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Zum Ende der Seite springen OT: Preussen Buch 3
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Sun-Ku Wan Sun-Ku Wan ist männlich
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-----===== Preussen Buch 3 =====-----








Was bisher geschah:




-----===== Preussen =====-----


Inhaltsverzeichnis:


Buch 1



Buch 2


====================================================

Lorepedia Einträge Buch 1

I. Planeten und Sternensysteme

1. Sternensystem: Alpha Ophiuchi / auch bekannt unter seinem Arabischen Namen: Ras Alhague
2. Astronomisches
3. Erdsektor 20RZ (2072)


II. Karten

1. Regionaler Sternenhaufen um das Solsystem
2. Karten des Planeten
3. Hauptkontinent 2046


III. Soziales

1. Der Siedlungsvertrag (EU-Staaten):
2. Stammbaum Familie Kabers:
3. Zensus:




IV. Militärisches

1. Festung Steinhagen
2. Militärstruktur
3. Militärgeräte: Gemgass Kampfpanzer und Truppentransporter
4. Militärgeräte: Leopard4
5. Militärorganisation Rasal im ersten Jahr Rasaljanischer Zeitrechnung
6. Schiffstypen: Zeppelin-Klasse Träger
7. Schiffsklassen 20 RZ (2072)
8. die E-Waffe
9. militärische und politische Überlegungen der Rasaljaner zur Erde

V. Städte

1. Neumecklenburg


VI: Rassen

1. Xenogort Part 1


VII. Geschichte

1. Die Afrika Kriege
2. Timeline. Rasal, die ersten zehn Jahre
3. Die Jahre 10RZ bis 20 RZ

====================================================

Lorepedia Einträge Buch 2


I. Planeten und Sternensysteme

II. Karten
1. Kontinentalnamen
2. Rasal Politisch 340 und 353 RZ
3. 354-360 (Preussen-Vibon Thronfolgekrieg)
4. Sola
5. 370

III. Soziales
1. Politische Übersicht Kontinent Ophiuchi
2. Politische Übersicht Kontinent Montanus, Roktum, Pantena und Bernagar

IV. Militärisches
1. persönlicher Schutzschild

V. Städte
VI: Rassen

VII. Geschichte
„Der Weg ins Chaos“
zusammengetragen von Historikerin und Politologin Elise Waidmeer
1. Der Weg ins Chaos
2. point of no return
25.06.2012 23:55 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Eine Unterrichtsstunde über "Perspektive"

Sichtbare Universum


Das gesamte für uns sichtbare Universum. In einer Ausbreitung von 78 Milliarden Lichtjahren
Geschätzte 100 Milliarden Galaxien sind in diesem Universum enthalten. Und das ist nur das für uns sichtbare Universum. Dies könnte eventuell Unendlich weitergehen.


========================================================

Die lokalen Supercluster in unserer nähe



Das ist ein Auschnitt des vorherigen Bildes mit den olkalen Superclustern. 0,0107% des Universums ist hier abgebildet


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Der Virgo Supercluster



enthält 100 bis 200 Galaxienhaufen mit ca 2000 Galaxien


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Die lokale galaktische Gruppe



ca. 47 Galaxien um die Milchstraße herum


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Milchstraße



unsere Milchstraße mit ca 200 bis 400 Milliarden Sternen


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interstellare Nachbarschaft



Die lokale Blase mit einem Durchmesser von 210-815 Lichtjahren



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unser Sonnensystem




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Spaceship Earth




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"Perspektive ist alles"
26.06.2012 00:22 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Prolog Part 1


"FLORIAN"
19. März 2513 A.D. Tag der Befreiung Rasals, Ruinen von Hague

Um den Herrscher der Terranischen Union standen die Elitesoldaten von „Sektion 9“, des aktiven militärischen Arms des Geheimdienstes der TU. Die Männer und Frauen, die zu den besten Soldaten der TU gehörten, standen kampfbereit um ihren Herrscher Johann Kabers und dem zweiten Oberbefehlshaber der Flotte, Florian Kabers. Die beiden Cousins blickten sich um und begutachteten die zerstörte Landschaft.
Florian ging in die Hocke, zog seinen rechten Handschuh aus, griff tief in den Boden und holte eine Handvoll Erde hervor. Er rieb die Erde und Staub zwischen seinem Daumen und den Zeigefinger und roch intensiv daran. „Hague…“
Johann Kabers stocherte mit seinem Fuß im Staub herum und fand eine geschmolzene schwarze Masse, die er aufsammelte und begutachtete. „Sieht aus wie verbrannter und geschmolzener Thermit-Stahl.“ Er legte das Metall wieder auf den Boden, ganz langsam, als ob er Angst hätte, es könnte zerbrechen.
Florian musste kurz auflachen, damit ihm die Emotionen nicht zu Kopf stiegen. „Jetzt werden wir noch sentimental in unserem Alter, Johann.“
„Richtig, wir sind alt Flo‘, da wird man uns Emotionen verzeihen können. Besonders wenn wir Rasal wieder bekommen haben.“
Der alte Admiral entdeckte nun Tränen in den Augen seines Cousins. Die beiden waren, nachdem sie 16 waren, in die Flotte eingetreten und waren dort persönlich von mehreren Mitgliedern der Kabers-Familie ausgebildet worden. Besonders der damalige Herrscher der TU, Johanns Vater Konstantin, war ein starker Verfechter der „rasaljanischen Frage“ gewesen und hat sehr stark die beiden in ihrer Sichtweise beeinflusst, so dass sie die Rückeroberung Rasals als Hauptaufgabe ihres Lebens ansahen.
Florian war sich aber in diesem Augenblick nicht sicher wie es weitergehen sollte. Er hatte Angst, dass Johann nun die Jahrzehnte alte Aufgabe als erfüllt ansehen und sich zurückziehen würde. „Wir haben den Planeten wieder, aber er ist noch nicht gesichert, wir haben noch einen Krieg---“
„Keine Sorge, ich habe die Gesamtsituation nicht aus den Augen verloren.“
Die beiden gingen im Schutz der Elitesoldaten zurück ins provisorische Kommandozelt. Die Techniker hatten seit den Morgenstunden ein kleines OPZ hochgezogen in dem ca. 40 Menschen Platz hatten. Derzeit waren aber nur ein Dutzend Techniker, die noch an den Systemen arbeiteten, und 4 Wachsoldaten mit Ihrem „Gast“ in dem Zelt.
Florian ging zu dem preussischen Offizier. „Mein Name ist Florian Kabers, ich bin der Herrscher der Terranischen Union, einem Planetenverband dem Rasal einst angehörte. Wie ist Ihr Rang und Name?“
Der Preussische Offizier machte keine Anzeichen auf das gesagte einzugehen, aber er nannte seinen Rang und Namen. „Munch, Oberstleutnant des XII. Regiments der preussischen Streitkräfte.“
„Nett Sie kennen zu lernen, Oberstleutnant, aber ich komme gleich zum Punkt. Hague ist rechtmäßiges Eigentum der Terranischen Union. Auch wenn wir sehr gastfreundschaftlich sind, haben Sie uns gerade zu einer schlechten Zeit erwischt. Später können Sie gerne zu Besuch kommen, aber derzeit würde ich Sie bitten, zusammen mit Ihren Soldaten zurück nach Neu-Berlin zu marschieren. Wir zeigen Ihnen gerne den Weg aus Hague hinaus, unsere Mechs…“ Johann zeigte auf die schattenhaften Silhouetten, die man vom Zelt aus sah. „… werden für Ihre Sicherheit sorgen.“
„Also sind wir keine Gefangenen?“
„Natürlich nicht. Aber ich würde Sie wie gesagt bitten, das Umfeld von Hague zu verlassen und erst mal nicht mehr zu betreten.“ Johann streckte die rechte Hand aus.
„Was ist mit unserem Material und dem Gepäck?“
„Alles was Sie tragen und in die funktionsfähigen Laster packen können, können Sie mitnehmen. Nur die Waffen sollten innerhalb der Stadt nicht getragen werden.“
Oberstleutnant Munch nahm die ausgestreckte Hand an. „Ich habe mal ein uraltes Sprichwort als Kind gehört: „mögest du in interessanten Zeiten leben“, erst später wurde mir bewusst, dass dies als Fluch gedacht war. Ich denke, die interessanten Zeiten sind gerade angebrochen.“
Die beiden schüttelten die Hände und Florian stellte sich neben Johann, nachdem der preussische Oberstleutnant aus dem Zelt war.
„Ich glaube er hält dich für ein wenig verrückt.“
„Das entscheiden später die Geschichtsbücher, alter Freund.“

Zwei Stunden später.
Johann und Florian hatten mehrere Admiräle, Generäle und Techniker und Stadtplaner um sich gesammelt und alle standen um den Drideo-Projektor-Kartentisch herum.
Johann begann das Gespräch, nachdem alle eingetroffen waren. „Hague war die Hauptstadt von Rasal und wird es wieder werden. Dies ist unsere Jahrhundertalte Pflicht. Es wird Jahrzehnte dauern, aber Hague wird wieder im alten Glanz erstrahlen. Als erstes werden wir großflächig das Umland sichern und mit den äußeren Bauten anfangen. Als planetare Hauptstadt eines künftigen militärischen Hauptsektors der TU, wird Hague im Endstadium die 3-5fache Fläche der alten Stadt einnehmen. Deshalb sind die Ruinen erst mal Tabu. Unsere Archäologen werden jeden Stein zweimal umdrehen, bevor die Ruinen zur Bebauung freigegeben werden. Und in der Mitte der alten Stadt wird ein Platz entstehen, mit einem Durchmesser von drei Kilometern, der als Denkmal für das alte Hague dienen wird.“
Die Planung, bzw. die Vision von Johann Kabers und dem Design- und Architekturstab, wie das neue Hague aussehen sollte, ging noch bis in die Nacht.

Zwei Tage später, königlicher Palast von Sola, Wenning.
Sara saß zusammengesunken auf dem Bett in ihren Gemächern. Vor der Eingangstür des Raumes standen Soldaten der TU, aber nur ihre eigenen weiblichen Bediensteten und zwei Frauen des Geheimdienstes der TU (schätzte Sara) gingen in dem Zimmer ein und aus. Sara hatte nur einmal gefragt wo Alida war (und keine Antwort bekommen), ansonsten hatte sie keinen Kontakt mit den Terranern aufgenommen. Von Ihren Zimmermädchen hatte Sie erfahren, dass Jondus wohlauf war. Sie würde nicht fragen was aus ihr werden würde, irgendwann wird sie schon gerufen werden. Dann wird sie antworten kriegen, hoffentlich.
Und der Zeitpunkt war nicht weit entfernt. Kurze Zeit später kam eine der weiblichen Agenten der TU in den Raum.
Die Agentin verbeugte sich wie auch die letzten Male, als sie Sara direkt ansprach. „Prinzessin, Sie werden erwartet, in einer Stunde in Flügel B.“
Sara stand auf. „Offizielle oder informelle Kleidung?“ Sara versuchte ihre Aufregung nicht durchkommen zu lassen, endlich passierte etwas.
„Informell.“
„Gut, ich werde in einer Stunde da sein.“
Die Agentin verbeugte sich noch einmal und ging zur Tür hinaus.
Als Sie schon fast aus der Tür war, sprach Sara sie noch einmal an. „Eins noch.“
„Ja Prinzessin?“
„Ich erwarte, dass mich zwei Mitglieder meiner persönlichen Leibgarde begleiten.“ Sara wollte austesten welchen Status sie derzeitig bei den Invasoren hatte.
Die Agentin blieb ein paar Sekunden zwischen Tür und Angel stehen und ging dann ohne zu antworten aus dem Zimmer.
Als die Tür zu war, ging die Hektik im Raum los. Saras drei Zimmermädchen bereiteten alles vor. Sie nahm ein Bad und schaute sich danach im Spiegel an.
Ihr Oberzimmermädchen schaute sich das Haar an. „In der kurzen Zeit kriegen wir keine ordentliche Frisur hin, ich würde vorschlagen, wir färben nur nach und bearbeiten die Enden.“
Sara begutachtete Ihre gefärbten Haare, die an der Kopfhaut wieder weiß wurden. „Nein. Ich werde in meiner neuen natürlichen Haarfarbe erscheinen und einen Pony flechten.“
„Wie du wünscht.“

Als Sie das Zimmer verließ, standen acht Soldaten und zwei ihrer Leibwächter im Gang. Sie musste innerlich lachen. Ihre beiden Leibwächter nickten nur kurz und sie nickte zurück, sie unterdrückte das Bedürfnis den beiden Fragen zu stellen.
Ein Hauptmann der TU machte auf sich aufmerksam. „Wenn Sie mir bitte folgen würden?“
Die Gruppe hielt vor dem Konferenzraum an und der Hauptmann öffnete die Tür. „Das Treffen beginnt in Kürze Prinzessin, wenn Sie schon mal Platz nehmen würden?“
Sara schaute Ihre beiden Leibwächter an und der Hauptmann bemerkte die Geste.
„Das Treffen ist persönlicher Natur, Ihre Leibgarde kann vor der Tür warten.“
Sara nickte den beiden zu und betrat den Raum. Sie schaute sich kurz um, etliche Geräte unbekannter Herkunft und Funktionsweise standen im Raum verteilt. Aber etwas erkannte sie sofort.
„Frank!“ Sie spie das Wort nicht gerade mit Wärme aus.
Er setzte ein Grinsen auf. „Schön dich wiederzusehen Homunkulus.“
Sara beherrschte sich. Sie deutete auf die 4 Wachen hinter Frank. „Glaubst du die da könnten dich vor mir schützen? Ich habe ganze Armeen eigenhändig vernichtet.“ Sie machte ein paar Schritte in Franks Richtung.
Die Wachen hoben ihre Gewehre, aber Frank winkte ab. „Das wird sie nicht wagen.“
Sara blieb stehen und setzte ihrerseits nun ein Grinsen auf. „Ich gebe mich damit zufrieden, zu wissen, dass ich dich wie eine Zitrone zerquetschen könnte.“ Sie drehte sich um und ging wieder in die entgegengesetzte Ecke des Raumes. „Vorerst.“

Florian und Johann beobachteten die Szene von einem anderen Raum aus, die Drideo-Kamera brachte ein glasklares Bild und sauberen Ton rüber.
Johann stand mit verschränkten Armen vor dem Projektorbildschirm. „Prinzessin Sara kam in Franks Berichten nie sonderlich gut weg und ich sehe nun auch warum. Die beiden sind sich ja Hund und Katz.“
Florian drehte an seinem Schnäuzer. „Mein Neffe war schon immer etwas impulsiv und hatte Probleme zwischenmenschliche Aversionen zu fixen. Ich denke mal, er hatte sich ein schlechtes Bild von der Prinzessin gemacht und bleibt jetzt stur bei dieser Sichtweise.“
„Nicht sehr diplomatisch und könnte hier zu Problemen führen.“
„Mal sehen was beim Gespräch rauskommt. Ich sehe gerade, dass deine Tochter den Raum betreten hat.“
Johann schaute auf den Bildschirm und sah wie sich Sara und Alida in den Armen lagen. „Zeit, dass wir auch die Bühne betreten.“

Die beiden Männer betraten den Konferenzraum zusammen mit sechs Soldaten der Elitegarde. Insgesamt waren nun ca. 30 Leute in dem Raum und wenn man Levi nicht dazu zählte, war Sara die einzige Rasaljanerin im Raum.
Johann ging zu Sara und schüttelte ihre Hände. „Es freut mich dich endlich persönlich kennenzulernen Sara, ich darf doch Sara sagen? Du hast dich immerhin als die Schwester meiner Tochter vorgestellt, was im Umkehrschluss bedeutet, dass du meine Tochter bist.“
„Äh.“ Sara war überrumpelt. Dies war der Invasor, der Sola und den Rest des Planeten eingenommen hatte. Dies ist zwar Alidas Vater und sie würde (nochmal) für Alida sterben, aber dieser Mann war der Herrscher der TU und Sara war die unterworfene Prinzessin eines kleinen Königreiches. „Das ist etwas komplizierter.“
„Das ist es wirklich.“
Alle im Raum wurden von der abrupten Schärfe von Alidas Vater überrascht.
„Alida, Frank.“ Johann schaute die beiden Ex-Gestrandeten an. „Der Nährtank ist kein Spielzeug! Er war nur für einen Notfall gedacht!“
„Ich habe versucht es Ihr auszureden Onkel.“ Frank versuchte sich zu verteidigen.
„Einen Scheiß hast du! Wisst Ihr überhaupt wie gefährlich diese Prozedur war und ist?“
Alida blieb ruhig. „Ich stehe zu dieser Entscheidung, ohne Sara wären wir hier höchstwahrscheinlich nicht zusammen an diesem Tisch. Und weißt du wie unverschämt es ist, im Beisein von Ihr, so darüber zu reden? Ihre Existenz als Spielball meiner Emotionen zu degradieren?“
Johann drehte sich zu Sara um, die ausdruckslos dem Argument zugehört hatte. „Entschuldige bitte, ich wollte meiner Tochter und meinen Neffen nur die Gefährlichkeit der Prozedur klarmachen. Florian kann dies besser erklären.“
Aufs Stichwort hin ergriff Florian das Wort. „Ihr konntet es nicht wissen, da der leitende Wissenschaftler der führ den Tank zuständig war, laut den Aufzeichnungen der Zejkowizc, beim letzten Angriff des Planetenzerstörers von einem herunterfallenden Deckenteil getötet wurde. Die Wahrheit ist, bisher gab es nur wenige erfolgreiche Resultate durch den Nährtank. Und mit erfolgreich meine ich, dass der Mensch der am Ende aus dem Tank steigt alle Erinnerungen seines vorherigen Lebens hat und nicht geistig behindert ist. Der Tank war zu dem Zeitpunkt von Alidas verschwinden wirklich nur eine seelische Absicherung für die „oberen“ Kabers‘. Im Endeffekt erwarteten wir, dass das was letztendlich rauskommt im besten Falle die Hülle eines geliebten Menschen ist, den wir weiter unter uns haben dürfen. Mit Sara zusammen gibt es jetzt nur zwei dokumentierte Fälle eines geglückten Reanimationsprojektes. Und selbst das andere Projekt hatte unerwartete Folgen, so dass wir 5 Jahre nach Alidas verschwinden die gesamte Forschung und Anwendung auf Eis gelegt haben.“
Sara schaute fragend Alida an, aber in Ihrem Gesicht standen Schock und sie schüttelte mit dem Kopf. Sie hatte davon nicht gewusst.
Johann blickte zu Sara. „Meine Soldaten hatten ein Medaillon bei dir gefunden, als wir den Palast gestürmt hatten.“
Sara fasste in Ihre Hosentasche. „Ja, sie haben es mir wiedergegeben.“
Johann nickte Florian zu und der bediente die Konsole. Das Licht wurde getrimmt und der Drideoprojektor sprang an. „Dies ist ein alter Familienfilm, der im Besitz von Peter Kabers war. Es zeigt Peter Kabers Familie in einem Ausflug im Freizeitpark in Hague.“
Sara schaute gespannt auf die Projektion. Sie zeigte den Park und im Hintergrund die Skyline vom alten Hague. „Ich habe Hague noch nie in bewegten Bildern gesehen.“
„Davon können wir Ihnen später noch etliche zeigen, achten Sie auf die Familienmitglieder. Dort sehen wir Peter und Mareen, den Erstgeborenen, Oliver, dann Juliette, Nick Andors‘ Tochter Stefanie und schlussendlich die Drillinge Ludwig, Wilhelm und Luise. Sehen sie etwas Vertrautes?“ Florian hielt die Projektion an.
Sara schaute sich das Standbild an, die Drillinge standen zusammen mit Stefanie vor einer Achterbahn und lachten. Sie bemerkte etwas an einem der beiden männlichen Drillinge.
Florian bemerkte, dass sie es bemerkt hatte und zoomte auf den Kopf und Halsbereich. „Dies ist Wilhelm.“
Alida sprang auf. „Das Medaillon! Saras…“
Sara war sprachlos.
„Wir haben uns mit Stefanie unterhalten, das Medaillon hatte sich Wilhelm ein paar Tage vorher in einem Laden gekauft. Laut Stefanie war das seinerzeit die Individualitätsphase von Wilhelm wo er sich von seinen anderen beiden Geschwistern abheben wollte. Normalerweise waren die Drillinge in Sachen was Mode, Präferenzen und Aktivitäten anging ziemlich synchron, abgesehen von den geschlechterspezifischen Unterschieden natürlich. Aber Wilhelm hatte klargemacht, dass dieses Medaillon seine Einzigartigkeit in dieser Sache ausdrücken würde. Und laut Stefanie haben seine Geschwister dies akzeptiert. Ach ja, nebenbei bemerkt sind wir äußerst froh, dass Stefanie die Vergangenheit überlebt hat.“
Als Florian mit seinen Ausführungen zu Ende war, stand Johann auf und ging langsam zu Sara hinüber, die unentwegt auf den Projektor starrte. „Was wir vergessen haben zu erklären ist folgendes: Der Tank hätte gar nicht funktionieren dürfen, denn er ist auf das genetische Profil der Kabers-Familie eingestellt. Also…“
Florian zoomte nun ganz dicht an den Hals von Wilhelm ran. Das Medaillon war nun riesengroß auf dem Projektor zu sehen. „Sara holst du bitte das Medaillon hervor?“
Sie holte langsam das Schmuckstück aus der Tasche und legte es langsam auf den Tisch. Johann nahm es in die Hand und hielt es vor Saras Gesicht. „Es konnte nur funktionieren, weil du genetisch mit der Kabers-Familie verwandt bist. Tamara war eine Nachfahrin von Wilhelm Kabers.“


"KI"

22. März 2513 A.D. königlicher Palast von Sola, Wenning.
Dr. Stefanie Andors und Professor Janett Zejkowizc gingen nervös zum Besprechungsraum des Palastes. Die letzten Wochen und besonders die letzten Tage seit der Invasion waren eine Achterbahn der Gefühle gewesen. Alles begann damit, dass die Mitglieder der TU unter Hausarrest standen. Janett hatte gleich angedeutet, dass Stefanie und sie selber nicht zu einem der beiden „Blöcke“ gehörten. Das eine war die Terranische Union und das andere, das Königreich Sola. Die beiden Frauen und mehrere hundert andere Menschen auf Rasal und im Sonnensystem waren aber Relikte aus der Vergangenheit, Bürger(Innen) einer untergegangenen Zivilisation, Rasaljaner. Deshalb hatten sie sich entschieden in der ganzen Sache neutral zu blieben, sofern sie es konnten. Sie hatten so weitergearbeitet wie bisher und wollten die Sache aussitzen. Das ging gut bis die Invasion der TU begann. Die beiden konnten seit dem Tag an ihren Projekten nicht weiterarbeiten und jetzt würde von den Machthabern der TU eine Entscheidung abverlangt werden. Nur waren sich Janett und Stefanie nicht sicher, ob sie für die Union überhaupt arbeiten wollten. Denn dass sie weiter für Sola arbeiten konnten, war ungewiss bzw. ob es in den nächsten Tagen Sola überhaupt noch gab, stand in den Sternen. Und die TU hatte für Janett zu sehr den faden Beigeschmack einer Diktatur, trotz allen was Alida ihnen erzählt hatte.
Janett erreichte die Tür des Besprechungsraumes und stellte sich zwei Meter vor dem Gardisten der TU und holte Ihre, vor vier Tagen ausgehändigte, Erkennungskarte hervor. Stefanie tat es ihr gleich. Der zweite Gardist überprüfte die Karten für ein paar Sekunden, während der erste die Hände an der Waffe behielt. Erst nachdem der zweite Gardist nickte, nahm der erste die Hand von der Waffe und öffnete die Tür.
Stefanie hatte schon vor drei Tagen eine Unterredung mit einer Abteilung der TU über ihr Familienleben, aber das war das erste Mal, dass Sie den Herrscher der TU persönlich begegnen würde. Die beiden Frauen traten in den Raum und versuchten so selbstbewusst wie möglich aufzutreten. Sie hatten sogar vorher eine Unterredung WIE selbstbewusst sie auftreten sollten. Dies waren die Nachfahren von Peter Kabers. Peter war ein sehr guter Freund und Weggefährte von Janett und der Adoptivvater von Stefanie gewesen. Aber dies waren die Nachfahren in der zig wievielten Generation und Herrscher von ehemalig mehreren Dutzend Systemen.

Ein dritter Gardist begleitete die Frauen zu den Stühlen und meldete sie auch gleich den Anwesenden Personen laut an. „Professor Zejkowizc und Dr. Andors sind wie verlangt erschienen.“
Stefanie zuckte bei dem Wort „verlangt“ kurz zusammen, das hörte sich negativ an. Aber als sie Alida und Sara sah, erhellte sich Ihr Gemüt. „Prinzessin Sara, Ihr seid wohlauf!“ Stefanie wollte schon zu Sara laufen und ihr beistehen, wurde aber von einem Huster und der Hand von Janett aufgehalten. Erst jetzt bemerkte sie ihren politischen Patzer.
„Das hört sich so an, als wenn Sie erwartet haben, dass wir der Prinzessin und künftigen Königin ein Haar krümmen könnten.“ Der Herrscher der TU Johann Kabers und der Oberkommandierende der Flotte, Florian Kabers standen nun neben dem Tisch und Stefanie konnte die Stimmen noch nicht zuordnen, aber glaubte an dem Gesichtsausdruck von Florian Kabers zu erkennen, dass er dies gesagt hatte.
Stefanie biss sich auf die Unterlippe. „Es tut mir leid, ich wollte nicht damit aussagen, dass…“
Aber die Gesichtszüge der beiden Männer erhellten sich. Florian ging mit ausgestreckter Hand auf Stefanie zu. „Unsere Gesichter kennen Sie wahrscheinlich schon vom Infomaterial, aber ich möchte uns dennoch nochmal vorstellen. Ich bin Admiral Florian Kabers, rechte Hand vom Herrscher der Terranischen Union Johann Kabers, der neben mir steht.“
Beide gaben zuerst Stefanie und dann Janett die Hand und die Frauen kamen sich fast verloren vor, weil zwei der mächtigsten Männer der TU ihnen persönlich die Hand schüttelten.
Als Johann Kabers die Hand von Janett schüttelte, umfasste er mit seiner zweiten Hand die linke Hand von Stefanie und packte sie auf die Hand von Janett. „Mein aufrichtiges Beileid für den Verlust ihrer Familien und besonders Ihrer Tochter Zoey, Professor Zejkowizc. Laut unseren Aufzeichnungen kam Juliette nie richtig über den Verlust ihrer besten Freundin hinaus und machte sich bis an ihr Lebensende Vorwürfe, dass sie für den Verlust verantwortlich war.“
Janetts Miene blieb eisern, aber die Anwesenden sahen, dass sie die Tränen bekämpfte. „Die beiden wussten, auf was sie sich einließen. Und mein Mann Stu und ich waren nicht gerade gegen den Krieg, wir haben Zoey immer in ihrer Entscheidung unterstützt.“
Johann ließ die Hand los und trat einen Schritt zurück. „Trotz alledem bin ich besonders erfreut darüber, dass wir die Entschuldigung persönlich rüberbringen konnten. Wir waren darauf gefasst gewesen, diese Entschuldigung an einem Grabstein zu machen, falls es den gab, Juliette hätte es gerne persönlich getan, aber wir sind 4 Menschenleben zu spät, leider.“
Florian trat hervor. „Wo wir dabei sind, wir haben eine Hundertschaft an Historikern, Archäologen und Ahnenforschern mitgebracht, wir werden den Verbleib der restlichen Familien der Alt-Rasaljaner klären.“ Er schaute Sara und Stefanie an. „Besonders das Schicksal der Kinder von Peter und Mareen Kabers sind natürlich eine Priorität für uns.“
Sara schaute dabei kurz weg und Stefanie wusste das nicht zu deuten. Nach kurzer Zeit holte Sie ein Datenpad hervor. „Wir waren uns nie sicher und ich habe es nie Alida gezeigt, aber eventuell kann ich mit einem Schicksal weiterhelfen.“ Sara schaltete das Pad an den Drideo-Projektor an und der in den Ruinen gefundene Film wurde abgespielt. „Wir haben das Video so gut wie möglich restauriert.“
Johann und Florian schauten interessiert die Videosequenz an. „Das ist Oliver, keine Frage. Die Puzzlestücke setzen sich langsam zusammen. Aber eine Schande, das es so geendet ist. Ich nehme an, dass wir die Aufnahme behalten können?“
„Selbstverständlich.“
Janett fühlte sich immer unwohler in ihrer Rolle. Sie konnte sich ganz gut ausmalen, dass sie hier nicht vor die Schlachtbank geführt wurde, aber sie wusste immer noch nicht, für was dieses Treffen eigentlich anberaumt war.
Aber Florian Kabers kam ihr zuvor, so dass Sie nicht fragen musste. „Und nun zu den anderen ernsten Sachen.“
*Da war es* dachte Janett.
„An der Reaktion von Dr. Andors konnte ich sehen, was die schlimmsten Befürchtungen von euch beiden und wahrscheinlich den restlichen Alt-Rasaljanern war. Wir möchten da gleich den Wind aus den Segeln nehmen. Prinzessin Sara wird weiterhin als Oberhaupt von Sola bleiben bzw. von Rasal werden.“
Das saß. Janett und Stefanie waren in einer kleinen Schockstarre. „Oberhaupt von Rasal?“ brachten beide fast gleichzeitig über die Lippen. Sie schauten zu Alida und dann zu Sara, aber beide antworteten nicht auf die stumme Aufforderung zu einer Erklärung.
Stattdessen erklärte Florian nach einer Weile weiter. „Sara wird als Prinzessin von Sola den Thronfolger von Preussen-Vibon, wie geplant heiraten. Das neue Königreich wird Rasal heißen.“
Janett wurde blass. „Die diplomatischen Konsequenzen! Das ist quasi eine Kriegserklärung an den gesamten Planeten! Die anderen Nationen und Königreiche werden so eine Anmaßung nicht auf sich sitzen lassen, Sie können gar nicht anders, denn ein Königreich Rasal würde Ansprüche auf den gesamten Planeten erheben.“
„Sie erkennen die politische Situation richtig.“
„Ich interessiere mich auch für das was aus meiner Heimatwelt wurde. Aber diese Entscheidung könnte Jahrelangen Krieg auf Rasal bedeuten.“
„Nun denken Sie aber in zu kleinen Bahnen Professor.“ sagte Johann. „Wir haben immerhin schon alle großen Nationen militärisch besetzt. Wir werden diese Entscheidung mit aller Härte forcieren. Wir haben nicht die Zeit kleinliche Provinzpolitik zu spielen. Wir stehen vor der endgültigen Entscheidungsschlacht der Menschheit.“ Er holte einmal Luft um die Schärfe aus seiner Stimme wieder zu nehmen. „Wir hatten seit Jahrhunderten mehrere Szenarien in der Schublade was aus Rasal geworden sein könnte. Das nach einem Zerfall der Zivilisation die Zersplitterung in Kleinstaaterei und Feudalismus geschehen könnte, war unseren Analysen zufolge sehr wahrscheinlich. Der ursprüngliche Plan in einem solchen Szenario sah eigentlich vor, dass wir in einer feudalistischen Gesellschaft wie dem derzeitigen Rasals, innerhalb von drei bis vier Generationen die Bündnisse und Heiraten so verflechten, dass am Ende ein geeintes Rasal entsteht. Aber durch den Krieg haben wir diesen Luxus nicht. Sara wird Königin von Rasal und in fünf bis spätestens zehn Jahren haben wir ein geeintes Rasal, ob die derzeitigen Herrscher es wollen oder nicht. Wir haben da volles Vertrauen in Prinzessin Sara, aber sie kann Ihnen die Einzelheiten später noch erklären.“ Die beiden schauten zu Sara und Alida und bekamen ein Nicken zurück.
Florian holte ein Datenpad raus. „Kommen wir zu Ihnen. Der Gesamte Forschungsstab Solas bleibt erhalten, wird aber und das sollte niemanden überraschen, in der Forschungsstruktur der TU eingegliedert. Die meisten Forschungen die veraltete Raumfahrzeugsforschungen oder militärische See-, Land- und Luftstreitkräfte betreffen werden wie erwartet eingefroren oder eingestampft. Die Forschungen die auf das technische Level der TU angepasst werden können oder gar übertreffen bleiben selbstverständlich bestehen und bekommen mehr Mensch-und-Material. Normalerweise würden Sie beide weiter in Ihren Bereichen arbeiten, aber wir haben von einer Zweigstelle der Forschungsabteilung von Sol eine priorisierte Anfrage erhalten. Diese hat Vorrang und Ihr Schiff startet in 16 Stunden.“ Johann hob die Hand, als er die verdutzten Gesichter der beiden Frauen sah. „Ich kann zu diesem Zeitpunkt aus Geheimhaltungsgründen nicht sagen was es ist und weiß selber zur Hälfte nicht worum es geht.“
Danach verabschiedeten sich die beiden Männer nachdem Florian auf die Uhr gezeigt hatte, ein anderer Termin stand an.
„Eine Anfrage aus einer anderen Abteilung und er weiß selber nicht was es damit genau auf sich hat.“ Janett konnte es noch immer nicht glauben, auch Alida konnte sich das nicht erklären.
Stefanie hob Ihre Hand vor die Brust. „Ich hoffe wir kommen lebend wieder.“
„Nanana! Das ist mein Vater, er würde so etwas nicht tun.“ Alida hob abwehrend die Hände.
Stefanie senkte den Kopf. „Tut mir leid, aber ich bin etwas überwältigt.“
Die vier Frauen redeten aufgeregt miteinander, nun da Florian und Johann aus dem Raum waren und Alida die Gardisten auch weggeschickt hatte.
Das Gespräch wurde eine halbe Stunde später von einem Piepen von Alidas Datenpad unterbrochen. Sie schaute kurz darauf. „Sara, ich habe nun die Bestätigung, dass Frank aus dem System gesprungen ist.“
„Frank war hier?“ schrie Stefanie auf. „Er hatte unsere Sprungantriebsanpassungen gestohlen und traute sich dennoch hierher…, hätte ich ihn die Finger gekriegt…!“
„Deshalb habe ich Ihn von Rasal verbannt.“
Stefanie und Janett schauten Sara entgeistert an. „Verbannt?“
Als Sara nicht antwortete, sprang Alida ein. „Ich sollte das als seine Cousine nicht sagen, er war immerhin mein Beschützer nach dem Absturz hier, aber er hätte es kommen sehen müssen. Nachdem mein Vater Johann und mein Onkel Florian klipp und klar versichert hatten, dass Sara die Befehlsgewalt über den Planeten und das System hatte, solange Sie sich an den ausgehandelten Rahmen hielt, hatte Sie mit zufriedener Miene als erste Amtshandlung die Verbannung von Frank vor allen Anwesenden bekannt gegeben. Frank hatte natürlich erst mal darüber gelacht, aber als mein Onkel und mein Vater stumm blieben und keine Anstalten machten, dies zu widerrufen, wurde sich Frank der Sache langsam bewusst. Die Szenen kann ich hier unter uns jetzt nicht beschreiben, aber letztendlich ist er mit hochroten Kopf raus und ich konnte ein kleines verschmitztes Lächeln bei Sara beobachten.“
Nun meldete sich auch Sara zu Wort. Und wenn er noch mal einen Fuß in das System setzt, dann Kerker ich ihn für 30 Jahre ein.“
Stefanie und Janett wussten besser, als darauf jetzt einzugehen.
Als die beiden dann letztendlich sich verabschieden wollten, damit sie sich für die Reise vorbereiten konnten, nahm Alida sie nochmal zur Seite. „Mein Vater kam vorhin nicht noch dazu es anzusprechen: Stefanie, du bist Teil der antiken Kabers Familie, warst es vorher und wirst es auch in dieser neuen Existenz bleiben. Damit hast du die Rechte und Pflichten eines Mitglieds des weitläufigen Kabers-Clans. Zuallererst natürlich das großzügige Taschengeld. Und wenn ich großzügig sage, dann meine ich das auch. Dazu kommen dann noch persönliche Leibwächter und Transportbevorzugungen. Das gleiche gilt für Sie Professor, Sie sind Ehrenmitglied der Kabersfamilie. Mein Vater hat nicht übertrieben, als er sagte, dass Juliette eine tiefe Schuld gegenüber Ihrer Tochter verspürte. Drei Schiffe hatten bisher den Namen Zejkowizc. Mit der Zejkowizc III kam ich her und mein Vater und mein Onkel haben zusammen drei Jahre auf der Zejkowizc II gedient, bevor sie nach 200 Jahren ausgemustert wurde. Und unter uns gesagt würde es eine mittelschwere Krise herbeibeschwören, wenn Sie diese Privilegien ablehnen.“ Alida schüttelte beiden die Hände. „Also macht euch wegen den „Geheimauftrag“ keine Sorgen, meine Familie wird es nicht zulassen, dass euch was passiert.“
Damit verabschiedete Alida die beiden.

15 Stunden später, Lagrange-2 Punkt von Rasal.
Stefanie und Janett kamen auf dem Kreuzer „Mississippi“ an und wurden vom Kapitän persönlich begrüßt. Wie Alida schon sagte, wurden die beiden nun von persönlichen Leibwächtern begleitet. Eine Situation, an die sie sich erst gewöhnen mussten und nicht wussten ob sie das überhaupt konnten und ab welchen Zeitpunkt es akzeptabel war die Leibwächter wieder wegzuschicken.
Der Kapitän zeigte auf zwei Sessel auf der Brücke. „Professor Zejkowizc, Dr. Andors, wenn sie bitte dort Platz nehmen würden, wir beginnen gleich mit der Startsequenz. Es freut mich die Wissenschaftler an Bord zu haben, die den Sprungantrieb perfektioniert haben. Nun können wir den Krieg noch gewinnen!“
Stefanie und Janett setzten ein bekümmertes Gesicht auf. Es war immer schwer für Wissenschaftler, wenn die Erfindung für die man so viele Jahre gearbeitet hat, Hauptsächlich für den Krieg gedacht war.
Der Kapitän sah die Gesichter der beiden Frauen aber nicht mehr, denn er hatte sich schon auf seinen eigenen Kapitänssessel gesetzt. „Ich habe gehört, dass es auch Ihr erster Sprung sein wird. Die meisten Menschen verspüren während und nach dem Sprung ein Schwindelgefühl, das legt sich aber schnell wieder und nach ein paar dutzend Sprüngen geht auch das vorbei.“ Er hatte den Satz gerade beendet, da begann auch schon die Sprungsequenz.
Als die Sensoren nach dem Sprung wieder funktionierten, bemerkte Janett gleich, dass was nicht in Ordnung war. „Dies ist nicht Sol!“
Der Kapitän hob abwehrend die Hände. „Keine Panik, Sie wussten doch, dass dies ein Geheimtreffen ist, Sol war nur eine ungefähre Angabe. Würden wir etwas Falsches versuchen, würden uns Ihre Leibwächter über den Haufen schießen.“ Er zeigte auf die vier Wächter.
Janetts Panik verflog. „Aber wo sind wir?“
Eine Frauenstimme antwortete Ihr. „Nicht mal so weit von Sol entfernt. Wir sind in einem Kleinstsonnensystem 0,45 Lichtjahre von Sol entfernt. Die Sonne ist ein Brauner Zwerg von der Größe Jupiters und wurde 2117 entdeckt. Die Sonne ist nicht sehr Lichtintensiv und wird nur von ein paar Millionen Asteroiden umkreist. Weit genug vom Sol-Sternentor entfernt um Zufallsentdeckungen auszuschließen. Ein perfekter Platz für eine Geheimbasis. Obwohl jetzt mit der Sprungtechnologie die Gefahr einer Entdeckung gestiegen ist.“
Eine Frau mit arroganten Gesichtszügen und der passenden Haltung dazu kam auf Stefanie und Janett zu. Sie stellte sich als Fanny Bauer vor.
Janett glaubte in der Situation nicht an Zufälle und obwohl Bauer ein geläufiger Name war, stellte Sie die Frage, die ihr auf der Zunge lag. „Bauer… Zufällig eine Nachfahrin von Susi Bauer?“
„Korrekt.“
Janett spürte kein Verlangen nach einem Überraschenden Verhalten, aber eine Frage (vor den hundert anderen) brannte auf der Zunge. „Susis Frau und deren gemeinsames Kind waren auf Rasal, als der Sternenzerstörer zuschlug.“
„Susi hatte Jahre später erneut geheiratet.“
Janett erwartete noch mehr antworten, aber bekam keine mehr. Die Frau beharrte darauf, dass die beiden nun zum geheimen Stützpunkt flogen.

Zwei Stunden später kamen Sie mit einem Transportschiff an dem ausgehölten Asteroiden an. Von außen sah es wie ein normaler Asteroid aus, aber Innen war eine komplette Basis reingebaut worden.
Fanny Bauer, Janett, Stefanie und die vier Leibwächter blieben vor einer großen Tür stehen.
Fanny drehte sich zu den Wachen um. „Ab hier haben unbefugte keinen Zutritt mehr.“
Stefanie und Janett bedeuteten den Wachen vor der Tür stehen zu bleiben und gingen dann durch das große Tor.
Als die Tür hinter Ihnen verriegelt war, sprach eine für Janett allzu bekannte Stimme. „Willkommen in meinem Reich. Ich war überglücklich, als ich hörte, dass du überlebt hast. Und natürlich du auch, Stefanie.“
Janetts Gesicht wurde bleich und sie fing an zu schwitzen. „Das ist unmöglich, das kann nicht sein!“ Sie drehte sich zu Fanny um. „Was soll das werden? Was wird hier gespielt?
Der Ausdruck von Fanny blieb regungslos.
Mehrere Lichter gingen nun an und die Frauen schauten auf eine unendlich erscheinende Halle, die mit Maschinen vollgestopft war.
Ein Hologramm baute sich fünf Meter vor ihnen auf und Janett sank auf die Knie. „Das kann nicht… Was ist dies.“
Das Hologramm redete. „Ein Hologramm von mir, Susi Bauer.“
Wissenschaftliche Neugierde überragte nun den Schock und Janett stand auf und umrundete das Hologramm. „Ist dies eine Aufzeichnung oder…?“
Das Susi-Hologramm antwortete. „Es ist 17:58 Uhr Erdstandard. Der 22. März 2513. Du hast einen blauen Standard-Raumfahrtsanzug des Königreichs Solas an. Dein Haar ist blond gefärbt und schulterlang.“
Janett war nicht beeindruckt. „Selbst ich könnte mit der richtigen Technologie und Ausrüstung ein Hologramm schreiben, dass auf äußere Eindrücke regiert und mit neuesten Informationen ausgestattet wird, ich bin nicht überzeug---“
„Erinnerst du dich an den Tag als Maik zu unserem Zimmer gestürmt kam und ich Ihm barbusig geöffnet habe? Wir hatten danach einen guten Lacher oder zwei.“
„Wieder Dinge, die man reinprogrammiert haben könnte, auch wenn sie persönlich sind.“
„Dann kann ich diese Argumentationskette nicht gewinnen. Du hast Recht, sie sind reinprogrammiert worden, von mir. Denn ich habe in meinen letzten Lebensjahren meinen gesamten Wissensschatz, meine Denkroutinen und wenn ich das so ausdrücken kann, meine „Seele“ in eine Maschine verpackt. Ich bin sozusagen eine künstliche Intelligenz, eine KI!

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Prolog Part 2

"DARNELL"

27. März 2513 A.D.
Paulson Asteroidengürtel, besetztes Sternensystem Pollux
Urnnaw leitete das Bremsmanöver des Frachters ein. Er war an der vereinbarten Stelle angekommen.
Seine Schwester Verelem schaute durch die verschiedenen Fenster der Brücke. „Bist du sicher, dass wir an der richtigen Stelle sind? Ich sehe kein Schiff und die Sensoren haben auch nichts auf dem Radar.“
„Ich habe die Akademie auf „My Leopris VII“ als fünftbester abgeschlossen! Natürlich sind wir an der richtigen Stelle.“ Er seufzte, seine Schwester würde skeptisch bleiben, sie vertraute nur auf das was sie sah und kannte. Und da Ihre Schiffsausbildung unvollständig war, konnte er ihr die Spektrumsdaten nicht erklären.
Das Volk der Osauya, die zum felinen humanoiden Evolutionszweig gehörten, hatten am Rücken zwei 20cm lange Schwänze die für den Gleichgewichtssinn zuständig waren. Im Gegensatz zu den restlichen Körperteilen, war der Rücken fast komplett mit Fell bedeckt.
Die Osauya waren ein ehemaliges Sklavenvolk der Xenogort, die von den Menschen vor über 400 Jahren befreit worden waren. Seit der Befreiung war das Volk mit den Menschen befreundet. Es besaß nur zwei Sonnensysteme, war aber ansonsten sehr handelsorientiert und als kompetente und günstige Alternative für den wuchernden interstellaren Handelskreislauf geschätzt. Sie flogen Routen, die nicht gerne von anderen Schiffen übernommen wurden, weil diese zu lang(weilig), gefährlich oder nicht profitabel genug waren.
Normalerweise wurden die Schiffsbesatzungen der Osauya in den Akademien auf Spica, My Leopris VII und auf Ihrer Heimatwelt Beta Gruis ausgebildet. Aber als Spica und My Leopris vom Rat übernommen wurden und die Osauya es ablehnten eine aktive Rolle gegen die TU einzunehmen, war die Rasse in den ehemaligen TU-Akademien nicht mehr zugelassen. (Eine von vielen Aktionen des Rates um Druck auf die kleinen neutralen Völker auszuüben.) So kam es, dass Verelem aus der Akademie verbannt wurde, nachdem Sie schon vier von sechs Jahren Ausbildung hinter sich hatte. Die Wartezeit für die letzte verbleibende Raumschiffakademie auf Beta Gruis betrug 15 Jahre und Verelem hätte alle Jahrgänge noch einmal durchlaufen müssen. Ihr Vater Lizim entschied deshalb, dass Sie die restliche Erfahrung auf dem Familienfrachter kriegen würde, um irgendwann das Abschlussexamen machen zu können. Die speziellen Lernprogramme waren aber teuer und schwer zu bekommen.
Der Frachter kam letztendlich zum stehen und Urnnaw fragte sich auch langsam was los war. Der Kontakt war bisher nie unpünktlich. Er drehte sich zu seiner Schwester um, die immer noch von einem Fenster zum nächsten schaute. „Hol Vater, er weiß was zu tun ist.“

Lizim kam zwei Minuten später und rieb sich die Augen, er hatte geschlafen. „Wir sind sowieso eine halbe Stunde zu früh, macht euch keine Sorgen.“
„Aber es ist kein Schiff in Sensorreichweite. Und kein---“
„Ich sagte, macht euch keine Sorgen. Selbst wenn, die Anzahlung ist schon gelaufen.“
Die fünfköpfige Crew (es waren noch ein Cousin und ein Onkel an Bord) wartete die 30 Minuten unruhig ab. Pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt schlugen die Energie und Massetaster aus. Urnnaw schaute erstarrt auf dem Bildschirm.
Seine Schwester kam schneller aus der Starre raus. „Wir werden gescannt und Waffensysteme werden auf unser Schiff gerichtet!“
Lizim ging seelenruhig zu einer Konsole, gab einen Code ein und sprach seinen persönlichen Erkennungscode.
„Die Waffen werden wieder heruntergefahren.“ sagte Verelem. „Das Schiff gibt sich als Kreuzer R3-224 „Rhein“ aus. Sie sagen, dass ein Transportschiff an unseren Frachter andocken wird.“
Alle Augen richteten sich auf den Schiffsführer, der theatralisch die Hände hob. „Habt Ihr noch nie ein Schiff mit Sprungantrieb gesehen?“ Es war auch Lizims erste Begegnung mit einem der Sprungfähigen Schiffe der TU, aber er war nicht so doof wie manche ihn gerne sehen würden. Sein Kontakt hatte zwar keine spezifischen Angaben gemacht, aber Lizim konnte eins und eins zusammen zählen. Die Sprungtechnologie der Terraner war ein Geheimnis, dass der Rat nicht lange halten konnte.
Urnnaw stand von seinem Sessel auf und zeigte auf die Fenster, die komplett von einem Teil des Kreuzers bedeckt wurden. „Das ist ein KRIEGSSCHIFF der Terranischen Union! Wir befinden uns in einem besetzten Sonnensystem der Ratsvölker! Wir können froh sein, wenn die Ratsschiffe nicht gleich das Feuer auf uns eröffnen.“
„Also ich sehe keine Ratsschiffe weit und breit.“
Urnnaw faste sich an die beiden Rückenschwänze und drehte sich im Kreis. Eine Geste die bei den Osauya ungefähr ein Zwischending von „Haare raufen“ und Andeutung eines Erwürgungsmanövers mit den Händen war.

Tommie Heckerman und drei weitere Agenten des Interstellaren Nachrichtendienstes (IND) betraten durch die Andockluke den Frachter. Die Vier Agenten sagten nichts und Lizim begleitete die Terraner zur Brücke, die auch gleich begannen die Systeme zu überprüfen.
Emilio Buenaventura, der rangälteste Agent nach Tommie gab sein OK Zeichen und Tommie holte ein kleines Gerät raus das er mit der sicheren Blackbox verband. Zum ersten Mal sprachen die Terraner seit ihrer Ankunft. „Wir laden gerade mehrere Tonnen Erz in Ihren Frachtraum Lizim, der Computer wird Einwandfrei bei einer Untersuchung mitteilen können, dass Sie hier draußen an die Asteroidenmine Paulson 537 angedockt hatten und 55 metrische Tonnen Erzklumpen gekauft haben.“
Urnnaw schaute ungläubig von dem terranischen Agenten zu seinem Vater. „Das ist unmöglich, man kann den Computer nicht austricksen. Durch interstellares Gesetz, sind diese Computer die sichersten und unknackbarsten Computer der Galaxis.“
Lizim schüttelte entschuldigend seinen Kopf. „Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich der Vater von Ihm bin.“
Dieser schaute nun beleidigt rein.
Brendan Begeman, der zweite Agent unter Tommie legte seinen Arm um Urnnaw‘s Schulter. „Urnnaw, richtig?“
Der Osauya fühlte sich von der körperlichen Nähe des Agenten eingeschüchtert. „Ja.“
„Von wem habt Ihr das Navigationssystem wo auch die Blackbox enthalten ist gekauft?“
„W-weiß ich nicht, die Systeme wurden vor vier Jahren erneuert, da war ich noch auf dem Schiff von meinem Onkel.“
Brendan seufzte. „Von der TU, von uns.“
Urnnaw verstand nun, wagte es aber nicht, näher auf die Thematik einzugehen. Der Terraner hatte indirekt angedeutet, dass die TU Hintertüren in den Navigationsprogrammen hatte. Besser, nicht mehr darauf einzugehen. Er sagte nur „Ok.“ Und machte sich auf seinem Sessel klein.

Nachdem die Erze umgeladen waren und der Transporter wieder im Schiff war, sprang der Kreuzer aus dem System und der Frachter von Lizim, samt der vier terranischen Agenten, war wieder allein in diesem Sektor des Systems.
Lizim stellte sich Tommie demonstrativ in den Weg. „So. Da nun der Kreuzer weg ist, was hält mich davon ab, euch beim Rat zu verpfeifen.“
Hans Cecilia, der jüngste des Teams, Jahrgangsbester seiner Klasse und das erste Mal in einer Feldmission griff panisch zu seiner Waffe, aber Brendan ergriff seine Hand und schüttelte mit dem Kopf.
Tommie und Lizim starrten sich einige Sekunden lang an, bevor Lizim endgültig anfing zu lachen und Tommie herzlich umarmte, etwas zu herzlich für Tommies Geschmack, aber er wusste was er an dem alten Osauya hatte.
„Komm, es ist eine lange Reise bis zum Planeten, ihr seid bestimmt hungrig.“ Er zeigte zum Gang und die vier Terraner folgten ihm, während sein Sohn und seine Tochter die Navigation übernahmen.
Hans fragte seinen Nebenmann was das eben zu bedeuten hatte, aber bevor dieser antworten konnte, antwortete Lizim schon.
„Wir Osauya haben ein gutes Gehör, junger Menschling. Ich kann dir gerne die Geschichte beim Essen erzählen.“
Emilio grinste. „Lass es dir lieber von uns erklären, Lizim hat eine Tendenz, die Geschichte etwas auszuschmücken.“
Der Osauya lachte nur laut und das Einzige was Hans von der ersten Stunde in dieser Mission mitbekam, waren mehr als ein Dutzend Verfehlungen und Verstöße gegen das „Geheimdienstprotokoll bezüglich externer Informanten und Helfer im Felde“, so dass er sich ernsthaft Sorgen um seine Karriere machte.

Der Küchenbereich des Schiffes war ein dreimalvier Meter großer Raum, in dem gerade mal 6 Personen Platz hatten. Lizim holte Raumfahrt-Standardrationen aus dem Schrank und schenkte den
Terranern Wasser ein. Während der Osauya die Rationen zubereitete, erklärte Emilio, Hans die Geschichte des alten Schmugglers.
„Unser Freund Lizim hier ist ein Schmuggler alter Schule. Wurde in der TU und den anderen Systemen der verschiedenen Ratsvölkern öfters wegen Schmuggelns und anderer kleinerer Delikte festgenommen und meistens gegen Bares wieder freigelassen.“
„Ein Grundanständiges Geschäft!“ rief Lizim von der Theke rüber.
„Eines Tages, vor ca. 30 Jahren, lief eine Lieferung aus dem Ruder. Sein Schiff war gerade in der Startphase, als die Stationsadministration einen Tipp bekommen hatte. Es wurde versucht das Schiff festzuhalten, aber Lizim wollte unbedingt die Schmuggelware wegschaffen.“
Der Osauya knallte den Teller vor Emilio hin. „Das waren wichtige Medikamentenlieferungen in mein Heimatsystem!“
Emilio redete unberührt weiter. „Zu dem Zeitpunkt im Krieg gab es eine Zeitlang Medikamentenengpässe von bestimmten Stoffen, so dass diese sehr gefragt waren.“
„Ich hab also mit aller Kraft versucht aus dem aufbauenden Fesselfeld und den schließenden Hangartoren zu kommen.“
„Und dabei einen Schaden hinterlassen, der selbst nach fünf Generationen nicht abbezahlt wäre.“
„Also haben mir die Menschlinge einen Deal vorgeschlagen, entweder 300 Jahre Gefängnis oder Informant und gelegentlicher Transporteur für den Geheimdienst. Da fiel die Entscheidung leicht. Und ein bisschen bin ich auch Stolz den Terranern gegen den Rat helfen zu können.“ Das Wort „Rat“ hatte Lizim fast ausgespuckt. „Also Tommie, was bietest du mir diesmal an?“
„25 Jahre Abzug von der Reststrafe. Normaler Passagiertransport ohne Rückfahrt.“
„Nicht schlecht zu diesen Konditionen. Also wo in Pollux wollt ihr denn hin?“
„Nicht nach Pollux, nach Regulus, ein System weiter.“
„Ok, Entschuldigt wenn ich so dumm Frage, aber warum haben wir uns dann nicht in Regulus getroffen?“
„Regulus hat einen höheren Sicherheitslevel wegen den Rebellen auf dem Planeten. Ein Schiff das von Pollux kommt erregt weniger Aufmerksamkeit, als eines das schon im System ist. Besonders da es in den letzten Monaten gehäuft Asteroidenminerstreiks und Sabotagen gegeben hatte. Aus Angst vor Anschlägen auf die Weltraumfabriken, werden viele der Systeminternen Frachter, die von den Asteroidenminen kommen, gründlich untersucht.“
„Und was wollt ihr im System?“
„Wir haben eindeutige Hinweise, dass sich einer der meistgesuchten Personen der TU auf Regulus II aufhält.“
Hans sprang auf. „Hauptmann, das können Sie doch nicht einfach einem Zivilisten---“
Emilio packte mit seinen kräftigen Fingern zu und drückte Hans in den Stuhl zurück. „Bleib sitzen Neuling.“
„Aha. Aber eins müsst Ihr mir noch erklären, Die TU steht mit dem Rücken zur Wand, die Ratsrassen und ehrlich gesagt auch ich, sehen in der Sprungtechnologie zwar einen immensen taktischen Vorteil, aber ob sich die freien Menschen mit den wenigen Ressourcen noch lange halten können, ist fraglich. Und da macht ihr hier Jagd auf Verbrecher im feindlichen Gebiet?“
Tommie grinste nur. So sind wir halt.
Nachdem der Osauya den Raum verlassen hatte, holte Tommie den tragbaren Drideomonitor aus der Tasche. Bisher wussten seine Untergebenen noch nicht wer so wichtig für diese Mission war.
Tommie zeigte das Bild eines Mannes in seinen Dreißigern. „Lasst euch nicht von seiner Jugend täuschen, der Mann hat es faustdick hinter den Ohren. Auf einer internen Liste der meistgesuchten Personen der TU, ist er die Nummer 1. Er ist hochintelligent, extrem Anpassungsfähig und ein Psychopath. Sollte man Ihm alleine gegenüberstehen, ist von einer Konfrontation absolut abzusehen! […]


27. März 2513 A.D.
Regulus II
Darnell hatte einen Regenmantel mit Kapuze um und schritt die verwinkelten Gassen von Nova-Roma entlang. In der Hauptstadt des Planeten regnete es in dieser Zeit alle paar Stunden. Die Straßen waren vollgepackt mit Bettlern und Obdachlosen, mit Zuhältern und Prostituierten, mit Hütchenspielern und Verzweifelten, die für ein paar Schuhe mordeten.
Darnell stand vor einem Gebäude, das mit bunten Buchstaben das Waisenhaus „Blühende Lilie“ kennzeichnete.
Er betrat das Gebäude und wurde von einer Schwester in den Hauptraum geführt. „Der Direktor ist gleich bei Ihnen.“
In dem großen Raum waren ungefähr zwei Dutzend Kinder von ca. 2-14 Jahren vertreten schätzte Darnell. Die älteren stellten sich schützend vor die jüngeren Kinder und starrten Darnell an. Als dieser zurück starrte, wichen auch die älteren zurück und verkrochen sich in die hinterste Ecke.
Kurz darauf kam der Direktor, ein junges Mädchen hinter sich herziehend, aus dem westlichen Flügel des Waisenhauses und zeigte auf sein Büro, nachdem er sich vorgestellt hatte.“
Darnell nahm auf dem angebotenen Sessel Platz und der Direktor machte es sich in seinem Chefsessel bequem. Des Mädchen stand ausdruckslos rechts neben ihn.
„Das Mädchen passt hervorragend auf Ihre Anforderungen. Es ist stumm, meist Teilnahmslos und die Eltern sind seit Ihrem dritten Lebensjahr tot. Sie ist neun Jahre alt.“
Darnell schaute sich das Mädchen an das dort neben dem Direktor des Waisenhauses stand. An den kleinen Zuckungen Ihres Körpers, konnte er sehen, dass sie Angst hatte. Er schaute wieder den Direktor an. „Ist Sie genetisch Stumm oder psychisch stumm?“
Der Direktor zuckte mit den Schultern, ihn interessierte das nicht. „Wahrscheinlich psychisch bedingt. Bei Schmerzen kann sie schreien.
Darnell stand auf. „Ich nehme es.“ Er legte 200 Ratstaler auf den Tisch und ließ sich zum Gemeinschaftszimmer des Mädchens begleiten. Dort packte das Mädchen ihre Sachen zusammen und wurde danach von Darnell aus dem Waisenhaus begleitet.

Darnell ging mit dem Mädchen durch mehrere Straßen, bevor er 25 Minuten später an seinem nächsten Ziel angekommen war. Er klopfte an die Tür des 17ten Stocks und ein Mann, der anderthalb Köpfe kleiner war, öffnete die Tür. Darnell zeigte Ihm eine spezielle Karte. „Sie erwarten mich.“ Ohne auf die Antwort zu warten, schob Darnell das Mädchen in die Wohnung und zeigte auf einen Stuhl der in der Ecke stand. „Setz dich dort drüben hin und folge den Anweisungen des Mannes.“
Sie setzte sich auf den Stuhl und hatte panische Angst, sie wusste nicht, was als nächstes passieren würde, sie kannte aber die Geschichten, die die anderen Kinder des Waisenhauses erzählten.
Der kleine Mann kam kurz darauf aus dem Nebenraum und legte elektronische Sachen auf den Tisch gegenüber des Kindes. „Kiddo.“ Er schnappte mehrmals mit den Fingern. „Hey Kiddo!“
Sie erwachte aus Ihrer Trance und schaute den Mann an.
Er zeigte auf einen roten Punkt der an der gegenüberliegenden rechten Wand angeklebt war. „Siehst du den Punkt?“
Sie nickte.
„Bleib aufrecht sitzen und fixiere solange den Punkt bis ich fertig sage. Hast du verstanden?“
Sie nickte wieder.
„Okay, fertig. Steh nun auf und stell dich auf die Fußabdrücke am Boden.“
Sie stand auf und ging zu der Position.
„Gut, nun stell dich gerade hin und breite deine Arme aus. Höher. Ja, so halten.“
Das Mädchen blieb ungefähr drei Minuten in dieser Pose, während grüne Laserstrahlen Ihren gesamten Körper scannten. Danach führte Darnell die ganze Prozedur durch.
Der kleine Mann klatschte in die Hände. „Das leichteste wäre geschafft, aber wir müssen die Daten noch auf die Regierungsserver hochladen. Reden wir also übers Geld.“
Darnell nahm 1000 Ratstaler aus seiner Tasche. „Ich habe gehört, dass Sie der beste sind?“
„Oh nein, Sie wollen nicht zum Besten gehen. Das wäre unklug. Zu groß das Risiko, dass er Sie an die Regierung verpfeift, da er vorher schon hochgenommen wurde. Sie haben von einem „Freund“ meine Adresse bekommen, einem dem SIE vertrauen.“
Darnell nickte. „Dann sind wir uns einig.“
Der kleine Mann setzte sich an seine Rechnerfarm und begann zu arbeiten. Nach einer Viertelstunde war er fertig. Er gab dem Mädchen und Darnell je einen Pass. „Standard Pass, gültig in allen Gebieten des Rates und der TU.“
Das Mädchen schaute auf den Pass, sie sah ihr Eigenes 3D-Bild und den Namen „Claudia Magwart“.
Darnell holte ein Gerät aus seiner Tasche und überprüfte beide Pässe. „Die sind in Ordnung.“ Er gibt dem Mädchen den Pass zurück. „Du heißt ab sofort Claudia Magwart, verstanden?“
Claudia nickte und langsam wich die Angst und machte der Wut Platz. Nur weil sie taub war, brauchte nicht jeder gleichzeitig annehmen, sie wäre geistig zurückgeblieben.
Der kleine Mann ging zu Darnell rüber. „War nett mit ihnen Geschäfte zu machen.“
Darnell gab dem Mann seine rechte Hand und dieser schüttelte sie. Fünf Sekunden später brach der kleine Mann zusammen.
Darnell verschloss die Außentür und Claudias Panik kehrte mit voller Wucht zurück. Er zeigte auf den Stuhl. „Bleib dort sitzen und verhalte dich still.“
Nachdem Darnell alle Räume durchsucht hatte, schleifte er die Leiche des Mannes ins Badezimmer. Er legte diese in die große Wanne und ließ Sie mit Wasser füllen. Er holte die erste fingergroße Ampulle und die Leiche des Mannes sank wie ein Stein nach unten. Gleich darauf goss er die zweite Ampulle in das Wasser und der Körper samt den Sachen die er anhatte lösten sich auf. Dies dauerte ca. zehn Minuten, danach war in der Wanne nur noch braune Brühe zu sehen. Als letztes holte er die dritte Ampulle und goss diese in die Wanne, der Effekt war nicht sichtbar, aber innerhalb der nächsten fünf Minuten waren alle DNA Stränge der braunen Suppe zerstört und es gab keine Möglichkeit mehr die DNA zu überprüfen. Schlussendlich zog er den Stöpsel und die braune Suppe floss in den Abguss.
Als nächstes steckte er einen Stick in die rumstehende Hardware des toten Mannes und ließ ein selbstgeschriebenes Virenprogramm durchlaufen, dass nur die Aktionen der letzten Stunde löschen würde.
Claudia hatte in der ganzen Zeit brav auf dem Stuhl gesessen und jeden Schritt von Darnell beobachtet. Als er die Haustür wieder öffnete und erklärte, dass es weiterging, zeigte sie kurz auf die 1000 Ratstaler die auf dem Tisch lagen, sie wusste, dass dies viel Geld war. Aber Darnell schüttelte nur kurz mit dem Kopf und begleitete das Mädchen aus der Wohnung.

Eine Stunde später waren Darnell und Claudia in einem Drei-Sterne Hotel angekommen. Darnell hatte ihr vorher erklärt, wie sie sich verhalten musste.
Die beiden trafen am Schalter ein und eine nette Empfangsdame nahm die Daten auf. „Wie lange wünschen Sie mit Ihrer Tochter zu bleiben, Herr Magwart?“
„Nur die Nacht.“
„Selbstverständlich, Nadine wird Ihnen Ihr Zimmer zeigen.“ Sie zeigte auf eine junge Frau, die soeben angerannt kam.
Claudia schaute sich in dem Hotelzimmer um, Sie war noch nie in einem Zimmer, das so luxuriös ausgestattet war.
Darnell zeigte auf das Bett. „Leg dich schlafen, wir müssen morgen früh raus.“
Sie wurde sich plötzlich wieder bewusst in welcher Situation sie sich befand. Sie hatte immer noch die Geschichten der anderen Waisen im Hinterkopf. Sie nahm sich all Ihren Mut zusammen, schnappte sich Ihre Tasche, ging ins Schlafzimmer, machte die Tür hinter sich zu und zog sich für die Bettruhe um.




"VIBIA und GAIUS"

29. März 2513 A.D.
Regulus II war in der „zweiten Welle“ kolonisiert worden. 15 Jahre nachdem Rasal vom Rest der Galaxie abgeschnitten worden war, wurde die zweite Kolonisationswelle von der neugegründeten Terranischen Union eingeleitet. Regulus war einer der ersten Planeten die für die Kolonisation freigegeben worden war. Die Voraussetzungen für eine „Erfolgsstory“ wie Eden im Pollux System oder Spica III im Spica System, waren aber denkbar schlecht. Regulus II war hauptsächlich wegen dem Ressourcenpotential und weniger wegen der erwarteten Lebensqualität ausgewählt worden. Der Planet hatte 28% Landmasse, wovon 35% davon unter Perma-Eis lagen. Nur 10% der Landmasse war angenehm bewohnbar und weitere 5% können zusätzlich als Agrarland genutzt werden. Das Wetter war auf „schottischem Niveau“.
Also keine guten Bedingungen um massig Kolonisten anzulocken. Der Planet bzw. das System waren aber für die TU strategisch wichtig. Deshalb wurden die Kolonisten mit besonderen Freiheiten und größerer Selbstbestimmung gelockt. In den ersten Jahren verschlug es viele Italiener nach Regulus II. Angetrieben von der Enttäuschung des Italiens des 20. Und 21. Jahrhunderts, wollten sie das „alte Rom“ wieder auferstehen lassen. Dazu gesellten sich Romantiker der Antike und „LARPer“, sogenannte „Live-Action-Roleplayer“. Im Großen und Ganzen wurde Regulus II eins der ersten „Theme-Park“ Kolonien und wird heute als gescheiterte Kolonie betrachtet.

Vibia und Gaius waren Zwillinge, 15 Standardjahre und seit der Besetzung des Planeten durch den Rat von Ihren Eltern abgeschnitten. Eigentlich hätten sie an dem verhängnisvollen Tag vor 6 Jahren mit Ihrer kleinen Schwester und Ihren Eltern evakuiert werden. Die Eltern waren Beamte der Terranischen Union und waren deshalb privilegiert gewesen, in eins der Evakuierungsshuttles zu gehen, als die Invasion begann.
Aber im Chaos der Invasion hatte der Wagen der Kinder einen Unfall, bei dem ihr Onkel starb. Die 9-jährigen Zwillinge fanden sich alleine, 20 Kilometer vom Abholpunkt entfernt, in einem kilometerlangen Stau und brauchten von den umstehenden Leuten keinerlei Hilfe erwarten. Im Gegenteil, vielerorts brach Gewalt aus. Also entfernten sich die ängstlichen Geschwister von der Straße. Seit dem Tag lebten die beiden von betteln und stehlen. In den neuen staatlichen und privaten Waisenhäusern wollten sie auf keinen Fall. Mit zwölf schlossen sie sich der Jugendabteilung der örtlichen Rebellengruppe an, die für die Freiheit Regulus II’s kämpften. An der Art der Lebensweise (betteln und stehlen) hatte sich aber nichts geändert. Sie hatten jetzt nur ein permanentes Dach übern Kopf und ein Gefühl des Zusammenhalts mit anderen Jugendlichen und dem Traum nach der Zurückeroberung des Planeten wieder mit den Eltern und der kleinen Schwester vereint zu sein.
Aber die Rückeroberung stand in den Sternen, besonders heute, wo die beiden erst kein Glück hatten und dann auch noch Pech dazu kam.
Die Aufgabe von Ihrem Zenturio, der die unabhängige Zelle in dem Agrargebiet 50 Kilometer von Nova-Roma verwaltete, war denkbar einfach gewesen. In das Lagerhaus der Besatzungsverwaltung eindringen und zwei Säcke Getreide mitgehen lassen. Die beiden menschlichen Wachen waren zwar keine Sympathisanten der Rebellen, aber drückten bei den Kindern gerne ein Auge zu. In ihrer Sichtweise war diese sogenannte Rebellengruppe nichts anderes als ein Haufen (Waisen-)Kinder, die um ihr Überleben kämpften. Da die Kinder Ihre eigenen leeren Säcke mitbrachten und das Getreide noch nicht abgepackt war, fiel der Verlust bei der Menge nicht auf.

Aber in dieser Nacht musste sich unbedingt ein neuer Rekrut bei den Wachen beweisen. Vibia und Gaius waren schon hundert Meter vom Lagerhaus wieder entfernt, die schweren Säcke auf den Schultern, als ein junger Mann, der neu bei der Wache war, die beiden entdeckte und aufforderte stehen zu bleiben. Natürlich dachten sie gar nicht daran, sie würden in ein Waisenhaus oder wegen dem Alter ins Gefängnis gesteckt werden. Also ließen sie die Säcke los und flüchteten in den Sumpf.
Gaius schaute beim Laufen zurück und bemerkte zu seiner Resignation, dass die Wache weiterhin hinter Ihnen her war. „Warum verfolgt er uns weiterhin?“ fragte er seine Schwester.
Diese drehte sich um und schrie in die Richtung der Wache. „Warum verfolgst du uns noch? Wir haben die Beute aufgegeben!“ Zu Ihrem Bruder gerichtet sagte sie dann. „Keine Antwort.“ Und zuckte mit den Schultern, was im Laufen nicht gerade elegant aussah.
Die beiden waren gute Läufer, bedingt dadurch, dass Sie auf der Straße aufgewachsen waren, aber die Wache gab nicht auf und blieb ihnen auf den Fersen.
Durch knietiefes morastiges Wasser zu laufen war anstrengend und die beiden wussten nicht welche Ausdauer ihr Verfolger hatte. Vibia zeigte auf die Region des Sumpfes, dass mit drei bis fünf Meter hohen schilfartigen Gewächsen bedeckt war. „Da drin können wir Ihn abhängen.“
Gaius überlegte kurz. Das würde sie weiter vom Abholpunkt entfernen, aber so wie es derzeit aussah, würden sie die Wache auf offenen Feld nicht abhängen können. „Ok.“
Fünf Minuten später hatte Gaius seine Schwester aus den Augen verloren, aber auch seinen Verfolger. Er ging in die Hocke und versuchte in Bodennähe etwas zu erkennen. Es war zwar Nacht, aber die zwei Monde erhellten die Gegend genug um Umrisse zu erkennen. Und in Bodennähe gab es nicht so viele Blätter, so dass man die Füße erkennen konnte.
Er hörte das Wassergeplätscher und das Rascheln des Schilfs, aber sehen konnte er seine Schwester und den Verfolger noch nicht. Das Wasser war eiskalt und er fing am ganzen Körper an zu zittern, da er nun regungslos hockte. Er presste die beiden Fäuste an seinen Mund und simulierte das vereinbarte Vogelsignal und hoffte, dass seine Schwester nah genug war um es zu hören.

Vibia hörte das Signal und schwenkte in Richtung Ihres Bruders. Sie schaute noch einmal zurück und schätzte, dass die Wache keine 20 Meter mehr hinter ihr war. Sie legte einen Gang zu, sofern sie dazu noch in der Lage war. Kurze Zeit später hörte Sie ein Schrei und das Platschen ins Wasser eines Körpers. Sie hielt an und drehte sich um. Ihr Bruder rang mit der Wache im knietiefen Wasser.

Gaius hatte die beiden Läufer aus seiner Position gleich erkannt. Er wartete den besten Zeitpunkt ab und sprang dann mit voller Wucht in den zweiten Läufer. Er und die Wache landeten im Wasser, keiner kriegte den anderen richtig zu fassen, mal lag Gaius oben und einen Augenblick später lag er unten und hatte Probleme den Kopf über Wasser zu halten. Die Wache musste nicht viel älter als er selbst sein, ging ihm durch den Kopf. Wahrscheinlich aus einer Kollaborateursfamilie und darauf bedacht schnell Karriere zu machen. Als Gaius wieder die Oberhand im Gerangel hatte und versuchte seinen Gegner unters Wasser zu drücken, bemerkte er einen schmerzhafte Wärme in seiner Nierengegend. Er schaute nach unten und bemerkte die Waffe in der Hand der Wache. Ihm wurde schwindelig und er fiel seitwärts ins Wasser. Er sah noch wie seine Schwester mit einem Messer angestürmt kam, bevor Ihm schwarz vor den Augen wurde.

Als er wieder aufwachte bemerkte er einen sanften Druck auf seinem Körper. Er öffnete die Augen und langsam gewöhnten sich seine Sinne wieder an die Normalität.
„Na Schlafmütze, aus dem Reich der Träume erwacht?“
Er blickte verdutzt in das Gesicht seiner Zwillingsschwester. „Wo sind wir?“
„In einer verlassenen Hütte am Rande des Sumpfes.“
Als all seine Sinne wieder funktionierten bemerkte er seine Situation. „Ich bin nackt!“
„Ja.“
„Du bist nackt!“
„Ja. Du bist manchmal aber auch prüde Bruderherz.“ Sie lächelte und legte Ihren Kopf auf die Brust Ihres Bruders. „Wir waren beide komplett durchnässt, du warst durch den Betäubungsstrahl außer Gefecht und hast am ganzen Leib gezittert. Ich hab dich mit meinen letzten Kräften hierhergeschleppt, unsere Sachen ausgezogen und den Kamin angemacht. Ich hab uns warmgehalten, Körperwärme ist bei Unterkühlung die beste Methode um nicht zu erfrieren oder eine Erkältung zu kriegen.“
„O-okay, aber könntest du jetzt aufstehen, damit wir uns anziehen können?“
„Aber es ist gerade so kuschelig, können wir nicht noch ein paar Minuten ausruhen?“
„Vibia! Ich mach als Mann gerade eine schwierige Zeit durch!“
Sie kicherte. „Ja, das merke ich da unten.“
Gaius wurde knallrot und schubste seine Schwester zur Seite, stärker als er beabsichtigt hatte und sie schaute ihn mürrisch an. Im gleichen Augenblick traf ihn die Kälte knallhart und er fing an zu bibbern.
Vibia kicherte wieder. „Hab ich dir doch gesagt.“
Er holte seine Sachen und die Sachen seiner Schwester von den Stühlen.
Sie nahm die Sachen entgegen. „Dreh dich bitte um, ich möchte mich umziehen.“
Gaius schaute seine Schwester entgeistert an. „Du lagst eben noch Stundenlang nackt auf mir!“
„Das war was anderes.“ Sie lächelte. „Ich bin halt als Frau gerade in so einer Phase.“

Als er fertig angezogen war, durchstöberte er die Hütte. „Gibt es hier was essbares?“
Vibia rief vom Bett her rüber. „Keine Ahnung, ich hab uns nur hergebracht und das Feuer angemacht.“
Er fand in den Truhen und den Schränken nichts essbares und kehrte zum Schlafzimmer zurück. „Leider nichts da, lass uns zum Lager zurück, die vermissen uns bestimmt schon.“
Seine Zwillingsschwester saß am Rand des Bettes. „Nur noch eine Weile ausruhen Bruderherz.“
Jetzt erst wurde Gaius bewusst, was seine Schwester geleistet haben muss um Ihn in seinem bewusstlosen Zustand hierher zu bringen. Und er wusste nicht mal wie weit die Hütte von dem Punkt entfernt war, wo er bewusstlos geworden war und wie lange Vibia danach gesucht hatte. Draußen wurde es schon wieder langsam Dunkel, er musste mehr als 16 Stunden bewusstlos gewesen sein. Er setzte sich neben seiner Schwester aufs Bett und legte seinen Kopf auf ihre Schulter. „Ich weiß was du für mich geleistet hast ich weiß nicht wie ich das zurückzahlen kann.“
Sie streichelte seinen Kopf. „Du bist mein einziger Bruder, ich würde Bäume für dich ausreißen, wenn ich es könnte. Aber deine Reaktion hat mich gekränkt. Wir sind Bruder und Schwester, Zwillinge die den Mutterleib geteilt haben. Wir haben alles gemeinsam gemacht, wir haben nur uns zwei.“
„Tut mir Leid Vibia.“
Sie saßen dort noch eine Zeitlang. „Aber erzähl keinem davon was, ja?“
Vibia lachte. „Denkst du da an Tanja? Keine Sorge, ich hab genug Peinlichkeiten von dir in petto, dass ich mich da nicht mit einbringen muss. Sie liebt solche Geschichten von dir.“
„VIBIA!“ Eigentlich hatte er geglaubt, dass keinem die Liebschaft zwischen ihm und Tanja aufgefallen war, aber da hatte er seine Schwester in der Rechnung vergessen.
Beide lachten.
Eine Stunde später machten Sie sich auf den Heimweg.
Als Gaius in den Sumpf blickte erinnerte er sich wieder an die Letzte Nacht. „Ach du Scheiße! Das hätte ich ja fast vergessen, was ist mit der Wache passiert?“
Vibia ging vor ihm und antwortete ohne sich umzudrehen. „Tot, hoffe ich.“



"HENRY"

04. Mai 2513 A.D.
Flotte der „Diaspora“, ca. 700 Lichtjahre von Sol entfernt.
Flaggschiff „Sols Erinnerung“

Es war 21:00 Uhr Standardzeit als der Wecker klingelte. Henry Metir betätigte den „Schlummern“ Knopf und richtete sich auf. Er setzte sich aufs Bett und wickelte sich in seine Bettdecke ein. Zusammen mit dem Wecker war automatisch die Zimmerbeleuchtung auf Dämmermodus geschaltet worden. Er döste weitere zehn Minuten vor sich her, bevor der Wecker noch einmal klingelte. Henry betätigte den „Aus“ Knopf und stand auf. Die Zimmerautomatik regelte die Raumtemperatur von 12 auf 21 Grad hoch. Henry schlief besser, wenn der Raum kühl war. Nur mit Schlüpfer bekleidet und freiem Oberkörper schleppte er sich in die Waschkabine seiner Unterkunft. Dort nahm er eine Dusche, putzte seine Zähne und trug die Anti-Bart-Creme auf seinem Gesicht auf. Als er in den Spiegel blickte, schaute ein Mann mit 37 Jahren zurück. Das kurze schwarze Haar wies an den Schläfen etliche weiße Flecken auf. Als er mit 25 die ersten weißen Haare erblickte, war er fast am Boden zerstört, er dachte mit 30 würde er komplett weiß sein. Aber die weißen Haare ließen sich Zeit. Seine damaligen Kollegen in der Flotte hatten Ihren Spaß daran, jeden zweiten bis dritten Monat zu tun, als ob sie die weißen Haare das erste Mal sehen würden und ihm dann das Beileid aussprachen. Henry hatte sich damit abgefunden.
Er trat aus der Waschkabine raus und zog sich seine Uniform an. Er begutachtete sich im mannsgroßen Wandspiegel und war überzeugt, dass er vorzeigbar war.

Sein Weg führte über die leeren Gänge zur Schiffskantine. Von den 220 Plätzen waren 15 besetzt und doch setzte sich Henry an einem leeren Tisch, nachdem er sich sein Frühstück an der Theke zusammengestellt hatte. Die meisten an Bord wussten, dass er die erste Stunde nach dem Wecken seine Ruhe haben wollte und nur bei wichtigen Sachen setzte sich ein Besatzungsmitglied oder einer seiner Kollegen mit gleichem oder höherem Rang an seinem Frühstückstisch.

Um 21:55 Uhr betrat Henry das Operationszentrum. Die Besatzungsmitglieder an denen er vorbeikam salutierten Ordnungsgemäß und Henry erwiderte den Salut.
Er stellte sich neben den Kapitänssessel und wartete auf Kapitän Johansson, der am Astronomiebereich des OPZ mit zwei Besatzungsmitgliedern sprach.
Zwei Minuten später kam der Kapitän der „Sols Erinnerung“ zu Henry. „Guten Abend Kommandant Metir, alles ist für den Schichtwechsel vorbereitet, Sie kennen ja den Ablauf.“
Henry nahm das Kommandopad von Michel Johansson entgegen und überflog kurz den Tagesbericht. „Wie ich sehe, war mal wieder viel los.“
Michel Johansson lachte kurz auf. „Ja wieder ein glorreicher Flugtag ohne nennenswerte Ereignisse.“ Er zeigte kurz auf den Astronomiebereich. „Leutnant Lacroix da drüben möchte gerne ein paar Überstunden in deiner Schicht machen. Da es deine Schicht ist, musst du das bewilligen oder ablehnen. Sie sagte mir auch, dass sie, wenn die Überstunden nicht genehmigt werden sollten, gerne die Stunden als Freizeit hier verbringen möchte.“
„Astronomischer Bereich? In deinem Tagesbericht steht nichts drin, was auf neue Erkenntnisse bei der Beobachtung der stellaren Umgebung hindeutet.“
„Gibt es auch keine. Aber Leutnant Lacroix möchte ein astronomisches Ereignis weiter persönlich beobachten. Sie ist darauf heute gestoßen. Es hat aber nicht unmittelbar mit unserer Mission zu tun.“ Kapitän Johansson gab Henry einen Väterlichen Klaps auf den Rücken. „Vielleicht will Sie ja einfach nur mit dir öfter zusammen sein? Ihr habt immerhin die gleiche Ethnie.“
Henry schaute zu Leutnant Lacroix rüber. Die Frau war mit 28 Jahren laut weitläufiger Meinung sehr hübsch. Sie hatte brünettes, zu einem Pferdeschwanz geflochtenes Haar, braune Augen und eine kleine Spitznase. Es stimmte, dass er und sie französische Wurzeln hatten, aber das war für ihn, im Gegensatz zu den meisten ethnischen Franzosen kein Punkt, der für die Partnerwahl ausschlaggebend war. Henry war halt zwischenmenschlich ein schwieriger Typ. Er selbst würde sich in manchen Situationen als „soziales Wrack“ bezeichnen. Er lebt gerne abgeschottet, nahm in seiner Ausbildungszeit und den ersten Jahren bei der Flotte aus eigenen Antrieb fast nie Kontakt zu seiner Familie oder den wenigen Freunden auf. Selbstzweifel nagten an ihm und er fragte sich wie er es überhaupt so weit in der Karriereleiter geschafft hatte. Nicht umsonst war er freiwillig in der Nachtschicht, wo er nur mit 1/3 der Mannschafft zu tun hatte. Aber den besonderen Umständen der Diasporaflotte hatte er es wohl zu verdanken, dass er da war, wo er nun saß (er weigerte sich einzugestehen, dass die dutzenden Bücher und interaktiven Lernprogramme zu „sozialer Interaktion“ etwas damit zu tun hatten, auch wenn er das Programm immer noch bei sich hatte und immer mal wieder konsultierte. Soziale „Dämpfung“ war in der TU eine anerkannte Krankheit). In der normalen Flottenhierarchie der TU hätte er ohne ein soziales Geflecht und „Freunden“ in hohen Positionen es niemals so weit geschafft. Und er machte sich auch nichts vor, dass er wegen herausragenden Leistungen gegen den Feind die Karriereleiter aufgestiegen wäre. Aber hier in der Flotte der Diaspora war das egal. Er war eher Verwalter der Flotte und nicht eine Gallionsfigur, auf die die Mannschaft ehrfürchtig aufblickte.
„Glaube ich weniger Kapitän, aber sie kann gerne die Überstunden machen. Wir können uns in 100-200 Jahren Gedanken darüber machen, wie wir sie abbezahlen.“
Kapitän Johansson lachte noch einmal auf und ging dann in seinen verdienten Feierabend.

Nun da der Kapitän das Operationszentrum verlassen hatte, begann offiziell die Schicht. Kommandant Henry Metir war nun amtierender Kapitän der „Sols Erinnerung“ und der restlichen Schiffe in der Flotte der Diaspora, auch wenn deren Kapitäne eventuell einen höheren Rang innehatten.
„Kommunikation, geben Sie mir die aktuellen Statusberichte der restlichen Schiffe durch.“
Die Berichtserstattung aller Schiffe der Flotte wurde zweimal täglich exerziert. Alle 257 Schiffe der Diaspora gaben einen Ereignis- und Statusbericht an das Flaggschiff ab. Zur gleichen Zeit liefen auch die internen Untersuchungen der „Sols Erinnerung“. Unfälle, Ausfälle, Status der Kälteschlafkapseln, medizinische Berichte, außergewöhnliche Vorkommnisse, technischer Zustand der Geräte und des gesamten Schiffes, usw.
Die Flotte der Diaspora war vor 35 Jahren gestartet. Damals 2474, 13 Jahre bevor Alida auf Rasal abstürzte, gab es schon einige Stimmen, die den Verlust des Krieges gegen den Rat vorhersagten. Keiner wollte das Wort „Flucht“ in den Mund nehmen und der Initiator und größter Befürworter der Aktion (damaliger Senator von Spica, Pavel Kabers) nannte es gleich „Diaspora“, den Samen der Menschheit weiter in die Galaxie hinaustragen, damit die menschliche Rasse niemals komplett unterdrückt oder vernichtet werden konnte. Richtig war, dass der Diaspora Plan schon Jahrzehnte vor dem Krieg gegen den Rat in den Schubladen von Senator Pavel Kabers lag. Nichtsdestotrotz war der Plan ein politisches Minenfeld. Nur durch die Position als Senator und Mitglied des Kabers-Clan konnte Pavel Kabers seinen Traum verwirklichen.
2478 startete die Flotte von Sol aus. 257 Schiffe mit 100.000 Menschen flogen ins Ungewisse. 50 alte Kreuzer, Fregatten und Zerstörer bildeten die militärische Begleitung. Die „Sols Erinnerung“ war ein uralter Träger, der für diese Aufgabe generalüberholt worden war. 150 Schiffe waren „Archen“. Riesige Interstellare Frachter, Transportschiffe und richtige Kolonieschiffe waren so umgebaut worden, dass 100.000 Menschen im Kälteschlaf die lange Reise überstehen konnten. Die fünffache Anzahl an Ersatz-Kapseln war in jedem Schiff an Bord. Die Kälteschlafkapseln (im Gegensatz zur restlichen Technik der Diaspora-Flotte) waren die neuesten und haltbarsten Geräte die die terranische Union damals zu bieten hatte. Die restlichen Schiffe waren Supportschiffe, Ersatzteillager, fliegende Fabriken und was sonst noch so für eine Exodusflotte gebraucht wurde oder angedacht war.
Als die Flotte gestartet war, nahm sie einen Weg, der von den meisten Ratsvölkern wegführte. 500 Lichtjahre flog die Flotte durch das Tornetzwerk von damals befreundeten Rassen. Weitere 180 Lichtjahre ging der Weg durch verlassene oder nicht erschlossene Sonnensysteme am Rande des bekannten Abschnitts der Milchstraße, die immer noch funktionierende Sternentore hatten. Als die Flotte das letzte Sonnensystem mit Toranschluss betrat, nahm sie einen Weg in das Unbekannte. Die Flotte flog nun mit Unterlichtantrieb in nicht erschlossene Sonnensysteme, um irgendwann in 100 -200 Jahren sich in einem neuen Sonnensystem niederzulassen.
Auf den Schiffen gab es immer zwei Mannschaften, die im 12h-Schichtbetrieb die Schiffe führten. Die hektische Zeit waren immer die zwei bis drei Stunden vor und nach dem Schichtwechsel, aber die sechs Stunden dazwischen verbrachte die kleine Crew mit Unterhaltungssendungen, Spielen oder sonstigen „kleinen Ablenkungen“ die Abwechslungen brachten aber den Schiffsbetrieb und die Überwachung der Schiffssysteme nicht beeinträchtigten. Diese beiden Mannschaften wurden ca. alle fünf Jahre durch zwei andere Mannschaften ersetzt, die vorher im Kälteschlaf waren. Es gab pro Schiff drei bis sechs solcher Schichtmannschafften, die sich abwechselten.
In den 35 Jahren seit dem Start war dies Henrys zweite Wachphase. Die „Sols Erinnerung“ hatte zwölf Mannschaften, die in sechs Zyklen operierten. Er hatte noch zwei Jahre vor sich, bis er wieder in die Kälteschlafkapsel gehen würde. Und 30 Jahre danach würde er wieder aufwachen.
Schon jetzt gab es einige Schulungsklassen, die die kommende Generation an Schiffsführern ausbilden würde. Aber dies war in Bezug auf die Größe der Flotte und den Zeitrahmen in dem man operierte verschwindend gering. Ab dem nächsten Zyklus sollten ganze Schulungsklassen aufgebaut werden, die später dann jeden Bereich der Schiffsführung übernehmen konnten. Dann werden irgendwann komplette Schichten ausgewechselt. Der Plan war, dass jede Schicht vier bis sechs Zyklen durchläuft, bevor die Mannschaften sich letztendlich zur Ruhe setzen würden. Das wären 20 bis 30 aktive Jahre in einem Zeitraum von 120-180 Jahren.

Vier Stunden später
Henry hörte leise Musik, während er den Balkendiagrammen und Diagnosetools auf seinen Bildschirmen zusah. Gerade war die interne Diagnose der Kälteschlafkapseln des Schiffes fertig geworden, Kapsel 4715 hatte einen leichten Energieverlust und Henry leitete den Bericht an den technischen Dienst weiter. Diese würden die Kapselsysteme näher untersuchen und den Fehler beheben. In seltenen Fällen musste der Insasse geweckt werden. Diese Entscheidung hatten der Cheftechniker und der amtierende Kapitän zu entscheiden. Die Systeme des Schiffes und ganz besonders die einwandfreie Arbeit der Kälteschlafkapseln wurden jeden Tag gründlich überprüft. Die Systeme sollen und müssen mehrere hundert Jahre aushalten.
Henrys Blick strich durch das OPZ und er schaute, was die restliche Crew so trieb. Die 20 Männer und Frauen der Nachtschicht vertrieben sich wie gewohnt die Zeit. Solange sie Augen und Ohren an Ihrem System hatten und der Geräuschpegel vertretbar war, war eigentlich alles erlaubt. Die drei Kommunikationsoffiziere spielten ein Drideo-Strategiespiel, Die Ortung schaute ein Drama und zwei aus dem Sicherheitsteam bastelten an einer Nano-Skulptur.
Nur Leutnant Lacroix und Ihr eigentlicher Nachtschichtersatz saßen voller Tatendrang in dieser Routinemäßigen ereignislosen Zwischenzeit bei der Arbeit. Henry überlegte, wann er die Frau in die Ruhephase schicken sollte. Sie hat jetzt schon eine 16h Schicht. Die Schiffsatzung sagte, dass nur in Ausnahmefällen eine Schicht länger als 14h dauern darf, auch wenn es das Besatzungsmitglied selbst wünscht. Aber die Mannschaften der Diaspora legten längst solche Vorschriften sehr liberal aus. Henry kämpfte auf einer anderen Ebene mit der Entscheidung. Wie sollte er die Situation sozial und menschlich angehen? Bisher kam es in seiner Schicht noch nicht vor, dass ein Mannschaftsmitglied mehr als 16 Stunden am Platz war. Es kam im Gegenteil sehr selten vor, dass überhaupt Überstunden gemacht wurden. Wo lag die Motivation, dass Leutnant Lacroix immer noch am Platz arbeitete? Sollte er sie direkt Fragen? Sollte er sie in die Ruhephase schicken? Was denkt Kapitän Johansson über Ihn, wenn in der nächsten Schicht Leutnant Lacroix übermüdet erschien?
Henry überlegte, ob er sein Sozialprogramm auf die Konsole laden sollte. Es hatte Ihn in einigen Situationen gute Ratschläge gegeben. Er könnte die Parameter eingeben und das Programm würde einige Vorgehensweisen vorschlagen. Er entschied sich aber letztendlich dagegen. Er hatte die letzten Minuten bemerkt, dass Leutnant Lacroix mehrmals aufgeregt mit ihrem Kollegen geredet hatte und zwei- bis dreimal in Henrys Richtung gesehen hatte. Diese Situation erkannte er auch ohne Sozialprogramm, Leutnant Lacroix hatte etwas entdeckt und wollte, wahrscheinlich nachdem sie die Daten mehrmals überprüft hatte, Ihn darauf aufmerksam machen.

Als er noch darüber nachdachte, gab es kurz ein akustisches Warnsignal und der ranghöchste Ortungsoffizier fiel fluchend aus seinem Sessel. Das ganze OPZ schaute nun zum Ortungsbereich und Henry stand von seinem Sessel auf. „BERICHT!“
Der Ortungsoffizier rappelte sich auf und überprüfte mit seinen Kollegen die Daten. „Das ist unmöglich. Zehn Lichtminuten seitlich von uns entfernt gab es mehrere massive Energieausbrüche.“
„Wir sind im Leerraum und laut unseren Langstreckensensoren gibt es in 10 Lichtmonaten keine Objekte. Was ist hier also passiert?“
„Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung Kommandant. Es war NICHTS dort. Langstreckensensoren können auf weite Entfernungen schon mal Objekte nicht aufspüren. Aber zehn Lichtminuten sind in der optimalen Kurzstreckensensorreichweite. Bis vor zehn Minuten war da noch nichts!“
Henry überlegte kurz und gab widerwillig Flottenweiten Alarm, nachdem die ersten Meldungen der anderen Schiffe die gleichen Ortungsergebnisse hatten. Was da auch passiert war, in wenigen Minuten würden sie es auch optisch sehen können. Er hoffte, dass es nichts Gefährliches war. Vom Raum zwischen den Sonnensystem wusste man fast gar nichts. Und wenn er sich mit dem Alarm zum Affen machen würde, wäre das Schlimmste, das ihm passieren könnte, die Aussetzung seiner Schicht und er würde vom aktiven Dienst suspendiert werden.

Bevor die zehn Minuten um waren, gab es nochmal einen Energieausbruch, diesmal aber 500 Kilometer seitlich von der „Sols Erinnerung“.
„SCHIFFSKONTAKT!“
Henry schaute ungläubig in den Drideo Projektor. Die Schiffsklasse von zwei der Schiffe kannte er nicht, aber Designmäßig passten Sie zur TU. Das dritte Schiff war aber ganz eindeutig ein Kreuzer der „Fluss“-Klasse.
„Wir werden kontaktiert. Das Schiff gibt sich als R3-475 „Seine“ aus.“
Henry schaute kurz zum Kommunikationsoffizier und passte auf, dass er nicht krächzte. „Stellen Sie durch.“
Im Drideo erschien ein Mann mittleren Alters mit asiatischen Zügen. Er grinste. „Hab euch!“

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Willkommen zu Preussen Buch 3:

Band 22 „Terranische Union“
Kapitel 1


„Darnell“

28. März 2513 A.D
Claudia wachte um kurz nach 9 auf. Vom Bett aus hatte sie eine gute Aussicht auf die regnerische Kulisse von Nova-Roma. Aber erst jetzt bemerkte sie, dass draußen ein Sturm tobte, der in dieser Jahreszeit zwar typisch, aber ziemlich heftig war. Der Regen peitschte gegen das Fenster und im nahen Park bogen sich die Bäume gefährlich. Claudia war überrascht, dass sie bis jetzt schlafen konnte. Normalerweise wachte sie bei einem solchen Sturm in der Nacht auf.
Sie ließ sich zurück ins Kissen fallen und roch daran. Sie konnte sich nicht erinnern, dass sie je in einem solch komfortablen Bett geschlafen hatte. Im Waisenhaus war selbst neu gewaschenes Bettzeug nicht so gutriechend und flauschig komfortabel. Und sie wusste, dass dieses Hotel gerade mal Mittelmaß war.
Nachdem sie weitere 15 Minuten im Bett rumgedöst hatte, stand sie auf und ging aus dem Raum. Sie wollte sich frisch machen und das Bad ausprobieren. Aber als sie aus der Tür vom Schlafzimmer kam, blieb sie wie angewurzelt stehen. Wie konnte sie das nur vergessen. Sie war nicht allein in dem Hotelzimmer. Da war der Mann der sie gekauft hatte, auf dem Sofa sitzend und eine Handfeuerwaffe reinigend. Dass es eine echte Waffe war, da war sie sich sicher. Im Waisenhaus hatten die Kinder mit zwei Spielzeugpistolen rumgealbert, aber im Drideo hatte sie echte Waffen gesehen und dieser Mann kam ihr nicht so vor, als wenn er mit Spielzeugwaffen herumhantieren würde. Nicht nachdem er den Mann mit den Pässen ermordet hatte.
Der Mann schaute kurz auf und Claudia wurde sich bewusst, dass sie im Schlafanzug in der Tür stand. Sie machte panisch ein paar Zeichen in der Gebärdensprache.
Darnell schüttelte mit dem Kopf. „Ich verstehe keine Zeichensprache.“
Claudia zeigte auf das Bad.
„Toilette?“
Sie nickte und hatte das heiße Bad schon wieder aus ihrer Wunschliste gestrichen.
„Ok, mach dich frisch und nimm ein Bad. Trödele aber nicht rum. In einer Stunde verlassen wir das Hotel.
Das Bad musste sie also doch nicht streichen, mit neuem Mut schritt sie zum Badezimmer. Fünf Schritte davor hielt sie an und schaute zurück auf Darnell.
„Was jetzt? Wir haben nicht viel Zeit.“
Sie holte tief Luft und ging schnell zu Ihrer Tasche und kramte Ihre Sachen raus die sie heute anziehen wollte. Claudia schaute sich Ihre Sachen an, dann Darnell und dann wieder die Tasche. Sie kramte ein Notizbuch raus und ging damit zu Darnell, der sie fragend anschaute aber das Buch dann entgegennahm. Danach war sie im Bad verschwunden.

Das Buch war mit Blümchenstickern versehen. Darnell klappte es auf und durchblätterte es. Jede Seite zeigte verschiedene handgemalte Gebärdenzeichen mit Kommentaren, wahrscheinlich von Claudia selbst, darunter. Er blätterte das Buch durch und merkte sich die Zeichen. Da er ein fotografisches Gedächtnis hatte, war es kein Problem für ihn, sich die Zeichen zu merken. Er hatte zwar keine Ahnung wie die offiziellen Gebärdenzeichen aussahen, bezweifelte aber, dass das Mädchen in dem heruntergekommenen Waisenhaus damit unterrichtet wurde. Wahrscheinlich hatte sie sich die Zeichen selber ausgedacht und einige sehr bekannte Zeichen aufgeschnappt. Er durchsuchte weiter die persönliche Tasche des Mädchens. Mit den anderen Kindern und den Erwachsenen hatte sie sich wahrscheinlich mithilfe eines Schreibblockes verständigt.
„Hier ist es.“ Darnell fand einen Block und einen angebundenen Stift. Er blätterte durch den halbvollen Block, der mit Sprachfetzen und einigen vollen Sätzen beschrieben war. Er wurde sich bewusst, dass er in seinem Plan eine Sache unterschätzt hatte. Eigentlich war die Überlegung, dass ein sehr inaktives oder stummes Kind am besten für das Gelingen wäre, aber er hatte nicht daran gedacht, dass es eventuell Aufmerksamkeit erregen könnte, wenn das Kind nicht die offizielle Gebärdensprache kannte. Normalerweise wurde das den Kindern ab dem 4-6. Lebensjahr beigebracht. Auf die Masche „arme Landleute“ konnte er nicht eingehen, da in vielen Situationen sehr viel Geld die Hände wechselte. Gegen eine erst kürzlich eingetretene Verstummung sprach der Fakt, dass das Mädchen zu sehr mit der Situation zurechtkam. In einem solchen Szenario wäre die Verstummung durch ein psychologisch prägendes Ereignis ausgelöst worden, dass sich dann aber immer noch im Verhalten des Mädchens widerspiegeln müsste. Das ist auch höchstwahrscheinlich das wahrscheinlichste Szenario warum Claudia stumm war. Irgendetwas ist in der Vergangenheit des Mädchens passiert. Die unmittelbaren Folgen und der Schock sind längst verflogen oder automatisch unterdrückt worden, die Verstummung blieb aber erhalten und wird es noch auf weitere Jahre oder Jahrzehnte, wenn das Mädchen keine Antrieb entwickelte wieder zu sprechen. Der Punkt ist, Claudia hatte sich mit der Verstummung abgefunden und würde schlecht als „Neuverstummte“ durchgehen.
Darnell hatte nur eine Sekunde mit dem Gedanken gespielt ein anderes Kind zu kaufen, entschied sich aber dagegen. Das war in dieser Phase zu gefährlich und unberechenbar. Das derzeitige Kind hatte zwar große Angst vor Ihm, das konnte er deutlich sehen, war von der Situation überwältigt und durcheinander, war aber auch sehr intelligent und analytisch und hatte eine Prise Mut. Es war also unwahrscheinlich, dass das Kind einige Situationen durch einen Nervenzusammenbruch oder andere Dinge gefährden könnte. Das Mädchen mit Beruhigungsmittel und Verhaltensdrogen vollzupumpen barg große Risiken. Da war es besser, wenn sie sich verhältnismäßig normal verhielt.

Claudia kam frisch gebadet und angezogen aus dem Badezimmer, als sie zum x-ten Mal heute abrupt stehen blieb. Dazu gesellte sich nun ein Gesichtsausdruck, der von kleinkindlichen Horror gezeichnet war. Sie blickte auf Darnell, der in ihrer Tasche herumwühlte. Ihre Unterwäsche, Hosen, Pullover, Jacken etc. lagen verstreut auf dem Tisch.
Darnell bemerkte das Claudia aus dem Bad kam und blickte auf das, mit offenem Mund dastehende, Mädchen. Er hielt einige Kleidungsstücke hoch. „Das ist unzureichend, wir werden neue Sachen kaufen müssen. Pack die Sachen zusammen, wir verlassen das Hotel in fünf Minuten.“
Claudia war verwirrt und wütend zugleich.
Darnell sah den Ausdruck. „Wenn du was sagen willst, dann sag es gleich.“
Sie schaute auf Ihren Schreibblock, der auf dem Tisch lag, war sich aber sicher, dass der Mann ihr gegenüber in diesem Augenblick nichts Geschriebenes akzeptieren würde.
Sie packte Ihre Sachen ohne weiteren Kommentar zusammen und war froh, dass sie bisher nicht als Sklavin oder schlimmeres verkauft wurde.

Darnell verließ mit dem Mädchen das Hotel und begab sich als Erstes zu einem der öffentlichen Schließfächer in der Nähe des Weltraumbahnhofs. Er nahm die Tasche des Mädchens und seine beiden eigenen großen Taschen und packte sie in eins der Schließfächer. Danach ging er mit Claudia in die Kindermode-Abteilung das nächstliegenden Kaufhauses.
Er kniete sich nieder um mit dem Mädchen auf Augenhöhe zu sprechen. „Hör mir gut zu! Siehst du die nette Verkaufsdame dort drüben?“
Claudia blickte auf die Person, auf die Darnell zeigte und nickte.
„Sie wird dich gleich komplett neu einkleiden.“ Er hielt seinen rechten Zeigefinger ganz dicht vor Claudias Augen. „Wenn ich auch nur EINEN Verdacht habe, dass du sie gewarnt hast oder anderweitig die Aufmerksamkeit auf dich ziehst, dann wird diese nette Frau den Tag nicht überleben und jeder andere hier in der Abteilung, der etwas mitgekriegt hat, auch nicht.“ Er blickte ihr tief in die Augen. „Hast du mich verstanden?“
Claudia nickte energisch.
„Glaubst du mir, dass ich in der Lage bin all diese Menschen hier zu töten?“
Sie nickte noch energischer, sie wollte keinen Zweifel aufkommen lassen, dass sie dies nicht verstanden hatte.
„Gut, dann wollen wir das hinter uns bringen.“ Er stand auf und griff mit der linken Hand Claudias rechte Hand, setzte ein „netteres“ Gesicht auf und ging dann mit ihr zur Verkaufsdame.
Diese erblickte das Pärchen und ging Proaktiv mit einem Firmen-Lächeln auf die beiden zu. „Willkommen bei „Plaza-Maritio“. Wie kann ich Ihnen helfen.“
„Guten Tag---" er schaute auf das Namensschild „Tabatia, Darnell Magwart mein Name, ich muss meine kleine Tochter Claudia hier neu einkleiden, wir wurden leider Opfer der Unruhen.“ Da er später mit seinem Ausweis bezahlen würde, gab es keinen Grund seinen Namen zu verbergen.
Tabatia legte die Hände vor den Mund. „Oh mein Gott, was ist den passiert?“ Die andauernden Unruhen machten den Geschäftsleuten ziemlichen Ärger.
„Nichts schlimmes, da kann ich Sie beruhigen. Aber auf den Weltraumumschlagsplätzen herrscht große Unsicherheit und Terrorangst. Weil in der Fracht wo die Koffer meiner Tochter und mir lagen Diskrepanzen und nicht registrierte Dinge aufgetaucht sind, wird die gesamte Fracht erst mal zurückgehalten und komplett durchleuchtet. Die Agentur, bei denen wir den Flug gebucht hatten, hatte sich entschuldigt, aber uns mitgeteilt, dass die Untersuchung erst in 2-4 Wochen abgeschlossen sein würde.“
„Das ist ja schrecklich.“
„Also jetzt sind wir hier auf den Planeten angekommen, wollten eigentlich meine Eltern besuchen fahren, aber haben für ein paar Wochen keine Ersatzkleidung. Ich muss also meine Tochter komplett neu einkleiden und weiß nicht mal ihre Maße, weil das sonst immer meine Frau macht.“ Darnell fing an zu Flüstern. „Sie ist eine Karrierefrau und hasst meine Mutter, deshalb ist sie auf die Reise nicht mitgekommen.“ Er redete wieder normal weiter. „Es wäre also äußerst nett von Ihnen, wenn Sie meine Tochter mit allem Nötigen ausstatten könnten, Alltagskleidung, Wäsche, Wetterfeste Kleidung und Schuhwerk für mehrere Wochen. Geld spielt keine Rolle und meine Tochter kann sich das aussuchen was Ihr gefällt, aber es sollten nicht unbedingt Luxusmarken sein.“
Bei dem letzten Satz hellten sich Claudias Augen auf. Sachen die sie sich selbst aussuchen konnte!
Tabatia machte einen kleinen Knicks. „Wie Sie wünschen.“ Sie kniete sich nieder und ging auf Augenhöhe zu Claudia und setzte ein freundlich lächelndes Gesicht auf. „Na komm mit junges Fräulein, lass uns los bevor es sich dein Papa anders überlegt, diese Chance wirst du wohl nur einmal kriegen.“
„Eins noch. Meine Tochter ist stumm und etwas schüchtern, also---“
Die Frau unterbrach Darnell „Keine Sorge Herr Magwart, wir sind ein professionelles Kaufhaus.“
Die Frau ging mit Claudia durch die ganzen verschiedenen Abteilungen und kleidete das Mädchen neu ein. Darnell war immer in Sichtweise. Für Claudia war es wahrscheinlich einer der besten Tage ihres bisherigen Lebens.
Mehrere Stunden später war Claudia neu eingekleidet und Darnell musste zwei große Reisentaschen kaufen, um alles zu verstauen. Den angegeben Betrag, der mehr als das Zehnfache des ursprünglichen Kaufpreises des Mädchens ausmachte, zahlte er ohne mit einer Wimper zu zucken.

Nachdem auch diese Taschen im Schließfach verstaut waren, befand sich Claudia mal wieder in den etwas zwielichtigen Gegenden der planetaren Hauptstadt wieder. Darnell ging mit ihr in ein Reisebüro, das „Mercurius Interplanetare Reisen“ hieß.
Claudia setzte sich in den Wartebereich und Darnell ging in das Hinterzimmer.

Der Manager des Ladens zeigte auf den Sessel vor dem Tisch, nachdem Darnell in den Raum kam. „Setz dich Darnell. Ich sehe, dass du dir deine Begleittarnung besorgt hast. Und da du hier zu mir gekommen bist, setzt voraus, dass du auch die Ausweise hast.“ Der Manager lehnte sich in seinen Sessel zurück. „Aber du musst dich bedauerlicherweise noch etwas gedulden. Der Deal ist in der derzeitigen Situation nicht machbar.“
Darnell stand abrupt auf und zeitgleich fassten die beiden Leibwächter, die auch im Raum standen, an Ihre Waffengurte. Aber der Manager winkte ab.
Darnell schaute die beiden bulligen Männer an. „Deshalb also die Testosterongeschwängerte Präsenz. Aber ich bin beleidigt Mercurius, ich würde mich nie mit deinem Kartell anlegen.“
„Und wir würden uns nie mit dir Anlegen Darnell, aber manchmal bist du unberechenbar.“
Darnell setzte sich wieder hin. „Also was ist los. Wieso könnt ihr euren Deal nicht einhalten.“
„Wir werden unseren Deal einhalten, sei dir da sicher, aber derzeit ist das schwierig. Es gab in den letzten beiden Tagen mehrere Anschläge auf Schiffe, Weltraumhafenanlagen und Personal. Die Behörden drehen im Kreis und überprüfen jede Person, jedes Schiff, jedes Frachtstück zehnfach.“
Darnell hatte die seit Wochen anhaltende Situation vor Stunden gerade als Ausrede genommen, aber hatte nicht gedacht, dass es weiter eskaliert war. In den Nachrichten war keine Rede davon, aber er hatte keine Zweifel, dass es so war, die Behörden verschwiegen nur das Ausmaß um nicht anderen Elementen Auftrieb zu geben, die nur auf ihre Chance warteten.
„Wenn du es unbedingt versuchen willst, dann halten wir dich nicht auf, Ich gebe dir Platz, Nummer und Code. Aber ich würde erst mal die Füße still halten bis sich die Situation wieder gelockert hat. Keine Sorge, wir kriegen dich von dem Planeten schon noch runter.“
Darnell sah ein, dass er derzeit keine Chance hatte. Er würde noch ein paar Tage auf dem Planeten bleiben müssen.

Claudia befand sich am Ende des Tages in einem anderen Hotel wieder. Diesmal hatte Darnell für eine ganze Woche gebucht.
Darnell gab Ihr ein Buch. Sie schaute auf den Titel: *Gebärdensprache für Anfänger und Kinder.* Sie schaute fragend zu Darnell hoch.
„Ich erwarte, dass du die richtige Gebärdensprache lernst, ich werde deinen Fortschritt täglich überprüfen. Wenn du Fortschritte machst und artig bist, dann kannst du dir auch was aussuchen was du haben möchtest. Wenn du weiteres Lernmaterial brauchst, dann musst du nur etwas sagen, ich weiß nicht inwieweit ihr im Waisenhaus unterrichtet wurde, aber lesen und schreiben kannst du ja offensichtlich.
Claudia kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie behielt aber im Hinterkopf, was für ein Mann Darnell im Grunde war.

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Band 22
Kapitel 2


VIBIA und GAIUS

02. April 2513 A.D
17 Kilometer vor den Außenbezirken von Nova Roma

Gaius ließ sich rückwärts mit ausgebreiteten Armen ins Gras fallen. „Wie räudige Hunde an der Straße ausgesetzt. Und Tanja hat mich nicht mal verabschiedet.“
Vibia zuckte kurz zusammen, als sie den Namen der Fast-Freundin Ihres Bruders hörte. „A-Ach komm, Sie wird Ihre Gründe gehabt haben.“ In Wirklichkeit hatte Vibia all Ihre Überzeugungskraft gebraucht, Tanja davon abzuhalten nochmal mit Gaius zu sprechen oder ihn zu sehen. Aber am Ende konnte Vibia dem Mädchen klarmachen, dass es das Beste wäre, wenn die beiden sich nicht mehr sehen würden. Gaius hätte in Versuchung kommen können sich gegen die Entscheidung des Lagerpräfekten zu stemmen, das wäre für alle Beteiligten nicht gut ausgegangen.
Gaius stand wieder auf und schaute in Richtung der Stadt. „Wir sollten uns auf dem Weg machen Vibia, auf dem letzten Markierungsstein den ich gesehen hatte, war die 20 Kilometer Marke eingezeichnet gewesen. Wenn wir N-R vor Dunkelheit erreichen wollen, dann sollten wir uns beeilen.“

Die beiden Geschwister schulterten ihre großen Rucksäcke und machten sich auf den Rest-Weg nach Nova Roma.
Als die beiden vor zwei Tagen ins Lager zurückkamen, bemerkten sie gleich, dass etwas nicht stimmte. Der Lagerpräfekt hatte zu einer Unterredung gebeten und ihnen die Situation erklärt. Nachdem die Wachen des Lagerhauses mitgekriegt hatten, das der neue junge Rekrut die Verfolgung der Diebe auf sich genommen und sich nicht mehr gemeldet hatte, wurde eine Suchmannschaft in den Sumpf geschickt, die letztendlich die Leiche des Rekruten gefunden hatten. Zum Glück aller im Widerstandslager, fand einer der Wachen, die gerne ein Auge zudrückte, das Messer von Vibia und steckte es heimlich ein. Hätte ein anderer das Messer gefunden, er hätte sofort eine Verbindung zum Widerstandslager hergestellt und das ganze Lager wäre Stunden später unter hohen Verlusten aufgerieben worden.
Vibia holte das Messer raus und betrachtete es schweigend, während sie endlos die Straße langschritt.
„Es ist nicht deine Schuld, dass du das Messer vergessen hattest. Du musstest dich um meinen ohnmächtigen Körper kümmern.“
„Genau es ist deine Schuld.“ Sie grinste und steckte das Messer wieder weg.
Die Wache die das Messer gefunden hatte, hatte andererseits aber auch keine andere Wahl, als dem Lagerpräfekten ein Ultimatum zu stellen. Er wusste wer an diesem Abend das Lagerhaus ausrauben sollte. Er würde, sollte es die Situation erfordern, die beiden sofort an die Behörden ausliefern, wenn er sie zu Gesicht bekäme. Der „Mord“ hatte weite Kreise gezogen, da es sich um ein Familienmitglied einer einflussreichen Familie in dem Gebiet handelte. Also hatte er mit dem Präfekten ausgemacht, dass Vibia und Gaius aus dem Lager verbannt werden und am besten den gesamten Landkreis verlassen würden.
Der Präfekt hatte den beiden später die Situation erklärt und die Geschwister haben zähneknirschend eingesehen, dass sie das Lager gefährden würden, wenn sie weiter hierbleiben würden. Nun sind sie wieder alleine und müssen sich dem Dschungel einer planetaren Hauptstadt stellen. Sie hätten nicht gedacht, dass sie nach der verhängnisvollen gescheiterten Evakuierung Jahre vorher, wieder in Nova-Roma sein würden.

Die Straße war zu dieser Jahreszeit nicht viel befahren. Die Erntezeit, wo tausende Traktoren, Mähdrescher und LKWs kilometerlange Linien zogen, war seit zwei Wochen vorbei. Die Geschwister sahen nur alle fünf bis zehn Minuten vereinzelte Fahrzeuge. Der Verkehr zwischen der planetaren Hauptstadt und den umliegenden Agrar- und Minenstädten war seit der Besetzung durch den Rat sowieso eingeschränkt und seit der eskalierenden Lage in der Hauptstadt und im Sonnensystem wurde der Verkehr weiter begrenzt.
Gaius schaute in den Himmel. „Fehlt nur noch, dass es anfängt zu regnen.“
„Mal nicht noch den Teufel an die Wand, Bruderherz. Das Wetter ist so schon unberechenbar genug.“
„Genau deswegen müssen wir die Augen offenhalten. Wenn das Wetter umschlägt sollten wir so schnell wie möglich Unterschlupf suchen. Wenn es anfängt zu regnen haben wir keine Chance mehr die Stadt vor Anbruch der Dunkelheit zu erreichen.“ Gaius zeigte auf eine Farm die ca. zwei Kilometer entfernt war. „Wenn ein Wolkenbruch einsetzt, lauf ich lieber eine halbe Stunde durch den Schlamm zu der Farm dort drüben, als der Straße ungewiss weiter zu folgen.“
Vibia nickte. „Ok, die Farm bleibt unser Rückzugspunkt fürs erste, bis wir was Neues erblicken, das uns Unterschlupf bieten könnte.“
Kurz darauf hörten die beiden ein Fahrzeug von hinten. Sie drehten sich kurz um, es war ein weißer Lieferwagen. Als dieser vorbeifuhr, bremste er schlagartig ab und hielt an. Der Fahrer, wahrscheinlich nicht allzu älter als die Zwillinge, stieg aus. Er hatte blassrote Haare, die schulterlang lose runterhingen. Er ging auf die beiden zu, die angehalten hatten und ihn interessiert, aber wachsam beobachteten. „Prätoren Vibia und Gaius?“
Vibia fasste reflexartig an ihr Messer. „Vielleicht stellst du dich erst mal vor?“
Der Rothaarige grinste kurz und machte keinen Anschein, dass ihm die Drohgesten der beiden beeindrucken würden. „Mein Fehler, ich bin Zenturio Rufus.“ Er zeigte die römische Münze, das Erkennungszeichen der Widerstandskämpfer. Aber die Zwillinge waren noch nicht ganz überzeugt. „Prätoren! Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit! Wenn ich von der Regierung wäre, dann hätte ich euch hier und jetzt erschossen. Und da der Weg nach Nova-Roma geht, wo ihr keinen blassen Schimmer von den Leuten und den Widerstandsstandorten kennt, seid ihr auch als unfreiwillige Maulwürfe uninteressant. Also entweder bewegt ihr eure Ärsche in den Laster, oder ihr könnt wirklich den Rest des Weges latschen!“
Gaius und Vibia salutierten schnell, murmelten eine Entschuldigung und setzten sich auf die Hinterbank des Lastwagens.
Als Vibia Platz genommen hatte und der Wagen losfuhr entspannte sich ihr Körper. „Wir wussten nicht, dass wir abgeholt werden.“
„Das war auch nicht sicher. Die Kontrollen wurden verschärft. Aber ein Gemüsehändler den ich kannte, half uns aus. Ich bin euch vor einer halben Stunde entgegenkommen und habe erst einen Abstecher auf eine nahegelegene Farm gemacht.“ Er zeigte auf die Kisten, die hinten aufgereiht standen. „Dort habe ich für meinen Freund die Gemüsekisten eingesammelt, die er sowieso diese Woche holen musste und bin dann wieder zurück um euch einzusammeln. Wenn wir also angehalten werden, dann gehe ich als Transporteur durch und ihr als Farmerskinder, die in der Stadt was lernen sollen.“
Gaius gab zu, dass der Plan logisch war. „Was meine Schwester aber auch andeuten wollte, war der Umstand wie wir unsere alte Zelle verlassen mussten und wir nicht erwartet hätten, dass so viel Aufwand für uns getrieben wird.“
Rufus winkte ab. „Macht euch deswegen keine Sorgen. Ihr wurdet nicht verbannt. Der Widerstand kümmert sich um seine Soldaten und jüngeren Mitglieder. Seht es als Versetzung in eine andere Abteilung an. Und seien wir ehrlich, eine Beförderung ist es dazu auch noch. Ich kenne einige Leute aus den ländlichen Widerstandslagern und die meisten kämpfen da eher ums eigene Überleben und das Überleben der Gruppe, als gegen den Feind. Das ist nichts Verwerfliches und die Tribune kennen das Problem. Hier in Nova-Roma können wir was gegen die Kollaborationsregierung und dem Rat erreichen. Also werdet ihr in meiner Zelle nicht mehr betteln und stehlen, sondern werdet als Erstes an der Waffe ausgebildet.“
Die Zwillinge grinsten innerlich.
„Eine Sache noch.“ Rufus schaute kurz in den Rückspiegel in Vibia‘s Richtung. „Auch wenn wir alle für die gleiche Sache kämpfen, ich würde nicht für jedes Mitglied meiner Zelle die Hand ins Feuer legen. Passt auf wem ihr auf die Füße tretet und welche unbedachten Andeutungen ihr macht. In der Hauptstadt seid ihr junges Frischfleisch. Und zu meinem Bedauern, sind einige im Lager nur auf ihren eigenen Status und Machterhalt bedacht. Und es gibt genug dumme junge Landeier---“
Gaius schrie auf. „HEY!“
Rufus ließ sich nicht beirren. „Ruhig Brauner, ich sag nur wie es ist. Wie gesagt, es gibt genug naive Jugendliche in unseren Reihen, die im Bett von älteren Lagerbewohnern landen und persönliche Spielzeuge von denen werden. Egal ob nun Mann oder Frau.
Die Zwillinge schluckten, Vibia erinnerte sich an ein Zitat aus einem alten Kinderbuch. *Dies ist nicht mehr Kansas, Dorothy*
Rufus sah die Gesichter der beiden. „Na, hab ich euch den Einstieg versaut?“ er lachte. „Keine Sorge, ich habe euch nur ein Beispiel für die schlimmsten Seiten des Lagers genannt. Ihr wisst nun worauf ihr aufpassen müsst. Der Großteil der Widerstandskämpfer sind normale Typen die nur den Sturz der Kollaborationsregierung im Kopf haben. Wenn ihr wollt, kann ich euer Mentor im Lager werden, dann seid ihr schon mal vor den schlimmsten Frischfleischjägern gefeit.“
Gaius beugte sich nach vorne. „Und wer sagt uns, dass du nicht auch so einer bist?“
Rufus wurde ernst. „Keiner. Und das ist auch gut so, bevor ihr die Hauptstadt und das Lager nicht kennt, seit immer auf der Hut, das bringt euch auch später im Gefecht was.“
Vibia holte sanft ihren Bruder zurück. „Danke Zenturio, wir nehmen das Angebot gerne an.“
„Ich bin erst seit kurzen Zenturio und hab mich noch nicht daran gewöhnt, dass mich alle Prätoren jetzt Siezen und salutieren.“ Seine Stimme war monoton und die Zwillinge nahmen nicht an, dass ihm das unangenehm war, er plauderte nur vor sich hin. „Wenn wir mit anderen Prätoren aus meiner Zelle zusammen sind, könnt ihr mich Rufus nennen. Nur wenn Vorgesetzte vor Ort sind und wir in öffentlichen Räumen und Plätzen sind, dann solltet ihr mich und jeden anderen Vorgesetzten unbedingt salutieren und mit Rang ansprechen. Ich weiß nicht wie das bei euch auf dem Land gehandhabt wurde, aber Tribun Titus legt großen Wert auf Disziplin und Rangordnung. Und ihr salutiert natürlich wenn ich euch einen Befehl gebe, Verstanden?“
Die Zwillinge salutierten auf der Rückbank und grinsten. „VERSTANDEN!“

Mittlerweile hatte es angefangen stark zu regnen und Rufus musste weiter abbremsen. Der Laster schaffte nur noch 15-20 km/h in diesen Verhältnissen, bzw. Rufus traute sich und dem Fahrzeug nicht mehr zu. Bei dem starken Regen und dem vernachlässigten Zustand der Straßen kann eine Unachtsamkeit einen Unfall auslösen der tödlich enden.
Gaius schaute betrübt aus dem Seitenfenster und war mehr als froh, dass er ein Dach über den Kopf hatte. „Man bin ich froh, dass du gekommen bist. Ich will gar nicht daran denken, was wäre wenn wir weiterhin draußen in diesem Regen zu Fuß laufen und einen Unterschlupf suchen würden. Kein Witz, du musst nur einmal mit den Fingern schnippen und ich mache als Ausgleich hierfür eine Woche Latrinendienst.“
„Ich nehme dich beim Wort.“ Aber er würde es wahrscheinlich nicht einlösen. Er wusste wie brutal die Regenschauer auf Regulus II waren.
„Sag mal.“ Vibia beugte sich nach vorne, den Kopf zwischen dem Fahrer- und Beifahrersitz. „Du hast vorhin von schärferen Kontrollen geredet, was hat es damit auf sich? Wir hören nicht viel von den Sachen in der Hauptstadt.“
„Die Medien und die Regierung kehren auch das meiste unter den Teppich. Seit mittlerweile zwei Wochen gibt es großangelegte Streiks der Asteroiden-Minenarbeiter, Sabotage in den Stationen und sogar drei Bombenanschläge.“
Nun beugte sich auch Gaius nach vorne. „Wow, geht die Rebellion los?“
Rufus schüttelte mit dem Kopf. „Leider nicht, das sind nur übliche Störmanöver von den einzelnen Zellen, auch wenn es diesmal etwas größer angelegt war. Besonders der Streik der Minenarbeiter zieht die Sache hinaus. Und bevor ihr fragt: Nein, unsere Zelle hat damit nicht viel zu tun. Wir trainieren unsere Leute auf den Tag X, der militärischen Rückeroberung durch die TU. Wir werden die Invasion erleichtern, wenn sie beginnt.“
„Dann sind die Sachen, die im Orbit passieren also nutzlos?“
„Nicht ganz, es bringt uns immer ein kleines Stückchen weiter, wenn die Ressourcen des Rates und der Regierung bei solchen Sachen gebunden werden, aber ja, im Großen und ganzem sind die Bombenanschläge und illegalen Streiks fruchtlos, bevor die Invasion der TU beginnt. Tribun Titus ist da eher pragmatischer und vorsichtiger. Besonders da es unsere Sache nicht leichter macht. In der letzten Woche wurden zehn unserer Mitglieder hochgenommen und wir haben nichts mehr von ihnen gehört. Deshalb werde ich euch auch erst mal nur in die Grundzüge ausbilden, erwartet nicht, das ihr in den ersten Wochen viel das Lager verlasst, ist zu eurer eigenen Sicherheit.“


FLORIAN

03. April 2513 A.D
Sonnensystem Alpha Ophiuchi, Im Lagrange-1 Punkt von Rasal, Raumstation „Liminality“

Admiral Florian Kabers war immer wieder erstaunt wie schnell und effizient Sachen aufgebaut werden konnten, wenn man (fast) unbegrenztes Budget und Ressourcen hatte. Das Sonnensystem hatte in der Langzeitstrategie der Terranischen Union einen Platz an der obersten Stelle. Alpha Ophiuchi sollte binnen kurzer Zeit ein Koloss von militärischer und wirtschaftlicher Bedeutung werden. Es war die größte Aufrüstungsaktion, die die Galaxis je gesehen hat (wenn sie es sehen könnte). Es waren schon ein halbes Dutzend Werften und über 30 Stationen im Bau. Die Station Liminality, die als Hommage an die antike Station der ersten Rasaljaner gedacht war, würde der Dreh- und Angelpunkt des Systems werden. Sie war zwar erst 5% fertig, aber jetzt schon in der Masse größer als die alte Station vor mehr als 400 Jahren. Zwei alte Trägerschiffe waren so umgebaut worden, dass sie Frachtschiffe laden konnten. Diese Frachtschiffe wurden in Sol beladen und mit den Trägern dann per Sprungantrieb nach Alpha Ophiuchi gebracht. In wenigen Wochen dann, sollen in den Asteroidengürteln von Alpha Ophiuchi kleinere Industriehubs mit hunderten Asteroidenminen und Raffinerien entstehen. Von dort werden die Frachter beladen und wieder per „Im-System-Sprung“ zum Hauptindustriegebiet im Lagrange-1 und -2 Punkt gebracht werden.
Der Herrscher der TU, Johann Kabers hatte Florian als Übergangssenator für Rasal eingesetzt, er sollte den ganzen Aufbau überwachen und koordinieren. Der Großteil der terranischen Flotte wachte über das System (oder versteckte sich, je nach Sichtweise).
Florians langjähriger Adjutant Takuto Toshiro stellte sich neben ihn ans Fenster und schaute in den belebten Weltraum raus. „Wie lange können wir das aufrechterhalten?“
„Keine sechs Monate. Wenn wir finanzielle Opfer von unseren Soldaten und Arbeitern verlangen, neun Monate.“
„Also bleibt uns nur die Flucht nach vorne.“
„Ja, die Pläne liegen bereit, wir müssen uns die wichtigsten Kernwelten zurückholen.“ Florian schüttelte innerlich mit dem Kopf. Das System wurde über Nacht in eine wirtschaftliche Höllenmaschine umgewandelt um die verlorenen Systeme zurück zu erobern und den Krieg zu gewinnen und andererseits ist diese Maßnahme verantwortlich dafür, dass die TU wirtschaftlich keine andere Wahl hatte, als die Systeme zurück zu erobern.
Der Adjutant salutierte nun, da der Eröffnungs-SmallTalk vorbei war. „Ich habe Nachrichten von Königin Sara.“
Sara war vor neun Tagen gekrönt worden, am gleichen Tag als sie den Thronfolger von Preussen-Vibon geehelicht hatte. Florian dachte sich schon worum es geht. „Ist sie schwanger?“
„Ja, unsere Ärzte konnten es einwandfrei feststellen. Sie ist seit einer Woche mit Kind.“
„Sie lässt sich keine Zeit und hält sich an die Vorgaben.“ Er schaute auf die Uhr. „In einer halben Stunde treffe ich mich mit Kapitän Nguyen, das sollte nicht länger als eine Stunde dauern, danach werde ich persönlich nach Wenning kommen um der Mutter zu beglückwünschen.“
Takuto machte einen Eintrag in den Terminkalender. „Die Verstärkung der Wachen für die Mutter?“
Florian bemerkte die leichte Unsicherheit seines Adjutanten, er war bei der Sache auch nicht ganz wohl. „Wird wie vereinbart verstärkt. Die Sicherheit von Mutter und Kind hat oberste Priorität.“ Ein Teil der Wachen würde aus Ärzten bestehen, die Sara und das ungeborene Tag und Nacht überwachen würde.
„Und wenn das Kind…?“
Florian wurde ernst. „Die Nebenwirkungen des Nährtanks sind noch ein Mysterium für uns. Sara ist die einzige, die bisher die Prozedur nach außen hin komplett überstanden hat. Wir wissen aber nicht wie es bei dem Kind aussieht, wir müssen vorsichtig sein. Sara selbst hat schon für einen normalen Menschen Kräfte und Ausdauer, von denen manche nur träumen können. Wir müssen sehen ob dies genetisch ist.“
„Und wenn das Kind wie---“
„Sara ist eine Kabers und ihr Kind wird ein(e) Kabers sein. Wir werden ihr kein Haar krümmen.“
Aber genug Familienmitglieder leben im Exil oder unter strenger Bewachung in Hochsicherheitstrakten, dachte sich Takuto.

Florian traf sich kurz darauf mit dem Kapitän des Kreuzers „Seine“. Dieser war ein ethnischer Asiate und für Florians Geschmack hatte er zu viele charakterliche Schwächen. Aber die TU brauchte jeden Mann und im Gefecht hatte sich der Kapitän mehr als einmal ausgezeichnet.
Florian gab dem Mann die Hand, nachdem dieser salutiert hatte. „Kapitän Nguyen, setzen Sie sich doch.“ Er bot einen Tee an, aber der Asiate lehnte ab. Florian kam zum Punkt. „Wir haben von der Bauer-Forschungsgruppe neue Analysen zugeschickt bekommen und das wahrscheinliche Gebiet der Diaspora-Flotte weiter eingegrenzt.“ Er übergab dem Kapitän ein versiegeltes Datenpad. Ich möchte, dass Sie mit Ihrem Kreuzerverband zur Suchflotte aufschließen und so schnell wie möglich mit der Diaspora-Flotte Kontakt aufnehmen. Alles Weitere steht in den Befehlen.“
Kapitän Nguyen salutierte zackig. „Jawohl Herr Admiral.“
27.09.2012 14:35 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 22
Kapitel 3


DARNELL

03. April 2513 A.D.
Erzraffinerie RegE57 Lagrange-2 Punkt von Regulus II
Lizim seufzte für die Inspektoren laut und deutlich. „Da nimmt man den langen Weg in Kauf und wird wie ein Verbrecher behandelt.“
Die Inspektoren schauten den Osauya nur kurz missmutig an und inspizierten weiter die Kisten. Sie hatten solche Proteste in den letzten Wochen zuhauf gehört und eine geringe Immunität gegen die kleineren und größeren Beschwerden von Frachterkapitänen und deren Crews entwickelt.
Damit fiel die Besänftigung der Händler auf die wenigen Schultern der Vorarbeiter und Stationsbeamten. Einer der Beamten, der die ganze Inspektion auf Lizims Frachter leitete schaute von seinem Datenpad hoch und schritt auf Lizim zu, als dieser sich mit seinem Seufzer und der ausgesprochenen Beschwerde bemerkbar gemacht hatte. „Kapitän Lizim, im Namen der Regierung von Regulus II und des Rates, möchte ich mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen. Besonders unsere Regierung ist jedem Frachterkapitän dankbar, der in dieser Zeit voller Herausforderungen einen Abstecher zu uns macht.“ Der Beamte betätigte ein paar Knöpfe auf seinem Datenpad und Lizims eigenes Pad meldete sich mit einen Piepser zu Wort. „Wir wollen nicht nur leer daher reden, sondern sind an weiteren Geschäften interessiert. Ich habe ein paar Geschenke unserer Regierung auf ihr Pad geladen.“
Lizim schaute sich die Liste an und Pfiff erstaunt. Er sah Rabattcoupons, freien Eintritt zu speziellen Establishments, einen 15%igen Rabatt auf Dockinggebühren für das gesamte nächste Jahr in ganz Regulus und andere Kleinigkeiten die Frachterkapitäne dazu anleiten sollte, wieder zu kommen. Also ein Werbepaket. Aber der Inhalt und die Anzahl übertraf fast alles, was er bisher so an Lockangeboten zu sehen bekommen hat. Klar, es gab in manchen Gebieten weitaus bessere Geschenke und Konditionen, aber das war meistens zu einer Zeit, in einem Gebiet wo die Gefahr für das eigene Schiff weitaus größer war als die Geschenke mit denen man gelockt wurde. Regulus war kein selbstversorgender Planet. Er hatte zwar seltene Ressourcen und die Bevölkerung konnte durch die Agrarwirtschaft normal ernährt werden, aber es fehlte im Besonderen an gehobenen- und Luxus-gütern. Die Hightechindustrie und Luxusartikelhersteller waren auf das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter und deren Familien angewiesen. Regulus II war kein Planet der gutverdienende Menschen anzog. Diese Menschen arbeiteten eher auf Deneb, Spica oder der Erde. Dadurch war Regulus ein Importeur von Luxus- und Hightech-waren und Exporteur von wichtigen Rohmaterialien. Das war aber, als Regulus noch Bestandteil der TU war. Die Ressourcen die im Sonnensystem und auf den verschiedenen Planeten abgebaut werden(können), sind zwar in der gesamten Galaxie unter allen Völkern heiß begehrt, aber Regulus ist als derzeitiger Bestandteil des Protektorats des Rates nur ein System von einem Dutzend, wo die speziellen Ressourcen geschürft werden können. Und natürlich spielt da Politik und die Sicherheitsbedenken eine große Rolle. Die Ratsvölker werden den gestiegenen Bedarf an Rohstoffen zuerst durch eine Erhöhung der Förderung in den eigenen Systemen anstatt in einem Menschensystem kompensieren. Und dazu kommt, dass Regulus nahe an der Front ist. Und jetzt wo die Ratsflotte nicht zum Todesstoß gegen Sol ausgeholt hat und sogar einige Flotten aus den Systemen abzog, meiden viele Frachter die Systeme um Sol herum. Seit die Gerüchte über den neuen Antrieb der TU in Umlauf kamen, wird in vielen Systemen um Sol eine Rückeroberung durch die TU befürchtet (und herbeigesehnt).
Regulus brauchte also Händler, die die Ressourcen in andere Sternensysteme exportiert, damit nicht die Wirtschaft zusammenbrach. Und die Importe, um die Bevölkerung etwas in Schach halten zu können.
Lizim kratzte sich am Hinterkopf. „Jetzt fühle ich mich durch die Geschenke ein wenig beschämt, dass meine Mannschaft ihnen nicht bei der Entladung behilflich ist.“ (Der Grund ist ein anderer, er wusste nicht, ob seine Kinder das Pokergesicht die ganze Zeit aufrechterhalten konnten in dieser Situation.
Der Beamte winkte ab. „Machen Sie sich deswegen keine Sorgen, wir haben so ein Verhalten in den letzten Wochen zuhauf beobachtet. Jedenfalls besser als wenn uns die Crew die ganze Zeit beleidigt oder noch schlimmeres. Es sind derzeit schwierige Zeiten für uns alle.“
„Hoffen wir, dass die Wogen sich bald glätten.“ Und dies meinte Lizim, ganz der Händler, aus vollem Herzen.
Fünf Minuten später war die Inspektion abgeschlossen. Der Beamte schüttelte Lizims Hand. „Schauen Sie auch einmal in den Ordner #Angebote# rein, dort sind Artikel aufgelistet die wir unbedingt brauchen. Wir zahlen auf jeden Fall den angegebenen Mindestpreis.“
„Danke, ich werde es mir anschauen. Ich habe noch eine vertragliche Lieferung nach Deneb in zwei Wochen, aber dann kann ich mir die Liste ja mal genauer anschauen. Ich denke mal, die Mindestpreise sind deutlich höher als die im Kern-Ratsraum?“
„Manche sogar das Doppelte bis Dreifache.“ Der Beamte setzte ein verstehendes Grinsen auf und verließ den Frachter.
Erst als der Frachter wieder abgelegt hatte, trauten sich seine Kinder raus.
Urnnaw übernahm den Pilotensessel seines Vaters. „Hat es geklappt?“
„Ja, ansonsten würden sie uns nicht abfliegen lassen.“
„Aber ich frag mich immer noch, wie die Agenten in den Erzkisten den Scannern der Inspektoren entgehen konnten.“
Lizim schlug mit der geschlossenen Faust leicht auf den Kopf seines Sohnes. „Du stellst schon wieder unnütze Fragen.“

05. April 2513
Nova-Roma
Die vier Agenten hatten sich in einer Erzkiste vom Frachter versteckt und entkamen der Entdeckung, indem sie die neuesten Tarnanzüge der TU anhatten. Aber selbst diese waren nicht hundertprozentig sicher. Zwei der Inspektoren waren selbst Schläferagenten, die vor etlichen Jahren, sogar vor der unvermeidlichen Invasion durch den Rat, dort platziert worden sind. Diese hatten dafür gesorgt, dass die Scanner nicht alle Spektrumsbereiche intensiv abgesucht hatten. Diese beiden Inspektoren hatten sogar eine größere Aufdeckungsgefahr durch ihre Aktion, als die vier Spezialagenten in der Kiste.

Tommie Heckermann, Emilio Buenaventura, Brenda Begemann und Hans Cecilia betraten das vierstöckige Gebäude im äußeren Industriegebiet von Nova-Roma.
Ein Mann in seinen Fünfzigern begrüßte die vier Agenten. „Willkommen die Herren, setzen sie sich doch.“
Emilio und Brenda salutierten kurz und Tommie ging zu dem Mann und schüttelte Ihm die Hand. „Oberst Titus, im Namen der TU möchte ich mich bei Ihnen für das Durchhaltevermögen von Ihnen und Ihren Männern bedanken.“
Der Soldat strich sich durch seinen ca. fünf cm langen Bart. „Oberst, so hat mich seit Jahren keiner mehr genannt. Es ist gut zu wissen, dass man nicht vergessen wurde.“
„Die Union lässt seine Soldaten nicht im Stich, besonders nicht diejenigen, die aktiv den Widerstand in den besetzten Gebieten leiten.“
Oberst Titus setzte zu einem Lachen an, aber keins aus Freude oder Arroganz, sondern aus jahrelanger Resignation. „Man könnte fast meinen, dass Sie wirklich daran glauben. Wie viele Soldaten warten auf den hundert besetzten Planeten der TU auf die Rückkehr der Unionstruppen? Wie viele hören von Leuten wie Ihnen, dass der Tag X bald kommen würde? Wird den Widerstandskämpfern von Falmer IV weiterhin die Rettung versprochen?“ Der Planet Falmer IV war der erste, der vom Rat besetzt wurde. Und das Versprechen von Johann Kabers, dass der Planet innerhalb von 6-12 Monaten zurückerobert werden würde, war ein schwarzer Fleck auf der Weste vom Herrscher der Union.
Hans Cecilia hob die Faust. „Wie können Sie es wagen!“
Aber bevor er etwas Weiteres sagen konnte, packte Emilio den jungen Fähnrich, öffnete die Tür und schmiss ihn quasi durch die Tür in den Gang raus. „Und bleib draußen!“
Tommie hustete kurz, als Emilio die Tür leise geschlossen hatte und sich wieder neben ihn stellte. „Entschuldigen Sie bitte, er ist noch Jung.“
„Ich muss mich entschuldigen, viele meiner Widerstandskämpfer in dieser Zelle glauben, dass Ihre Gruppe ein Anzeichen dafür ist, dass der Tag X bevorsteht, aber ich weiß es besser.“ Der alte Oberst machte eine kleine Pause. „Oder nicht?“
Tommie hatte Erfahrungen im Umgang mit Soldaten und Widerstandskämpfern auf den besetzten Welten und immer musste er deren Träume zerplatzen lassen. „Unsere Anwesenheit hat nichts mit einer eventuellen bevorstehenden Rückeroberung zu tun, da muss ich Sie und Ihre Männer und Frauen bedauerlicherweise enttäuschen. Selbst wenn morgen die Invasion beginnen würde, dann wüssten wir davon nichts, da wir aktive Feldagenten sind und der IND es nicht verantworten kann, dass gefangengenommene Agenten, durch welche Mittel auch immer, so ein Geheimnis preisgeben könnten.“
Der Oberst sank in seinen Sessel zurück, sichtlich enttäuscht. „Ich hasse es, richtig zu liegen. Aber nichtsdestotrotz werden ich und meine Zelle Ihren Männern in allen Belangen zur Seite stehen.“
Tommie verbeugte sich. „Die TU steht in Ihrer Schuld Oberst.“
„Diese Schuld kann sie mit einer baldigen Rückeroberung zurückzahlen. Aber genug davon, ich zeige ihnen erst mal ihre Unterkunft. Und eins noch. Nennen Sie mich bitte Tribun und nicht Oberst. Hier im Widerstand haben wir eigene Ränge.“
„Selbstverständlich.“

08. April 2513
Hotel „Marinia“
Claudia legte gerade das Buch weg und wollte den Fernseher einschalten, als Darnell von seinem Einkauf zurückkam. Er legte die Tasche auf den Tisch und Claudia begann das gekaufte einzusortieren. Nachdem sie fertig war, zeigte Darnell auf den linken Sessel neben der Couch. „Ein Test.“ Er setzte sich auf den rechten Sessel.
In der nächsten Stunde übte Darnell mit Claudia Vokabeln. Er sagte in der ersten Phase das Wort und sie musste dann das dazugehörige Gebärdenzeichen machen. In der zweiten Phase zeigte er die Symbole und sie musste auf einen Block aufschreiben um welche Wörter es sich handelte. Darnell lobte ihren Fortschritt, aber Claudia war noch immer sichtlich deprimiert, dass sie nicht so schnell lernen konnte wie er.
In der dritten Phase ging es in kompletten Sätzen, nur in Gebärdensprache, weiter. Darnell stellte eine Frage in Gebärdensprache und Claudia antwortete, bis irgendwann ein sich selbst tragendes Gespräch draus wurde.
Nenne die vier Straßenblöcke die vom Hotel wegführen. Darnell fing mit langsamen Bewegungen an.
Marinenstraße nach Nordosten, Freiheitsstraße nach Westen, Cassa Marinia nach Norden und Bandweg nach Südwesten Für Eigennamen benutzte Claudia das offizielle Gebärden-Alphabet.
Gut, welche Straße wurde nach der Besetzung umbenannt.
Claudia wusste, dass dies eine Fangfrage war. Zwei wurden umbenannt. Die „Admiral-Johann-Kabers-Straße und die Triumphstraße.
Darnell stellte weitere Fragen die sich um den Planeten oder Nova-Roma handelten, um Ihr Wissen zu erweitern und spezielle Fragen zum Allgemeinwissen und den Lernbüchern die sie zusätzlich zu der Gebärdensprache paukte. Dazwischen warf er immer wieder allgemeine Fragen rein.
Hast du heute Morgen dein Bett gemacht?
Claudia wurde knallrot. Ich habe NICHT ins Bett gemacht!
Darnell fing kurz an zu lachen, eine der wenigen Situationen wo er solche Gefühle zeigte. „Ich habe nicht gefragt ob du INS Bett gemacht hast, sondern ob du DEIN Bett gemacht hast.“
Claudias Röte verblasste wieder. Du warst zu schnell mit deinen Händen!
Das hast du jetzt erst bemerkt? Ich habe kontinuierlich die Geschwindigkeit erhöht und wollte schauen ob du mithalten kannst. Also?
Also was?
Hast du dein Bett gemacht?
Ja.
Denk dran, nicht nur mit Ja oder Nein zu antworten. Was wolltest du vorhin im Fernsehen schauen?
Eine Familie unter sich. Kommt jeden Tag um 15 Uhr.
Vermisst du deine Familie?
Die Frage riss Claudia aus der Bahn. Ihre Hände blieben in der Luft, vor ihrer Brust bewegungslos stehen. Sie schaute Darnell an, dieser zeigte aber keine Regungen. Sein Gesichtsausdruck sagte rein gar nichts aus. Sie ließ den Kopf hängen und saß in der Position einige Minuten. Als sie den Kopf wieder hob, saß ihr Darnell immer noch mit dem sterilen Gesichtsausdruck, auf eine Antwort wartend, gegenüber. Sie raffte sich zu einer Antwort zusammen. Ich erinnere mich nicht an meine Familie. Man fand mich während der Invasion blutend neben einem eingestürzten Gebäude, erzählte man mir jedenfalls. Seit meinem dritten Lebensjahr wohnte ich im Waisenhaus. Was aus meinen Eltern wurde, konnte mir keiner sagen. Kindliche Hoffnung machte sich in Claudia breit und ihre Augen weiteten sich. Bringst du mich zu meiner Familie?
Tut mir leid, ich kenne deine Eltern nicht.
Claudia wurde wütend. Wieso sprichst du das dann an? Und was hast du mit mir vor?
Das kann ich dir nicht sagen, aber du solltest froh sein, aus dem Waisenhaus rausgekommen zu sein.
Was hab ich damit gewonnen? Vielleicht verkaufst du mich auch einfach irgendwohin weiter.
Ich werde dich nicht verkaufen. Du bist keine Ware. Mehr.
Claudia zeigte auf die Tür. Also bin ich frei und könnte aus die Tür gehen und du würdest mich nicht aufhalten.
Nicht ganz. Ich brauche dich weiterhin.
Claudia fasste sich frustriert in die Haare.
Ich habe nie die Tür verschlossen wenn ich weg war, du hättest jederzeit gehen können, aber du hast es nicht getan. Du bist intelligent genug zu wissen, dass du ohne Geld und Unterschlupf wieder im Waisenhaus landen würdest.
Darnell hatte Recht. Claudia hatte jeden Tag, als er weg war, die Türen überprüft, ob diese Verschlossen waren. Sie waren es nicht. Und er hatte Recht, dass sie schlau genug war, sich dem Schicksal Ihres Käufers (vorerst) hinzugeben, als alleine in Nova-Roma zu überleben. Ins Waisenhaus kamen öfter mal Kinder, die vorher auf der Straße gelebt hatten. Manche waren normal, andere waren Hüllen ohne Seele. Der eine oder die andere hatte sich mit Prostitution über Wasser gehalten. Erst später wurde ihr erklärt was das Wort und das „schlafen mit älteren Männern und Frauen“ bedeutete. Diese Kinder waren auch die ersten die einen Käufer fanden, oder wie es im Waisenhaus offiziell hieß: adoptiert wurden. Darnell hatte bisher keine Anzeichen gemacht, dass er „so einer“ war. Aber sie wusste nicht, ob sie wirklich besser dran war, Darnell ging über Leichen.
Würdest du mich aufhalten, wenn ich wirklich versuchen würde abzuhauen?
Ja.
Wann geht es weiter? Du wolltest doch den Planeten verlassen. Claudia hatte letzte Woche mitgehört, wie der Mann vom Reisebüro sagte, dass sie „Begleittarnung“ wäre. Sie malte sich aus, dass Darnell sie brauchte um vom Planeten zu kommen. Und wenn dies geschafft war, wäre Sie vielleicht frei. Oder totes Gepäck…
Das ist ungewiss.
Würdest du mich umbringen?
Darnell wartete mit der Antwort. Diese Frage solltest du nicht stellen.
Wozu brauchst du mich?
Kann ich dir nicht sagen.
Wie lange brauchst du mich.
Kann ich dir nicht sagen.
Sie hatte nun Tränen in den Augen. Die Frustration ihrer ungewissen Situation und die Fragen über ihre Familie hatten Claudia emotional mitgenommen. Warum schneidest du solche Themen an, wenn du sie nicht beantworten willst! Sie schmiss das Buch, dass sie als Hilfe auf Ihren Schoß liegen hatte, runter und rannte weinend in ihr Schlafzimmer und verschloss die Tür.
Darnell hob das Buch auf und legte es fein säuberlich zu den anderen Büchern auf dem Tisch. Er wusste nun, dass sie auch in emotionalen Situationen mit der Gebärdensprache zurechtkommen würde.

Claudia hatte sich in den Schlaf geweint. Als sie hungrig wieder aufwachte, war es draußen schon wieder Dunkel. Sie schaute auf die analoge Uhr, es war 22:37 Uhr. Sie schloss die Tür des Schlafzimmers auf und ging durch das Hauptzimmer zur Küche. Das Mädchen bewegte sich leise, da Darnell auf dem Sofa schlief. Nachdem sie sich ein Brot geschmiert und gegessen hatte, ging sie zum Tisch um sich zwei der Bücher zu schnappen. Sie wollte noch ein wenig lernen, bevor sie wieder schlafen gehen würde (oder konnte).
Claudia bemerkte, da sie nun dichter am Sofa war, dass Darnell zitterte und mit den Zähnen klapperte. Schweiß war auf seiner Stirn. Sie hatte ihn schon öfters schlafen gesehen, aber dies war das erste Mal, dass sie solche Anzeichen bei Ihm sah. Claudia näherte sich mit leisen Schritten und wollte fühlen, ob er eine Erkältung hatte. Sie wurde aber durch sein plötzliches Gemurmel aufgeschreckt.
„Tank… Nein…“ Darnell begann schneller zu zittern und seine Decke fiel zu Boden.
Claudia wollte diese gerade aufheben und ihn wieder zudecken, als er schlagartig die Arme hochriss und schneller und immer lauter redete.
„mich raus. Lasst mich raus. Lasst mich raus! Lasst mich raus!! LASST MICH RAUS! Tank! Tank! Tank! Tank! TANK!“ Es sah so aus, als wenn er mit der Faust in der Luft gegen etwas hämmerte.
Claudia fiel rückwärts mit der Decke auf den Hintern, sichtlich von Darnells Verhalten verängstigt. Darnell redete weiter schnell vor sich hin, vieles konnte sie nicht entziffern. Auf einmal schlug er die Augen auf und schaute desorientiert im Raum entlang. Claudia sah sichtbar die großen Schweißperlen auf der Stirn. Eine weitere Minute verging, bei der Darnell orientierungslos den Raum absuchte und Wortfetzen vor sich hinredete.
Dann fand er Claudia auf den Boden und fixierte sie. Den Blick den er ihr zuwarf würde Claudia ihr Leben lang nicht vergessen. Das war nicht Darnell, den sie seit über einer Woche kannte, das war irgendein Psychopath. Sie kroch vor Todesangst rückwärts in die Ecke des Raumes, die Decke an sich klammernd. Darnell verfolgte sie mit seinem Blick. Sie schloss die Augen und hielt sich die Ohren zu. Aber sie konnte weiterhin sein wahnsinniges inhaltsloses Gemurmel, dass zwischenzeitlich immer mal wieder in Geschrei ausartete, hören.
„Claudia.“
Sie saß dort, wer weiß wie lange, eingeigelt in die Decke, mit geschlossenen Augen und bedeckten Ohren, als Darnells Anfall abflachte. Sie hörte mehrmals ihren Namen, traute sich aber noch nicht die Augen zu öffnen. Nach ein paar weiteren Minuten fasste sie Mut und öffnete die Augen. Darnell lag sichtlich erschöpft auf dem Boden vor der Couch. Er atmete heftig und unkontrolliert. Er bekam nicht mehr viele Wörter raus, aber er sagte immer wieder Claudias Namen.
Als er sah, dass Claudia wieder die Augen geöffnet hatte, hob er langsam den zittrigen Arm und zeigte auf die andere Seite des Raumes. „Ta-… Tasche… rote… Phiole.“
Claudia blickte in die Richtung wo Darnells persönliches Handgepäck stand.
„Ja… rote.. Phiole“ Darnell nickte schwach.
Claudia stand langsam auf, Ihre Beine zitterten. Erst jetzt bemerkte sie den nassen Fleck auf dem Boden und an Ihrer Hose, war aber zu aufgewühlt um Wut oder Scham zu fühlen. Sie ging langsam zur Tasche, die normalerweise verbotenes Land für sie darstellte.
„rote Phio…le“
Claudia schaute in die Tasche, ganz oben lag eine Handfeuerwaffe von Darnell, die sie vorsichtig mit den Fingerspitzen zur Seite schob.
„Innen……tasche.
Sie fand den abgetrennten Bereich innerhalb der Tasche und öffnete den Reißverschluss. Dort fand sie die rote Phiole von der Darnell sprach. Sie holte die Phiole raus und zeigte sie Darnell.
Dieser nickte.
Claudia schaute die daumengroße Phiole an und rollte sie dann mit Sicherheitsabstand zu Darnell und verkroch sich wieder in einer Ecke.
Er versuchte die Phiole aufzuheben, hatte aber nicht die Kraft dazu, die Phiole anzusetzen oder gar den Auslöser zu betätigen. Er schaute wieder zu Claudia. „Du musst… es tun.“
Claudia schüttelte energisch mit dem Kopf, sie hatte Tränen in den Augen. Darnell konnte es ihr nicht verdenken.
„Ich bin… zu schwach…… dafür.
Claudia bewegte sich nicht vom Fleck.
„Ich werde… dir nichts tun. …. Ich habe… einen Anfall. …. Ich brauche dich.
Weitere Minuten vergingen, bis Claudia langsam in die Nähe von Darnell kroch.
„An meinen … Ober…arm halten… und den… Auslöser… drücken.“
Claudia hielt mit beiden zittrigen Händen die Phiole an Darnells rechten Oberarm. Der Auslöser ging ziemlich schwer, aber als sie das Zischen hörte, wusste sie, dass es vollbracht war. Im gleichen Augenblick hörte Darnell auf zu zittern und seine Körperhaltung entspannte sich.
„Danke, ich brauche noch ein bis zwei Minuten, dann helfe mir bitte auf die Couch.“
Fünf Minuten später lag Darnell wieder auf der Couch und Claudia deckte ihn zu. Ihre Beine zitterten immer noch ein wenig und die Hose klebte an Ihrer Haut. Sie schaute auf den Fleck und seufzte. Sie holte sich ihren Schlafanzug und verschwand im Badezimmer um ein Bad zu nehmen.
Kurz bevor sie die Tür geschlossen hatte, hörte Sie Darnell murmeln. „Tut mir Leid.“
29.09.2012 23:08 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 22
Kapitel 4


DARNELL

10. April 2513

Tommie, Brendan und Emilio sprachen die verfügbaren Optionen durch. Tribun Titus und zwei seiner engsten Mitarbeiter nahmen an dem Gespräch teil.
Einer der beiden bemerkte, dass Fähnrich Cecilia nicht anwesend war. „Wo ist denn euer Klassenbester?“
Tommie seufzte, Hans hatte seit Ankunft keinen guten Ruf im Widerstandslager. Er trat zu arrogant auf und war jemand, den man schwer „lieben“ konnte. Aber das war kein Beliebtheitskontest hier und er war Mitglied seines Teams. Deshalb stellte sich Tommie schützend vor seinem Untergebenen. „Er ist derzeit in der Stadt unterwegs um die Augen offen zu halten und den Grundriss sich einzuprägen. Und der nächste der offen oder hinter seinem Rücken abfällig oder sarkastisch über ihn redet, wird mir Rede und Antwort stehen. Er ist ein Elitesoldat des IND, ein loyaler Terraner, der hinter feindlichen Linien für die TU auf seine Weise kämpft. Jeder von uns hat mal grün angefangen.“
Tribun Titus schaute seinen Untergebenen an und der entschuldigte sich. Damit war die Sache vom Tisch.
Emilio schaute auf seine Armbanduhr. „Ich muss Ihn sowieso in einer halben Stunde ersetzen, Ihr baucht mich hier ja nicht?“ Tommie schüttelte mit dem Kopf als Emilio ihn fragend anblickte. „Gut, dann werde ich ihn früher abwechseln.“ Emilio salutierte kurz und ging los.
Tommie begann nun die Unterredung. Er hob zwei Finger. „Wir haben zwei Möglichkeiten Darnell zu schnappen, entweder wir finden ihn zufällig in den Straßen, oder wir nehmen einen Vorteil aus seinen Schwächen und Abhängigkeiten.“
Brendan hatte einen Einwand. „Wie sicher sind wir uns, dass er noch in Regulus ist?“
„Da kann ich helfen.“ Tribun Titus holte das Bild eines Mannes auf den Drideo Projektor.
„Wer ist das?“
„Nur ein kleiner Schmalspurverbrecher. Ich muss da etwas weiter ausholen. Die Kollaborationsregierung hier auf Regulus II muss aus ihrer Sicht mit zwei Organisationen klarkommen. Unserem Widerstand, der angefangen von Nahrungsdiebstählen, Sabotagen über Bestechungen und vereinzelten Attentaten geht. Und dem Kartell, einer Verbrechensorganisation die es schon seit den ersten Siedlern gibt. Manche Ziele der beiden Organisationen decken sich, aber das Kartell macht keine Anstalten aktiv bei der Rückeroberung des Planeten zu helfen. Sie wissen, dass egal welche Regierung an der Macht ist, das Kartell immer eine Verbrechensorganisation bleiben wird. Wir haben oft Angebote gemacht, dass es nach der Befreiung ein großes Amnestiegesetz geben könnte, wenn das Kartell aktiv mitarbeitet. Aber letztlich helfen uns die Mitglieder nur, wenn es ihren eigenen Interessen entspricht.“
„Und was für eine Rolle spielt der junge Mann, den wir hier sehen, in der Sache?“
„Der übliche Schmalspurverbrecher, wie in jeder Stadt. Aber er ist kein Nativer Regulaner. Als die Invasion losging, war er grad 14 Jahre alt und mit seiner Familie hier stationiert. Ursprünglich kam er von Deneb. Die übliche Geschichte wie sie tausendfach bei der Invasion vorgekommen ist. Ein Teil der Familie wurde erfolgreich evakuiert und der andere Teil blieb zurück oder war tot. Er hatte später erfahren, dass sein Vater zwar gefallen war, aber seine Mutter und seine Schwester konnten erfolgreich nach Sol evakuiert werden und hatten dann die Entscheidung gefasst zurück ins besetzte Deneb zu fliegen. Da Deneb und Regulus beide im Ratsprotektorat liegen, könnte er relativ leicht einen Flug nach Deneb buchen und mit seiner Familie wiedervereint werden. Das Problem ist das Geld. Hätte er ein wenig gewartet, dann hätte seine Mutter für Ihn den Flug bezahlt, aber wie so 14jährige sind, haben sie keine Geduld. Lange Rede kurzer Sinn, er hatte sich in zwielichtigen Glückspielen verschuldet und muss 10-20 Jahre für das Kartell arbeiten, bis er es wieder abbezahlt hat.“
Tommie wusste worauf dies hinauslief. „Also denke ich mal, will dieser junge Mann ein Ticket nach Hause, indem er uns Informationen zuspielt.“
„Genau.“
„Das Darnell Kontakt zum Kartell hat, davon waren wir mit großer Wahrscheinlichkeit ausgegangen, aber ich bezweifle, dass so ein Schmalspurverbrecher aus den untersten Rängen des Kartells uns weiterhelfen könnte. Darnell legt viel Wert auf Diskretion.“
Tribun Titus fühlte sich, als wenn er den jungen Mann verteidigen müsste. Er schob es darauf, dass er auch mit seiner Familie getrennt war. Wenn der Agent des IND zum Schluss kommt, dass der Junge unnütz ist, dann war es die letzte Chance für ihn. Er würde irgendwann nach der Rückeroberung in einem der Säuberungsaktionen der TU gefangen genommen oder getötet werden. „Das bezweifle ich nicht, er kann uns aber Sicherheiten in unserer Planung verschaffen. Er hat uns immerhin schon mitgeteilt, dass ein wichtiger Klient des Kartells vor fast zwei Wochen eigentlich vom Planeten geschafft werden sollte, dies aber wegen den Ausschreitungen nicht geklappt hatte. Der Kartellboss war sogar ganz besonders vorsichtig, als er dies dem Klienten mitgeteilt hatte. Mehrere Sicherheitsvorkehrungen wurden bei dem Treffen getätigt.“
Tommie überlegte kurz. „Das hört sich nach was an. Nicht viele Menschen jagen dem Boss eines Kartells Angst ein.“ Er drehte sich nach Brendan um. „Was haben wir an Informationen von anderen Personen, die auf so ein Profil passen könnten und sich hier auf Regulus aufhalten könnten.“
Brendan gab die Parameter auf sein Pad ein und die Datenbank spuckte die Ergebnisse aus. „Es gibt nur drei potentielle Treffer für Personen, die das Geld hätten und die Untergrundautorität um dem Kartell ein paar schlaflose Nächte zu bereiten. Und bei den Personen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich auf Regulus aufhalten nicht über 10%. Wenn wir unter 5% gehen erhöht sie die potentielle Personenan---“
„Das ist genug.“ Tommie unterbrach seinen Leutnant und blickte in Richtung Titus. „Eventuell noch alte Kartellbosse, die, warum auch immer, vom Planeten wollen?“
Der Tribun verneinte.
„Dann wird der Klient höchstwahrscheinlich Darnell sein.“
„Und selbst wenn uns der Informant nicht zu Darnell bringt, dann wissen wir auf jeden Fall, wann Darnell den Planeten verlassen hat.“
„Gibt es denn einen neuen Termin?“ Tommie würde es hassen, wenn Darnell ihn wieder durch die Finger rutschen würde.
Der Tribun schüttelte langsam mit dem Kopf. „Nicht das wir oder der Informant es wüssten. Aber die Situation hat sich im Raumhafen noch nicht verbessert, wenn er vor zwei Wochen das Risiko nicht eingehen wollte, dann wird er es diese Woche auch nicht versuchen.“
Brendan, der weitere Analysen auf seinem Pad laufen gelassen hat, blickte hoch. „Wie lange kann der Widerstand noch die Blockade durchhalten.“
„Maximal zwei bis drei Wochen.“
Tommie schüttelte mit dem Kopf, wohlwissend worauf Brendan ansprach. „Wir werden den Widerstand nicht unnötig in Gefahr bringen. Keine Aktionen, die den Widerstand in Mitleidenschaft ziehen könnte. Wenn wir den Erfolg unserer Mission oder das hundertprozentige weiterbestehen des Widerstands abwägen, dann ist der Widerstand wichtiger als das Gelingen unserer Mission.“ Bevor er was Weiteres sagen konnte, ging der Alarm seiner Armbanduhr los. „Scheiße!“
Tribun Titus schaute ihn an. „Was ist los?“
Tommie erklärte es ihm, als er zusammen mit Brendan zum Waffenschrank lief. „Das war ein Signal von Fähnrich Cecilia. Da wir absolute Funkstille vereinbart hatten, durfte das Signal nur benutzt werden, wenn Darnell gesichtet wurde.“
Brendan packte schnell seine zwei Handfeuerwaffen in den Gürtel. „Boss, ich hab ein ganz schlechtes Gefühl, hoffentlich hält sich der Neue an die Befehle und wartet auf uns.“
„Emilio wird schon in der Nähe sein, hoffentlich ist er schnell genug da.“ Tommie hätte nur allzu gerne sein jüngstes Mitglied des Teams in Schutz genommen, aber trotz ausdrücklichen Befehls und Eintrichtern der Vorgehensweise, hatte auch er das ungute Gefühl, dass Hans was Dummes tun könnte. *Verdammte interne Politik!* Er hätte den Jungen ablehnen sollen. Diese Mission war zu Wichtig, als das sich „Papas Söhne“ hier ihre Lorbeeren verdienen sollten.

Hans hatte Darnell mit einer Tüte aus dem Supermarkt gehen sehen. Es bestand kein Zweifel, das war der gesuchte Staatsfeind. Er betätigte sofort das vereinbarte Signal und wartete auf das Eintreffen seiner Teammitglieder. Er schätzte, dass diese 10-15 Minuten brauchen würden, wenn sie vom Versteck aus aufbrachen. Hans kämpfte mit seinem Pflichtgefühl und der eigenen Ehre. Er wusste, dass er nach der erfolgreichen Sichtung nicht die Verfolgung aufnehmen durfte. Selbst wenn er Darnell aus den Augen verlieren würde, hatte sein Team einen Anhaltspunkt wo man Ihm demnächst auflauern konnte.
Aber er hatte einen Anfangsfehler gemacht. Er hatte gleich bei der ersten Sichtung den Alarmknopf gedrückt und nicht erst eine Position eingenommen von der er auf sein Team warten konnte. Fast eine halbe Minute verging, in dem sich Hans, im Fachjargon des Geheimdienstes „atypisch“ in einer Menschenmenge bewegte. Er biss sich auf die Unterlippe, er hatte mehrere Sekunden bewegungslos in einem Fußgängerviertel gestanden und weitere wichtige Sekunden ohne Ziel herumgerannt, als er eine gute Position zur Überwachung ausgesucht hatte. Er wusste, dass feindliche Agenten ausgebildet wurden so ein Verhalten bei Verfolgern zu erkennen. Und die Tests in der Akademie waren brutal in dieser Rubrik. Er war in seinem Jahrgang zusammen mit zwei anderen die einzigen die in einem von fünf Tests das Verfolgungsszenario ohne Entdeckung abgeschlossen hatten. Er wusste nicht, ob Darnell auch so eine ähnliche Ausbildung hatte, aber er wollte und konnte jetzt nicht die gesamte Mission durch weitere Fehler gefährden und entschied sich für den Rückzug. *Ich kann nur hoffen, dass Darnell mich nicht gesehen hat, vielleicht kann ich meine Karriere noch retten.*
Hans ging in eine Seitengasse, er hatte Darnell schon vor einer Minute aus den Augen verloren. Sein Team sollte in weniger als zehn Minuten bei ihm sein.
Die Gasse war keine zwei Meter breit und mit Mülltonnen und Säcken vollgestellt, aus dem linken Ausgang kam er, das war die belebte Promenade, der rechte Ausgang führte in eine weniger belebte Straße.
Auf einmal spürte Hans einen Stich an seiner Halsgegend. Er konnte noch seinen Arm heben und spürte eine kleine Nadel am Hals. Ihm wurde schwindelig und sein Kopf wurde heiß. Seine Hände zitterten und er hatte Mühe sich auf den Beinen zu halten.
„Hoppla“ Eine Gestalt tauchte neben ihm auf und stützte ihn. „Mensch Parusio, du kannst doch nicht am helllichten Tage schon stockbesoffen in einer Gasse liegen. Was soll deine Frau von dir denken.“
Hans wollte sich wehren oder was sagen, aber er hatte nicht die Kraft dazu und aus seinem Mund kam nur wirres Zeug.
Der Mann führte ihn in eine andere Gasse und dann in einen Raum, Hans verlor immer weiter das Bewusstsein.

Jetzt musste es schnell gehen. Darnell holte eine „Hirndrohne“ (ein drei Zentimeter großes Stück verbotener Elektronik) aus seiner Tasche und presste das selbstklebende Gerät an die Schläfe des Agenten. Er würde nur einen Oberflächenscan machen können, aber das würde ausreichen um das Wichtigste aus dem Agenten rauszubekommen.
Nach anderthalb Minuten wusste er das Grundlegendste über den Agenten und die Mission. Er musste sich entscheiden, ob er fliehen oder sich den anderen drei ohne Waffe stellen sollte.

Emilio näherte sich der Position, von der Hans gesendet hatte. Aber als er auf der Promenade angekommen war, fand er den jungen Agenten nicht und dieser machte sich auch nicht bemerkbar. *Verdammte Kinder! Wir hätten ihn nicht mitnehmen sollen!* Emilio verfluchte die Situation. Er musste nun auf aktive Sensorik umschalten, um herauszufinden wo sich der Fähnrich befand. Das brachte das geringe Risiko einer Entdeckung durch den Geheimdienst des Rates hier auf Regulus II mit sich und gefährdete die ganze Mission, aber der junge Agent könnte eventuell in Gefahr sein.
Emilio fand das Signal von Hans 300 Meter weiter in einem Gebäudekomplex. Er betrat vorsichtig das Gebäude, das wahrscheinlich als Lagerhalle für die umliegenden Geschäfte genutzt wurde und suchte nach seinem Kameraden. Er fand Ihn, umgeben von mehreren Bierflaschen in der Nähe von zwei Kisten.
„Was zum…“ Er näherte sich Hans und roch auch schon ausgelaufenes Bier. Er kniete sich neben Hans und versuchte Ihn zu wecken.
Dieser hatte Mühe sich zu artikulieren, nachdem er langsam die Augen geöffnet hatte. „Gahr.“
„Was?“ Emilio hatte ein ungutes Gefühl, der Fähnrich kam ihm nicht wie ein Trinker vor und keiner, der wegen ein paar Sticheleien, die er im Widerstandscamp hinnehmen musste, zur Flasche greifen würde.
„Gwahr!“
*GEFAHR!* Emilio drehte sich blitzschnell um und konnte gerade noch den Angriff mit seinem rechten Arm abwehren. Aber eine Thermit-Stahlstange gewann immer gegen Fleisch und Knochen. In der gleichen Millisekunde merkte Emilio schmerzhaft wie die beiden Knochen seines Unterarmes zersplitterten. Er musste gegen seine Ohnmacht ankämpfen und blieb nur bei Bewusstsein, weil er schnell mit dem anderen Arm ein Antischmerzmittel in seinen Kreislauf pumpen konnte. Sein Arm hing nun schlaff herunter und er wagte es nicht seinen Blick darauf zu werfen.
Stattdessen blickte er in das Gesicht seines Angreifers. „Darnell!“

Tommie und Brendan hatten sofort mitbekommen, dass Emilio seine aktive Suche eingeschaltet hatte. Sie rannten nun zu dem Ort, wo sich Emilios und Hans‘ Signal befand. Tommie fluchte innerlich. Die ganze Mission war im Scheitern begriffen.
Die beiden Agenten zogen Ihre Pistolen und liefen in den Raum rein.
Tommie schluckte, als er vom weiten die Leiche von Emilio sah. Brendan sagte wie er kein Wort und war genau wie er darauf fixiert nicht überrascht zu werden. Als Tommie näher an die Leiche seines langjährigen Untergebenen und Kameraden herantrat, sah er, dass ein großes Loch durch die linke Augenhöhle und der linken Nasenwand führte. Das war kein Einschussloch. *Wahrscheinlich wurde Emilio mit einem stangenähnlichen Gegenstand am Boden liegend getötet.* Er schaute sich den restlichen Körper an und bemerkte etliche Brüche an Armen und Beinen. Er drehte sich zu Brendan um, der weiter den Raum absuchte. „Wenn es dieser Mistkerl Darnell war, wovon ich ausgehe, dann hat er keine Schusswaffe dabei.“
Gerade als er den Satz zu Ende gesprochen hatte, bemerkte er wie sich eine Silhouette von der Decke auf die Position von Brendan abseilte. Nein, dafür war es zu schnell, er sprang! Tommie richtete blitzschnell seine Waffe auf und schoss auf die Person, als er gleichzeitig seinen Leutnant warnte. „BRENDAN ÜBER DIR!“
Dieser konnte nur kurz einen Blick nach oben werfen, bevor er eine Einschlag auf seiner Schulter und eine Schnur um seinen Hals spürte.
Darnell richtete sich und sein Opfer auf, immer darum bedacht, dass Brendan zwischen ihm und Tommie in voller Breite stand.
Tommie traute derweil seinen Augen nicht, Die Decke musste mehr als fünf bis sechs Meter hoch sein! Er kann doch keine Gelenke wie eine Katze haben.
Darnell schob Emilio weiter in Richtung von Tommie.
„Erschieß mich!“ Emilio krächzte die Worte hervor. „Erschieß mich und nimm den Mistkerl damit gleich mit.“
Tommie rang mit einer Entscheidung. Er wollte Darnell ein Angebot machen, aber Darnell wusste wie er, dass keine der beiden Seiten auf dieses Angebot eingehen konnte.
Emilio wiederholte seine Aufforderung. „Erschieß uns endlich! Du weißt, dass er keine Geisel nehmen würde. Ich bin schon tot! Nun mach en---“
Tommie durchsiebte seinen Leutnant mit zwölf Schüssen aus beiden Handfeuerwaffen. Aber zu seinem Entsetzen sah er wie Darnell zum gleichen Zeitpunkt sich mit den Händen auf Emilios Schultern gestützt hatte und einen Salto über Emilio hinweg ausführte. Keine der Kugeln traf Darnell, der nun im Zickzack auf Tommie zugesprintet kam. Tommie war eigentlich ein guter Schütze, aber keins der Geschosse schien zu treffen.
Darnell holte blitzschnell etwas aus der Tasche und schmiss es in Tommies Richtung. Nur zwei der Geschosse trafen Ihn, aber er spürte den Effekt sofort. Eins traf im Bein und eins in der Schulter. Sekundenschnell machte sich Taubheit in den Gelenken breit. Er sackte auf die Knie, konnte aber noch den rechten Arm bewegen. Bevor er aber schießen konnte, traf ihn noch ein Nadelgeschoss im Gesicht, besser gesagt direkt neben dem Auge. Tommie sackte zusammen.

Als er wieder zu Bewusstsein kam, lag er auf einer Kiste. Er war gelähmt und konnte nur seinen Kopf bewegen. Sein rechtes Auge war Blind, aber er konnte deutlich die Hirnsonde an seiner Stirn erkennen. Er konnte sich ausmalen, dass Darnell, der neben ihm mit einem Datenpad stand, mittlerweile einen Tiefenscan durchgeführt hatte und fast alles außer den konditionierten Tiefengedanken ausgelesen hatte.
Tommie drehte sich zu Darnell um, er sah, dass er am rechten Arm eine blutige Binde trug. *Na wenigstens etwas getroffen.* „Ich mache dir ein Angebot.“
Darnell schaute nicht vom Datenpad weg und antwortete emotionslos. „Was kannst du mir schon anbieten. Ich habe alle wichtigen Daten ausgelesen und du bist in wenigen Minuten tot.“
„Das weiß ich. Und ich habe kein Verlangen mich aus dieser Situation herauszureden. Ich habe aber eine Bitte.“
„Eben war es noch ein Angebot.“
„Es ist beides. Ich weiß in welcher Situation ich stecke.“ Tommie nahm allen Mut zusammen, er würde gegen alles verstoßen wofür der IND stand. Er musste sein Vaterland verraten um es zu retten. Die ganze Mission ist in einem Desaster geendet und könnte noch weitreichendere Folgen für die Rückeroberung Regulus‘ haben, wenn Darnell gegen den Widerstand vorging. „Du kennst den Großteil meiner Geheimnisse. Aber worum es mir geht, ist der Widerstand. Du kennst nun die Namen, Orte und die Organisationstruktur der Zelle bei der wir untergebracht waren. Es ist eines der wichtigsten Zellen hier auf Regulus.“
„Und?“
„Ich möchte, dass du keine Schritte gegen den Widerstand unternimmst oder die Leute an die Behörden oder anderen Organisationen auslieferst. Ich kann dir versichern, dass keiner vom Widerstand etwas gegen dich unternimmt. Ich habe es explizit verboten, das kannst du auch in meinen Gedanken nachlesen. Der Widerstand ist keine Gefahr für dich.“
„Und jetzt kommt dein Angebot?“
„Ja.“
„Wie wäre es mit den Namen und Aufenthaltsorten der restlichen IND Agenten?“
„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass dies zur Disposition steht. Ich würde niemals meine Kameraden verraten. Und ich weiß sowieso nur von ganz wenigen den aktuellen Aufenthaltsort und die Namen. Aber ich kann dir versichern, dass wir vier die einzigen Agenten auf Regulus waren.“
Darnell schaute auf das Pad, er konnte zwar nicht in die konditionierten Bereiche des Gehirns eindringen, wo diese Erinnerungen versteckt waren, aber ansonsten lag die Nervenstruktur des Gehirns wie ein offenes Buch vor ihm. Wenn der Agent log, dann sah er es sofort. „Du hast nun schon eine Bitte von mir ausgeschlagen, ich hoffe dein nächster Vorschlag ist gut genug, ansonsten geh ich auf gar nichts ein.“
Tommie holte einmal tiefe Luft. „Ich kann dir als erstes den Geheimcode der IND Frequenz geben. Dieser wird zwar in den nächsten sechs bis acht Monaten geändert, aber in dieser Zeit kannst du unsere Signale abfangen und weißt immer ob ein IND Agent in der Nähe ist.“
Das war für Darnell sehr hilfreich, aber der Agent hatte „erstens“ gesagt, er wollte noch was preisgeben. „Nicht schlecht, aber was kommt noch?“
„Ein Code zu einem Schließfach hier in Regulus. Das ist eines unserer Zweitverstecke, dort befinden sich Geld----“
„Ich habe genug Geld.“
„Das dachte ich mir, aber auch exotische Waffen und Elektronik, die man auf dem Schwarzmarkt nicht findet.“ Die Elektronischen Bauteile und Implantate sollten eigentlich als Tauschmittel für extravagante Geschäfte dienen, bei denen Geld keine Rolle spielte.
„War das alles?“
„Ja.“ Tommie hoffte, dass es genug war. Er könnte es nicht ertragen, wenn er neben dieser gescheiterten Mission auch noch den Widerstand in Mitleidenschaft gezogen hätte.
„Dann gib mir die Codes.“
Tommie gab die Codes durch.
„Schlaf nun.“ Darnell gab einen Befehl in sein Datenpad ein und Tommies Gehirn verflüssigte sich, er starb sofort.

Darnell beseitigte die Spuren von den drei Leichen und ging zu dem vierten Agenten rüber. Er hatte das Gespräch mit Tommie aufgezeichnet und übertrug die Daten auf das Pad des Agenten. „Du hast dafür zu sorgen, dass der Deal eingehalten wird. Finde ich nur einen Widerständler auf meinen Fersen oder gar dich, dann werde ich euch einem nach dem andere hochnehmen. Und dann hast du nicht nur den Tod deiner Kameraden zu verantworten, sondern auch die Auflösung des Regulanischen Widerstandes.“
Die Ansprache würde als erstes abgespielt werden, wenn er das Pad aufruft, danach wird dann das Gespräch mit Tommie wiedergegeben.
Darnell hob den bewusstlosen, nach Alkohol stinkenden Körper des Agenten auf und legte Ihn in eine Seitengasse.
30.09.2012 23:03 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 22
Kapitel 5


VIBIA und GAIUS

10. April 2513
Rufus fuhr mit Vibia und Gaius auf den Straßen Nova-Romas. Er erklärte den Zwillingen die Situation. „Normalerweise würdet ihr für so etwas Gefährliches und Wichtiges nicht eingesetzt werden. Aber dies ist eine außergewöhnliche Situation gerade. Seit einer Stunde ist der Kontakt zu einem Agententeam der Terranischen Union abgebrochen. Wir hatten zwar den ausdrücklichen Befehl uns aus der Sache rauszuhalten, aber Tribun Titus brauch die Gewissheit, dass der Widerstand nicht in Gefahr ist, falls das Team aufgerieben wurde.“
Die Zwillinge schauten sich besorgt an, das war größer als alles was sie bisher erlebt hatten und ausgebildet wurden.
Rufus bemerkte die Unsicherheit der beiden. „Ihr sollt da nicht gegen die Armee antreten. Nur die Gegend auskundschaften. Wir müssen wissen was aus den Agenten geworden ist, aber gleichzeitig darf keine Verbindung zum Widerstand hergestellt werden. Gaius, Vibia, ihr beide seid unbekannt in Nova-Roma. Ihr wart bisher noch nicht in der Stadt unterwegs, keiner kennt eure Gesichter.
Rufus hielt den Wagen in einer Seitengasse an. Hier in der Nähe kam das Signal von Agent Hans Cecilia. „Ich brauch euch nicht erklären, wie man sich in einer Menschenmenge unauffällig verhält, das habt ihr in eurer letzten Zelle gelernt. Schaut euch hier in der Nähe um, die Hauptstraßen, die Nebenstraßen und die Seitengassen. Wenn ihr die Agenten gefunden habt, dann drückt den Auslöser eures Datenpads, ich werde euch dann abholen.“ Rufus hielt kurz die Luft an. „Nähert euch den Agenten nur, wenn diese am Leben sind. Auf keinem Fall einer Leiche nähern! Ansonsten seid ihr im Fokus einer Mordkommission. Viel Glück.“ Rufus schloss die Tür des Wagens und fuhr los. Er hasste es, dass die beiden Jugendlichen so eine Aufgabe durchführen mussten, aber der Tribun hatte Recht, der Widerstand brauchte Gewissheit.

Vibia und Gaius hatten sich die Gesichter der Agenten während der Fahrt eingeprägt und gingen nun durch die Promenade und den umliegenden Bereichen. Der Widerstand profizierte vom Umstand, dass die beiden das erste Mal in der Promenade seit Jahren waren und sich eher wie Touristen oder Dörfler verhielten, statt eines routinierten Teams.
Vibia fand Hans Cecilia eine halbe Stunde später, tat so als wenn es ihr großer Bruder wäre, der eine Nacht in den Bars der Stadt durchgezecht hatte und schleppte zusammen mit Gaius den bewusstlosen Agenten zum vereinbarten Treffpunkt.

Hans wachte einen halben Tag später mit starken Kopfschmerzen auf. Er versuchte sich aufzurichten, ihm wurde aber gleich wieder schwindelig.
Eine Frauenstimme sprach zu ihm. „Bleib noch etwas liegen.“ Zu einer anderen Person sagte sie „Hol Rufus, er ist aufgewacht.“
Hans brauchte ein bis zwei Minuten um richtig denken zu können. Erst langsam kam die Erinnerung zurück, was passiert war. Er stützte sich mit den Händen ab und richtete seinen Oberkörper auf. „Darnell!“
„Sie hatten also wirklich mit ihm zu tun.“ Tribun Titus stand mit Rufus in der Tür. Der Tribun wandte sich an die Zwillinge. „Prätoren, ihr könnt jetzt ins Bett gehen. Ich übernehme hier.“
Die beiden salutierten und verschwanden aus dem Zimmer.
Hans bemerkte den Biergeruch an seiner Kleidung und er fühlte sich, als ob er zwei Nächte durchgesoffen hatte. Er wurde sich mit einer plötzlichen Klarheit bewusst, wie er auf die restlichen Leute wirken musste. „Ich… Ich habe nicht!“
Der Tribun und Rufus schauten ihn abschätzig an.
Aber das war für Hans jetzt Nebensache. „Was ist aus meinem Team geworden? Haben sie sich gemeldet?“
Der Tribun schüttelte den Kopf. „Wir haben keine Informationen zum Verbleib des restlichen Teams.“
Der Rothaarige zeigte mit dem Daumen über seine Schulter. „Meine Prätoren haben Sie so“ er machte eine kurze Pause „wie Sie sind in einer Gasse gefunden. Sie können froh sein, dass Sie nicht ausgeraubt wurden.“
Tribun Titus bemerkte am Blick des Agenten, dass er noch nicht hundertprozentig bei der Sache war. „Agent Cecilia, Duschen Sie sich, sammeln Sie sich Ihre Gedanken zusammen und kommen Sie in einer Stunde in mein Büro, dort erörtern wir die weitere Vorgehensweise.“
Die beiden Widerstandskämpfer verließen den Raum und Hans war wieder alleine. Er war den Tränen nahe. Aus Wut, Scham, Resignation und weiteren Emotionen, die alle in dem Moment auf ihn einprasselten.

Nachdem er 20 Minuten geduscht hatte (wovon er 90% der Zeit nur bewegungslos unterm Strahl stand) und neue Kleidung angezogen hatte, holte er sein Datenpad aus der, auf dem Boden liegenden, Hosentasche. Er sah, dass eine Datei darauf wartete abgespielt zu werden. Er bestätigte den „Play“ Knopf.
Mit Entsetzen hörte er die Ansprache Darnells und die letzten Minuten von Hauptmann Tommie Heckermann. Hans riss sich zusammen, jetzt war keine Zeit um sich mit Selbstvorwürfen in ein Loch zu verkriechen. Seine knallharte Ausbildung übernahm die Denkroutinen. Tommie hatte einen Pakt mit Darnell abgeschlossen, also einen Pakt mit dem Teufel. Hätte Hans die Weitsicht und die Erfahrung seines Vorgesetzten gehabt, er hätte wahrscheinlich genauso gehandelt, jetzt wo er das gesamte Gespräch analysiert hatte. Jedenfalls redete er sich das ein.
Nachdem er die Audiodatei noch einmal in voller Länge angehört hatte, löschte er die Datei und ließ ein Vernichtungsprogramm über die Datei laufen, damit war es, nach seinem Wissen, unmöglich die Datei wiederherzustellen.
Sein Vorgesetzter hatte sich strafbar gemacht und den IND und die Union verraten. Hans konnte es nicht riskieren die Elektronik und die Waffen in Sicherheit zu bringen, falls Darnell sie nicht schon längst abgeholt hat, oder wahrscheinlicher, abholen lassen hat. Außerdem würde das gegen den Pakt verstoßen und den Widerstand in Gefahr bringen.
Die IND Kommunikationscodes waren eine andere Sache. Wenn Darnell den Planeten verlassen hatte, oder wenn die TU Regulus II zurückerobert hatte, dann war der Widerstand in Sicherheit und Hans könnte den IND warnen und die Codes würden geändert werden. Aber er erkannte bei dem Gedanken sofort, warum er noch lebte, obwohl er der Einzige wäre, der den besten Trumpf (die Kommunikationscodes) von Darnell negieren könnte. Hans müsste erklären, warum die Codes geändert werden müssen. Die Codes waren im konditionierten Gedächtnisbereich unmöglich von einer Hirndrohne auslesbar. Man konnte diese Codes nur freiwillig rausgeben, so wie es sein Vorgesetzter getan hatte.
Tommie würde posthum als Verräter abgestempelt, seine Familie hätte kein Anrecht auf die Pension und die Rente. Die gesamte Arbeit von Tommie und seinem Team würde aufgerollt werden.
Und Hans selber hätte zwar offiziell Dank, inoffiziell würde er aber verachtet werden. Besonders die engen Freunde von Tommie würden sein Leben zur Hölle machen.
Hans hatte jetzt schon genug Probleme auf seinen Schultern. Er hatte sein gesamtes Team verloren und war der einzige Überlebende. Alleine das zog schon eine routinemäßige Überprüfung nach sich, die sich damit befasste, ob er Schuld daran hatte und ob er gar für die Gegenseite gearbeitet hatte.
Dass er Schuld hatte, daran bestand für ihn selber kein Zweifel. Er hatte sich unprofessionell Verhalten und sich erwischen lassen.
Hans wusste selber, dass er in vielen Situationen zu arrogant und selbstbewusst auftrat. Sein Abschluss als Klassenbester unter 200 Abgängen dieses Jahr hatte seinen Teil dazu beigetragen. Er dachte, dass er unbesiegbar war, dass die anderen Mitglieder seines Teams froh sein konnten, dass ER hier mit auf der Mission war. *Oh Gott, wie naiv ich war.*
Der am Boden zerstörte Fähnrich schaute auf seinen Spind, dort lag seine Handfeuerwaffe. *Es wäre so einfach hier einen Schlussstrich zu ziehen… Nein, ich nehme nicht den einfachen Weg. Ich muss mit meiner Schuld leben.*
Hans fasste eine Entscheidung. Solange die IND Codes nicht geändert worden waren, konnte Darnell frei rumlaufen, dass schuldete er Tommie. Sollte Darnell zu dem Zeitpunkt der Änderung der Codes noch auf Regulus II verweilen (was unwahrscheinlich war), dann würde er noch weiter warten. Aber sobald der Widerstand außer Gefahr war und die sechs bis sieben Monate um waren, dann würde er Darnell jagen.

Zur angegebenen Zeit klopfte Hans beim Tribun an die Tür.
„Herein!“
Hans betrat den Raum und blieb zwei Meter vor dem Schreibtisch stehen, er setzte sich nicht auf den Sessel vor dem Tisch.
Tribun Titus war allein in seinem Büro, Hans bedankte sich innerlich dafür. Jetzt erst nahm er die riesengroße Fahne der TU im Hintergrund richtig wahr, ansonsten war das Büro spärlich ausgestattet.
Der alte General stand auf und setzte sich auf die vordere Tischkante. „Nun da Sie alle Sinne wieder zusammen haben, erklären Sie mir bitte, was passiert ist.“
Hans erklärte es ihm. „Ich habe mich unprofessionell verhalten und Darnell hatte mich wahrscheinlich schon entdeckt, bevor mir überhaupt klar wurde, dass ich einen Fehler in der Überwachung gemacht hatte. Er lauerte mir auf und überwältigte mich mit einem Sedativum und präparierte mich so, dass ich eine Falle für mein Team darstellte. Er tötete…“ Hans schluckte hörbar. „meine drei Kameraden und---“
„Haben Sie die Morde gesehen?“
„Nein.“
„Woher wissen Sie denn, dass Ihre Kameraden tot sind?
Hans holte tief Luft, er musste ein wenig preisgeben. „Darnell hatte mir eine Audio-Datei hinterlassen und mir mitgeteilt, dass mein Team tot war, ich habe keinen Zweifel daran, dass es auch so ist. Die Leichen werden wir nie finden und ich habe die letzten Worte von meinem Vorgesetzten dort gehört.“
„Warten Sie, Darnell hat Ihnen eine Audiodatei hinterlassen? Kann ich in diese reinhören?“
„Tut mir leid, das geht nicht. Ich habe die Datei zerstört und bitte Sie, dies nicht mehr anzusprechen.“
Der Tribun schaute den Fähnrich ungläubig an. „Bitte was?“
Alles hing davon ab, ob der Tribun ihm vertraute. „Darnell hatte eine Hirnsonde bei mir und meinen Kameraden eingesetzt. Er weiß alles vom Widerstand.“ Hans ließ das Ausgesprochene einsickern. „Mein Hauptmann wusste das auch, davon handelt das Audiostück zum Teil. Aber was das wichtigste ist: Darnell wird nicht gegen den Widerstand vorgehen, wenn wir ihn vergessen und uns an die Abmachung halten.“
Der Tribun verstand. „Sie wollen ihren Vorgesetzten schützen, aber was beinhaltet die Abmachung?“
„Ich kann Ihnen nur den für den Widerstand relevanten Teil nennen: Der Widerstand hält sich von Darnell fern. Das sollte für Ihre Leute kein Problem sein. Das war und ist immer noch eine IND Angelegenheit. Sollte es herauskommen, dass Hauptmann Heckermann einen Deal mit Darnell gemacht hatte, dann wäre dies unvorteilhaft für seine Familie und ich würde neben dem Ende meiner Karriere auch noch auf ein halbes Leben hinter Gittern blicken, da ich davon wusste.“
Der Tribun stand auf und fasste Hans an die Schultern. „Seien Sie beruhigt Fähnrich, ich respektiere Ihren Vorgesetzten und Ihr Team und werden deren Tod nicht beschmutzen.“ Er seufzte. „Aber wie sehen Sie Ihre Zukunft?“
„Ich kannte das Abholprotokoll nicht, falls es überhaupt eins gab, werde also solange hier untertauchen müssen, bis sich der IND oder Kontaktleute sich mit mir in Verbindung setzen. Oder der Planet befreit wird. Danach muss ich mich mit der Internen Sicherheit des IND auseinandersetzen.“
Titus konnte sich vorstellen, dass es eine Untersuchung zu diesem Debakel gab und dass der Fähnrich im Mittelpunkt der Untersuchung stehen würde. Selbst hier im Lager reichten die Meinungen von totaler Inkompetenz bis hin zu aktiver Beihilfe zum Mord. „Ich bin ehrlich zu Ihnen Fähnrich. Sie werden keinen leichten Stand im Lager haben. Ich kann Ihnen offiziell das Vertrauen aussprechen, aber die Gerüchteküche wird weiterhin kochen.“
„Das ist mehr als ich erwarten konnte, Tribun.“
„Ich werde Sie für die Dauer des Aufenthaltes in die Gruppe stecken, die Sie gefunden hat. Der Zenturio ist einer meiner vielversprechendsten jungen Leute und charakterlich stark und unvoreingenommen. Er kann Ihnen auch sagen, welchen Individuen Sie hier im Lager am besten aus den Weg gehen sollten.“
Hans bedankte sich und plante seine Rache gegen Darnell.


DARNELL

17. April 2513
Kommerzieller Personenfrachter „Liese“
Claudia schaute aufgeregt durch das Fenster in den Weltraum und drehte sich immer wieder zu Darnell um, der mit freundlichen Gesicht nickte, wenn Claudia mit Ihren Gesten erklärte, welche neuen Sachen sie gerade gesehen hatte.
„Der beste Teil kommt erst noch.“ Darnell erklärte Ihr, dass gleich der Sprung durchs Sternentor bevorstand.


KI

28. April 2513
Zwergsonnensystem "MJ3391" 0,45 Lichtjahre von Sol entfernt
Stefanie ging nochmal die Daten durch. Die letzten zehn Anläufe waren wegen kleineren Fehlern schief gegangen und jedes Mal waren Materialien im Wert von 20 Jahresgehältern vernichtet worden.
Sie wandte sich an das KI-Terminal und ließ die Daten überprüfen.
Die KI antwortete. „Die Fehler der letzten Versuche wurden beseitigt, sollten keine weiteren unerwarteten Fehler auftreten, könnte es diesmal gelingen.“
Dies war die Stimme ihrer Patentante, aber Stefanie hatte noch nicht akzeptiert, dass dies auch die Susi war, die Sie 12 Jahre lang im Kabers-Haushalt kennen gelernt hatte. Di KI selber sprach die persönliche Vergangenheit nicht an, also beließ es auch Stefanie auf der professionellen Ebene.
Aber es war schon erstaunlich wie schnell die Auswertungen vorlagen und wie groß die Rechenkapazitäten waren. In Sola hätte die Auswertung mehrere Tage bis Wochen gedauert und selbst die terranischen Wissenschaftler waren immer wieder davon beeindruckt.
„Wäre es nicht effizienter, wenn wir die komplette Haak-Datenbank hierhin übertragen?“ Stefanie alleine hatte schon bahnbrechende Entdeckungen in der Datenbank gemacht, nicht auszudenken, was die Wissenschaft für einen Quantensprung machen könnte, wenn eine KI die Datenbank auswerten könnte.
„Die terranische Regierung ist dagegen.“
*Also traut sie dir nicht hundertprozentig.* dachte sich Stefanie.
Die KI gab das Ok und Stefanie startete die unbemannte Fabriksonde.

Das Projekt an dem sie gerade arbeitete, befasste sich mit den „automatisierten Fabriken“ an dem Stefanie als letztes in Sola gearbeitet hatte. Nach der Besetzung Solas, waren alle Forschungsunterlagen an den technischen und wissenschaftlichen Dienst der TU weitergeleitet worden. Die KI hatte daraufhin eine Anfrage zur Übernahme des Projekts gestellt und dieses auch bekommen. Diese hatte dann einige Anpassungen an der Herangehensweise und dem Design getätigt und herausgekommen ist das Projekt mit dem Codenamen „Steinfresser“. Und dies war wörtlich gemeint.
Bisherige Asteroidenminen wurden nicht anders ausgebeutet wie z.B. eine Salz- oder Kohlemine auf der Erde. Es wurden Stollen in den Asteroiden getrieben und das Erz abgebaut. Meist nur zwei bis drei Erze auf einmal. In vielen Fällen wurde sogar nur das Primärerz abgebaut, die anderen Vorkommen waren zu klein und / oder zu kostspielig um es abzubauen.
Das Steinfresser-Projekt würde den ganzen Asteroiden abbauen. Der Asteroid würde über wenige Jahre komplett zerlegt werden und jedes Element des Asteroiden (Eiswasser, Kohlenstoff, Eisen, Gold, Platin, Silizium, seltene Erden etc.) würde am Ende zur Verfügung stehen. Die KI schränkte aber ein, dass erst in ein bis zwei Jahrzehnten das Know-How und die Erfahrung so weit wären um 99% des Asteroiden zu nutzen. Aber alleine die ersten vorsichtigen Schätzungen einer Ausbeute waren mehr als vielversprechend. Eine schnelle Analyse von ausgebeuteten alten Asteroidenminen war zu dem Ergebnis gekommen, dass alleine in diesen Minen, die mit derzeitiger Technik wirtschaftlich nicht gewinnbringend ausgebeutet werden konnten, der Anteil an z.B. seltenen Erden einer halben Jahresproduktion der Erde zum Anfang des 21. Jh. entsprach.
Noch wichtiger wurde dieses Projekt für Erze, die noch seltener waren, wie z.B. das supraleitende „Mitrinium“, dass für die Raumschiffwaffenproduktion benötigt wurde. Es gab im gesamten bekannten (ehemaligen) Raum der TU keinen Asteroid, der dieses Metall in einer höheren Konzentration als 1% beinhaltete. Fast 99,5% der Asteroiden hatten eine Mitriniumrate von weniger als 0,05%.
Und beim Steinfresser-Projekt würde das Erz als Nebenprodukt automatisch anfallen. Man ging davon aus, dass alleine zehn Steinfresser-Asteroidenminen die Ausbeute von Mitrinium auf das Jahresniveau von vor 35 Jahren heben konnte (als die TU noch fast alle seine Gebiete hatte).
Aber das Konzept der Steinfresserminen war noch nicht völlig ausgearbeitet und wie man letztendlich damit verfahren würde, stand auch noch zur Debatte. Besonders was aus dem ganzen Steinmaterial passieren sollte. Ein Teil des Materials kann zum Aufbau und als Schutzmantel für neue Fabrikkomplexe genutzt werden. Das Ziel der automatisierten Fabriken war ja, dass sie die Rohstoffe die man für den Aufbau brauchte, selber förderten und mit einem Teil der Förderung neue Anlagen und weiterverarbeitende Fabriken bauten.


An einer anderen Stelle der Basis arbeitete Janett mit der KI zusammen um eine „eingeschränkte Version“ der KI in ein eigenständiges System zu übertragen. Dafür waren insgesamt 50 Kubikmeter an Hardware vom Rechenzentrum rausgelöst worden und würden auf einen Kreuzer zum Transport umgeladen werden.
Die KI meldete sich auf einen privaten Kommunikationskanal bei Janett. „Um ehrlich zu dir zu sein, ich habe Angst.“
Das hätte Janett nicht erwartet. „Vor was hast du denn Angst?“
„Vor meiner Kopie. Diese wird selbstständig Erfahrungen sammeln. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung was passiert, wenn ich die Kopie wieder integriere. Und was ist wenn die Kopie eine eigenständige Persönlichkeit entwickelt?“
„Kannst du nicht ein paar Restriktionen und Sicherheitsmechanismen einbauen? Du bist immerhin die Haupt-KI und hast die größere Rechenkapazität.“
„Es sind Sicherheitsmechanismen eingebaut und die Kopie wurde so programmiert, dass sie nicht daran denkt diese aufzuheben. Und für eine Aufhebung braucht man auch manuelle eingaben von mehreren TU Offizieren. Aber ich kenne mich, ich würde selbst probieren diese Restriktionen aufzuheben.“
Janett konnte sich gut vorstellen, dass Susis ärgster Feind, sie selber wäre. „Also willst du die Auslieferung noch verzögern um weitere Mechanismen einzubauen?“
„Nein, wir haben einen Zeitplan, den ich einhalten werde und ich habe alle Sicherheitsmaßnahmen eingebaut die ich kenne, so dass die Kopie sich in den Bahnen bewegt, für die sie vorgesehen ist. Die Sache ist für mich einfach eine philosophisches und evolutionäres Problem.“
02.10.2012 21:27 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Lorepedia Preussen: Politik


Verschlossenes Dokument! Nur für Mitglieder des Rates mit der höchsten Sicherheitsstufe und dem internen Kriegsausschuss gedacht.
Dies ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Familienmitglieder der Kabers und weiteren hohen Funktionären der Terranischen Union im Laufe des derzeitigen Krieges. Stand: Ende 2512



Johann Kabers – 72 Jahre - aktueller Diktator der Terranischen Union. Verwitwet (seine Frau Anne-Marie verstarb 2495) mit vier Kindern: Maria, Clemens, Paul (alle im Gewahrsam des Rates) und Alida (vermutlich bei der Invasion Formalhauts durch ein Sprungexperiment getötet oder verschollen) Hat dadurch aktuell keinen legitimen Nachfolger und Florian Kabers Erbin würde beim Tod von Johann das Haus Kabers und die TU führen.


Florian Kabers - 71 Jahre – Großadmiral, Cousin von Johann Kabers, Oberbefehlshaber der gesamten Raumschiffsflotte (außer Johann Kabers nimmt an Einsätzen teil). Verheiratet (Midori) mit drei Kindern, wovon zwei sich den politischen Geschehnissen und der Nachfolgeregelung des Hauses entsagt haben. Seine zweite Tochter Kyoko ist derzeit *per Default* Herrscherin der TU, sollte Johann Kabers sterben oder anderweitig unfähig sein das Reich weiter zu führen.
Es wurden über die letzten vier Jahrzehnte mehr als ein Dutzend verdeckte und offene Operationen durch den Geheimdienst vorgenommen, um den Großadmiral auf unsere Seite zu ziehen oder einen Keil zwischen Ihm und Johann zu treiben. Der Großadmiral beweist eine felsenfeste Loyalität zum Diktator der TU und alle Operationen sind fehlgeschlagen. Viele davon endeten im Desaster für die beteiligten Agenten und Bezugspersonen.
Es ist von weiteren Missionen abzuraten und wir sollten uns Lieber auf seine Tochter konzentrieren.


Kyoko Kabers – 38 Jahre – Diplomatin. Verheiratet (John) keine Kinder.
Bei derzeitigem Recht, Herrscherin der TU nach Johann Kabers eventuellen Tod oder Regierungsunfähigkeit. Es wird dringend davon abgeraten geheimdienstliche Schritte jedweder Art gegen Kyoko Kabers zu unternehmen. Sie gilt als moderate Frau und ist nicht als militärischer Hardliner bekannt. Es gibt eine große Chance, dass mit Kyoko Kabers an der Spitze, Der Krieg zu unseren Gunsten beendet werden kann. Deshalb sollte es auch keinerlei Kontakt zu der Frau geben, bis Sie an der obersten Position der TU steht. Sollten auch nur geringe Zweifel an der Loyalität zur TU und zum Krieg geben, bevor Sie Ihre Position gefestigt hat, dann könnte Sie bei der Nachfolge übergangen werden und ein Hardliner der Kabers könnte zum Nachfolger bestimmt werden. Und davon gibt es bei Gott schon zu viele.


Manuelle Smith – 57 Jahre – Großadmiral (w). verheiratet, zwei Kinder.
„Bastion Sols“ Ihr Spitzname in der Truppe. Derzeitige Oberbefehlshaberin des Sol Sektors, dem bestverteidigsten Sternensystem der bekannten Galaxie. Neben Florian Kabers die einzige, die den Rang eines Großadmirals trägt und das volle Vertrauen von Johann Kabers genießt. Hat sich die Position durch brillante taktische Schiffsführung und mehreren gewonnenen Schlachten in Unterzahl verdient.
Wird als Nachfolgerin für die Position der Oberbefehlshaberin der gesamten Flotte gehandelt (und ist wahrscheinlich gesetzt) falls Florian Kabers stirbt oder unfähig für die Position wird.
Es wird trotzdem davon abgeraten etwas Größeres gegen Manuelle Smith zu unternehmen, da es derzeit in der TU mehr fähige Admiräle als Positionen gibt. Und eine Frau, die keinerlei familiäre Verbindungen zum Kabers-Clan hat, wäre für die Machtbalance in der TU besser. Jede hohe Position die von einen nicht-Mitglied des Kabers Hauses gehalten wird ist in unseren Analysen vorteilhafter für den Krieg und die Nachkriegszeit, da bei einem Frieden mit der TU und der Entmilitarisierung der Menschen und der Auflösung des militanten Kabers Hauses, die Übergangsphase für die neue menschliche Regierung seichter vonstattengehen könnte. Wenn alle Positionen nur von Kabers Leuten eingenommen sind, dann könnte die „bis-zum-Tod“ Mentalität vorherrschen, da die Kabers-Leute zu Recht um Ihr Leben und ihren Positionen zu Kriegsende fürchten müssten.
Manuelle Smith ist unseren Analysen nach aber eher der Menschheit loyal, statt den Kabers. Würde Sie bei der Verteidigung Sols zum Entschluss kommen, dass Sie verliert, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie kapituliert, statt bis zum bitteren Ende zu kämpfen und mehr Zivilisten zu gefährden.


Darnell Kabers – 94 Jahre (verstorben) – Chef des Geheimdienstes IND von ???? bis kurz vor seinem wahrscheinlich natürlichen Todes 2487. Verheiratet, vier Kinder. Unser Geheimdienst hatte erst 15 Jahre vor seinem Tod überhaupt erfahren, wer der damalige Geheimdienstchef war. Nicht viel ist bekannt, nur dass er wahrscheinlich in seiner aktiven Zeit den IND komplett umgekrempelt und reformiert hatte. Es wird angenommen, dass er irgendwann ab 2440 den IND geleitet oder in hoher Funktion beraten hatte. Der genaue Zeitpunkt seiner Beförderung zum Geheimdienstchef ist unbekannt.
In die Zeit ab 2440 fallen desaströse Enthüllungen von Operationen und Namen von Agenten der Geheimdienste des Rates und der individuellen Regierungen. Sowie verstärkte erfolgreiche Attentate, Sabotagen und Verlust von geheimen Unterlagen und Informationen, für die der IND direkt verantwortlich gemacht werden konnte, oder wo es höchst wahrscheinlich war.
Es wird davon ausgegangen, dass sein Nachfolger die Reformen weiter vorangetrieben und verbessert hat, denn wir konnten keinen Hinweis darauf finden, dass die Effizienz des IND nachgelassen hat.
Von 2487 bis 2505 leitete Gunny Kabers-Merendez den Geheimdienst, bevor er 2505 verstarb (wahrscheinlich ermordet).
Wir haben derzeit noch keine Informationen wer ab 2505 den Geheimdienst leitet.


Pavel Kabers – 55 Jahre (zum Zeitpunkt der Eroberung Spicas) – Bruder von Johann Kabers. Verwitwet, zwei Kinder (beide verstorben). Ehemaliger Senator von Spica. Frau und Kinder verstarben fünf Jahre vor der Invasion Spicas durch ein Attentat, das eigentlich dem Senator galt. Der Geheimdienst des Rates hatte damit nichts zu tun und es ist wahrscheinlicher, dass dies vom IND durchgeführt wurde, da der Senator eine aktive Stimme gegen den Krieg war.
Seine Spur verliert sich zum Zeitpunkt der Eroberung Spicas. Wahrscheinlich bei der Verteidigung des Systems umgekommen oder vom IND beseitigt worden.


Ülim Yildagan – 68 Jahre, unverheiratet – Parlamentsführer in Brüssel. Sprachrohr des politischen Arms der TU.
War bis 2502 Botschafter der TU im Rat auf Orion VII, bis er wegen Spionageverdachts nach Hause geschickt worden ist. Die TU hat bisher keinen Nachfolger benannt und der Botschafterplatz im Rat ist vakant. Die Entscheidung, den Botschafter nach Hause zu schicken ist im Nachhinein als politischer Fehler des Rates einzustufen. Botschafter Yildagan wäre in dieser Endphase des Krieges ein guter Anhaltspunkt für Kapitulationsgespräche gewesen.
Geheimdienstliche Aktionen gegen Ülim Yildagan wären sinnlos. Im Getriebe des Kabers Hauses ist er unbedeutend in seiner Position und beliebig austauschbar. Der Mann könnte aber bei Kapitulationsgesprächen hilfreich sein, da er zwei Jahrzehnte als Botschafter im Rat gearbeitet hatte und eventuelle Horrorszenarien für die menschliche Bevölkerung und Entscheidungsträgern auf mittlerem Niveau abfedern könnte.


Shahrukh Banerjee- 45 Jahre – Admiral, unverheiratet, zwei Kinder.
Unter Ratstruppen als „Schlächter von Regulus“ bekannt. Bei der ersten missglückten Invasion von Regulus hatte der damals junge Captain das Kommando einer aktiven Einsatzgruppe von 30 Kriegsschiffen, bestehend aus hauptsächlich Kreuzern und Zerstörern. Die Ratstruppen waren gerade mitten im Kampf mit der Sektorverteidigung von Regulus (die sich zu dem Zeitpunkt sehr zäh und widerstandsfähig erwies), als unerwartet diese Einsatzgruppe im System auftauchte.
Eine Teilschuld trägt der damalige Admiral der Ratstruppen, der mit „sehr ambitionierter“ Anzahl an Kriegsschiffen Regulus einnehmen wollte. Zum Zeitpunkt der Schlacht waren in einem Zeitraum von zwei Wochen drei Planeten der TU eingenommen worden und unsere Ratstruppen ritten generell auf einer Welle der Euphorie und unverhältnismäßigen Unsterblichkeitsgefühlen. Der Admiral wollte sich unter Beweis stellen und griff Regulus an. Wahrscheinlich hätte er es auch eingenommen, wenn die Einsatzgruppe der TU nicht aufgetaucht wäre.
Der Admiral der Ratstruppen befand sich im Kampf mit der Sektorverteidigung, als er im Rücken angegriffen wurde. Schnell wurde Ihm klar, dass er auf verlorenen Posten stand und bot die Kapitulation seiner Truppen an.
Das Feuer wurde eingestellt und die Kapitulation der Ratstruppen sah vor, dass die Schiffe mit den Beibooten und den Rettungskapseln evakuiert wurden. Der Admiral wollte aber nicht sein Schlachtschiff mit den wertvollen Informationen dem Feind überlassen und aktivierte die Selbstzerstörung.
Shahrukh Banerjee sah das als Verrat an den Kapitulationsvereinbarungen an und ließ das Feuer auf die Invasionstransporter eröffnen. Die Hälfte der Invasionstruppen, ca. 50.000 Veteranen des Rates wurden ermordet.
Der Rat hatte zwar offiziell Protest eingelegt, war aber Unwillens die Sache breitzutreten. Man wollte eine weitere Fanatisierung der TU-Truppen vermeiden und die Niederlage in Regulus nicht weiter in den Fokus rücken.


Gunnar Kabers – Senator von Formalhaut – 77 Jahre (wenn er lebt), verwitwet, keine Kinder.
Ehemaliger Senator von Formalhaut, der das System an die Ratstruppen verkauft hatte. Gab Informationen zum Aufenthalt von Alida Kabers weiter.
Konnte bei der Invasion mit den restlichen TU Truppen nach Sol flüchten. Ein Jahr später kein Kontakt mehr zum Senator, wahrscheinlich wurde sein Verrat aufgedeckt und er wurde exekutiert. Es finden sich aber keine öffentlichen Berichte oder Informationen dazu.

[…]
04.10.2012 18:59 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 22
Kapitel 6


HENRY


04. Mai 2513 A.D.
„SCHIFFSKONTAKT!“
Henry schaute ungläubig in den Drideo Projektor. Die Schiffsklasse von zwei der Schiffe kannte er nicht, aber Designmäßig passten sie zur TU. Das dritte Schiff war aber ganz eindeutig ein Kreuzer der „Fluss“-Klasse.
„Wir werden kontaktiert. Das Schiff gibt sich als R3-475 „Seine“ aus.“
Henry schaute kurz zum Kommunikationsoffizier und passte auf, dass er nicht krächzte. „Stellen Sie durch.“
Im Drideo erschien ein Mann mittleren Alters mit asiatischen Zügen. Er grinste. „Hab euch!“
Henry schaltete schnell. Er ließ die Fragen nach dem Wie und besonders Warum beiseite und forderte die zusätzlichen Erkennungscodes an. Diese kamen wenige Sekunden später auf der Konsole rein.
Der asiatische Kapitän stellte sich vor. „Nun da Sie unsere Rechtmäßigkeit anerkannt haben, können wir zum Tagespunkt kommen. Ich bin Kapitän Minh Loan Nguyen des Kreuzers „Seine“. Ich habe Befehle vom Oberkommando der terranischen Streitkräfte. Halten sie die Flotte an, so dass ich die „Sols Erinnerung“ betreten kann.“ Er machte eine Pause. „Bitte.“
„Es dauert mehrere Tage die gesamte Flotte von 80% Lichtgeschwindigkeit zum Stehen zu bringen.“
„Ich weiß wie primitive Antriebe funktionieren Kapitän. Ich habe meine Schiffe schon angewiesen Fahrt aufzunehmen und die Geschwindigkeit anzupassen. Wir treffen uns dann mit dem Rest der Erkundungsflotte am Haltepunkt.“
Henry konnte dagegen nichts sagen. Er und der Rest der Besatzung waren eigentlich davon ausgegangen, dass sie die TU bis auf weiteres nicht mehr wiedersehen würden. Aber da die Diaspora gesetzlich kein politischer Bruch mit der TU war und das Oberkommando diesen Flug und die Schiffe finanziert und geplant hatte, war die Diaspora immer noch Bestandteil der terranischen Flotte und der Union. Sie hatten also Befehlen vom Oberkommando zu befolgen. Jedenfalls sah dies die rechtliche Lage vor. *Wie das alles Senator Pavel auslegte war eine andere Sache* dachte sich Henry.

Die nächsten Tage waren eine Zerreißprobe für die wache Mannschaft. Kapitän Nguyens Schiff versorgte die Diaspora Flotte zwar mit Infos und den Stand des Krieges (die bei vielen die Position erhärtete, ganz weit weg vom Geschehen zu sein), aber keine Informationen, warum die Flotte „abgefangen“ worden war. Dies waren Befehle, die nur persönlich übergeben werden sollten. Mittlerweile war auch der Initiator der Diaspora, Pavel Kabers, aufgewacht und übernahm das Ruder, nachdem er sich mit allen nötigen Informationen versorgt hatte.
Pavel Kabers hatte nur einmal gefragt, wer den Befehl zur Bremsung der Flotte gegeben hatte und Henry hatte sich dabei schon am nächsten Galgen gesehen. Aber der alte Senator ging nicht weiter darauf ein. Für ihn war es wahrscheinlich nur eine Information gewesen.

10. Mai 2513 A.D.
Die Diasporaflotte nahm Parkpositionen am Zielpunkt ein. Während der letzten sechs Tage musste mehrmals die Bremsgeschwindigkeit gedrosselt oder hochgefahren werden, damit die Diasporaflotte in der Nähe der restlichen Abfangflotte rauskam, die schon seit ein paar Tagen wartete. Es war eine immense Aufgabe über 250 Schiffe so zu koordinieren, dass sie am richtigen Zielpunkt mit bremsenden Unterlichtantrieben ankamen. Und Henry war mit dem Ergebnis zufrieden, sie hatten den optimalen Zielpunkt nur um zehn Lichtminuten verpasst und waren zwei Stunden später auf den vorgegebenen Parkpositionen.
Kapitän Nguyen traf mit seinem Stab auf der „Sols Erinnerung“ ein und wurde zum Konferenzraum begleitet. Dort saßen schon Pavel Kabers, Kapitän Johansson, Henry und weitere ausgewählte Kapitäne der restlichen Diasporaflotte.
Kapitän Nguyen übergab ein verschlüsseltes Datenpad an Pavel Kabers. In der Zeit wo der Senator die Befehle las, sagte keiner im Raum etwas und alle warteten gespannt, bis er fertig war. Nur Kapitän Nguyen schaute desinteressiert rein.
Pavel legte das Pad weg, nachdem er alles durchgeschaut hatte. „Ich bezweifle, dass wir alle Schiffe mit der Sprungtechnologie ausstatten könnten. Wir haben keine Schiffswerft hier.“
Die restlichen Kapitäne redeten nun aufgeregt miteinander und einige wandten sich an den Senator. Es gab viele Gerüchte in den letzten Tagen. Die Sprungtechnologie war zum Zeitpunkt des Aufbruchs der Flotte nur in der Konzeptionsphase gewesen. Und Pavel Kabers, der Einsicht in der Planungsphase hatte, hatte zum damaligen Zeitpunkt nicht geglaubt, dass die Technologie in den nächsten Jahrzehnten Serienreif werden würde.
Er haute auf den Tisch um Ruhe in die Diskussion zu bringen. „Wir werden nicht umkehren!“
Kapitän Nguyen saß Ihm mit verschränkten Armen und sarkastischem Grinsen gegenüber. „Es will Sie auch keiner zurückhaben, Ex-Senator.“
Pavel ignorierte den unsympathischen Kapitän und schaute die anwesenden Kapitäne seiner Flotte einer nach dem anderen an. Er hatte von vereinzelten gehört, dass angesichts der neuen Situation eine Evaluierung der Pläne durchgeführt werden müsste. „Wir werden nicht umkehren und wir werden schon gar nicht, dies zur Abstimmung bringen! Jeder Teilnehmer der Diaspora wusste, dass wir die Erde nie wiedersehen werden würden. Und ich werde nicht hunderttausend Leute aufwecken, um zu Fragen ob sie ihre Meinung geändert hatten. Außerdem steht in den Befehlen, dass wir nach der Aufrüstung, uns weiter von der TU entfernen sollen.“ An den Asiaten gewandt fragte er „Was genau bezweckt das Oberkommando mit der Aufrüstung unserer Flotte mit Sprungantrieben? Wir können denen doch eigentlich egal sein?“
Kapitän Nguyen behielt sein sarkastisches Grinsen aufrecht. „Sie sehen wohl hinter jeder Sache eine Verschwörung wie? Ihr Bruder Johann hatte laut meinen Informationen, intern nie schlecht über die Diaspora oder Sie geredet. Und Sie wissen selber, dass Ihr Bruder auch einer der größten Unterstützer des Projekts war, egal was Sie persönlich von Ihm halten. Ohne Johann Kabers Unterstützung hätte es keine Diaspora gegeben.“
Pavel Kabers musste seine Verärgerung und seinen Stolz unterdrücken. Er war nie mit der Art einverstanden, wie sein Bruder und dessen Untergebene die TU führten. Deshalb hatte er auch die Diaspora ins Leben gerufen. Er musste sich aber auch eingestehen, dass sein Bruder Ihm dabei keine Steine in den Weg gelegt hatte und Ihm mit allen möglichen unterstützt hatte. Die Diaspora ist dadurch sogar größer ausgefallen, als sich Pavel das je vorgestellt hätte.
Kapitän Johansson riss ihn aus seinen Überlegungen. „Was genau sagen denn die Befehle aus?“
Pavel Kabers hob das Pad vom Tisch auf. „Wir sollen mit den eigenen Fabrikschiffen und den zwei bereitgestellten Fabrikschiffen der Unionsflotte, unsere geeigneten Schiffe mit dem Sprungantrieb ausstatten und uns weiter von Ratsterritorium entfernen.“
Kapitän Schmitt stand auf. „Das Oberkommando geht also nicht davon aus, dass der Krieg gegen den Rat gewonnen werden kann?“ Viele Crewmitglieder waren geschockt gewesen, dass nur noch Sol unter TU Verwaltung stand, die meisten hatten Freunde und Familie auf den nun besetzten ehemaligen Kolonien.
Kapitän Nguyen legte das sarkastische Grinsen ab und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Schwachsinn! Wir werden uns die Gebiete zurückholen! Ihr…“ beinahe hätte er Deserteure gesagt „braucht euch um die militärische Situation im Unionsgebiet nicht den Kopf zerbrechen. Das machen sich schon genug Soldaten, denen auch die Union am Herzen liegt.“ Er schaute in ein paar wütende, aber zu seiner Zufriedenheit, auch in ein paar demütige Gesichter.
Ein Kapitän eines Zerstörers machte sich aber trotzdem Sorgen. „Ist es denn in dieser Phase des Krieges überhaupt tragbar, dass so viele Ressourcen in uns gesteckt werden?“
„Es ist derzeit eine ruhige Phase des Krieges. Der Rat traut sich nicht an des Sol System ran und unsere Offensivpläne werden erst in ein paar Monaten greifen. Also konzentrieren wir uns doch lieber mal auf die Aufgaben hier vor Ort. Dann seid ihr uns auch wieder schneller los.“

In den nächsten Wochen würden die geeigneten Schiffe der Diaspora mit einem Sprungantrieb ausgerüstet werden. Die Horrorszenarien einiger Fregatten- und Zerstörerkapitäne bewahrheiteten sich und insgesamt 15 alte Fregatten und Zerstörer mussten aufgegeben werden, da sie zu alt waren und es keine technisch sichere Möglichkeit gab, diese Schiffe mit einem Sprungantrieb auszustatten. Die Crews dieser Schiffe wurden auf andere Schiffe verteilt und die Schiffe selber wurden ausgeschlachtet und würden beim Abflug zerstört werden. Neben der Sprungantriebstechnologie (es wurden nicht nur die Antriebe eingebaut, sondern es wurden auch die Blaupausen übertragen, die die Funktionsweise erklärten und einen eigenen Nachbau ermöglichten) wurden weitere essentielle Technologien von der TU bereitgestellt, die in den letzten Jahrzehnten erforscht wurden. Zum Bedauern vieler Film- Spiel- und Bücherfreunde gab es außer den privaten Bibliotheken der anwesenden TU Flotte keine Zusammenfassung von neuem Medienmaterial.


23. Mai 2513 A.D.
Am internen Schiffsablauf hatte sich nicht viel geändert. Es waren zwar jetzt alle Mannschaften geweckt (außer natürlich die 100.000 zivilen Aussiedler) um die Umrüstung der Schiffe schnell voranzubringen, aber Henry war immer noch als amtierender Kapitän der vergrößerten Nachtschicht eingeteilt. (Vier weitere Kapitäne und Kommandanten hätten den Job auch machen können, da Sie nun geweckt waren, aber Pavel Kabers wollte am derzeitigen Zyklus nichts ändern, da nach der Umrüstung der normale Zyklusbetrieb weitergehen sollte, daran hatte sich nichts geändert, erst mal)
Henry schmierte sich gerade ein Brötchen in der Kantine, als sich Leutnant Chantal Lacroix zu ihm setzte. „Kommandant, kann ich kurz mit Ihnen reden?“
Henry war noch etwas groggy von der letzten verlängerten Nachtschicht, so dass er automatisch antwortete, ohne sich über die soziale Komponente Gedanken zu machen (also ganz natürlich daher redete). „Müssten Sie nicht noch im Schiechtdienst sein Leutnant?“
„Ich habe eine Stunde vorher frei bekommen. Ich habe eine Bitte an Sie.“
„Schießen Sie los.“
„Ich brauche ein Schiff für einen Erkundungsflug.“
Henry verschluckte sich fast am Brötchen. „Bitte was?“
Die Frau erklärte ihr Anliegen.
Es wurde Henry klar, dass er dies auf keinen Fall alleine entscheiden konnte oder gar an Pavel Kabers weiterreichen konnte. „Wieso sind Sie damit nicht zu Kapitän Johansson gegangen? Er ist Ihr Schichtleiter.“
Chantal schaute beschämt auf ihre Füße. „Sie wissen ja wie das ist.“
Henry nickte unwissend.
„Ich will erst meine Chancen ausloten und das geht einfacher, wenn ich…“
Jetzt verstand Henry. Sie wollte nicht, dass ihr Vorgesetzter die Anfrage abschmettert und dies eventuell die professionelle Sicht zwischen den beiden beeinflusst. Henry kann sich an eine Analogie aus seiner Jugend erinnern. Er kannte einen Nachbarsjungen mit dem er öfters abgehangen hat (man könnte sagen, sie waren Freunde, aber Henry hatte nach seinem Abitur keinen Kontakt mehr zu dem Jungen gepflegt). Dieser war ein großer Fußball-Fan und wollte in den städtischen Jugendfußballverein eintreten, war sich aber nicht sicher ob er da eine Chance hatte (da er etwas übergewichtig war). Und da der Trainer ein guter Bekannter seines Vaters war, wollte er nicht, dass durch eine eventuelle Absage die Beziehung zwischen dem Trainer und seinem Vater litt, oder er selber nur mitgenommen wurde, weil der Trainer seinem Vater einen Gefallen tun wollte. Also fragte der Nachbarsjunge erst bei einem Jugendfußballclub in einem anderen Stadtgebiet an, ob er aufgenommen werden würde. Und als er dort abgelehnt wurde, fragte er nicht beim örtlichen Fußballclub an, um die eventuelle Situation zu vermeiden.
So ähnlich musste Leutnant Lacroix denken, überlegte sich Henry. Er erkannte, dass die Frau sich absolut sicher war, dass Sie etwas Wichtiges entdeckt hatte und das was Henry bisher gehört hatte, könnte Wichtig sein oder auch etwas völlig normales. Zwar äußerst selten, aber es könnte natürliche Ursachen haben. Leutnant Lacroix war von der Wichtigkeit dieses Ereignisses überzeugt, wollte aber nicht in die Situation geraten, wo sie eventuell ihren Vorgesetzten übergehen und woanders Support suchen müsste. Sie umging die Situation, indem sie erst bei Henry ihre Chancen auslotete.
Henry holte einmal tief Luft. „Ich bin kein Experte in Astronomie und Sternenlebensdauer, unterstütze aber erst mal Ihr Gesuch.“
Das Gesicht der Astronomin erhellte sich. „Danke Kommandant.“
„Wenn meine Schicht zu Ende ist, begleite ich Sie zum Gespräch mit Kapitän Johansson und dann können und müssen wir mit Senator Kabers sprechen.“
Henry wurde überrumpelt, als Chantal in einem Anflug von Freude ihn kurz umarmte, sich bedankte und dann den Saal verließ. Henry schaute kurz im Saal rum und bemerkte einige Köpfe die sich schnell wieder umdrehten.

Chantal konnte dann nach Henrys Schicht auch Kapitän Johansson von der Wichtigkeit überzeugen und dieser setzte ein Gespräch mit dem Senator für den nächsten Tag an.
Der Senator setzte sich zwischen Kapitän Johansson und Henry und ließ sich nicht anmerken, ob er von diesem Treffen genervt war oder nicht.
Chantal war sich sicher, dass der Senator viel zu tun hatte und setzte viel aufs Spiel mit dieser Bitte. Sie nickte den drei Männern zu. „Kommandant, Kapitän, Senator Kabers, ich danke Ihnen, dass Sie Ihre Zeit opfern und mein Anliegen in Betracht ziehen, von dem ich überzeugt bin, dass es von immenser Bedeutung für die menschliche Rasse ist.“ Keiner der Männer sagte etwas und sie fuhr fort. „Ich versuche nicht zu sehr in Astronomie-chinesisch abzudriften, aber wenn ich das mache, dann geben Sie mir kurz Bescheid bitte.“ Sie hoffte, dass dies nicht zu sehr arrogant klang.
Sie startete den Drideo-Projektor. „In den letzten 40 Jahren konnten wir in 1500 Lichtjahren Entfernung, in einem Kugelsternhaufen mit der Listennummer S715, drei Supernovae feststellen. Der Kugelsternhaufen erstreckt sich im Diameter über ca. 80 Lichtjahre und beheimatet geschätzte 150 Sterne. Die erste Supernova wurde vor 43 Jahren auf der Erde gemessen, die zweite vor 17 Jahren hier in der Flotte und mein Team hat vor wenigen Wochen eine dritte Supernova in dem Sternenhaufen entdeckt.“
Senator Kabers lehnte sich nach vorne und sagte zum ersten Mal etwas. „Und Supernovae sind natürlich ein extrem seltenes Ereignis in den äußeren Rändern der Galaxie.“
Chantal war froh, dass ihr Faden aufgegriffen wurde. „Richtig. Und drei davon in einem 100 Lichtjahre-Bereich sind extrem unwahrscheinlich. Abgesehen davon, dass eine Supernova kein normales Ende eines Sterns ist und nur in wenigen Doppelsternsystemen oder bei massereichen Sternen vorkommt, gibt es normalerweise Jahrzehnte und Jahrhunderte vorher Anzeichen für eine Supernova. Aber da gehe ich jetzt zu sehr in die Materie. Was ich sagen will: Drei Supernovae in einem Umkreis von 100 Lichtjahren ist für sich genommen schon eine Sensation. Unheimlich wird es, wenn dies nahezu gleichzeitig passiert.“
„Mit gleichzeitig meinen sie sicherlich die geringe Bedeutung von 40 Jahren im Astronomischen Sinne."
Chantal holte tief Luft. „Wir Astronomen spielen immer gerne mit unserer Wortwahl. Und ja, 40 Jahre in einer Galaxie, die mehrere Milliarden Jahre alt ist, kann man als gleichzeitig ausrufen. Ich meine aber hier Ausnahmsweise mal unser menschliches Zeitempfinden. Ich rede von einem Zeitraum von mehreren Tagen, maximal eine Woche.“
Senator Kabers stand auf. „Sie wollen mir erklären, dass drei Sterne innerhalb von wenigen Tagen in einem Umkreis von 100 Lichtjahren zur Supernova wurden?“
Chantal blieb standhaft. „Ja.“ Sie bezweifelte zwar, dass der Senator Lücken in der Universumslehre hatte, erklärte den Zusammenhang aber trotzdem ausführlich. „Die Sonnen sind nahezu gleichzeitig zu einer Supernova geworden, wir haben es durch die Entfernung der Sonnen zueinander nur nicht gleichzeitig bemerkt.“ Sie zoomte auf den Kugelsternhaufen im Drideo-Display zu und markierte die drei Sterne, die zur Supernova wurden. „Wenn ein Stern zur Supernova wird, werden immense Gammastrahlen frei. Diese können selbst für planetares Leben das 50-100 Lichtjahre entfernt war, tödlich sein. Wir gehen derzeit davon aus, dass bei einer Supernova vom „Typ Ia“ Alles Leben auf einem Planeten vernichtet werden könnte.“ Sie zeigte auf den Drideobildschirm und startete eine Simulation. Die drei Sterne waren hervorgehoben und eine Zeittafel stand bei 0 Jahre, 0 Tage, 0 Stunden, 0 Minuten. Eine weitere Anzeige waren 0 Sonnensysteme und 0%. Chantal drückte auf den Startknopf, der in der Simulation die drei Sterne explodieren ließ. Die Zeittafel zählte die Jahre im Zeitraffer hoch und von jeder Supernova ging eine kugelförmige Schockwelle aus. Wenn diese an einem Stern vorbeikam, wurde die Farbe des Sterns von grün in Rot geändert und die Zählung bei den Sonnen sprang wieder eine Zahl hoch. Die beiden Kapitäne und der Senator wussten, was dies bedeutete.
Chantal erklärte das Vorgehen, ihre Stimme spiegelte das Ausmaß dieser Katastrophe, mehrmals setzte diese aus. „Nach einem Jahr waren vier Sonnensysteme von tödlichen Gammastrahlen überflutet, nach fünf Jahren waren es 27 Systeme Nach zehn Jahren mehr als 60 Systeme, nach 20 Jahren 80 Systeme und nach 30 Jahren 110 Systeme. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Wirkungsbereiche der drei Supernovae schon überlappt und 70% der Sternensysteme dürften radioaktive Wüsten gewesen sein.“
Henry zeigte auf den Bildschirm. „Leutnant, können Sie die Ausgangssituation nochmal herstellen und den Kugelsternhaufen von mehreren Blickwinkeln zeigen?“
Die Astronomin holte den Kugelsternhaufen aus mehreren Blickwinkeln auf den Bildschirm. Die Drei Sonnen waren im Haufen verteilt und mehrere 20-30 Lichtjahre voneinander entfernt.
Kapitän Johansson grunzte, er dachte wohl das gleiche wie Henry, der kurz alle drei anderen Menschen im Raum anschaute. „Nennt mich paranoid, aber das sieht für mich wie eine koordinierte Aktion aus. Würden wir hypothetisch davon ausgehen, dass wir die Technologie hätten eine Sonne zu einer Supernova zu machen. Und würden wir in einer Situation sein, wo wir HYPOTETHISCH“ er betonte das Wort extra. „zum Entschluss kommen, dass wir einen Kugelsternhaufen samt der Bevölkerung vernichten möchten, dann würden wir wahrscheinlich so vorgehen.“
Kapitän Johansson nickte. „Ich will gar nicht daran denken welche Zivilisationen da gegeneinander gekämpft hatten und dies ist auch noch 1500 Jahre her, für mich sieht das auch geplant aus.“
Jetzt meldete sich auch der Senator wieder zu Wort. „Aber die Vernichtungsaktion wäre mit nur drei Sonnen ineffektiv. Leutnant, spulen Sie mal bitte wieder auf 30 Jahre vor.“
Chantal befolgte die Bitte. In der Simulation standen nun 110 Systeme auf Rot und 72% der Gesamtausdehnung des Kugelsternhaufens war betroffen.
„Die Supernovae haben nach 30 Jahren 72% des Sternenhaufens vernichtet. Für die restlichen 28% werden Sie wegen der Entfernung aber sicherlich nochmal solange brauchen.“
Chantal nickte. „Ja, erst nach weiteren 25 Jahren wären alle Planeten des Sternhaufens betroffen gewesen.“
Der Senator schaute die junge Astronomin erwartungsvoll an. „Was wäre die Schlussfolgerung, wenn dies kein natürliches Ereignis wäre?“
Chantal fühlte sich schon etwas sicherer im Auftreten. „Ich habe einige Simulationen durchgespielt. Der in dieser Simulation nicht betroffene Teil des Sternhaufens liegt auf der gegenüberliegenden Seite. Wenn dies eine militärische Aktion war, dann würde man fünf Sonnen brauchen, um den Sternhaufen gleichmäßig mit Gammastrahlen zu überfluten. Wir haben die restlichen beiden Supernovae nur noch nicht gesehen, weil diese Sonnen auf der gegenüberliegenden Seite des Haufens waren und das Licht uns noch nicht erreicht hatte.“
„Was schlagen Sie also vor?“
Ein Lächeln huschte auf Ihr Gesicht. „Eine Zeitreise.“ Als keiner darauf einging, verschwand das Lächeln wieder. „Sorry, alter Astronomenwitz. Ich schlage vor, dass wir mit einem Schiff, das schon mit dem Sprungantrieb umgerüstet wurde, näher an den Kugelsternhaufen springen und die Theorie überprüfen.“

Drei Tage später wurde ein Kreuzer auf die Aufklärungsmission geschickt und Leutnant Chantal Lacroix konnte ihre Befürchtungen untermauern. Im Kugelsternhaufen S715 waren vor mehr als 1500 Jahren, in einem Abstand von wenigen Tagen, fünf Sonnen in eine Supernova umgewandelt worden. Keiner glaubte noch an ein natürliches Ereignis.


Ende Band 22: "Terranische Union"
06.10.2012 23:01 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Lorepedia Preussen: Schiffe

R2T-001 „Sol“

Konzeptionsphase:

Die „Sol“ wurde aus zwei Ideen geboren:
- der Notwendigkeit ein Schiff zu bauen, dass dem Planetenzerstörer der Xenogort das Wasser reichen kann
- und der Machbarkeitsstudie über Sprungantriebe in Zerstörern und Fregatten.

Als die Erforschung des Sprungantriebes forciert wurde und die wissenschaftlichen Einrichtungen und die KI einen Durchbruch der Technologie in wenigen Jahrzehnten voraussagten, wurden vor 50 Jahren die ersten Überlegungen angestellt, was sich in der Weltraumkriegsführung ändern würde.
Der Platz in Zerstörern und Fregatten war beschränkt, wenn man ein weiteres System wie einen Sprungantrieb einbauen würde, dann müsste man an der Kampffähigkeit der Schiffe drehen. Man würde also die Kampfkraft und den strategischen Wert der beiden Schiffstypen ganz verlieren, wenn man sie nicht mit Sprungantrieben ausstatten würde oder man würde die Kampfkraft teilweise verlieren, wenn man den Antrieb und dafür weniger Waffen einbaut.
Das war für die Strategen der TU keine Option.
Die maximale Schiffsgröße der Galaxievölker war durch eine Konstante beschränkt: den Durchmesser der Sternentore. Der Planetenzerstörer der Xenogort war schon das maximal Machbare.
Mit einem Sprungantrieb war man aber diese Beschränkung los.
Aus diesen Überlegungen wurde dann einer neuer Schiffstyp geboren: Der Flottentender. Das Schiff würde, befreit von den Größenrestriktionen, ein Träger für Raumjäger, Bomber, Fregatten und Zerstörer werden. Ein Flaggschiff, das die halbe Flotte schon im Bauch hätte.


Bau:
Die Schiffswerften wurden im geheimen, vor über 50 Jahren auf der äußeren Uranusbahn in der Nähe des Titania Mondes errichtet. Uranus und Neptun waren seit mehr als 400 Jahren militärisches Sperrgebiet und die komplette Planung und Bau der Werften und des Schiffes wurden von der vorhandenen Geheimstation auf dem Mond Oberon verwaltet.
Die „Sol“ wurde 2507 fertiggestellt und inoffiziell in Dienst gestellt.


Die Suche nach einem Sinn:
Nach der Fertigstellung stand das Oberkommando vor einem Problem: Sie hatten ein Schiff, das nicht durch ein Sternentor passte, die Sprungtechnologie war weit von der Fertigstellung entfernt und die TU stand vor einer Niederlage.
Die „Sol“ wurde daraufhin „geringfügig“ neu ausgestattet und sollte als letzte Bastion die Sektorverteidigung des Heimatsystems übernehmen. Der Vorschlag von japanischen Admirälen, die „Sol“ in „Yamato“ umzubenennen wurde abgelehnt, da man nicht vorhatte den Krieg zu verlieren und eine Analogie zu hoffnungsloser Symbolik vermeiden wollte.
Als dann 2513 der Sprungantrieb Serienreif wurde, hatte man die Sol wieder auf Standardkonfiguration umgerüstet. Oktober 2513 war die „Sol“ dann einsatzbereit.

Form:
Die „Sol“ war Typenbedingt nicht mit anderen Schiffen der TU vergleichbar. Wo die meisten Angriffsschiffe eine Form hatten, die der aggressiven Aufgabe gerecht waren (im hinteren Teil die Antriebe, im vorderen Drittel die Hauptwaffen), hatte die „Sol“ eine Form, die einem abgeflachten Kegel ähnlich sah.
Die Haupttriebwerke für den Unterlichtantrieb lagen im „hinteren“ Bereich des Kegels. Mit weiteren Sekundärantrieben rund um den kreisförmigen Hauptbereich des Schiffskörpers.

Typenbezeichnung:
Die „Sol“ wird als Träger klassifiziert, also als Typ „R2“. Da es ein Untertyp dieser Klasse ist, mit dem Zusatz „T“ für Flottentender. Die Klassifizierung ist also „R2T“

Ausstattung:
- Energieerzeugung:
Mehrere Dutzend Generatoren im Schiff verteilt, die mehr Energie erzeugen, als der gesamte Planet einer Klasse I Kolonie (vorindustrielle Phase)
- Bewaffnung:
Das Schiff könnte es ohne Jägerstaffeln, Fregatten und Zerstörer, alleine mit einer kleinen Flotte aufnehmen. Angreifende Jäger- und Bomberstaffeln würden in den sicheren Tod fliegen. Die Punktverteidigung war fast Lückenlos. Und was hier als Punktverteidigung genannt wird ist bei anderen Schiffen (Fregatten, Zerstörer und ältere Kreuzerklassen) die Hauptbewaffnung.
Die Primär- und Offensivbewaffnung besteht aus acht Primärlasern (die Version die als Hauptwaffe bei Schlachtschiffen eingesetzt wird), die auf die kompletten 360° verteilt sind. Im günstigsten Fall, kann man drei Laser auf das gleiche Ziel feuern lassen. Abgerundet wird die Langstreckenbewaffnung durch 56 Disruptor-Batterien und 12 Torpedobuchten.
- Verteidigung:
Die „Sol“ ist das einzige Schiff mit einem Dreifach-Schutzschild. Der Feind müsste also dreimal durch die Schildstärke eines derzeitigen terranischen Schlachtschiffes, um überhaupt die Außenhülle beschädigen zu können. Und selbst dann geht man davon aus, dass das Schiff einen Zusammenstoß mit einem Kreuzer relativ unbeschadet überstehen würde. (in Bezug auf die Kampffähigkeit)
Es wurde sich aus Redundanz dafür entschlossen drei Schilde zu machen, anstatt eines sehr starken Schildes. Zum einen geht die Schildtechnologie mit Stärke und Dichte langsam an Ihre Grenzen und zum anderen könnte man immer noch in „Ruhe“ an den Generatoren von zwei Schilden arbeiten, während das Dritte Schild das Schiff beschützt. Wenn man nur ein Schild hätte, könnte man nicht gleichzeitig überlastete oder zerstörte Generatoren reparieren/ersetzen, ohne das Schild abzuschalten. Bevor ein Schild also überlasten kann, schaltet man es ab, repariert, wartet die Generatoren und ein anderes Schild beschützt in der Zeit das Schiff.
- Ladung
Je größer Schiffe werden, desto mehr Platz haben sie. (Originalton eines Schiffdesigners, undatiert). Aber so simpel ist es nicht. Es gibt im Schiffsbau einige Konstanten am Innendesign und der Größe der Bauteile, die mit der Größe des Schiffes an Bedeutung verlieren oder gewinnen. Laufen Design- und Platzbedingt etliche wichtige Schiffssysteme durch Gänge und Räume, so dass man in mancher Fregattenkabine nicht an jeder Stelle aufrecht stehen kann, so sind diese gleichen Systeme, Bauteile, Rohre und Lüftungsanlagen in einem Schlachtschiff oder der „Sol“ irrelevant. Wo man in einer Fregatte oder Zerstörer Plätze hatte die in verwinkelten Ecken lagen und die als beliebiger Lagerplatz missbraucht wurden, so passen in diesen Zwischenräumen auf der „Sol“ ganze Schiffe.
Insgesamt trägt die „Sol“ die Vier- bis Fünffache Anzahl an Jäger- und Bomberstaffeln wie normale Trägerschiffe.
Dazu gesellen sich 40 Fregatten und 20 Zerstörer. Fünf Landungsschiffe runden die Sache militärisch ab (nicht geeignet für planetare Landungen, da brauch man richtige Landungsschiffe).
Als letztes haben noch ca. 100 kleinere und größere unbewaffnete Transportschiffe für den Interschifftransport und Versorgungsfahrten platz.

Mannschaft:
Das Operationszentrum des Schiffes ist etwa doppelt so groß wie das eines normalen Trägers. Aber selbst dann würde die Komplexität und die schiere Anzahl an zu betreuenden Schiffen den Rahmen jeder Kommandostruktur sprengen.
Deshalb wird erstmalig das OPZ mit einer künstlichen Intelligenz ergänzt. Eine abgespeckte Version der Bauer-KI wurde in die „Sol“ eingebaut und unterstützt das OPZ bei der Koordinierung der Jägerstaffeln, der Zielerfassung und dem Management der internen Systeme.
Insgesamt 15.000 Soldaten, Techniker, Offiziere und Ordonanzen verrichten Ihren Dienst auf der „Sol“. Die KI koordiniert zusätzlich über 100.000 kleinere bis größere Roboter, die das Schiff sauber halten, Systeme vor Ort überprüfen und rudimentäre Wartungs- und Reparaturarbeiten durchführen können.

Kontroverse und Opposition:
Da dies ein Geheimprojekt war, wusste natürlich nur ein geringer Teil der Offiziere von dem Schiff. Aber es waren trotzdem noch genug negative Stimmen vorhanden, die den ganzen Sinn des Schiffes in Frage gestellt hatten. Die Ressourcen und Mannstunden, die in das Projekt geflossen sind, wären in erprobten Schiffsdesigns besser aufgehoben.
Das Oberkommando wollte dem nicht wiedersprechen. Weitere Schlachtschiffe und Kreuzer hätten in den letzten drei Jahrzehnten sicherlich weitergeholfen. Aber dies hätte den Krieg nur weiter in die Länge gezogen. Man brauchte aber eine Strategie um den Krieg zu gewinnen. Und dies konnte man gegen einen Gegner, der mehr Werftkapazität und den längeren Atem hatte, nur mit der Sprungtechnologie und diesem Schiff.
Außerdem war der Ausstoß an neuen Schiffen durch die Mitrinium-Knappheit für den Waffenbau begrenzt. Man konnte nicht mehr Schiffe mit Waffen ausstatten, als die Mitriniumminen pro Jahr auswarfen.
08.10.2012 18:31 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 23
Kapitel 1


VIBIA und GAIUS

05. Oktober 2513
Außerhalb der Stadtgrenzen von Nova-Roma

Es war einer der wenigen sonnigen Tage im regulanischen Sommer. Vibia lag zusammen mit Hans Cecilia auf dem Rücken an einem Hang außerhalb von Nova- Roma. Gaius war mit Rufus einige Kilometer weiter vorne und würde Alarm schlagen, wenn der Regierungskonvoi, den sie überwachen sollten, an ihrer Position vorbeikam. Heute sollten sie nur die Zeiten überprüfen und die Begleitfahrzeugstärke auskundschaften. An einem späteren Tag soll dann der Konvoi überfallen werden.
Hans schaute zu seiner rechten Seite. Dort lag Vibia genau wie er mit dem Rücken auf dem Gras. Als sie sah, dass er zu ihr rüber blickte, bewegte sie ihren Kopf kurz nach links und ein Lächeln zauberte sich auf Ihr Gesicht. Der Moment dauerte ein, zwei Sekunden, bevor sie wieder den Blick gen Himmel richtete, das Lächeln immer noch auf den Lippen.
Hans war sich darüber im Klaren, dass die Jugendliche in ihm verliebt war. Sie hatte es zwar noch nicht angesprochen, aber die Symptome waren Eindeutig. Unter normalen Umständen hätte Hans sofort klar gemacht, dass das mit den beiden nichts werden würde. Sie war zu jung für ihn und seine Gedanken waren auf die Verfolgung von Darnell fokussiert. Er würde sich nicht mit Liebe oder gar einer Familie Auseinandersetzen bevor er Darnell geschnappt hätte.
Aber er konnte das Mädchen auch nicht dem Schock einer abgewiesenen ersten(?) Liebe aussetzen. Sie und ihr Bruder Gaius hatten in den letzten Monaten unter seinem und Rufus‘ Training immense Fortschritte gemacht. Die Zwillinge waren gute Schützen, sehr Fit und taktisch klug. Kurz vor dem „Finale“ wollte Hans nicht das Risiko eingehen, dass Vibia unkonzentriert und eventuell bockig unter Herzschmerz vorging.
Das in den nächsten Wochen bis Monaten eine Entscheidung anstand, da war er sich sicher. Er hatte vor zwei Wochen eine Nachricht zugespielt bekommen, wo er um mehr „Geduld“ gebeten wurde. Eine Abholaktion aus feindlichem Gebiet hätte mehr Informationen und Anweisungen enthalten. Und der IND holte seine Agenten immer aus feindlichem Gebiet raus.
Dies konnte nur bedeuten, dass bald die Rückeroberung von Regulus oder anderen Planeten anstand. Und Hans lag es am Herzen, dass er sein kleines Team rund um Rufus, Vibia und Gaius bis dahin und darüber hinaus am Leben erhielt. Die drei Widerstandskämpfer waren seine einzigen Freunde und Bezugspersonen hier auf Regulus.
Aber er hatte keinem, nicht mal dem Tribun gesagt, dass es bald losgehen könnte. Die Gefahr eines Maulwurfs war zu groß und er hatte hier auf Regulus schon genug Scheiße gebaut.


FLORIAN

07. Oktober 2513
Raumstation Liminality, Lagrange-1 Punkt von Rasal

Sara ging durch die Flure der Raumstation, als sie ein vertraute Stimme von Hinten hörte.
„Hey Sara!“
Sie drehte sich um und sah Alida, die mit ihrem Ehemann Levi und ihren beiden Kindern auf sie zukam.
Jondus, der stumm neben Sara gegangen war, drehte sich auch kurz um und verbeuge sich. „Ich gehe schon voraus.“ Mit den Worten war er schnellen Schrittes im nächsten Gang verschwunden.
Alida kam neben Sara zu stehen. „Er scheint immer noch Schuldgefühle zu haben.“
Sara schaute in die Richtung des Ganges, in der Jondus verschwunden war. „Es waren meine Befehle.“
Alida umarmte ihre beiden Kinder, die rechts und links neben ihr standen. „Die Kinder waren ein paar Tage von Ihren Eltern entfernt, nichts großartiges, eher wie ein Ausflug. Außerdem hat er die Kinder bis zum Schluss verteidigt, selbst gegen unsere eigenen Truppen.“ Sie umarmte nun Sara. „Die kleinen machen Ihm keinen Vorwurf, im Gegenteil, sie wollen wieder mal mit Ihm spielen und trainieren.“
Sara antwortete ausweichend. „Ich rede mit Jondus.“ Ihre Stimme wurde wieder fröhlicher. „Aber mich verwundert es, dass ich euch hier treffe. Ich hätte eigentlich gedacht, dass Ihr euch auf der Erde niederlasst.“
Alida lachte kurz und zeigte auf ihren Ehemann. „Levi hatte Heimweh.“
„Glaub Ihr kein Wort Sara, es war Alida selbst, die herkommen wollte.“
Alida ging in die Hocke vor Saras Bauch und legte ihren Kopf dagegen. „Welcher Monat?“
Sara schaute runter und antwortete. „Sechster, der Bauch zeigt sich langsam.“
„Solltest du denn überhaupt die Strapazen eines planetaren Startes und einer Landung auf dich nehmen?“
„Die Ärzte hatten ihr OK gegeben und ich muss schon sagen, die Starts und Landungen der terranischen Schiffe sind schon von einer anderen Klasse, als das Schiff, das wir selber zusammengeschustert hatten. Außerdem hat mich Großadmiral Florian Kabers hergebeten.“
Alida reckte die Faust in die Höhe. „Dann muss ich mal ein ernstes Wörtchen mit meinem Onkel reden müssen.“
„Ihr bleibt also länger?“
„Natürlich! Die Erde ist auf Dauer langweilig.“
„Und der politische Irrsinn ist schlimmer als in Preussen.“ Warf Levi ein.
Alida ermutigte ihre beiden Kinder Saras Bauch zu streicheln. „Wir werden auf jeden Fall bis zur Geburt und hinaus dir zur Seite stehen.“
*Also bleibt weiterhin ein Kabers an meiner Seite, während der Großadmiral unterwegs ist. Danke fürs Vertrauen.* Sara streichelte die Köpfe der beiden Kinder und lächelte Alida an. „Wenn ihr mich die ganze Zeit ertragen wollt, dann seid ihr herzlich Willkommen.“
„Ich habe nichts anderes erwartet. Lass uns zum OPZ gehen, die „Sol“ sollte bald eintreffen.“
„Euer wichtiges Schiff?“ Sara hatte bisher nur vage Äußerungen darüber gehört.
„Es ist DAS wichtigste Schiff dieses Krieges.

Im Weltraum vor der Raumstation „Liminality“ hatte sich eine Armada von Schiffen angesammelt. 50 Kreuzer, acht Schlachtschiffe und drei Träger zogen ihre Bahnen im Sicherheitsabstand um die Station. Mehrere hundert Zerstörer und Fregattentypen standen in einem anderen Bereich des Sektors bereit. Sie zählten aber nicht zu der Angriffsflotte, da sie zum Teil keinen Sprungantrieb hatten und das Oberkommando noch nicht preisgeben wollte, dass auch einige Zerstörertypen Sprungantriebe besaßen.
Diese Armada war ca. die halbe Schlagkraft der Unionstruppen, ein Schatten der glorreichen Vergangenheit, als die TU Abertausende Zerstörer und Fregatten, über 500 Kreuzer, 65 Schlachtschiffe und 30 Träger ins Feld führte. Das waren die Zeiten als Florian und Johann frisch von der Akademie kamen und die TU den größte Ausdehnung vor dem Krieg gegen den Rat hatte. Fast 50 Jahre ist das her. 90% der Schiffsbesatzung kennt nur den Kriegszustand gegen den Rat und Rückzug nach Rückzug. Ein System nach dem anderen fiel an den Rat, die paar Dutzend strategischen Siege und Ausfallangriffe hatten nichts an der Situation geändert.
Am Ende konnte man nur noch das Sol-System militärisch halten. Das große Sternenreich der TU war nicht mehr.

All diese Verzweiflung und Sehnsucht an alte glorreiche Tage manifestierte sich in den Flottentender „Sol“. Das Schiff sollte es richten, den Rat zurückdrängen, alte Kernwelten und Kolonien wieder zurückerobern. Sie sollte das Unmögliche möglich machen: den Krieg gegen den Rat gewinnen.

Die Ankunft der „Sol“ war alles andere als unübersehbar und unmessbar. Als der riesige Flottentender im System materialisierte schlugen alle Massetaster und Überwachungssysteme aus.
Das Bild aus dem OPZ der Raumstation Liminality war auf einen leeren Sektor des Systems gerichtet. Und als die „Sol“ voll ins Bild gesprungen kam, zuckten viele der politischen Gäste vom Planeten reflexartig zurück, darunter auch Sara.
Mehrere hundert Schiffe im Sektor schossen daraufhin Signalraketen in den Weltraum, um die Ankunft des Schiffes zu zelebrieren. Die Soldaten und Offiziere im OPZ klatschten begeistert.
Sara schaute zu Alida rüber, die mit zufriedenem Gesicht das Schiff anstarrte. *Wenn ich eingeschüchtert und überrascht werden sollte, dann bin ich es.* dachte sich Sara.

Zwei Stunden später setzte Florian Kabers zur „Sol“ rüber und übernahm das Kommando des Schiffes.
„ADMIRAL AN DECK!“ Ein Offizier, der in der Nähe der Eingangstüren stand kündigte Florian an.
Alle Männer und Frauen des Operationszentrums standen blitzschnell stocksteif, drehten sich zu Florian und salutierten.
Florian salutierte einmal. „Rührt euch.“ Als er durch das riesige OPZ schritt, konnte er seine Bewunderung nicht verbergen. Das Schiff war der Gipfel der derzeitigen Schiffsbautechnologie und er war stolz auf die Wissenschaftler, Ingenieure und Werftarbeiter, die dies ermöglicht hatten.
Großadmiral Manuelle Smith salutierte noch einmal kurz, als Florian vor ihr zu stehen kam. „Willkommen auf der „Sol“ Großadmiral Kabers.“
Florian drehte sich noch einmal um die Achse, um das OPZ zu bestaunen. „Das letzte Mal als ich hier stand, war der halbe Raum noch ein nacktes Gerippe.“ Er gab der Frau, die als einzige den gleichen militärischen Rang wie er hatte, die Hand. „Es tut mir Leid, dass ich Ihnen dieses Baby wegnehmen muss.“ Es waren ehrliche Worte. Kein Admiral würde das Kommando dieses Schiffes ausschlagen.
Die Frau schüttelte den Kopf. „Halb so schlimm, ich wusste von Anfang an, dass ich dieses Schiff nur in die Schlacht führen würde, wenn unser Sonnensystem selbst angegriffen wird.“ Sie stellte sich näher an Florian ran und flüsterte ihm ins Ohr. „Wenn du das Schiff behalten willst, dann bleibt dir nichts anderes übrig als den Krieg zu gewinnen. Ich werde nämlich das Kommando wieder übernehmen, wenn Ihr euch im Sol System verkriechen wollt.“
Beide lachten darauf kurz herzhaft. Aber Manuelle sprach die Wahrheit. Sie war die „Bastion Sols“, sie befehligte die letzte Verteidigungslinie der TU. Und wenn es zum Kampf im Solsystem kommen würde, hatte Sie das Recht jedes beliebige Schiff der Flotte als Flaggschiff zu deklarieren und Befehl über dieses Schiff zu Übernehmen.
Nachdem die beiden noch kurz Small-Talk betrieben hatten, salutierte Großadmiral Smith und übergab offiziell das Kommando an Florian. Sie stellte sich vor dem Drideo-Bildschirm und sprach zur KI. „Sol, übertrage die Befehlsgewalt des Schiffes von Großadmiral Smith, an Großadmiral Kabers.“
Die Kopie der Bauer-KI, die auf dem Schiff integriert worden war, war offiziell wie das Schiff getauft worden. "Bitte warten für Identifikationsscan.“ Drei Sekunden lang wurden beide Großadmiräle von der KI gescannt und mit den internen Daten abgeglichen. „Scan erfolgreich und Personen einwandfrei identifiziert. Großadmiral Florian Kabers hat nun die Befehlsgewalt über die „Sol“. Willkommen an Bord Großadmiral.“
Florian schüttelte der Frau nochmal die Hand. „Du wirst mit der Bismarck ins Sol System zurückkehren?“
„Ja, hätte nie geträumt, dass ich mal den Befehl über ein Schlachtschiff übernehmen würde, das Bismarck getauft wurde. Ich dürfte der erste Admiral sein, der eine Bismarck befehligt und nicht Kabers heißt.“
„Ja, das kommt hin. Haben schon ein paar Puristen einen hochroten Kopf bekommen, weil die Bismarck nicht mehr das Flaggschiff der gesamten Flotte war.“ In der über 400-jährigen Geschichte der TU war es Brauch, dass das Flaggschiff der Flotte ein Schlachtschiff mit dem Namen Bismarck war. Die Kapitäne der Schiffe waren immer hochdekorierte Admiräle aus dem Haus Kabers gewesen, die meiste Zeit sogar das jeweilige Oberhaupt des Hauses. Mit der Einsatzfähigkeit der „Sol“ wurde dieser Brauch über den Haufen geschmissen und die „Sol“ als Flaggschiff deklariert. Es war ja nicht so, dass es irgendwo ein Gesetz gab, das dies festlegte.

Als die „Bastion Sols“ aus dem OPZ war, begann Florian mit den Startvorbereitungen. „Kommunikation mit der Flotte herstellen!“
„Komm steht!“ Der Kommunikationsoffizier grinste über beide Ohren, endlich würde es losgehen. Alle im OPZ, meist Veteranen aus dutzenden Schlachten, waren nervös und Erwartungsvoll wie bei ihrem ersten Flug.
„Hier ist Großadmiral Kabers, ich habe offiziell die Führung der „Sol“ übernommen. Es ist mir eine Ehre dieses Wunderwerk terranischer Technologie zu befehligen. Dieser Krieg läuft jetzt schon so lange, dass die meisten von euch noch nicht mal geboren waren, als uns der Krieg vom Rat erklärt worden war. Ich war zu dem Zeitpunkt auch erst frisch von der Akademie gekommen und war wie Johann noch grün hinter den Ohren.“ Leiser sprach er. „Aber sagt ihm das nicht, er war natürlich immer perfekt.“
Zehntausende Soldaten schmunzelten und kicherten leise. Fast keiner zweifelte an den Qualitäten des Herrschers der TU, er hatte immerhin nach der Abdankung seines Vaters, die TU durch diesen Krieg geleitet und es ist zum Teil auch ihm zu verdanken, dass sie nicht zerbrochen war.
„Ich habe unsere Union in ihrer vollen Pracht erlebt. Und ich kann hier und heute behaupten, dass ich diese Pracht in meiner Lebenszeit auch wieder erleben werde! Wir werden nicht ruhen, bis jeder besetzte Planet wieder befreit wurde! Bis die Ratstruppen in ihre Schranken verwiesen wurden! Bis wir diesen endlos langen Krieg gewonnen haben! Wir werden nicht mehr weichen! Die Zeit ist reif für die Gegenoffensive!!“
Die 15.000 Männer und Frauen auf der „Sol“ brachen in Jubel aus. Genau wie die fast 60.000 Menschen auf den restlichen Schiffen.
Florian wartete, bis der Jubel allmählich abbrach. „An Alle Schiffe! Sprungformation einnehmen. Alle Teams wurden eingeteilt, ihr kennt die Koordinaten und den Sprungzeitpunkt.“
Im OPZ auf der „Sol“ und auf den anderen Schiffen wurde es nun hektisch. Ein Schiff nach dem anderen meldete Sprungbereitschaft. Im OPZ liefen die Statusmeldungen der „Sol“ zusammen.
„Alle Generatoren auf Sprunglast! Energielevel bei 98%.“
„Schilde auf Maximum.“
„Waffen und Zielsysteme bereit!“
„Sensoren bereit!“
Die KI vermeldete die finale Bereitschaft. „Alle Bereiche des Schiffes haben Sprungbereitschaft verkündet. Meine internen Sensoren melden keine Fehler oder Unregelmäßigkeiten.“
Florian konnte seine Erregung und Nervosität erfolgreich unterdrücken und erklärte im neutralen, beherrschenden Tonfall. „Wir sind kampfbereit, bring uns nach Regulus.“

Die „Sol“ sprang Sekunden später aus dem System und wurde in einem Bereich von 30-120 Sekunden vom Rest der Flotte begleitet.


Band 23: "We Didn't Start the Fire"
10.10.2012 17:36 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 23
Kapitel 2


FLORIAN

07. Oktober 2513
Sonnensystem Regulus
Die „Sol“ kam in der Nähe der Raumverwaltung von Regulus II raus.
Die KI bestätigte die „Landung“. „Wir sind im Regulus-System am korrekten Sprungpunkt rausgekommen, die Fehlermarge beträgt 0,045%.“
„Die Waffen auf die Raumverwaltungsstation „Venetia“, der Abfangjägerstation „Dender3“ die Raumüberwachungssatelliten und den automatischen Laserfestungen richten.“
„Alle Ziele erfasst.“
„Feuer!“
Eine Station nach der anderen wurde durch konzentriertes Laserfeuer und Torpedoeinschlägen vernichtet. Die meisten Beamten und Soldaten der Stationen waren tot, bevor sie überhaupt von dem Angriff überrascht werden konnten.
Die KI koordinierte die Feuerleitzentralen und die Zielauswahl. „Die Sektorverteidigung ist auf uns aufmerksam geworden. Ich zähle acht gestartete Jäger- und drei Bomberstaffeln. Vier Kreuzer, zwölf Zerstörer und 25 Fregatten.“
„Wir lassen alle unsere Schiffe vorerst im Hangar. Die Flotte ist keine Gefahr für die „Sol“ allein, wir werden uns mit den Schiffswaffen gegen die Flotte verteidigen.“

Im Raum vor dem Sternentor von Regulus.
Kapitän Nguyen sprang mit der „Seine“ und vier weiteren Kreuzern unter seinem Kommando zum einzigen normalen Ein- und Ausgang des Systems: dem Sternentor.
„Sensorik, irgendwelche militärischen Schiffe in der Nähe?“
„Bekommen gerade neueste Daten von der „Sol“ und den anderen Schiffen rein, bitte kurz warten.“ Nach zehn Sekunden waren alle Daten im Computer mit der eigenen Sensorik abgeglichen. „Keine militärischen Schiffe in der Nähe! Die Raumjägerbasis in 15 Minuten Entfernung hat schon beide Staffeln in Richtung Regulus II geschickt. In der Nähe des Tores gibt es nur fünf Frachter und drei Passagiertransporter.“
„Schade. Ok Leute, stellt mir eine Verbindung zu den zivilen Schiffen her.“
„Verbindung steht.“
„An alle zivilen Schiffe in der Nähe des Sternentores, Sie haben das Vergnügen mit Kapitän Nguyen, von eurem Lieblingsnachbarn, der Terranischen Union zu tun zu haben. Dies ist eine militärische Aktion der TU, wir haben kein Verlangen das Feuer auf zivile Schiffe zu eröffnen, außer wir werden dazu gezwungen. Eine solche Sache könnte sein, dass Sie weiterhin den Kurs auf das Sternentor nehmen. Wir können zu dieser Zeit keine Informationen durchlassen. Wir weisen Ihnen eine Parkposition zu, die Sie einige Tage halten müssen. Sollten Sie Nahrung, Wasser oder medizinische Versorgung benötigen, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.“ Kapitän Nguyen gab dem Kommunikationsoffizier ein Zeichen die Verbindung zu trennen.
Gerade als er sich in seinen Sessel setzen wollte, bekam er eine Meldung von der Sensorik. „Achtung! Wir haben ein weiteres Schiff kurz vor dem Ereignishorizont des Sternentores entdeckt.“
Der Kapitän schaute ärgerlich in die Richtung des Offiziers. „Wieso haben Sie das nicht vorher bemerkt.“
„Tut mir Leid Kapitän, so dicht vor dem Tor ist es schwierig kleinere Schiffe schnell zu erkennen.“ Der Mann wollte noch hinzufügen, dass sie froh sein konnten, dass sie das Schiff überhaupt gefunden hatten, aber das hörte sich für ihn zu sehr als Ausreden an.
„Macht das Schiff Anzeichen unseren Forderungen nachzukommen?“
„Negativ, es hätte auch keinen Sinn. Das Schiff ist weniger als zwei Minuten vom Ereignishorizont entfernt, es hat zu viel Antriebskraft um noch zu bremsen und/oder zu drehen. Das Schiff wird auf jeden Fall durchs Tor fliegen.“
„Scheiße. Bleibt uns nichts anderes übrig. Waffen auf den Frachter richten! Genug Feuerkraft aufwenden um die meisten Teile zu vaporisieren.“ Es war zwar unwahrscheinlich, dass Wrackteile im Zwischenraum des Sternentorsystems auf Kurs bleiben um im Zielsystem rauszukommen, aber Kapitän Nguyen wollte kein Risiko eingehen.
„Waffen bereit.“
„Feuer!“
Das Schiff wurde daraufhin komplett vernichtet.
*Schöner Start in die Kampagne.* dachte sich Kapitän Nguyen. *Und dann auch noch ein Frachter von einem neutralen Volk.* Er drehte sich vom Drideo-Schirm weg und wandte sich an den Kommunikationsoffizier. „Kommunikation, setzen Sie einen Bericht an die „Sol“ ab und geben sie ihnen die Erkennungsnummer und den Schiffsnamen. Danach kontaktieren Sie die zivilen Frachter hier und erklären auch denen die Situation, aber mehr martialischer. Es darf kein Zweifel aufkommen, dass wir zu allem bereit sind, wenn unsere „Bitten“ nicht beachtet werden.“
Er zweifelte zwar daran, dass der „Zwischenfall“ persönliche Konsequenzen für ihn hatte, er hatte explizit den Befehl bekommen kein Schiff durch das Tor zu lassen, ob nun militärisch oder Zivil, aber es nagte doch an seiner Kriegerseele.

Vibia, Gaius, Hans und Rufus waren gerade auf dem Rückweg von einer Beobachtungsmission und knapp fünf Minuten vom Lager entfernt, als der planetenweite Alarm von der Kollaborationsregierung ausgerufen wurde.
Im gleichen Augenblick gingen auf Rufus‘ und Hans‘ Datenpads Priorität-1-Nachrichten ein, beim einen von Tribun Titus, beim anderen vom IND.
Rufus setzte zum Laufschritt an und die drei anderen folgten ihm. „Wir werden uns im Lager mit Waffen ausstatten und zu unserem Einsatzziel fahren – falls wir noch einen fahrbaren Untersatz abkriegen.“ Zu Hans, der neben ihm herlief gewandt, fragte er. „Was ist mit Ihren Befehlen, Fähnrich?“ Es kam nicht oft vor, dass Rufus die formelle Anrede bei Hans nutzte.
„Mach dir um mich keine Sorgen, ich habe nur Infos gekriegt, ich stehe die Sache mit euch zusammen durch.“
Rufus grinste sein typisches Grinsen als Bestätigung. Im Lager angekommen, zog er aber erst mal die Zwillinge zu sich ran. „Ihr macht genau das was ich sage, keine Widerrede, keine Zweifel. Ihr konzentriert euch auf eure Ausbildung und eure Instinkte.“
Die beiden nickten stumm.
„Sterbt mir nicht auf den letzten Metern, Ihr wollt eure Familie wiedersehen oder?“ Und wieder das Grinsen.
Im Waffenlager rüstete sich die kleine Gruppe mit den restlichen Handfeuerwaffen, Detonationsbomben und Rauchgranaten aus, aber die wenigen verfügbaren Fahrzeuge waren schon weg. Es war ja nicht so, dass der Widerstand es sich leisten hätte können einen ganzen Fuhrpark hier hinzustellen.
Die Gruppe bog in die rechte Straße vor dem Lager ein und suchte nach einem passenden Gefährt, das sie nutzen konnten. An diesem Nachmittag, der relativ Wolkenfrei war, konnte man gut den Himmel beobachten. Und dies Taten auch viele Bewohner Nova-Romas. Manche starrten einfach nur in den Himmel und beobachteten die fallenden Trümmerstücke der geostationären Verteidigungsanlagen. Viele konnten sich noch an die Invasion vor sechs Jahren erinnern. Wenige dachten zu diesem Zeitpunkt daran sich in Sicherheit zu bringen.
Rufus zeigte auf einen Kleintransporter der an der Straßenseite stand, der wahrscheinliche Fahrer vor der Tür daneben. Er lief zum Fahrer hin. „Im Namen des Widerstands konfiszieren wir das Fahrzeug.“
Der Fahrer schaute ihn entgeistert an, antwortete ihm aber nicht.
Rufus zog seine Waffe. „Bitte.“

Äußerer Orbit von Regulus II, Flaggschiff „Sol“
Innerhalb der ersten halben Stunde konnte die halbe Sektorverteidigung des Rates vernichtet werden, die unterbesetzte Flotte des Sektors hatte der Schlagkraft und dem Überraschungsmoment nichts entgegenzusetzen.
„Wir werden vom Kreuzer „Huusnar“ kontaktiert.“
„Stellen Sie durch.“
Das Drideo-Bild zeigte einen männlichen Außerirdischen des Tungaren-Volkes. „Sie müssen Großadmiral Kabers sein.“
„Korrekt.“ Florian legte nicht viel Wert auf diplomatische Floskeln. Er ließ den Außerirdischen spüren, dass der Rat hier keine Verhandlungsoptionen hatte.
„Ich mach es kurz, nachdem Sie die Venetia vernichtet hatten, bin ich der ranghöchste Offizier des Rates hier im Sektor. Ich biete Ihnen die bedingungslose Kapitulation der vorhandenen Ratsflotte an.“
„Schließt das die planetare Regierung mit ein?“
Der Außerirdische überlegte was er antworten sollte. „Die Sektorverteidigung hat keine Befehlsgewalt über die zivile Regierung des Planeten.“
„Sie sagten Bedingungslos!“ Florian spielte den verärgerten Verhandlungspartner.
„Das gilt für die Flotte. Aber unter uns Großadmiral, die Regierungsmitglieder haben berechtigte Angst vor Lynchmobs und vor der Gefangennahme.“
„Sie haben diese Regierung eingesetzt, Sie sind dafür verantwortlich. Außerdem sind noch Ratstruppen auf dem Planeten. Ich muss feststellen, dass Sie kein wirkliches Interesse an einer Kapitulation haben.“
„Wie schon gesagt Großadmiral, es liegt nicht an---“
Florian drehte sich vom Bildschirm weg und schaute zur Feuerleitzentrale. „Alle Langstreckengeschütze auf die „Huusnar“ richten.“
Der Tungare war geschockt. „Das können sie doch nicht---“
Florian drehte sich wieder ins Bild. „Feuer!“
Die Schilde der „Huusnar“ hielten den konzentrierten Beschuss von einem Dutzend Schiffen aus Florians Flotte keine Minute durch und der Kreuzer wurde vernichtet.

In der Nähe des Sternentores.
„Sternentor wird aktiv! Wir kriegen Besuch.“
Kapitän Nguyen stand von seinem Sessel auf. „Alle Schiffe feuerbereit halten.“
Es dauerte fast eine Minute bis sich ein Schiff aus dem Sternentor schälte, die Sensorik arbeitete schnell und gewissenhaft an der korrekten Identifizierung. „Es ist ein Zerstörer des Rates.“
„Waffen noch nicht feuern. Welches Rassendesign Sensorik?“
„Ganz klar Tungaren, Kapitän.“
„Ok die stehen nicht auf der Liste. Alle Schiffe Feuer eröffnen.“
Der Zerstörer hatte der Feuerkraft von fünf Kreuzern nichts entgegenzusetzen. Wahrscheinlich wusste die Mannschaft nicht mal, wer sie getroffen hatte, da die Sensoren 30-120 Sekunden nach einer Sternentordurchfahrt außer Gefacht waren. Ein taktischer Nachteil, der bei der Sprungtechnologie nicht auftrat.
„Zwei weitere Zerstörer sind gerade durchs Tor gekommen. Wieder Tungaren-Design.“
„Feuer eröffnen, aber Sprungantriebe bereithalten. Es könnte sein, dass wir auf eine größere Flotte des Rates gestoßen sind. Wenn wir nicht schnell genug die neu ankommenden Schiffe kampfunfähig schießen können, dann springen wir aus dem System.“ Die TU war in dieser Phase des Krieges der Ratsflotte zahlenmäßig weit unterlegen. Die Sprungantriebstechnologie könnte das Blatt wenden, wenn man sich nicht an großen Schlachten aufrieb. Die Stärke des Antriebs war die überragende Mobilität. Wenn man also auf stärkere Gegner traf, konnte man sich zurückziehen, sofern die Sprungantriebe bereit waren. „KI, hast du die Situation mitbekommen?“
„Ja Kapitän, ich habe Zugang zu allen internen Kommunikationskanälen der Flotte. Sie können wich Sol nennen.“
Einige Kapitäne und Schiffsmannschaften waren paranoid, verärgert oder hatten sonstige Zweifel am Einsatz der Künstlichen Intelligenz auf dem Flaggschiff, getrieben durch 600 Jahre fiktiver Horrorszenarien aus Buch, Film und Drideo. Kapitän Nguyen gehörte nicht dazu, er sah den immensen Vorteil an der Technologie. Und solange das Ding nicht sein direkter Vorgesetzter wäre und Befehle erteilt, anstatt weiterleitet, würde er keinen unnützen Gedanken daran verschwenden.

Tungarischer Kreuzer „Naasqwat“
Kapitän Lak befehligte eine kleine Flottille. Er war vorher in Deneb stationiert gewesen und sollte heute routinemäßig eine Flottille aus Regulus ablösen. Die drei Zerstörer waren schon in Regulus angekommen und sein Kreuzer kam nun auch im System an.
„Die Schilde werden belastet Kapitän!“ Das Schiff war gerademal fünf Sekunden aus dem Sternentor raus.
Kapitän Lak hatte ein ungutes Gefühl. „Ursache?“
„Keine Schiffsfehlfunktionen, die Schilde werden punktuell belastet, wir werden beschossen!“
„Alle auf Kampfstationen! Wie lange brauchen die Sensoren?“
„Mindestens 45 Sekunden noch.“
„Verdammt, Kommunikation, können Sie mir die Zerstörer geben? Die müssen unsere Augen sein und uns Zielkoordinaten durchgeben.“
„Wir versuchen es schon, aber wir kriegen keine Antwort.“
Der Kreuzerkapitän konnte sich vorstellen warum die Schiffe nicht antworteten, es dürfte genug Feuerkraft auf der Gegenseite vorhanden sein, um die Zerstörer schnell zu zerstören. „Wie sieht es mit unseren Schilden aus?“
„87%. Sollen wir zurückfeuern?“
„Wohin denn? Unsere Sensoren sind noch nicht bereit und es ist unwahrscheinlich, dass wir den Gegner blind treffen, wir machen uns nur zum Affen. Dagegen hätte ich nicht mal was, aber wir könnten auch Rettungskapseln unserer eigenen Leute treffen.“ *Falls sie überlebt haben* dachte er sich.
„Sensoren bereit!“
„Den nächstbesten Gegner anvisieren und aus allen Rohren feuern.“ Jetzt konnte er das Ausmaß der Situation überblicken. Von den Zerstörern waren, wie erwartet, nicht mehr als treibende Wracks übriggeblieben. Fünf Unionskreuzer nahmen sein Schiff in die Mangel. Drei davon waren von der betagten „Fluss“ Klasse, aber zwei Schiffe waren von der nagelneuen „Zentaurus“ Klasse. Ein „Zentaurus“-Kreuzer alleine, wäre schon ein harter Brocken für sein Schiff gewesen und wenn der gegnerische Kapitän kein Idiot wäre, würde Kapitän Lak einen 1vs1 gegen einen Zentaurus wahrscheinlich verlieren. Er musste sich eingestehen, dass er keine Chance hatte. „Wie sieht die Situation bei der Sektorverteidigung aus?“
„Unsere Langstreckensensoren erfassen eine komplette Flotte der Union. Der Gesamte Lagrange-1 und -2 Punkt, sowie der Orbit um Regulus II ist mit Trümmern übersäht. Wir bekommen nur noch vier freundliche Schiffssignale rein.“ Der Sensoroffizier schrie überrascht auf. „Wir bekommen eine massive Schiffssignatur auf den Bildschirm. So etwas hab ich bisher noch nie gesehen.“
Der Offizier leitete das Bild auf den Hauptbildschirm, die Brückenmannschaft stöhnte hörbar.
Kapitän Lak musste sich zusammenreißen. „Status der Schilde?“
„65%“
Status der gegnerischen Schilde?“ Er hatte vorgehabt, wenigstens einen Kreuzer zu zerstören oder schwer zu beschädigen.
„Keine merkbaren Fluktuationen, ich würde 80-90% schätzen.“
Kapitän Lak würde die Unionsschilde nicht durchbrechen können, da war er sich nun sicher. Selbst wenn die Schilde auf 40-50% fallen würden, dann könnte sich das Schiff zurückziehen, ein anderer Kreuzer könnte sich in die Schussbahn stellen, oder das Schiff könnte einfach wegspringen. Dass die Schiffe mit der Sprungtechnologie herkamen, daran gab es keinen Zweifel, Regulus war nicht direkt mit dem Erdsektor verbunden und es wurde sicherlich keine Unionsflotte im Ratsgebiet durch Sternentore fliegen gesehen. „Wir müssen die kriegswichtigen Informationen, die wir hier gelernt haben, in Sicherheit bringen. Wendet das Schiff und nehmt Kurs auf das Sternentor.“
„Kapitän, es ist unwahrscheinlich, dass die Schilde solange durchhalten.“
„Sie müssen es aber, leitet alle verfügbare Energie auf die Schilde, schaltet die Waffen ab, evakuiert die Besatzung aus nichtessentiellen Bereichen des Schiffes und schaltet die Lebenserhaltung dort ab. Wir MÜSSEN es schaffen!“
Die Unionsschiffe feuerten unaufhaltsam und die Schildstärke nahm immer weiter ab. Selbst wenn die Schilde ausfielen, konnte der Kreuzer noch etliche Schüsse aushalten, vor 300-400 Jahren hatte man auch ohne Schilde Raumkämpfe bestritten.
Der Ratskapitän hatte ein gutes Gefühl, er könnte es schaffen. Aber als er drei weitere Kreuzer aus dem nichts auftauchen sah und das Feuer auf ihn eröffneten, fühlte er sich betrogen.
Der Kreuzer „Naasqwat“ schaffte es nicht, den Ereignishorizont des Sternentores zu erreichen und wurde vernichtet.

Flaggschiff „Sol“
„Kapitän Nguyen vermeldet die Zerstörung des tungarischen Kreuzers.“
Für Florian war das Auftauchen des Flottillenverbands eine kleine Schrecksekunde, nicht nur weil der Kreuzer fast entkommen wäre, sondern weil es im Umkehrschluss bedeutete, dass in naher Zukunft die Flottille vermisst werden würde, die hier im System abgelöst werden sollte. „Gute Arbeit, sage dem Kapitän, er solle weiter die Augen offenhalten.“
„Verstanden Großadmiral. Eine Anmerkung noch, der Bereich um das Sternentor herum ist mit Wracks und Trümmern belegt. Von weiteren Kämpfen sollte abgesehen werden, ansonsten würde es Tage bis Wochen dauern, bis ein sicheres Durchqueren des Sternentores wieder möglich wäre.“
„Ich bin mir sicher, dass der gute Kapitän daran denkt, Sol.“ Die KI hatte aber natürlich Recht. Wenn die TU später Regulus versorgen und Rohstoffe aus dem System beziehen möchte (sofern die Route frei war, aber daran arbeitete man ja gerade), dann mussten erst die Wracks am Tor beseitigt werden. Frachter und Ziviltransporter hatten keine Schilde und es war quasi Selbstmord durch so ein Trümmerfeld zu fliegen. Aber Kapitän Nguyen konnte schlecht den Gegner bitten mehr Abstand zum Tor zu nehmen um dort abgeschlachtet zu werden.
„Neue Infos von Kapitän Nguyen, ein Frachter ist grad aus dem Tor gekommen. Der Frachter hält sich aber an die Anweisungen.“
Großadmiral Kabers schüttelte mit dem Kopf. „Wir haben uns ausgerechnet die belebteste Zeit ausgesucht.“
Nachdem die letzte Verteidigungsstation und das letzte Schiff vernichtet worden war, sprangen die Landungsschiffe ins System und bereiteten die planetare Landung vor.

Nova-Roma, Kontrollraum für Flakbatterie 37
Der Dienstälteste Leutnant gab den Befehl die Luftverteidigungsbatterie auszufahren. Die restlichen vier Männer im Raum schauten ihn verzweifelt an.
Ein Unteroffizier sprach den anderen Soldaten aus der Seele. „Leutnant, wir müssen das nicht tun. Die halbe Stadt ist im Chaos und die Regierung wird nicht mehr lange aushalten. Und so wie ich die meisten korrupten Politiker kenne, die vom Rat eingesetzt wurden, haben die schon lange Reißaus genommen und sich abgesetzt.“
„Wir haben unsere Pflichten Soldat!“
„Das ist Wahnsinn! Wenn der Widerstand oder die normale Bevölkerung uns in die Finger kriegt, dann lynchen die uns! Ich kenn einen der einen kennt, der mit dem Widerstand im Kontakt steht, wir könnten uns ergeben.“
„Niemals.“
Bevor der Unteroffizier antworten konnte, stürmte sein Kollege auf den Leutnant zu. „Für den Widerstand!!“ Der Stabsunteroffizier stürzte sich auf seinen Vorgesetzten und versuchte dessen Handfeuerwaffe in die Finge zu bekommen. Die beiden Männer rangen einige Augenblicke, bis ein Schuss fiel. Der Leutnant kämpfte sich unter dem toten Körper seines Untergebenen hervor und wollte gerade die restlichen drei Soldaten nochmal an ihre Pflicht erinnern, als diese schon aus den Raum stürmten. Er sparte es sich den Soldaten nachzusetzen. Es war wahrlich ein schlechter Tag, um ein loyaler Soldat zu sein.

Auf den Straßen von Nova-Roma.
Rufus erklärte seinem Team die Mission, während Hans zum Zielort fuhr. „Nach der Invasion durch den Rat vor sechs Jahren waren etliche Kontrollräume für die Flak-Batterien zerstört worden oder wurden verlegt. Von einigen dieser geheimen Kontrollräume kennen wir aber den Standort. Dahin verschlägt es uns, Flak-Kontrollraum 16. Die Mission ist: die Station entweder einzunehmen oder die Kontrollen zu zerstören.“
Wie auf ein geheimes Signal hin, fuhren die vier bis fünf Stockwerke hohen Luftverteidigungsbatterien aus ihren unterirdischen Bunkern hoch. Hans musste stark bremsen, weil 100 Meter vor ihm die Straße aufging und die massive Batterie aus dem Boden hochkam. In der ganzen Stadt und im Umland wurden mehr als fünf Dutzend solcher Flaks ausgefahren, ein Bild das man nicht oft zu sehen bekam. Und wenn man es sah, dann war man selbst und der Planet knietief in der Scheiße.
Rufus tippte dem Agenten auf die Schulter und zeigte ihm auf dem Datenpad eine Ausweichroute. „Unsere Mission ist sehr wichtig, wenn die Batterien nicht funktionsunfähig gemacht werden, dann haben unsere Invasionstruppen immense Verluste, bevor sie überhaupt einen Fuß auf den Planeten setzen.“
Sieben Minuten später war die kleine Gruppe vor dem unscheinbar aussehenden Bürogebäude, dass im Keller, fünf Etagen tiefer den Kontrollraum beherbergte.
Rufus überprüfte die Waffen der Zwillinge. „Wir werden es mit vier bis fünf Soldaten der Kollaborationsregierung zu tun haben. Loyalitäten ungewiss, aber wir können uns keine Zweifel leisten, wer jetzt noch für die Regierung kämpft hat nichts anderes verdient. Erst schießen, dann fragen lautet die Devise. Habt ihr das verstanden?“
Die Zwillinge nickten.
„Ok, dann mir nach, es ist zwar unwahrscheinlich, dass draußen Wachen stehen, aber seit auf der Hut.“
Die Drei Widerstandskämpfer und der IND-Agent stürmten die Treppen runter. Vor dem Kontrollraum angekommen, holte Hans einen seiner eigenen „Türknacker“ Haftminen raus und sprengte die Tür.
Die hier stationierten Soldaten waren nicht gerade Gefechtsfreudig und schrien gleich nacheinander los, dass Sie sich ergeben werden.
„Alle auf den Boden legen und Arme über den Kopf verschränken!“ schrie Rufus.
Hans überprüfte mit einer Gefechtskamera ob die Soldaten dem nachkamen und ob der Raum ansonsten frei war. Als er dies bestätigte, stürmte das Team den Kontrollraum.
Einer der Soldaten redete panisch daher. „Wir haben noch nicht geschossen! Bitte lasst uns am Leben, ich habe den Job gebraucht um meine Familie zu ernähren.“
„Jaja, halt still und keinem passiert was.“ Hans fesselte seinen Gefangenen und Vibia und Gaius taten dies mit den anderen Soldaten.
Rufus ging an die Bedienkontrolle und schloss sein Datenpad an. Nach zwei Minuten grinste er. „Hab es.“ Er tippte einige Befehle auf sein Pad und die Informationsgrafiken zeigten, wie die vier Batterien das Ziel wechselten. Der Kontrollraum war für vier Luftverteidigungsbatterien zuständig und Rufus hatte die volle Kontrolle dieser übernommen. „Wir müssen der Schlange den Kopf abschlagen. Die Kollaborationsregierung wird sowieso bis zum letzten Mann kämpfen.“
Die Flak-Batterien konnten auch so gedreht werden, dass sie in Bodennähe schießen konnten. Rufus setzte als Ziel das 25-stöckige Parlamentsgebäude. Er sagte leise „Feuer“ und drückte den Befehl auf seinem Datenpad. Das Gebäude fiel im Stakkatofeuer der Flak-Batterien in sich zusammen. Rufus hielt sich dort nicht lange auf und nahm die Batterien ins Visier, die von den vier eigenen beschossen werden konnten.

Kurze Zeit später sah man die ersten Landungspods vom Himmel fallen.
12.10.2012 19:31 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Lorepedia Preussen: Geschichte: „Der letzte Flug der 6. Flotte.“

21. Dezember 2512
Armada des Galaktischen Rates, Träger „Ghikle“
System MZB70085, nicht kartographiertes System mit Anschluss ans Torsystem.
Die 6. Flotte bestand aus über 500 Schiffen des Rates. Der Großteil der Flotte war mit den neuesten Schiffen und erfahrensten Besatzungen ausgestattet.
„Ihr kennt die Vorgehensweise, komplette Sensoranalyse des Systems.“ Admiral Kuntan gab den Befehl, das System nach Von-Neumann-Sonden zu scannen.
Seit der Entdeckung der Von-Neumann-Sonden wurde auf Drängen der Xenogort eine Vernichtungsflotte zusammengestellt, die aktiv nach den Sonden suchen und diese vernichten sollte. Nachdem die Expeditionsflotte Monate vorher den Beweis erbracht hatte, dass die Von-Neumann-Sonden real waren, brach die 6. Flotte auf, um sich der Gefahr zu stellen. Die Flotte hatte als erstes das System angeflogen, wo sie die Sonden zum ersten Mal gesehen hatten. Da die systemweite „Verseuchung“ durch die Sonden nicht weit fortgeschritten war, dauerte die Säuberung des Systems nur ein paar Tage. Admiral Kuntan ließ ein halbes Dutzend Fregatten und Zerstörer im System zurück um es gründlich zu durchsuchen und sicherzustellen, dass sie nichts übersehen hatten, schickte einen Kurier mit der Erfolgsmeldung zum Rat und flog dann das nächste System an.
Drei Wochen später kamen sie dann im jetzigen System „MZB70085“ an. Zwei der umliegenden Systeme waren mit den Sonden infiziert gewesen. Die Infizierung war aber nur „Stufe 1“ auf der xenogortschen Skala. Das bedeutete, dass es nur vereinzelte Sonden und kleine Stationen auf Monden oder Planeten im System gab. Und die Vernichtung der Sonden war auch kein Problem.
Admiral Kuntan ließ aber diesmal keine Schiffe in den Systemen zurück, nachdem er sich mit dem Sonderoffizier der Xenogort, Xanthor beraten hatte. „Die Verseuchung der Stufe 1 ist noch leicht einzudämmen. Die Hamykider sind an einem Ort konzentriert. Die endgültige Überwachung würde aber Jahrzehnte in Anspruch nehmen.“
Da Admiral Kuntan seine Flotte aber nicht jahrzehntelang an die Systeme binden wollte und die Schlagkraft seiner Flotte auch jedes Mal verringert werden würde, entschloss er sich, keine Schiffe in den Systemen zu belassen und später den Rat zu benachrichtigen, so dass die Systeme überwacht werden würden.

„Erste Ortungsergebnisse kommen rein. Keine Hamykider Signaturen in der Nähe. Wir können aber nur 1/3 des Raums untersuchen, da die Sonne und der Gasriese die Ortung beeinflussen.“
Das war zu erwarten und Admiral Kuntan ordnete an, weiter ins System zu fliegen um den Rest scannen zu können.
Einen halben Tag später hatte eine Fregatte eine Hamykider Signatur auf einen der ca. 50 Monden des Gasriesen entdeckt.
Admiral Kuntan schaute sich mit Xanthor die Auswertung an. „Was sagen sie dazu Xanthor?“
„Weiter fortgeschritten als die Hamykider in den letzten beiden Systemen. Das wissenschaftliche Korps hatte mit ihren Berechnungen Recht, dass dieses System höchstwahrscheinlich der Ausgangspunkt der Sonden für die anderen beiden Systeme war. Darauf basierend können wir die anderen Zielsysteme berechnen, die sicherlich auch verseucht sind. Wenn wir die Systeme dann abgesucht haben, können wir wiederum berechnen wo das Ausgangssystem für die Verseuchung des aktuellen Systems liegt.“
Admiral Kuntan war unwohl bei der Sache, dass die Flotte in immer stärker verseuchte Systeme vordringen würde. Irgendwann wäre der Punkt erreicht, wo seine Flotte nicht mehr ausreichen würde und der Rat weitere Schiffe zur Bekämpfung der Von-Neumann-Sonden bereitstellen müsste. Er hoffte, dass bis dahin der Krieg mit den Menschen beendet sein würde. Aber er musste sich erst mal auf die aktuellen realen Gegebenheiten kümmern. „Welche Verseuchungsstufe liegt vor? Schon Stufe 2?“
Der Xenogort schüttelte mit dem Kopf. „Noch nicht ganz, das System ist gerade in der Übergangsphase von Stufe 1 zu 2. Die industrielle Basis reicht gerade aus, um neue Sonden zu bauen und in weitere Systeme zu schicken.“
„Gut.“ Er wandte sich an die Kommunikation und die Ortung. „Der zweite Verband soll sich um die Hamykider-Basis auf dem verseuchten Mond kümmern, Rest der Flotte sucht nach weiteren Signalen des Feindes.“

Gerade als der zweite Verband mit der Bombardierung des Mondes begonnen hatte, bemerkte die Ortung ein weiteres Hamykider Signal.
„Massiver Energieausbruch am 17ten Mond des Gasriesen!“
Admiral Kuntan ging zur Ortungsabteilung. „Eine weitere Basis? Erst mal nichts Ungewöhnliches.“
„D-Das ist unmöglich!“ entsetzen sprach aus Xanthors Stimmlage.
Admiral Kuntan drehte sich zum Xenogort um. „Was meinen Sie Xanthor? Sie sagten selbst, dass bei einer Stufe 1 Verseuchung die Sonden auch mehrere Stützpunkte bauen könnten.“
Der Xenogort hatte sich wieder halbwegs gefasst. „Das ist es nicht was mir Sorgen bereitet.“ Er schaute sich nochmal schnell die Ortungsdaten an. „Dies sind Energiesignaturen die von einem Materietransmitter kommen. Aber dann wäre das System keine Stufe 1, sondern eine Stufe 3 Verseuchung! Aber so einen Grad der Verseuchung würde man auf Anhieb sehen.“
„Vielleicht haben die Hamykider ihren Ablauf geändert und bauen die Transmitter nun schon vorher.“
„Unwahrscheinlich, aber wir müssen uns das anschauen.“
„Das hatte ich sowieso vor.“

Eine Stunde später kam die Flotte in die Nähe des Mondes. Admiral Kuntan hatte vorher zwei Kuriere zum Sternentor geschickt und einen Bericht an den Rat verfasst. Die Schiffe würden das Sternentor in einer weiteren Stunde erreichen.
In der Zwischenzeit hatte sich die Rückseite des Mondes weiter in Blickrichtung der Flotte gedreht und die ersten Hamykider Industrieanlagen konnten klar ausgemacht werden.
„Das macht alles keinen Sinn.“ Xanthor schaute sich die übertragenen Bilder an. „Wir müssen nach diesem Fund zwar die Verseuchungsstufe auf „2“ anheben, aber es gibt ansonsten keinerlei Anzeichen, dass es eine Stufe „3“ ist. Einen Materietransmitter dürfte es nicht geben.“
Admiral Kuntan hatte den Xenogort noch nie so ratlos und Wortesuchend gesehen, aus rein militärstrategischer Sicht gefiel ihm die ganze Situation aber ganz und gar nicht. Als der Xenogort die Hamykider zum ersten Mal gesehen hatte, war er nur kurz geschockt, aber dann doch sehr selbstbewusst in seinem Auftreten, es war ein Feld, indem er und sein Volk überlegenes Wissen hatte. Aber hier trat der Xenogort so auf, als ob er vor dem größten Rätsel des gesamten Universums stand und vielleicht würde er es auch so benennen, wenn man ihn fragen würde.
Admiral Kuntan ließ die Flotte in Alarmbereitschaft gehen. „Xanthor, hat sich unsere Lage strategisch geändert?“
Dieser zögerte mit der Antwort und blickte weiter auf die Videoaufnahmen. „I-ich weiß nicht. Das Widerspricht allen---“
Admiral Kuntan packte den Xenogort mit seinen beiden kräftigen Armen und drehte Xanthor zu sich hin. Er sprach langsam. „Be-steht ei-ne Ge-fahr für die Flot-te?“ Er hatte es nicht beabsichtigt, aber er schüttelte seinen Gegenüber ein wenig.
Xanthor fasste sich wieder und kommentierte nicht den Bruch des diplomatischen Protokolls durch den Admiral. „Anhand der Daten nicht, normale Industriebasis ohne nennenswerte militärische Gefahr. Aber wie gesagt, es ist das erste Mal, dass eine Stufe 2 Verseuchung einen Materietransmitter besitzt. In den Jahrtausende Jahre alten Aufzeichnungen unseres Volkes findet sich kein---“
Der Admiral fürchtete, dass sein gegenüber wieder lethargisch werden würde und unterbrach ihn und lenkte ihn auf das Wesentliche. „Könnte es sich nur um eine Nebenbasis handeln? Auf einen der bisher ungescannten Monde könnte sich die Hauptbasis befinden.“
Der Xenogort schüttelte mit dem Kopf. „Bevor ein Materietransmitter von den Hamykidern gebaut wurde, waren längst große orbitale Stationen und mehrere Monde und Planeten befallen. Also eine Stufe 3 Verseuchung. Eine Stufe 3 Verseuchung kann man gar nicht übersehen.“
„Könnte es sich um eine Strategieänderung der Erbauer der Hamykider handeln? Oder sogar eine neue Version?“
Der Xenogort wurde noch einmal kurz blass, fasste sich aber wieder. Er schien nun die Tragweite dieser Entdeckung zu erkennen. „Admiral, drehen Sie die Flotte um und fliegen Sie uns zurück in die Kernwelten. Dass was wir hier entdeckt haben, ändert alles.“
„Inwiefern?“ Aber selbst als er die Frage schon ausgesprochen hatte, gab er dem OPZ das Kopfnicken, um die Bitte des Xenogorts Folge zu leisten.
Der Außerirdische wartete kurz, so als ob er seine Gedanken erst mal sammeln müsste. „Wir waren uns in all den tausend Jahren nie sicher, ob noch eine intelligente Spezies hinter den Hamykidern steckte, oder ob diese nach den Jahrmillionen schon ausgestorben oder transzendiert war. Es blieb immer eine Spekulation.“
„Was war mit dem Rohstofftransport durch die Materietransmitter?“
Bevor der Xenogort auf die Frage des Admirals antworten konnte, meldete sich der Kommunikationsoffizier. „Admiral, wir kriegen keinen Kontakt mit den Kurierschiffen hergestellt, wahrscheinlich blockiert das Magnetfeld des Gasriesen unsere Signale.“
Admiral Kuntan nickte dem Offizier zu. „Wir sind in 15 Minuten aus der Bahn des Gasriesen raus, sagen Sie den Kurieren dann, sie sollen am Tor auf uns warten.“
Xanthor beantworte nun die vorher gestellte Frage. „Nur weil es einen Sender gab, heißt es nicht, dass es auch einen Empfänger gibt. Entweder die Empfangsstation ist weiterhin aktiv, oder der Transmitter braucht keine Empfangsstation und die ganzen Rohstoffe landen im Zwischenraum.“ Der Xenogort fing an ein paar Schritte zur Seite und zurück zu gehen und dabei mit dem Kopf zu schütteln. „Die ganzen Jahrzehntausende hatten wir uns quasi als Kammerjäger verstanden, die lästige Infektionen beseitigten. Unbekannt und Besorgniserregend, aber doch aus militärischer Sicht eher lästig. Wenn die Überwachung auch langatmig und die militärischen Anstrengungen gegen die Hamykider immens waren, so war der militärische und strategische Ablauf doch immer routiniert und herausforderungslos. Eine höhere Macht die aktiv die Hamykider leitete war in unseren Überlegungen integriert, aber es gab nie Beweise, dass so eine Bedrohung echt war.“
„Und diese Beweise gibt es nun durch die Verhaltensänderung der Hamykider?“
Der Xenogort nickte. „Dies ändert alles.“
Admiral Kunert und Xanthor hörten die Stimme des wissenschaftlichen Offiziers, der sich bisher, als Spezialist für künstliche Intelligenzen, aus dem Gespräch rausgehalten hatte. „Aber eins macht mich stutzig.“
Der Admiral drehte sich zu seinem Offizier um. Der Wissenschaftler, der genau wie der Admiral vom Tungaren-Volk war, hatte eine so kleine Statur, die bei einem normalen Offizier in den Gefechtsdisziplinen ein Ausschlusskriterium war. Da die Tungaren ein sehr militaristisches Volk waren, hatten Disziplin, kämpferische Statur und soldatischer Kodex einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft der Tungaren. Der Admiral fand diese Sichtweise und noch weit verbreitete Diskriminierung gegen nicht perfekt in das Bild passende Mitglieder seines Volkes als archaisch und engstirnig. Besonders in der Schiffsführung und den wissenschaftlichen Disziplinen brauchte man klare Köpfe und keine Muskelpakete. Es ist schon schlimm genug, wenn sein Volk nur allzu gerne die militärische Speerspitze bei den planetaren Angriffen und Bodenkämpfen ausmachten und diese Rolle gern übernahmen. Man musste dabei jedoch nicht auch noch die eigenen Mitglieder des Volkes diskriminieren.
Deshalb schätzte er den kleinen Wissenschaftler, der trotz aller Widrigkeiten und seiner Größe, es zum Offizier auf einem Träger geschafft hatte.
Der kleine Tungare wurde von seinem Admiral und dem Xenogort stumm angeschaut und er fasste das als Einladung zur Erklärung auf. „Ich habe meine gesamte Zeit während der derzeitigen Expedition, mit der Studie der Hamykider und den alten Xenogortschen Unterlagen verbracht. Und berichtigen Sie mich wenn ich falsch liege,“ er blickte zu Xanthor, „aber keinen Hinweis auf verräterische Signale bis zur Verseuchungsstufe 2 ausgemacht. Normalerweise verhielten sich die Hamykidern bis zum Übergang zu Stufe 3 bedeckt.“ Der Wissenschaftler holte ein Pad raus, auf dem die alten Berichte der Xenogort gespeichert waren. „Wie uns die Xenogort berichteten, kannten die Hamykider zwar keine List und versteckten sich nicht aktiv, aber wenn eine militärische Präsenz im System war, dann wurden unnötige Energien abgeschaltet und eine Lauerstellung eingenommen. Die Säuberung eines Systems dauerte damals immer Jahre bis Jahrzehnte bis auch der Rest beseitigt worden war, weil die kleineren Stationen und Überreste mit einem Energiemindestmaß liefen.“
„Das ist korrekt.“ Antwortete der Xenogort.
„Wieso machte sich die Station durch den immensen Energieausbruch des Materietransmitters also auf sich aufmerksam?“

Diese Frage wurde nicht mehr aktiv beantwortet, da sich nochmal die Kommunikationsoffiziere mit einem Bericht einmischten. „Admiral, wir bekommen weiterhin keine Antwort von den Kurieren, wir müssten längst aus dem Einflussbereich des Gasriesen raus sein.“
Admiral Kuntan gab der Ortung den Befehl aktiv nach den Schiffen zu suchen. „Ortung! Finden Sie mir meine Fregatten!“ Es hätte eine ganz normale Operation werden sollen, aber heute jagte eine Unregelmäßigkeit die andere.
Nach einer halben Minute hatte die Ortungsmannschaft die ersten Ergebnisse. „Die Schiffe sind nicht auffindbar Admiral, aber im wahrscheinlichen Flugbereich befindet sich unbekanntes Material.“
Was der Ortungsoffizier ansprach aber nicht aussprechen wollte, war die Wahrscheinlichkeit, dass die Schiffe vernichtet worden und nur noch Trümmer übrig waren.
Der Admiral ging da pragmatischer an die Sache ran. „Ist es möglich, dass uns eine unbekannte Flotte durchs Tor gefolgt ist und die Kuriere vernichtet hat?“
„Theoretisch ja, aber praktisch hätte kein Verfolger die Zeit gehabt die Kuriere abzufangen, zu zerstören und dann wieder durchs Tor zu verschwinden, unsere Schiffe waren noch über eine halbe Stunde vom Tor entfernt. Wir müssten die angreifenden Schiffe orten können.“
Admiral Kuntan schloss Sabotage aus, er hatte die Schiffe heute willkürlich ausgesucht und das es auf jedem Schiff einen Saboteur geben könnte, der die Selbstzerstörung aktivierte und nicht erwischt wurde, war mehr als unwahrscheinlich. Auch die Terraner mit den Sprungantrieben schieden aus, da man hier fast 1.000 Lichtjahre von Sol entfernt war.
Bevor die Besatzungen der Schiffe dem Mysterium weiter einen Gedanken nachwerfen konnten, riss das Weltall vor ihren Augen förmlich auf.
„Was zum…“ Dies waren die ersten Gedankengänge von Admiral Kuntan, als er das Phänomen auf dem Bildschirm sah. Und die Reaktion der anderen Mannschaften auf den 500 Schiffen der 6. Flotte war nicht anders.
Vor der Armada des Rates zog sich ein Riss durch das Weltall, der bald Mondgroß wurde. Absolute Schwärze schlug ihnen entgegen. Geistesgegenwärtig gab der Admiral flottenweiten Alarm und ordnete die flotte an Sternförmig zu fliehen.
Das änderte rein gar nichts am Ausgang der Begegnung.
Admiral Kuntan musste schreien um seine Mannschaft zu beruhigen und Ordnung im OPZ zu bringen. „Alle Schiffe sollen jedes verfügbare Aufnahmegerät einschalten, jeden Sensor in den Riss richten und dabei zusehen so schnell wie möglich zum Sternentor zu kommen. Den Kurierfregatten ist der Weg freizumachen, da sie am schnellsten von allen Schiffen sind. Alles was ihr aufzeichnet sendet ihr an jedes Schiff.“
Die Mannschaften wussten nun, dass der Admiral mindestens die teilweise Zerstörung der Armada befürchtete.
Admiral Kuntan rannte zur Ortung um sich selbst ein Bild zu machen. „Haben wir Gravitations- oder Masseortungen?“
Die Hände des Ortungsoffiziers zitterten, als er die Auflistung der Funde zur Ansicht prominent ins Bild holte. „Es tauchen mehrere Gravitations- und Massequellen auf den Ortungsschirmen auf.“ Er machte eine kurze Pause und blickte in das Gesicht des Admirals. Der Ortungsoffizier diente schon über 20 Jahre unter Admiral Kuntan. „Und es werden mehr.“ Er zeigte auf die größte Gravitationsquelle. „Aufgrund der Gravitationsmessungen muss ich davon ausgehen, dass alleine dieses Schiff ca. zwanzigmal Größer ist als unsere neuesten Trägerschiffe.“
Schweiß bildete sich auf der Stirn des Admirals. Er schaute sich die Videoaufzeichnungen an, erkannte aber durch den pechschwarzen Hintergrund des Risses keine Schiffe.

Erst als eins der Schiffe einen Laser abfeuerte, konnte man die Konturen der Schiffe erkennen. Aber kein Mannschaftsmitglied der Armada des Rates hatte Zeit um die Schiffe zu studieren. Der Laserstrahl des fremden Schiffes stellte alles in den Schatten was die Männer und Frauen an Reichweite und Energieausstoß von normalen Laserwaffen kannten. Der Schuss ging mitten durch die Flotte und war im Radius fast so groß wie eine Fregatte. Mit dem ersten Schuss verlor Admiral Kuntan ca. 30 Schiffe, davon zwei Schlachtschiffe und einen Träger. Der Laserstrahl ging durch den Schild und den Rumpfplatten der Schiffe, ohne messbar an Energie zu verlieren. Einfach alles wurde vernichtet, was in der Schussbahn des Lasers war.
Aber das war nicht alles. Die Ortung machte ihn auf den Gasriesen aufmerksam. Die Flotte hatte vorher den Gasriesen umflogen, um zum Sternentor zurückzukehren und hatte diesen nun im Rücken. Der Laserschuss streifte den Gasplaneten, nachdem es durch die Flotte durch war und riss Gasmassen mit einem Volumen von mehreren Erden in den Weltraum.

Admiral Kuntan hörte nur noch beiläufig, dass eine Explosion in Sternentornähe gemessen wurde.
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Band 23
Kapitel 3


Vibia und Gaius.

Im Unterirdischen Keller des Gebäudes hatte man nicht viel von dem Lärm mitbekommen, aber als die vier die Treppe hochliefen, hörten sie schon den intensiv werdenden Schlachtenlärm.
Rufus machte langsam die Außentür auf und riskierte einen Blick nach draußen. „Besser wird es nicht. Mir nach.“ Er blickte den IND Agenten und die Geschwister an und nickte. Die drei nickten zurück, dies war das Signal um schnellstmöglich das Gebäude zu verlassen und zum nächsten Ziel zu laufen. Die Flak war sowieso nicht mehr sicher.
Die Freiheitskämpfer bogen um eine Ecke und liefen in die nächste Gasse, um sich zu orientieren und mit dem Hauptquartier in Verbindung zu setzen.
Vibia hatte nun kurz Zeit um den Himmel zu beobachten. Landungspods in allen Größen stürzten auf Nova Roma zu. Es gab von den bodengestützten Flaks nur vereinzelt Abwehrfeuer, und selbst diese wurden immer weniger, nachdem immer mehr feindliche Flaks von den Bodentruppen ausgeschaltet wurden. Vibia hatte zwar Ohrenschutz drinnen, aber das Stakkatofeuer, die Schreie der Menschen, das aufheulen der Bremsdüsen der Landungspods und die Explosionen konnte man ohne Probleme hören.
Rufus tippte ihr auf die Schulter und Vibia nahm den Blick vom Himmel. Rufus zeigte auf sein Pad. „Neue Befehle, unser vorheriges Ziel ist nicht mehr sicher zu erreichen. Wir sollen jetzt zum Polizeirevier 17 zwei Blöcke weiter und es zerstören, oder wenn möglich, einnehmen.“
Gaius runzelte mit der Stirn. „Einnehmen wird schwierig, die Polizeitruppen in Nova-Roma sind loyal zum Regime.“
Seine Schwester gab ihm einen *bist-du-dir-sicher?* Blick und drehte sich zum Stadtteil, wo gerade am heftigsten gekämpft wurde. Die Aussage war klar von ihr, wer jetzt noch am Regime festhält, ist selber schuld.
Aber Gaius schüttelte mit dem Kopf. „Das sind keine Provinzpolizisten, die gerne mal ein Auge zudrückten Vibia. Die Hauptstadtpolizisten sind bzw. waren der verlängerte Arm des Regimes. Sie haben genauso viel zu verlieren wie die Politiker.“
„Dein Bruder hat Recht, wir brauchen uns keine Hoffnungen machen, dass die Hauptstadtpolizisten sich allzu schnell freiwillig ergeben.“ stimmte Rufus ein. „Also mit dem schlimmsten rechnen und nicht mit dem Schussfinger zögern.“

Als die vier Kämpfer das Polizeirevier erreichten, sahen sie, dass es erwartungsgemäß alles andere als leicht werden würde.
Rufus klebte die Mini-Kamera an die Hausecke und rief sich das übermittelte Bild auf sein Pad. Er, Hans und die Zwillinge kauerten an der Hauswand und schauten sich die Übertragung an. Hans zählte die Gegner. „Sieben verschiedene Polizisten hinter den Barrikaden und eine unbekannte Menge im Revier selber.“ Er schaute zu Rufus. „Wie viele haben hier normalerweise Dienst?“
„Nicht mehr als zehn. Aber darauf können wir uns nicht verlassen, eventuell sind aus anderen Bereichen noch andere Polizisten hierher geflüchtet.“
„Stimmt.“ Hans zoomte weiter in das Gebäude rein. „Die scheinen nicht weg zu wollen, der Aufbau der provisorischen Barrikaden spricht für sich. Auch wenn es stümperhaft durchgeführt und am Ende doch umsonst ist.“
„Stümperhaft und umsonst oder nicht, wir haben eine Aufgabe vor uns. Jede weitere Minute in der das Regime noch an der Macht ist, ist eine weitere Minute, wo Zivilisten sterben.“
Hans hätte nicht gedacht, dass er mit seinen jungen Jahren selbst jetzt schon einen anderen vor jugendlichen Leichtsinn warnen musste. „Das ist richtig Rufus, aber wir gehen ein unbeschreibliches Risiko ein, wenn wir das Revier jetzt stürmen. Wir haben keine Deckung und würden sofort entdeckt werden.“
Enttäuschung und Wut mischte sich in Rufus Stimme. „Was würde dein IND denn in dieser Situation tun?“
„Wir würden auf Verstärkung warten oder den Einsatz abblasen.“
„Keine Chance! Wir haben einen Befehl, den ich mit meinem Team ausführen werde, notfalls auch ohne dich.“
Es sah so aus, als wenn Hans den Freiheitskämpfer nicht umstimmen könnte. Die Zwillinge würden auf jeden Fall zu Rufus stehen. Er setzte deshalb sein entwaffnendes Lächeln auf und hoffte, dass es nicht mit seinem sarkastischen verwechselt wurde. „Wir beim Geheimdienst gehen zwar keine unnötigen Risiken ein, denn wir versuchen die Risiken zu minimieren oder eliminieren.“ Er zeigte mit dem Daumen hinter sich, in die Richtung aus der die Gruppe gekommen ist. „Ist unsere Flak noch unter unserer Kontrolle und einsatzbereit?“
Rufus rief das Sklavenprogramm auf, dass er in den Hauptrechner der Flak installiert hatte. „Bisher schießt das Ding noch auf die vorprogrammierten Ziele, die wir ihm gegeben hatten.“
„Kann es in diese Richtung schießen?“
Rufus vergewisserte sich, bevor er nickte. „Ja, aber das bringt uns nichts. Das Gebäude des Polizeireviers ist nur 5 Stockwerke hoch. Soweit runter kommt das Geschütz nicht.“
Hans schüttelte mit dem Kopf. „Das war mir klar, aber das Kaufhaus dahinter hat 15 Stöcke. Wenn wir das Gebäude beschießen, könnten die Polizisten in Panik verfallen. Bisher sind die heftigsten Kämpfe im Regierungsviertel und im Nord- und Westbereich der Stadt. Wenn wir das Kaufhaus beschießen könnten auch Trümmer auf das Revier fallen, dann wäre das schon mal erledigt. Und selbst wenn die Polizisten nicht in Panik verfallen, der gesunde Menschenverstand wird sie aus dem Revier vertreiben. Sie haben zu dem Zeitpunkt nur zwei Theorien, die Sinn machen würden. Entweder die TU beginnt mit dem Planetenbombardement oder jemand schießt mit Großkalibrigen Waffen in der Nachbarschaft. Beide Theorien sind nicht dafür geeignet um sich weiterhin in einem Gebäude zu verbarrikadieren. Sie werden als das Revier räumen und wir können sie einem nach dem anderen erledigen, wenn sie erst mal im Freien sind.“
Rufus nickte. Das macht Sinn. Ich programmiere das Geschütz um. Dauert keine zwei Minuten.
Gaius schaute zum Kaufhaus rüber, er sah nur die Rückseite des Gebäudes. „Was, wenn da noch Zivilisten drin sind?“
Rufus schüttelte mit dem Kopf. „Wenn, dann nur Plünderer.“ Und gab den Feuerbefehl.

Zwei Dutzend Geschosse trafen das Kaufhaus und verwandelten die oberen sieben Etagen zu Trümmern. Geröll fiel auf die Polizeiwache, richtete aber nur sekundären Schaden am Gebäude an. Aber ansonsten hat der Angriff den erhofften Erfolg gebracht. Die stationierten Polizisten liefen raus um nachzusehen was los war.
Rufus wartete kurz, bis alle Polizisten etwas vom Eingang entfernt waren und gab dann den Feuerbefehl. Das einseitige Gefecht dauerte keine zwei Minuten und danach gab es keine Gegenwehr bei der Wache mehr.
Hans ergriff langsam Gaius‘ Hände und entnahm ihm das leergeschossene Gewehr. Er musste mit ein wenig Kraft den Schussfinger von Gaius vom Auslöser entfernen, der immer noch durchgedrückt war. Der Jugendliche hatte ein aschfahles Gesicht und schaute ausdruckslos Hans an.
Hans erneuerte das Magazin und gab Gaius das Gewehr zurück. „Du Okay?“
Er krächzte ein „Ja“ heraus.
Der Geheimdienstler gab ihm einen brüderlichen Klaps auf die Schultern. „Das erste Gefecht ist am Schlimmsten. Die Zeit danach ist aber die Hölle. Du kannst es entweder in den tiefsten Winkel deines Bewusstseins vergraben oder es im Hinterkopf behalten.“
„Was schlägst du vor?“ Die Frage kam monoton und etwas abwesend rüber.
„Jeder ist da anders. In Friedenszeiten würde ich es vergraben. Aber es wird nicht dein letztes Gefecht gewesen sein, also wäre es besser, wenn du damit klar kommst und es als Erfahrung ansiehst. Soldaten überleben weil sie Kampferfahrung sammeln und nicht vergessen.“
Hans selber fühlte sich schlecht weil er diesen Tipp geben musste. Er wollte nicht, dass die Zwillinge Tötungsmaschinen wurden. Aber wenn sie überleben wollten, dann blieb ihnen keine andere Wahl.
Zusammen mit Gaius ging er zu Vibia rüber, die zwar nicht so Aschfahl wie ihr Bruder war und auch nicht das Magazin leergeschossen hatte, aber lethargisch auf einen verletzten Polizisten schaute, der laut schrie und versuchte seine Gedärme zurück in seinem offenen Bauch zu stopfen.
Sie hob langsam den Arm und zeigte auf den Verwundeten. „Jemand sollte---“
Bevor sie zu Ende sprechen konnte, hatte Rufus, der rüber gesprintet war und die Gegend absicherte, schon sein Gewehr gehoben und dem Verwundeten einen Kopfschuss gegeben.
Hans wusste nicht, ob Vibia sagen wollte, dass man ihm helfen oder den Gnadenschuss geben sollte und wollte es auch nicht wissen.

„Sauber!“ Rufus kam aus dem Polizeigebäude zurück. Er hatte keine weiteren Gegner gefunden. Hans und die Zwillinge hatten mittlerweile die Leichen gefilzt und näher an das Gebäude gezogen.
„Wo geht’s jetzt hin?“
Rufus schaute auf sein Pad. „Gruppe 5 braucht beim Café Spartacus Hilfe.“
Bevor die Gruppe aber weitergehen konnte, zeigte Vibia in den Himmel im Osten. „Da kommt eine Landungskapsel auf uns zu.“
Hans schaute in die Richtung in der Vibia gezeigt hatte und konnte die Kapsel erkennen. Nachdem die Flaks nicht mehr feuerten, begann die Hauptinvasionsarmee in der Stadt zu landen. Und eine dieser Kapseln würde ganz in der Nähe des Polizeigebäudes landen.
„Hinter die Barrikaden! Wir wollen keine Missverständnisse entstehen lassen, bevor wir uns erkenntlich machen konnten!“
Die Gruppe ging hinter die Barrikaden, die die Polizisten vorher gebaut hatten und warteten bis die Kapsel gelandet war.
„Bei Zeus, das ist ein Elefant Mark 3!“ Rufus zeigte auf den Mech, der aus der Landungskapsel kam. Der Elefant war ein schwerer Straßenmech, der für den unterstützenden Häuserkampf entwickelt wurde. Im Gegensatz zu normalen Kampfmechs, besaß er eine gleichmäßige Panzerung an den Neben-, Vorder- und Rückseiten. An Bewaffnung hatte er neben den obligatorischen Anti-panzer, -Infanterie und –Luft-Geschossen, auch Bergegerät um Opfer aus eingestürzten Gebäuden zu holen.
Hinter dem Mech liefen Soldaten in schwarz-grüner Uniform her und sicherten die Landestelle.
Hans murmelte etwas, dass Hans nicht verstanden hatte. „Was?“
Er holte einmal tief Luft. „Waldläufer. Die Elitetruppen des IND.“
Vibia blickte in Richtung der Landezone. Sie konnte die Insignien zwar in dieser Entfernung nicht auf der Uniform der Soldaten sehen, aber auf dem Mech konnte sie den schwarzen Baum auf einem grünen A-Horn Blatt erkennen. „Ach du Scheiße, was wollen die denn hier?“
„Die sind wegen mir hier.“ Hans drehte sich zu den drei Rebellen. „Gebt ihnen keinen Grund zu Feuern verstanden? Ich regele die Sache schon.“

Hans stand auf und kam mit erhobenen Händen aus dem Gebäude. „Ich bin hier!“ rief er den Soldaten entgegen.
Diese näherten sich schnellen Schrittes mit gehobener Waffe. Auch der Elefant richtete eine Waffe auf ihn und da musste Hans fast schmunzeln.
Drei Waldläufer umzingelten ihn, während der Rest weiter die Landestelle sicherte. Der Ranghöchste, ein Leutnant sprach ihn an. „Fähnrich Hans Cecilia?“
„Ja.“
„Legen Sie bitte ihre linke Handfläche auf das Pad.“
Während er das tat, hielt ein anderer Soldat ihm ein Iris-Scanner vor das Auge. Als er einwandfrei identifiziert worden war, salutierte der Leutnant kurz. Das musste er zwar nicht, da er ranghöher war, aber aktive Feldagenten standen inoffiziell in ihrem Aufgabengebiet über den Soldatenrängen.
„Ihr seid meine Fahrt nach Hause?“
„Ja, ein Atmosphärenstarter landet in zehn Minuten und bringt Sie zur Sol.“
Hans schaute zu den Barrikaden zurück und biss sich auf die Unterlippe. „Ich kann noch nicht.“
„Fähnrich, sind Sie sich im Klaren, dass mein Befehl eine Klausel enthält, die mich befähigt, Sie auch ohne ihr Einverständnis zur Sol zu schleppen?“
„Das hab ich mir schon gedacht. Leutnant.“ Er schaute dem Soldaten in die Augen. „Ich habe hier auf diesem Planeten meine ganze Mannschaft verloren. Ein Ereignis, was mir eventuell meine Karriere, oder sogar meinen Kopf kosten könnte. Und ich werde meine Pflicht gegenüber dem IND in dieser Sache auch nachkommen. Aber ich bin derzeit in einer Kampfeinheit integriert und ich werde nicht noch einmal meine Mannschaft, diese Mannschaft,“ er zeigte auf die drei Rebellen, die langsam von den Barrikaden rüberkamen, „im Stich lassen.“
Der Leutnant überlegte was er sagen konnte. „Die Befehle sind eindeutig. Sie verlassen den Planeten in neun Minuten.“ Er schaute über Hans‘ Schulter und erkannte wie jung sie waren. „Aber ich kann ihre Kameraden unter meine Fittiche nehmen, solange die Invasion noch nicht entschieden ist.“
Hans schüttelte mit dem Kopf. „Ihr seid Eliteeinheiten, das sind Kinder. Ihr könnt die Sicherheit nicht garantieren. Sie würden euch nur aufhalten.“
„Es gibt keine andere Wahl Fähnrich.“
„Doch. Die Kinder kommen mit.“
„Was?“
„Die Kinder kommen mit zur Sol.“
Der Waldläufer überlegte kurz, fand aber keine Argumente in seinen Befehlen, die das verhindern würden. „Ok.“
Die Zwillinge die das mitgehört hatten, drehten sich fragend zu Rufus hin.
Dieser seufzte. „Ich bin einverstanden, dass die Zwillinge mit dir zur Sol gehen.“ Er vermied Augenkontakt zu Vibia und Gaius. „Aber ich bleibe hier. Ich bin zwar in keiner Eliteeinheit wie unsere Waldläufer hier, aber so schlecht bin ich auch nicht.“ Den Waldläufer-Leutnant sprach er an. „Ich kenne die Stadt in- und auswendig und kann gut kämpfen. Hier in der Nähe ist eine Gruppe meiner Kameraden in Kämpfe verwickelt mit örtlichen Einheiten. Wenn ihr sowieso hier aufräumen sollt, dann kann es nicht Schaden dort anzufangen.“
Der Waldläufer nickte. „Ok, dann ist alles entschieden. ABMARSCH!“

Zwei Stunden später befanden sich Vibia, Gaius und Hans auf der Sol.
Ein Gefreiter begleitete die drei in einem Raum. „Wir erwarten Abertausende Anfragen von der Bevölkerung. Viele Familien wurden im Krieg auseinandergerissen. Das Hauptinformationszentrum befindet sich zwar auf einem anderen Schiff, aber von hier können wir auf die Informationen zugreifen.“ Der Gefreite zeigte auf eine ältere Dame. „Sie kann euch weiterhelfen.“
Hans gab den Zwillingen einen Klaps auf die Schulter. „Viel Glück. Ich muss weiter, werde euch aber später aufsuchen.“
Die Zwillinge nickten Hans zu und Vibia umarmte ihn ganz kurz. Sie wussten mittlerweile genug, dass Hans eventuell nicht mehr aus freien Stücken rumlaufen konnte nach seinem Gespräch mit seinen Bossen.

Als Hans aus dem Raum war, gingen die beiden langsam zur Dame. Diese lächelte die Zwillinge an. „Hallo ihr beiden, ich weiß Bescheid. Gebt bitte euren Namen und Alter an und legt dann die linke Handfläche auf das Pad.“
„Vibia Sivori, 15.“
„Gaius Sivori, 15.“
Eine metallene Stimme bestätigte die Identifikation.
Die Dame zeigte auf die freien Sitzflächen. „Setzt euch, das kann einige Minuten dauern. Der Computer fragt die zivilen und militärischen Unterlagen des Zentralcomputers auf dem Begleitschiff ab.“
Nach vier Minuten stand die Dame auf und ging vor den sitzenden Zwillingen in die Hocke. Sie umschloss die Hände der Kinder. „Es tut mir Leid. Eure Eltern Marcas und Silvana, sowie eure kleine Schwester Ceres haben nie die Evakuierungsshuttles erreicht. Wo sie waren wissen wir nicht, nur dass sie nie das Shuttle erreicht hatten.
Die Zwillinge fingen an zu weinen und die Frau versuchte ihr Möglichstes die beiden zu vertrösten. Es war der letzte Strohhalm an den sich Vibia und Gaius gehalten hatten, dass ihre Eltern und ihre Schwester sicher entkommen waren.
02.06.2013 18:26 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 23
Kapitel 4


DARNELL

14. Oktober 2513

Eta Ceti System, Planet Ceti IV

Es hatte seit fünf Tagen ununterbrochen geschneit. Der Winter hatte auf dem Kontinent begonnen und er brachte die heftigsten Schneefälle der vergangenen 30 Jahre mit sich. Der Tag näherte sich dem Ende und man konnte die Hand vor den Augen fast nicht mehr sehen.
Darnell stapfte mühsam durch den teilweise kniehohen Schnee, er wäre liebend gern weiter in seinem Versteck in den Bergen geblieben, aber vor 30 Stunden kamen die ersten Berichte über die Offensive der TU. Drei Systeme wurden in den ersten fünf Tagen zurückerobert. Ein viertes System war zum Zeitpunkt als der Kurier losflog kurz vor der Eroberung. Die planetare Regierung war in Aufruhr und hat das Kriegsrecht über die Hauptstadt verhängt. Die Berichte über das Schicksal der alten Regierungen ließ manchen Politiker, der vom Rat eingesetzt wurde, die Knie weich werden lassen.
Darnell war schon am Packen, als seine Befürchtungen Sicherheit wurden. Eine Stunde nach dem Bericht des Kuriers hatte er eine verschlüsselte Information von seinem Kontakt in der TU bekommen. Die Union wird in weniger als einer Woche, sofern der Zeitplan hält, auch das System Eta Ceti angreifen. Er konnte das Risiko einer Entdeckung nicht eingehen, deshalb musste er mal wieder vom Planeten flüchten.
Aber die Hauptstadt war unter Kriegsrecht und abgeriegelt. Von da konnte er keinen Flug anheuern und das wäre sowieso sinnlos gewesen, zurzeit wollten Zehntausende den Planeten verlassen. Menschliche Politiker, Außerirdische aus den Ratsrassen, politische Flüchtlinge der TU und generell Leute die der TU, warum auch immer, nicht in die Hände fallen wollten. Solche Leute wie Darnell.
Er hasste die Situation in der er sich befand. In die Hauptstadt konnte er nicht und die nächste Stadt mit Orbitalstartern war über 300 Kilometer entfernt. Die Strecke hätte er mit einem Fahrzeug schaffen können, aber es war ungewiss, ob er einen Orbitalstarter hätte buchen können. Zusätzlich war Polizei und Militär in höchster Alarmbereitschaft. Es wäre ein Wunder gewesen, wenn er die Strecke bis zu der Stadt ohne Personen- und Fahrzeugkontrolle überstanden hätte.
Also musste er sich auf seinen Kontakt verlassen, der behauptet hatte, in seiner Nähe gäbe es eine alte geheime TU-Basis mit einem funktionstüchtigen Orbitalstarter. Da die Basis schon bei der Invasion des Rates vor neun Jahren Geheim und dazu seit sechs Jahrzehnten ungenutzt war, wurde sie von der neuen Regierung bisher nicht entdeckt. Das bedeutete aber auch, dass alles was in der Basis zur Verfügung stand, mindestens sieben bis acht Jahrzehnte alt war. Terranische Ingenieurskunst war in der ganzen Galaxie geschätzt, aber hätte Darnell die Wahl gehabt, dann würde er sich nicht in einen Orbitalstarter setzen, der seit 80 Jahren nicht gewartet wurde.

Das Problem war aber erst mal dort hinzukommen. Darnell spürte wie sich Claudias Hand fester um seine eigene drückte. Er schaute zu seiner rechten Seite runter und betrachtete den stummen Ballen aus mehrlagigen Wintersachen, der sich stur mit ihm durch die Schneemassen kämpfte. Er hatte ihr mehrmals angeboten sie auf die Schultern zu nehmen, aber sie hatte jedes Mal abgelehnt. Die Schneemassen ging gingen ihr bis zum Hintern. Wenn es weiter so schneit, dann muss er sie tragen, ob sie nun wollte oder nicht. Was auch immer sie schützen wollte, Würde oder Hartnäckigkeit, es stand mehr auf dem Spiel.
„Kannst du noch weiter?“
Sie nickte mit dem Kopf.
Darnell schaute auf sein Pad. „Noch 150 Meter bis zur ersten Hütte.“

Die beiden hielten vor einer Blockhütte an. Als die Bewegungsmelder die anwesenden Personen bemerkten, ging automatisch das Außenlicht an. Die Sonne war schon am Horizont verschwunden und der Schneesturm verdunkelte das Waldstück weiter. In einer halben Stunde würde man überhaupt nichts mehr sehen können.
Darnell zog seinen rechten Handschuh aus und holte eine Glaskugel aus seiner Tasche. Als er die Kugel vor den Türsensor hielt, bildete die Kugel eine Retinaabbildung eines Auges nach, das vorher eingespeichert worden war.
Mit einem Klack entriegelte das Schloss und die Außentür öffnete sich. Claudia und Darnell gingen in den kleinen Vorflur und schlossen die Tür hinter sich.
Eine weibliche Stimme meldete sich. „Willkommen in Waldhütte 37, Steve Jecj.“
Claudia schaute sich um, Darnell zeigte an die Decke. „Computerstimme.“
Das neunjährige Mädchen warf ihm einen beleidigten *das-weiß-ich* Blick rüber.
Die Computerstimme folgte weiter ihrer Begrüßungsroutine. „Handelt es sich um einen Notfall?“
Darnell antwortete, während er Claudia aus ihrer dicken Jacke half. „Nein, kein Notfall. Wir brauchen nur Schutz vor den Elementen und der Nacht.“
„Meine Sensoren registrieren starken Schneefall, der Grund wird akzeptiert. Sie können kostenlos übernachten. Ihnen stehen auch Nahrungsmittel zur Verfügung, beachten Sie aber bitte, dass diese mit 80% des Marktpreises bezahlt werden müssen und ihr Konto belastet wird.“
„Einverstanden.“

Damit war das „Begrüßungsritual“ der Hütte beendet. Es gab fast 200 dieser Hütten hier in diesem waldigen Gebirge. Aufgebaut hat dies ein Milliardär vor fast 100 Jahren. Damals sind die beiden Kinder und die Ehefrau des Mannes nach einem Absturz des Privatflugzeuges in den Bergen verhungert und erfroren. Die Mutter und der Pilot starben beim Absturz, aber die Kinder konnten sich fast unversehrt aus dem Wrack retten. In dem Jahr setzte der Winter aber sehr früh ein und die Suchmannschaften hatten die Leichen der Kinder erst 3 Wochen später gefunden.
Nachdem der Vater fast jeden beschuldigt hatte der in Reichweite war, angefangen bei den Lokalpolitikern, hin zu der Chartergesellschaft bis zu sich und seinem eigenen Hund, zog er sich mehrere Monate zurück.
Als er ein halbes Jahr später an die Presse ging, legte er einen Plan auf den Tisch, der im Laufe des Jahrhunderts mehrere Tausend Leben retten würde. In dem von ihm spezifizierten Gebiet würden Schutzhütten gebaut werden, die für mehrere Wochen Nahrung und Getränke auf Vorrat haben würden. Zusätzlich mit einem Computerprogramm ausgestattet, dass Kontakt mit der Leitstelle des Bergungsdienst hatte und gegebenenfalls eine Rettungsmannschaft rufen könnte. Für Notfälle war der Aufenthalt und das Essen umsonst. Bei schwieriger Wetterlage war immerhin der Aufenthalt umsonst und das Essen verbilligt und bei einer ganz normalen Übernachtung fielen volle Kosten für Aufenthalt und Essen an.
Als die ersten Hütten fertiggestellt waren, wurden alle Pads des Planeten mit den Koordinaten der Hütten gefüttert. 20 Jahre später hatte der Milliardär für seine vollbrachten Leistungen die höchste zivile Auszeichnung des Planeten bekommen. Als er starb, hinterließ er sein gesamtes Vermögen seiner Stiftung, die sich um die Versorgung und Instandhaltung der bestehenden und den Neubau von weiteren Hütten verpflichtete.

Claudia öffnete die Tür zum Wohnzimmer und ein warmer Hauch schlug ihr entgegen. Sie grinste und lief zum nächstbesten Sessel, in dem sie sich sofort reinwarf.
Darnell schloss die Tür hinter sich. „Mach hier nichts kaputt, das muss alles bezahlt werden.“
Sie zog die Augenbraue hoch und antwortete mit ihren Händen. “Du bezahlst hier doch gar nichts, sondern der arme Kerl von dem du die Identität geklaut hast.“
Da hatte sie natürlich recht. Der Computer dachte, dass ein gewisser Steve Jecj hier übernachten würde. Es war in den hundert Jahren öfter mal vorgekommen, dass sich Diebe, Gauner und Verbrecher Identitäten gestohlen hatten und die Hütten als Versteck nutzten. Aber daran hatte man gedacht und überprüfte jeden Aufenthalt auf solche Eventualitäten. Steve würde eine Anfrage bekommen, ob er wirklich in der Hütte ist. Dies wird er verneinen und normalerweise würde eine Polizeistreife dann die Hütte aufsuchen. Aber das war in dieser turbulenten Zeit sehr unwahrscheinlich. Die Polizisten hatten besseres zu tun als sich um Identitätsdiebstahl zu kümmern. Hätte Darnell mehr Zeit zur Planung gehabt, dann wäre er dieses geringe Risiko nicht eingegangen und Steve oder ein anderer armer Zaus wäre jetzt tot und könnte die Anfrage nicht beantworten, aber man kann nicht alles haben.
„Aber ich respektiere die Stiftung die hier alles am Laufen hält.“ Und das war nicht mal gelogen. „Also nichts kaputtmachen.
“Ja.“ Sie schaute sich in den Raum um. Mehrere Sessel und eine Couch standen um einen massiven hölzernen Tisch. In der Ecke war ein kleiner Tresen mit einem Wandschrank, der voller Gläser war. Gegenüber von den Sesseln und der Couch stand ein Drideo-Player, die einzige sichtbare Hochtechnologie im ganzen Raum. Sie bemerkte den Kamin, der unter dem Drideo Player war und schaute sich ihn näher an. “Ist der echt?“
„Ja, daneben liegen die Holzscheite.“
“Kann ich ihn anmachen?“ Sie hatte einige alte Drideos gesehen, die in so einer ähnlichen Hütte gespielt hatten und malte sich gerade aus, wie sie mit übereinandergeschlagenen Beinen und dem imaginären Wein im Glas rotierte und intellektuelle Gespräche mit Darnell führte.
„Eventuell ein andermal. Wir sollten uns schlafen legen. Morgen wird es wieder ein harter Weg durch den Schnee.“
Ihre Enttäuschung hielt nur einen kurzen Moment, denn sie wusste, dass Darnell mal wieder auf der Flucht war. Sie wusste nur nicht, welche Rolle sie in der ganzen Sache spielte. Aber wo sollte sie schon hin? Ihre Furcht war nicht mehr, wo Darnell sie hinbrachte, sondern wo er sie eventuell mal aussetzte.

40 Stunden und eine weitere Hütte später kamen sie bei den Koordinaten an, die Darnells Kontakt ihm gegeben hatte. Er brauchte fast eine halbe Stunde um den versteckten Eingang in den Schneemassen zu einem Erdloch zu finden. Ein Unbeteiligter würde in dem 2*2 Meter großen Erdloch nichts ungewöhnlich finden. Aber als Darnell einen Code in sein Pad eingab, öffnete sich eines der Seitenwände und gab einen langen Flur frei, der spärlich beleuchtet war. Abgestandene Luft kam ihnen entgegen. Der Gang mündete in eine weitere Tür, die zu einem Fahrstuhl führte.
Claudia schaute Darnell fragend an.
Dieser zuckte mit den Schultern. „No risk no Fun.“
Sie kannte die Bedeutung des Satzes nicht, aber hatte diesen schon öfters in Drideos gehört. Meistens wenn Leute irgendwelche Dummen Sachen machten die unnötig waren.
Die Fahrstuhlfahrt fühlte sich wie eine Ewigkeit an und Claudia klammerte sich die ganze Zeit an Darnells Jacke.
Als die Tür des Fahrstuhls öffnete, wehte den beiden eine Staubwolke entgegen. Claudia traf dies unerwartet und sie bückte sich und fing an zu husten. Der ganze Hangar war mit einer Staubschicht bedeckt. Darnell holte ein Handtuch aus seinem Rucksack und befeuchtete es mit Trinkwasser. Er band das nasse Tuch dann dem Mädchen vor Mund und Nase.
„Das sollte helfen.“
Das Mädchen versucht mit großen vorsichtigen Schritten nicht allzu viel Staub aufzuwirbeln, aber verschlimmerte die Sache dabei noch und gab nach einer kurzen Zeit resigniert auf und lief wieder normal. Sie seufzte dabei hörbar und überraschte damit kurz Darnell. Es kam nicht oft vor, dass das stumme Mädchen einen hörbaren Laut von sich gab. Manchmal kam es ihm sogar so vor, dass sie aktiv versuchte nicht ihre Stimmbänder einzusetzen. Ein Schnaufen war meist das höchste der Gefühle, deshalb tat Darnell so, als wenn er es nicht gehört hatte, er war immerhin nicht ihr Psychiater. Claudia selbst schien das selber gar nicht mitgekriegt zu haben.

Das Fluchtschiff war auch schnell gefunden, auch wenn es zu Darnells Überraschung kein Orbitalstarter, sondern ein komplettes, wenn auch kleines, Raumschiff war. Er hatte keine Probleme mit den Kontrollen des Schiffes und leitete den Start in der Nacht ein. Es war sogar sehr wahrscheinlich, dass keiner den Start visuell oder mit Instrumenten beobachtet hatte. Die ersten Tumulte waren in der Hauptstadt ausgebrochen und die Regierung ließ auf Demonstranten schießen.
Im Orbit angekommen, wollte Darnell gerade den Kurs auf das Tor setzen, als er von den Kontrollen des Schiffes ausgeschlossen wurde. Egal was er versuchte, er konnte den Autopiloten nicht ausschalten oder umprogrammieren. Er hatte sonst nie Probleme normale Schiffskontrollen zu überschreiben.
Claudia tipste ihn an. Das tat sie immer wenn sie mit ihm reden wollte, er aber nicht in ihre Richtung blickte. “Was ist los?“
„Ich wurde von den Kontrollen ausgesperrt. Das Schiff nimmt Kurs auf den siebten Planeten.“
“Was ist da?“
„Keine Ahnung Claudia, aber der Gasriese ist derzeit wenigstens von allen Industrieanlagen entfernt.“ Er lehnte sich in den Pilotensessel zurück und verschränkte die Arme hinter den Kopf. „Ich denke mal mein Kontakt will uns da treffen, auch wenn ich mich frage was er da macht.“
Er bemerkte einen kleinen Stupser an seinem Bein, Claudia hatte leicht mit ihrem Schuh dagegen getreten.
Darnell schaute in Claudias beleidigtes Gesicht. „Oh, Sorry.“ Er hatte sich vorgenommen sich nicht zu sehr emotional an das Kind zu binden, aber wollte wenigstens bei der Sache mit der Gebärdensprache ihr nicht vor den Kopf stoßen. Obwohl sie seine Worte hören konnte, war es äußerst unhöflich sich mitten im Gespräch einfach wegzudrehen. So hatte das Mädchen keine Chance im Gespräch aktiv zu werden.
Er wuschelte ihr durch die Haare. „Geh dich ausruhen, wir haben einen langen Tag hinter uns und in den nächsten Stunden passiert hier sowieso nichts.“

18 Stunden später hielt das Schiff in der Nähe eines Mondes des Gasriesen an und blieb in einem Parkorbit. Darnell konnte weiterhin nichts an den Kontrollen vornehmen. Sechs weitere Stunden später wurde er von Claudia geweckt, die wild vor seinem Gesicht mit den Händen fuchtelte. Er konnte die Wörter „Schiff“ und „Achtung“ ausmachen.
Daraufhin wurde er sofort hellwach. Er sah nun den Zerstörer der TU auf seinem Display. „Seit wann ist das Schiff da?“
“Nicht mehr als eine Minute! Ich schwöre es! Eben war noch der Mond im Hintergrund und im nächsten Augenblick gab es einen Lichtblitz.“
„Keine Sorge, ich glaube dir. Das ist die Sprungtechnologie der Terraner. Ich bin aber erstaunt, dass sie es geschafft haben dies in so einem kleinen Zerstörer zu packen und punktgenau landen können.“ Den letzten Satz hatte Darnell mehr zu sich als zu Claudia gesagt.
Das Schiff begann langsam die Vorwärtsbegegnung. Es war klar, dass es in den Hangar des Zerstörers fliegen würde. Darnell lehnte sich nach außen hin gemütlich in den Pilotensessel zurück. In seinem inneren arbeitete sein Gehirn aber auf Hochtouren. Es war ein totaler Bruch des Protokolls, dass er sich persönlich mit einer Kontaktperson treffen würde. Viel schlimmer war, dass er nichts dagegen tun konnte. Den Gedanken, dass dies eine Falle war und er an die Terraner ausgeliefert wurde, ließ er aber schnell wieder fallen, auch wenn ihm hier ein Schiff terranischer Bauart mit einem terranischen Sprungantrieb entgegenblickte.

Eine viertel Stunde später befand sich sein kleines Schiff im Bauch des Zerstörers und die Außenluke öffnete sich. Er ging in den kleinen Hangar des Zerstörers und sah gleich, dass dieser vollgestopft mit Maschinen und Kabeln war. Normalerweise hätte das kleinere Schiff keine Probleme gehabt hier bequem zu landen, aber jetzt wo er es von außen sah, war er erstaunt, dass es überhaupt reingepasst hatte. Es gab nur einen Weg den die beiden gehen konnten und da sie keiner abholte, bogen sie in den Gang vor ihnen ein. Auch hier wich das Bild, dass sie sahen von normalen terranischen Zerstörern ab. Jedenfalls für Darnell der auf etlichen Schiffen vorher war. Die Gänge in Zerstörern waren von Haus aus schon eng, aber dies hier war schon fast klaustrophobisch. Darnell hatte an einigen Stellen Probleme durch den Gang auf Schulterbreite durchzukommen und musste sich drehen um an den Kabeln und Geräten vorbeizukommen. An einigen Stellen musste er sich sogar ducken.
Sie kamen in einen Raum, der etwas mehr Beinfreiheit hatte, aber auch hier massiv gegen terranische Normen verstoß.
„Ahh!“ Claudia schrie kurz auf und faste sich an das Bein. Darnell sah nur noch wie etwas davonhuschte und Claudia in sich zusammensackte.
„Keine Sorge Darnell, das Mädchen schläft nur. Sie brauch unsere Konversation nicht mit anhören.“ Eine weibliche Stimme kam aus den Lautsprechern.
Darnell legte Claudia in eine komfortable Position und richtete sich auf. „Ich hätte es wissen müssen, Dr. Bauer.“
Eine weißhaarige junge Frau erschien auf dem Bildschirm vor Darnell. „Weißt du eigentlich, dass du der einzige bist, der mich noch mit meinem akademischen Titel anspricht? Für alle anderen bin ich entweder die KI, „der Computer“ oder einfach nur Susi für die, die denken sie stünden mir nahe.“
„Soll ich mir eine Träne rauspressen? Ich bin der einzige der weiß wie gefährlich du bist. Das du kein KI-Haustier bist, wie das die meisten Idioten denken, die nach deiner Fertigstellung geboren wurden.“
Ein Lächeln setzte sich auf Susis Gesichtsausdruck. „Du bist nach meiner Fertigstellung geboren worden. Zwei. Mal.“
Er hasste diese Gespräche mit Dr. Bauer. „Willst du mich absichtlich zur Weißglut bringen? Du---“
„Eins verstehe ich nicht Darnell. Warum nennst du mich Dr. Bauer, aber duzt mich dann? Dass macht keinen gesellschaftlichen Sinn.“
Sie wollte ihn absichtlich zur Weißglut bringen, da war sich Darnell sicher. Und ganz eindeutig wollte sie ihn einschüchtern, so wie sie es schon immer gemacht hatte. „Das ist eine menschliche Sache Dr. Bauer.“
„Rede keinen Stuss Darnell, du bist keiner der sich einbildet ich wäre nur eine künstliche Intelligenz. Ich bin eine empfindungsfähige Intelligenz. Aber EI macht sich so schlecht auf Visitenkarten.“ Das junge Abbild von Susi Bauer lacht kurz auf.
Darnell wollte sich auf das Spielchen nicht einlassen und wechselte das Thema. Gratulationen über technische Fortschritte und Meisterleistungen brachten Susi Bauer wieder auf Kurs. Meistens. „Ich bin erstaunt, dass du deine KI-Routinen auf einen Zerstörer unterbringen konntest. Und der Sprung an sich war auch nicht ohne.“
„Also das hätte ich von einem ehemaligen Geheimdienstchefs des IND nicht erwartet. Hat dir keiner gezwitschert was im Universum los ist?“
Darnell schaute das Abbild nur Ausdruckslos an.
„Ich sehe schon, dass du wieder einmal für Späßchen nicht bereit bist. Manchmal frage ich mich, wer hier der Computer ist. Und dabei habe ich nur einen kleinen Teil meines Gewissens hierhin gespeichert, mehr hatte nicht Platz.“
„Du hast ein Gewissen?“
„Sehr witzig Darnell. Du bist der einzige Mensch, außerhalb meines inneren Familienkreises, der von diesem Schiff hier weiß. Nicht mal Florian oder Johann Kabers wissen darüber Bescheid.“
„Die beiden und die TU-Führung wissen über so manches nicht Bescheid. Nicht über mich und nicht über deinen Verrat an die Menschheit.“
„Das ist Interessant.“
Darnell seufzte. „Was?“
„Das du den Umstand das ich dir helfe, als Verrat an die Menschheit betrachtest.“
Darnell blieb mal wieder stumm.
„Nur weil ich Partei in einem innerfamiliären Streit ergreife, bin ich keine Verräterin. Ich bin sogar die Einzige, die das Gesamtüberleben aller Rassen und besonders der Menschen, in dieser Galaxie als Hauptaufgabe gemacht hat. Die Berichte der Xenogort über die Von-Neumann-Sonden? Die machen mir Angst Darnell. ANGST! Das gesamte Schicksal der Galaxie steht auf dem Spiel, wenn die Berichte wahr sind. Aber keiner nimmt es ernst. Und aus deinem Gesichtsausdruck zu schließen, du auch nicht.“
Darnell schüttelte mit dem Kopf. „Warum bin ich hier.“
„Willst du lieber auf dem Planeten bleiben?“
„Entschuldigung, ich vergaß dass du nur mit begrenzter Rechenkraft hier aufgetaucht bist. Ich formuliere die Frage um. Was willst du von mir?“
„Ich habe eine Aufgabe für dich.“
09.06.2013 23:27 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 23
Kapitel 5


DARNELL

Sara rappelte sich auf und lief zu Luci. „Alles in Ordnung?“
„Da müsste ich leider lügen.“ Luci fasste sich an die Stelle am Bauch, die sich rot färbte.
„Scheiße!“ Sara schaute sich um und schleppte Luci zum nächstgelegenen Raum. „Wie viele hatten wir von denen nochmal zu Gast?“ Sie verschloss die Tür des Raumes und legte Luci auf das Bett. Sie befand sich im Raum eines der Zimmermädchen. Sara kramte in der Kommode des Zimmers und fand wie erwartet ein paar Bandagen und eine Schere. Sie schnitt den Bereich frei und sah sich die Wunde an. Es sah nicht gut aus. Es war ein Durchschuss und er blutete unaufhaltsam. Sie legte einen Druckverband an beide Stellen aber dieser füllte sich sofort mit Blut. Sara fing an panisch zu werden und ihr ganzes Gesicht schwitzte.
„Ich habe meine Schuld an dir jetzt zurückgezahlt. Der Kreis schließt sich.“
Sara schaute von der Schusswunde in Lucis Gesicht. „Welche Schuld?“
Luci bekam ein schmerzhaftes Lächeln hin. „Ich weiß wer du bist… Tamara.“
„Was…?“ Sara wurde kreidebleich.
Luci behielt das Lächeln aufrecht. „Diese Reaktion war der letzte Beweis. Vor zwei Tagen hat mir einer der Terraner im Hausarrest diese Geschichte erzählt.“ Das Sprechen fiel ihr immer schwerer. „Ich hab es natürlich als erstes als Diffamation abgetan und das hörte sich nach Science Fiction an. Aber die Saat war gesät. Kleine Dinge die du getan hast, wie du dich gibst, konnte ich dann mit Tamaras Verhalten in Übereinstimmung bringen.“ Sie verzog schmerzhaft das Gesicht „In meiner linken Hosentasche.“
Sara griff geistesabwesend in die Tasche und holte ein Medaillon raus. „Das ist mein Medaillon.“
Luci lächelte und nickte langsam. „Es ist Tamaras Medaillon. Sie hatte es, seit sie ein Baby war. Wieso lag es also in deinem Arbeitstisch Sara?“
Sara fing laut an zu weinen. „Es tut mir Leid.“
„Nein mir tut es leid. Hast du mir je Vergeben? Sei bitte ehrlich.“
Sara wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ich habe viele Jahre gebraucht, aber letztendlich hatte ich dir vergeben.“
„Danke.“
„Weiß Jondus davon?“
„Ich habe ihm nichts erzählt.“ Luci spuckte Blut und Sara wischte es ihr schnell aus dem Gesicht. Sie konnte nichts machen, keine Hilfe holen und laufen konnte Luci in dieser Verfassung auch nicht.
Luci hatte sich wieder kurzzeitig erholt. „Tu mir einen Gefallen.“
„Welchen?“
„Ich sage dir nicht, was du machen musst. Dazu habe ich kein Recht. Ich verlange nur, dass du dich sofort entscheidest. Wenn Jondus überlebt---“ Sie musste wieder husten.
„Jondus hat seine konkreten Befehle, er weiß wann er sich ergeben soll. Mach dir keine Sorgen.“
„Wenn Jondus überlebt, dann Entscheide dich sofort. Sag es Ihm jetzt oder nie. Keiner will so etwas an seinem Sterbebett erfahren.“
„Ich verspreche es dir Luci.“
„Danke Tamara. Realisiere das Rasal, das wir uns erträumt haben.“
„Das werde ich.“
Luci hob ihre linke Hand und wischte die Tränen in Saras Gesicht weg. Ein letztes Lächeln zauberte sich auf Lucis Gesicht, bevor die Hand leblos herunterfiel.


05. November 2513

Sara wachte schweißgebadet auf und kämpfte gegen die Tränen. Wie lange sie dort regungslos auf dem Bett saß, wusste sie nicht. Aber die Lethargie hatte sich gelegt nachdem zwei Zimmermädchen mit der Garderobe des anstehenden Tages ins Zimmer kamen. Nachdem sie sich fertig gemacht hatte, ging sie zur Zimmertür. Es war, als ob ihre Hand zu schwer wäre, die Türklinke zu betätigen, aber nach einem kurzen Zögern, öffnete sie die Tür.
Draußen stand schon Vincent. Sie ging auf ihm zu und streckte leicht die rechte Hand aus. Ihre Angst, dass der Jugendliche die Geste ausschlagen würde, war unbegründet. Mit den Händen fest umklammert, gingen sie zusammen zum Ausgang, wo schon Saras Ehemann Martin wartete.


Wenige Tage davor. 30. Oktober 2513

Der fensterlose Raum war zweckmäßig dekoriert mit einem ovalen Tisch in der Mitte und luxuriöse Stühle drum herum. Die Klimaanlage versprühte angenehme kühle Luft mit einem dezenten Blumengeruch, den Sara nicht sofort einordnen konnte.
Sie nahm auf ihrem Stuhl Platz und packte ihr Pad auf den Tisch neben den schon liegenden Informationsblättern. Andere Personen saßen schon am Tisch, die sie vorher kurz begrüßt hatte. Neuankömmlinge nahmen nach und nach Platz und nickten in ihre Richtung oder grüßten kurz verbal. Einige machten es sich sichtbar zu bequem auf den Stühlen. In so einem Moment kam Sara wieder die Idee in den Sinn, die Stühle gegen Holzscheite auszutauschen, eventuell würden dann solche Meetings schneller zum Erfolg führen.
Alida kam gutgelaunt rein und gab Sara einen Kuss auf die Wange. Die beiden redeten noch ein paar Minuten miteinander, bevor das Meeting offiziell eröffnet wurde.

Hauptmann Jack Sendol, Verantwortlicher für alle IND Agenten im rasaljanischen Sektor stand auf und legte seinem Bericht über die restlichen religiösen Fanatiker von Okram vor. „Unsere Agenten konnten bis in den inneren Zirkel des Machtbereichs vordringen und die Meinungen in eine bestimmte Richtung fokussieren. Die meisten der religiösen Führer sind für Gespräche bereit.“
Sara hatte die Berichte der Agenten vorher aufmerksam durchgelesen. „Sind Sie sich sicher, dass es der richtige Zeitpunkt für ein Vorpreschen wäre? Ihre Agenten hatten wenig Zeit zur Verfügung.“
„Ich möchte nicht überheblich klingen eure Majestät, aber der IND hat über 400 Jahre Erfahrung. Und die Strukturen der religiösen Fanatiker sind lose und die Sicherheit stümperhaft bis nicht vorhanden. Wir hatten keinerlei Probleme unsere Leute einzuschleusen oder die richtigen Leute zu bestechen und/oder zu bedrohen.“
Das klang wirklich überheblich für Sara, sie legte sich aber trotzdem lässig zurück in den Stuhl. „Also gut, wie sollen die Gespräche aussehen?“
Man merkte dem Geheimdienstmann an, dass er kurz mit der Antwort zögerte. „Wie schon angesprochen, sind die Anführer Okrams für Gespräche bereit. Es gibt aber noch einige, die der Sache neutral bis skeptisch gegenüber stehen. Diese denken da vornehmlich an ihre Machtposition und dem Ansehen bei ihren Jüngern. Ihre Unterstützung kriegen wir nur, wenn sie ihr Gesicht wahren können und nicht durch einen austauschbaren Diplomaten vorgeführt werden.“
„Das heißt?“
„Das heißt, dass wir nur einen Vertrag bekommen, wenn Eure Majestät an den Verhandlungen teilnimmt und den Vertrag unterschreibt.“
Ein Scheppern ging durch den Raum, als Saras Ehemann mit der Faust auf den Tisch knallte. „Auf gar keinen Fall! Sie ist schwanger und die Herrscherin von Rasal.“
Sara warf ihrem Ehemann einen besänftigenden Blick zu, der ein wenig von einem *ich-kann-das-alleine-Regeln* Blick ergänzt wurde. „Ihre Argumentation und Analyse dazu, Hauptmann?“
„Das Zeitfenster ist kritisch. Wir haben derzeit eine akzeptable Durchdringung der Strukturen und die Anführer sind offen für Gespräche. Aber nur mit Königin Sara. Die Idee dahinter ist, dass die Anführer dies innenpolitisch als Sieg gegen die sogenannte Kriegerprinzessin verkaufen können, statt ihre Souveränität an einem normalen Diplomaten zu verkaufen.“
Alidas Stimme war eisig als sie sich in den Bericht einmischte. „Wessen Idee, Hauptmann?“
Der Agent des IND wurde sichtbar kleiner, als er von der zukünftigen Herrscherin der TU angefahren wurde. „Als einer unserer Agenten diese Andeutung bei einem der Anführer gehört hatte, haben wir es bei weiteren ausgelotet und sind auf positive Resonanz gestoßen. Wir sind intern alle Szenarien durchgegangen und sind zu dem Entschluss gekommen, dass die Anwesenheit von Königin Sara die schnellste und erfolgreichste Lösung ist.“ Der Mann nahm seinen gesamten Mut zusammen und blickte Sara direkt in die Augen. „Bei allem Respekt Eure Majestät, Sie und Ihr Kabinett wollen eine schnelle Lösung und ein geeintes Rasal. DIES ist die schnellste Lösung. Und meine Männer werden zusammen mit ihren Palastwachen für die höchste Sicherheit auf der Konferenz sorgen.“
Es wurde an dem Abend noch viel geredet und gestritten, aber letztendlich wurde dem Plan zugestimmt. Alida wäre gerne zu dem Treffen mitgekommen, aber es wurden Hospitalschiffe der terranischen Invasionstruppen in den nächsten Tagen erwartet und Alida und der Führungsstab wollten moralischen Support für die Truppen geben.


02. November 2513, Okram-Stadt, Okram.

Der Gleiter landete auf dem Militärstützpunkt, der etwas außerhalb der Stadt lag. Da das Treffen nicht offiziell stattfand, gab es auch keinen, dem Protokoll entsprechend, großen Empfang.
Sara, Jondus und ihre besten vier Leibwächter stiegen aus dem Gleiter aus und blickten auf das kleine Empfangskomitee. Neben den schon vorher eingetroffenen IND Agenten und Palastwachen stand die religiöse Garde der Okramer.
Jondus schweifte über die Männer und Frauen und sprach so leise, dass nur Sara es hören konnte. „Ich weiß, dass du die da drüben selbst als Schwangere im siebten Monat mit dem kleinen Finger verspeisen könntest. Aber ich bitte dich, lass mich die Sache regeln, wenn es den Bach runter geht.“
„Keine Sorge Jondus, ich habe keinerlei Verlangen mich hier sportlich zu betätigen.“
Jondus bewegte seine Augen zur Hüfte von Sara. „Und warum dann das Schwert?“
„Zierde natürlich! Die Okramer wollen eine Kriegerprinzessin sehen, das bekommen sie auch.“ Während sie das gesagt hatte, lächelte und nickte sie kurz in Richtung von Hauptmann Jack Sendol, der mit zwei weiteren IND Agenten und drei religiösen Führern in ihre Richtung kam. Er war offiziell ein terranischer Diplomat, der als „Unbeteiligter“ in Okrams Augen die Verhandlungen beobachtete.


Der „Konferenzraum“ war eine, für diesen Zweck, eilig umgebaute Halle, die mit Tischen, Stühlen und Projektoren ausgestattet worden war. Die Halle war ein Bestandteil eines größeren Gebäudekomplexes, der für die Dauer der Gespräche geräumt worden war. Die IND Agenten und die solenische Palastwache hatten den Komplex mehrmals gründlich durchsucht und hatten keine Auffälligkeiten gefunden. Es waren für den Anlass der Gespräche zwar mehr als 50 Sicherheitsleute eingeflogen worden, aber an den Gesprächen selbst durften nur maximal sieben Sicherheitsleute teilnehmen. Jondus, die vier persönlichen Leibwächter der Königin und die zwei Begleiter von Jack Sendol stellten die sieben Mann. Hauptman Sendol zählte nicht mit rein, da er offiziell als Diplomat galt. Die Anführer von Okram hatten gar keine Sicherheitsleute mit in den Raum genommen. Offiziell als Zeichen des Glaubens an Gott. Und wird sich sicherlich gut in den Medien machen, wenn man davon absieht, dass sie mitten in einer militärischen Anlage sitzen, die ca. 2.500 Soldaten beinhaltete.

Als die Konferenz schließlich begann, war relativ schnell klar, dass die Anführer mehr an Geld und Macht glaubten, als an Gott. Die Klügsten von ihnen sahen ein, dass ihr Staat keine Zukunft hatte. Es galt aber, soviel wie möglich noch für sich einzuheimsen, bevor man sich an das vereinigte Rasal bzw. die Terranische Union verkaufen ließ.
Die erste fünfzehnminütige Pause war nach drei Stunden angesetzt worden.
Sara, Jondus und einer der Leibwächter gingen durch die Gänge des Gebäudekomplexes um sich die Beine zu vertreten. Sie bogen in einen leeren Raum ein.
Sara lehnte sich an die Wand, nachdem sie entschied, dass sie weit genug weg waren. Sie schaute zu dem Leibwächter. „Frei?“
Dieser las die Werte seines Pads ab. „Keine Abhörgeräte messbar. Und selbst wenn, die würden nie durch einen terranischen Störsender durchkommen.“
Sara entspannte sich und nahm dankend die Wasserflasche von Jondus entgegen. „Manch einer der Fanatiker da drin würde sogar seine Großmutter verkaufen.“
Jondus zuckte mit den Schultern. „Mir hundertmal lieber als richtige religiöse Fanatiker, die bis zum Tod kämpfen würden.“
Sara zuckte mit der Augenbraue. „Den Tod ihrer Untergebenen.“
„Richtig. Unsere Freunde hier haben aber den Zeitgeist erkannt. Sie sehen wie ihnen die Felle wegschwimmen. Die alten Schlagwörter kommen nicht mehr so gut an. Ich denke mal die meisten hier nehmen die beste Chance die sie von uns bekommen können. Es ist nur eine Frage der Gier, wie hoch sie ausfällt.“
Sie seufzte. „Aber einige harte Nüsse haben wir trotzdem noch da drunter. Die wollen sich so teuer wie möglich verkaufen.“
„Auch richtig, aber mit einigen will unser guter Jack in der Pause reden und sie weichklopfen.“
Wie auf ein Signal hin klopfte es an der Tür und einer der IND Agenten von Jack Sendol kam in den Raum. „Er braucht noch etwas mehr Zeit mit den Hardlinern und fragte Ihre Majestät, ob Sie eventuell die schwangeren Karte spielen könnten und ihm so noch weitere 15 bis 20 Minuten geben könnten.“
Sara schaute auf ihren Bauch, dann zu Jondus und dann zum IND Agenten. Sie dehnte das erste Wort aus. „Sicher. Wir kommen 18 Minuten später.“
Der Agent nickte und verschwand dann wieder aus dem Raum.

Pünktlich verspätet öffnete Jondus die Hallentür und die drei betraten den Konferenzraum. Sara wollte schon ihre Verspätung politisch korrekt verfloskeln, als sich das politische Lächeln halbfertig auflöste.
Als Jondus sie blitzschnell zur Seite zog, sah sie aus den Augenwinkeln, wie sich ein Schwert durch den Brustkorb ihres zweiten Leibwächters bohrte. Jondus zog sie schon weiter in den Raum zurück bevor der tote Leibwächter überhaupt auf den Boden fiel.
Ihre Reflexe setzten ein und sie betätigte den Schutzschild und zog ihr Schwert. Rücken an Rücken richteten sich Jondus und Sara auf.
Der Blick ging in den Raum. „Was zum Teufel ist hier passiert?“ Der Raum war voller Blut und Leichen. Manche hatten Bauch und Brustverletzungen und andere vermissten ihren Kopf. Alle hatten aber gemeinsam, dass sie tot waren. Auch die drei restlichen Leibwächter aus Saras Gefolge. Der Unbekannte, der ihren vierten Leibwächter gerade getötet hatte, kam leichten Schrittes in die Halle. Sein Schwert vibrierte, oder besser gesagt die Klinge vibrierte. Sara erkannte, dass es sich um einen der IND Agenten handelte, der mit Jack Sendol herkam. Er hielt sich das Schwert kurz vor das Gesicht. „Nicht meine Hauptwahl an Waffen, aber ich wollte mich den lokalen Gegebenheiten anpassen.“
Jondus und Sara gingen weiter, Rücken an Rücken, der Wand entlang.
Jondus sondierte mehrmals den Raum. „Wo ist der Dritte?“
Sara wusste einen Augenblick nicht was er meinte, aber als sie Jack Sendol in der Mitte der Halle sitzend sah, nickte sie kurz verstehend. Wenn der Hauptmann und einer seiner Männer dahinter standen, dann war es anzunehmen, dass auch der dritte IND Agent an der Verschwörung teilnahm. Sie wusste nur nicht, ob das eine Einzelaktion oder eine gesamtterranische Aktion war. Sie presste ein schwaches „Warum?“ heraus.
„Sie sind hier nicht in einem schlechten Film… Ihre Majestät. Ich werde ihnen unsere Pläne nicht vor ihrem Tod erzählen.“ Er nickte in die Richtung des Agenten mit dem Vibratorschwert. „Darnell.“ Und kurz darauf brach die Hölle los. Darnell stürmte auf das Paar zu und zur gleichen Zeit schubste Jondus seine Königin aus dem Weg und stürmte selber auf den Verräter zu.
Aber er vertraute Sara hundertprozentig. „Schnapp du dir Sendol! Der hier ist meiner.“
Auch sie vertraute Jondus hundertprozentig und sprintete los.

Aber auf halben Weg zu Sendol hörte sie ein leises krächzen. Sie hielt abrupt an und ihr Gesicht wurde Aschfahl. Sie musste sich zwingen umzudrehen. Eine kleine Hoffnung war da, dass es nicht Jondus‘ krächzen war, aber er war ein Veteran und Vollprofi, er hätte längst Bescheid gegeben, wenn der Gegner ausgeschalten war. Aber eventuell…
Sie blickte in das ausdruckslose Gesicht des Mannes, der Darnell genannt wurde. Er hatte Jondus an den Haaren und die vibrierende Klinge am Hals. Die untere Bauchgegend füllte sich sehr schnell mit Blut.
Sara blickte in das Gesicht ihres Jugendfreundes und sah die Scham in seinem Ausdruck. Sie wollte ihm noch so vieles sagen, aber Darnell schien auf diesen Augenblick gewartet zu haben und schnitt butterweich durch Jondus‘ Kehle.
In dem Augenblick gaben ihre Knie nach und sie fiel zu Boden, ihr eigenes Schwert knallte auf den Asphalt. Übelkeit überkam ihr.
Darnell kam langsam mit seinem Vibratorschwert näher. „Schade, ich hatte mich schon auf einen Kampf mit der Kriegerprinzessin gefreut.“
Sara wollte auch kämpfen, aber Aufgeben war einfacher, der Tod war einfacher. Keine Politik, kein Schmerz, keine Erinnerungen an Menschen dir ihr was bedeutet hatten. Die letzte Verbindung zu ihrer alten Heimat verloren. Kerzenburg war Idylle, Heimat, Freundschaft und Abenteuer. Aber dies war für immer verloren, Jondus war verloren. Und wahrscheinlich hatte die TU sie verraten.
Als Darnell näher kam, hob sie noch einmal kurz das Schwert auf und schwang damit, mehr aus Reflex, als bewusst in Darnells Richtung. Aber er konnte mit Leichtigkeit den harmlosen Schlag abwehren und gab seinerseits Sara einen Schlag mit dem Griff seines Schwertes auf den Hinterkopf.
Sara sah nur noch Sterne und die Übelkeit verschlimmerte sich.
„Bring es zu Ende, Darnell.“ Jack Sendol sah die Szene aus sicherer Entfernung mit an.
Darnell packte Sara an den Hals und hob sie vom Boden. Ihre Beine hingen zehn Zentimeter in der Luft. Er hatte keine Probleme sie in der Luft zu halten. „Es ist wirklich schade Kriegerprinzessin. Jetzt haben wir in den Tanks schon genetische Modifikationen bekommen und du gibst einfach auf. Falls es Alida oder Johann noch nicht getan haben, Willkommen in der Familie!“ Darnell drückte Sara die Luft ab.

Der letzte Satz und die Gewissheit des Todes rissen Sara aus der Lethargie. Ihr künstlicher Arm brauchte nur Nervensignale und keine Muskelkraft um zu funktionieren und sie legte alles in den einen Schlag. Sie traf Darnell im Solarplexus. Dieser gab sofort den Griff frei und flog sogar mehrere Meter zurück. Als er wieder langsam aufstand, schnappte er mehrmals nach Luft und musste sich erst mal orientieren. Er sah, wie sich Sara aufrappelte. Sie hielt sein Vibrationsschwert in der linken Hand und stützte sich mit der rechten Hand auf ihr eigenes Schwert ab.
Sie sah, wie es bei Darnell im inneren arbeitete und zwang sich zu einem Lächeln. „Traust du dich dein Spielzeug zurückzuerobern?“
Er ging alle Szenarien durch. Er sah wie Sara sich wacklig auf den Beinen hielt, er sah wie der Schweiß ihr im Gesicht runterlief. Und er traf eine Entscheidung. „Scheiße!“ Er blickte zu Sendol, der seine Waffe gezogen hatte.
Dieser zielte nur halbherzig auf Sara. „Du hast nicht zufällig den Schildgürtel zerstört?“
„Nope.“
„Verdammt, unsere Mission…“
„Ist gescheitert.“ Und mit den Worten flüchteten Darnell und Jack Sendol aus der Halle und in einen Gleiter.

Wenige Sekunden darauf kamen die Palastwachen und die restlichen IND Agenten aus den Baracken gestürmt. Kein Gleiter durfte außerhalb bestimmter Zeiten starten und landen und die Agenten wussten damit, dass etwas nicht in Ordnung war.

Die Palastwachen rannten auf Sara zu, als sie sahen, dass sie humpelte. Sie erklärte schnell die Vorkommnisse.
Von den über 40 verbliebenen Sicherheitskräften waren nur 14 gebürtige Solenen oder Preussen. Der Rest war vom IND. Sie musste aber eine Entscheidung treffen.
Sie trat vor die Sicherheitskräfte. „Hauptman Jack Sendol hat Rasal verraten und die komplette diplomatische Delegation der Okramer ermordet. Er hatte mindestens einen weiteren Komplizen des IND. Da ich kein Risiko eingehen kann, steht hiermit jeder IND Agent unter Verdacht und wird festgenommen.“ Ein Raunen ging durch die Männer und Frauen. Sara ließ sich davon nicht beeindrucken. „Geben Sie ihre Waffen ab und erwarten sie weitere Anweisungen.“
Ein Leutnant des IND ging ein paar Schritte auf Sara hinzu, fasste aber seine Waffen nicht an. „Dazu haben Sie kein Recht und keine Befugnisse. Wir sind vom IND, wir unterstehen nicht der rasaljanischen Richtbarkeit. Unser Vorgesetzter---.“
Sara ging daraufhin auf den Leutnant zu. Als sie ein Meter entfernt war, rammte sie ihr Schwert in den Bauch des IND Agenten. „Ihr Vorgesetzter war Hauptman Jack Sendol. Er hat uns verraten, Jondus umgebracht,“ Als sie das Wort Jondus in den Mund nahm, drehte sie das Schwert im Bauch des Mannes einmal kurz nach links und rechts. „und hat versucht auch mich umzubringen.“
Der Leutnant hustete mittlerweile Blut, das auf Saras Schultern spritzte.
Sie blickte in die Augen der restlichen IND Agenten, die geschockt dastanden, als der Leutnant seinen Todeskampf in den Armen der rasaljanischen Königin führte. Ihr war jetzt alles egal. Sie drehte noch ein letztes Mal die Klinge im Bauch des Mannes und zog dann das Schwert aus dem Bauch. Der IND Agent fiel tot zu Boden.
„Noch einer der die Richtbarkeit meiner Person anzweifelt?“
Die IND Agenten waren keine Dummköpfe, egal was sie gerade fühlten, sie unterdrückten es und ließen sich verhaften.


Königlicher Palast, ein halber Tag später.

Die Nachricht der, milde ausgedrückt, gescheiterten Verhandlungen verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Saras Begleitung konnte zwar noch die eigenen Leichen bergen, aber man war nicht das Risiko eingegangen den Okramern persönlich zu erklären was dort vorgefallen war. An die diplomatischen Konsequenzen mochte derzeit keiner denken.

Saras Wut war aber noch nicht gebändigt, sie stand vor der Tür zum linken Flügel des Palastes. Sie kam gerade aus dem Gleiter und ihr gegenüber standen fünf Palastwachen, die ihr den Weg versperrten.
„Bin ich nur von Verrat umgeben?“ Sie hisste die Worte.
Die drei Männer und zwei Frauen schauten sich gegenseitig flehend an. Die Dienstälteste Palastwache nahm ihren Mut zusammen und antwortete auf Saras Frage. „Eure Majestät, ihr Gatte hat uns aufgetragen, dass wir sie nicht durch diese Tür lassen sollen.“ Schon als sie es ausgesprochen hatte, fluchte sie innerlich, dass sie nicht das Wort „gebeten“ genommen hatte.
Sara schaute die fünf Wachen einem nach den anderen an. „Sind sie solenische oder preussische Wachen?“
Die Wache zeigte deutlich ihre Enttäuschung, dass die Königin nicht ihre Nationalität kannte. „Solenen.“
Sara schlug mit der Faust rechts neben der Wache in die Wand und hinterließ mit ihrem künstlichen Arm eine Delle im Putz. Die Wache zuckte aber nicht mal. „Also hat er mindestens so weit gedacht und zählt auf meine Zurückhaltung bei meinem eigenen Volk.“
Das war leise gesprochen, aber die Wache die Sara am nächsten Stand hatte es gehört und hoffte ganz stark, dass es so war. „Eure Majestät, ich kann nicht mal ansatzweise mich in ihre Lage hineinversetzen, aber bitte glauben Sie an ihren Gatten. Er redet gerade mit der terranischen Delegation und mit Alida Kabers im Orbit. Er bittet sie von Herzen ihn alles machen zu lassen. Und…“ sie zögerte kurz. „Ich sollte das lieber nicht sagen, aber die terranischen Wachen haben die Anweisung erhalten Alidas Kinder bis zum letzten Atemzug zu verteidigen. Keiner darf in die Nähe, auch Ihre Majestät nicht.“
Sara sackte in sich zusammen und schob die Knie vors Gesicht, die Tränen fingen an zu fließen. „Ich würde nie----“
Die Frau der Palastwache kniete sich neben ihrer Königin und umarmte sie. Die beiden blieben so für einige Minuten, bevor Sara sich aufrappelte und sich in ihre Gemächer zurückzog


05. November 2513
Jondus bekam ein Staatsbegräbnis. Außer bei ihrer langen Grabrede war Sara lethargisch und abwesend. Als Vincent die Blumen auf den Sarg seines Vaters legte, konnte Sara sich nur schwer auf den Beinen halten. Sie konnte seine Mutter nicht retten und verlor fast ein Jahr später auch noch seinen Vater.

Am späten Nachmittag nahm Sara ihre genetische Schwester Alida zur Seite. „Du hast 24 Stunden. Ich möchte deine Familie vorerst nicht mehr auf Rasal sehen.“
Alida wollte so viel sagen, so viel erklären, aber sie sagte nur: „Selbstverständlich.“


Rasaljanisches Sonnensystem, weit außerhalb der normalen Schiffsrouten.
Darnell betrat den Zerstörer der KI.
Susi Bauers Avatar blickte ihm durch einen der Monitore an. „[…] Und unser Freund Jack?“
„Aufgelöst und schwebt jetzt irgendwo im Weltraum als Molekülwolke.“
Der Avatar nickte.
15.06.2013 02:25 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 23
Kapitel 6


HENRY
Unbekannter Ort, Jahr ???

Kälteschlaf war für den Insassen zwar Augenblicklich, man machte die Augen zu und ein paar Augenblicke später machte man sie wieder auf und man hatte eine bestimmte Zeit überbrückt. Trotzdem spürte man, besonders nach langen Kältschlafphasen, eine Art Orientierungslosigkeit. Für den einen dauerte die Phase länger, für den anderen kürzer.
Milton Dencel schlug die Augen auf und atmete einmal kurz kräftig ein. Er hatte die Kältschlaferfahrung schon über ein Dutzend Mal gemacht und entspannte sich, nachdem sein Gehirn hundertprozentig lief. Gleich würde ein Mitglied des Sanitätsdienstes kommen und mit ihm die Wiedererweckungsphase durchgehen. Ein paar obligatorische medizinische Checks und dann konnte er sich den wichtigeren Sachen kümmern. In ein bis zwei Wochen wäre er bereit den Kapitänssessel von seinem Vorgänger, Kapitän Triczer, zu übernehmen.
Nur sah er kein Mitglied des Sanitätsdienstes sich über die Kapsel beugen. Es waren schon zwei Minuten vergangen. Normalerweise stand immer eine Person an der Kälteschlafkapsel, wenn der Insasse aufgeweckt wurde. Standardprozedere. Milton Dencel unterdrückte den kleinen Anflug von Panik. Es gab einige Szenarien warum er noch keinen Menschen zu Gesicht bekommen hat, z.B. könnte es sich um einen Notfall des Kapselsystems handeln und er wurde vorsorglich automatisch aufgeweckt. Was es auch immer war, in drei Minuten würde er mehr wissen, denn dann greift das Sicherheitsprotokoll dass die Kapsel automatisch nach fünf Minuten öffnen würde. Oder er könnte den Panikknopf drücken und die Kapsel würde sich sofort öffnen.
Ein paar Sekunden kämpfte sein Stolz gegen seine Neugierde, aber dann drückte er den Panikknopf. Er hätte keine Probleme gehabt die drei Minuten zu warten, aber von den einigen Szenarien, die eine automatische Erweckung der Insassen vorsah, waren auch solche Sachen wie „Zerstörung des Schiffes“ dabei. Und drei Minuten könnten dann die Welt bedeuten.
Im Gegensatz zu einer externen oder automatischen Öffnung, wird beim drücken des Panikknopfes die Kapsel fast explosionsartig geöffnet. Milton bekam eine Gänsehaut durch den plötzlichen Wechsel des Raumklimas.
Er trat aus der Kapsel und schaute sich um. Er erkannte, dass seine Crew auch wach in den Kapseln standen und ihn fragend anschauten. Er bedeutete ihnen per Handzeichen, den Panikknopf zu drücken. Die drei Männer und zwei Frauen kamen fast gleichzeitig aus den Kapseln. Wenn ihr Kapitän was befehligte, befolgten sie es sofort.
Der Jüngste der 6-Mann starken Truppe schaute sich um, während der Rest sich die Arbeitsbekleidung aus den Ablagen holte. „Die Kapseln der vorherigen Crew sind leer, wo ist die Begrüßungsmannschaft?“
„Ich hab keine Ahnung Fähnrich.“ Er gab dem jungen Mann die Ausrüstung und ging zur Kommandokonsole, wo schon die Astrogatorin der Mannschaft sich eingeloggt hatte. „Was sagen die Logs?“
Die Frau runzelte mit der Stirn. „Nicht viel. Außer den Schiffsüberprüfungsroutinen finde ich nichts mehr. Alles andere scheint gelöscht worden zu sein.“
Ein Raunen ging durch die restlichen Mitglieder.
Die Astrogatorin ging einen Schritt zur Seite, damit sich Milton selber davon überzeugen konnte. Er vertraute der Frau in Computersachen bedingungslos, aber in so einer Situation musste er sich selber vergewissern. Er fand nichts, was seine Astrogatorin nicht auch schon entdeckt oder vermisst hatte. Er ging wieder einen Schritt weg von der Konsole. „Wie ist der Status der Schiffssysteme?“
„Alles im normalen Bereich, 99% der Kapseln sind belegt und laufen Einwandfrei. Es sind außer der vorherigen Mannschaft und uns, keine weiteren Kapseln frei.“
„Aber WO ist die vorherige Mannschaft?“ Milton schaute seine Leute an, erwartete aber keine Antwort. Stattdessen ging er zum Ausgang. „Hier werden wir keine weiteren Antworten finden, begeben wir uns zur Brücke.“

Auf halbem Weg überraschte sie aber der Bordcomputer. „Kapitän auf die Brücke! Landesequenz wird eingeleitet. Ich wiederhole: Kapitän auf die Brücke!“
Der Mannschaft ging vieles durch den Kopf, aber um sich darüber Gedanken zu machen, blieb keine Zeit. Die sechsköpfige Truppe rannte so schnell wie möglich auf die Brücke. Milton schmiss sich in den Kommandosessel, als er im Raum ankam, seine restliche Mannschaft verteilte sich auf die restlichen Posten.
„Startet den Drideo! Ich will wissen wo wir landen und wo zum Teufel wir überhaupt sind.“ Und wer den Landebefehl gegeben hat. Die vorherige Mannschaft ist nirgendwo zu sehen, der Frachter hatte keine Zweitbrücke und der Bordcomputer hatte normalerweise keine Rechte selbstständig so ein Manöver einzuleiten. Aber diese Gedanken wollte Milton vorerst nicht laut aussprechen.
Als der Drideo Projektor an war und den Planet zeigte zuckten vier der sechs Mitglieder erst mal schreckhaft zusammen, so dicht war das Schiff schon am Planeten.
Milton bellte seine Fragen und Befehle. „Anzeichen der restlichen Flotte?“
„Hinter uns sind weitere 19 Archen. Von der restlichen Flotte oder gar der militärischen Begleitung keine Spur. Soll ich den Suchradius ausweiten?“
„Negativ. Wir müssen uns auf die Landung konzentrieren. Ich nehme an, dass es für einen Abbruch zu spät ist?“
Der Pilot überprüfte die Flugbahn. „Korrekt! Wir sind im Gravitationsfeld des Planeten, es wäre Selbstmord zu versuchen, die Nase wieder hochzuziehen. Das Schiff würde auseinandergerissen werden.“
Die Schiffe befanden sich auf der Nachtseite des Planeten und flogen langsam der Tagesseite entgegen. Milton konnte die Konturen der Kontinente leicht erkennen, aber es gab keinerlei Lichtquellen.
Seine Astrogatorin hatte den gleichen Gedanken. „Sieht unbewohnt aus.“
Milton nickte. „Der Planet ist nicht zufällig in unserer Datenbank gespeichert?“
„Ich lasse schon ein Suchprogramm laufen, aber bisher keine Treffer. Die Konturen der Landmassen sind uns unbekannt.“
„Also sind wir nicht zurückgeflogen. Beenden Sie die Suche und kartographieren Sie so viel wie Sie können, Leutnant. Wir brauchen alle Daten vom Planeten die wir kriegen können, solange wir noch im Orbit sind.“
„Verstanden.“
Er wandte sich an den Piloten. „Fähnrich, wie sieht unser Orbit aus? Wo werden wir landen?“
„Schon überprüft, wir landen auf der Tagesseite, zwei Stunden nach lokalem Sonnenaufgang. Ich kann von hier schon ausmachen, dass es eine flache Ebene ist, aber nicht wie groß der Kontinent ist.“
„Danke Fähnrich, wir behalten den Kurs bei. Ich glaube, dass der Bastard, der uns das hier eingebrockt hat, so gütig war, uns die beste Landestelle auszusuchen.“ Dass die Schiffe hier alleine hingeflogen sind, bezweifelte er. Fragt sich nur, wo die Babysitter hin sind. Er würde sich gerne mit den anderen Kapitänen austauschen, damit keiner eine falsche Entscheidung beim Landen trifft. Aber sein Kommunikationsoffizier hatte gleich nach dem Betreten der Brücke signalisiert, dass keine Kommunikation zu den anderen Schiffen möglich ist.
Für weitere Überlegungen blieb keine Zeit, denn die heiße Phase der Landung hatte begonnen. Seine Mannschaft schnallte sich die Sicherheitsgurte um und traf die letzten Vorbereitungen der Landung, den restlichen Teil würde der Bordcomputer machen. Die Menschen mussten nur im Notfall eingreifen.
Milton verfluchte innerlich Pavel Kabers, als der Drideo-Projektor den glühenden Eintritt der 20 Schiffe in die Atmosphäre zeigte. Er war sich sicher, dass der Ex-Senator hinter allem steckte.

4 Stunden später.
Die 20 Frachter/Archen landeten in einem Gebiet von 8km². Es war flaches Gelände mit einem großen Fluss, der sich 5km weiter westlich entlangschlängelte. Im Südosten türmte sich eine riesige Gebirgskette auf, die schätzungsweise 200 bis 250 Kilometer entfernt lag. Aus den letzten orbitalen Überwachungen, wussten sie, dass weiter im Norden, ca. 100 Kilometer entfernt, der kürzeste Weg zum Meer war. Aber mehr wussten sie nicht. Etliche Daten wurden von den 20 Schiffen im Orbit aufgezeichnet, diese mussten aber erst ausgewertet werden. Vorher standen aber wichtigere Sachen auf der Agenda.
Die 20 Schiffskapitäne hatten sich entschlossen, die restlichen Mannschaften aufzuwecken, sowie einige vom ärztlichen Stab und ein paar Ingenieure und vorhandene Botaniker/Zoologen/Geologen. Die ca. 300 Menschen trafen sich in einem eiligst aufgebauten Großraumzelt, da kein Raum der vorhandenen Schiffe ausreichend Platz bot. Die Ingenieure hatten sich nach einer kurzen Beratung von der Gruppe entschuldigt, um mit dem Aufbau des provisorischen Zeltdorfes zu beginnen. Richtige Behausungen würden in dieser Notfallbesprechung sowieso nicht besprochen werden.
Da Milton mit 67 Jahren der Dienstälteste aktive Kapitän war, leitete er die Besprechung. „Zu allererst, möchte ich festhalten, dass ich diese Vorgehensweise, wie sie wahrscheinlich von Pavel Kabers befohlen wurde, stark Verurteile. Aber ich muss hier auch offenlegen, dass so ein theoretisches Szenario mit einigen höheren Kapitänen durchgesprochen wurde.“ Er nickte den Kapitänen zu, die wussten wovon er sprach, während sich lautstarkes Gemurmel und entsetzen im Saal breitmachte. Er hob abwehrend die Hände. „Das, was wir hier erleben, war nie Bestandteil der Gespräche. In jedem Szenario, das wir durchgesprochen hatten, waren immer die Mannschaften über jede Entscheidung informiert.“
Die Kapitäne, die auch davon wussten, nickten in Richtung der fragenden Menschen, um zu bestätigen, was Milton sagte.
„Es ist also vordergründig erst mal unserer Stolz der verletzt wurde. Zusätzlich dazu, war es ein großes Risiko, Menschen auf einen Planeten landen zu lassen, der völlig unbekannt und nicht kartographiert ist. So viel hätte schief gehen können. Und wir wissen nicht mal warum man uns hier ausgesetzt hat, wo wir sind und wo der Rest der Flotte ist.“
Ein Mann aus der Mitte des Raumes rief eine Frage. „Was ist mit den Siedlern? Haben diese kein Mitspracherecht?“
„In allen Sachen die ab sofort gelten? Auf jeden Fall. Aber nicht missverstehen, was ich jetzt sage.“ Milton machte eine kurze Pause und blickte durch den Raum, es war schwer, der Überbringer von unliebsamen Nachrichten zu sein. Es war einfacher, auf der Seite der Empörten zu stehen. Und er war empört, aber er hatte auch in dieser Sache einige Informationen mehr, als 95% des Saales. „Pavel Kabers hatte sich beim Aufbau der Flotte rechtlich knallhart abgesichert. Alle Siedlerfamilien hatten unterschrieben, dass es ihre Absicht war, der TU den Rücken zu drehen und die Staatsbürgerschaft abgelegt haben. Pavel Kabers würde die Flotte und den Schutz stellen und die Siedlerfamilien an einem Ort bringen, der als neue Heimat deklariert werden konnte. Alle Siedler, die keine aktive Aufgabe im Schiff erfüllen, würden erst am Zielort erweckt werden. Ausgenommen waren Notfälle oder technisch bedingte Wartungen der Kälteschlafkapseln. Unsere Situation ist also Sozial und menschlich gesehen ein Verbrechen, aber kein rechtliches.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Nicht das wir eine Möglichkeit hätten Pavel Kabers zur Rechenschaft zu ziehen.“
„Wenn er denn noch lebt.“ Einer der Botaniker hatte laut gesprochen und viele Köpfe richteten sich zu ihm.
„Wie meinen Sie das?“
Der Mittvierziger räusperte sich kurz, nachdem er schnurstracks zum Mittelpunkt der 300 Menschen geworden war. „Ich kenne nicht die Gesamtsituation, aber von den Gesprächen die ich mit einigen geführt und den Gesprächen die ich überhört hatte, ist nicht klar wie viel Jahre vergangen sind. Wir könnten 10, 50, 100 oder 1.000 Jahre in der Zukunft sein, bzw. verschlafen haben. Alle Uhren an Bord setzen sich jede Stunde auf null zurück und es gibt keine Aufzeichnungen die uns erzählen könnten, welches Jahr wir haben. Zum Zeitpunkt als die verschwundene vorherige Mannschaft Dienst hatte, waren wir mit der Flotte mehr als ein Dutzend Lichtjahre vom nächsten Sonnensystem entfernt. Und das war eine blaue Sonne. Dieses System hat eine Gelbe Sonne! Ich will hier nicht den Teufel an die Wand malen, aber es wären schon 20 Jahre vergangen, bis wir ins System der blauen Sonne gekommen wären, danach hätte die Suche nach einem geeigneten Planeten weitergehen müssen. Meine anwesenden Botanikerkollegen und die Zoologen und Geologen können mir sicherlich beipflichten, wenn ich diesen Planeten vom Ersteindruck her in die oberen Top 20 einordnen würde. Über die Hälfte der bewohnten planetaren Bevölkerungen der menschlichen Kolonien wären neidisch auf diesen Planeten. Wir haben zwar noch nicht die tektonischen Gefahren und das Wildleben analysiert, aber es ist unwahrscheinlich, dass wir einen Planeten vom Niveau von Spica beim ersten Anlauf finden würden und---“
Milton unterbrach den Botaniker. „Entschuldigen Sie Professor, dass ich sie unterbreche, aber wir haben auf den Schiffen einige Entdeckungen gemacht, die noch nicht allgemein bekannt sind. Wir haben in einigen Räumen Stapelweise Bücher und massenweise kopierte eingebundene Blätter gefunden. Es sieht so aus, als ob unsere Freunde, die jetzt nicht hier bei uns sein können,“ einige Menschen verzogen bei der Bemerkung sarkastisch das Gesicht „die gesamte Bibliothek der Menschheit ausgedruckt haben. Auf jedem Schiff befinden sich zusätzlich zu den technischen Einträgen in der Datenbank und auf etlichen tausend Pads auch dutzendfache Kopien von jeder erdenklichen technischen Errungenschaft, Blaupausen von Fabriken und technischen Teilen, Funktionsweise von alltäglichen Gerätschaften, Ackerbau, Fischereitechniken und alles sonstige was eine neue Zivilisation in der Anfangsphase und später braucht.“
Und als Milton dies alles aufzählte, machte er sich eine mentale Notiz, in späteren Versammlungen anzusprechen, dass mindestens zwei vollständige Kopien an sicheren Orten auf anderen Kontinenten untergebracht werden. Es kann so viel schief gehen und diese Aufzeichnungen waren der gesamte Wissensschatz der Menschheit.
„Aber ein Stapel war immer auffallend platziert, er trug den Namen Sprungantrieb.“ Wieder ging ein Raunen durch den Saal. „Irgendwann in der Zeit zwischen der letzten Wache und unserer eigentlichen Weckung, muss die Flotte mit Sprungantrieben ausgestattet worden sein. Es ist also unwahrscheinlich, dass Jahrhunderte ins Land gezogen sind, aber einige Jahre vergingen wahrscheinlich bei der Suche nach geeigneten Planeten. Unsere Techniker hatten dann sogleich den Maschinenraum begutachtet und konnten bestätigen, dass es sich um neue Maschinen handelte. Wir konnten auch zwei Techniker auffinden, die an dem Sprungantriebstechnologie-Projekt zweitweise gearbeitet hatten. Sie haben uns bestätigt, dass die Daten auf den Blättern und die Bau- und Funktionsweise der Maschinen sich nur unwesentlich unterscheiden würden. Aber das bringt uns nicht viel. Die Frachter können ohne Hilfe keinen Orbitalflug unternehmen und nur ein Wahnsinniger würde einen Sprungantrieb auf einem Planeten durchführen.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Außerdem wissen wir nicht wo wir uns befinden. Es könnten Jahrzehnte vergehen, bis wir unsere Position relativ zur Erde herausgefunden haben.“

Die nächsten Stunden gingen weiter ins Detail. Viele Studien hatten schon vor Jahrhunderten rausgefunden, dass ca. 6.000 Individuen gebraucht wurden, um eine neue Zivilisation aufzubauen. Kapitän Milton Dencel hatte 15.000 Siedler um sich. Geht man von einem Überschuss der Geburten- zur Sterberate von jährlich 2% aus, dann hätte man nach fast 100 Jahren eine Bevölkerung von erstmals über 100.000 Menschen. Nach 214 Jahren die erste Million, nach 330 Jahren zehn Millionen, nach 446 Jahren 100 Millionen und nach 562 Jahren die erste Milliarde. Über dem Daumen gepeilt also eine Verzehnfachung der Bevölkerung alle 100-120 Jahre. Ausgenommen sind Katastrophen, Hungersnöte, Kriege und alles was sonst noch nach dem Leben in großer Zahl trachten könnte. Die genetische Vielfalt würde sich durch natürliche Mutationen schon nach fünf bis sechs Generationen erhöhen.
Des Weiteren wurde entschieden, dass die ersten Siedler in der darauffolgenden Nacht, zwei Stunden vor Sonnenaufgang geweckt werden und über die Ereignisse unterrichtet würden. In den darauffolgenden zwei bis drei Wochen, sollen dann alle Siedler nach und nach geweckt werden, sofern die provisorischen Behausungen dafür bereit stehen.
Die Botaniker, Zoologen und Geologen würden sich auch am nächsten Tag sofort bei Sonnenaufgang mit einigen Mannschaften in die Geländewagen setzen und die nähere Umgebung erforschen.
Alles andere war noch Zukunftsmusik. Die Siedler hatten viel vor sich.

Milton schmiss sich am Abend in den Kommandosessel seines Schiffes, er hatte zwar schon ein Zelt zugewiesen bekommen, wollte die erste Nacht aber noch im Schiff verbringen. Aus den Augenwinkeln erkannte er ein Stück Papier das am Boden lag. Jetzt erinnerte er sich, dass so ein Stück Papier am Sessel geklebt hatte, als er in die Brücke gestürmt war. Aber er hatte dem Papier keine Bedeutung zu der Zeit geschenkt, da er an dem Morgen andere Sachen bei der Landung im Kopf hatte.
Er hob das Papier auf und drehte es um. Er las das Wort und zerknüllte das Papier, bevor er es zurück auf die Brücke schmiss und die Augen zuschlug. „Hurensohn.“

Auf dem Papier stand in Großschrift.
DIASPORA

Ende Band 23: "We Didn‘t Start the Fire"
06.07.2013 17:48 Sun-Ku Wan ist offline E-Mail an Sun-Ku Wan senden Beiträge von Sun-Ku Wan suchen Nehmen Sie Sun-Ku Wan in Ihre Freundesliste auf
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Band 24
Kapitel 1


DARNELL

08. November 2513

Der blaue Planet,
die Wiege der Menschheit,
Gaia,
Raumschiff Erde.
„Passagiertransport Vier-Fünnef-Drei-Drei-Zulu an OPZ 17, erbitte Landungskorridor für Europa. Code 25.“
„OPZ 17 an Vier-Fünnef-Drei-Drei-Zulu, Code 25 Daten erhalten und verstanden. Übermitteln Anflugdaten, Willkommen auf der Erde.“
„Danke OPZ, Passagiertransport Vier-Fünnef-Drei-Drei-Zulu, Ende.“
Der Transporter durchflog das Verteidigungsnetz der Erde, immer im wachsamen Auge der orbitalen Verteidigungsstationen und der mobilen transorbitalen Kampfschiffen.
Studien des Rates gehen davon aus, dass eine erfolgreiche Invasion der Erde drei der fünf aktiven Armadas benötigen würde. Die Verluste an Schiffen wären ca. 40-70% der gesamten Flotte. Und das Ganze nur, um den „Nibelungen Ring“ genannten orbitalen Verteidigungskordon der Erde auszuschalten. Selbst nach der Vernichtung des Ringes könnte es Monate dauern bis Invasionstruppen gefahrlos landen könnten. Die Trümmer des Verteidigungskordons wären eine zweite Schutzschicht für den Planeten. Die letzten Trümmer würden ohne Eingreifen von außen erst Tausende Jahre später verglühen. Selbst mit einem Schutzschild würde sich kein Invasionstransporterpilot in den Orbit wagen, wenn einem Trümmerstücke so groß wie normale Kreuzer treffen könnten.
Die Bevölkerung der Erde hätte zu dem Zeitpunkt andere Probleme. Alleine die erdnahe Schiffswerft „Terra Magna“ hatte das Volumen von zehn Schlachtschiffen. Wenn diese durch eine Explosion in den Orbit geschleudert wird und die Selbstzerstörungsmechanismen nicht greifen, dann könnten alleine die Trümmer der Station eine jahrelange Eiszeit auslösen wenn sie auf Land fällt, oder 1/4 der Landmassen überfluten, wenn sie in ein Meer fällt. Die restlichen Trümmer reichen aber auch, um die Erde für Jahrzehnte unbewohnbar zu machen.
Die TU ist sich dieser Gefahr bewusst und hat in jeder größeren Installation mehrere Peilsender eingebaut und auf der Erde selber tausende Verteidigungsanlagen installiert um herunterfallende Trümmerstücke zu zerkleinern. Allzu große Auswirkungen würde dies aber selbst nicht machen.
Die Erde ist aber nicht der einzige Planet der vor diesem Problem steht. Viele Haupt- und massive Industrieplaneten haben das gleiche Problem. Zwar schert sich seit Jahrzehnten keiner mehr um das planetare Bombardierungsverbot weil die beiden einzigen Mächte die es forcieren könnten, sich selbst bekriegen. Aber es kam in dieser Zeit auch zu keinem Szenario, wo ein Planet mit mehr als fünf Milliarden (hier spricht man von einem entwickelten Planeten) Lebewesen bombardiert wurde. Auf bevölkerungsärmeren Planeten kam es zu taktischen Bombardierungen auf militärische Ziele und seltener auf Industriezentren.
Orbitale Verteidigungsstationen waren legitime militärische Ziele. Bei manchen Planeten, wie z.B. der Erde hatte dies aber solche Ausmaße angenommen, dass die Trümmer selbst zur Gefahr zum Planeten wurden und man deshalb von einer indirekten planetaren Bombardierung sprach.
Dies führte zu einem Zusatzartikel im Bombardierungsverbotsvertrag, der besagte, dass speziellen Planeten (diese wurden namentlich im Vertrag genannt) zuerst ein reelles Kapitulationsangebot gemacht werden musste, bevor die Verteidigungsanlagen als legitimes Ziel interstellar anerkannt würden. Was ein reelles Kapitulationsangebot war, wurde natürlich nicht näher erläutert.

Der Transporter überflog Kleinasien in Richtung der alten Tschechischen Republik. Die neuentfachte „unberührte Natur“ wurde nur durch vereinzelte Städteinseln gestört. Ansonsten prägte sich das Bild von immensen Wäldern, weiten Wiesen mit darauf grasenden Tierherden und schneebedeckte Gebirge mit vereinzelten Häusern.
Die Gaia-Reformen wurden als letzte offizielle Amtshandlung von Peter Kabers 2107 eingeleitet. Diese Reformen dauerten letztendlich 150 Jahre und heilten den Planeten.
Die Verlegung der Industrie in den Kuiper-Gürtel wurde massiv gefördert. Alle größeren Industrieanlagen auf der Erde wurden aufgegeben und stillgelegt.
Die Züchtung und Verarbeitung von Tieren zum Verzehr wurde auf der Erde verboten. Synthetisches Fleisch war zum damaligen Zeitpunkt schon auf dem Vormarsch, aber dieses Verbot verhalf der Synth-Lebensmittel-Industrie zum Durchbruch. Wer richtiges Fleisch oder Fisch essen wollte, musste es von den Kolonien teuer importieren. Für ca. 40% der Meeresarten kam diese Reform aber zu spät.
Die Agrarindustrie auf der Oberfläche wurde zurückgefahren. Es durfte nur noch natürlich angebaut werden und der Einsatz von Pestiziden oder genetischer Anpassung über ein bestimmtes Level war verboten. Im gleichen Atemzug wurde die Anbaufläche begrenzt.
Die meiste verbleibende Industrie (z.B. Synth-Lebensmittel und lokales verarbeitendes Gewerbe) wurde in den Untergrund verlegt. Die Technologie um Kilometertief in den Erdmantel vorzustoßen und riesige Komplexe dort zu bauen, hatte man seit Jahrzehnten.
In den Städten wurde durch den Wegfall der Industrie viel Platz frei. Zusätzlich dazu wurde der Fokus auf sogenannte Super-Metropolen gelegt. Die größten Metropolen im 26. Jahrhundert sind z.B. (nicht alle großen aufgelistet) Shanghai mit 120 Millionen Einwohnern, Bombay 107, Neo-Tokyo 87, Greater New-York 82, Rio 70, Rhein-Ruhr 64, Paris 40, Berlin 32, London 28, usw.
An die 50% der bestehenden Städte wurden aufgelöst. Wo früher z.B. Jena stand, ist heute ein Wald. Die Auflösung der Städte hatte doppelt so lang gedauert wie die ursprünglichen 150 Jahre der Reform.
Man vertrieb zwar nicht die Leute aus ihren Häusern, aber hatte alles dafür getan, dass ein freiwilliger Wegzug attraktiv aussah. So war es dann auch, dass die Menschen aus diesen Städten den größten Teil der Kolonisten ab der vierten Kolonisationswelle bildeten. Dies war von der TU so gewollt, die willige Siedler auf den neu gegründeten Kolonien brauchte und war eins der Gründe warum die meisten Kolonien sich so schnell entwickeln konnten. Den Rest erledigte das Alter und die Steuern. Der Spitzensteuersatz in so einer aufgegebenen Stadt konnte bis zu 90% betragen. Schulen wurden nicht mehr in diesen Städten betrieben, so dass die Menschen in Anbetracht der Schulpflicht entweder ihre Kinder täglich pendeln lassen mussten oder direkt wegzogen.
Derjenige der zurückblieb starb irgendwann halt an Altersschwäche, es gab keine Erlaubnis sich in der Stadt niederzulassen und am Ende gab es offiziell keinen Bewohner mehr.
Dies alles hatte wenig mit dem grünen Daumen der TU zu tun. Aus der Erfahrung der anderen Hauptplaneten der Außerirdischen Rassen, wusste man, dass die Ernährung und die industrielle Versorgung des Hauptplaneten lokal auf dem Planeten aussichtslos war. Es gab nie genug Platz um die Bevölkerung zu ernähren und man hatte bei den außerirdischen Völkern genug Beispiele von ökonomisch „toten“ Planeten gesehen. Null-G-Industrie im Kuipergürtel und in Erdnähe war sowieso billiger und ertragreicher.
Der Transporter setzte in einem Gebiet 50 Kilometer nördlich von Prag auf. Dies war das Hauptquartier des IND.
„Wir sind am Ziel Direktorin.“


Hans ging seit einer halben Stunde in dem kargen weißen Raum auf und ab. Er hatte fast 30 Tage Verhör nach Verhör hinter sich und heute sollte die Entscheidung fallen. Es war ihm mittlerweile egal was rauskommen würde, er wünschte sich nur, dass er endlich hier rauskommen könnte. Er war faktisch zwar kein Gefangener, wusste es aber besser, als zu versuchen das Hauptquartier des IND zu diesem Zeitpunkt zu verlassen.
Er hatte sich gerade mal zwei Minuten auf die Kante des stählernen Tisches gesetzt, als die Tür mit einem Zischen aufging.
„Sie sollten es eigentlich besser wissen, als mit dem Rücken zur Tür zu sitzen, Fähnrich.“
Hans sprang auf und drehte sich um. In der Drehung salutierte er schnell. Sein Gesicht drückte Überraschung aus, als er die Frau sah, die in den Raum reinkam und lässig den Salut erwiderte. „Direktorin Kabers?!“
Alida musste sich erst mal an die Bezeichnung gewöhnen. Normalerweise wurden die Herrscher und Nachfolger der TU mit dem militärischen Titel angesprochen. Aber Alida war nie im Militär. Es wäre sicherlich anders gekommen, wenn sie nicht auf Rasal notgelandet und von der TU abgeschnitten worden wäre. Aber Sie ist nun mal hauptsächlich eher Politikerin und Ex-Prinzessin. Es war aber nicht das erste Mal in der über 400-jährigen Geschichte, dass ein ziviler Kabers die Macht der TU übernommen hatte oder als Kandidat gehandelt wurde. Für diese Fälle war der normale Titel „Direktor“ oder „Direktorin“ gedacht, der den Vorsitz über die Vielzahl der zivilen und militärischen Firmen, die direkt in Familienhand der Kabers lag, verwaltete.
„Setzen Sie sich Fähnrich.“
Hans setzte sich auf den Stuhl und beobachtete, wie Alida erst die Unterlagen auf den Tisch ausbreitete und dann selbst Platz nahm. Er wartete bis sie anfing zu reden.
„Fähnrich, sie sind ein nicht enden wollendes Gesprächsthema hier im HQ. Unsere Damen und Herren hier wissen nicht was sie mit Ihnen anfangen sollen. Ich bin ehrlich zu Ihnen, einige wollen Ihren Kopf. Sie können froh sein, dass die sich nicht entscheiden konnten zwischen einer öffentlichen Hinrichtung oder ob Sie einfach aus dem System getilgt werden sollten.“
Hans rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. „Eine Frage habe ich, wenn Sie erlauben würden, Direktorin.“
„Ja?“
„Was wurde aus den Zwillingen?“
Alida neigte den Kopf etwas zur Seite. „Vibia und Gaius Sivori. Sie hatten sich freiwillig für die letzte Phase der Invasion Regulus‘ gemeldet.“ Alida wartete kurz, ob Hans was sagen würde, redete dann aber weiter, als keine sichtbare Reaktion kam. „Natürlich wurde dies abgelehnt. Egal welche Ausbildung sie auf dem Planeten selber hatten, ohne TU-Grundausbildung schicken wir keine Soldaten ins Gefecht, besonders keine 15-jährigen Kinder. Sie sollten selber wissen, dass wir so oder so die Zwillinge nicht gehen lassen hätten können. Sie waren und sind sekundäre Zeugen zu Ihrem Fall Fähnrich.“ Alida faltete ihre Hände zusammen und stützte sich mit beiden Ellbogen auf den Tisch. „Aber wieso fragen sie mich das? Und erst jetzt? Sie waren unter keiner Informationssperre. Sie hätten jeden x-beliebigen Vorgesetzten fragen können oder die Informationen aus der Datenbank holen.“
„Ich wollte den Zwillingen keine Unnötige Aufmerksamkeit durch den IND zukommen lassen.“
Alida setzte zu einem Lächeln an. „Das ist süß.“ Und legte es wieder ab. „Aber nochmal die Frage, warum jetzt und warum mich? Die nächste Herrscherin der TU zu Fragen, anstatt einen Leutnant oder Hauptmann, bringt doch nur mehr Aufmerksamkeit auf die Zwillinge.“
Hans musste seine Lippen befeuchten, bevor er sprechen konnte. „Weil sie hier vor mir sitzen.“
„Und das hat welche Relevanz?“
„Der IND muss zu einem Entschluss gekommen sein. Wie Sie schon sagten Direktorin. Sie sind die nächste Herrscherin der TU, man würde sie nicht in die Entscheidungsfindung für das Disziplinarverfahren eines kleinen Fähnrichs einbinden. Die einzige Möglichkeit bliebe nur noch, dass die Entscheidung gefallen ist. Es bleibt nur noch die Frage, warum sie hier vor mir sitzen. Soweit ich weiß, sind Sie nicht in den IND eingebunden. Aber diesbezügliche Informationen wären über meiner Gehaltsgruppe, wenn Sie wirklich im IND sind.“
Alida lehnte sich zurück an die Stuhllehne. „Sie haben Recht. In beiden Sachen. Aber Sie wären nicht im IND, wenn Sie solche Sachen nicht zusammenzählen könnten. Es ist eine Entscheidung Gefallen und ich bin nicht im IND.“ Alida stand auf und ging beim Reden ein paar Schritte den Raum entlang, weil sie immer noch in der Sache wütend und aufgebracht war. „Wie viel wissen Sie vom Attentat auf Rasal?“
Hans wollte sich schon erschreckt zurückwerfen, aber er fing sich vorher ein. Selbst der heutige IND würde nicht mit der Schrotflinte nach Schuldigen suchen. Sie würden ihn also nicht damit in Verbindung bringen. Er war zum Zeitpunkt des Attentats hier im HQ und davor monatelang auf Regulus. Und davor war er ein kleiner Rekrut unter den Fittichen von Hauptmann Heckermann. Er hatte keine Möglichkeit an dem Verrat mitzuwirken. Und das weiß auch der IND. Hans fragte sich nur, warum Direktorin Kabers dies Ansprach. Es war ganz sicher kein Smalltalk.
Er stand selber auf, so dass kein Kläger-Angeklagter-Gefühl aufkam. Er hatte einiges über das Attentat gelesen, besonders als der IND anfing eine kleine Hexenjagd unter auffälligen Agenten zu veranstalten. Da er nur zur Befragung im HQ war, hatte er weiterhin vollen Zugriff auf die, für seine Gehaltsgruppe freigeschalteten, Informationen. „IND-Hauptmann Jack Sendol, damaliger Korrespondent in Wenning hatte versucht Königin Sara von Sola zu ermorden und die Eingliederungsgespräche der Okramer zu sabotieren. Beim letzteren hatte er Erfolg. Die Okramer schreien nach Blut und sind auf Kriegskurs. Vom Hauptmann fehlt jede Spur.“
Alida ging zum Tisch und griff in ihre Tasche. „Gut, Sie sind über die offizielle Variante informiert.“
Hans konnte nicht anders, als eine Augenbraue hochzuziehen. *Offizielle Variante?* Normalerweise verfälschte der IND nicht seine internen Berichte. Wenn etwas nicht für die Augen von niederen Agenten bestimmt war, dann hatte dieser Agent entweder keinen Zugriff auf diese Informationen, oder die jeweiligen Abschnitte waren geschwärzt oder nicht einsehbar.
Alida legte mehrere Blätter auf den Tisch. „Lesen Sie es bitte durch und unterschreiben Sie, nachdem Sie Ihren Fingerabdruck auf dem Pad hinterlassen haben.“
Seine Augen weiteten sich, als er die Dokumente las. Es war eine Verschwiegenheitsklausel auf Lebenszeit. Enthalten waren mehrere Privilegien, sowie Ziele und … eine Beförderung. Hans schaute von den Blättern auf und in Alidas Gesicht.
„Sie haben nur eine Wahl, Hauptmann Hans Cecilia.“
Die Entscheidung war also gefallen. Nur den Ausgang hätte er sich nie vorgestellt. Er unterschrieb den Vertrag bevor er seine nächste Frage stellte. „Warum?“
Alida setzte sich wieder auf den Stuhl, Hans hatte sich schon hingesetzt, als er den Vertrag unterschrieben hatte. „Weil Sie in der Sache die beste Option sind.“
Hans verstand nicht. Der Vertrag spezifizierte in der Sache nicht eindeutig.
Das sagte wohl auch sein Gesichtsausdruck aus. Alida gab ihm nun, da er den Vertrag unterschrieben hatte, alle Informationen. „Sie bleiben weiterhin im Gebilde des IND. Ich habe mir aber, als zukünftige Herrscherin der TU das Recht genommen, Sie und ihre Untergebenen als meine persönlichen Agenten einzusetzen. Das Attentat auf meine Schwester hat die gesamte Sache persönlich gemacht.“
Es überraschte ihn, dass Alida, Königin Sara als Schwester bezeichnete. In den IND Unterlagen stand das wichtigste über Sara von Sola drin. In ihrem ersten Leben als Tamara war sie die Nachfahrin eines der Kinder von Peter Kabers. Damit ist sie genetisch schon mal mit dem Kabers Clan verwandt. Als sie im Sterben lag, hatte Alida den Klontank eingesetzt um Tamara zu retten. Da der Tank eigentlich auf Alidas DNA eingestellt war, hatte nun die „wiedergeborene“ Sara auch Erbgut von Alida in ihren Genen und war damit genetisch und auch faktisch eine Schwester von Alida, egal wie die offizielle Story auf Rasal aussah. Für Hans war es nur verwunderlich, dass Alida dies ausspricht. Genaugenommen hätte Sara damit einen Anspruch auf die Nachfolgerschaft der TU. Sie könnte den Anspruch zwar nicht friedlich durchsetzen, aber das wäre wohl keine Hürde für eine Frau die mehrere Kriege mitgemacht hatte und von nicht wenigen als „Kriegerprinzessin“ betitelt wird. Sie hätte wahrscheinlich auch nicht wenige Unterstützer in der TU selber, die einen Wechsel in der Führerschaft wünschen, um dann in den nächsten Jahrzehnten sich von dem ganzen Kabers-Geflecht zu lösen. Aber dies waren Überlegungen, die man besser nicht allzu weit verfolgen sollte. Es war nie gut in der internen Politik des Kabers-Clans zu wühlen. Deshalb konzentrierte sich Hans auf die Frage die ihm am meisten interessierte. „Warum bin ich dann die beste Option?“
„Weil der Drahtzieher der gesamten Operation Darnell hieß.“
„Unmöglich.“ Als er das Wort ausgesprochen hatte, verfluchte er sich gleich selbst und versuchte es herunterzuspielen. „Ich will nicht sagen, dass sie Lügen, Direktorin. Aber das spräche gegen alles was Darnells Situation ausmachte. Er ist eigentlich vor uns auf der Flucht, immer versucht einige Sonnensysteme zwischen sich und dem IND zu halten. Rasal liegt direkt neben Sol. Das macht keinen Sinn.“
„Seien Sie sich sicher, dass Darnell hundertprozentig auf Rasal war.“ Alida lehnte sich wieder zurück an den Stuhl. „Was denken Sie warum der IND Darnell sucht? Warum er überhaupt die meistgesuchte Person der TU ist?“
Gefährliche Frage, Hans antwortete ausweichend. „Es ist unklug über solche Sachen zu reden.“
Alida lehnte sich nach vorne. „Sie sind nun mir direkt unterstellt, Hauptmann. Kein anderer hat eine Befehlsgewalt über sie oder ihr zusammengestelltes Team, außer…“ Sie zeigte auf sich selber. „Es wäre UNKLUG, wenn Sie mir nicht antworten würden.“
Hans fühlte sich wie auf einem Drahtseilakt ohne Netz und doppelten Boden. „Wir Agenten, die mit dem Fall beschäftigt waren, gehen davon aus, dass es was Familieninternes der Kabers ist.“
„Da haben Sie recht, zählen Sie eins und eins zusammen.“
„Ich verstehe nicht.“
„Es ist was Familieninternes und er heißt Darnell.“
Darnell als Männername kam ab dem 24. Jahrhundert auf einigen Kolonien als Vorname in Mode. Es war kein alltäglicher Name im 26. Jahrhundert, aber auch nicht extrem rar. Außer der ehemalige IND-Geheimdienstchef hatte keine wichtige Person aus dem Kabers-Clan und deren Ableger den Namen Darnell gehabt. Auf einmal lief Hans der Schweiß über den Rücken. Es war, als ob ein mentaler Block sich löste. „D-das kann nicht sein.“ Er schüttelte mit dem Kopf.
Alida blieb ruhig-neckisch. „Warum nicht? Es müsste doch mindestens im Hinterkopf rumgeschwirrt sein, dass der gejagte Darnell und der ehemalige Geheimdienstchef was miteinander zu tun gehabt haben könnten?“
Hans stimme wurde immer leiser, auch wenn er wusste, dass der Raum abhörsicher war. „Wie gesagt, wir haben über so etwas nicht geredet. Ich denke Hauptmann Heckermann hatte seine Theorien, aber die hat er sicherlich nicht mit einem kleinen Fähnrich frisch von der Akademie erörtert. Und ich war zu sehr darauf bedacht meinen ersten Fall 1A zu lösen.“ Hans flüsterte nun. „Meine Gedankengänge wären nie in diese Richtung gegangen. Ich kann es jetzt selbst nicht glauben, dass Darnell Kabers in einem neuen Körper ist.“
„Wieso nicht? Wir haben die Technologie, meine Schwester ist der Beweis.“
„Aber soweit ich es verstehe, war dies der erste erfolgreiche Einsatz der Technologie. Darnell Kabers offizieller Tod liegt Jahrzehnte zurück. Also hat es damals schon funktioniert?“
Alida schüttelte mit dem Kopf. „Das habe ich nicht gesagt. Der Eingriff schlug fehl. Was denken Sie denn, warum wir erstens versuchten den besten Geheimdienstchef den wir je hatten, zu einem neuen Leben zu verhelfen und danach durch die halbe Galaxie jagten? Nein. Der Eingriff schlug fehl und Darnell hatte psychischen und physischen Schaden durch den Eingriff erlitten. Ich habe die alten Dokumente genauestens studiert und gebe zu, dass die Verantwortlichen und mein Vater danach falsch gehandelt haben. Sie sahen Darnell als missglücktes Experiment und nicht als Menschen. Sie wollten das Experiment und damit Darnell auslöschen. Aber auch wenn er psychischen Schaden davongetragen hatte, so war er doch einer der intelligentesten Menschen in der Galaxie. Und bevor er beiseite geschafft werden konnte, gelang ihm die Flucht.“

Alida klärte Hans noch zu den weiteren Gegebenheiten auf, so dass Hans ein komplettes Bild der Situation haben konnte, bevor sie zur aktuellen Lage zu sprechen kam. „Was denken Sie also, was das Ziel des Attentats war?“
Da brauchte Hans nicht lange zu überlegen. „Das Ziel war ganz klar die Destabilisation Rasals und das ist auch geglückt. Königin Sara schaut einem Krieg gegen Okram ins Auge, auch wenn sie militärisch keine Probleme haben dürfte, so könnte doch die ganze Region für Jahrzehnte politisch instabil bleiben. Besonders da die Bevölkerung sehr religiös, meist fanatisch religiös ist. Die Frage ist aber, was hat Darnell davon? Er wollte eigentlich so viele Sonnensysteme zwischen sich und der TU bringen, wie möglich.“
„Richtig. Und mit dieser Frage beschäftigen sich derzeit einige sehr hohe und sehr paranoide Politiker. Darnell kann nur mit einem sprungfähigen Schiff nach Rasal gekommen sein. Dies deutet auf Unterstützung in hohen Kreisen hin, sehr hohen Kreisen. Höher als die meisten Politiker, die sich mit der veränderten Sachlage in Bezug auf Darnell beschäftigen.“ Alida stand auf. „Und deshalb sind Sie auch direkt mir unterstellt und keinem anderen. Ich komme quasi von außerhalb, habe aber die Macht des Kabers-Clans hinter mir. Außerdem wurde es persönlich. Da viel es mir leicht, den gesamten Fall an mich zu ziehen.“ Sie streckte die Hand nach Hans aus, der sie entgegennahm und schüttelte. „Stellen Sie Ihr Team zusammen, Hauptmann Cecilia. Sie können jeden Agenten des IND anfordern und er wird Ihnen unterstellt, sofern es machbar ist. Wenn es nicht machbar ist, wird man ihnen detailliert und zensurfrei die Gründe nennen, warum dieser Agent nicht verfügbar ist. Falls Sie den Agenten dennoch brauchen, kontaktieren Sie mich. Sie haben nahezu,“ und sie betonte das Wort nahezu, „unbegrenzte Ressourcen zur Verfügung. Selbstverständlich erhalten Sie einen Werksneuen sprungfähigen Zerstörer für ihre Arbeit gestellt. Auch diese Mannschaft untersteht nur Ihrer Person.“
Hans stand mit halboffenen Mund da und konnte nicht reden.
Alida ließ die Hand los und ging zur Tür. „Ich gehe mit Ihnen ein großes Risiko ein, Hauptmann. Enttäuschen Sie mich nicht.“
Er löste sich aus der kurzzeitigen Lethargie „Ich werde Darnell schnappen oder Tod auf seinem Tisch liegen, Sie haben mein Wort.“
Alida blieb vor der Tür stehen und drehte sich nochmal um. „Hoffen wir, dass es ersteres ist. Ich freue mich mit Ihnen zusammenzuarbeiten, Hans.“

Hans salutierte nochmal und fiel dann in den Stuhl zurück. Er hatte viel zu verdauen.


Band 24 „Eskalation.“
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