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Zum Ende der Seite springen Der Ronin
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Cattaneo
Major


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Ich suche den Tod nicht, so wie ihn kein Krieger suchen sollte. Es heißt, der Krieger entscheidet sich für den Weg des Todes, den Weg der Pflicht. Es heißt das Leben ist leicht wie eine Feder, die Pflicht aber schwer wie ein Berg. Dies mag stimmen! Aber man darf nicht vergessen, das die Pflicht mehr wiegt, denn der Tod! Nicht der Tod ist mein Ziel - sondern die Pflicht! Ein Krieger sucht nicht den Tod! Er scheut ihn nicht. Indem er ihn in Kauf nimmt, indem er seine Angst ablegt, darin erst erlangt er den Mut zum Heldentum. Darin erst liegt die Erfüllung der Pflicht. Wir alle, die wir in die Schlacht ziehen, nehmen das Risiko des Todes in Kauf. Wir begehren ihn nicht. Aber wir sind bereit zu sterben. Für unsere Heimat, unsere Kameraden, unsere Mission. Darin liegt unsere Größe, darin erheben wir uns über den Menschen, die niemals dem Mut zum Kampfe haben! Und solange es Menschen wie uns gibt, können die Clans nicht ruhig schlafen! Deshalb werden sie uns immer hetzen, egal wieviele wir sind, und was wir tun! Sie können nicht dulden, das Menschen wie wir am Leben bleiben. Deshalb wird es nie Frieden geben. Nicht, solange die Besatzer nicht geschlagen oder wir vernichtet sind. Und das wissen sie. Ich sage nicht: "Sucht den Tod!" Das kann ich niemanden befehlen. Der Soldat, der seinen Feind mit in den Tod reist, der Pilot, der seine Maschine in die des Feindes lenkt, der Krieger, der seinen zerschossenen Mech und den des Gegners in der Sonne einer Reaktorexplosion auslöscht - er handelt nicht auf Befehl. Sondern aus Liebe zur Heimat, zu seinen Kameraden. Indem er sein Leben gibt, rettet er die Leben seiner Familie und unzähliger anderer. Gegen das Wohl vieler stellt er das eigene zurück. Ich bin kein Freund von solchen Bräuchen, wie dem Selbstmord bei einer Niederlage. Jeder kann geschlagen werden. Wenn der Feind zu stark ist, ist eine Niederlage keine Schande. Nicht mit eigenem Blut sollte man ein Versagen sühnen - sondern mit dem Blut der Feinde. Selbstmord ist nur dann gerechtfertigt, wenn es keinen Ausweg mehr gibt und man damit auch noch dem Feinde Leben entreisst. Denn die Umarmung des Todes ist nicht wie die Umarmung einer Geliebten. Der Krieger sucht sie nicht. Sie ist wie die Umarmung einer Mutter, der wir entwachsen sind. Wenn es an der Zeit ist, werden wir in den Armen des Todes ruhen, so wie wir als Kinder in den Armen der Mutter Trost fanden. Aber kein Soldat sehnt diese Umarmung herbei. Nun werdet ihr euch fragen, warum ich darüber zu euch spreche. Ich tue dies, weil ich in euch das Erz sehe, aus dem man die Waffe schmieden kann, den Bären zu fällen! Ihr seid die Krieger, die den Drachen wecken können! Ihr könnt zu jenen werden, die die Entscheidung bringen, den Feind vertreiben. Ja, wir sind nur wenige. Ja, unser Feind ist übermächtig und wir haben wenig Verbündetet! Aber wenn wir kämpfen, nicht wie ehrversessene Krieger, die in erster Linie sich selbst dienen, auch nicht wie Männer, die den Feind fürchten und sich verbergen in der törichten Hoffnung, ihm so zu entgehen - dann können wir den ersten Schlag führen. Und am Ende wird der Feind weichen müssen. Vielleicht werden wir es nicht mehr erleben, aber kommende Generationen werden an uns denken als die Männer und Frauen, die der Inneren Sphäre zeigten, das es möglich ist, die Clans ein für allemal zu vertreiben! Ich sehe in euch die Hoffnung der Zukunft! Mit euch kann ich dem Bären zeigen, das er sich immer noch fürchten muß! Wollt ihr mir helfen? Ich kann euch keinen Sieg versprechen, doch ich verspreche euch eines – wie der Sternenbund den Nebelpardern, so werden wir den Geisterbären zeigen, daß in der Inneren Sphäre kein Platz für sie ist!
Kenda blickte sich um. Jetzt kam es darauf an. Einen Augenblick herrschte Schweigen, dann riss ein Infanterist seinen Karabiner hoch und brüllte: „Kämpfen!“, „Kämpfen!“, „Tod den Bären!“ Wie ein donnernde Woge erhoben sich die Stimmen der Soldaten, schrien ihren Haß hinaus. Die Demütigung, die Niederlagen, die Enttäuschungen. Ein Orkan des Hasses und des Vernichtungswillens. Und da wußte Kenda, er hatte sie erreicht. Nicht nur die Ronin, seine Leute und die Rekruten schrien ihre Begeisterung hinaus. Auch Torkilssons Draconier waren fast alle eingestimmt, und sogar von seinen Rasalhagern beteiligten sich viele. Und über den Chor der Stimmen erhob sich der donnernde Schlachtruf, und einer nach dem anderen stimmten sie ein: „Banzai! Banzai! Banzai!“

Spät am Abend erst endete die Besprechung der Offiziere. Kenda hatte die Gunst der Stunde genutzt und aus der Allianz von Rächern, Guerillas, Pesht-Soldaten und Piraten etwas geschmiedet, was noch zu einer Einheit werden mußte – aber der Grundstein war gelegt. Er hatte sich und Torkilsson zu Chu-sas „befördert“, Tomiko Nakamura und Kurogane Hidetoshi zu Sho-sas. Auch andere Offiziere hatten Beförderungen erhalten. Gemeinsame Gefechtsübungen und eine Rotation zwischen den kämpfenden Einheiten sollten sie an Zusammenarbeit gewöhnen. Kenda wußte, das er Zeit brauchen würde, bis er sich seiner Leute sicher seien konnte. Vor allem der Piratenkapitän war gegen jegliche Begeisterung gefeit gewesen, und dem Draconier war klar, das er ihn im Auge würde behalten müssen. Aber für den Anfang konnte er eigentlich zufrieden sein. Dennoch saß er in tiefer Dunkelheit im verlassenen Konferenzraum. Die anderen Offiziere hatten sich zurückgezogen. Kenda aber saß da und wartete. Sein Gesicht verriet nicht im geringsten, woran er dachte.

Leise glitt die Tür des Zimmers auf. Der Neuankömmling machte kein Licht, und er sagte auch keinen Ton. Lautlos glitt die Gestalt in den Raum. Kenda saß mit dem Rücken zur Tür und ließ sich mit keiner Bewegung anmerken, ob er den Eindringling bemerkt hatte. Für eine lange Zeit waren nur kaum hörbare Atemzüge zu vernehmen. Dann straffte sich die Gestalt: „Chu-sa Kenda?“ Dieser drehte sich langsam um: „Ja, Sho-sa Nakamura?“ Die Offizierin trat langsam näher: „Ihre Rede heute – sie hat mich sehr beeindruckt. Auch die Soldaten. Sogar von den Piraten haben ihnen viele zugejubelt.“ Kenda schwieg, wartete. „Ich meine, Sie haben ihnen etwas gegeben, worauf sie stolz seien können, ein Ziel, eine Hoffnung...“ Der Offizier blickte seine Untergebene an: „Aber“ sagte er dann, und es war nicht als Frage gemeint. Nakamura holte tief Luft: „Aber es wird nicht reichen. Wir können nicht siegen.“ Kenda nickte langsam: „Sie sind so klug, wie ich gehofft hatte. Ja, wir können nicht siegen. Wir können den Bären Wunden zufügen – Nadelstiche, schmerzhaft aber nicht gefährlich. Und früher oder später werden sie unsere Spur aufnehmen, und uns zu Tode hetzen. Wir können den Drachen nicht wecken. Wenn der Opfergang von fünf Regiementern tapferer Soldaten nicht gereicht hat, wie sollen wir, noch nicht einmal ein Zehntel, etwas erreichen? Wir können kämpfen, aber wir können nicht hoffen, das unser Kampf von Erfolg gekrönt ist.“ „Aber warum dann? Wollen Sie nur einen glorreichen Tod sterben? Wenn selbst unser Opfer unsere Herren nicht beschämt, sie nicht an ihre Ehre erinnert und zum Handeln zwingt – warum kämpfen wir dann? Aus Trotz? Aus Todessehnsucht?“ Kendas Stimme war müde, aber voll verbissenen Trotzes: „ Wir kämpfen nicht für irgend etwas. Wir kämpfen gegen etwas. Etwas, das stärker ist als eine Armee von Battlemechs, und schwerer zu zerstören als Panzerstahl. Wir kämpfen gegen das Vergessen, und gegen die Gewöhnung. Gegen Resignation und Apathie. Die Rächer sind vernichtet. Theodore erkennt die Herrschaft der Bären an, der Sternenbund schweigt. Verstehen sie? Sie tun so, als hätte es ihre Leute nie gegeben. Als währen nie unzählige Soldaten gefallen, bei der Verteidigung der Welten, die man jetzt dem Feind überlässt. Ehre! Es geht nicht um Ehre, es geht um Verantwortung! Verantwortung gegenüber den Toten, und gegenüber den kommenden Generationen. Theodore hat das vergessen. Ich habe an ihn geglaubt, als er sich gegen den Wahnsinn seines Vaters wandte, als er das Wort des Hauses Kurita den Interessen des Kombinats unterordnete. Jetzt begeht er denselben Fehler wie sein Vater! Er bildet sich ein, sein Handeln währe das Handeln des Drachen, sein Wohl das des Kombinats, sein Willen unabänderlich. Er hat ihre Leute und meine zu Ronin erklärt. Ronin! Herrenlose! Als währen wir seine persöhnlichen Samurai, und nicht Soldaten des Kombinates, diesem verpflichtet, und nicht einem Kriegsherren! Er wird diesen Fehler noch büßen. Für uns wird es dann zu spät sein. Aber nicht für andere. Wenn wir kämpfen! Wir dürfen nicht zulassen, daß das Opfer ihrer Leute und der Soldaten, die bei der Verteidigung der besetzten Welten fielen, in Vergessenheit gerät. Wenn keiner kämpft, keiner spricht, dann wird in 50, in 100 Jahren kaum noch einer wissen, das diese Welten einmal zum Komninat gehörten. Und die Opfer wird man vergessen, als seien sie nie gewesen. Umsonst gestorben, Aber solange es solche wie uns gibt, solange wird man sich daran erinnern. Solange können die Bären nicht tun, als währen sie keine Besatzer, sondern rechtmäßige Bewohner. Solange wir die Guerilla unterstützen, Kollaborateure bestrafen, die Menschen ERINNERN – solange können die Bären nicht ruhen. Ich will, daß wir ein Dorn sind in der Tatze des Bären, ein Schmerz, der ihn stets erinnert, ihn und andere. Ein Dorn kann einen Bären nicht umbringen – und ich zweifle nicht, das sie ihr möglichstes tun werden, ihn zu entfernen, ehe die Wunde eitert. Aber bis dahin werden wir ihm noch manche Unannehmlichkeit bereiten. Darum kämpfen wir.“ Nakamura blickte zu Boden: „Aber Hoffnung gibt es für uns nicht?“ „Nein. Für uns nicht. Nicht in diesem Leben.“ Die Offizierin zögerte. Dann, langsam, blickte sie auf. Ihr Augen suchten die ihres Vorgesetzten. Sie lächelte dünn: „Dann werden wir ohne Hoffnung kämpfen!“ sagte sie leise, aber entschlossen. Kenda erwiederte ihr Lächeln: „So sei es!“
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Cattaneo
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Eine Weile schwiegen sie beide, dann straffte sich Kenda: „ Genug philosophiert. Ich wollte Sie sowieso noch einiges fragen. Wie steht es mit der Reparatur der Beutemechs?“ „Wir machen gute Fortschritte, Chu-sa!“ die Stimme Nakamuras klang nun nüchtern und geschäftsmäßig: „Der Dervish IIC sollte binnen der nächsten 24 Stunden fertig werden. Unsere eigenen Maschienen sind voll funtionstüchtig. Leider kann ich vom Stone Rhino nichts Gutes vermelden. Ehe wir nicht zufällig über ein Ersatzteillager mit Komponenten für einen 100 Tonner der Clans stoßen, ist da nichts zu machen. Es tut mir leid. Aber ansonsten ist alles kampfbereit oder auf dem besten Weg. Ihr Kriegshammer IIC braucht nur noch hochgefahren zu werden, die Gefechtsschäden sind behoben. Die Panzer der Piraten sind sowieso kampfklar, und Sho-sa Hidetoshi meldet, das er mit der Ausbildung der Soldaten gute Fortschritte macht.“ „Ausgezeichnet. Das ist zwar zuwenig, um größere Aktionen wagen zu können, aber für ein paar erneute Überfälle sollte es reichen. Ich habe übrigens gleich ein paar Befehle für ihn. Er soll immer einen Zug seiner Leute hier im Stützpunkt haben – mehr währe besser. Wenn es zum schlimmsten kommt, will ich, das nicht EIN EINZIGER Gefangener dem Feind lebend in die Hände fällt. Ein paar Handgranaten pro Raum dürften genügen. Was unsere Stärke angeht – ich denke, vielleicht können wir noch ein paar andere Ronin für uns gewinnen.“ „Mit Verlaub, Chu-sa da sehe ich gewisse Probleme. Ihre Methoden, gerade bezüglich der Gefangenen und der Zivilbevölkerung treffen bei einigen der Ronin, mit denen wir Kontakt haben, nicht eben auf Gegenliebe. Wir versklaven Zivilisten, erschießen Würdenträger und Beamte, plündern und zerstören. Einige halten dies für eines Samurai unwürdig.“ Kenda verzog das Gesicht, als wolle er ausspucken: „Narren! Ich würde mein Mitleid an andere verschwenden! Diese sogenannten „Zivilisten“ haben weniger Ehre als ein Hund! Zehntausende sind gefallen, um sie zu verteidigen, die Rächer sind für ihre Freiheit in den Tod gegangen. Und was machen sie? Sie kriechen vor den Besatzern! Ich will ihnen mal eine kleine Geschichte erzählen, eine wahre übrigens. Sie ereignete sich, bevor die Menschheit den Weg zu den Sternen antrat. Es gab auf Terra ein Land, aus dem ein Großteil der Bevölkerung des Draconiskombinats kommen. Das Land Nippon. In diesem Land lebte ein Tai-i. Er war ein guter Pilot, ein Soldat der Luftwaffe seiner Heimat. Er hatte eine Frau und zwei Töchter, und obwohl er seine Familie über alles liebte, währe es ihm nie in den Sinn gekommen, sich seiner Pflicht zu entziehen. Und seine Frau hätte dies auch nicht gewollt, denn wie er liebte sie ihre Heimat und wußte, sie könnte nicht leben ohne ihre Heimat, ihre Heimat aber wohl ohne sie. Es war in jener Zeit, 1100 Jahre ist es her, das Nippon im Krieg stand gegen einen übermächtigen Feind. Trotz tapferster Gegenwehr wurden seine Truppen immer weiter zurückgedrängt. In größter Not nahm man Zuflucht im letzten Mittel. Da man mit normalen Angriffen, mit Bomben, gegen die feindlichen Kriegsschiffe nicht ankam, schickte man Piloten aus, die sich gezielt mit ihren sprengstoffgefüllten Flugzeugen als lebende Bomben auf den Feind stützten. Sie gaben ihr Leben für ihr Land, wissend, das ihr Leben gering wog gegen das ihrer Heimat. Auch jener Tai-i meldete sich freiwillig zu den Todesfliegern, den Kamikaze. Er war bereit, sein Leben zu opfern, obwohl er damit seine Familie zurücklassen würde. Und seine Frau verstand ihn, und widersprach ihm nicht. Aber man lehnte ihn, als Familienvater, ab. Wieder und Wieder probierte er es, doch man verwehrte ihm die Erlaubnis. Und als seine Frau sah, wie er litt, traf sie einsam und aus Liebe zu ihm und zu ihrer Heimat einen Entschluß. Sie tötete sich, und ihre Kinder. Der Tai-i startete, in den Flug ohne Wiederkehr. Ich will nicht darüber urteilen, wer von beiden tapferer handelte – aber das Opfer der Frau geringer zu achten, währe ein Verbrechen. Wenn Menschen so handeln können – so selbstlos – dann werde ich kein Mitleid zeigen mit denen, die vor den Massenmördern unserer Soldaten kriechen, die ihnen die blutigen Finger lecken und so tun, als währe alles in bester Ordnung. Wenn sie nicht freiwillig ihren Beitrag leisten wollen, werde ich ihn eben mit Gewalt einfordern!“ „Ich verstehe!“ In den Augen Nakamuras war nicht einmal eine Spur von Kritik zu sehen – sie empfand ähnlich, schaudernd beim Gedanken an die Selbstaufopferung so vieler, von der sie in ihrer Ausbildungszeit gehört hatte. „Aber warum lassen wir dann diesen verdammten Verräter am Leben?“ „Wenn er ein Clanner währe, würde ich ihn erschießen lassen, oder ihn für die Bajonettierübungen der Rekruten verwenden, so wie die anderen! Aber er ist ein Verräter und hat keinen schnellen Tod verdient! Nein, ich denke, sein Wissen kann uns noch nützlich sein. Er hat einmal seine Kameraden verraten, er wird es auch wieder tun. Wir werden ihn benutzen, und dann...“ Nakamura erwiederte das grausame Lächeln Kendas: „Bis dahin also nur gelegentlich eine kleine Tracht Prügeln und ein paar Verhörrunden?“ „Allerdings. Und sagen Sie unseren Leuten, sie sollen es nicht übertreiben! Lassen Sie ihn auch einmal zusehen, wenn wir Gefangene exekutieren.“ „Hai Chu-sa! Bitte mich abmelden zu dürfen!“ „Einen Augenblick noch!“ Kenda zögerte: „Ich habe noch etwas für Sie. Zuerst einmal: währen Sie bereit, zur Not in den Tod zu gehen, wenn es keinen Ausweg aus der Umzinglung der Feinde gibt?“ „Ich würde mein bestes tun, soviele Feinde wie möglich in den Tod zu reißen, und dann meinen Mech sprengen!“ „Gut! Das habe ich zu hören erwartet. Ich hoffe, Sie sind bereit, auch ein größeres Opfer zu bringen.“ „Alles, was der Chu-sa für nötig hällt!“ „Danke. Wenn es zum Schlimmsten kommt, wenn wir eingekreist werden und unmittelbar vor der Vernichtung stehen, habe ich einen Befehl für Sie. Er verlangt äußerste Disziplin und Opferbereitschaft: Sie werden überleben!“ „Ich verstehe nicht...“ „Ganz einfach. Sie werden nicht Selbstmord begehen, so wie ich und vermutlich die meisten meiner und ihrer Piloten es tun werden. Sie werden, wenn ihre Maschine kampfunfähig ist, aussteigen. Ich erwarte Kampf bis zum letzten – aber keinen gezielten Selbstmord. Sie werden sich ergeben. Ich werde in meinem Tagebuch erwähnen, das Sie wieder und wieder gegen meine Hinrichtungsbefehle protestiert haben, und mir nur aus Gehorsam gegenüber meinen Rang gefolgt sind, und um ihre Piloten zu schützen. Ich hoffe, man wird Sie nicht hinrichten, sondern an das Kombinat ausliefern. Dort wird man Sie vermutlich aus der Armee ausstoßen, aber ihr ´Protest‘ könnte ihnen die Freiheit retten. Dann wird man sich mit ihnen in Verbindung setzen. Sie werden den Leuten alles erzählen, was Sie hier gelernt haben. Sie werden die Familien der Toten benachrichtigen und unsere Arbeit fortsetzen. Sie MÜSSEN überleben.“ Nakamura nahm Haltung an: „Gegen das Vergessen!“ Kenda nickte. Dann salutierte er.


Torkilsson saß ebenfalls allein im Dunkeln. Er spürte es, obwohl er nicht wußte woher, das der Pfad, den die Draconier und seine Leute eingeschlagen hatten, in den Tod führen würde. Er hatte nie allzuviel für Fanatiker übrig gehabt, und Kenda war – auch wenn er keineswegs wie der landläufige Irre wirkte – einer der schlimmsten, der ihm je begegnet war. Der Piratenkapitän hatte seine Leute über eine ganze Reihe von Jahren am Leben erhalten. Er würde sie nicht einfach an einen Wahnsinnigen – oder an einen „selbstlosen Helden“, für ihn war das ein und dasselbe – verschwenden. Es würde eine Reihe von sehr behutsamen Schritten erfordern, und es konnte ihn umbringen. Aber es konnte ihm und seinen Leuten das Leben retten – vielleicht auch die Freiheit. Er würde dafür sorgen, das zukünftig immer genügend Gefangene im Stützpunkt waren. Sollten sie angegriffen werden, würde er damit für seine Leute verhandeln können. Er mußte bloß aufpassen, das Kendas Leute sich nicht zuerst um sie kümmerten, denn er konnte sich vorstellen, was der im diesem Fall tun würde. Es würde riskant werden – aber daran war er gewöhnt.

Ende
02.01.2003 11:16 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Der Zorn des Drachen

„Das Ziel ist also klar?“ Kenda blickte sich im Raum um. Er erwartete zu diesem Zeitpunkt keine Fragen mehr. Seine Offiziere hatten alles vorgebracht, was sie für wichtig hielten. Erwartungsgemäß nickten alle. Von Scho-sa Nakamura und Sho-sa Hidetoshi, der diesmal das Infanteriekontingent zu befehligen hatte, überraschte das nicht. Auch die Piloten der Landungsschiffe, die man an jeder Einsatzbesprechung teilnehmen ließ (schließlich entschieden sie über Möglichkeit und Unmöglichkeit eines Absatzpunktes) hatten erwartungsgemäß nicht widersprochen, inzwischen kannte Kenda die Prämissen, unter denen sie eine Landung für möglich hielten. Aber die wortlose Zustimmung Erik Torkilssons überraschte. Bisher hatte der Freibeuter energisch dagegen protestiert, wenn Kenda versucht hatte, das Kommando über den „Organisierungstrupp“ einem Ronin zu übergeben. Der Piratenkapitän hatte immer durchzusetzen verstanden, das seine Leute bei den Bodentruppen in der Mehrzahl waren und entschieden, was und wer mitzunehmen war. Diesmal aber hatte er geradezu bereitwillig das Kommando der Fußtruppen an Hidetoshi abgegeben und zugestimmt, das die Mehrzahl der Soldaten zu Kendas Leuten gehörten. Das paßte ganz und gar nicht. Andererseits wollte Kenda dem geschenkten Gaul nicht allzusehr ins Maul schauen, aber mißtrauisch war er schon.

„Nun gut!“ meinte der drahtige Ronin: „ Ich fasse noch einmal zusammen! Ziel ist diesmal Constance. Wir haben die Bären auf Thule, Damian und Pinneco aufgescheucht, ich schätze, sie werden auf der Hut sein. Später können wir dort wieder zuschlagen, oder auf Porthos, Holmsbu oder Jarett – eventuell auch einmal bei weiter entfernten Zielen. Aber wir wollen es nicht übertreiben, erst einmal müssen wir ihnen zeigen, das wir es ernst meinen. Also, wie Sie alle wissen, ist unser Primärziel eine Fabrik für Bergbaumaschinen. Die Bären exportieren sie auf andere Welten, um die Bodenschätze abzubauen. Das werden wir beenden. Außerdem kann man für solches Material einiges auf dem Schwarzmarkt erhalten. Aber in erster Linie geht es darum, den Mißbrauch durch die Bären zu beenden. Die Fabrik wird anschließend zerstört. Die Verteidigung besteht ausschließlich aus konventionellen Einheiten – unseres Wissens eine Anzahl Fahrzeuge, die dem Fabrik- und Mienenkonsortium untersteht, nichts Modernes oder Schweres. Die Bären haben eine Solhama-Infanterieeinheit dort, und zwar einen Trinärstern, also 75 Mann, keine Elementare. An und für sich kein Gegner, aber sie verfügen vermutlich über 3 MTW’s der Indra-Klasse, und die sind ernstzunehmende Gegner. Sollten sie gesichtet werden, sind sie bevorzugt zu vernichten. Aus dem Grunde haben wir auch Infernos geladen. Alles in allem also nichts, womit wir nicht fertig werden dürften. Allerdings sollten wir nicht unvorsichtig werden. Meine schweren Maschinen und eine gemischte Lanze leichter und mittelschwerer Mechs erledigen die feindliche Garnision. Derweil knöpfen sich Nakamuras Mechs die Erzbergwerke 30 Kilometer entfernt vor. Denken Sie daran, auch wenn dort keine Truppen, die über Werkschutz hinausgehen, zu erwarten sind, seien Sie nicht allzu sicher. Wenn es gelingt, Erzladungen zu erbeuten, dann währe das wünschenswert, aber auf jeden Fall sollten Sie die Bergwerke im Rahmen der Möglichkeiten beschädigen. Die Bären werden Zeit brauchen, sie wieder zu öffnen. Sho-sa Hidetoshis Infanterie, abzüglich eines Zuges, der mich, und eines, der Sho-sa Nakamura begleitet, wird sich die Argo-Dörfer vorknöpfen, die in der Ebene zwischen den Bergwerken und dem Fabrikkomplex liegen. Sie erhalten durch zwei leichte Panzerlanzen Rückendeckung. Wir landen in einem Flußtal, 40 Kilometer vom Primärziel entfernt. Da wir einen Piratensprungpunkt benutzen und nur eine kurze Anflugdauer haben, dürfte die Gefahr einer Entdeckung gering sein. Selbst wenn, sind die feindlichen Verbände vermutlich nicht in der Lage uns zuverlässig zu verfolgen und anzugreifen. Ach ja – die Geschenke für unseren lokalen Freunde dürfen wir nicht vergessen, die werden am Landungspunkt abgeladen. In einer Stunde geht es los.“

Die Offiziere zeigten keinerlei Unruhe, obwohl sie den Plan bereits auswendig kannten. Kenda folgte nur dem üblichen Ritual so ziemlich jeder Militäreinheit, alles ein paar Mal durchzukauen, damit auch ja keine Unebenheit blieb. So konnten bis zuletzt Einwände gemacht werden, ohne das man erst alle zusammenrufen mußte. Er würde vermutlich unmittelbar vor der Landung noch einmal eine Konferenz abhalten. Sollte etwas schiefgehen, so waren auch schon Alternativmöglichkeiten ausgearbeitet worden, und jeder Offizier hatte das Recht, vom Plan abzuweichen, wenn er es für nötig hielt. Allerdings mußte das Ergebnis auch danach sein.



Die schwarzuniformierten Gestalten huschten durch das Unterholz. Sie hatten ihre MTW’s ein ganzes Stückchen hinter sich zurückgelassen und waren nun schon seit etlichen Stunden unterwegs. Da das lokale Zentralgestirn momentan die andere Hälfte des Planeten beschien – Kenda hatte wohlüberlegt den Zeitpunkt der Landung ausgesucht, nämlich zu einer Uhrzeit, wo die Aufmerksamkeit eventueller Radarbeobachter am Tiefpunkt seien dürfte – waren sie kaum von der Umgebung zu unterscheiden. An der Spitze des Zuges rückten Leichtbewaffnete vor – nicht mehr als eine MPi oder ähnliches und ein paar Handgranaten. Ihre Kameraden aber keuchten unterdrückt unter der Last ihrer Waffen – MG’s, Raketen- und Granatwerfer oder die dazugehörige Munition. Annähernd 30 Mann rückten vor, ein kompletter Zug. Schon ein ganzes Stückchen vor dem Waldesrand hielt der Zug inne. Lautlos lösten sich drei der Gestalten und gingen vor. Wie ihre Kameraden hatten sie ihre Gesichter geschwärzt, kein Klimpern verriet falsch verstaute Ausrüstung. Sie bewegten sich gebückt und teilweise mit quälender Langsamkeit, am Ende krochen sie nur noch. Schließlich erreichten sie freies Gelände. Noch im Schatten der Bäume verharrten sie. Einer hob langsam einen Feldstecher und hielt Ausschau. Objekt seiner Aufmerksamkeit war eine Ansammlung von etwa einem Viertelhundert Häusern und einigen Lagerhallen und Maschinenschuppen. Nichts, was er sah, schien ihn zu beunruhigen. Dennoch achtete er darauf, das kein Lichtstrahl sich in der Linse seines Sichtgerätes fing und einen verräterisches Reflex verursachte. Dann nickte er unmerklich und kroch mit seinen Begleitern wieder zurück.
Erst ein ganzes Stück weiter im Wald wagten sie zu sprechen. Der Mann mit dem Feldstecher – ein hochgewachsener Chu-i – wandte sich an einen seiner Begleiter: „Keiner scheint was bemerkt zu haben. Nun, selbst wenn man die Mechs bemerkt hat, sie werden wohl kaum so ein Drecksnest informieren. Sollte also glattgehen.“ Der andere – er hatte eher semitische Züge – zuckte mit den Schultern: „Soll mir recht sein. Laut der Auskünfte eurer Freunde haben die hier mit Widerstand nichts am Hut. Kein Wunder, das Draconiskombinat war gegenüber den Christen nie sonderlich duldsam. Sie sollen sogar ne Miliz haben, um sich vor „Banditen“ – womit ihre Freunde von der Guerilla gemeint sind – zu verteidigen“ „Nun, bisher konnte ich von der nichts erblicken. Aber wir werden uns in Acht nehmen. Diese Hunde werden den Tag noch verfluchen, an dem sie auf die Idee kamen, sich den Bären anzudienen!“ Dann traf der Offizier die Vorbereitungen für den Angriff und ließ seine Leute vorrücken. Immer vorsichtig, um sich nicht gegen den Himmel abzuzeichnen – auch wenn das Kriechen bedeutete – rückten sie vor. Alle Soldaten waren durch die brutale Ausbildung der VSDK gegangen, und wenn sie etwas konnten, dann kriechen. Zumal ihnen hier nicht jemand mit dem Bambusstock ins Kreuz hieb oder ihren Kopf in den Dreck presste.

Kenda konnte bei weitem weniger Rücksicht auf unauffälliges Vorgehen legen. Wenn man in einer Maschine saß, die nicht weniger als 80 Tonnen wog, von Waffen nur so strotzte und von einer ganzen Anzahl blauäugiger, und auch weniger blauäugiger Soldaten und Offiziere für den König des Schlachtfeldes gehalten wurde, dann konnte man davon ausgehen, das auf Unauffälligkeit im Entwurf wenig Wert gelegt worden war. Der Ronin, der nur zu oft erlebt hatte, wie scheinbar banale Gegner den „König“ aus dem Hinterhalt erledigt hatten, wünschte freilich, man hätte mehr daran gedacht. So konnte er nur den Vormarschweg mit Bedacht planen (auch wenn das hieß, über eine ganze Strecke unter Wasser zu marschieren). Gerade von diesem Schachzug erhoffte er sich, den Gegner nicht vorzeitig aufzuscheuchen. Ein leichter Spähmech spielte die Augen der Kolonne, und hatte Befehl, bei Kontakt sofort Alarm zu schlagen. Kenda überprüfte einmal mehr die Zeitangabe. Wie er befürchtet hatte, konnte seine Kolonne den Zeitplan nicht einhalten. Glücklicherweise hatten sie damit gerechnet, er brauchte nur seinem Späher ein paar Zahlen über Funk zuzuflüstern – dreimal wiederholt – und dieser würde eine andere Zahlenfolge an die anderen Kampfgruppen funken, um verfrühtes Losschlagen zu verhindern. Er spürte keine Angst beim Gedanken an den bevorstehenden Kampf. Zumindest für seine Leute hatte er sein Möglichstes getan, und mit der Gewißheit des eigenen Todes hatte er sich schon lange abgefunden, daß für ihn nicht mehr das Ob, sondern nur noch das Wann eine Rolle spielte – und keine allzu große. Langsam bewegte er seinen Mech etwas mehr zum Ufer, so daß er den Kopf leicht aus dem Wasser heben konnte. Er achtete darauf, nicht mit einem der in respektvollem Abstand folgenden Schweber-MTW’s zu kollidieren. Dann gab er den Funkspruch ab, und tauchte wieder in die Fluten, ein Alptraummonster aus der Tiefe des Stromes, das sich mit gnadenloser Zielstrebigkeit seinem Opfer näherte.
02.01.2003 11:17 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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In der Kommandozentrale des Fabrikkomplexes herrschte dieweil Hochbetrieb. „Verdammt! Irgendwo müssen die doch runter gekommen sein!“ Police-Major Haffiz el Sadat, der Chef der lokalen Selbstverteidigung – wobei Selbstverteidigung hieß, die Interessen des Mienen- und Fabrikkonsortiums zu schützen – vergaß einmal mehr seine gute Erziehung. Er hatte sie größtenteils schon auf der Polizeischule abgelegt und griff nur noch darauf zurück, wenn es sich nicht anders vermeiden ließ, etwa gegenüber seinen Brötchengebern und den Clanbesatzern. Im Grunde war es ihm egal, ob diese oder das Kombinat die Welt regierten, an seiner Aufgabe hatte sich nie etwas geändert, auch nicht an der seiner Leute. Immer waren sie diejenigen gewesen, die sich mit Banditen herumschlugen, Streiks auflösten und alternierend auf sozialrevolutionäre Guerillas oder national-draconische Partisanen Jagd machten (oder eine Mischung davon). In jedem Fall mußten sie sich von ihren Verbündeten eine Behandlung als „Hilfstruppe“ gefallen lassen, und in der Bevölkerung waren sie zumeist unten durch. Waren es früher die Christen und andere Minderheiten gewesen, die sie besonders gehasst hatten, so waren sie augenblicklich bei denen besser in Kurs, bekamen aber von vielen Draconiern kaum ein Wort zu hören, das nicht eine Beleidigung war. Aber wenigstens waren ihre Jobs krisensicher und die Arbeit bei allen Risikos keine Schinderei wie in den Mienen oder an den Werkbänken. Momentan jedenfalls behandelte der Chef der Truppe die Techniker wie eine Bande Randalierer, bloß den Schlagstock hatte er noch nicht eingesetzt. Einer der Ortungsspezialisten drehte sich um: „Wir haben leider die Ortung verloren. Die letzten Echos deuteten auf einen Kurs auf die Berge hin. Vielleicht sind es Schmuggler...“ „Das kannst du deiner syphiliskranken Großmutter erzählen!“ heulte Sadat: „Bin ich denn nur von Trotteln umgeben! Drei Landungsschiffe sind für Schmuggler wohl ein bißchen viel! Du Schwachkopf, entweder hat Theodore es sich anders überlegt und will Krieg, oder es sind Piraten!“ „Könnten es nicht andere Clanner sein?“ „Da hör sich einer den Idioten an! Wenn das andere Müllgeburten währen, dann hätten sie entweder „Hallo“ gesagt, weil sie als Freunde kommen, oder einen dieser bescheuerten „Ich großer Krieger vom Clan Rauhhaardackel fordere diesen Planeten, mit wieviel Gummibärchen willst du ihn verteidigen“-Funksprüche abgeschickt! Wenn ihr den Schwachkopf, der die Ankunft unserer Gäste verschlafen hat, wieder zu Bewußtsein bekommt“ der schuldige Techniker war mit ein paar fürchterlichen Hieben zu Boden gegangen: „ knöpf ich ihn mir noch mal vor!“ Der Polizeioffizier blickte sich wild im Raum um: „Egal! Ich warte nicht, bis die Kanistergeburten wach sind! Alle Mann zu den Maschinen! Und treten Sie dem Oberbären von mir ein paar Mal in den Arsch, damit er in Schwung kommt!“ Sadat schnappte sich die Panzerhaube, mit der er immer herumlief und polterte die Treppen hinunter, seine Soldaten schlossen sich ihm an. Binnen kurzem war die „Verteidgungsstreitmacht“ aufgefahren – eine Kompanie Panzer, bestehend aus 8 Skopionen, 3 Vendette‘s und einen Kondor, den der Truppenchef befehligte. Die Infanterie besetzte strategisch wichtige Punkte im Fabrikgelände, die Panzer aber rückten aus – einen Kampf in der Fabrik galt es im Interesse ihrer Unversehrtheit zu vermeiden. Was Sadat am meisten quälte war die Ungewißheit, wer und von wo man ihn angreifen würde.

Der Infanterie Chu-i beobachtete indessen – von der Last des hohen Kommandos nichts wissend – weiterhin sein Ziel. Er hatte Meldung erhalten, das der Angriff um eine Stunde zu verschieben sei. Dies hieß Angriff bei Tageslicht. Glücklicherweise hatten seine Leute sich dem Ort nicht zu sehr genähert und Tarnplanen dabei, so daß eine Entdeckung unwahrscheinlich war. Schon jetzt – es war noch eine Dreiviertelstunde bis zum Angriff – war es fast hell. Von seinem Standpunkt aus – er war mit den schweren Waffen, vertreten durch einen leichten Mörser, zwei Granatwerfer und zwei leichte MG’s hinter einem Hügel etwas zurückgeblieben, um sich einen Überblick zu verschaffen – konnte er mit seinem Fernglas den Ort gut einsehen, wenn er sich auf der Kuppe unter einer Flecktarnplane verbarg. Selbst er konnte die Stellungen seiner Leute kaum ausmachen – die Ausbildung hatte sich gelohnt. Drüben schien der Ort zu erwachen. Die ersten Menschen waren zu sehen. Dann sah er, wie aus einem größeren Gebäude nacheinander eine ganze Reihe von Gestalten trat – alle einheitlich dunkelblau – und eine halbwegs gerade Linie bildeten. Durch sein Fernrohr beobachtete er die Angetretenen. Offensichtlich war dies die Selbsthilfetruppe, etwa ein Dutzend Männer mit Gewehren, ein paar Sturmgewehren und MPi’s. Nach kurzem Apell saßen sie auf einem bereitstehenden Laster auf, der den Ort verließ. Der Chu-i verzog die Lippen zu einem bedauerndem Lächeln. Noch eine halbe Stunde, und er hätte ihnen einer Infernorakete verpassen können. Aber wegen ein paar dreckigen Verrätern, so dachte er, würde er den Plan nicht gefährden. Sollten sie doch entkommen – mit ihnen würde man sich zu gegebener Zeit befassen. Wenigstens dürfte der Umstand ihrer Abwesenheit den Widerstand vermindern oder ganz verhindern, so tröstete er sich. Noch 20 Minuten. Er machte sich innerlich bereit und schickte Befehl an die MTW’s, langsam vorzurücken. Dann machte er sich vorsichtig auf den Weg zu seinen Leuten.

Der Chu-i war inzwischen zu seinen Leuten vorgerückt. Sprungbereit wartete er und seine Truppe. Er würde den Angriff nicht mit dem blanken Schwert führen, sondern lieber auf eine MPi vertrauen. Seine Männer und Frauen waren in Ausgangspositionen, er brauchte nur noch den Befehl zu geben. Aufmerksam beobachtete er, wie sich die Zahlen auf seiner Uhr änderten...

Sadat hatte seine Leute ausschwärmen lassen. Das im weiteren Umland der Fabrik angebrachte Netz aus Vibrations- und Wärmesensoren hatte ihm die voraussichtliche Stärke des Gegners und seinen Kurs verraten. Er wußte aber auch, daß das Netz bei weitem noch nicht vollständig war und das die Guerilla es sabotierte und umging, wo sie nur konnte. Dennoch war in dem offenen Gelände EIGENTLICH keine Überraschung zu erwarten. Und die gemeldeten Verbände – ein leichter Mech und etliche Schweber – sollten für ihn und seine Leute EIGENTLICH kein Problem sein, zumal sich inzwischen auch die Bären eingefunden hatten. Begierig, den Feind zu stellen – und von ihm über die geringe Stärke informiert – hatten sie ein ganzes Stück vor seiner Fahrzeugkette ihre Infanterie ausschwärmen lassen, während die drei Indra als Voraussicherung agierten. Die „Solhama“-Infanteristen brachten Unterstützungswaffen – Laser und Impulslaser – in Stellung. Sie waren erheblich besser ausgerüstet als die augenblicklich nicht anwesende Infanterie des „Selbstschutzes“, die normalerweise nur über Handfeuerwaffen verfügten. Er ließ seine Truppen nicht auf eine Linie mit den Clannern vorrücken. Zum einen behandelten sie ihn sowieso immer nur wie einen simplen Polizisten, und zum anderen hatte er nichts dagegen, wenn sie sich zuerst mit dem Gegner auseinandersetzten. Im Gegensatz zu diesen seinen Verbündeten war seine Kampfesbegeisterung schon vor geraumer Zeit gestorben. Zu oft schon hatte er Kameraden aus ihren zerstörten Panzern bergen müssen, hatte gesehen, was ein einziges MG anrichten konnte, wenn es gut plaziert war. Und wenn die Guerilla auch mehr ein lokales Ärgernis war, für selbstgebaute Scheußlichkeiten auf dem Gebiet des Mienenkrieges reichte es bei ihr immer noch. Das war auch einer der Gründe, warum ihm der Kondor so gefiel. Es war nicht nur eine Maschine, mit dem man trefflich Schäferhund für die eigenen Truppen spielen konnte, sie war auch schwer gepanzert und als Schweber nicht so empfindlich gegen etliche Mienensorten. Sein Vorgänger war von der Guerilla mittels einer konventionellen P-Miene in den Vorruhestand versetzt worden, und Sadat war fest entschlossen, den Partisanen ähnliches bei seiner Person möglichst zu erschweren.

Langsam verrannen die Sekunden und Minuten. Langsam, aber unerbittlich. Für viele sollten es die letzten ihres Lebens werden...

Sadat spähte durch die Optik seines Panzers. Er konnte den Feind jetzt erkennen. Ein leichter Jenner-Mech, dazu eine Handvoll Schweber, alles leichtes Kaliber und wie es aussah MTW’s. Der Major wußte allerdings, das Manschaftstransportwagen oft nach Belieben modifiziert wurden, und dann mitunter erheblich mehr Feuerkraft aufwiesen, als man glauben mochte. Dennoch sollten die ER-PPK’s der Indra eigentlich mit ihnen fertig werden, zumal sich die konventionellen Maschinen des Gegners zurückhielten und der Jenner ein ganzes Stück voraus war. Dennoch war Sadat nicht wohl. Für drei Landungsschiffe war das hier definitiv zuwenig, und wenn die Piraten oder Angreifer nicht völlig übergeschnappt waren, mußte ihnen dies klar sein. Mit einem unterdrückten Fluch brachte er die innere Stimme zur Ruhe: „Panzer – marsch! Auf Luftangriffe und Schweber achten!“ Dröhnend setzten sich das Dutzend Kampfwagen in Bewegung, rückte vor.
02.01.2003 11:19 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Kenda befand sich immer noch etliche Meter unter dem Wasserspiegel. Sein Späher hatte ihm die Aufstellung des Feindes gemeldet, so daß er angemessen reagieren konnte, und bisher schien alles glatt zu gehen. Mit einem letzten Blick versicherte er sich, das er im Zeitplan war. Dann gab er den Befehl Angriff.

Der Chu-i blickte ein letztes Mal auf seine Uhr. Geduldig, auch wenn er innerlich vor Spannung vibrierte, ließ er die letzten Sekunden verstreichen. Dann nickte er seinem Adjutanten zu. Dieser riß die klobige Signalpistole hoch. Mit einem Knall erstrahlte die rote Leuchtkugel – das Signal zum Angriff. Mit einem gedehnten: „Vorwääääärts!“ sprang der Offizier auf, seine Leute folgten ihm. Der Überfall hatte begonnen!
Geduckt hetzten die schwarzen Gestalten vor, die Waffen an der Hüfte. Nutzten jede Deckung, visierten mögliche Feindstellungen an – Nichts. Die ersten erreichten die Häuser des Ortes. „Miliz-HQ sichern!“ bellte der Chu-i, der inmitten seiner Soldaten vorging. Das Klirren von Glas mischte sich mit einem gellenden Alarmschrei: „Feind-MG – Deckung!“ Stotternd spuckte die feindliche Automatikwaffe eine Salve aus, während die Draconier auseinanderspritzten. Die roten Flammenzungen leckten aus einem Fenster im ersten Stock des Milizgebäudes. „GRANATE!“ brüllte der Chu-i, doch in seine Worte mischte sich schon das Fauchen eines Raketenwerfers. In Sekunden überwand das Geschoß die Distanz zum Ziel, krachte in das Fenster, aus dem das MG feuerte. Mit ohrenbetäubenden Donnern schienen sich die Wände des Zimmers nach außen zu wölben, Rauch und Staub fegten den Angreifern entgegen. Der Offizier stürmte über die Straße, seine Maschinenpistole zerschmetterte die Fenster im Erdgeschoß, sein Adjutant ließ eine Granate folgen. „Den Ort sichern!“ Während seine Leute an ihm vorbei vorgingen, eilte er zurück, zurück zur Stelle des Feuerüberfalls. Die furchtbaren Schreie sagten ihm, das er zurecht gefürchtet hatte.

„ALARM! Mechs in der Flanke!“ – Sadats Schreien war eher das Aufbrüllen eines Tieres als ein artikulierter Ruf. Fassungslos starte er auf die gigantische Maschine, die sich, einem Alptraum gleich, aus den Tiefen des Flusses erhob. Scheinbar losgelöst von der Realität teilte ihm sein Verstand mit, das es ein Hatamoto-chi war, eine überschwere draconische Maschine, und das neben ihr mehr als ein halbes Dutzend Stahlgiganten aus der Tiefe auftauchten, überwiegend schwere und überschwere. Aber dann schaltete sich seine Erfahrung ein – im letzten Augenblick: „Vollgas voraus!“ Mit einem Laut, der wie das Heulen einer angreifenden Bestie klang, fuhren Raketen aus den KSR-Werfern des Mechs, doch durch die unerwartete Beschleunigung des Zieles verfehlten sie es. Wo sie auf den Boden schlugen, brach eine Feuerhölle los. „Infernoraketen! An alle Panzer, Vollgas und Ausweichen, Feuer frei!“ Sadats Panzer beschrieb einen Bogen und kehrte zurück. Mit einem Rundblick erkannte er, wie schlimm die Lage wirklich war. Die meisten feindlichen Mechs hatten KSR-Werfer mit den tödlichen Brandraketen gehabt. Nun standen alle drei Vendette in Flammen, ein Skorpion ebenso. Und im konzentrierten Feuer der normalen Mechgeschütze hatten die leichten Panzer keine Chance. Die Indra versuchten aufzuschließen, aber es war klar, das sie als nächstes an der Reihe seien würden, schon verlagerten die Mechs ihr Feuer auf diese neue Bedrohung, nahmen sie mit Langstreckenwaffen unter Beschuß, während ihre Nahbereichgeschütze die Panzer des Selbstschutzes zerschlugen. Das Bellen der leichten Autokanonen und MG’s der Tanks ging im Orkan der Vernichtung beinahe unter. Die Waffen des Kondors konzentrierten sich auf den Hatamoto, doch der überschwere Mech schien den Gegner zu ignorieren und feuerte gezielt auf die anrückenden Indras – die Waffen des Schwebepanzers konnten ihn anschlagen, aber kaum vernichtend treffen.

Das feindliche MG hatte nur ein paar Sekunden feuern können. Aber diese wenigen Augenblicke hatten vollauf genügt. Es waren fünf, alles Rekruten, wie überhaupt der Großteil des Zuges aus jungen Soldaten bestand. Zwei lagen reglos da, für immer verstummt. Die Salve hatte sie in Bauchhöhe erwischt und ihre Panzerwesten wie dünnen Stoff durchlöchert. Mit leeren, Blicklosen Augen starrten sie in den Himmel, die Glieder verkrampft, Uniformen und Erdboden mit Blut besudelt. Die anderen hatten weniger Glück gehabt. Ein Soldat bäumte sich unter den Händen seiner Kameraden auf, die ihn festhielten, damit der Sani einen Notverband anlegen konnte. Sein schluchzendes Heulen hatte nichts menschliches mehr an sich. Der Verband über seiner Magengrube färbte sich sofort rot, bei jeder neuen Windung der Binden durchtränkte das Blut den Verbandsstoff. Er schien gar nicht wahrzunehmen, das man sich um ihn bemühte, schrie einfach nur seinen Schmerz hinaus. Die Soldatin neben ihm hatte ihren Oberkörper auf die Arme gestützt. Bei ihr hatte die Salve verrissen, ihre Armeebluse war aufgetrennt und ihre Brust verbunden, Blutflecken deuteten auf mindestens drei Einschüsse hin. Ihr Atem ging pfeifend, keuchend. Der Mund war von blutigem Schaum umgeben, den ein Kamerad vergeblich abzuwischen versuchte. Der Dritte hockte reglos auf der Erde. Seine Hände preßte er gegen seinen Unterleib, um den Blutstrom zu stoppen. Sein Gesicht war wachsbleich, die Lippen bluteten, wundgebissen im Versuch, den Schmerz zu unterdrücken. Hilflos musste der Chu-i zusehen, wie sich seine Sanitätshelfer um die Verletzten kümmerten. Hier konnte er nichts tun. Als alle drei notdürftig verbunden waren, winkte er einen Sani beiseite: „Und?“ Der Blick des Medtechnikers sagte alles: „Sie müßten in ein Feldlazarett, aber wir haben keine mobile Sanitätsstation. Wie es aussieht“ er schüttelte den Kopf: „keine Chance. Die inneren Verletzungen sind zu schwer. Vielleicht, wenn es hier eine gute Ortsstation gibt...“ Der Chu-i nickte. Über Funk meldete sich sein Adjutant: „Ort gesichert, kein weiterer Widerstand. Wir haben den Dorfvorsteher.“ „Herbringen!“ schnauzte der Zugführer.
Der Dorfvorsteher war offenbar der örtliche Religionsvertreter – ein Mann mittleren Alters in schwarzer Kleidung mit einem silbernen Kruzifix. Seine linke Gesichtshälfte war verschwollen, sicheres Zeichen eines Kolbenhiebes. Dennoch hielt er sich aufrecht. „Ich protestiere...“ „Halts Maul, Schwein! Du hast gar nichts zu sagen, Verräter!“ bellte der Chu-i. Der Mann konnte gut erkennen, wie die Lage war – der Haß in den Gesichtern der Soldaten war überdeutlich: „Was... wollen Sie?“ Der Chu-i deutete auf die Verletzten: „Habt ihr hier eine Sanitätsstation? Oder einen Arzt? Denk gut nach, du Hund, denn wenn sie sterben, stirbt dein Dorf mit ihnen!“ Der Priester wurde bleich: „Nein, nichts – aber das Fabrikkrankenhaus, 24 Kilometer von hier – wir bringen unsere Verletzten dorthin“ Der Sani schüttelte den Kopf: „Den Transport würden sie nie überstehen. Nicht in ihrem Zustand.“ Der Chu-i schluckte: „Können Sie nichts für sie tun?“ den Priester ignorierte er jetzt. Der Medtechniker schüttelte den Kopf: „Ich könnte ihnen Morphium geben, damit sie weniger spüren...“ „Meine Soldaten sind keine Tiere, die man einschläfert!“ Der Offizier holte tief Luft. Dann zog er die Pistole. Der eine Verletzte nahm die Umgebung gar nicht mehr war, der andere blickte seinen Vorgesetzten stumm an, und bemühte sich, Haltung anzunehmen. Die Soldatin, ihre Lippen zitterten, schloß die Augen. Viermal bellte die Autopistole.
„Durchsucht den Ort! Ich will alle Einwohner hier haben – ALLE! Sofort!“ Der Adjutant blickte dem Chu-i in die Augen: „Und wenn welche nicht kommen wollen?“ „Sie haben doch Bajonette! Wer nicht aufstehen will, soll LIEGENBLEIBEN!“ „Zu Befehl!“

Sadat wußte, es ging zu Ende. Dem Feuer der Mechs konnten weder er, noch die Clanner länger standhalten. Und ihre Gegenwehr schien den Feind nicht einmal zu verlangsamen. Er konnte erkennen, wie vor ihm aus einem brennenden Indra zwei Gestalten sprangen, konnte sehen, wie ein Mech sie mit einer wohlgezielten MG-Salve erledigte. Das Feuer aus der AK des Konors traf die PPK seines Gegners – immer noch kämpfte der Major gegen den Hatamoto - dann überschwemmte flüssiges Feuer den Schwebepanzer. „Infernotreffer!“ brüllte der Polizeioffizier: „Kurs auf den Fluß!“ Glücklicherweise behielt der Fahrer die Nerven, was man vom Funker nicht gerade sagen konnte. Ein Fußtritt warf den stammelnden Soldaten beiseite: „Achtung, hier ist Major Sadat, Prioritätsdurchsage! Der Feind bricht durch! Ich befehle sofortigen Rückzug – zerstreuen und absetzen. Dies gilt für alle Truppen, auch für die Infanterie! Ziehen sie sich zurück und nehmen sie die Zivilisten mit! Weitergeben!“ „Hier Hauptmann al Garjani! Wir haben von der Direktion Befehl, die Fabrik zu halten Major!“ „Du dämlicher dattelfressender Kameleschändender Sandscheißer von einem ben Arab!“ fauchte Sadat, ungeachtet der Tatsache, das er angesichts seiner eigenen Abstammung solche Beleidigungen eher hätte unterlassen sollen: „Wenn du nicht tust, was ich sage, wirst du dir wünschen, der Feind hätte dich erwischt, denn ICH werde nicht so gnädig mit dir sein! Hier kommen ein halbes Dutzend schwere Mechs, und sie sind auf Blut aus. Also hau ab, du Schwachkopf, und nimm die Arschlöcher von der Direktion mit, wenn du kannst! Ende!“ „Fluß erreicht!“ meldete der Fahrer. Sadat, der wußte, das seinem Fahrzeug nur noch Sekunden blieben, bis das flüssige Feuer den Weg ins Innere fand, brüllte: „Motor abwürgen!“ Mit einem Klatschen schlug der Schweber – nun nur noch eine 50-Tonnen Maschine, die einen halben Meter über der Wasseroberfläche in der Luft hing – auf und versank in den Fluten, während sich auf der Wasseroberfläche ein Flammenteppich ausbreitete.
02.01.2003 11:21 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Hilfeschreie und Flüche erfüllten die Luft. Erbarmungslos wurden die Einwohner zusammengetrieben. Teilweise nackt oder nur notdürftig bekleidet drängten sie sich angstvoll zusammen, angeschrien und gehetzt von den Soldaten, die sie mit Kolbenhieben antrieben. Der Chu-i betrachtete sie hasserfüllt. „Alle Häuser durchsuchen! Wertgegenstände, Waffen und Geld beschlagnahmen!“ Die Soldaten machten sich ans Plündern. Widerstand wagten die Einwohner – auch wenn sie bei weitem in der Überzahl waren – nicht. Der Chu-i hatte die MG’s nachrücken lassen, und zusammen mit den Waffen der Truppentransporter, die inzwischen angekommen waren, hätten sie jeden Versuch eines Aufstandes im Keim ersticken können. Angstvoll betrachteten die Gefangenen ihre Wächter, die sie mit angelegten Waffen in Schach hielten. Der Priester versuchte seine Leute zu beruhigen, aber angesichts der Lage hatte er dazu kaum eine Chance. Er wußte, daß das Schicksal des Dorfes jetzt vom feindlichen Befehlshaber abhing. Der Chu-i kletterte durch die Luke eines der Fahrzeuge: „Funkverbindung zum Chu-sa!“ „Hai, Chu-i!“ einer der Soldaten reichte ihm den Funkhörer. Er beobachtete, wie sein Vorgesetzter leise in das Funkgerät sprach. Dessen Gesichtsausdruck änderte sich – eine grimmige Genugtuung sprach nun aus seiner Miene. Mit einem „Hai!“ beendete er den Funkkontakt mit dem Befehlshaber der Ronin, nickte dem Funker zu und verließ das Fahrzeug.
„Alle Kinder unter zwölf aussondern!“ – der Befehl wurde sofort umgesetzt. Dann wandte er sich an den einzigen Piraten, der den Trupp begleitete: „Sie haben freie Wahl – suchen Sie sich aus, wen Sie wollen!“ Der nickte, und schritt die Reihen der Bewohner ab. Einige halbwüchsige Mädchen, jüngere Frauen und Männer wurden aussortiert – Waren für die Sklavenmärkte. Wo sich Widerstand regte, wurde er brutal gebrochen, mit Gewehrkolben und Stiefeltritten. Die Gefangenem wurden zu den MTW’s getrieben. Der Priester trat vor – zwei Soldaten wollten ihn niederschlagen, aber der Chu-i winkte sie zurück: „Was ist?“ „Ich protestiere gegen diese Verschleppung! Sie dürfen nicht...“ „Und ob ich darf! Sie sind nicht in der Lage, zu widersprechen!“ er packte den Mann und zog ihn näher, bis dessen Gesicht nur noch eine Handbreit von der eisigen Miene des Draconiers entfernt war. Die Stimme des Chu-i war klar und deutlich: „Ihr hattet die Wahl, für das Kombinat zu kämpfen, oder seinen Feinden zu dienen. Ihr habt euch entschieden. Nun lernt, was es heißt, Feind des Drachen zu sein!“ Seine Stimme wurde lauter: „Lernt, was es kostet, wenn man zum Verräter wird! Alles verbrennen! Alles zerstören!“ Er stieß den Priester zu Boden, und während er die Waffe hob, schrie er: „ALLES TÖTEN!“ Krachend entlud sich die Pistole, Kugel auf Kugel schüttelte den Körper des Dorfvorstehers durch, bis das Magazin leer war. Und in die Schüsse fielen hämmernd die MG’s ein. Feuerten in die Menge. Es gab kein Entrinnen.
„Schafft die Kinder raus aus dem Ort. Die Gefangenen in die Transporter. Brennt alles nieder! Macht den Ort dem Erdboden gleich!“ Brüllend schwärmten die Soldaten aus. Es dauerte keine halbe Stunde.

„Wie sieht es aus?“ Kenda hatte seinen Mech auf dem Fabrikhof in Stellung gebracht und war ausgestiegen. Der Hof war das Einzige, was noch wie vorher war – die Fabrikgebäude waren nur noch Trümmerhaufen. Sho-sa Nakamura hatte ihre Truppen mit den seinen vereinigt und fungierte wie immer als seine Adjutantin. „Alle Ziele erobert, und soweit es möglich war zerstört. Eigene Verluste minimal – ein Dutzend gefallene Infanteristen. Der Hatamoto-chi hat Schäden an einer PPK und an einem Werfer, seine Panzerung ist ziemlich runter. Einer Ihrer Panther und der Steppenwolf sind ebenfalls ziemlich schwer beschädigt, aber alle Schäden können repariert werden. Meine Maschinen haben nur leichte Schäden. Die Verluste des Gegners kennen Sie ja.“ „Ausgezeichnete Arbeit. Das sollte den Bären und ihren Lakaien eine Lektion sein. Und es sichert uns genug Geld, um unseren Kampf fortzusetzen. Lassen Sie die feindlichen Fahrzeuge ausschlachten, was reparabel ist, geht an die Guerilla. Geben Sie ihnen auch einen Anteil an den erbeuteten Infanteriewaffen und vor allem den Sprengstoff aus den Bergwerken.“ „Hai, Chu-sa!“ „Und noch was, Nakamura...“ „Ja?“ „Sagen Sie den Soldaten, das ich stolz auf sie bin!“ „Jawohl!“ „Sobald die Beute verladen ist, ziehen wir uns zurück. Wir werden den Bären zeigen, was Krieg wirklich bedeutet – das hier ist erst der Anfang!“

Sadat stand am Ufer des Flusses und schaute den Bergungsfahrzeugen bei der Arbeit zu. Sein Kondor steckte vier Meter unter der Wasseroberfläche im Flußboden. Er und seine Crew hatten den ganzen Tag im Stahlkörper verbracht – glücklicherweise war er wasserdicht gewesen – und waren erst im Dunkeln einzeln herausgekommen. Seine Kommandozentrale war Schrott, so daß er das Büro eines örtlichen Nachrichtensenders requiriert hatte. Aber momentan wollte er lieber hier sein, wo er wenigstens halbwegs ungestört war. Er hatte es satt, sich die Verlustzahlen anzusehen und das Gejammer der Konsortiumsleitung anzuhören, gemischt mit Vorwürfen an ihn, weil er die Verwüstungen nicht verhindert hatte. Seine Einheit war vernichtet, und die Piraten hatten ein fast unvorstellbares Maß an Verwüstung hinterlassen. Alle Vendettes und fünf Skorpione waren zertört – davon hatten nur aus drei Skorpionen die Insassen aussteigen können. Die anderen Tankisten waren in ihren Fahrzeugen bei lebendigem Leibe verbrannt. Das Selbstschutzbatallion hatte sich absetzen können, und dabei einen Großteil der Arbeiter und viele von der Werkführung mitgenommen. Aber in einem der Bergwerke war eine Werkschutzkompanie von den Feinden gestellt und zerschlagen worden, mit allen MTW’s und provisorischen Geschützträgern – 4 umgerüsteten Truppentransportern. Die Bäreneinheit war fast völlig vernichtet worden, Verwundete hatte der Gegner mit Bajonetten getötet. Insgesamt hatte Sadat 16 Panzerfahrer seiner Einheit verloren, 65 Werkschutzleute waren anderswo getötet worden, dazu kamen noch einmal 14 Panzerfahrer. Von den Bären hatten nur 7 überlebt, und die auch nur, weil sie von Polizeisoldaten mitgeschleppt worden waren. Je zwei der Skorpione und Vendette hatte man entweder mitgenommen, oder der Guerilla übergeben, dazu eine große Menge an Waffen und Sprengmaterial. In einem der angegriffenen Orte waren 136 Menschen getötet worden, nur drei davon hatten Waffen gehabt. Die drei anderen eroberten Dörfer kamen auf 29 Tote. Sie hatten versucht sich zu wehren, als man ihre Angehörigen verschleppte, ihre Häuser plünderte und in Brand steckte. In den Bergwerken und in der Fabrik hatten die Angreifer 84 Menschen exekutiert, vom Direktor bis zum Vorarbeiter jeden, der einen Verantwortungsposten hatte. Die Fabrik war zerstört, die Bergwerke beschädigt, alle vier Ortschaften dem Erdboden gleichgemacht. Der Schaden ging in die Milliarden. 122 Menschen wurden noch vermißt, ein Großteil dürfte verschleppt worden sein. Alles in allem war es ein Desaster. Sadat schauderte. Nicht, weil ihn die Grausamkeit der Angreifer erschreckte. Er selber hatte lange Jahre gegen Guerillas gekämpft, und es gab wenig, was ihm noch Angst machen konnte. Er hatte selber Strafmaßnahmen durchgeführt. Was ihn quälte war der Gedanke, das es an ihm seien würde, die Briefe an die Angehörigen der gefallenen Polizisten zu schreiben. Dieser Arbeit würde er sich nicht entziehen können. Aber fürs erste wollte er nur eines: in sein Quartier gehen, und sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken.

„Landungsschiffe im Anflug!“ meldete der Ortungstech in der Kommandozentrale der Piratenbasis. Torkilsson registrierte die Nachricht mit einem Nicken. Die Rückkehr Kendas lag im Zeitplan. Nun, der Pirat hatte die reichliche Woche zu nutzen gewußt. Er war sich sicher, das keiner von den zurückgebliebenen Ronin – und kein unzuverlässiger Pirat – etwas von seinen Aktionen gemerkt hatte. Die Veränderungen, die er vorgenommen hatte, waren minimal. Aber sie konnten im Notfall von äußerster Wichtigkeit sein. Bis dahin würde er das Beste für sich und seine Leute aus der Allianz machen. Aber wenn der Teufel kam, seinen Pakt einzufordern, würde der Freibeuterkapitän eine Hintertür haben.
02.01.2003 11:24 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Die Höhle des Drachen

"Sie sind sich also sicher?" Kendas Stimme klang fast ein wenig lauernd. "Relativ sicher." meinte "Chu-sa" Torkilsson: "Meine Geschäftspartner haben mich freundlicherweise gewarnt." "Nun, ich zweifle nicht an dem Informationsnetz der Yakuza - und daran, das sie vermutlich mehr wissen, oder mehr herausfinden können, wenn der Preis stimmt. Ich danke ihnen jedenfalls, das Sie mir Bescheid gesagt haben." Der Piratenkapitän verzog sein Gesicht zu einer Grimasse: "Schließlich hänge ich auch mit drinn. Und verdiene drann. Ich mach Sie aber darauf aufmerksam, das wir diese Entwicklung vermutlich IHNEN zu verdanken haben!" Kenda winkte ab: "Das haben wir schon oft genug durchgekaut. Großes Spiel, großes Riskio. Sie wissen, das die Bären auch gegen ihre Leute was unternommen hätten, früher oder später." "Aber was, wenn wir mit dieser Gefahr fertig werden? Werden sie uns nicht gleich noch jemanden schicken?" Der Ronin lächelte grausam: "Ich kenne diese Clanner gut genug. Wenn wir ihnen eine entsprechende Lektion erteilen, und sie in ihrer Meinung zu Söldnern bestärken, dann werden sie es sich überlegen, sowas noch einmal zu versuchen. Bei den Clans kriegt man selten eine zweite Chance, wenn man versagt. Und wenn wir dafür sorgen, das die nächsten Söldner es sich dreimal überlegen, ob sie annehmen..." Der Freibeuter knurrte nur etwas undeutliches. Er war offenbar alles andere als zufrieden. Kenda ignorierte dies: "Sagen Sie bitte den anderen Offizieren Bescheid. Dringlichkeitsbesprechung in 30 Minuten." Als der Pirat hinausstampfte murmelte Kenda leise: "Ich zweifle nicht, das du schon reagiert hast. Die Frage ist bloß wie - und was heisst das für meine Leute." Ihm war klar, das er dem Piraten nicht vertrauen konnte, aber ebensowenig konnte er sich seiner entledigen. Torkilsson hatte gute Kontakte zum Unterweltsnetzwerk - speziell der Yakuza - und zu Schmugglern und anderen Piraten. Ohne ihn währe es fast unmöglich, die nicht kleine Streitmacht mit Nachschub zu versorgen und kampfbereit zu halten, Kontakte mit den lokalen Widerstandszellen zu knüpfen und die Beute zu veräußern. Außerdem kannten er und seine Kapitäne die Planeten etliche Sprünge im Umkreis, und dies galt auch für Piratensprungpunkte und unbewohnte Systeme. Kenda konnte auf Torkilsson nicht verzichten, aber der Gedanke, was der gerissene Freibeuter aushecken mochte, um im Notfall seine Haut zu retten, bereitete Kenda nicht geringe Sorgen. Zumindest ein offener Verrat war kaum wahrscheinlich - dazu hatten die Piraten doch etwas zuviel Ärger gemacht. Aber wenn es hart auf hart kam war sich Kenda weit weniger sicher, ob er sich auf sie verlassen konnte - er ging vielmehr davon aus, das dies nicht der Fall währe.

Wie verlangt waren seine Offiziere eine halbe Stunde später vollzählig angetreten. Kenda fasste die Neuigkeiten zusammen: "Wie mir Chu-sa Torkilsson mitteilte, gibt es beunruhigende Neuigkeiten über das 'Schattennetz'. Es scheint, die Bären würden möglicherweise dazu übergehen, Söldnerbanden die Jagd auf Piraten und sogenannte "Ronin" zu überlassen. Und der Chu-sa meinte, es gäbe deutlich Hinweise, das wir in dieser Hinsicht als Probefall auf dem Programm stehen und mit Aufmerksamkeit rechnen dürfen. Allerdings sind die Nachrichten noch nicht sonderlich konkret - was vieleicht auch an unseren Investitionen liegt. Ich habe deshalb Chu-sa Torkilsson gebeten, einige zusätzliche Geldmittel aufzuwenden, um genauere Informationen zu erhalten. Wer unsere potentiellen Gegner sind, wo sie sich aufhalten und was man über ihre Stärken und Schwächen herausbekommen kann. Ab sofort gilt jedenfalls verschärfte Alarmstufe - hier wie im Einsatz. Ich rechne nicht mit einem direkten Angriff. Dazu müssten unsere Feinde die Lage unserer Basis erfahren. Eine solche Information kann nur von hier kommen - was ich mal ausschließe - oder von unseren Geschäftspartnern. Nun werden Sie sagen, die Yaks seien nur Verbrecher - aber auch Verbrecher, vor allem welche, die im Dienstleistungsgewerbe tätig sind, brauchen Reputation. Wenn sie uns verkaufen würden, ständen sie bei anderen Banden ziemlich schlecht da. Allerdings sollten wir uns nicht zu sicher fühlen. Die Piraten Torkilssons standen ja früher auch im Kontakt mit Schmugglern, und wenn die intelligent sind, könnten sie sich zusammenreimen, das die Basis hier einen Besuch wert währe, und uns verraten. Allerdings meinte der werte Chu-sa, auch sie seien von ihrer Reputation abhängig. Sie werden uns also kaum denunzieren, dann könnten sie sich im Sektor nicht mehr blicken lassen, denn wer würde ihnen schon Fracht anvertrauen?" Sho-sa Hidetoshi starrte seinen Vorgesetzten überrascht an: "Clan Geisterbär will SÖLDNER einsetzen? Ich hatte nicht den Eindruck, das wir sie so schwer getroffen haben!" Kendas Augen wurden hart: "Da haben Sie ganz recht. Nach allem, was wir wissen, steckt zum Gutteil das Kombinat hinter den Söldnern - die Bären geben ihnen lediglich die Erlaubnis zu opperieren. Ja, Sie haben richtig gehört. Unser ehrenwerter Koordinator ist zu feige, seine regulären Truppen zu schicken. Er ist nicht nur so ehrlos, und lässt jene schändlich im Stich, die nur dem Kombinat dienen, er hetzt auch noch bezahlte Mörder auf sie, anstatt ihnen selbst entgegenzutreten. Ich hätte nie geglaubt, das er SO tief sinken könnte, aber es scheint so zu sein! Ich hoffe nur, das dies im Kombinat für entsprechenden Unmut sorgt, und er eines Tages die Quittung bekommt." Sho-sa Nakamura mischte sich in das Gespräch ein: "Weiß der Chu-sa, mit was wir zu rechnen haben? Und wie wollen wir darauf reagieren?" Kenda lächelte dünn bei der formellen Sprechweise seiner Stellvertreterin: "Der Chu-sa weiß es leider noch nicht. Aber er hofft, die Yakuza oder andere Elemente werden uns bald genauere Informationen liefern. Und was die Reaktion angeht - ich würde es vorziehen, gegen Bärensoldaten zu kämpfen. Sie sind zwar besser als Söldner, aber leichter zu durchschauen und taktisch unbeweglich. Außerdem führen wir eigentlich Krieg gegen die Besatzer. Aber wenn wir eine Meute bezahlter Bluthunde in unserer Nähe haben - und die Gefahr besteht, das sie unsere Spur finden können, und die besteht - dann werden wir uns eben auch mit ihnen befassen müssen. Ich würde einer Schlacht mit einer vermutlich nicht zu unterschätzenden Truppe - ich rechne mit ein bis zwei Kompanien FIS-Mechs, vermutlich geringe Hilfskontingente, denn weniger währe Wahnsinn und mehr ist nicht sehr wahrscheinlich - lieber aus dem Weg gehen, denn wir haben keine sehr breite Basis, was Ersatzpiloten angeht. Aber wenn wir siegen - mal vorausgesetzt, wir bekommen wirklich Söldner auf den Hals und die sind nicht für eine andere Bande gedacht und das ganze ist nicht eine Fehlmeldung - könnten wir Maschienen erbeuten und sowohl dem Clan als auch diesem ehrlosen Hund Theodore eine Lektion erteilen. Aber dazu müssen wir ersteinmal genaueres erfahren - und dafür habe ich genug Geld bereitgestellt. Söldner sind alles andere als diszipliniert und ich schätze, in entsprechenden Lokalen wird man bald den Namen jedes Soldaten kennen, plus seine Vorlieben und Schwächen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Außerdem sind sie käuflich, vieleicht kann man da etwas erfahren. Nun, das ist Sache der Yakuza und ihrer Helfer, wir bezahlen sie nur für Resultate. Leider können wir ihre Informationen nicht so schnell und regelmäßig nachfragen, wie ratsam währe, schließlich stehen wir nicht in HPG-Kontakt, sondern könnten nur bei unseren Treffen was erfahren. Und das heist, die Nachrichten sind meist ein bis zwei Wochen alt - was defintiv etwas zuviel ist. Vorerst will ich, das der Stützpunkt auf einen Angriff vorbereitet wird. Lassen Sie Mienen legen und machen Sie sich über die Distanzen klar, damit wir im Ernstfall schnell Entfernung für die Waffen angeben können. Ich würde vorschlagen, die Ortungszentrale wird stärker besetzt. Und in Zukunft sollten wir bei unseren Aktionen immer noch ein bischen wachsamer sein. Ach ja - was mit unseren Gefangenen im Notfall geschieht, ist doch wohl klar!"
"Hai, Chu-sa!" bestätigten die Offiziere einstimmig. "Ausgezeichnet! Also, meine Damen und Herren Offiziere - an die Arbeit! Die Vorbereitungen für unsere nächsten Angriffe sollen aber weiterlaufen." Kenda nickte zufrieden, als seine Offiziere das Zimmer verließen. Zumindest auf sie konnte er sich verlassen. Er wußte, egal wie stark die Söldner währen, wenn sie mit seinen Truppen zusammenstießen - und dazu konnte es durchaus kommen - würde es für sie eine grausame Überraschung werden. Zumal der Ronin nach Möglichkeit den Kampf zu seinen Bedinungen zu führen gedachte.
02.01.2003 11:24 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Ein neuer Feind

In der Einsatzzentrale herrschte gespanntes Schweigen. Die Offiziere warteten auf die Reaktion ihres Anführers. Lange Zeit saß Kenda schweigend da, studierte die Meldung auf seinem Bildschirm. Neben einigen Zeilen Text waren es Bilder - schlechter Qualität - die eine ganze Reihe von Kampfmaschienen zeigten. Dann blickte er auf: "Also gut. Hier steht Wolcott. Die Nachricht ist mithin zwei-drei Wochen alt. Das lässt leider keine Schlüsse zu, wo unsere Freunde inzwischen sind." Er blickte auf, schaute Sho-sa Hidetoshi scharf an:"Sie verbürgen sich für die Richtigkeit der Angaben?" Der altgediente Infanterieoffizier zuckte leicht mit den Schultern.: "Es ist eine Nachricht der Yakuza. Sie ist im allgemeinen recht zuverlässig. Ich glaube nicht, das es ihnen was bringen würde, uns zu täuschen. Schließlich verdienen sie gut an uns. Wenn sie sagen, das diese Typen uns ans Leder wollen, dann wird das auch stimmen." Kenda betrachtete die Bilder der Reihe nach: "Mal schauen. Ein Seeker und ein Union. Das bedeutet, sie haben möglicherweise Luftunterstützung. Nach den Bildern würde ich sagen, wir können etwa mit einer Mechkompanie rechnen. An schwerem Kaliber ein Schütze, ein Kriegsbeil, ein Marodeur oder Marodeur II, ein Groß-Titan und ein Nemesis, also Clan-Tech. Der Rest sind mittlere und leichte Kaliber. Dazu ein paar schwere Fahrzeuge - ein Partisan und irgendetwas wie ein Schreck, ein Landhecht oder ein Fury, und ein paar leichte Maschinen. Das ist nicht allzuviel - aber es ist eine gefährliche Sache, wenn wir unverhofft über sie stolpern. Können Sie mir, abgesehen von den Fotos, noch was sagen?" Der Sho-sa verzog das Gesicht:" Das ist Nakamuras Aufgabe - die Sho-sa hat ja entsprechende Ausbildung." Nakamura straffte sich, als sie den Blick ihres Vorgesetzten spürte: "Melde, Herr Chu-sa, die Einheit firmiert unter dem Namen "Danton Chevaliers" - offenbar nach dem Chef der Truppe. Sie verfügt über ein kleines Infanteriekontingent und ist technisch autark, wie es aussieht. Nach allem, was wir wissen, ist sie stark gemischt, was die Herkunft der Soldaten angeht. Ein Verbindungsoffizier der VSDK ist auch dabei. Ich weiß nicht, ob sie im Clanraum weitere Verstärkung erwarten - andere Söldner etwa. Aber darauf deutet noch nichts hin, offenbar wollen die Bären es erst einmal mit dieser Bande versuchen. Ich vermute, das die Bären einige Wachunde, möglicherweise mit Mechs, mitschicken, denn sie dürften den Söldnern kaum trauen. Oder sie kombinieren sie mit einer ihrer Einheiten. Wahrscheinlich Solhama, oder blutige Neulinge, aber darauf kann man sich nicht verlassen." "Gute Arbeit." meinte Kenda: "Was sagen ihnen ihre Analysen über die Truppe und ihren Anführer?" "Der Kommandeur scheint ein erhebliches Selbstbewußtsein zu haben. Immerhin benannte er die Truppe nach seinem Namen. Das impliziert mehrere Dinge. Entweder er ist sehr reich und hat die Einheit finanziell aufgebaut. Dann könnte er sich so etwas leisten. Oder er kann sich auf die Loyalität seiner Leute verlassen und ist bei ihnen anerkannt. Oder er ist, wie bei solchen Elementen verbreitet, einfach sehr von sich selbst überzeugt. Arroganz und Überheblichkeit währen eine Mischung, die wir uns zunutze machen könnten. Allerdings kann ich dies noch nicht verifizieren. Die gemischte Zusammensetzung dürfte Konfliktpotential bergen. Schon bei der Komunikation kann so etwas von Nachteil sein - im Eifer des Gefechtes verfallen Soldaten oft in ihre Muttersprache, und das kann zu Verständnisproblemem führen. Es gibt auch Anzeichen, das es innere Spannungen gibt. Zum Beispiel mit dem Landungschiffkapitän, der wohl seine Nebengeschäfte hat. Aber darüber weiß ich noch nicht allzuviel. Die Disziplin scheint momentan recht gut zu sein - aber bei einer solchen Einheit währe zu vermuten, das ein hohes Level an Einsatzbereitschaft nicht lange zu halten ist!" Kenda leistete sich ein Grinsen - ein seltener Luxus: "Also zur perfekten Analyse fehlt nur noch die Farbe der Unterhosen des Söldnerchefs!" Nakamura stimmte in das Lachen der Offiziere ein. "Dennoch" meinte Kenda, wieder ernst werdend: "ich würde mich auf interen Spannungen nicht verlassen - nicht, ehe wir nicht genaueres wissen. Schließlich streite ich mich auch jeden zweiten Tag mit unserem ehrenwerten Piratenkapitän." "Verzeihen Sie, Chu-sa" meinte Hidetoshi: "aber sollte Chu-sa Torkilsson nicht an der Sitzung teilnehmen? Schließlich betrifft es auch ihn." Kenda knurrte etwas Undeutliches: "Ich zweifle nicht, das er das wesentliche schon weiß. Schließlich hat er anders als wir neben den Yaks noch andere Kontakte. Ich werde ihn nachher informieren, denn wir brauchen ihn." "Was gedenkt der Chu-sa mit den neuen Feinden zu machen?" fragte Nakamura. Kenda rieb sich das Kinn: "Der Chu-sa ist sich noch nicht sicher. Wir brauchen bessere Informationen. Lassen Sie horchen, auf welchem Planeten die Söldner aufkreuzen, und wo sie in Garnision liegen. Wir müssen genaueres wissen, bevor wir losschlagen." "Dann werden wir gegen sie kämpfen?" fragte Hidetoshi. "Abwarten. Erst einmal sehen, was wir über sie herausbekommen. Am liebsten würde ich ihnen einen Stoßtruppe auf den Hals hetzen, der ihnen nachts die Kehlen durchschneidet, und dann die Reste mit den Mechs erledigen. Wenn sie längere Zeit irgendwo in Garnision liegen... Bis dahin werden wir so tun, als wüßten wir von nichts. Ich würde sagen, wir führen den Angriff auf Porthos - eine Leichtwaffen- und Munitionsfabrik, wie Sie ja wissen - wie geplant durch. Außerdem sollten wir die dortige Chemieindustrie besuchen. Sie liefert uns Medikamente - die sind auf dem Schwarzmarkt wertvoll - und wenn wir sie zerstören, werden die Bären einige Probleme bekommen. Lassen Sie die Vorbereitungen weiterlaufen. Die "Chevaliers" werden noch eine Weile brauchen, bis sie zum Problem werden. Aber sie können sich zu einem echten entwickeln. Solange wir ihren Anführer nicht kennen, wissen wir verdammt wenig über ihre möglichen Taktiken, sie dürften weit beweglicher sein, als Bären. Lassen Sie also die Anstrengungen verdoppeln! Und sparen Sie nicht mit Geld. Ich werde in der Hinsicht auch mit unserem Verbündeten sprechen. Mal sehen, was der so rauskriegt. Je mehr wir wissen, desto einfacher wird eine Auseinandersetzung. Und sollten wir diese Söldlinge in die Finger bekommen - nun, wer sich an die Bären verkauft, der mag ihr Schicksal teilen! Und wenn die erste Söldnertruppe ein ebenso einprägsames wie tragisches Ende nimmt, werden die Bären uns künftig vieleicht nur mit ihren eigenen Leuten belästigen!"

Kenda rieb sich die Augen. Nach der Besprechung mit dem Piratenkapitän, der in der Tat bereits eigene Informationen gehabt hatte, hatte er sich noch mit den Planungen für den nächsten Überfall beschäftigt. Nun plagten ihn die Gedanken an die fremde Söldnereinheit. Er lächelte bei dem Gedanken, das sich seine Untergebenen abwechselten, ihn dazu aufzufordern, sich zur Ruhe zu begeben, damit er sich nicht über Gebühr anstrenge. Wenn er sich nicht täuschte, würde ihn heute Hidetoshi - der natürlich mit einer unwichtigen Kleinigkeit beschäftigt währe, und die Meinung seines Kommandeurs brauchte - an die vorgerrückte Stunde erinnern. Sicher wußten sie, das er ihr Spiel durchschaute. Aber in gewisser Weise hatten sie Recht. Andererseits - zum Schlafen würde es noch genug Zeit geben. Eine Ewigkeit - traumloser, endloser Schlaf. Ein Ende des Kampfes, der quälenden Erinnerungen, der Enttäuschungen. Einfach nur Stille...
Kenda riß sich aus den Gedanken an den eigenen Tod. Er hatte sich damit schon oft beschäftigt. Noch war es nicht Zeit, noch gab es so viel zu tun. Er würde weitermachen, würde weiterkämpfen, solange er noch konnte. Ihm blieb nur die Hoffnung, das andere dann sein Werk fortsetzen würden.

'Genug philosophiert!' rief er sich selbst zur Ordnung. 'Packen wir erst einmal dieses Problem an!' Alles lief auf ein Duell mit dem unbekannten Söldnerführer hinaus. Nicht ein Duell der Waffen - mit gelinder Verachtung erinnerte sich Kenda an die Geschichte von Yorinaga Kurita und seiner Feindschaft mit Oberst Kell. Ein Duell des Geistes vielmehr, wer den anderen übertölpeln würde. Der Überlegene würde Ort, Zeit und Umstände des Kampfes diktieren, und Kenda war entschlossen, als Sieger hervorzugehen. Zunächst würde er Infomationen sammeln, und den Gegner soweit als möglich ignorieren. Er würde ihm erst einmal aus dem Weg gehen. Und dann, wenn der Söldner sich sicher fühlte, irgendwo in einer ungünstigen Position war und Kendas Leute als einen Haufen feiger Piraten verachtete, dann würde Kenda zuschlagen. Ein harter, ein vernichtender Schlag. Mit Mechs oder geheuerten Mördern, mit Saboteuren oder Spengfallen. Kenda war nicht wählerisch, und er war entschlossen, jede Chance zu nutzen. Zum Schlafen hatte er noch genug Zeit, wenn er tot war. Bis dahin würde er kämpfen.
02.01.2003 11:25 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Einige Wochen später

Das laute Hämmern an seiner Tür ließ Kenda aufblicken. Er war eben damit beschäftigt gewesen, ein letztes Mal die Computerdateien zu überfliegen, die die Vorräte "seiner" Einheit zeigten. Viele "Krieger" übersahen die enorme Bedeutung, die Logistik hatte, aber Kenda gehörte gewiß nicht zu ihnen. Der Ronin war sich im klaren, wenn er seiner Truppen nicht eine akzeptable materielle Basis bot, würde er bald nicht mehr in der Lage sein, so frei wie bisher zu agieren. Dann würde er Ziele nach Notwendigkeit angreifen müssen, was bedeutete, das er berechenbar wurde. Und Berechenbarkeit war in einem Guerillakrieg nur eine nette Umschreibung für den Tod. Aber bisher lief der Nachschub ausgezeichnet. Seine Leute versorgten sich nicht nur über ihre Requirierungen, sondern auch über den Handel mit der Yakuza, und er hatte sogar gewisse Vorräte anlegen lassen. Er hatte jetzt - nur eine halbe Stunde vor dem Aufbruch zum nächsten Angriff auf Porthos - keinen Besuch erwartet. Nun, es würde sicher wichtig sein.

Auf sein "Herrein!" wurde die Tür hastig geöffnet. Überrascht zog Kenda die Augenbrauen hoch, als er erkannte, das sein Besucher Sho-sa Nakamura war. Die Offizierin befleißigte sich sonst untadliger Manieren und hielt sich geadezu penibel an das Protokoll, solange es ihr nicht im Wege stand. Diesmal aber schien sie es eilig zu haben. "Melde gehorsamst, Chu-sa, ich habe wichtige Neuigkeiten!" "Nun, das legt ihr Vorgehen nahe. Angesichts ihrer Aufregung muß es ja was besonders wichtiges sein. Ist ein Bären-Schlachtschiff auf dem Weg hierher oder ist Theodore endlich abgesetzt wurden?" Nakamura lief rot an - ihr war ihr Verhalten wohl ein wenig peinlich - aber als sie das leichte Lächeln Kendas bemerkte, entschloß sie sich, seine Worte nicht als harsche Zurechtweisung aufzufassen. Womit sie die richtige Entscheidung traf. "Den Göttern sei Dank nein im ersten, Bedauerlicherweise nein im zweiten Fall! Aber Kaptain Sazumi hat einige Neuigkeiten mitgebracht, die mir wichtig erscheinen!" Kaptain Sazumi war ein Händler der Yakuza, und er flog regelmäßig die Basis an, um Beute und Gefangene abzuholen, und Waffen, Munition, Ersatzteile aber auch große Mengen an Lebensmitteln und ähnlichem abzuliefern. "Lassen Sie hören!" "Ich melde, es betrifft unsere neuen Feinde! Sie sind offenbar auf dem Weg nach Thule, oder sie wollten dahin, als Sazumi sich auf den Weg machte. Inzwischen sollten sie eingetroffen sein." "Ist das sicher?" "Sicher, Chu-sa! Die Ansicht basiert nicht nur auf aufgeschnappten Aussagen, sondern auch auf einer Analyse der Ladung. Wie Sie wissen betreiben Landungsschiffkapitäne oft ihre kleinen Nebengeschäfte." (und ob Kenda das wußte - spätestens, seit nach Sazumis vorletztem Besuch offenbar ein paar Geishas im "zivilen Bereich" des Lagers - dort lebten die Angehörigen der Piraten und einiges Strandgut wie alternde Schmuggler und flüchtige Verbrecher - aufgetaucht waren, wohl auf Privatbestellung einiger Piraten und Soldaten, nun, der Ronin hatte es toleriert) "Die Betrachtung der Waren ergibt ein Bild, das eindeutig auf Thule hinweist. Es gibt zwar auch andere Planeten, die solche Dinge benötigen, aber sie liegen weitab unserer bisherigen Operationsgebiete. Wir können deshalb mit 80 % Wahrscheinlichkeit von Thule ausgehen. Und vermutlich wollen sie auch dort bleiben - vorerst. Aber bis wir was von Thule hören, können noch ein paar Wochen vergehen." "Thule, soso. Nun, dann sind sie ja in Logenposition für unsere Aktionen. Unangenehm. Ich vermute mal, Sie haben Sazumi schon die freundliche Bitte - und das noch freundlichere Geld - mitgegeben, die den Gumi von Thule ersucht, uns zu helfen?" "Hai, Chu-sa!" "Thule... Nun, wenn sie dicht bei uns sind, sind wir dich bei ihnen. Ich würde ihnen gerne einen kleinen Überraschungsbesuch abstatten, aber dazu brauchen wir Vorbereitung." "Verzeihen Sie, Chu-sa, aber das war noch nicht alles. Wir haben jetzt genauere Nachrichten über ihre Stärke! Sie verfügen neben den gesichteten Mechs über zwei Stukas - und soweit ich weiß, haben sie Begleitung durch einen Masakari und einen Mad Cat bekommen! Außerdem besitzen sie einen Reservemech, der möglciherweise einem Landungschiffkapitän gehört." Kenda sog zischend die Luft ein: "Verdammt! Damit sind sie deutlich mehr als ein Ärgernis! Ich kenne diese verdammten Stukas - die reißen einen schweren Mech mühelos in Stücke! Und dann noch zwei der tödlichsten Clan-Mechs überhaupt! Da will man uns ja wirklich ernsthaft ans Leder! Nun, eines ist klar - solche Kräfte können wir nicht überrennen. Nicht ohne erhebliche Verluste, und die kann ich mir nicht leisten!" Er betrachtete Nakamura mit einem düsteren Blick: "In alten Zeiten hätte man Sie hingerichtet, Sie Unheilskünderin!" Die Offizierin grinste - sie wußte, das ihr Kommandeur es nicht ernst meinte. "Nun, vieleicht schiebt der Chu-sa die Hinrichtung noch ein wenig auf. Einige andere Nachrichten sind erfreulicher. Diese Chevaliers scheinen intern einige Probleme zu haben. Zum einen ist die Disziplin schon nicht mehr so streng, wie am Anfang - es gab da einige Zwischenfälle auf Wolcott. Und zum anderen scheint der eine Landungsschiffkapitän - Mustafa Al Hara Ibn Bey - einige Probleme mit dem Kommandeur zu haben. Wohl wegen seiner privaten Nebengeschäfte, dabei geht es nicht mal um Frauen" (auch Nakamura wußte über Sazumis Aktion Bescheid) "der Chevalierschef scheint ihm die Art der Verteilung übelzunehmen, offenbar bevorzugt der Arab seine Landsleute. Er hat zunächst die Ladung sperren lassen und erst nach langem Gezeter was freigegeben." Kenda blickte verwundert auf. "Das ist der Grund? Scheint mir aber ein bischen wenig. Schließlich dürfte Danton kein Draconier sein!" "Nun, vieleicht geht es um die üblichen Machtspielchen in einer Söldnereinheit - außerdem soll es religiöse Differenzen geben. Danton ist wohl Christ" - bei diesen Worten lag leichte Verachtung in Nakamuras Stimme, denn ein Gutteil der Christen auf den besetzten Welten hatte die frühere Politik des Kombinats mit Kollaboration honoriert, in der Hoffnung, die Clans währen großzügiger - "und der Arab ist Moslem. Offenbar spielt Danton mit dem Gedanken, seine Einheit ins "Dantons Crusaders" umzubenennen. Jedenfalls soll es Streit geben." "Interessant. Das könnte nützlich sein. Allerdings - überschätzen würde ich es nicht. Selbst wenn der Kaptain wütend auf den Kommandeur ist, so muß der Streit nicht so tief gehen, das es uns was bringt. Aber vieleicht kann die Yakuza was aus ihm rausholen. Das Problem ist nur..." Nakamura vervollständigte die Gedanken ihres Vorgesetzten: "Das Problem ist nur, wie weit kann man ihm trauen. Er könnte leicht auf den Gedanken kommen, bei uns UND bei Danton abzukassieren, indem er den Yaks Informationen verkauft, und Danton die Information über die Informationen. Wer einmal eine Geschäftspartner verrät, wird es wieder tun, und diese Menschen dienen nur sich selbst und ihrem Geldbeutel. Außerdem könnte für ihn längere Zusammenarbeit mit Danton nützlich sein, nützlicher als wir jedenfalls." "Exakt! Das will wohlüberlegt sein. Warten wir erst mal ab, wie sie auf unseren kleinen Besuch auf Porthos reagieren. Dann sehen wir weiter." "Wenn der Chu-sa erlaubt, ich habe noch einige Kleinigkeiten. Bei den Clan-Verbindungsleuten handelt es sich um einen Mann und eine Frau. Dazu ein Tech-Paar in derselben Mischung. Die Kriegerin ist ein Frischling, der mit der Nase fast an die Wolken stößt und in uns vermutlich so etwas wie überdimensionale Kakerlaken sieht. Der Mann - ein Sternenkapitän - ist schon ein ziemliches Fossil, knapp an der Grenze zur Solhama, würde ich sagen. Er scheint wesentlich ruhiger." "Nette Informationen. Woher haben Sie die?" Nakamura schnaubte, riß sich dann aber zusammen: "Wenn sich auf Wolcott zwei Claner rumtreiben, dann wissen spätestens fünf Minuten nach ihrer Ankunft alle Techs auf dem Planeten bescheid, und in den Abendnachrichten gegen sie bekannt, ob einer von ihnen Schweißfüße hat! Auf dem Planeten könne Claner keine fünf Meter gehen, ohne von fünfzig Augen begutachtet zu werden. Die Mechkriegerin hat sich den Hafenarbeitern gegenüber so überzeugend aufgeführt, das kann kein Schauspiel sein, und außerdem wissen die Leute auf Wolcott eine Menge über die Müllgeburten. Schließlich sind sie seit einem Dutzend Jahre Frontplanet. An Geheimhaltung ist da nicht zu denken. War übrigens kein kluger Zug unserer Gegner, sich schon dort mit ihren Aufpassern zu treffen - die Wolcotter mögen die Clans noch weniger als viele andere. Aber jetzt wissen wir wenigstens Bescheid." "Ausgezeichnet. Mir währe aber eine umgedrehte Rollenverteilung lieber - wenn der Frischling Offizier währe. Aber wenn es nach unseren Wünschen ginge..." "Was werden wir nun tun?" "WIR tun erst einmal gar nichts - nichts Besonderes. Wir sind ganz einfache Piraten und Ronin, und greifen Porthos an. Und wir haben kein Interesse an einer Schießerei mit einer so schweren Einheit. Wir lassen erst mal unsere Freude horchen. Dann sehen wir weiter. Der Feind hat ne ganz schöne Menge an Schwergewichten - ich würde mich vorsehen, ehe ich ihn stelle. Wir werden sie beobachten, eine Schwäche suchen und dann..." blitzartig ballte Kenda die Faust: "werden wir zuschlagen! Wie der Blitz aus heiterem Himmel! Wir müssen bloß aufpassen, das wir nicht unvermutet über sie stolpern. Nun, das sollte sich machen lassen. Schließlich, selbst wenn sie auf demselben Planeten währen wie wir, durch unsere Taktik, auch sekundäre und nichtmilitärische Ziele anzugreifen, dürften sie es schwer haben, vorbereitet zu sein. Aber genug davon! Porthos wartet nicht!" "Jawohl, Chu-sa!" bellte Nakamura, salutierte zackig, wirbelte herum und verließ das Zimmer. in der Tür ließ sie die Stimme Kendas innehalten: "Und, Sho-sa, ausgezeichnete Arbeit. Sie sind eine hervorragende Offizierin!" Der Chu-sa konnte erkennen, das Nakamura rot wurde und lächelte. Dann begann er, die Einsatzuniform anzulegen. Porthos erwartete ihn...

Ende
02.01.2003 11:26 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Die List des Drachen

Mit einem letzten berstenden Krachen stürzten die tragenden Pfeiler ein. Donnernd kam die Decke herunter. Eine gewaltige Staubwolke wurde vom Luftdruck nach außen gepresst und nahm Kenda für einen Augenblick die Sicht. Mit einer schnellen Bewegung schaltete er auf IR-Sicht um, was freilich nicht allzuviel half. Langsam bewegte er seinen fast blinden Mech rückwärts. Schließlich lichtete sich der Staubvorhang. Regungslos betrachtete der Ronin die Ruine, die früher das Hauptgebäude von Porthos-Chemie gewesen war. Hier waren Arzneimittel hergestellt worden, aber auch Haushalts- und Industriechemikalien, Treibstoff und ähnliches. Jetzt war das Chemiewerk kaum noch als Gebäudekomplex zu erkennen. Nur die Lagerschuppen standen noch - aber auch die waren zur Sprengung vorbereitet. Der Ronin hatte die Zerstörung intelligent geleitet. Wo es ging, hatte er seine Mechs Energiewaffen einsetzen lassen, um Munition zu sparen. Die Sprengungen würden das Werk vollenden, und das Gebiet auf Jahre verseuchen. Nun, hier würden die Bären jedenfalls nicht mehr so schnell etwas produzieren. Kenda war sich im Klaren, das das Werk auch für die Bevölkerung von Porthos und anderen besetzten Welten gearbeitet hatte, aber dies kümmerte ihn wenig. Wenn die Bären nicht in der Lage wären, die Zivilisten zu versorgen, würde die Unzufriedenheit wachsen. Sicher würde man ihn kaum segnen, aber viele Menschen sahen in den Clans immer noch Besatzer, und wo es ging, suchten sie die Schuldigen bei ihnen. Wenn die Bären das Werk aber neu errichten wollten, würden sie einiges an Kapital investieren müssen, nicht anders , wenn sie die fehlenden Güter von anderen Welten einfliegen würden. Und Kenda genoß jeden Schmerz, sei er noch so gering, den er den Clans zufügen konnte. Wozu auch die Zerstörung der Klein- und Infanteriewaffenfabrik gehörte, die in relativer Nachbarschaft zum Chemiewerk gelegen hatte. Von ihrem Gelände klangen in schneller Folge Explosionen herüber - Sho-sa Hidetoshi war offenbar nicht müßig. Alles in allem konnte Kenda zufrieden sein. Der Widerstand war gering gewesen - seine Wahllosigkeit, was Ziele anging, machte es nahezu unmöglich, alle zu schützen. Außerdem griff er nur an, wenn er zumindest einige Informationen hatte - Lehren aus seinem ersten Kampf gegen die Clans in diesem aussichtslosen Kreuzzug gegen die Geisterbären. Er öffnete einen Funkkanal: "Statusbericht."

Die Stimme seiner Stellvertreterin klang so gelassen wie immer - fast schon zu ruhig: "Beute und Sklaven übernommen. Zerstörung abgeschlossen oder auf Abruf bereit." "Genaue Zahlen?" "Melde: 83 Sklaven, überwiegend Chemie- und Waffentechniker. 100 Tonnen Chemikalien - Rohstoffe, komerzieller Sprengstoff, Arzneimittel. Dazu 1000 Tonnen synthetischer Treibstoff - damit sind unsere Panzer und Raumschiffe erst einmal versorgt. 500 Tonnen Waffen und Munition, geschätzt - das genaue Gewicht kenne ich nocht nicht. Darunter einige hundert Waffen Clan-Tech, und zwar überwiegend Handfeuerwaffen, dazu kommen einige Unterstützungmodelle. Ausgesondert: 23 Milizionäre, 9 Solhama-Infanteristen, 64 höherrangige Techniker und Arbeiter, 17 Angehörige der Technikerkaste, 15 Angehörige der Händlerkaste und 8 Wissenschaftler. Ebenfalls vorbereitet." Kenda zögerte keine Sekunde: "Fortfahren! Befehl wird ausgeführt!" "Ich bitte den Chu-sa..." "Schweigen Sie, Nakamura! Sie haben nichts zu bitten! Mitleid ist eine noble Geste, die wir uns nicht leisten können! BEFEHL AUSFÜHREN! Oder wollen Sie eine Weitergabe VERWEIGERN?" Eine Augenblick schwieg die junge Offiziern. Ihre Stimme klang gepresst: "Befehl wird ausgeführt!" "Kenda Ende!"

Sho-sa Nakamura verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. Sie hasst die Scharade, die sie mit Kenda aufführte. Ihre Wange brannte immer noch an der Stelle, wo Kende sie geohrfeigt hatte, als sie ihm Vorhaltungen wegen der Gefangenen gemacht hatte - er hatte sie öffentlich vor den zusammengetriebenen Arbeitern zurechtgestutzt, als sie anlässlich der Aussonderung einiger Leute protestierte. Es war nicht der Schmerz, der ihr Unbehagen bereitete. Auch nicht so sehr, daß einige Soldaten sie als zu weichherzig ansahen. Sie hasste den geheimen Hintergedanken, der hinter dem Schauspiel steckte. Kenda ließ sie die Offizierin mit Gewissen spielen, und er sorgte dafür, daß es genug Zeugen gab. In Wirklichkeit hatte sie gegen das harte, ja grausame Vorgehen des Ronin keine Einwände. Auf ihre Leute, auf ihren Vorgesetzten, zu dem sie aufsah, auf ihren Kameraden Hidetoshi, den sie als tapferen Soldaten schätzte - auf sie alle wartete der Tod. Der Befehl Theodores, Rächer und Ronin zu eleminieren, war bekannt, und sie würde ebensowenig Gnade gewähren, wie sie zu erwarten hatte. Aber Kenda hatte ihr befohlen, dieses Theater zu verantstalten, damit sie im Falle einer Vernichtung der Guerillatruppe in Gefangenschaft gehen konnte. Er würde sie in den Aussagen der Augenzeugen als eine Offizierin darstellen, die nur Krieg gegen Bewaffnete führen wollte - in der Hoffnung, man würde sie verschonen. Deshalb ließ er sie protestieren, wieß sie zurecht, und diesmal hatte er sie sogar geschlagen. Nur sie beide wußten, das es nur Schein war. Was Nakamura an dem Theater hasste, war das darin liegende Eingeständnis der Niederlage. Kenda traf Vorbereitungen für eine Zerschlagung seiner Truppe, nicht, als ob die Gefahr bestünde, sondern eher im sicheren Bewußtsein des nahenden Endes. Und das war es, was Nakamura Schwierigkeiten bereitete. Rationell gesehen wußte sie, daß für die Ronin die Zeit abgezählt war. Sie würden nicht ewig entkommen, und eine Zuflucht gab es nicht. Im Kombinat wie bei den Clans drohte ihnen der Tod. Ihr Eid und ihr Haß ließ ihnen aber auch nicht die Möglichkeit, den Kampf einfach einzustellen. Aber tief im Innersten hoffte die junge Frau immer noch, ein Wunder könnte geschehen, und ihr und ihren Leuten die Rückkehr als Helden ermöglichen. Manchmal träumte sie davon. Doch wenn Kenda ihr befahl, ihre Rolle zu spielen, dann zerstoben alle Träume zu Nichts. Dann wußte sie, sie war vorgesehen zum Überleben - ihre Kamderaden, auch Kenda selber, hingegen zum Tod. Frustriert ballte sie die Fäuste. Ihr blieb nichts als Gehorsam. Wenn Kenda wollte, daß sie überlebte, um den Kampf fortzusetzen, würde sie den Befehl befolgen. Wenn er ihr befahl, sich und ihren Gegner mit einer Reaktorexplosion zu vernichten, würde sie ebenfalls nicht zögern. Mit einem verbitterten Fluch stellte sie den Kontakt zu den Infanteristen her: "Verfahren nach Befehl!" Das Hämmern der Maschienenpistolen war bis zu ihrem Mech zu hören. Es dauerte nicht lange an.

"Vorwärts! Weitergehen! Vorwärts, ihr Schweine!" Mit Kolbenhieben trieben die Soldaten die Arbeiter, die weder ausgesondert noch als Sklaven ausgewählt worden waren, an. Kenda hatte befohlen, ihnen eine kleine Lektion zu erteilen. Sie hatten der Exekution der Gefangenen zusehen müssen, der Zerstörung der Häuser der Getöteten, wobei man den Familien nicht einmal eine Viertelstunde gegeben hatte, ihre Wohungen zu räumen. Außer dem nackten Leben hatten diese alles verloren, dazu kam der Schmerz um die Getöteten. Mit den anderen Gefangenen war Kenda nicht ganz so hart umgesprungen - aber die Vernichtung ihres Arbeitsplatzes stellte auch sie vor ein Nichts. Und nun trieben die Soldaten sie an - mit kurzen Haumessern und Äxten mußten sie die Leichen, ob im Kampf gefallen oder exekutiert, enthaupten, die Körper zu einem Haufen zerren, die Köpfe zu einem andern. Schläge und Flüche trieben sie an. Ein Arbeiter war mit dem Beil auf einen Soldaten losgegangen - sein Körper, enthauptet und von zahllosen Kugeln durchsiebt, hinterließ eine blutige Schleifspur. In einem Guerillakrieg gab es kein Erbarmen, und Kenda hatte diese Lektion nur zu gut beherzigt.

Der Ronin betrachtete das blutige Werk, ohne auch nur eine Spur von Reue zu empfinden. Mitleid mit diesem Feind und seinen Helfern kannte er nicht - wer für die Clans arbeitete, war in seinen Augen ein Kollaborateur. Er konnte den Tod der Rächer nicht vergessen, nicht den Tod unzähliger Soldaten, die bei der Verteidigung der Kombinatswelten gefallen war. Wer ihr Andenken beschmutzte, wer dem Feind half, der verdiente nach Kendas Ansicht keine Gnade. Und inzwischen war ihm das Töten zur Gewohnheit geworden. Ihn belastete es weit mehr, das er seine Untergebene in den Augen seiner Soldaten herabsetzte. Aber er wußte, sie war zäh genug, das Spiel mitzuspielen - auch nach ihrer Gefangennahme - und den Kampf fortzusetzen. Kenda lachte bitter. Er war bereits tot - er und seine Soldaten - aber der Zeitpunkt, an dem er sterben würde, war noch nicht gekommen. Und bis dahin würde er den Geisterbären und ihre Lakaien noch so manche Wunde zufügen. Sollten sie doch merken, was Krieg bedeutete! Solange Kenda lebte, würden sie in diesem Sektor wenig Freude und keinen Frieden haben. Alles andere war unwichtig. "An alle - wir rücken ab! Gute Arbeit - wir haben dem Bären mal wieder das Fell versengt!" Und bei sich dachte er: Mal sehen, wie das dem Söldnerhauptmann schmeckt. Je mehr ich zerstöre, desto mehr wird er unter Druck geraten. Und wenn ich ihn schlagen kann - und wenn er unter Druck gerät, wird er Fehler machen, und Fehler sind in diesem Spiel tödlich - dann werde ich den Bären mit den eroberten Mechs noch so manche Ungelegenheit bereiten. Nun, Danton, mal sehen, wie dir diese kleine Überraschung gefällt! Mit besten Grüßen vom Piraten!

Hinter den Ronin blieben Trümmer zurück, Tod und Verzweiflung. Sie hatten wie der Blitz zugeschlagen, wie eine Sturmflut Vernichtung gesäht - grausam wie die See. Solange sie lebten, würden sie kämpfen, gleichgültig, wieviel Leid das bedeuten würde. Es gab für sie nichts anderes.

Ende
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Cattaneo
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Der Drache stellt sich

Die Basis der Ronin, etliche Wochen nach dem Angriff auf Porthos

Torkilsson machte sich Sorgen. Das war an und für sich nichts Ungewöhnliches – als Kapitän einer Piratenbande, die sich ausgerechnet das Territorium eines der Clans als Jagdgebiet ausgesucht hatte, mußte er sich eigentlich immer Gedanken machen. Und selbst wenn dies weggefallen wäre – seine lieben „Kinderchen“ reichten auch allein schon aus, einem weitaus phlegmatischeren Mann schlaflose Nächte zu bereiten. Ständig galt es Streit zu schlichten, darauf achtzugeben, ob nicht einer Kapitänsallüren entwickelte, die Moral (nun, sicher nicht die sittliche, wohl aber die Kampf- und Einsatzmoral) im Auge zu behalten, dazu noch die liebe Konkurrenz nicht zu vergessen. Dann hieß es noch, immer einen gute Hehler an der Angel zu haben, Spione waren auch nicht schlecht, und so weiter und so weiter... Piratenkapitän zu sein war wahrhaftig kein leichtes Brot. Aber nicht diese normalen Probleme waren es, die dem alten Veteranen Kopfzerbrechen bereiteten.

Er spürte es, spürte es mit jeder Faser seines Körpers, daß seine Truppe dabei war, sich zu verändern. Eine Veränderung, die fatale Folgen haben konnte. Mehr und mehr, unmerklich nur, aber mit konstanter Geschwindigkeit, verlor er an Einfluß. Und er wußte auch, woran das lag, und wem er es zu verdanken hatte. Wie ein Glücksfall war es ihm zunächst erschienen, als er seine Einheit mit den versprengten Ronin hatte verstärken können. Auch wenn er nur zu gut wußte, daß hinter der ewigen Selbstbeweihräucherung der sogenannten „Herren des Schlachtfelds“ – der Mechkrieger – weit weniger steckte, als es den Anschein hatte, so waren fast anderthalb Dutzend relativ moderner Battlemechs eine Unterstützung gewesen, die die Schlagkraft seiner Einheit fast verdreifachten. Mit so einer Streitmacht konnte man Ziele angreifen, denen die alten Schwebepanzer, mit denen er sich gut ein Dutzend Jahre ganz passabel über Wasser hatte halten können, tunlichst ferngeblieben waren. Und die Infanterie der Ronin war – gut geschult und mit erstklassigen Offizieren – eine nicht minder willkommene Verstärkung. Damals hatte er sich in der Sicherheit gewiegt, zur Not immer am längeren Hebel zu sitzen – hatte er doch einen Stützpunkt, zwei Landungsschiffe und vor allem ein Sprungschiff zu bieten gehabt. Wie Juniorpartner hatten sich dagegen die Ronin unter diesem Anatoli Kenda ausgenommen – sicher, ihre Mechs und ein Union, aber kaum Nachschub und vor allem keinen Schlupfwinkel. Nun, er hatte sich verrechnet – und zwar gründlich.

Zu spät war ihm klar geworden, daß ein solcher Pakt schwerer zu kündigen als zu schließen war. Seine Piraten hatten das süße Gefühl genossen, einmal nicht beim kleinsten Anzeichen von Clantruppen oder einer feindlichen Panzerpatrouille türmen zu müssen, und dabei noch Gewinne einzufahren, die in der gleichen Zeit das Doppelte, Dreifache und Vierfache einbrachten. Sie lebten im Heute, und wenn sie gute Beute machen konnten, war ihnen weitestgehend egal, ob die Ronin bei der Gelegenheit feindliche Gefangene exekutierten oder die Zivilbevölkerung nach Kollaborateuren durchsiebten, um ihnen den (kurzen) Prozeß zu machen. Was kümmerte es sie schon, daß damit der Clan Geisterbär gereizt wurde? Zehn Jahre und mehr hatten sie schon ihr Geschäft betrieben, und dabei vor allem gelernt, daß der Bär stark, aber nicht sehr schnell und schon gar nicht präzise war. Sie sahen nicht, wollten und konnten es nicht sehen, daß die Aktionen Kendas weit mehr waren als alltägliche Grausamkeiten, wie sie so mancher Piratenkapitän begangen hatte. Denn anders als ähnliche, und oft noch schlimmere, Übergriffe von Kriminellen war bei den Ronin zu erkennen, daß sie einen Krieg führten, und daß es ihnen ernst damit war. Und deshalb würden die Geisterbären reagieren müssen. Kenda hatte also die Piraten zuerst von sich abhängig gemacht – einmal an Federbetten gewöhnt, wollten sie keinesfalls wieder zu den fauligen Matratzen zurückkehren. Aber das war nur ein Angriff auf Torkilssons Autorität gewesen. So schon schlimm genug – denn er konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen, ohne eine Absetzung zu riskieren. Piratenbanden waren die einzigen Einheiten, die demokratisch funktionierten, und wenn der rothaarige Rasalhager auch außerhalb des Gefechts so einen Respekt bei seinen Männern genoß, dann nur wegen seiner Stärke, seiner Hinterlist und seiner Erfahrung – unangreifbar war er noch lange nicht. Und das wußte er.

Als schlimmer, und weitaus gefährlicher, hatte sich Kendas zweite Strategie erwiesen. Der Ronin hatte die Piraten beobachtet, und als er genug wußte, hatte er zugeschlagen. Wie ein Attentäter, der genau Maß nimmt, hatte er den verwundbaren Punkt in ihrer Seele – neben ihrer Gier nach Reichtum – erkannt, und ihn sich zunutze gemacht. Torkilsson hatte nie versucht, seine Männer und Frauen wirklich auf sich einzuschwören. Er hatte auf ihre Vernunft, ihren Selbsterhaltungstrieb und ihre Gier gesetzt, und war so in seiner Bande länger Kapitän gewesen, als die weitaus meisten Anführer. Aber Kenda hatte ihn ausmanövriert. Die Habgier, die für den alten Kapitän sprach, hatte er für seine Zwecke eingespannt – und ihre Vernunft und ihren Selbsterhaltungstrieb hatte er ausgeschaltet, indem er an ihre Herzen appelliert hatte. Es war „Erik dem Roten“ nie ganz klar gewesen, was gut die Hälfte der Frauen und Männer in seiner Crew an emotionalem Ballast mit sich herumschleppten. Kenda aber, in langen Jahren dafür gedrillt und wohl auch in einer ähnlichen Verfassung wie sie, hatte erkannt, wo er Druck ausüben mußte. Er hatte ihnen Rache geboten, Rache an den Clans. Rache dafür, daß man sie von ihren Welten vertrieben hatte – viele waren erst durch die Invasion zu den „Haien des Weltaums“ gestoßen. Rache für die Trennung von ihren Familien. Rache für alle Freunde und Verwandten, geliebte Menschen, die sie bei der Eroberung, bei späteren Kämpfen, bei Unruhen, Aufständen und den brutalen summarischen Strafaktionen der Besatzer verloren hatten. Rache für mehr als zehn Jahre Sich-Verstecken, für Heimatlosigkeit, für Demütigungen und Schmerzen. Er hatte ihnen das Gefühl gegeben, für etwas Besonderes zu kämpfen – eine bessere Zukunft, für sich, und für ihre Kinder. Torkilsson wußte, nicht alle seiner Leute waren Berufsverbrecher. Viele waren einfach nur im Rahmen der Krieges auf die schiefe Bahn gekommen, hatten anderswo keine Zuflucht gefunden. Ehe sie es sich versahen, standen sie auf der falschen Seite des Gesetzes. Manche hatten sich auch von ihren Herren enttäuscht gesehen – den Helden früherer Kriege, die jetzt vor den Clans zu Kreuze krochen und verschenkten, wofür unzählige Soldaten geopfert worden waren. Es war kein Berg von Haß, Verbitterung und Schmerz gewesen, den die Invasion und die Jahre der Besatzung in vielen aufgetürmt hatten – es waren ganze Felsmassive. Und genau das hatte der hinterlistige Ronin erkannt. Hatte es erkannt und ausgenutzt. Er hatte ihren Haß sich freie Bahn brechen lassen, hatte ihnen vom süßen Geschmack des Feindblutes zu kosten gegeben, hatte ihnen vorgeführt, was für ein berauschendes Gefühl es war, den Feind fliehen zu sehen, ihm Schmerzen zuzufügen, ihn bluten zu lassen, es ihm endlich heimzuzahlen. Und sie hatten es genossen. Er hatte den Damm brechen lassen, den sie in sich errichtet hatten, und hatte die Flut für seine Zwecke zu lenken gewußt. Und so waren sie ihrem alten Kapitän entglitten. Das Gefühl des Triumphes, die Erkenntnis, daß der Feind verwundbar, daß man ihn schlagen, verletzten konnte – dies hatte die Vernunft beiseite gespült, die Stimme der Selbsterhaltung überschrien.

Nicht nur die Draconier in seiner Mannschaft, auch viele Rasalhager hatten dem Spiel des Rattenfängers nicht widerstehen können – und es auch gar nicht gewollt. Und wenn der sie erst einmal hatte, dann gab er sie nicht mehr her. Dann formte er sie nach seinem Bild, behutsam, mit Bedacht, doch mitunter sehr schnell. Bis sie ebenso fanatisch waren wie seine Männer. Schon jetzt war gut ein Drittel der Infanterie kaum noch als zuverlässig zu betrachten. Und was die Panzerfahrer anging, da konnte er sich ausrechnen, wann die Zahl derer, die sich im äußersten Notfall für Kenda entscheiden würden – auch, wenn dies ihren Tod zu Folge hätte – größer war als die der Zuverlässigen. Lediglich bei den nichtkämpfenden Diensten – Raummatrosen, Techs und ähnliches – war er sich seiner Sache noch sicher, da sie zumindest vor Kendas Propaganda relativ sicher waren. Aber selbst bei ihnen konnte er sich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen.

Früher oder später mußte das in einer Katastrophe enden. Torkilsson wußte nur zu gut, wie teuer die Handvoll Mechs und Panzer, auf die Kenda zurückgreifen konnte, den Bären in den letzten Monaten zu stehen gekommen waren. Nicht nur was das reine „body count“ anging, auch wenn dies sich schon eindrucksvoll genug ausnahm. Vor allem hatten die Schläge das Image der Besatzer auf den betroffenen Welten nachhaltig geschädigt. Kenda hatte Kollaborateure exekutieren lassen, und die lokalen Widerstandsgruppen mit Waffen, Nachschub und Instrukteuren versorgt. Natürlich würde es niemals reichen, die Bären zu vertreiben. Aber ihre Lakaien hatten deutlich demonstriert bekommen, was ihnen blühte. Und es war zu erwarten, das sich nicht so schnell neue Vorarbeiter, Mastertechs und Milizionäre finden würden. All das – und die enormen materiellen Schäden – würde die Bären einfach zu einer machtvollen Antwort zwingen. Sie konnten nicht hinnehmen, in ihrer neuen Heimat von einer abgerissenen Bande Guerilleros vorgeführt zu werden. Sicher behinderte ihre Indoktrination den massierten Einsatz von Frontlinietruppen – und der fragile Frieden mit dem Kombinat verhinderte eine Entblößung ihrer anderen Kolonien, um starke Garnisionsverbände einzusetzen. Aber wenn man auf Alshain offenbar nicht bereit war, zuzugeben, wie unangenehm Kenda geworden war – untätig blieb man deshalb nicht. Der Umstand, daß man bereit war, Kombinatssöldner mit der Jagd auf die Ronin zu betrauen, sprach Bände. Auch darüber, wie verärgert der Drachen war – oder wie sehr an einem Auskommen mit den Clans interessiert. Torkilsson war überzeugt, selbst wenn es glücken sollte, diese Söldnerbande auszuschalten, würde die nächste Aktion nicht auf sich warten lassen. Kenda war für die Clans inakzeptabel – und der Piratenkapitän wußte, daß in solchen Fällen galt: Mitgegangen, Mitgefangen, Mitgehangen. Er hatte den Pakt mit seinem Blut unterzeichnet, und wußte, nur zu bald würde er eingefordert werden. Und nichts hatte er weniger vor hinzunehmen, als dies. Er schmunzelte grimmig. Der Teufel sollte nur kommen! Für sich, für die Zivilisten der Piraten und alle seiner Leute, die noch halbwegs vernünftig waren, hatte der alte Erik ein kleines Hintertürchen geschaffen. Und er hatte dafür gesorgt, daß seine Leute sich ihre Finger nicht in dem Maße schmutzig gemacht hatten, wie Kendas Truppen. Er hatte sie – mühsam – aus den Strafaktionen des ehemaligen Pesht-Soldaten herausgehalten. Und die Gefangenenquartiere waren voll – alles war vorbereitet.

Bis es aber soweit war (und bei aller Abneigung gegen Kenda und seinen gnadenlosen Fanatismus hoffte er, es würde noch lange nicht an der Zeit sein) würde er bittere Miene zum bösen Spiel machen. Allzu großes Entgegenkommen würde den Ronin nur mißtrauisch machen. Und während er sich auf den Weg in die Kommandozentrale machte, fragte er sich, was Kenda diesmal von ihm verlangen würde. Da kürzlich erst Kapitän Sazumi eingetroffen war – um Gefangene und Beutegut abzuholen, und Unmassen von Nachschub und Informationen zurückzulassen – vermutete er, es ging um eine neue Angriffsaktion. Oder um die auf sie angesetzten Söldner. Was es auch war, eine angenehme Überraschung bestimmt nicht. Aber er hatte keine Wahl. Also sorgte er dafür, das seine Miene einen Anblick bot, der zwischen Verdrossenheit und cholerischer Wut zu schwanken schien – das Bild vom polternden, unbedachten Piratenkapitän hatte er sorgfältig kultiviert und es hatte ihm stets gute Dienste geleistet, er machte sich freilich wenig Hoffnung, daß sich Kenda oder seine Offiziere davon täuschen ließen – und wappnete sich auf das Kommende.
02.01.2003 11:29 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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An den salutierenden Wachen vorbei betrat Torkilsson die Kommandozentrale. Wie so oft hatte er das untrügliche Gefühl, daß das Schweigen bei seinem Eintreten keineswegs Höflichkeit war, sondern daraus resultierte, daß man das vorherige Gesprächsthema nicht in seiner Gegenwart zu erörtern gedachte. Er nahm sich Zeit, die Wartenden zu mustern.

Anatoli Kenda, Mitte 50, drahtig, durchtrainiert und verschlossen, Vollblutdraconier. Ein hoch intelligenter und begabter Offizier, ausgezeichneter Menschenführer und Guerillakämpfer der Sonderklasse. Dazu absolut fanatisch, skrupellos und ohne jedes Mitleid gegen alle, die Feinde und Verräter des Draconis-Kombinats waren.
Kurogane Hidetoshi, selbes Alter, kräftig und muskulös. Altgedienter Infanterieoffizier mit der Zeug zum erstklassigen Ausbilder. Und, wie sein Vorgesetzter, eiskalt und fanatisch. Ein Knochenbrecher, der nicht einmal mit der Wimper zuckte, wenn er jeden zehnten Zivilisten zur Erschießung schickte, und nie die Beherrschung verlor.
Schließlich Tomiko Nakamura. Deutlich unter 30, schlank und gelenkig – und von einer Ausdauer und Durchsetzungskraft, die Respekt abnötigte, weit jenseits ihrer Jahre. Sie war die Einzige, die gelegentlich Zweifel am brutalen Vorgehen der Ronin geäußert hatte, auch gegenüber ihren Vorgesetzten. Torkillson hatte überlegt, ob er sich mit ihr vielleicht zusammentun sollte. Aber ihm war klar, daß sie immer noch ein gehorsame Untergebene war, und er konnte das Risiko nicht eingehen, daß sie ihn verriet. Auch wenn sie einzelne Gefangene vor der Erschießung bewahrt hatte, definitive Befehle hatte sie immer ausgeführt. Und wie er die Dracs kannte, dann machte derselbe Ehrenkodex, der sie dazu brachte, gelegentlich Kritik zu äußern, die Schläge wohl auch mal abzumildern, sie immun gegen jeden Verrat.

Schweigend erhoben sich die drei Draconier von ihren Sitzen und verneigten sich. Kenda etwas weniger tief als seine beiden Untergebenen. Torkilsson mußte eine Grimasse unterdrücken. Immer diese Schlangen mit ihren Ehrenritualen und ihrem verdammten Formalitäten. Doch er konnte sich denken, daß dies zu Kendas Spielchen gehörte, und er würde ihm nicht die Genugtuung eines Sieges gönnen. Also verbeugte er sich formvollendet erst vor dem Chu-sa, dann vor den beiden Sho-sa und nahm schweigend Platz. Er fragte sich, ob der Ronin ihm heute wieder eine halbe Stunde Belanglosigkeiten zumuten würde, ehe er zur Sache kam. Bei unwichtigeren Dingen machte er dies mitunter, um Torkilssons Geduld auszuloten. Aber nein, diesmal schien es wichtig zu sein.

„Es gibt wichtige Neuigkeiten.“ Die Stimme Kendas klang ruhig, beherrscht. So wie er sprach, war nicht zu ersehen, ob es sich um den Ausbruch des nächsten Krieges Sternenbund gegen die Clans, eine drohende Meuterei oder die Manifestation eines Kami im Piratenlager handelte. „ Kapitän Sazumi hat die Informationen mitgebracht, um die wir die Yakuza und die Guerilla auf Thule gebeten hatten.“ Torkilsson begegnete dem Blick des Ronin. Ihm schwante Übles: „Das heißt...“ „Das heißt“ fiel Kenda ihm ins Wort: „daß wir nun einiges Genauere über unsere nächsten Gegner erfahren haben. So viel, daß wir daran denken sollten, uns mit ihnen zu befassen.“ Der Pirat verzog das Gesicht unwillig: „Geht das nicht ein wenig schnell? Ich sollte ja wohl die Nachrichten erst selber hören, bevor WIR entscheiden, was zu tun ist.“ Der Ronin lächelte dünn: „Selbstverständlich. Sho-sa Nakamura ist ja unsere Nachrichtenoffizierin. Sie hat die Informationen ausgewertet.“ Er nickte der jungen Draconierin zu, die nun aufstand und Haltung annahm: „Alle unsere Informationen über die Söldnereinheit wurden bestätigt. Die Stärke ist die angenommene. Wir konnten ihren zweiten schweren Panzer als Fury identifizieren. Die Mechsichtungen sind ebenfalls bestätigt – zum Beispiel, daß sie nur einen Marodeur, keinen Marodeur II, haben. Außerdem haben wir ein paar alte Karten ihres Stützpunktes. Neben diesen Informationen – an und für sich schon interessant – gibt es ein paar sehr gute Nachrichten, was die Kampfmoral der Truppe angeht. Offenbar ist der Anführer ein herrschsüchtiger, selbstgerechter und ignoranter Kommandeur. Nach allem, was wir ermitteln konnten, liegt er – aus Gründen der Autorität oder aus religiöser Intoleranz – im Streit mit seinem Landungsschiffkapitän. Der wiederum ist gut mit den Luft-/ Raumpilotinnen befreundet, was die Koordination nicht eben erleichtert. Nach einigen Disziplinarverstößen auf Wolcott hat dieser Danton zwar seine Leute bei der MP herausgehauen, aber seine Therapie aus Strafaufgaben scheint ihn nicht eben beliebt zu machen, und zwar betrifft dies besonders die Panzersoldaten. Schließlich hat er noch ein Verhältnis mit der Stabsärztin, was Anlaß zu einigen Eifersüchteleien gibt. Alles in allem – wir kennen zwar nicht seine militärischen Fähigkeiten, aber als Menschenführer scheint er von geringem Wert zu sein.“ „Seien Sie sich mal nicht zu sicher!“ knurrte der Piratenkapitän: „Wenn dieser Danton einen Thor führt, dann muß er ein ausgezeichneter Krieger sein.“ Kenda lachte trocken: „Ich zweifle nicht daran, daß er ein guter ‚Krieger‘ ist. Ich habe während meiner Dienstzeit genug von diesem Schlag getroffen. Menschen zu führen bedeutet mehr, als ein guter Schütze – oder reich – zu sein. Aber das wissen Sie ja selber. Und viele Männer, die auf dem Schlachtfeld die wahren Teufel waren, hatten weniger Befähigung eine Einheit zu kommandieren, als ein zehnjähriges Mädchen!“ „Wie dem auch sei – “ Mischte sich Nakamura wieder ein, die offenbar darauf aus war, ihren Vortrag fortsetzen zu können: „glücklicherweise sind dies nicht die einzigen Indizien, die darauf hinweisen, daß bei unserem Gegner nicht alles zum Besten steht. Die Einheit scheint immer noch Probleme zu haben, als organisches Ganzes zu agieren. Dies ist freilich nicht verwunderlich. Die Soldaten stammen aus der ganzen Inneren Sphäre – die beiden Clankrieger und den VSDK-Mann darf man auch nicht vergessen – und kommen aus völlig unterschiedlichen ethnischen und sozialen Gruppen. Schwierigkeiten sind da vorprogrammiert. Und wenn es auch nur Probleme mit der Sprache währen – jeder dritte Soldat hat eine andere Muttersprache. Ihre Offiziere haben sich noch keinen Respekt verdienen können, Möglichkeiten, einander kennenzulernen hatten sie bisher nicht. Und der Söldnerberuf zieht oft Personen an, die mit Autorität nicht gut zurechtkommen. Aus irgendwelchen Gründen – ich vermute mal, einer dummen Prügelei oder etwas in der Art – ist die Clankriegerin vom Dienst vorerst ausgeschlossen worden. Was bei denen meistens gleichbedeutend mit ein paar Knochenbrüchen ist, denn ohne ‚Kreis der Gleichen‘ geht das wohl eher nicht ab. Wir kennen den Grund nicht genau, aber unsere Informationen sind da ziemlich eindeutig. Und offenbar will der Kommandeur ein ausgedehntes Manöver seiner Tanks und etwa anderthalb Dutzend Lanzen seiner Mechs abhalten. Einerseits wohl, um die Zusammenarbeit zu verbessern, möglicherweise aber auch, weil er ein paar Streithähne auseinander haben will. Oder er hat vor, gegen die örtliche Guerilla vorzugehen, wie er es bisher mit Erfolg getan hat - aber ich schätze in diesem Fall wird er früher oder später eine Überraschung erleben. Alles in allem scheint die Einheit von voller Einsatzbereitschaft noch ein ganzes Stückchen entfernt – auch wenn sie daran arbeiten, dies zu verbessern.“

Torkilsson ließ sich die Neuigkeiten durch den Kopf gehen. Das alles klang nicht schlecht. Es klang gut – sehr gut. Fast schon ZU GUT, um wahr zu sein. Er warf einen raschen Blick in die Runde. Nakamura stand ruhig da – blicklos, reglos, abwartend. Hidetoshi und Kenda ließen sich auch nichts anmerken. Es war dem Piraten klar, daß sie die Neuigkeiten schon vor ihm erhalten hatten. Nahm man dazu, daß sie ihn zu einer Besprechung geholt hatten, anstatt die Informationen einfach zu übermitteln, konnte dies eigentlich nur heißen...
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„Sie wollen die Söldner angreifen!“ Kenda zeigte keine Überraschung. Er schien es gleichmütig zu akzeptieren, daß Torkilsson so rasch hinter seine Gedankengänge gekommen war. „Exakt. Die Gelegenheit ist günstig. Wenn wir schnell zuschlagen, während des Manövers, haben wir die zahlenmäßige Überlegenheit. 15 zu 10, wenn mich nicht alles täuscht, und dazu keine konventionellen Gegner außer ein paar Infanteristen. Wir könnten die Gefahr ein für allemal ausschalten. Warten wir, zögern wir, dann hat dieser Danton die Chance, aus seiner Truppe eine Einheit zu formen. Und das kann uns teuer zu stehen kommen. Vor allem – wir könnten ihre nachrangigen Dienste in einem Aufwasch mit erledigen. Ohne die sind die Söldner paralysiert.“ „Das klingt mir zu glatt! Woher wollen wir wissen, daß die Informationen korrekt sind! Es könnten Gerüchte sein, Latrinenparolen – aufgebauscht, im schlimmsten Fall eine absichtliche Täuschung! Ich glaube nicht, daß wir soviel Glück haben, und uns die Bären – und viel weniger die Dracs – eine Horde von inkompetenten Anarchisten auf den Hals hetzen! Die Sache klingt mir zu riskant!“ Kenda blickte seinen Gegenüber abschätzend an: „Übertreiben Sie es nicht. Natürlich sind die Informationen nicht so sicher, wie ich wünschte. Die Guerilla hat nach einem Attentat auf einen feindlichen Offizier einiges an Verlusten erlitten und deshalb müssen wir mit dem auskommen, was geblieben ist. Aber wenn wir zu lange zögern, verlieren wir den Vorteil, den wir jetzt noch haben mögen. Und ich glaube nicht an eine Falle. Es widerspräche allem, was wir über die Taktik der Clans wissen. Und daß ein obskurer Söldnerführer sich so etwas ausdenkt, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Dazu gehört eigentlich eine Ausbildung und Erfahrung, die kaum ein Söldner auf diesem Gebiet hat. Und es gehören Leute dazu, die verschwiegen und gut ausgebildet sind. Beides ist – zumindest bei solchen Täuschungsmanövern – bei Söldnern extrem selten. Aus demselben Grund – dem Fehlen einer Ausbildung – glaube ich auch nicht an eine ISA-Falle. Söldner sind immer ein Stückchen wie Ihre Piraten. Stillschweigende Konspiration ist nicht ihre Sache, sie sind Individualisten, solange sie nicht langfristig in eine Einheit integriert wurden. Im Privatbereich undiszipliniert, ist es wenig wahrscheinlich, ja fast unmöglich, daß nichts durchsickern würde. Und bedenkt man die unterschiedlichen – teilweise verfeindeten – Herkunftsländer unserer ‚Freunde‘, dann halte ich eine solche Disziplin für so gut wie ausgeschlossen. Was den Umstand angeht, daß es zuviel des Glücks sei, um echt zu erscheinen – die Bären haben keine Erfahrung mit Söldnern. Sie könnten sich vom Kampfesruhm des Kommandanten blenden lassen, oder die Sache auf die leichte Schulter nehmen. Und bei den Stellen von VSDK und ISA gibt es immer noch viele alte Kader, für die ein Söldner ebensogut wie der andere ist. Oder die vielleicht kein großes Interesse an einem Sieg haben. Vergessen Sie nicht, daß die Einheit außergewöhnlich gut bewaffnet und hochmobil ist. Von der reinen Hardware her ist sie vortrefflich – und ich zweifle nicht daran, daß ihre Mitglieder gute Kämpfer sind. Aber das heißt noch lange nicht, daß sie als gute SOLDATEN agieren.“

„Erik der Rote“ rieb sich das Kinn. Was der Ronin sagte, klang plausibel. Dennoch – ihm war nicht wohl bei der Sache. Vor allem hatte er wenig Lust, sich an einem gezielten Angriff auf ein rein militärisches Ziel zu beteiligen. Die Beute würde sich, im Vergleich zum Risiko, in Grenzen halten, zumindest was den Marktwert anging. Es mißfiel ihm schon, daß Kenda die normalen Überfälle für seine höchst eigenen Zwecke benutzte – aber er wollte sich nicht völlig zum Werkzeug machen lassen: „Hören Sie, Kenda! Es mag für Sie ja eine noble Pflicht sein, gegen die Bären und ihre Lakaien zu kämpfen! Aber ich führe keinen Kreuzzug! Wenn Sie an Ihrem Dschihad interessiert sind, ist das Ihre Sache! Meine Leute haben damit nichts zu schaffen!“ Die Antwort des Ronin ließ an Schärfe nicht zu wünschen übrig: „Meine Männer und Frauen halten ihre Haut hin, damit Sie und Ihre Leute sich Extraprofite verdienen können! Sie haben an den Überfällen weit mehr verdient, als Ihre Mithilfe wert war – ohne diese unterschätzen zu wollen! Wie währe es, wenn Sie mal ein wenig Dankbarkeit für mehr als ein halbes Tausend Sklaven und Millionen an C-Noten in Waren zeigen würden! Diese Söldner sind für uns alle eine Bedrohung – und Sie wollen SICHERLICH nicht, daß wir ihnen zu ihren Bedingungen begegnen! Denn eines versprech‘ ich Ihnen: Wenn wir hängen, dann Sie neben mir!“ „Dankbarkeit! Ohne meine Hilfe hätten Sie weder ein Sprungschiff, noch einen Stützpunkt – von Informationen ganz zu schweigen! Wir sind quitt, und keiner schuldet dem anderen was! Insbesonders keine Dummheit wie die, sich in einen nutzlosen Kampf einzumischen! Meine Männer machen Beute – aber wir führen keinen Krieg! Ihr Kombinat ist uns egal!“

Innerlich verfluchte sich Torkilsson. Einerseits, weil er es hatte soweit kommen lassen. Andererseits, weil er sich jetzt nicht zurückgehalten hatte. Der Zeitpunkt war denkbar ungeeignet für eine offene Machtprobe. Wenn Kenda wollte, würde er den Raum nicht lebend verlassen. Allerdings – wenn dem Ronin Skrupel auch fremd waren, eine solch plumpe Lösung war nicht seine Art. Dennoch... Aber früher oder später hatte es dazu kommen müssen.

Die Augen des Kombinatssoldaten waren von eisiger Kälte – wie auch seine Stimme. „Sie weigern sich also, mich zu unterstützen.“ „Bei dieser Mission – JA!“ „Gut, dann haben Sie wohl nichts dagegen, uns die Planung allein zu überlassen! Und ich denke – Ihre Männer und Frauen sind freie Menschen. Sollen Sie selbst entscheiden, ob sie mir helfen wollen – oder bei Ihnen bleiben!“ Das war es also. Kenda würde die Mission zum Prüfstein machen, wer zu ihm hielt, und wer nicht. Und wenn das Ergebnis eindeutig zu seinen Gunsten ausgehen würde, konnte der Pirat sich vorstellen, was als nächstes kommen würde. Dann konnte er von Glück sagen, wenn er bei der Planung noch einmal würde mitreden können. Aber er konnte auch nicht gut einlenken – nicht, ohne seine Stellung zu sehr zu gefährden. „Ich hoffe stark, Ihre Weigerung bezieht sich nicht auf das Spung- und die Landungsschiffe. Ich würde es bedauern, Kapitän Sazumi um Hilfe bitten zu müssen.“ Torkilsson beeilte sich, den Kopf zu schütteln. Einen offenen Bruch konnte und wollte er nicht riskieren. Zu viele seiner Leute würden dann womöglich Kenda folgen – waren sie doch in ihren Entscheidungen frei und folgten, wem sie wollten. Und der Ronin hatte sie zu gewinnen gewußt. So blieb dem Piratenkapitän nur ein flüchtiger Gruß und ein Rückzug. Aber er wußte es nun genau, wußte es mit letzter Sicherheit – der Kampf um die Macht hatte begonnen. Und hier würde Körperkraft und Kampfesstärke nicht entscheiden, sondern Verstand und List. Und er war fest entschlossen, nicht zu verlieren.

Nakamura betrachtete die ganze Szene mit Unbehagen. Natürlich hatte auch sie den Piraten insgeheim nicht wenig verachtet – ohne ihn freilich zu unterschätzen. Sein krasser Materialismus und die Gleichgültigkeit, die er der gerechten Sache entgegenbrachte, hatten sie abgestoßen. Abgesehen davon war es in ihren Augen ein großer Unterschied, ob man Sklaven verkaufte und Beute machte, um Krieg zu führen, oder ob es genau anders herum war. Aber dennoch konnte sie einer offenen Konfrontation wenig abgewinnen. Torkilssons Panzer waren eine wertvolle Hilfe. Aber ihr war ebenfalls klar, daß gewisse Sachen mit dem Piratenkapitän nicht zu machen waren.

Kenda hatte sich sofort wieder unter Kontrolle: „Fortfahren, Sho-sa.“ Die räusperte sich und nahm den Faden wieder auf: „Mir scheint ein schneller Angriff am sinnvollsten. Vorzuziehen wäre die Eleminierung der Basis und der dort verbleibenden Kräfte – eine Aufspaltung, um auch die Manöververbände zu erledigen halte ich für wenig ratsam. Optimale Angriffszeit – wobei die Operation bald beginnen muß – sind die frühen Morgenstunden.“ Die junge Frau aktiviert zwei der Bildwerfer. Einer zeigte ein Abbild des Systems, der andere ein Hologramm des Planeten: „Wie Sie sehen existieren in ausreichender Nähe zum Planeten Piratensprungpunkte. Wir könnten dort aus dem Hyperraum treten. Ich würde einen Punkt auf der dem Ziel abgewandten Planetenseite vorziehen. In flachen Anflug können wir die Planetenkrümmung ausreichend für unsere Zwecke ausnutzen, so das eine Entdeckung – und falls eine erfolgt, eine Identifizierung unseres Zieles – nur schwer möglich ist. Ein nächtlicher Angriff hätte den Vorteil, daß die Aufmerksamkeit der Luftraumüberwachung dann eher gering seien dürfte. Außerdem gibt es in der Nähe der Garnison, in der die Söldner stationiert sind, keine besonders lukrativen Ziele, die einen Piratenangriff wahrscheinlich werden lassen. Der Raumflughafen mit den dort stationierten Reservetruppen liegt weit genug weg.“ Sie trat zum Planetenhologramm und zoomte heran. Landungsort wäre ein Hügelgelände ein ganzes Stückchen abseits des feindlichen Stützpunktes. Das ganze Gelände ist ziemlich zerklüftet und unübersichtlich. Die Hügel würden unseren Vormarsch decken...“ Sie fuhr die Route auf der Karte mit einen Laserstift nach: „und verhindern, daß unsere Landung sofort Alarm auslöst.“ Das Hologramm wurde noch stärker vergrößert und zeigte jetzt nur noch die Söldnerbasis und die unmittelbare Umgebung: „Ich halte es für sinnvoll, zugleich mit den Mechs einen zweiten Angriff von konventionellen Truppen zu starten. Ich will nicht riskieren, daß sich feindliche Infanterie festsetzt und von uns geworfen werden muß. Wenn unsere Mechs angreifen, wird sich die Abwehr in ihre Richtung konzentrieren. Ein Angriff der Infanterie und Panzer könnte den Gegner im Rücken packen, im günstigsten Fall feindliche Infanterie und Rückzugsmöglichkeiten ausschalten. Ich schätze, der Gegner würde es lieber vermeiden, unsern Mechs in seiner Basis zu begegnen, wo ein simpler Fehlschuß ein Massaker anrichten könnte oder Munitions- beziehungsweise Treibstofflager bedroht sind. Ich hätte es vorgezogen, mit einigen schnellen Panzerlanzen von hinten vorzustoßen – während sich unsere Mechs vorne zum Angriff bereitmachen – und die feindliche Fußtruppenkasernen, eventuell auch die Hangars oder abgestellte Mechs mit Raketen, besonders Infernomunition, zu beschießen. Auch die Quartiere der Techs und des Medpersonals bieten sich als Ziele an.“ Während dieses nüchternen Abrisses bezeichnete sie eine nach dem anderen die fraglichen Punkte. „Wachen des Gegners sind unserer Kenntnis nach Infanteriesperrposten, dazu ein bis zwei Mechs. Nichts also, was man nicht schnell und entschlossen ausschalten kann. Eine Verteidigung durch Minen existiert allen bisherigen Informationen nach nicht, auch keine Richtsprengladungen oder ähnliches – entweder sie rechnen nicht mit einem Angriff, oder wollen angesichts ihrer begrenzten Aufenthaltsdauer die Anstrengungen nicht übertreiben. Da es sich um Söldner handelt, scheint mir letzteres wahrscheinlicher – außerdem fehlen vermutlich sowohl ihnen als auch den Clans gut ausgebildete Pioniere und die nötige Hardware. Pak-, Flak- oder Raketenstellungen gibt es offenbar ebenfalls nicht. Aber es wurden Panzerigel und Betonsperren aufgebaut – jedoch nichts, was ein konzentrierter Feuerschlag nicht vernichten könnte. Wenn unsere Panzer ihr Feuer bündeln, ist die Sperre kein Problem. Anschließend würden sie vorstoßen, Teile der feindlichen Einrichtungen in Brand schießen und der Infanterie bei der Säuberung Feuerunterstützung geben.“
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Kenda hatte aufmerksam dem Vortrag seiner Stellvertreterin gelauscht: „Welche Truppen halten Sie für nötig, Sho-sa?“ „Ich würde veranschlagen, daß der Einsatz der uns zur Verfügung stehenden Mechs notwendig ist. Weiterhin würde ich die konventionelle Streitmacht auf zwei Panzerlanzen – möglichst schnelle, Nahkampftaugliche Maschinen – und vier bis sechs Züge Infanterie veranschlagen. Eine dritte Lanze als Feuerunterstützung – möglichst mit Langstreckenwaffen, am besten Raketen – wäre ebenfalls wünschenswert. Aber angesichts der Lage...“ „Hai! Angesichts des Aufmuckens unseres werten Verbündeten können wir uns nicht sicher sein, wieviele Panzer uns überhaupt zur Verfügung stehen. Selbst, wenn sich genug melden – ich würde ungern die Basis von allen loyalen Kräften entblößen, ob Piraten oder unsere Soldaten. Wir werden mit weniger auskommen müssen.“ Der Kommandeur schüttelte den Kopf und fuhr fort: „Nun, im Krieg muß man immer mit weniger auskommen, als wünschenswert währe. Halten Sie den Angriff auch mit weniger Panzern und Infanterie – sagen wir ein bis anderthalb Lanzen und einer verstärkten Kompanie – für möglich?“ Nakamura überlegte kurz: „Wenn unsere Informationen stimmen, dann ja. Aber es bleibt ein gewisses Risiko, daß die Truppen auf Nahkampfverbände oder versprengte Mechs treffen und dann hohe Verluste erleiden könnten. Die Entfernung zur regulären Clangarnison ist groß genug, daß diese nicht schnell genug zur Hilfe kommen kann. Sollte der Kommandeur der Claner mitten in der Nacht losmarschieren, riskiert er geradezu einen Hinterhalt. Außerdem scheint er sich weder mit dem Söldnerchef noch mit dem Clanoffizier gut zu vertragen. Dennoch sollten wir wachsam sein, daß er uns nicht unvermutet in den Rücken fällt, und gleich nach der Eroberung der Söldnerbasis die Landungsschiffe nachziehen.“ „Nun, ein gewisses Risiko müssen wir eingehen. Vielleicht können wir beizeiten unser jetziges Problem lösen – aber nicht so schnell!“

„Doch kommen wir zum letzten kritischen Punkt: Halten Sie eine Täuschung oder eine zufällige Fehlinformation für möglich oder wahrscheinlich, Nakamura?“ Die Draconierin überlegte kurz. Ihr war klar – ein falsches Urteil konnte fatale Folgen haben. War sie zu vorsichtig, entging den Ronin einen Chance, die Söldlinge der Besatzer hier und jetzt entscheidend zu schlagen. War sie zu wagemutig, setzte sie alles bisher erreichte aufs Spiel. Ihr Entschluß stand fest: „Ich halte diese Möglichkeit für äußerst unwahrscheinlich! Zum einen paßt sie weder zur Taktik einer Söldnereinheit auf Piratenjagd, viel weniger zum Vorgehen, das die Geisterbären für angebracht halten würden. Die feindliche Einheit ist vergleichsweise grün, und meiner Meinung nach wegen ihrer Ausstattung ausgewählt worden. Auch wenn ich durchaus zugestehe, daß Söldner hervorragende Kämpfer seien können, ein derartiges Vorhaben übersteigt die Möglichkeiten einer jungen Einheit bei weitem. Die Soldaten sind nicht konspirativ ausgebildet. Würde es zuviele Mitwisser geben, ist es unwahrscheinlich, daß nichts durchsickert. Sind es aber nur wenige – sagen wir der Kommandeur und zwei oder drei Offiziere – dann besteht die Gefahr, daß bei der Struktur und dem empfindlichen psychologischen Gleichgewicht, das eine solche Einheit auf Freiwilligenbasis normalerweise hat, aus der gespielten Krise eine echte wird. Kaum ein Kommandeur würde dies riskieren. Ich kann eine solche Möglichkeit nicht völlig ausschließen – aber angesichts der Schwierigkeiten halte ich es für extrem unwahrscheinlich. Was eine unbeabsichtigte Fehlinformation angeht, so kann ich nur sagen, bisher waren unsere Quellen zuverlässig. Wir dürfen ihnen nicht blind vertrauen, denn wir haben keine operativen Spezialisten vor Ort und müssen uns darauf verlassen, was man bei der Yakuza für wichtig und interessant hält. Aber ich würde eine achtzigprozentige Wahrscheinlichkeit für die Korrektheit der Informationen für realistisch halten. Ich plädiere für den Angriff! Zumal ein Zögern dem Gegner Zeit gibt, eventuelle Probleme auszuschalten.“ „Hidetoshi?“ „Ich stimme Sho-sa Nakamura zu. Das Risiko mag vorhanden sein, doch wenn wir Sicherheit wollten, hätten wir dies hier niemals begonnen. Die Chance ist gut, und wir sollten sie nutzen.“ Kenda nickte bestätigend: „Gut. Ich schließe mich ihrem Urteil an. Letzten Endes liegt die Entscheidung bei mir – aber ich bin froh, wenn ich mit meinen kommandierenden Offizieren – zumindest den zuverlässigen – einer Meinung bin. Sho-sa Nakamura – Sie haben die Aufgabe, den Plan noch einmal zu überarbeiten. Gehen Sie von den neuen Gegebenheiten aus und wählen Sie einen Zahlenkode für die Kommunikation aus! Sho-sa Hidetoshi – Ihre Aufgabe ist es, die Infanteriekontingente auszuwählen und vorzubereiten. Lassen Sie sie einige Probeangriffe durchführen, machen Sie unsere Leute mit den geographischen Gegebenheiten vertraut und sprechen Sie mit Nakamura ab, was im Falle eines Fehlschlages zu tun ist, seien es Fluchtpunkte oder Hilfsadressen!“ „Hai Tono!“ „Hai Chu-sa!“ „Gut. War es das?“ „Eine Frage nur noch – wie sieht es mit Gefangenen aus?“ „Wer unbewaffnet angetroffen wird, ist festzunehmen, soweit dies ohne Risiko und Aufwand oder Verzögerung geschehen kann. Die nachrangigen Dienste können immer noch als Sklaven verkauft werden. Was Kampftruppen angeht – wer mit der Waffe angetroffen wird, ist beim geringsten Anzeichen von Gegenwehr zu eleminieren! Gefangene könne gemacht werden, wenn es sich ergibt. Auch wenn jeder, der den Clan-Mördern mit der Waffe dient, getötet werden sollte – sie können vorher noch von Nutzen sein. Als Geiseln, zu Verhörzwecken, oder um ein abschreckendes Beispiel zu geben. Vielleicht können sie so einen Teil der Schuld abtragen, den sie gegenüber ihrer Heimat auf sich geladen haben. Aber wie gesagt – wer Widerstand leistet, wenn die Umstände es erfordern oder die Gefangenen keinen Nutzen haben...“ „Jawohl, Chu-sa!“ Sie hatten verstanden. Wer nicht marschfähig war, wer nicht auf Grund von Rang, Aussehen oder Kenntnissen von Wert war, der würde an Ort und Stelle ohne Umstände erledigt werden. Auf jene, die in Gefangenschaft gingen, wartete im günstigen Fall der Sklavenmarkt. Die Alternativen waren die Verhörzellen der Piratenbasis, oder eine öffentliche – und unter Umständen äußerst scheußliche – Hinrichtung als abschreckendes Beispiel. Aber die Ronin scheuten davor nicht zurück. Ihnen allen war Gnade als Tugend anerzogen worden – doch jenseits der Gnade stand die Pflicht. Und wer sich in den Sold der Besatzer stellte, hatte kein Erbarmen verdient.
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Piratenbasis, zwei Tage später

Kenda blickte auf, als er das Klopfen vernahm. Ein rascher Blick auf das Chrono sagte ihm, daß seine Besucherin pünktlich war – wie immer. „Herein!“ Seine Stimme war ruhig, ohne den scharfen Unterton, den er oft benutzte. Die junge Frau trat rasch ein. Sie salutierte zackig und verbeugte sich dann tief. Ihre Augen weiteten sich, als der Kommandeur die Verbeugung mit derselben Ehrerbietung erwiderte. Die schwarzen Augen blickten fragend – doch sie schwieg, bis er sich an sie wandte: „Ist alles bereit?“ „Hai Tono! Die Mannschaften empfangen in einer Stunde die Ausrüstung, die Mechs sind aufmunitioniert, ebenso die Panzer. Alle Männer und Frauen sind mit den Karten des Gebietes vertraut, sie kennen ihre Ziele, eventuelle Fluchtpunkte und den verwendeten Zahlenkode. Die Truppe ist einsatzbereit und begierig, sich dem Feind zu stellen!“ Bei diesen Worten der jungen Draconierin lächelte Kenda unwillkürlich. Er wußte, sie meinte es so, wie sie es sagte. Begierig. Begierig, in Kampf und Tod zu ziehen – einem Kampf, aus dem so mancher nicht zurückkehren mochte. Einem Kampf, der letzten Endes nur mit der Vernichtung enden konnte. Er vertraute ihr, er schätzte sie. Aber manchmal fragte er sich, woher sie ihre Begeisterung nahm, ihren stolzen, trotzigen Mut. Nun, das Alter machte sich bemerkbar, dachte er mit mehr als einem Schuß Selbstironie. Er musterte sie – das junge, hübsche Gesicht mit den energischen Zügen, die stolze, kampfbereite Haltung. Ja, er war sich sicher, daß er das richtige tat. „Ausgezeichnet. Ich danke Ihnen – und bin zufrieden mit Ihrer Arbeit. Sho-sa Hidetoshi hat sein Lob schon erhalten, seine Infanterie ist zu allem bereit, und auf alles gefaßt, was ihr der Feind entgegenwerfen mag. Sie beide leisten Hervorragendes.“ Die junge Offizierin errötete: „Danke, Chu-sa!“ „Oh, wie ich schon sagte – ich habe Ihnen zu danken. Leider wird mein Lob sich in ihrer Dienstakte wohl nicht gut ausmachen.“ Nakamura erwiderte das Grinsen ihres Vorgesetzten: „In der einzigen Dienstakte, auf die es ankommt – der ewigen Akte – sieht die Sache sicher anders aus, Tono!“

„Nun gut. Ich habe Sie nicht nur kommen lassen, weil ich sie belobigen wollte – obwohl dies sicher schon ein Grund wäre. Leider sehe ich mich veranlaßt, trotzdem ich Ihnen schon so viel schulde, Sie noch um etwas zu bitten.“ „Was der Chu-sa wünscht!“ Er lachte leise: „Ich glaube Ihnen! Nakamura, Nakamura, Sie sollten mit ihren Versprechen nicht immer so leicht bei der Hand sein – ehe Sie nicht wissen, um was man Sie bittet. Ich habe Offiziere gekannt...“ „Nun, bei allem Respekt, Chu-sa, da muß ich Euch widersprechen. Ich weiß, der Chu-sa würde nie etwas von mir erbitten, was zu tun nicht richtig wäre.“ Kenda wurde ernst: „Ich danke Ihnen für ihr Vertrauen – auch wenn ich nicht weiß, ob ich es verdiene.“ „Worum handelt es sich?“ Der Kommandeur trat zum Wandschrank und öffnete eine flache Holztruhe. Sie war aus dunklem Holz, und die Schnitzereien waren von großer Kunstfertigkeit. Nakamura erkannte ohne Probleme den Drachen des Kombinats, die strahlende Sonne und das Zeichen der Familie Kenda – es mußte von einem Meister seines Faches hergestellt worden sein. Schweigend nahm der Ronin zwei in Stoff gehüllte längliche Gegenstände heraus und legte sie auf den Tisch. Dann zog er vier beschriftete Umschläge hervor. Zwei Datendisks kamen hinzu. Schließlich eine Stirnbinde aus weißem Stoff mit dem roten Sonnenfleck. Methodisch schlug er die Tücher um die umwickelten Gegenstände beiseite. Es waren zwei Schwerter – ein Katana und ein Wakizashi, das traditionelle Schwertpaar eines Kuritasamurai. Die Scheiden waren aus lackiertem Holz, und mit Schriftzeichen übersät. Er zog die Waffen nacheinander heraus und betrachtete die Klingen – blank, rasiermesserscharf, makellos. Nakamura schwieg und wartete, bis ihr Vorgesetzter sich wieder an sie wandte. „Dies sind die Schwerter meiner Familie. Ich erhielt sie vor gut einem Vierteljahrhundert. Mein Vater hatte sie vor mir getragen, und nach ihm sollten sie meinem älteren Bruder gehören. Doch beide fielen im Krieg von `39. Mit diesen Schwertern übernahm ich den Rang des Familienoberhauptes. Die Waffen sind seit Generationen in Familienbesitz, sie sind Teil der Familie, Teil ihrer Tradition.“ Er schien einen Augenblick nach Worten zu suchen: „Sie werden noch einmal mit Kapitän Sazumi sprechen, bevor er wieder aufbricht. Ich wollte Sie bitten, ihm diese Schwerter zu übergeben – und noch einige andere Dinge.“ Nakamura zog keuchend die Luft ein. Sie wußte, was dies bedeutete. Die Familienschwerter waren für das Oberhaupt eines Hauses wichtigster Besitz. Wenn das Haupt der Familie ums Leben kam – sei es durch Selbstmord, im Kampf oder auf andere Art und Weise – dann gingen die Waffen an seinen Erben über. Eine freiwillige Übergabe zu Lebzeiten erfolgte nur, wenn das Oberhaupt nicht mehr in der Lage war, seinem Rang gerecht zu werden. Oder...
„Warum?“ Kenda begegnete ihrem Blick: „Warum?“ Er lächelte traurig. Dann trat er zum Fenster und winkte seiner Untergebenen, ihm zu folgen. Er deutete auf die Fahne, die über dem Piratenlager wehte. Reines, weißes Tuch, mit der roten Sonne. Aber es war nicht das Zeichen der Rächer – die rote Sonne auf weiß – die die Flagge zierte. Die Fahne hier zeigte eine Sonne, die blutrote, sich verbreiternde Strahlen in alle Richtungen aussandte. „Wissen Sie, was ich Ihnen sagte, als Sie mich fragten, warum ich diese Fahne gewählt habe?“ „Ja. Sie sagten, es sei ein Zeichen dafür, wofür wir kämpfen. Die Fahne der aufgehenden Sonne, als Zeichen des neuen Morgen. Und für einen neuen Morgen würden auch wir eintreten, möge die Dunkelheit noch so tief sein, die Nacht noch so lange währen. Unser Kampf solle helfen, daß das Dunkel nie ganz siegen kann, daß in Verzweiflung, Tod und Zerstörung niemals die Hoffnung untergeht, daß dereinst ein neuer Tag anbricht, allen Schatten zum Trotze.“ Kenda nickte versonnen: „Sie haben sich meine Worte gut gemerkt. Ja, diese Fahne ist das Symbol unseres Kampfes. Doch auch wenn wir für einen neuen Tag kämpfen – wir beide, Sie und ich, wir wissen, daß ich ihn nie sehen werde. Und wenn ich falle, dann möchte ich, daß alles geordnet ist, damit die, die nach mir kommen, mein Werk fortsetzen können. Andere werden die Schwerter aufnehmen, und es wird sein, als würde ich noch atmen und kämpfen, auch wenn jetzt eine andere Hand die Klinge führt.“ Er lachte erneut – sich wohl bewußt, daß er wie ein Philosoph oder Priester klang, der er nie gewesen war: „Und deshalb bitte ich Sie, die Schwerter Sazumi zu übergeben. Hier, auf dieser Datendiskette sind Anweisungen, wie er mit ihnen und den anderen Gegenständen zu verfahren hat. Die andere Diskette birgt die Aufzeichnungen unseres Kampfes, alles, was jene interessieren könnte, die einmal unseren Kampf fortsetzen werden. Die Briefe sind für meine Familie, und für einen alten Freund. Auch wenn sie alle meine Entscheidung verstehen werden – es gibt Dinge, die ich ihnen vorher nicht sagen konnte, oder die mir erst jetzt klargeworden sind. Und ich denke, es wird ihnen leichter fallen, wenn sie diese Nachrichten erhalten, sich mit dem Schicksal auszusöhnen.“ Seine Finger berührten leicht die Stirnbinde: „Dies ist alles, was ich noch brauchen werde. Ich habe noch die Schwerter, die man mir auf der Akademie verlieh. Ich werde sie tragen, wie bisher, denn wir kämpfen als loyale Söhne des Kombinats.“ Seine Augen schienen in die Vergangenheit zu blicken, über viele Jahre hinweg: „Mit diesen Schwertern begann es, mit ihnen und dem Stirnband. Meine Techs haben es für mich gefertigt, als ich das erste Mal ins Gefecht zog. Nun, wenn das Ende kommt, werde ich es dabei haben.“ „Aber – warum? Wir leben noch! Noch können wir kämpfen!“ „Ja. Doch unser Ende ist vorbestimmt. Unser Tod – und Ihr Leben.“ „Wieso verlangen Sie von mir, Sie im Augenblick des Todes im Stich zu lassen!“ Der Ronin zögerte. Er spürte den Schmerz in der Stimme der jungen Frau. Es war nicht so, daß sie den Tod herbeisehnte. Wie alle im Lager wollte sie leben – aber nicht um jeden Preis. Der Befehl, sich zu ergeben, war eine Zurücksetzung. Weiterzuleben, während die Kameraden fielen, vielleicht sogar in dem Glauben, man habe sie verraten – was war das schon wert? „Sie fragen warum? Sie wissen, es ist Ihre Aufgabe, zu gehorchen – selbst Befehlen, die Ihnen mißfallen!“ Dann, um die Zurechtweisung zu mildern, die in diesen Worten lag, fuhr er mit sanfter Stimme fort: „Ihr Leben liegt noch vor Ihnen. Sho-sa Hidetoshi hat sein Leben im Dienste des Kombinats gelebt, ich ebenso. Sie aber haben noch ein Zukunft. Sie können unseren Kampf noch fortsetzen. Was Sie an Kraft und Mut noch haben, das wird noch gebraucht werden. Deshalb werden Sie überleben. Deshalb, und um unseren Kampf zu ehren und nicht zuzulassen, daß er in Vergessenheit versinkt. Es ist eine schwere, eine opfervolle Pflicht – aber Sie werden sie erfüllen!“ Nakamura salutierte. Er wußte, sie war nicht zufrieden – aber sie würde seinem Befehl folgen.
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„Sie fragen sich vermutlich auch, warum ich die Sachen nicht selber Kapitän Sazumi übergebe. Aber ich wage es nicht, mir diese Blöße zu geben. Nicht, weil ich mich schämen würde, als Mann dazustehen, der sein eigenes Ende nahen sieht. Aber ich bin Kommandeur. Und, dies werden Sie lernen müssen, wenn Sie selber Menschen führen wollen, ein Anführer darf nie Schwäche vor seinen Untergebenen zeigen. Er soll kein Despot sein, auch auf ihre Worte Rücksicht nehmen – aber er darf nie Zweifel aufkommen lassen, daß er von der Sache überzeugt ist. Er ist ein Vorbild – und um Menschen zu führen muß er menschlicher Schwäche und Regungen entsagen. Solange er überzeugt und entschlossen ist – oder diesen Eindruck erweckt – solange werden seine Soldaten ebenfalls glauben und hoffen. Zeigt er Zweifel und Unsicherheit – wie sollen die Soldaten dann noch Siegessicherheit haben, wenn der, der zur Führung berufen ist, schwach wird? Deshalb bitte ich Sie, mir diesen Dienst zu erweisen.“ „Ich verstehe. Ich werde dem Willen meines Kommandeurs folgen!“

Kenda seufzte leise. Es war seiner Stellvertreterin gut anzusehen, daß ihr die Worte nicht leichtfielen. Er wußte nur zu gut, wie schwer es war, sich völlig ohne Hoffnung auf Sieg zu schlagen. Männer und Frauen, die sich in einer solchen Lage wußten, versuchten oft bis zuletzt, den Schein einer Hoffnung aufrechtzuerhalten. Wenn nicht für sich, dann für ihre Kameraden. Auch er hatte dieses Spiel oft mitgemacht – und jetzt tat er im Grunde auch nichts anderes. Aber er wußte – das Eingeständnis dessen tat Nakamura weh. Tief in ihrem Herzen mochte sie immer noch hoffen. Und diese Hoffnung zerstörte er. „Schauen Sie nicht so bedrückt drein, Sho-sa! Wir alle wußten, worauf wir uns einließen. Es gibt für uns keinen anderen Ausweg. Und Ihre Aufgabe – die Ihnen gewiß wenig ehrenvoll erscheint – wird verhindern, daß wir umsonst gefallen sind. Ich lege meine Hoffnung darauf in Ihre Hände! Sie werden eine schwere Last zu tragen haben – viele hundert Menschenleben schwer. Aber ich weiß, Sie werden nicht versagen!“ Die junge Frau nickte. Es schien ihr unmöglich zu sein, Worte zu finden. Mit vorsichtigen, beinahe scheuen Bewegungen nahm sie an sich, was ihr der Kommandeur übergab und verstaute es wieder in der kleinen Truhe. Bevor sie sich abwandte, um zu gehen, legte ihr Anatoli die rechte Hand auf die Schulter. „Sie wissen, Tomiko, daß ich eine Frau und Familie haben.“ „Hai Tono!“ „Nun, lassen Sie mich folgendes sagen: Wenn meine Tochter, wenn der Tag für sie gekommen ist, sich ebenso tapfer, treu und pflichtbewußt verhält wie Sie, dann wäre das ein Grund für ihren Vater, sehr stolz auf sie zu sein. Nicht oft findet man derartige Hingabe für das Kombinat.“ Nakamuras Stimme klang halb erstickt, als sie antwortete: „Bei weitem nicht so groß wie die Ehre für eure Tochter, einen solchen Vater zu haben!“ Kenda lächelte nur.

Und es sollte dies eines der Bilder von ihm sein, die sich in ihre Erinnerung gruben und sie begleiteten für den Rest ihres Lebens. Der gealterte Offizier, einsam, verlassen, geächtet und dem Tode geweiht, fern seiner Familie – und doch erfüllt von einem unerschütterlichen Pflichtgefühl, einem trotzigen Stolz und voll verzweifelten Mutes. Trotz des sicheren Endes noch immer kämpfend, bis zum letzten Atemzug seiner Verpflichtung für seine Heimat getreu, für die er schon so viel geopfert hatte. Einen Augenblick nahm sie das Bild in sich auf, trotz all des Schmerzes, des Verlustes und der Verzweiflung, die darin lag. Dann ging sie – die Pflicht rief.

Drei Stunden darauf

Die Soldaten waren angetreten. In endlosen Reihen, korrekt ausgerichtet, hatten sie sich in zwei Blöcken formiert. Auf der einen Seite jene, die ins Gefecht zogen – über hundert Infanteristen, vier MTW’s und vier Panzer mit ihren Besatzungen, 15 Mechs mit Piloten, dazu das technische Personal. Ihnen gegenüber die, die daheim blieben – zumindest jene, die bereit gewesen waren, zu kommen. Die Appelle waren nicht verpflichtend, eher ein Ritual, das die Gemeinsamkeit und Verbundenheit der Kämpfer betonen sollten. Und da der Konflikt zwischen den beiden Führungsspitzen schwelte, waren eine ganze Anzahl Piraten nicht erschienen. Weit bedeutsamer aber war, daß viele eben doch gekommen waren. Und so standen auf der Seite der Zurückbleibenden nicht nur fast hundert Ronin-Infanteristen und die nachrangigen Dienste, sondern auch etwa 30 Mann der Bodentruppen Torkilssons (während die selbe Anzahl zur Kampfgruppe gehörte, zusammen mit drei Zügen Infanterie der Ronin) und die Besatzung von einigen anderen Tanks und MTW’s. Auch wenn die Piraten normalerweise auf solchen „Firlefanz“ nichts gaben – inzwischen hatten mehr und mehr von ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit zu den Kuritanern entwickelte, das sie auch anders über solche militärischen Rituale denken ließ. Zumal Kenda und seine Untergebenen wußten, wie man sich in Szene setzte. Die dunklen Uniformen saßen korrekt. Die Kampftruppen waren bepackt mit Waffen, Reservemunition, Handgranaten. Der Überfall auf Porthos hatte die Nachschubsprobleme beseitigt, und viele der Soldaten trugen erbeutete Clan-Handfeuerwaffen. Rauch-, Spreng-, Blend- und Brandgranaten, Mörser- und Granatwerfergeschosse, MG-Munition und Raketen rundeten das Bild ab. Und jeder Soldat verfügte über ein Nachtsichtgerät. Alles in allem waren sie hervorragend ausgerüstet – und kampferprobt. Auch die Panzer- und Mechpiloten trugen Handfeuerwaffen und ein paar Handgranaten. In Kendas Einheit gab es keine Sicherheit, und jeder mußte bereit sein, die Rolle einer anderen Waffengattung zu erfüllen. Alles in allem boten die angetretenen Truppen ein Bild, das Schlagkraft und Entschlossenheit vereinte. Nakamura stand am rechten Flügel – sie leitete den Appell. Auf ihren Befehl hin und unter dem Knirschen der Handgriffe – „Präsentiert das Gewehr!“ – nahmen die Truppen Haltung an.

Kendas Schritte waren ruhig, sicher und energisch. Auf der Uniform glänzten die Orden, die er sich in über dreißig Jahren treuer Dienste erkämpft hatte, die zahlreichen Verwundetenabzeichen und Kampagnebänder. Viele seiner Soldaten und Offiziere boten ein ähnliches Bild. Er schaute nicht links und nicht rechts, als er die Formation abschritt. Jetzt, in dieses Sekunden, war er der siegessichere und kampfbereite Offizier, der Mann, der die Bären das Fürchten lehrte, und den Krieg zu seinen Verursachern und ihren Lakaien zurücktrug. Geschmeidig fuhr er herum und machte Front gegenüber den Soldaten, die bald in den Kampf ziehen würden. Seine Augen suchten die Nakamuras, und er sah ihr stolzes Lächeln. Er nickte ihr leicht zu. Die junge Frau straffte sich: „Die Flagge – heißt!“

Am Fahnenmast stieg das Banner der Ronin empor – und sofort erfaßte ein Windstoß das Tuch und entfaltete es. Zeigte die strahlende, aufgehende Sonne. Und während die Flagge im Wind flatterte, stimmte die junge Sho-sa das Lied der Einheit an. Die Soldaten und Offiziere fielen ein, es sangen die Techniker – und auch der Kommandeur. Über ihnen bauschte sich ihre Fahne, und ihr Gesang ertönte, klar und voll Stärke und Entschlossenheit.

Nakamura fühlte es in jeder Faser ihres Körpers. Dafür lebte sie! Für diese Augenblicke! Offizierin in einer Kampfeinheit, die nicht vor den Feinden zu Kreuze kroch, die ihnen den Kampf erklärt hatte, und den Bären bis in seine Höhle jagte. Teil eines Ganzen, im Dienst für ihre Heimat, die sie geboren und gehegt hatte – und der sie nun ihre Schuld abzahlen konnte. Sie begegnete dem Blick Kendas ohne Groll über seine scharfen, bitteren Worte über die Unvermeidlichkeit des Todes. Jetzt, in diesem Moment konnte sie nichts schrecken. Tod und Schmerzen zählten nichts gegen das Gefühl, hier dabei zu sein!
02.01.2003 11:34 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Dann war der Augenblick vorbei – der Gesang endete. Schweigend standen die Soldaten und Offiziere. Ihr Kommandeur ließ seine Augen über die Front schweifen, ein Blick, der jedem Soldaten das Gefühl geben sollte, er persönlich würde angesprochen: „Soldaten! Ihr erfüllt mich mit Stolz! Eine Einheit wie die eure kommandieren zu dürfen, ist eine seltene Ehre!
Soldaten! Ihr habt in den letzten Wochen und Monaten tapfer gekämpft, bis zur Grenze des Menschenmöglichen und darüber hinaus! Ihr habt unserem Feind schwere Verluste zugefügt! Unser Angriff beginnt Wirkung zu zeigen. Die Bärengarnisionen haben erkannt, daß sie es hier mit einem Gegner zu tun haben, den sie selber nicht besiegen können! Die Verräter zittern in ihren Schlupfwinkeln, aus Furcht vor der eisernen Faust, die sie herauszerrt in das unbarmherzige Licht der Sonne, und ihrer gerechten Strafe überantwortet! Milizionäre, Polizisten und andere bewaffnete Schergen des Aggressors weichen bei unserem Nahen, anstatt sich zum Kampfe zu stellen! Die zivilen Verräter wissen auf einmal, daß es eine Gerechtigkeit gibt, vor die sie die Macht ihrer Herren nicht schützen kann! Und jene, die am Blut und Leid der versklavten Bevölkerung, und in den Diensten der Mörder und Brandschatzer, reich und fett geworden sind, wissen, die Zeit ihres guten Lebens ist vorbei! Die Menschen erkennen, daß ihre neuen Herren nicht so übermächtig sind, wie sie immer behaupten! Sie erkennen, daß man sich nicht unterwerfen muß – daß ein jeder kämpfen kann, wenn er nur klug und entschlossen handelt. Mit uns als Vorbild und unserer Hilfe haben die Partisanen begonnen, den Krieg auf ihren Heimatwelten in ein neues Stadium treten zu lassen! Nicht länger mehr fliehen sie den Feind – sie suchen und stellen ihn, vernichten ihn, wo er sich aus seinen Festungen wagt, halten Gericht über die Verräter!
Dies, Soldaten, verdanken wir euch! Euer Kampf hat den Menschen Mut gemacht, hat entlarvt, daß unsere Feinde geschlagen werden können! Alle jene, die vergessen hatten, wie man sich erhebt, wie man aufrecht geht, all jene, die in über zehn Jahren in die Knie gezwungen wurden, verlassen und verraten vom Drachen – all jene haben durch eure Taten neuen Mut geschöpft! Es war nicht der feine Herr Theodore Kurita, nicht der edle Kanrei mit seiner Genyosha und seinem Daishi – es war auch nicht der tapfere Eiserne Jarl und seine Drakoner! Nein! Ihr wart es, Soldaten! Ihr – eine abgerissene, kleine Bande von Männern und Frauen, die nicht viel mehr hatten, als den Mut und Haß in ihren Herzen. Und dennoch – dies genügte! Denn ihr habt nicht gezögert und nicht gewankt, wo die hohen Herren schwach wurden, und die edlen Helden zurückschreckten! Ihr seid die Helden dieses Krieges! Eines Krieges, der nicht mit Tausenden von Battle-Mechs, nicht mit Fliegergeschwadern, nicht mit Kriegsschiffen und Panzerdivisionen geführt wird. Nein, eines Krieges vielmehr, in dem wenige vieles vermögen – wenn sie nur tapfer und treu zusammenhalten! Und wenn sie die Herzen der Unterworfenen mit neuem Mut, die der Feinde und Verräter mit blindem Entsetzen erfüllen können!
Was ihr vollbracht habt, das kann niemals wieder ungeschehen gemacht werden! Wir haben das Feuer des Kampfes, das Feuer des Widerstandes, das schon fast erloschen war, mit Sturmwind wieder angefacht! Es lodert – ein Scheiterhaufen für unsere Feinde! Und was auch geschehen mag – dieses Feuer wird nie erlöschen! Heute nicht, in einem Monat nicht – und nicht in tausend Jahren! Niemals werden die Besatzer uns unterjochen können! Niemals wird eine Zeit kommen, da keiner mehr aufsteht, seine Heimat zu schützen, alles Leid und allen Tod zu rächen! Und dies Soldaten – dies danken wir euch!
Soldaten! Es kann kein größeres Glück für einen Kommandanten geben, als eine Einheit wie die eure zu führen! Ihr seid der Tsunami! Ihr seid das Feuer! Ihr seid der tosende Sturm! Ihr seid die Vernichtung der Feinde – der Kamikaze!
Ich weiß, viele von euch sind keine Kinder des Drachen – sondern stolze Söhne und Töchter Rasalhags. Aber heute und hier, Soldaten, zählt die Herkunft nichts! Nichts zählt der Rang und nichts die Herkunft – es zählen nur die Herzen! Und ich weiß – diese Herzen sind wertvoller und stärker als die von Adligen und Generälen – denn es sind die Herzen von Männern und Frauen, die ihre Heimat über alles lieben, und niemals, niemals bereit sind zuzulassen, daß man ihre Heimat in Ketten legt! Hier und heute kämpfen wir für kein Haus, für keinen Adligen – wir kämpfen für unsere Heimat, wo immer sie liegen mag! Und um die Rettung derer, die wir lieben – oder für die Rache an jenen, die sie uns genommen haben!
Soldaten! Ihr wißt, warum ich euch hier zusammengerufen habe! Binnen kurzem werden wir wieder im Kampf stehen. Unsere Gegner sind Söldlinge, Mietsoldaten. So groß ist der Haß der Besatzer – und der des falschen Herrschers von Haus Kurita – auf uns und unseren Kampf, daß sie sich zusammengetan haben, um eine Bande von bezahlten Totschlägern als Kopfgeldjäger auf uns zu hetzen! Ruhm und Ehre den tapferen Kriegern des Clans Geisterbär, die es nicht selber wagen, uns zu jagen! Lob und Preis dem edlen Haus Kurita, das mit blutroten Gold dafür bezahlt, daß Männer und Frauen, die nur ihre Heimat lieben, und den Feind hassen, gehetzt und getötet werden! Schande über sie! Unsere Verachtung ist noch zuviel der Ehre! Und klagen wir darüber, wie tief Menschen sinken können, sich zu solchem Vorgehen – aber auch zu solchem Dienst – zu erniedrigen!
Nun, wir werden die Söldlinge stellen! Wir werden sehen, wieviel das Blutgeld ihnen wert ist, das Haus Kurita und die Besatzer aus den Menschen geschunden haben! Wenn wir auf sie treffen, dann wißt, womit wir es zu tun haben! Gewissenlose Mörder, die Geld annehmen, egal wieviel und egal wessen Blut daran klebt! Menschen ohne Vaterland, die sich dem Meistbietenden verkaufen! Wer sich uns in den Weg stellt, der möge seine Strafe empfangen! Ihr wißt, wie ihr mit ihnen umzugehen habt.
Doch unterschätzt sie nicht! Sie mögen dennoch tapfere und entschlossene Kämpfer sein – auch wenn sie ein Leben führen, in dem alles Gute und Schöne mit Füßen getreten wird! Haßt sie, vernichtet sie – aber unterschätzt sie nicht. Und sei es nur deshalb, weil das Blut von zehn Soldknechten nicht das eines einzigen aus eurer Mitte wert ist!
Soldaten! Wir werden den Krieg einmal mehr zum Feind tragen! Wir werden den Menschen auf Thule zeigen, wie verwundbar ihre Kerkermeister sind! Wir werden den Verrätern beweisen, wie falsch und töricht ihre Entscheidung war – bevor wir sie vernichten! Mit jedem Sieg, mit jedem gerichteten Verbrecher bröckelt die Macht unserer Feinde, schwillt der Strom des Hasses und der Rache – Zorn und Haß, die sich auf die Besatzer richten – an. Bis er schließlich alle Dämme bricht, und jede Tyrannei hinweg reißt!
Soldaten! Auf ins Gefecht!“

Und tosend erhob sich über den angetretenen Soldaten der Kampfruf der Ronin: „Banzai! Banzai! Banzai!“

„Abteilung – Rechts schwenkt! – Im Gleichschritt – Marsch!“ Und unter dem donnernden Klang ihres Marschtrittes rückten die Truppen ab, hinter ihnen mit heulenden Hubsystemen die Hovercrafts, erdbebengleich den Boden erschütternd die Mechs. Eine geballte, kampfbereite Macht – entschlossen, sich dem Feind zu stellen – so gingen sie zu den bereitstehenden Landungsschiffen vor.

Torkilsson in seinem Quartier blickte kurz zum Fenster: „Verdammter Rattenfänger! Wie es aussieht, hat er sie wieder mal da, wo er sie haben will!“ Einer der anderen zuckte mit den Schultern: „Wenigstens wissen wir jetzt, wer zu ihm gehört – und wer nicht.“ „Pah! Noch ein paar Wochen so wie bisher, und wir sind die einzigen, die wegbleiben, wenn er sie wieder einpeitscht!“ „Ich verstehe bloß nicht, warum er so viele seiner Leute – und von unseren, die nun auf ihn hören – hier gelassen hat!“ Der Piratenkapitän lachte grimmig: „Warum wohl! Weil er, ungeachtet seines Geschwafels und seiner ‚Heiliger Krieger‘- Allüren kein Narr ist! Er traut mir nicht, und um keine Überraschung vorzufinden, wenn er zurückkommt, läßt er genug ‚zuverlässige‘ Leute zurück!“ „Wie gut, daß Ihr alle Vorbereitungen schon getroffen habt, Kapitän!“ „Na, wollen wir hoffen, daß wir sie nicht so bald brauchen! Die sind nur für den GAU! Bis dahin sollten wir lieber versuchen, soviel Leute wie möglich auf den Teppich zurückzuholen. Da er seine beiden Lieblingsagitatoren mitgeschleppt hat – ich hätte nie gedacht, daß man bei den Schlangen so gut reden lernt – sollte es gewisse Möglichkeiten geben. Wir haben zu tun!“
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Gnadenlos

Weltraum über der Piratenbasis

Die Schritte des Sho-sa waren schnell und energisch. Nun, sie wären es zumindest gewesen – wenn er nicht schwere Magnetsohlenstiefel getragen hätte, wie sie an Bord von Raumschiffen ohne Schwerkraft fast unverzichtbar waren. Diese notwendigen, aber oft mehr als lästigen, Utensilien verwandelten seinen Gang eher in eine Art Waten. Nun – die Absicht zählte. Die Sohlen hätten eigentlich so viel Lärm wie eine Kompanie im Gleichschritt machen müssen, doch auf geheimnisvolle Art und Weise fabrizierten sie nur ein gedämpftes Poltern – wie immer in der Schwerelosigkeit. Die Gänge waren leer, abgesehen von einer einsamen Raum-Tech, die dem Offizier eine Ehrenbezeigung erwies. Er nickte ihr knapp zu, ohne sich darum zu kümmern, daß der Gruß bei weitem nicht korrekt ausfiel. Raumsoldaten nahmen es im Bewußtsein ihres Status als Spezialisten oft nicht so genau, und ein kluger Offizier tolerierte derartiges. Abgesehen davon – Sho-sa Kurogane Hidetoshi hatte Wichtigeres zu tun, als einer nachlässigen Technikerin Strafexerzieren zu verpassen. Er erreichte die Luke, die das Sprungschiff mit dem Landungsschiff „Akikaze“ verband. Den Weg zum Sprungpunkt hatte er zusammen mit seinen Leuten und den Panzern und Infanteristen der Piraten auf der „Hugin“ – neben „Mugin“ das zweite Seeker-Landungsschiff der Piraten – verbracht. Und wenn sie erst ins Thule-System gesprungen wären, würde er natürlich wieder an Bord sein, und seine Leute ins Gefecht führen. Nur jetzt, während die Landungsschiffe an das Spungschiff „Sleipnir“ angekoppelt waren, konnte man zwischen ihnen hin und her wechseln. Und Chu-sa Kenda hatte um eine Besprechung gebeten.

Während er sich seinen Weg bahnte, grübelte der Infanterieoffizier vor sich hin. Es gab keinen Grund, jetzt noch eine Dringlichkeitsberatung anzuberaumen. Alle Details des Angriffs auf die Söldnerbande, die Clan Geisterbär gegen die Ronin losgehetzt hatte, waren geklärt. Jeder Soldat kannte den Anmarschweg, jeder Fahrzeugführer hatte eine Karte der Umgebung im Kopf. Die Soldaten wußten, wo der Feind zu erwarten war, und wie sie vorzugehen hatten. Und immer noch steigerten sie ihre Einsatzbereitschaft, überprüften ihre Kenntnisse und Ausrüstung. Als er den Mechhangar der „Akikaze“ durchquerte, konnte er sich einmal mehr davon überzeugen. Die Ronin-Piloten, alle in voller Gefechtsmontur, Faustfeuerwaffe und Handgranaten inklusive, hockten am Boden in einer Gruppe zusammen, während Sho-sa Nakamura blitzschnell eine Schautafel nach der anderen hochhielt. „Masakari!“ tönte es, kaum daß sie ein Schattenbild des tödlichen Omnimechs emporgehoben hatte. „Schreck!“ beim Anblick eines dreirohrigen Sturmgeschützes. Dieses Training diente dazu, daß die Soldaten bei Feuerbefehlen in Sekundenbruchteilen ihr Ziel identifizieren konnten, wenn der Computer versagte oder dieses Fahrzeug nicht gespeichert hatte. Ausbildungen solcher Art waren in modernen Armeen selten – das Kombinat aber ließ nicht zu, daß seine Soldaten abhängig von ihrer Technik wurden. Jedenfalls nicht zu sehr.

Mit einer knappen Geste übergab die junge Frau ihre Aufgabe an einen anderen Offizier und schloß sich Hidetoshi an. Schweigend gingen sie weiter. Und während sie dahinschritten, kehrten die Gedanken des Sho-sa wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Was mochte Kenda wollen? Hidetoshi war sich ziemlich sicher, daß Kenda ihn respektierte und schätzte. Aber dennoch – er schien immer Geheimnisse zu haben. Auch wenn er einem Untergebenen voll zu vertrauen schien, so behielt er anscheinend immer etwas für sich, offenbarte nie alle Gedanken und Pläne. Vielleicht mochte dies bei Nakamura anders sein. Die junge Offizierin verbrachte mehr Zeit mit Kenda als sonst einer der Kommandeure, so seltsam dies auch angesichts ihrer wiederholten Konflikte war. Sie hatte zwar jeden Befehl befolgt – aber mehr als einmal widersprochen. Dennoch schien dies der Zusammenarbeit nicht zu schaden. Ein anderer als Hidetoshi – ein Davion-Offizier oder ein Steiner – hätte wohl die Vermutung geäußert, daß zwischen den beiden „etwas sei“. Immerhin war die Sho-sa eine hübsche, junge Frau, und der Kommandeur konnte durchaus charmant sein, wenn er wollte. Doch selbst ein flüchtiger Gedanke in dieser Richtung erschien dem Infanterieoffizier völlig abwegig. Er kannte Kenda lange und gut genug, um zu wissen, daß der niemals seine Frau hintergehen würde, schon gar nicht, indem er eine Beziehung mit einer Untergebenen anknüpfte. Und Nakamura würde niemals etwas mit ihrem direkten Vorgesetzten anfangen, vor allem nicht, wenn der verheiratet war. Dennoch, manchmal hatte Hidetoshi das Gefühl, daß zwischen den beiden ein stummes, tiefgehendes Einverständnis herrschte, als wüßte der Kommandeur, was sie als nächstes sagen würde. Er fragte sich, ob Kenda ihr vielleicht seine Pläne offenbart hatte. Allerdings schien ihm dies auch nicht allzu wahrscheinlich – je weniger Mitwisser es gab, desto besser. Nicht, daß Kenda Verrat fürchtete. Aber er hatte Respekt vor den feindlichen Verhörkünsten, was wohl zum Teil daran lag, daß er genug Einblick in entsprechende Praktiken und ihre Effizienz hatte. Und so weihte er seine Leute ein, wenn es ihm richtig erschien. Keine Sekunde früher.

Schließlich waren sie vor der Kabine des Chu-sa angelangt. Ein kurzes Klopfen, ein knappes: „Herein!“ – und die beiden Offiziere betraten den Raum. Er war spartanisch eingerichtet – Bett, Tisch, Schrank, als einziger Schmuck eine Flagge mit der aufgehenden Sonne und einige Fotos mit Familienangehörigen aus glücklicheren Tagen. Der Tisch freilich war bedeckt mit Papierausdrucken, Datendiscs und einer Bildwiedergabeeinheit, sogar einer ziemlich leistungsfähigen. Daneben lag eine dunkel schimmernde Nambu-Autopistole, die Standartdienstwaffe für Kombinatsoffiziere. Kenda hatte sich erhoben und hieß seine Untergebenen willkommen. Sie erwiderten die Begrüßung ehrerbietig. Dann nickte er ihnen, Platz zunehmen.

Methodisch plazierte der Chu-sa einige Gerätschaften auf dem Tisch. Er konnte die Überraschung seiner Offiziere spüren. Abhörsicherung war hier eigentlich nicht nötig – Störsender und dergleichen erübrigten sich innerhalb der Einheit. Wenn er sie jetzt verwendete, dann weniger, weil er wirklich an einen Spion unter seinen Leuten glaubte, als vielmehr, um seinen Untergebenen ein Zeichen zu geben, wie wichtig und geheim die Besprechung war.

„Was ich Ihnen heute zu sagen habe, hat geheim zu bleiben. Ich erwarte keinen Eid oder ähnliche theatralische Bezeugungen Ihrer Verschwiegenheit – ich will nur, daß Sie sich klar darüber sind, daß KEIN Wort darüber nach außen dringen darf. Zu niemanden. Ich werde zu gegebener Zeit Sho-sa Hakon Ragnarsson“ – Hakon Ragnarsson war der Führer der Piraten, die fest auf Kendas Seite standen – „von den hier erörterten Dingen in Kenntnis setzen. Mit ihm, und nur mit ihm haben Sie das Recht, über Details der Operation zu besprechen, um die es geht. Aber machen Sie sicher, daß keine weitere Person etwas davon erfährt.“ Kenda blickte von einem Paar dunkler Augen zum anderen und lächelte dünn. Oh ja, er konnte sehen, daß sie ihn verstanden hatten. Er hatte Glück mit seinen Offizieren gehabt.

„Wie Sie wissen, Nakamura, fiel uns bei unserem zweiten Angriff ein Stone Rhino in die Hände. Ein 100 Tonnen schwerer Garnisionsmech – leider in nicht betriebsfähigen Zustand. Eine solche Maschine wäre eine wertvolle Verstärkung unserer Truppen. Nun, ich bat deshalb Kapitän Sazumi, die Augen und Ohren offenzuhalten, ob er einen geeigneten, sagen wir mal ‚Lieferanten‘ für die notwendigen Ersatzteile finden könnte. Vor zwei Monaten konnte er mir ein paar interessante Nachrichten übermitteln. Er hat eine Anlage entdeckt, die uns das nötige Material liefern könnte – und die auch ansonsten ein gutes Ziel ist. Sie werden sich sicher fragen, warum ich Sie nicht früher eingeweiht habe. Nun, die Operation erscheint recht heikel auf den ersten Blick, und ich wollte mir erst meine eigenen Gedanken machen. Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo Sie Näheres erfahren sollen.“ Hidetoshi blickte bei diesen Worten seines Vorgesetzten rasch zu Nakamura. Sie schüttelte unmerklich den Kopf und zog dann fragend eine Augenbraue hoch. Auch er verneinte wortlos – sie hatten beide nichts gewußt. Kenda betrachte seine Untergebenen mit einem leichten Lächeln. Ihm war wohl klar, daß sie ihn verstanden, und ihm sein Schweigen nicht nachtrugen. Auch wenn Vertrauen nötig für jede Zusammenarbeit war – die beinahe blinde Loyalität, die ihm seine Offiziere entgegenbrachten, beschämte ihn fast.
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Er rief eine Datei auf dem Bildwerfer auf. Der Datenschirm zeigte die dreidimensionale Ansicht eines Planeten. „Dies ist Susquehanna. Die Welt liegt zwei Sprünge von hier – und damit außerhalb unseres üblichen Operationsgebietes. Dies sollte eine Überraschung erleichtern. Außerdem gibt es dort seit Jahren keine nennenswerte Rebellenaktivität mehr, und die Truppen dürften nicht mit einem Angriff auf unsere Art rechnen. Sicher haben sie sich vor anderen Clanern zu fürchten, aber die gehen ja grundsätzlich anders vor.“ Er musterte die beiden Sho-sas einen Augenblick. Dann brach Hidetoshi das Schweigen: „Was genau ist dort?“ Der Chu-sa grinste: „Die Lösung unserer Probleme. Und eine Gelegenheit, den Clanern eine Lektion zu erteilen, die sie ihr Lebtag nicht vergessen werden!“ Sein Ton wurde wieder nüchtern: „Susquehanna beherbergt einige von den Bären mitgebrachte Industrie. Außerdem ist dort ein Stützpunkt ihres Ausbildungsprogramms – einige Geschkos erhalten hier ihren letzten Schliff. Und die örtliche Industrie ist auch nicht zu verachten. Unser Ziel ist ein Garnisons- und Instandhaltungskomplex. Dort gibt es Produktionstraßen für Ersatzteile und ähnliches, vor allem aber einige Lagerhäuser mit entsprechenden Komponenten. Es sollte uns möglich sein, dort zu finden, was wir benötigen. Der Komplex ist recht groß, und wird durch einen provisorischen Trinärstern verteidigt. Nach Auskunft unserer Informanten handelt es sich um einen Mechstern – ein Peregrine, ein Jenner IIC, ein Ursus, ein Grizzly und ein Rifleman IIC – ,einen Panzerstern – vier Zorya, zwei Mithras, zwei Hachiman und zwei Oros – und schließlich ein Stern von 25 Infanteristen, keine Elementare, mit einem Svantovit-Transporter.“ Ohne sich um die bestürzten Gesichter seiner Untergebenen zu kümmern fuhr Kenda mit der – reichlich niederschmetternden – Aufzählung fort: „Außerdem ist die Anlage die Basis für die fünf dort lokalisierten Geschkos. Diese bestehen aus je 15 bis 25 Rekruten und zwei bis vier Ausbildern. Jede Geschko verfügt über zwei Mechs – und wenn mich nicht alles täuscht, dann haben wir es dort mit zwei Vulture, drei Fenris, vier Sprintern und einer Libelle zu tun. Überdies wird die einheimische Industrie – mit Zentrum etwa 450 Kilometer von unserem Ziel – von einem weiteren Trinärstern gesichert.“ Erst jetzt schien er seine Offiziere richtig wahrzunehmen. Der Anblick hatte etwas für sich. Beide ließen in ihren Mienen kein Anzeichen von Entsetzen oder Empörung erkennen – aber die Blicke, die sie tauschten, sprachen Bände. Offenbar fürchteten sie um seinen Verstand. Kenda lachte: „Oh, keine Angst. Ich bin durchaus nicht verrückt geworden. Als Sazumi mir dieses Ziel als Option nannte – ich hatte ihm für seine Bemühungen einiges an Geld gegeben, und zwar einen saftigen Vorschuß – war ich nahe daran, von ihm Yabitsume zu verlangen. Aber dann begann ich, mir die Sache zu überlegen. Ich denke, es könnte machbar sein.“

Jetzt erkannte er bei ihnen die Bereitschaft, ihm zuzuhören. Nun, er hatte auch nicht mit einer Meuterei gerechnet. „Einiges spricht nämlich für unseren Plan. Zum einen – wie schon erwähnt gab es dort in den letzten drei Jahren keine nennenswerte Guerilla. Abgesehen von gelegentlichen Schießereien mit den Polizisten oder einem Mord an einem unvorsichtigen Claner hat sich dort nichts ereignet. Die Wachsamkeit dürfte also eher auf Angriffe auf niedriger Schwelle gerichtet sein. Weiterhin sind die Omnimechs der Ausbildungskader nicht in bestem Zustand. Wenn man mit zwei Mechs mehr als ein Dutzend Leute trainieren muß, dazu auf die Art und Weise, wie unsere lieben Besatzer es tun, dann ist die Beanspruchung des Materials beträchtlich. Nach allem, was ich herausbekommen konnte – und das sind die Durchschnittswerte eines Jahres – sind immer zwei bis drei der Mechs in Reparatur, und das heißt kampfunklar im Stützpunkt. Außerdem sind die Ausbilder – oder die Rekruten – keine Einheit. Jede Geschko trainiert für sich – teilweise schlagen sie sich auch die Schädel ein – und es gibt weder eine eingespielte Zusammenarbeit, noch eine klare Kommandostruktur. Im Angriffsfall würde also vermutlich der Garnisonssternführer den Befehl übernehmen. Dazu muß er aber die Mechs erst einmal sammeln. Die Panzer und Mechs der Garnison sind im zentralen Wartungshangar abgestellt – einem riesigen Betonklotz im Zentrum des Komplexes, gleich neben den Quartieren.“ Kenda rief ein paar Bilder ab, die die Anlage zeigten: „Wie Sie sehen, ist der Komplex durch einen Panzergraben und eine Sensorenphalanx – Wärme- und Bewegungsmelder – gesichert. Die Truppen des zweiten Trinärsterns können für ihr Vorrücken zwei Straßen benutzen. Auf jeden Falle“ neue Bilder erschienen: „müssen sie hier oder hier über einen Fluß setzen. Der ist ziemlich breit, und nach meinen Informationen ist der Grund alles andere als verläßlich. Selbst Mechs dürften da ihre Schwierigkeiten haben – für Tanks ist es völlig unmöglich, wenn es keine Hoverpanzer sind. Deshalb sind sie auf die Brücken angewiesen.“ Nakamura ließ sich alles durch den Kopf gehen: „Mir ist bloß nicht ganz klar, wie wir die Lage so ausnutzen wollen, daß wir mit Aussicht auf Erfolg angreifen können. Bei einer Landung ist zu befürchten, daß der Garnisonskommandeur die Ausbilder und seine Leute um sich schart. Mit einem Dutzend Mechs und zehn Panzern können wir kaum fertig werden – auch wenn die Verstärkung sicher zu spät kommt.“ Kenda nickte: „Nun, Sie haben Sich ja auch nicht drei Wochen lang jeden Tag vier Stunden mit der Sache beschäftigt. Und ich habe da ein paar Ideen.“ Er blickte Hidetoshi an: „Sobald wir zurück sind, haben Sie den Befehl, aus unseren Soldaten und den verläßlichen Piraten einen Kommandozug zu formen. Nehmen Sie nur die Besten. Wenn Sie sechs bis acht Dreierteams aufstellen können, sollte das ausreichen. Bilden Sie sie aus – ohne ihnen Details zu nennen. Das genaue Programm arbeiten wir noch aus, aber ich verlasse mich voll auf Sie. Was nämlich der große Vorteil an Susquehanna ist, ist der Umstand, daß es einen regen Handel gibt. Die Geisterbären haben ihn nicht unterbunden – das wäre auch dumm gewesen, und dann hätten die Händler eben geschmuggelt. Schmuggler gibt es natürlich auch. Und angesichts der relativen Schwäche und Unerfahrenheit der Clans mit solchen Dingen können die Zolloffiziere und –beamten ihr Scherflein ins Trockene bringen, und sehen gar nichts. Es sollte möglich sein, zwei Dutzend Leute mit aller Ausrüstung dort einzuschleusen – da werden noch ganz andere Waren- und Personenmengen abgewickelt. Und hier setzen wir an.“

Knapp erläutere er seinen Plan. Die Kommandos würden in Position gehen. Ein Team würde in der Stadt unweit der Garnison in Stellung gehen, je eines bei den beiden Brücken. Die anderen würden sich den feindlichen Stützpunkt vorknöpfen. Geschützt durch die besten Schleichanzüge, die man für Geld kriegen konnte – nicht gerade DEST-Qualität, aber doch gutes Com-Star-Material – würden sie den Sensorengürtel überwinden und die einzelnen Wachposten ausschalten. Viele würden es nicht sein, bedachte man, daß der Gegner nur 25 Mann zur Verfügung hatte. Ein Mech war als Wächter nicht zu erwarten, zwei Panzer allerdings schon. Zeitgleich sollten dann die Angriffe erfolgen. Das Team 1 in der Stadt würde die Umverteilerstation in die Luft jagen, die den Stützpunkt mit Strom versorgte. Die Angriffsteams auf dem Gelände der feindlichen Garnison würden die Tanks ausschalten – unsichtbar wie sie waren, sollte es nicht allzu schwer sein, ein paar Infernoraketen zu plazieren oder eine Hafthohlladung anzubringen. Panzersoldaten verließen sich in der Regel auf ihre Sensoren, und Kenda vertraute den Leuten, die Hidetoshi ausbilden würde. Die Brückenteams würden in der Nacht zuvor unter Wasser die Stützpfeiler der Brücken mit ein paar Packen Pentaglyzerin versehen. Da die Brücken nur von Miliz bewacht waren, sollte dies ebenfalls machbar sein.

„Aber ich verstehe immer noch nicht, wie uns das die Panzer und Mechs vom Hals schaffen soll. Wir können nicht hoffen, vor den Clanern im Hangar zu sein, und sprengen könnten unsere Kommandos diesen Block kaum – nicht ohne eine Hundertschaft Gepäckträger mit Sprengmaterial.“ meinte Hidetoshi. Kenda lächelte. Es war ein ausgemacht boshaftes Lächeln: „Das ist mit durchaus klar. Sie sollen auch nicht in den Bunker kommen – und dennoch wird kein Claner seine Maschine erreichen.“ Er legte vier etwa faustgroße Gegenstände auf den Tisch: „Wissen Sie, was das ist?“ Der Infanterieoffizier begutachtete die Objekte – eindeutig Granaten. Dann zuckte er mit den Schultern: „Werfergranaten. Verschossen von Granatwerfern, beziehungsweise von leichten Rückstoßfreien Gewehren. Je eine trägt die Kennzeichnung für Tränengas. Er hob die beiden anderen hoch. Sie hatten einige Schriftzeichen und einen intensiv gelben Farbring um das hintere Ende. Dort war normalerweise die Kennzeichung – je nachdem ob es eine Brand- , Splitter-, Spreng- , oder Rauchgranate war – angebracht: „Diese Zeichen aber sagen mir nichts – ich habe so etwas noch nie gesehen.“ „Das werden Sie auch nicht so schnell wieder erblicken. Die Granaten wurden auf meinen persönlichen Wunsch angefertigt – es sind Musterstücke. Es heißt, wer sich nicht mit der Geschichte auseinandersetzt, ist dazu verdammt, sie wieder und wieder zu erleben.“ Miene und Stimme des Chu-sa wurden eiskalt: „Die Granaten enthalten Sarin. Ein Nervenkampfstoff, der auf Terra etwa Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Anders als Tränengas wird er über die Haut aufgenommen, nicht nur über Schleimhäute und Atemwege, und Gasmasken nützen nichts. Es ist bei weitem nicht so wirksam wie moderne Kampfstoffe – aber er wirkt tödlich, und wer mit ihm in Berührung kommt, ist zumindest kampfunfähig. Sarin ist einfach herzustellen und weil es längst veraltet ist, sind die Bestandteile auch nicht kontrolliert. Es wurde deshalb in der Vergangenheit schon mehrfach von kleinen Gruppen hergestellt und eingesetzt. Die Yakuza hat in meinem Auftrag begonnen, eine erhebliche Zahl von Granaten anzufertigen. Wenn unser Kommando die Panzer ausgeschaltet hat, wird es das Feuer auf die Lüftungsöffnungen eröffnen. Sprengmittel würden wegen der schieren Größe der Anlage nicht viel ausrichten – aber das Gas kann nicht durch ein Granatennetz aufgehalten werden. Sie werden Tränen- und Nervengas gemischt abschießen. Wenn die Piloten den Hangar betreten, werden sie nur das Tränengas registrieren, denn Sarin ist geruchlos und unsichtbar. Ein Claner läßt sich von Polizeikampfstoffen nicht schrecken, schlimmstenfalls werden sie Gasmasken tragen. Ehe sie merken, was vorgeht, ist es zu spät. Deshalb muß auch der Verteilungsstation zerstört werden. Der Stützpunkt verfügt zwar über einen autonomen Generator, aber der ist nur für die wichtigsten Anlagen ausreichend – nicht für die Luftumwälzung im Hangar. Noch bevor die Claner dort etwas unternehmen können, wird ein Großteil ihrer Panzerfahrer und Mechpiloten kampfunfähig sein. Die Kommandos erschießen jeden, der sich ins Freie wagt und sorgen dafür, daß die Gas- und Tränengaswolken im Hangar nicht zu schwach werden. Rückt Verstärkung vom zweiten Trinärstern an, sprengen unsere Teams die Brücken, sowie die ersten Feinde darauf sind. Unsere Mechs und Panzer werden die Zeit nutzen und von den Trainigseinheiten nur noch Trümmer übrig lassen. Es muß klar sein, daß die Garnison völlig vernichtet werden muß. Keiner darf überleben, die Leichen müssen verbrannt werden. Wir werden hinterher alles, was wir brauchen können, mitnehmen – alles andere wird gesprengt. Es geht mir dabei weniger um die möglichen Folgen, wenn unsere Kampfmethoden bekannt werden – mehr als töten kann man uns nicht. Aber ich denke, man kann diese Taktik noch öfter anwenden. Die Clans sind zwar psychologisch durchaus im Stand, Zivilisten zu ermorden oder Infanteristen abzuschlachten. Doch daß jemand Krieger und Techs vergiften könnte wie Ratten, das können sie sich wohl in ihren dunkelsten Träumen nicht vorstellen. Es kann – und es wird gelingen.“
02.01.2003 11:36 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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Die Augen Kendas wanderten von einem Gesicht zum anderen. Keine Empörung. Gut. Er hatte auch nicht damit gerechnet. Nakamura zog leicht eine Augenbraue hoch, und er schüttelte unmerklich den Kopf. Nein, hier brauchte sie einmal nicht ihre Rolle zu spielen. Hidetoshis Gesicht war unleserlich. Er zeigte nicht, ob er den kurzen Austausch von Gesten bemerkt hatte. Langsam nickte er: „Das klingt machbar. Es hängt aber viel von den Kommandos ab. Scheitern sie, ist der ganze Plan ein Mißerfolg.“ „In der Hinsicht verlasse ich mich voll und ganz auf Sie. Ich kenne Sie lange genug, um zu wissen, daß Sie mich nicht enttäuschen werden.“

„Wenn wir mit den Söldnern fertig sind – die kami mögen geben, daß es nur geringe Verluste gibt – werden wir uns erholen müssen. Ich weiß, alle Berichte klingen günstig, und es deutet nichts darauf hin, das die örtliche Widerstandsorganisation getäuscht hat oder hintergangen wurde. Dennoch – selbst wenn nur ein geringer Irrtum vorliegt, oder eine Entwicklung, die sie nicht vorhergesehen haben, wird es blutig werden. Wenn auch nur der Bärenkrieger zu seinem Mech kommen kann, kann das einiges an Schäden bedeuten. Wir werden, selbst wenn wir Glück haben, Zeit brauchen, wieder kampfbereit zu werden. Überdies müssen wir einiges an Material und auch ein paar Instrukteure auf Thule zurücklassen – die dortige Guerilla braucht unsere Hilfe nach einigen Rückschlägen, und die Verräter brauchen eine Lektion. Sazumi wird von New Tunis neue Rekruten mitbringen, Flüchtlinge, die unsere Reihen auffüllen können. Er wird das Material anliefern, das wir brauchen – Granaten, Schleichanzüge, Schutzanzüge. Er wird auch die Passage für die Kommandos organisieren. Sie, Hidetoshi, werden Ihre Kommandos trainieren. Schicken Sie sie auch in die Simulatoren, Dateien mit Grundrissen bekommen Sie noch. Sie werden ihnen sagen, es ginge um einen Angriff auf Jarett – dort existiert eine ähnliche Anlage. Lassen Sie sie üben bis zum Umfallen. Nakamura, Sie und Hakon werden den Kampf gegen die Omnis zu bestreiten haben – natürlich werde ich auch von der Partie sein. Ich will, daß Sie sich mit dem Gelände vertraut machen, und unsere Soldaten optimal auf den Kampf vorbereiten. Wir werden die Garnison vernichten, wir werden die Trainigskader auslöschen und die Brücken unter den Füßen unserer Feinde in die Luft jagen. Und wenn wir Susquehanna verlassen, dann mit genug Waffen und Nachschub, um unseren Kampf fortzusetzen – und hinter uns ein weiteres Massengrab für unsere Feinde!“

Er stand auf, trat zum Schrank und holte eine kleine Flasche heraus. Mit ruhigen Bewegungen stellte er vor jeden Sitzplatz eine Trinkschüssel. Es war nicht das kostbare Porzellan, welches man oft dafür verwendete. Es war verbeultes, im Laufe der Jahre angelaufenes Leichtmetall – Trinkschalen, wie sie ein Offizier verwendete, der nicht wußte, wohin sein Befehl ihn noch führen würde, und die alles außer direkten Treffern überstanden. Er schenkte den kalten Sake ein und nickte seinen Offizieren zu: „Auf den Sieg!“

Einen Augenblick genossen sie das Brennen, das der Schnaps im Magen hinterließ. Dann verbeugten sich die Untergebenen vor ihrem Kommandeur und gingen. In einer halben Stunde würde der Sprung erfolgen, und nicht viele Stunden darauf würden sie im Gefecht stehen. Sie wußten nicht, ob sie sich noch einmal sehen würden – aber das schreckte sie nicht. Sie hatten ihren Entschluß gefaßt und waren bereit, den Preis zu zahlen.

Der Sprung zerriß das Gefüge der Realität, schleuderte das Schiff durch Zeit und Raum. Im selben Augenblick war es noch in der Umlaufbahn um die namenlose Sonne des Piratenplaneten und schon im Thule-System. Menschliche Sinne konnten dies nicht fassen, auch wenn der Hyperraumsprung schon seit Jahrhunderten zum Alltag gehörte. Doch immer noch war der Mensch den Gewalt, die er entfesselte, ohne sie ganz zu verstehen, hilflos ausgeliefert. Hier wurde ihm einmal mehr bewußt, wo seine Grenzen lagen. Einen Augenblick lang – dann war es vorbei.

Hidetoshi biß die Zähne zusammen. Dann, scheinbar nach einer Ewigkeit, ließ er zischend die Luft entweichen. Eine ruhige, klare Stimme ertönte über Interkom: „Achtung! Achtung! Abkoppeln in 30, wiederhole drei-null Sekunden. Bereit machen für Eintritt künstlicher Schwerkraft. – Abkopplungsmanöver beginnt!“ Mit einem dumpfen Rumpeln lösten sich die drei eiförmigen Raumschiffe von ihrem Mutterschiff, manövrierten vorsichtig. Dann, ein Brausen und Fauchen – die Systemtriebwerke waren angesprungen. Die durch die Beschleunigung erzeugte künstliche Schwerkraft beendete die Schwerelosigkeit, die ungeliebte Begleiterin interstellarer Reisen. Der Sho-sa räusperte sich: „An Alle! Standartstiefel anlegen. Einsatzbereitschaft – ab jetzt! Wir werden bald mit dem Eintritt in die Atmosphäre beginnen – macht euch bereit!“ Rings um ihn legten die Soldaten ihre Kampfstiefel an und suchten sich einen Platz, um sich festzuhalten. Der Offizier betrachtete sie. Die einen starrten dumpf vor sich hin, die Augen blind. Wer wußte, wo ihre Gedanken waren. Ob Zuhause oder jenseits des Lebens – kurz vor einer Landung im Feindgebiet mochte beides angebracht sein. Andere dösten scheinbar, nicht schlafend und nicht wachend, und jede Veränderung im Geräusch der Triebwerke lies sie hochfahren, jede Bewegung ihrer Kameraden nach den Waffen greifen. Einige hatten sich zusammengefunden und in einer Ecke des Hangars versammelt. Auf einem primitiven Altar – nicht mehr als ein flacher Feldtisch – brannte Weihrauch und schickte würzig duftende Schwaden in die Luft des Raumschiffes. Leise murmelten die Männer und Frauen ihre Gebete, ein düsterer, verzweifelter – und hoffnungsvoller – Chor. Wer dort nicht teilnahm, mochte andere Götter verehren oder Atheist sein, doch keinem wäre es eingefallen, die Betenden zu stören. Was immer auch sonst sein mochte – jetzt, vor der Schlacht, respektierte man ihren Glauben. Eine Soldatin hockte an der Wand. Mit gleichmäßigen, kraftvollen Bewegungen schliff sie einen geschwärzten Kampfdolch, dessen Schneide bereits die Schärfe eines Rasiermessers haben mußte. Doch sie hielt nicht inne, kratzend fuhr sie mit dem Wetzstahl über die Klinge. Der Soldat neben ihr überprüfte den Sitz seiner Handgranaten, dann zerlegte er geschickt seine Waffe und setzte sie wieder zusammen, um sich gleich darauf wieder den Granaten zu widmen. Keiner lachte oder scherzte – genau das Gegenteil zum Verhalten nach dem Kampf. Ein nervöses Schweigen schien jedes Geräusch zu erdrücken, eine fiebernde Nervosität, die jeden Augenblick in blitzschnelle Reaktion umschlagen konnte. Manche Poeten hatten es „den Ruf der Schlacht“ genannt, „die Ruhe vor dem Sturm“ oder „das Lauern des Raubtiers“ – doch unter den Soldaten gab es andere Namen. „Blutgeruch“, „Todeshauch“ – so nannten die Infanteristen die nervöse Erregtheit, die Truppen kennzeichnete, die auf dem Weg ins Feuer waren. Jede Geste, jede Miene, jedes Wort schien eine völlig neue und andere Bedeutung zu haben, verzerrt, unheilvoll, düster.

Ein letztes Mal brüllten die Manöverdüsen auf. Langsam, donnernd, erderschütternd setzten die riesigen Kugelraumer auf. Unzähligen Armen gleich glitten die Waffen bald hierhin, bald dorthin, jeden Feind mit sofortiger Vernichtung bedrohend. Festungen aus Stahl und Feuer, unbezwingbar und todbringend, so schienen sie zu sein. Die Rampen senkten sich, und die mächtigen Kampfkolosse rückten vor, jeder ein Vielfaches an Gewicht von jedem Lebewesen, das auf Erden wandelte, und zehnmal so tödlich. Hinter ihnen schwärmten die Panzer und MTW’s aus, kleiner, aber nicht minder bedrohlich. Angesichts dieser geballten Macht schien jede Gegenwehr zwecklos, jeder Gedanke an Kampf verderbenbringend.

Hidetoshi sprang auf. Es war soweit. Einen Augenblick wartete er noch – dann kam die Freigabe von den Mechs. „Alle Mann – an die Maschinen! Bereit zum Gefecht!“ Mit ihm erhoben sich seine Soldaten. Er spürte die Veränderung, die in ihnen vorging – wie jedes Mal. Sie rückten vor. An der Spitze die Leichtbewaffneten, jeder mit einer Handfeuerwaffe und Wurfgranaten. Dahinter die schweren Truppen, mit Scharfschützengewehren, Granatwerfern, MG’s, Mörsern und Raketenwerfern oder Ersatzmunition. Die Laserzielstrahlen und Fernrohre auf den leichten und schweren Waffen gaben ihnen ein futuristisches Aussehen, ließen sie gleichermaßen klobig wie unwirklich erscheinen. Dann, als die Infanteristen über die Rampe hasteten, setzten sie ihre Nachtsichtgeräte auf. Nun schienen sie mehr Roboter als lebende Menschen zu sein, Gestalten aus einem Sience-Fiction Film – gepanzert, bewaffnet, maskiert, anonym und willenlos. Doch ihr Anführer hatte ihre Gesichter gesehen. Es war eine kalte Entschlossenheit, ja geradezu Grausamkeit in den Mienen, die schrecklicher war als jede seelenlose Maschine. Starre Augen, die Zähne zusammengebissen, die Lippen geschlossen – die Bestie Krieg ließ ihre Hunde von der Leine. Und die maschinenhaft wirkenden Gestalten konnten mit einer Schnelligkeit und Geschmeidigkeit agieren, die kein Roboter erreichen konnte. Sie würden töten oder sterben, wie er es ihnen beigebracht hatte. Wortlos, lautlos, abgesehen vom leisen, tödlichen Klirren der Waffen, saßen sie auf. Jeder Handgriff war hundertmal eingeübt, dutzende Mal erprobt worden. Kein Zögern, keine Unsicherheit. Mit einer fast elegant wirkenden Bewegung schwang sich Hidetoshi in den führenden MTW. Seine Faust hämmerte gegen die Bordwand, das Zeichen zum Abmarsch. Und an den Mechs vorbei schwärmten die Panzer und Transporter aus, ihren eigenen Weg zu suchen, wie Haie, die einer Blutspur folgten. Sie kamen!

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