen einen weiteren Suna-Nin antreten. Und diese Insektenbändiger, bei aller Toleranz, verursachten mir doch einen kalten Schauder auf dem Rücken.

Immer wieder sah ich auf meinen Chronometer. Wenn das Finale pünktlich angefangen hatte, dann hatte ich den Kampf des kleinen Uzumakis bereits verpasst, und ich fragte mich ehrlich, ob Kou Recht behalten hatte. Mehr als einmal hatte er mir vorgejammert, was für eine arrogante Einstellung das herausragendste Talent der Nebenfamilie an den Tag legte, und wie überheblich er seine Schutzbefohlene Hinata behandelte. Bei der dritten Vorrunde im Duell-Modus hatte er sie sogar schwer verletzt. Wobei selbst Kou zugeben musste, dass ihre Sturheit, die verhindert hatte das sie einfach aufgab, bewundernswert gewesen war. Es schien so, als hätte sie den Mut, der ihr lange Jahre gefehlt hatte, nun mit beiden Händen aus einer unbekannten Quelle geschöpft, um es bildlich auszusprechen. Leider war ihr Können dem nicht nachgekommen, aber es hätte immer noch gereicht, um jeden Genin Konohas, und wohl auch etliche Chunin hinweg zu fegen. Das Byakugan war ein ernster Gegner, und jeder entschlossene Shinobi, der über Technik und dieses Bluterbe verfügte, war ein noch ernsterer Gegner.
Der zweite Kampf war für mich auch nicht so interessant wie der Shikamarus; eigentlich hatte ich vorgehabt, im Publikum zu sitzen und ihn anzufeuern. Aber wenn ich einigermaßen gut schätzte, dann waren diese drei Kämpfe schon lange beendet. Und wenn ich mal nicht versuchte, den Optimisten heraus zu kehren, war wahrscheinlich schon die ganze Veranstaltung beendet, standen die Sieger fest, und man beriet gerade in Konoha, welchen Genin man zum Chunin machen würde.
Ich seufzte leise. All die Mühe umsonst. Aber ich konnte nicht anders; ich wollte meine Leute, vor allem die verletzten, nicht einfach zurücklassen, nur weil ich meinem Egoismus nachgeben wollte.
Und das, wo ich bereits die vertraute Anhöhe über Konoha sehen konnte. So nahe dran, und doch zu spät.

Ikuko seufzte neben mir erleichtert auf. Das kam selten vor. Die sensorische Ninja war meistens noch verschlossener als Karin am Anfang ihrer Karriere als Kunoichi und stellte sich gerne nach hinten, weil sie von ihren eigenen Fähigkeiten als Kämpferin nicht überzeugt war. Ich hatte versucht das abzustellen, und ihr besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, um ihr Ego zu stärken. Dummerweise hatte sie das als Annäherungsversuch interpretiert, ebenso wie Hana und Karin.
Und noch dümmer daran war, dass ich, hätte ich das tatsächlich versucht, bei ihr offene Türen eingerannt hätte. Sie hatte anscheinend keine Probleme mit einem zwei Jahre jüngeren Mann als Partner. Noch etwas was meinen beiden Leutnants überhaupt nicht gepasst hatte.
Aber es bot mir die Gelegenheit, die beiden ein wenig zu necken, weshalb ich zu Ikuko herüber sah. "Was ist los, Ikuko-chan?"
Verlegen sah sie zu mir herüber. Aufmerksamkeit von mir machte sie immer ein wenig nervös. "Es ist nichts, Mamo-chan. Ich war nur etwas nervös, weil ich niemanden auf dem äußeren Patrouillengürtel entdecken konnte. Aber im Mittleren habe ich eine Gruppe auf Patrouillenkurs erspürt."
"Das sind dann wohl eher nicht die ANBU", klang es von hinten auf, und wir lachten. Einen ANBU, so sagte man, bemerkte man erst, wenn er vor einem stand. Daher war es nicht ungewöhnlich, dass Ikuko am äußeren Ring niemanden entdeckt hatte. Ungewöhnlicher war es da schon, dass sie sich uns gegenüber nicht zu erkennen gegeben hatten. Immerhin führten wir Gefangene mit uns.
"Merkwürdig", murmelte sie wieder. "Sie scheinen uns zu folgen..."
"Das Ganze Halt. Voraussichtlich werden wir inspiziert."
Dies rief wieder Heiterkeit hervor. Zumindest bis zu dem Moment, der mein Leben und das aller Shinobi Konohas von einem Moment zum anderen vollständig veränderte. Zuerst war es nur der Schrei eines Bussards, der die Shinobi der Stadt zu Phase drei aufrief - und jeder wusste, was das bedeutete. Dann landete etwas Großes, Schweres in mehreren Kilometern Entfernung auf dem Boden und löste eine Druckwelle aus, die sogar bei uns noch zu spüren war.
"Was zum...?", fragte Inari, unser Medi-Nin, ungläubig und starrte in die Richtung, aus der der Lärm zu uns herüber gehallt war. "Gama Oyabun... Ist Jiraiya-sama...?"
"AUSEINANDER!", brüllte ich und wirbelte herum. Die Shinobi spritzten vor mir davon und schufen mir eine Gasse. "Katon! Dai Endan!" Ich spie einen großen Feuerball aus meinem Mund, jagte ihn in den Wald, den wir gerade erst passiert hatten, mitten in die Gruppe, die uns folgte. Ninjas blieb eher wenig Zeit, um Entscheidungen zu treffen. Aber in unserem Gewerbe konnte eine halbe Sekunde des Zögerns schnell den eigenen Tod oder den eines Kameraden bedeuten. Shinobi sein bedeutete auch Risiken abschätzen und eingehen zu können. In diesem Fall nahm ich das Risiko auf mich, gerade vier Ninjas von Konoha zu rösten, und das war mir wirklich nicht leicht gefallen. Andererseits gab es da dieses spöttische Sprichwort, das besagte, es sei oftmals einfacher um Vergebung zu bitten als um Erlaubnis.

Ich hörte einen Schrei und sah danach einem Menschen, brennend wie eine Fackel, aus dem Gehölz stürzen. Drei weitere Schemen kamen hervor. Ihr Anführer landete links von meiner Gruppe. Mit Entsetzen sah ich auf seinem Stirnschutz das Symbol Konohas.
"Seid Ihr verrückt geworden?", herrschte er mich an. "Könnt Ihr Freund von Feind nicht mehr unterscheiden?"
"Doch, können wir", sagte Karin, Augenblicke bevor sie ihr Baika no Jutsu einsetzte, um den Fremden zu treffen. Der sprang nach hinten weg, sein Verwandlungsjutsu aussetzend. Nun stand uns ein maskierter Ninja in der Kleidung der Oto-Nin gegenüber. Auch die anderen beiden Ninjas nahmen ihre eigentliche Form an. Man musste Karins gutes Gedächtnis für Gesichter einfach lieben.
Das bedeutete nur für den Moment ein Aufatmen, denn es musste einen Grund dafür geben, dass sie bei dem Missverhältnis drei gegen acht nicht stiften gingen. Es musste ihnen klar sein, dass ein Chunin zur Gruppe gehörte. War einer von ihnen auch Chunin, vielleicht Jounin? Erwarteten sie Verstärkung?
"Mist, ich dachte, das funktioniert", murrte der Oto-Nin. "Ich wollte ihm eigentlich keine Lorbeeren überlassen."
Ich kniff die Augen zusammen und fixierte den Kerl. "Wem?"
"Mamo-chan, oh, oh...", hörte ich einen meiner Genin, Tetsuo, sagen. "Das sieht nicht gut aus."
"Was sieht nicht gut aus?" Ich fuhr herum, nur für einen Moment, um anschließend die drei überlebenden Oto-Nin wieder ins Blickfeld zu kriegen. Aber was ich gesehen hatte, gefiel mir gar nicht. "Eine Schlange. Ich hasse Schlangen. Vor allem so große Schlangen."
"Das ist noch nicht das Schlimmste. Der Kerl, der auf ihr steht, muss ein Chunin sein", sagte Tetsuo pessimistisch.
Na, das war wunderbar. Wer jetzt noch daran zweifelte, dass in Konoha etwas nicht stimmte, dem war nicht zu helfen. Eine beschworene Riesenschlange in unserem Gebiet, dazu Ninjas eines fremden Ortes auf unseren Patrouillenwegen, wir steckten garantiert bis zur Halskrause in der Scheiße. Und Otogakure war definitiv daran Schuld.
"Karin, deine Gruppe übernimmt die Gegner in Frontrichtung. Hanako, deine Gruppe unterstützt mich." "Verstanden!"

Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. War ich in die Rückseite der Front geraten? Wie tief war die Frontlinie, wie weit waren die Oto-Nin vorgedrungen? Steckten wir bereits zu tief drin und würden von überlegenen Feindkräften ausradiert werden? Es war natürlich klar, dass wir die Stadt erreichen mussten, aber sicher nicht um jeden Preis. Ich hatte keine Ahnung von den Gegenmaßnahmen, die in Konoha ergriffen worden waren. Ich wusste dank des Bussards nur, dass überhaupt Abwehrmaßnahmen angelaufen waren. Aber der Feind war hier, wir waren hier. Es war pragmatisch, den Gegner hier erst einmal zu besiegen und dann das weitere Vorgehen zu planen.
Hanas Team war durch Akios Tod auf Ikuko und Tetsuo zusammen geschmolzen, was Karin mit Inari, Makiko und Kano einen Shinobi mehr ließ, als sie für die Abwehr der übrigen drei Gegner brauchte. Je nach ihren Stärken und Talenten. Das machte vier Shinobi gegen einen Menschen und die Riesenschlange. Und ich war der Einzige in meiner Gruppe, der Kontraktträger war. Mein Gegner schien das zu ahnen; der erste Angriff der Schlange bestand aus einem Schwall hochtoxischem Gift auf meine Position.
"Hanako, du nimmst dich des Chunin an, wenn er die Schlange verlässt. Tetsuo, Ikuko, deckt mich für mindestens drei Sekunden!" "Verstanden!"
Die Schlange schnellte näher, zumindest bis zu dem Moment, als Tetsuo mit seinem Ninjutsu einen Erdwall beschwor. Dies schien die Schlange nicht weiter zu stören. Ich war ihr erstes und gefährlichstes Ziel, und sie stieß ungeachtet der Gefahr weiter vor. Dies war der Moment für Ikuko, um zu brillieren. Sie setzte ihr Wasser-Jutsu ein, und machte aus dem Erdwall und dem Boden unter der Schlange einen mittleren See. Tetsuo vervollständigte die Sache, und der See wurde ein Schlickteich, der die Riesenschlange nach unten saugte. Das war die kombinierte Technik von Katou und Lian. Danke für diese Idee.
Wie ich voraus gesehen hatte, sprang der Oto-Nin vom Rücken der Schlange und raste auf mich zu. Er schleuderte Shuriken, um meine Konzentration zu unterbrechen, und mir blieb nichts anderes übrig, als auszuweichen. Mittlerweile hatte Tetsuo in einem wahren Kraftakt einen weiteren Erdwall beschworen, der sich über die Schlange neigte und drohte, sie lebendig zu begraben. Mit Ikukos Wasser-Jutsu wurde es ein schlackiger Tsunami, der das Tier weiter in den Sumpf drückte.
Hanako griff ein, versuchte den Oto-Nin, mit ihrem Genjutsu zu fangen. Für eine bange Sekunde verharrte der Ninja, bevor er ihren Körpertausch abschüttelte wie ein nasser Hund Wasser. Er sprang weiter auf mich zu, und ich sah in seinen Augen den Hass und die Wut auf mich aufblitzen. Doch dieser Moment Verzögerung hatte mir gereicht. "Kuchiose no Jutsu!"
Es gab den obligatorischen Knall und die Rauchwolke, der meine Hoffnung auf einen starken Affen im Ungewissen hielt. Zwar war ich das letzte Jahr über immer besser darin geworden, meine Partner gezielt zu beschwören, aber mir unterliefen unter Druck immer noch Patzer. Es wäre genau in diesem Moment sehr fatal gewesen, hätte ich Enma O beschwören wollen, und stattdessen Perine bekommen.
Der fremde Chunin stoppte ab. Hinter ihm wühlte sich die Schlange brüllend aus dem Schlamm hervor, doch Ikuko und Tetsuo attackierten sie erneut mit Erde und Wasser. Wenn es mir gelang, nahe genug heran zu kommen, konnte ich den ganzen Schlammpfuhl unter Strom setzen. Dann gab es überbackene Schlange satt für alle. Doch dafür war es zu früh.
Aus dem Nebel schälte sich die Gestalt von Ranko-sama. Okay, es hatte geklappt. Mit ihr als meiner Verstärkung würde die Schlange nicht länger ein Problem sein.
"Mamo-chan", sagte sie ernst, "sind die mit den Musiknoten die Gegner?"
Es war etwas in der Art, wie sie diese Frage gestellt hatte, etwas in ihrer Wortwahl, etwas in ihrer Körperhaltung. Es war etwas in ihrer Chakra-Ausstrahlung, eine unglaubliche Drohung, die sogar den Oto-Nin verharren ließ.
"Ja, Ranko-sensei."
"Bist du sicher?"
Ich merkte auf. "Wie?"
"Bist du sicher, dass ein kleines Dorf wie Otogakure das große Konoha allein angreift?"
Nein, natürlich war ich mir nicht sicher. Im Gegenteil, ich hatte ja noch nicht mal einen Hauch an Informationen. Ich wusste nur, dass die Oto-Nin uns attackiert hatten, und dass Konoha zum Gegenangriff aufgerufen hatte. Genau in diesem Moment würden die Ninjas meiner Heimatstadt wieder in die Offensive gehen, mit gebündelten Kräften. Und es würde sich schnell zeigen, ob es reichen würde. Das war Phase drei. Phase eins bedeutete, den Feind zu stellen und abzuwehren. Phase zwei setzte ein, wenn eins nicht gelang. Dann wurden die Zivilisten evakuiert, um uns Shinobi genügend Freiraum zu geben, um unser ganzes Können zu entfalten. Und ausgerechnet Otogakure sollte Konoha dazu gezwungen haben? "Nein, das bin ich mir nicht", sagte ich ernst.
"Dann solltest du jeden Ninja, der nicht aus Konoha kommt, vorerst als Feind betrachten." Sie wandte sich dem Chunin und der Schlange zu. "Ich übernehme diese beiden. Beschwöre Ranma und die anderen."
"Was?" Irritiert sah ich Senseis Rücken an, sah, wie sich ihre Hände zu Fäusten ballten, wie sich ihre ganze Gestalt kampfbereit anspannte. Sie war auf Blut aus.
"Ich kann nicht kämpfen und eine Beschwörung aufrecht erhalten, Mamo-chan. Das könnt Ihr Menschen." Ich sah, wie ihre Schultern unter einem kalten Schauder erbebten. "Der Sandaime hat Enma O beschworen. Er ist noch nicht wieder zurückgekehrt."
Das bedeutete, das der König der Affen im Kampf stand. Und es bedeutete auch, dass der Kampf andauerte, und die Affen keine weiterführenden Informationen hatten. Enma O Enka konnte sogar tot sein. Ich verstand nur zu gut, was in Ranko-sama vorging. "Bin schon dabei!"
Beinahe meinte ich Rankos burschikose Grinsen zu sehen, als sie mit der Rechten die linke Faust drückte, bis die Knöchel knackten. "Gut. Ich mache mich derweil etwas warm."

Wer noch nie einen Affen hatte kämpfen sehen, der hatte keine Ahnung von der Flexibilität, der Geschwindigkeit und der überragenden Kraft, die ein Kämpfer erreichen konnte. Gerade ein Affe mit der Erfahrung und der Stärke von Ranko-sama war ein Erlebnis. Als Sensei vor den Augen des Oto-Chunin verschwand, sah ich als Einziger, dass sie fast im gleichen Moment hinter dem Schlangenmonster wieder auftauchte. Die Schlange sah sie nicht. Ihr Pech.
"Kuchiose no Jutsu!" Erneut drückte ich meinen blutig gebissenen Daumen auf den Boden, beschwor einen weiteren Affen.
Ranma-sama stand vor mir, musterte mich einen Moment. "Otogakure also?" Er drückte den Rücken durch, was ein unheilvolles Knacken ertönen ließ. "Dein Limit sind drei Beschwörungen, habe ich Recht, Mamo-chan?"
Wenn ich noch Chakra haben wollte, um selbst zu kämpfen, ja. Ich nickte ernst.
"Gut. Doktor Tofu steht bereit. Beschwöre ihn bitte."
Ich erschrak. Die Affen nannten Ono, den ältesten Sohn des Königs, Doktor, in Anlehnung an den Sandaime Hokage, der wegen der vielen von ihm gemeisterten Künste Professor genannt wurde. Man sagte, Dr. Tofu beherrschte mittlerweile zumindest fünfhundert Ninjutsu und Genjutsu. Tofu riefen sie ihn, weil er sowohl in seiner Affen-Gestalt als auch in seiner menschlichen Verkleidung als harmloser, kraftloser Brillenträger daher kam. Meistens war es auch die letzte Fehleinschätzung im Leben seiner Gegner. Ich kannte Dr. Tofu kaum, hatte ihn nie selbst beschworen. Aber ich wusste, dass der Hinweis ein Befehl gewesen war.
"Kuchiose no Jutsu!" Selten hatte ich so viel Kraft in die Stimme gelegt, soviel Chakra konzentriert, mich selbst konzentriert. Als die Nebel der Beschwörung verflogen waren, stand er da, in seiner menschlichen Verkleidung, naiv durch die großen runden Gläser in die Welt schauend, und wie immer mit dem schlichten Trainingsanzug der Karate-Sportler bekleidet. "Hallo, Mamo-chan!", rief er fröhlich, und winkte in meine Richtung. Dann legte er eine Hand über seine Brille, um die Sonne abzuschirmen und linste in die Ferne. "Oh, da geht es aber heftig her. Ist das der Neunschwänzige, der sich mit dem Einschwänzigen balgt?"
"Der Neunschwänzige?" Erschrocken fuhr ich herum. Der Fuchsdämon mit den neun Schwänzen war so etwas wie die Nemesis von Konoha. Er hatte beinahe die ganze Stadt zerstört, und nur der Yondaime Hokage hatte ihn besiegen können, und dafür das eigene Leben gegeben.
Doch nein, noch immer sah ich in der Ferne Gama Oyabun, den Kontraktpartner Jiraiya-Senseis. Allerdings kämpfte er wirklich mit dem Einschwänzigen Biju. "Ups."
"Sieht so aus, als würden wir gerade noch rechtzeitig kommen, um etwas vom Spaß mitzukriegen", sagte Dr. Tofu mit heiterer Stimme. Aber selbst ich hörte das leise Zittern der Anspannung heraus, das in seiner Stimme mitschwang. Er wandte sich zu mir um und musterte mich lange. Mir wurde klar, dass er sich die Zeit dafür nahm, weil keine Notwendigkeit für ihn bestand, in die anderen Kämpfe einzugreifen.
Hinter mir hörte ich einen letzten, dumpfen Schmerzenslaut, bevor Ranma-sama fragte: "Seid Ihr unverletzt, Leute?"
Vor mir sah ich, was Ranko-sama mit der Schlange angestellt hatte, und das in der halben Minute, die seit der Beschwörung von Dr. Tofu vergangen war. Dazwischen steckte der Oto-Chunin, plötzlich erheblich in der Unterzahl, vor der bitteren Erkenntnis, dass Hanako mehr als ausreichte, um ihn zu stellen. Zwischen Ranko und Dr. Tofu zu stecken war wohl auch keine besonders angenehme Erfahrung, wenn man sie zu Feinden hatte.

"Wir brauchen Informationen", sagte Dr. Tofu nur, und Hanako nickte viel sagend, während Ranko-sama durch die blutigen Überreste der Riesenschlange auf den Ninja zustapfte.
"I-ich gebe auf", sagte er hastig, die Hände hebend.
Ranko fixierte ihn in einem Klammergriff. Ich bezweifelte, dass sie das tun würde, wenn sie ein Explosionstag oder eine andere Falle befürchtete.
Hanako ging ihn von vorne an. Ihr Lächeln hatte etwas Dämonisches. "Es ist mir eine Freude, dich in eines der Geheimnisse des Yamanaga-Clans einzuweihen, mein Freund. Und keine Angst, es tut nicht weh. Nicht sehr, jedenfalls."
Der gespenstische Schrei der Angst und der Schmerzen, den der Chunin hören ließ, als Hanako in seinen Geist eindrang, sprach jedoch eine andere Sprache.
Dr. Tofu übersah meine Truppe. Ich hatte jetzt vier Verletzte. Zu Kanou und Mikako gesellten sich nun ausgerechnet Inari, unser Medi-Nin, und Ikuko, unser sensorischer Ninja. "Die zwei?", fragte er, auf unsere Gefangenen deutend.
"Nukenin", sagte ich schlicht.
Der Konoha-Nin hielt mir seine Arme hin. "Lass mich frei, Morikubo-san. Wenn Konoha angegriffen wird, will ich kämpfen. Hinterher kannst du mich gerne wieder in Gewahrsam nehmen, wenn ich dann noch lebe."
"Oh, das lässt sich sicher einrichten." Dr. Tofu grinste wölfisch. Der Mann zuckte zurück, hielt aber weiterhin die Arme oben. Ich nickte und durchtrennte seine Fesseln. "Die Verletzten bleiben hier. Ich kann euch nicht mitnehmen", bestimmte ich und deutete auf den Konoha-Nukenin. "Kaminari, du bleibst an meiner Seite. Hier, nimm das." Wortlos reichte ich ihm meine Kunai.
"Danke." Er steckte die Waffen ein. Für einen Moment schien er im Zweifel zu sein, doch dann sagten mir seine Augen, dass er sich entschlossen hatte. Die Frage war nur, wie dieser Entschluss aussah. Wir würden sehen.
"Mamo-chan!", rief Hanako aufgeregt.
Ich fuhr herum. "Hana-chan?"
"Sie haben das Chunin-Finale ausgenutzt, um Konoha zu infiltrieren! Aber es sind nicht nur die Otogakure-Shinobi! Wir werden auch von Sunagakure angegriffen!"
"Oh, das trifft sich gut", sagte der gefangene Suna-Ninja und hielt ebenfalls seine gefesselten Arme hoch. "Was dagegen, wenn ich mich am Spaß beteilige? Im Gegensatz zu diesem Trottel hier -" er deutete auf Kaminari "- habe ich genug Grund, um meinen Heimatort zu hassen!"
Dr. Tofu nickte, also durchtrennte ich auch seine Fesseln. "Waffen?", fragte er und rieb sich die schmerzenden Handgelenke.
"Es liegen genügend rum, oder?" Ich deutete auf die toten Shinobi, um die sich erst Karin, und danach Ranma-sama gekümmert hatte.
Hanako fragte: "Mamo-chan, wer ist Orochimaru?"
"Wer ist... Was? Wieso willst du das wissen?"
"Ich meine nur, weil unser neuer Freund hier daran gedacht hat, dass dieser Orochimaru Otogakure in die Schlacht führt und in diesem Moment gegen den Hokage kämpft."
"In Geschichte warst du noch nie besonders gut, oder?", fragte ich mit Zweifel in der Stimme. "Er ist der berühmteste Nukenin Konohas. Er war einmal einer der Sannin, bevor er desertierte und seine eigene Organisation aufmachte." Ich schluckte hart. "Wenn der gefährlichste Gegner, den wir kennen, S-Rang hat, so muss Orochimaru S-Rang mit zwei bis drei Pluszeichen kriegen."
Verlegen schlug sie sich eine Hand vor die Stirn. "Ach, DER Orochimaru. An den hatte ich gar nicht gedacht."
"Es wird also nicht langweilig", schloss Dr. Tofu. "Was hast du über die Aufstellung des Gegners erfahren, Hanako-tono?"
"Genug, um angreifen zu können", sagte sie entschlossen.
"Dann tun wir das. Ikuko, du übernimmst unseren Gefangenen und das Kommando. Haltet euch versteckt und vermeidet Kämpfe, so gut Ihr es könnt. Zeigt euch erst, wenn Ihr Konoha-Ninjas seht, die Ihr persönlich kennt."
Die junge Frau nickte ernst.
"Tetsuo, du bildest mit Hanako und Karin ein Team. Kaminari und der Suna-Nin gehen mit mir. Dr. Tofu, ich gehe davon aus, dass Sie und meine Sensei ein eigenes Team bilden."
"Das hast du gut erkannt. Wir werden der Wellenbrecher für euch sein, und Ihr räumt hinter uns auf."
Bei drei der mächtigsten Affenkrieger war das keine Übertreibung. Ich nickte. "Wir kümmern uns um die Kontraktträger, und um große Trupps, die noch nicht in die Stadt eingedrungen sind. Hanako, du führst."
"Verstanden!" Eine Sekunde später nutzten wir Step und machten uns auf den Weg in Konohas schwersten Kampf seit Jahren.

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2.
Heute

Nach einem langen, ausgiebigen Erholungsschlaf erwachte ich in meinem Elternhaus. Die Sonne stand hoch am Himmel. Genauer gesagt würde sie bald untergehen. Jahreszeit und Sonnenstand berücksichtigend hatte ich also fast zwanzig Stunden durchgeschlafen. Aber es hatte sich gelohnt. Ich fühlte mich wach, erfrischt und aktiv.
Mit neuem Elan schwang ich mich aus dem Bett und eilte, nur mit meinen Shorts bekleidet, den Gang in Richtung Toilette entlang. Was sollte denn auch ausgerechnet in diesem Haus passieren, ging es mir noch durch den Kopf, als ich überrascht vor einem Mädchen stehen blieb, das mich mit steigendem Entsetzen musterte. Ihr hysterischer Schrei und die daran anschließende Ohrfeige waren also obligatorische Folgen für mich. Nicht, dass ich derartiges weibliches Verhalten nicht schon ausgiebig bei Hana und Karin hatte studieren können.
"Was...? Ah, du bist ja doch schon wach, Mamoru. Hinata, was ist denn?"
Während ich mir die schmerzende Wange rieb, deutete das junge Mädchen entsetzt auf mich. "N-n-n-n-n-nackt!"
Der Neuankömmling, mein alter Freund Kou Hyuuga, musterte sie entsetzt, und anschließend mich. Natürlich, die weiße Iris. Ich hätte gleich sehen müssen, dass das Mädchen eine Hyuuga war. Aber in dem Alter hatten sie eigentlich nur ein Mädchen, und das war die Erbin des Hauses. Hatte Kou sie nicht auch gerade Hinata genannt? Ich konnte förmlich spüren, wie sich die Situation zu meinen Ungunsten veränderte. Wenn jetzt auch noch meine Schwester...
"Stimmt was nicht? Oh, Mamoru, du kannst doch nicht nur in Unterwäsche im Haus herum laufen, wenn wir Gäste haben."
"Yuriko-nee, das ist ein kleines bisschen unfair."
"Siehst du, Hinata, er ist nicht nackt. Er trägt Unterwäsche", sagte Kou sanft zu dem entsetzten Mädchen. Ein scheeler Seitenblick traf mich. "Warum läufst du überhaupt so rum?"
"Weil das hier mein Zuhause ist und ich nicht mit Besuch gerechnet habe? Und wenn Ihr mich kurz entschuldigt, ich habe dringende Geschäfte vor." Mit diesen Worten ließ ich die drei stehen und ging auf Toilette.
Als ich dort fertig war, mit einem Haufen, der eines Hokages würdig gewesen wäre, spähte ich vorsichtig auf den Gang, aber Hinata war nicht mehr da. Also machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Allerdings hätte ich vor Schreck beinahe die Wand zu meiner Linken eingerannt, als ich den jungen Burschen entdeckte, der neben der Tür gewartet hatte. Er hätte mich wenigstens warnen können. Oder den hochgestellten Kragen abfalten oder die Sonnenbrille abnehmen können...
"Himmel, was machst du hier?", fuhr ich den jungen Burschen an. Ein Aburame, eindeutig ein Aburame. Und mit diesen Käferbändigern hatte ich noch nie gut gekonnt.
"Warten. Darauf, dass die Toilette frei wird. Sie ist doch jetzt frei?"
Konsterniert starrte ich in das reglose Gesicht den Genin. "Ja, es ist jetzt frei. Ich würde an deiner Stelle aber noch etwas warten, wenn..."
"Danke, ich bin nicht empfindlich." Er passierte mich und trat in die Toilette.
Erleichtert atmete ich aus. Diese Aburames erschreckten mich. Ich mochte schon Spinnen nicht besonders, aber die Aburames waren mir einfach unheimlich. Dennoch, die Begegnung hatte ich überstanden. Zumindest bis der Kopf des Jungen kurz wieder in den Gang ragte. "Es wird länger dauern."
"Keine Sorge, lass dir Zeit", erwiderte ich, denn noch mehr erschrecken konnte ich mich gar nicht mehr.

Als ich auf mein Zimmer ging, erhaschte ich einen kurzen Blick ins Wohnzimmer, wo Hinata und Kou zusammen am Tisch knieten. Als sie mich sah, war sie für den Moment wieder entsetzt, aber dann atmete sie durch und versuchte sich an einem nichtssagenden Lächeln. Mist, Mist, Mist, der Käferjunge hatte die Tür nicht richtig hinter sich zugeschoben.
Schnell hatte ich mich angezogen. In meiner normalen Arbeitsmontur, den Stirnschutz mit dem Konoha-Symbol angelegt und in voller Bewaffnung betrat ich das Wohnzimmer.
"Nein! Nicht da!", gellte ein erschrockener Ruf auf. Genau eine Sekunde, bevor ich einem kleinen Hundewelpen auf den Schwanz trat. Das arme Tier jaulte entsetzt auf und eilte zu seinem Herrchen, der am Stirnende des Tischs neben meiner Schwester hockte. Er griff nach dem Tier und nahm es in die Arme. "Ist doch nichts passiert, Akamaru. Das kann dir doch gar nicht weh getan haben", sprach er mit barscher, aber irgendwie doch sanfter Stimme auf den Hund ein. Ein Inuzuka, ein Angehöriger des Clans der Hundespezialisten, wie mir die dreieckigen roten Tätowierungen auf seinen Wangen verrieten. Ihre Zusammengehörigkeit mit den dienstbaren Tieren war legendär, und man sagte ihnen eine innige Beziehung zu ihren Tieren nach, die über Liebe weit hinaus ging. Die Menschenfamilien und die Tierfamilien waren eins, so tief waren ihre Bande. Die Hunde dankten es mit einer Aufopferung, die mancher Mensch nicht aufzubringen vermochte. Na toll, damit hatte ich es mir mit dem Hyuuga-Mädchen, mit dem Aburame-Käferbändiger und jetzt auch noch mit dem Inuzuka-Burschen und seinem Hund verdorben. Na, dann konnte ja nichts mehr schief gehen. Ich seufzte laut auf, irgendwo gefangen zwischen Erleichterung und Niedergeschlagenheit. Fehlte nur noch, dass Hanako und Karin dazu kamen und mich dafür tadelten, was ich dem armen Hundchen angetan hatte.
"Hallo, Mamo-chan", hörte ich prompt eine Frauenstimme sagen. Erst jetzt erfasste ich die Tischseite gegenüber der beiden Hyuugas. "Kurenai-sensei. Guten Abend." Okay, das war ja noch mal gut gegangen. "Was kann ich für dich tun? Was kann ich für euch tun?", fragte ich mit einer allumfassenden Geste.
"Setz dich, Mamoru", sagte meine Schwester, füllte eine Tasse mit grünem Tee und schob sie mir zu. Am Stirnende gegenüber dem Inuzuka konnte ich mich nicht niederlassen. Der halb geleerte Becher wies darauf hin, dass der Käferjunge hier saß. Also platzierte ich mich neben Yuuhi Kurenai. Nebenbei bemerkt war das nicht das Unangenehmste, das einem Mann in Konoha passieren konnte.
Dankbar nahm ich den Tee entgegen, trank einen Schluck, und fühlte Wohlbehagen in mir aufsteigen. Und Hunger. Viel Hunger. Großen Hunger. Ärgerlich schob ich das Gefühl von mir.
"Also, Kurenai-sensei, was kann ich für dich tun?"
"Yuuhi", mahnte sie mich. Vielleicht das fünfte oder sechste Mal, seit sie mir erlaubt hatte, sie zu duzen.
"Was kann ich für dich tun, Yuuhi-sensei?"
Auch dieser Suffix fand nicht direkt ihren Gefallen. Dennoch lächelte sie kurz darauf und nickte mir zu. "Die Teams stehen fest, mit denen du in den Einsatz gehen wirst. Eines davon ist mein Team acht." Sie deutete auf den Hundebändiger. "Kiba Inuzuka." Dann auf die Hyuuga-Erbin. "Hinata Hyuuga." Und schließlich auf den Käferjungen, der gerade wieder zur Tür herein kam. "Shino Aburame."
"Ein eingespieltes Team also?" Das war eine erfreuliche Nachricht und würde mir einiges - vieles - an Mühen ersparen, die mir sonst bevorgestanden hätten.
"Ein eingespieltes bewährtes Team. Da du keine weitere Unterstützung durch Chunin und Jounin bekommst, werde ich nicht mitkommen. Ich wurde bereits einer S-Klasse-Mission zugeteilt."
Das ließ mich ehrfürchtig aufraunen. Ich hatte noch nie an einer Mission teil genommen, die von vorne herein den höchsten Schwierigkeitsgrad gelabelt worden war. Und das würde wohl auch noch eine Zeitlang so bleiben, solange niemand auf die Idee kam, mich zum Jounin zu befördern wie meinen Cousin Shikamaru.
Sie lächelte bei meiner sichtbaren Sorge. "Asuma wird mit dabei sein. Es ist... Kompliziert."
"Ich habe nichts anderes von einer S-Rang-Mission erwartet." Langsam sah ich ins Rund, während sich der Käferjunge wieder setzte. "Wer sind die anderen drei?"
"Ikuko Kenda, Inari Asa, und Ryu Kaminari."
Für einen Moment musste ich scharf einatmen. Diese Namen weckten Erinnerungen, gute wie schlechte. Vor allem solche, die mit dem Angriff von Sunagakure und Otogakure auf meine Heimatstadt zu tun hatten. Und das waren Erinnerungen an jene, die gestorben waren, als sie unter meinem Kommando gestanden hatten.
Unwillig schüttelte ich den Gedanken ab. "Sie sind gute Leute."
"Sie haben nicht gezögert, als man ihnen diese Mission angeboten hat. Wusstest du, das man Kaminari die Chunin-Prüfung erlauben will?"
Das erstaunte mich jetzt doch ein wenig. Gewiss, der ehemalige Nukenin hatte sich in der Schlacht damals mehr als rehabilitiert, hatte Blut vergossen und Tod gesäht für Konoha. Aber dass die Führungsspitze ernsthaft daran dachte, ihn Verantwortung tragen zu lassen, erstaunte mich. Ansonsten war die Führung von Konoha... Erheblich eingestaubter. Das musste der frische Wind sein, den Tsunade-sama in die Stadt gebracht hatte.
"Das ist gut zu wissen. Er ist ein guter Ninja."
"Damit sind wir auch schon beim Thema, Sempai", sagte der Aburame. "Wir wurden dir nicht nur zugewiesen, um die Mission in Kirigakure zu unterstützen. Wir haben auch den Auftrag, uns bei dir ein paar Dinge über Menschenführung anzuschauen." Seine Stimme blieb seltsam neutral, als er hinzu fügte: "Wir drei werden ebenfalls am nächsten Chunin-Examen teil nehmen und diesmal bestehen." So wie er es sagte, würde er wohl eher sterben wollen als in diesem Fall Unrecht zu haben.
"Aha. Verstehe. Nun gut, ich werde euch einiges beibringen. Ob es euch nützt, müsst Ihr selbst entscheiden."
Kou lächelte schmallippig zu mir herüber. Mir war klar, warum er hier war. Als Hinatas persönlicher Trainer hatte er ein besonderes Verhältnis zu ihr und machte sich Sorgen.
Ich nickte unmerklich, um ihm zu versichern, dass ich gut auf sie aufpassen würde. Sein Nicken als Antwort erleichterte mich sehr. Gut, er vertraute mir. Ich hatte es nicht anders erwartet, aber es war schön, das Vertrauen auch zu sehen.
"Deshalb seid Ihr also hier?", fragte ich.
"Deshalb, und weil wir dich zum Essen einladen wollen, Mamoru", sagte Kurenai-sensei freundlich.
"Danke, das ist nett, aber ich habe mich bereits mit meinen beiden Chunin auf Probe verabredet."
"Mit beiden zugleich? Tolle Leistung", sagte Kiba grinsend.
"A-aber sie können doch auch mitkommen", ließ sich Hinata vernehmen.
Das war, fand ich, gar keine dumme Idee. Das konnte sehr effektiv verhindern, dass... Ja, dass ich zwischen den beiden endlich wählte. Das konnte mir helfen, diese Entscheidung bis nach der Mission hinaus zu schieben. "Eigentlich keine dumme Idee", sagte ich nachdenklich.
Der junge Inuzuka musterte mich irritiert. "Du willst ein Doppeldate sausen lassen, Sempai? Bist du sicher?"
"Halte die Klappe von Dingen, die du nicht verstehst, Kiba", tadelte Shino. "Er hat seine Gründe." Beinahe glaubte ich sehen zu können, wie sich in seinen Augenwinkeln jene Falten kräuselten, die ein Lächeln begleiteten. "Ich habe da so einiges gehört, und ich denke, wir sollten auf ein gemeinsames Essen bestehen. Diesmal zumindest."
Und mit einem Schlag war mir der Aburame-Clan sehr viel sympathischer. Shino schien der Denker im Team zu sein. Ein aufgeweckter, aufmerksamer Bursche mit Intuition.
"Interessant, Kleiner. Du bist gut, wie es scheint."
"Ich habe Augen um zu sehen, und Ohren um zu hören."
"Welche Sinne er noch hat, um noch ganz andere Sachen zu machen willst du gar nicht wissen, Sempai", sagte Kiba leicht verärgert. "Also essen wir heute Abend zusammen."
"Ich kann etwas kochen", bot meine Schwester an.
Ich winkte gönnerhaft ab. "Meine letzte Mission hat mir genügend Geld eingebracht, um euch sorglos auszuführen. Euch, dich, Yuriko-nee, dich, Kou, dich, Yuuhi-sensei, und auch noch Hanako und Karin. Und die anderen Genin." Unwillkürlich sah ich auf den weißen Hund auf Kibas Schoß. "Und selbstverständlich bist du da auch mit drin in der Rechnung, Akamaru."
Der Hund kläffte, und es klang, als wolle er meine Worte bestätigen. Junge, Junge, die Inuzuka-Hunde waren etwas sehr besonderes.
"Also gut", sagte ich und stand auf, "ich habe Hunger. Wo kriegen wir um diese Uhrzeit einen Tisch für zwölf Personen in Konoha?"
"Oh, das sollte kein Problem sein", sagte Kou und erhob sich ebenfalls. "Ich muss nur unsere Reservierung unwesentlich erweitern. Sagst du deinen anderen Leuten Bescheid, Mamo-chan?"
Zufrieden nickte ich. "Das fängt ja viel versprechend an."

"Habe ich wirklich versprochen, euch einzuladen?", fragte ich erschrocken, während ich am größten Tisch des besten Restaurants Konohas saß. Auf jeden Fall wusste ich jetzt, warum Kou darauf bestanden hatte, "Zivilsachen" anzuziehen, und nach Möglichkeit meine besten.
Ich hatte dementsprechend gehandelt; da mir mein letzter formeller Anzug wieder mal zu klein geworden war, hatte ich meinen guten Seidenanzug mit Stehkragen gewählt, grün mit goldenen Drachenapplikationen bestickt. Ein wirklich schönes Stück, wenn es auch nicht der hiesigen Mode entsprach. Und, wie es mir schien, für dieses Geschäft gerade mal gut genug, dass ich nicht gleich wieder raus geschmissen wurde. Zumindest, wenn ich den Blick des Oberkellners richtig interpretierte.
Nun, die arrogante Methode beherrschte ich auch, und darum hatte ich den guten Mann sehr hochnäsig an der Nase herum geführt, als es um die Getränke gegangen war. Aber er hatte den Wink verstanden, verbunden mit einem unauffälligen Trinkgeld, und jetzt hatte ich wenigstens Ruhe.
"Ja, du hast versprochen, uns alle einzuladen, Bruderherz." Yuriko-nee trug ein wirklich reizendes schulterloses Kleid, dessen Schnitt gerade erst im Feuerland modern wurde und aus dem Land des Wassers stammte. Nicht, dass sie eine Trendsetterin war, aber sie hatte ein unheimliches Gespür für ihre Umgebung, und mit diesem Kleid wirkte sie wie für dieses Lokal wie geschaffen. Nicht so leicht deplaziert wie ich.
Auch meine Mädchen hatten sich heraus geputzt. Hanako hatte sich für einen blutroten Kimono entschieden, der aufwändig mit Blumen bestickt war, und unterschwellig verriet, das er ein richtiges Vermögen gekostet hatte. Ihr goldenes Haar aber, das locker über ihre Schulter fiel, war ihr eigentlicher Schmuck. Sie brauchte nichts anderes, als ihre Haare zu öffnen, um jede juwelenbehängte Frau neben sich bedeutungslos ausschauen zu lassen.
Karin hingegen hatte sich auch für ein Kleid entschieden. Ein elegantes schwarzes Abendkleid, das so eng an ihrem Körper saß, dass nicht sehr viel der Fantasie überlassen wurde. Es schien den Standard des Restaurants mehr als zu erfüllen. Als sie kurz auf Toilette verschwand, registrierte ich mit meinen schwachen sensorischen Fähigkeiten mehr als dreißig Männer, die dem eleganten schwarzhaarigen Mädchen mit steigendem Herzschlag hinterher sahen.
Kurenai-sensei trug das, was man als violettes Cocktail-Kleid kannte. Eine Modeform aus dem Land der Blitze. Es war schlicht, es war elegant, es war Schulterfrei.
Hinata hatte sich in ein ähnliches Ensemble gequetscht, nur war ihr Kleid cremeweiß. Sie ging damit um, als wäre sie solche Orte und solche Kleidung gewohnt. Als älteste Tochter der Hyuugas und Erbin des Hauses sicher kein Widerspruch.
Ihre beiden Teamgefährten trugen schwarze Anzüge, weiße Hemden und Fliegen. Vor allem der Hundejunge fühlte sich in diesem Aufzug nicht besonders wohl. Mehr als einmal lüftete er seinen Kragen, bis Kurenai-sensei ihm versteckt auf die Finger schlug.
Kou, der natürlich neben meiner Schwester saß, war die Ruhe selbst. Auch er trug einen Kimono. Einen schlichten, nicht besonders protzigen, auch wenn er sicher nicht billiger als mein ausländischer Anzug gewesen war. Aber er trug ihn mit einer stillen Würde, einer Eleganz, an die ich nicht heran reichte. Und wahrscheinlich auch nie würde.
Die Letzten in der Runde waren alte Kampfgefährten von mir. Sie hatten die Schlacht um Konoha überlebt und dabei an meiner Seite gekämpft. In der Zeit danach hatte ich immer wieder mit ihnen zusammen gearbeitet, aber nie mit allen drei.
Ikuko Kenda, eine der besten sensorischen Ninjas, die ich kannte, hatte sich erstaunlich verwandelt. Trat sie normalerweise eher grob auf, so als würde sie von Weiblichkeit nichts wissen wollen, so war ihr heutiger Anblick für mich ein erheblicher Schock. Nicht nur, dass Ihr enges Cocktail-Kleid
eine Oberweite enthüllte, die ich so nicht einmal geahnt hatte, ihr kurz geschnittenes Haar war geschickt gegelt zu einer spannenden verwuschelten Frisur geformt worden. Zusammen mit dem dezenten Make-Up machte das sie zum Hingucker. Nicht nur wegen dem beachtlichen Busen.
Inari Asa, der Medi-Nin, fühlte sich noch unwohler als Kiba. Nicht, dass er am Mandarinkragen seines grauen Anzugs herum hantierte - der ihn übrigens davon enthob, eine Krawatte oder eine Fliege tragen zu müssen - er hatte fein säuberlich die Hände in den Schoß gelegt. Aber er schwitzte, und das schien mit jeder Minute zu zu nehmen.
Blieb noch Ryu Kaminari, der ehemalige Nukenin, der damals, in der Schlacht gegen Suna und Oto alle vergangenen Taten vergessen gemacht hatte. Gerade in der Zeit, nachdem wir viele gute Ninjas verloren hatten, waren seine Talente bitter nötig gewesen. Und er hatte nicht gezögert, sie einzusetzen. Er fühlte sich hier merklich deplatziert, aber er hatte so seine eigene Art, das zu zeigen. Er trug einen relativ schmucklosen Kimono in braun und schwarz, der so schlecht eigentlich nicht aussah, aber so wie er sich mit der Rechten im linken Ärmel am Oberarm kratzte, machte er nicht wirklich viel her. Wahrscheinlich konnte er von Glück sagen, dass die meisten Anwesenden nur Augen für die Damen am Tisch hatten.

Als Vorspeise wurde ein Krabbensalat gereicht. Dazu, für die Älteren, Weißwein. Für die anderen gab es Saft. Glücklicherweise gehörte ich mittlerweile zu den Älteren. Ich meine, es war doch eigentlich ein Unding. Da wurde einem Menschen erlaubt, mit zwölf Ninja zu werden und auf Leben und Tod zu kämpfen, aber leichter Alkohol wie Bier und Wein war erst ab sechzehn erlaubt, Sake und Schnaps sogar erst ab zwanzig? Irgendwie passte das doch alles nicht zusammen. Für mich, zumindest.
Während des Essens betrieben wir Smalltalk. Sinn des Abends war ja vor allem, dass alle Beteiligten an der Mission ein Gefühl für die anderen bekamen.
Als der Hauptgang kam, Fasanenfilets an neuen Kartoffeln mit Trüffel und Artischocken, plauderten wir schon recht zwanglos miteinander. Die Jungen wollten wissen, was wir schon erlebt hatten, und wir fragten Team acht nach ihren bisherigen Erfahrungen aus. Die, nebenbei bemerkt, beträchtlich waren. Und irgendwie auf die eine oder andere Art Naruto Uzumaki mit einbezogen. Nicht immer, zugegeben. Aber irgendwie schien der quirlige Blondschopf immer dort zu finden sein, wo es gerade was zu erleben gab. Ich kannte dieses Phänomen. Man nannte es in Kreisen der Familie Ärger-Magnet. Bei uns Naras war man sich uneins, wie man solche Ärger-Magneten behandeln sollte. Während mein Cousin Shikamaru dazu neigte, ihnen und der Mehrarbeit, für die sie standen, aus dem Weg zu gehen, freuten sich andere über sie, weil sie Missionen deutlich abkürzten. Alles in allem war in diesen Gedanken deutlich die Grundphilosophie der Nara zu hören: Mit wenig Aufwand viel erreichen.
Als das Dessert serviert wurde, exotische Eissorten an flambierter Creme, hatte ich mir bereits einen guten Überblick über die Leistungsfähigkeit von Kurenai-senseis Schützlingen verschafft. Wenn ich sie mit Hana, Karin und mir zu Zeiten unseres Chunin-Examens verglich, hielt ich sie für deutlich stärker. Ich hatte keine Zweifel daran, dass sie es bis in die Einzelkämpfe schaffen würden. Und dort? Nun, Hinata hatte mit ihrem Byakugan einen enormen Vorteil. Die Juuken-Kampftechnik, die daraus resultierte und Chakra-Knotenpunkte versiegeln konnte, war, wenn ernsthaft eingesetzt, durchaus auch tödlich.
Kiba war ein Wildfang, erfüllt mit unbändiger Kraft und Leidenschaft, ein Hitzkopf. Es wunderte mich nicht, dass er sich mit Naruto gut verstand. In Verbindung mit seinem Hund Akamaru und den Jutsu seines Clans war er im Nahkampf kaum zu schlagen. Nun, Naruto hatte in seinem Chunin-Examen bewiesen, was dieses fast bedeutete. Aber ich war sicher, dass Kiba dazu lernte. Jeden Tag.
Was Shino betraf, so musste ich meine Meinung über den Käferjungen revidieren. Es stimmte zwar, dass der Aburame-Clan die Insekten, die er für den Kampf einsetzte, im eigenen Körper beherbergte, und das ließ mir immer noch einen kalten Schauder über den Rücken laufen, wenn ich daran dachte. Aber die Verbindung hatte kaum etwas parasitäres, sondern war rein symbiotisch. Die Insekten lebten von Shinos Chakra, und im Gegenzug ließen sie sich von ihm lenken. Die Erzählungen über seine Kämpfe im Chunin-Examen, und zum Schluss gegen einen Puppenspieler aus Suna - was mich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen besonders interessierte - zeichneten mir ein beeindruckendes Bild vom heimlichen Anführer des Teams acht. Er schien ein exzellenter Kämpfer auf große und mittlere Distanzen zu sein, scheute aber auch nicht den Nahkampf. Den überließ er jedoch meistens Hinata und Kiba. Wohlweislich die richtige Entscheidung.

"Was denn, was denn?", riss mich Kibas Stimme aus meinen Überlegungen. "Ist doch vollkommen in Ordnung, wenn du erzählst, auf wen du stehst, Hinata-chan. Es ist doch ohnehin kein Geheimnis, dass du einen Narren gefressen hast an diesem..."
"Haaaah!" Hinatas blasse Haut war bis an die Haarwurzeln von einem kräftigen Rot durchzogen. Sie wedelte mit beiden Händen, um den jungen Inuzuka zum Schweigen zu bringen. "D-das kannst du hier doch nicht sagen, Kiba!"
Oh, das junge Mädchen war also verliebt. Ich sah zu Kou herüber, der mit einem Seufzer beide Schultern hob. Das entzog sich seinem Einfluss, und die Geste sagte mir mehr als genug. Ich grinste, aber wenigstens hatte ich genügend Takt, Hinata nicht noch weiter in die Enge zu treiben.
Ryu Kaminari hatte nicht so viel Feingefühl. Er griente burschikos, wie es eben seine grobschlächtige, aber immer ehrliche Art war. "So, so, du hast also einen kleinen Freund, Hinata-chan. Ich hoffe, er weiß dich auch zu schätzen. Immerhin bist du ja jetzt schon eine kleine Schönheit."
Die offenen, entwaffnenden Worte schienen Hinata zugleich zu beschwichtigen, aber auch aufzuregen. Sie atmete einmal tief durch, bevor sie kleinlaut gestand: "Kein Freund. Er ist nur..."
"Oho!", machte Ryu, "du meinst, es ist eine unerwiderte Liebe? Oder kann es sogar sein, dass wir es hier mit einem absoluten Holzkopf zu tun haben, der deine Gefühle nicht erkennt?"
Unmerklich spannte ich mich an, und das nicht nur, weil Ryu die Frechheit hatte, bei diesen Worten zu mir herüber zu sehen.
Hinata indes, noch immer stark errötet, nickte schließlich. Eine Geste, die sogar Kurenai-sensei in großes Erstaunen versetzte. So ehrlich schien sie ihre Schülerin sonst nicht zu kennen. Doch sie schien sich nicht sicher zu sein, ob sie sich darüber freuen oder wundern sollte.
"Und?", fragte Ryu, um noch mehr Holz auf den brennenden Scheiterhaufen von Hinatas Peinlichkeit zu werfen, "was willst du tun, damit der Holzkopf endlich bemerkt, was du für ihn empfindest?"
Ich spürte, wie sich Hanas Hand auf meinen linken Unterarm legte. "Weißt du, Hinata, ich kenne diese Situation. Und ich glaube, ich weiß, wie du dich fühlst. Ich denke, du solltest einmal ehrlich mit ihm sein, auch wenn es dir peinlich ist. Manche Dinge gehören ausgesprochen, sonst werden sie dir ein Leben lang leid tun, glaub es mir."
"A-aber..."
"Aber was, wenn der Dummkopf keine vernünftige Antwort gibt, oder ausweicht?" Karins Hand legte sich auf meinen rechten Unterarm. "Dann sollte man ihn vielleicht zu einer Aussage zwingen. Ich meine, man kann so einem Mann doch nicht ewig hinterher laufen."
Ich spürte, wie ich zu schwitzen begann. Ryu, der die Situation endlich begriffen hatte, warf mir einen mehr als entschuldigenden Blick zu.
Kou, mit leichtem Entsetzen im Blick, erhob sich und wollte mir aus der Patsche helfen, aber ausgerechnet meine eigene Schwester fiel mir in den Rücken und zog ihn energisch wieder an seinen Platz. Als er etwas sagen wollte, legte sie ihm mit einem engelsgleichen Lächeln einen Finger auf die Lippen.
Hinata indes wurde enthusiastisch. "Also, Hanako-sempai, Karin-sempai, was denkt Ihr, was ich tun sollte?"
Die beiden Mädchen lächelten. Ich brauchte es nicht zu sehen, um es zu wissen. Sie taten es, und der Griff ihrer Hände auf meinen Armen verstärkte sich.
"Wir denken, du solltest diesen Idioten endlich mal...", begann Hana.
"Ich bitte vielmals um Verzeihung. Die Rechnung, mein Herr." Der Chefkellner legte einen kleinen Teller mit einem Umschlag vor meinem Platz ab. Diese unerwartete Entwicklung brachte die beiden Frauen aus dem Konzept, und ich konnte mich befreien, in mehrerlei Hinsicht. Ich nahm die Rechnung auf. "Ich habe alle eingeladen, richtig? Redet ruhig weiter. Ich gehe derweil bezahlen."
Mit diesen Worten verließ ich den Tisch.

Als ich den Oberkellner erreichte, begrüßte er mich mit einem süffisanten Lächeln. "Vom Gong gerettet, Morikubo-sama?"
"Nur für diese Runde. Aber danke für Ihr Eingreifen." Ich öffnete den Umschlag, las die Summe und erschrak nur ein klein wenig. Die Summe stand eine ganze Ecke unter meiner größten Befürchtung, aber weit höher über dem, was ich erhofft hatte. Ich rundete den Betrag ordentlich auf und legte noch einen kleinen Batzen Ryou für das freundliche Eingreifen des Oberkellners obenauf.
"Es ist unserem Etablissement jederzeit eine große Freude, Sie in unserem Haus begrüßen zu dürfen, Morikubo-sama. Dürfte ich vorschlagen, dass Sie durch die Küche verschwinden? Ich könnte sagen, dass Sie zum Hokage gerufen wurden."
Verlockendes Angebot, aber erstens würden mir Karin und Hana das nie verzeihen, und zweitens war die Lüge zu offensichtlich.
"Danke, aber ich fürchte, ich werde mich diesmal stellen müssen." Ich atmete tief durch. "Dennoch, danke für die Pause. Vielleicht kann ich mich noch mal raus reden."
"An dieser Stelle möchte ich anmerken, das wir ein paar Flaschen gut gekühlten Schaumwein von hoher Qualität vorrätig haben. Zum Beispiel, um einer spontanen Verlobung den richtigen Rahmen zu liefern."
Ich schluckte trocken. "Kennen Sie das Sprichwort vom Kunai im Rücken?"
"Augenscheinlich ja. Geben Sie mir doch bitte ein Zeichen, sollten Sie meine Dienste benötigen. Das Team steht bereit, um Ihnen zur Seite zu stehen, Morikubo-sama." Seine einladende Geste deutete auf eine Handvoll Kellner, die grinsend da stand. Na Klasse.
"Das werde ich", versprach ich und deutete eine Verneigung an. Dann wandte ich mich um, meinem Schicksal entgegen. Natürlich wusste ich, dass ich mich nicht sofort verloben, oder gar verheiraten musste. Aber wenn mich die Mädchen zwangen, mich zu entscheiden, was konnte ich dann noch tun? Ich hatte keiner von ihnen je weh tun wollen; aber je länger ich zögerte, desto mehr würde ich genau das tun. Und wenn ich mich entschied, würde ich der anderen noch viel mehr weh tun. Und es war ja nicht so, als hätte ich mich nicht...

Ich wurde hart angerempelt. "Verzeihung, mein Herr", murmelte der Mann, der mich beinahe umgerannt hätte. Er drückte sich an mir vorbei, und für einen Sekundenbruchteil lag da dieses Grinsen auf seinen Zügen. Ein Grinsen, das mich in die Tasche meines Anzugs fassen ließ, in der ich meinen Geldbeutel aufbewahrte - aufbewahrt hatte. Ich war bestohlen worden! Und wie es schien, hatte der Dieb bemerkt, das er mich bestohlen hatte. Hastig sah er zu mir zurück, während er zum Ausgang strebte. Als er sich unwandte, erkannte ich ihn. Und ich dankte allen mir bekannten und noch unbekannten Göttern für dieses einmalige Geschenk. Denn der Mann, der so dumm gewesen war, einen Ninja, ja, einen Chunin zu bestehlen, war kein anderer als der Mann, der mir vor ein paar Tagen noch entwischt war! Deswegen hatte ich ihn nicht stellen können! Er hatte sich früh genug von der Gruppe getrennt und war mitten ins Maul des Löwen marschiert, wo er sich sicher fühlte!
"TAKKO AINO!", brüllte ich, und durch den Mann ging ein Ruck wie bei einem schweren Schlag. Entsetzt sah er mich an, dann das Geld in seiner Hand. "Morikubo-sama, das ist jetzt nicht so...", begann er, aber in diesem Moment sprang Hanako mit einem Salto über den Tisch, landete elegant fünf Meter von ihm entfernt und visierte ihn mit ihrer Körpertauschtechnik an. "Shintenshin...!"
Aino quiekte erschrocken auf und machte einen kräftigen Satz nach hinten.
"Baika no Jutsu!", klang es hinter mir auf, und einen Sekundenbruchteil später griffen Karins verlängerte Arme nach dem kleinen Ganoven. Er quiekte erneut und wich aus. Diese erstaunlichste seiner Fertigkeiten hatte ihm selbst gegen Shinobi geholfen. Dies, und seine zweite Fähigkeit, die er gerade anwendete: Davon laufen, und das schnell und ohne sich umzusehen. Sofort hetzte ich ihm nach, und noch im Laufen beschwor ich vier Schattenklone. Vor dem Restaurant teilten wir uns auf, ich selbst übernahm die direkte Verfolgung Ainos. Hinter mir kamen Hana und Karin aus dem Restaurant gestürzt, benutzten ihre Verwandlungstechnik und tauschten damit die engen, aber unvorteilhaften Abendkleider gegen ihre regulären Uniformen aus. Automatisch folgten sie meinen Klonen auf die Flanken. Ich für meinen Teil beschloss, Aino besonders nett zu behandeln, sobald ich ihn gefangen hatte. Ich war mir sicher, der Teil der Diskussion, der sich um Holzköpfe drehte, die es nicht erkannten, wenn ein Mädchen sie liebte, würde diesen Abend nicht mehr aufkommen.
***
Damals

Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich hatte schon größere Gefechte mitgemacht. Das blieb gar nicht aus, wenn man drei Gruppen zugleich anführte. Aber ich hatte noch nie in Schlachten dieser Größenordnung gesteckt. Hier traten nicht zwanzig oder mehr Ninjas gegeneinander an, sondern mehrere hundert. Gut, noch hatten wir die Brennpunkte nicht erreicht, und die Affenkrieger erwiesen sich als tödlicher Orkan, in dessen Windschatten wir Konoha-Ninjas relativ sicher folgen konnten. Aber das hieß nicht, dass wir uns nicht unserer Haut erwehren mussten.
Dabei war es mein besonderes Handicap, dass ich fast den größten Teil meines Chakras darauf verwendete, um Ranko-sama, ihren Bruder und Doktor Tofu stabil zu halten. War mein Chakra am Ende, war es auch die Beschwörung. Also wagte ich es nicht, auch nur ein winziges Quentchen Chakra für eine beliebige Technik einzusetzen. Und eigentlich war ich ja recht stolz auf meine Taijutsu-Künste. So kämpfte ich nur mit reinem Körpereinsatz und einem Ersatz-Kunai gegen meine Feinde.
"MAMO!"
Ich wirbelte herum, hob mein Kunai. Und blockte damit das Schwert eines Oto-Nins. Er hatte beide Hände an seiner Waffe, und drückte meine Klinge, nachdem ich seine kurz hatte stoppen können, nach und nach fort. Die Verlockung war groß, ein wenig Chakra für ein Feuer-Jutsu abzuzweigen, aber das bedeutete weniger Zeit für die drei mächtigen Affenkrieger auf dieser Seite. Und das wollte ich nicht ohne wirklich triftigen Grund riskieren. Ohnehin zehrte mich die Beschwörung nach und nach aus.
"Jetzt ist es aus mit dir, Bastard!", geiferte der Oto-Nin, und verstärkte den Druck seiner Waffe. Nur um kurz darauf die Augen ungläubig zu verdrehen, und kraftlos zur Seite zu stürzen. Hinter ihm stand Kaminari, das blutige Kunai in Händen.
"Danke für die Warnung und die Rettung", ächzte ich.
"Das brauchst du nicht. Du bist der Teamleader, und wir müssen dich beschützen."
"Rede dir das nur lang genug ein", rief der Suna-Nukenin, während er gegen einen weiteren Oto-Nin kämpfte, "und du glaubst es irgendwann noch mal. Warum bist du gleich aus Konoha desertiert?" Sein Gegner traf ihn in der Körpermitte, und der ehemalige Suna-Shinobi verzog das Gesicht vor Schmerzen. Doch dann grinste er diabolisch, und verschwand in einer großen Verpuffung. Hinter dem verblüfften Oto-Nin brach der echte Suna-Nin aus dem Boden und stieß ihm von hinten seine Klinge in den Leib. Haltlos sackte der überraschte Ninja zu Boden.
Der Nukenin zog die erbeutete Klinge aus dem Körper seines Feindes. "Dieser Idiot hat so einen Lärm gemacht, das ging mir auf die Nerven. Irgendwie ganz oben am Ultraschall. Da dachte ich mir, verzieh dich doch 'ne Zeit in den Boden, da hörst du das nicht so. Und das Ergebnis, einer weniger!" Er grinste ins Rund, so als ob er Applaus erwartete.
"Rede nicht so viel, kämpfe lieber mehr, Rondo", tadelte ich den Mann. Dieser Zwischenfall hatte uns deutlich zurückgeworfen; die Affenkrieger waren im Wald schon nicht mehr zu sehen, und von meinen Stellvertretern und Tetsuo erkannte ich gerade noch das Feuer-Jutsu des großen Shinobis, mit dem er einen beschworenen Kampf-Eber einäscherte.
"Wir müssen aufholen."
Der Suna-Nin schüttelte den Kopf. "Nein. Hier trennen sich unsere Wege."
"Rondo!", rief ich warnend.
Der Mann lächelte wölfisch. "Habe keine Sorge, Morikubo. Ich will nicht abhauen. Aber hier scheint es nur Otogakure-Ninjas zu geben. Und ich will Suna-Ninjas töten. Der da-", er deutete auf Ryu, "-scheint ja keinen wirklichen Grund zu haben, um Konoha zu hassen. Ich hingegen habe mehr als einen Grund!" Die Wut, der Hass, verzerrten seine Miene beinahe bis zur Unkenntlichkeit. Ich wusste, diesen Mann konnte ich nur zurückhalten, wenn ich ihn selbst tötete. Und für eine lange, endlose Sekunde dachte ich da wirklich drüber nach. "Geh, Rondo. Geh und töte ein paar Suna-Shinobi."
Nun wurde sein Grinsen freudig. "Danke, Morikubo. Hätte mir leid getan, dich töten zu müssen."
Mit diesen Worten benutzte der Suna-Nukenin Step, und verschwand unter Kaminaris spöttischem Gelächter. "Wer hier wohl wen getötet hätte."
Ich winkte ab. "Weiter, Kaminari. Wir stehen hier erst am Anfang."

Auf unserem Weg, um zu Hanakos Team und den Affen aufzuholen, sahen wir die Spuren des fürchterlichen Kampfes, der hier getobt hatte. Überall lagen tote Shinobi herum, und mehr als die Hälfte trugen den Stirnschutz Konohas. Sie hatten teilweise sehr offensichtliche schwere Verletzungen. Dann lagen sie friedlich und unberührt da, als würden sie nur schlafen. Bei manchen wurde der Eindruck jedoch erheblich gemindert, weil die friedlich schlummernden Köpfe neben den Körpern lagen. Die Wucht, mit der hier gekämpft worden war, musste enorm gewesen sein.
Für einen kurzen Augenblick bekam ich die Außenmauer Konohas zu sehen. Ich erkannte die riesige Bresche und musste schlucken. Wie groß musste die beschworene Schlange gewesen sein, die das der großen Befestigungsmauer der Stadt angetan hatte?
Ach ja, wohl in etwa so groß.
Kaminari und ich schlossen zu unseren Leuten auf, gerade als sie eine Lichtung nahe der Stadtmauer erreicht hatten. Eine Gruppe Suna-Nin beschützte hier geraden eine Gruppe Oto-Shinobi. Und die hatte gerade sehr erfolgreich eine Schlange beschworen. Dieses gigantische Vieh war noch ein klein wenig größer als das Biest, das in meinem Chunin-Examen vor mir geflohen war. Und es war für die Angriffe meiner Meister nicht sehr empfänglich.
Dr. Tofu versuchte es mit brachialer Gewalt. Das funktionierte sehr gut bei den Oto-Nin, die durch seine Kraft davon geschleudert wurden wie Herbstlaub in einem Taifun. Aber die große Schlange lachte nur darüber. Sie schien die Taijutsu-Angriffe nicht einmal richtig zu spüren.
"Das kitzelt, Affe!", rief sie höhnisch. Auch die Bemühungen der Zwillinge waren nicht von Erfolg gekrönt. Und um die Schlange zu greifen und einfach gegen die Stadtmauer zu klatschen schien sie zu schwer zu sein. Abgesehen davon erkannte ich sehr wohl die gewaltige Giftdrüse, die wohl auch neben diversen lähmenden Giften auch auflösende Säuren versprühen konnte. Hanas Team kämpfte derweil recht erfolgreich gegen die Suna-Nin. Aber auch sie waren nicht gefeit gegen einen Säure-Angriff in den Rücken.
"Zurück!", rief Dr. Tofu. Er schuf Distanz zwischen sich und der Schlange. Augenblicke später landeten Ranko und Ranma neben ihm, noch immer schwer atmend. "Die Haut ist zu dick!", sagte Ranma-sensei japsend.
"Sie ist wie ein Panzerschild", bestätigte Ranko-sama atemlos..
Dr. Tofu strich sich übers Kinn. Plötzlich schnipste er mit der rechten Hand. "Kommt man nicht durch das Tor, dann muss man eben durch die Mauer gehen. Alte Invasoren-Weisheit." Er warf mir einen Blick zu. "Mamoru-tono, ich fürchte, du bist dran."
"Was?" Ich sah meinen Sensei an, als wäre er plötzlich selbst zur Riesenschlange mutiert. Dann ging mein Blick die Schlange hoch, die sich derweil einen Spaß draus machte, mit lähmenden Gift sowohl die Konoha-Shinobi als auch die Suna-Nin zu jagen. "Nein, Dr. Tofu. Oh nein, das halte ich für eine ganz, ganz dumme Idee."
"Ach komm, Morikubo-tono. Ich habe gehört, das hat schon mal jemand überlebt, und das war gegen den Neunschwänzigen." Er lächelte gewinnend. "Komm schon. Oder soll ich Karin-chan fragen?"
Gequält ging mein Blick zur jungen Akimichi. Nein, ausgerechnet dieser Gefahr wollte ich sie nicht aussetzen. "Aber wenn Ranko-sama und Ranma-sama die Verwandlung ausführen..."
"Ich sehe leider keine Alternative", entgegnete der Prinz der Affen.
"Also gut. Ich bin bereit." Alles, nur nicht Karin als Schlangenfutter, sagte ich mir.
Ranko-sensei betrachtete mich mit einem undefinierbaren Blick. Ihr Bruder hingegen grinste mich fröhlich an. "Behandle uns gut, ja, Mamo-chan?"

Zugleich, in bester Synchronizität, führten sie die Fingerzeichen für eine Verwandlung aus. Die Affenkrieger verschwanden, und an ihrer Stelle erschienen zwei Schwerter. Beidseitig geschliffen, mit gerader Klinge und geradem Griff, Ranko-sama mit einer silbernen Quaste am oberen Ende, Ranma-sensei mit einem schwarzen Quast. Ich ergriff beide Schwerter. Diese Fähigkeit der Affen hatte mich schon immer etwas irritiert. Aber meine Sensei hatten immer darauf bestanden, dass ich mit den verwandelten Affenkriegern übte, damit ich, so der Fall eines Tages eintrat, in dem ich sie einsetzen musste, die Richtigen verletzte. In diesem Fall die riesige Schlange im Dienste Otogakures.
Kurz schwang ich sie herum. Ja, ich hatte das Gefühl für die schmalen, sensiblen und hoch flexiblen Klingen nicht verloren. Probeweise schwang ich Ranma in Richtung der Schlange. Dies entfesselten einen Schwall hoch verdichteter Luft auf das Untier.
Überrascht raunte die Schlange auf. "Das habe ich gespürt!"
"Ja, nicht wahr? Und ich habe zwei Schwerter!"
Die Schlange ließ von meinen Kameraden ab und stieß in meine Richtung vor. "Du frecher kleiner Shinobi! Ich fresse dich mit Haut und Haaren!" Sie spie ätzende Säure nach mir aus, der ich auswich. Die Schlange erahnte meine Ausweichreaktion, stieß auf mich herab. Ich hatte etwa eine Sekunde, um auszuweichen, als das gigantische Schlangenmaul auf mich hernieder fuhr. Stattdessen nutzte ich die Gelegenheit, um noch ein letztes Mal durch zu atmen. Dann schloss sich das Maul um mich, die Schlangenzunge drückte mich gegen den Gaumen, und bevor ich mich versah, rutschte ich den Schlund hinab. "BWAHAHAHAHA! Was nützen dir deine verdammten Schwerter, wenn du sie nicht einsetzen kannst, du Narr?"
Ich hörte, gedämpft durch mehrere hundert Kilo Schlange, wie Hanako und Karin erschrocken aufschrien. Ich erkannte auch dumpf die Stimmen von Kaminari und Tetsuo, während ich durch das Dämmerlicht in der Kehle der Schlange immer tiefer rutschte. Oh, ich glaube, etwa in dem Moment machte sich die gepanzerte Schlange so ihre ersten Gedanken. Zum Beispiel, warum ich nicht wenigstens versucht hatte, zur Seite zu springen. Warum ich mich nicht wehrte, obwohl ich doch wissen musste, dass ich den Magen der Riesenschlange kaum überleben würde. Und ob ich nicht etwas plante.
Im Zwielicht lächelte ich vergnügt. Von außen war die Schlange gepanzert, das war richtig. Aber nicht von innen. Dies im Sinn stieß ich Ranko und Ranma mit voller Kraft rechts und links von mir in den Schlund. Dies stoppte meine Abwärtsbewegung. Die Schlange schluckte erschrocken. "W-was tust du? Was tust du Wurm da in mir?"
Ich zerrte an Ranma, riss ihn gerade herunter, mitten durch den Knorpel der Speiseröhre. Die Bewegung war schnell genug, um eine schwache Welle schneidend scharfer Luft auszusenden, die durch den Schlangenkörper tobte. Während die Schlange durch den Schmerz erbebte, stieß ich Ranma wieder in den Schlangenrachen, um Halt zu haben, während ich Ranko einsetzte.
Ich zerrte die Klinge mit dem Silberquast frei und richtete sie in die Tiefe vor mir, wo der Magen des Reptils war. Bedächtig zog ich den Arm mit der Waffe zurück. Dann stieß ich ihn vor, und Ranko stieß eine Welle ultraheißer Flammen aus, die sich durch das Fleisch des Untiers fraß.
Die Schlange bebte, wand sich, stürzte hinab und bäumte sich auf. Damit hatte sie nicht gerechnet. Wer war denn auch so blöde, sich fressen zu lassen? Oder so frech?
Erneut stieß ich Ranko ins Fleisch. Es wurde Zeit, um an meinen Abgang zu denken. Ich richtete Ranma nach oben aus, nachdem ich mit Ranko wieder Halt hatte. Erneut setzte ich die Windklingen der Waffe ein und verwüstete den Rachen der Bestie.
Nun setzte das ein, was ich erwartet hatte. Die Schlange wand sich noch mehr, ging vollends zu Boden und blieb dort. Dadurch war aus der senkrecht hinab führenden Speiseröhre ein waagerechter Schacht geworden, den ich bequem verlassen konnte.
"Bringen wir es zu Ende", murmelte ich, zerrte Ranko frei und hob Ranma. Ein geballter Schlag mit Fuuton und Katon würde der Schlange den Garaus machen.
`Lauf, du Narr!´, standen Ranko-samas Gedanken plötzlich in meinem Geist. Ich zögerte keine Sekunde, nahm die Beine in die Hand und stürmte den Rachen hoch, auf das Maul zu, nutzte eines der Nüsternlöcher als Notausstieg. Sekundenbruchteile, bevor die Schlange von sich aus die Beschwörung löste, schnellte ich hervor und landete in sicherer Entfernung. Ich hatte definitiv keine Lust gehabt, aus erster Hand kennen zu lernen, wie man am Schrein der Schlange lebte. Oder wie lange, wenn man als Feind kam.

Ich schlug auf dem Boden auf, rollte mich ab und wirbelte herum. Aber an dieser Front war bereits alles vorbei. Wir hatten gesiegt, wenngleich Tetsuo eine schwere Schwertwunde abbekommen hatte, die seinen Oberkörper getroffen hatte. Aber trotz seiner Schmerzen schaffte er es zu grinsen. "Junge, Junge, eigentlich hätten wir uns ja denken können, dass sich Mamo-chan nicht einfach so fressen lässt. Ein Angriff mehr, und du hättest das Vieh getötet. Schade."
"Ja, schade", echote ich. Andererseits war ich froh, aus den stinkenden Eingeweiden entkommen zu sein. Das war wahrlich kein Erlebnis, das ich des Öfteren machen wollte.
Doktor Tofu klopfte mir anerkennend auf die Schulter. "Das war gute Arbeit, Mamoru-tono. Und soweit ich es überblicken kann, haben wir nicht nur den Beschwörungspunkt vernichtet, sondern auch die größte Schlange vertrieben, die sie beschworen haben." Er musterte die beiden Schwerter. "Du musst sie zurück schicken, oder wir müssen alle drei gehen", sagte er in bedauerndem Tonfall.
Ich nickte. Die Angriffe mit Fuuton und Katon hatten vor allem von meinem Chakra gezehrt.
Die beiden Schwerter verwandelten sich zurück. Ranko-sama sah böse ins Rund. "Das gefällt mir nicht, Ono! Das gefällt mir ganz und gar nicht! Der Junge ist schon völlig ausgelaugt, und die Situation ist noch immer nicht unter Kontrolle! Wir sollten..."
"Und was willst du tun? Ob er sich selbst beschützt, oder ob du es tust, beinhaltet nur einen Unterschied. Ersteres kostet ihn nicht so viel Chakra", tadelte Dr. Tofu.
Ranma legte eine Hand auf die Schulter seiner Zwillingsschwester. "Sieh es ein, Mädchen, Ono hat Recht. Wenn du willst, dass Mamo-chan sich mit seinem Rest Chakra verteidigen kann, sollten wir langsam gehen."
Sie schnaubte mürrisch, geradezu wütend. "Mamoru!", sagte sie scharf.
Ich zuckte zusammen. "Ja, Sensei!"
Sie reichte mir einen Gegenstand. Die kleine Kugel war pechschwarz. "Dies ist eine unserer Soldatenpillen. Du nimmst sie, wenn du in der Klemme steckst, und dieser Klugscheißer hier nicht mit der Situation fertig wird. Du erhältst dein volles Chakra zurück und kannst Ranma und mich erneut beschwören. Außerdem brauchst du einen Monat nichts mehr zu essen. Und keine Sorge wegen der Seiteneffekte. Die zwei Wochen, die du dich dann erholen musst, werde ich dich pflegen, versprochen."
Mit gemischten Gefühlen nahm ich die Soldatenpille an mich. Es war mir nicht bekannt, ob schon jemals ein Mensch zuvor eine Soldatenpille der Affen erhalten hatte. Ich verkniff es mir, nach der Geschmacksrichtung zu fragen. Früchte, zweifellos.
Ihre Hand ruhte für einen Moment schwer auf meiner Schulter. Ihr Lächeln war wehmütig, aber auch voll Stolz. Sie trat zurück und löste das Jutsu von sich aus auf. Es entstand die typische Rauchwolke, dann war sie verschwunden.
Ranma-sama klopfte mir noch einmal kräftig auf die Schulter, grinste mir aufmunternd zu, und löste das Jutsu nun ebenfalls auf.

Wir blieben zurück, Doktor Tofu, Karin, Hanako, der verletzte Tetsuo und der Nukenin. Und wir hatten noch immer keinen Kontakt mit den Verteidigern Konohas machen können.
"Geht es, Tetsuo?"
Der große Mann atmete schwer aus. "Nein, ich denke nicht. Hör mal, ich suche mir hier eine schöne Ecke, um mich in ein Erdversteck zurück zu ziehen. Vergiss nur nicht, mich nach der Schlacht abzuholen."
Ich zögerte einen Moment. "Wie schwer bist du eigentlich verletzt?"
Er lachte. "So schwer nun auch wieder nicht. Ich heile mich bereits selbst. Die Windklinge meines Gegners hat meine rechte Lunge getroffen und ein paar Rippen durchgetrennt. Nichts, was ich nicht mit etwas Ruhe hinkriege. Du kennst das ja."
In der Tat. Ich hatte schon mehrfach gesehen, wie er sich von solchen Verletzungen selbst geheilt hatte. Warum sollte es diesmal anders sein?
Ich zückte mein Kunai und zerteilte die Soldatenpille in fünf Portionen. "Nehmt. Jeder kriegt ein Stück. Für den absoluten Notfall." Zögernd griffen sie zu, und Tetsuo wollte erst ablehnen. "Ihr braucht sie nötiger als ich."
"Du bist hier der Verletzte, der vielleicht zusätzliches Chakra für seine Heilung braucht", tadelte ich.
Er nickte schließlich, ergriff sein Fünftel und verstaute es. "Es tut mir leid, dass ich nicht weiter mitkommen kann."
"Du hast bereits viel getan", versicherte ich. "Such dir eine schöne Ecke und bring in der Nähe ein Zeichen für uns an. Nicht, dass du den Winter durchschläfst, du alter Brummbär."
Er lachte auf, aber bereute es sofort wieder. "Bitte, lachen tut weh, Mamoru", tadelte er.
Das entlockte mir ein Schmunzeln. Und es beruhigte mich. Es stand wohl gerade schlimm genug um ihn, aber nicht zu schlimm. "Halt den Kopf unten." Ich klopfte ihm auf die Schulter und wandte mich ab. Wenn wir diesem Weg folgten, würden wir jene Stelle der Mauer erreichen, an dem sie in den Berg überging, der Konoha nach Norden begrenzte. Dort hofften wir auf Konoha-Nin zu treffen. Hinter mir hörte ich, wie sich die anderen von Tetsuo verabschiedeten. Schließlich folgten sie mir nach.
"Es war die richtige Entscheidung, Mamoru-tono", sagte Dr. Tofu, als er auf meine Höhe aufgeschlossen hatte.

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Heute

Ich stand früh auf. Zumindest früh für jemanden, der noch in der vorigen Nacht zwanzig Stunden den traumlosen Schlaf des Erschöpften geschlafen hatte. Also etwa gegen elf Uhr.
"Oh. Na endlich sehe ich dich einmal", tadelte mich Mutter, als ich eintrat. "Frühstück?"
"Ich mache mir schon was."
"Nichts da", sagte sie tadelnd und schob mich von den Schränken weg. "Wenn du schon mal nicht auf einer Mission bist, dann lass mich dich auch verwöhnen. Außerdem brichst du ja nach dem Mittag schon wieder auf, oder?" Da war kurz dieses Flackern in ihren Augen, die leichte Besorgnis um mich. Eine Mutter konnte eben nicht aus ihrer Haut, selbst wenn sie selbst einmal Shinobi gewesen war. Gerade weil sie einmal zu den Kunoichi Konohas gezählt hatte.
Ich setzte mich und bekam als erstes einen starken Kaffee vorgesetzt. Erfahrungsgemäß hatte die schwarze Flüssigkeit eine stärkere aufputschende Wirkung auf mich als Schwarztee, deshalb war er, wann immer es ging, das erste Getränk des Tages für mich. Zusätzlich nahm ich mir eine Flasche Wasser und schenkte mir ein Glas ein.
"Was hättest du denn gerne? Ein Wasser-Frühstück mit Toast und Aufschnitt, oder ein Blitz-Frühstück mit Eiern und Speck? Oder ein ganz traditionelles Feuer-Frühstück mit Miso-Suppe, Fisch und Reis?"
Ich brauchte nicht lange zu überlegen. "Blitz, bitte. Und wenn es geht, mit Toast, bitte."
"Das hätte ich mir denken können. Seit deiner Chunin-Prüfung liebst du diesen überfetteten Kram", murrte sie, schob zwei Toastscheiben in den Toaster und legte Frühstücksspeck in die vorgewärmte Pfanne. Sieh an, Mutter hatte meinen Menüwunsch vorausgesehen. War ehrlich gesagt auch nicht
schwer, denn Kumogakure hatte meinen Frühstücksgeschmack nachhaltig beeindruckt.

Vater räusperte sich, und ich erschrak. Ich hatte ihn bisher nicht registriert. Das konnte an der großen Zeitung liegen, hinter der er sich verschanzte.
"Was bist du nur für ein sensorischer Ninja", tadelte er hinter seiner Zeitungsbarriere. "Bemerkst den eigenen Vater nicht."
"Ein schlechter sensorischer Ninja", verteidigte ich mich. "Ein schlechter, erschöpfter sensorischer Ninja."
"Dann hättest du die Mission der Hokage nicht annehmen sollen", schnappte Mutter sofort.
"Schatz, wir haben darüber gesprochen. Bitte lass unseren kleinen Haudrauf auf die harte Tour lernen, wie es in der Welt zugeht. Gerade du solltest das nachvollziehen können."
"Sagt ausgerechnet der Mann, der meine Shinobi-Karriere damit beendet hat, dass er mir meine Älteste in die Röhre geschoben hat."
Irritiert hob ich beide Augenbrauen. "Leute, ist das für meine Ohren bestimmt?"
"Nun hab dich nicht so. Du bist sechzehn Jahre alt. In der antiken Kultur vor dem Reich des Feuers wärst du schon mit zwölf ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft gewesen und hättest als Erwachsener gegolten", sagte sie und schaufelte mein Frühstück auf einen Teller. Ein Teller, der die Masse an Speck und Spiegeleiern gerade so aufnehmen konnte. Sehr gut, endlich mal etwas anderes als Soldatenpillen.
"Und wie unterscheidet sich das von meinem Leben als Shinobi?", fragte ich argwöhnisch.
"Oh", meinte Vater und grinste mich über den Rand meiner Zeitung an, "du hättest dich wahrscheinlich schon mit zwölf mit Sake besaufen dürfen."
"Was für eine schauerliche Vorstellung. Mit zwölf hätte mir das Zeug sicher nicht geschmeckt."
"Es geht ja auch nur um das Recht dazu. Heutzutage wird dir ja nur erlaubt, mit zwölf schon auf Leben und Tod zu kämpfen." Vater legte den Kopf ein wenig schräg. "Und du hättest mit zwölf schon heiraten können. Oder müssen." Wieder grinste er, diesmal von einem Ohr bis zum anderen. "Dein Spielchen mit Hana-chan und Karin-chan hättest du damals nicht so lange durchziehen können. Aber damals hättest du sicherlich auch Polygamie betreiben dürfen. Oder, Mutter?"
"Ich bin mir da nicht ganz sicher, aber den Stammesführern und den älteren, erfahrenen Kriegern wurde bestimmt eine jüngere Zweitfrau erlaubt. Je nach Leistung."
Vater lachte kurz auf. "Ich bezweifle, das eine der beiden ein paar Jahrzehnte warten will."
"Leute", sagte ich wieder, "ist das für meine Ohren bestimmt?"
Der Toast landete auf meinem Teller, und stak mit einer Ecke im Speck. Nun, Mutters Shinobi-Fähigkeiten waren nicht eingerostet. "Das ist durchaus für deine Ohren bestimmt, Mamoru. Ich finde es nämlich äußerst peinlich, dass du die armen lieben Mädchen so an der langen Leine zappeln lässt. Wie lange willst du sie noch quälen?" Sie seufzte zum Steine erweichen. "Die arme Karin, sie ist so ein liebes, fürsorgliches Mädchen. Und sie hat es so schwer in ihrem Clan, weil alle denken, sie ist so unterernährt. Furchtbar. Nur wenn sie mit dir zusammen ist, lebt sie richtig auf. Und sie würde so wunderbar in unsere Familie passen. Sie kocht so gut, ist so aufmerksam, und so intelligent - und immer noch bescheiden. Was würde ich nicht geben für eine Schwiegertochter wie sie."
Nun legte Vater die Zeitung beiseite. "Und was ist mit der armen Hanako? Sie ist so lebenslustig, so fröhlich, und so ein schlaues, schlagfertiges Mädchen. Sie ist ein fixer Denker, sympathisch, aufgeschlossen und so verdammt geschickt mit Nadel und Faden. Und hilfsbereit. Ich weiß noch, wie auf der Nara-Feier letzten Monat mein Anzug an der Tür hängen blieb und aufriss. Sofort kam Hana-chan mir zu Hilfe und hat den Schaden in ein paar Sekunden geflickt gehabt. Und man sieht die Stelle nicht einmal. Ihre fröhliche, heitere Art tut unserem Mamoru wirklich gut, und die beiden lachen soviel, wenn sie zusammen sind."
So, damit waren die Fronten geklärt. Vater war ein Yamanaka-Anhänger, und Mutter hatte es mehr mit den Akichimis. Was bedeutete, das ich selbst Zuhause zwischen den Stühlen saß.
"Vielleicht mache ich besser der Hokage einen Antrag", scherzte ich.
Fehler, großer Fehler, denn nun verbündeten sich die beiden gegen mich. "Mamoru Morikubo, wenn du hier mit einem anderen Mädchen als Karin oder Hanako auftauchst...", drohte Mutter.
"Mamoru, du Dummkopf. Wenn du zu blind bist, zu sehen, was du diesen beiden Mädchen bedeutest, dann sollte ich..."
Abwehrend hob ich die Hände. "Ist ja gut, ist ja gut. Aber wollt Ihr wirklich mit mir streiten? Ich breche in wenigen Stunden wieder auf. Mit Hana-chan und Karin-chan."
Das beschwichtigte die Wogen für einen Moment. Vater nahm die Zeitung wieder auf, und Mutter begann das Frühstücksgeschirr abzuwaschen. "Der Junge ist alt genug, um seine eigenen Fehler zu machen. Und ich hoffe, er ist auch schlau genug, bestimmte Fehler nicht zu machen", sagte Vater bestimmt. "Kriege ich noch einen Tee?"
"Aber natürlich, Schatz. Lass dich nur bedienen an deinem freien Tag", säuselte Mutter in genau jenem Tonfall, der mir, wenn sie ihn mir gegenüber anschlug, die Nackenhaare aufstellte.
Vater hingegen sah interessiert dabei zu, wie sie seine Tasse neu befüllte. "Danke. Das hast du mit der Eleganz einer Yamanaka gemacht."
"Eigentlich mehr mit der Effizienz einer Akimichi", erwiderte sie.
"Ihr macht mich fertig", murmelte ich mehr zu mir selbst und flüchtete mich zu meinem Frühstück. Wenn ich kaute, musste ich mich wenigstens nicht rechtfertigen.

"Ach, bevor ich es vergesse: Shikaku will dich sehen, bevor du Senseis Grab besuchst."
Ich erstarrte, und ein großer Bissen Toast mit Ei fiel wieder auf meinen Teller. Ich wusste nicht, was mich mehr erstaunte: dass Onkel Shikaku, der Clan-Chef, mich sehen wollte, oder dass er davon wusste, dass ich vor meinem Termin bei der Godaime Hokage noch das Grab von Hayate-sensei aufsuchen wollte. Wurde ich berechenbar? Und was wollte Shikaku von mir?
Langsam begann ich weiter zu essen. "Gibt es noch etwas von Bedeutung?"
"Naruto war hier, vor zwei Wochen. Kurz nachdem du los gezogen bist", sagte Mutter.
Misstrauisch hob ich eine Augenbraue. "Ich hoffe, du warst nett zu ihm."
"Jajaja, keine Sorge. Ich war so nett zu ihm wie man sein kann, wenn man dem Träger des Kyuubi gegenüber steht."
"Was?"
"Mutter, bitte!"
"Na, irgendwann hätte er es ohnehin erfahren. Und wenn er sich weiter mit dem kleinen Hitzkopf abgeben will, ist es nur gerecht, wenn er die Wahrheit kennt."
Eine Zeitlang aß ich schweigend weiter, beobachtet von Vater. "Was hat er denn gesagt?"
"Das mit dem neunschwänzigen Fuchsdämon scheint dich nicht zu überraschen", sagte Vater erstaunt.
"Wie Mutter sagte, irgendwann hätte ich es ohnehin erfahren. Genauer gesagt weiß ich es schon seit über einem Jahr. Asuma hat es mir gesagt. Aus den gleichen Gründen wie Mutter." Ich zuckte die Achseln. "Ich habe da kein Problem mit. Ich mag den Kleinen."
"Magst du ihn auch noch, wenn der Kyuubi ausbricht, Konoha zerstört und dich tötet?", fragte Mutter übertrieben fröhlich.
"Dafür kann ja wohl Naruto nichts", hielt ich entgegen. "Außer, Konoha behandelt ihn weiterhin so schlimm, und er wird eines Tages vom Zorn übermannt. Anstatt das zu verhindern scheinen sich die Erwachsenen in Konoha vorgenommen zu haben, genau das passieren zu lassen." Meine Stimme war kühl geworden, beinahe ein wenig überheblich.
"Gemach, gemach, mächtiger Chunin Mamoru Morikubo", sagte Vater schmunzelnd. "Du bist nicht in Feindesland. In diesem Haus und im Nara-Clan herrscht die Meinung vor, dass der Junge für sein Schicksal nichts kann. Rate mal, warum Shikamaru schon als Kind erlaubt wurde, Umgang mit ihm zu haben."
Okay, das war ein wichtiger Punkt. Und das beruhigte mich.
"Und wenn du es wissen willst, Mutter hat den kleinen Uzumaki gefüttert, bis er fast geplatzt ist. Du siehst also, sie mag ihn auch, Kyuubi hin, Kyuubi her."
Sie räusperte sich verlegen. "Normalerweise mag ich ja keine blonden Haare, aber dieser Naruto ist schon ein freundlicher, strebsamer und aktiver Junge."
Nun musste ich lächeln. Und ich verstand, wessen Kind ich war. Auch wenn mein Vater nie ein Shinobi gewesen war, und meine Mutter dieses Leben hinter sich gelassen hatte, sie waren sehr feine Menschen. "Was hat er also gesagt?"
"Er wollte sich von dir verabschieden", sagte Mutter. "Er geht mit Jiraiya-sama auf eine Trainingsreise und wird für zwei bis drei Jahre unterwegs sein."
"Oh." Das tat mir leid, beinahe schon weh. "Moment mal, Jiraiya-sama?" Ich schwieg erschüttert. Der große weißhaarige Jounin galt als besonders. Einerseits für seine Künste als Shinobi, die ihn zu Lebzeiten zur Legende gemacht hatten, andererseits für seine Arbeit als Buchautor. Seine Recherche führte ihn oft mehrere Jahre von Konoha fort. Und nun hatte er Naruto für eine sehr lange Zeit mitgenommen.
Ja, es tat mir wirklich leid, nicht noch einmal mit ihm gesprochen zu haben. Oder gemeinsam mit ihm eine Schüssel Nudelsuppe zu essen. Aber mit Jiraiya-sama... Was würde er alles beim legendären Sannin lernen? Ich erschauderte, als mir die Tragweite dieser Worte bewusst wurde. Was für einen Naruto würden wir in zwei oder drei Jahren erleben? Ich war mir damals schon sicher, diese Wartezeit würde sich lohnen.
Gut gelaunt aß ich auf, leerte Kaffee und Wasser und erhob mich. "Danke. Hat gut geschmeckt. Ich komme vor meinem Aufbruch noch mal rein. Wo steckt Onkel Shikaku, Papa?"
"Wenn er nicht Zuhause ist, sollst du auf den militärischen Friedhof kommen, hat er gesagt."
Das passte mir eigentlich gar nicht. Der Friedhof war ein Ort, den ich mit niemandem teilen wollte, wenn ich dort war.
"Gut, ich schaue nach."
***
Ich hatte Glück, und fand den Führer der Nara hinter seinem Haus auf der Veranda. Er spielte Shogi mit meinem Cousin Shikamaru.
Als er mich sah, winkte er mich gleich heran. "Mamoru. Willst du was trinken?"
Ich machte eine abwehrende Handbewegung und setzte mich neben Shikamaru. Der junge Chunin hatte jene Pose eingenommen, von der er behauptete, sie helfe ihm beim Denken. Augen gesenkt, fast geschlossen, und die Fingerspitzen beider Hände aufeinandergelegt im Schoß ruhend.
Plötzlich sah er auf, seine rechte Hand schoss vor, und er machte seinen Zug.
Ich betrachtete die Steine. Shogi war nicht mein Spiel, ich bevorzugte Go oder Schach. Aber selbst ich Laie sah, dass der Sohn den Vater in eine aussichtslose Lage gedrängt hatte. Mit bedächtigen Bewegungen nahm Shikamaru einen gefangenen Stein vom Brett. "Hallo, Mamo-chan", sagte er zu mir, ganz so als würde er mich gerade erst bemerken. Ich nickte ihm zu und betrachtete das Brett, dessen Geheimnisse sich mir nur schwer enthüllten.
"Ach, hast du jetzt doch Interesse an Shogi?", fragte er spöttelnd.
"Wenn ich das hätte, würde ich kaum hier sitzen. Dann wäre ich weit, weit weg und würde mich nicht mit Niederlagen gegen euch zwei demoralisieren lassen."
Onkel Shikaku lachte auf. "Ein wahres Wort. Mamoru, was würdest du hier an meiner Stelle tun?"
"Aufgeben?", bot ich an. "Wenn eine Lage aussichtslos ist, gesteht man seine Niederlage ein, zieht sich zurück und ordnet die eigenen Reihen, für das nächste Mal."
"Da hast du es, mein Sohn. Ich gebe auf." Er erhob sich geschmeidig. "Bau bitte neu auf. Ich will mit Mamoru kurz eine Runde drehen."
Ich erhob mich ebenfalls. Gemeinsam stiegen wir von der Veranda und ließen sein Haus hinter uns. Unser Weg führte uns aus dem Nara-Bezirk hinaus. Die grobe Richtung war der Friedhof, wie ich missfallend feststellte. Doch Onkel Shikaku blieb auf halber Strecke stehen und lud mich jetzt doch zu einem Tee in einem Straßencafé ein.

Während wir also auf einer Bank vor dem Laden saßen, den Tee tranken und dem Treiben zusahen, schien sich der Führer der Nara ein Herz zu fassen. "Mamoru, du bist jetzt ein Chunin. Und das schon seit fast zwei Jahren. Du machst einen exzellenten Job als Ausbilder, und das sehe nicht nur ich so. Deshalb erscheinst du mir der Richtige zu sein, den ich um seine Meinung fragen kann."
"Ich höre."
"Was würdest du von einer Beförderung zum Jounin halten?"
"Worüber reden wir hier? Vom Vorgang der Beförderung zum Jounin, oder von meiner Beförderung zum Jounin?"
Shikaku ließ eines seiner seltenen Lächeln sehen. "Ersterem."
Gut, das erleichterte mich. "Jounin, tja. Spezialisierte Jounin gibt es zuhauf. Allgemeine Jounin wie dich, Asuma oder Kurenai-sensei gibt es nur wenige. Von welchem reden wir?"
"Erst einmal vom spezialisierten Jounin."
Spezialisierte Jounin waren eine Unterstufe des eigentlichen Jounin. Erwartete man von einem richtigen Jounin, dass er die Pflichten und Aufgaben seines Amtes für alle Aspekte des Ninja-Lebens wahrnahm, so hatte ein spezialisierter Jounin den Rang nur für seinen eng umrissenen Aufgabenbereich inne und nahm ansonsten Rechte und Pflichten eines Chunin wahr. Ein geflügeltes Wort in Konoha lautete: Wir können nicht alle Jounin sein. Und ich war da ganz froh drüber. Wenn ich daran denke, vielleicht mal Verantwortung für eine ganze Division übernehmen zu müssen, einhundert oder mehr Ninja, die auf meinen Befehl hörten, bekam ich das kalte Grausen.
"Ein gut ausgebildeter, erfahrener Chunin, der sich in einem bestimmten Bereich hervor getan hat, sollte in der Lage sein, in diesem Bereich die Arbeit eines Jounin zu verrichten. Wenn ich mich recht entsinne, hat auch Inoichi Yamanaka als Verhör-Jounin angefangen, bevor er durch seine weit reichenden Befähigungen ein Voll-Jounin wurde."
"Wir haben so ziemlich alle als spezialisierte Jounin angefangen. Es gab Ausnahmen." Er strich sich über den Kinnbart. "Würdest du dich übergangen fühlen, wenn ein Jüngerer an dir vorbei Jounin werden würde?"
"Himmel, warum sollte ich das sein? Ich habe kein Interesse daran, Spezialisierter Jounin zu werden, geschweige denn ein richtiger."
"Weil du die Verantwortung ablehnst?", fragte er spöttisch.
"Weil ich der Meinung bin, dass ich mich noch nicht weit genug hervor getan habe, um beanspruchen zu können ein Jounin zu werden, und weil ich auf keinem Talent derart brilliere um Spezialisierter Jounin werden zu können. Das Einzige, worin ich brilliere, das ist, Affen zu beschwören. Aber reicht das für einen Jounin-Rang?"
"Der Tag mag kommen, an dem es so ist", orakelte Shikaku.
"Na, danke. Wen genau hast du denn für die Beförderung im Auge? Ich habe was läuten hören, Shikamaru wäre das arme Schwein."
Verblüfft sah er mich an. "Diese Information wurde bisher nur im Rat weiter gegeben. Woher hast du sie?"
"Kou hat es mir gesagt. Du weißt doch, nichts bewegt sich so schnell wie das Gerücht. Und manchmal hat es Recht, Onkel Shikaku."
"Kou? Wenn ich mich recht entsinne, hat er Hyashi Hyuuga-sama zur Sitzung begleitet." Er atmete auf. "Gut, keine größere Sicherheitslücke. Das beruhigt mich. Aber was denkst du?"
"Wenn Ihr so wild drauf seid, deinen Sohn zu befördern, dann plädiere ich darauf, ihn als spezialisierten Jounin für Strategie und Analyse einzusetzen. Ich denke, dort kann er sehr gute Arbeit leisten."
Shikaku nickte bedächtig. "Du bestätigst meine Gedanken. Und was dich angeht, sei dir nicht so sicher, dass du nicht das Zeug für einen Jounin hast. Aber manchmal mahlen die Mühlen von Konoha langsam und bedächtig."
"UND ich habe kein Interesse an einer Beförderung", sagte ich mit einem Schauder in der Stimme. "Du weißt selbst am Besten, für wie viele Leben du als Jounin verantwortlich sein kannst. Einmal davon abgesehen, dass man als Jounin auch mal Babysitter für frisch gebackene Genin spielen muss."
Shikaku erhob sich und klopfte mir auf die Schulter. "Ich sehe zu, was ich für dich tun kann. Aber eigentlich habe ich geglaubt, Gekko hätte dir beizeiten beigebracht, dass man seinen Aufgaben nicht davon laufen darf, vor allem nicht, wenn es um das Wohl von Konoha geht. Oder gar des ganzen Landes des Feuers."
"Und die Kumo-Ninjas haben mir beigebracht, dass man das tun soll, was man kann, anstatt sich an unmöglichen Aufgaben aufzureiben", versetzte ich trotzig.
"Damit hast du natürlich Recht. Aber wir bestimmen, was für dich unmöglich ist, und was nicht." Er klopfte mir noch einmal auf die Schulter und wandte sich dann zum gehen. "Ach, übrigens. Eines habe ich noch. Wenn du die Mission erfolgreich abschließt, werden Hanako und Karin zu vollwertigen Chunin befördert. Du solltest also die nächste Zeit nutzen. Es kann sein, dass Ihr danach nicht mehr zusammen arbeitet, weil sie eigene Missionen und Trupps zugewiesen bekommen."
"Danke für die Warnung", sagte ich, trank aus und brachte meinen und Onkel Shikakus Becker zurück ins Café.
Wenn die Mädchen Wind davon bekamen, dann würde es eine ungemütliche Zeit für mich werden. Sehr ungemütlich. Verdammt. Und die Zeit danach würde noch schlimmer werden, das wurde mir schlagartig bewusst. Seit ich Chunin geworden war, hatte ich die meisten Aufträge mit Karin und Hanako erledigt. Das würde sich ändern, rapide ändern, und davor hatte ich schon ein wenig Angst. Es war nicht so, dass ich etwas gegen Veränderungen hatte, Himmel nein. Nara-Männer waren in der Regel Verfechter des Neuen und des Fortschritts. Aber sie neigten auch dazu, Bewährtes nicht auf Teufel komm raus zu ersetzen, vor allem wenn die Alternative schlechter war. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich ohne die beiden effektiver sein würde.
Vielleicht war das auch nur Wunschdenken, eine Ausrede vor mir selbst.
Derart in Gedanken versunken schlenderte ich weiter zum Friedhof.

Am Gekkos Grab kniete ich eine lange Zeit nieder. Er war vor Narutos Chunin-Examen getötet worden, von seinem Mörder fehlte jede Spur. Aber die Indizien am Kampfplatz bewiesen, dass er sich bis zuletzt erfolgreich gewehrt hatte. Es musste jemand gewesen sein, der Wind-affin war, und auf dem Level eines Voll-Jounin war er auch. Ein anderer Shinobi wäre kaum in der Lage gewesen, Gekko zu töten. Wind, das deutete auf Otogakure hin. Das bedeutete Orochimaru. Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten. Orochimaru war es nicht selbst gewesen, und die Anführer seiner Leibgarde waren von Naruto und seinen Freunden einer nach dem anderen getötet worden, damals als der junge Uchiha entführt worden war. Na ja, mehr oder weniger entführt. Aber was sollte man auch davon halten, wenn ausgerechnet Orochimaru einem Vierzehnjährigen, der auf dem Rachetrip war, versprach, er würde ihn stark genug für seine Rache machen... Ich, in seiner Lage, hätte angenommen, wäre sein Schüler geworden. Selbst um den Preis hin, Konoha zu schaden.
Jedenfalls hoffte ich, dass mich meine Wege eines Tages zu diesem einen Jounin führen würden, und dass ich dann in der Lage sein würde, ihn oder sie zu töten.
Damals, nach dem Angriff, waren wir bis nach Otogakure vorgedrungen um die Oto-Nin für ihren feigen Angriff zu bestrafen, und ich hätte mehr als eine Gelegenheit gehabt, um meinen Rachedurst zu befriedigen. Aber seltsamerweise hatte ich keine Rache nehmen wollen. Es war mir nur darum gegangen, die Gefahr durch das kleine Ninja-Dorf zu beenden. Aber ich war sicher, dass mein Feind unter all denen gewesen sein musste, die uns entkommen konnten.
Doch, eines Tages, eines hoffentlich nicht mehr fernen Tages würde ich ihn finden. Notfalls in einem der vielen Verstecke und Labore von Orochimaru. Ich spürte, wie sich meine Fingernägel bei diesem Gedanken schmerzhaft in mein Fleisch gruben. Noch so eine Baustelle. Orochimaru hatte Sarutobi-sensei getötet.

Ich erhob mich, verbeugte mich vor dem Grab meines Senseis und ging zum Grab des Sandaime weiter. Auch dort hockte ich mich nieder, legte eine Hand auf den Stein, und ließ meine Gedanken treiben. Während ich an der Außenmauer gekämpft hatte, während mir befohlen worden war, die fliehenden Oto-Nin zu verfolgen, kurz nachdem Suna bereits kapituliert hatte, war Hiruzen Sarutobi-sensei schon lange tot gewesen. Gefallen durch die Hand seines einstigen Schülers, der nicht einmal davor zurückgeschreckt war, den verbündeten Kazekage zu töten, um an seiner Statt in die unmittelbare Nähe des Hokages zu kommen. Erst nachdem ich vom Angriff auf Otogakure zurückgekehrt war, hatte ich von seinem Tod, und dem von Hayate-sensei gehört. Vielleicht war das besser so. Zu der Wut, die bereits damals in mir gepocht und geschwellt war, wäre ein Hass gekommen, der mich vielleicht hätte Dinge tun lassen, die ich bei Nüchternheit sehr bereut hätte.
Und auch das war ein Grund, die Beförderung der Mädchen zu fürchten. In unserer Trauer waren wir verbunden, vereint gewesen, hatten den Schmerz auf drei Schultern verteilt. Den Beistand der Mädchen zu verlieren würde mir sehr zusetzen. Da brauchte ich mir nichts vormachen.
Wäre es anders gekommen, wenn ich hier gewesen wäre, anstatt kleine Diebe zu jagen? Oder wäre ich nur ein weiteres Opfer des Angriffs geworden? Die Affenkrieger, die ich herbei rufen konnte, waren mächtig, aber nicht allmächtig. Mir waren enge Grenzen gesetzt, denn ich war nur ein Mensch. Aber ich hätte mein Leben riskiert, um Hayate-sensei und den Sandaime Hokage zu beschützen.
Vielleicht, schlich sich dieser hinterhältige Gedanke in meinen Verstand, war es so rum also besser für mich. Ich hasste diese leisen Worte, die in meinen Geist geflüstert wurden, sofort. Auch weil ich wusste, dass sie richtig waren. Ich war nur ein Chunin, ein kleiner, unbedeutender Chunin. Es war fraglich, ob ich je Gekko Hayate rächen konnte, und es stand außer Frage, dass ich Orochimaru nicht besiegen konnte. Ha, beinahe glaubte ich, Naruto rufen zu hören, dass ich das nicht wissen konnte, ohne es zu versuchen. Oder hart trainieren konnte, um es eben doch zu schaffen. Für Naruto war die Welt recht einfach. Er ging mit Elan und unbegrenzter Energie an die Probleme und bewältigte sie genau wie seine Gegner mit Beharrlichkeit. Ich machte es mir da mit Zweifeln und Vorwürfen schon wesentlich schwerer.

"Es ist schon etwas her, seit du zuletzt hier warst, Mamo-chan", klang in meinem Rücken eine Stimme auf, die mir durch Mark und Bein ging. Erschrocken fuhr ich hoch und wirbelte herum. "Hatake-sensei."
Der hochgewachsene Jounin beachtete mich nicht wirklich. Er las im orangen Buch, das von Jiraiya-sama geschrieben worden war, Flirt-Paradies. Ohne sah man den legendären Kopier-Ninja nie in seiner Freizeit. Das Werk galt als literarisch gut geschrieben, aber auch als erotisch und pornographisch, weshalb es erst Volljährigen erlaubt war, es zu kaufen. Ich hatte es dennoch bereits gelesen, und dadurch einiges besser verstanden, vor allem Karin und Hana.
"Musstest du mich erschrecken?", tadelte ich ihn.
Kakashi Hatake streckte die linke Hand nach mir aus, gab mir einen Schnipser gegen die Stirn und sah mitleidlos dabei zu, wie ich über das Grab des Sandaime hinweg geschleudert wurde. Eindeutiger hätte er den Stärke-Unterschied zwischen uns beiden nicht deutlicher machen können. "Du bist ein sensorischer Ninja, Mamo-chan. Und du darfst niemals zulassen, dass du deine Umgebung vergisst. Nicht einmal hier, auf dem Friedhof, zwischen deinen toten Lehrern."
Ich rappelte mich ächzend wieder auf und rieb mir die Stirn. "Ein schwacher sensorischer Ninja." Es war besser ihm zu verschweigen, dass er heute schon der zweite war, dessen Anwesenheit ich nicht bemerkt hatte.
Der tadelnde Blick aus Hatake-senseis rechtem Auge war vernichtend. Das Linke war wie immer von seinem Stirnschutz bedeckt; es schonte das wertvolle Sharingan, das sonst nur der ausgerottete Clan der Uchiha sein eigen genannt hatte. "Die Betonung liegt nicht auf schwach, sondern auf sensorisch und Ninja, Mamo-chan", tadelte er. "Du könntest eines Tages jemanden verlieren, der dir wichtig ist, nur weil du deine sensorischen Fähigkeiten vernachlässigst."
Er hockte sich hin, klappte das Buch zu und legte wie ich zuvor eine Hand auf den Grabstein des Sandaime Hokage. "Ich weiß, dass du dir Vorwürfe machst, weil du nicht hier warst, um Sarutobi-sama zu beschützen. Und weil du Gekko nicht helfen konntest, als er offensichtlich Hilfe gebraucht hat. Ich habe dich zu oft hier gesehen, um das nicht zu wissen. Aber du darfst nicht den Fehler machen, dich in deiner Trauer zu verlieren, oder sogar Hass in dir zu nähren. Ich... Du begehst dann vielleicht Fehler, die nie wieder zu korrigieren sind. Auf diese Weise hat sich Orochimaru gegen uns gewendet, und auf diese Weise habe ich Sas... Ich meine, es ist richtig und gut, dass du der Toten gedenkst, und ihren viel zu frühen Tod betrauerst. Aber lass dich nicht von ihnen zwingen, sonst verbringst du deine Zeit unter den Toten, und nicht mehr unter den Lebenden."
So wie ich. Das schwang in seinen Worten mit, und mir wurde bewusst, dass ich, seit ich den Friedhof besuchte, Hatake-sensei bei gut einem Drittel meiner Besuche gesehen hatte. Vielleicht war er sogar öfter anwesend gewesen, und ich hatte ihn nur nicht bemerkt.
"Sensei, ich..."
"Mach nicht die gleichen Fehler wie ich", flüsterte er. Langsam nahm er die Hand wieder zurück. "Manche Dinge im Leben warten nicht auf dich, und wenn du aus deinem Albtraum aufwachst, hat sie bereits ein anderer genommen. Sei kein Idiot, Mamo-chan."
Langsam erhob er sich. "Wir haben Hoffnung in dich, Mamo-chan. Du hast dich als Chunin bewährt, und du wirst in Zukunft schwerere Aufgaben erhalten. Und ich bin sicher, du wirst sie meistern. Du bist selbstständig genug dafür. Auch wenn du heute ein wenig langsam bist."
"Na, danke", brummte ich, unvermittelt wieder die Stirn reibend.
"Übrigens, ich gratuliere dir dazu, dass du deine Mission ausgerechnet in Konoha abschließen konntest. Das macht dann fünfzehn erfolgreiche B-Missionen für dich, richtig?"
"Es war reines Glück, dass Aino ausgerechnet mich beklaut hat, und das in Konoha", wiegelte ich ab. Die meisten Missionen, die mehr als sechs Ninjas erforderten, waren als B eingestuft. Und nicht alle waren gefährlich, sondern brauchten einfach nur ein paar zusätzliche Hände und Augen.
"Ja, darüber haben viele Shinobi herzhaft gelacht. Du hast Glück, Mamo-chan. Und ein kluger Mann sagte einmal: Es ist gut, Glück zu haben, jedoch Dummheit, sich darauf zu verlassen."
Er klappte sein Buch wieder auf und begann weiter zu lesen.
"Und ein anderer kluger Mann hat gesagt: Beeil dich besser, denn du hast bis zu deinem Termin mit Tsunade-sama nur noch eine Stunde."
Ich erschrak. Wie viel Zeit hatte ich hier zugebracht, bevor Hatake-sensei hinzu gekommen war? Mein Blick zur Sonne verriet mir, dass es bereits früher Nachmittag war. Zugleich aber dämmerte mir, was mir Sensei damit hatte sagen wollen, als er gesagt hatte, ich sollte die Toten mich nicht zwingen lassen.
"Danke, Sensei. Ich habe heute was gelernt."
"Wenigstens einer von uns."
"Was?" "Nichts. Ich habe nur laut gelesen. Und jetzt verschwinde endlich. Du hast was vor, oder?"
Ja, das hatte ich. Ich nickte Hatake noch einmal zu, dann verließ ich den Friedhof. Und ich fragte mich, was ihm passiert war, und wer ihm die Freundin ausgespannt hatte. Nun, zumindest interpretierte ich seine Worte so. Aber vielleicht würde er mir später einmal mehr dazu verraten.
***
Im Büro der Hokage warteten wir geduldig, bis sie das Wort an uns richtete. Also mein Team drei, Team acht und die eilig zusammengestellte Unterstützungsdreierzelle aus Asa, Kenda und Kaminari. Wir waren ein paar Minuten vor dem Termin eingetroffen, waren aber schon eingelassen worden. Nun standen wir vor dem Schreibtisch und warteten ab, bis die Godaime Hokage ihren Papierkrieg für uns unterbrechen konnte.
Endlich legte sie den Stift beiseite und sah uns an, einen nach dem anderen. "So ist das also. Eine schöne Truppe. Behandle sie pfleglich, Morikubo-kun."
"Das werde ich, Tsunade-sama."
"Sehr gut. Seid Ihr alle ausreichend erholt? Fühlt Ihr euch fit für eine Reise ins Land des Wassers?"
Beiläufiges, bestätigendes Gemurmel klang auf. Wir waren bereit. Mehr noch, wir brannten in Erwartung der Mission.
Shizune-san, die Sekretärin der Hokage, hob eine Schriftrolle. "Hier ist der Kontrakt mit dem Auftraggeber. Die Mission wurde bereits vorab bezahlt. Die originalen Worte des Auftraggebers sind: Ich habe keine Zweifel daran, dass Morikubo-sama seinen Auftrag zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigen wird."
Für einen Moment wurde ich bleich und fühlte die Füße ein Stück nachgeben. Ich wusste nicht, was mich mehr irritierte. Die Verwendung des Suffix sama, das man Personen von höherem Rang oder generell einflussreichen Menschen an die Namen hängte, oder dieses absolute Vertrauen in mich.
"Ich versuche, dieser Erwartung gerecht zu werden", sagte ich. Hoffentlich waren diese Schuhe nicht zu groß für mich.
"Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, Morikubo-kun", sagte Tsunade-sama im Brustton der Überzeugung. "Und jetzt, Team Morikubo, auf in die Schlacht!"
Das war recht pathetisch von ihr, und meine Teammitglieder ließen sich zu einem gemeinsamen Jubelschrei verleiten. Ich hingegen fühlte mich noch ein wenig mehr schrumpfen.
"Hier ist eine Karte mit dem Treffpunkt mit dem Auftraggeber. Er erwartet euch in einem Gasthaus jenseits der Grenze des Reiches des Wassers", sagte Shizune und reichte mir das mehrfach gefaltete Papier. Ich bedankte mich, schluckte den Kloß in meinem Hals runter und deutete eine Verbeugung vor Tsunade-sama an. Dann wandte ich mich um und verließ als Erster das Büro.
***
Nachdenklich, beide Hände vor dem Gesicht verschränkt und die Ellenbögen auf dem Tisch, sah die Hokage auf die Tür, die Team Morikubo gerade passiert hatte.
"Tsunade-sama, wann sagen wir Mamoru-tono endlich, dass...", begann sie, doch die Hokage winkte ab.
"Pschhh. Es läuft doch alles gerade so gut. Warum es kaputt reden?"
"Aber, Tsunade-sama, wir..."
"Pschhh."
"Mamoru-tono wird..."
"Shizune, was habe ich dir gesagt? Lass mich doch auch mal Spaß haben."
Ergeben seufzte Shizune. "Ja, Tsunade-sama. Das wird eine schöne Überraschung für Team drei, fürchte ich."
Die Hokage strahlte geradezu. "Ja, nicht wahr? Eine schöne Überraschung."
Shizune seufzte erneut. "Eine sehr schöne, Tsunade-sama..."
***
Damals

An der Stadtmauer selbst, an der Bruchstelle, die von drei oder vier gigantischen Schlangen gebrochen worden war, hofften wir am ehesten auf Verteidiger zu treffen. Tatsächlich war die Gegenoffensive schon seit dem Signal des Habichts im vollen Gange; in einem koordinierten Schlag hatten die Shinobi Konohas die Schlangen erledigt, und drängten nun mit schierer Überzahl den Gegner zurück.
Der erste Konoha-Ninja, den wir sprachen, war Aoba-sensei, einer der spezialisierten Jounin.
Er war nicht nur ein wenig überrascht, als wir dem fliehenden Feind zu fünft in den Rücken fielen. Wobei ich vor allem dadurch auffiel, das ich mich zurückhielt, um mein Chakra zu schonen. Ein paar der fliehenden Oto-Ninjas schienen das falsch zu interpretieren. Ihr Pech.
Als die Bresche sicher war, lagen wesentlich mehr tote und verletzte Oto-Shinobi auf dem Boden als Konoha-Nin. Zwei von ihnen gingen auf das Konto meines wohl dosierten Einsatzes meiner Katon-Kunst mit Hilfe eines Kunais und dem Draht an der Klinge, der mein Feuer weitergeleitet hatte. Dennoch, meine Kraft näherte sich dem Ende, auch wenn ich nur noch eine Beschwörung aufrecht erhalten musste.
Aoba-sensei benutzte gerade einen Feuerball, um seinen letzten unmittelbaren Gegner gegen die Stadtmauer zu treiben, wo seine Asche seine Umrisse nachbildete, und sprang anschließend zu uns. "Morikubo! Was zum Henker... Doktor Tofu!" Ehrfurchtsvoll begrüßte er den Affenkrieger mit einer tiefen Verbeugung. "Es ist mir eine Ehre. Und dies ist genau die richtige Zeit."
"Wir brauchen einen Überblick der Lage", sagten Tofu und ich gleichzeitig.
Die Lachfältchen in seinen Augenwinkeln kräuselten sich unter seiner Sonnenbrille, als Yamashiro Aoba zu berichten begann. "Wir treiben sie wieder zurück. Die Oto-Ninjas nach Westen, die Suna-Shinobi nach Osten. Wir sind auch schon dabei, die Straßen zu klären. Dies ist das erste Mal, das wir es zur Bresche geschafft haben. Nicht zuletzt dank Ihrer Hilfe, Doktor Tofu."
Der Affenkrieger winkte ab. "Hätte ich dich und deine Leute nicht gesehen, hätten wir es nicht riskiert. Es wäre Wahnsinn gewesen, gegen so viele Oto-Nin anzutreten, selbst wenn die Meisten nur Genin waren."
"Oh." Ob Aoba vermutete, dass Ono ihn nur loben wollte, konnte ich nicht erkennen, aber sein Tonfall klang nicht sehr überzeugt. "Jedenfalls haben wir hier reichlich Ärger. Dazu brauchen wir nicht die beiden Riesenviecher, die da hinten miteinander kämpfen." Er deutete in die Ferne, wo sich Gama Oyabun und die Einschwänzige einen harten Kampf lieferten. "Oder Orochimarus Invasion. Er kämpft gegen den Sandaime."
Das versetzte mich in Unruhe. "Was können wir tun?"
"Was ist mit deinem Team passiert? Mit deinen Gefangenen? Außer dem da, meine ich."
"Er kämpft. Ich habe es ihm erlaubt. Bisher hat er gut gekämpft", sagte ich in entschlossenem Tonfall. "Die meisten haben wir schon übergeben. Unser Suna-Nukenin hat sich auch für den Kampf entschlossen. Er will Suna-Shinobi töten gehen. Da das unserer Situation hilft, habe ich ihn ziehen gelassen. Die meisten meiner Team-Kameraden sind verletzt und haben sich versteckt. Das, was du hier siehst, Aoba-sensei, ist im Moment alles, was kämpfen kann."
"Was ist mit Hayate-sensei?", mischte sich Hanako ein. "Wo kämpft er? Können wir zu ihm durchdringen?"
Für einen Moment schien der Jounin verlegen zu sein. "Ich denke, das kann ich nicht erlauben. Wir haben den Feind zurückgedrängt, aber nur für den Moment. Wenn wir zulassen, dass er sich sammelt und neu formiert, und wenn er merkt, wie schwer unsere Verluste schon waren..."
"Also Störangriffe", stellte ich fest. "Vereinigen wir uns."
Aoba-sensei warf einen kurzen Blick hinter sich. Mehr als zwanzig Genin und Chunin standen noch und kümmerten sich um die weniger Glücklichen beider Seiten. "Mein Auftrag lautet, die Bresche zu nehmen und zu halten, bis Entsatz eintrifft. Dann soll ich die Beschwörung weiterer Schlangen verhindern."
"Oh, dazu haben wir was zu sagen", warf Karin ein. "Wir haben einen Beschwörungskreis ausgeschaltet. Samt Oto-Beschwörern."
"Das hilft uns weiter, obwohl wir nicht sagen können, wie viele Beschwörungskreise es gibt." Er deutete hinter sich, wo die getöteten Schlangen wie riesige Wülste in der Stadt aufragten. "Jedenfalls gibt es die nächsten Tage Schlange satt, das kann ich versprechen."
"Schlange schmeckt ganz gut", sagte ich leise. Verdammt, musste sich ausgerechnet jetzt mein Magen melden?
"Bist du noch fit, Morikubo? Wie lange kannst du Doktor Tofu noch hier halten?"
Ich zögerte mit einer Antwort. Stattdessen nahm ich meinen Teil der Soldatenpille, die mir Ranko-sama gegeben hatte und wollte sie essen. "Lange genug."
Ono legte eine Hand auf die Soldatenpille. "Noch nicht, Mamo-chan. Yamashiro, hast du eine normale Soldatenpille für ihn?"
"Natürlich. Pfefferminzgeschmack sogar." Er kramte in seinem Tragebeutel am Gürtel und zückte die grüne Pille. "Macht drei Tage satt."
Ich nahm die Pille entgegen und schluckte sie unzerkaut. Beinahe sofort fühlte ich die aufputschende Wirkung, und eine Regeneration meines Chakras.
"Was genau ist in der Affenpille eigentlich drin?", fragte Kaminari misstrauisch.
"Nur gute Sachen. Ranko-chan würde ihrem Mamoru niemals etwas geben, was für ihn schädlich wäre. Aber da du wahrscheinlich länger als ein paar Tage aktiv sein musst, solltest du sie noch nicht nehmen, Mamo-chan."
Ehrlich gesagt war ich mit der Erklärung nicht zufrieden. Meine Kameraden auch nicht, denn jeder griff unwillkürlich dorthin, wo er seinen Teil der Pille verstaut hatte.
"Gut, dann ist das ja geklärt. Doktor Tofu, bitte verfolgen Sie die Oto-Nin mit Morikubos Team, und machen Sie Druck, so gut Sie können. Mein Team kommt nach, sobald wir entsetzt werden." Aoba kratzte sich nachdenklich unter dem linken Bügel seiner Sonnenbrille. "Und, falls das nicht zuviel verlangt ist, wäre es nett, wenn Sie einen Keil zwischen Suna und Oto treiben könnten."
"Hey, hey, ich bin auch nur ein einzelner Krieger", sagte Ono und hob abwehrend die Arme. "Auch wenn mit Mamo-chans Leute unterstützen."
Ja, unterstützen war das richtige Wort.
"Handeln Sie nach eigenem Ermessen. Ich werde den anderen Jounin mitteilen, dass Sie an unserer Seite kämpfen."
"Gut. Mamo-chan?" Der Affe sah mich erwartungsvoll an.
"Wir ziehen auf der Außenseite die Stadtmauer hinab, bis wir das Tor im Süden erreicht haben. Von dort stoßen wir vor und brechen notfalls - und falls wir es schaffen - den Verbund von Oto und Suna auf." Probeweise wirbelte ich das Kunai in meiner Hand herum. "Ich glaube, ich mag Pfefferminz, Aoba-sensei."
"Vorsicht, es ist ein starkes Aufputschmittel enthalten. Eine zweite Pille verbietet sich von selbst. Gut, ich werde deine Entscheidung auch weiter leiten, Morikubo."
"Wir machen uns auf den Weg", sagte ich, nickte Aoba-sensei zu und eilte davon.

Doktor Tofu überholte mich schon nach den ersten Metern und übernahm die Spitze. Karin und Hana übernahmen die rechte Flanke, Kaminari die Rückendeckung. Ich achtete auf Nachzügler, die über die Mauer kommen konnten. "Spürst du etwas, Doktor Tofu?", fragte ich.
"Nein, auf die nächsten vierhundert Meter sollten wir freie Bahn haben. Oder in den perfektesten Hinterhalt geraten, den ich je erlebt habe."
"Sag bitte so etwas nicht, wenn Orochimaru im Spiel ist", tadelte Hana-chan mit einem Schaudern in der Stimme.
"Legen wir einen Zahn zu", bestimmte ich, und benutzte Step. Die anderen folgten mir dichtauf.
Während wir dahin huschten, warf ich Kaminari einen kurzen Blick zu. "Ryu, jetzt wäre eine gute Gelegenheit, um mir zu erzählen, wie du Nukenin geworden bist. Ich meine, du hast nicht gelogen, als du gesagt hast, du willst Konoha verteidigen."
Der Mann, der unsere Rückendeckung übernommen hatte, lachte heiser auf. "Wie erkläre ich es dem Kinde... Weißt du, Mamoru Morikubo, ich war auch mal jünger. Und ich war der festen Überzeugung, das es keinen besseren Ninja als mich auf der Welt geben würde, wenn ich nur die richtigen Meister hatte. Da ich die in Konoha nicht finden konnte, zog es mich in die Welt. Damals war ich vierzehn. Das schien Konoha noch nicht besonders zu stören. Tatsächlich fand ich den einen oder anderen Lehrer, die mir etwas bei bringen konnte, was in Konoha nicht bekannt war. Oh, ich hatte damals wirklich vor, mit meinem neuen Wissen nach Konoha zurück zu kehren. Am besten wie ein Held gefeiert.
Leider ist das Leben da draußen nicht umsonst. Leider sind die Lehrer nicht umsonst. Meistens, jedenfalls. Und wenn du ein Shinobi bist, dann hast du normalen Menschen einiges voraus. Um meine Ausbildung zu bezahlen, wurde ich Bodyguard. Nicht gerade ein Elite-Bodyguard, verstehst du? Damals interessierte mich mehr das Geld, als die Tatsache, dass ich Yakuza und Banditen beschützte, solange sie mich nur gut bezahlten. Leider interessierte das Konoha dann doch, und irgendwann kam mir zu Ohren, dass ich auf der Liste der Deserteure stand. Anstatt nun zurück zu kehren und das Missverständnis aufzuklären, verfiel ich erst in Panik und dann in Trotz. Du weißt schon, ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich völlig ungeniert. Also mied ich Konoha-Nin und benutzte meine Fähigkeiten weiterhin als Bodyguard. Und irgendwann geriet ich richtig auf die schiefe Bahn. Letztendlich landete ich bei der Truppe, die du hoch genommen hast."
Hanako und Karin räusperten sich vernehmlich.
"Die Team Morikubo hoch genommen hat."
Das versöhnte die Mädchen wieder.
"Und irgendwann inmitten unseres Kampfes, als ich merkte, dass du mich nicht sofort töten wolltest, beschloss ich, nicht noch mehr Fehler zu machen. Ich habe es einfach gelassen, verstehst du?"
"Nein, das tue ich nicht. Aber ich habe dein vorbildliches Verhalten gesehen, und deinen Ernst. Du kannst sicher sein, dass ich das alles dem Sandaime Hokage berichten werde."
Kaminari lachte leise. "Meinst du, er hört dir zu?"
Nun war es an uns, leise zu kichern. Ich, Hana, Karin, sogar Ono konnte das Geräusch großer Erheiterung nicht unterdrücken.
"Habe ich was falsches gesagt?"
"Sarutobi-sama ist mein Sensei. Er hat mir den Kontrakt mit den Affen verschafft", sagte ich amüsiert. "Natürlich wird er mich anhören. Die Frage ist nur, wie viel er darauf gibt."
"Ach, eigentlich habe ich auch einen guten Eindruck von Ryu-chan, Mamo-chan", sagte Doktor Tofu. "Es sollte doch schon verrückt sein, wenn er nicht auf uns beide hören würde."
"D-danke", haspelte Kaminari.
"Bedanke dich nicht zu früh", gab ich spöttisch zurück. "Aber hier, das solltest du erst mal anlegen."
Mit diesen Worten nahm ich meinen Stirnschutz ab und warf ihn Kaminari zu. "Nicht, dass dich noch einer für einen Feind hält." Ängstlich, beinahe ehrfürchtig, betrachtete er das Metall und den Stoff in seiner Hand. Doch mit einem entschlossenen Ruck band er sich den Stirnschutz um. "Danke, Morikubo."
"Wir werden sehen, ob es was nützt", sagte ich, und wollte noch etwas hinzufügen, als ich stockte.
Eine Sekunde später verließ ich Step und stand still. Die anderen hielten ebenfalls. Doktor Tofu kehrte zurück. "Was ist, Mamo-chan?"
"Ich bin mir nicht sicher, aber... Es war mir als hätte ich eine vertraute Stimme gehört." Ich deutete tiefer in den Wald südlich von uns. Wir waren noch nicht beim Südtor, es fehlten noch achthundert Meter. Theoretisch waren wir im Aufmarschgebiet der Oto-Nin, mit denen wir zuerst zusammen geprallt waren.
"Ich habe es auch gehört", sagte Karin. "Es klang wie ein Schmerzensschrei. Der Schrei einer Frau. Ich kenne diese Stimme, und dann wieder doch nicht."
"Wir sehen nach", entschied ich.

Diesmal übernahm ich die Spitze, sprang in die Wald, und dort auf die breiten Äste. Nach mehreren hundert Metern kamen wir an einer Aschebedeckten Lichtung an, die es vorher nicht gegeben hatte. Hier hatten Kämpfe stattgefunden, und die Gegner hatten einander nichts geschenkt.
Was ich sah, war überraschend. Gut ein Dutzend Oto-Nin hatten eine Dreier-Zelle von Suna-Ninjas eingekreist. Zwei lagen am Boden, einer reglos, der andere von seiner Verletzung schwer atmend.
Das ging uns nichts an, und es nützte uns auch noch. Aber...
"Lian!" Hanakos Stimme war geflüstert, aber mir schien sie viel zu laut zu sein.
"Katou! Er bewegt sich nicht mehr! Mamoru, er bewegt sich nicht mehr!"
Darauf konnte ich nicht antworten, weil ich den Mann erkannt hatte, der halb am Boden kniete, und die verletzte Kunoichi in seinen Armen hielt. Tooma. Wir hatten unsere Freunde aus Sunagakure getroffen, und das ausgerechnet im Kampf.
"Wir müssen...", sagte Hanako hastig und wollte an mir vorbei eilen.
"Wir müssen gar nichts", sagte ich hart, griff ihr in ihre Kleidung und stoppte ihren ungestümen Angriff.
"Aber wir können doch nicht... Ich meine, Suna ist unser Feind, ja, aber..."
"Wir müssen erst sicher sein, ob Maria nicht noch mehr Oton-Nin da draußen hat. Das kann eine Falle sein, muss aber nicht", sagte ich beherrscht. "Doktor Tofu?"
Der Affe in Menschenverkleidung rückte die Lesebrille zurecht, was einen Reflex auf den Gläsern auslöste. "Ich erkenne vierzehn Leben im Umkreis von einhundert Metern."
"Vierzehn?" Karin schluchzte trocken auf. Katou lag regungslos am Boden. Es war nicht schwer, eins und eins zusammen zu zählen. Und unser Gegner war Maria. Die Frau aus Otogakure, die uns in der zweiten Phase des Chunin-Examens beinahe nacheinander getötet hätte. Sie hatte also überlebt, und jetzt war sie auf Rache aus. Verständlich, immerhin hatte Tooma sie zum Sterben zurück gelassen. Den Gefallen hatte sie uns offensichtlich nicht getan.
"Mamo-chan, darf ich an dieser Stelle anmerken, dass es taktisch klug wäre, erst zuzulassen, dass unsere beiden Feindgruppen einander gegenseitig dezimieren?", merkte Ono höflich an.

Ich hörte Maria lachen. Dann sagte sie mit klarer, tragender Stimme: "Oh, ich wusste gar nicht, dass Rache so süß schmeckt. Da stehst du also vor mir, mit zwei sterbenden Gefährten, und auf dem besten Wege, selbst zu sterben. Und dann dieser Blick. Dieser hasserfüllte, und doch so leidende Blick. Glaube mir, daran werde ich mich noch in Jahren erinnern, wenn du längst in diesen erbärmlichen Wald verrottet bist."
Toomas zornige Miene schien in Flammen zu stehen. Aber er schien nicht darauf zu pochen, dass sie eigentlich Verbündete waren, die einander nicht bekämpfen sollten. "Verschone die beiden und mach mit mir, was du willst", sagte er mit gepresster Stimme.
Sie lachte glockenhell. "Nein. Oh nein, so leicht kommst du mir nicht davon." Ihr Gesicht bekam einen wilden Ausdruck. "Du sollst deinen besten Freunden beim Sterben zusehen, Tooma! Und wenn ich mit dir fertig bin, suche ich die kleinen Schweinchen aus Konoha auf, Morikubo und seine beiden Schlampen! Und dann lasse ich ihn dabei zusehen, wie seine kleinen Mädchen sterben! Langsam, in Agonie und Gewalt! Und dann..."
Ein grollender Ton war zu hören. Ich brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, dass meine Kehle ihn produzierte. "Sensei...."
Doktor Tofu lächelte sein unschuldigstes Lächeln. "Aber natürlich, Mamo-chan. Einen Augenblick."
Ono verwandelte sich in eine Waffe. Neben mir lehnte nun ein Speer am Baum. Ein Speer mit beidseitig geschliffener, schwerer Klinge, die ein Kunai durchschneiden konnte. Und das war nicht seine einzige Fähigkeit. Ich nahm den Speer in beide Hände, und stieß ihn in Richtung der Oto-Ninjas. Eine Druckwelle sprang zu ihnen herüber, erfasste zwei von ihnen und wirbelte sie davon. Maria sah böse auf, sichtlich nicht erfreut über diese Störung. "Wer wagt es?"
"Ich gehe rein. Kaminari, gib mir Rückendeckung. Hanako, Karin, Ihr kämpft euch zu Tooma durch und beschützt ihn und Lian."

Ohne eine weitere Bestätigung abzuwarten sprang ich vom Ast, auf dem ich stand, und landete nur wenige Meter vom nächsten Oto-Nin entfernt. "Mamoru Morikubo wird bestimmt nicht dabei zusehen, wie seine beiden Mädchen sterben, Maria! Und er wird nicht länger zusehen, wie du seine Freunde tötest!"
"Konoha, was machst du denn hier?", fragte Tooma erstaunt.
"Oh, nur eine alte Schuld begleichen. Und diesmal sicher gehen, dass Maria ihre Strafe kriegt." Ich lächelte dünn, und Tooma erwiderte das Lächeln.
In meinem Rücken erschien Kaminari, das Kunai gezückt. Es stieß es auf meinen Rücken hernieder, während die Miene des Mannes vor Hass verzerrt war. Ein unwirklicher Schrei war seine Belohnung, und der Oto-Nin, der aus seinem Erdversteck hatte hoch schießen wollen, um mich im Rücken zu erwischen, fiel sterbend zu Boden. "Zählen kann ich noch! Und wenn von Zwölfen einer fehlt, ist der Rest nicht schwer zu erraten!", sagte er atemlos. "Noch jemand Lust auf ein schnelles Ende?"
"Danke", raunte ich.
"Du hast gesagt, ich soll deinen Rücken decken, Morikubo", raunte er zurück.
"Baika no Jutsu!", klang Karins Stimme auf. Ihre verlängerten Arme schlugen zwei überraschte Oto-Nin beiseite, und die Mädchen nutzten die entstehende Bresche, um neben Tooma und Lian zu landen. Dort zückten sie ihre Waffen, hielten sie kampfbereit vor sich.
Karin warf einen kurzen Blick zu Katou, dem Mann, der sie damals im Wald gerettet hatte. Ein leiser, verzweifelter Schmerzenslaut entrang sich ihrer Kehle. Umso entschlossener packte sie ihr Kunai. "Wir sind übrigens auch noch da", sagte Hanako wütend. "Und wir üben lieber Gewalt aus, als Gewalt zu bekommen!"
"Wie wahr, wie wahr", murmelte ich leise.
Marias Gesicht verzerrte sich vor Wut und Schmerz. "Tötet sie! Tötet sie alle!"
Von ihren noch lebenden zehn Begleitern griffen sechs Tooma und die Mädchen an. Vier attackierten mich und und Kaminari. Einer ging mich frontal an. Augenscheinlich hatte er keine Ahnung, was - oder vielmehr wer - meine Waffe war.
"Wachse!" Während der Speer immer länger wurde, schlug ich nach dem springenden Shinobi. Ich erwischte ihn mitten in der Luft, schlug ihn wie ein lästiges Insekt beiseite und trieb ihn gegen einen zweiten. "Schrumpfe!" Der Speer wurde wieder kleiner, und handlich genug, sodass ich den Schaft an mir vorbei nach hinten stoßen konnte, um den dritten Oto-Nin zu treffen, der glaubte, mich im Rücken angreifen zu können, während sein Kamerad Kaminari beschäftigte.
Tooma witterte Morgenluft. Er attackierte einen der Oto-Nin mit seiner Turban-Puppe mit der ihr üblichen Furiosität, und mit der gewohnten Tödlichkeit. Hana hatte indes einen der anderen Ninja unter mentaler Kontrolle und ließ ihn seine Kameraden angreifen. Karin wischte mit ihrem Baika no Jutsu jeden beiseite, der es auch nur in die Nähe der Gruppe schaffte.
Ich wirbelte herum und riss den Speer nach oben. Ein Schwall superkomprimierter, ultrascharfer Luft entstand, und teilte den Angreifer aus meinem Rücken in zwei Hälften. Er hatte nicht einmal Zeit, um zu schreien.
"Kann ich den Speer auch mal ausprobieren?", fragte Kaminari hoffnungsvoll.
"Nein." Ich lächelte kalt in Marias Richtung. "Aber sie darf mal."

Die Oto-Nin wurde bleich. Sie bekam Angst, Angst um ihr eigenes Leben. "R-Rückzug!", rief sie, und versuchte sofort, Distanz zu mir aufzubauen. Wer noch lebte oder dazu in der Lage war, folgte ihr. Kurz darauf war der Kampfplatz leer. Also hatten wir tatsächlich eine Bresche zwischen die Oto-Nin und die Shinobi Sunas geschlagen.
"Danke, Konoha, aber...", begann Tooma.
Ich wirbelte herum, und stieß die Waffe in seine Richtung. Die Druckwelle riss ihn von den Füßen. Karin, die ich halb mit erwischte, beschwerte sich lautstark, was mir eine peinliche Entschuldigung abrang.
"Mensch, Mamoru, was sollte das denn?", beschwerte sich Tooma, während er sich aufrappelte.
"Du wolltest gerade sagen, dass du dich jetzt zurückziehen willst, oder? Das kann ich nicht zulassen."
Sein Blick bekam etwas Gequältes. "Mamoru, du kannst von mir nicht verlangen..."
Ich stieß den Speer in den Boden. Beinahe sofort verwandelte er sich wieder in Doktor Tofu.
Mit schweren Schritten ging ich auf Tooma zu. Als ich ihn erreicht hatte, schlug ich ihn hart ins Gesicht. Als er zu Boden stürzte, zerrte ich ihn an seinem Hemd wieder hoch. "Du Idiot! Katou ist schon tot, und Lian stirbt gerade! Du schaffst es niemals zurück zu euren Linien!"
"Was soll ich denn deiner Meinung also machen?", fragte er.
"Ergib dich."
"Das kannst du nicht von mir verlangen!", blaffte er.
Eine blutige Hand langte nach ihm, erwischte sein Bein. Lian sah ihn an, die Augen fast geschlossen. "Flieh... Ich... bin... doch... schon... tot...", hauchte sie.
Verzweiflung übermannte seinen Blick. Er griff nach der Hand, entwand sich meinem Griff, hockte sich neben sie, bettete ihren Kopf auf seinen Schoß. "Lian! LIAN!"
"Ich kann ihr helfen", bot Doktor Tofu an.
"Ist ja gut. Ich ergebe mich! Ich ergebe mich ja schon! Aber helft endlich Lian!"
Der Affenkrieger eilte sofort herbei und legte seine Hände auf den Körper der verletzten Frau. Sie glommen unter seinem Chakra auf, und augenblicklich wurde die Kunoichi ruhiger.
"Katou?", fragte Tooma hoffnungsvoll.
Doktor Tofu schüttelte den Kopf. "Ich bin kein Nekromant, Junge."
"So." Tooma senkte den Kopf. Für einen Augenblick füllten sich seine Augen mit Tränen.
Er sah wieder auf. "Also Gefangenschaft."
"Erst einmal, ja", bestätigte ich. "Aber auch medizinische Versorgung."
"Gute medizinische Versorgung. Sie wird es schaffen, versprochen", sagte der Affe.
Für den Augenblick war Tooma erleichtert. "Mamoru, versprich mir..."
Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter. "Ja. Ich finde sie. Ich töte sie. Ich räche Katou."
Mein Blick wanderte zu dem Riesen mit dem rot akzentuierten Gesicht. Karin kniete neben ihm und ordnete seine Gliedmaßen und seine Kleidung. Es gab kein sicheres Zeichen für einen Shinobi, das ein Kamerad gestorben war. Dabei weinte sie lautlos. Selbst Hanakos Hand auf ihrer Schulter konnte sie nicht trösten.
Oh ja, ich war fest entschlossen, Maria bei unserem nächsten Treffen zu töten. Vornehmlich in einer Situation, die ich aussuchte, und in der ich einem Sterbenden nicht schnell zu Hilfe eilen musste.

Erneut klopfte ich Tooma auf die Schulter und ging zu Kaminari. "Geh zurück zu Aoba-sensei. Sag ihm, wir brauchen hier Medi-Nins. Sag ihm, wir..." Zufällig ging mein Blick an den Waldrand, zu einem der höheren Aschehaufen. Auf ihm lag unser Suna-Nukenin. Er war tot. Aber er lächelte. Ich erkannte den Grund dafür, als ich fünf Stirnbänder mit dem Zeichen Sunagakures in seiner Hand sah; zwei weitere Tote lagen zu seinen Füßen. Seine Wunden sahen verräterisch nach Toomas Puppe aus. Ich beschloss, ihn später einmal zu befragen. Aber für den Moment hatte der Nukenin seinen Teil zum Schutze Konohas beigetragen und vielleicht sogar etwas Frieden gefunden.
Ein Frieden, von dem ich weiter entfernt war als jemals zuvor in meinem Leben.

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3.
Heute

Wir begannen unsere Reise wie jedes Mal am großen Südtor mit einem letzten Blick auf den Hokage-Felsen, mit dem Blick auf jene, die für die Verteidigung Konohas ihr Leben gegeben hatten. Außer Sarutobi-sensei hatte ich keinen gekannt. Selbst um mich noch an den Yondaime zu erinnern war ich damals zu jung gewesen. Nicht, dass ich ihre Taten und Handlungen nicht zu schätzen wusste, aber drei von ihnen waren für mich übermächtige Legenden, und nur einen hatte ich wirklich erlebt, aus der Nähe gesehen, war von ihm trainiert worden, hatte ihn meinen Sensei genannt. Allerdings war er auch übermächtig gewesen, und dazu hatte es nicht einmal seiner Legende gebraucht. Selbst in seinem fortgeschrittenen Alter war er noch ein gefürchteter Ninja gewesen.
Natürlich hatte er wesentlich mehr Lebensjahre hinter als vor sich gehabt, aber die Art und Weise, in der er gestorben war, machte mir sehr zu schaffen. Wozu hatten wir eigentlich das ganze Dorf voller ANBU? Nicht, dass ich Uzuki-sensei je Vorhaltungen gemacht hätte. Oder ihrem Team. Nicht sehr oft, jedenfalls. Aber ich hatte immer noch dieses Gefühl der Ohnmacht in mir. Ohnmacht, Hayate-sensei und Sarutobi-sensei betreffend. Ich wusste ziemlich genau, dass ich kleiner unfähiger Möchtegern-Ninja ohne meine Beschwörungskünste nicht viel wert war, dass meine Nin- und Taijutsu nicht besonders viel taugten. Aber das brachte die Stimmen in meinem Kopf nicht zum Verstummen, die immer wieder fragten, ob ich nicht etwas hätte ändern können, wenn ich da gewesen wäre. Da half auch nicht die Vernunft, die mir sagte, dass ich für Hayate-senseis Rettung um Wochen zu spät gekommen war. Und dass Sarutobi-sensei gestorben war, als ich gerade einmal die Stadtmauer erreicht hatte.
Ich versuchte, die geballten Fäuste zu öffnen, was mir erst nach mehreren Anläufen gelang. Ich war kein Kind mehr, ein vollwertiger Shinobi, ja, ein Chunin mit weitreichenden Rechten und Pflichten. Eine davon war, auf meine Leute aufzupassen und der Realität ins Auge zu sehen. Bei einem Kampf vom Kaliber Sandaime gegen Orochimaru wäre ich bestenfalls Zuschauer oder billiges Opfer gewesen. Und der Wind-Nutzer, der Hayate-sensei getötet hätte, wäre für mich auch eine Nummer zu groß gewesen. All das wusste ich. Aber die Fragen hörten nicht auf. Sie verstummten nie. Und ich konnte nichts dagegen tun, als weiter zu machen, besser zu werden. Es war traurig und erschreckend.

Ich wandte mich schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit um und winkte. "Gehen wir. Kein Grund zur Eile."
Die acht Shinobi Konohas folgten mir, und schon bald glichen wir mehr einer lustigen Wandertruppe als einer Gruppe hoch qualifizierter Ninja. Im Freundesland konnten wir uns das noch leisten, vor allem weil Ikuko-chan mit ihren weit reichenden sensorischen Fähigkeiten, die meine weit überragten, für uns alle aufmerksam war. Nur für den Fall, dass etwas Ungewöhnliches geschah.
Ich sah sie unwillkürlich an, als wir dahin schritten. Sie hatte damals meine große Torheit überlebt. Andere nicht. Aber sie machte es mir nie zum Vorwurf. Im Gegenteil, ich glaubte sogar bemerkt zu haben, dass mich die Ältere eigentlich mochte. Obwohl ich so viele meiner Schutzbefohlenen im Chaos der Schlacht gegen Suna und Oto verloren hatte.
"Ist etwas, Mamo-chan?", fragte sie ein wenig verblüfft, als sie meinen Blick bemerkte.
Das riss mich aus meinen Gedanken. "Nichts, außer, dass du in deinem Abendkleid eine wirklich tolle Figur gemacht hast, wie mir gerade einfällt. Sonst läufst du ja nur in Sachen herum, die dir drei Nummern zu groß sind. Aber dieses raffinierte Kleid, das sah wirklich gut an dir aus."
Die Kunoichi errötete. "Danke, Mamo-chan."
"Oh, das war kein Kompliment, Ikuko-chan. Das war eine Feststellung."
Sie senkte den Blick. "Danke, Mamo-chan."
Ich bemerkte meinen Fehler, als sich links und rechts die Mädchen bei mir einhakten.
"Und wir? Sahen wir nicht auch toll aus?", fragte Hanako mit einem übertriebenen Lächeln.
Karin, die an meinem anderen Arm hing, wartete sichtlich auf eine Antwort.
"Aber natürlich saht Ihr auch toll aus. Nach Karin haben sich ja alle Männer umgedreht, und Hana-chan, gegen deine goldene Haarflut kann keine Frau ankommen, und wenn sie sich von Kopf bis Fuß mit Juwelen behängt."
Die beiden Mädchen erröteten. "Na also, was das denn so schwer?", fragte Hanako fröhlich. Auf der anderen Seite spürte ich, wie Karin stumm - wie in alten Tagen, in denen sie meistens wenig geredet hatte - meinen Arm ein wenig fester drückte.
"Aber das hübscheste Mädchen war zweifellos Hinata-chan", sagte ich neckend und wandte den Kopf nach links, um die junge Hyuuga-Erbin anschauen zu können. "Nicht, Hinata? Ich kenne Männer, die hätten dich vom Fleck weg geheiratet, bei dem tollen Anblick, den du geboten hast."
"W-wirklich, Mamoru-sempai?" Verlegen vermied sie es, mich anzusehen.
"Aber, aber, würde ich denn eine so niedliche Kohai wie dich anlügen? Ts, ts, ts. Was denkst du nur von mir, Hinata-chan?"
"E-entschuldigung, Mamoru-sempai!"
Ich lachte auf, bekam die Chance, mich von meinen beiden überraschten Mädchen mit sanfter Gewalt los zu reißen und trat zu Hinata herüber. Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter und sah sie mit einem Lächeln an. "Du bist ein sehr schönes Mädchen, Hinata, und wer etwas anderes behauptet, der ist ein gemeiner Lügner. Der Junge, der dich mal kriegt, ist ein ausgesprochener Glückspilz. Also Kopf hoch, Hinata. Du hast in dieser Welt nichts zu fürchten."
Dies ließ kräftige Röte in ihrem Gesicht aufsteigen. "Da-danke, Mamoru-sempai", stammelte sie.
"Und wenn du das verstanden hast, dann wird das nächste Chunin-Examen für dich ein Spaziergang werden", sagte ich bestimmt. Nebenbei ignorierte ich die bohrenden Blicke von Hanako und Karin in meinem Rücken, die eventuell befürchtet hatten - nur eventuell, zugegeben - mit Hinata eine Konkurrentin zu bekommen. Doch anscheinend hatten sie meine Idee verstanden. Immerhin hatten sie auch die Akten von Team acht studiert, und waren bei den psychologischen Bemerkungen sicher auch auf den einen verräterischen Satz gestoßen, der anmerkte, dass Hinata zwar in den letzten Jahren an Selbstvertrauen gewonnen hatte, aber noch immer des vorsichtigen Aufbaus bedurfte.
"Da hat er natürlich vollkommen Recht, Hinata-chan", sagte Hana hinter mir. "Aber das heißt nicht, dass wir deshalb darauf verzichten, die Teamleistung von Team acht genau ins Augenschein zu nehmen."
Hinata strahlte bei diesen Worten förmlich. "Wir werden dich nicht enttäuschen, Sempai!"
Ich hörte vom Käferjungen ein Geräusch, das man wohl als unterdrücktes Glucksen ansehen konnte, Kiba hingegen schien vom Geschehen gar nichts mitbekommen zu haben. Er unterhielt sich mit Kaminari. Als er meinen Blick spürte, sah er verständnislos herüber. "War irgendwas?"
Ich winkte gönnerhaft ab. "Nichts Wichtiges, zumindest."
Ich drückte noch einmal Hinatas Schulter, bevor ich sie fahren ließ. "Ich weiß, du wirst mich nicht enttäuschen, Hinata-chan."
"Das werde ich nicht!", rief sie im Brustton der Überzeugung.
"Hä?", machte Kiba nun vollkommen verständnislos. "Ihn? Aber ich dachte, du magst Na..."
"D-darum geht es doch gar nicht!", rief sie aufgeregt und wedelte mit beiden Armen vor Kibas Gesicht umher. "Es geht um unsere Teamleistung!"
"Ach, sag das doch gleich. Und ich dachte, du wirst bei Sempais hübschem Gesicht untreu", neckte der Hundejunge die kleine Hyuuga.
"Treib es nicht auf die Spitze, Kiba", mahnte Shino den Teamgefährten. "Sonst kippt sie uns noch um."
"Was?" Verständnislos sah er seinen Teamkameraden an. Von dort sah er zu Hina, die erneut bis zu den Ohren hochrot war. Mehr noch, sie schien zu dampfen. "Oh.OH. OH! Unsere Teamleistung! Hinata-chan, wir werden natürlich eine beeindruckende Leistung zeigen, hörst du?"
Dies schien die junge Frau wieder zu beruhigen. "Danke, Kiba. Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen." Sie sah zum Aburame herüber. "Und auf dich, Shino."
Der Käferjunge schnaubte amüsiert. "Was wohl außer Zweifel steht."
"Also, ich mag sie schon jetzt", lachte Kaminari, und umfasste Shinos und Kibas Schultern. "Ich sehe schon, wir werden viel Spaß miteinander haben."
Akamaru, der Welpe Kibas, bellte. Es klang bestätigend. Irgendwann, so nahm ich mir vor, würde ich herausfinden, ob Akamaru uns Menschen tatsächlich verstand. Und wie viel er verstand.
Aber im Moment freute ich mich einfach nur auf die bevorstehende Mission und eine ruhige Reise durch das Land des Feuers.
***
Seit ich selbstständig Gruppen leitete, hatte ich vor den meisten Missionen dieses Gefühl, dass jederzeit ein Jounin Konohas erscheinen konnte, um mir zu erklären, dass er das Kommando übernehmen würde, weil ich nur Teil einer Finte gewesen war. Nun, mein Selbstvertrauen war damals nicht das Beste, und es kam nicht gerade selten vor, dass ich mich wie ein Hochstapler fühlte. Auf der anderen Seite hatte Widerspruch gegen meine Befehle schon immer meinen Trotz geweckt, und ich hatte nie gezögert, wenn ich mir von meinen Genin Respekt erkämpfen musste. Der Rest der Zeit war Routine.
Team acht erwies sich in dieser Beziehung als sehr pflegeleicht. Die beiden Jungen und das Mädchen stellten keine meiner Entscheidungen auch nur ansatzweise in Frage. Was vielleicht auch daran lag, dass es keine Schwierigkeiten mit sich brachte, einfach einem Weg zu folgen und die richtigen Abzweigungen zum Land des Wassers zu nehmen.
Von Kaminari und den anderen erwartete ich nichts anderes. Sie hatten schon unter mir gedient, an meiner Seite gekämpft. Sie vertrauten mir wie die meisten Genin, die ich jemals kommandiert hatte.
Es fing auf jeden Fall viel versprechend an, und vor allem vom kleinen Aburame erwartete ich einiges. Der Käferjunge gab sich wortkarg und geheimnisvoll, aber er hatte, wie er selbst gesagt hatte, Augen zum Sehen und Ohren zum Hören. Und er schien ein Gespür für meine Gedanken zu haben, denn immer wenn ich über ihn nachdachte, sah er mich an.

Unsere Reise zur Grenze dauerte zwei Tage. Immerhin waren wir Ninjas, und wir kannten in diesem unseren eigenen Land die schnellsten Routen. Wir nahmen zudem die gleiche Route, auf der wir damals mit Uzuki-sensei zum Chunin-Examen gereist waren. Das bedeutete, wir würden in jenem Gasthaus im Land der heißen Quellen einkehren, in dem wir auch damals Station gemacht hatten. Und ich hatte das Außenbad in guter Erinnerung. Das Benehmen von Sensei und den Mädchen in nicht so guter.
Die Wirtin bewies ihr gutes Gedächtnis, als ich eintrat. "Morikubo-sama, was für eine freudige Überraschung. Und da sind ja auch Yodama-chan und Akimichi-chan. Ist Uzuki-sama diesmal nicht mit dabei?"
Ich neigte vor ihr leicht das Haupt. "Guten Tag, Frau Kubo. Ich leite diesmal die Mission. Ich hoffe, bei unserer Reservierung gab es keine Schwierigkeiten."
"Natürlich nicht, Morikubo-sama. Wir haben jeweils einen Raum für die Herren und einen für die Damen vorbereitet. Dass Sie das Kommando führen ist ja erfreulich, Morikubo-sama. Dann wurden Sie tatsächlich in Konoha zum Chunin befördert."
"Ich konnte nicht entkommen", bestätigte ich lächelnd. "Haben Sie eventuell die Güte, mir einen eigenen Raum zu geben?"
"Hey, Mamo-chan, magst du uns nicht mehr?", witzelte Kaminari.
"Wir sind etwas gut ausgebucht, aber ich kann einen kleinen Raum frei machen, Morikubo-sama. Viel Komfort wird er nicht bieten."
Ich lächelte. "Danke, Frau Kubo. Ich brauche ihn nur, um für ein paar Gespräche ungestört zu sein. Kannst dich also abregen, Ryu. Du kommst schon noch zu deiner Mahjongg-Runde."
"Wir hätten auch nicht zugelassen, dass du dich drückst, Mamoru", merkte Inari Asa, der Medi-Nin der Gruppe, an. Ich brauchte ihn nicht anzusehen, um zu wissen das er grinste.
Ich winkte in seine Richtung ab. Zwar waren wir hier unter Freunden, so gut dies im Reich der heißen Quellen überhaupt möglich war. Aber den Anführer pricken, wenn er nicht zurückschlagen konnte, würde nur dafür sorgen, dass ich ihn beim Mahjongg ordentlich ausnahm.
"Noch jemand soll heute angekommen sein. Herr Mizuki, Kano Mizuki."
"Oh ja, Herr Mizuki. Er kam gestern an. Zum Glück war sein Zimmer schon frei. Er hat uns gebeten, ihn zu informieren, wenn neun Ninjas aus Konoha ankommen. Darf ich annehmen, dass Sie nichts dagegen haben, Morikubo-sama?"
Ich lächelte. Zwar kannte ich den Mann nicht persönlich, aber er hatte für unsere Anwesenheit harte Ryou bezahlt. "Er ist unser Auftraggeber. Ja, es ist mir sehr recht, wenn Sie ihn über unsere Anwesenheit informieren, Frau Kubo."
"Verstanden." Sie nickte einem ihrer Mädchen zu, das sich sofort aufmachte, um in den Gängen des Resorts zu verschwinden."Bitte folgen Sie mir doch, Morikubo-sama. Ich zeige Ihnen die Räume der Herren und Damen, und dann Ihren eigenen Raum."
"Danke sehr, Frau Kubo. Wir werden gemeinsam mit Herrn Mizuki im Raum der Herren zu Abend essen, nachdem wir das Bad besucht haben."
"Selbstverständlich servieren wir das Essen auf den Punkt", versprach sie.
Ich wusste, das waren keine leeren Worte.

Zuerst öffnete sie uns das Zimmer für die Männer der Gruppe. Es war ein großer, lichtdurchfluteter Raum mit Sicht nach Westen. Er hatte eine Veranda zum Garten und lag direkt an einem großen Teich, in dem Goldfische, Karpfen und andere Fische schwammen. Die Aussicht war geradezu idyllisch zu nennen. Damals, vor dem Chunin-Examen, hatten wir einen so guten Raum nicht bekommen. Auf der Rückreise, in Begleitung von Kirabi-sama, Omoi und den Mädchen jedoch waren wir hier schon einmal einquartiert worden. Wenn die Qualität des Raumes die Wertschätzung der Wirtin widerspiegelte, mussten wir bei ihr hoch im Kurs stehen. Ich ließ meinen Rucksack hier als Zeichen dafür, dass ich die Jungs wirklich nicht allein lassen würde. Dann folgte ich Frau Kubo zum Raum für die Frauen. Er war etwas kleiner, aber die Aussicht war durch die malerische Brücke, die sich hier gut sichtbar über den Teich erhob, noch einen Tick besser.
"Ich zeige Ihnen nun Ihren Raum, Morikubo-sama."
"Danke. Hanako, Karin, folgt mir bitte."
Die vier Kunoichi hielten inne in ihrem Tun. "Was, bitte?", fragte Hana erstaunt.
"Ich sagte, folgt mir bitte. Es ist aber kein Befehl, weil es nicht um eine dienstliche Sache geht, sondern um eine private."
Die beiden Mädchen wechselten einen schnellen Blick. Ikuko-chan, die im Hintergrund mit Auspacken beschäftigt gewesen war, fiel der Rucksack aus der Hand.
Selbst Hinata, die am wenigstens über mich und die beiden Mädchen wissen sollte, riss die Augen auf.
"Wie privat, Mamo-chan?", verlangte Karin zu wissen.
"Wir drei-privat", erwiderte ich.
Erneut wechselten sie einen schnellen Blick. Sie erhoben sich und kamen mit unsicheren Schritten auf mich zu. "D-dann wollen wir mal nicht so sein. Das geht in Ordnung, oder, Karin?"
"J-ja, das geht in Ordnung. Wir kennen uns doch schon sooo lange, und sind ja fast schon Geschwister."
Indigniert hob ich eine Augenbraue. "Eigentlich hatte ich ein anderes Thema geplant."
"W-wir lassen uns überraschen!", versprach Karin hastig.
Ich ließ der Wirtin den Vortritt. "Bitte, Frau Kubo."
"Danke, Morikubo-sama." Sie trat auf den Gang hinaus und schritt voran. Vor einer großen Tür blieb sie stehen. Sie öffnete sie und offenbarte einen weiten Raum, in dem ein Schreibtisch und eine gepolsterte Sitzgruppe standen. "Da Sie im Zimmer nicht übernachten wollen, erlauben Sie mir, Ihnen mein Büro anzubieten, Morikubo-sama. Es gibt eine Sprechanlage, über die Sie jederzeit Essen und Getränke anfordern können. Bitte, seien Sie mein Gast."
Ich pfiff anerkennend. Für mein Vorhaben war die Sitzgruppe perfekt geeignet. "Ich nehme an, Frau Kubo. Und ich danke Ihnen für Ihre Großherzigkeit."
Die ältere Frau lächelte gütig. "Der junge Herr übertreibt. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit für einen Gast wie Morikubo-sama."
Ich nutzte die Gelegenheit zu einer tiefen Verbeugung, die meine Dankbarkeit und meine Wertschätzung ausdrücken sollte. Aber verlegen forderte mich die Wirtin auf, mich wieder zu erheben.
"Ich lasse Tee und ein wenig Gebäck bringen. Bitte, lassen Sie sich Zeit, Morikubo-sama. Yodama-chan, Akimichi-chan." Mit diesen Worten schloss sie die Tür und ließ uns alleine.
Die Mädchen schwiegen. Sie vermieden es auch, mich anzusehen.
Erst als tatsächlich eines der Mädchen nur wenig später Tee und Knabberkekse brachte, wurden sie etwas lockerer.

"Bitte, nehmt Platz", sagte ich und deutete auf die Couch. Ich selbst reservierte mir einen der Sessel und griff zu meiner gefüllten Tasse.
Zögernd setzten sich die Mädchen. Dabei ignorierten sie Tee und Kekse, was genug über ihren Seelenzustand verriet.
"Um was geht es genau, Mamo-chan?", fragte Karin mit zittriger Stimme.
Nachdenklich rieb ich mein Kinn. "Es geht um mich. Um euch. Um uns."
Sie wechselten einen Blick, viel sagend und ernst.
"Kannst du das konkretisieren?", verlangte Hanako.
Ich seufzte. "Ich möchte euch gerne etwas sagen. Etwas Wichtiges." Ich beugte mich vor, ergriff je eine Hand eines Mädchens und drückte diese. "Bitte versteht, dass Ihr zwei für mich das Wichtigste und Wertvollste seid, was ich in diesem Leben besitze. Ich glaube, ich kann ohne Umschweife behaupten, dass ich euch ehrlich und aufrichtig liebe."
Wieder wechselten die beiden Mädchen einen Blick. Und als sie mich wieder ansahen, begannen sie zu lachen. "Mamo-chan, mach keine Witzchen mit uns", mahnte Karin und versuchte mir ihre Hand zu entziehen.
"So wie ein Bruder seine Schwester, hm?", meinte Hanako, schnaubte amüsiert und versuchte ebenfalls ihre Hand zurück zu nehmen.
Erstaunt stellten sie fest, dass ich ihre Hände nicht fahren ließ.
"Ich weiß, dass Ihr in mich verliebt seid. Beide. Nur ein Idiot hätte das nicht bemerken können. Und seit Ihr mich nach dem zweiten Teil des Chunin-Examens geküsst habt, bin ich mir sicher. Ich weiß, dass dies keine Liebe ist, wie man sie für seine Geschwister empfindet, sondern eine Liebe, wie es sie im Leben nur einmal geben sollte. Eine Liebe, die körperliche Liebe mit einschließt, Heirat, Familie, Kinder."
Ich konnte sehen, wie sich die Aufregung in den Gesichtern der Mädchen abzeichnete. Röte bedeckte sie, und sie atmeten heftiger.
"Mamoru, heißt das, du hast endlich kapiert, dass...?", begann Hanako.
"Mamo-chan, siehst du uns etwa wirklich als Frauen, nicht als kleine Schwestern?", fragte Karin mit einer Stimme voller Zweifel und Freude zugleich.
Bei so viel Überschwang stockte ich. Ein kurzes Räuspern machte es besser. "In diesem Moment bin ich mir sehr sicher, dass Ihr beide Frauen seid. Begehrenswerte Frauen. Deshalb werde ich wohl nie verstehen, warum Ihr euch ausgerechnet für mich interessiert. Ihr könntet ganz andere Männer haben als mich."
Wieder wechselten sie einen schnellen Blick. "Er hat es nicht komplett verstanden, oder?", fragte Hanako grinsend.
"Na, na, wir dürfen nicht zu viel von ihm erwarten. Er hat uns ja zwei Jahre zappeln lassen und ist endlich mal ehrlich zu uns. Da sollten wir ihn nicht gleich wieder tadeln", erwiderte Karin.
Ich fühlte mich ausgeschlossen, so als wäre ich während dieser Zeilen gar nicht anwesend.
Erst als sie sich mir wieder zuwandten, mit lächelnden Gesichtern, schien ich wieder aktiv am Geschehen teil zu nehmen. "Also, Mamoru Morikubo, was willst du uns denn so ganz konkret sagen?", fragte Karin mit leicht desinteressierter Stimme.
Ich räusperte mich mehrfach, um meine plötzlich eng werdende Kehle frei zu bekommen. "Karin, Hana, ich bin mir in diesem Moment sehr sicher, dass ich eines Tages eine von euch beiden heiraten werde."
Die Mädchen erstarrten. Für einen Augenblick schienen sie sich sogar in viele kleine feine Scherben aufzulösen. "D-das ist... Karin, wie lange haben wir darauf gewartet?"
"Seit der Akademie! Nein, seit dem Sandkasten! Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann wir den Mamoru-Pakt geschlossen haben..."
"Mamoru-Pakt?", fragte ich argwöhnisch. "Hatte ich die ganze Zeit überhaupt eine Chance?"
Die beiden lächelten mich auf eine süße Art an, die mein Herz höher schlagen ließ. "Nein."
Seltsamerweise machte mich diese Antwort sehr zufrieden. "Aber ich weiß einfach nicht, welche...", begann ich, doch da entzogen mir die Mädchen ihre Hände. "Sprich es nicht aus, Mamoru. Wir wissen selbst am Besten, dass du dich nicht entscheiden kannst. Aber das du drüber gesprochen hast, ernsthaft drüber gesprochen hast, das bedeutet uns so viel."
"Du weißt gar nicht, wie viel!"
Darauf folgte langes Schweigen. "So. Und was jetzt?", fragte ich endlich.
"Jetzt kommt das Haar in der Suppe. Eigentlich sogar sehr viele Haare", sagte Hanako, sichtlich nicht erfreut.
"Versprechen ist Versprechen, Hana", mahnte Karin.
"Ja, ja. Ich habe nicht vor, es zu brechen", maulte sie. "Du musst wissen, Mamoru, dass wir zwar den Pakt im Sandkasten beschlossen haben, aber dass wir nach und nach noch drei Mädchen aufgenommen haben. Mädchen, die du mindestens so sehr liebst wie uns. Und... Bei deiner Verteidigung haben wir halt Hilfe gebraucht. Und unser Versprechen ist, dass du dein Mädchen aus uns fünf wählst. Gerecht für alle. Jetzt, wo du endlich mal über deine Gefühle gesprochen hast, tritt der Pakt in Aktion."
"Hey, hey, für wen haltet Ihr mich? Für einen Frauenverschlingenden Womanizer?"
Die Mädchen prusteten amüsiert. "Das hat er also auch noch nicht verstanden", sagte Karin zufrieden.
"Gut für uns", erwiderte Hanako. "Mamo-chan, wie lange ist es her, dass du einen Affenkrieger beschworen hast?"
Ich dachte kurz nach. "Das war letzten Monat. Doktor Tofu hat mit mir eine Trainingseinheit vor der Jagdmission eingelegt. Und davor habe ich einen Monat mit Ranma-sempai trainiert."
"Hast du in dieser Zeit eigentlich Ranko-sama..." Karin bekam einen Ellenbogen in die Seite. "Ich meine, hast du P-chan gerufen?"
Erstaunt sah ich die Mädchen an. "Perine? Nein, nicht mehr seit wir Otogakure zerstört haben. Sie hat mir gesagt, sie möchte eine Zeit lang trainieren, und man würde mir mitteilen, wenn sie wieder beschworen werden kann. Das ist über ein Jahr her. Fast schon zwei."
Erneut sahen sich meine Mädchen mit diesem wissenden Blick an. "Die Zeit ist jetzt. Beschwöre sie, Mamoru", sagte Karin ernst.
"Was?"
Hanako verdrehte die Augen bei meiner Uneinsichtigkeit. "Nun mach schon, Mamo-chan!"
Ich zuckte mit den Achseln. "Also gut, wenn Ihr drauf besteht."
Ich biss mir in den Daumen, um etwas Blut zu bekommen. Dann beugte ich mich sitzend vor und legte die rechte Hand auf den Boden. "Kuchiose no Jutsu!"

"Mamo-chaaaaaaan!"
Bevor ich mich versah, war ich in den Falten eines Kimonos verschwunden. Ich spürte, wie mich etwas warmes, weiches berührte, und nach ein paar Sekunden identifizierte ich es als weiblichen Busen, der vom Kimono mehr schlecht als recht bedeckt war. Ich sah nach oben und blickte in die Karminroten Augen einer schlanken, hochgewachsen Frau mit langem schwarzen Seidenhaar. Für einen Augenblick dachte ich, ich hätte Ranko-sama beschworen, aber die hatte mehr Oberweite und war noch einen guten Kopf größer.
"Mamo-chan, Mamo-chan, Mamo-chan, Mamoooooo-chaaaaan!"
"Nun ist aber genug, Perine! Entweder erdrückst du ihn, oder er stirbt glücklich", tadelte Hanako.
"Aber, aber, aber, ich habe ich doch sooo lange nicht gesehen! Und Ihr durftet immer bei ihm sein! Habe ich da nicht einen Ausgleich verdient?"
"Da hat sie Recht. Also gut. Du hast einen."
"Einen?", maulte sie.
"Einen?", fragte ich verständnislos.
Ich hörte Hanako seufzen. "Also gut, zwei. Aber keinen mehr!"
"Zwei?", fragte ich.
"Yay! Zwei!" Bevor ich mich versah, drückte mir die schlanke Schönheit ihre warmen, weichen Lippen auf meine. Als sie sich von diesem Kuss wieder löste, standen Tränen in ihrem Augen. "Oh, es tut so gut, dich wieder zu sehen, Mamo-chan."
"P-chan?", rief ich verblüfft. "P-CHAN?"
"Für unser nächstes Treffen wollte ich erwachsen sein, Mamo-chan. Das hat auch ganz gut geklappt", schnurrte sie, während ihr rechter Zeigefinger auf meiner Brust Kreise zeichnete. "Ich hoffe, dir gefällt, was du siehst."
"Oh, durchaus." Ich spürte, wie kalter Schweiß auf meiner Stirn stand.
"Das freut mich zu hören", sagte sie lächelnd, und wieder senkte sich ihr Mund hernieder. Ich muss zugeben, es war ein herrliches, elektrisierendes Gefühl. Der Gedanke, dabei ein Spielball der Ideen und Wünsche der Mädchen zu sein elektrisierte nicht so sehr, aber ernüchtert stellte ich fest, dass ich anscheinend von Anfang an kein Mitspracherecht bekommen hätte. Das mit der Zunge irritierte mich dann doch ein wenig, auch wenn es höchst angenehm war.
"Mein Mamo-chan", schnurrte sie zufrieden und drückte mich wieder gegen ihren Busen. "Oh, ich bin so glücklich!"
Kräftige Hände griffen nach ihr und lösten mit sanfter Gewalt den Griff um mich. "Du warst glücklich genug für den Anfang", mahnte Karin.
"Was denn, jetzt schon? Ich hätte doch noch...", begann sie.
"Außerdem gehen wir vor dem Essen noch in die heiße Quelle baden", sagte Hanako.
Das änderte Perines Verhalten komplett. Sie war wie alle Affen eine große Verehrerin von heißen Quellen. "Yay! Baden! Essen! Baden! Essen! Ist es ein gemischtes Bad? Kommt Mamo-chan auch mit?"
"Das hättest du wohl gerne", tadelte Hanako.
"Du doch auch", konterte sie.
"Wie auch immer!", sagte Karin und rettete Hana damit vor den Gong. "Wir haben uns viel zu erzählen. Seit Otogakure ist viel passiert."
"Stimmt. Ich habe ja so viel zu berichten! Und Ihr müsst mir alles erzählen, was mit Mamoru passiert ist! Mamo-chan, wir sehen uns beim Essen."
Die drei Mädchen winkten mir zu, bevor sie mich allein ließen.
Unruhe erfasste mich. Mit meinem Geständnis hatte ich vorgehabt, Klarheit zu schaffen, meine Probleme zu reduzieren. Stattdessen schienen sie gerade zuzunehmen. Mist.
Nachdenklich trank ich meinen Tee aus. Wenigstens darüber hatte ich die volle Kontrolle. Hoffte ich jedenfalls.
***
Damals

Blicke hatten eine besondere Macht. Manche Menschen behaupteten, sie hätten zwischen den direkten Blicken von Rivalen Blitze hin und her zucken sehen, statischen Entladungen zwischen zwei elektrischen Polen gleich. Andere behaupteten, Blicke gesehen zu haben, die Menschen bannen und sogar töten konnten. Und dann gab es da das sehr reale Sharingan, dessen Blick Menschen in ein Genjutsu ziehen konnte.
Die Blicke, die Morino und ich auswechselten, waren von einer ähnlichen Intensität, aber sie waren geprägt von einem Kampf des Willens.
"Nein, Morikubo!", sagte er harsch, vielleicht schon zum vierten oder fünften Mal.
Der Mann war ein Furcht erregender Anblick, Narbenübersäht und mehrfach gezeichnet. Dazu hatte er die Miene eines sehr bösen Preisringers, und eine Kraft im Blick, die keinen Zweifel daran ließ, wer der Chef der Informationsbeschaffungsabteilung Konohas war.
Ich verneigte mich erneut, ohne den Blickkontakt abzubrechen. "Ich bitte Sie, Morino-sama, überdenken Sie die Lage. Ich bin der einzige Chunin, der gerade jetzt zur Verfügung steht. Und Sie werden in Konoha gebraucht." Nachdrücklich fügte ich an: "Wir haben keine Zeit für lange Wartereien!"
Morino schnaubte verächtlich. Er besah sich die Gruppe, die sich hier versammelt hatte. Leicht verletzte oder einfach nur erschöpfte Genin verschiedenen Alters, die die bisherigen Kämpfe überstanden hatten, ohne Opfer zu werden, dazu zwei Chunin-Anwärter und ein richtiger Chunin - ich. Insgesamt waren wir dreißig. Das war ein Bruchteil dessen, was die Stadt aufbringen konnte, aber wir waren hier, die anderen waren dort. Wir, das waren die Reste der Patrouillen, des ersten Gegenangriffs, jene die von den Kämpfen bis vor das Haupttor gespült worden waren. Wir, das waren dreißig Shinobi, die den Befehl hatten, den Oto-Nin hinterher zu eilen, ihnen jeden Gedanken an eine Rückkehr auszutreiben, und, wenn möglich, ihre Basis Otogakure anzugreifen. Dreißig Ninja waren dafür etwas wenig, zugegeben, aber wenn wir nicht jetzt damit begannen Druck aufzubauen, mussten wir von Seiten der Oto-Nin mit einem Gegenschlag rechnen. Und das konnte Konoha auf keinen Fall gebrauchen.
"Ich sagte, wir warten auf Verstärkung und einen freien Jounin", beharrte er. Dass er uns nicht anführen konnte, war jedem klar. Der Chef der Informationsbeschaffungseinheit, der einen Teil des Abwehrkampfs angeführt hatte, wurde gerade jetzt dringend in der Stadt gebraucht, um die stattliche Zahl an Gefangenen zu verhören. Informationen waren noch wichtiger als Jutsu und Waffen für einen Shinobi.
"Morino-sama!", sagte ich mit Nachdruck.
"Du hast dein Beschwörungslimit für den Affenclan überschritten, Morikubo! Was willst du also?"
"Das Richtige tun!", erwiderte ich Zähneknirschend. Die Wut über den Tod Katous von Marias Hand wütete in mir, zugegeben. Aber auch die Stimme der Vernunft, die mich voran trieb, und die letzte Warnung von Doktor Tofu, den Feind nicht ruhen zu lassen, bis er das Feuerland verlassen hatte, trieben mich an.
Morino warf mir einen wütenden Blick zu, der einen geringeren Mann als mich zu Boden geworfen hätte. Zwingend, wütend, voller Jähzorn und Gewalt. Aber ich hielt stand.
"Dann muss ich jetzt wohl eine Entscheidung treffen." Er brach den Blickkontakt ab und sah über die Runde. Keiner der Shinobi hier war schwer genug verletzt, um zurückbleiben zu müssen. Aber es war keiner dabei, der als voll einsatzfähig eingestuft werden konnte. Wir alle hatten unseren Anteil an den Kämpfen gesehen, mitten drin gesteckt.
"Ihr habt Erlaubnis, die Oto-Nin bis zur Landesgrenze zu verfolgen. Aber seid vorsichtig. Wenn sie merken, dass wir ihre Reorganisation stören, werden sie Fallen stellen, sich vielleicht sogar für einen Kampf stellen. Versucht einfach, nach mehr auszuschauen als Ihr seid. An der Grenze wartet Ihr. Spätestens dann, vielleicht früher wird Verstärkung zu euch stoßen. Haben das alle verstanden?"
"Ja, Morino-sama!", hallte ihm Dutzendfach entgegen.
"Morikubo übernimmt das Kommando. Akimichi-kun und Yodama-kun sind seine Leutnants. Viele von euch haben schon mit ihnen gearbeitet, also wisst Ihr ja, was Ihr von ihnen zu halten habt. Hört auf Morikubo, wenn euch eure Leben lieb sind, kapiert?"
"Ja, Morino-sama!"
"Na, dann los, bevor ich es mir doch noch anders überlege!"

Ich deutete eine Verbeugung an, dann benutzte ich Step, um in die Bäume zu kommen. Die Anderen folgten mir. "Sensorische Ninjas?", fragte ich, während wir mit dreißig Leuten von Ast zu Ast huschten.
Sechs Hände hoben sich. "Ihr zwei zu Hanako, Ihr zwei zu Karin, Ihr zwei bleibt bei mir. Genjutsu?"
Hier hoben sich nur zwei Hände. "Du Hanako, du Karin. Ninjutsu?"
Erwartungsgemäß schossen nun zwölf Hände hoch. "Ihr sechs zu mir. Ihr drei zu Hanako, Ihr drei zu Karin. Damit bleiben neun Taijutsu-Nutzer übrig, plus die bereits eingeteilten sensorischen Ninjas. Ihr drei zu Hanako, Ihr drei zu Karin, der Rest bleibt bei mir." Mehr als diese grobe, schnelle Einteilung war nicht möglich. Mit knapp der Hälfte hatte ich bereits gekämpft. Ich versuchte, sie den Mädchen zuzuteilen, damit sie mit einem Vorteil in die bevorstehende Schlacht gehen würden. Dazu kam, dass sensorische Ninjas in der Regel selbst Ninjutsu-Nutzer waren. Mir blieb nicht die Zeit, die Leute nach ihren besonderen Affinitäten einzuteilen, ihre Attacken kennen zu lernen und die Gruppe ausgewogener zu machen. Ich konnte mich nur darauf verlassen, dass sie auf meine Befehle hören und kämpfen würden.
"Karin, rechte Flanke. Hanako, linke Flanke. Sensorische Ninjas, auf Chakra und Bewegungen achten. Alle, die Kage Bunshin beherrschen, erschaffen Schattenklone und schicken sie vor."
"Verstanden!" Fast zwanzig von uns formten die wohlbekannten Handzeichen, es entstanden die so typischen Nebelwölkchen, und aus ihnen strömten schließlich fast siebzig Schattenklone. Fünf davon waren von mir. "Alle Schattenklone sollen sich in Tiere verwandeln!", befahl ich. "Raubtiere, möglichst gefährlich!"
Die Klone meiner Selbst verwandelten sich in die gefährlichen Raubechsen, die ich im Trainingsgebiet von Kumogakure kennen gelernt hatte. Andere verwandelten ihre Klone in Wölfe, Bären, Füchse, Dachse, alles was ihnen an gemeinen und bissigen Tieren einfiel.
"Und jetzt vorweg mit euch!"
Die Klone spritzten davon und waren kurz darauf im Geäst verschwunden. Eine Zeit lang hörten wir nichts von ihnen. Doch dann zuckte eine der Ninjas zusammen. Ich sah herüber, und die Kunoichi erwiderte den Blick ernst. "Einer meiner Klone ist auf einen Oto-Nin getroffen und wurde ausgelöscht. Aber bevor er verging, hat er gesehen, wie mehrere der Klone den Ninja angegriffen haben."
"Wir sind ihnen also schon nahe. Das war ein Posten", erwiderte ich laut genug, damit mich alle hören konnten. "Macht euch fertig."
In der Ferne schwoll eine Staubwolke über die Baumkrone auf. Mehrere meiner Genin fuhren zusammen. "Wir haben den Lagerplatz gefunden", sagte Kaminari. "Soweit ich es sehen konnte, waren es über einhundert Ninjas, die sich neu formieren."
"Was ist mit der Explosion? Ist einer der Schattenklone auf eine Falle gestoßen?"
"Nein, das war ein Erd-Jutsu. Und ich glaube, viele der Shinobi sind verletzt."
"Unser Vorteil!", rief ich. Die Klone hatten für uns als Vorhut gedient. Ich hatte gedacht, mit ihnen mögliche Minen aus dem Weg zu räumen, explodierende Tags und andere Sprengfallen, beschworene Tiere, Kunai-Schleudern und dergleichen. Aber diese Fallen legte man nur aus, wenn man seine Flucht decken wollte. Das hatten unsere Freunde aus Otogakure anscheinend gar nicht vor. Und nun mussten sie sich mit den noch gut sechzig Schattenklonen herum schlagen, die mitten in ihre Reorganisation eingebrochen waren. Zwar waren sie jetzt gewarnt, wussten das wir sie gefunden hatten. Und sie wussten, dass wir kamen. Aber das war auch schon alles, was sie wussten. Und wenn sie keinen Anführer hatten, der Eis statt Blut in den Adern hatte, dann würden wir über sie kommen wie ein Gewittersturm. Und dann war ihre zahlenmäßige Überlegenheit keinen Ryou mehr wert.

Ich zückte mein Kunai, etwa eine Sekunde, bevor einer meiner Schattenklone vernichtet wurde. Seine Erinnerungen gingen auf mich über, und ich erinnerte mich plötzlich daran, mit wem mein Klon gekämpft hatte. Er hatte Maria an die Kehle gehen wollen, war aber in der Seite getroffen worden. Maria! Unwillkürlich wurde mein Griff um das Kunai fester. "Wer beherrscht Katon?"
Es meldeten sich vierzehn Shinobi. Das war nicht verwundernswert, denn das Feuer-Element war in Konoha am weitesten verbreitet. "Wir Katon-Nutzer gehen vor!", befahl ich und setzte mich von meiner Gruppe ab. Dann ließ ich halten, gerade in der Reichweite der Oto-Nin, gerade so, dass wir den Kampflärm hören konnten, und einige von uns durch das Gewirr der Äste die Fleckentarnmuster Otogakures sahen.
"Eure besten Katon-Jutsu! Jetzt!", rief ich. Das warnte zwar den Feind, aber wenn wir diesen Moment nicht nutzten, dann hatte ich die Gruppe in den Untergang geführt.
Fünfzehn Lungen füllten sich, fünfzehn Männer und Frauen schmiedeten Chakra, fünfzehn Mal sammelte sich brennendes Öl in den Mündern, bevor es sich in den verschiedensten Jutsu entlud, und als einzige, große Feuerwand auf das Lager der Oto-Shinobi niederging. Die meisten waren Feuerbälle, große, beeindruckende Feuerbälle. Einige beschworen Tiere aus Feuer. Andere schickten Flammenwände mitten unter die Reihen der Kämpfenden. Das Ergebnis war ein Inferno. Und weitere zerstörte Schattenklone. Das brachte mich kurz zum Lächeln. Bisher hatte ich noch keinen Shinobi verloren, aber wir hatten Tod und Entsetzen über den Gegner gebracht.
"Jede Gruppe lässt einen sensorischen Ninja hier, um auf die Flanke und unseren Rücken aufzupassen. Ich erwarte eine rechtzeitige Warnung, wenn weitere Oto-Nin hier her kommen! Das können unmöglich schon alle gewesen sein! Der Rest: Angriff!"
"Verstanden!"
Ich sprang von meinem Ast herab und landete härter als erwartet auf dem Waldboden. Meine Flammen wüteten zusammen mit denen der anderen Katon-Nutzer auf der Lichtung. Ich sah einige Ninja brennen, andere vor den Flammen, die nur zäh wieder erloschen, zurückweichen. Und ich sah verkohlte Asche auf dem Boden liegen. Ninja, die der Hitze des Katon nichts entgegen zu setzen gehabt hatten. Dies war die gerechte Strafe für den hinterhältigen Angriff auf Konoha. Wer in den Wald hinein schrie, der musste auch das Echo ertragen können, denn dies war die Welt der Shinobi. Und wer hier nachlässig war und seine Karten nicht optimal spielte, schied aus dem Spiel aus. Und Ausscheiden bedeutete sterben.
Einer der brennenden Shinobi wandte sich mir zu. Sein Rücken brannte, aber seine Augen brannten noch mehr, voller Wut und Hass. So griff er mich an, mit der kurzen, geraden Schwertklinge, die ich durch Maria kennen gelernt hatte.
Ich stoppte sie mit meinem Kunai, zog kurz die Linke zurück, und stieß sie dann mit allem was ich noch an Kraft aufbieten konnte auf die Magengrube meines Gegners. Ich spürte, wie er sich um meinen Schlag zusammen krümmte. Dann wischte ich seine Klinge mit meinem Kunai beiseite, riss mein Knie hoch und zertrümmerte seine Kehle. Der Sterbende fiel zu Boden, ohne einen einzigen Laut. Wenn ich das Feuer betrachtete, das lichterloh auf seinem Rücken wütete, hatte ich wohl nur gegen einen Toten gekämpft, der vergessen hatte, das er eigentlich längst gestorben war.
Ein Shuriken sauste heran, aus einem Winkel, den ich nicht einsehen konnte. Ich erspürte ihn mit meinen eigenen schwachen sensorischen Fähigkeiten, aber er war schnell, zu schnell für mich. Er musste beschleunigt worden sein. Natürlich, ein Wind-Nutzer. Wie die meisten Oto-Nin.
Es gab ein metallisches Klirren, als der Shuriken gegen ein Kunai prallte. "Sei doch vorsichtiger, Mamoru, verdammt!", zischte Kaminari mir zu.
"Danke. Das ist schon das zweite Mal heute."
"Geht in Ordnung, Boss", erwiderte er mit einem wilden Grinsen, bevor er in Richtung des Angreifers davon sprang.

Ich klaubte die Klinge des Oto-Nins auf und suchte den nächsten Gegner. Wir hatten mit dem Feuer-Überfall etwa ein Drittel der Lichtung verwüstet. Von den ursprünglich einhundert Oto-Shinobi befanden sich noch vierzig hier. Der Rest war entweder im Feuer verbrannt, von meinen Leuten getötet worden, oder geflohen. Angst war hier unser bester Verbündeter. Unser Gegner konnte nicht wissen, wie stark wir waren. Aber sie sahen die Brände, ihre eigenen Toten, und sie hatten uns in ihren eigenen Reihen, womit sie nicht gerechnet hatten. Viele mussten bereits in Panik geflohen sein.
"MARIA!", rief ich wütend, während meine Augen rastlos nach ihr suchten. Ein Shinobi schleuderte eine Wassersäule auf mich, ich erwiderte den Angriff mit Katon. Feuer und Wasser stritten miteinander, und okay, ich war geschwächt und entkräftet, aber selbst der natürlich Vorteil, den Suiton normalerweise gegenüber Katon hatte, nützte nichts. Meine Flammen verdampften das Wasser, rasten auf meinen Gegner zu, und nur sein beherzter Sprung zur Seite rettete ihm das Leben. Vorerst. Ich ließ von ihm ab, als ihn einer meiner Genin mit einem Erd-Jutsu attackierte.
"MARIA!" Ich erhielt keine Antwort, aber es bereitete mir Vergnügen zu glauben, dass die junge Frau beim Klang meiner Stimme, wenn sie ihren Namen hörte, vor Angst zusammen zuckte. Ich hatte mehr als eine Rechnung mit ihr offen, und wenn die Götter es wollten, würde ich sie begleichen. Wenn nicht hier und jetzt, dann ein andernmal.
Ich zuckte kurz zusammen, als der dritte meiner Klone ausgelöscht wurde, hinterrücks erstochen. Was mich dazu ermahnte, nicht die eigenen Leute zu vergessen. Doch im Moment lief alles gut. Drei Verletzte, keine Toten, und wir drängten die restlichen, nun nur noch gut dreißig Ninjas, vor uns her. Die Späher in unserem Rücken meldeten sich nicht; solange wir den Gegner zur Flucht trieben, hatten wir alle Vorteile auf unserer Seite.
Ich übersah die Situation, während ich einen Oto-Nin tötete, der vor einem meiner Genin mit einem Sprung nach hinten flüchtete und mir mitten in die Schwertklinge sprang. Wie es im Training üblich war, hatten die Konoha-Genin Dreiergruppen gebildet und kämpften zusammen. Ich war überrascht und dankbar, dass sich eine so ausgewogene und gut miteinander arbeitende Truppe aus Nah- und Fernkämpfern gebildet hatte. Der Vorteil lag immer noch bei uns. Und es würde keine weitere Attacke von Otogakure auf Konoha geben. Jedenfalls nicht heute.
"MARIA!"
Der vorletzte meiner Klone verging, kurz darauf der letzte. Damit war die Zahl der von uns erschaffenen Klone auf elf geschrumpft, und selbst diese Zahl nahm stetig ab.
Aber die Informationen, die mir durch sie zuflossen, waren... interessant. Einer von ihnen hatte kurz Maria gesehen. Oh, was wünschte ich mir, noch in der Lage zu sein, wenigstens einen Affenkrieger zu beschwören. Selbst P-Chan hätte mir jetzt mehr als ausgereicht. Aber meine Katon hatten mein Chakra weiter ausgezehrt. Ich hatte kaum noch Reserven übrig, und ich war in Versuchung, zusätzlich zur Soldatenpille das Fünftel der Pille zu nehmen, das ich von Ranko-sama erhalten hatte.
Nun sah ich Maria mit meinen eigenen Augen. Sie koordinierte einen Abwehrriegel gegen uns, in dessen Rücken weitere Oto-Nin geordnet abziehen konnten. Und das war nicht im Interesse Konohas. Wenn wir sie schon ziehen lassen mussten, dann nicht geordnet, sondern in Panik und Hast. Panische Shinobi begingen Fehler. Fehler führten zum Tod. Das war der Plan.
"Bist du noch in meinem Rücken, Kaminari?"
"Aber Logo, Boss. Ich und Yuki und Shinnosuke. Es muss ja jemand auf dich aufpassen, oder?"
Ich lächelte grimmig. Das war vielleicht notwendig, aber immerhin hatte ich bereits zwei Gegner getötet, und wer weiß wie viele bei dem gemeinsamen Katon erwischt. Viel zu befehlen gab es gerade nicht, und meine neun Genin hielten sich in meinem Fahrwasser.
Karin kam auf ihrer Seite, die sie mit ihrem Baika no Jutsu beinahe alleine bereinigt hatte, gut zurecht, und Hanako hatte mit ihrer Truppe Marias Sperrriegel vor Augen. Es war ein Patt. Und das war schlecht.
"Deck mir weiter den Rücken."
"Wieso? Was hast du vor?", fragte er erstaunt.
"Was Verrücktes. Deckt mich vor den Shuriken und Kunais! Ich brauche fünf Sekunden!"
Ich sprang vor, stand keine zwanzig Meter vor der Wand aus vielleicht zwanzig Oto-Nins. Sofort wurde ich attackiert. Eine Schallwellenattacke packte mich, wirbelte mich herum und warf mich hart zu Boden. Ironischerweise entging ich so einem Kunai, das mich im rechten Arm getroffen hätte. "Zu arrogant! Zu selbstsicher, Dummkopf!", tadelte ich mich, schwang mich wieder auf die Beine und behielt den neuen Abstand bei. Das war ein Zeichen der Schwäche. Ich hoffte, Maria bemerkte es nicht.
"KATON! KARYUU ENDAN!" Ich holte tief Luft, blähte die Wangen und machte die richtigen Fingerzeichen. Von mir entlassen würde das Jutsu einen großen Feuerdrachen bilden, und einen mächtigen Schaden auf großer Fläche anrichten. Es war ein Jutsu des Sandaime, und ich war sicher, dass Otogakure seine Ninjas vor den stärksten Ninjutsu Konohas gewarnt hatte.
Ich verfehlte die erhoffte Wirkung nicht. Mehrere Shuriken und Kunai flogen in meine Richtung, aber Kaminari und seine Begleiter waren gut genug in der Abwehr. Lediglich ein Shuriken schnitt mir in den rechten Oberarm, ohne meine Konzentration brechen zu können.
Maria wurde bleich. "RÜCKZUG!", rief sie hastig und sprang davon. Die überlebenden Oto-Nins des Absperrriegels folgten ihr. Wer noch fliehen konnte, tat das auch. Sie ließen ein gutes Dutzend teilweise schwer verletzter Oto-Nin zurück, die nun den sicheren Tod vor Augen hatten.
"Wann hast du denn das Karyuu Endan gelernt?", rief Karin herüber, als sie von ihrer Seite, die vom Gegner geklärt worden war, zu uns herüber kam.
Ich stieß eine schwarze, klebrige Rauchwolke aus und entspannte die Wangen. "Wer hat behauptet, das ich es beherrsche?"
Das brachte mir verblüffte Blicke ein, bis jemand lauthals lachte. Andere fielen ein, und ich lachte ebenfalls.

Ich deutete auf die auf dem teilweise immer noch brennenden Gelände verteilten Oto-Shinobi. "Wir sollten uns um die kümmern. Und mit kümmern meine ich festsetzen, nicht töten."
"Wollen wir nicht gleich weiter ziehen, zur Verfolgung?", fragte Yuki unternehmungslustig.
Ich machte eine abwehrende Handbewegung. "Ab jetzt werden sie Fallen für ihre Verfolger auslegen, glaub mir. Das macht sie allerdings auch langsamer." Ich sah ins Rund. "Wir setzen die Oto-Nin, die wir hier finden, fest, damit die Verstärkung sie übernehmen kann. Dann werden wir eine Pause einlegen, um unser Chakra zu regenerieren. Danach umgehen wir das Rückzugsgebiet weiträumig, und schlagen in ihrer Flanke zu. Wer wurde verletzt?"
Sieben Hände gingen nach oben. "Wie schwer?"
"Nicht so schwer, dass wir dich nicht weiter begleiten könnten, Mamo-chan!", sagte ein älterer Shinobi grinsend. Ich kannte ihn, irgendwie kannte ich ihn, aber sein Name wollte mir nicht einfallen. Auf jeden Fall war er ein erfahrener Fuchs, und ich war froh, das er bei dieser wilden Mischung aus Grünschnäbeln und Veteranen dabei war. Hinter uns kamen die sensorischen Ninjas von den Bäumen, die ich für unsere Rückendeckung zurückgelassen hatte. Das bedeutete dann wohl, das wir für den Moment sicher waren.
"Gut. Wir haben den erneuten Angriff von Otogakure verhindert und ihre Truppen, wenigstens einen Teil, in wilder Unordnung davon gejagt. Wir haben die Pflicht, wieder kampfbereit zu werden. Danach werden wir sie weiter jagen, bis wir entweder andere Befehle erhalten, oder die Landesgrenze erreichen." Ich sah Kaminari an. "Ryu, geh zurück und suche Morino-sama oder Aoba-sensei und melde ihnen, dass wir die Oto-Nin in diesem Sektor zersprengt haben, bevor sie sich organisieren konnten. Melde, dass wir Gefangene gemacht haben, und das wir uns regenerieren, bevor es weiter geht. Wenn du keine anderen Befehle kriegst, führe ich die letzte Anweisung von Morino-sama aus und verfolge die Oto-Nin bis zur Landesgrenze."
"Ist gut, verstanden." Kaminari wandte sich ab, aber ich hielt ihn kurz zurück.
"Ryu, sieh zu, dass du auch zu Tetsuo und Ikuko-chan und den anderen gehst. Sag ihnen, dass es für sie erst mal vorbei ist und das sie, wenn sie es können, nach Konoha ziehen sollen. Schaffen sie es nicht, sorge dafür, dass einer der Jounin ihre Positionen erfährt."
Ein kurzes Lächeln ging über das Gesicht des Nukenin. "Verstanden, Boss."
Er verschwand mit Step. Ich hoffte, dass ich seine Kraftreserven richtig eingeschätzt hatte.

Dank Aoba-senseis Soldatenpille hatte ich keinen Hunger. Aber ich brauchte, wie die anderen auch, körperliche Ruhe. "Karins Gruppe sammelt die Gefangenen ein. Zwei sensorische Ninjas an den Waldrand, aber dringt nicht ein. Der Rest ruht sich aus."
Mit diesen Worten ließ ich mich im Schneidersitz nieder. Himmel, ich war wirklich ganz schön fertig.
"Ihr habt ihn gehört. Los, jetzt", klang Karins Stimme auf. "Ich unterstütze dich", sagte Hanako schnell. Weitere Genin wollten sich anschließen und helfen.
"Vergesst das Ausruhen nicht", mahnte ich. "Wir haben heute noch mehr vor."
"Verstanden."
Das hatten sie wohl wirklich, aber sie strengten sich trotzdem noch mal richtig an. Bewundernswert. Ich für meinen Teil ließ mich nach hinten fallen. Ich schloss die Augen, aber trotz meiner Erschöpfung wollte sich kein Schlaf einstellen. Nicht einmal dösen war mir vergönnt, denn wenn ich die Lider schloss, sah ich Katou tot am Boden liegen, und Maria, die vor ihm stand. Ich hatte Tooma Rache versprochen. Ich wollte mein Wort halten. Und damit ich das konnte, musste ich mich regenerieren, so gut ich es halt konnte. Und plötzlich war ich doch eingeschlafen.

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4.
Lachend und scherzend ging ich mit den Jungs, also Kaminari, Asa. Kiba und Shino ins Herrenbad. Das heißt, vier von uns scherzten und lachten. Shino gab sich wie immer schweigsam und geheimnisvoll. Und selbst als wir alle gar nichts oder nur noch ein Handtuch um die Hüften trugen und eifrig mit Abseifen beschäftigt waren, trug Shina Aburame noch immer seine Sonnebrille.
"Sag mal, muss das sein, Shino-kun?", fragte ich tadelnd. "Kannst du die Sonnenbrille nicht mal im Bad absetzen?"
Der Käferjunge sah zu mir herüber. "Natürlich kann ich das. Aber sie hilft mir dabei, mich zu konzentrieren, Sempai."
"Hm", sagte ich, ging zu ihm herüber und stellte mich neben ihn. "Das musst du mir näher erklären. Das klingt interessant."
"Gerne doch, Mamoru-sempai." Er saß auf einem der typischen Plastikhocker, wie es sie vor öffentlichen Bädern zuhauf gab. Unverwüstlich, leicht sauber zu halten, aber selten hoch genug für mich. Ich stapelte meistens zwei ineinander.
Shino hob die rechte Hand, und fasziniert sah ich dabei zu, wie an seinem rechten Oberarm ein Käfer direkt aus der Haut zu entstehen schien. Das Tier kletterte zum Ellenbogen runter, dann den Unterarm hinauf, bis er auf dem Zeigefinger verharrte.
"Äh", sagte ich irritiert und deutete auf seinen Unterarm.
"Ein für uns Aburame vollkommen natürlicher Vorgang. Wir steuern die Öffnung unserer Brut- und Depottaschen willentlich. Es hat etwas vom beschleunigten Heilen eines Medi-Nin."
"Ich hätte mit großen Löchern im Körper gerechnet. Ich habe mich schon gefragt, wie du da baden willst, ohne deine Käfer zu ertränken", lachte ich gespielt. "Aber das erklärt ja einiges. Hast du keine Angst, dass..."
"Dass mich die Käfer eines Tages von innen heraus fressen?" Seine Miene verzog sich zu einem kaum merklichen Lächeln. "Eher weniger. Käfer sind klüger als die meisten Menschen, glaube ich. Einerseits ernähren sie sich hauptsächlich von meinem Chakra, und andererseits sind sie zu klug, um ausgerechnet ihrem Wirt und sicheren Rückzugsort zu schaden."
"Ja, das leuchtet ein." Menschen waren da definitiv weit unvernünftiger. Beinahe wurde ich neidisch auf sein symbiotisches Verhältnis zu den Käfern.
"Weißt du, Sempai, zwischen den Käfern und mir besteht eine Verbindung. Eine intensiver Verbindung. Der ganze Staat steht unter meiner Kontrolle, so wie er mich kontrolliert, um perfekte Lebens- und Brutumstände für ihn zu schaffen. Ich kontrolliere direkt, und er unterschwellig."
"Wie sieht diese unterschwellige Kontrolle aus?", fragte ich interessiert.
"Die Käfer mahnen mich, nicht zu sterben."
"Oh, das klingt logisch."
Der Käfer auf Shinos Fingerspitze breitete die Flügel aus und flog davon. "Ich teile mit meinen Tieren die Sinne", erklärte der Käferjunge. "Ich sehe was sie sehen. Rieche was sie riechen. Fühle was sie fühlen. Wenn ich also einen meiner eigenen Sinne minimiere, in diesem Fall meine Sehkraft, bin ich empfänglicher für die Sinneseindrücke der Käfer. Wir... AUTSCH! WAS SOLLTE DAS DENN, SEMPAI?"
Ärgerlich stand ich neben ihm, die Hand noch immer vom Schlag durchgeschwungen. "Wenn das so ist, mein lieber Freund, dann ruf besser sofort den Käfer zurück! Der fliegt nämlich ins Frauenbad rüber!"
"W-warte, Sempai! Käfer sehen vollkommen anders als wir! Ich könnte gar nicht, auch wenn ich wollte, bei den Frauen..."
"Dann macht es dir ja erst Recht nichts aus, ihn zurück zu rufen, oder?"
Shino seufzte ergeben. "Ja, ja. Schon verstanden." Der Käfer kam zurück und verschwand wieder in der versteckten Tasche an seinem Oberarm.
"Gut. Und weil du so gehorsam warst, wasche ich dir auch den Rücken."
"Ein Packen Eis für meine Beule wäre mir lieber", murrte Shino.
"Als Ninja nimmt man was man kriegen kann. Merk dir das, Shino-kun."
"Und das ist eine Rückenwäsche vom Anführer? Grandios. Was bin ich doch für ein Glückskind."
Ich beugte mich weit genug nach vorne, um ihm ins Gesicht zu sehen. "Ich könnte dich auch alternativ rüber zu den Mädchen werfen und abwarten, was passiert", zischte ich.
Der junge Genin wurde bleich. "Rücken waschen ist eine tolle Idee, Sempai."
"Na also", brummte ich zufrieden.
Derweil ging Kaminari als Erster nach draußen. "Soll ich die Tür auflassen? Kalt ist es ja nicht!"
"Nein, mach sie lieber z...", begann ich, aber es war bereits zu spät. Wir hörten bereits die ersten Gesprächsfetzen aus dem Frauenbad.

"Kyahhh! Du bist also Hinata-chan? Ooooh, du hast so vornehm blasse Haut. Und sie ist so weich und zart..."
"Ah! Nicht da... Ah!"
"Nun lass das arme Mädchen doch mal zu Atem kommen, P-chan!"
"Gut, wenn du meinst, Hana-chan..."
"Ich habe ihr nämlich versprochen, sie einzuseifen! Und ich stehe zu meinem Wort!"
"Ah! S-sempai...! Da bin ich kitzlig..."
"Wo denn, wo denn? War das hier?"
"AH! Du bist gemein, Sempai!"
"Ach! Du darfst mit Hinata-chan spielen, und ich darf es nicht? Hinata-chan, ich wasche dich vorne. Oh, du hast aber schon eine schöne Oberweite für dein Alter. Und sie haben eine so tolle Form... Ach, da werde ich glatt neidisch."
"Ahhhhhh! AH! P-perine-sempai, das... Das musst du aber nicht. Du hast so wundervolle Brüste, und sie... MGLMMMMMM!"
"Oh, danke, Hinata-chan, du bist so nett und artig und lieb! Ich könnte dich drücken, drücken, drücken..."
"Lass ihr dabei noch ein wenig Luft zum Atmen, ja?"
"Oh. Glatt vergessen. Gut, dass du es sagst, Hana-chan. Entschuldige, Hinata-chan."
"Sch-schon gut. Und sie sind so herrlich weich..."
Ich schlug mir beide Hände vors Gesicht. Das machten sie absichtlich! Das machten die Mädchen definitiv absichtlich! Da hatte ich keine Zweifel dran, nicht den Geringsten! Ich hatte es erwartet, und ich war bestätigt worden. Fehlte nur noch, dass...
"Ikuko-chan, kannst du mir helfen? Ich wasche dir dann auch den Rücken."
"Aber natürlich, Karin. Ohohoho, was fühle ich denn da? Hast du wieder zugelegt? Die passen ja gar nicht mehr in meine Hände, Schätzchen. Wie hast du das denn gemacht? Eifrig Milch getrunken für unseren Mamo-chan?"
"Lass den Quatsch. Das ist nicht mein Rücken. Soll ich mich vielleicht revanchieren bei der einzigen Frau, deren Oberweite Tsunade-sama gefährlich werden kann?"
"Psst! Karin, wenn die Männer das hören, wenn Mamo-chan das hört!"
"Das hättest du dir besser vorher überlegen sollen. Oh ja, die sind schön groß und weich. Man mag kaum glauben, dass du mit diesen Gewichten vorne einen ordentlichen Step machen kannst, ohne dauernd vornüber zu fallen."
"Das kitzelt."
"Soll ich aufhören?" "Das habe ich nicht gesagt, Karin..."

Kaminari schloss die Tür wieder und damit die Stimmen der Mädchen aus. "Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich brauche jetzt eine kalte Dusche", sagte er trocken, setzte sich an den nächsten freien Platz und brauste sich eiskalt ab.
Inari lachte laut. "Tja, verheiratet muss man eben sein, dann ist einem dieses Gerede vollkommen egal! Hahahahaha!"
"Dann hast du ja sicher nichts dagegen, jetzt mit ins Bad zu kommen", sagte Kaminari. "Dazu musst du aber aufstehen."
"Oh, das ist gerade etwas ungünstig."
"Ja, verstehe. Verheiratet sein und über den Dingen stehen."
Ein derber Fluch entrang sich Inaris zusammengepressten Lippen.
Kiba, der gerade seinen Hund eingeseift hatte, sah erstaunt auf. "Ist irgendwas? Ihr wirkt alle irgendwie angespannt."
Ich sah zu Ryu rüber, der warf Inari einen Blick zu, dieser sah Shino an, und der unterdrückte ein Prusten. Wir lachten alle gemeinsam auf.
"Nichts, nichts, es sind nur die Mädchen. Die scheinen sich drüben köstlich zu amüsieren."
"Na wenn das so ist", begann Kiba und brauste seinen Hund gründlich ab, "dann sollten wir das auch tun, oder? Ab ins heiße Wasser!"
"Wo er Recht hat, hat er Recht", sagte ich amüsiert und spülte Shinos Rücken ab. "Also, auf ins Bad."
Der Plan war simpel und einfach. Wenn wir selbst genügend Lärm machten, konnten wir die störenden Kommentare der Frauen vielleicht ausblenden. Das klappte nicht immer, vor allem nicht mehr nach meinem Geständnis, aber ab und an funktionierte es. Dumm nur, dass es diesmal überhaupt nicht funktionieren musste.

Als wir in das herrliche Außenbad traten, das gerade von der warmen Nachmittagssonne beschienen wurde, waren wir noch bester Dinge. Zumindest bis zu dem Augenblick, als ich sah, dass bereits jemand die heiße Quelle genoss. In Verbindung mit einer kleinen Flasche Sake. Das war nichts Ungewöhnliches.
Ich kannte den Mann. Das war auch nichts Ungewöhnliches.
Aber das wo und wann war entscheidend.
"AH!"
Aufmerksam geworden sah er zu mir herüber. "Ah, Morikubo-sama! Groß sind Sie geworden. Ein richtig feiner Kerl!"
Das war eine irritierende Antwort, vor allem, wenn man die Umstände betrachtete, unter denen ich ihn kennen gelernt hatte. "AH!"
Der große, vierschrötige Bursche, grinste mich an. Mit einem Mund voller falscher Zähne, die allerdings so gut gearbeitet waren, dass es schon meiner Erinnerung an einen Haufen schwarz verfaulter Stumpen bedurfte, die ich zuvor in diesem Mund gesehen hatte. "Ah?"
Bedächtig erhob sich der Mann. Zugegeben, er sah besser aus als vor knapp vier Jahren, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Ziemlich betrunken, alkoholkrank und schmutzig, speckig, schmierig. Und er hatte sich ein neues Gebiss geleistet. Das warf doch einige Fragen auf, immerhin hatte ich ihn das letzte Mal als Anführer von vier ähnlich abgerissenen Straßenräubern kennen gelernt, die uns gegen Sex hätten passieren lassen... Und mich mit einem Mädchen verwechselt hatten!
Langsam spürte ich die alte Wut wieder hoch kochen.
"Beruhigen Sie sich, Morikubo-sama", sagte er hastig, als er meine zitternden Hände sah. "Ich bin Ihr Auftraggeber!"
"Was?", rief ich erstaunt.
"Was?", kam es vom Zaun, der das Frauenbad vom Männerbereich trennte.
Erschrocken fuhr der Bursche zusammen und verkrampfte sich um das Handtuch in seinem Schritt. "Ah! Nicht gucken!"
Hanako, die über den Zaun schaute - oh, welch ein Déjà-vu - wurde rot und verschwand wieder hinter dem Holz. "I-ich habe nur geschaut, weil Mamo-chan so geschrien hat! Ich wollte nicht schmulen! Und überhaupt, kenne ich dich nicht irgendwoher, Onkelchen?"
Entsetzt riss ich die Augen auf. Was irritierte mich mehr? Dass Hana-chan dem Burschen einen Kosenamen verpasst hatte, oder dass er nach eigener Aussage unser Auftraggeber war?
"Wie gesagt", setzte er erneut an, "ich kann alles erklären!"
"Na, da bin ich aber sehr gespannt."

"Als ich Morikubo-sama getroffen habe, da war ich sehr betrunken gewesen. Ich war damals ein Ronin, ein herrenloser Soldat, ohne Weg, ohne Ziel. Der einzige Lebenszweck, den ich und meine Leute hatten, war, auf der Straße ein paar Ryou für die nächste Ladung Alkohol abzupressen. Und, ich gebe es zu, auch wenn es keine Ruhmeszeit für mich war, wir erpressten auch, wann immer es ging, ein paar sexuelle Gefälligkeiten. Nun, das machten wir, zumindest bis wir auf Morikubo-sama und seine Konoha-Gruppe trafen. Ich weiß nicht mehr alles, es ging so furchtbar schnell, aber eines weiß ich noch: Ich hatte Sterbensangst. Noch nie in meinem Leben hatte ich so deutlich gefühlt, dass der Tod nur eine falsche Bewegung entfernt war. Und dennoch konnte ich jedes Wort deutlich verstehen, das Morikubo-sama zu mir gesagt hat. Sie haben sich mir eingebrannt.
Er sagte zu mir: Deine Männer haben heute eine kluge Wahl getroffen, die dein Leben gerettet hat.."Vielleicht solltest du jetzt eine gute Wahl für sie treffen, und darüber nachdenken, sesshaft zu werden, denn irgendwann werdet Ihr beim Raub auf der Straße auf einen Gegner treffen, der nicht so nachsichtig ist wie ich. Und dann sterben sie. Er, er, er, er... Und dann du."
Der große Mann lachte und wirkte auf einmal wesentlich sympathischer als damals. "Tja, das habe ich dann auch gemacht. Zwei von uns wollten sich weiter als Straßenräuber versuchen, und ich weiß nicht, ob sie überhaupt noch leben. Die anderen beiden, Kim und Yoshi, gingen mit mir. Wir beschlossen, mit dem Trinken aufzuhören und einen Ort zu suchen, an dem es sich leben lässt.
Es ist wohl verständlich, dass man uns wegen unseres abgerissenen Äußeren und wegen unserer Schwerter nirgends viel Vertrauen entgegen brachte, und das wir meistens nur geduldet waren, und das auch nicht für lange Zeit.
Also beschlossen wir, unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Ich kannte ein Tal, fruchtbar, aber verlassen, in einer Senke zwischen Hügeln mit einem großen Fluss in der Nähe. Es war während des Ninja-Weltkrieges verwüstet worden, und die Bewohner hatte man vertrieben oder getötet. Seither hieß es, dass dort böse Geister leben, und das man sich eine tödliche Krankheit holt, wenn man in den alten Hütten übernachtet. Aber was hatten wir schon zu verlieren?
Wir zogen in dieses Tal, setzten für jeden eine Hütte instand, beseitigten die Überreste des Ninja-Krieges, die noch immer zu finden waren, also Skelette der Toten und vereinzelte Spreng-Tags. Und dann begannen wir, die Reisfelder zu reparieren."
Er machte eine Pause, setzte sich wieder ins Wasser. Und ich und die Jungs setzten uns ebenfalls. Herrlich warmes Wasser umspülte mich. Immerhin.
"Wisst Ihr, Menschen sind eine merkwürdige Spezies. Sie mieden das fruchtbare Tal, weil sie Geister und die Toten fürchten. Aber kaum lebte dort wieder jemand, kamen auch die Menschen wieder. Wie kleine Tropfen, nach und nach, sickerten die Menschen zu uns, setzten sich die Häuser instand, halfen auf den Feldern. Und aus den Tropfen wurde ein Schluck, aus dem Schluck mehrere Schlucke. Und schließlich mussten die Neuankömmlinge neue Häuser bauen, weil die alten belegt waren. Bevor ich mich versah, war der ganze Ort wieder zum Leben erwacht, und das Erntefest hielten wir schon mit dreihundert Menschen ab.

Und das war erst der Beginn. Wir überstanden den harten Winter dank der fruchtbaren Felder und der nahen, von Jagdwild überquellenden Wälder, der Nähe zum fischreichen Fluss und zum Meer. Anderen Dörfern erging es nicht so gut, und als freundliche Nachbarn teilten wir, was wir entbehren konnten. Wir hatten im Überfluss, und wenn nicht ich, wer sonst hätte sagen können, wozu Menschen in der Not oder aus Neid fähig waren? Im Sommer waren wir schon fünfhundert, dann sechshundert im Herbst. Wir waren eine gut funktionierende Gemeinschaft geworden, die prosperierte und wieder eine überreiche Ernte einfuhr. Und so gut wie es uns ging, erhob bald der Daimyo Anspruch auf den wiederentstandenen Ort. Ein widerlicher Typ, der uns aber für seinen Zehner an der Ernte in Ruhe lässt. Und weil der Bursche auch nicht zu mehr taugte, erlebten wir zur dritten Ernte den ersten Angriff der Banditen."
Er schwieg, schenkte sich nach und leerte den kleinen Becher auf einen Schluck. "Bereits vor der ersten Ernte habe ich eine Frau genommen. Nein, das ist nicht ganz richtig. Sie hat sich mir aufgedrängt. Sie meinte, ein starker Anführer bräuchte auch eine starke Frau, und bevor ich mich versah, stand ich unter dem Pantoffel. Ja, das mit dem Anführer hat mich auch irritiert. Aber die Menschen in meinem Ort waren nur zu gerne bereit, mich mit den Abgesandten des Daimyo sprechen zu lassen, mich die Bürokratie erledigen zu lassen, da ich als ehemaliger Unterführer der Bushi, der Krieger meines alten Herrn, die meiste Ahnung davon hatte. Davon, und von den kleinen, konservativen, ehrgeizigen und gierigen buckligen Kreaturen, die man uns schickte, damit sie die Steuern taxierten. So wurde ich Ortsvorsteher, und Kim und Yoshi wurden meine Leutnants.
Als die Banditen kamen, wäre Yoshi beinahe getötet worden, weil man sein altes Schwert in seiner Hütte gefunden hatte. Ich flehte um sein Leben, und letztendlich ließen sie ihn leben. So wie sie uns leben lassen. Sie nehmen nicht viel, wenn man die große Ernte betrachtet, die uns die vielen Felder ermöglichen, die uns der gute Boden ermöglicht. Nur gut einen Zehnten, so wie der Daimyo. Das können wir verkraften. Dafür müssen wir keinen Streit anfangen und die Leben meiner Leute riskieren. Aber sie kündigten an, dieses Jahr wieder zu kommen. Und sie haben im letzten Jahr..." Er stockte, füllte sich Sake nach und trank ihn wieder in einem Schluck weg. "Sie haben im letzten Jahr nicht nur Reis, Gemüse und Obst im Wert eines Zehnten gestohlen. Sie haben auch junge Leute entführt. Vier Jungen und sechs Mädchen haben sie mitgenommen. Und als eine Mutter ihr Kind nicht gehen lassen wollte, haben sie sie getötet."
Das Keramikgefäß in seiner Hand zerbrach, als er stark genug zudrückte. "Ich wollte mein eigenes Schwert holen, aber Yoshi hielt mich auf. Zu Recht, denn was hätte ich alleine gegen fünfzig gut organisierte und gut bewaffnete Krieger tun sollen?"
Langsam, beinahe bedächtig, zog er sich eine Scherbe aus der blutenden Wunde im Handballen. "Den Reis können wir verschmerzen. Wir verkaufen den Überschuss ohnehin auf dem Markt oder verteilen ihn an Ortschaften, die nicht so gut geerntet haben. So etwas erhält die Freundschaft und mildert den Neid. Aber das Leid der Familien, die entführten Kinder, das kann ich nicht hinnehmen. Also habe ich das Geld genommen, das wir mit unseren Überschüssen verdient haben, um nach einer militärischen Lösung zu suchen. Der Daimyo war wie erwartet keine Hilfe. Solange er seinen Anteil kriegt, sind die Räuber unsere Sache. So waren seine Worte. Kirigakure wäre eine Anlaufstelle gewesen. Aber man sagt von ihnen, dass sie zur Abschlussprüfung ihre besten Freunde töten müssen, und solche Bestien hätte ich nicht gerne in mein Dorf gelassen. Blieb mir nur noch eines, den einzigen Ninja anzufordern, den ich kenne. Der mein Leben verändert hat. Der viele Leben verändert hat. Mamoru Morikubo-sama, Sie sind der Mann, dem ich mein volles Vertrauen schenke. Sie sind der Mann, den ich beauftragen kann mit der Vernichtung der Banditen und der Rettung unserer Kinder beauftragen kann."

"Hm", machte ich.
"Und es soll Ihr Schaden nicht sein, Morikubo-sama. Zusätzlich zu dem, was ich bereits dem Hokage bezahlt habe, werde ich..."
"Ruhig, Onkelchen. Das war kein ablehnendes Hm, sondern ein nachdenkliches", klärte Inari den ehemaligen Ronin auf. "Hinter Mamo-chans Stirn pocht schon die erste gute Idee." Der Medi-Nin klopfte mir auf die Schulter. "Nicht wahr, Herr Chunin?"
"Lass den Quatsch", erwiderte ich. "Ich denke."
Zum Älteren gewandt sagte ich: "Danke für diesen Respekt mir gegenüber. Aber da bleibt eine wichtige Frage."
"Ja, Morikubo-sama?"
"Wie heißen Sie überhaupt?"
"Genta."
"Genta?"
"Genta."
"Kein Familienname?"
Er grinste mich an. Ja, das war doch ein erheblich besserer Anblick als die schwarzen, abgekauten Stummel. "Kein Familienname. Keinen, den ich verraten möchte."
"Es tut ja auch nichts zur Sache. Eigentlich." Nachdenklich massierte ich meinen Nasenrücken. "Und diese gut ausgebildeten Räuber, fünfzig an der Zahl, haben versprochen, wieder zu kommen? Dieses Jahr zur Ernte, um ihren Anteil zu nehmen?"
"Und um eventuell weitere Kinder zu rauben. Letztes Jahr war keines unter vierzehn Jahren unter den geraubten Kindern. Dieses Jahr sind fast zwanzig Kinder über diese Schwelle getreten."
Ein dünnes Lächeln umspielte meine Lippen.
"Oho, jetzt hat er nicht nur eine Idee, sondern auch noch einen Plan", sagte Ryu. "Die armen Räuber."
"Nein, es ist nur eine Idee. Noch. Sagen Sie, Genta, wie viele Leute wissen bei Ihnen Zuhause, dass Sie Konoha-Shinobi angeheuert haben?"
"Und Kunoichi!", rief Hanako von der Damenseite entrüstet.
"Und Kunoichi."
"Nur ich und meine beiden Leutnants. Ich wollte es nicht an die große Glocke hängen, nur für den Fall, dass einer der neuen Dorfbewohner einen Nebenverdienst hat, oder jemand nicht die Klappe halten kann." Er kratzte sich ausgiebig am Haaransatz. "Wieso? Ist das wichtig?"
Nun musste ich grinsen. Jetzt war aus der Idee ein Plan geworden.

Nach dem ausgiebigen Bad kam das Essen dran. Natürlich wurde unser Arbeitgeber, der für unsere Dienste bereits bezahlt hatte, eingeladen. Und genauso natürlich übernahm ich als Gruppenleiter den Vorsitz. Genta saß mir gegenüber, und Team acht hatte die von mir aus gesehene linke Seite des Tisches eingenommen. Das temporäre Team saß rechts von mir, Hinata ergänzte Team acht als Leiterin, Karin hatte die Leitung von Kaminaris Mannschaft übernommen. Und P-chan... P-chan hatte sich mit temporärer Duldung meiner beiden Mädchen rechts von mir platziert, um mir in manierlicher, nicht aufdringlicher Art nachschenkte. Da ich im Einsatz war, trank ich nur Tee, um meine Fähigkeiten nicht zu beeinträchtigen. Ich hatte nie genug Resistenz gegen Alkohol entwickelt, um einen Abend durch zu trinken und am nächsten Morgen kampfbereit zu sein. Nicht, dass ich damals zu großartigem Konsum geneigt hätte.
Während das hervorragende Essen serviert wurde, das meiner Meinung nach das teuerste Restaurant Konohas locker in den Schatten stellte, plauderten wir noch recht belanglos über dieses und jenes. Aber nachdem wir unter uns waren, und Ikuko mir nickend zu verstehen gab, das sie auf heimliche Lauscher achtete, widmeten wir uns dem Thema.
Zuerst verschaffte ich mir einen Überblick über die Topographie, also Geländemerkmale wie Flüsse, Seen, Straßen, Felder und Wälder. Dass das Meer in der Nähe war, merkte ich mir auch. Nach der erfolgreichen Mission hatten wir vielleicht die Gelegenheit für ein Picknick und einen Badetag am Strand. Anschließend verschaffte ich mir einen Überblick über die Dorfbewohner, soweit mir Genta dabei assistieren konnte. Was er mir sagte, war nicht wenig. Und es erklärte, warum er unangefochtener Dorfvorsteher war. Es wäre wirklich eine Schande gewesen, wäre dieser Mann bei einem Straßenüberfall an den Falschen geraten und elendig verreckt. Seine Entschlossenheit, die Seinen zu beschützen, gab schließlich auch den Ausschlag für mich, die Geschichte vor der Chunin-Prüfung zu den Akten zu legen und ihm zu verzeihen. Und mich mit aller Kraft für diese Mission einzusetzen.
Dann ließ ich mir so viel wie möglich von den Angreifern schildern. Wie sie aufgetreten waren, was sie getan hatten, wie sie gesprochen hatten. Als Genta eine schweigsame, schwarzhaarige Frau erwähnte, die das Geschehen aus dem Hintergrund gelenkt hatte, schlug für einen Moment mein Maria-Radar an, aber ich schob den Gedanken als unwahrscheinlich beiseite. Wenn sie noch lebte, war sie sicherlich nicht im Reich des Wassers zu finden.
Schließlich zeichnete sich ein recht ordentliches Bild vor mir ab. Vor allem als ich erfuhr, warum die umliegenden Dörfer meistens im Winter unter Mangel litten.

"Alles in allem sieht es so aus, als sollte dein Ort abgemolken werden. Vorsichtig, allmählich, um den Menschen die Illusion zu lassen, dass es immer noch ein lebenswerter Platz ist. Dabei steigern die Räuber ihre Begierden mehr und mehr, und anschließend ist eine Ruine übrig wie jene, die dein Dorf einst war."
Ryu nickte zustimmend. Er hatte Erfahrung auf diesem Gebiet, allerdings von der anderen Seite aus. "Und deshalb sollten wir das Übel an der Wurzel ausreißen, anstatt die Symptome zu bekämpfen."
"Und wie wollen wir das machen?", fragte Karin.
Ich grinste so breit ich konnte. "Shino, klapp doch bitte mal deinen Kragen herunter und setz die Sonnenbrille ab. Danke. Jetzt versuch mal zu läch... Okay, ich glaube, das können wir überspringen. Ikuko, wer soll dein Mann sein? Ryu, oder lieber Inari?"
"Hä? Mein Mann? Warum machst du den Job nicht, Mamo-chan?"
"Hey!", kam es entrüstet von Hanako.
"Weil man mir bei meiner Körpersprache einen Dreißigjährigen auch mit einem Henge nicht abnehmen würde. "
"Was planst du schon wieder, du listiger kleiner Teufel?", fragte Ikuko.
"Ist doch vollkommen logisch!", meldete sich Kiba zu Wort. "Da niemand im Dorf weiß, das wir kommen, können wir uns als Neusiedler einschleusen und uns entführen lassen. Das wird uns automatisch zur Quelle führen, oder, Akamaru?"
"Wuff!"
"Gut mitgedacht, Kleiner. Also, wer darf es sein, Ikuko-chan? Der reife, sensible und rücksichtsvolle Inari Asa, oder der draufgängerische, energiegeladene und wilde Ryu Kaminari?"
Ikuko warf den beiden spöttische Seitenblicke zu. "Da nehme ich lieber Inari. Ryu ist mir doch etwas zu wild."
"Hey!", kam es von Ryu.
"Hat da deine Frau nichts gegen?", fragte Karin trocken.
"Wir werden doch wohl nur so tun als ob, oder?", fragte Inari erschrocken. "Und davon abgesehen, ist es ja die Mission, oder?"
"Natürlich werdet Ihr nur so tun. Und Shino wird euren Sohn mimen. Und, hm, da du, mein lieber Inari, blond bist, ist auch die Stelle für die große Schwester schon vergeben. Hanako, darf ich dir deinen neuen kleinen Bruder vorstellen?"
"Na, welche Ehre. Aber ich biege ihn mir schon noch zurecht, meinen kleinen Bruder."
"W-warum hast du mich oder Kiba nicht ausgewählt?", fragte Hinata aufgeregt. "I-ich hätte das auch geschafft! Ich bin eine Kunoichi Konohas, und... Und..."
"Weil wir nicht alle das Dorf infiltrieren werden. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, dich und Shino die Geschwister spielen zu lassen. Aber Ihr seid euch für Zwillinge nicht ähnlich genug. Da fiel meine Wahl eben auf einen meiner Leutnants."
Ich grinste Ikuko frech an. "Los, mach mir mal die Enddreißigerin."
"Na warte, das kriegst du wieder", murrte sie, machte die Handzeichen und verwandelte sich. Übergangslos saß ein graues Mütterchen an ihrem Platz, reichlich faltig und zudem zahnlos.
"Ich sagte: Enddreißigerin. Nicht Endachtzigerin."
"Du bist heute nicht leicht zufrieden zu stellen, Mamoru-sama", murrte sie und verwandelte sich erneut. Ikuko war Mitte zwanzig. Für ihre klischeehafte Rolle als Mutter musste sie nur ihre Haut ein wenig strapazierter machen, ein wenig Schatten unter die Augen legen und über ihrem Mund die Wangenfalten vertiefen. Auf diese Weise war sie immer noch ein hübsches Ding, aber eben ein älteres hübsches Ding.
"Okay, Inari, du bist vierzig. Zeig uns das doch mal."
"Ich will es versuchen", murmelte er und benutzte Henge.
Für die Verwandlung hatte er sein Gesicht aufgedunsen. Die Nase war knallrot, und dicke Tränensäcke prangten unter den Augen. Zudem trug er jetzt einen blonden Vollbart.
"Inari, ich wollte einen mittelalten Mann. Keinen mittelalten Säufer."
"Aber woher soll Ikuko-chan dann die Augenringe her haben, wenn ihr Mann nicht säuft?", fragte er keck.
"Na meinetwegen. Wir bauen hier ja keine Musterfamilie." Ich grinste noch immer, als ich in die Runde sah. "Ziel der Mission ist es, dass Shino und Hana-chan entführt werden. Wir werden einen von Shinos Käfern behalten. Er soll uns an den Ort bringen, zu den sie verschleppt werden. Sollte euch Gefahr drohen, kannst du, Hana, dich mit deinem Körperübernahme-Jutsu verteidigen. Und du, Shino, bist ja immer voll bewaffnet. Aber in diesem Fall bevorzuge ich doch, dass Ihr euch unauffällig wehrt, und genauso unauffällig verschwindet. Wir werden euch mit ein paar Stunden Abstand folgen, um unsere Gegner nicht misstrauisch zu machen. Ikuko, Inari, Ihr stoßt für diesen Teil der Mission natürlich wieder zu uns."
"Das ist viel Aufwand. Und das nur, weil wir die Gelegenheit dazu haben?", fragte Ryu.
"Nein. Das Reich des Wassers hat ein Ninja-Dorf. Entweder rechnen unsere Räuber damit, oder sie haben selbst Ninjas dabei. Durch Shinos Kunst müssen wir sie gar nicht verfolgen. Wir müssen ihnen einfach nur folgen. Damit sollten wir Shinobi ebenso aushebeln wie Maßnahmen gegen Shinobi."
"Und was macht Ihr in der Zeit?", fragte Inari.
"Na, was wohl. Wir bleiben in Sichtweite in einem guten Versteck und greifen notfalls ein, falls die Situation eskaliert."
"Warum machen wir sie nicht einfach gleich platt?", hakte Ryu nach.
"Weil wir auf diese Weise vielleicht die Möglichkeit verlieren, die Entführten zu finden. Das ist der Plan. Das heißt, das wird der Plan sein, wenn unser Auftraggeber zustimmt."
Genta nickte ernst. "Das tue ich. Jedoch bitte ich um eine Änderung. Meine Frau hat... eine kleine Schwester. Sie ist noch keine vierzehn, sieht aber älter aus. Ich fürchte, das sie ebenfalls entführt wird. Ich... Würde es sehr zu schätzen wissen, wenn ihr jemand helfend zur Seite steht. Jemand, der mit entführt wird. Jemand, den ich auf meiner Reise getroffen habe und aus Mitleid mit nach Hause genommen habe."
"Na prima! Das kann ich doch machen!", rief Kiba aufgeregt. "Sagt nur wann und wo und wie, und ich lege los!"
"Äh, eventuell sollten wir jemanden nehmen, der weder durch seine Tätowierungen auffällt...", warf Genta ein.
"Die kann ich doch mit Henge verschwinden lassen!", protestierte der Hundejunge.
"...noch durch seine permanente Unruhe gleich beim Angriff von den Räubern erschlagen wird."
Ich ächzte auf. "Ich ahne, worauf Sie hinaus wollen, Genta, aber mich werden die Räuber stehen lassen."
"Ich bitte ausdrücklich darum, Morikubo-sama", sagte der Dorfvorsteher mit Nachdruck.
"Was denkt Ihr?"
Karin nickte. "Kein Problem. Ich führe das Backup-Team. Einem Käfer zu folgen dürfte nicht die Schwierigkeit sein. Außerdem sind drei Shinobi im Herzen des Feindes keine so dumme Idee."
"Und bei euch?"
"Ich habe nichts dagegen, mit dir in den Einsatz zu gehen, Mamo-chan", sagte Hanako. "Auch wenn wir getrennt bleiben, weil meine Mama sicher darauf besteht, dass ich mich nicht mit diesem Streuner abgebe, den Genta aufgegabelt hat."

Die anderen lachten leise. Mir war weniger zum lachen. Es machte mir durchaus klar, wie meine Rolle aussehen würde. Und ich würde sie nicht mögen. Anfangs sicherlich nicht.
"Also ist es abgemacht. Dann sollten wir mir zerrissene alte Kleidung besorgen, dazu einen Lastkarren und etwas alten Hausrat. Damit die Siedlungsgeschichte auch glaubwürdig klingt."
Meine Leute nickten. Gut, Unterstützung bei meiner Entscheidung war mir wichtig. Und ich hatte genügend Vertrauen in Karins Führungsqualitäten. Der Rest konnte von uns manipuliert, aber nicht bestimmt werden. Und ehrlich gesagt freute ich mich auf dieses Abenteuer.
"Zu gerne würde ich ja mitkommen", seufzte P-chan neben mir. Sie war den ganzen Abend äußerst manierlich gewesen, zurückhaltend und wohl erzogen. "Aber ich habe Pflichten, jetzt wo ich erwachsen bin. Vergiss nicht, mich zu beschwören, Mamo-chan, wenn du Ärger hast. Ich habe mich stark verbessert und kann mich jetzt auch in eine Waffe verwandeln. Du sollst der Erste sein, der mich führt."
"Wenn ich in mittelschweren Ärger gerate, der mich nicht dazu zwingt, Ranko-sama, Ranma-sama oder Dr. Tofu zu rufen, werde ich das auch tun. Und, wann musst du wieder zurück?"
"Morgen früh?", bot sie mit gesenkten Augen an.
"Perine!", rief Karin entrüstet. "Denk an den Pakt."
"War ja nur Spaß. Ich gehe, wenn Ihr schlafen geht, okay? Aber vergiss es nicht, Mamo-chan, das war ein Versprechen. Du rufst mich, wenn du Hilfe brauchst."
"Versprochen."
"Dann bin ich zufrieden."
Irgendwie wusste ich aber, dass es nicht leichter werden würde. Nichts spezifisches, sondern alles. Aber schließlich war ich freiwillig Shinobi geworden.
***
Damals

Meine Truppe war auf vierzehn Personen zusammen geschrumpft. Die Meisten hatte ich an Verletzungen und die Erschöpfung verloren. Ich selbst war ein erstklassiger Kandidat dafür. Zwei waren getötet worden, und da hatte Glück und die Hast der Oto-Shinobi eine wichtige Rolle gespielt.
Und der Rest, der mir zur Verfügung stand, war auch kurz davor, zu kollabieren. Da waren wir wohl alle nicht großartig anders.
Als wir die Grenze des Landes des Feuers erreicht hatten, hatte ich also zwei Tote und vierzehn Erschöpfte in drei Lagern auf unserem Weg zurückgelassen. Ich rechnete nicht damit, dass sie schnell wieder aufholen würden. Ich rechnete auch nicht mit Unterstützung aus Konoha, wo die Dinge sicherlich noch mehr drunter und drüber gingen als bei mir. Nicht jetzt, jedenfalls. Aber für den Moment reichte es mir, dass wir über zwanzig Gefangene gemacht hatten, die meisten von ihnen beim überraschenden Schlag gegen Otos Wiederaufmarschgebiet, in dem ich Maria wiedergetroffen hatte. Den Rest führten wir mit uns. Und die armen Oto-Nin - wenn mir die Sympathie für das Fußvolk Orochimarus vergeben wird - waren meistens schlimm verletzt und noch erschöpfter als wir. Immerhin lag der Angriff auf Konoha zwei Tage zurück, und kaum einer hatte mehr als das Nötigste geschlafen. Mehr als einmal hatte ich mit dem Gedanken gespielt, Ranko-senseis Soldatenpille zu schlucken. Doch Dr. Tofus Warnung hielt mich letztendlich davon ab.
Als wir nun die Landesgrenze erreicht hatten und der letzte Oto-Nin die Fersen in die Hand genommen hatte und verschwunden war, als ich alle aktuellen Aufträge abgearbeitet hatte, blieb mir nur noch unsere Gefangenen zu sichern, die erste Wache zu übernehmen, eine arme Sau zur zweiten zu verdonnern und einen etwas Glücklicheren die dritte Wache zu befehlen. Dem Rest befahl ich strikte Ruhe. Und die hatten wir auch alle dringend nötig. Unsere Chakra-Reserven waren katastrophal, unser körperlicher Zustand dementsprechend desaströs, und unser Schlafdefizit enorm.
Als ich schließlich nach anstrengenden vier Stunden Wache meine Ablösung weckte, dauerte es nur wenige Sekunden, bis ich eingeschlafen war. Zwölf Stunden hatte ich eingeplant, um die schlimmsten Defizite auszugleichen. Acht davon gönnte ich mir selbst. Es war ein tiefer, traumloser Schlaf der Erschöpfung, aus dem ich viel zu früh geweckt wurde.
Wie ich nach einigen Sekunden der Orientierungslosigkeit merkte, war es meine eigene Ablösung. "Tut mir leid, Mamoru, aber es ist wichtig", sagte Kaminari. "Ein Jounin ist angekommen. Er hat neue Befehle."
Wankend richtete ich mich auf. Erst die langwierige, kräftezehrende Aktion gegen die Banditen, dann der noch Kräfteraubendere Kampf gegen die Oto-Nin, und jetzt waren mir nicht einmal vier Stunden Schlaf vergönnt. Geschweige denn traumhafte acht. "Wie lange habe ich geschlafen?"
"Gut drei Stunden."
"Okay. Wen hat der Hokage geschickt?"
"Er... Er kommt vom Rat. Nicht vom Hokage. Der Hokage ist... Aber das soll er dir selbst sagen."
Irgendwas an Ryus Ton gefiel mir überhaupt nicht, aber ich war zu erschöpft, um lange drüber nachzudenken. Stattdessen suchte ich den Jounin, der knapp außerhalb unseres Verstecks wartete, bis ich zu ihm kommen würde, um die anderen nicht zu wecken.
Ich erkannte ihn wieder. Im ersten Moment hielt ich ihn für Hayate-sensei, doch ich erkannte meinen Irrtum schnell, als ich genauer hinsah. Genma Shiranui, Jounin für besondere Aufgaben.

"Shiranui-sempai", sagte ich, und ging mit immer sichererem Schritt auf ihn zu.
"Yo, Mamoru", begrüßte er mich und hob winkend eine Hand. Der Senbon, den er wie immer im Mund hatte, um darauf herum zu kauen, wechselte den Mundwinkel, während ich näher kam. Das wertete ich als Nervosität.
"Neue Befehle?"
"Erst einmal spricht dir der Rat von Konoha ein Lob aus. Du hast unter widrigen Umständen eine schwierige Mission erfüllt und bist an die Grenzen deiner Leistungsfähigkeit gegangen. Konoha weiß das zu schätzen."
"Danke. Wäre ich nicht so furchtbar erschöpft, würde ich es sicher mehr zu schätzen wissen."
"Wir alle sind erschöpft, Mamoru", sagte Shiranui tadelnd. "Aber meine Befehle werden dir hoffentlich gefallen. Du hast den Auftrag, nachdem du dir sicher bist, dass kein Oto-Nin mehr im Feuerland ist, mit deinen Leuten nach Konoha zurück zu kehren. Wir... Wir werden eine Expedition ausrüsten, die Otogakure vernichtet. Und du wirst dabei sein. Allerdings starten wir erst in fünf Tagen. Du und deine Chunin auf Probe haben also Zeit, sich etwas zu erholen, bevor es zur Sache geht. Und keine Sorge darum, dass die Oto-Nin diese Zeit nutzen werden. Wir haben mehrere Gruppen ANBU auf sie angesetzt. Sie stellen sicher, dass die Expedition die Oto-Nin auch finden wird."
Das klang annehmbar. Also eine Strafexpedition. Das klang gut.
"Suna hat kapituliert. Wir haben sofort einen Separatfrieden geschlossen, und sämtliche Gefangenen ausgetauscht. Die Toten werden ebenfalls nach Hause überführt."
Ich atmete erleichtert aus. "Dann sind Tooma und Lian bereits auf dem Weg nach Hause."
"Ja, das sind sie. Ich soll dich von ihnen grüßen. Dich und deine beiden Mädchen."
"Es sind nicht meine... Ach, ist ja auch egal. Gut, dann werde ich zurückkehren, sobald sich meine Truppe weit genug erholt hat. Hat es uns sehr schlimm getroffen? Ich habe gehört, ausgerechnet Orochimaru hat uns angegriffen."
"Ja, das ist korrekt. Wir... Der Sandaime wurde getötet."
"Was?" Für einen Augenblick fühlte ich den Boden unter meinen Füßen nicht mehr. Genauer gesagt verlor ich den Boden unter den Füßen und stürzte hart auf meinen Hintern. "Sensei", sagte ich mit schwacher, weinerlicher Stimme. Härter, wütender und vor allem drohender sagte ich: "OROCHIMARU!"
"Das ist noch nicht das Ende der schlechten Nachrichten. Die Schäden in Konoha sind weit weniger schlimm als erwartet. Aber wir hatten doch empfindliche Verluste. Du hattest empfindliche Verluste. Gekko wurde auch getötet, vor etwa vier Wochen. Wir vermuten, dass er der Konspiration von Suna und Oto auf die Schliche kam, aber ermordet wurde, bevor er sein Wissen weitergeben konnte. Es war ein Fuuton-Benutzer."
"Nein! Das kann doch nicht wahr sein. Vor vier Wochen schon? Warum hat mich niemand informiert? Und wie soll ich das Karin und Hanako beibringen?"
Ich weinte. Und ich schämte mich meiner Tränen nicht. Wahrscheinlich, weil ich viel zu müde war. Zu erschöpft.
"Es tut mir leid, der Überbringer der schlechten Nachrichten zu sein, Mamoru. Aber eine habe ich noch."
Nun begann ich zu zittern. Im Kampf hätte ich nie gezittert, wäre nie unsicher geworden. Aber hier und jetzt war ich hilflos, war den schlechten Nachrichten ausgeliefert. Im Kampf konnte ich mich wenigstens wehren. Ich konnte nur wie ein Mantra beten, dass meiner Familie nichts passiert war.
"Tetsuo wurde in seinem Erdversteck von Oto-Nin aufgespürt und getötet. Sie haben ihn fürchterlich zugerichtet. Wahrscheinlich aus Frustration und aus Rache für die misslungene Invasion."
Im ersten Moment war ich erleichtert. Es hatte keinen aus meiner Familie getroffen. Zumindest durfte ich das hoffen. Aber der Schock stellte sich trotzdem ein. Ich war für Tetsuo Anba verantwortlich gewesen. Er war getötet worden, und ich hatte es nicht verhindern können. "War es das jetzt mit den schlechten Nachrichten?", fragte ich mit tonloser Stimme.
"Wenn man mal von der Gesamtlage in Konoha absieht, dann denke ich schon." Shiranui reichte mir eine Hand, um mich wieder auf die Beine zu ziehen. "Du hast deine Befehle. Eine Einheit der regulären Armee übernimmt die Grenzverteidigung, bis wir Otogakure abgestraft haben. Wir erwarten nicht, Orochimaru aufzuspüren. Aber wir wollen Otogakure ein für alle Mal die Möglichkeiten nehmen, Ninjas auszubilden und gegen uns in den Kampf zu schicken."
Er stutzte für einen Moment. "Die Trauerfeier für Sarutobi-sama war heute morgen. Es tut mir leid, das wir keine Möglichkeit hatten, dich nach Konoha zu schaffen."
"Sch-schon gut. Ich... WIR werden das nachholen, wenn wir wieder in Konoha sind. Danke für die Nachrichten, Shiranui-sempai. Ich... Ich habe jetzt die schwere Aufgabe, die schlechten Nachrichten weiter zu leiten."
Er klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. "Wir alle müssen damit leben, dass der Sandaime tot ist. Aber für dich muss es noch mal so schwer sein. Damit bist du der einzige Kontraktträger mit dem Affenclan in ganz Konoha."
Wieder füllten sich meine Augen mit Tränen. Sarutobi-sama hatte mich dazu gemacht. Die Erinnerungen, sie drohten mich zu überwältigen.
Noch einmal spürte ich die tröstende Hand des Jounin auf meiner Schulter. "Ich muss wieder zurück. Kopf hoch, wie ein wahrer Shinobi Konohas, Mamoru."
Ich nickte leicht. Was blieb mir auch anderes übrig?

Als ich zu unserem Versteck zurückkehrte, sah ich in Kaminaris Augen, dass er bereits informiert war. Er hatte auch schon die anderen geweckt, sodass sie mir leidlich zuhören konnten.
"Wir haben neue Befehle. Wir kehren nach Konoha zurück, während ANBU und reguläre Truppen unseren Platz hier einnehmen. Natürlich nicht sofort. Uns wurde zugestanden, uns erst einmal richtig auszuruhen.
"Und dafür weckst du uns?", klagte jemand.
"Es kommt schlechter, keine Sorge. Suna hat kapituliert und Frieden geschlossen. In fünf Tagen startet eine Strafexpedition gegen Oto. Wer von euch Glück hat, wird daran teil nehmen."
Leises, zustimmendes Gemurmel, immer wieder unterbrochen durch ein Gähnen, klang auf.
"Der Angriff wurde von Orochimaru eingeleitet, wie wir schon wissen. Aber..." Ich zögerte, um das Unglaubliche nicht in den Mund nehmen zu müssen. "Aber der Hokage wurde beim Kampf gegen Orochimaru getötet."
Ungläubiges Gemurmel erfüllte die Luft. Sprachlose Genin sahen einander an, sahen mich an. "Mehr weiß ich auch nicht darüber", sagte ich ernst. "Ruht euch jetzt weiter aus. Bitte. Wir wollen alle nach Hause kommen und wieder einsatzbereit werden. Karin, Hanako, kommt bitte mit."
Ich trat mit den beiden erschöpften Mädchen aus dem Versteck, ging ein paar Schritte. Dann erzählte ich ihnen, was mir Shiranui-sempai über unseren Sensei gesagt hatte. Es war wenig genug gewesen.
Wie ich erwartet hatte, brach Hanako regelrecht zusammen, während Karin nur leise vor sich hin schluchzte. Ich umarmte die beiden, so gut ich es konnte, spendete ihnen Trost, so weit ich es vermochte. Und ich zog aus ihren verzweifelten Umarmungen selbst ein wenig Trost.
Nichts auf der ganzen Welt würde mich davon abhalten können, an der Strafexpedition teil zu nehmen, um meinen Teil dazu zu leisten, den Sandaime zu rächen. Nichts.

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30.11.2011 13:14 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Heute

Zwei Tage, bevor wir das Dorf erreichten, deckten wir uns mit einem alten Karren ein, dazu kam ein Ochse, der seine guten Jahre schon lange hinter sich hatte. Es wäre gnadenvoller gewesen ihn zu töten als ihn den Karren ziehen zu lassen. Vier saubere, aber gebrauchte Futons, etwas Hausrat und ein paar zusätzliche Decken vervollständigten das Bild der nicht ganz so armen Flüchtlingsfamilie. Ikuko und Inari trugen nun saubere graue Arbeiterkleidung, ergänzt durch eine weiße Schürze für sie; Hanako hatte als Perle der Familie einen alten Kimonomantel bekommen, der an mehreren Stellen unauffällig genäht worden war. Rot mit blauen und violetten Blüten, hoffnungslos überfrachtet und zwei Nummern zu klein, sodass selbst ihr mittelprächtiger Busen ein schönes Dekolletée bilden konnte. Shino trug die gleiche Kleidung wie Inari, aber um einiges schlampiger. Die rechte Seite seiner Jacke hing permanent herab, und seine ansonsten ausdruckslose Miene zierte nun mürrischer Trotz gegen alles und jeden. Im Gegensatz zu den anderen Familienmitgliedern hatte er auch keine Sandalen, die klassischen Getas, an, sondern lief barfuß. Er hatte mir mehrfach versichert, dass ihm das nichts ausmachte. Seine Haare waren nun das genaue Gegenteil von Hanas. Ihre waren gepflegt, gebürstet und spülten wie flüssiges Gold über ihre rechte Schulter und schmückten sie in einem Maße, das selbst den alten Mantel zu einem wertvollen Stück machte; er trug die Haare widerspenstig und fettig zu allen Seiten abstehend. Vom Konoha-Genin war nicht mehr viel zu sehen. Und ich fürchte, die Rolle machte ihm auch noch Spaß. Tatsächlich war Shino, wie ich später feststellte, ein exzellenter Schauspieler mit erstklassigem Timing.
Genta trug die gleichen Sachen, die er ohnehin trug. Saubere, gut gewebte Arbeiterkleidung, dazu weite Hakama-Hosen in der gleichen Farbe, Haare und Bart gut gepflegt, aber nicht geölt.
Ich selbst hatte mich an meine Rolle als Herumtreiber und Ausreißer angepasst. Der Kimono-Mantel, den ich trug, war von hoher Qualität, aber alt und mürbe. Ein Zeichen dafür, dass ich entweder in hohen Stand geboren worden war und ihn verloren hatte, oder einen Unglücklichen aus diesen Gesellschaftskreisen erfolgreich beraubt hatte. Ich war schmutzig, speckig und vollgestaubt, was vor allem daran lag, dass ich den Ochsen führte und den meisten Straßendreck abbekam. Die Jacke trug ich grundsätzlich nur bis zur Hüfte, dort war sie gebunden, und Oberteil und Ärmel hingen an mir herab, um meinen nackten Oberkörper zu präsentieren, der von alten Narben und frischen Wunden bedeckt war. Die Beine trug ich bandagiert. Die Bandagen selbst waren mit altem und neuem Blut verkrustet; ich hatte mir mit Inaris Hilfe ein paar plausible Verletzungen zugelegt, die zu einem stürmischen Vagabunden in meinem Alter passen sollten, aufgeplatzte Blasen und Risse von Dornen.
Meine Miene zierte stets ein joviales Lächeln, nichtssagend und meine wahren Gefühle verheimlichend. Ich ließ es offen, ob ich mich freiwillig angeschlossen hatte, oder ob Genta mich zu meinem Glück zwingen wollte.
Derart ausstaffiert reisten wir zu Gentas Dorf weiter, und es verwunderte nicht nur mich, dass wir tatsächlich nur zwei volle Tage brauchten, und keine fünf, wenn man unseren alten, mageren Zugochsen betrachtete.

Es war heller später Vormittag, als wir am dritten Tag nach unserer Verkleidung endlich den letzten Hügel überwanden, der uns von dem Tal trennte, in dem Gentas Dorf stand. Unwillkürlich suchte ich den Horizont nach Rauchwolken ab, aber die Banditen warteten wohl wirklich bis zum Ende der Ernte.
Wir kamen über den Hügel, und ich musste zugeben, ich war erstaunt und überrascht. Ich bin mir nicht sicher, was ich erwartet hatte. Jedenfalls nicht die unendliche Fläche der wohlportionierten Schachfelder, welches die Reisfelder bildeten, vom Fuß unseres Hügels links und rechts hinab, so weit man sehen konnte. Auf einigen Felder waren bereits die Arbeiten in Gang, und man brachte die Pflanzen ein. Das Dorf stand von uns aus gesehen in der Mitte, und über den Hütten - ich zählte fünfzig beim ersten Versuch - standen die Rauchsäulen der Kochfeuer. Die Geräusche einer Schmiede drangen ebenso zu mir herüber wie die charakteristischen Geräusche von Holzarbeiten. Gleich drei weitere Häuser waren im Bau. Und zwischen dem Gewusel im Dorf, den Arbeiten auf den Feldern, wuselten Dutzende Kinder beim Spiel umher.
Nicht ohne Stolz sah Genta auf das Dorf herab. "Mein Dorf", sagte er zufrieden. "Ihr Werk, Morikubo-sama."
"Akira", sagte ich mahnend. "Der Rotzlöffel, der dich beklauen wollte, alter Mann, und den du deshalb verdroschen hast. Anschließend hast du mich mitgenommen, weil ich so ein erbarmungswürdiges Würmchen bin."
"Na, was heißt hier erbarmungswürdig", sagte Ikuko zwinkernd. "Für dein Alter bist du jedenfalls gut entwickelt... Akira."
"Ach, das ist ja wieder typisch", klang Hanas kecke Stimme auf. "Mir verbietest du den Umgang mit diesem Tunichtgut, aber du selbst flirtest mit ihm... Mama. Sag doch auch mal was dazu... Papa."
Inari lachte aus vollem Hals. "Also, ich finde es mehr als gesund, wenn man sich für das andere Geschlecht interessiert. Jedenfalls solange man sich draußen Appetit holt und dann Zuhause isst. Nicht, Mama?"
"Na, du bist mir ja ein Schelm, Papa."
"Können wir uns bitte beeilen?", sagte Shino gequält. "Noch mehr davon, und ich muss mich übergeben."
"Gewöhn dich dran. Wir fangen ja gerade erst an", sagte ich eine Spur zu ernst. "Also, wollen wir?"
Genta nickte und setzte sich zu Inari in den Karren. Die Frauen setzten sich wieder hinten auf die Ladefläche und Shino trottete reichlich desinteressiert hinterher.
Ich zog und zerrte, bis sich der alte Ochse entschloss, dass es weniger nervig war, wenn er meinem Willen folgte anstatt weiter störrisch zu sein, da ich nicht bereit war aufzugeben.

Wir hatten noch nicht einmal die ersten Felder erreicht, als sich ein für meine Ohren merkwürdiger Ruf erhob. "Genta-sama!" "Genta-sama!" "Genta-sama ist wieder da!" "Und er hat neue Siedler mitgebracht!"
Schnell waren wir von den Menschen auf den Feldern umringt. Es waren hart arbeitende Leute in verdreckter Kleidung, aber sie war gut gepflegt. Und den wollte ich sehen, der bei der Reisernte sauber blieb.
Genta lachte bei diesen Worten. "Ich bin nicht ganz so weit gekommen wie ich wollte. Da habe ich die Shimadas getroffen. Ich dachte mir, sie würden ganz gut zu uns passen, und da sie sowieso gerade nach einem neuen Ort zum Leben suchten, habe ich ihnen unser Dorf vorgeschlagen."
Schnell hatte sich eine Schar junger Mädchen um den Karren geschart, die nicht mit Lob zu Hanas goldblonden Haaren zurück hielt. Auch einige der älteren Frauen waren entzückt, und einige tuschelten schon darüber, in welche Familie diese Schönheit wohl passen würde. Über das ärmliche Aussehen sagte keiner ein Wort, nicht einmal mit Blicken. Ich wusste, viele waren hier mit noch weniger angekommen, teilweise kaum mit genug Wäsche auf dem Leib. Arroganz hatte hier nur wenig Platz.
Shino war nun auch schnell umkreist von möglichen neuen Spielkameraden. Ironischerweise steigerte er durch seine gossenhafte Ablehnung der anderen Kinder das Interesse, und bevor ich mich versah, schien er zum Anführer der kleinen Horde aufgestiegen zu sein.

"Was haben wir denn hier?", fragte einer der Männer interessiert und deutete mit seiner Sichel auf mich.
"Ach, das ist nur Akira. Er wollte mich beklauen. Er musste raus finden, dass das nicht so einfach ist."
"Ach, ein Dieb also." Nun spürte ich zum ersten Mal bei diesen Menschen so etwas wie Abneigung.
"Ein erfolgreicher Dieb. Schau ihn dir an. Viel hungern musste er nicht", sagte ein Zweiter.
"Wenn wir ihn hart genug arbeiten lassen, wird ihm das die Flausen schon austreiben", sagte Genta grinsend. "Wisst Ihr, ich dachte, ein so junger kräftiger Mann sollte vielleicht eine gute Chance bekommen, statt irgendwann wegen Diebstahls im Gefängnis zu landen oder sogar gehängt zu werden. Darum habe ich ihn mitgenommen."
Trotzig sah ich in die Runde. Viele erwiderten meinen Blick. Sie hatten schon Schlimmeres gesehen als einen jugendlichen Dieb, der erwischt worden war. Meiner Rolle gemäß senkte ich den Blick, meistens kurz bevor mein Gegenüber zurückgezogen hätte. "Deine Freunde, Genta-san?", fragte ich mit hochnäsigem Ton in der Stimme.
Der Dorfvorsteher lachte laut. "Ja, das sind alles meine Freunde. Und du kannst dazu gehören. Wenn du willst. Wenn du dich anstrengst. Wenn du etwas leistest, wie wir alle."
Zustimmendes Gelächter erklang.
"Aber jetzt lasst uns weiter ziehen, sonst kriege ich Ärger mit Tsubasa."
Das schien ein einleuchtendes Argument zu sein. Die Menge öffnete uns einen Weg und ließ uns passieren. Shino fragte, ob er spielen gehen dürfte, und Ikuko ließ ihn gehen. Eine Entwicklung, die mich so sehr überraschte, das ich beinahe meine Maske aufgegeben hätte.
"Aber, aber", hörte ich eine ältere Frau entsetzt sagen. Sie hielt mich an und deutete an mir herab. "Nun seht euch seine Füße an. Junge, du bist ja vollkommen wund gelaufen. Und die Verbände sind so alt. Genta-sama, soll ich nachher ein paar Heilkräuter und frische Verbände bringen?"
"Danke, Mei, das weiß ich sehr zu schätzen. Der Junge führt den Ochsenkarren auch schon seit zehn Tagen. Aber er will sich nützlich machen, also habe ich ihn machen lassen."
Dies war mein Stichwort. "Es ist ja nicht so, als würde ich gar nichts können", sagte ich mit deutlichem Trotz in der Stimme.
Die Frau, die Genta mit Mei angesprochen hatte, lächelte mich nichtssagend an. Dachte ich zumindest Bis ich ihre warme, schwielige Hand auf meiner Wange spürte. "Ich glaube, du bist ein guter Junge, Akira. Du wirst es hier gut haben."
"Vielleicht zu gut", sagte einer der Männer, und die anderen lachten.
"Lass sie nur reden", sagte sie zu mir und ließ, ungesehen von allen anderen, etwas in meiner rechten Hand verschwinden.
Als wir die Menge passiert hatten, sah ich nach. Es war Reisgebäck. War ich ihr hungrig erschienen? Oder hatte Tante Mei nur nett sein wollen? Mein Gefühl, diesen Ort betreffend, verstärkte sich. Dieser Ort war ein gutes Zuhause für gute Menschen.
Ich biss in die Teigtasche. Sie war süß, klebrig und mit Bohnenmus gefüllt. Ein interessanter Snack, den es auch in Konoha gab.

Der Karren fuhr durch den Ort und wurde wieder von Menschen umringt, die wissen wollten, wie denn Genta-samas Reise gewesen war und wer die Menschen waren, die er mitgebracht hatte.
Wieder wurde ich als Dieb vorgestellt, dem Genta eine Chance geben wollte, und wieder wurde über mich gespottet. Aber es war ein wohlwollender Spott, voller Wärme und Verständnis.
Schließlich erreichten wir das größte Haus des Ortes. Deutlich konnte man sehen, das hier angebaut worden war, und just in diesem Moment war ein gutes Dutzend Männer damit beschäftigt, diesen Anbau zu erweitern.
Der Vorarbeiter sah verlegen herüber. "Genta-sama, wir hatten gehofft, dass Sie länger fortbleiben. Dann wären wir fertig geworden."
Irritiert sah Genta den Mann an. "Hiro, was soll das denn? Mein Haus ist schon groß genug, denke ich. Und es ist doch nützlicher, wenn Ihr an der dritten Scheune oder am Haus der Kobayashis arbeitet."
"Wir arbeiten alle freiwillig hier", sagte Hiro. "Wo Sie doch bald Nachwuchs kriegen, dachten wir, ein Zimmer mehr wäre nicht verkehrt. Und wo Sie doch auch immer Neue aufnehmen, bevor sie sich ein eigenes Haus gebaut haben..."
"Ich verstehe ja, ich verstehe. Aber es ist doch absolut nicht nötig, dass..."
"Ja, das habe ich ihnen auch gesagt. Aber sie haben so lange darauf beharrt, bis ich ja gesagt habe", seufzte eine große schwarzhaarige Frau. Sie trat gerade vor das Haus, einen gewaltigen Bauch vor sich her schiebend. Sie wirkte auf mich keinen Tag älter als Ikuko, und, das musste ich anerkennen, sie war von einer herben Schönheit. Sie war nicht hübsch, einfach nur schön. Und sie war schwanger. "Tsubasa, mein Täubchen. Du sollst dich doch schonen!", rief Genta erschrocken. "Warum liegst du nicht im Bett?"
"Ach, Bett, was soll ich da? Hier will ein ganzer Haushalt geführt werden. Außerdem fühle ich mich absolut wohl mit deinen Blagen unter dem Herzen. Und jetzt komm her und gib deinem Weib einen Begrüßungskuss."
Genta eilte zu seiner Frau, umarmte sie so vorsichtig, als glaube er, sie könne wie Glas zerspringen und küsste sie beinahe ebenso vorsichtig.
"Und jetzt sag mir mal, wen du uns da mitgebracht hast."
Erneut erklärte Genta seine Begleiter, und Tsubasa lachte freundlich. "Na, dann bringt den Karren mal hinters Haus und kommt rein. Wir haben genug Platz für alle."
Ich schnaubte belustigt. "Ein Dach über dem Kopf, wer braucht das schon?"
Ich war ein Ninja, ein stolzer Shinobi Konohas. Ein Krieger auf den Schlachtfeldern der Schatten. Und dennoch, trotz meiner Erfahrungen, trotz meines Chunin-Rangs, konnte ich nichts gegen diese Frau tun. Sie schoss auf mich zu. Nicht so schnell, dass ich nicht hätte ausweichen können, aber energisch und mit einer Aura, die mich einen Schritt zurück weichen ließ. Sie lächelte mit zusammengekniffenen Augen, aber einer pochenden Zornesader auf der Stirn. "Wie war das mit dem Dach über dem Kopf? Willst du etwa meine freundliche Einladung abschlagen, Akira-chan? Willst du mich wirklich aufregen, so kurz vor der Geburt?" Das waren ihre Worte. Aber was sie meinte, war: "Du willst dich mit mir anlegen? Du armes kleines Würstchen widersprichst mir, ausgerechnet mir?"
Nun, immerhin verstand ich jetzt, wie Genta ausgerechnet zu dieser Frau gekommen war. Gegen ihren Willen kamen nur wenige an.
"N-natürlich nicht", stammelte ich, meiner Rolle entsprechend. "I-ich nehme natürlich dankend an, Tsubasa-sama."
"Na, da sieht man mal die Rangfolge zwischen uns", gab Genta zum Besten. "Mich nennt er nur San."
"Du musst halt wissen, wie du mit den Leuten umzugehen hast", erwiderte sie schnippisch. Ihr Lächeln wurde strahlend, fast blendend. Es erinnerte mich sehr an Uzuki-sensei. "Na, dann beeil dich. Bring den Wagen nach hinten, schaff den Ochsen in den Stall, und dann komm rein. Es gibt gleich Mittagessen."
Bei so viel resoluter Kraft konnte ich nicht widersprechen. Wir luden schnell das Bisschen an Hausrat aus, das die Shimadas besaßen, dann brachte ich den Karren ums Haus. Tatsächlich stand hier ein Stall, in den ich den Karren und den Ochsen bringen konnte. Ich stellte ihn neben einem kräftigen Zugpferd ein und setzte ihm Heu und Stroh vor. Das arme alte Tier hatte nun endlich etwas Ruhe. Ich gab dem Ochsen einen Klaps auf den Hintern und verstaute das eingeölte Geschirr auf dem Wagen. Danach wollte ich ins Haus gehen.
"Kjaaah!"
Gemäß meiner Rolle sah ich mich nicht um. Meine sensorischen Fähigkeiten hatten mir ohnehin schon verraten, was hinter mir passiert war. Ich hatte das Chakra eines jungen Mädchens erfasst - und dieses Mädchen lag nun der Länge nach im Staub des Hinterhofs.
"Autsch", murrte sie. "Interessiert es dich gar nicht, das ich gestolpert bin, du Idiot?"
"Akira!", sagte ich. "Nicht Idiot. Und ja, es interessiert mich nicht im Mindesten." Jetzt erst wandte ich mich dem Mädchen zu. "Außerdem, wer so ungeschickt ist wie du, der sollte immer jemanden dabei haben, der einen aus der Traufe holt."
"Ich bin NICHT ungeschickt!", erwiderte sie vehement. "Ich bin nur gestolpert."
Ich trat zu ihr herüber. "Und? Willst du nicht langsam mal aufstehen?"
"Willst du mir nicht langsam mal aufhelfen?"
"Hmmmmm, nein. Du liegst da rum, seit du hingefallen bist und drehst Däumchen. Ich wette, du hast es faustdick hinter den Ohren." Ich ging in die Hocke und grinste sie an. "Du planst doch irgendwas. Irgend eine Gemeinheit, wenn ich dich anfasse, oder?"
"Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst, du ekliger Kerl."
"Hm", machte ich. Meine sensorischen Fähigkeiten waren nie besonders gut gewesen. Aber einen gebrochenen Knochen oder eine Chakra-Blockade zu erkennen traute ich mir dann doch zu. Das Mädchen war kerngesund, und bestenfalls etwas staubig.
"Ich denke, der eklige Kerl muss dir jetzt wohl beibringen, dass man meistens alleine wieder aufstehen muss. Und je eher du das lernst, desto besser." Ich erhob mich wieder und ging in Richtung Hintertür.

"Akira-kun, kommst du dann?", klang die freundliche Stimme von Tsubasa auf.
Hinter mir hörte ich das Rascheln von Kleidung. "Oneechan! Der unhöfliche Rüpel hat mich geschubst! Einfach so zu Boden geworfen! Nur weil es ihm Spaß macht!"
Die Tür öffnete sich, und die schwangere Frau trat heraus. "Was, bitte?" Sie sah von ihrer Schwester, die im Dreck lag, und von da zu mir. "Hast du gerade Suzume zu Boden gestoßen, Akira?"
Ich seufzte auf. "Was, wenn ich sie gestoßen habe, Tsubasa-sama?"
Die ernste Miene wich einem gemeinen Lächeln. "Dann hat sie es sicher auch verdient gehabt."
"Oneechan!", rief die kleine Schwester entrüstet. "Wie kannst du ihm mehr glauben als mir?"
"Wieso? Ich glaube dir doch jedes Wort", erwiderte sie kess. "Ich glaube halt nur nicht, dass du es nicht verdient hattest, gestoßen zu werden."
Sie lächelte mich an. "Du solltest dich vor dem Essen waschen, Akira-chan. Du hast mindestens einen Kilometer Straße an dir." Mit Nachdruck legte sie eine Hand auf meinen Nacken und dirigierte mich ins Haus.
"Oneechaaaaan!"
"Wir beide reden noch, das glaube mir aber, Suzume!", sagte sie mit einem bösartigen Funkeln in den Augen.
"Urks."
Im Haus dirigierte sie mich zu einem Nebenraum. Darin stand eine Schüssel mit warmem Wasser, Seife und ein Handtuch. "Wir haben ein Badehaus, aber das lohnt nicht mehr vor dem Essen. Mach dich sauber und komm dann zu uns rüber."
"Ja, Tsubasa-sama."
"Es klingt so komisch, wenn du Tsubasa-sama sagst. Es schwingt so viel Ironie mit. So als ob du Sama oft gebrauchen würdest und mich darin einschließt, aber einen Großteil der Welt nicht."
"Wenn du das sagst, Tsubasa-sama."
Sie lächelte mich verschmitzt an. "Ich kenne die Menschen ein wenig, Akira-kun, und ich habe mich selten getäuscht. Du, Kleiner, bist mehr als du scheinen willst."
"Wir wollen alle nicht so erscheinen, wie wir sind", erwiderte ich.
"Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Und mach dir keine Sorgen wegen Suzume. Das war nur ihr bemitleidenswerter Versuch, dich durch Mitleid um den Finger zu wickeln. Als das nicht funktioniert hat, wollte sie dich bei mir schlecht machen. Sie ist eine kleine Angeberin, ein Plappermaul, ein arrogantes Biest, und ein Gestaltgewordener Teufel. Also wie alle Mädchen in diesem Alter." Sie seufzte. "Und sie hat Angst. Das macht die Sache nur noch schlimmer."
Ich antwortete mit einem leisen Schnauben.
"Aber du wirst trotzdem auf sie aufpassen, nicht wahr, Akira-kun?"
Diese Worte überraschten mich. "Warum sollte ich mir so einen Klotz ans Bein binden? Sie hat gerade versucht mich schlecht zu machen", sagte ich, meiner Rolle gehorchend.
Sie lächelte mich an und strich mir mit der Rechten über die Haare. "Ich sagte es doch schon. Ich kenne die Menschen und liege selten daneben. Und jetzt wasch dich endlich. Nachher kannst du dann mit Genta ins Badehaus gehen."
Sie gab mir noch einen herzhaften Klaps auf den Hinterkopf und schloss dann die Tür hinter sich. Oh ja, sie hatte einiges von Uzuki-sensei.

Einigermaßen sauber und den Mantel richtig angezogen trat ich zu den anderen in den Wohnraum. Ich hatte mir die Mühe gemacht, den Kimono richtig zu tragen, weil die Person, die ich spielte, dies für eine Respektsperson wie Tsubasa getan hätte. So stand mir das Ding richtig gut. Soweit das bei dem halb zerrissenen Stück Stoff möglich war.
Es schien aber eindrucksvoll genug zu sein, denn als die anderen mich sahen, stellten sie ihre Gespräche ein und starrten mich an.
Irritiert sah ich hinter mich, aber da war niemand. "Was ist?"
Am ungläubigsten starrte Suzume, das Mädchen, das mich eben noch hatte verpfeifen wollen.
Mit lautem Klappern fielen Hanakos Stäbchen zu Boden. Ihre Wangen waren leicht gerötet.
Das irritierte mich nun doch ein wenig, und ich begann das Kleidungsstück nach peinlichen Flecken abzusuchen. Ich hatte es lediglich ein wenig abbürsten können; bei weitem nicht genug, um den ganzen Dreck der letzten Tage raus zu kriegen. Und ich sehnte mich nach meiner üblichen Felduniform.
"Akira, wenn Daimyos alte Kleidung tragen würden", sagte Inari mit merkwürdigem Ton in der Stimme, "dann könntest du einer sein."
"Ach komm", sagte ich entrüstet. "Das alte Ding." Entschlossen ließ ich mich auf einem freien Platz nieder und nahm eine Schale mit Reis auf. Bedächtig begann ich zu schaufeln. Aber Normalität wollte sich nicht einstellen. "Okay, jetzt habe ich aber genug. Was ist das? Ein Witz auf meine Kosten?"
Tsubasa starrte mich entsetzt an. Dann sah sie ruckartig zum Kochtopf. "Suppe, Akira-chan?"
"Danke." Irritiert nahm ich das Schälchen entgegen.
Genta lachte laut auf. "Wir sind es wohl nicht gewohnt, dass du sauber und gut angezogen bist, Akira. Wir kennen dich nur krustig und verdreckt. Na, das ist ja mal eine Überraschung. Einfach mal etwas Teures angezogen, und du siehst wirklich aus wie ein Daimyo."
"Ja, wenn Daimyos alte Sachen tragen", sagte ich in Anlehnung an Inari. "Sag doch auch mal was, Hanako."
Das brachte sie noch mehr zum Erröten. "D-du siehst gut aus."
Ärgerlich widmete ich mich dem Reis und der Suppe. Dabei murmelte ich: "Also da wird doch... Dieser alte Fetzen... Ich sollte euch... Wirklich, mich so hochzunehmen..."
Inari wechselten einen viel sagenden Blick mit Ikuko aus. Beide seufzten lautlos.
"Also ich finde nicht, dass dir dieser Fetzen steht", sagte Shino schließlich nach einem kritischen Blick.
"Na wenigstens einer."
"Mir steht er bestimmt viel besser. Tauschen wir."
Ich prustete einen Schluck Miso-Suppe wieder aus. Ich hatte doch in dem Second Hand-Laden eindeutig die billigste und hässlichste Kimono-Jacke verlangt, oder? Ich hatte sie mir noch nicht einmal richtig angesehen.
"Wenn du weniger Aufsehen erregen willst, sollten wir dir eine alte Jacke von mir raus suchen, Akira", sagte Genta amüsiert. Na, wenigstens einer hatte Spaß.
Dennoch, Teil eins des Plans hatte funktioniert. Wir waren im Dorf. Der Rest war warten und reagieren.
***
Damals

Die rund fünf Tage erwiesen sich letztendlich als etwas mehr als hundert Stunden, die uns zur Erholung und Regenerierung zugestanden wurden. Hundert Stunden, von denen ich die ersten dreißig verschlief; die Soldatenpille und die Erschöpfung forderten ihren Tribut.
Hanako und Karin ging es nicht viel besser, und ich erinnere mich an niemandem, dem in diesen Tagen die Erschöpfung nicht ins Gesicht geschrieben gewesen wäre.
Nach den dreißig Stunden meldete ich mich wieder einsatzbereit, aber das war eine reine Formalität, ein "ich bin wieder wach" von mir. Ich erwartete nicht, irgendeinen Befehl zu bekommen, bevor die erste Schwadron überhaupt formiert war. Wenigstens informierte man mich im Büro des Hokages darüber, wie gravierend unsere Verluste gewesen waren, und was beinahe noch wichtiger war, wie der Angriffsplan der Expedition aussehen würde.
Dadurch, das wir mit Suna schnell einen Separatfrieden ausgehandelt hatten, war unser Rücken frei. Einen erneuten Betrug des Verbündeten schloss man im Büro vollkommen aus, schließlich hatte Orochimaru den Kazekage liquidiert und zum Verrotten in der Wüste zurückgelassen, um an seiner Stelle nahe genug an Sarutobi-sensei zu kommen. Dort hatte der ehemalige Konoha-Nin sein Werk wenigstens teilweise ausgeführt und meinen Meister getötet. Aber es hieß, er sei dabei schwer verletzt worden. Und Konoha stand immer noch. Dass Konoha auch noch kämpfen konnte, würden wir ihm bald beweisen. Es stand zwar ohnehin fest, dass Orochimaru sich nicht in Otogakure aufhalten würde, geschweige denn das er sich hierhin zurückgezogen hätte. Aber es gab das Dorf noch immer. Sei es nun als Zeichen der Stärke, sei es nun als Rache für die schmerzenden Seelen unserer Shinobi, wir würden Otogakure jede Möglichkeit nehmen, jemals wieder gegen Konoha einen Krieg zu führen. Und wir hofften, bei dieser Aktion so viele Oto-Nin wie möglich auszuschalten, die Orochimaru fortan nicht zur Verfügung stehen würden. Eventuell fanden wir auch Hinweise auf seine Geheimverstecke, von denen man ab und an eines entdeckte. Berichte darüber, was man darin gefunden hatte, waren dazu angetan, sensiblen Gemütern die Nachtruhe zu versauen oder den Magen umzudrehen. Oder beides. Es hieß, er betrieb biologische Experimente. Opfer waren ihm dabei egal, es zählten nur Ergebnisse.
Es stand außer Frage, dass Konoha dieses Treiben seines ehemaligen Shinobi unterbinden musste.
Ebenso irritierend war für mich die Information, dass der Konoha-Nin, den ich in Kumogakure getroffen hatte, Kabuto, ein Infiltrator Orochimarus auf Jounin-Level war. Das machte ihn zu meinem Feind. Nur zu gut erinnerte ich mich daran, was mir Karin über seine Datensammlung erzählt hatte; Daten von sechs bis acht Chunin-Prüfungen und deren Teilnehmer. Es schien, dass Kabuto die Fähigkeiten des Nachwuchses jedes größeren Dorfes genau in Augenschein genommen hatte. Genug Daten also, um in nicht allzu ferner Zukunft einen Krieg zu führen.
Doch bis es soweit war, würden diese Daten veraltet sein. Wir würden... Ich würde für ihn eine große, unangenehme Überraschung werden.

Nach meiner Meldung suchte ich Asuma auf. Wenn ich schon Senseis Tochter und seinem Enkel nicht in die Augen schauen konnte, so wollte ich doch zumindest seinen Sohn kondolieren.
Der Jounin hatte wenig geschlafen, wahrscheinlich noch weniger als ich. Aber er legte eine stoische Ruhe an den Tag, die geradezu gespenstisch schien.
"Du siehst Scheiße aus, Sempai", sagte ich statt einer Begrüßung.
Als er die Tür geöffnet hatte, war mir beißender Qualm entgegen geschlagen. Auch jetzt steckte eine Zigarette in seinem Mundwinkel, und dicke Ringe unter seinen Augen sagten genug.
"Glaub ja nicht, dass du besser aussiehst. Komm rein. Aber viel Zeit habe ich nicht. Ich muss die Angriffsstreitmacht für Oto zusammen stellen."
"Oh. Soll ich dir helfen? Ich werde teilnehmen."
Asuma Sarutobi lachte gehetzt. "Das entscheide immer noch ich, Mamo-chan. Hm, aber zumindest scheinst du geschlafen zu haben. Dein Chakra ist auch im Gleichgewicht. Willst du Tee oder Kaffee?"
Ich folgte Asuma durch den Flur ins Wohnzimmer. Ein Blick in sein Schlafzimmer durch die fast geschlossene Tür offenbarte für einen kurzen Moment den Blick auf den zarten weißen Unterarm einer Frau. "Na, wenigstens weiß ich jetzt, warum du so wenig geschlafen hast, Sempai. Kenne ich sie?"
Für einen Moment stockte Asuma. Dann gab er mir einen leichten Schubs, der mich ins Wohnzimmer stolpern ließ. "Du weißt selbst, wie schwer die letzten Tage waren. Ich hatte einfach keine Lust alleine zu bleiben. Also Kaffee, ja?"
"Kaffee klingt gut, Sempai." Ich setzte mich an den niedrigen Tisch, der mit Karten und Aufstellungen übersät war. Auf einigen waren Anmerkungen in Asumas Handschrift zu finden. Eine zweite Farbe wies auf eine weitere Person hin. "Also doch eher gearbeitet als allein gewesen, eh?", argwöhnte ich.
"Mir auch bitte einen Kaffee, Asuma", klang eine Frauenstimme auf. "Guten Morgen, Mamo-chan."
"Guten Morgen, Kurenai-sensei. Ich sehe gerade, dass Ihr die Nacht durchgearbeitet habt. Du hast nicht die Gelegenheit genutzt, um dich unauffällig zurück zu ziehen?"
Die schwarzhaarige Frau lächelte. Sie trug einen Herren-Yukata, was genug darüber aussagte, wie ihre gemeinsame Nacht verlaufen war. "Warum sollte ich? Ich bin erwachsen und erfahren genug, um eigene Entscheidungen zu treffen." Sie hockte sich an die rechte Seite des Tisches und knuffte mich gegen den Oberarm. "Außerdem habe ich dir gesagt, du sollst mich Yuuhi nennen. Hast du das schon vergessen?"
"Ich bin mir bei einigen Dingen, die mir in letzter Zeit passiert sind, nicht ganz sicher, was wirklich passiert ist, und was nicht", erwiderte ich.
Sie schnaufte leise. "Ja, das kann ich verstehen."
Asuma kam zurück, mit einem Tablett Kaffeebecher, aus denen der heiße Dampf aufstieg. "Bedank dich bei ihr. Sie ist deine größte Fürsprecherin, was die Oto-Mission angeht. Ich wollte dich Zuhause lassen, weil du und deine Leute Übermenschliches geleistet haben. Aber Yuuhi-chan bestand darauf, dass du und deine Chunin-Anwärter ein Recht darauf haben, an der Strafaktion teil zu nehmen. Ich bin nicht ganz überzeugt, aber du wirkst einigermaßen frisch." Er setzte sich ebenfalls an den niedrigen Tisch und verteilte die Kaffeetassen. "Äh, es wäre mir aber doch ganz lieb, wenn... Nun, die Sache bleibt doch unter uns."
Überrascht musterte ich Asuma, und danach Kurenai-sensei. "Ihr habt doch hoffentlich nicht eine Sekunde daran gezweifelt?"
Das brachte beide zum Schmunzeln.
"Also, Mamo-chan, was treibt dich zu mir?", fragte er mit besserer Laune als sein Äußeres vermuten ließ.
"Ich war leider da draußen, als mein Sensei beerdigt wurde", begann ich leise und senkte den Blick. "Und ich bin zu feige, um Konohamaru und seinen Eltern in die Augen zu sehen. Deshalb dachte ich mir, dass ich wenigstens zu dir gehen sollte..."
Asuma und Kurenai-sensei wechselten einen schnellen Blick. Dann hatte ich auch schon eine Kopfnuss kassiert. "Rede nicht, Junge!", sagte Asuma streng. "Du hast genauso wie ich einen Verlust erlitten! Mein Vater war dein Lehrer!"
Kurenai-sensei sah mich mit freundlichem Blick an. "Wärst du nicht damit beschäftigt gewesen, die Oto-Shinobi aus dem Land des Feuers raus zu jagen, hättest du bei der Familie stehen müssen, Mamo-chan. Jeder weiß, dass Sarutobi-sama dein Sensei war. Und jeder weiß, dass dich dieser Verlust nicht weniger trifft als seine eigenen Kinder."
Ich spürte, wie mir die Augen feucht wurden. Ich hatte mir fest vorgenommen, Asuma-sempai nicht auch noch mit meinen Gefühlen zu belasten, aber diese unerwarteten Worte der beiden machten es mir unmöglich. Verstohlen wischte ich mir das Wasser aus den Augen. "Verzeihung", murmelte ich.
"Und du hast es mindestens noch einmal so schwer", fügte Asuma hinzu. "Ich habe gestern erst erfahren, dass du und die Mädchen von Gekkos Tod erst durch Shiranui erfahren habt. Dein Verlust tut mir leid, Mamoru. Ich habe ihn gut gekannt und sehr geschätzt."
Die Tränen flossen stärker, in meiner Kehle steckte ein dicker Kloß, der mir das Sprechen unmöglich machte. Ich wollte etwas erwidern, aber ich brauchte all meine Kraft, um nicht vollends in Tränen auszubrechen. Erst viele Jahre später sollte ich lernen, dass darin keine Schwäche gelegen hatte, wohl aber eine Stärke.
Kurenai-sensei beugte sich, statt etwas zu sagen, zu mir herüber und schloss mich in die Arme. Ich fühlte ihre Wärme, ihren Trost, ihr Verständnis und ihre Nähe. Das half mir sehr, um mich zu fangen. Ich konnte hinterher nicht mehr sagen, wie lange sie mich gehalten hatte, aber als ich mich aus ihrer Umarmung löste, konnte ich schon wieder lächeln. "Danke, Yuuhi-sensei."
"Wir trauern um die gleichen Leute, Mamo-chan", sagte sie, "und ich hatte auch jemanden, der mich getröstet hat, obwohl es ihm selbst nicht gut ging."
Ich sah zu Asuma herüber, der verlegen grinste. Mit der Linken am Hinterkopf lachte er gekünstelt. "Ach, komm, Yuuhi, das war doch selbstverständlich. Außerdem habe ich davon noch mehr profitiert als du."
Sie hob eine Augenbraue und sah in Richtung Schlafzimmer. "So? Wie darf ich das denn verstehen?"
"S-so auf keinen Fall!", stammelte er. "Ich meine nur, dass deine Nähe mir mehr gegeben hat, als ich zu geben in der Lage war!"
Die skeptische Miene wich einem Lächeln. "Asuma, du großer Dummkopf. Du glaubst doch nicht etwa eine Sekunde, das du mich hättest dazu bringen können, etwas zu tun was ich nicht will, oder später bereuen würde?"
Ich lachte auf, als ich Asumas angemessen entsetzte Miene sah. "Jetzt wo sie es sagt, fällt mir das auch auf, Sempai."
"Danke, Mamo-chan."
"Ich wollte ja auch nicht... Ich wollte nur, dass du weißt, dass du mehr für mich bist als eine Kollegin, Yuuhi. Dass mehr passiert ist, als..."
"Ist das für meine Ohren bestimmt, Sempai?", warf ich hastig ein.
"Da hat er wohl Recht, der kleine Chunin", sagte sie. "Und was das andere angeht, so haben wir keine Zeit und doch alle Zeit der Welt. Shinobi sterben manchmal jung. Oder sie werden steinalt. Wir haben also keine Zeit und doch alle Zeit."
"Was sie sagen will, ist wohl, dass Ihr es langsam angehen lassen solltet", übersetzte ich.
"So in etwa, aber ich fand meinen Text blumiger."
Ich verneigte mich leicht in Senseis Richtung. "Kein Widerspruch, Yuuhi-sensei. Außerdem seid Ihr beide Jounin, und deshalb dazu prädestiniert, um lange zu leben."
"Junge, mal den Teufel nicht an die Wand", mahnte Asuma. "Noch einen Kaffee, solange ich noch im Vorteil bin?"
"Nein, danke, Sempai", sagte ich und erhob mich. "Das Schlimmste steht mir noch bevor. Ich muss zu Uzuki-sensei. Und wenn ich Pech habe, treffe ich auf Hanako und Karin."
"Zu Konohamaru gehst du nicht?", fragte Asuma nach.
"Ich... Ich habe nicht die Kraft dazu. Ich... Nein, ich werde ihn früh genug sehen. Sehen müssen. Verzeih meine Feigheit, Sempai."
"Jeder hat ein paar Schwächen, Mamoru. Aber gerade ein Ninja muss darauf achten, dass sie ihn nicht kontrollieren", mahnte er. "Und noch was, bevor du gehst. Ich beziehe dich in der Expedition mit ein."
"Danke. Das bedeutet mir viel."
Kurenai-sensei sah mich ernst an. "Um Oto-Nin zu töten? Rache zu nehmen?"
"Um Konoha zu dienen und zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiert."
"Schwammige Antwort. Aber du bestehst gerade so." Sie sah zu Asuma herüber. "Schreib ihn auf."
Erstaunt sah ich die beiden an. "Sicher, dass du meine Befürworterin warst, Yuuhi-sensei, und Asuma mein Kritiker?"
Asuma grinste mich verwegen an. Die Kippe im Mundwinkel - die aber nicht brannte - gab ihm den letzten wilden Touch. "Tja, wer weiß? Freu dich lieber, dass du dabei bist. Und sag das auch deinen beiden Engeln. Eine genaue Aufstellung kommt vor dem Abmarsch."
"Danke. Ich verabschiede mich dann." Nach einer weiteren Verbeugung verließ ich das Wohnzimmer.
"Mamoru!", klang Asumas Stimme hinter mir auf. "Komm morgen Mittag zum Rat. Du bist jetzt der einzige Kontraktträger des Affenclans in Konoha. Wir werden uns mit einem ihrer Repräsentanten beraten müssen."
Verdammt, Asuma hatte Recht! Übergangslos fühlte ich eine Verantwortung auf meiner Schulter, die dort nie etwas zu suchen gehabt hätte. Nicht in diesem Leben. Das bedeutete aber auch, dass unsere Kontakte zu den Affen durch meine beschränkten Fähigkeiten ebenfalls beschränkt sein würden. "Ich werde da sein, Sempai", sagte ich, nickte erneut und verließ das Haus. So hatte es kommen müssen, gestand ich mir ein.

Ich fand Uzuki-sensei Zuhause nicht an, und auch die ANBU konnten mir nicht mehr sagen, als dass sie Freizeit hatte. Es war überhaupt ein Wunder, dass sie mir Auskunft erteilten.
Ich fand sie schließlich auf dem Friedhof, in Begleitung ihres ANBU-Trupps - und mit meinen Mädchen.
Sie sah zu mir herüber, lange bevor ich sie wegen der Treppe, die ich hinauf stieg, sehen konnte. Ihre sensorischen Fähigkeiten waren meinen schon immer meilenweit voraus gewesen. Vielleicht ein Grund, warum ich nie ernsthaftes ANBU-Material gewesen war, niemals Teil dieser besonderen Elite hatte werden können. Nicht, dass ich gewollt hätte.
"Mamoru!", rief sie zu mir herüber.
Ich winkte zum Zeichen, das ich sie gehört hatte und ging in ihre Richtung.
Sie hockten rund um Hayate-senseis Grab, hatten Räucherstäbchen angezündet und kleine Leckereien als Opfergaben abgelegt. Die Mädchen trugen Trauerkleidung, und ich kam mir in meinem Kampfanzug so deplatziert und unpassend vor.
Ich wollte jenseits der respektvollen Abstand haltenden ANBU warten, bis die drei Frauen fertig waren, aber Uzuki-sensei winkte mich energisch näher. Die beiden Mädchen hockten rechts von ihr, sie bedeutete mir, links von ihr Platz zu nehmen.
Ich hockte mich im Saizen neben sie und beteiligte mich stumm an den Gebeten. Wenigstens, ging es mir ironisch durch den Kopf, hatte Sensei jetzt nicht mehr mit seinen Hustenanfällen zu kämpfen. Für einen Moment schämte ich mich dieses Gedankens. Aber dann wurde mir klar, dass Sensei es wohl ähnlich gesehen hätte. Er hatte schon immer einen schwarzen Humor gehabt.

Als die Zeremonie beendet und die Räucherstäbchen abgebrannt waren, erhoben wir uns wieder. Uzuki-sensei umarmte und küsste die Mädchen, in deren Augen Tränen standen. Dann kam sie zu mir und legte mir beide Hände auf die Schultern. "Du musst es jetzt besonders schwer haben", sagte sie so leise, es klang fast gehaucht.
"Nein, Sensei. Wir haben es alle schwer."
"Ich meinte den Sandaime Hokage, Mamo-chan."
"Ich weiß. Aber er war eben nicht nur mein Meister, er war auch unser aller Hokage. Wir alle haben ihn verloren."
"Ja, da hast du Recht." Ohne ein weiteres Wort schloss sie mich in die Arme und drückte mich fest.
Sie gab mich wieder frei. "Wenn Ihr Hilfe braucht, lasst es mich wissen. Alles, was Gekko für euch getan hat, werde ich jetzt für euch tun."
"Ich weiß", sagte ich mit einem leichten Lächeln. "Du bist für uns ebenso unser Lehrer, wie es Hayate-sensei war."
Ich wusste nicht, ob sie diese Worte überraschten. Sie zog ihre Tiermaske über und sagte mit nun gedämpfter Stimme: "Und das wird auch immer so bleiben, Mamo-chan, Hana-chan, Karin-chan."
Sie nickte uns noch einmal zu, dann verschwand sie vor unseren Augen. Ihre ANBU-Kameraden folgten einer nach dem anderen.
Ich sah zu den Mädchen herüber. Sie hatten geweint. So wie ich geweint hatte, bei Asuma-sempai.
"Wir werden an der Strafexpedition teil nehmen. Definitiv. Ich habe es direkt vom Planungsteam."
"Was? Aber ich dachte, das stand von vorne herein fest!", sagte Karin entrüstet.
"Ich denke, man hat es davon abhängig gemacht, wie schnell wir uns erholen. Aber wir sind dabei, und alleine das zählt doch." Ich lächelte verschmitzt. "Wie lange braucht Ihr, um euch umzuziehen?"
"Umziehen?" Hanako sah mich skeptisch an. "Wieso? Willst du zugucken?"
Oh nein, dieser verbale Angriff klappte heute nicht. "Ich würde es merkwürdig finden, euch in Trauerkleidung ins Ichiruka Ramen einzuladen..."
"Du lädst uns ein?", fragte Karin erstaunt. "U-und diesmal nur uns zwei?"
"Nur zu Nudelsuppe!", schränkte ich sicherheitshalber ein. "Nur zu Nudelsuppe."
"U-und danach gehen wir zum Karaoke!", rief Hanako begeistert. "Und wir singen bis in die Nacht hinein!"
"Genau!", pflichtete Karin bei.
"Moment, ich habe nur von Ramen gesprochen, Mädchen!"
"Keine Sorge, Mamo-chan", sagte Hana in schnippischem Ton, "wenn es dir zu teuer wird, bezahlen wir das Karaoke."
"Darum geht es doch gar nicht."
"Also kommst du mit zum Karaoke?", fragte Hanako scheinheilig.
Ich seufzte. "Natürlich komme ich mit. Oder denkt Ihr, ich breche Team drei auf?"
Die beiden jubelten vor Freude. "Zehn Minuten! Höchstens! Am Ichiruka Ramen!", rief Karin aufgeregt, während sie mit Hanako bereits auf die Treppe zueilte.
"Versprochen?", rief ich ihnen nach, aber sie hörten mich schon nicht mehr. Damals war mir nicht klar, wieso sie sich so auf Nudelsuppe und Karaoke freuten, und ich sollte es eine lange Zeit nicht begreifen. Damals hatte ich allerdings auch noch geglaubt, es würde tatsächlich nur zehn Minuten dauern.

Es wurde eine halbe Stunde, und von den beiden Mädchen war noch immer nichts zu sehen. Das war mir an dem Punkt allerdings egal, denn für meine Kurzweil war gesorgt. Ein reichlich lädierter Naruto saß direkt neben mir und verputzte bereits die dritte Schüssel Ramen, diese auf meine Kosten. Wer diesen lebensfrohen Bengel einmal ins Herz geschlossen hatte, den ließ er nicht mehr los. Nebenbei erzählte er mir die fast unglaubliche Geschichte von seinem Anteil an der Verteidigung Konohas. Ich schwankte ein klein wenig zwischen in einer Ecke Frust schieben und ihm bewundernd auf die Schulter klopfen. Ich konnte keine vierzig Meter hohen Frösche beschwören. Und ich konnte auch nicht mit einem Jinchuriki und seinem einschwänzigen Biest mithalten. Wie stark würde Naruto eigentlich noch werden, wenn ich mehr vom Ramen in ihn reinstopfte?
"Und die Lösung war... *gulp* ihn aufzuwecken. *schlürf* Das habe ich dann auch gemacht. Ab da war es einfach. *schlürf* Da zerfiel der Einschwänzige wieder zu Sand. *würg* *gulp*Und da war der Kampf auch schon wieder vorbei. *schlürf* Jii-san, noch eine!"
Ich wusste nicht so recht, ob ich lachen oder weinen sollte. "Die geht auch auf mich", sagte ich dem Wirt. "Also, während ich mich mit den kleinen Fischen herum geschlagen habe, hast du was getan? Dich mit der ultimativen Geheimwaffe Sunagakures herum geschlagen und gewonnen? Also, das muss ich erst mal verdauen."
Naruto grinste mich über den Rand der Schüssel an. "Nicht, dass ich das gewollt habe. Aber Sakura-chans Leben stand auf dem Spiel. Und da bin ich..."
"Mitten in den Ärger rein gerutscht. Sag mal, darfst du überhaupt draußen rumlaufen und Ramen in dich reinschlürfen als gäbe es morgen keinen mehr? Du siehst aus als wärst du gerade frisch aus der Intensivstation entkommen. Mit fünf Kilo an Verbänden."
Entsetzt sah er mich an. "E-es geht mir gut, ehrlich, Mamo-oniichan! Ich fühle mich schon viel besser als vor zwei Tagen! Ich heile doch sowieso so schnell, und..." Betreten sah er in die Schüssel vor sich. "Ich dachte mir, es würde mich aufheitern. Aber das tut es irgendwie nicht."
Ich schnaubte frustriert. "Wir alle haben verloren, Naruto."
Er sah mich an, erstaunt, dann kam die Erkenntnis. "Oh. Nein, Oniichan, das meine ich nicht. Ich habe um den alten Mann geweint, wirklich. Ich konnte ihm nicht helfen. Aber heute habe ich mich auch mit Sasuke gestritten. Ich dachte, wir kommen uns endlich näher, aber... Bin ich schwach, kennt er mich nicht. Bin ich stark, will er mich nicht."
Das war keine gute Antwort an jemandem, der vom Tod des Hokages noch stärker betroffen war als Naruto selbst. Aber ich verstand den kleinen blonden Burschen. Vielleicht etwas zu gut. Sanft tätschelte ich seine blonde Mähne. "Hm, wenn du dich so sehr anstrengst für diesen Sasuke, dann muss er es wert sein, oder?"
Irritiert sah er mich an. "Ja. Irgendwie ist er das. Wir haben so viel miteinander erlebt. Ich..."
"Sieh mal, Naruto, wenn du schon so viel Zeit und Kraft in diese Freundschaft investiert hast, wäre es doch eine sehr dumme Sache, jetzt einfach aufzustehen und zu gehen. Was ist dann mit all der Zeit, die drauf gegangen ist? Was ist mit dir? Du hast dich angestrengt, bemüht. Und was passiert?"
"Er ist eigensinnig wie immer. Nur darauf aus, stärker zu werden, um seine Rache zu kriegen", erwiderte Naruto tonlos. "Ich dachte immer, wir wären uns ähnlich. Aber das stimmt so nicht. Wir gleichen uns, doch in wichtigen Punkten unterscheiden wir uns. Er hat einen Grund zur Rache, hat den ganzen Uchiha-Clan noch gekannt. Ich will nur anerkannt werden."
"Na, na, wirst du mir hier etwa depressiv?", tadelte ich. "Auch wenn die ganze Welt nicht wissen will, dass du existierst, ich kenne dich."
Ein zögerndes Lächeln glitt über seine Lippen. "Das weiß ich doch, Mamo-oniichan."
"Und du kannst mich jederzeit Zuhause besuchen, wenn du etwas brauchst oder mit jemandem reden willst. Wir sind jetzt Kumpels, Naruto."
Das brachte ein Grinsen auf seine Züge zurück. Er klopfte mit seiner rechten Faust gegen meine rechte Faust, die ich ihm hinhielt. "Jawoll, Oniichan!"
"Einmal Ramen!"
"Und da ist auch schon deine vierte Portion, Naruto. Wehe, du isst die nicht auf."
Naruto griff nach einem Danke an den Chef nach der Schüssel und begann sich das Essen einzuverleiben. "Stimmt. *schlürf* Man weiß ja nie *gulp* *schlürf* wie viel Zeit man noch hat."
"Bist du nicht noch etwas jung, um über den Tod nachzudenken?", tadelte ich.
"Nicht über den Tod. Wesentlich einfacher, Oniichan. *gulp* Was machst du eigentlich hier? *schlürf* Ich habe gehört, du hast die Oto-Nin über die Grenze gejagt. Und was jetzt? *gulpgulpgulp* Jetzt sitzt du hier und spendierst mir Essen, ohne selbst was zu bestellen."
"Oh, das hat seine Richtigkeit. Genauso wie... Iss schneller, Naruto. Da scheint jemand zu dir zu wollen."
"Oh-oh. Rosa Haare, weiblich und wütend?"
"Deine Freundin?"
Verlegen legte Naruto eine Hand an den Hinterkopf und lachte. "Was redest du denn da, Oniichan? Sakura-chan ist doch nicht meine Freundin! Ahahahaha. Wir sind nur im gleichen Team!"
"NARUTO! Wenn du glaubst, ich merke es nicht, wenn du dich aus deinem Krankenbett schleichst, hast du dich aber geschnitten! Was meinst du, was du hier tust?"
Hastig begann Naruto den Rest des Ramens in sich rein zu stopfen. "Ich *würg* *schlürf* kommjagleich!"
"Nun lass ihn doch in Ruhe aufessen, Sakura-chan", sagte ich. "Oder wie wäre es, wenn du einfach eine Schüssel mit isst? Das Essen hier ist sehr gut."
"Das weiß ich!", blaffte sie ärgerlich. "Wer bist du eigentlich, dass du Narutos Marotten auch noch unterstützt?"
Abwehrend hob ich beide Hände. "Friede, junge Frau. Ich bin nur ein Chunin, der zufällig hier eine Verabredung hat."
"Chu... Chunin? Naruto, hältst du hier wichtige Leute von der Arbeit ab?", rief sie entrüstet.
"Jetzt übertreibst du aber maßlos, Sakura-chan. Naruto ist mir ein guter Freund, wann immer wir uns treffen. Und ich finde es bedenklich, wie du mit ihm umspringst."
"So, tust du das, Sempai?", fragte sie verärgert. "Du bist ja auch nicht dafür verantwortlich, dass er in seinem Krankenbett bleibt."
"Dafür bin ich verantwortlich, dass jedermann in Konoha die Ruhe und die Muße hat, eine vernünftige Mahlzeit zu sich zu nehmen. Reicht das nicht?"
"Hm, hm, Mamo-oniichan, es ist in Ordnung. Ich bin ja schon fast fertig. *schlürf* Dann gehe ich schon freiwillig mit."
Ich taxierte Sakura mit wütender Miene. "Darum geht es gerade nicht, Naruto. Wir sind bei einem ganz anderen Thema! Ich an deiner Stelle würde nicht automatisch annehmen, dass Naruto jedermann auf die Nerven geht, Sakura-kun!"
"Das ist nur ein Ergebnis langjähriger Erf... Mamo? Etwa Mamoru Morikubo?"
Naruto sah seine Teamkollegin aus großen Augen an. "Habe ich dir das nicht erzählt? *schlürf*"
"Nein, das hast du nicht, Naruto", zischte sie. "Entschuldigen Sie, dass ich Sie nicht erkannt habe, Morikubo-sempai. Ich wollte keinesfalls so rüde zu Ihnen sein."

Nun, ich gebe zu, ich war überrascht und irritiert. Was war an meinem Namen so besonderes? Und vor allem, warum kannte sie meinen Namen, wusste aber nicht wie ich aussah?
"So, fertig. Jiisan, es war wie immer sehr lecker."
Ich winkte ab, als Naruto seine Geldbörse zog. "Lass mal stecken, kleiner Bruder. Heute geht alles auf mich."
"Wirklich? Yay!"
"Da du dich jetzt ja satt gegessen hast, kannst du auch wieder ins Krankenhaus gehen, Naruto", sagte Sakura ärgerlich.
"Ich komm ja schon, Sakura-chan. Mamo-oniichan, du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet."
"Oh, ich warte auf mein Team. Wir wollen zusammen essen. Aber wie erwartet verspäten sich meine Mädchen ein wenig."
"Ach ja, du hast ja zwei Kameradinnen. Und sie sollen ja so gut aussehen. Ist es nicht toll, immer mit so hübschen Mädchen unterwegs zu sein?", fragte Naruto träumerisch.
Sakura schien der Kurs, in den diese Unterhaltung driftete nicht zu gefallen. "Nun komm endlich, Naruto, oder ich gehe ohne dich!"
"Oh! Bin ja schon auf dem Weg! Jiisan, Oniichan, einen schönen Tag noch!"
Mit diesen Worten und einer Verbeugung von Sakura verabschiedeten sich die beiden Mitglieder von Team sieben.

"Na, so ganz egal ist ihr Naruto dann doch nicht", murmelte ich mehr zu mir selbst. "Wenn sie schon raus geht um ihn zu suchen." Ich lächelte leicht, und der Chef lächelte mit.
"Sag mal, wer war denn dieses Mädchen eben gerade?", hörte ich Hanakos Stimme hinter mir. "Und warum hast du dich so gut mit ihr verstanden?"
"S-stehst du auf Pink?", klang Karins Stimme auf. "Ich könnte mir meine Haare färben, und..."
Mit einem Seufzer wandte ich mich meinen verspäteten Teammitgliedern zu. "Was Ihr schon wieder denkt. Glaubt Ihr wirklich, ich nehme meinem kleinen Kumpel Naruto die Freundin weg?"
Sichtlich erleichtert atmeten die Mädchen auf. "Na, dann ist ja alles in Ordnung."
Mein Magen knurrte in diesem Moment. "Dann setzt euch bitte, damit wir endlich essen können."
Sie schauten mich ein wenig verärgert an, denn beide hatten einiges an Mühe investiert, um sich heraus zu putzen, ohne zu bemüht zu wirken. Sie nahmen links und rechts von mir Platz.
"Ihr seht übrigens toll aus", bemerkte ich wie nebenbei.
Das zauberte ihre Lächeln zurück. "Danke, Mamo-chan."
"Und jetzt", sagte ich und rieb mir die Hände, "lasst uns was Anständiges essen."
Keine Einsprüche. Manchmal war das Leben einfach schön.

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Heute

Ich war hartes Arbeiten gewohnt. Nicht erst seit ich in Kumogakure Mädchen für alles gespielt hatte, auch in Konoha war meine Stamina zu Genin-Zeiten durch Alltagsarbeiten kontinuierlich aufgebaut worden. Deshalb machte mir die tägliche Routine der nächsten drei Tage nicht viel aus. Auf die Felder gehen und Reis ernten, an den Dämmen helfen, die das Wasser hielten, das Stauwerk des Baches, der das Wasser lieferte warten, Bäume für das Holz der Häuser fällen und bearbeiten, all das waren grobmotorische Arbeiten, die mir leicht von der Hand gingen. Feinere Arbeiten wie Zimmermannsarbeiten und Sägearbeiten - oder gar das Nägelgießen in der Schmiede - verweigerte ich. Ich stellte mich so ungeschickt an, dass man mich die Bretter nicht mehr hobeln, sondern nur noch tragen ließ.
Das Dorf gab sich dabei Mühe, mich hart ran zu nehmen. Ich empfand die Arbeit im Gegensatz zu meiner Zeit in Kumogakure hingegen als leicht. Ich schwitzte eher selten. Allerdings drohte ich zuzunehmen, weil Tsubasa nicht nur eine exzellente Köchin war, sondern auch der Meinung war, ich könnte ohne dreifache Portionen vom Fleisch fallen. Zu dem Zeitpunkt wuchs ich noch, weshalb ich nicht widersprach.
Inari und seine "Familie" zogen bereits am nächsten Tag wieder aus und bekamen die Hälfte eines bereits fertigen Hauses zugewiesen. Die Familie brauchte den Platz nicht. Nicht mehr, seit beide Kinder entführt worden waren. Bis sich bei den beiden also neuer Nachwuchs einstellte oder bis das neue Haus für Inaris "Familie" stand, würden sie dort wohnen können.
Also war ich der einzige Logis-Gast bei Genta und Familie. Und in diesen drei Tagen tat ich mein Möglichstes, um nicht auf Suzumes Provokationen herein zu fallen. Das Biest war erfinderisch und raffiniert. Einmal hätte sie mich fast dran gehabt, als ich sie am dritten Morgen unter meiner Decke gefunden hatte. Erstaunlich, dass ich ihre Annäherung nicht registriert hatte. Zum Glück aber neigte Tsubasa noch immer dazu, eher auf meiner Seite zu sein. Nach der Frage, ob sie fortan immer bei mir schlafen wolle und ob ihr Futon dann weggeräumt werden könne, gab Suzume die Posse auf.

Am vierten Tag, der gleich bedeutend mit dem fünften Tag der Reisernte war, bemühte ich mich, Suzume möglichst weiträumig auszuweichen. Offiziell, um ihren Spielchen auszuweichen. Inoffiziell, weil ich einen Zwischenbericht brauchte.
Nachdem ich bis zum Mittag auf den Feldern geschuftet hatte, schnappte ich mir ein paar Onigiri, kaum das Suzume in meine Richtung schaute, und verschwand zwischen den Bäumen auf dem Hügel im Westen. Sie war so verdutzt, dass sie nicht auf den Gedanken kam mir zu folgen, bevor die Bäume mich verschluckt hatten.
Am Fuß einer alten Eiche, die dank ihres zu harten Holzes bisher dem Hausbau widerstanden hatte, ließ ich mich nieder und verschlang mein Mittagessen.
"Also?", fragte ich zwischen zwei Bissen.
Hinata, die Byakugan aktiviert, sprang von der Krone herab und landete direkt neben mir. "Es ist niemand in der Nähe, Mamoru-sempai."
"Gut", sagte ich und schlang meinen zweiten Reisballen runter. "Was habt Ihr über die Topographie rausgefunden?"
"Es gibt fünf potentielle Anmarschwege, die für eine große Reitergruppe ausreichen, aber nur zwei erlauben eine schnelle Passage. Eine überwache ich mit Karin-sempai, die andere haben Kaminari-sempai und Kiba übernommen. Akamaru geht sicherheitshalber regelmäßig die anderen Wege ab, um sicherzustellen, dass sich niemand aus dieser Richtung nähert." Sie machte eine bedeutungsvolle Pause, bevor sie weiter sprach. "Gestern war ein Späher hier. Ich konnte ihn kurz verfolgen, aber da ich ihn nicht neutralisieren durfte, habe ich die Verfolgung aufgegeben, nachdem er den Wald verlassen hat."
"Ein Späher?"
"Ein Shinobi. Oder zumindest jemand, der ähnliche Fähigkeiten wie wir besitzt. Er beherrscht Step und hat am Waldrand die Dorfbewohner gezählt."
"Es könnten weitere kommen. Seid vorsichtig. Wenn sie euch entdecken, kann das unseren ganzen Plan vernichten."
Sie deutete auf die deutlich sichtbaren Narben in ihrem Gesicht, die Begleiterscheinungen des aktivierten Augen-Jutsu waren. "Keine Sorge. Ich habe Erfahrung darin, andere Shinobi mit meinen Byakugan zu finden."
"Da bin ich mir sicher, Hinata-chan. Es bleibt beim Plan. Wir warten, bis die Banditen eintreffen und lassen uns entführen. Ihr folgt uns mit einem halben Tag Abstand zur Basis der Halunken. Wenn Ihr eingetroffen seid, werden wir uns kurz koordinieren und unser weiteres Vorgehen entscheiden. Immerhin dürfen wir nicht voreilig sein. Wir müssen die zehn Kinder finden, die letztes Jahr entführt worden."
"Hoffentlich leben sie noch", sagte das Mädchen mit einem Zittern in der Stimme.
"Na, das sind ja Aussichten für diejenigen, die sie dieses Jahr entführen werden", erwiderte ich barsch.
"E-entschuldige, Sempai."
"Das war nur Spaß, Hinata-chan. Du wirst dir ein erheblich dickeres Fell zulegen müssen, um als Shinobi erfolgreich zu sein. Das gehört genauso dazu wie ein gutes Training."
"Ja, Sempai. Ich... Das Mädchen kommt."
"Das Mädchen?"
"Das Mädchen aus dem Dorf, das sich an dich ranschmeißt, Sempai. Sie ist noch fünfzig Meter entfernt. Sie geht grob in unsere Richtung."
"Verstehe. Du hast die Anweisungen. Zieh dich zurück, Hinata-chan."
"Ja." Die junge Hyuuga schien vor meinen Augen zu verschwinden. Ich spürte sie in der Krone der Eiche, und danach hörte ich, wie sie über die Äste der anderen Bäume hinweg huschte.

"Akiraaaa! Wo steckst du? Akiraaaaa, ich will doch gar nichts Böses!"
Das brachte mich dann doch zum Grinsen. Aber auch nachdenklich. Was wollte sie eigentlich von mir? Sie wollte mich kontrollieren, das war mir klar. Sie wollte Macht über mich. Aber was tat sie dann mit dieser Macht? Und warum war sie sich so verdammt sicher, dass es unproblematisch war, in mein Bett zu kriechen oder mir in einen finsteren Wald zu folgen? Gut, es war sicher, aber das konnte sie nicht wissen. Bei Tsubasa spürte ich, dass sie ahnte, warum ihr Mann auf Reisen gegangen war, und wen er da mit zurück gebracht hatte. Aber Suzume? Nein, ihr fehlte die Erfahrung.
"Akiraaaaa! Ich will... AH!" Ein derber Fluch folgte, den ich von dem eigentlich recht hübschen Mädchen noch nicht gehört hatte. Sie versuchte im Allgemeinen schon, den Eindruck einer gebildeten, höflichen jungen Dame zu erwecken, also mehr zu scheinen als zu sein. Deshalb verwunderte mich der wilde Kraftausdruck.
Also erhob ich mich und folgte ihrer Stimme.
Da lag sie, flach auf dem Boden wie beim ersten Mal, als wir uns getroffen hatten. Und sie fluchte wie ein Sake-Brauer, dem die Gärung misslungen war.
"Alles in Ordnung?", fragte ich.
Sie sah auf. Ihre Augen glänzten vor Tränen des Schmerzes. "NATÜRLICH NICHT, DU IDIOT!", blaffte sie. "ICH BIN ÜBER DIE DÄMLICHE BAUMWURZEL GESTÜRZT, DAS SIEHT MAN DOCH!"
Ihre Augen funkelten trotz der Tränen wütend. Dann sah sie von mir fort. "Na los, hau schon ab und lass mich hier liegen. Ich bin dir doch sowieso egal!" Neue Tränen füllten ihre Augen. "Du bist auch nicht anders als die anderen! Nach vorne hin nett und höflich, weil ich Tsubasas Schwester bin, aber nach hinten lacht Ihr über mich! Ich hasse euch! Ich hasse euch alle!"
Ich besah mir die Situation genauer. Ihr rechter Fuß befand sich tatsächlich neben einer Baumwurzel, die leichte Kratzer von ihren Fußnägeln aufwies. Ihr rechter Knöchel war rot und leicht geschwollen. Ihre Geta waren gerissen und lagen neben ihr. Sie musste Schmerzen haben. Und wenn ihre kleine Rede echt gewesen war, dann hatte sie nicht nur körperliche Schmerzen.
Ich setzte mich vor ihr in die Hocke. "Was bist du nur für ein merkwürdiges Mädchen. Wenn du öfters aussprechen würdest was du denkst, dann würden dich sicher auch mehr Menschen verstehen, denkst du nicht?"
"Das ist doch sowieso alles egal", brummte sie. "Ich bin eben Suzume, und nicht Tsubasa. Und weil Genta so knurrig ist, ärgern mich nicht mal die Jungs. Und wenn die Mädchen mit mir reden, dann geht es nur darum, dass Tsubasa so elegant und so hübsch ist. Ich bin das leid. Ich bin doch auch noch da! Und da dachte ich... Da dachte ich, da du doch neu im Dorf bist, da dachte ich... Mit dir könnte es anders sein... Aber du bist auch wie die anderen. Also hau endlich ab."
Ich überdachte die Situation für einen Moment. Dann erhob ich mich. "Also gut, wenn das dein Wunsch ist..." Langsam ging ich an ihr vorbei.
"Ja, lass mich nur zurück. Lass mich hier einfach liegen. Die wilden Tiere werden sich schon um mich kümmern. Wenigstens denen bin ich nicht egal."
"Wie kommst du nur darauf, dass du irgendjemandem egal bist, Suzume-chan? Du müsstest nur einmal die Augen öffnen, um es zu erkennen."
"Worte, alles nur Worte! Verschwinde einfach!" Sie schluchzte leise und vergrub ihr Gesicht im Waldboden.

So ließ ich sie zurück. Zumindest bis ich den nächsten größeren Baum erreicht hatte. Ich nahm mir vor, sie ein paar Minuten im eigenen Saft schmoren zu lassen, und ihr erst dann zu helfen, wenn sie versuchte selbst aufzustehen. Was bei einer simplen Verstauchung schmerzhaft, aber möglich war.
Also richtete ich mich gemütlich ein und überwachte sie mit meinen sensorischen Fähigkeiten. Der Schwerpunkt ihres Chakras lag noch immer am Boden, und damit auch ihr Körper. Ich hörte sie noch immer schluchzen. So ging das zwanzig Minuten. Dann kam der Moment, in dem sie mit dem fruchtlosen Weinen aufhörte und trotzig aufheulte. Ich konnte deutlich erkennen, dass sie sich aufrichtete. Sie versuchte sich daran, den verletzten Fuß zu belasten, aber sie scheiterte. Und stürzte wieder zu Boden. Weitere Tränen flossen, aber ihr Trotz war geweckt. Schneller als erwartet richtete sie sich wieder auf. Und plötzlich war alles anders.
Ich bemerkte das zweite Chakra sehr spät, was vor allem daran lag, dass ich so weit von Suzume entfernt war, dass sie beinahe an der Grenze meiner sensorischen Reichweite war.
Ein Schrei aus Entsetzen und Angst ließ mich automatisch reagieren.
"Oho, was haben wir denn hier?", klang eine reife Männerstimme auf. "Man muss im Wald anscheinend nur die Augen offen halten, und schon findet man was hübsches."
Ich eilte heran und erfasste die Situation auf dem ersten Blick. Der Mann von vielleicht vierzig Jahren hatte Suzume ergriffen und am Handgelenk auf die Füße gezerrt. Sie quiekte erschrocken auf, als sie unwillkürlich ihr rechtes Bein belastete.
"Oh, du bist verletzt? Dann läufst du mir ja nicht weg, meine Hübsche."
Auf seinen Zügen lag Erwartung, Gier, und einige andere Ausdrücke, die zusammengefasst nicht sehr freundlich waren. "Wie wäre es denn, wollen wir uns ein wenig die Zeit vertreiben?"
Er bemerkte mich spät. Ich war schon auf acht Meter heran gekommen, und das obwohl ich meine Ninja-Fähigkeiten nicht einsetzte, um meine Tarnung zu schützen.
Er schien ein Shinobi zu sein, aber sicher konnte ich das nicht sagen. Auf jeden Fall warf er eine Handvoll Shuriken in meine Richtung, als er mich nahen sah. Ich wich aus und hielt weiterhin auf ihn zu. "Lass sie los!", blaffte ich.
"Was denn, was denn, bist du der Freund dieser kleinen Kirschblüte? Dann willst du sicher nicht, das ihr etwas passiert, oder?" Mit einem kurzen Griff hatte er ein Kunai gezogen. Er hielt es Suzume an die Kehle.
Ich stoppte. "Das würde ich an deiner Stelle besser nicht tun", grollte ich den Mann an. Er trug kein Stirnband mit dem Zeichen seines Dorfes. Also hatte ich es vielleicht mit einem Nukenin zu tun. Das würde zu den Banditen passen.
"Keine Sorge, ihr passiert nichts Schlimmes, wenn du still hältst. Im Gegenteil, sie bekommt ein wundervolles Geschenk von mir. Aber dabei störst du leider, und deshalb..."
Natürlich sah ich das Kunai kommen. Natürlich wusste ich den Weg, den es nehmen würde. Natürlich wusste ich, wo es mich treffen würde. Etwas unter dem Brustbein, knapp unter den Rippen, wo es mein Herz verletzen würde. Aber ich konnte nichts tun, ohne meine Tarnung zu vernichten. Also tat ich das Einzige, was ich tun konnte. Ich ließ mich treffen, und fiel mit einem Laut der Überraschung zu Boden.
"Was für ein braver Junge. Er muss dich wirklich gemocht haben."
"Akiraa!", rief sie verzweifelt und riss am Griff des Fremden.
"Jetzt wo diese Nervensäge nicht mehr ist, können wir uns ja um den Spaß kümmern, oder?"
Vor Eifer und Gier wurde er unvorsichtig, hielt sie mit einer Hand fest und versuchte die andere unter ihre Kleidung zu schieben, um sie aufzureißen, aber Suzume wehrte sich mit Trotz und mit dem Mut der Verzweifelten. "Nun zier dich nicht so, mein Kätzchen. Es dauert auch nicht lange."
Dies war der Moment, in dem ich dem Mann die Klinge seines eigenen Kunais an den Hals legte. "Das gleiche würde ich von dir sagen. Lass sie los."
Entsetzt öffnete er seine Hände.
"Akira!", rief Suzume erleichtert. Auf Händen und Knien kroch sie von dem Mann fort und suchte hinter mir Schutz.
"W-wie ist das möglich? Ich habe dich..."
"Du hast geglaubt, mich getroffen zu haben", sagte ich mit Hohn in der Stimme. "Aber du hast es nicht nachgeprüft. Du denkst sicherlich, deine geworfenen Kunais sind schnell, aber ehrlich gesagt habe ich schon wesentlich Schnellere als deine erlebt. Ich brauchte deine Waffe nur zwischen beiden Händen zu fangen und so tun, als wäre ich getroffen worden. Du Idiot hast mir die ganze Schmierenkomödie geglaubt, hm? Selbstüberschätzung scheint deine Schwäche zu sein." Ich drückte das Kunai fester an seinen Hals. Blut rann am Schnitt herab. "Mehr Glück im nächsten Leben, du perverser Sack!"
"Warte!", rief er hastig. "Warte! Du kannst mich nicht töten! Ich bin Beamter!"
"So? Beamte laufen aber nicht in finsteren Wäldern herum und vergehen sich an jungen Mädchen, oder?" Ich drückte noch ein wenig fester zu.
"I-ich habe ein Amtssiegel dabei! Ich bin Zweiter Beamter im Dienste von Daimyo Harusame, dem Herrn dieses Dorfes! Der Vorsteher hat ihn letztes Jahr nach der Ernte besucht und ihm berichtet, dass bewaffnete Banditen die Ernte gestohlen und Kinder entführt haben! Meine Mission ist es festzustellen, ob sie in diesem Jahr wieder kommen! U-u-um ihnen eine Falle zu stellen!"
"Zeig mir das Siegel", forderte ich. "Aber langsam."
Er griff mit der Rechten in seine Kleidung und zog ein silbernes Medaillon hervor. Dort war für alle, die des Lesens mächtig waren, gut sichtbar eingraviert, dass dieser Mann dem Daimyo Harusame diente.
"Das erklärt allerdings noch nicht, warum du kleinen Mädchen nachstellst", sagte ich drohend und drückte so fest zu, dass der Mann ängstlich aufquiekte.
"Es ist doch nichts dagegen zu sagen, dass man auch in meinem Alter seinen Spaß hat, oder?", sagte er hastig, und mit einem belustigten Unterton, den ich am liebsten aus ihm heraus geprügelt hätte. "Meine Anwesenheit hier muss geheim bleiben, und das um jeden Preis. Eigentlich müsste ich euch töten."
"Danke für den Hinweis. Ist es dann nicht besser, wenn ich dich töte? Jetzt und hier?"
"Der Daimyo erwartet meinen Bericht. Kehre ich nicht zurück, wird es eine Untersuchung geben!", drohte er, für einen Moment, weil er glaubte, Oberwasser zu kriegen.
"Gut. Hoffentlich fällt diese Untersuchung mit der Ankunft deiner Banditen zusammen. Dann schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe!", drohte ich.
Das entsetzte den Mann genug, um ihn zum zitternden Wrack werden zu lassen.
In diesem Moment nahm ich das Kunai ab. "Du bist erbärmlich. Ich bin mir zu Schade, um einen Feigling zu töten. Geh und komm mir nie wieder unter die Augen."
Für einen Moment zögerte er, doch dann erhob er sich auf seine zitternden Beine. Hastig verneigte er sich vor mir. "Danke! Danke, danke, danke. Ich werde niemals wieder kehren!" Er lief mit zittrigen Schritten in den Wald zurück.

Ich atmete erleichtert auf. In der Krone eines Baumes, in dessen Richtung er geflohen war, erkannte ich Hinata. Gut, sie hatte Suzume auch gehört. Ich bedeutete ihr, den Mann zu verfolgen, so weit sie konnte. Das Mädchen nickte und verschwand.
Dies war der Moment, in dem mich ein durchaus schmerzhafter Schlag in den Rücken traf. "Du blöder Kerl! Du Ekel!", rief Suzume. Sie hockte hinter mir, hatte sich in den Rückensaum meiner Jacke gekrallt und weinte schon wieder. "Ich dachte, du bist tot! Wie konntest du mir das nur antun?"
Ehrlich gesagt brachte mich das zum Lachen. "Tut mir leid, aber es ging einfach nicht anders, Suzume-chan. Ich kenne solche Situationen. Wenn man auf der Straße lebt, dann überlebt man nur, wenn man die Stärkeren überlisten kann. Er musste sich sicher genug fühlen, um seine Umgebung zu vergessen. Sonst hätte ich ihn nicht besiegen und dich retten können. Verstehst du das?"
"Du bist trotzdem gemein", hauchte sie und wischte ihre Tränen in meine Jacke. "Das hat so weh getan als ich dachte, dass du stirbst."
Das brachte mich wieder zum Lachen. "Du weißt schon, dass der Herr Beamte ein paar Tricks von Shinobi gelernt hat? Wie hätte ich ihn deiner Meinung nach besiegen sollen?"
"Du kannst das! Du hättest ihn mit links fertig gemacht und mit rechts hättest du mich aus seinem Griff gerettet!" Trotzig sah sie mich an.
Ich lachte erneut, kurz und abgehackt. "Suzume, ich bin leider kein Shinobi."
"Aber du solltest einer sein! Dann wären wir endlich sicher!"
Sie hatte "wir" gesagt. Also hatte sie all die Menschen, denen sie vorwarf, dass sie ihnen egal war, mit eingeschlossen. Sie gab sich zynischer als sie eigentlich war.
"Mein Leben ist bisher ziemlich verrückt verlaufen", sagte ich amüsiert und ging neben dem Mädchen in die Hocke. "Ich dachte eigentlich, wenn ich mit Genta mitgehe, kriege ich da endlich ein wenig Ruhe rein. Ein normales Leben, ein einfaches Haus, Familie, etwas in der Art."
"Familie?" Argwöhnisch sah sie mich an. "Du willst mit Hanako eine Familie gründen?"
Überrascht sah ich sie an. "Wie kommst du denn darauf, Suzume-chan?"
"Es stimmt doch, oder? So wie sie dich immer ansieht, ist das ja wohl klar! Glaubst du, ich habe keine Augen im Kopf?"
Ich tätschelte ihren Kopf. "Familie besteht aus mehr als der Frau die man heiratet. Oder den Mann. Und wenn du dir Mühe gibst, dann rechne ich dich vielleicht eines Tages auch zu meiner Familie, Suzume-chan."
Sie sah auf, mir direkt in die Augen. "Und heiratest mich? Nicht diese aufgetakelte Hanako?"
Ich lachte. Das war etwas, was ich Hana-chan besser nie erzählen sollte. "Nun übertreib mal nicht gleich. Fangen wir damit an, dass du meine kleine Schwester wirst, okay?" Ich drückte ihr etwas in die Hand. "Und das ist das erste Geschenk, das meine kleine Schwester von mir bekommt."
Sie betrachtete den silbernen Gegenstand erstaunt. "Aber das ist das Siegel des Beamten! Wie hast du...?"
"Sieh es als kleine Entschuldigung von ihm, dafür das er versucht hat, mich umzubringen und dich... Na ja. Ich bin jedenfalls sicher, dass er es nicht zurückfordern wird. Er hat Angst vor mir."
Ich wandte mich um und streckte die Hände nach unten. "Und jetzt komm. Ich trage dich nach Hause."
"Okay." Sie war federleicht. Ich hatte keine Mühe, sie auf meinen Rücken zu heben und mit ihr aufzustehen. Ihre warmen, zarten Arme legten sich um meinen Hals, und ihr Kopf ragte über meine rechte Schulter, damit sie mich ansehen konnte.
"Duuu, Akiraaaaa, behältst du das Kunai eigentlich?"
"Willst du das haben? Du hast doch schon das Beamtensiegel bekommen", lachte ich.
"Ich habe die letzten dreizehn Jahre nur ein Geschenk von dir bekommen, großer Bruder", sagte sie mit diebischem Vergnügen in der Stimme. "Da ist ein zweites Geschenk sicher nicht zu viel verlangt, oder?"
Ich lachte erneut. "Das Kunai ist eine Waffe, und hat in deinen zarten Händen nichts verloren, Suzume-chan. Außerdem habe ich von dir in den letzten dreizehn Jahren nicht mal ein Geschenk bekommen."
"Oh, da hast du Recht. Im Moment habe ich aber nur das." Sie lehnte sich vor und küsste meine rechte Wange. Dann schmiegte sie sich enger an mich.

Als wir den Wald verließen, wurden die Dorfbewohner auf den Feldern schnell auf uns aufmerksam. Bereits nach kurzer Zeit hatte sich eine bunt gemischte Traube um uns versammelt.
Besorgt erkundigten sich die Männer und Frauen über Suzumes Gesundheitszustand, und wo ihre Getas geblieben waren.
"Keine Sorge", sagte ich, "sie ist nur über eine Baumwurzel gestolpert und hat sich den Knöchel verstaucht."
"Und wo sind ihre Sandalen? Akira-kun, das du darauf nicht geachtet hast."
"Tut mir leid, aber die konnte ich nicht auch noch mitnehmen. Suzume ist ganz schön schwer. Autsch, nicht kneifen."
"Ich bin woll nicht schwer", protestierte sie.
"Du bist leicht wie eine Feder", sagte ich lächelnd.
"Hey, wenn du sie nicht mehr tragen kannst, soll ich dich dann ablösen?", fragte einer der Dorfjungen. Ich glaube, Kenji war sein Name.
"Du bist doch zu schwach und lässt sie nur fallen! Ich mach das dann, klar?", meldete sich ein zweiter Junge.
Eines der Mädchen trat näher heran und griff Suzume ins Haar. "Du hast ja lauter Laub und Stöcke in deinem Haar. Das passt aber nicht. Du hast doch immer so schöne, seidige Haare."
"D-danke", sagte sie verlegen, während das Mädchen, Anko, wenn ich mich nicht irre, den Unrat entfernte, den sie sich auf dem Waldboden zugezogen hatte.
Durch den Pulk besorgter Menschen kamen wir nur langsam voran, und mussten uns etliche Tipps und gute Ratschläge anhören. Aber ich konnte beinahe sehen, wie Suzume aufblühte. Nicht, weil sie der Mittelpunkt des Geschehens war, sondern weil das eingetreten war, was sie nicht mehr erwartet hatte: Sie wurde bemerkt. Nicht Tsubasa, nicht Genta, sondern sie.
"Schaut doch nur, sie hat Schmerzen. Sie weint, das arme Ding. Sei doch vorsichtiger mit ihr, Akira-kun", tadelte mich die Frau, die schon meine Blasen und Schnittwunden verarztet hatte.
"Ich tue was ich kann", erwiderte ich.
"Suzume-chan, sag Tsubasa, dass ich nachher mit einigen Heilkräutern vorbei komme, ja?"
"Ich richte es aus, Tante Mei."
Ja, sie war definitiv glücklich. Und ich war sicher, sie hatte es sich diesmal verdient.
***
Damals

Am Morgen des fünften Tages war ich früh wach. Ich war ausgeruht, hatte die Strapazen der letzten Mission und den Angriffs weitestgehend hinter mir gelassen, ich hatte meine Toten begraben und meine verletzten Kameraden im Krankenhaus besucht. Ich hatte all das getan, was man von einem Gruppenführer erwartete. Und irgendwann hatte ich doch den Mut gefunden, Konohamarus Familie zu besuchen. Die Herzlichkeit und die Selbstverständlichkeit, mit der ich in ihre Trauer aufgenommen worden war, hatte mir einiges vor Augen geführt. Nämlich das ich für sie mehr war als nur ein Ninja Konohas. Ich gebe zu, ich habe mich nie als etwas Besonderes gesehen, aber genauso habe ich lange Zeit angenommen, ich müsste für alle anderen Menschen auch gleich unscheinbar ausschauen. Interesse an mir, egal in welcher Form, hatte mich immer zuerst irritiert. Durch die Reaktion der Sarutobis aber wurde mir klar, dass ich mein eigenes Weltbild überarbeiten musste. Und dass es durchaus Menschen gab, die mich schätzten. Auch ohne, dass ich erst etwas Besonderes werden musste.
Der Besuch an sich war nicht so verlaufen wie ich erwartet hatte. Natürlich war die Stimmung durch die Trauer geprägt, aber Sarutobi-sama hatte schon vor langer Zeit verfügt, dass er mit einem Lächeln verabschiedet werden sollte. Darum gedachte man im Haushalt all seiner guten Seiten, erzählte sich Pointen, und ermunterte die Kinder dazu, wie sonst auch zu spielen.
Konohamaru hielt das als angehender Ninja natürlich für unter seiner Würde, also nannten wir und seine beiden Teamkameraden es einfach "Training", und die Welt war wieder in Ordnung.
Eine Zeitlang tollte ich mit den dreien umher, ich wurde zum Nachmittagstee und zum Abendessen eingeladen, und es war erst spät in der Nacht, als ich nach Hause ging. Was vor allem daran lag, das Asuma-sempai auch noch vorbei kam, und wir noch lange nach dem Essen am Tisch saßen und uns heitere Anekdoten über Hiruzen Sarutobi erzählten, den dritten Hokage.
Hinterher, auf dem Heimweg, war ich unheimlich erleichtert über das, was ich erlebt hatte, und ich war dankbar, dass ich doch noch den Mut gefunden hatte, hinzugehen. Ich merkte, ich wusste, nur weil mein Meister fort war, war ich nicht automatisch ein Niemand für die Sarutobis. Allerdings ließ die Mutter schon scherzhaft durchblicken, dass sie erwartete, dass ich Konohamaru zum Kontraktpartner machen würde, wenn seine Zeit gekommen war.
Seiner Meinung nach war das sofort der Fall. Meiner Meinung nach hatte er noch einige Jahre zu warten, um jene Jovialität zu entwickeln, die Affen so sehr liebten. Aber er zwang mich dann mehr oder weniger, seine erfolgreiche Ernennung zum Chunin als Termin festzulegen.

Als ich an diesem Morgen in voller Montur in die Küche trat, erwartete meine Familie mich bereits. Der Esstisch war reich gedeckt, meine Leibspeisen überwogen, und ein dreistöckiges Bento stand bereit. Das überraschte mich. Ich war schon öfters zu Missionen außerhalb des Landes des Feuers aufgebrochen, hatte schon oft B-Rang-Missionen erfüllt. Ebenso überraschte mich, dass sich die Frauen vollkommen ungezwungen unterhielten, während Vater stoisch die Zeitung las.
"Morgen", sagte ich und setzte mich dazu. "So viel Aufwand? Für mich?"
"Mach dich nicht lächerlich, kleiner Bruder", sagte Yuriko mit einem frechen Grinsen. "Wir hatten heute einfach Lust, mal ein paar Sachen zu machen, die es lange Zeit nicht gegeben hat."
"So, so", murmelte ich und setzte mich. Neben dem üblichen Morgenmahl Konohas - Reis, Miso und gebratene Makrele - gab es auch Toast, Speck und Würstchen, gebratene Nudeln, Marmelade, Wurst und Käse zu Graubrot, Brötchen und süßen Kuchen. Unmöglich, das wir vier das alles schaffen konnten. "Und? Wie viele Gäste erwartet Ihr noch?"
"Wie jetzt?" Erstaunt wechselten Mutter und Yuriko einen Blick. "Das ist alles für dich. Wir haben gehört, dass du beim Angriff auf Konoha eine Soldatenpille gegessen hast. Das soll uns nicht wieder passieren. Diesmal isst du dich richtig satt."
Ich ließ meinen Blick über die Mengen schweifen. "Tschuldigung, aber ich bin kein Akimichi."
"Aber wir bestehen drauf", fuhr Mutter fort.
Das schlug mir dann doch ein wenig auf den Magen.
"Lass dich doch nicht immer so leicht foppen, Herr Chunin", sagte Vater über den Rand seiner Zeitung hinweg. "Die beiden machen sich nur Sorgen um dich. Auf Missionen bist du schon öfter gegangen, aber diesmal ist es eine Invasion. Außerdem musst du nicht alles alleine essen. Meine beiden Mädchen haben deine beiden Mädchen zum Frühstück eingeladen. Sie müssten eigentlich gleich da sein."
Wie auf Stichwort klopfte es an der Tür. "Ich mache auf!", rief Yuriko und eilte zur Tür.
Für einen Augenblick war Stille, dann herrschte mehrstimmiger Tumult, der sich bis in die Küche zog, als Vater und Mutter die beiden hoch geschätzten Gäste begrüßten.
Ich beließ es mit einem Nicken. Wir drei waren Profis, und wir würden in den nächsten Tagen enger zusammenarbeiten als es eine innige Begrüßung zum Frühstück sein konnte.
"Setzt euch. Wir haben genug für alle gemacht", sagte Mutter stolz, drückte beide Mädchen herzhaft und platzierte sie links und rechts von mir.
"Na dann guten Appetit", sagte ich und griff selbst zu.
"Vielen Dank für die Einladung." Karin schaufelte sich erwartungsgemäß den Teller voll. Als Akimichi und dank ihres Jutsu hatte sie einen Stoffwechsel, der mit einem sehr heißen Brennofen zu vergleichen war. Sie war wie ein Rohr, durch das alles einmal hindurch lief. Doch in letzter Zeit blieb mehr und mehr von dem was sie aß auf der Brust hängen. Aus dem dürren Mädchen wurde... Ein Mädchen.
Hanako war nicht viel zurückhaltender. "Oh, frischer Speck. Und Würstchen. Sonst darf ich das ja nicht, aber wir haben einen langen Marsch vor uns. Und Mamo-chan passt schon darauf auf, das bei uns kein Fett ansetzen kann, nicht?"
Ich linste nach rechts zu ihr herüber in ihren Ausschnitt. "So? Dann war ich aber nicht sehr erfolgreich."
Dafür kassierte ich einen Schlag gegen die Schulter. "Mamoru Morikubo, du bist unmöglich", tadelte sie mich.
"Und genau das macht meinen Charme aus, oder?", erwiderte ich lachend und ergriff die Kanne. "Grüntee?"
"Bitte, ja." "Karin?" "Germme."
Ich schenkte den beiden ein und bewunderte, mit welcher Geschwindigkeit Karin drei dicke Pfannkuchen verschlang. Es war ein Anblick, der am besten mit einem Strudel und einem armseligen Schiff zu vergleichen war, das plötzlich hinein geriet.
"Und? Seid Ihr vorbereitet? Orochimaru wird mit einem Gegenschlag rechnen, oder?", fragte Vater unvermittelt.
"Ich habe keine Bedenken, dass wir auf Orochimaru treffen werden", sagte ich. "Er wird Otogakure aufgegeben haben, und sitzt genau jetzt in einem seiner Geheimverstecke bei seinen biologischen Experimenten."
"Biologische Experimente?" Für einen Moment schien Hanako grün im Gesicht zu werden.
"Unsterblichkeit, oder so. Mein Meister hat mir mal etwas dazu erzählt", sagte ich und betrachtete das junge Mädchen argwöhnisch. Wenn ihr schlecht wurde...
"Danke, geht schon", sagte sie und schluckte kräftig. "Jedenfalls ist das Ziel der Mission, dass Otogakure jede Möglichkeit genommen wird, je wieder Krieg zu führen."
"Das heißt, wir vernichten ihre Schmieden, kappen ihre Handelswege, nehmen ihnen ihre Geldressourcen und verhaften ihre Shinobi. Das ist jedenfalls der Plan für den Idealfall."
"Ich für meinen Teil werde die Augen nach Maria offen halten. Da ist noch eine Rechnung zwischen uns, die ist sehr persönlich", knurrte ich angriffslustig. Es hätte vielleicht cool gewirkt, wenn ich mir dabei nicht ein Brötchen aufgeschnitten hätte.
"Mamoru!", rief Karin entrüstet.
Ich fuhr zusammen. "Was ist? Darf ich nicht mal ein persönliches Rachebedürfnis empfinden?"
"Nein, das geht in Ordnung. Aber was Maria angeht, wirst du dich schön hinten anstellen. Sie hat Katou getötet, den Mann, der mir das Leben gerettet hat!"
Ich sah sie erstaunt an. "Nanu, so blutrünstig kenne ich dich sonst nicht, meine kleine Akimichi."
"Glaub bloß nicht, dass du hier der einzige mit dem Recht auf Rache bist", murrte sie und ließ einen weiteren Pfannkuchen verschwinden. Man musste sich das mal vorstellen. Sie war einen halben Kopf kleiner als ich, wog in etwa nur die Hälfte, hatte das Gesicht eines schwarzhaarigen Engels mit einem kleinen, volllippigen Mund, der wirkte als wäre er schon mit dem Umfang einer Kirsche überfordert, und dann verschwand ein fingerdicker Zwanzig Zentimeter-Pfannkuchen darin, als hätte es ihn nie gegeben. Man sagte ja, Essen und Atmen wäre für Akimichi sehr ähnlich.
Ich vermutete, es war dasselbe.
"Wir werden sehen, wer sie zuerst zu fassen bekommt", erwiderte ich.
"Hey, vergesst dabei mich nicht!", beschwerte sich Hanako. "Ich war auch mit Katou befreundet. Und ich habe gesehen, wie Maria Lian verletzt hat! Hallo? Meine Freundin Lian? Also, bitte."
"Ihr redet über Suna-Ninjas, oder?", fragte Vater erstaunt.
"Ja. Wir haben mit ihnen die Chunin-Prüfung gemeistert", erklärte ich. "Ich habe davon erzählt."
"Waren sie zu dem Zeitpunkt nicht eure Feinde?", hakte er nach.
"Schon", erwiderte ich nachdenklich. "Und als Feinde haben wir sie behandelt. Aber wir haben sie nicht gehasst."
"Ich denke, das wäre auch eine gute Einstellung, um mit den Oto-Ninjas umzugehen. Was meint Ihr, wie viele von ihnen nur Befehle ausgeführt haben? Die gar nicht gewusst haben, wem sie eigentlich dienen?" Vater schlug seine Zeitung wieder hoch und sagte: "Denkt mal drüber nach. Hitzköpfe gibt es genug auf der Welt, aber es überleben die, die in Ruhe nachdenken können und überlegt handeln."
"Ha, Schatz. Du redest mal wieder über etwas, wovon du nichts verstehst. Du warst noch nie auf einem Schlachtfeld. Wenn man mal von den Angriffen auf Konoha absieht", tadelte Mutter. "Aber du hast Recht."
Sie wandte sich mir und meinen Mädchen zu. "Gerade wenn Gefühle involviert sind, müsst Ihr aufpassen, dass Ihr sie steuert, nicht sie euch. Gefühle können eine mächtige Hilfe sein, Kräfte wecken, die Ihr glaubtet gar nicht zu haben. Aber sie können euch auch unvorsichtig machen, leichtsinnig, verletztlich. Wer sich vom Rausch des Blutes dahin jagen lässt, muss schon ein ziemlich guter Ninja sein, will er seinen Feinden nicht etliche Eröffnungen präsentieren. Und seien wir doch mal ehrlich, Mamoru - du bist kein Sarutobi."
Das war schon richtig. Ich hatte nie mit Asuma mithalten können, geschweige denn von Hiruzen Sarutobi selbst. Das wusste ich. Aber es von der eigenen Mutter gesagt zu kriegen, war sehr demoralisierend. "Danke", erwiderte ich säuerlich. "Das war mir durchaus bewusst."
"Na, na, übertreiben solltest du es aber auch nicht", erwiderte Vater streng. "Immerhin, dein Sohn ist Chunin. Und das wird man nicht als zweitklassiger Ninja. Und ob es für den Jounin reicht werden wir früh genug sehen."
Das war zwar vom Grundtenor eher positiv, aber ich hatte die letzte Spitze wohl bemerkt. "Danke, Vater. Das baut mich jetzt wieder auf."
"Wie dem auch sei, und bevor Ihr beide meinem kleinen Bruder noch mehr zu schaffen macht", ging Yuriko dazwischen, "ich habe ein Bento für euch gemacht. Für euch drei. Ich hoffe, Ihr esst es unterwegs."
Das ließ die Augen der Mädchen strahlen. "Danke, Oneechan." "Ein Bento von Yuriko-Oneechan. Herrlich."
"Na, das will ich ja auch meinen. Ich habe mir richtig Mühe gegeben", sagte sie zufrieden.
Es war nicht verwunderlich, dass auch sie ihren Teil der Aufmerksamkeit genoss und mochte.
"Wir werden dein tolles Essen ausgiebig genießen", versprach ich.
"Gut. Ihr zwei, Ihr passt auf, dass Mamoru anständig isst. Ich will nicht, dass er sich wieder so eine Soldatenpille in den Mund stopft. Man hört ja so viel schlechtes darüber", sagte sie ernst.
"Verstanden!", rief Hanako. "Notfalls bekochen wir ihn!"
"No-notfalls", haspelte Karin, "füttern wir ihn!"
"Hoffentlich nicht Mund zu Mund", brummte ich.
Die darauffolgende Stille machte mich doch etwas nachdenklich. "Was ist los? Ich habe doch nur einen Scherz gemacht."
Vater stieß einen Laut des Missfallens aus und widmete sich wieder seiner Zeitung. Yuriko seufzte lang und ausgiebig, meine Mädchen traten mich heimlich unter dem Tisch, während ihre Gesichter kräftige Röte angenommen hatten, und Mutter schüttelte abfällig den Kopf. "Was, Ihr Götter, habe ich auch anderes von diesem Sohn erwartet?" Es folgte ein mütterlicher Seufzer, so voller Bedauern, aufrichtiger Trauer und unerfüllter Hoffnung, das ich mich unwillkürlich fragte, wen ich umgebracht hatte.
"Esst auf. Euer Treffen ist bald", sagte Vater hinter seiner Zeitungsbarriere. "Und, Hanako, Karin... Niemals aufgeben. Jeder kann dazu lernen. Selbst mein Trottel von Sohn."
"Das machen wir auch nicht, Otoo-sama." "Wir sind hartnäckig, Otoo-sama."
"Ich verstehe gerade gar nichts", murrte ich.
"DAS wundert uns nicht im Geringsten, Mamoru." Mutter seufzte erneut.
Und ich hatte es eilig, mit dem Essen fertig zu werden, um dieser Anti-Mamoru-Stimmung entkommen zu können.
***
Die Tore von Konoha glichen einen Heerlager. Es ging drunter und drüber. Shinobi liefen durcheinander, Melder wuselten durch die Menge, und ANBU waren überall und nirgends.
Ich schätzte die Zahl der sich nach und nach in Neuner-Zellen ordnenden Shinobi auf beinahe zweihundert. Das sollte ausreichen, um Otogakure einzustampfen, vor allem weil davon auszugehen war, dass Orochimaru selbst nicht anwesend sein würde. Und wahrscheinlich hatte er seine stärksten Kämpfer ebenfalls abgezogen. Es ging bei der Mission ohnehin darum, ein Zeichen zu setzen. Als ich das erkannte, begannen bei mir die Magenschmerzen. Ich musterte die Shinobi, und sah, dass der Anteil an Genin ungewöhnlich groß war. Tatsächlich erkannte ich auf Anhieb nur drei Chunin, die ich persönlich kannte, in der Menge, und nicht einen Jounin.
Zum Glück sah ich Asuma-sempai am Torhäuschen stehen. Er unterhielt sich gerade mit den beiden Räten Utatane-sama und Mitokado-sama. Dabei gestikulierte er ausdrucksstark mit den Armen.
Als er mich kommen sah, winkte er mich heran.
Ich nickte den Mädchen zu und gab ihnen damit Anweisung, ihren Platz in der Kolonne zu finden. Irgend einer würde schon wissen, wo wir eingesetzt wurden. Nun, es hätte mich irritieren sollen, dass einige der Shinobi zu ihnen kamen. Aber wahrscheinlich würden wir, wie wir es gewohnt waren, ein Neuner-Team übernehmen.

Als ich die kleine Gruppe erreichte, warf mir der alte Mitokado einen finsteren Blick zu. "Zu spät!"
Irritiert verharrte ich. Wir waren mindestens zwanzig Minuten zu früh. Ich konnte doch nichts dafür, dass die anderen Shinobi Konohas noch eifriger waren als ich.
"Ich bin vor dem avisierten Termin gekommen", verteidigte ich mich barsch.
"Als Anführer ist man eine Stunde früher da. Besser anderthalb", sagte er mindestens ebenso barsch.
"Anführer?" Entsetzt starrte ich die drei an. "Wie, Anführer?"
Daraufhin begann Asuma auf seine unnachahmliche Art zu lachen. "Oh, mein Fehler. Ich habe dir die neue Zeit zum Sammeln nicht zukommen lassen, Mamoru. Entschuldigen Sie uns eine kurze Zeit, Utatane-sama, Mitokado-sama. Ich muss ihn kurz instruieren."
Er legte mir eine Hand auf den Rücken und schob mich schnell hinter das Wachhäuschen am Eingang.
"Mamoru, wir befinden uns in einer prekären Lage. Natürlich haben mittlerweile alle Nationen, und damit alle Ninja-Dörfer, vom schweren Angriff auf Konoha erfahren. Und bald werden sie unsere Verlustlisten vorliegen haben. Um zu verhindern, dass irgend eine Nation versucht die Situation auszunutzen, solange wir noch unsere Verluste ausgleichen, müssen wir Stärke zeigen. Wir haben seit dem Überfall überdurchschnittlich viele A-Rang-, und S-Rang-Missionen angenommen. Fast alle Jounin und nahezu alle Chunin befinden sich auf diesen Missionen. Wir müssen der Welt beweisen, dass Konoha noch immer beißen kann. Auch ich muss gleich nachdem ich euch losgeschickt habe zu einer S-Rang-Mission aufbrechen. Die Alternative wäre sich in Konoha einzuigeln, bis wir uns wieder stark fühlen. Aber das würde bedeuten, Aufträge nicht zu erfüllen und keine neuen anzunehmen, die wir dringend brauchen. Gerade jetzt. Verstehst du das? Natürlich verstehst du das. Du bist ja nicht dumm."
Ich nickte langsam. Bis hierhin war es leicht. "Was sollte das mit dem Anführer? Ich bin kein Jounin, und selbst als Chunin erst ein gutes Jahr unterwegs."
"Keine Sorge, niemand macht dich zum Jounin. Du wirst aber bemerkt haben, dass die Chunin, die hier angetreten sind, eher zu den Spezialisten gehören, nicht unbedingt zu denen, die wie du Neuner-Teams angeführt haben."
"Ist so nicht richtig, Tonari ist dabei. Und ich habe Rose-chan gesehen", erwiderte ich. "Und die sind außerdem schon eine ganze Zeit länger Chunin als ich."
Asuma seufzte auf. "Ich will dir reinen Wein einschenken. Wir erwarten nicht, dass Orochimaru Otogakure verteidigen lässt. Aber wir schicken auf diese Mission, wen immer wir an Shinobi entbehren können. Gleicht durch Masse aus, was Ihr an besonderen Fertigkeiten nicht habt. Es wird kein Jounin mitkommen, um euch anzuführen, hast du das verstanden? Und es gibt nur einen Chunin in Konoha, der Erfahrung mit der Führung einer größeren Truppe hat. Das bist du, Mamoru. Dein Angriff auf den Sammelpunkt Otogakures hat gezeigt, dass du es kannst. Wir vertrauen auf dich, Mamoru. Wir brauchen dich. Ich würde es tun, aber möchtest du mit mir tauschen und meine S-Rang-Mission übernehmen?"
"Nein, das würde ich nicht so gerne", erwiderte ich mit einem Schauder in der Stimme.
"Siehst du. Und deshalb führst du die Expedition an. Ich habe dir die detaillierte Anweisungen hier in dieser Schriftrolle aufgeschrieben. Und ich habe dir Genin und Chunin nach den Gesichtspunkten einer Attacke auf verteidigtes Gebiet mitgegeben. Du hast überdurchschnittlich viele sensorische Ninjas, ein ansprechendes Kontingent an Medi-Nins, und du hast überdurchschnittlich viele Katon-Nutzer in deinen Reihen. Das macht deine Leute den Fuuton-Nutzern Otos überlegen. Du weißt, Feuer schlägt Wind. Und wem sage ich das, wenn nicht ausgerechnet dir. Alles was du tun musst, ist nur noch dieses Dorf finden, seine militärischen Möglichkeiten vernichten und seine Shinobi verhaften. Da Otogakure von Orochimaru gegründet wurde, hat das Land der Reisfelder grünes Licht gegeben, die Aktion als Konoha-internes Problem anzusehen und es uns selbst regeln zu lassen. Alle Shinobi, derer deine Leute habhaft werden, kommen bei uns vor Gericht, und anschließend je nach Sachlage in Haft. Komm schon, Mamoru. Konoha kann keine Jounin schicken, aber es kann dich schicken! Ich habe dich persönlich für die Mission ausgewählt. Und glaub mir, an deiner Stelle müssten wir einen Jounin entsenden, den wir nicht haben. Außerdem operieren drei ANBU-Teams im Zielgebiet. Ihr agiert unterschiedlich und habt übereinander keine Weisungsbefugnis, aber Ihr werdet euch koordinieren."
"Ja, ja, du brauchst mich nicht weich kochen, Asuma-sempai! Ich kenne meine Pflicht Konoha gegenüber. Ich hoffe aber, niemand jammert, wenn ich die ganze Truppe in den Untergang führe!"
"Na, na, nicht so pessimistisch, Mamo-chan", mahnte Asuma, jetzt deutlich zufriedener.
"Hat denn Rose-chan nichts dagegen, das ich die Truppe führe?", fragte ich zweifelnd. "Sie ist arrogant, selbstbewusst, anspruchsvoll und... Hatte ich arrogant schon?"
"Ich glaube, ich kann ihre Argumente in einem Satz zusammenfassen", sagte Asuma grinsend. "Du bist der, der Affenkrieger herbeirufen kann."
"Oh." Das leuchtete ein. "Und der Rat hat kein Problem damit, ausgerechnet mich...?"
"Probleme? Die beiden haben Magenschmerzen, seit ich den Plan vorgelegt habe. Sie fürchten, dass du zweihundert Shinobi in eine hoffnungslose Situation führen wirst, und ich habe acht Stunden auf sie eingeredet, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Das heißt, wenn du scheiterst, bin auch ich in der Scheiße."
"Ups. Du kannst dich drauf verlassen, Asuma-sempai, ich tue was ich kann, um das zu verhindern."
Er klopfte mir kräftig auf die Schulter. "Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen. Gehen wir zurück."
"Ist er jetzt ordentlich instruiert, Sarutobi-kun?", fragt Rätin Utatane.
"Er weiß was zu tun ist. Und er kennt den Plan. Und ich vertraue ihm und seinen Fähigkeiten."
"Sie sind optimistisch, Junge", sagte Rat Mitokado. Er musterte mich skeptisch. "Aber er kann Affenkrieger beschwören. Das wird die Situation wohl irgendwie retten."
Das weckte meinen Trotz. "Warum schicken Sie mich dann nicht einfach alleine los, um Oto einzuebnen?"
Für einen Moment schien Mitokado-sama ernsthaft drüber nachzudenken. "Abgelehnt. Die Welt soll wissen, dass Konoha auch wirklich da war. Also, mein Sohn, ich erwarte zumindest einen kleinen Erfolg."
Utatane-sama deutete hinter mich. "Bringen Sie so viele wie möglich wieder, Morikubo-kun. Ihre Truppen, Morikubo-kun."

Ich wandte mich um. Mittlerweile war in die Reihen Ordnung gekommen. Aber ich erkannte auf den ersten Blick, dass die Chunin gerade einmal reichten, um rund sechsundzwanzig Genin anzuführen, das Dreifache der üblichen Neuner-Zelle. Aber auch nur, weil Hanako und Karin wieder als Chunin auf Probe agierten.
Neben Rose und Tonari sah ich noch Fei-chan. Die anderen drei Chunin kannte ich nur vom Sehen. Dafür aber erkannte ich fast all die Genin wieder, die mit mir den Sammelpunkt Otos zerstört hatten, und etliche von denen, die durch meine Hände gegangen waren. Das machte keine hundert aus, also nicht mal die Hälfte. Aber es sollte mir genügend Reputation für diesen Angriff geben. Reputation. Mir. Wäre die Situation nicht so skurril gewesen, hätte ich gelacht und gerufen: Genug gescherzt. Welcher Jounin übernimmt ab hier?
Ich tat es nicht. Stattdessen wandte ich mich an Asuma und die beiden Räte. "Ich werde Sie nicht enttäuschen."
"Das weiß ich", sagte Asuma im Brustton der Überzeugung und knuffte mir vertraulich gegen die Schulter.
"Das hoffen wir", sagte Rat Mitokado säuerlich.
"Dann mache ich mich an meine Arbeit." Ich wandte mich ohne ein weiteres Wort ab und winkte die Chunin zu mir. Es sollte ja wirklich ein Spaziergang werden. Aber Sorgen durfte ich mir trotzdem machen. Dennoch, der Angriff begann in diesem Moment. Es gab kein zurück, und ich hatte das Pech, ihn anzuführen.

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Ace Kaiser,
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5.
Heute

Am neunten Tag der Ernte kamen die Diener des Daimyos. Sie hatten nur wenige Wächter dabei, aber dafür viele Karren. Einige waren schon beladen, die Mehrzahl hingegen leer.
Der Anführer, ein großer, bulliger Bursche, führte ein langes Gespräch mit Genta. Die beiden schienen sich gut zu verstehen. Er war ein alter, vernarbter Soldat namens Koji. Besonders beeindruckend war die Narbe, die senkrecht auf seinem blinden weißen Auge lag, und die Länge eines Kunais hatte. Ein Schwertstreich, wie mir einer seiner Männer erzählte, den ich in ein Gespräch verwickelte.
Hanako tat das Gleiche bei den Beamten, die den zehnten Teil der Ernte berechneten und für den Daimyo requirierten. Es tat mir schon ein wenig weh, sie so offen flirtend zu sehen, und die bewundernden, aber auch begehrlichen Blicke der Beamten auf sich ziehend.
Ikuko sprach mit den Kutschern und ließ sich Komplimente dafür geben, was für eine junge Mutter sie doch war. Sie quittierte das mit einem entzückenden Lächeln und Lauten des Entzückens.
Inari hielt sich verärgert abseits und sagte jedem, der es hören wollte, was seine beiden "flirtenden Mädchen" daheim erwarten würde. Verärgert zu sein war natürlich nur seine Tarnung. Er prägte sich die Gesichter der Soldaten, Arbeiter und Beamten ein, sah sich die Karren und Pferde an, suchte besondere Merkmale an ihnen, die ihm leicht im Gedächtnis blieben.
Schließlich war da noch Shino, der eine Horde Jungen dabei anführte, den Männern des Dorfes zwischen den Beinen herum zu laufen um ihre Arbeit zu stören. Das war natürlich hauptsächlich als Ablenkung für unsere Aktivitäten gedacht, und er handelte sich genug Tadel ein, dass es für eine Woche ohne Abendessen gereicht hätte. Oder anders ausgedrückt: Er machte seinen Job.
Als die Wagen weiter fuhren, waren sie unter der Last der Ernte schwer beladen. Mit großem Bedauern hatten sie sogar einige Säcke zurücklassen müssen. Das Dorf produzierte wirklich gut, wenn das ein Zehner der Ernte war. Ich verstand, wieso der Verlust von fast einem Viertel des Reis Genta nicht so sehr aufbrachte wie die Entführung der Kinder.

Nach dem Abzug traf ich mich heimlich mit meinen Leuten. Der nächste Tag würde der entscheidende Tag sein, und ich wollte sichergehen, das wir alle auf dem gleichen Wissensstand waren.
Es begann damit, dass ich Hanako zu einem Spaziergang im Wald überredete, woraufhin ihr Vater und Mutter wutentbrannt folgten. Shino lief dem einfach hinterher. Soweit die Legende. Dass uns nicht viel Zeit blieb, sollte bei dieser simplen Lüge nicht verwundern.
Als ich zu dem Baum kam, der mir schon einmal als Treffpunkt mit Hinata gedient hatte, erwarteten die anderen uns schon. Kaminari winkte zu uns herüber. "Gibt das nicht Ärger mit deinen Eltern, wenn du mit so einem Windbeutel ausgehst, Hana-chan?"
"Ach, weißt du, Ryu-kun, ich bin sicher, wenn sie erst mal Akiras innere Werte kennen, gibt sich das wieder."
"Oh, ich werde mir seine inneren Werte ansehen", sagte Inari. "Mit dem Messer."
Kiba lachte. "Na dann viel Spaß. Dieser Akira sieht so aus als würde er mit einem Messer fertig werden."
"Quatsch nicht, Kiba. Sind alle da?"
Hinata kam aus der Baumkrone herab gesprungen. Karin folgte ihr dichtauf. Damit waren wir neun. Akamaru mitgerechnet zehn. "Gut, dann kann es ja losgehen. Wer ist auf Posten?"
Kiba hob die Rechte. "Zwei meiner Schattenklone überwachen die beiden Routen, während ein Schattenklon von Hinata den Wagen nachschleicht, so weit wie es geht."
"Gut", sagte ich.
"Gibt es irgend etwas Besonderes bei den Wagen?", fragte Hinata.
"Ja. Und auch wieder nein. Es ist nur ein Verdacht", sagte ich nachdenklich.
"Oho, wenn Mamoru einen Verdacht hat, dann sind wir ja einer heißen Sache auf der Spur", sagte Inari. "Nur, was ist an der Steuererhebung des Daimyos so verdächtig?"
"Genau hier liegt das Problem. Shikamaru würde sicherlich schon auf der Zunge liegen, was bei mir nur ein vager Gedanke ist. Aber ich bin sicher, sie lassen sich von den Banditen bestechen. Warum sonst sollten sie einen Tag vor dem Ende der Ernte kommen, lange bevor alles eingebracht ist? Damit mindern sie den Gewinn des Daimyos, denn sie können die nicht geernteten Felder nur schätzen.
Und dann finde ich es auch noch sehr verdächtig, dass dieser Beamte nicht dabei war, der gestern versucht hat, Suzume zu vergewaltigen."
"Du meinst, er könnte ein Späher der Banditen gewesen sein?", fragte Shino. Jetzt, außerhalb seiner Rolle, hatte er eine nichtssagende Miene aufgesetzt und seine Körpersprache auf ein Minimum reduziert.
"Ja, das denke ich. Und wenn das der Fall ist, haben wir morgen ein Problem. Dann habe ich einen persönlichen Feind inmitten der Räuberschar. Und das kann übel ausgehen. Hana, wie gut waren deine Lehrstunden bei deinem Vater und bei Yuuhi?"
"Yuuhi?", fragte sie indigniert und zog eine Augenbraue hoch.
"Kurenai-sensei", korrigierte ich mich hastig.
"Yuuhi?", kam es nun auch von Karin. "S-seit wann sprichst du sie mit dem Vornamen an?"
"Seit wir verlobt sind, okay?"
Das brachte Karin erheblich aus dem Takt. "M-m-m-m-mamo...."
"Nur ein Witz. Hast du vergessen, dass du und Hana dabei waren, als sie mich gezwungen hat, sie beim Vornamen zu nennen? Mittlerweile ist es schon eine Gewohnheit. Das ist das ganze Geheimnis. Und mach nicht so ein Theater, Karin. Sieh dir Hanako an, die hat nicht mal reagiert.
Also, Hana, wie gut waren deine Lehrstunden?"
"Oh, ich glaube, sie kann dich nicht hören." Ikuko fuchtelte mit der Rechten vor ihren Augen herum. "Entweder hat sie ihr Jutsu benutzt und ihr Bewusstsein in einen anderen Körper transferiert, oder sie ist mit offenen Augen ohnmächtig."
"Na, da habe ich ja was Schönes angerichtet", murmelte ich. Langsam stand ich auf und ging zu dem blonden Mädchen herüber. Ich schnippte vor ihren offenen Augen, aber es erfolgte keine Reaktion. "Vollkommen weggetreten, das Mädchen. Mit so einer Frau kann ich nichts anfangen. Karin, ich glaube, ich heirate dann lieber dich."
"Häh? Was? Mamoru, das ist nicht dein Ernst!", rief Hanako.
"Oh, du bist ja wieder unter uns", sagte ich grinsend. Ich glaube, in genau diesem Moment hatte ich das ewige Spielchen, das die beiden Mädchen mit mir gespielt hatten, endlich gedreht. Nun legte ich die Regeln fest und hatte den Spaß. "Also, Hana, wie waren deine Lektionen?"
"Erwarte keine Wunder von mir. Aber für ein kleines Genjutsu wird es wohl reichen."
"Gut zu wissen. Es kann sein, dass wir da morgen drauf zurückgreifen müssen. Ich gebe dir den Einsatz vor. Dein Stichwort lautet: Nicht geliebt."
Skeptisch sah sie mich an. "Schlechte Scherze, wilde Sprüche, kryptische Anweisungen, wenn das die Welt eines Chunin ist, bin ich froh, dass ich noch keiner bin."
Das brachte mich zum Schmunzeln. "Warte es ab. Wenn dieser ominöse Beamte nicht dabei ist, gehen wir nach Plan vor. Wenn wir improvisieren müssen, denkt immer daran, dass wir unbedingt jemanden in ihr Lager einschleusen müssen. Shino?"
Der Aburame öffnete die rechte Hand. Ein Dutzend seiner Insekten flog auf und setzte sich auf Hinatas Hand. "Sie werden meiner Spur folgen. Sicherheitshalber werde ich auch einige der Säcke mit Pheromonen präparieren, für den Fall, dass wir aufgeteilt oder dass ich nicht entführt werde. Ich würde ja Hanako-sempai einen weiblichen Käfer mitgeben, damit Ihr ihr auf jeden Fall folgen könnt, aber sie hat dankend abgelehnt."
"Tu-tut mir leid, Shino, nichts gegen dich, aber Käfer sind für mich... Sind für mich... Sie sind halt nicht meins", sagte sie mit einem Schauder in der Stimme.
"Gut, dann ist das geklärt. Alle zurück auf ihre Positionen. Hana, Ikuko, Inari, Ihr geht zuerst raus. Ich schlage einen Bogen und suche mir eine andere Ecke, um den Wald zu verlassen. Vergesst nicht, ordentlich mit ihr zu schimpfen, weil sie mit diesem Windhund mitgegangen ist, der nur das Eine von ihr wollte. Und bitte macht es laut."
"Gar kein Problem", versicherte Ikuko. "Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie mir meine Mutter im gleichen Alter diese Predigt gehalten hat."
"Na, das wird ja ein heiterer Abend", seufzte Hanako.
"Ihr geht wieder auf eure Positionen. Akamaru meldet die Banditen durch ein Wolfsheulen an. Ihr wartet einen halben Tag, wie abgesprochen, dann folgt Ihr der Pheromonspur der Käfer. Wenn alles läuft, ist Konoha morgen auf der Jagd. Ryu? Kiba? Hinata? Karin?"
"Karin kann dich nicht hören", sagte Kaminari. "Sie ist weggetreten seit du gesagt hast, dass du sie heiraten willst."
"Nicht auch das noch", stöhnte ich. "Kann mir mal jemand meine Wirkung auf diese beiden erklären?"
"Erklären könnte ich es", sagte Ikuko schnippisch, "aber verstehen würdest du es nicht. Los, Familie, gehen wir. Und nicht vergessen, ordentlich streiten."
"Ja, ja, Mama."
Ich seufzte und wandte mich Karin zu. "Sie ist weg. Nun hör auf zu schauspielern, Karin."
Die Akimichi erwachte aus ihrer Starre. "Ich wollte nur nett zu ihr sein", erklärte sie. "Wenn sie sich so sehr erschrickt, dass sie in Ohnmacht fällt..."
"Und dass du ihr gegenüber einen Vorteil aufgibst, ist dir gar nicht bewusst?", tadelte ich grinsend.
"Wieso? Solche Details interessieren dich an einem Menschen doch gar nicht, Mamoru", erwiderte sie mit einem wirklich lieben, aber irgendwie doch heimtückischen Lächeln.
"Ich geb's auf", seufzte ich. Okay, vielleicht hatte ich nicht ganz das Oberwasser.
"Ihr habt eure Anweisungen. Wenn alles gut geht, sehen wir uns morgen Abend im Versteck der Banditen. Und jetzt, wieder auf eure Positionen."
Nacheinander sprangen sie davon. Ryu, Hinata, Karin, Kiba, Akamaru.
Ich blieb allein zurück. Blieb mir nur noch, einen Bogen zu schlagen, ins Dorf zurück zu kehren, und mich schon mal auf die Beschimpfungen und fiesen Sprüche vorzubereiten, die mich nach der versuchten Verführung von Hanako erwarten würden. Eventuell auch Neid und etwas Lob, aber da war ich mir nicht sicher.
***
Das Heulen eines Wolfs - ich wunderte mich gerade, wie der kleine Welpe diesen Laut überhaupt zustande brachte - kündigte die Banditen an, etwa eine halbe Stunde, bevor sie in das Dorf geritten kamen. Dabei waren sie nicht gerade zimperlich. Zwar verzichteten sie darauf, einige von uns zur Warnung der anderen zu töten, aber sie waren mit den stumpfen Enden ihrer Speere nicht gerade zurückhaltend. Einer von ihnen hatte eine Peitsche, die er effektvoll benutzte, um die Menschen von den Feldern zusammen zu treiben. Die Männer brachen mit gezückten Schwertern in die Häuser ein und trieben auch hier die Menschen hinaus.
Ich hielt während der ganzen Zeit Suzumes Hand fest umschlossen, und wurde mit ihr an der Seite vor die Hütte geführt. Gegenüber Genta und Tsubasa war man erstaunlicherweise höflicher, sehr viel höflicher als ich erwartet hatte.
Der Anführer der Banditen war tatsächlich eine Frau. Sie hatte ihr Gesicht hinter einer Ledermaske verhüllt, und nur ihre stechend blauen Augen blitzten hervor. Sie gab nur wenige Anweisungen, aber die Banditen führten sie ohne eine Sekunde zu zögern aus. Ein riesiger Kerl tat sich dabei besonders hervor. Ich wusste nicht, woher der Bursche seine Lederrüstung bekommen hatte, die sich über seinen fetten Wanst spannte. Wahrscheinlich war sie für ihn angefertigt worden, und er war ihr mit seiner Fettleibigkeit wieder entwachsen. Dennoch war er recht flink für sein Format.
Wir wurden schnell separiert. Die Männer von den Frauen, um den Banditen die mitgebrachten Karren zu beladen; genau einer mehr als sie für einen Zehner der Ernte brauchten, wie ich registrierte, und die Kinder von den Jugendlichen. Ich fand mich schnell mit Suzume an der Hand neben Hanako und Shino wieder, die sich halbherzig gegen die grobe Bewunderung eines stinkenden Bastards verteidigte.
Als er ihr verärgert über seine Ablehnung in die Haare griff und zu sich her zog, gab die Frau einen scharfen Befehl, der den Mann erbleichen ließ. Seine Hand öffnete sich, Hana konnte sich von ihm befreien. Mit einer Entschuldigung setzte er sein Pferd in Bewegung und trabte zu den Männern, die bereits die Karren beluden.
Die Frau kam nun, begleitet vom Dicken, auf uns zu. Wir waren weit über dreißig im Alter über vierzehn. Sie musterte uns mit hohem Interesse. Ihr erster Blick galt mir, dann sah sie zu Hanako herüber. Schließlich gab sie dem Mann mehrere Anweisungen in leisem Ton, den ich nicht verstehen konnte. Der Mann grunzte bestätigend und schickte über die Hälfte der Jugendlichen zu den Frauen. Darunter war auch Shino. Er machte kurz Theater, schrie etwas davon, "bei Oneechan bleiben" zu wollen, aber ein angedeutetes Kopfschütteln beendete seinen Widerstand. Jeder Zoll ein Rotzlöffel hatte er die Arme hinter den Kopf gelegt und drohte den Banditen mit Tod und Verderben.
"Was hast du gesagt, du Rotzlöffel?", rief einer von ihnen und zog sein Schwert. "Bengel, ich sollte dich..."
Ikuko stürzte vor und riss Shino an sich. "Bitte, Herr, er ist doch nur ein kleiner Junge, und er und seine Schwester sind alles was wir haben!"
Das schien den Mann nicht wirklich zu beruhigen.
"Bitte, Herr, tun Sie ihm nichts!", flehte Ikuko. Also, die Mutterrolle hatte sie wirklich gut drauf.
"Zurück ins Glied, Inamo!", zischte die Frau.
Der Mann warf ihr einen verärgerten Blick zu, aber gehorsam steckte er das Schwert wieder fort und zuckelte mit seinem Pferd auf seinen Platz zurück.
Nun ging es anders herum. Von den vierzehn Jugendlichen, die noch beisammen standen, musterte die Frau fünf Mädchen aus, darunter Hanako. Sie wurden nach links gewunken. Das letzte der fünf Mädchen sollte Suzume sein. Doch sie wollte meine Hand nicht loslassen.
"Weißt du", raunte ich ihr zu, "Träume gehen manchmal in Erfüllung, Suzume-chan. Geh, geh ohne Angst."
Zu einer Antwort kam sie nicht mehr, denn meine schlimmste Befürchtung trat ein. Der Beamte war unter den Räubern. Ich hatte ihn schon früher erkannt, aber bisher hatte er sich im Hintergrund gehalten. Nun ritt er auf uns beide zu und versperrte Suzume den Weg zu Hana und den anderen Mädchen. "So sieht man sich wieder", brummte er. "Wie erfreulich."
"Ach, der falsche Beamte", sagte ich grinsend, um seine Aufmerksamkeit abzulenken.
"Der Straßenjunge. Du hast etwas, das mir gehört. Das hier habe ich mir schon selbst genommen", sagte er und ließ das Kunai, das ich ihm abgenommen hatte, um den rechten kleinen Finger wirbeln. "Jetzt gib mir mein Siegel."
"Kuni!", zischte die Frau.
"Er hat mich bestohlen und gedemütigt", zischte er zurück. "Es ist mein Recht, seinen Kopf zu fordern!" Er sprang vom Pferd. Er streckte die Hand aus. "Gib mir mein Siegel."
"Ich habe es nicht", erwiderte ich.
"Ich habe es!", sagte Suzume hastig und holte die silberne Scheibe hervor. Demütig hielt sie ihm das Siegel hin.
"Na so was, eine tolle Überraschung!" Er griff nach den Händen, die ihm das Siegel anboten, und zerrte sie zu sich heran. "Dann muss ich dich wohl töten, oder?"
Sie quiekte erschrocken auf. Ihr flehentlicher Blick traf mich.
"Lass sie gehen. Ich habe es ihr gegeben, also ist es meine Verantwortung", sagte ich mit ruhiger Stimme.
"Weißt du, was du da sagst?", höhnte der Mann. "Gerade bist du dem Tod von der Schippe gesprungen, und nun willst du wieder rauf? Was bist du doch für ein Idiot."
"Ich..." Mein Zögern war Kalkül, ebenso wie das leichte Zittern meiner Hände, die ich zur Faust krampfte und wieder öffnete. "Ich..."
"Genug!", klang wieder die Stimme der Frau auf. "Lass das Mädchen rüber gehen und nimm dein Siegel an dich! Den da..." Sie deutete auf mich. "Tötet ihn."
"Das nenne ich mal eine sinnvolle Anweisung!", rief der Mann, den sie Kuni genannt hatte. Er zog sein Schwert.
"Nicht du. Du bringst es fertig und verfehlst ihn", sagte die Frau mit Spott in der Stimme.
Zwei ihrer Männer ergriffen mich rechts und links.
"Tötet ihn hinter dem Haus. Ich kann keine aufgebrachte Menge gebrauchen", befahl die Frau.
Unsere Blicke begegneten sich. War sie Maria, meine Nemesis, mein ewiger Feind? Die Frau, der ich noch etliche Revanchen versprochen hatte? Nein, entschied ich, nichts deutete auf meine Oto-Rivalin hin. Oder Maria tarnte sich mit einem exzellenten Jutsu.
"Akira...", klang Hanas ungläubige Stimme auf. "Du wirst dich doch nicht für dieses Gör töten lassen!"
Beinahe hätte ich bei diesen Worten gelächelt. Hanako eröffnete mir eine goldene Brücke. "Sie ist sowas wie eine kleine Schwester für mich. Sie bedeutet mir jedenfalls mehr als du, meine Schöne. Ich wollte nur zwischen deine Beine kommen. Ich habe dich nicht geliebt."
Das war das Codewort gewesen, und ich konnte nur hoffen, dass ihr Improvisationstalent sie nicht verlassen hatte.
Hanako begann wütend zu fauchen. Sie hatte die Hände zu Krallen verkrampft und fluchte. Zwei der Mädchen hielten sie zurück. "Ich bringe dich um! Oh, ich bringe dich um, Akira!"
"Keine Sorge, das besorgen wir schon für dich, Mädchen", sagte die Anführerin und lenkte ihr Pferd näher an den Pulk heran.
Hana sah die Frau an, und von ihr zu mir. "Ich will es sehen!", verlangte sie. "Ich will sehen, wie er getötet wird!"
"Du hast Temperament. Das gefällt mir. Aber warum willst du etwas so Schreckliches sehen?"
"Es ist mein Recht!", rief Hana wütend. "Als Ausgleich für das, was er mir... Was er mir..." Sie senkte peinlich berührt den Kopf.
"Oho, er war also schon zwischen deinen Beinen?" Die Frau lachte. "Diese Jugend. Keine Moral und keinen Anstand mehr. Aber..." Sie sah zu mir herüber und lenkte ihr Pferd in meine Richtung. Langsam beugte sie sich herab und betrachtete mich aus nächster Nähe. "Oh, irgendwie kann ich dich ja verstehen. Ein hübscher Bengel. Auf den fallen wohl auch noch ganz andere Mädchen herein. Es tut mir ja schon richtig in der Seele weh, dass ich Kuni seinen Willen lassen muss." Sie sah wieder zu Hanako herüber. "Sieh es dir an, wenn es deinem Seelenfrieden nützt."
"Ha!" Hanako riss sich von den Mädchen los. Sie folgte den Männern, die mich hinter Gentas Haus schleppten.
"Akira!", rief Suzume verzweifelt.
"Denk an deine Träume, kleine Schwester! Manchmal werden sie wahr!", rief ich.

Dann waren wir hinter dem Haus. Einer der Soldaten drückte mich zu Boden, zwang meinen Kopf nach vorne. Hanako trat hinzu und sah den Männern in die Augen. "Kö-könnt Ihr es langsam machen? So das er leidet?", verlangte sie.
Der andere Soldat zog sein Schwert. "Wenn du den Anblick ertragen kannst, sicherlich."
"Verdammte Scheiße", fluchte ich und schloss die Augen. Dann sauste das Schwert herab. Es traf meine Schulter. Dies war der richtige Zeitpunkt, um vor Schmerzen aufzuheulen, hatte der Bursche mir doch das Schulterblatt durchschlagen.
"Hör auf zu spielen. Egal wie hübsch sie ist", mahnte der andere. "Bring es zu Ende, oder ich tue es für dich."
"Du bist ein ewiger Spielverderber", murrte der mit dem gezogenen Schwert, nahm die Klinge wieder hoch und ließ es erneut niederfahren. Es trennte meinen Kopf sauber vom Rumpf. Bemerkenswert war dabei, dass er meinen Hals nicht ganz durchschlagen hatte. Er war noch durch Haut und Sehnen mit dem Körper verbunden. Das war eine Samurai-Technik, wie ich nicht besonders erstaunt registrierte.
Mein Körper fiel zu Boden.
Hanako begann irgendwie gleichzeitig zu lachen wie zu weinen. "Er ist tot", gluckste sie. "Er ist tot, tot, tot."
Der Bandit, der mich gehalten hatte, gab ihr eine schallende Ohrfeige. "Das war doch das was du wolltest. Nun siehst du was passiert, wenn sich Wünsche erfüllen!" Er griff hart zu und zerrte sie an der rechten Hand wieder zur Gruppe der Mädchen vor dem Haus.
Dort hatten sich mittlerweile drei Jungen hinzugesellen müssen.

Eine Stunde später brachen die Banditen wieder auf, mit der Reisernte, mit ihren acht Gefangenen.
Genta kam herbei gestürmt, um zu sehen, was passiert war, aber er fand nur noch meine geköpfte Leiche vor.
***
Vier Stunden später kleidete ich mich an. Die zweite Gruppe hatte sich ins Dorf geschlichen, um uns unsere Ausrüstung zu bringen, und ehrlich gesagt fühlte es sich sehr gut an, wieder die Einsatzkleidung zu tragen, die ich gewohnt war. Als ich den Stirnschutz befestigte, fühlte ich mich endlich wieder vollständig.
Ich sah entschuldigend zu Tsubasa und Genta. "Es tut mir leid. Der Plan hatte vorgesehen, dass ich bei Suzume bleiben kann, um sie notfalls zu verteidigen."
Tsubasa starrte mich an wie einen Geist. "Ich wusste, dass du etwas Besonderes bist. Und ich dachte, du wärst tot, als ich deine Leiche sah. Aber dass du ein Ninja bist, ein Chunin..."
Ich legte einen Finger an meine Lippen und deutete ihr damit an, leiser zu sprechen. Zwar war niemand in Hörweite in der Nähe, aber ich wollte, dass das Dorf glaubte, dass ich getötet, und von Inari und Genta in einem schmucklosen Grab bestattet worden war. Angeblich hatte sich Inaris Familie, um ihre Perle von Tochter beraubt, zum Klagen und Trauern zurückgezogen. In Wahrheit legten sie jedoch ihre Ausrüstung an, so wie ich.
Ich lächelte schmallippig. "Ich muss wohl doch das eine oder andere schauspielerische Talent haben. Was meinst du, Kiba?"
Der Hundejunge grinste breit. "Ich wäre nicht drauf reingefallen. Ein Kawarimi, ein Körpertausch gegen ein Stück Holz, dazu ein Genjutsu von Hanako, das die beiden glauben ließ, sie würden tatsächlich dich töten, und nicht einen Kanten Baumaterial, und dann der Bunshin, den du über das Holz gezaubert hast, das war ja gute Arbeit. Aber wie du Hanako-chan dazu gereizt hast, bei deinem Tod zu zu sehen, das war mies gemacht. Dafür hat sie die eifersüchtige Furie gut gespielt. Äh, sie hat doch gespielt, oder, Akamaru?" Der weiße Welpe bellte bestätigend.
"Es ist etwas schwierig zu erklären. Hätte Hanako die beiden nicht in ihr Jutsu ziehen können, hätte ich mein Leben retten müssen. Das hätte bedeutet, die Anführerin als Geisel zu nehmen und so weit wie möglich weg zu kommen. Das hätte viel ruiniert. Und da Hana nicht das ganze Dorf beeinflussen kann, und dazu auch noch die Banditen, musste ich uns irgendwie isolieren und Hana dazu kriegen, dabei zu sein."
"I-ich verstehe nicht so viel davon. Aber ich verstehe, dass meine kleine Schwester entführt wurde! Und ich verstehe, dass du hier bist, um sie zu retten. Du, Inari, seine Frau, seine Tochter, sein Sohn... Dazu der Junge da mit dem Hund... Seid Ihr alle Ninja?"
Ich nickte. "Wir sind alle stolze Shinobi Konohagakures, Tsubasa-sama. Allerdings haben wir auch den Auftrag, die Kinder zu retten, die letztes Jahr entführt wurden. Und dazu müssen wir den Banditen zu ihrem Stützpunkt folgen."
"Aber wie wollt Ihr das tun? Sie sind seit fünf Stunden weg! Selbst mit Pferden könntet Ihr sie nicht mehr einholen!", rief sie verzweifelt.
"Einer meiner Leute verfolgt sie. Er macht uns Zeichen, damit wie wiederum ihm folgen können. Und wir Shinobi wissen diese Zeichen zu lesen." Ich legte die Tasche mit den Kunai um.
"Fertig?", fragte Kiba.
"Fertig", bestätigte ich. Langsam ging ich auf Tsubasa zu. "Ich verspreche dir, deiner Schwester wird nichts passieren. Hanako passt auf sie auf, so gut sie kann. Und glaube mir, Hanako hat genügend Reserven, um auf sich selbst und eine zweite Frau aufzupassen. Was den Rest angeht, so hoffe ich, dass wir schnell genug sind. Ich..." Langsam ballte ich die Hände zu Fäusten. "Ich bin leider nur ein Shinobi, kein Gott."
Tsubasa riss mich übergangslos an sich und drückte mich fest. "Ich bin dir dankbar dafür, dass du nicht gestorben bist", hauchte sie mit tränenschwangerer Stimme. "Und ich bin dankbar dafür, dass du meine Schwester retten wirst. Danke, Akira. Danke."
"Nicht Akira", sagte ich lächelnd. "Mein Name ist Mamoru Morikubo."
Entsetzt entließ sie mich aus ihrem Griff und trat einen schnellen Schritt zurück. "Morikubo-sama?"
"Sama?", fragte ich überrascht.
"M-mein Mann hat mir alles über Sie erzählt. Aber er hat Sie immer kleiner geschildert. Und mit einem Affen auf der Schulter. Dennoch, er hat mir gesagt, das Sie ihm den Rat gegeben haben, der ihn dazu brachte, dieses Dorf zu gründen, das für so viele von uns... Es tut mir leid, wenn ich die letzten Tage ungebührlich gegenüber Ihnen war, Morikubo-sama!"
"Langsam, langsam", sagte ich hastig und wedelte mit den Armen. "Ich bin immer noch der Gleiche wie bei meiner Ankunft, Tsubasa-sama. Und ich bin nur ein Chunin, nicht der Hokage. Außerdem bist du die Frau meines Auftraggebers, und das macht dich für eine Zeitlang zu meinem Boss."
"D-das kann ich so aber nicht hinnehmen. Und so kann ich Sie nicht sehen", erwiderte sie.
"Aber ich sehe es so." Nun schloss ich sie meinerseits in die Arme. "Ich bringe sie zurück, versprochen." Dann reichte ich Genta die Hand. "Ich bringe sie alle zurück."
"Ich weiß", sagte er und packte fest zu. "Ich habe volles Vertrauen zu dir, Morikubo-sama."
Hinter uns ging die Tür einen Spalt weit auf. Die anderen Mitglieder meines Teams huschten herein, nun in voller Kampfmontur.
Hinata Hyuuga. Inari Asa. Ryu Kaminari. Shino Aburame. Ikuko Kenda. Karin Akimichi.
Dazu kamen ich selbst und Kiba Inuzuka. Wir waren auf dem Weg, um Hanako und Suzume zu retten. Und mit ihnen die Zukunft eines gesunden Dorfes.
"Wir sind abmarschbereit, Mamo-chan", sagte Ryu grinsend.
Tsubasa blies empört die Wangen auf. "Du sprichst aber sehr respektlos mit deinem Anführer", sagte sie.
"Weil ich ihn kenne", erwiderte er grinsend.
"Wie ich schon sagte, ich bin nur ein Chunin", wiegelte ich ab. "Wir marschieren los", befahl ich. Nacheinander schienen die Ninjas von Konoha zu verschwinden. Der Letzte, der ging, war ich. Ein letztes Nicken, dann machte auch ich mich auf den Weg.
***
Damals

Bis zur Grenze des Feuerlandes marschierten wir als eine einzige große Kolonne. Wir wurden flankiert von zwei ANBU-Teams, die anschließend die Grenze zusammen mit den regulären Truppen verteidigen würden, nur für den Fall, dass Otogakures Shinobis eine neue Dummheit versuchten, während wir sie im Dorf glaubten.
Sobald wir die Grenze übertraten, würden wir selbst für unseren Schutz sorgen müssen. Und ich hatte einen Haufen Genin mit sensorischen Fähigkeiten dabei.
Darum machte ich mir weniger Sorgen als über die Absichten unserer Gegner. Ein Gegenschlag dieser Größe war kaum zu verheimlichen. Und spätestens wenn wir in das Land der Reisfelder einrückten, würde irgendeine Meldung bis nach Otogakure vordringen. Otogakure, das noch immer über Genin, Chunin und Jounin in unbekannter Zahl verfügte. Dem hatte ich nur Masse entgegen zu setzen. Und - zugegeben - die Affenkrieger, die ich beschwören konnte. Und wenn ich ehrlich war, fand ich die Idee, alleine gegen Oto vorzugehen und meine Kontraktpartner zu nutzen, im Sinne der Shinobi, die ich anführte, gut. Andererseits war die Entschlossenheit, war der Zorn dieser Männer und Frauen groß; sie wollten diesen Angriff, sie brauchten ihn, nachdem ihre Familien gefährdet worden waren, nachdem etliche ihrer Kameraden gestorben und verletzt worden waren. Nachdem der Hokage getötet worden war. Ich durfte ihnen das nicht nehmen. Abgesehen davon, dass der Gedanke an sich schon Hybris war.

Das Land der Reisfelder war seit dem letzten Krieg ein wenig in Unordnung, konnte man sagen. Ninja-Clans in dem Sinne existierten nicht mehr. Wer sich nicht Orochimaru angeschlossen hatte, lebte als versprengte Horde irgendwo im Land. Das Land selbst war unter den lokalen Herrscherclans aufgeteilt. Gemein war ihnen nur der Wille, ihr Land gegen Invasoren zu verteidigen. Um das kleine, schwache Land nicht noch mehr zu schwächen, indem sie auch noch seine Soldaten dezimierten, hielt sich ein unsicherer Friede zwischen den lokalen Herrschern. Ideales Gebiet für Orochimaru, um ungestört sein eigenes Shinobi-Dorf aufzubauen. Zumindest bis jetzt.
Einer dieser Clans, die Aozora-Gumi, beherrschte jenes Gebiet, welches mit dem Feuerland eine Grenze bildete. Sie würden "Experten" aussenden, die uns bei "unserer internen Angelegenheit" begleiten würden, und darauf achten, dass "wichtige Werte des Landes auch im Land blieben". Was bedeutete, wir durften töten und zerstören, aber nicht eine einzige Münze als Reparation mitnehmen. Aber es ging uns eh nicht um Reparation, es ging um Rache. Taktisch abgewogen waren diese Aufpasser für uns nützlich, auch wenn sie potentielle Agenten Otogakures waren. Sie kannten das Gelände, und dieses Wissen würden wir nutzen.

An der Landesgrenze hatten wir ein letztes Mal Gelegenheit, durchzuschnaufen. Ich rief meine acht Chunin zu mir, darunter meine Mädchen, die als Chunin-Anwärter ebenfalls je eine Gruppe übernommen hatten. Die Genin unter unserem Kommando bekamen die Gelegenheit sich auszuruhen und zu fokussieren. Sobald wir über den Fluss schritten, der dem Feuerland und dem Land der Reisfelder als Grenze diente, befanden wir uns im potentiellen feindlichen Gebiet.
Die Grenztruppen des Land des Feuers stellten uns für die Besprechung ein Zelt zur Verfügung. Ihr Oberbefehlshaber, ein respektabler General und Befehlshaber über sechstausend Mann, begrüßte uns freundlich, wohnte unserer Besprechung bei, hörte aber nur zu, ohne sich einzumischen.
Der Grund hierfür lag auf der Hand. Die Alternative zu unserem Gegenschlag war offener Krieg, und ein offener Krieg gegen das Land der Reisfelder würde als Eroberungsversuch angesehen werden; ruckzuck konnte da die ganze Region in Flammen stehen, denn keines der mächtigen Nachbarländer würde dabei zuschauen, wie das Feuerland sein Gebiet vergrößerte.
Ein Ninja-Krieg war furchtbar, und durch die Macht, die jedem einzelnen von uns Shinobi innewohnte, erschütternd in seinen Konsequenzen. So wurde beispielsweise das Land des Regens im letzten Ninja-Weltkrieg verwüstet. Aber ein Kampf Armee gegen Armee, womöglich noch mit Ninja-Unterstützung, würde alle beteiligten Länder nicht nur erschüttern, sondern auf Jahrzehnte zeichnen.
Es gab zwei Regeln für den Einsatz von Shinobi außerhalb des eigenen Landes. Diese lauteten: Musst du gegen Shinobi vorgehen, setze selbst Shinobi ein. Und: Ein Shinobi ersetzt fünf Soldaten. Setze sie ein, wenn äußere Umstände wie Versorgung, Missionsziel oder Entfernung des Ziels eine kleine Gruppe Kämpfer bevorzugen.
Shinobi erledigten daher viele Auslandsmissionen, weil sie schlicht günstiger waren als eine Armee auf dem Marsch. Die eigentliche Armee zur Landesverteidigung einzusetzen machte auch dahingehend Sinn, weil ihre Soldaten ihre Heimatregionen besser kannten als jeder Angreifer und die Versorgungswege kurz waren. Es kam auch nicht selten vor, dass Shinobi reguläre Armeeverbände unterstützten, gerade in Situationen, die wiederum den Einsatz von Soldaten bevorzugten, so wie die Belagerung einer Burg oder die Durchsetzung einer Handelssperre. Shinobi bildeten dabei deutlich die Minderheit, aber sie konnten mit ihren besonderen Fähigkeiten effektiv unterstützen. Ansonsten herrschte eine wohlmeinende Rivalität zwischen Soldaten und Shinobi. Doch davon war heute nichts zu merken, denn wenn die Shinobi oder die Armee des Feuerlandes angegriffen wurden, griff sie immer beide Institutionen an, und beide militärische Arme des Daimyo reagierten dann als eins.

Dankbar nahm ich vom General das Kartenmaterial entgegen und breitete es auf dem Tisch aus. Es war von den ANBU, welche die Oto-Nins verfolgt hatten, aktualisiert worden. Ich seufzte leise, als ich die häufigsten Symbole erkannte: Zeichen für Ninja-Fallen.
Ich winkte die anderen heran und deutete auf das Kartenmaterial. "Seht euch das an. Es scheint so, als hätten die Oto-Nin ganze Arbeit geleistet. Dies sind alles verminte Gebiete. Sie sind Otogakure übrigens nur bis auf fünf Kilometer nahe gekommen. Das heißt, der Rest der Strecke ist unbekannt und für uns potentiell gefährlich.
Uns stehen zwei Optionen zur Auswahl. Entweder wir versuchen es mit einem schnellen Durchmarsch und erobern Otogakure im Sturmangriff, oder wir nehmen uns Zeit, suchen gezielt nach Fallen, vernichten diese und arbeiten uns so nach und nach an das Ninja-Dorf heran. Meinungen?"
Tonari hob eine Hand. "Da wir eine große Anzahl an sensorischen Ninjas haben, bietet sich ein schneller Vormarsch an. Wir haben drei bis vier sensorische Ninjas mit teilweise exzellenten Fähigkeiten in jeder Gruppe. Da die Spreng-Tags meistens mit Chakra aufgeladen sind, werden sie für unsere sensorischen Ninjas gut zu finden sein. Und was der eine übersieht, entdecken dann die anderen beiden."
Fei Long hob ebenfalls die Hand. "Ich widerspreche, Tonari. Wir treten hier nicht gegen Genin an, sondern auch gegen ihre Chunin und ihre überlebenden Jounin. Gut, gut, sofern Orochimaru sie noch nicht abgezogen hat, was wohl auch für das ganze Dorf gilt. Aber wenn wir schnell vorpreschen, setzen wir uns nicht nur der Gefahr von Sprengfallen aus, sondern auch normalen Fallen, die rein mechanisch arbeiten. Hast kann uns Shinobi kosten, die wir im eigentlichen Kampf brauchen. Vergiss nicht, wir haben die zahlenmäßige Übermacht. Das heißt, wir hoffen, dass wir sie haben."
"Guter Einwand", sagte Tonari. "Allerdings haben wir fünf Tage für die Vorbereitungen gebraucht. Ich denke, wenn wir noch irgendjemanden in diesem Dorf stellen wollen, müssen wir schnell sein."
Den nächsten Sprecher kannte ich nur vom Sehen. "Hiro Nakakura, Morikubo-sama", stellte er sich vor. "Verhöreinheit. Ich stimme Tonari-kun zu. Eine schnellere Vorbereitung war uns bei der Mobilisierung von zweihundert Ninjas nicht möglich, wäre sogar fahrlässig gewesen, aber jetzt sollten wir aufs Gas treten."
"Weitere Meinungen?", fragte ich, während ich mich noch über das Suffix Sama wunderte, mit dem mich Nakakura angesprochen hatte.
Eine Frau meldete sich. Ihrer Kleidung nach gehörte sie eindeutig zu den Medi-Nins Konohas. Das hieß aber keinesfalls, dass sie als Ninja unterschätzt werden durfte. "Rei Hanabi, Morikubo-sama. Ich bin eine Kohai Ihrer Mutter", sagte sie. "Ich denke, wir haben Oto hart getroffen, als wir ihren Angriff zurückschlugen. Wir waren in der Lage, nur fünf Tage nach dem Angriff einen Gegenschlag vorzubereiten. Egal, was Orochimaru angeordnet hat - und ich erinnere daran, dass der Sandaime ihn schwer verletzt hat, bevor er getötet wurde - ich bezweifle, dass bereits alle Shinobi diese Anweisungen ausgeführt haben. Somit haben wir das Glück, oder vielleicht eher das Pech, dass unsere Chancen, auf Chunin und Jounin zu treffen, höher sind, je schneller wir einrücken.
Andererseits bin ich ein entschiedener Gegner der Idee, vermeidbare Verluste für einen schnellen Vormarsch in Kauf zu nehmen. Ich denke, wir könnten Bunshin benutzen, um die Fallen auszulösen. Oder auch Kage Bunshin."
"Du bist ein kleiner Scherzkeks, Rei-chan", tadelte Rose. "Wie oft willst du denn Bunshin oder Kage Bunshin durchführen lassen? Willst du, dass wir nach dem zehnten oder elften Schattenklon ohne Chakra da stehen?"
"Ich bin ebenfalls für einen schnellen Anmarsch", meldete sich Hanako nach Handzeichen zu Wort. "Orochimaru werden wir auf keinen Fall erwischen, aber unser Auftrag lautet ohnehin, Otogakure die Möglichkeit zu nehmen, jemals wieder Krieg zu führen. Wir werden umso mehr ihrer Shinobi erwischen, je früher wir eintreffen. Außerdem werden sie ihre Kriegslager und Produktionsstätten zum großen Teil noch nicht verlagert haben. Zumindest hoffe ich das."
"Danke. Und was meinst du, Karin?"
Die junge Akimichi hielt meinem Blick stand. Noch vor der Schlacht um Konoha wäre sie zuerst erschrocken zusammengezuckt, wenn sie angesprochen wurde. "Ich denke, die ANBU haben eine gute Vorarbeit geleistet und uns Wege eröffnet, über die wir sicher bis auf fünf Kilometer an Otogakure heran kommen können. Ab da beginnen unsere Probleme. Und ab da müssen wir unsere schiere Zahl ausnutzen."

"Ich fasse das mal zusammen", sagte ich ernst und sah ins Rund. "Wir werden schnell vorstoßen, indem wir die Gebiete, die Oto vermint hat, umgehen. Die Zeichen auf der Karte sind unmissverständlich, alle anderen Gebiete sind Fallenfrei. Das gilt aber nicht für den Fünf Kilometer-Radius um Otogakure, der von den ANBU nicht betreten wurde. Wir werden bis zu diesem Punkt südlich von Oto als Kolonne vorstoßen, natürlich mit unseren sensorischen Ninjas an der Spitze, in der Flanke und als Nachhut. Einen Schlag in unseren Rücken halte ich nicht für wahrscheinlich, aber hinnehmen müssen wir ihn auch nicht. Hier an diesem Punkt teilen wir uns in acht Gruppen auf. Ich werde mit den ANBU vor Ort reden und dafür sorgen, dass sie euch durch das Gebiet scouten. Wir werden Oto dann in acht Positionen einschließen. Wichtig dafür sind der kleine Flusslauf, der hier am Dorf vorbeifließt, sowie dieser Weg in Nord-Südwest-Richtung, und dieser Weg in Ost-West-Richtung. Die letzten beiden Positionen liegen hier und hier, bei den beiden Hügeln, welche das Dorf umgeben. Sie erlauben uns eventuell einen ersten Blick in den Ort.
Um die restlichen fünf Kilometer bis zum Dorf zu überwinden lassen wir uns Zeit. Zwar steigt dadurch die Gefahr, das wir entdeckt werden, aber dank unserer sensorischen Ninjas reduzieren wir die Gefahr, dass uns jemand unerkannt entwischt, weil wir den Ring um Oto mit jedem Meter, den wir überwinden, enger ziehen. Wenn wir das Dorf selbst erreichen, gibt es keine Lücken mehr in unserer sensorischen Erfassung. Und ich bezweifle, dass die Oto-Nin das eigene Dorf vermint haben. Wichtig ist folgendes: Trefft Ihr an irgendeinem Punkt der Aktion auf einen oder mehrere Jounin, meldet mir das sofort. Ich werde in dem Fall Affenkrieger beschwören, die sich der Oto-Jounin annehmen werden. Ihr müsst sie hinhalten, aber Ihr dürft sie nicht ernsthaft bekämpfen. Selbst für fünfundzwanzig Konoha-Genin kann das sehr leicht tödlich enden. Soweit alle einverstanden?"
Laute der Zustimmung erfüllten das Zelt.
"Gut. Ich verteile die Positionen. Rose-chan, du übernimmst den südlichen Punkt, den Ausgangspunkt unseres Angriffs hier am Unterlauf des Flusses. Ich selbst werde bei dir bleiben." Die Shinobi nickte verstehend.
"Fei-chan, du beginnst hier, am Süd-West-Punkt der Straße." "Gut."
"Nakakura-kun, Sie kriegen den Westen mit der Straße." "Ein gutes Anmarschgebiet mit wenigen Möglichkeiten, uns einen Hinterhalt zu legen, Morikubo-sama."
"Äh, ja. Karin, Nord-West ist deine Position. Der Oberlauf des Flusses." "In Ordnung, Mamo-chan."
"Hanako, du übernimmst den Norden mit der Straße." "Verstanden."
"Hanabi-kun, der Hügel im Nordosten gehört Ihnen." "Ich werde Sie nicht enttäuschen, Morikubo-sama."
"Okay... Tonari, die Oststraße." "Geht klar, Mamo-chan."
"Bleibt der Hügel im Süd-Osten. Und es bleibt nur noch ein Chunin übrig." Fragend sah ich die junge Frau an, die bis jetzt noch kein einziges Wort gesagt hatte. Ihr Blick irritierte mich ein wenig. Er hatte etwas fanatisches und passte so ganz und gar nicht zu ihrem verzückten Lächeln.
Ich räusperte mich vernehmlich. War sie eventuell stumm? Taub? Beides waren kein Hindernis, um ein begabter Ninja zu werden. Im Gegenteil, körperlich eingeschränkte Shinobi waren zu teilweise größeren Leistungen fähig als ein normaler Ninja. Ich kannte einen blinden Shinobi, der allein durch seine sensorischen Fähigkeiten die Umwelt erfasste und seine Kämpfe bestritt. Er war so gut, dass er selbst mittlerweile Chunin war.
"Kennt sie jemand?", wandte ich mich aus Mangel an Reaktion an die Umstehenden.
Das nahm Rose zum Anlass, um der jungen Frau einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf zu verpassen.
"Autsch! Wofür war der denn, Sempai?", maulte sie.
"Wach mal wieder auf, Anna. Der freundliche Chunin hat dich was gefragt", sagte sie ohne den üblichen amüsierten Ton in der Stimme. "Du musst meinen Kohai entschuldigen, Mamo-chan. Normalerweise ist sie ein fähiger Chunin, aber heute ist sie so verdammt merkwürdig."
"Ist es besser, sie zu ersetzen?", fragte ich Rose.
Das brachte die junge Frau auf Touren. Sie wedelte mit beiden Händen abwehrend und rief: "N-nein, keine Sorge, ich bin jetzt voll da! Ich war nur etwas in Gedanken versunken, weil ich Ihre Art, wie Sie diese Besprechung geführt haben, so bewundere, Morikubo-sama! Anna MoriyamaChunin, Scoutteam, Morikubo-sama. Den Süd-Osten mit dem Hügel, ja, habe ich verstanden. Ich werde Sie um keinen Preis enttäuschen, Morikubo-sama! Aha. Hahahahaha. Versprochen!"
Ich sah wieder zu Rose herüber, die ratlos die Schultern hob. Also war Anna Moriyama normalerweise nicht so... Wie sollte ich es in Worte fassen? Fixiert?
"Hier und hier werden wir nach jeweils einem Tagesmarsch rasten", sagte ich und zeigte die Positionen auf der Karte. "Dann beginnen wir mit der Aufteilung der Kolonnen. Ihr habt eine Stunde, um eure Positionen zu erreichen, dann zwei weitere Stunden, um bis auf Rufweite an Oto heran zu kommen. Lasst niemanden entkommen, aber behandelt sich ergebende Shinobi und Zivilisten bestimmt, doch freundlich. Wer sich wehrt, sollte allerdings schnell einsehen, dass das eine dumme Idee ist. Wir koordinieren uns mit Hilfe eines Roten Milans aus Konoha, der von den ANBU zur Beobachtung Otogakures eingesetzt wird. Der erste Schrei bedeutet vorrückten. Der zweite Schrei bedeutet angreifen. Solltet Ihr vorher entdeckt oder gar angegriffen werden, brecht die Funkstille und informiert mich sofort. Während des Kampfes um die Stadt will ich ständig über eure Gegner und eure Verluste informiert werden. Ich werde bereits einen Affenkrieger beschwören, bevor der Kampf beginnt. Aber mein Limit sind drei, und das verkürzt die Zeit für die anderen Kontraktpartner beträchtlich. Das heißt, ich werde meinen Kontrakt sehr dosiert einsetzen müssen. Dazu brauche ich exzellente Informationen. Alle verstanden?"
Leise Bestätigungen hallten durch das Zelt.
"Welchen Affenkrieger werden Sie denn beschwören, Morikubo-sama?", fragte Moriyama mit leuchtenden Augen. "Ranma-sensei? Doktor Tofu? Oder gar Enka O Enma persönlich?"
"Ich gebe zu, ich kann meine Beschwörungen nicht in dem Maße steuern. Wir werden sehen, wen ich kriege. Aber je mehr Chakra ich in die Beschwörung lege, desto mächtiger ist der Affenkrieger."
"Ooooh, ich kann es gar nicht erwarten, einen zu sehen. Oder sogar drei!" Vor lauter Begeisterung hatte sie die Hände vor der Brust gefaltet und sah mich mit einem Blick an, den ich ansonsten nur von Hunden kannte, die gleich ihr Leckerli bekommen würden.
"Du wirst einen Teufel tun!", fluchte Rose wütend, und versetzte ihr noch einen Schlag. "Du wirst gefälligst deine Aufgabe erfüllen! Und du wirst nicht mitten in der Schlacht nachsehen gehen, welche Affenkrieger Mamo-chan beschworen hat. Hast du das verstanden, Anna?"
"Keine Sorge, ich werde mich doch ausgerechnet von Morikubo-sama nicht blamieren", erwiderte sie beleidigt. "Und außerdem, musst du so hart zuschlagen, Sempai?"
"Kleine Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen, Anna", sagte Rose bestimmt.
"Wie dem auch sei!", sagte ich mit lauter Stimme, um anzudeuten, dass die Besprechung noch nicht beendet war. "Drei Schreie des Milans bedeuten Abbruch der Mission. In diesem Fall ziehen wir uns zwanzig Kilometer zurück, jeder in die Richtung, aus der er gekommen ist. Anschließend schlagen wir uns zum ersten Rastpunkt durch, hier, wo wir uns wieder sammeln. Entweder versuchen wir es dann erneut, oder wir ziehen uns zurück, je nachdem welcher Umstand einen Missionsabbruch erforderte. Ich sage das vorsichtshalber, nicht weil ich glaube, dass Orochimaru oder sein Leutnant Kabuto in der Stadt sein werden. Ich sage es, weil ich für jede Option gerne eine Lösung habe. Wenn das alle verstanden haben, dann ist die Besprechung beendet. Frischt eure Vorräte auf und macht euch und eure Leute bereit. Wir ziehen in einer Stunde weiter."
Zustimmendes Gemurmel antwortete mir, und nach und nach verließen die Chunin das Zelt. Rose ging mit ihrer Kohai und redete wütend auf sie ein, weil sie sich von ihr blamiert fühlte. Zu Recht, wie ich damals fand.
"Aber er ist doch noch so jung, und dabei schon so cool! Kannst du das nicht verstehen, Rose-sempai? Er ist was ganz besonderes!"
Ich erstarrte, als ich diese Worte hörte. Anna konnte doch unmöglich mich gemeint haben, oder?

Ich war angemessen irritiert. Andererseits war die Mission wichtiger, also begann ich meine Arbeit zu machen und das Kartenmaterial einzurollen. Es würde uns noch gute Dienste erweisen.
"Herr General, ich bedanke mich für die Möglichkeit, meine Besprechung hier abzuhalten."
"Kein Problem, Morikubo-tono. Immerhin ist ein Angriff auf einen Diener des Landes des Feuers ein Angriff auf alle Diener des Landes des Feuers", sagte er freundlich. "Gehen Sie raus, und reißen Sie den Oto-Idioten mächtig den Arsch auf."
"Das war der Plan", erwiderte ich grinsend.
"Ach, und noch etwas. Seien Sie umsichtig mit Ihrem großen Problem. Ein abgelenkter Offizier macht leicht ein paar Fehler, die seinen Leuten oder gar sich selbst das Leben kosten können."
"Abgelenkter Offizier? Ach, Moriyama-kun. Ich werde sie rechtzeitig austauschen, wenn sie sich als Nachteil erweisen sollte."
"Das ist nicht das Problem mit ihr, Morikubo-tono."
"Aber ich glaube doch, dass es die Lösung ist, Herr General", beharrte ich.
Der erfahrene Mann musterte mich einige Zeit. Dann seufzte er und erhob sich, um mir die Hand geben zu können. "Ich wünsche Ihnen viel Glück, Morikubo-tono. Sie werden es brauchen."
"Danke, Herr General. Mit ein wenig Glück bringen wir die Mission schnell hinter uns."
Er öffnete den Mund, so als wolle er noch etwas sagen, aber dann ließ er es doch.
"Ist noch etwas?", fragte ich neugierig.
"Nichts, nichts", antwortete er und klopfte mir auf die Schulter. "Ich bin sicher, Sie werden schon von selbst darauf kommen. Sie sind ja noch jung."
"Worauf kommen?"
"Ich sagte schon, das kriegen Sie selbst raus. Irgendwann." Er reichte mir die Karten und komplimentierte mich aus dem Zelt.
Ich lief dabei in Kaminari, der mich wissend angrinste. "Ich übernehme wieder deine Rückendeckung, wenn es dir recht ist. Bei dem anderen Problem kann ich dir allerdings nicht helfen."
"Welchem Problem? Dem mit Moriyama?"
"Genau", sagte er, noch breiter grinsend.
"Und warum nicht? Weil du es nicht kannst, oder weil du es nicht darfst?"
"Weil ich es nicht will. Ist lustiger so."
"Ich verstehe kein Wort", beschwerte ich mich.
"Ja, ich weiß", sagte er und klopfte mir auf die Schulter. "Wird bestimmt lustig zu beobachten sein."
"Ryu, du steigst im Moment nicht gerade auf meiner Beliebtheitsskala."
"Oh. Ich werde es überleben."
"Na klasse." Ich schob den Gedanken beiseite. Schließlich hatte ich gut zu tun. Ich musste ein Ninja-Dorf zerstören.

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Heute

Man kann sagen was man will, aber einem Dutzend Käfer zu folgen hatte etwas Lächerliches. Fast erwartete ich, dass die kleinen Krabbler, während sie vor uns hinweg flogen, in der Finsternis des sehr frühen Morgens leuchteten; aber sie taten mir nicht den Gefallen, dieses Klischee zu nähren.
Klar war die Methode effektiv, und dankenswerterweise war Shino nicht wie geplant mit entführt worden, was die Kontrolle über die Käfer erhöhte. Dummerweise fehlte er nun ebenso wie ich im Tross der Entführer. Wir hatten sie nur mit einen Ninja infiltrieren können, und das war beinahe gleichbedeutend mit einem Fehlschlag. Meine Strategie hatte vorgesehen, den Banditen nach einem halben Tag nachzufolgen, mit einer sicheren Methode, um sie aufzuspüren. Allerdings mit drei erfahrenen Shinobi Konohas unter ihren Gefangenen, die ihre anderen Gefangenen jederzeit effektiv beschützen konnten. Nun trug ein Shinobi Konohas alleine diese Bürde, und dass das ausgerechnet Hanako war machte es nicht leichter für mich.
Gewiss, ich vertraute ihr wie kaum einem anderen Menschen, aber meine Angst um sie war ohnehin irrational und aus meinem Beschützerkomplex geboren. Dementsprechend waren wir zu früh aufgebrochen. Sechs Stunden oder gleich ein halber Tag machte schon einen Unterschied, aber an diesem Punkt der Ereignisse hatte ich mich mit meinem eigenen Plan nicht mehr wohl gefühlt.
Es war eine alte Weisheit, dass man weit voraus planen konnte. Aber die Welt steckte voller Variablen und Unbekannten, sodass das, was anschließend passierte, nicht unbedingt dem Plan folgen würde. So war es auch jetzt, als wir den Banditen folgten. Dazu kam, das wir sie nicht einholen durften, bevor sie ihr Versteck erreichten. Es bestand die Gefahr, das wir jede Spur zu jenen Kindern verlieren würden, die vor einem Jahr entführt worden waren.
Beim Gedanken, was ihnen in dem einen langen Jahr alles passiert sein konnte, stieg mir die Galle hoch. Beim Gedanken, was Hanako in den letzten sechs Stunden passiert sein konnte, kochte mein Gemüt über. Und beim Gedanken daran, was mit Suzume passiert sein mochte, stieg mein Blutdruck bedenklich an. Dennoch versuchte ich, ruhig zu bleiben, das Geschehen sachlich zu betrachten.
Die Infiltration hatte nur zu einem Drittel funktioniert, das stand unumstößlich fest. Im Gegenzug aber hatte ich, mich eingeschlossen, acht Ninjas unter meinem Kommando, die ihre Ausrüstung bereits bei sich trugen und einsatzbereit waren. Das Missionsziel war die Rettung der Gefangenen. Mit einem Insider im Stützpunkt der Banditen und acht Ninjas, die von außerhalb attackierten, sollte ein Erfolg möglich sein. Nach meiner ersten Abschätzung würden die Banditen uns keinen großen Widerstand bieten; lediglich bei der Anführerin war ich mir nicht sicher, wie ich sie einzuschätzen hatte. Ihr merkwürdiger Befehl, mich hinter dem Haus exekutieren zu lassen, hatte meinem Plan in die Hände gespielt. Hanako hätte niemals alle Banditen und Dorfbewohner unter ihre Genjutsu nehmen können, und ich hätte einiges aufbringen müssen, um mich, Hana-chan und so wenig Banditen wie möglich an einen Ort zu locken, an dem ich meinen Tod inszenieren konnte. So war es sehr viel einfacher gewesen, und das gab mir zu denken. Das Leben machte nichts einfacher, es trat eher noch nach, wenn man schon am Boden lag. Und da war noch der Dicke, der gerade so in seine Rüstung gepasst hatte. Den Burschen würde ich auch im Auge behalten müssen, vor allem da Hinata-chan berichtet hatte, die Chakra-Zentren der beiden wären ungewöhnlich stark gewesen.

Also hetzten wir den Käfern hinterher, mit Shino an der Spitze, dicht gefolgt von Hinata-chan, die mit ihren Byakugan den Weg auf Hinterhalte und Fallen absuchte. Ryu Kaminari und Inari Asa waren auf den Flanken, Karin bildete die Nachhut. Ich hielt mich mit Ikuko Kenda in der Mitte. Sie hatte ihr sensorisches Netz entfaltet, und ich machte mir derzeit Gedanken über unsere Situation.
Shino pfiff leise. Das vereinbarte Zeichen, dass die Spur der Pheromone, der seine Käfer folgten, dichter wurde. Wir schlossen also auf, und das reichlich früh.
Ich ließ halten. Wir sprangen von den kräftigen Ästen, die uns als Weg gedient hatten, und landeten auf dem Waldboden.
"Niemand in der Nähe", sagte Ikuko.
"Ich kann auch niemanden sehen", sagte Hinata-chan.
"Wir können sie riechen", sagte Kiba. "Sie waren vor einer Stunde noch hier." Akamaru bellte bestätigend.
Das "wir" irritierte mich ein wenig, aber immerhin hatte ich es bei dem Jungen mit einem waschechten Inuzuka zu tun.
Für den Moment waren wir sicher. Fallen hatten sie auch keine auf ihrem Weg aufgebaut.
"Kiba, Hinata, geht so nahe ran wie es euch möglich ist und schaut sie euch an", befahl ich. "Die anderen ruhen sich aus."
Die beiden Genin von Team acht bestätigten und verschwanden wieder im Geäst der Bäume.
Ich ließ mich gegen den Baumstamm sinken und angelte seufzend nach meinem Proviant. Die oberste Regel für einen Shinobi war Einsatzbereitschaft. Wer sein Chakra anstrengte, musste gut essen, um bei Kräften zu bleiben.

Karin setzte sich neben mich. In ihren Augen flackerte Unsicherheit. "Meinst du, es geht ihr gut?", fragte sie unvermittelt.
Ich tätschelte ihren Kopf, wie ich es bei einem kleinen Kind getan hätte. "Mach dir keine Sorgen. Wenn es jemanden gegeben hätte, der Hanako auch nur zu nahe gekommen wäre, hätten wir längst die Explosionen gehört oder eine Spur aus Leichen entdeckt."
Sie lachte nicht über meinen Scherz, und das stimmte mich nachdenklich.
"Es gibt Situationen, in denen es besser ist, nachzugeben, Mamo-chan", sagte sie nachdenklich. "Hana weiß, das mit ihr die Mission steht oder fällt. Und wir Kunoichi haben... Sie zögerte, sah mich an, sah wieder fort und errötete. "Wir haben eine besondere Ausbildung, die euch nicht zuteil wird. Euch Männern, meine ich. Wenn wir... Wenn wir alt genug sind, trainieren uns unsere Kunoichi-Sempais, damit wir mit unseren potentiell verletzlicheren Körpern in... bestimmten Situationen richtig agieren können."
"Du sprichst davon, dass Ihr Kunoichi eher in Gefangenschaft vergewaltigt werdet als wir Männer?" Ich lachte rau. "Hast du Otogakure schon vergessen?"
"N-nein, natürlich nicht. Aber ich dachte, euch Männern macht so etwas nicht so aus."
"Es ist nicht so, dass ich mich darüber gefreut hätte. Und ich hatte Glück, dass es Maria war, und nicht Orochimaru. Zum Beispiel." Ich seufzte und schob diese irritierenden Erinnerungen beiseite. Das war über ein Jahr her, und noch ein Grund dafür, warum ich Maria umbringen würde, wenn ich sie das nächste Mal sehen würde. Niemand verfuhr mit einem hilflosen Konoha-Shinobi, wie es ihm gerade passte. Aber auch diesen Gedanken schob ich beiseite.
"Das trifft es noch nicht ganz. Manche von uns werden ausgebildet, um..." Sie senkte wieder den Blick. "Man trainiert sie, damit sie solche Situationen zum Wohle der Mission überstehen. Damit sie später wieder als Kunoichi agieren können. In manchen Missionen gehören... sexuelle Gefälligkeiten zu den erforderlichen Dingen, die diese Kunoichi leisten müssen. Auch wenn wir nicht für diese Gruppe ausgesucht werden, so wird doch jedem weiblichen Ninja klar gemacht, was es bedeuten kann, in dieser Situation zu stecken. Und Hana-chan hat vor all den Leuten behauptet, du hättest mit ihr geschlafen."
"Ach so", sagte ich, legte einen Arm um ihre Schulter und drückte sie an mich. "Mach dir doch keine Sorgen darum, dass die Banditen glauben, sie wäre leicht zu haben. Stell dir vor, einer dieser rauen, ungewaschenen Kerle schnappt sie sich, wenn diese Anführerin nicht aufpasst. Was wird er tun? Er schleppt sie in eine stille Ecke, wo sie alleine sind. Und dann?"
Karins Augen begannen zu strahlen. "Und dann setzt Hana-chan ihn unter ihr Genjutsu!"
"Richtig. Und was immer der Bandit glaubt, was er gerade erlebt, Hana steht daneben und versucht nicht zu lachen. Vertrau ihr also. Immerhin ist sie unsere Hanako Yodama."
"Ja, du hast Recht. Hana-chan geht es vermutlich gut. Aber die anderen Mädchen? Suzume-chan?"
"Hanako wird auf sie und die anderen Mädchen aufpassen. Falls sich einer der Banditen für eine von ihnen interessiert, wird sie ihn becircen, ins Abseits locken, und ihr Genjutsu benutzen. Falls die Banditen für so etwas überhaupt Zeit haben. Denn das erfordert eine Pause."

"Mamoru-sempai!", klang Hinatas Stimme atemlos zu mir herüber. "Die Banditen machen eine Pause!"
Ich tauschte einen überraschten Blick mit Karin. "Regel Nummer eins, Mamo-chan", sagte sie tadelnd zu mir. "Beschwöre niemals eine schlechte Entwicklung, indem du sie beschreibst."
"Ich will es mir merken. Hinata-chan, konntest du Hanako und die anderen sehen?"
Das junge Mädchen und Kiba landeten direkt vor meinen Füßen. Sie nickte heftig. "Man lässt sie rasten und hat ihnen zu trinken und zu essen gegeben. Es scheint, dass sie die letzten Stunden durchmarschiert sind. Sie waren also die ganze Nacht auf den Beinen."
"Das ist aber noch nicht alles", sagte Kiba. "Es scheint, als wäre noch jemand mitten in der Nacht unterwegs." Er deutete nach Süden. "Und zwar unsere Freunde von der Steuererhebungstruppe des Daimyos Harusame. Ich habe Akamaru ausgeschickt. Er wird zurückkehren, wenn die beiden Trupps aufeinander zu treffen drohen."
"Wuff!" Akamaru kam über den Boden gehetzt, blieb vor seinem Herrn stehen und bellte erneut.
"Was genau jetzt der Fall ist. Es scheint, als würde die Karawane des Daimyos genau in Richtung vom Rastplatz der Banditen ziehen."
"Wenn etwas schief geht, dann aber auch richtig", murmelte ich verdrossen. Die Beamten des Daimyos waren gut bewacht; ich hatte die nicht gerade zahlreichen, aber sehr gut ausgerüsteten Soldaten gesehen. Trafen sie auf die Banditen, würde es zwangsläufig zum Kampf kommen. Und der Ausgang dieses Kampfes war nicht gewiss.
"Verdammter Mist. Muss denn alles schief gehen?" Missmutig sah ich die anderen an. "Na toll, jetzt müssen wir alles noch mal umstellen."
"Wenn es zum Kampf kommt, dann...", begann Kaminari.
"Können die Gefangenen fliehen. Einige werden das sogar. Aber wohin werden sie laufen? Werden sie verfolgt werden? Sie wissen ja gar nicht, das wir hier sind. Was passiert mit den Beamten, wenn die Soldaten besiegt werden? Was wird aus den Gefangenen des letzten Jahres, wenn die Banditen besiegt werden?" Ich faltete die Hände vor meinem Gesicht ineinander und drückte sie auf meine Stirn. "Denk nach, Mamoru, denk nach."
Stille herrschte, während ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen und die Situation an die neuen Daten anzupassen.
"Hier ist der Plan", sagte ich schließlich. "Ryu, du und ich greifen auf Seite der Beamten des Daimyo ein, sobald der Kampf beginnt.
Hinata-chan, Inari, Ihr zwei achtet auf Gefangene, die die Situation nutzen und fliehen. Sammelt sie ein und beschützt sie vor Verfolgern." Die beiden nickten.
"Karin, Kiba..." Ich zögerte einen Moment. "Und Akamaru. Ihr dringt zu den anderen Gefangenen vor und unterstützt Hanako dabei, sie zu beschützen." Der Hund bellte bestätigend, und die beiden nickten.
"Shino, Ikuko, Ihr überwacht die Banditen. Sobald einige von ihnen fliehen, verfolgt Ihr sie. Hoffentlich bis zu ihrem Versteck." "Verstanden", sagte der Käferjunge. Ikuko nickte.
"Gut. Wie lange noch, bis die Karawanen aufeinander treffen, Akamaru?"
"Wuff!" "Nicht mehr als eine halbe Stunde", übersetzte Kiba.
"Gut. Wir schleichen uns an so nahe wie es geht, und warten auf das Ausbrechen der Kämpfe. Wir greifen sofort ein. Kein Zögern, kein Nachdenken. Sollte etwas schrecklich schief gehen, ist hier wieder unser Sammelpunkt. Haben das alle verstanden? Gut, dann lasst uns gehen."
"Verstanden!"
Sechs meiner Shinobi verschwanden, um ihre Positionen aufzusuchen. Kaminari und ich blieben zurück. "Du hast vergessen für den Fall zu planen, wenn die Banditen die Soldaten überwinden", tadelte Kaminari.
"Für welchen Fall, Ryu?", fragte ich interessiert.
"Kann es sein, dass du in letzter Zeit ein klein wenig selbstüberzeugt und arrogant geworden bist? Nur weil du auf Seiten des Daimyos kämpfen wirst, heißt das nicht automatisch, dass die Soldaten gewinnen werden."
"Nein, das heißt es sicher nicht", sagte ich mit einem dünnen Lächeln. "Aber du kämpft auch auf ihrer Seite, oder?"
Kaminari sah mich verblüfft an. Dann musste er lachen. "Okay, das ist ein sehr gutes Argument."
Ich klopfte dem lachenden Mann auf die Schulter. "Lass uns gehen, alter Freund."
Seite an Seite verschwanden wir im Wald, auf dem Weg zur bevor stehenden Schlacht.
***
Kaminari und ich erreichten eine gute Beobachtungsposition zur Kolonne des Daimyos nur wenige Sekunden, bevor der erste Wachtposten der Banditen die fremden Reiter und Wagen entdeckte. Natürlich meldete er seine Sichtung. Die Fackeln, welche den Männern den Weg erleichterten, waren nicht zu übersehen. Und damit gingen die Dinge ihren Lauf.
Im Lager der Banditen wurden Pferde klar gemacht, und es dauerte nur wenige Augenblicke, bevor sie den Soldaten entgegen ritten. Der Anführer der Soldaten, Koji, ritt ihnen mit nur wenigen Begleitern entgegen. Ohne meine und Kaminaris Unterstützung stand ihnen eine blutige Niederlage bevor. Dachte ich.
"Na, dann wollen wir doch mal", begann Kaminari und formte erste Fingerzeichen.
Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Warte."
"Was?" Er hielt inne. "Stimmt was nicht?"
"Sie ziehen ihre Schwerter nicht", sagte ich alarmiert. "Sie reiten aufeinander zu und ziehen ihre Schwerter nicht."
"Jetzt wo du es sagst... Ach du Scheiße. Du meinst doch nicht etwa..."
Keine fünfzig Meter von uns entfernt trafen sich die beiden Gruppen. Auf einer Seite Koji und seine Leute, auf der anderen Seite die geheimnisvolle Frau mit dem Beamten und dem Dicken an der Seite. Man begrüßte sich höflich, aber nicht überschwänglich. Von einem Kampf konnten sie nicht weiter entfernt sein. Sie sprachen einige Zeit miteinander. Es ging um Nutzen, Ertrag, Gesamtergebnisse.
"Glaubst du, die Beamten lassen sich schmieren?", fragte Kaminari halblaut.
"Ich glaube, es ist noch viel schlimmer", erwiderte ich ernst.
Ich behielt Recht. Nach dem ersten Gespräch winkte Toji die Wagen heran. Im Lager der Banditen wurde es derweil laut, während die Banditen einen Teil ihrer Rüstungen gegen solche austauschten, welche die Männer des Daimyo Harusame zu tragen pflegten.
"Ja, da soll mich doch...", brauste Ryu auf, aber wieder hielt ich ihn zurück.
"Wir gehen zum Sammelplatz", raunte ich ihm zu. Lautlos verließen wir unsere Beobachtungsposition.

Als wir unser altes Lager erreicht hatten, waren Hinata und Inari schon eingetroffen. Kurz darauf folgten Karin und Kiba mit Akamaru. Als Letzte trafen Shino und Ikuko ein. Für eine Zeit herrschte ein aufgebrachtes Durcheinander von Stimmen und Meinungen.
Ich ließ sie ihren Ärger von der Seele reden, zumindest für eine gewisse Zeit. Dann hob ich die Hand. Die anderen kamen zur Ruhe.
"Ich würde gerne eure Einschätzungen hören. Shino."
Der Aburame blickte mich durch seine Sonnenbrille genau so stechend an, als wenn ich ihm direkt in die Augen sehen könnte. "Es ist offensichtlich, dass sowohl Banditen als auch die Soldaten des Daimyos gemeinsame Sache machen. Wahrscheinlich sind sie alle Soldaten."
"Das kannst du nicht wissen", warf Hinata ein. "Es kann auch sein, dass sie die Beamten und Soldaten besiegt haben, um ihre Rollen einzunehmen."
"Unwahrscheinlich", warf ich ein. "Genta kannte Koji vom letzten Mal."
"Und wenn sie schon damals...?", begann sie hoffnungsvoll, seufzte aber und nickte verstehend. "Gut, dumme Idee. Der Daimyo wäre längst dagegen vorgegangen."
Ich nickte zufrieden. "Also, was haben wir hier? Kiba?"
"Von meiner Warte sieht es so aus, als würden diese Schweine unseren Auftraggeber gleich zweimal zur Kasse bitten. Zuerst ziehen sie die reguläre Steuer ein, dann holen sie sich noch ein Extra. Inklusive der Sklaven. Um die mache ich mir übrigens gerade ernsthafte Sorgen, denn sie haben gesehen, wie die Banditen sich umgezogen haben. Die müssen sich sehr sicher sein, dass ihre Gefangenen ihr Wissen nicht weiter geben werden."
"Viele Möglichkeiten gibt es da nicht", fügte Inari hinzu. "Entweder werden sie alle getötet, lebenslang eingesperrt, oder in die Fremde verkauft."
Ich konnte deutlich fühlen, wie das Unwohlsein in der Gruppe stieg. Hanako war da mitten drin. Suzume war da mitten drin. Und kamen wir für die Kinder aus dem letzten Jahr zu spät?
"Kommen wir zu politischen Situation. Hinata-chan, wie ist die aktuelle Lage Im Land des Wassers?"
"Mizu no Kuni besteht aus diesem Transitland auf dem Kontinent, und unzähligen größeren und kleineren Inseln, die teilweise tausende von Kilometern auseinander sind. Dies erfordert eine föderalistische Regierungsstruktur, keine Zentralregierung. Das heißt, dass das Festland in drei, und die Inseln in acht Regierungsbezirke aufgeteilt sind, denen jeweils ein Daimyo vorsteht. Über ihnen allen steht der Daimyo des Landes des Wassers. Er ist keiner der elf, sondern eine übergeordnete Instanz. Sein Titel wird vererbt. Er treibt zum Beispiel für Kirigakure, das Ninjadorf, überregionale Steuern ein. Oder für den Unterhalt der Armee, Pflege der Straßennetze und dergleichen. Dies sind alles Dinge, die unter seine direkte Jursidiktion fallen."
"Hinata-chan, ich glaube, ich habe einen Hörsturz. Kannst du das noch mal erklären, ich meine in Worten?", fragte Kiba.
"Tu-tut mir leid, war ich zu kompliziert?", fragte sie erschrocken.
"Weiter im Text", mahnte ich, bevor die verbale Kabbelei Kibas ausufern konnte. "Der Reis, der in Gentas Dorf als Steuer erhoben wurde, ist also teilweise für den Mizu-Daimyo?"
"Das ist richtig. Ich rechne ungefähr mit der Hälfte", sagte Hinata.
Nachdenklich strich ich mir übers Kinn. "Korruption", sagte ich ernst.
"Korruption?", echoten die anderen.
"Korruption", bestätigte ich. "Daimyo Harusame lässt nicht nur Gentas Dorf auf diese Weise bluten, sondern viele weitere Dörfer unter seiner Aufsicht. Einige von ihnen sind daran zerbrochen, was den großen Zuzug in Gentas Dorf erklärt. Andere widerstehen noch. Alle Beschwerden über die Banditen gehen an Harusame, der der eigentliche Urheber dieser Übergriffe ist. Somit hat er nicht nur die Hälfte der Steuern in Form von Reis zur Verfügung, sondern das Anderthalbfache. Und da alle Beschwerden an ihn gehen, kann er das Spiel so lange weiter treiben, bis der Mizu-Daimyo einmal davon Wind bekommt und hier tüchtig aufräumt."
"Aber so lange können wir nicht warten, oder?", fragte Kaminari grinsend.
"Nein, können wir nicht", erwiderte ich. "Wir brechen sofort zum Schloss des Daimyos auf."
"Einen Moment noch, Mamo-chan", sagte Shino. "Es gibt immer noch die Möglichkeit, dass Harusame hiervon nichts weiß. Müssen wir uns nicht auf diese Möglichkeit vorbereiten?"
"Die Möglichkeit besteht, aber sie ist verschwindend klein", erwiderte ich.
"Was macht dich so sicher?"
"Das Beamtensiegel. Es war echt, und mein gewalttätiger Freund ist sein rechtmäßiger Besitzer. Er ist das direkte Auge des Daimyos bei dieser Operation. Was ich sehr interessant finde, denn sein Herr hat ihn nicht Koji zur Seite gestellt, sondern der Frau, um auf sie aufzupassen." Ich klopfte dem Aburame-Spross auf die Schulter. "Aber ich behalte den Gedanken im Hinterkopf, nur für den Fall der Fälle."
Ich sah ins Rund. "Gleiche Formation wie eben. Los jetzt, Konoha-Shinobi. Da wartet ein Job auf uns, für den wir bezahlt wurden."
"Verstanden!" Nach und nach verschwanden meine Ninjas im Geäst des Waldes. Ich folgte nach. Warum musste die interessanten Dinge eigentlich immer mir passieren? Oder kam es mir nur so vor, weil die anderen Shinobi mit solchen Wendungen ihrer Aufträge nicht prahlten?
***
Damals

Auf der anderen Seite der Grenze zum Land der Reisfelder erwartete uns unser Verbindungsmann. Der große, breitschultrige Blondschopf trug seinen Kimono nachlässig offen, und hatte ein Schwert geschultert, das eher an einen Stahlblock denn eine Waffe erinnerte.
"Ich bin Ryuji Nekozumi vom Clan der Nekozumi", stellte er sich vor. "Ich begleite euch Konoha-Shinobi, um sicher zu stellen, dass unsere Vereinbarungen eingehalten werden. Aber ich werde mich nicht an den Kämpfen gegen Otogakure beteiligen."
Ich nickte bestätigend. "Das hat auch keiner verlangt. Seien Sie uns willkommen, Nekozumi-san." Damit hatte ich gleich richtig gestellt, dass ich den Mann keinesfalls als höhergestellt ansah.
Er grinste schief. "Mamoru Morikubo-san, der ewige Chunin. Ich denke, ich werde diese Erfahrung, Sie kennen zu lernen, zu schätzen wissen."
Mit dem Suffix San hatte auch er zum Ausdruck gebracht, dass er mich nicht als höherrangig ansah.
"Das freut mich zu hören", sagte ich freundlich, während unsere Blicke eine einsames Duell ausfochten. "Ich hoffe, Sie können mit uns mithalten, Nekozumi-san."
"Bisher ist mir noch niemand davon gelaufen, Morikubo-san", sagte er mit abfälligem Ton in der Stimme.
"Gut. Wir haben Erlaubnis, bis Otogakure vorzustoßen?"
"Die haben Sie."
"Dann ziehen wir weiter." Zuerst die Vorhut, dann die Hauptmacht mit dem Flankenschutz, und schließlich die Nachhut setzten sich in Bewegung. Auf Ninja-Art, mit Steps.

Im Zielgebiet angekommen empfing uns ein ANBU. Drei Teams waren eingesetzt, also zwölf der kampfstarken und hochgefährlichen Spezialisten. Wahrscheinlich hätten sie alleine gereicht, um Otogakure zu vernichten. Aber es wäre keine öffentliche Aktion gewesen, keine Warnung an die Welt, dass Konoha noch da war, noch stark war, dass man mit der Stadt rechnen musste. Noch immer. Also blieb es doch an mir hängen.
Der ANBU deutete eine Verbeugung an. Seine Tiermaske zeigte einen stilisierten Tiger. "Haben Sie neue Anweisungen für uns mitgebracht, Morikubo-tono?", fragte er mit dumpfer Stimme.
Ich verneinte.
"Dann bleibt es bei den Anweisungen, dass wir nicht in den Kampf eingreifen werden. Allerdings überwachen wir weiterhin die Aktion, und sollten sich Konoha-Genin bis in unseren Überwachungsbereich zurück ziehen, werden wir sie natürlich unterstützen."
"Dafür bin ich dankbar." Das war eine große Zusage gewesen, ein großes Eingeständnis und ein Zeichen der Kameradschaft. Der ANBU hatte seine Befehle sehr lax ausgelegt, beinahe schon dagegen verstoßen. Das konnte ihm Ärger einbringen, so paradox das auch klingen mochte. Aber die Arbeit der ANBU war etwas anderes als die Arbeit der Shinobi. Sie war schwerer und gefährlicher, und meistens auch hinterhältiger. Nun auch noch Amme für davonlaufende Genin zu spielen war daher eine großherzige Entscheidung.
"Wann beginnen Sie, Morikubo-tono?", fragte Tiger-san.
"Sofort", erwiderte ich. Auf mein Zeichen spritzten die Shinobi auseinander.

Die ersten Schritte der Aktion verliefen schweigend und wie am Schnürchen. Ich bezog mit Kaminari als meiner Rückendeckung Position im Süden bei Rose und ihren Leuten. Nekozumi schloss sich schweigend an. Die anderen Teams huschten im Laufe der nächsten Stunde außerhalb des Fünf Kilometer-Radius, der von den ANBU nicht erkundet worden war, auf ihre Positionen. Als sich theoretisch alle Teams in Position befanden, marschierten wir voran, mit den sensorischen Ninjas in der ersten Reihe.
"Wartet!", rief eine junge Kunoichi und ließ die Truppe halten. "Neji sagt, er spürt schwaches Chakra, aber weit verteilt."
Kurz sah ich nach vorne, zu den Leuten an der Spitze. Ein Hyuuga war dabei. Exzellente Einteilung von Rose.
"Sprengfallen", sagte ich zu ihr.
Rose nickte. "Und vielleicht noch ein paar weitere Vorrichtungen, die uns treffen sollen, wenn wir die Sprengfallen-Tags auslösen."
Kaminari griente mich an. "Kage Bunshin, so wie vor fünf Tagen, als wir die Position der Oto-Nin überrannt haben?"
"Du willst die Sprengfallen auslösen?", fragte ich schmunzelnd. "Das widerspricht doch etwas der Idee, sich unentdeckt zu nähern. Wir..."
Eine Explosion in der Ferne ließ uns aufschauen. Sofort krachte es in meinem Funkempfänger.
"Fei hier! Mamo-chan, wir sind in einem Kampf ver... DU DENKST WOHL, DARAUF FALLE ICH REIN? FRISS DAS! HAHAHA! HAHAHA!"
"Oh, es klingt, als hätte sie Spaß", sagte Nekozumi mit spöttischem Ton in der Stimme.
"Nicht jetzt!", zischte ich ihn an. "Fei-chan!"
"Was? Oh, sorry, ich hatte zu tun. Wir sind mitten in die Evakuierung des Dorfes hinein geschlittert! Dutzende Zivilisten verlassen Otogakure auf dieser Route, und sie werden nur von wenigen Shinobi beschützt. Oder anders ausgedrückt: Was soll ich mit denen machen?"
Ich sah zu Rose. "Detachiere zehn Mann, Rose-chan."
Die Kunoichi nickte und sandte mit einer knappen Anweisung zehn Genin auf den Weg.
"Nakakura-kun?" "Hier, Morikubo-sama!" "Detachieren Sie ebenfalls zehn Leute für Fei Long, aber rücken Sie weiter vor. Fei-chan, behandle die Zivilisten vorerst wie feindliche Shinobi. Haltet sie auf, bindet sie, aber versucht dabei nett zu sein!"
"Ich... Autsch, nicht beißen, du kleines Aas! Dir ziehe ich den Hosenboden stramm! Ich bin so nett, wie die mich lassen! Tooru, da kommen zwei Dreier-Teams! Fass! Also gut, ich versuche es zumindest. Wir binden sie und bringen die Situation somit unter Kontrolle."
"Alle anderen: Räumt die Peripherie, so schnell Ihr könnt! In das Dorf zu kommen hat jetzt oberste Priorität!"
"Verstanden!", hallte es mir mehrstimmig entgegen. Das Ergebnis waren weitere Explosionen. Ich hoffte, das diese nur entstanden waren, weil meine Leute die Tags absichtlich ausgelöst hatten.
Nekozumi schnaubte neben mir anerkennend. "Sie werden Ihrem Ruf gerecht, ewiger Chunin."
"Was immer Sie sagen, Nekozumi-san. Rose-chan, wir wollen weiter. Räumt die Spreng-Tags."
"Ich mach das schon!", rief das Mädchen von eben. Sie wirbelte herum, entrollte eine Schriftrolle und entließ daraus eine Unzahl an Kunais, Shuriken und Schwertern. Diese streuten über das Gelände und schlugen eine regelrechte, mehrere Meter breite und hunderte Meter lange Schneise ins Gelände. Dabei lösten sie etliche Sprengfallen und noch ein paar andere Schweinereien aus, wie ein an Seilen befestigter Baumstamm gut zeigte, der mit einer Wucht unseren Weg schnitt, die ihresgleichen suchte. Kein Shinobi hätte solch einen Schlag überlebt.
Ich warf mein Kunai auf die dicken Halteseile des Stamms. Als er wieder in die Waagerechte schwang, setzte ich den schmalen Draht mit meinem Feuer-Jutsu in Brand, der meine Hände mit dem Kunai verband. Die große Hitze unterbrach die Verbindung und ließ den Stamm zu Boden fallen. Dort begann er, einer Walze gleich, das sanfte Gefälle in Richtung Otogakure herab zu rollen. Dies löste weitere Sprengfallen aus.
"Das war gute Arbeit, Ihr zwei", sagte ich zu den beiden.
Das Mädchen griente mich an. "Keine Sorge, Morikubo-tono, da kommt noch mehr. Nicht, Neji?"
Der Junge sah mich mit den typischen weißen Augen des Hyuuga-Clans an. Er musterte mich für einen Moment, während neben uns nicht nur Sprengfallen, sondern noch weitere Gemeinheiten ausgelöst wurden. Darunter war ein riesiger Bär, wie ich ihn schon von Beschwörungen der Oto-Nin kannte. Aber Rose war alleine schon mehr als genug für das Biest, sodass es selbst die Beschwörung auflöste und sich lieber in Sicherheit brachte.
"Mamoru Morikubo-sama", sagte der Hyuuga-Junge anerkennend. "Kou spricht sehr wohlwollend von Ihnen. Ich bin Neji. Das ist Tenten."
"Kou spricht so wohlwollend von mir, weil er mit meiner Schwester geht", wiegelte ich ab. Ich nickte in Richtung der Spitze. "Los, übernehmt wieder die Führung. Das hat sich bewährt."
Die beiden lächelten kurz, dann verschwanden sie vor meinen Augen, nur um auf dem Baumstamm, der zur Ruhe gekommen war, wieder aufzutauchen. Wir hatten mehr als zwei Kilometer geschafft.
"Noch ist alles frei!", rief Tenten von ihrer Position und winkte fröhlich.
Ich sah Nekozumi an. "Nanu? Kein Kommentar?"
Der große Mann schulterte sein Schwert in eine bequemere Lage und sah mich breit grinsend an. "Wozu? Die beiden sprechen für sich selbst." Er deutete nach vorne. "Sollten wir nicht aufholen?"
Kurz sah ich zu Kaminari, der immer noch bei mir war. "Das sollten wir wohl, Nekozumi-san."

Ich führte Step aus, schloss mit Ryu und Nekozumi zu Rose auf. "Die beiden gefallen mir. Solche Genin kriege ich normalerweise nicht für meine Missionen."
Rose lachte. "Du kriegst vor allem die Problemfälle, die eine harte, aber gerechte Hand brauchen. Die beiden sind nichts davon. Sie sind das Team, das Guy-sama betreut. Und sie haben an der Chunin-Prüfung teil genommen. Der dritte der Runde, Rock Lee, liegt mit zerschlagenen Knochen im Krankenhaus. Tenten hat es zumindest in die dritte Runde geschafft, und Neji hat erst in der Endrunde gegen den Bengel verloren, der alleine lebt. Du weißt schon, den Lehrling von Jiraiya-sama."
"Naruto Uzumaki", sagte ich.
"Genau der. Der Kleine steht total auf Ramen. Ich habe ihn neulich bei Ichiraku essen gesehen... Würde er nicht noch wachsen, würde ich mich fragen, wo er das alles lässt. Jedenfalls hat Neji verloren."
"Heißt das, dass Naruto Chancen darauf hat, Chunin zu werden?" Mit einem Schauder erinnerte ich mich an meine Prüfung. Hätte ich damals gewusst, dass ich eines Tages Verantwortung für die Leben von zweihundert Shinobi übernehmen musste, hätte ich vielleicht freiwillig gegen den Kuro-Nin verloren.
"Keine Ahnung. Der Letzte, der nach einem Examen zum Chunin befördert wurde, warst du, Mamo-chan. Und deine beiden Häschen auf Reserve. Es scheint so als wenn die nachfolgenden Jahrgänge nicht euren Biss haben." Sie grinste mich an. "Andererseits hätte ich mir dich als Anführer auch 'ne ganze Zeit nicht vorstellen können."
"Wie überaus schmeichelhaft", erwiderte ich säuerlich.
Ich presste eine Hand gegen meinen Empfänger. "Die erste Gruppe, die Otogakure erreicht, macht sofort Meldung über die Zustände, die dort herrschen."
"Verstanden!"
"Hanabi hier. Haben jetzt auch Feindkontakt. Keine Flüchtlinge in dem Sinne, aber... JOUNIN!"
Ich reagierte ohne nachzudenken. Sofort hetzte ich los, formte noch im ersten Sprung die Fingerzeichen für das Kage Bunshin no Jutsu, und ließ fünf meiner Klone die Minensucher spielen. Fünfzehn weitere Klone rasten an mir vorbei. Eine Detonation weiter vorne bewies, wie weise diese Idee war.
Ich sah kurz hinter mich, erkannte Kaminari. "Ich habe deinen Rücken, Mamo-chan."
Ich nickte ihm zu. Dann ging mein Blick zu den anderen beiden Genin, die mich begleiteten. "Und Ihr?"
Tenten lachte verlegen. "Rose-chan meinte, wir sollten Minenräumen helfen. Das muss jetzt ganz schnell gehen, sonst ist Hanabis Truppe Fischfutter."
"Das waren nicht ganz ihre Worte, aber Recht hat sie trotzdem", sagte der Hyuuga. Er aktivierte die Byakugan. "Die nächsten fünfhundert Meter sind sicher."
Neben Kaminari bewegte sich Nekozumi. "Ich habe mich dazu entschlossen, bei Ihnen zu bleiben, Morikubo-san. Aber ich greife nicht in die Kämpfe ein."
Das ließ mich kurz schmunzeln. Vielleicht konnte man mit ihm ja doch auskommen, vor allem wenn man bedachte, dass zwei der Schattenklone von ihm gewesen waren.
"Na, dann mal los", sagte ich. Um Rei Hanabi und ihre Leute zu erreichen musste ich Otogakure kreuzen. Fähige Shinobi dabei zu haben mochte sich noch als nützlich erweisen.

Wir brachen aus dem Wald hervor, kamen an den Ortsrand. Keine Sekunde später meldete Karin über Funk: "Wir sind drin, Mamo-chan."
"Ich komme von Süden und versuche Hanabi zu erreichen." Ich erhielt keine Rückmeldung von der Medi-Nin, und ich hoffte, das geschah nur, weil sie beschäftigt war. Nicht weil sie tot war.
Ich hetzte durch das Dorf, mitten unter panisch durcheinander laufenden Bewohner und einige vereinzelte Genin, die verzweifelt versuchten, einen Überblick zu bekommen. Ich ignorierte sie, solange sie uns ignorierten.
Doch das galt nicht für alle. Ich sah die Shuriken von einer Gruppe Oto-Nin heran fliegen, machte mich bereit, sie abzuwehren, aber Neji war plötzlich vor mir. Er fischte die gefährlichen Waffen aus der Luft oder schlug sie beiseite. Das war das Juuken, die geheime Technik seines Clans.
"Ich kümmere mich um die und rücke nach", versprach er. Neji verließ unsere kleine Gruppe. Er landete direkt von den Oto-Nin, und machte bei seiner Landung einen so nachhaltigen Eindruck, dass die vier Shinobi angstvoll einen Schritt zurück wichen.
Wir übrigen setzten den Weg fort. Wir überquerten das größte Gebäude des Dorfes, nutzten das Dach als Plattform für einen weiteren Sprung. Meine Nackenhaare richteten sich auf, als ich die kalten Ziegel berührte. Irgendwas an diesem Bau war merkwürdig. Ich sollte später herausfinden, was ich gespürt hatte. Und es würde mir nicht gefallen.
Wir hatten fast zwei Drittel des Dorfes überquert, an drei Stellen erkannte ich Kämpfe zwischen Konoha-Nin und Oto-Shinobi. Kalt erwischt, nannte man das. Andererseits wäre das Dorf leer gewesen, wenn wir nur einen einzigen Tag länger gebraucht hätten. Aber wir hatten Hanabi-san noch immer nicht erreicht. Geschweige denn, dass sie sich per Funk meldete.
Eine Wassersäule, die sich vor mir zum Drachen formte, verfehlte mich nur knapp. Ich wirbelte um das Wasser herum, versuchte wieder in den Tritt zu kommen. Hinter mir umgingen Tenten und Nekozumi das Wasser ebenfalls. Tenten trennte sich von uns, entrollte zwei Schriftrollen und attackierte den Wasser-Jutsu-Nutzer. "Ich komme gleich nach!", rief sie, und entließ einen Waffenschauer auf den Oto-Nin.
Schließlich war der Ortsrand erreicht. Kurz bevor wir in den Wald eintauchten, um Hanabi-san zu erreichen, sah ich im Osten Tonaris Leute, die ohne jede Gegenwehr von Otogakure Besitz ergriffen. Im Norden war die Situation ähnlich. Hana-chan, gut zu erkennen an ihrer goldenen Haarflut, war schon beinahe bis zum Ortskern vorgedrungen.
Allgemein eine positive Entwicklung, mit dem einen Fehler, dass ein Teil meiner Leute gerade in diesem Moment von Jounin massakriert wurden.

Als ich zwei Kilometer tief im Wald Kampflärm hörte, wusste ich zumindest, dass nicht alle Genin aus Hanabis Gruppe getötet worden sein konnten.
Ich hielt so plötzlich an, dass Nekozumi beinahe in mich hinein gerannt wäre. "Was ist los?"
"Ich beschwöre jetzt meine Affen-Krieger", sagte ich. "Es wäre fatal, wenn ich in eine Situation laufen würde, die mich daran hindert, die Beschwörung auszuführen."
Nekozumi grinste und schwang sein Schwert. "Das hätten wir doch mal sehen wollen, Morikubo-san."
Ich lächelte matt. "Ich dachte, Sie wollten nicht kämpfen, Nekozumi-san."
"Nun, sagen wir, eventuell könnte ich etwas Bewegung vertragen."
Ich biss mir in den Daumen, bekam etwas von dem Blut, mit dem ich meinen Kontrakt unterschrieben hatte. "Kuchiose no Jutsu!" Es erfolgte die übliche Verpuffungswolke. Daraus schälten sich zwei Gestalten. Eine Doppel-Beschwörung? Das war mir bisher noch nie gelungen. Aber schnell wurde mir klar, warum ich plötzlich zwei Affenkrieger vor mir hatte. Auch wenn sie miteinander mehr stritten als zusammen zu arbeiten schienen, sie konnten nicht ohne einander.
"Grüße von Doktor Tofu", sagte der Mann und rückte die überdimensionierte runde Brille zurecht, "er ist noch zu erschöpft von den Kämpfen um Konoha. Ebenso Ranma und Ranko. Von König Enma ganz zu schweigen." Suchend sah er sich um. "Wo ist der Feind?"
"Genau!", ereiferte sich die Frau. "Wo Feind?"
Ich lächelte kurz bei ihren Worten. Sie neigte dazu, Wörter zu verschlucken, wenn sie aufgeregt war, oder wenn sie sich freute. Augenscheinlich tat sie beides.
Ich nahm mir einen Augenblick Zeit, um die beiden zu betrachten. Mousse, der schlanke, hochgewachsene Waffenmeister, hätte Tenten bestimmt gefallen. Ich konnte nie in Erfahrung bringen, ob er wirklich halbblind war und tatsächlich diese Brille brauchte. Aber ich wusste seinen Eifer und seinen Ehrgeiz zu schätzen. Seine stilvolle Robe im Stil des Lands des Wassers verbarg durch die gebauschten Ärmel seine Hände - und mindestens zwei bis drei Dutzend tödlicher Waffen. Shampoo hingegen konnte sehr gut sehen. Und sah auch noch blendend aus. Ihr Stil war der Nahkampf. Oder, um es mal mit Ranma-senseis Worten auszudrücken: Sie mochte es, wenn ein Kampf weder große Worte, noch große Techniken erforderte. Und wenn viel Körpereinsatz erforderlich war.
Sie war eine Taijutsu-Meisterin, die es durchaus mit Ranko-sama aufnehmen konnte. Er war Fernkämpfer für mittlere Distanzen, sie ging die Kurzdistanzen an. Sie ergänzten einander, schoben sich gegenseitig die Ziele zu. Sie hassten sich, aber nur auf die eine Art, mit der man seine Liebe verbergen konnte. Für den folgenden Kampf gegen die Jounin der Oto-Shinobi waren sie perfekt geeignet.
"Diese Richtung. Fünfundzwanzig Konoha-Genin, eine Chunin, die sich nicht mehr meldet. Der Feind ist eine unbekannte Anzahl an Jounin Otogakures."
"Wir kümmern uns darum", versprach Mousse, rückte seine Brille zurecht und wollte davon springen, aber Shampoo erwischte ihn am Saum seiner Jacke. "Andere Richtung, Idiot!", zischte sie. "Blamieren du willst?"
"Nun werde nicht gleich sauer. Dann geh du halt voran", murrte Mousse.
Die beiden benutzten Step. Diesmal in die richtige Richtung.
"Das waren Affenkrieger?", fragte Nekozumi erstaunt. "Ich hätte sie mir mit mehr Fell vorgestellt."
"Sie tarnen sich. Als Menschen", erklärte ich.
Ich biss mir erneut in den Daumen, förderte wieder etwas Blut. "Kuchiose no Jutsu!"
Diesmal trat eine alte Bekannte aus der Rauchwolke. Besser gesagt, sie flog mir um den Hals. "Mamo-chaaaaan!"
"Nicht jetzt, P-chan! Wir müssen ein paar Leben retten!"
"Später vielleicht?", fragte sie hoffnungsvoll.

Der Kampflärm wurde lauter, kurz bevor wir den Ort erreichten, an dem gekämpft wurde. Das lag an den Affenkriegern, die eingegriffen hatten. Der Kampfplatz selbst kündigte sich schon früh an. Mehrere Bäume waren entastet oder gleich gefällt. Einer stand in Flammen. Der Boden war aufgerissen, ein Teil unter Wasser gesetzt. Ich zählte auf Anhieb mindestens acht Konoha-Shinobi, die sich nicht mehr rührten. "Medi-Nin zur Gruppe Hanabi", sagte ich tonlos über Funk.
P-chan löste sich von meiner Seite, sprang in die Tiefe. "Ich schaue mal, was ich tun kann", versprach sie.
Nekozumi und ich eilten weiter, dem Kampflärm nach.
Ein Oto-Nin, Blutüberströmt und schreiend wie ein Wahnsinniger, sprang auf mich zu, sein Schwert zum Schlag erhoben. Der Mann war vollkommen von Sinnen und in seinen Augen glomm Wahnsinn. Bevor er mich erreichen konnte, traf ihn jedoch der schwere Stahlblock, der Nekozumi als Waffe diente. Er wurde vom Schwert mittig getroffen und an den nächsten Baum geschleudert. Es gab zwei hässliche Geräusche, als der Baum brach, und irgendetwas in seinem Leib.
Als Nekozumi die Waffe wieder abnahm, fiel der Oto-Nin ohne ein Wort zu Boden und blieb mit verrenkten Gliedern liegen.
"Beeindruckend", sagte ich. Immerhin konnte dieser Mann ein Jounin gewesen sein, und der Mann aus dem Land der Reisfelder hatte ihn mit einem Schlag ausgeschaltet, vielleicht getötet.
"Ach, man lernt halt dies und das, wenn man die Augen offen hält", wiegelte er ab und schulterte die Waffe wieder.

Weitere Konoha-Genin lagen am Boden, ich zählte noch einmal fünf. Mehr als die halbe Truppe von Hanabi-san. Dann erreichten wir den Kampf selbst. Ich erkannte fünf weitere Konoha-Shinobi, die leblos am Boden lagen. Unter ihnen war auch Hanabi. Sie hielt sich ihren blutüberströmten Leib und atmete so flach, das ich es kaum sehen konnte.
Ein Blick zu den Affenkriegern sagte mir, dass sie die Situation im Griff hatten, so wie es ihre Art war. Shampoo setzte einem Oto-Nin mit katzenhafter Gewandheit und Schnelligkeit zu, ließ ihre Krallen sprechen und tötete den überraschten Gegner; Mousse verfolgte mit seinen Waffen drei weitere Oto-Nin und erwischte den hinteren mit seinen gefürchteten Sicheln an den Waffenketten. Der Unglückliche wurde mit den Waffen an einen Baum genagelt. Die anderen beiden, ein großer Dicker mit orangen Haaren, und eine junge Frau mit Turban, schafften es gerade so, seinen anderen Waffen zu entkommen.
Dies war der Moment, in dem ich erkannte, das es vorbei war. Aber um welchen Preis? Hätte ich den Weg, den die Jounin nehmen würden, nicht voraus ahnen sollen, ja müssen? Hätte ich ihre Anwesenheit nicht besser einkalkulieren müssen?
Mousse wollte den anderen Jounin hinterher, aber wieder war Shampoo schneller. "Lass sie, die auf und davon. Mamo-chan, wenn nichts anderes zu tun, helfen wir jetzt Eroberung von Otogakure!"
Ich nickte geistesabwesend. Beide waren keine Heiler wie Ranma oder P-chan. Sie nützten nur an der Frontlinie etwas, und die befand sich im Dorf. Im übrigen bestand immer noch die Hoffnung, dass die ANBU die fliehenden Jounin stellen würden.
Als die Ruhe nach dem Kampf einkehrte, hörte ich von hier und da Stöhnen, Husten, leise Rufe nach Hilfe, und hier und da auch mal einen herben Fluch.
Ein Mann kam aus einer Baumkrone herab gesprungen. Man hatte ihm alle Finger gebrochen, ein Auge blau geschlagen und dazu noch den Arm gebrochen. Das hatten sie getan, um einerseits einen natürlichen Sadismus auszuleben. Andererseits, um den Genin daran zu hindern, Fingerzeichen zu formen. Er sah mich mit bebenden Lippen an, als er mich erkannte. Er hob die demolierten Hände, wie um sich zu entschuldigen. Tränen liefen aus dem nicht zugeschwollenen Auge.
"Schon gut, Haku. Niemand wird sagen, dass du vor dem Gegner geflohen bist."
Meine Worte überzeugten ihn nicht ganz. Vielleicht würden sie das, wenn sein Schock vergangen war, und die Schmerzen seiner Verletzungen den Verstand reinigten. Ich klopfte dem Mann auf die Schulter. "Nicht deine Schuld. Es war meine Schuld."
"Nein, Morikubo-sama, es war nicht deine Schuld", widersprach er heftig. "Nicht deine."
"Wir werden sehen, was der Rat dazu sagt."

Weitere Shinobi kamen aus dem umliegenden Gehölz. Manche mussten von ihren Kameraden gestützt werden. Allen war gemein, dass sie erschöpft waren, verletzt, zerschlagen. Ich sah am Boden fünf Shinobi mit den Insignien Otogakures, einer hing immer noch, von Mousse dorthin befördert, tot an einem Baum. Zwei weitere hatte ich fliehen sehen. Das machte neun mit dem, den Nekozumi erwischt hatte, und mindestens einer musste ein Jounin gewesen sein.
"Ihr habt dem Gegner überraschend viel Widerstand entgegen gebracht!", sagte ich laut, damit mich alle hörten. Bei einigen hellte das die Mienen etwas auf. Manche, so sie noch die Kraft hatten, weinten lautlos oder starrten blicklos vor sich hin.
Das war meine Schuld. Ich hatte sie hierher geschickt. Ich war der Anführer. Ich hatte die Truppe aufgeteilt, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass sich tatsächlich noch Jounin im Dorf befanden.
Ich würde für diesen Fehler eine angemessene Bestrafung bekommen. Ich hatte sie auch verdient. Wie viele Shinobi waren hier gestorben? Zehn? Fünfzehn? Unter ihnen Rei Hanabi?
Ich fühlte frustrierende Hilflosigkeit in mir aufsteigen. Ich hatte nie besonderes Talent für die Heilung gezeigt, war nie in Mutters Fußstapfen getreten. Ich konnte hier rein gar nichts machen, niemanden retten, nicht einmal jemanden trösten, so wie den Genin mit den gebrochenen Fingern.
"PLATZ DA!", gellte es hinter mir auf. Gleich zwölf Genin auf einmal rauschten an mir vorbei. Gemein war bei jedem die Aura voll aufgeladenen Chakras. Zwei von ihnen waren sensorische Ninjas, die sich sofort auf die Suche nach den restlichen Konoha-Genin machten; die anderen waren Medi-Nin, die mit der Konoha eigenen Präzision ans Werk gingen.

Ich sah mir die Szene für mehrere Sekunden wie gebannt an, sah Menschen aufschrecken, die ich schon für tot gehalten hatte, sah aber auch solche, die trotz aller Bemühungen der Medi-Nin nicht zu retten waren. Auch bei Hanabi-san hockte eine Medi-Nin, und ließ gut sichtbar Unmengen an Chakra in sie hinein fließen. "Verdammt, nun nimm es doch endlich an!", fluchte sie.
"Morikubo-tono", sagte Nekozumi und legte mir eine Hand auf die Schulter. Er hatte seine Anrede an mich respektvoller gesetzt, und das ausgerechnet zu einer Zeit, in der ich es nicht verdient hatte. Ich nickte schwer. "Sie haben Recht." Ein letztes Mal blickte ich auf die Menschen Konohas, die Hilfe brauchten, die Hilfe leisteten. Dann machte ich mich wieder auf den Rückweg. "Morikubo hier. Hanabi-sans Gruppe wurde ausradiert. Etliche sind tot oder schwer verwundet. Die Medi-Nin leisten bewundernswerte Arbeit, und ich hoffe, sie können einige von ihnen retten." Ich atmete tief durch, während ich an der Seite von Nekozumi von Baum zu Baum sprang. "Bericht. Rose, du fängst an."
"Wir sind jetzt auf dem Dorfplatz. Haben hier etwa dreißig Zivilisten und fünf Shinobi, die sich ergeben haben, ergriffen. Zwei wurden getötet. Keine Verluste. Im Übrigen habe ich Neji und Tenten wieder eingesammelt. Auch ihnen geht es gut."
Ein Lichtpunkt. Ein winzig kleiner. "Gut. Fei-chan."
"Wir hatten als Erste Feindkontakt. Drei Verletzte, einer davon schwer. Aber wir haben acht Genin und etwas über zweihundert Zivilisten ergriffen. Außerdem haben wir weitere fünf Oto-Nin getötet."
"Verstanden. Karin."
"Kein Feindkontakt. Um die fünfzig Zivilisten ergriffen. Wir bringen sie gerade zum Dorfplatz zu Rose-chan."
"Okay. Hanako."
"Wir hatten Feindkontakt. Ein Toter, fünf Verletzte, teilweise schwer. Mousse-sama hat uns raus gehauen. Wir vermuten, dass wir auf den Jounin gestoßen sind, der die Nachhut bilden sollte. Und wenn ich schon mal dabei bin, dankenswerterweise bisher keine Spur von Orochimaru oder seinem Leutnant Kabuto."
Ich nickte schwer. Der wievielte Tote war das unter meinem Kommando? Ich wusste es nicht. Und der Gedanke, dass ich sie auch alle hätten verlieren können, war nur eine dumme Ausrede, eines Ninja des Nara-Clans nicht würdig. "Ja, gut. Tonari."
"Keine Verluste, aber auch keine Gefangenen. Wir sind gleich auf Anhieb bis zum Haupthaus durch gekommen. Der Osten ist bereits komplett evakuiert. Ich befinde mich gerade im Haupthaus. Unter dem Keller ist noch ein Keller, gespickt mit Fallen. Kann ich den Hyuuga für eine Erkundung kriegen?"
"Bist du sicher, dass du da unten etwas erkunden willst?", fragte ich mit einem Schauder in der Stimme.
"Nachsehen müssen wir", konterte er.
"Also gut, Rose-chan, schick ihm Neji und Tenten nach."
"Warum auch Tenten?", fragte Rose verwundert.
"Brich niemals ein Siegerteam auf", antwortete ich. "Moriyama, Meldung."
"Moriyama hier. Keine Verluste. Der Osten der Stadt ist tatsächlich evakuiert. Wir haben einen Gefangenen. Besser gesagt eine. Sie sagt, sie will zu Ihnen, Morikubo-sama. Ihr Name ist Maria."

Für einen Moment fühlte ich mich, als hätte mein Herz ausgesetzt. Ich befand mich mitten im Sprung auf ein Häuserdach, und beinahe hätte ich die Steine verfehlt. Nur weil mich Nekozumi stützte, fiel ich nicht fünf Meter in die Tiefe. Maria? War sie doch noch hier? "Danke, Nekozumi-tono." Ich hoffte, auch er würde verstehen, was ich sagen wollte. "Moriyama, bringen Sie Maria zum Dorfplatz." Ich atmete tief durch. "Ich möchte gerne eines feststellen: Otogakure ist in diesem Moment fest in der Hand von Konoha. Wir sammeln uns in der Dorfmitte, versorgen unsere Verwundeten und unsere Toten, sammeln uns und ordnen unsere Reihen. Danach beginnen wir mit der Zerstörung sämtlicher militärischen Einrichtungen, der Waffenlager und der Häuser. Noch währenddessen werden Karins und Hanakos Gruppen die Zivilisten und die gefangenen Oto-Shinobi nach Süden führen, aus dem Ort raus. Die Gerichte im Land des Feuers werden sich jedes einzelnen annehmen; um die Shinobi werden sich Konohas Gerichte selbst kümmern."
Wieder etwas mehr gefestigt setzte ich meinen Weg neben Nekozumi fort.
"Warum sollen ausgerechnet Karin und ich das machen, Mamo-chan?", beschwerte sich Hanako.
"Weil das eben die Aufgabe für einen Chunin auf Probe ist, Hana-chan", sagte ich barsch.
In Wirklichkeit wollte ich sie und Karin außer Reichweite Marias haben. Ich musste mich mühsam zurückhalten, um nicht dem Wunsch nachzugehen, sie umzubringen. Wie mochte es da erst meinen Mädchen gehen?

Zügig trafen wir vor dem Hauptgebäude ein. Die Menschenmenge umfasste vielleicht dreihundert Menschen und ungefähr vierzig Ninjas. Beinahe zwanzig tote Oto-Shinobi hatte man in einer Ecke des Platzes abgelegt, und es würden noch ein paar hinzu kommen. Unter ihnen die Jounin, die Mousse und Shampoo getötet hatten.
Dennoch erkannte ich Maria in der Menge ohne Probleme sofort wieder. Da stand sie, lächelnd, mit ihrem blendenden Aussehen, ihrem wie Seide wirkenden, langem schwarzen Haar, kokett so stehend, das es ihre weiblichen Proportionen bevorteilte. "Hallo, Mamo-chan", säuselte sie.
Ich ging auf sie zu, ergriff sie am Kragen, holte bereits aus, und hätte nicht ausgerechnet Mousse mich zurückgehalten, hätte ich sie geschlagen, so wie sie da stand. "Sag nie wieder Mamo-chan zu mir", zischte ich sie an, ließ aber langsam den Arm sinken und ihren Kragen fahren. "Was willst du von mir?"
"Wie, was will ich von dir? Deine Leute haben mich gefangen", sagte sie salopp.
"Halte mich nicht für dumm. Was ist es? Bist du wegen der Verluste beim Angriff auf Konoha in Ungnade gefallen und willst dich jetzt bei mir einschmeicheln? Suchst du mit einem perfiden Plan Rache? Oder hoffst du auf unser aller Vernichtung durch deinen Herrn Orochimaru?"
Sie warf einen Blick auf die Zivilisten und Genin, die mit ihren Karren und Besitztümern zum Abmarsch vorbereitet wurden. "Was geschieht mit ihnen? Viele wussten nicht einmal, dass Orochimaru-sama dieses Dorf gegründet hat."
"Das Recht des Siegers. Wir entscheiden, wer Schuld trägt, und wer nicht." Es klang arrogant, selbst in meinen Ohren. "Auf jeden Fall aber werden wir sie nicht pauschal verurteilen. Sie werden aber kaum zurückkehren können, jetzt wo Otogakure zerstört ist. Jene, die unschuldig sind, oder die zumindest nichts mit dem Angriff auf Konoha zu tun haben, werden wohl im Land des Feuers siedeln dürfen. Aber ich will dem nicht vorgreifen. Vielleicht dürfen sie auch ins Land der Reisfelder zurückkehren, wenn sie dies wünschen."
Nekozumi sah mich ernst an. "Wir werden sehen", sagte er mit neutraler Stimme.
"Also verlassen sie das Dorf."
"Ja, ich lasse sie wegbringen. Wir zerstören es nachher."
"Ich glaube, die Arbeit kannst du dir sparen", orakelte sie. Kurz ging ihr Blick zur Sonne. "Und ich will dir zeigen, warum. Habt Ihr die unterirdischen Kavernen schon erforscht? Orochimaru-samas hiesige Forschungseinrichtung?"
Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. "Wir sind dabei", gestand ich.
"Du solltest es dir ansehen. Sieh es als meinen Gefallen dafür, dass du die besiegten Genin nicht hinrichten lässt. Ein kleiner Fingerzeig der Freundschaft, denn eigentlich habe ich persönlich überhaupt nichts gegen dich, Mamo-chan."
Ich musste mich abwenden, um ihr Gesicht nicht mehr sehen zu müssen. Was sprach dagegen, sie doch noch zu töten? Was sprach dafür, ihr zu glauben und ihrem ominösen Fingerzeig zu folgen?
Ich sah sie erneut an, ergriff ruppig ihren rechten Arm und zerrte sie mit in Richtung Haupthaus. "Tonari, ich komme mit einer ortskundigen Gefangenen nach. Wie weit seit Ihr?"
"So fünf Meter, würde ich sagen. Der Hyuuga ist unglaublich, aber hinter jeder Wand, hinter jedem Stein scheint ein Waffenarsenal zu stecken", sagte Tonari.
"Oh, das kann ich bestimmt schneller", sagte Maria schmunzelnd.
"Wir werden sehen. Enttäusche mich besser nicht", erwiderte ich.
"Oh, du wirst auf deine Kosten kommen", versprach sie mit einem verheißungsvollen Lächeln.
Verdammt. Sie hatte mich in der Falle, und sie wusste es auch.

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