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Zum Ende der Seite springen KG "Deadly Denny"
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Ironheart Ironheart ist männlich
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19 Zahltag

Zentrale der „Ewigen Flammen“-Triade, Montenegro, Solaris City, Solaris VII
Freedom-Theater, Provinz Skye, Lyranische Allianz

23. August 3062

Die Fassade des dreistöckigen, quadratisch 60 mal 60 Meter großen Hauses mit seinem abgeblättertem Putz, den windschiefen Fenstern und den teilweise zerstörten Dachziegeln hätte Aussenstehende niemals auf die Idee gebracht, es könne sich hierbei umd die Zentrale einer der berüchtigsten Verbrecherorganisationen von Solaris VII handeln.
Und das war auch so gewünscht, denn auch wenn fast jeder in dieser Gegend wußte, was dieses Gebäude tatsächlich beherbergte, so musste man damit nicht auch noch unnötig prahlen.
Genau zwischen dem südlichen Ende des Grünweg-Parks und dem Montenegro-Flussufer gelegen, war das nun mal ein idealer Standort für die Koordinationszentrale für die Triade, aber gleichzeitig nicht allzu weit entfernt von den Haupttouristenattraktionen von Montenegro. Die oftmals mehr als verrückten Touristen, die Solaris immer noch in Scharen heimsuchten, konnten schliesslich auf die Idee kommen hier mit ihren Touristenbussen anzukarren um Schnappschüsse von der Zentrale einer berüchtigten Verbrecherorganisation zu machen.
Und das entsprach nicht ganz dem Wunsch der Triade.

Der lichtdurchflutete Innenhof der Zentrale der Ewigen Flammen war hingegen ein Ort der Ruhe und der Schönheit und stand damit in starkem Kontrast zu eben dieser unmittelbaren Aussenwelt und liess keinen Zweifel an der Macht und an dem Reichtum seiner Bewohner.
In der Mitte war der Hof mit einem sorgfältig angelegten Zierteich versehen, in der Form des Triadenwappens – einem silbernen Dreieck mit einer gelb-rot-orange brennender Flamme in der Mitte.
Der Teich war liebevoll verziert mit seltenen und äußerst wertvollen Pflanzen. Eine Voliere mit einigen exotischen Vögeln stand in der Nähe einer edlen Sitzgruppe, die um einen massiven Marmortisch am Rande des Teichufers gruppiert war.
Ein älterer Mann mit langen schlohweissen Haaren sass an einem dieser Stühle und war dem Teich zugewandt. Er war damit beschäftigt die kleinen einheimischen Raubfische - Solaris Goldhechte – zu füttern.
Er warf einen kleinen, wehrlosen aber flinken Zierfisch in den hellblauen Teich und beobachtete, wie sich die vier Goldhechte auf ihn stürzten. Eine Weile konnte der kleine Zierfisch ausweichen und fliehen, aber die in Rudelform angreifenden Raubfische liessen ihm keine Chance. Mit ausdrucksloser Miene beobachtete der Mann, wie der kleine Fisch regelrecht zerfetzt wurde.

Knirschende Schritte auf dem feinen Kies, die den Teich umgaben, kündigten dem alten Mann die Ankunft eines Gastes an.
Nicht weit hinter ihm stoppten die Schritte und die Person begann zu warten. Der alte Mann schloss die Augen für einen Augenblick und seufzte fast unmerklich.
Das Geschäft rief nach ihm, er hatte Entscheidungen zu treffen, Entscheidungen die auf die Menschen, die sie betrafen, ähnliche Auswirkungen hatten wie auf den kleinen Zierfisch.

Langsam drehte er sich zu dem Störenfried um und nickte ganz leicht, ein Zeichen dafür das es diesem nun erlaubt war zu sprechen.
Der sehr viel jüngere Mann verneigte sich kurz und zackig bevor er sprach: „Entschuldigen sie die Störung, Herr! Sie haben Besuch der sich etwas verspätet hat.“
Der alte Mann nickte verstehend. Ein verpäteter Besuch war jemand der mit seinen Schulden gegenüber der Triade in Verzug war. Ab einer bestimmten Schuldenhöhe oder einer entsprechend bekannten Persönlichkeit liess es sich der Kriegsherr der Ewigen Flammen nicht nehmen, selbst das letzte Urteil über diese Person zu fällen.
Den jungen MechKrieger, der von zwei weiteren bewaffneten Männern hereingeleitet wurde, erkannte er sofort. In den letzten Tagen der Unruhen war er schliesslich in fast jeder montenegriner Nachrichtensendung zu sehen gewesen.
Der selbstsichere Schritt des Mannes verriet dem alten Mann, das er in dem kleinen schwarzen Koffer das mitgebracht hatte, was er der Triade schuldete.

Sein Assistent begrüßte den Neuankömmling mit frostiger Stimme: „Herr Dukic, schön das Sie es nun auch endlich einmal zu uns geschafft haben.“
Trotz der Tatsache, dass ihm die Wachen seine Waffen abgenommen hatten und er einem Angriff wehrlos ausgeliefert gewesen wäre, strahlte der MechJockey ein Selbstbewusstsein aus, das fast schon an Übermut grenzte.
„Vielleicht haben sie es ja gehört, ich bin aufgehalten worden.“
„Ja, Herr Dukic, wir haben in der Tat davon gehört. Und wir haben auch davon gehört, dass sie die etwas chaotischen Zeiten zu ihrem und auch unserem Vorteil nutzen konnten, nicht wahr?“
Mit einem Grinsen hob der Mechpilot den Koffer auf den Marmortisch, drehte ihn in Richtung des alten Mannes und kloppfte mit den Fingern darauf.
„Eine knappe halbe Million, inklusive der Verzugszinsen.“
Der Assistent drehte den Koffer wieder in Richtung des MechJockey`s und bedeutete ihm mit einer Handbewegung ihn zu öffnen.
Dukic verdrehte zwar kurz die Augen, öffnete dann aber doch den Koffer und drehte ihn wieder in Richtung des alten Mannes und seines Assistenten. Zu sehen waren eine Unmenge von dicken Geldbündeln.
„Schätze jetzt sind wir quitt, oder? Und sie brauchen es nicht zu zählen, ich wäre schliesslich nicht so dumm die Triade um ein paar Tausend C-Noten zu bescheissen.“
Ausdruckslos schauten die beiden hochrangigen Triademitglieder auf den Geldkoffer ehe erneut der Assistent mit einem raubtierhaften Grinsen antworte: „Dann ist ja nur noch die Frage zu klären, Herr Dukic, wie sie so dumm sein können zu glauben, das wir ihren Verzug mit der einfachen Zahlung von Zinsen verzeihen werden?“
Ein Flackern trat in die bis dahin selbstsichere Miene des MechKriegers und seine Augen suchten augenblicklich nach einem Ausweg oder einer Fluchtmöglichkeit. Mit diesem Verlauf des Gespräches hatte er wohl nicht gerechnet und in seinem Inneren lächelte der alte Mann ob der brillianten Vorgehensweise seines Untergebenen. Jetzt hatten sie ihn fast dort, wo sie ihn haben wollten.
„Ich versichere ihnen, ich hätte schon letzte Woche gezahlt, wenn dieser verdammte Konflikt nicht dazwischen gekommen wäre, Mr....Mr...?“ versuchte sie ihr Gegenüber - sichtlich nervös geworden - zu überzeugen.
„Namen tun hier nichts zur Sache“ gab der Assistent schroff zurück. Bei den ewigen Flammen wurden die Namen der Mitglieder nur in Ausnahmefällen benutzt und selbst dann nur Codenamen.

Der alte Mann bedeutet seinem Assistenten mit einer Handbewegung näher zu kommen. Er wollte nicht, dass der MechJockey zu nervös wurde und am Ende sogar noch eine Dummheit beging.
In einer Lautstärke, die nur der Assistent hören konnte, flüsterte er ihm den nächsten Schritt ins Ohr. Er hatte beschlossen, das die Zeit reif war. Reif dafür, den jungen Mann näher und längerfristiger an seine Organisation zu binden.
„Nun,“ fuhr der Assistent fort, nachdem ihm der alte Mann über seine Entscheidung unterrichtet hatte, „normalerweise sind wir nicht so nachsichtig mit unseren säumigen Schuldnern. Aber Eingedenk ihrer Leistungen für die Liga und ihrer Beliebtheit in Montenegro sind wir durchaus bereit die Sache hiermit ruhen zu lassen. Ich hoffe sie verstehen dies als unsere Investition in ihre Zukunft, Herr Dukic.“
Die offensichtliche Forderung und gleichzeitig damit verbundene unverhohlene Drohung, die der Antwort seines Assistenten anhing, hatte auf den jungen MechKrieger nicht die Auswirkung, mit der der alte Mann gerechnet hatte.
Das hörbare Ausatmen angehaltener Luft kündete zwar von Erleichterung, aber es war keinerlei Zeichen von Verunsicherung oder Sorge zu erkennen. Machte sich der aufstrebende MechJockey denn keine Gedanken darüber, was die Triade in Zukunft von ihm fordern würde?
Entweder war er so abgebrüht, das ihm das nichts ausmachte, oder er hatte nicht richtig verstanden.
Der alte Mann gab seinem Assistenten ein für Aussenstehende unverständliches Zeichen, worauf dieser noch einmal betonte: „Es kann also gut sein, das wir eine Gegenleistung für diese Gefälligkeit verlangen werden, nicht wahr?“

Doch auch diesmal liess der junge Solariskämpfer nicht erkennen, das ihm das etwas ausmachte.
Der alte Mann entschloss sich diesem Verhalten später ein wenig auf den Grund gehen zu lassen.
„Ja klar, kein Problem. Sagt einfach Bescheid wenn ich helfen kann, o.k.?“ antwortete der MechJockey fast wieder mit der selben Selbstsicherheit wie vorhin.
Dann verabschiedete er sich artig und wurde von den Wachen nach draussen geleitet.
Der Assistent drehte sich zu dem Oberhaupt der Ewigen Flammen und fragte respektvoll wie es weitergehen sollte.
Zum ersten Mal an diesem Tage konnte man die leise, kaum wahrnehmbare Stimme des alten Mannes in dem Innenhof vernehmen: „Sagen sie Johnny, das sich sein Auftrag leicht geändert hat. Er soll an weiter an ihm dranbleiben, ihn aber im Moment nicht töten. Ich will herausfinden, was der kleine Bastard plant. Wenn wir es herausgefunden haben, können wir ihn uns dann gegebenenfalls immer noch vorknöpfen.“
Dann nahm er in aller Seelenruhe einen weiteren kleinen Zierfisch aus dem kleinen Fischglas, der auf dem Marmortisch direkt neben dem Koffer voll Geld stand, und warf ihn in den Teich.

************************

Draussen vor dem Gebäude stieg Denny in den auf ihn wartenden, gepanzerten Wagen ein. Hank sass auf dem Rücksitz und schaute ihn fragend an.
„Un`? Machs nich so spannend, alles gut gelaufn, oder?“
„Alles geritzt, Hank, die bin ich los“ lachte Denny „danke das Du mitgekommen bist und hier gewartet hast, statt in der Basis zu sein und Eli beim Packen zu helfen.“
„Machste Witze? Die hat alles im Griff, weissdu? Da steh ich ja eh nur dumm rum, ne?“ grinste Hank zurück. Dann drehte er sich zum Fahrer um, einem der Aushilfstechs der Basis, und nannte den Hangar 66 als ihr nächstes Ziel.
„Hangar 66?“ fragte Denny stirnrunzelnd „kommen wir da denn rein?“
Der „Hangar 66“ war eines der legendären Etablissements auf Solaris, ähnlich der „Thor´s Schildhalle“ in Schlesien und es war im Grunde nur besonders bekannten MechKriegern vorbehalten den hinteren Saal zu betreten.
„Keine Sorge, 3D, Val Halloran persönlich hat uns ne Einladung geschickt, ne? Lehn dich einfach zurück un` geniess deine 15 Minuten des Ruhms, o.k.? Wir werdn heut abend nochmal so ordentlich auf die Kacke haun, ne?“
Denny mußte grinsen. Hank hatte Recht, sie mußten die Tatsache, das die Übertragungen aus den MSN-Maschinen sie berühmt gemacht hatten noch einmal zum Feiern nutzen. Wer weiss wie oft sie dazu noch Gelegenheit bekommen würden. Er lehnte sich in seinen Sitz zurück und schloss für einen Augenblick erleichtert die Augen.
Er war froh, das alles so glatt gelaufen war, auch wenn er zwischenzeitlich Muffensausen bekommen hatte. Dann dachte er an die Forderung der Triade nach einer Gegenleistung für ihre „Zuvorkommenheit“. Sie konnten ihn in ein paar Wochen auf Outreach danach fragen dachte er im Stillen bei sich und war froh, dass dieses Thema erledigt war.

Als der Fahrer den Wagen aus der Parklücke heraus manövrierte und sich in den wieder stärker werdenden Verkehr einfädelte, bemerkte er den Wagen mit den dunkel getönten Scheiben nicht, der in knapp 100 Meter Entfernung hinter ihnen dasselbe Manöver ausführte.
Und erst recht fiel dem ungeübten Auge des Aushilfstechs nicht auf, das dies kein Zufall gewesen war, sondern das die dunkle Type - die den zweiten Wagen lenkte - mit der Sicherheit eines Profis die Verfolgung aufnahm.

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"Das Leben ist das was einem passiert, während man andere Pläne schmiedet." John Lennon

Mitglied der Autorenkooperationen "Dantons Chevaliers" und "Hinter den feindlichen Linien"

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20

Adlerhorst, Montenegro, Solaris City, Solaris VII
Freedom-Theater, Provinz Skye, Lyranische Allianz

24. August 3062

Es war schon früher Nachmittag und der leichte Nieselregen plätscherte gegen die Scheibe von Denny´s Unterkunft im Adlerhorst. Packen war definitiv eines der Dinge, die Denny nicht besonders gerne tat.
Wie konnte man nur die Erinnerungen an zwei Jahre auf Solaris VII in gerade mal zwei Kubikmeter fassende Duraplastkartons quetschen?
Das er dabei immer noch pochende Kopfschmerzen von gestern Nacht hatte, machte die Sache nicht eben einfacher.
„Du konntest es ja auch nicht lassen“ murmelte er lächelnd vor sich hin. Natürlich war der Abend im Hangar 66 berauschend gewesen.
Bisher war er dorthin noch nie eingeladen worden, dafür war er noch nicht bekannt genug gewesen. Und auch Hank war nur in den ersten Jahren seiner Karriere ein paar Mal dort gewesen. Daher war es für sie beide eine große Ehre gewesen mit all den anderen MechKriegern das Ende der Unruhen feiern zu dürfen.
Schon der Empfang hatte was gehabt. Wie Holovid-Stars hatten sie über einen roten Teppich, an dem links und rechts die Zuschauer hinter Absperrungen gestanden hatten, den exklusiven hinteren Saal betreten. Einige der Zuschauer hatten sogar ihre Namen gerufen, doch Denny war sich sicher, sie würden ihn nächste Woche schon wieder vergessen haben. Aber Hank hatte Recht gehabt: In diesem Augenblick hatte er seine 15-Minuten-Ruhm sehr genossen.
Drinnen war die Creme de la Creme der montenegriner Society und MechKrieger - jedenfalls das was davon noch übrig war - versammelt gewesen. Hohe Würdenträger, Adlige, Großindustrielle, Stallbesitzer und mittendrin Denny und Hank. Ihre Hände waren unzählige Male geschüttelt worden, auf ihre Schultern wurde immer wieder geklopft und Denny hatte sich für eine Weile richtig prominent gefühlt.
Dann hatte es eine kleine Trauerzeremonie für die gefallenen MechKrieger gegeben, bei der Denny vor allem an Jerome Keller denken mußte. Das Bild seines Sirocco wie es vom Hollis-Inc.-Gebäude zerquetscht wurde hatte sich für immer in sein Gedächtnis gebrannt.
Und danach war es wieder richtig lustig geworden. Denny konnte sich nur noch bruchstückhaft an Einzelheiten erinnern und wußte nicht mehr richtig, wie sie nach Hause gekommen waren, was vor allem am übermäßigen Alkoholgenuss lag. Aber er hatte es alles mehr als genossen – die Aufmerksamkeit, die Feier, den Spass, auch wenn er jetzt die Zinsen dafür in Form seiner Kopfschmerzen bezahlen musste.

Doch jetzt musste er seinen Kram verpacken und hatte noch die Verladung seines Firestarters inklusive zwei weiterer Modulkonfigurationen, die ja jetzt auch ihm gehörten, zu beaufsichtigten. Danach wollte er noch kurz in sein Appartmentzimmer im Horziba-Apartmenthaus, wo er – wie so viele MechKrieger – eine kleinere, zentraler gelegene und vor allem manchmal diskretere Zweitwohung ausserhalb der Basis genommmen hatte.
Auch wenn er die zweite Wohnung viel zu selten genutzt hatte, hatte er sie aus irgendwelchen Gründen nie gekündigt und nun musste er noch ein paar persönliche Erinnerungsstücke holen gehen.
Er bückte sich gerade unter seinem Bett, als nach kurzem Anklopfen ein paar schwere Mechstiefel - die er aus seiner Position fast unterhalb seines Bettes erkennen konnte – den Raum betraten.
„Hank, was willst Du?“ So unsensibel konnte ja nur einer sein.
„Hey, 3D. Du brauchst nich´ unterm Bett putzen, ne?“ gab dieser schallend laschend zurück. Hank schien die gestrige Nacht nicht das geringste ausgemacht zu haben, obwohl er auch mächtig einen über den Durst getrunken hatte. Denny schob es auf seine wuchtigere Konstitution.
„HaHa, sehr witzig“ gab er etwas missmutig zurück. „Laß mich raten, Eli hat deine Sachen schon längst einpacken lassen, oder?“
„Korrekt,“ gab Hank breit grinsend zurück „un ich bin nu hier um dich zur Feier abzuholen, ne?“
„Was denn für eine Feier?“ Schon das Wort „Feier“ liess einen schmerzhaften Gesichtsausdruck auf Denny´s Miene treten. Sein pochender Schädel schien den Druck, der von innen gegen seine Augäpfel wirkte, noch zu verstärken.
„Nuja, unsere Ex-Kollegen wolln ne kleine Party schmeissen, ne? Als Abschied sozusagen.“
„Ach komm schon, Hank, das halte ich nie und nimmer durch. Ausserdem muss ich noch ins Horziba und ein paar Sachen holen.“
„Hey 3D, du mit den meisten von denen hasste fast zwei Jahre gearbeitet, ne? Willste einfach so abdüsen, so mir nix dir nix? Wir wolln doch, dass das ganze für Carling Jr. möglichst echt aussieht, ne? Und das tuts nur, wenn wir noch ne kleine Abschiedsparty schmeissen, ne? In deine Zweitbude kannste auch morgen früh noch...“
„Ist ja gut, ist ja gut“ gab sich Denny geschlagen und schloss den Deckel des Duraplastkartons. Er würde sich eben etwas zurück halten müssen in seiner letzten Nacht auf Solaris VII.

***************************

Der Regen – der in den letzten Minuten stärker geworden war - plätscherte auch gegen das Dach eines großen Regenschirmes im Innenhof der Zentrale der Ewigen Flammen.
Der alte Mann, der unbewegt auf das Wasser des Teiches zu starren schien, konnte durch die Tropfen, die Wellen auf dem Teich aufwarfen, seinen geliebten Goldhechten bei Ihrem eleganten Weg durch das Wasser nicht zusehen.
Doch das tat er auch gar nicht. Er dachte nach. Er dachte an den Vormittag, der damit verstrichen war, dass er sich Berichte über die Aktivitäten seiner Untergebenen in seinem Büro angehört hatte. Die einzelnen Gebiets- und Bereichsanführer hatten ihm ihren Status über die allgemeine Situation, den Wochenbericht aus ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen und - noch wichtiger – ihre Berichte über ihren Krieg gegen die in Montenegro mit ihnen um die Macht konkurrierende Triade - die Himmelskrieger - gegeben.
Während die einzelnen Häuser das Chaos der letzten Woche dazu genutzt hatten ihre Zwistigkeiten auszutragen, hatten auch die zahlreichen Verbrecherorganisationen die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen um ihrerseits alte Rechnungen zu begleichen oder neue aufzumachen.
Die Berichte wurden grundsätzlich nur mündlich und persönlich abgeliefert. Ein alter Grundsatz seiner Triade um die Geheimhaltung möglichst maximal zu halten. Aber dafür war diese Vorgehensweise – und das gab der alte Mann nur äußerst ungerne zu – auch sehr ermüdend.

Er dachte an den noch kommenden Marathon des Zuhörens, Abwägens und Entscheidens, der ihn an diesem Nachmittag noch erwarten würde. Seine Gedanken wanderten zu der Tatsache, das er sich hierher eigentlich hatte zurückziehen wollen um sich zu entspannen und um Kraft und Energie für den Nachmittag zu tanken. Er wollte es sich selbst nicht richtig eingestehen, aber früher war im das alles körperlich viel leichter gefallen.
Er dachte an seine Jugend, an die Zeiten in denen er noch voller Elan und Tatendrang und ohne diese bleierne Schwere in seinen Knochen seinen Aufgaben zum Wohle der Triade nachgegangen war. Er dachte an Stolz, an Übermut und an aufbrausende Impulsität.
Er dachte an Zdenek Dukic.
Seine Informanten hatten die Fühler ausgestreckt und hatten herausgefunden, das Eli Mancini mit hoher Wahrscheinlichkeit Abreisevorbereitungen traf. Sowohl für sich selber als auch für die Herren Borer und Dukic. Und das brachte die weitreichenden Planungen, die er für den jungen MechKrieger bereits gemacht hatte, gehörig durcheinander. Und es ärgerte ihn wenn seine Pläne nicht aufgingen.

Und dieser Dukic schien nicht nur seine Pläne zu durchkreuzen, er schien auch nicht zu wissen, wen man sich in dieser Stadt lieber nicht zu seinen Feinden machen sollte.
Langsam drehte er sich zu seinem Assistenten um, der schweigend auf eine Reaktion seines Kriegsherren wartete. Ein leichtes Nicken des alten Mannes war genug um ihm eine ausreichende Antwort zu geben.
„Um ihre Frage zu beantworten,“ wandte sich der Assistent der dritten Person zu, die ihnen an dem großen Marmortisch gegenüber sass „Herr Dukic steht nicht unter dem Schutz der Triade.“
„Gut, dann denke ich könnte sich zwischen Ihnen und mir tatsächlich eine geschäftliche Möglichkeit ergeben. Zufällig weiss ich das Mr. Dukic über knapp vier Millionen C-Bills verfügt.“ Bei den letzten Worten setzte ihr Gesprächspartner eine verschwörische Miene auf und flüsterte die Höhe der Summe nur noch.
„Das ist sehr schön für Herrn Dukic,“ gab der Assistent süffisant lächelnd zurück, „doch welche Rolle soll die Triade nun dabei spielen?“
„Ganz einfach, ich will das Sie mir das Geld beschaffen. Und wir machen dann 50:50.“
„Was hindert uns daran uns das Geld einfach zu holen ohne sie zu beteiligen, jetzt da wir die Information haben?“
Augenblicklich begann sein Gegenüber in Hektik zu verfallen. „Naja, also... ich meine, sie haben von mir die Information und...“
„Die wir sicher auch so erhalten hätten“ wurde er vom Assistenten unterbrochen, der daraufhin vom alten Mann beobachtet wurde. Der Junge war gut, zu gut. Der Anführer der Triade nahm sich vor, ihn in nächster Zeit etwas stärker durchleuchten zu lassen. Nicht das sein aufstrebender, designierter Nachfolger auf die Idee kam, gewisse Dinge zu beschleunigen.
„Sagen wir einfach zum Wohle unserer vergangenen und zukünftigen Partnerschaft...?“ richtete ihr Gesprächspartner nun das Wort direkt und fast flehentlich an den alten Mann.
Doch es war wieder der Assistent der ihm antwortete: „Gut, aber es wird nur was bei 75:25!“ Mit einem hörbaren Schlucken wollte ihm sein Gegenüber etwas darauf erwidern, doch der Assistent war schneller „Und damit sind wir noch mehr als fair!“
Der Mann überlegte einen Moment und nickte nur.
"Sehr gut," nickte jetzt auch der Assistent "betrachten Sie Herrn Dukic hiermit als vogelfrei!"
„Eine Frage habe ich noch“ hakte der Besucher noch einmal beim Assistenten nach „Was machen sie, wenn Mr. Dukic nicht bereit ist zu zahlen?“
Eisige Kälte lag in der Stimme des alten Mannes, als er ihm mit seiner leisen, fast schon flüsternden Stimme antwortete: „Keine Sorge, Mr. Delvecchio, keine Sorge. Er wird zahlen. Und wenn es das letzte ist, was er in seinem Leben tun wird.“

***********************

Der Mann, den Sie Johnny nannten, legte sein Funkgerät beiseite, schnappte sich sein Fernglas und richtete es auf das sechste Stock des Verwaltungsgebäudes aus.
„Und?“ fragte ihn der, den sie Ahmed nannten. Dieser hatte sein Fernglas ebenfalls auf die hinter der Glasfassade steigende Party gerichtet. Beide beobachteten das bunte Treiben im sogenannten Adlerhorst von einem Hotelzimmer südlich der Basis aus. Von hier hatten sie eine fast schon ideale Position.
„Zugriff bei günstiger Gelegenheit.“
„Schön,“ grinste der zweite Mann mit den arabisch anmutenden Gesichtszügen und machte sich schon an die Arbeit, sein schweres Zeus-Gewehr auszupacken und zusammenzubauen, als er von Johnny unterbrochen wurde, der die Bestandteile des Scharfschützengewehrs wieder zurück in den Koffer legte und diesen dann wieder schloss. „Nein, er soll vorher noch ´ne Kleinigkeit von der Bank holen!“
„Wir gehen also nachher, wenn´s dunkel geworden ist, rein und holen ihn raus?“
„Warum die Mühe? Ist viel zu gefährlich.“ erwiderte Johnny während er sein Fernglas wieder der Party zuwandte „Wir wissen, das er morgen da rauskommt und schnappen ihn uns dann in aller Ruhe.“
Warum ein unnötiges Risiko eingehen, wenn sie ihn ganz leicht woanders würden schnappen können. „Und ich weiss auch schon wo?“ dachte er und lächelte diabolisch bei dem Gedanken an die Provision, die ihm dieser Auftrag mal wieder einbringen würde.

***********************

Nicht unweit von den beiden lag auf dem Dach eines nahen Gebäudes - von dem man aus sowohl das Zimmer der beiden Killer, als auch das Verwaltungsgebäude gut sehen konnte - eine dunkle Gestalt in einem pechschwarzen Tarnanzug und beobachtete durch das Zielfernrohr seines Sniper-Gewehrs die beiden Gestalten, die ebenfalls das Verwaltungsgebäude des Adlerhorstes zu observieren schienen.
Als er sicher war, das der eine der beiden sein Zeus-Gewehr, das er kurz durchs Zielfernrohr hatte sehen können, vorerst nicht aufzubauen schien, drehte er sein Gewehr in die Richtung der Party.
Suchend liess er das Fadenkreuz über die feiernde Menge gleiten. In diesem Trubel war es gar nicht so leicht zu finden, wonach er Ausschau hielt. Als er schliesslich gefunden hatte wonach er suchte, atmete er tief ein und hielt die Luft an, um das orange fluoreszierende Zielkreuz direkt auf dessen Schädel ruhen zu lassen.

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14.02.2003 17:38 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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21

Horziba-Appartement-Komplex, Montenegro, Solaris City, Solaris VII
Freedom-Theater, Provinz Skye, Lyranische Allianz

25. August 3062

Jetzt war er also gekommen, der Tag des endgültigen Abschieds. Denny´s Blick schweifte noch einmal über seine Zweitwohnung die ihm jetzt trotz voller Möblierung kahl vorkam, kalt und steril.
Der Fahrer des privaten Fahrdienstes, der ihn zum Raumhafen bringen würde, wartete an einem der Seiteneingänge des Gebäudes darauf, das er seine letzten persönlichen Dinge eingepackt hatte. Und auch wenn er hier nicht sonderlich lange gebraucht hatte, konnten sie nicht mehr allzu lange rumtrödeln.
Denny war erst relativ spät aufgestanden, nachdem die Feier des gestrigen Nachmittags sich dann doch bis in den späten Abend gezogen hatte. Eli und Hank hatten ihn auf einmal von der Party weggezerrt, weil sie auf die Idee gekommen waren mit ein paar langjährigen Freunden, wie z.B. ihren persönlichen Techs noch in Carling´s Büro zu verschwinden um dort in kleinerem intimerem Kreise bei einem edlen Tropfen weiter zu feiern. Die anderen Gäste hatte das nicht weiter gestört, die hatten noch eine Weile im Vorzimmer weiter gefeiert.
An der Ausgangstür drehte sich Denny noch ein letztes mal um und versuchte sich zu vergewissern, das er auch nichts vergessen hatte. Irgendwie ging es ihm nicht aus dem Kopf, das er vielleicht etwas vergessen hatte. Aber ihm fiel nichts ein.
Also warf er seinen olivgrünen Seesack über die linke Schulter und machte sich auf den Weg nach unten.

In Gedanken versunken ging Denny den engen dunklen Gang zum Seitenausgang hinab. Ihm wollte einfach nicht einfallen, was er vergessen hatte. Es lag ihm förmlich auf der Zunge, aber wollte sich einfach nicht in seinem Geiste materialisieren.
Es schien ihm, als wäre da ein Puzzle in seinem Kopf, dem das letzte Element fehlte.
Während er darüber nachsann, was es sein könnte, fiel ihm drei Schritte vor der Ausgangstür auf, das der Wagen des Fahrdienstes nicht mehr da war. Sein Geist meldete ihm, das das merkwürdig war genau in dem Moment, in dem ihm zwei Schritte vor der Tür der von links kommende Schatten eines Person auffiel, die offentsichtlich links neben der Tür zu stehen und auf etwas zu warten schien.
Einen Schritt vor der Tür entschloss sich Denny sicherheitshalber seine freie rechte Hand auf die schwere Sternnacht zu legen.
In den Augenblick in dem er durch die Tür trat, sah er einen arabsich aussehenden Mann, der eine ruckartige Bewegung ausführte.
Mit einer fliessenden, tausendfach geübten Bewegung zog Denny seine Autopistole aus dem Holster und noch bevor sein Gegenüber die schwere Mydron-Autopistole in seiner Linken auf halbe Höhe hoch gehoben hatte, war Denny´s Waffe auf dessen linkes Auge gerichtet.

„Hohoho, was wird denn das?“ fragte er den ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrenden Araber. Anscheinend hatte er nicht damit gerechnet, das sein vermeintlich ahnungsloses Opfer dermassen schnell ziehen konnte.
„Runter damit“ zischte Denny ihn an.
Ein Zucken in den Augen des Arabers verriet ihm, das irgendjemand hinter ihm stand, einen Bruchteil einer Sekunde bevor der kalte, metallene Lauf einer Waffe sein Genick berührte.
„Na, Ahmed, habe ich dir nicht gesagt, das er schneller als ziehen kann als Du? Du schuldest mit 50 Mäuse!“
Dann an Denny gewandt fügte die unbekannte Stimme hinzu: „Ich würd vorschlagen SIE nehmen ihre Waffe runter, Mr. Dukic!“
„Bevor sie mich erwischen, schiesse ich Ihrem Freund den Kopf weg“ versuchte Denny zu drohen.
„Nur zu! Erstens ist er nicht mein Freund und zweitens können sie ihrem Schädel dann auch Lebewohl sagen.“
„Hey, Johnny...“ gab der Araber mit einem geqäulten Lachen hervor „mach keinen Scheiss...“
„Schnauze Ahmed, das hast Du dir selbst eingebrockt.“
„Was wollen sie? Wer schickt sie?“ Denny versuchte so beherrscht wie möglich zu klingen, aber in ihm brodelte ein Vulkan. Ein Vulkan der Wut über sich selbst, das er so unachtsam gewesen war, Wut über diese beiden Penner, die ihn aufhielten und natürlich Wut gegenüber denen, die sie geschickt hatten, wer immer es auch sein mochte.
„Wer uns schickt tut nichts zur Sache. Und naja, was wir wollen ist ja wohl klar, oder? Wir wollen ihr Geld.“
Einen kleinen Augenblick keimte die Hoffnung in Denny`s Kopf, das dies nur ein simpler Überfall war.
„Kein Problem,“ versprach er „ihr könnt alles Bargeld haben, das ich bei mir habe, nur macht schnell. Ich muss zum Raumhafen.“
Doch die Hoffnung zerplatzte jäh als sein Gegner hinter ihm fortfuhr: „TsTsTs, Mr. Dukic. Glauben sie etwa wir sind simple Taschendiebe, ich bitte sie! Nein, wir sind auf die vier Millionen aus, die auf ihrem Konto schlummern und die werden wir jetzt holen gehen, klar? Und nehmen sie endlich die Waffe runter!“
Schlagartig schien Denny die Hitze ins Gesicht zu schiessen. Seine Gedanken überschlugen sich. Woher wissen die...? Eli und Hank...? Nein, unmöglich...! Aber wer dann... ? Delvecchio... ! Jetzt war klar, er sass mächtig in der Patsche.
„Wenn ihr mich erschiesst, geht ihr leer aus“ versuchte er sie zu bluffen.
„Ahhh, Mr. Dukic, das wäre in der Tat äußerst ärgerlich. Vor allem da ich dann eine lange Reise in die Liga vor mir hätte um die wahrscheinlich Alleinerbin aufzusuchen, ihre Schwester wenn ich mich nicht irre, oder? Wer weiss, was ich ihr dann antun müsste um an das viele Geld zu kommen?“
Verzweiflung und Wut stieg in ihm auf. Woher wussten sie nur soviel über ihn? Und sie hatten Recht. Seine Schwester Nikola wäre die einzige Verbliebene und damit seine Alleinerbin.
Gab er ihnen das Geld nicht und liesse er sich bei dem Versuch zu entkommen erschiessen, so würden sie seine Schwester und seine beiden Neffen behelligen.
Ging er mit ihnen mit, um ihnen das Geld zu geben, schaffte er es nicht mehr rechtzeitig zum Raumhafen um sich dort mit Eli und Hank zu treffen. Und dann würde er die Ersatzpapiere nicht bekommen, die er brauchte um mit seinem Firestarter nach Outreach zu kommen. Ganz abgesehen davon das er nicht sicher sein konnte, ob sie ihn überhaupt am Leben lassen würden. Viel grösser war die Wahrscheinlichkeit mit einem Genickschuss im Solaris River zu landen.
Er wollte heulen vor Wut, aber es schien keinen Ausweg für ihn zu geben. So oder so, er hatte verloren.
Es dauerte ein paar unendlich lange Sekunden, ehe seine Waffe ganz langsam gen Boden sank und dabei quasi von Ahmeds Gesicht über Hals, Brust und Bauch wanderte.

„So ist´s gu...“ Johnny kam nicht dazu seinen Satz zu beenden.
Schräg rechts vor Denny – in ungefähr 20 Meter Entfernung - löste sich scheinbar ein schwarzer Schatten aus einem schwarzen Seitengang und kam mit einer erhobenen Waffe auf sie zugerannt.
Blitzschnell reagierte Denny und liess sich auf die Knie fallen. Erstens, um dem neuen Angreifer möglichst wenig Angriffsfläche zu liefern und zweitens um der Waffe in seinem Genick zumindest für ein paar Sekunden zu entgehen.
Wie in Zeitlupe hörte er ein leises Husten der Waffe des schwarzen Schattens und registrierte fast schon unterbewußt das die Kugel ihn verfehlt haben musste.
Dann sah er das Ahmed seine Mydron hochreissen wollte, um sie auf Denny zu richten. Also drückte dieser seine immer noch auf Ahmeds Bauch gerichtete Sternnacht ab und die auf die weiche Bauchdecke abgefeuerte Kugel zerfetzte Kleidung, Haut, Fleisch und Knochen, als sie auf ihrem Weg durch Ahmeds Unterkörper eine blutige Spur hinterliess und in seinem Rücken wieder heraustrat.
Wieder hustete die Waffe des schwarzen Schatten und wieder hatte die Kugel Denny verfehlt. Er dachte aber weder über dieses unglaubliche Glück nach, noch darüber das Johnny´s Nackenschuss ebenfalls ausgeblieben war, sondern jagte Ahmed ein zweite Kugel in die Bauchgegend, die in Höhe des Zwerchfells eindrang, Achmeds Körper nach hinten und zum Fallen trieb, noch bevor dieser hatte seine Mydron auf Denny ausrichten können. Stattdessen ging der Feuerstoss der Autopistole rechts an Denny vorbei.
Auch das dritte Husten verfehlte Denny, der fast zeitgleich seine dritte Kugel in Ahmeds Solarplexus jagte, von wo aus sich die Kugel ihren Weg durch seinen linken Lungenflügel bahnte um diesen zum Kollabieren zu bringen.

Dann riss Denny seine Waffe ruckartig auf den Neuankömmling. Doch drei Dinge liessen ihn zögern zu feuern und stattdessen die Szenerie weiter wie in Trance zu beobachten. Erstens drehte der schwarz vermummte Fremde seine Waffe demonstrativ beidhändig nach rechts, also weg von Denny. Zweitens erschien es ihm merkwürdig das ihn alle drei Kugeln verfehlt haben sollten und drittens fragte er sich, warum Johnny weder auf ihn noch auf den mysteriösen schwarzen Schatten geschossen hatte.
Als er einen schnellen Blick über die rechte Schulter warf, ohne seine Waffe von dem weiter auf sie zustürmenden vermummten Krieger zu nehmen, er kannte er zumindest die Begründung für Johnnys Passivität. Sie lag ganz einfach in seinem Tod begründet.
Jetzt klingelte es in Denny´s Kopf. Die Kugeln des schwarzen Mannes hatten nicht ihm gegolten, sondern seinen Feinden.
Trotzdem hielt er weiter die Waffe auf den Fremden gerichtet und beobachtete stirnrunzelnd wie dieser jetzt an Ahmed herangetreten war und dessen Pulsschlagader zu überprüfen. Dann nahm er ihm die Mydron ab und drückte ihm seine eigene Waffe in die Hand.
Anschliessend wandte er sich an Denny und forderte mit einer seltsam zerhackt klingenden Stimme nach dessen Waffe. Ein Stimmverzerrer schoss es Denny durch den Kopf während er zögerte, so dass der maskierte Fremde ein zweites Mal fragen musste.
„Siirr, iihrre Waffeee!“
Denny war so verdutzt, das er sie ihm ohne ein Wort zu sagen übergab. Der durch und durch schwarz getarnte Mann rieb den Griff mit einem schwarzen Tuch ab und drückte diese dann Johnny in die Hand.
„Ssiiee chrrhabenn siichh sselbts errrschossen!“ kam es fast schon beschwörend von seinem merkwürdigen Retter.
Wortlos nickte Denny und stand endlich auf. Der schwarze Schatten hielt ihm beide Waffen entgegen und forderte ihn auf sie an sich zu nehmen.
„Gehhenn ssiiee, chrr, ess warrtet ein Wachrren auf ssiiee, daaachrr“ sagte der Schatten, deutete auf ein Taxi das am Ende der Gasse auszumachen war und machte sich dann in flinken Schritten wieder dorthin auf den Weg, aus der er gekommen war.
Kurz bevor er verschwand rief ihm Denny - um überhaupt irgendetwas zu sagen – hinterher: „Wer ersetzt ihnen ihre Pistole?“
Etwas das man als entfernt verwandt mit einem Lächeln betrachten konnte, umspielte den unter der schwarzen Wollmaske sichtbaren Mund: „Icchh werrrde es Elii Manccinnni in Chrrechnung stellen.“ Und schwupps war er im Schatten verschwunden.
Ein paar Sekunden blieb Denny wie angewurzelt stehen und schaute seinem Retter hinterher, bei dem er sich noch nicht einmal bedankt hatte. Dann entschloss er sich endlich zum wartenden Wagen zu rennen, während in der Ferne das charakteristische Heulen von Polizeisirenen auszumachen war.

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22

Internationaler Raumhafen, Internationaler Bezirk, Solaris City, Solaris VII
Freedom-Theater, Provinz Skye, Lyranische Allianz

25. August 3062

Denny hechtete durch die Massen von ankommenden und abreisebereiten Passagieren. Er musste einen mehr als merkwürdigen Eindruck machen, vollkommen verschwitzt und teilweise mit angetrocknetem Blut besudelt.
Zum Glück war es nicht sein eigenes Blut schoss es ihm durch den Kopf als er nach seinen Freunden Ausschau haltend den Gang hinunterhechtete. Hier irgendwo war der Treffpunkt und er hoffte inständig, dass er noch nicht zu spät war. Nicht auszudenken, wenn sie ohne auf ihn zu warten, gegangenen sein sollten. Dann käme er nicht mehr von hier weg und alle seine Träume von einem Neuanfang wären geplatzt. Und nicht nur das, wahrscheinlich würde ihm Delvecchio noch ein paar Killer auf den Hals hetzen.
„Wo ist dieses verfluchte Gate 37“ murmelte er wütend vor sich hin und schaute beim Laufen nach oben um die richtige Beschilderung auszumachen und rasselte prompt mit jemandem zusammen.
„Was zum...?“ begannen beide synchron und knurrten sich gegenseitig ob des Remplers an.
Das bärtige Mitglied der lyranischen Solaris-Gendarmerie mit der gelbgetönten Schützenbrille, das Denny gegenüber stand, kam ihm merkwürdig bekannt vor, aber irgendwie konnte er ihn nicht richtig zuordnen. Denny runzelte die Stirn und wollte schon fragen, ob sie sich kennen würden, da grummelte der Polizist ein griesgrämiges „Tschuldigung“ in seinen Bart und verschwand in der Menge.

Noch bevor Denny den Gesichtsspeicher in seinem Kopf durchforsten konnte, hörte er jemanden seinen Namen rufen und erkannte Hanks Kopf in der Menge.
Ein Felsbrocken der Erleichterung fiel ihm vom Herzen und er rannte förmlich zu seinen Freunden hinüber.
„Meeensch 3D, wie siehst du denn aus, kann man dich nich mal nen paar Minuten alleine lassen, ohne das dir jemand versucht den Kopp abzureissen?“
Er erzählte beiden kurz von den Ereignissen am Horziba-Appartment-Komplex und schaute fragend zu Eli hinüber.
„Woher wusstest du, das ich in Gefahr bin?“ fiel ihm ein und Eli lächelte milde. „Das wusste ich nicht. Dark Shadow hatte von uns den Auftrag, dafür zu sorgen, dass du auch dich hierher auf den Weg machen würdest.“
Jetzt verstand Denny. Dark Shadow hatte ihn von Anfang an beschattet. Er merkte, er sollte wütend auf Eli sein, das sie ihm nicht vertraut hatte. Aber andererseits, wie konnte er sich jetzt beschweren? Jetzt da sie tatsächlich dafür gesorgt hatte, das er überhaupt hier sein konnte. Er beschloss es, es einfach dabei zu belassen.
„Hier, deine Papiere“ sagte sie schliesslich und drückte ihm eine dicke Mappe mit Unterlagen in die Hand „da wirst du alles finden, was Du brauchst um sicher und wohlbehalten nach Outreach zu kommen.“
Der Gong mit dem Aufruf für ihr Landungsschiff ertönte und Denny war geschockt. Das alles ging viel zu schnell, es war noch so viel zu sagen, er wollte sich noch ausgiebig verabschieden. Stattdessen schnürte ihm irgendetwas die Kehle zu.
„Ich... Ihr... Danke!“ war momentan das einzige was er stammelnd hervorbrachte.
„Schon gut, 3D,“ kam es von Hank, der auch sichtlich berührt war. Erst jetzt merkte Denny wie sehr ihm der alte Haudegen fehlen würde. Seitdem sie sich vor zwei Jahren kennen gelernt hatten, war er sich nicht mehr alleine vorgekommen. Doch das würde jetzt anders werden, er würde wieder ganz von vorne anfangen müssen, ganz allein. Die Erkenntnis trieb ihm Tränen in die Augen und er schämte sich ein wenig dafür als er Eli in den Arm nahm und fest an sich drückte.
„Passt auf Euch, o.k.?“ brachte er mühsam hervor und auch Eli weinte nun.
„Denny, hör auf! Ich hasse Abschiede“ sagte sie schniefend, während sie ihre Tasche nach einem Taschentuch durchsuchte.
„Passt auf,“ grinste Denny und versuchte möglichst tapfer zu klingen „ehe ihr euch verseht, stehe ich irgendwann vor eurer Tür.“
Jetzt kam Hank hinüber und umarmte seinen Freund. „Jederzeit, 3D, unsre Tür steht jederzeit für dich offen. Lass uns wissen wo du abbleibst, ne?“ Mit diesen Worten nahm er die Mutter seines zukünftigen Kindes in den Arm und sie gingen durch die Menge davon.

Lange blickte Denny ihnen nach und fragte sich ob sie sich tatsächlich je wiedersehen würden. Und wenn, unter welchen Umständen das wohl sein würde.
Doch das waren bei weitem nicht die einzigen Fragen, die er sich auf dem ganzen Weg zu seinem Gate, zum Check-In-Schalter bis hin zu seiner Kabine auf dem Landungsschiff selber stellte.
Natürlich machte er sich vor allem Gedanken über seine eigene Zukunft. Was würde er auf Outreach vorfinden? Wer würde ihn anheuern? Wohin würde es ihn im Anschluss verschlagen?
Die Antworten darauf wusste er natürlich nicht, aber wußte es würden extrem spannende Zeiten für ihn und seinen Firestarter werden. Dessen war er sich sicher.

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Epilog

Platzhalter für einen Epilog, der mir zwar schon im Kopf rumschwebt, aber noch nicht schreibfähig ist.

Wird nachgereicht

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25.02.2003 20:29 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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Zweites Buch

23 Austauch

Die Bar „Hell and Heaven“, Söldnerdistrikt, Harlech, Outreach
Chaos-Marken

xx. November 3064

Evander Povlsen ging an der Menschenschlange vorbei, die vor dem „Hell and Heaven“ wartend auf Einlass hoffte und zeigte seine VIP-Clubkarte dem grimmig dreinschauendem Türsteher.
Es hatte seine Vorteile, wenn man mit einem der Barbesitzer Geschäfte machte, vor allem wenn diese Bar so dermaßen gut lief. Der Türsteher betrachtete die Karte und liess ihn mit einem „Sie werden bereits erwartet, Mr. Povlsen“ an den Wartenden vorbei direkt in den sogenannten Empfangsraum passieren.
Das protestierende Gemurmel einiger Wartender wurde durch die schwere Panzerglastür verschluckt und an seine Stelle traten die Geräusche aus dem Inneren der Bar. Povlsen´s gut geschultes Ohr nahm lautes Lachen, Gemurmel und Gläserklirren wahr. Im Hintergrund spielte die Band einen langsamen „New Avalon Jazz“-Song, dessen Text eine Sängerin in angenehmer Stimme hauchte. Alles in allem die typischen Geräusche einer noblen Bar im City-Distrikt von Harlech.
Links hinter einem Tresen stand Sally – so stand es zumindest auf ihrem Namensschild, das auf auf ihrem knallengen Oberteil knapp oberhalb ihrer äußerst attraktiven linken Brust platziert war - und lächelte Evander an.
„Sir, haben sie irgendwelche Waffen bei sich?“
Auch wenn es Evander nicht behagte, seine geliebte Sternennacht abzugeben, wußte er das es sonst keinen Einlaß geben würde.
Ohne Protest übergab er seine Waffe an die hübsche Empfangsdame, die diese in ein Fach hinter ihr steckte, es dann schloss und eine Scheckkarte aus der Front herausnahm. Das Fach schien daraufhin nach hinten in die Wand zu verschwinden, aber Evander wußte, das es nach unten in den Keller wanderte. Er hatte solche Schliessfach-Paternoster schon an einigen Raumhäfen und Regierungsgebäuden gesehen, aber im Eingangsbereich einer Bar noch nie.
Neben Sally stand „Big Bad Boy 3“, der die Karte an sich nahm und sie an Evander übergab, nachdem dieser durch den Waffendetektor gegangen war.
Er mußte wie jedesmal über das Namensschild des bulligen Wachmanns grinsen. Alle Schicherheitskräfte des „Hell and Heaven“ trugen diesen Namen, durchnummeriert von 1 bis 12. Sie alle waren finster dreinblickende, massige Kerle in enganliegenden schwarzen Shirts und Hosen, wohl um die beeindruckende Muskelpakete zur Schau zu stellen. Sie hatten alle ein Funk-Headset auf dem Kopf – der sie quasi alle miteinander vernetzte - und einen Schockerstab und eine leichte Laserpistole an der Seiten baumeln. Kaum ein anderer Schuppen gab soviel Geld für Sicherheit aus wie dieser und auch drinnen passten die Sicherheitskräfte fast schon mit militärischer Professionalität auf. Und Evander wußte auch warum das so war.

Zum einen waren Schlägereien und Schießereien zwischen streitenden und rivalisierenden Söldnereinheiten in vielen anderen Kneipen an der Tagesordnung und damit der Grund für deren Bankrott und das hatten die Besitzer dieses Ladens anders gehandhabt. Und zum zweiten verdienten die Besitzer dieser Bar ihr Geld primär nicht durch die verkauften Speisen und Getränke,sondern eher durch die nicht unattraktiven „Nebeneinkünfte“. Und die Tatsache, das die Gäste alle Waffen an der Eingangstür abgegeben werden mußten, diente vor allen zum Schutz dieser Haupteinnahmequellen.

Und Evander mußte zugeben, das die Barbesitzer es geschafft hatten das Ganze mit Stil hinzukriegen. Er betrat die Bar, die in einem graubeigen Ton angestrichen war, und schaute sich mit der antrainierten Routine eines Ex-LNC-Agenten in der Nobelkneipe um.
An der etwa fünf Meter hohen Decke waren riesige - aus mahagonifarbenem Holz bestehende - Ventilatoren angebracht, die verzweifelt versuchten gegen die Rauchschwaden anzukämpfen, die von den Tischen noch oben schwebten.
Linker Hand war ein großer, zweistöckiger Bartresen angebracht, ebenfalls in einem dunklen polierten Holz gehalten. Das „Erdgeschoss“ war wie jede normale Bar mit Barhockern ausgestattet und komplett mit Gästen besetzt. Der Laden war sogar so voll, das einige Gäste stehend auf einen freien Platz warteten. Keiner dieser Gäste erschien Povlsen im ersten Augenblick für gegenwärtig gefährlich.
Im zweiten, weiter hinten gelegenen Stockwerk der Bar, war zum einen das im Moment unbesetzte Kontrollpult für Musik und Licht untergebracht und zum zweiten sass dort ein weiterer der Big Bad Boys und kontrollierte die unter ihm an der Bar und an den Tischen sitzenden Gäste. Bei dem geringsten Anzeichen für Ärger würde er dafür sorgen, das die Situation bereinigt werden würde, dessen war sich Povlsen sicher.

In der Mitte der Bar waren annähernd 20 dunkelfarbene Tische auf dem hellen Parkettholzfussboden gleichmäßig verteilt. Um jeden dieser Tische waren sieben bis acht Gäste platziert. Einige der Tische waren gemischt, andere Tische schienen in der festen Hand jeweils einer Söldnereinheit zu liegen.
Er erkannte wieder einmal erstaunlich viele hohe Offiziersränge, wobei sich natürlich auch niedrigere Dienstränge hier aufhielten. Diese würden aber wohl eher ihren Jahressold versauffen, denn die Preise im „Hell and Heaven“ bewegten sich eher im gepfefferten Bereich.
Geradeaus - ungefähr dreissig Meter enfernt - sah er die Band auf einem kleinen Podest, sichtlich swingend und guter Laune. Auch Evander mußte zugeben, das die Atmosphäre durchaus zu dieser guten Laune beitrug.
Zwischen den Tischen schossen die Kellner elegant hin und her und balancierten dabei abenteuerlichste Drinks und Cocktails auf ihren Tabletts die sie einhändig über ihren Köpfen trugen.
Und er erkannte die Vertreterinnen einer der „Nebeneinahmequellen“ der Bar: „Lady Angelina´s höhere Töchter“.
Man konnte diese „Damen“ nennen wie man wollte, aber eines konnte auch Evander Povlsen ihnen nicht absprechen: Sie waren mehr als hübsch. Aufreizend schlenderten sie hier und da zwischen den Tischen entlang, sassen auf den Schössen einiger sichtlich aufgeregter Söldner oder tranken und lachten mit den Gästen.
Aus ein paar gelegentlichen Gesprächen wußte Povlsen, das diese Mädchen nicht die billigen Nutten aus der Hafengegend waren, sondern durchaus Charme und Esprit hatten. Doch letzlich waren sie nicht anders als die Söldner, deren Interesse sie hier zu wecken versuchten. Sie waren käufliche Profis.

Povlsen richtete seine Aufmerksamkeit schliesslich weg von dem Trubel des Bassins hin zu der rechts von ihm - ähnlich wie der Tresen - in zwei Stockwerken aufragenden Empore. Im ersten Stock der Empore waren ebenfalls Tische mit Gästen platziert, genauso wie auf dem rechten, den Eingangstüren zugewandten Teil des zweiten Stockwerkes.
Im Zentrum des zweiten Stockwerkes direkt an der Wand prasselte ein großes Kaminfeuer um das ein paar schwere Sessel um niedrige Tische herum drapiert waren.
Povlsen wußte, das dieser Bereich der Beginn des V.I.P.-Bereiches war. Er konnte nicht sehen, wer da momentan in dem großen weinroten Ohrensesel aus seltenem Leder dem Feuer zugewandt sass, aber er war sich sicher das es sein Kunde war.

„Mr. Povlsen, schön sie mal wieder begrüßen zu dürfen.“
Höflich wie immer wurde Evander jetzt endlich von Fitz Buchanan begrüßt. Der Concierge hatte sich gerade noch um zwei andere Gäste gekümmert und ihnen einen Tisch zuweisen lassen und konnte sich nun um den Neuankömmling bemühen.
Noch bevor dieser hatte antworten können, wandte er sich bereits an einen seiner Laufburschen, der ihm den Weg – den Evander bereits kannte – zu seiner Verabredung zeigen würde. „Trevor, sei doch bitte so nett und führe, Mr. Povlsen zum V.I.P.-Bereich, er wird dort bereits erwartet.“
Evander nickte nur noch kurz und folgte dann auch schon dem jungen „Platzanweiser“ scheinbar unbeteiligt. Doch gleichzeitig durchsuchten alle seine Sinne die Bar nach irgendwelchen potenziellen Bedrohungen. Diese Angewohnheit aus früheren Geheimdiensttagen hatte ihm schon mehrfach das Leben gerettet, doch hier schien alles im grünen Bereich zu sein.

Vor dem Kamin angekommen, zeigte ihm die junge Aushilfe einen freien Platz in einem der gemütlichen Ohrensessel direkt am Kamin, genau wie es sich Evander gedacht hatte.
Sein Kunde sass in dem Sessel ihm gegenüber, starrte stumm in das Feuer der knisternden Holzscheite und nippte scheinbar gedankenversunken an einer dunkelrötlichen Flüssigkeit in seinem schweren Kristallglas.
Ein paar Sekunden verstrichen wortlos zwischen den beiden Männern und hätte es Evander nicht besser gewußt, hätte er angenommen seinem Gastgeber wäre sein Erscheinen gar nicht aufgefallen.
„Wissen sie was ich an Feuer so faszinierend finde, Mr. Povlsen?“ fragte ihn sein Gegenüber schliesslich mit einer klaren Stimme und fuhr ohne Antwort abwartend fort „Es erscheint uns Menschen immer so chaotisch, so wild, so planlos. Aber im Gegensatz zu uns, weiss es ganz genau, was es will: Leben!“ Er hauchte das letzte Wort förmlich und schien für einen kurzen Augenblick mit den Gedanken an eine andere Zeit und an einen anderen Ort zu springen, ehe er sich wieder fing und in das Hier und Jetzt zurückfand.
„Schön sie zu sehen, Mr. Povlsen. Sie trinken doch einen New Syrtris Black Bourbon? Ihr Lieblingsdrink wenn ich mich recht erinnere nicht wahr?“
„Ja danke, sehr gerne.“
„Haben sie es dabei?“ fragte ihn sein Konterpart ohne lange um den heißen Brei herumzureden, während er ihm großzügig von dem dunkelroten Bourbon eingoss.
„Sicher doch!“ grinste Povlsen und schob ihm eine kleine schwarze Schattulle über den kleinen Tisch herüber, nahm sich sein Glas und liess die durchs nahe Kaminfeuer leicht warmen Drink die Kehle herunterfliessen.
Sein Gastgeber nahm indes das kleine Kästchen an sich und untersuchte seinen Inhalt knapp unterhalb der Tischoberfläche. In der Schattulle waren 24 milchig-silbrig glänzende Glaszylinder in scharzem Samt eingebettet. Und jeweils darunter waren genausoviele kleinere, rötlich schimmernde Glaswürfel angebracht.
Ein Paar dieser Zylinder und Würfel war jeweils ausreichend für eine Woche, wenn man zumindest sich jeden abend eine normale Portion gönnte. Povlsen war allerdings aufgefallen, das sein Kunde schon vor drei Monaten genauso eine Schachtel erhalten hatte und sein Gewissen meldete sich bei ihm. Auch wenn die in den Zylindern und Würfeln enthaltenen Drogen nicht schlimmer als Alkohol, Nikotin oder Marihuana angesehen wurden, so waren sie genau wie die anderen „weichen Drogen“ durchaus in der Lage, einen instabilen Menschen in Schieflage zu bringen.

Povlsen wusste nichts über die Gemütsverfassung seiner Kunden. Dieser hier sah ihm nicht aus, wie jemand der kurz vorm Durchknallen war. Er hatte ohne Zweifel Geld, ihm gehörte diese Bar und soweit er wußte, nannte er sogar einen BattleMech sein Eigen. Warum sollte er sich um ihn also Gedanken machen?

Er war es doch, der in einer viel präkereren Lage steckte. Es war nicht leicht für einen ehemaligen LNC-Agenten in Zeiten wie diesen – im Bürgerkrieg zwischen den Steineristen und Davionisten - sein Wissen und seine Dienste zu versilbern. Zumal ihn der LNC aufgrund der Tatsache „beurlaubt“ hatte, dass seine Wurzeln bis tief in die Vereinigten Sonnen reichten und er damit eine in Ihren Augen nur „zweifelhafte Loyalität“ vorweisen konnte.
Die Davionisten wiederum misstrauten ihm, da er eben bei jenem LNC gewesen und ausserdem nicht gewillt war seine früheren Kameraden zu verraten. Und da sich Povlsen weder Katrina noch Victor gegenüber verpflichtet gefühlt hatte, sondern einzig und allein dem VerCom als Ganzes, waren die Vorzeichen weiter als Agent für eine dieser beiden Seiten zu arbeiten mehr als ungünstig gewesen.
Stattdessen musste er sich nun mit Gelegenheitsaufträgen in den Chaosmarken oder für Marik und Liao verdingen, allesamt miese, schlechtbezahlte Jobs.
Somit kam ihm dieses einträgliche Zweitgeschäft mehr als recht und er unterdrückte die Gewissensbisse zu einem Dealer verkommen zu sein.
Es fiel ihm also leicht, die Klappe zu halten und nicht gesondert darauf hinzuweisen, dass das Zeug durchaus in der Lage war süchtig zu machen. Er würde doch nicht so verrückt sein, eigenhändig eine seiner goldenen Gänse zu schlachten.

„Sehr schön!“ kam die nickende Bestätigung seines Kunden darüber, das Povlsen ihm geliefert hatte, wonach verlangt worden war.
Wortlos nahm er einen dick gepolsterten Umschlag in Empfang und ein kleiner Blick auf die darin enthaltenen Geldscheine genügte Povlsen um sicher zu sein, das die Summe stimmte. Dann leerte er mit einem tiefen Schluck sein Glas mit dem wärmenden und exzellent schmeckenden Bourbon.
„Und, Mr. Povlsen, haben sie Interesse daran ihr Geld noch zu vermehren?“ fragte ihn sein Gegenüber schelmisch grinsend während er sich und seinem Gast nachschenkte. „Ich wollte soundso gleich meinen Rundgang machen und nach dem Rechten sehen, wenn sie wollen können wir ja gemeinsam runtergehen.“
Evander Povlsen grinste jetzt ebenfalls. Sein Gastgeber spielte auf die zweite Haupteinnahmequelle der Bar an: Der Glücksspielbereich der sich im wahrsten Sinne des Wortes unter ihnen, teilweise unter der Empore befand.
„Ja, Mr. Dukic, das hatte ich tatsächlich vor“ antwortete er ihm und lächelte über die Geschäftstüchtigkeit des ehemaligen Marik-Piloten „ich hoffe allerdings, das sie mir verzeihen werden, wenn ich auch dieses Mal wieder meinen Einsatz verdoppeln werde.“
“Solange sie das wie beim letzten Mal auch durchs Pokern bewerkstelligen, solls mir Recht sein. Aber wehe sie gehen mit ihrem unverschämten Glück an die Roulette-Tische. Sonst wird meinen Teilhaber wohl der Schlag treffen“ scherzte Zdenek „Denny“ Dukic lauthals lachend, während er voraus ging um seinen Gast in den halb-legalen „Hell“-Bereich seines Lokals zu geleiten.

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25.02.2003 20:30 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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24 Rausch

Die Bar „Hell and Heaven“, Söldnerdistrikt, Harlech, Outreach
Chaos-Marken

xx. November 3064

Links neben dem großen warmen Kamin führte ein mit schweren dunkelbraunen Vorhängen abgehängter Eingang in einen schmalen, dunkel gehaltenen Flur. An dessen Ende erwartete sie bereits ein hinter einem Pult sitzender Big Bad Boy, der den Eingang zum Spielhöllenbereich überwachte.
Nicht das es besonders hoher Anforderungen bedurft hätte, um in diesen Bereich eingeladen zu werden. Ein paar gezielte Fragen an die Kellner und ein entsprechend großzügiges Trinkgeld reichten neben dem Nachweis von genug Bargeld aus.
Doch auch hier konnte man Denny´s fast schon perfektionistischen Hang zur Professionalität erkennen.
Der Wachmann war nicht nur dazu da, um sich der Gäste anzunehmen, die sich fälschlicherweise auf der Suche nach der Toilette hierher verirrten. Sondern auch um möglichst lange jene aufzuhalten, die dort nicht hinein kommen sollten.

„Hallo Hasheem“ nickte er dem Big Bad Boy Nr. 8 zu „ist alles ruhig?“
„Ja, Sir!“ antwortete dieser und öffnete ihnen ohne weitere Aufforderung eine nach links führende Tür in ein kleines, nach rechts knickendes und gerade mal knapp zwei Meter langes zweites Flurstück. Aus diesem führte erneut eine schwere noch geschlossene Tür hinaus, doch diese liess sich solange nicht öffnen, bevor nicht die erste Tür geschlossen war und Hasheem die zweite Tür entriegelt hatte.
Dieses seit Jahrhunderten funktionierende Schleusenprinzip verhinderte zum einen sehr effektiv, das zu schnell zu viele Personen durch den Eingang in den Raum dahinter stürmen konnten. Und zum zweiten würde es seinen Leuten hinter der zweiten Tür die Gelegenheit geben, sich auf die Ankömmlinge angemessen vorzubereiten.
Viele hielten diese Vorkehrungen für zu übertrieben, aber Denny war es wichtig gewesen dieses System einzubauen, als er den Spielhöllenbereich vor knapp einem Jahr aufgebaut hatte. In den hinteren Räumen war schliesslich eine Menge Geld unterwegs und da war es seiner Meinung nicht übertrieben vorsichtig zu sein.

Hasheem gab nun die zweite Tür frei Denny trat mit Povlsen in den hinteren Bereich ein.
Jedes Mal aufs Neue erfüllte es Denny mit ein klein wenig stolz wenn er diesen Bereich betrat. Er hatte eine Menge Zeit und Geld in seinen Aufbau gesteckt und was daraus geworden war erfüllte ihn mit so etwas wie Stolz.
Das Ambiente unterschied sich nur in der Auswahl der Farben vom restlichen Teil der Bar. Die Wände hier waren in weinrot und bourdeaux gehalten, mit cremefarbenen Lichtern, die dem ganzen einen zeitlosen Touch gaben. Die Spieltische, die sich über den ganzen Raum verteilten, waren mit dunkelgrünem Filz bedeckt und auch dieser Raum machte einen edlen Eindruck, der die Lust auf das Spielen noch steigern sollte.

Doch bevor sich sein Gast in die Spiele würde stürzen können, mußten sie noch an der Kasse vorbei, um Chips einzutauschen.
„Mr. Ashbakan, geben sie Mr. Povlsen bitte 5000 C-Chips und“ fügte Denny noch hinzu „die Umtauschgebühr geht aufs Haus!“
Für den Umtausch der Banknoten in Spielchips erhob das „Hell and Heaven“ normalerweise Umtauschgebühren, sozusagen als Eintrittspreis.
Danach konnte der Gast wählen worauf er Lust hatte. Im oberen Bereich – also dort wo sie sich gerade befanden – waren Roulette-, Blackjack- und Würfeltische untergebracht.
Durch eine Treppe an der Stirnseite gegenüber dem Eingang konnte man dann in den unteren Teil kommen, der mit insgesamt acht Räumen ausgestattet war. Drax-, akturianischer oder auch der gute alte Classic Poker waren hier die Spiele an denen man sich beteiligen konnte.
Über der nach unten führenden Treppe war ein Display angebracht, welches die momentanen freien Plätze an den im unteren Stockwerk stattfindenden Spieltischen anzeigte.
Stirnrunzelnd erkannte Denny, das an fast jedem der Tische noch Platz war. Das schien allso kein allzu gut laufender Abend zu sein.
Anscheinend war das auch Evander Povlsen aufgefallen, der jetzt seine eingetauschten Chips in einer kleinen Box bei sich trug.
„Danke, Mr. Dukic. Ich denke, ich werde mich dem guten alten Poker widmen. Wenn sie wieder Nachschub benötigen“ er deutete auf Dennys Jackentasche, in der die schwarze Schatulle untergebracht war „sagen Sie mir Bescheid, ok?“
„Das werde ich, Mr. Povlsen, das werde ich. Und halten sie sich von den Roulette-Tischen fern, klar?“ Lachend trennten sich die beiden Männer.
Der eine machte sich auf die Suche nach seinem heutigen Glück. Der andere machte sich auf den Weg zu seinem früheren, verlorenem Glück.

***********************

Nachdem Denny seinen kleinen Rundgang beendet hatte, begab er sich durch den Küchenbereich hindurch in sein kleines Büro, das im hinteren Bereich der nach hinten hinaus gebauten Küche lag. Dort war es direkt neben dem Büro seines Teilhabers, Georgatos „Georgie“ Andreapoupoulos, gelegen.
Es war bereits relativ spät geworden und Georgie würde den Rest des Abends die Aufsicht über die Bar übernehmen. Und somit konnte sich Denny hierhin zurückziehen.
Ganz anders als die Bar war sein Büro ziemlich kärglich eingerichtet. Auf seinem Schreibtisch stapelte sich der Papierkram und in seinen Regalen herrschte ebenfalls heilloses Chaos. Doch Denny hatte im Moment sowieso keinen Blick dafür.
Stattdessen öffnete er seinen Schrank und holte einen faustgroßen Gegendstand aus Glas- und Chromteilen heraus.
Mit dieser entfernt an eine Wasserpfeife erinnernden Apparatur setzte er sich auf die bereits etwas abgenutzt aussehende Ledercouch.
Einen kurzen Augenblick hielt er inne und zögerte. Er hatte in letzter Zeit relativ viel „Rekog“ geraucht. Er sollte sich wieder etwas zügeln und heute mal darauf verzichten. Doch andererseits, er hatte einen langen anstrengenden Tag gehabt, er wußte das er nicht würde einschlafen können und selbst wenn, waren da noch diese Träume...
Das Zögern verblasste und wich der Entschlossenheit, mit der er schliesslich die Utensilien aus der schwarzen Schatulle herausnahm.

In dem milchig-silbrigen länglichen Glaszylinder befand sich getrocknetes und komprimiertes „Psilocybin Esteros“, eine äußerst seltene und nur auf dem Planeten Esteros in der Lyranischen Allianz wachsende Pilzart. Der Hartblock war noch mit Ammonium und anderen Stoffen angereichert, die dafür sorgen würden, das die halluzinogenen Wirkstoffe des Pilzes möglichst schnell über die Lungen in die Blutbahn aufgenommen werden würden.
Langsam und vorsichtig drehte Denny den Glaszylinder an der entsprechenden Stelle der Wasserpfeife ein.
Dann nahm er den rötlich schimmernden Glaswürfel in die Hand und fügte ihn an eine bestimmte Position ein. Hier drin war ein auf Lysergsäurediathylamid – seit Jahrtausenden besser bekannt als LSD – basierendes Psychopharmaka. Allerdings war diese in dem Glaswürfel enthaltene Version LSD-X eine vom LNC speziell hergestellte Luxusversion. Ihre besondere Eigenheit vergessene oder verdrängte Erlebnisinhalte wieder ins Bewußtsein des Konsumenten treten zu lassen, waren ausschlaggebend für die Anwendung als eine Form des Wahrheitsserums gewesen.
Und genau diese spezielle Eigenschaft, Erlebtes wieder erlebbar zu machen, bedeutete den Reiz der beiden miteinander kombinierten Stoffe. Das LSD-X liess einen Menschen erstaunlich gut erinnern, während das Psilocybin für eine plastische Halluzination sorgen konnte.
„Rekog“ war also eine ziemlich Luxusgenußmittel, äußerst illegal, schwer zu besorgen und verdammt teuer. Aber dafür war die Wirkung einfach phänomenal.

Denny verdrängte sein schlechtes Gewissen, als er sich auf der Couch zurücklehnte und entspannte.
„Nur weil ich mir ab und an etwas Rekog reinpfeife, heißt das noch lange nicht, das ich davon abhängig bin“ murmelte er zu sich selbst und drückte auf den seitlich angebrachten gelben Knopf der Apparatur und begann gleichzeitig am Pfeifenkopf zu saugen.
Blitzschnell säbelte ein Mechanismus, der dem in einem Nadler stark ähnelte, kleinste Partikel des komprimierten Hartblocks in eine kleine Kammer, in die zeitgleich das mit mikrofeinen, brennbaren Substanzen angereicherte LSD-X gesprüht wurde.
Ein in der Kammer angebrachter winziger Stromkreis erzeugte einen winzigkleinen Blitzschlag, der allerdings bereits ausreichte das brennbare Gemisch in Feuer zu setzen. Der daraus resultierende Rauch wurde über eine dünne Glasspirale in das vorher eingefüllte Wasser geleitet. Der Rauch, der unterhalb der Oberfläche austrat, blubberte durch das Wasser, wo es gereinigt wurde und stieg durch den Pfeifenhals auf, um schliesslich in Dennys Lungen zu gelangen.
Bereits wenige Herzschläge spürte Denny schon die erste Wirkung der Substanzen in seinem Körper. Jetzt kam es darauf an, sich sehr genau zu konzentrieren, um beeinflussen zu können, worin genau seine Erinnerungen liegen sollten. Das funktionierte zwar nicht in allen Fällen, aber in neun von zehn Fällen landete Denny in seinem Rausch dort, wo er landen wollte. In vergangenen, glücklichen Zeiten.

***********************

Denny spürte wie sein Herz schneller schlug. Sein Kopf dröhnte, sein Puls raste und obwohl er seine Augen geschlossen hatte, tanzten wilde, bunte Bilder vor seiner Nase.
Das Gefühl war ähnlich wie das in diesen extrem realistischen Träumen. Die Art von Träumen in denen man WEISS, das man träumt, es aber trotzdem irgendwie für real hält. Und dieser Trip fühlte sich hundert mal realer an als es jeder Traum sein konnte.
Er war wieder im „Hell and Heaven“ doch alles war anders. Schäbig, heruntergekommen, versifft. Keine zweistöckige Empore, keine zweistöckige Bar. Mehr eine Spelunke als eine Bar.
Denny wußte das so die Bar vor knapp zwei Jahren ausgesehen hatte, kurz nach seiner Ankunft auf Outreach. Er war noch gar nicht lange hier, knapp zwei Wochen und hatte wieder die selbe Taktik wie damals auf Solaris angewandt. Willst Du einen Job, dann freunde dich mit Wirten an. Die wissen immer was geht.

Georgie war ihm von Anfang an sympathisch gewesen, nicht nur weil er Marik war. Er hatte ihm ein paar Leuten vorgestellt, allen von denen Georgie glaubte, das sie Bedarf haben würden. Und einer dieser Leute war der Chef der Söldnertruppe „Die wilde 8“
Und wie der Zufall so wollte, waren auch gleich alle seine MechKrieger mit ihm in der Bar. Beziehungsweise die sieben von ihnen, die noch übrig waren. Einer von ihnen war kurzfristig zu einer anderen Einheit abgegangen und nun waren sie einer zuwenig.
Von so einem Vorstellungsgespräch hatte Denny auch noch nie gehört. In einer der hinteren Ecken sassen ihm die sieben Mitglieder der Einheit gegenüber und löcherten ihn mit Fragen. Warum wollte er Söldner werden? Warum war er nicht auf Solaris VII geblieben? Warum ging er nicht zurück in die Liga?
Er beantwortete ihre Fragen, locker, selbstsicher und die ganze Zeit über lächelnd.
Sie erzählten ihm woher sie kamen, allesamt ehemalige Angehörige der verschiedensten Eliteeinheiten. Ex-Ritter der Inneren Sphäre, Ex-Northwind Highlander, Ex-Leichte Eridani Reiterei, Ex-Wolfe Dragoner, Ex-Blackwind Lanciers. Er war beeindruckt und stellte sich nicht die Frage, wie er da reinpasste oder warum sie alle nicht mehr bei ihren Einheiten waren. Stattdessen lächelte er.
Sie erklärten ihm wie sie organisiert waren. Das es keine Hierarchie gab, das Sie alle gleichberechtigte Partner wären. Das sie alle Profis wären, das aufgrund ihrer teilweise jahrzehntelangen Erfahrung genau wüssten, was zu tun sei, und keiner dem anderen übergeordnet war. Und Denny lächelte.
Sie weihten ihn in Ihren Auftrag ein: Wanzenjagd!
Sie wurden in gut zwei Wochen in den St.Ives-Raum gebracht, wo sie unerfahrenen, zweitklassigen Konföderationseinheiten dabei helfen sollten einen von Fronteinheiten bereits eingenommenen Planeten zu befrieden. Die Fronttruppen waren schon wieder weiter in St.Ives-Territorium vorgedrungen und hatten eine Handvoll Guerrilleros zurückgelassen, die „Die Wilde 8!“ ausschalten sollte. Eigentlich ein ziemlich mieser Auftrag, doch Denny lächelte immer noch.

Und dieses permanente Lächeln hatte einen sehr guten Grund gehabt: Sally Allbright. Er konnte seine Augen nur mühsam von ihr abwenden. Sie sah eigentlich relativ unscheinbar aus, aber sie hatte ein so bezauberndes Lächeln, das er auch die ganze Zeit über Lächeln mußte. Er spürte vom ersten Augenblick an, das sie etwas ganz besonderes gewesen war. Und jetzt, in seinem Drogenrausch streckte er unbewußt seine Arme aus, um Ihr zärtlich durch die Haare zu streicheln.

Ohne weiteres Zögern hatte er sofort zugesagt, als Sie ihn gefragt hatten. Und augenblicklich hatte ihn eine Welle der Euphorie und der Vorfreude gepackt, Vorfreude auf die neue Einheit, auf den neuen Auftrag und auf Sally Allbright.
Ein ihm bis dahin noch fremdes Glücksgefühl hatte ihn damals durchflutet und genau jenes Gefühl durchflutete ihn auch jetzt, als er lächelnd und selig auf der Couch einschlief.

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25 Training

Die Bar „Hell and Heaven“, Söldnerdistrikt, Harlech, Outreach
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xx. November 3064

Vollkommen desorientiert schrak Denny aus seinem Alpträumen auf und versuchte zwinkernd zu erkennen, wo er war. Wie so oft war er in seinen Klamotten auf der Couch in seinem Büro eingeschlafen.
Das war das Problem mit Rekog. Es half ihm mit wohligen Erinnerungen einzuschlafen, aber es konnte seine Albtäume auch nicht verhindern. Wovon er genau geträumt hatte, wußte er nicht mehr so richtig. Die Erinnerung an den Traum verblasste äußerst schnell. Aber er wußte, das es mit der „Wilde 8!“ auf xxx zu tun gehabt hatte.
Er schüttelte den Kopf, als könne er auf diese Weise den leichten Kater los werden, der in seinem Schädel leicht pulsierte.
Rekog-Kater war nicht schlimmer als die Kopfschmerzen, die man nach einer durchzechten Nacht hatte. Aber Denny hätte auch gerne darauf verzichtet.

Er schaute auf die Uhr und stöhnte, als er sah, das er nur knapp 5 Stunden geschlafen hatte. Es war wie jeden Morgen. Obwohl er spät ins Bett ging, wurde er regelmäßig nach vier bis fünf Stunden wach.
Er hievte sich ächzend von der Couch, wohlwissend das er nicht wieder einschlafen konnte. Das konnte er nämlich nie nachdem er erstmal wieder wach geworden war.
Er stand auf und schlurfte zum spindartigen Schrank, der gegenüber der Eingangstür stand, zog sich aus und warf seine Kleidung, in einen kleinen Korb neben dem Schrank. Die Putzfrau würde sich darum kümmern.
Aus dem Schrank holte er seine Sportkleidung und zog diese über. Wenn er schon nicht schlafen konnte, dann würde er sich zumindest fit halten. Auf dem Weg nach draussen schnappte er sich ein wenig Obst aus der verlassenen Restaurantküche und machte sich über den Hinterausgang auf den Weg Richtung Fluss.

*********************

Gut zwei Stunden und ca. 20 gelaufen Kilometer später kam ein völlig verschwitzter Denny im „Jacobs Training Facilities“ an.
Derek Jacobs war ein ehemaliger Lyraner, der eine gut besuchte und sehr beliebte Trainingsanlage für Söldner betrieb. Das dreistöckige Gebäude war vor allem auf freie Söldner ausgerichtet, die auch zwischen ihren Kontrakten fit und in Form bleiben wollten. Es bot neben den obligatorischen Fitnessgeräten auch einen Schiessstand im Keller, einige Mechsimulator-Kapseln und ein paar Kampfsport-Dojos – an denen Denny aber gar nicht interessiert war.
Denny war Stammgast hier und seit fast einem Jahr täglich morgens um diese Zeit hier anzutreffen. Nachdem er ungefähr eine halbe Stunde Gewichte gestemmt hatte, ging er sich kurz den Schweiss abduschen und anschliessend zu einem der Simulatorkapseln und legte eine kleine Speicherdisk mit den Konfigurationsdaten seines Mechs ein.
Es war zwar anstrengend nach zweieinhalb Stunden Training noch eine halbe Stunde in den Simulator zu steigen. Aber Denny wusste, dass er sich danach wieder wie neu fühlen würde.

Im Simulatorraum waren trotz der relativ frühen vormittags-Uhrzeit bereits ein paar der insgesamt acht jeweils links und rechts an der Wand platzierten Kapseln besetzt.
Denny nickte ein paar anderen MechKriegern zu die am Eingang standen und sich anscheinend über ihre achso glorreichen Kämpfe als Söldner unterhielten. Er beachtete sie nicht weiter und nahm sich einen Helm und eine Kühlweste, da er vor hatte eine Standardmission gegen die Simulator-KI zu fahren.

Doch gerade als er seine Holodisk mit den Konfigurationsdaten seines Mechs in die Steuereinheit einschieben wollte, wandte sich einer der jungen MechKrieger an ihn: „Hey, wir wollen hier gleich ein Lanzenduell machen, also Finger weg vom Simulator klar?“
Denny schob Seelenruhig seine Disk ein und bereitete die Kapsel vor. „Ich seh hier nirgends einen Namen stehen“ anwortete während er sich die Kühlweste anlegte „wenn Du den Platz haben willst, dann mußt du mich im Simulator besiegen."
Die vier MechKrieger kamen jetzt gemeinsam herüber, wohl in der Hoffnung ihn zu vertreiben. Doch Denny dachte nicht daran. Er hatte für seinen Simulatorritt bezahlt und würde ihn auch kriegen so oder so.
„Na, was ist?“, fragte Denny noch einmal nach und grinste herausfordernd.
„Was für einen Mech lädst Du dir denn gerade?“ fragte der junge MechKrieger scharf. Denny schätzte ihn höchstens auf Anfang 20.
„Firestarter II – Eigene Konfiguration“
Jetzt machte sich ein breites Grinsen auf dem Gesicht des Jüngling breit. „Cestus“ sagte er nur und hielt eine kleine silbern scheinende Datendisk hoch. „Ist wohl ein paar Tonnen zuviel für dich, was?“ lachte er jetzt schallend und seine Kameraden fielen in das Lachen ein.
„O.K.,“ nickte Denny selbstsicher „dann wirst Du zumindest ein paar Minuten durchhalten, bevor ich dich aus der Kapsel schiesse...“
„Ha,“ lachte sein Gegenüber, ging zur direkt neben Denny gelegenen Kapsel und legte seine Datendisk ein „das ich nicht lache!“
„Gut, erinnerte ihn Denny „wenn ich gewinne, laßt ihr mich noch eine halbe Stunde weitertrainieren, wenn Du gewinnst gehe ich, klar?“
„Dann pack schon mal“ rief ihm der andere MechKrieger zu und schloss seinen Simulator.

Denny setzte sich im Cockpit des Trainingssimulators den Neurohelm auf, brachte die Pflaster für die Neuraltransmitter an die Positionen und fuhr den Simulator hoch. Auch wenn dieser nicht mit den richtig guten Simulatoren mithalten konnte, die vom Militär zu Trainingszwecken eingesetzt wurde, so war er zumindest noch gut genug um zumindest einen Teil des Feelings einen BattleMech zu steuern transportieren zu können.
Dieser Computer hier konnte zwar die Abwärme des Mechs simulieren, doch leider fehlte ihm die eingebaute Hydraulik, um auch Erschütterungen nachstellen zu können. Aber es war besser als nichts und half Denny einigermaßen in Form zu bleiben.
Und er freute sich innerlich auf diese Herausforderung. Es war zwar ziemlich gewagt mit einem zwanzig Tonnen leichteren Mech gegen einen besser bewaffneten und gepanzerten Gegner anzutreten. Doch Denny hoffte darauf, das die Unerfahrenheit seines Gegenübers und die Sonderkonfiguration seines Firestarter den Ausschlag zu seinen Gunsten geben würde.
Obwohl er genau WUSSTE, das es sich hier nur um ein Sim-Programm handelte, spürte er einen deutlichen Nervenkitzel und war irgendwie aufgeregt. Es war schon wieder eine Weile vergangen seitdem er das letzte Mal in einem echten Mech gesessen hatte. Und allzu viel aufregendes passierte eben nicht mehr im Leben eines Barbesitzers.

Mit einem Flackern erwachte der Rundum-Bildschirm der Kapsel und versuchte ihm glauben zu machen, das er sich im Cockpit eines BattleMechs befand. Er überflog kurz die Karte auf seinen Sekundärschirmen, die der Computer als zufällig gewählten Kampfort ausgesucht hatte und machte sich schon auf den Weg zu seinem Gegner.
Die hügelige Graslandschaft war durchsetzt mit vielen leichten und einigen dichten Wäldern und Denny huschte Deckung suchend zwischen diesen seinem Gegner entgegen.
Sein Firestarter FS9-0 „3D“ hatte er schon vor dem Einsatz mit der wilden 8 modifizieren lassen. Momentan hatte der Simulator seine Nahkampfkonfiguration geladen. Neben den beiden Standard-Flammern und einem leichten ER-Laser im Kopf verfügte diese Variante – die im Original derzeit in einem BattleMech-Depot versiegelt vor sich hin staubte – über zwei mittlere ER-Laser und zwei 4er KSR.
Denny verfügte noch über zwei weitere eingelagerte Konfigurationen – beide etwas mehr auf Langsstrecke ausgelegte Varianten, doch seine Pläne für diesen Kampf waren andere gewesen, so dass er eine stärker auf die Nahe Distanz ausgelegte Version gewählt hatte.
Und dann hatte er da noch ein weiteres As im Ärmel, das er dem jungen MechKrieger gleich demonstrieren würde.

Doch noch war er es nicht soweit, auch wenn er jetzt schon gefährlich Nahe an dem Gaussgeschütz und den beiden schweren Lasern des Cestus heran gekommen war. Aber noch war er recht gut von den Wäldern abgeschirmt gewesen.
Denny fegte mit einer stattlichen Geschwindigkeit in einen simulierten leichten Wald, sein Kurs schien ihn frontal auf den Cestus zuzuführen.
Denny konnte das verdutzte Gesicht seines Gegners förmlich vor seinem inneren Auge sehen. Wahrscheinlich malte sich der Cestus-Pilot bereits aus, wie er mit seinen schweren Waffen Dennys Frontpartie verwüsten würde.
Aber dazu kam es nicht. Kurz bevor Denny aus dem Wald heraustrat, wechselte er blitzschnell in einem waghalsigen Manöver die Richtung und bog scharf nach links ab und aktivierte seine eigentliche Überraschung: sein MASC.

Sein Gegner, der seinen Austritt aus dem Wäldchen noch komplett woanders erwartet hatte, wurde anscheinend durch den zusätzlich noch um 30 km/h schneller als normal beschleunigten Mech so überrascht, das er bei dem Versuch den schnellen Mech anzuvisieren mit fast allen seinen Waffen vorbeischoss. Sowohl die Gausskugel als auch beide schweren Laser zischten an Denny´s Firestarter vorbei, nur einer der mittelschweren Laser brannte ein wenig Panzerung von seinem linken Arm herunter.
Denny war da deutlich erfolgreicher. Von den acht Kurzstreckenraketen, die er der deutlich schwereren Maschine entgegenschleuderte verwüsteten je drei die Torsomitte und den den rechten Torsobereich. Einer der mittleren Laser liess zusätzliche Panzerung in den frisch geschaffenen Krater auf der zentralen Panzerung des Mechs verdampfen, während der zweite mittelschwere Laser einen Teil des rechten Armes zum Kochen brachte.

Denny schaltete nach dieser ersten ausgetauschten Salve das MASC sofort wieder aus. Mit ein wenig Glück hatte sein Gegner noch gar nicht realisiert, was Denny gemacht hatte.
Gleichzeitig begann Denny langsam von 5 herunterzuzählen. Solange würde der Cestus ungefähr brauchen, bis seine Waffen wieder würden feuern können.
Als er bei null angelangt war, aktivierte er die Sprungdüsen und sprang wieder in die Richtung, aus der er gerade gekommen war. Und tatsächlich bohrten sich eine Gausskugel und mehrere Laserschüsse in genau die Stelle, an der Denny eben noch gewesen war.
Denny´s Antwort in Form von Laser und Raketenbombardement verteilte sich über die gesamte Frontpartie und riss weitere tiefe Krater in die Frontpanzerung.
Ganz deutlich konnte Denny seinen Gegner in der Nachbarkabine laut fluchen hören. Er mußte breit grinsen. Wie er vermutet hatte, war sein Gegenüber noch nicht ganz trocken hinter den Ohren. Doch noch war nichts gewonnen. Denny zog sich hastig in den Wald zurück, denn ein drittes Mal würde er dem verheerenden Angriff der schwereren Maschine wohl nicht entgehen können.

Jetzt war Denny gespannt, was sein Gegner tun würde. Auf Nummer sicher zu gehen und wieder Abstand zwischen sich und der wendigeren und schnelleren Maschine zu bekommen oder sein Heil im Angriff zu suchen.
Doch nichts von beidem geschah. Sein Gegner begang den größten Fehler, den man auf dem Schlachtfeld machen konnte, er zögerte. Er wußte anscheinend nicht genau was er machen sollte und machte lediglich ein paar zaghafte Schritte nach hinten einen leichten unbewaldeten Hügel hinauf.
Mit zusammengekniffen Augen, der Schweiss rann Denny die Stirn und die Schläfen hinab, beobachtete Denny seinen Gegner einen kurzen Augenblick und traf dann seine Entscheidung. Auf seinen Sprungdüsen erhob er sich in die Höhe und landete sicher rechts von seinem Gegner. Noch während seines Fluges nahm er den Cestus ins Visier und Augenblicke nach seiner Landung schickte er ihm wieder seine KSR und sein mittelschweren Laser entgegen.
Der langsamere Cestus musste in seiner Torsodrehung etliche Treffer einstecken und Denny konnte sehen, wie sich einer der schweren Laser im linken Arm verabschiedete.
Doch auch Denny war jetzt ins Schussfeld geraten. Der Cestus traf mit seinem Gaussgeschütz seine linke Torsoseite. Fast die gesamte Panzerung wurde dadurch dort weggesprengt. Ein mittlerer Laser bohrte sich in sein rechtes Bein, doch die anderen Schüsse gingen daneben. Denny beschloss die Initiative nicht aus der Hand zu geben, aktivierte erneut sein MASC und bewegte seinen dadurch deutlich schneller gewordenen Mech ganz nah in den Rücken der schwerfälligen Maschine.
Denny grinste breit als er eine komplette Breitseite auslöste ohne sich um die Hitzewelle zu kümmern, die daraufhin durch die Kapsel geleitet wurde.
Mit Genugtuung hörte er wieder den Aufschrei des Entsetzens und sah, wie sich die Raketen und Laserstrahlen in die dünne Rückenpanzerung bohrten. Doch besonders belustigend fand er es, dass ausgerechnet sein Flammer, der seinem Mech den charakteristischen Namen gab, seinem Gegner quasi den Todesstoß gab. Das aus dem überdimensionalen Flammenwerfer züngelnde Feuer frass sich durch die malträtierten internen Strukturen und zerstörte die Gausskanone, die im rechten Torso eingelagert war. Die Wucht des Angriffs und die Rückkopplung, die die Zerstörung der Waffe bei seinem Gegner ausgelöst haben musste, liessen die 65 Tonnen schwere Maschine stürzen. Und Denny sorgte relativ schnell dafür, das sie auch nicht wieder aufstand.
Lautes Gemurmel und Fluchen zeugte Denny von seinem Sieg und gleichzeitig hoffte er, das die vier nun ihrem Ärger über die Niederlage nicht anderweitig würden Luft verschaffen.

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04.03.2003 15:57 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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26 Überraschung

Die Bar „Hell and Heaven“, Söldnerdistrikt, Harlech, Outreach
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xx. November 3064

Gut drei Stunden später war Denny wieder zurück im „Hell and Heaven“. Seine Befürchtungen hatten sich als unbegründet erwiesen. Seine Kontrahenten in der Simulatorhalle hatten sich als ausgesprochen gute Verlierer gezeigt, ihm zu seinem überraschenden Sieg gratuliert und ihm sogar einen Rückkampf abgerungen. Und dieses Mal hatte ihn der Cestus auch besiegt, wenn auch knapp. Das Überraschungsmoment des ersten Kampfes war nun nicht auf Dennys Seite gewesen und nur mit reiner Schnelligkeit konnte seinen deutlich schwereren Gegner nicht in Knie zwingen, zumal dieser gezeigt hatte, dass er sehr schnell lernen konnte.
Nachdem Denny dann sein normales Trainigsprogramm durchgezogen hatte, war er nach Hause gegangen, hatte sich ausgiebig geduscht und wartete nun – während er sich ein schönes saftiges Steak schmecken liess - darauf, dass die Belegschaft sich zum Appel sammelte. Jedenfalls nannten seine Leute so den Termin, den sie jeden Tag um kurz nach mittag hatten.

Langsam trudelten seine Mitarbeiter ein und gleich würden sie über den vergangenen und über den kommenden Abend reden.
Georgie hatte dieses militärische Gehabe noch nie gefallen und war daher auch gar nicht anwesend, aber Denny war überzeugt, das gerade diese Disziplin die Ursache dafür war, das ihre Bar fast wie am Schnürchen lief. Und trotzdem passierten immer noch Fehler.
Als sie sich alle versammelt hatten begann er: „Trevor,“ rief er den jungen Aushilfsconcierge, der auch prompt aufstand, als wären sie auf der Militärakademie.
„Sie haben gestern abend unseren Gäste von den Waco Rangers einen Tisch zugewiesen, richtig?“
„J-Ja“ antwortete ihm der junge Mann unsicher.
„Warum?“ fragte er ihn scharf und die Aushilfe hatte das Gefühl von dem Blick seines Bosses aufgespiesst zu werden. Sein Gesicht lief rot an und er stotterte aufgeregt. „N-N-Naja, Mr. Buchanan w-war grad nicht da und ich w-wollt die Gäste nicht w-warten lassen...“ versuchte er sich zu verteidigen.
„Und deswegen haben sie sich gedacht, es wäre gut für die Stimmung im Laden, wenn sie sie neben einen voll besetzten Tisch der Dragoner setzen, ja?“ Der beissende Spott in Denny´s Stimme liess die Aushilfe verzweifelt und nach Hilfe flehend nach seinem Vorgesetzten umschauen.
„Sir, ich war ein paar Minuten nicht an meinem Platz, es war mein Fehler...“ versuchte Fitz Buchanan seinem Schützling beiseite zu stehen.
„DAS KANN MAN WOHL SAGEN“ schnauzte Denny seinen Chef-Concierge an, so dass dieser unvermittelt zusammenzuckte. „Ich bin sehr enttäuscht, Mr. Buchanan. Und zwar nicht darüber, dass Sie mal kurz weg waren, sondern das einer Ihrer Männer nicht in der Lage war zu erkennen, das er gerade zwei dermaßen verfeindete Söldnereinheiten wie die Rangers und die Dragoner an Nachbartische gesetzt hat.“
Er nickte mit seinem Kopf in Richtung eines bulligen Mannes in schwarzem T-Shirt, während er fortfuhr: „Sie können sich bei Gustav bedanken, das die Situation bereinigt werden konnte.“
Gustav Brauer war der Chef der Big Bad Boys und sass normalerweise auf dem Kontrollpult der Bar, von wo aus er die Sicherheitssituation komplett im Blick hatte. Er hatte schnell reagiert und einem der Kellner den Auftrag gegeben, die Dragoner zu einem Besuch im VIP-Bereich einzuladen inklusive einer sehr guten Flasche Hochprozentigem. Und damit war die Situation zumindest gerettet worden.
„Es tut mir leid, Sir. Meine Leute und ich werden eine Sonderschicht mit dem Thema “Verfeindete Söldnereinheiten“ einlegen, Sir!“
„Und...???“ bohrte Denny nach.
„Und wir werden die Flasche Glengarry Reserve zu gleichen Teilen von unserem Gehalt abziehen!?“ fragte Buchanan etwas zögerlich nach.
„Und...???“ bohrte Denny noch tiefer weiter, anscheinend immer noch nicht ganz zufrieden mit dem Strafmaß.
„Und wir werden Mr. Brauer ebenfalls zu einer Flasche Glengarry Reserve einladen!?“ schlug Buchanan nun mit einem leicht verzerrten Gesichtsausduck vor. In Brauers Gesicht wiederum zauberte sich ein breites Grinsen.
Das reichte Denny und er beruhigte sich nickend wieder. Das Gute an diesem Buchanan war, das er - sobald er einen Fehler bemerkte - von sich aus eine passende Vorgehensweise und eine angemessene Bestrafung vorschlug. Deswegen liess er es auch dabei beruhen.
„Gut, das genügt denke ich als Strafe. Kommen wir zum nächsten Thema...“ klatschte er in die Hände und sie wandten sich dem nächsten Punkt zu. So arbeiteten sie sich Stück für Stück durch eine Unmenge an zu klärenden Punkten, so dass Dennys Schädel schon nach kurzer Zeit anfing vor Anstrengung und Konzentration zu vibrieren.

***********************

Zwei Stunden später war der Appell beendet, alle Themen besprochen und entschieden und Denny zog sich zum gerade wieder in Betrieb genommenen Kamin zurück. Er hatte sich eine schöne Flasche „Golden Sierra Mescal“ geben lassen und starrte gedankenversunken in die goldgelbe Flüssigkeit, als Georgie sich mit einem lauten Plumps in den weichen Ledersessel neben ihm plumpsen liess.
Denny blickte nur kurz hoch und schon sah er, das Georgie mal wieder vor Freude zu leuchten schien. Wenn der symphatische Kauz wegen irgendetwas gute Laune hatte, dann war er schier nicht zu bremsen. Und Denny ahnte schon was jetzt kommen würde.
„Generalissimo Denny,“ witzelte er „sind die Truppen bereit für uns in den Tod gegen unseren Hauptfeind – den Kunden – zu marschieren?“
Denny rollte mit den Augen und antwortete schliesslich mit einem müden „Si mon capitan.“ Vor allem um dem alten Mann die Laune nicht zu verderben.
Georgatos „Georgie“ Andreapoupoulos war ein vor Elan und Lebensfreude förmlich nur so sprühender Mann in den frühen Sechzigern. Er hatte nie etwas anderes in seinem Leben gemacht als Bars zu leiten. Erst kreuz und quer im Ligaland und dann hatte er vor knapp vier Jahren diesen Laden auf Outreach übernommen.
Schnell hatte er aus dem heruntergekommenen, erfolglosen Kneipe eine gut besuchte Bar gemacht. Alle kamen gerne zu ihm, er schien für jeden ein offenes Ohr und einen guten Rat zur Hand zu haben. Und er konnte wunderbar Kontakte knüpfen. Alles in allem gute Voraussetzungen, um eine Bar in Schwung zu halten.
Doch was ihm gefehlt hatte, um den Laden richtig auf Vordermann zu bringen und zu dem zu machen, was er jetzt war, war vor allem Geld und ein guter Partner gewesen.

Denny und Georgie kannten sich schon seit langem. Als Denny von 3058 bis 3060 auf Sierra stationiert gewesen war, hatte Georgie dort eine Bar besessen. Kurz nachdem Denny 3060 überhastet nach Solaris aufgebrochen war, hatte auch Georgie seine Zelte dort abgebrochen und hatte das „Hell and Heaven“ auf Outreach eröffnet.
Sowohl Ende 3062 bei Dennys Ankunft aus Solaris als auch vor knapp anderthalb Jahren hatte ihn Georgie mit offenen Armen empfangen. Und da Denny nach seiner Rückkehr aus dem Liao-St.Ives-Konflikt damals für eine Weile den Neurohelm an den Nagel hängen wollte und dazu noch über eine stattliche Investitionssumme verfügte, hatte er sich prompt bei Georgie eingekauft und sie hatten das „Hell and Heaven“ gemeinsam zum jetzigen Erfolg geführt.

„Na so schweigsam heute“ fragte Georgie und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
Denny seufzte kurz, schob dann Georgie ein leeres Kristallglas entgegen und goß ihm ohne zu fragen vom Mescal ein.
Schliesslich brachte er nur ein kurzes „Ja“ über seine Lippen. Georgie liess aber nicht nach und bohrte stirnrunzelnd weiter: „Privat oder Bar?“
„Privat“ antwortete Denny.
„Hey komm schon, was ist los?“ fragte ihn sein älterer Kompagnon gutmütig. „Irgendwas bedrückt dich doch, oder?“
„Nein, alles o.k! Bin nur etwas müde, das ist alles.“ log ihn Denny an.
Wie sollte er es denn Georgie auch erläutern, wenn er es selbst noch nicht verstehen konnte? Er wußte, dass etwas an ihm nagte und es waren nicht nur seine Erinnerungen. Am stärksten hatte er heute das Gefühl während und kurz nach dem Sim-Kampf gehabt. Dieses Gefühl der Anspannung, des Adrenalins und Glücks nach dem gelungenen Kampf.
Ihn zog es wieder zurück in ein Cockpit! Aber genau das war es, dass ihn auch wieder runterzog. Wie oft hatte er sich schon gesagt, er würde sich wieder nach einer neuen Einheit umsehen, wie oft hatte er es angefangen und wie oft hatten ihn seine Erinnerungen eingeholt und ihn daran gehindert es tatsächlich zu tun. Etwas in ihm sagte ihm, das es diesmal wieder so sein würde. Und das frustierte ihn unglaublich.
Er dachte einen kurzen Augenblick an Rekog, das es vielleicht helfen würde, seine Depression loszuwerden, das es sein Leben wieder etwas erträglicher machen würde wenn er sich mit den schönen Zeiten trösten würde.
Er konnte doch einfach nach hinten gehen, sich zurücklehnen und in Erinnerungen schwelgen. Wenn würde das schon stören?

Es war Georgie, der ihn erneut in die Realität zurückholte. „Wenn Du reden willst, Denny...? Du weißt meine Tür steht immer für dich offen!“
Denny nickte nur mit einem leicht gequälten Lächeln auf den Lippen und genoß noch einen Schluck seines Mescal, während Georgie mit seinem Glas aufstand und ihn alleine liess, allein mit seinen Gedanken.
Georgie hatte Recht. Reden wäre jetzt genau das richtige, nicht Alkohol oder Rekog. Er sollte sich zusammenreissen, er sollte sich aufraffen und sich auf die Suche begeben.
„Morgen!“ murmelte Denny vor sich hin, während er sich noch ein Glas Mescal eingoss und verzweifelt versuchte nicht an Rekog zu denken.
„Morgen ist auch noch ein Tag dafür!“

*******************************

Das Knistern des Kaminholzes hatte sich genau wie die Geräuschkulisse in der Bar stetig gesteigert.
Mittlerweile waren mal wieder alle Tische besetzt und das Geschäft brummte. Genauso wie Dennys Schädel. Seine Flasche Mescal war fast bis zur Hälfte ausgetrunken und für ihn lag die Welt in einem beruhigenden Schleier.
Mehrfach hatte er sich dem Drang widersetzt nach hinten zu gehen, und stattdessen hier weiter seinen Drink zu sich zu nehmen. Allerdings war es sich jetzt nicht mehr so sicher, was von beidem besser war. Sich in der Öffentlichkeit zu betrinken, oder sich in die Abgeschiedenheit und Ruhe seines Büros zurück zu ziehen, wo er niemandem auffiel und – viel wichtiger – wo ihn niemand störte.

„Ähmmm, Sir, entschuldigen Sie,“ räusperte sich Trevor neben ihm. Denny hatte ihn gar nicht kommen hören und blinzelte ihn daher etwas benommen an.
„Da ist jemand, der mit Ihnen sprechen will, Sir!“
„Schicken Sie ihn wieder weg!“ antwortete er ihm schroff. „Mir is jetz´nich nach quatschen...“
Hinter seinem Stuhl antwortete ihm eine dunkle, seltsam vertraut klingende und lange nicht mehr gehörte Bariton-Stimme: „Nuja, wennde glaubst, dat ich nach dem ganz´n lang´n Weech so mir nix dir nix wieder abhaue, hast dich aber geschnitt´n, ne?“
Wie von der Tarantel gestochen, schoss Denny förmlich aus seinem Sessel und verschüttete dabei in hohem Bogen seinen Drink. Das Glas flog samt Inhalt in den offenen Kamin, wo es fauchend eine kleine nach oben gerichtete Stichflamme erzeugte.
Fast hätte Denny auch noch den kleinen Aushilfsconcierge bei dem Versuch aufzustehen ebenfalls in den Kamin geschleudert, aber dieser hielt sich und seinen angetrunkenen Boss gut fest.
Denny zuckte hinüber zu dem Neuankömmling.
Und tatsächlich, vor ihm stand leibhaftig Hank Borer und grinste breit. Er schien sich sich nicht im geringsten verändert zu haben und trug immer noch einen blondierten Kinnbart und eine kappenähnliche Frisur auf dem Kopf, die sich in starkem Kontrast von seiner tiefdunklen Hautfarbe abhoben.
Denny konnte in Hanks Augen die Wiedersehensfreude blitzen sehen und nachdem er seine erste Überraschung überwunden hatte, sprang er seinem lange nicht mehr gesehenen Freund mit einem lauten Jubelschrei um den Hals.
„Heyheyhey, 3D, lass dat, ok.?“ feixte Hank. „Ich freu mich ja auch, aber die gucken uns jetz´ alle zu, ne?“
„Hopp, Trevor, los“ rief er seinem Bediensteten zu „holen sie uns ein paar frische Gläser und etwas zu essen. Hank und ich haben uns eine Menge zu erzählen.“
Denny wusste sofort, das das mit Sicherheit eine lange Nacht werden würde, aber das nahm er mit Freuden in Kauf.

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26.03.2003 13:50 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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xx. November 3064

Für seine 45 Jahre war Hank immer noch extrem wendig. Und er war stolz darauf. Immer noch trainierte er jeden Tag ein paar Stunden im Kraftraum, um sich fit zu halten. Und wann immer sich die Gelegenheit bot, stieg er auch in den Boxring.
Der rechte Haken, der sich auf den Weg machte, seinen Kopf zu treffen, hatte keine Chance sein Ziel zu erreichen. Zum Einen, weil Hank dem Schlag blitzschnell auswich und zum zweiten weil es Denny Dukic war, der den Hieb angesetzt hatte.
Hank grinste innerlich, das er es geschafft hatte Denny zu einem Kampf zu überreden. So gut der Junge im MechCockpit war, so schlecht war er doch im Nahkampf jeglicher Art.
Hank wusste genau, woran es lag. Denny´s Reflexe, Ausdauer und Konzentration waren zwar gut genug, aber mit der Kraft und Schnelligkeit seiner Schläge haperte es gewaltig. Somit KONNTE Denny eigentlich nur verlieren, da man in einem Boxring nicht ewig ausweichen konnte.

Hank wich dem Schlag nach hinten aus und setzte sofort zum Gegenschlag an. Langsam war Denny wohl müde geworden und somit erwischte ihn Hank mit einer satten Geraden mitten im Gesicht. Noch bevor sich Denny von dem Treffer erholen konnte setzte Hank mit einem linken Schwinger nach, die krachend auf Dennys Kopfschutz landete.
Der jüngere MechKrieger stolperte ein paar Schritte zurück und schüttelte seinen Kopf leicht benommen.
„Scheische, isch hattsch wischen müsschen, dasch dasch ne Scheisch-Idee ischt“ nuschelte Denny durch seinen Mundschutz während er versuchte die Deckung aufrecht zu erhalten.
„Komm schon, Kleiner! Halt schumindescht diesche Runde nosch dursch!“ antwortete Hank während er auf Denny zumarschierte. Eine schnelle Links-Rechts-Kombination hämmerte auf dessen Deckung und fand zunächst keine Lücke.
„Na schieschte, geht dosch!“ gab Hank ihm Mut. Doch er wusste, das Denny keine Chance hatte. Drei Runden hatte er gut mitgehalten, aber schon in der vierten hätte ihn Hank zu Boden schicken müssen. Es war zeit, das ganze zuende zu bringen.
Unerbittlich schritt er auf seinen ausweichenden Boxgegner zu und erahnte Denny´s Ausweichmanöver bereits im Vorfeld. Er täuschte erst einen rechten Haken an um diesem blitzschnell eine linke Gerade hinterher zu schicken. Diese konnte Denny zwar gerade noch abblocken. Aber dafür war seine Deckung nun offen für den eigentlichen rechten Hammer. Hart getroffen schwankte Denny nach hinten in die Seile und konnte gerade noch verhindern umzufallen. Hank preschte heran und wollte den Fight endgültig entscheiden, als der Rundengong Denny erlöste.
Denny spuckte sofort seinen Mundschutz aus und schüttelte seinen Kopf.
„Verdammt, lass gut sein, Hank. Ich geb auf!“
„Menno, Denny, schei jetscht kein Frosch“ protestierte Hank mit weit ausgebreiteten Armen. Doch Denny begann schon seine Boxhandschuhe mit den Zähnen zu öffnen. Als er den ersten Verschluss geöffnet hatte antwortete er: “Nene, mein Freund. Ich muss schon verrückt gewesen sein mich überhaupt darauf einzulassen.“
Hank grinste und entfernte ebenfalls seinen Mundschutz. „Hast dich aber gut gehaltn, ne?“
„Jaja,“ maulte Denny mürrisch „dafür brummt mir jetzt der Schädel. Lass uns gehen ich muss wieder zurück in die Bar. Kommst Du mit?“
„Ne, Kleiner. Ich wird mich gleich mal aufn Weg in die Wolfshall machen. Vielleicht kann ich ja endlich was passendes ergattern, ne?“

Denny nickte und schweigend machten sich die beiden auf den Weg zu den Umkleidekabinen. Als Hank vor knapp drei Wochen auf Outreach angekommen war, hatte er nicht damit gerechnet, das es so schwierig werden würde eine passende Einheit für sie zu finden.
Sie waren zwei exzellente Piloten mit einer Menge Erfahrung, die darüberhinaus sogar jeder einen eigenen Mech mitbringen würden.
Die Einheiten, die ihnen Angebote gemacht hatten, wollten die beiden nicht annehmen. Und diejenigen, die für Denny und Hank interessant waren, hatten allerdings kein Interesse an den beiden.
Gut, zugegeben. Denny hatte seit fast eineinhalb und Hank seit zwei Jahren keinen Kampfeinsatz gemacht. Vielleicht waren sie ein wenig eingerostet, aber nix was nicht mit ein wenig Übung wieder hinzukriegen wäre, oder?
Und beide hatten noch nie als Söldner gearbeitet, auch das war richtig. Doch Hank war sich sicher, dass das nicht die größte Rolle spielen konnte.
Dann wurde ihnen häufig vorgeworfen, dass sie als Ex-Solaris-Jockeys vielleicht keinen Bezug mehr zur Realität des Krieges hätten. Das machte Hank innerlich jedesmal wieder wütend. Er hatte auf La Grave gegen die Falken gekämpft, also sollte bloss niemand sagen, er könne sich nicht mehr an die Schrecken des Krieges erinnern. Diese Bilder im Gedächtnis wurde man nicht so einfach los. Doch Hank hatte gelernt damit umzugehen und er war sich sicher, dass das für Denny genau so gut galt.

Obwohl er zugeben musste das sich der Junge doch stark verändert hatte im Vergleich zu dem Denny, den er vor zwei Jahren auf Solaris kennen gelernt hatte.
Verstohlen schaute er hinüber zu seinem schweigsam neben ihm her trottenden Freund. Denny hatte ihm von der wilden 8 erzählt. Davon dass er mit dieser selbsternannten Elitesöldnertruppe nach Ambergrist gegangen war.
Und davon, dass er erst skeptisch gewesen war, ob die Truppe wirklich so gut gewesen war, wie sie von sich selbst dachte. Vor allem die Trainingsmoral der Einheit war wohl ein wenig lax gewesen und es hatte keine Ränge gegeben.
Denny hatte zugegeben, das er sich hatte anstecken lassen und das die Zügel ebenfalls schleifen liess. Die Atmosphäre in der Truppe hatte er als die kameradschaftlichste, die er je erlebt hatte, empfunden. Und er hatte zugegeben das er sich in eine seiner Lanzenkameradinnen verliebt hatte und das sie genau so empfunden hatte.
Und zunächst hatten sich wohl seine Befürchtungen als unbegründet erwiesen. Sie hatte den Auftrag gehabt den eigentlich bereits von KonCap-Truppen eingenommenen Planeten Ambergrist zu befrieden. Es trieben sich anscheinend noch eine Handvoll besiegter St.Ives-Mech auf dem Planeten herum, die versuchten die zurückgelassenen zweitklassigen Capella-Milizen wo es ging zu ärgern.
Doch entgegen Denny´s Befürchtungen hatten sie den Auftrag tatsächlich schnell und sauber erfüllt. Die versprengten Guerilla-Gruppen konnten sie wohl eine nach der anderen ausschalten und Denny hatte seine Meinung in bezug auf „Die Wilde 8“ revidiert.

Doch irgendetwas musste dann schief gegangen sein, und zwar gewaltig. Denny hatte Hanks Fragen lapidar abgeblockt oder war ihnen ausgewichen. Das einzige was er herausbekommen hatte, war, das die Einheit vernichtet worden war und Denny´s Geliebte mit fast allen anderen gestorben oder in Gefangenschaft geraten war.
Hank fragte sich wieder, was es wohl gewesen sein mochte.
Hatte es einen Streit in der Einheit gegeben? Hatten sich die Cappellaner gegen sie gewandt?
Was es auch war, er hatte sich entschlossen seinen Freund nicht weiter zu bedrängen. Er spürte, das Denny daran zu nagen hatte und er würde es ihm schon erzählen, wenn die Zeit reif dafür war.

*********************************

Eine halbe Stunde später und frisch geduscht, zog sich Hank gerade an. Denny war schon losgegangen und somit war er alleine in der Umkleidekabine. Er fischte seine Hose aus dem Spind und dabei fiel sein Geldbeutel heraus und der Inhalt verteilte sich teilweise auf dem Boden.
Fluchend fischte Hank doe Geldscheine und Holobilder vom nassen Boden auf und rubbelte sie mit einem Handtuch trocken.
Eines der Bilder liess ihn sich hinsetzen. Es zeigte Eli seine Frau und seine kleine Tochter Sophia, wie sie ihm zum Abschied noch einmal zuwinkten. Ein Stich fuhr in sein Herz und ein Zweifel bemächtigte sich wieder seiner Gedanken.
Er fragte sich ob seine Entscheidung richtig gewesen war. Was hatte ihn dazu getrieben von zuhause zu flüchten. Was hatte ihn wieder in die Arme der Gefahr und des allgegenwärtigen Todes getrieben?
War er noch bei Trost gewesen, seine süsse kleine Tochter und seine liebevolle Frau zu verlassen?

Er nickte sich selbst zu, so als müsse er sich seine Entscheidung noch einmal selbst bestätigen. Ja es war richtig gewesen.
Eli hatte gemacht, was sie schon immer am besten gekonnt hatte. Kaum war die kleine auf der Welt gewesen, da hatte sie nicht nur ihr kleines Anwesen, das sie sich nach der Geschichte auf Solaris VII hatten leisten können – auf Vordermann gebracht sondern eine kleine Handelsgesellschaft für Solaris VII-Merchandising-Artikel gegründet.
Bei ihrem Organisationstalent und Gespür für Geschäftssinn hatte sie den Laden scheinbar im Handumdrehen zu einem florierenden Geschäft gemacht.
Aber so sehr er Eli auch liebte, hatte er sich ziemlich schnell als überflüssig empfunden. Er war der örtlichen miliz beigetreten, in der Hoffnung auf etwas Abwechslung und Bestätigung, aber das war ebenfalls vergebens. In Simpson Desert war das spannendste, was jedes Jahr passierte eine alljährliche Milizparade, eine ausgedehntes Sommermanöver und ein paar Einsätze gegen Buschbrände. Dorthin verirrten sich nicht einmal die Silberfalken.
Nein, Hank war nicht unglücklich gewesen. Die Zeit mit der Familie gehabt zu haben war schön gewesen. Aber da Eli zunehmend weniger Zeit für ihn gehabt hatte und Sophia ein extrem der Mutter zugewandtes Kind war, hatte er sich wie ein Tiger im Käfig gefühlt. Er hatte versucht, es so lange wie möglich hinaus zu zögern. Doch eines Tages war der Drang zu stark gewesen, zu mächtig. Er hatte ihm nachgegeben und eine Passage für sich und seinen Mech nach Outreach organisiert.

Eli hatte nicht versucht ihn aufzuhalten. „Warum auch?“ hatte sie gesagt. „Geh` tob´ dich aus! Eines Tages wirst du wieder zu uns zurück kommen und wir werden uns darauf freuen.“ Ihre Stimme hallte scheinbar wieder in seinem Kopf und er unterdrückte die Tränen, die sich in seinen Augenwinkeln zu bilden begannen.
„Sei nich albern, alter Mann,“ murmelte er zu sich selber, gab seiner Frau und seiner Tochter einen Kuss und riss sich wieder zusammen.
„Du hasts nich anders gewollt, ne? Also ziehs jetz´auch durch, klar?“ sagte er zu seinem Spiegelbild, packte seine Sachen und machte sich auf den Weg zur Wolfshall. Vielleicht hatte er ja heute Glück und fand das Gesuch einer Einheit die zu Ihnen passte.

***************************

Ein paar Stunden später sassen Hank und Denny im „Hell and Heaven“ am Kamin und gingen ein paar der Unterlagen durch, die Hank aus der Wolfshall mitgebracht hatte.
„Mensch, 3D, dat is ja zum Mäusemelken, ne?“ Hank warf frustiert seinen Stapel auf den Tisch. „Gibs denn keine Dreckseinheit die auf uns passen tut?“
„Ich weiss nicht, Hank. Vielleicht sind ja auch nur unsere Ansprüche zu hoch, oder? Ich meine du hast hier nur Positionen in Einheiten, die eine Veteran- oder Elite-Einstufung haben dabei, was ist mit den regulären Einheiten? Da gibt es vielleicht eher Chancen für uns, oder?“
Hank grunzte nur mürrisch. Doch bevor er antworten konnte, gesellte sich ein äußerst gut gelaunter Georgie zu Ihnen und begann sofort loszusprudeln: „Na liebe Freunde, wie läufts? Ihr glaubt gar nicht, wen ich vorhin getroffen habe. Einen alten Stammkunden von mir, ist vor ein paar Jahren ne Weile ständig hier ein und aus gegangen, damals als der Laden noch nicht so in Schuss war...“
„Georgie...?“ unterbrach ihn Denny mit leicht genervt klingender Stimme.
„Ähhh, na jedenfalls gehört dem Jungen ein Landungsschiff und da erzählt er mir doch glatt dass er so ne Söldnertruppe ins Tiefste Drac-Land begleitet hat und sie Ronin gejagt haben, sogar im Geisterbären-Dominium und dass er dann auf dem Rückweg geheiratet hat...“
„Georgie...!?“ Dennys Stimme nahm einen fast schon flehentlichen Tonfall an, in der Hoffnung sein Geschäftspartner würde endlich mal zum Punkt kommen.
„Ähhh, ja nun, jedenfalls sind sie jetzt alle wieder hier und müssen ihre Reihen wieder auffüllen und suchen also noch nach zwei erfahrenen MechPiloten...“ Hanks und Dennys drehten sich nun deutlich interessierter zu Georgie um, während dieser fortfuhr „... naja, da habe ich ihm gesagt ich hätte da jemanden den sich sein Major mal anschauen sollte. Also habe ich sie kurzerhand heute abend hierher eingeladen. Ist euch das recht?“
„Klar“ antwortete Denny als erster „wie heisst denn die Eineit?“
„Genau weiss ichs nicht mehr, ich glaub irgendsowas wie Dorsans Cavaliers oder so ähnlich. Kennt man die?“
Hank und Denny schauten sich an und zuckten fast zeitgleich mit den Schultern. „Nie gehört“ gab Hank zu und auch Denny schüttelte den Kopf. „Sagt mir überhaupt nix“
„Nuja, da werdn ma uns wohl überraschen lassn müssn, ne?“ grinste Hank.
Denny lehnte sich zurück in seinen Sessel und versuchte verzweifelt nicht an das letzte Mal zu denken, als er hier im „Hell and Heaven“ ein Vorstellungsgespräch gehabt hatte. Er hoffte inständig, das das nicht ein böses Omen war.

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28 Casting

Die Bar „Hell and Heaven“, Söldnerdistrikt, Harlech, Outreach
Chaos-Marken

xx. November 3064

Ganz unvorbereitet wollten Denny und Hank nicht in das für den Abend vorgesehene Gespräch gehen. Also hatte Denny sich von seinem Büro aus in Datenbanken auf die Suche nach Unterlagen über die Einheit gemacht, deren Besuch sie heute abend erwarteten. Die Unterlagen waren zwar sicher nicht vollständig und vielleicht nicht ganz aktuell, aber besser als gar nichts.
Eine Einheit namens „Dorsans Cavaliers“ hatten sie zwar nicht gefunden, doch dafür waren sie nach einer Weile des Stöberns auf „Dantons Chevaliers“ gestossen und Georgie hatte bestätigt, das das die richtige Einheit war.
Dann hatten sie dem Major der Einheit, einem gewissen Germaine Danton per Kurier ihre Unterlagen zukommen lassen, damit dieser nicht vollkommen unvorbereitet zum Gespräch erscheinen musste.
Jetzt sassen Denny und Hank wieder vor dem Kamin und gingen die Unterlagen durch, die über die Einheit aufzutreiben gewesen waren.
Da sich die Bar langsam aber sicher zu füllen begann, hatte Denny den Vorhang um den Kamin ziehen lassen. Links und rechts vom Kamin hingen dunkelbraune, schwere Vorhänge die sich bei Bedarf u-förmig um das knisternde Feuer und die davor arrangierte Sitzgruppe ziehen liess. Auf diese Weise war man weiterhin mitten in Bar, aber trotzdem irgendwie davon getrennt. Der Lärm und Rauch der Gäste drang nicht nach innen und kein Wort des Gespräches drang nach aussen.

„Schau ma`, 3D!“ Hank deutete auf die Kopie der Unterlagen, die ihm auf den Knien lag und riss damit Denny aus seinen Gedanken.
„Hört sich doch gar nich so schlecht an, ne? Knappes gemischtes Battallion, von allem etwas, ne? Mechs, Büchsenfahrer, Schlammstampfer, sogar´n paar Luftaffen und´n Landungsschiff. Die müssn den Clans aber ordntlich in Hintern getreten haben, um so fix zu wachsen, ne? Hahaha! Is ja glatt ´ne BeKG, Hahaha!!!“
Denny runzelte die Stirn bis er den Witz begriff. „Naja, höchstens eine leichte BatallionsKampfGruppe“ erwiderte er grinsend.
Wie es aussah, hatten sie es in ihrem letzten Auftritt für das Kombinat tatsächlich geschafft, nicht nur den Auftrag schneller als erwartet zu erfüllen. Sie hatten der groben Einheitsaufstellung zufolge, die zu bekommen gewesen war, allem Anschein nach auch noch jede Menge ClanTech und neueste Kombinatstechnologie erbeutet und sich von verstärkter Kompaniegröße zu leichter Batallionsgröße gemausert.
Dennys Stirnrunzeln verstärkte sich. Ein Einsatz für das Kombinat im Geisterbären-Dominium so kurz nach dem Krieg? Konnte es sein das der Drache wieder gegen den Bären aktiv geworden war?
Unmöglich, die Unterschrift unter dem Waffenstillstand war noch nicht trocken und das Kombinat schickte bereits wieder Söldner gegen die Geisterbären?
Er las die Passage über den letzten Auftrag der Einheit noch einmal ausführlich durch und begriff langsam. Nun, das konnte ein Problem werden.
„Ähemm, Hank. Die „Danton´s Chevaliers“ haben nicht GEGEN die Clans gekämpft, sondern indirekt FÜR sie?“
Das Lachen in Hanks Gesicht gefror und er riss die Unterlagen wieder an sich.
„Wat? Hier steht doch, FÜR die Dracs IM GeisterTeddy-Dominium, oder nich?“
„Ja, IM Clan-Gebiet! Aber lies genau, sie haben dort Ronin gejagt, also Ex-Draconier die GEGEN die Clans kämpften. Also haben sie indirekt FÜR die Clans gekämpft, oder?“
Hank schien etwas verwirrt zu sein, er blinzelte die Unterlagen ein wenig an und hoffte anscheinend, das ihm die Implikationen deutlicher werden würden.
„Halthalthalt, 3D? Du meinst, die ham´Seite an Seite mit Clans gekämpft?“
Denny nickte und versuchte die Miene seines Freundes zu lesen. Er wollte schon fragen, ob er das Gespräch lieber absagen sollte, da Hank ein paar Sekunden ohne eine Regung in das Feuer starrte.
„Weissu Denny, ich sehe noch häufig die Vercommies der 5. Davion Heavy Guards auf La Grave vor mir. Dat wurde tatsächlich zum Grab für viele vonnen Jungs, ne? Aber irgendwie bin ich fast drüber weg. Wie sacht man so schön? Die Zeit heilt alle Wundn, ne?“
„Heisst das, das dir das nichts mehr ausmacht?“
„Nuja, soweit würd ich nich gehen, ne? Aber bevor die Clans nich da warn, hatt ich auch nich gedacht, das ich ma mit Vercommies Seite an Seite kämpfen würde, ne? Und ich habs trotzdem getan! Sogar freiwillig! Ich würd sicher nich FÜR die Falken kämpfen, das nich! Aber gegen wen oder für wen die Chevaliers vorher gekämpft haben is mir eigntlich ziemlich schnuppe, ne?“
Denny nickte. Wie es schien war Hank tatsächlich darüber hinweggekommen. Doch war er selber über Ambergrist hinweg gekommen? War er über Sally hinweg gekommen?
Er schüttelte sich innerlich und nahm noch einen Schluck Wasser. Er wusste die Antwort bereits, auch wenn er sie sich selbst nicht zugestehen wollte. Ambergrist hatte eine tiefe Wunde in sein Herz gerissen und er wusste, der Heilungsprozess würde nie einsetzen, wenn er sich hier weiter verstecken würde.
Er gehörte in ein Cockpit, er brauchte wieder ein Kommando, er spürte es mit jeder Faser seines Körpers. Bliebe er hier, würde er langsam aber sicher eingehen, sich in seiner für Aussenstehende scheinbar perfekt organisierten Welt verheddern und allmählich den Verstand verlieren.
Es war an der Zeit sich neue Erinnerungen zu schaffen, statt ständig hinter den vergangenen hinterher zu trauern.

Es war Gustav Brauer, der Anführer der Big Bad Boys, der Denny jäh aus seinen Gedanken riss.
„Mr. Dukic, Brauer hier. Ihre Gäste sind eingetroffen.“
Wie alle seine Leute auch hatte Denny eines dieser Headsets getragen um mit seinem Bar-Team verbunden zu bleiben, hatte es aber fast vergessen, so dass er aufgrund von Brauers Stimme mächtig zusammengezuckt war.
Denny fluchte innerlich. Wie hatte er schon wieder so tief in Gedanken versinken können, und das vor einem Bewerbungsgespräch. Schlagartig schien Nervosität in seine Blutbahn zu schiessen und Hank blickte neugierig hoch, wobei er eine Braue nach oben zog.
„Sie sind da!“ war Dennys knappe Antwort. Seelenruhig begann Hank seine Unterlagen zu sortieren und zusammen zu packen. Auch Denny beeilte sich nicht. Er hatte dem Chef-Concierge Buchanan angewiesen, den Begleitern des Major den besten Tisch im VIP-Bereich freizuhalten, mit direktem Blick auf die unter ihnen im Bassin spielende Band und die Gästetische des „normalen“ Bereichs. Das hiess die Gruppe würde noch ein paar Augenblicke brauchen, bis er am Tisch ankommen würde. Dort würden sie von Georgie begrüßt werden, der ebenfalls von Brauer unterrichtet werden würde. Erst im Anschluß an die Begrüßung würde Buchanan den Major zum Kamin“raum“ bitten.

Also hatten er und Hank noch ein paar Augenblicke Zeit bevor es ernst werden würde. Denny spürte sein Herz schneller als normal schlagen und die Nervosität jagte wieder einmal durch seinen Körper. Sein Herz schlug etwas schneller als normal und er nahm wieder diese leichte Anspannung wahr. Es war merkwürdig, dieses Gefühl hatte er während der anderen Bewerbungsgespräche nicht gehabt. Er fragte sich unwillkürlich, woran es wohl liegen mochte.
War es der Druck endlich mal eine Zusage bekommen zu müssen? Oder die erst jetzt gewonnene Gewissheit ein neues Kommando unbedingt haben zu WOLLEN, oder einfach nur die Tatsache, das die Atmosphäre doch eine komplett andere war als bei den bisherigen Gesprächen?
Was es auch war, Denny verdrängte es für den Augenblick. Brauer gab ihm ein Zeichen über den Funk, so dass Denny und Hank den Kaminraum verliessen kaum das seine Gäste den Tisch erreicht hatten.

Während die beiden MechKrieger die kurze Distanz zu dem VIP-Tisch zurücklegten, wurde die Gruppe gerade von Georgie herzlich begrüßt. Das gab Denny ein paar Augenblicke Zeit die Gruppe der Chevaliers zu begutachten. Es waren sechs Gäste gekommen statt der erwarteten vier. Der Art und Weise nach zu urteilen, wie sie um den Tisch herum standen, schien es sich um drei Paare zu handeln.
Der Mann mit den arabischen Gesichtszügen war unverkennbar Georgie´s Bekannter. Er war in Begleitung seiner Frau gekommen. Eine weitere Frau war in Zivil anwesend, sie hatte ihren Arm in den Rechten des Major geschlungen. Dann waren noch zwei weitere Mitglieder der Chevaliers dabei, ein Captain und ein weiblicher Sergeant. Also schien es in dieser Einheit zumindest ähnlich familiär zuzugehen wie bei der wilden 8.

Denny und Hank erreichten die Gruppe genau in der Sekunde, in der der alte Grieche die Hand der Frau küsste, die neben dem Arkab stand.
„Nun lass endlich deine Finger von meiner Frau, alter Pirat“ raunte dieser gerade dem älteren Barbesitzer grinsend zu.
„Ahhhh!“ Mit einem gespielten Ton der Empörung umfasste Georgie Esmeraldas Hand und lächelte schelmisch in die Runde „Mustafa mein Freund, wer bin ich schon, das ich eine so junge Ehe gefährden könnte? Sei´s drum“ jetzt wendete er sich den beiden angekommenen MechKriegern zu „Hier sind auch schon die Herren Dukic und Borer.“
„Denny, Hank, darf ich vorstellen, Mustafa Al Hara Ibn Bey und seine Frau Esmeralda. Doktor Bellinda Wallace und Major Danton sowie Sergeant Tsuno und Captain Scharnhorst.“ Noch während das allgemeine Händeschütteln fortfuhr, plapperte Georgie fröhlich weiter: „Ich würde sagen, ihr geht dann mal in das Kaminzimmer um euer Gespräch zu führen, während ich die Damen unterhalte, ja?“
„Nichts da, alter Halunke, ich bleibe auch hier!“ Der Arkab grinste und schob dabei den Stuhl für seine Frau zurück.
„Na wenns denn sein muß“ erwiderte der Barbesitzer, der den Stuhl für Doktor Wallace bereit hielt, und verdrehte dabei die Augen.
„Hier entlang bitte.“ Denny machte eine Geste in Richtung des Kaminzimmers.
„Danke,“ erwiderte der Major und drehte sich noch einmal zu den mittlerweile um den Tisch herum sitzenden übrigen Mitgliedern seiner Einheit um. „Dann feiert mal schön während Manfred und ich arbeiten, ja?“
„Machen wir!“ antworteten ihm alle fast zeitgleich.
Jetzt war es an Major Danton seine Augen zu verdrehen.
Und somit begaben sich die vier Soldaten in den vom Trubel der Bar zumindest etwas abgeschirmten Bereich des Kaminzimmers um zu entscheiden, ob es für Sie alle eine gemeinsame Zukunft geben konnte.
Einer Zukunft, von der Denny hoffte, dass sie ihn von der Vergangenheit befreien konnte.

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26.03.2003 15:55 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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29 Bewerbungsgespräch

Die Bar „Hell and Heaven“, Söldnerdistrikt, Harlech, Outreach
Chaos-Marken

xx. Dezember 3064

Die beiden Offiziere der Chevaliers folgten Denny zum Kaminzimmer.
Denny war der flapsige Tonfall zwischen den Mitgliedern der Einheit aufgefallen. Und sie waren anscheinend auch noch alle miteinander liiert. Er hoffte, das dies keine Auswirkungen auf ihre Professionalität und ihre Trainingsmoral haben würde. So etwas hatte er schon einmal erlebt und musste es nicht noch einmal haben.
Im Kaminzimmer angekommen, nahmen sie Platz und Denny eröffnete das Gespräch: „Möchten Sie etwas trinken? Nur weil wir gezwungen sind zu arbeiten müssen wir nicht leben wie die Clanner.“
Er wußte nicht ganz genau, warum er das Gespräch so provokant begonnen hatte. Aber er war gespannt wie Major Danton auf seine Eingebung reagieren würde.
„Danke, ja, ich hätte gerne einen Malt.“ kam die Antwort es aber vollkommen ruhig und neutral.
Auch Captain Scharnhorst reagierte gelassen „Timbiqui Dunkel, bitte.“
Denny gab die Bestellungen für seine Gäste über sein Headset weiter. Für sich orderte er ebenfalls einen Scotch, für Hank liess er seinen Lieblingslongdrink – einen Upstair – kommen.

Als die Getränke kamen und der erste Schluck genommen wurde, begann der offizielle Teil vollends.
Major Danton ging zunächst die Lebensläufe der beiden Mechpiloten durch. Captain Scharnhorst stellte immer wieder konkrete Zwischenfragen, wenn er meinte, Danton hätte nicht tief genug gebohrt.

Denny´s Zeit auf Princefield wurde angesprochen, seine Teilnahme an Operation Guerrero 3057 und die dazugehörigen Kämpfe auf Talitha sowie die anschliessende Zeit auf Sierra bei den 5. Oriente Hussaren.
Denny wappnete sich innerlich schon auf die Fragen nach Solaris VII, als der Major das Thema unvermittelt wechselte und auf Hanks Lebenslauf einschwenkte.
Dabei sparte es sich der Majaor, auf die einzelnen Stationen seiner langen und abwechslungsreichen Karriere in den verschiedensten Marik-Einheiten einzugehen. Schliesslich hatte Hank seine MechKrieger-Qualifikation schon 3036 gemacht und dann mehrfach die Einheiten gewechselt. Viel größer schien sein Interesse an Hanks Motivation und Erfahrungen in Bezug auf die jadefalken zu sein. Lang und breit unterhielten sich primär die beiden über Hanks Kämpfe als Freiwilliger zusammen mit den 5. Davion Guards auf La Grave.
Denny erinnerte sich in den Unterlagen gelesen zu haben, das auch Danton gegen die Falken gekämpft hatte. Das erklärte sein Interesse.

Doch bevor das Thema zu weit abschweifen konnte, wechselte der Major wieder abrupt das Thema und kam auf Solaris zu sprechen. Nach ein paar kurzen Fragen zu ihrem Mechstall und zu einigen Arenakämpfen kamen sie auf die Ereignisse vom August 3062 zu sprechen. Die Zwischenfragen, die die beiden Chevaliers stellten, machten Denny deutlich, das sie sich offentsichtlich sehr gut an die damaligen Geschehnisse - die als Bloody Games in die Geschichte eingegangen waren – erinnern konnten.
Denny überraschte das etwas. Kaum jemand, den er seitdem getroffen hatte, erinnerte sich an diese Einsätze und wenn dann mit Sicherheit erst Recht nicht an die Namen der Piloten. Doch diese beiden Offiziere schienen sich tatsächlich noch sehr gut an die Übertragungen erinnern zu können.
Denny und Hank schilderten ihnen natürlich die Ereignisse, wie sie sich aus Ihrer Sicht zugetragen hatten. Dabei versuchten beide - wie schon beim Thema Mechstall - nicht zu sehr auf die Abmachung mit dem Fernsehsender einzugehen.

„Das sieht doch alles ganz gut aus“, brummte Major Danton schliesslich und nippte an seinem Malt Whisky.
„Was meinst du, Manfred?“
„Kommt drauf an. Wie sehen denn so Ihre Vorstellungen aus, meine Herren? Was erwarten Sie für Ihren Dienst bei den Chevaliers?“
„Nun“, begann Denny seinen Teil „ich weiß zufällig, dass Sie noch einen Lanzenführer suchen. Ich würde gerne mit meinem Firestarter II diese Position übernehmen. Im Rang eines First Lieutenant.“
Scharnhorst sah kurz zu Danton herüber. Der schüttelte den Kopf. „Du hast bereits einen First Lieutenant, Manfred.“
„Aber den Mech könnten wir gebrauchen. Die Modifikationen laut der Unterlagen wäre eine Verstärkung für eine schlagfertige, schnelle Einheit.“

„Wie sieht es mit Ihnen aus, Mr. Borer? Was schwebt Ihnen denn so vor?“ wandte sich Major Danton an Hank.
„Nu, ich will natürlich wieder Flügelmann von Three-D wer´n, ne? Un` ich will mein´n Tempest mitbringn. Dann wäre so`n Sergeant Major nich übel.“
Diesmal schüttelte der Captain den Kopf. „Sorry, Mr. Borer, aber so einen Quatsch wie einen Tempest in eine Erkundungslanze zu stecken fangen wir gar nicht erst an. Wenn Sie wirklich der Flügelmann von Mr. Dukic bleiben wollen, werden Sie auf einen leichteren Mech umsteigen müssen. Wir haben da noch ein paar Beutestücke, die Ihnen gefallen dürften.“

Unvermittelt wechselte der Major erneut das Thema.
„Sagen Sie, Mr. Dukic, was Mr. Borer seit der Sache auf Solaris gemacht hat, konnten wir der Bewerbung entnehmen. Ich bin sicher, er war eine überqualifizierte Verstärkung für diese Milizeinheit.
Aber wie sieht es bei Ihnen aus? Ich kann nicht glauben, dass Sie nicht mehr getan haben als diese Bar zu führen. Ihre Unterlagen erwähnen zwar eine Operation mit einer unterzähligen Kompanie Mechs im St.Ives-Pakt. Mit einem zugegebenen tragischen Ende. Aber war es das?“

Jetzt kam der Part, vor dem Denny unterbewußt jedes Mal wieder Angst bekam. In allen bisher gelaufenen Bewerbungsgesprächen war die Unterhaltung ab diesem Punkt ins Stocken geraten. Und auch wenn Hank ihn jedes Mal wieder gebeten hatte, endlich die Geschehnisse zu erläutern, ahtte sich Denny beharrlich geweigert.
Und auch dieses mal fragte er zögerlich „Was haben Sie, von der Wilden Acht gehört?“
„Wenig! Kaum mehr als wir Ihrer Bewerbung entnommen haben.“ gab der Captain zu.
„Eine Gruppe Mechkrieger mit anarchistischer Befehlsstruktur. Mein alter Kommandeur erwähnte sie immer mal wieder als Beispiel, wie man es nicht machen sollte.“ fügte der Major mit einem aufmunternden Lächeln hinzu. „Nun erzählen Sie schon.“
Denny nickte. „Nun, ich war Teil der Wilden Acht für den letzten Auftrag, der sie nach Ambergrist führte, eine von Frontlinientruppen der Konföderation Capella frisch eroberten Welt. Es sah alles recht simpel aus. Wir sollten versprengte St.Ives-Mechs jagen, die einen Guerillakrieg gegen die Garnison führten. Eigentlich.“
Unbewußt drängte sich die Erinnerung wieder in Dennys Gedanken. Alles hatte so einfach ausgesehen, so klar. Die wilde 8 hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht großartig zu trainieren. Aber dann... Ein kalter Schauer fuhr Denny über den Nacken und urplötzlich streckte er seine Hand in Richtung seiner Inntentasche, dort wo das schwarze Etui mit den Rekog-Utensilien war.
Mit einem Mal hatte er große Lust eine Prise zu nehmen, doch als ihm auffiel, was er da tat, stoppte er die Bewegung und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch.

„Was ist auf Ambergrist geschehen?“ Major Dantons simple Frage schien in seinem Kopf wider zu hallen.
Denny spürte wie seine Eingeweide sich zusammenkrampften. „Die wilde 8 ist vernichtet worden“ antwortete er kurz angebunden.
„Das ist mir klar, Mr. Dukic, das geht ja auch aus den Unterlagen hervor. Genauso wie daraus hervor geht, das nur sie und eine Kameradin mit ihren Mechs entkommen konnten. Ich will von ihnen aber wissen, WIE es dazu gekommen ist. Haben sie versagt?“
Wut brach aus Denny hervor und seine Augen verengten sich schlagartig zu Schlitzen: „Ob ich versagt habe?“ fauchte er den Major förmlich an. „Was wissen Sie denn schon...?“
„Eben“ antwortete dieser vollkommen ruhig „ich weiss nichts davon. Und gerade deswegen muss ich mehr darüber erfahren, wenn Sie meinen Chevaliers beitreten sollen.“
Denny blickte dem Major mehrere Sekunden lang tief in die Augen. Er konnte sehen, das es ihm ernst war. Er würde ihn nicht einstellen, wenn er die Geschichte nicht preisgab.
Dann schaute er in Scharnhorsts Augen. Auch dieser beobachtete ihn skeptisch. Er würde ihm nie vertrauen können, wenn er die Geschichte nicht kannte. Und ohne Vertrauen zwischen Ihnen machte es keinen Sinn.
Und dann schaute er hinüber zu Hank, der ihm fast nicht sichtbar zunickte und anscheinend sagen wollte, das er es endlich herauslassen musste.

Denny holte tief Luft und begann: „Nun gut, nachdem wir unseren eigentlichen Auftrag, die Zerschlagung der noch immer als Guerilla auf Ambergrist agierenden St.Ives-Truppen schnell und professionell erfüllt hatten, warteten wir eigentlich nur noch auf unseren Lift zurück nach Outreach. Der ganze Einsatz war so gut gelaufen, das ich schon dachte meine ursprünglichen Befürchtungen bezüglich der fehlenden Einheitshierarchie und des mangelnden Trainings seien unbegründet gewesen. Auch für die Konföderation war die Operation sehr positiv verlaufen. Es schien, das der Krieg gegen St.Ives bald beendet sein würde.“ Er blickte sich um und wieder ermunterte ihn Hank mit einem knappen Nicken zum Weiterreden.
„Dann, kurz nach Neujahr 63, meldete man uns den Anflug von feindlichen Landungsschiffen.“ Dennys Magen verkrampfte sich beim Erzählen. Es fiel ich immer noch nicht leicht über das Geschehene zu reden. Mittlerweile konnte er die Spannung in den Augen seiner Zuhörer sehen und es war schliesslich Hank, dem die Frage herausplatzte: „Un? Wer is da nu angeflogen. Machs nich so spannend, ne?“
Denny trank einen Schluck Wasser um seine Lippen zu benetzen bevor er leise, fast flüsternd antwortete: „Es waren die 1. St.Ives-Lanciers!“
Ein kurzes Zucken in Major Dantons Augen war dessen einzige Reaktion. Captain Scharnhorst beugte sich unbewußt ganz leicht nach vorne und Hank zog deutlich hörbar den Atem ein.
„Uhhhhf, DIE 1.St.Ives-Lanciers? Die mit...“ Hank sprach nicht weiter, aber alle um den Tisch versammelten wussten, wen er meinte. „Ich hätt auch ma` fast gegen ihn gekämpft, ne? Damals auf Solaris, als er noch...“
Denny sandte Hank einen bösen Blick zu, den dieser auch gleich wahrnahm und nach einem kurzen gemurmelten „Tschulligung“ ihn mit einem Handzeichen zum weiterreden aufforderte
„Ja genau, DIE 1.St.Ives-Lanciers. Natürlich hat uns der Kommandeur der Capella-Milizen, die anstatt der regulären Fronttruppen zurückgeblieben waren, sofort zur Abwehr der St.Ives-Truppen „zwangsverpflichtet“. Er wußte, das seine grünen Miliztruppen von vornherein keine Chance gegen diese Elite-Einheit haben würden.
Also hoffte er, das wir – also die wilde 8 - in der Lage sein würden der Schlange den Kopf abzuschlagen. Ich will sie jetzt nicht mit taktischen Details langweilen, aber der Plan sah vor, das die wilde 8 sich auf die Befehlskompanie stürzen sollte, während die Capella-Milizen die Haupteinheiten beschäftigt halten würden.
Doch um einer dreckigen Söldnertruppe nicht den ganzen Ruhm zu überlassen, schloss der Miliz-Kommandant sich mit seiner Befehlslanze unseren beiden Lanzen an, anstatt sich um seine eigenen Truppen zu kümmern.“
„Hört sich nach einem äußerst gewagten Plan an“ unterbrach ihn der Captain „warum haben sie nicht dagegen protestiert?“
„Oh doch, das habe ich, Sir, zusammen mit zwei Kollegen, die es ebenfalls für eine Schnapsidee hielten. Ich denke es war Arroganz und Überheblichkeit, die die meisten denken liess, das der Plan tatsächlich machbar wäre.“
„Aber sie sind trotzdem mitgegangen“ hakte Captain Scharnhorst nach.
„Natürlich, was hätte ich denn sonst auch tun können? Ich konnte nur hoffen, dass ich mich irrte und wir nicht sehenden Auges in unser Verderben liefen.“
Wieder trank Denny einen Schluck Wasser. Doch das leichte Zittern seiner Hand verriet ihm, das er nicht aus Durst trank.
„Was ist schief gegangen?“
Denny blickte dem Major tief und fest in die Augen. „Die Einheit hätte einen Anführer gebraucht und zwar einen guten. Stattdessen hatten wir derer neun. Uns acht und den Milizkommandeur.
Kaum hatten wir die Befehlslanze in Blick- und Schussentfernung, schienen fast alle nur noch ein Ziel vor Augen zu haben: Kai Allard-Liao. Wie die Verrückten gingen meine Kameraden auf die Jagd nach Yen-lo-wang.“
„Sie nicht?“ kam die kritische Zwischenfrage von Captain Scharnhorst.
„Naja, ich muss schon zugeben, das mir durch den Kopf schoss, wie es sich wohl machen würde, wenn ich ihn abschiessen könnte. Doch dann sah ich, dass die Befehlskompanie uns förmlich den Weg ÖFFNETE und uns Allard-Liao auf dem Silbertablett zu servieren schien. Irgendetwas sagte mir in diesem Augenblick, das das zu einfach war. Und somit blieb ich stehen und wartete ab, während die anderen nach vorne stürmten. Verstehen sie mich nicht falsch“ Denny machte eine beschwichtigende Geste mit den Händen „es war keine Feigheit oder zögerliches Verhalten. Ich hatte einfach nur diesen ...“ er suchte nach dem richtigen Wort „diesen Impuls stehen zu bleiben. Und wie sich herausstellte, hat mir das wohl mein Leben gerettet. Es ging danach alles sehr schnell, in kürzester Zeit standen nur noch drei unserer Mechs und wir hatten nur vier auf der gegnerischen Seite erledigt.“

Vor Denny´s geistigem Auge bauten sich wieder einmal die Bilder der Schlacht auf. Er sah Dugan O´Connor, den Ex-Northwind Highlander, der in seinem gleichnamigen Mech der erste gewesen war, der eingekesselt wurde und fiel. Der sture Dickkopf hatte noch nicht einmal versucht aus dem Kessel auszubrechen, in den ihn die schnelleren St.Ives-Mechs gelockt hatten, während er verbissen versucht hatte Yen-lo-Wang zu treffen. Die Milizmechs wurden fast noch schneller zerfetzt und auch bei der wilden 8 hatte man deutlich erkennen können, das aufgrund des fehlenden Trainings die rechte Hand nicht wußte, was die linke tat.
Fast schon hörte er wieder den Klang der Geschütze und die Schreie seiner sterbenden Kameraden. Wie den von Susan Lahere, der früheren Kriegerin der Eridani Reiterei, die sogar Diana überlebt hatte, nur um dann auf Ambergrist in Ihrem Kriegshammer unterzugehen.
Und dann drängten sich ihm die letzten Augenblicke von Sally Allbright ins Gedächtnis. Sie war von Anfang an impulsiv gewesen, halsbrecherisch und wagemutig. Das war es was ihn auch sofort an Ihr fasziniert hatte.
Aber natürlich hatte sie nicht auf ihn gehört. „Hah“ hatte sie geschrien „den hol ich mir!“ Und Denny konnte ihren schelmischen Gesichtsausdruck förmlich sehen.
Ihr Schreien, das abrupt abbrach, als sie mit dem Schleudersitz aus dem Kopf der Maschine geschleudert wurde schien in seinen Ohren zu klingeln und vor seinem inneren Auge sah er, wie die Flammen des explodierenden Mechs ihren Schleudersitz erfassten und in eine lodernde Fackel verwandelten. Für einen kurzen Augenblick schloss er die Augen und versuchte den Anblick eines auf dem Boden aufschlagenden und brennenden Schleudersitzes zu verdrängen.

„Ich denke einfach, das die Lanciers dieses Jagdverhalten nach ihrem Kommandeur auch nicht zum ersten mal erlebten.“ begann er seine Erzählung von neuem und versuchte angestrengt die Übelkeit zu verdrängen, die sich seiner Magengegend bemächtigte.
„Tja, das wars dann auch,“ schloss er die Geschichte „der Schlange wurde damit tatsächlich der Kopf abgeschlagen, aber es war der Kopf der Miliz, die fiel, nicht der Lanciers. Zurück zu den Landungsschiffen schafften es schliesslich nur zwei von uns in ihren Mechs. Zwei weitere waren in Gefangenschaft geraten und kamen dann auch irgendwann frei, aber natürlich war die wilde 8 vernichtet worden.“
Er atmete tief aus und fühlte sich wie nach einer Beichte. Es hatte tatsächlich gut getan diese Geschichte endlich einmal loszuwerden, doch ob es wirklich geholfen hatte, konnte er jetzt noch nicht sagen.

„Ich will Ihnen sagen, wie es ist, meine Herren.“ begann der Major anscheinend von der Geschichte zufriedengestellt.
„Wir haben großes Interesse an Ihnen beiden. Sie wären ein Kandidat für den Posten des Lanzenführers, Mr. Dukic. Aber Sie kriegen bestenfalls einen Second Lieutenant. Ihren Mech übernehmen wir gerne.“
Dann drehte er sich zu Hank um und fuhr fort: „Was Sie angeht, Mr. Borer, hat sich nichts geändert. Sie müssen auf einen leichteren Mech umsteigen, wenn Sie Deadly Dennys Flügelmann bleiben wollen. Wir würden Sie in Anbetracht Ihrer Erfahrung als Sarge einstellen.“

Denny schaute kurz hinüber zu Hank, der sein typisches „Mal-Sehen“-Gesicht zur Schau stellte. Das bedeutete, er war nicht ganz zufrieden, aber auch nicht komplett abgeneigt. Aber es war klar, das sie sich noch einmal darüber unterhalten mussten.
„Major Danton, Captain Scharnhorst, das ist nicht ganz das, was ich und Hank uns erhofft haben, aber doch eine ganze Menge. Wie lange haben wir Frist?“

Drei Tage“, sagte Manfred schnell. „Das ist mehr als ausreichend.“
Denny nickte, das klang vernünftig. „Gut. Drei Tage. Ich denke, wir werden höchstens zwei brauchen, nicht, Hank?“
Hank nickte grinsend.

„Herr Major, Captain, ich will mich für dieses Gespräch bedanken. Warum gehen Sie nicht in den VIP-Bereich und spielen etwas? Ich lasse Ihnen Chips aushändigen. Haben Sie etwas Spaß. Hank und ich werden später dazu stoßen, damit wir uns besser kennenlernen können. Wo wir doch eventuell in der gleichen Einheit dienen....“
„Gut. Mr. Borer, Mr. Dukic. Dann sehen wir uns ja bald.“

Kaum waren die beiden Offiziere durch den Vorhang getreten, hatte Denny schon übers Headset ein Signal an Brauer gegeben. Der Hüne würde dafür sorgen, das seine Gäste in den Spielhöllenbereich gelangen würden. Er hatte Anweisung gegeben, den Chevaliers Chips in Höhe der üblichen Eintrittsgebühr auszugeben. Wenn Sie mehr Chips haben wollten, würden sie sich die selbst holen müssen.
Denny wollte schliesslich nicht den Eindruck erwecken, er würde sich die Position zu „kaufen“ versuchen.

Dann drehte er sich mit einem „Und?“ zu Hank herum.
„Nuja, 3D! Ich weiss net, ich weiss net ich weiss net. Mit dem Sarge könnt ich ja wohl noch leben, ne? Aber wo soll ich´n mitm Tempest hin?“
„Den könntest Du in der Zwischenzeit hier auf Outreach einlagern. So wie ich meinen Firestarter die letzten anderthalb Jahre eingelagert habe, oder? Hier gibt es eine Menge Firmen die darauf spezialisiert sind!“
„Hmmmm,“ war Hanks einzige Antwort.
„Wie sieht es aus mit der Scoutlanze, würdest Du das hinkriegen?“
Dennys Frage war absolut ernst gemeint. Und trotzdem schnaubte Hank lachend.
„Jungchen, machste Witze? Ich hab ja wohl schon in so ziemlich jeder Mechbüchse drinne gesteckt, ne? Dat bisschen Umstellung auf Scout is ja wohl `nen Lacher!“
Denny hob entschuldigend die Arme. „Gut wenn du meinst! Also wärs von deiner Seite O.K?“
Hank dachte ein paar Sekunden nach. „Yupp, ich denk schon. Die beid´n machtn ´nen gutn Eindruck, ne? Un` die Einheit scheint ja auch auf Zack zu sein, egal ob se nun für oder gegen die Clanner gekämpft haben, ne? Aber wie siehts mit dir aus? Biste auch dabei?“
Jetzt war es an Denny zu überlegen. Die Rangabzeichen waren ihm nicht so wichtig gewesen. Es wurmte ihn zwar schon ein bisschen, das er nun wieder als Second Lieutenant einsteigen musste, aber dafür konnte er zumindest seinen Firestarter mitnehmen. Alles in allem sah es ganz gut aus und etwas sagte ihm, das er das Angebot annehmen sollte.
„Ja,“ sagte er endlich „ wir sollten zugreifen. Aber lass uns trotzdem noch bis morgen abwarten, ok? Ich will nicht den Eindruck erwecken, das wir zu leicht zu haben sind, ok?“
„Mein Reden, ne?“ grinste sein großer schwarzer Freund als er den Vorhang beiseite schob und Denny hinaustreten liess.
Jetzt wo der geschäftliche Teil fast geklärt worden war, konnten sie sich noch weiter anschauen, wie die Chevaliers sich untereinander verhielten.
Als sie sich ebenfalls auf den Weg in den Spielhöllenbereich machten, hoffte Denny, dass seine Beobachtungen nichts zu Tage fördern würden, was seine Meinung eventuell doch noch ändern würde.

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14.04.2003 20:36 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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30 Poker

Die Bar „Hell and Heaven“, Söldnerdistrikt, Harlech, Outreach
Chaos-Marken

xx. Dezember 3064

Denny blickte auf die fünf Karten in seiner Hand, die ihm der Geber ausgeteilt hatte. Es war nichts besonderes, zwei Paare Fünfen und Siebenen.
Er war an der Reihe anzusagen, doch er wartete einen Augenblick damit um seinen Mitspielern die Gelegenheit zu geben zu entscheiden, ob sie weitermachen würden oder nicht.
Er blickte zu dem links von ihm sitzenden Captain Scharnhorst, dann zu Major Danton und dann hinüber zu Mustafa Al Hara Ibn Bey. Sie alle schienen in Stein gemeisselte Gesichter zu haben und Denny konnte nicht erkennen, ob einer von Ihnen etwas auf der Hand hatte.
Hank war nicht ganz so fähig ein Pokerface aufzusetzen, daher war sein vor ihm liegender Chip-Stapel auch der kleinste. Und auch dieses mal konnte Denny erkennen, das Hank wohl passen würde.

Als er sah, das sich anscheinend alle entschieden hatten, beschloss er zu testen, was die Chevaliers so zu bieten hattten.
„Gut, dann gehe ich mal mit 50 rein“ sagte er und warf auf einen entprechenden Haufen in der Mitte des filzgrün bezogenen Tisches. Dann hob er seinen Scotch und nahm einen genüsslichen Schluck.
„Die halte ich“ ging Scharnhorst mit und wieder klimperte ein entsprechender Chip auf dem Tisch. Auch Danton und der Araber gingen mit, wobei der letztere sogar noch um 50 erhöhte.
Wie es sich Denny gedacht hatte, schmiss Hank seine Karten hin und stieg aus. Und auch Denny entschied, das sein Blatt wohl nicht gut genug sein würde.

Während die drei Chevaliers nun den Topf unter sich ausmachten, goss sich Denny einen weiteren Scotch in sein Glas und liess noch zwei Eiswürfel hineinklimpern.
Sein Kopf dröhnte schon ein wenig durch den Alkohol und den Rauch der Zigarren der in dem kleinen Pokerraum penetrant an der Decke hing.
Es war jetzt zwei Stunden her, dass sie im Spielhöllenbereich wieder auf die Chevaliers gestossen waren. Die Damen hatten sich umgehend für Roulette entschieden, während die drei Herren eher für eine Runde Classic Poker gewesen waren.
Zwar waren alle Pokertische besetzt gewesen, aber Denny hatte seinen Inhaber-Bonus geltend gemacht und hatte einen Tisch in einem kleineren, selten genutzten Nebenraum herrichten lassen.
Jetzt sassen sie hier und Denny beobachtete das leicht frotzelnde Verhalten der drei Männer untereinander. Und er konnte es nicht verleugnen, auch ihm machte diese Runde Spass.
Er hatte zwar schon wieder mal etwas mehr verloren als er eingesetzt hatte, aber dafür hatte er miterleben können, dass die Chevaliers sich untereinander mit Freundschaft und Respekt behandelten.

Dann war die Runde vorbei und Denny bekam noch mit wie der Captain grinsend den Topf an sich heranzog. Er hatte ein Full House gehabt, während die anderen beiden jeweils mit Drillingen den kürzeren gezogen hatten.
Danton und Al Hara Ibn Bey grummelten etwas von unverschämten Glück und nippten gutgelaunt an Ihren Drinks.
Während der Geber die nächste Runde austeilte, feixte Denny zu Hank hinüber: „Na Hank, deine Pechsträhne hält ja schon eine Weile an heute abend, oder?“
Hank lächelte gequält. „Nuja, 3D. Ich bin halt mehr für ´ne gute Runde Viererdrax, ne? Aber dat traut sich ja wohl keiner?“
„Mr. Borer,“ warf Al Hara Ibn Bey ein „auch wenn ich verrückt sein muss, mich mit einem Marik in Sachen Viererdrax einzulassen: Lassen sie mich wissen wann und wo, und ich bin gerne bereit Ihnen die Gelegenheit zu geben, sich ihr Geld wieder zurück zu holen!“ Bei diesen Worten machte er unter dem leisen Lachen aller eine ausladende Bewegung über den nicht unbeträchtlichen Berg an Chips, der sich mittlerweile vor ihm auftürmte.
„Dat is man ´nen Wort, ne?“ grinste der große MechKrieger mit schlagartig erhellter Miene und hob wie alle anderen die ausgeteilten Karten hoch.

Denny sortierte seine Karten nicht. Das tat er nicht mehr seit seiner Zeit auf Sierra, wo er in den dortigen Spielhöllen von wahren Meistern Ihres Faches eine Menge über das Thema Poker gelernt hatte – und zwar nicht nur über dessen Regeln.
Er hatte gelernt, dass Glück in diesem Spiel ein auf lange Sicht gesehen vernachlässigbares Element war, genau wie die Regelkenntnis und die mathematischen Fähigkeiten der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Auf Sierra hatte er gelernt, das Auffassungsgabe, Interpretationsfähigkeit und Menschenkenntnis eine viel wichtigere Bedeutung in diesem Spiel hatten.
Daher nutzte er die paar Sekunden lieber, in denen die anderen ihr Blatt betrachteten oder sortierten um seine Kontrahenten zu beobachten.
Doch viel half es ihm heute nicht. Er blickte von einem zum anderen und konnte bei keinem der Chevaliers eine Gefühlsregung ausmachen. Dafür waren sie anscheinend zu gewieft und zu erfahren in diesem Spiel.

Aber trotzdenm konnte er eine Menge über die Charakterzüge dieser Männer dadurch erkennen, wie sie pokerten.
Captain Scharnhorst schien ein solider, bodenständiger Mann zu sein. Gerade und direkt. Wenn er ein gutes Blatt hatte, warf er hohe Summen in den Topf, wenn nicht stieg er in der Regel recht früh aus. Bluffen schien nicht seine bevorzugte Strategie zu sein, auch wenn er ein sehr gutes Pokerface zur Schau stellen konnte.
Al Hara Ibn Bey war eher von der fröhlich, verschmitzten Natur. Sein Pokerface war nicht das ernste undurchdringliche, dass die meisten anderen Menschen bevorzugten, sondern war eher durch ein fast durchgehendes Lächeln geprägt. Er war sehr schwer zu berechnen und schien vor allem ein Händchen dafür zu besitzen, seine Gegner hochzupokern. Verglichen mit der Höhe seines Gewinnes gewann er relativ selten, aber wenn, dann war der Topf auch entsprechend hoch.
Major Danton dagegen schien ein Meister der Täuschung zu sein. Die meisten Spieler versuchten den Wert ihrer Karten hinter einem Pokerface zu verstecken. Doch Danton hatte am Anfang der Runde genau das Gegenteil getan: Seine Mimik hatte ein paar Mal klar signalisiert, wenn er schlechte Karten gehabt hatte und wenn er ein besonders gutes Blatt auf der Hand hatte. Denny war überrascht gewesen, hatte er doch ein besseres Pokerverhalten erwartet. Doch dann war ihm aufgegangen, was der Major bezweckt hatte. Mehrere Male war Hank in die Falle getappt, als er aufgrund Dantons Mimik einen Bluff vermutete, der keiner gewesen war. Und auf diese Weise war auch Danton kaum zu berechnen gewesen.

Während Denny über seine Gegenüber grübelte, fing er den Blick des Major auf. Ein amüsiertes Lächeln umspielte dessen Augen als Denny auffiel, das er ein wenig in Gedanken versunken war und er erwiderte spontan das Lächeln um sich dann wieder seinen Karten zu widmen.
Zwei Asse, zwei Siebener lagen da in seiner Hand, ein gutes Ausgangsblatt zweifellos. Captain Scharnhorst eröffnete diesmal die Runde und alle tauschten 1 bis 2 Karten.
Denny erhielt eine weitere Sieben und begann innerlich zu grinsen. Full House war seit längerem sein bestes Blatt gewesen. Ohne sichtbare Regung beobachtete er seine Mitspieler.
Die erste Setzrunde wurde von Scharnhorst mit einem moderaten Einsatz begonnen den alle Beteiligten mitgingen.
In der zweiten Tauschrunde wechselten Scharnhorst, Al Hara Ibn Bey und Hank nur jeweils eine Karte. Das liess auf relativ gute Blätter schliessen.
Denny beobachtete den Major, der auch nicht getauscht hatte, doch nichts an seinem Verhalten oder an seiner Mimik konnte ihm einen Hinweis geben.

Schliesslich warf Scharnhorst seine Karten mit einem mürrischen Gesichtsausdruck hin. „Ich bin raus“ sagte er und man konnte offentsichtlich sehen, das er die gewünschte Karte nicht erhalten hatte.
Danton hingegen stieg gleich mit 100 ein, nicht unüblich für den Abend, doch auch schon recht hoch. Der Araber zögerte keine Sekunde: „Deine 100, alter Freund und ich erhöhe um weitere 100.“ Lächelnd wie immer drehte er sich erwartungsvoll zu Hank um.
Dieser zögerte einen Augenblick, blickte noch einmal kurz auf sein Blatt und entschied dann doch dabei zu bleiben. Kommentarlos klimmperten weitere Chips im Wert von 200 C-Bills in die Mitte des Tisches.
Denny entschied diesmal Nägel mit Köpfen zu machen und legte die bis jetzt geforderten 200 C-Bills in die Mitte. „Und da wir gerade dabei sind, noch einmal 200!“
Dantons Mundwinkel zuckte ganz kurz nach oben, als er ohne zu zögern nachlegte: „Gut, deine 100, Al. Ihre 200 Mr. Dukic und ich eröffne die nächste Gebotsrunde mit erneuten 200!“
„Huiiiiii“ kam es von Scharnhorst, der anscheinend heilfroh war, rechtzeitig ausgestiegen zu sein.
Lächelnd legte der Arkab seine Karten hin, allerdings nur um einen Stapel von 600 C-Bills abzuzählen. „Also 200 von Mr. Dukic! 200 von dir, Germaine. Und noch einmal 200 von mir.“
Auch Hank schaute jetzt etwas skeptischer als vor der letzten Runde. „Wat muss ich jetz` reintun um drin zu bleib`n?“
Der Geber, der dem Spiel bisher stumm gefolgt war, ergriff äußerst geschäftsmässig das Wort: „Insgesamt 600 C-Bills, Mr. Borer!“
„Najut, dann woll´n ma` nich so sein, ne?“ 600 C-Bills klimperten hinein. Denny musste jetzt 400 nachziehen wenn er drinbleiben wollte. Und er tat es auch, entschied sich aber dagegen, noch weiter zu erhöhen. Er war gespannt ob der Major, den Topf erneut in die Höhe schrauben würde.
Dieser legte jetzt die 200 hinein, die Al Hara Ibn Bey nachgelegt hatte, doch dann legte er seine Karte zugedeckt auf den Tisch und faltete seine Hände auf dem Tisch.

„Reden wir doch nicht weiter um den heissen Brei herum,“ begann er offensichtlich an Denny und Hank gewandt, die beide etwas verwirrt waren über diesen abrupten Themenwechsel „wie schon gesagt haben die Chevaliers ausserordentlich hohes Interesse an Ihnen. Korrigieren sie mich bitte, wenn ich falsch liegen sollte, aber es scheint mir, dass ihr Interesse ebenfalls groß ist.“ Denny nickte mit einem Lächeln und auch Hank antwortete mit einem kurzen „Yo“.
„Wir scheinen nur in einigen Detailfragen auseinanderzuliegen und ich möchte nicht riskieren, von Ihnen morgen eine Absage wegen dieser Kleinigkeiten zu bekommen.“
Denny wusste immer noch nicht genau worauf der Major hinauswollte, doch so langsam begann es ihm zu dämmern.
„Sie wollen darum spielen?“ schoss es aus einem Impuls aus ihm hervor und das Lächeln das sich jetzt über Danton´s Gesicht ausbreitete, sagte ihm, das er richtig geraten hatte.
„Genau,“ der Major lehnte sich leicht zurück und führte seine Idee aus “Falls Sie ein höheres Blatt als ich haben sollten, Mr. Dukic, übernehmen wir sie als First Lieutenant der Scoutlanze in Ihrem Firestarter!“
Denny nickte nur kurz.
„Falls Sie ein höheres Blatt haben sollten als Ich, Mr. Borer, übernehmen wir Sie als Sergeant-Major in ihrem Tempest! Aber bevor Captain Scharnhorst dazwischen geht und mich kreuzigt,“ fügte er schnell hinzu „müssten sie allerdings akzeptieren nicht Flügelmann von Mr. Dukic zu sein, in Ordnung?“
„Hmmm,“ kam von dem hühnenhaften Schwarzen während er seinen blondierten Kinnbart massierte „ich denk dat hört sich fair an, ne?“
„Falls aber Ich das beste Blatt haben sollte, treten sie den Chevaliers bei. Und zwar zu den im Kaminzimmer genannten Konditionen! Was halten Sie davon?“
Erwartungsvoll lehnte sich der Major zurück, während seine beiden Kameraden sich angrinsten. Auch Denny und Hank schauten einander an und es war schliesslich Hank der lachend antwortete: „Yupp, is´ gebongt. Hab´ zwar noch nie gehört, dat man beim Pokern verpflichtet wird, ne? Aber wat solls! Wenn dat Schicksal es so meint, dann soll´s halt so sein, ne?“
Denny war nicht minder baff. Sein Blatt war zwar sicher nicht das Beste das er je gehabt hatte, aber zumindest gut genug das die Chance bestand, besser zu sein als der Major. Und selbst wenn nicht: Denny hatte sich eigentlich schon längst für die Chevaliers entschieden, höchstwahrscheinlich würde er das Angebot so oder so annehmen.
„Tja, von sowas habe ich auch noch nie gehört, aber o.k., ich bin dabei!“ antwortete Denny deshalb.
„Gut, da gehe ich doch auch mit, mein Freund“ fügte schliesslich der Arkab hinzu.
„Ähhh, Al, eigentlich hatte ich gedacht, du wärst da etwas aussen vor...“
„Nichts da Germaine, alter Fuchs. Du glaubst ja wohl nicht dass ich auf meinen Topf verzichten werde, oder? Und keine Sorge, ich werde keinen Captain-Rang von dir fordern, der bin ich ja schon, schon vergessen?“

Major Danton grinste nur und wandte sich dann an Hank: „Gut Mr. Borer, dann zeigen sie doch mal, was sie so haben!“
„Nuja Major, woll´n ma sehn, ob sie ´nen besseres Blatt als ich haben, ne?“ feixte dieser und legte einen Full House mit drei Damen und zwei Fünfen hin.
„Na besser als ich bist Du zumindest schon“ antwortete ihm Denny während er seine Full House mit seinen Drei Siebenen und zwei Assen auflegte.
Keine Miene verzog der Kommandeur der Chevaliers während er auf die beiden Full House blickte. Die Sekunden verstrichen und Denny spürte die Spannung in ihm hochsteigen. Auch der Captain und der Arkab blickten den Major erwartungsvoll an.
Denny fragte sich ob er schon in Gedanken seine Lanzen umstrukturierte oder einfach nur eine dramatische Ader besass.
Dann endlich – es war Denny wie eine kleine Ewigkeit vorgekommen – legte Major Danton sein Blatt ab. Ein einsames As wurde von vier Achten begleitet!

„Second Lieutenant Dukic, Sergeant Borer, dann heisse ich Sie beide hiermit in der Scoutlanze der Danton´s Chevaliers willkommen.“
„Jaaahh“ entfuhr es Captain Scharnhorst, der die Faust ballend jubelte. Dann stand er auf und reichte beiden immer noch leicht verdutzten MechKrieger hintereinander seine Hand. „Meine Herren! Willkommen an Bord!“
Jetzt prusteten auch Denny und Hank los und lachend schüttelten sich die Hände.
Doch erst als sie das klappernde Geräusch von Spielchips vernahmen, drehten sie sich zu dem immer noch am Tisch sitzenden Landungsschiffkapitän um, der gerade dabei war den gesamten Topf zu sich herüber zu ziehen.
„Hey Al, was machst Du da?“ fragte der Major leicht empört und erntete dafür ein schiefes Lächeln.
„Nun, Germaine, ich hole mir, was mir gehört!“ Und mit diesen Worten deckte er einen astreinen Poker mit Königen auf.
Schlagartig waren alle wieder verstummt und starrten das Blatt des Arabers an, der fröhlich pfeifend die Chips zu stapeln begann.
Captain Scharnhorst war der erste, der seine Sprache wiederfand: „Nun, meine Herren, da haben Sie wohl Glück gehabt, das der Skipper sie nicht auf sein Landungsschiff rekrutieren wollte.“
Mit lautem Gelächter beschlossen die fünf Männer die Pokerrunde für den heutigen Abend zu beenden und den anderen Mitgliedern der Einheit die Geschehnisse mitzuteilen.
Denny schüttelte noch einmal den Kopf und betrachtete die Blätter, die aufgedeckt auf dem Tisch lagen.
Wenn sie auch nur annähernd so viel Glück auf dem Schlachtfeld haben würden, wie in dieser letzten Runde, brauchte er sich eigentlich keine Sorgen zu machen.
Und trotzdem, bei seinem letzten Beitritt zu einer Einheit hatte er seinen Instinkt entscheiden lassen, dieses Mal das Schicksal. Er hoffte, dass es ihm zumindest dieses Mal eine bessere Zukunft bringen würde.

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24.04.2003 15:55 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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31 Basketball

Kasernengelände der Danton`s Chevaliers, Ausserhalb von Harlech, Outreach
Chaos-Marken

xx. Dezember 3064

Gedankenversunken trottete Denny zu der unweit der Mechwartungshallen gelegenen Sporthalle.
Er war gerade damit beschäftigt gewesen, seinen wieder reparierten Mech zu inspizieren. Dessen MASC-System hatte die fast zwei Jahre dauernde Einlagerung anscheinend nicht so gut vertragen und hatte gleich beim ersten Trainingslauf zu einer Funktionsstörung geführt.
Kein sonderlich guter Start, sicher, aber zum Glück gab es unter den Techs der Chevaliers einen, der sich sehr gut mit MASC auzukennen schien. Dieser hatte nicht nur das MASC-System repariert sondern auch noch das Gryoskop neu kalibriert. Jetzt lief die Maschine besser als vorher.
Dann hatte er mitbekommen, das anscheinend ein paar Chevaliers aneinander geraten waren und die Angelegenheit in einem Basketballspiel regeln wollten. Zunächst hatte es ihn nicht weiter interessiert, schliesslich warteten noch einige Dinge auf ihn wie die Sichtung der Unterlagen seiner Lanze, die Vorbereitung Ihres ersten Lanzengespräches und allerlei anderer Schreibkram.
Doch als er dann erfahren hatte, das es sich bei dem MechKriegern unter anderem um Hank und Finnegan „Finn“ Trent handelte, zwei seiner Lanzenmitglieder, hatte er es sich noch einmal anders überlegt.

Denny hörte schon laute Jubelgeräusche aus der Halle als er sich dieser näherte. Das Spiel hatte augenscheinlich schon begonnen.
Denny geriet ins Grübeln während er dem Eingang entgegenstrebte. Sie waren noch nicht einmal eine Woche bei Ihrer neuen Einheit, da machte sich Hank schon wieder unbeliebt.
Zumindest hatte er keinen Streit mit der Geisterbärkriegerin oder noch schlimmer mit den Elementaren angezettelt, wie Denny zunächst befürchtet hatte, aber anscheinend musste er Hank doch noch einmal daran erinnern, das Sie hier nicht auf Solaris VII waren.
Sein hühnenhafter Freund hatte sich bisher alles andere als diszipliniert gezeigt und Denny hatte das Gefühl, das er da ganz schnell gegenlenken mußte, wenn es nicht zum Problem ausarten sollte.

Zähneknirschend schüttelte Denny seinen Kopf und versuchte sich durch die Menge zu schieben, um zu einer einigermaßen guten Zuschauerposition zu kommen. Doch wie es schien war die kleine Trainingshalle nicht in der Lage den Großteil der Chevaliers aufzunehmen.
Dadurch das nicht viel Platz zwischen dem Spielfeldrand und der Hallenmauer war, drängten sich die Soldaten hier dicht an dicht und Denny gab es schliesslich auf und begnügte sich mit einem Platz nahe am Ausgang fast unterhalb einer der Körbe.
Das Spiel wogte hin und her, keine der beiden Seiten schien überlegen zu sein. Denny war überrascht neben seinen beiden Untergebenen auch noch den Tech zu sehen, der seinen Mech auf Vordermann gebracht hatte. Aber dieser schien im anderen Team zu sein. Denny´s Blick blieb dann an den beiden attraktiven Frauen auf dem Spielfeld hängen.
Eine der beiden erkannte er als die MechPilotin des Puma wieder, er hatte sie ebenfalls in den Mechhangars gesehen, allerdings fiel ihm ihr Name nicht ein. Die andere Frau kannte er überhaupt nicht.
Genausowenig wie den Großteil der restlichen Chevaliers, wie er feststellte während er sich umblickte. Aber bisher hatte er ja auch nur die Führungsoffiziere und Lanzenführer und ein paar Techs näher kennengelernt. Beim umherschweifen fiel sein Blick auf ein weiteres hübsches Mädchen, das allerdings in ein relativ albernes Kostüm gezwängt war und sich darin auch eindeutig unwohl fühlte. Auch Sie erkannte er als MechKriegerin und umso mehr war er daher über Ihren unpassenden Aufzug überrascht.

Gerade war wieder ein Korb gefallen und die Chevaliers bejublten ihn frenetisch. Denny hatte keine Ahnung wie es stand, es interessierte ihn auch überhaupt nicht.
Angestrengt massierte er seine Schläfen. Er hatte Kopfschmerzen. Er hatte fast vergessen, wie anstrengend es als Lanzenführer gewesen war. Lebensläufe mussten gesichtet werden, Dienst- und Trainingspläne mussten erstellt werden, Materialbeschaffung, Reperaturanweisungen und vieles mehr. Er hatte nicht viel geschlafen in den letzten Tagen.
Natürlich hatte das zum einen an der vielen Arbeit gelegen aber auch daran, das er nicht hatte schlafen können. Oder das er aus Albträume aufgeschrecht war.
An dem Abend als er den Chevaliers beigetreten war, hatte er das erste Mal seit langem nicht mehr an Rekog gedacht. Sie hatten noch eine geraume Weile alle zusammen gefeiert und als Major Danton und seine Begleiter das „Hell and Heaven“ verlassen hatten, war er richtig happy eingeschlafen.
Doch dieser Effekt hatte nicht lange angehalten. Zwar hatte er seitdem keine Prise genommen, aber die Albträume waren wieder zurückgekehrt. Er hatte es sich vorgenommen mit dem Zeug aufzuhören, sobald er wieder einer Einheit angehörte, aber andererseits, was hatte er davon, wenn er nicht richtig schlafen konnte...
Ein erneuter Jubelschrei riss ihn aus seinen Überlegungen. Das Spiel schien immer noch ziemlich ausgegelichen zu sein und Denny wusste nicht wie lange es noch dauern würde. Sein Ärger auf Hank und Finn wuchs, da sie eigentlich in Kürze ihr erstes Lanzentreffen haben würden. Und statt sich beide darauf vorzubereiten spielten sie hier Spielchen.

Dennys Gedanken schweiften nun zu seiner neuen Lanze. Eigentlich hätte er äußerst zufrieden sein müssen.
Ihre Mechs waren gut ausgerüstet, eine gute Mischung aus schnellen aber dennoch schlagkräftigen Maschinen.
Und die Lanzenmitglieder waren allesamt erfahrene MechKrieger. Keine grünen Jungs und Mädchen wie teilweise in den anderen Lanzen. Aber dennoch machte er sich Sorgen.
Da war zunächst einmal Sergeant Tsuno.
Die Draconierin hatte er schon im „H&H“ kennengelernt, doch da hatte er noch nicht gewusst, das sie zu seiner Lanze gehören würde. Sie schien sehr temperamentvoll zu sein, war aber ansonsten sicher eine gute MechPilotin mit Erfahrung als Scout.
Aber es waren nicht ihre Fähigkeiten die ihm zu Denken gaben, es war vielmehr ihre Beziehung zu Captain Scharnhorst die ihn beunruhigte. Denny hoffte, das sie professionell genug war das Dienstliche nicht mit dem Privaten zu verwechseln. Das letzte was er als Lanzenführer gebrauchen konnte, war eine Wing-Leaderin, die über jede Unstimmigkeit direkt mit seinem Vorgesetzten reden würde.
Dann war da Corporal Trent.
Ein verschlossener ruhiger Typ, der seinen Abschluss an seiner Militärakademie verpasst hatte aber danach reichlich Erfahrungen in verschiedenen Söldnereinheiten gesammelt hatte.
Doch sehr viel mehr hatte er den Unterlagen bisher noch nicht entnehmen können. Er nahm sich vor mehr über diesen schweigsamen MechKrieger in Erfahrung zu bringen und seine Stärken, Schwächen und seine Grenzen auszuloten.
Und schliesslich war da noch Hank.
Hank´s Fähigkeiten an Bord eines Mechs standen bei Denny´s Befürchtungen ausser Diskussion. Sicher, er war in allem was er tat eher gehobener Durchschnitt, doch dafür gab es sicher niemanden in der gesamten Einheit, der mehr Erfahrung als MechKrieger vorzuweisen hatte – abgesehen vielleicht von Master Sergeant Metellus.
Doch es war Hank´s laxe Einstellung die Denny gegen den Strich ging. Er hatte den Eindruck das dieser die Bedeutung von Hierarchie und Trainingsmoral fundamental unterschätzte. Und das – das hatte er sich zumindest nach der Erfahrung mit der Wilden Acht geschworen – würde er nie und nimmer zulassen.

Wie auf ein Zeichen fiel der letzte Korb des Spiels begleitet vom Jubel und Applaus der zuschauenden Chevaliers. Bezeichnenderweise hatte Hank den entscheidenden Korb gemacht und liess sich feiern.
Denny würde ihm den Wind aus den Segeln nehmen müssen und er wußte auch schon wie.
Er bahnte sich einen Weg zu seinen MechKriegern, die inmitten einer Traube von schulterklopfenden und Glückwünsche aussprechenden Chevaliers gingen und sich langsam in Richtung des Ausgangs bewegten.

„Sergeant Borer, Corporal Trent!“ Mit scharfem aufforderndem Ton sprach er seine beiden Lanzenmitglieder an, die auch abrupt stoppten. Während Trent flüssig und zackig Haltung annahm, blieb Hank in seiner lässigen Pose stehen.
Auch die übrigen umherstehenden Chevaliers waren stehen geblieben, doch ein kurzer Blick von Denny genügte den meisten als Zeichen, das es wohl besser war weiter zu gehen.
„Heeey, 3D, hast mein´ astrein` Sieg geseh´n? War gut, ne?“
„Ja, zu Ihrem Sieg kann ich sie nur beglückwünschen, meine Herren.“ antwortete Denny und vermied es bewußt seinen Freund direkt anzusprechen um damit den Kasernenton in seiner Stimme aufrecht erhalten zu können.
„Wie mir scheint“ fuhr er einen leichten Tick lauter fort „haben sie ein paar überschüssige Energien, die wir unbedingt nützen sollten. Da sie es ja zudem nicht für nötig erachten, unser in 10 Minuten angesetztes Lanzenbriefing vorzubereiten, werden wir also das nützliche mit dem praktischen verbinden.
Also, meine Herren, bemannen sie ihre Maschinen, wir werden in 10 Minuten ausrücken und unser Lanzenbriefing eben in eine Manöver umwandeln, bei dem wir ...“
„Heey, Denny, nu` markier hier doch nich ein auf Chef, ne?“ war Hank´s lapidarer Kommentar den er breit grinsend vortrug.

Denny spannte sich unwillkürlich, machte einen kleinen Schritt auf seinen Freund zu und antwortete mit offensichtlichem Zorn: „Ich schlage vor, du bist in 10 Minuten an Bord deines Dervish oder ich werde dir zeigen WAS ich markiere, ist... das... klar...???“
Unmittelbar danach spürte Denny, das es die Stimmung zwischen ihm und seinem Wingman nicht ubedingt fördern würde, wenn er ihn vor den Augen anderer so anging. Von den Konsequenzen Ihrer Freundschaft ganz zu schweigen.
Doch andererseits konnte er Hank´s Verhalten nicht einfach so akzeptieren.
Ein Blitzen der Verärgerung zuckte durch Hank´s Augen, doch es machte rasch einem Lächeln Platz.
„Aye Aye, Sir“ grinste Hank und salutierte in laxer Art und Weise, entschärfte damit aber die Situation.
„Komm´ Finn, lass uns dem Herrn Lieutenant mal zeigen, wieviel Energie noch in uns steckt, ne?“
Der Corporal nickte nur kurz und murmelte ein knappes O.k. als sich die beiden in Richtung ihrer Maschinen machten

Denny kontaktierte inzwischen über Funk Sergeant Tsuno und gab ihr die Anweisung in 10 Minuten an Bord ihres Mechs zu sein. Wenn Sie überrascht war, so war es ihrer Stimme zumindest nicht anzumerken.
Dann informierte er den Manöverstand über ihre kurzfristige Anfrage und zu seinem Glück war ein Sektor des Trainingsgeländes derzeit unebenutzt. Die Panzerfahrer, die den angrenzenden Sektor benutzten wurden informiert, so dass ihrem improvisierten Manöver nichts mehr im Wege stand.
Denny kochte innerlich vor Ärger, da er sich Ihr erstes Lanzenbriefing anders vorgestellt hatte. Aber wenn es eben nicht anders ging, würde er eben sich und die andern Mitglieder seiner Lanze solange trainieren lassen und scheuchen bis er zufrieden mit Ihren Leistungen UND Ihrem Verhalten war.
Er hoffte nur - während er die metallene Strickleiter zu seinem Firestarter II empor kletterte - das er selber diesem Druck würde standhalten können.

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29.04.2003 14:31 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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32 Manöver

Kasernengelände der Danton`s Chevaliers, Ausserhalb von Harlech, Outreach
Chaos-Marken

xx. Dezember 3064

Denny beschleunigte seinen Mech auf maximale Geschwindigkeit und aktivierte sein MASC. Tech Megahiro hatte volle Arbeit geleistet, das System sprang ohne Probleme an und Denny´s Firestarter beschleunigte auf fast 100 km/h.
Im selben Tempo jagte Private Finnegan in seinem Kabuto neben ihm her und hatte dabei seine Maximalgeschwindigkeit noch nicht einmal erreicht. Die Kabuto konnte selbst ohne MASC imposante Geschwindigkeiten von bis zu 128 km/h erreichen.
Während die beiden schnellen Mechs auf einen vorher von Denny angegebenen Punkt zujagten näherten sich Hank und Sgt. Tsuno über einen westlich gelegenen Hügel um ihnen bei Bedarf Feuerschutz zu geben.
„Trent, aktivieren sie ihre Sensoren“ gab Denny an seinen momentanen Flügelmann.
„Roger“ gab dieser kurz und knapp zurück. „Zeichne eine knappe Kompanie Panzer und ... acht Mechs, Sir.“
Denny war der kurze Augenblick des Zögerns in Trent´s Stimme aufgefallen, also hakte er sofort nach „Glauben sie oder wissen sie es, MechKrieger?“
„Sir, ich zeichne 1 Kompanie Panzer und Acht Mechs“ legte sich der Kabuto-Pilot fest.
„Scout 1 bestätigt Ortung!“
Gut, Trent hatte die simulierten Ortungsdaten, die Denny vorab elektronisch in diesen Ortungspunkt eingespeist hatte korrekt interpretiert und weitergegeben. Gar nicht so einfach wenn man sich mit fast 100 km/h durch die Landschaft bewegte.
„Scout 3, Rückzug über Planquadrant A-Nuller-Einser-Fünnef-Fünnef in Richtung Südost. Ich will ein erstklassiges Hit & Run sehen, verstanden?
„Verstanden, Sir!“ kam die kurze Bestätigung von Sgt. Tsuno.
Auf seiner Anzeige konnte Denny sehen, das sich ihre und Hanks Maschine in die angegebene Richtung bewegten, wobei sie abwechslend simuliertes Feuer auf die vor Ihnen liegende, simulierte Basis abgaben.
„Bewegung, das muss schneller gehen,“ setzte er noch einmal scharf nach, obwohl er Grund haben musste zufrieden zu sein mit der Art und Weise des Rückzugs seiner beiden Sergeanten. Doch so gut seine Lanzenmitglieder sich in den letzten 2 Stunden ununterbrochenem Manövers gezeigt hatten, hatte Denny nicht vor es ihnen zu einfach zu machen.

Er schaltete kommentarlos sein MASC aus und wurde daher abrupt langsamer, so dass Trents Kabuto links an ihm vorbei zu schiessen begann.
„Trent, wo wollen sie denn hin“ blaffte er den Private an, wohlwissend, das dieser nicht hätte schnell genug reagieren können.
„Sorry, Sir“ kam es mit neutraler Stimme durch die Leitung und der Mech bremste ab und näherte sich so schnell es ging wieder seiner Position an der rechten Seite des Firestarter II an. Denny hatte sich entschlossen, die Reizschwelle des MechKriegers auszuloten und dazu würde er ihn solange reizen und provozieren müssen, bis dieser aus seiner Haut fuhr. Nur auf diese Weise würde er wissen, wie Trent unter Druck reagieren würde.

Das musste er bei Sgt. Tsuno nicht tun. Sie hatte ihm durch Ihren Tonfall bereits mehrfach deutlich gemacht, dass sie nicht seiner Meinung war – vor allem als er die Wings mitten im Feld umstrukturiert hatte. Aber sie hatte nicht offen und im Felde gegen ihn opponiert, was wiederum für sie sprach. Sie schien Befehle abzuwägen und er war sich sicher, dass sie dass auch unter Druck bewerkstelligen würde.
Natürlich würde er vor allem ihr Führungsverhalten unter die Lupe nehmen, denn noch war sich Denny nicht sicher ob er Hank oder Sie zu seinem Stellvertreter machen würde, wenn dies nötig werden sollte.

Aber vor allem musste er seine Leute – allen voran Hank – dazu bringen wie ein Team zu trainieren, zu denken und zu kämpfen. Seine Gedanken kreisten noch um die Art und Weise wie er sie dazu bringen würde, während er die Manöverleitstelle davon informierte, dass sie ihr Manöver beendet hatten und zu den Hangars zurückkehrten.


*************************

Zur selben Zeit rollte ein schwarzer Wagen langsam zu der Auffahrt des Kasernengeländes, welches sich die Chevaliers für die Dauer ihrer Anwesenheit angemietet hatten. Der Chauffeur bremste den Wagen ab und fuhr die Seitenscheiben herunter, damit der Wachmann einen kompletten Einblick in den Wagen bekam.
Auf dem Rücksitz sass Georgatos „Georgie“ Andreapoupoulos und lächelte freundlich. Neben ihm sass ein hünenhafter Mann in einem eng anliegenden schwarzen T-Shirt mit der Aufschrift Big Bad Boy #1 und blickte ein wenig grimmig.
„Wo woll´n sie hin, Sir?“ fragte der Infanterist ein wenig schnodderig.
„Mr. Andreapoupoulos hat einen Termin bei Ihrem Major!“ antwortete der Fahrer in etwa derselben Art und Weise.
Der Infanterist nickte kurz, besah sich die Papiere und fragte durch sein Funkgerät nach. Als die Bestätigung kam, liess er den Wagen passieren und beschrieb dem Fahrer kurz angebunden den Weg zum Hauptgebäude.
Durch das Fenster betrachtete Georgie die Kaserne, während der Wagen wieder gemächlich Fahrt aufnahm in Richtung Hauptgebäude.
Die Chevaliers hatten anscheinend gut verdient bei ihrem ersten Auftrag, so dass sie es sich leisten konnten eine Anlage wie diese zu übernehmen, auch wenn einige der Gebäude nicht mehr taufrisch waren und teilweise mehr als nur einen neuen Farbanstrich gebrauchen konnten. Trotzdem, viele andere Söldnereinheiten hatten da weniger und liessen ihre Mechs und sonstigen Gerätschaften am Raumflughafen zwischen ihren Aufträgen am Raumflughafen eingelagert.

Doch die üppige Bezahlung hatte auch für die Chevaliers einen hohen Preis gehabt wie Georgie inzwischen erfahren hatte.
Sofort nachdem er wusste, dass Denny zu Dantons Chevaliers wechseln würde, hatte er begonnen seine Kontakte zu nützen und Auskünfte über die Einheit einzuholen. Und das was er erfahren hatte, war nicht sonderlich erbaulich gewesen.
Sicher, die Chevaliers waren zwar nach diesem Einsatz von grün auf regulär hochgestuft worden. Aber die Nachricht, dass sie dabei indirekt für und mit den Clans zusammengearbeitet hatten, verbreitete sich wie ein Laufffeuer.
Vor allem die Söldnereinheiten die quasi ihre gesamte Existenz auf die Bekämpfung und Vernichtung der Clans ausgerichtet hatten, betrachteten die Söldner der Chevaliers sozusagen als Persona non grata.
Das sie mittlerweile sogar einige der Clanskrieger in ihren Reihen hatten – vor allem die genauso gefürchteten wie gehassten Elementare – machte die Sache nicht unbedingt leichter.
Auch Wolf´s Dragoner hatten mit Ressentiments und Anfeindungen zu leben gehabt, als sie ihre Clanvergangenheit öffentlich gemacht hatten, aber die Chevaliers waren nun mal nicht die Dragoner und es schien schon zu einigen leichteren Zwischenfällen – vornehmlich kleine Prügeleien - in Harlech gekommen zu sein
Daher war sich Georgie auch nicht sicher, ob das Angebot das er dem Major gleich machen würde nicht auch Konsequenzen für ihn und das „Hell & Heaven“ haben würde.
„Zum Teufel damit!“ murmelte Georgie in seinen weissen Vollbart während der Wagen vor dem Eingang zum HQ der Söldnereinheit hielt und entschloss sich seine Sorgen über Bord zu werfen.
Er war sich sicher das er und seine Big Bad Boys es zu verhindern wissen würden, wenn es anderen nicht in den Kram passen sollte.
Und mit dieser Entschlossenheit betrat er das Hauptquartier der Chevaliers in Begleitung seines grossgewachsenen Sicherheitschefs.

****************************

Denny blickte langsam von einem seiner Lanzenmitglieder zum anderen. Kaum das sie ihre Maschinen abgesetzt hatten, waren sie in einen kleinen Besprechungsraum des Mechhangars gegangen, wo er nun die Ansprache halten würde, die er schon vor zwei Stunden hatte halten wollen.
„MechKrieger,“ begann er mit einer scharfen, leicht erregt klingenden Stimme. So etwas hatte er auch schon lange nicht mehr gemacht und war daher ebenfalls etwas nervös.
„Die Aufgaben, die die Scoutlanze einer MechKompanie auszuführen hat, sind immer die schwierigsten.
Wir sind diejenigen, die immer an vorderster Front stehen, wir sind immer diejenigen, die als erste ihren Kopf hinhalten müssen.
Und wir sind diejenigen die Informationen für unsere großen, langsameren Brüder holen müssen, damit diese sich die Abschüssse holen können, die uns versagt bleiben werden.“ Denny schaute bei diesen Worten seinen Piloten in die Augen, vor allem Hank. Persönlicher Ruhm war vor allem in der Scoutlanze fehl am Platze und er versuchte aus Ihren Mienen herauszulesen, ob sie sich damit abfinden würden.
„Missverständnisse, zögerliches Verhalten und Missachtung von Befehlen sind unsere schlimmsten Feinde.
Reaktionsvermögen, schnelle Auffassungsgabe und intuitives Handeln sind unsere größten Freunde.
Dieses werden wir gemeinsam trainieren, solange bis ich der Meinung bin, dass nicht nur ein jeder von uns in der Lage ist ein guter Scout zu sein, sondern das jeder von uns genau weiss, wie der andere denkt, tickt und handelt, noch BEVOR es dieser getan hat.
Ich habe vor jeden einzelnen von euch mit heiler Haut und heilen Knochen durch die Gefahren - die ohne Zweifel vor uns liegen werden – zu bringen. Von euch erwarte ich nicht weniger als euer bestes! Verstanden?“.
„Verstanden, Sir!“ kam einstimmig die Antwort.
„Hier sind eure Trainingspläne für die nächste Woche, ich werde mit jedem einzelnen von euch noch Einzelgespräche führen und nächste Woche werden wir sehen, wo wir stehen. Das wäre alles, weggetreten!“
Denny löste die Gruppe auf ohne einen Kommentar seiner Untergebenen einzufordern. Das würde er lieber in den Einzelgesprächen einholen.
Als die Mitglieder seiner Lanze einzeln den Raum verliessen, fragte er sich, ob seine Message angekommen war und ob er nicht zu schroff dabei gewesen war. Doch schliesslich zuckte er mit den Schultern und trottete zu seinem Büro zurück.
„Sie werden sich daran gewöhnen müssen,“ seufzte er leise vor sich hin „so wie ich mich an den Schreibkram wieder werde gewöhnen müssen.“

****************************

Im Hauptquartier wurde währenddessen der Barbesitzer und sein Begleiter durch den Major begrüßt.
„Mr. Andreapoupoulus, schön sie wiederzusehen! Was kann ich für sie tun?“
„Um Himmels willen, Major, niemand benutzt meinen vollen Namen, nennen sie mich doch bitte Georgie, ja? Darf ich vorstellen, dies ist Mr. Brauer. Ihm obliegt die Sicherheit im Hell´s & Heaven.“
„Ich erinnere mich“ antwortete der Major und nickte dem Hünen knapp zu und deutete seinen beiden Gästen an sich zu setzen.
Kaum hatten diese Platz genommen als seine Assistentin Cindy hereinkam und eine Tasse Cappuccino und einen Kaffee hereinbrachte.
„Wie geht es ihnen, Major? Ich hoffe der Aufbau ihrer Einheit und ihre Vorbereitungen laufen gut?“ ergriff der quirlige Grieche das Wort während er zwei Stück Zucker in seinen Cappucino fallen liess.
„Danke, Georgie, ich kann nicht klagen!“ war die knappe Antwort des Major, der sich offensichtlich fragte was dieser Besuch sollte. Georgie hat ihm über Cindy ausrichten lassen, dass das Gespräch eher geschäftlicher Natur war.
„Aber sie sie sind doch nicht den weiten Weg nach hier draussen gefahren um sich mit mir über den Zustand meiner Einheit zu unterhalten, oder? Zumal ich mir sicher bin - nach allem was mir Al über sie erzählt hat – das sie da womöglich besser informiert sind als ich selbst!“ grinste der Major und versuchte damit den alten Griechen so höflich wie möglich auf den Punkt zu bringen.
Dieser spielte zunächst einmal den Überraschten: „Iiiich? Das sieht dem alten Schwerenöter ähnlich, das er mal wieder nur Halbwahrheiten über mich verbreitet. Aber sie haben recht, wir sollten gleich zur Sache kommen,“ fuhr Georgie fort und signalisierte dem Major damit, das er den Wink verstanden hatte.
„Major Danton, ich möchte Ihnen und Ihrer Einheit gerne ein Angebot unterbreiten. Was halten sie davon, das sie die in Kürze anstehenden Silvester-Feierlichkeiten im Hell and Heaven begehen?“
Der Major schaute sein gegenüber ein paar Herzschläge an, ehe er langsam kopfschüttelnd antwortete: „Das ist verlockend, Georgie. Aber ich denke nicht, das es sich die Chevaliers leisten können in einem so noblen Ambiente zu feiern.“
„Ich verstehe ihre Befürchtungen, aber vielleicht sollte ich das Angebot noch etwas erläutern.“ Georgie reckte seine Faust empor und begann nun lebhaft an seinen Fingern abzuzählen.
„Also, erstens würde Ihnen die gesamten Räumlichkeiten gegen eine äußerst faire Pauschale anbieten, quasi zum Selbstkostenpreis.
Zweitens würden auch die Getränke kostendeckend angeboten werden, allerdings sollten sie schon das Barpersonal bezahlen, aber keine Sorge, die Honorare werden moderat ausfallen.
Drittens würden wir den Spielhöllenbereich für diesen Abend schliessen - das wäre nun doch etwas kostenintensiv für sie - und stattdessen würden wir dort weitere Tische einrichten.
Viertens würde ich meinem Küchenpersonal für den Abend freigeben, so dass sie ihre Leute die Küche nutzen könnten, oder sie stellen hier ein Buffet zusammen und transportieren es dann ins Hell & Heaven, wie sie möchten.
Und fünftens könnte ich ihnen ein paar kostengünstige Bands für den Abend empfehlen – da schuldet mir soundso der eine oder andere noch eine Gefälligkeit - es sei denn sie würden lieber einen DJ haben...“
„Georgie, Georgie“ unterbrach der Major sanft aber bestimmt den Redeschwall des älteren Mannes „Verschleudern sie damit nicht eine Menge Geld, wenn sie ihre Bar ausgerechnet an Silvester zum Selbstkostenpreis vergeben?“
„Ja Major, das tue ich in der Tat. Und ich weiss, sie fragen sich sicher, warum?“
Der Major nickte nur kurz und Georgie antwortete ihm nachdem er einen Schluck Cappuccino genommen hatte.
„Wissen sie, Major Danton, als Denny vor jetzt fast zwei Jahren von seinem letzten Einsatz zurückkehrte, da war der Laden eine Bruchbude. Ich kam vorne und hinten nicht zurecht und war kurz davor das Handtuch zu werfen. Aber Denny pumpte neues Geld in den Laden und nicht nur das, er brachte frische Ideen und neuen Elan in die Kneipe.
Er war so voller Energie, so voller Eifer als müsse er sich etwas damit beweisen, so als müsse er vor etwas anderem fliehen.“
Georgie´s Blick verlor einen kurzen Augenblick seine fröhliche Verschmitztheit und wich einem melancholischen Ausdruck.
„Auch wenn dieser Einsatz mit der Zeit immer mehr nachgelassen hat, seine Sorgen anscheinend wieder stärker Besitz von ihm ergriffen haben, wäre diese Bar ohne ihn nicht dort wo sie jetzt ist.
Ich kann ihn nicht aufhalten, das ist mir klar. Aber ich kann ihm den Abschied so gut es geht versüssen, nicht wahr.“
Bei diesen letzten Worten brach Georgie´s Stimme ein wenig und es war allen Anwesenden klar wie schwer es dem alten Mann anscheinend fiel seinen jüngeren Kompagnon ziehen zu lassen.
„Versprechen sie mir, das sie gut auf den Jungen aufpassen, ja?“ fragte Georgie und offenbarte damit klar seine väterlichen Gefühle für Denny.

Doch noch bevor der Major auf seine Frage antworten konnte, hatte sich der Barbesitzer gefangen und fuhr fort.
„Zwei Dinge noch, die wichtig sein dürften, falls sie sich für mein Angebot entscheiden sollten. Zum einen werden auch Lady Angelina´s höhere Töchter an diesem Abend so wie an jedem Abend ihre ähmmm... „Dienstleistungen“ anbieten. Ich hoffe das sie das nicht ZU sehr stören wird.
Und es wäre denke ich vorteilhaft wenn sie ein paar ihrer Leute zur Sicherheit abstellen würden und mit Mr. Brauer die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen besprechen könnten. Ich denke, dass das bei Ihrem Ruf der ihnen momentan voraus eilt, nicht schaden würde.“

Major Danton erhob sich und ergriff die Hand es alten Griechen. "Georgie, die Chevaliers nehmen dankend an. Wir feiern unseren Silvester bei Ihnen. Und ich verspreche Ihnen, ich passe auf Ihren Jungen auf, so weit er mich läßt.
Ich habe immer versucht, alle meine Leute nach Hause zu bringen."
Kurz fiel ein Schatten über das Gesicht des großen Mannes.
"Was die beiden Bedingungen angeht, nun, ich erinnere mich an Ihre Lady Angelina und ihre... manierlichen jungen Damen. Auch eine Neuerung von Lieutenant Dukic, nicht wahr? Ich weiß, wie zurückhaltend sie agieren und ich weiß, wie diskret sie auftreten.
Was halten Sie davon, den Damen für ihre Anwesenheit eine Pauschale zu entrichten? Dies ist immer noch eine Kampfeinheit, in der die Männer sechzig zu vierzig überlegen sind. Weibliche Gesellschaft wäre sehr nett. Sollte einer meiner Jungs... nun, mehr wollen, wird er wissen, was das für seinen Weihnachtssold bedeutet. Ich achte darauf, daß niemand über die Strenge schlägt.

Das andere Problem, Sie haben Recht. Ich weiß, es ist ruhig in Harlech, die Leute reden zuviel. Und die Chevaliers sind plötzlich ein beliebtes Thema. Ich werde mit Captain Peterson reden. Er setzt sich mit Ihnen, Mr. Brauer, in Verbindung."
Als der Riese nickte, lächelte der Major erfreut.
Er klatschte in die Hände. "So, wenn es das gewesen ist, Georgie, Mr. Brauer, lassen Sie uns zum wesentlichen kommen. Ich will Ihnen die Einheit zeigen, der sich Sergeant Borer und Lieutenant Dukic angeschlossen haben."

****************************

Ein paar Stunden später hatte Denny den größten Teil seines Schreibkrames beendet und lehnte sich zufrieden seufzend in seinem Stuhl zurück.
Er dachte an den kurzen Besuch seines Kompagnons und Gustav Brauers. Es hatte ihn wirklich gefreut und auch die Idee Silvester zusammen im Hell & Heaven zu feiern gefiel ihm sehr gut. Und bis dahin würde er auch den Papierkram unter Kontrolle gebracht haben.

Sein Blick schweifte in dem noch in keinster Weise wohnlichen Raum umher und wanderte automatisch zu dem Schrank hinter der Eingangstür. Dort hatte er seine persönlichen Sachen eingelagert.
Es war Zeit Schluss zu machen für heute. Seine Schreibtischuhr zeigte ihm 23:00 Uhr an und er mußte morgen früh raus. Doch würde er jetzt schlafen können?
Obwohl die Kaserne der Chevaliers groß genug gewesen wäre sich ein seperates Büro einzurichten, hatte er – wie schon im Hell & Heaven - darauf verzichtet. Somit konnte er von seinem mit Papierkram übersäten Schreibtisch aufstehen und sich in das nur wenige Meter entfernt gelegene Bett legen. Eigentlich.

Doch er spürte, dass er nicht würde einschlafen können. Also stand er ruckartig auf, ging zum nahe gelegenen Schrank und holte das schwarze Etui mit den Rekog-Utensilien hervor. Dann verriegelte er die Tür und setzte sich auf sein Bett.
Sein Gewissen regte sich zwar während er die Behälter mit den Drogen anbrachte, doch unterdrückte er diese Gefühle wieder.
Er musste nur etwas in den Tritt kommen, nur wieder regelmäßig schlafen können, dann würde er das Rekog wieder absetzen.
Wenn sie ausrücken würden, würde er die Utensilien – so teuer sie auch gewesen sein mochten – in hohem Bogen davon schleudern. Aber vor allem jetzt am Anfang konnte er es sich nicht leisten übermüdet und erschöpft zu sein. Er mußte schlafen können und Rekog war nun mal das einzige, was ihm dabei half.
Und auch wenn dann am Nächsten Abend Kopfschmerzen deswegen hatte, konnte e doch zumindest den Tag über seinen vollen Einsatz leisten.

Als er sich schliesslich zurücklehnte und den Mechanismus der Apparatur ausgelöst hatte und die feinen Drogen ihren Weg durch seine Lungen direkt in seinen Kopf fanden, war jeder Zweifel verflogen.
Denny war schon kurze Zeit später in einem angenehmen Traum gefangen und schlief mit einem Lächeln auf dem Gesicht in einen tiefen erholsamen Schlaf, aus dem ihn erst seine eingestellte Alarmuhr am nächsten Morgen wieder wecken würde.

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"Das Leben ist das was einem passiert, während man andere Pläne schmiedet." John Lennon

Mitglied der Autorenkooperationen "Dantons Chevaliers" und "Hinter den feindlichen Linien"
10.06.2003 20:07 Ironheart ist offline E-Mail an Ironheart senden Beiträge von Ironheart suchen Nehmen Sie Ironheart in Ihre Freundesliste auf
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