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Zum Ende der Seite springen Chevaliers Season V
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Marlin
Sergeant Major


Dabei seit: 27.03.2005
Beiträge: 193
Herkunft: Berlin, Terra

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Letzte Vorbereitungen
Naraka
Welch ein erhebendes Gefühl, in einem BattleMech zu sitzen! Der Hangar, bestückt mit diesen Maschinen, war schon ein erhabener Anblick, jedoch vor seinem Mech zu stehen, zu seinem Cockpit aufzusehen und seine Größe zu erleben, war besser. Ein weiterer Sprung war es, darin zu sitzen und auf die Menschen hinabzusehen. Wie klein und hilflos sie alle waren! Spike und ihr kleiner ScoutMech war natürlich kein Vergleich zu noch erheblich schwereren und größeren Maschinen, aber unterschied sich schon fast unvorstellbar von normalen Menschen, trotz seiner humanoiden Form.

Heute war der letzte Tag der Manöver, bevor es in den Einsatz ging, und es würde sich final entscheiden, ob Spike ihr Cockpit behielt, oder doch wieder entrechtet war. Für sie war es entschieden. Seit dem Gespräch mit dem XO, in dem sie ihre Vorstellungen und Erkenntnisse dargestellt hatte, war sie, was den Mech betraf, wie in Trance gewesen. Sie wurde dem Sprinter offiziell zugeteilt! Damals hatte sie nicht viel zu sagen gewusst, aber es schien, dass selbst Lupus mit ihren Ausführungen zufrieden war, zumindest vorläufig.
Die letzten Tage ließen ebenfalls, zumindest aus Spikes Sicht, nichts zu wünschen übrig, was ihre Performance im Mech betraf. Mit geübten Fingern schnippte sie im kleinen Cockpit die verschiedenen Schalter um, die die Sicherheits- und Startprozedur einleiteten. Diagnoseprogramme, Checks, Routinen, der Reaktor, der hochfuhr, alles löste eine Kaskade an Lichtern und Geräuschen aus. Hier fühlte sie sich wohl. Ja, die bekannten Probleme der Maschine, ein Hilfsmonitor mit Wackelkontakt, alles kein Problem, aber sie würde es im Anschluss dem zuständigen Tech mitteilen. Oh, der Hüftaktivator links meldete Probleme? Eine Neuprüfung ergab zum Glück jedoch keinen Schaden. Nach Monaten im Gebrauch ohne die reguläre Claninfrastruktur waren einige Basteleien unumgänglich gewesen, wo einfach der Austausch von Teilen die schnellere und bessere Lösung gewesen wäre. Aber sie hatten nun einmal nur sehr begrenzten Zugang zum freien Markt, geschweige denn zu Clan-Vorratshäusern. Dafür hatten sie, was den Clans oft abging, zumindest, was man typischen Clankriegern absprach: Improvisationstalent. Das hielt Maschinen im Einsatz, die normalerweise mindestens runderneuert werden mussten. Spike wusste nicht genau, woher die Omnis stammten, aber an ihrer Einsatzbereitschaft gab es keinen Zweifel.

Und die Einheit war sehr effektiv. Soweit die Informationen Spikes' stimmten, waren schon mehrere Einsätze hintereinander erfolgreich verlaufen. Diese Quote sollte sich nicht ändern, wenn es nach ihr ging. Allerdings wurden diesmal alle Maschinen genutzt, zusammen mit Lupus' Aussagen ergab sich damit ein anderes, gefährlicheres Bild. Sie würde bald erfahren, gegen wen es ging. "Kennsatz eingeben!", forderte die weibliche Computerstimme sie auf. "Für die Gräfin, nie mehr entrechtet!", antwortete Spike. "Autorisation bestätigt. Spike, willkommen und gute Jagd." den letzten Satz hatte Spike dazuprogrammiert, um sich etwas aufgehobener zu fühlen. Sie konnte nicht viel mehr tun als ihre Leistung zu geben, ihre bisherige Geschichte konnte sie nicht ändern, also galt nur die Zukunft. Auch wenn sie nach außen hart wirkte, war sie doch nur ein Mensch. Gavril "OK" Schuster, der Tech ihrer Maschine, gab ihr von unten das "Clear"-Signal, um zu zeigen, dass der Mech frei von allen Verbindungen und Leitungen war. Dazu kam sein Handzeichen, für das er seinen Spitznamen erhalten hatte, dafür und die häufige verbalisierte Variante, auch wenn manchmal nicht alles in Ordnung war. Und war das auf seinem Gesicht ein freundliches Lächeln? Spike war sich nicht sicher, aber sie nahm es als gutes Omen.

Über Funk kam der Befehl zum Abmarsch, den sie rasch bestätigte. Die Waffensysteme würde sie erst draußen aktivieren. Für die ersten Schießübungen wurden noch gefährliche Energiemengen benötigt, anschließend ging es zur Jagd, bei der es gegen andere Untereinheiten ging. Ab dann wurde streng darauf geachtet, niemanden zu gefährden. Unfälle ohne Waffenwirkung waren in Verbindung mit tonnenschweren Kampfmaschinen wie Mechs oder Panzern natürlich nie ausgeschlossen, aber die Zeit auf Naraka war für die Einheit in der Hinsicht überaus erfreulich gewesen. Die Anzahl der Unfälle mit Personenschäden ließen sich an einer Hand abzählen. Und die schlimmste Verletzung war ein gebrochenes Bein gewesen. Es würde nicht an Spike liegen, wenn es heute anders laufen sollte. Sie war bisher immer vorsichtig gewesen, was als leichter Aufklärer auch nötig war. Also erst auf zu den Schieß- und Bewegungsübungen.
***
Die Fahrt zum Manövergelände hatte Dadif nicht gefallen. Die Stimmung im MTW war schlecht gewesen, der Fahrer war wie ein Idiot über die holperige Piste gerast, so dass sie alle durchgeschüttelt wurden, und kalt war es auch. Die Zusatzausrüstung, die sie heute mitgebracht hatten und die schon vorausfuhr, war anstrengend zu verladen gewesen. Aber sie würde heute genutzt werden. Natürlich waren die meisten davon Übungswaffen, nur die Zugführergruppen hatten entsprechende Munition für Ernstfälle dabei, aber falls sie nicht von fremden Einheiten angegriffen würden, waren sie bestenfalls zur Beruhigung der Gemüter dabei. Die Tierwelt hier war nicht dazu geeignet, schwere Waffen auszuprobieren. Der letzte, der sinnlos herumgeballert hatte, war effektiv bestraft worden, womit so etwas ausgeschlossen wurde. Interessanterweise, resümierte Dadif, waren die Einsatzkräfte am zurückhaltendsten, was solcherlei Aktionen betraf. Die wussten vermutlich, was echter Kampf bedeutete, und hatten genug von Action.

Ihre Abreise war bereits verkündet und entsprechende Maßnahmen eingeleitet worden. Das betraf die Massenimpfungen und Schulungen, was ihren Zielplaneten betraf. Dadif war hin- und hergerissen. Einerseits klang das Ganze wirklich ätzend, was die unangenehmen Begleiterscheinungen der Impfungen unterstrichen; der drohende Kampfeinsatz tat sein übriges. Andererseits war es vermutlich schön, einen neuen Planeten kennenzulernen. Wenige waren so privilegiert, ihren Planeten zu verlassen, auch wenn er selbst dies so hätte haben können, wäre er folgsamer gewesen.
Nun würde er also mit der Einheit vermutlich in einem wilden Dschungel landen und helfen, ihm fremde Leute zu töten. Angesichts der Realität des Söldner- und Soldatenwesens war es nur verwunderlich, dass es nicht schon früher dazu gekommen war. Das Training hatte ihn durchaus sicherer im Umgang mit Waffen gemacht, sogar im Angesicht von monströsen Kampfmaschinen war er noch nicht ausgeflippt. Er machte sich nichts vor: mit der Ausrüstung, die sie als Infanteristen besaßen, war die Überlebenschance gegen Mechs sehr gering, selbst unter den besten Umständen.
Wie es wirklich sein würde, konnte er nur erahnen. Andererseits gab es immer wieder Begebenheiten, die auch Mechs gegen inferiore Gegner scheitern ließen. Er dachte an die Statistiken und die Wahrscheinlichkeiten einen Mech oder eine entsprechende Einheit an sie zu vergeuden und beruhigte sich damit. Mehrere Bände solcher digitalen Wälzer hatte er sich mit Erlaubnis des entsprechenden Vorgesetzten aus dem Einheitsspeicher übertragen lassen und hatte sie durchgelesen. Neben den ganzen anderen Werken verschiedenster Art, natürlich. "Nase!" Er wurde unsanft aus seinen Gedanken gerissen, als ihn Sergeant Hieronymus Markle an der Schulter packte. Markle war ein Veteran der Infanterie, nicht nur der Einheit. Er hatte außer dem Überleben kaum Ambitionen und war auch sonst ein seltsamer Kauz. Aber er hatte alles drauf, was ein Infanterist können musste, und vermutlich noch mehr Dreck am Stecken, wie man munkelte. Innerhalb der Einheit hatte er sich jedoch ohne Fehl und Tadel gezeigt, soweit dies überhaupt möglich war. "Begib dich jetzt lieber in Deckung und zieh' dir Handschuhe an, das Warten kann etwas dauern.", empfahl er Dadif ruhig. Dann stapfte er wieder in die provisorische Stellung zurück, während Dadif ihm folgte. Seine Nachdenklichkeit könnte ihm irgendwann gefährlich werden, schalt er sich selbst. Daran musste er arbeiten.

Die Stellung selbst hatten sie am Vormittag vorbereitet, ein paar Gräben und Wälle, nicht viel mehr, aber es lag alles innerhalb einer bewaldeten Ansteigung und war damit schon gut getarnt. Natürlich war es möglich eine Stellung zu bauen, die wirklich kaum zu entdecken war, aber dies hätte viel mehr Zeit und Ressourcen gekostet und war für eine Übung hier und auf diese Art nicht sinnvoll. Markle und die ihnen zugeteilten erfahrenen Leute hatten mehrfach angedeutet, wie etwas besser, effizienter und widerstandsfähiger zu bauen gewesen wäre. Gegebenenfalls würde dieses Wissen auf dem Zielplaneten zu Anwendung kommen.

Da! War das ein Mech? Dadif spürte den Boden erzittern, jedoch nicht in gleichmäßigen Abständen. Die Anspannung machte sich jetzt bei seinen Kameraden bemerkbar. Er selbst prüfte sein Autogewehr und dann den Raketenwerfer seines Nebenmannes, mit dem er heute eins der KSR-Teams war. Weitere zwei Schuss Übungsmunition lagerten hinter ihnen. Devon, so hieß der Mann, war etwas ruhiger, er war erfahrener als Dadif. Jetzt lächelte er. "Entwarnung, Leute, das sind Panzer von uns." Dadif sah genauer hin. Tatsächlich, eine kurze Kolonne schwerer Schweber brauste an ihrer Stellung vorbei.
Durch die Reihen ging Erleichterung und die Erklärung, dass diese zu ihrer Verteidigung hinzugefügt würden. Das war für die meisten vermutlich beruhigend, überlegte sich Dadif, er dachte jedoch anders. Je mehr sich hier versammelten, um so eher würden sie interessant für ihre Gegner sein. Man konnte jetzt weiteres Dröhnen hören, nicht ganz so laut, was vor ihrer Stellung blieb. Danach war es wieder still. Nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit gewartet hatten, wurde Essen verteilt, Devon und Dadif kamen hierbei in den Genuss, von einer kleinen, ziemlich attraktiven jungen Frau ausgeschenkt zu bekommen. Die Stimmung um sie herum besserte sich merklich, auch wenn es kalt blieb. Nachdem sie in Ruhe essen konnten, war es überwiegend ruhig; Dadif vertrat sich kurz die Beine, als Sgt. Markle zu ihm trat. "Es geht bald los, Nase. Mach dich bereit." Er begleitete ihn, als er sich zurückbegab. "Der Plan ist wie folgt: die Panzer locken die Mechs zu uns und verwickeln sie in ein Gefecht. Sind sie nahe genug, können wir sie entweder weiter beschädigen, oder sogar ausschalten. Also streng' dich an, Junge.", erläuterte er ihm. Dadif blickte ihn dankbar an. Das klang nach einem sinnvollen Plan. Es würde ihm helfen, sich während der heißen Phase zu konzentrieren. Als er wieder in der Stellung lag, vergingen kaum 30 Minuten bis sie wieder Erschütterungen spürten, diesmal waren sie unregelmäßiger. Kurz darauf dröhnten Panzermotoren, dazu kamen Raketenabschüsse und charakteristische Geräusche von Energiewaffen.
Die Manövergeräte auf ihren Helmen waren aktiv, also konnten er und seine Kameraden jederzeit ausfallen, sofern Waffen in ihre Stellung geschossen wurde.

***

Als Ermhards Kolonne an der designierten Stellung vorbeifuhr, konnte er sich einen längeren Blick erlauben. 'Hey, wenn ich nicht wüsste, dass sie da wären, würde ich nichts sehen.', dachte er bei sich. Sie fuhren einige Klicks weiter, um später überraschend eingreifen zu können. Der Hunter und noch ein paar leichte LSR-Werfer lagerten bereits hinter Nase, so dass die Infanterie beobachten würde. Es war keine so schlechte Stellung, laut dem Kommandeur der Verteidigung, allerdings war die Theaterlanze ein heftiger Brocken. Nur Spikes Sprinter/Feuervogel würde nicht viel Feuerkraft aufbieten können, der Rest, ob leicht, schwer oder sogar der Führungsmech in überschwer, geführt von 'Sica', konnte theoretisch jeden ihrer Schweber oder Panzer mit einer Salve zerstören. Es war also schon ziemlich ernst heute. Der Plan war es, die Theaterlanze so weit wie möglich zu schwächen. Die sechs Mechs waren für jeden ein harter Brocken, um so mehr für konventionelle Kräfte. Die Clans waren nicht umsonst von solcherart Garnison praktisch nie auch nur verlangsamt worden. Sie konnten also nur hoffen, dass sie der Lanze mit vereinten Kräften in Erinnerung riefen, dass man sie nicht unterschätzen sollte. Vielleicht würde ein Teilerfolg auch helfen, einige der Verlorenen näher an die echte Kampftruppe zu führen. Ermhard wusste, dass er nicht sehr klug war, für Nase galt das aber nicht. Der war intelligent und in der Infanterie verschwendet. Hoffentlich fand sich für ihn noch ein spezielles Feld, bevor er bei den Hilfstruppen umkam. Wenigstens deutete bisher nichts darauf hin, dass die Kommandeure in der Infanterie nur reines Kanonenfutter sahen. Es stimmte eben doch nicht alles, was man über Kommandeure von anderen Waffengattungen sagte.

Die Schwebergruppe aktivierte jetzt, nach einiger Wartezeit, ihre Gebläse, um schnellstmöglich eingreifen zu können. Die Kollegen der Köderlanze hatten Feindkontakt gemeldet. Langsam wurde es spannend, auch für Ermhard, der ein wenig bei den Planungen mitwirken durfte.

***

"Sica von Spike, habe eine Gruppe Kontakte vor mir, zwei Klicks. Soll ich näher heran?" Spike war müde, aber guter Stimmung. Die Tests und Übungen bisher waren annehmbar verlaufen, sie hatte sich dabei gut verkauft. Jetzt kam die eigentliche Manöverübung, bei der sie Jagd auf fast alle konventionellen Elemente machten. Wenn sie Pech hatten, konnte dies auch in die Hose gehen, jedenfalls hatte Spike nicht die Absicht, ihren Mech zu verlieren, in jedweder Form. Diesmal hatte sie nur wenig wirksame Waffen dabei, Flammer, leichte Impulslaser und einen mittleren Laser. Dafür war ihr Scoutmech mit ECM und Aktivsonde ausgerüstet. Das machte sie schwerer zu erfassen und dazu war es einfacher, Feindeinheiten aufzuspüren, was auch ihre Rolle war.

Wenn sich die Chance bot, konnte sie auch zuschlagen, aber vor allem gegen Infanterie wäre sie tödlich. Der Kontrast dazu war Sicas Maschine, ein monströser Kriegsfalke in Primärversion, die jeden anderen Mech oder Panzer in wenigen Sekunden zu Schlacke verarbeiten konnte. Gegen Infanterie war diese Maschine jedoch extrem im Nachteil, weshalb Sica sich immer im Hintergrund halten würde. Die beiden Bluthunde - oder Geier in der FIS - würden im Kampf flexibler sein, während die zwei leichten Nattern/Pumas in der unmittelbaren Nähe kämpfen würden. Ihre kleinere Silhouette und höhere Beweglichkeit machten sie in Spikes Augen zu kniffligen Zielen. Sie selbst war natürlich noch schneller, kleiner und wendiger und würde so hoffentlich nicht getroffen werden. Zumindest war dies eins ihrer Primärziele. "Spike, ich brauche mehr Daten, geh näher. Bereite LSR vor, gib uns Ziele.", befahl Sica. Das könnte Spikes Vorhaben erschweren, sofern diese Panzer entsprechende Waffen und Fähigkeiten besaßen. "T-Vier und Fünnef geht mit ihr, lenkt sie ab, sie dürfen sich nicht fokussieren! T Zwo und Drei aufrücken.", befahl Sica kurz darauf. Die ruhig gesprochenen Befehle zeigten Spike, dass Sica wusste, dass sie und ihr Mech wertvoll war. Sie näherte sich der Stellung. Noch keine Zielerfassungen. Dafür konnte die Aktivortung ihr einige Ziele markieren.
"Sica, es sind 4 oder mehr gepanzerte Fahrzeuge und schweres Gelände. Markiere Ziel." die taktische Darstellung ließ kurz darauf einige LSR auf die Ziele regnen. Es waren aber nicht viele. Das würde die Panzer nicht aufhalten. Spike mühte sich ab, das schlechtestmögliche Ziel abzugeben, während sie eine weitere Salve ins Ziel leitete. Zu ihrer Überraschung wurde sie nicht anvisiert, dafür traten jetzt zwei gedrungene Pumas in Erscheinung, Black Flagg und Namid. Einer von beiden wurde von der Panzergruppe beschossen, allerdings war dies noch nicht bedrohlich, die Panzerung hielt, auch wenn der Computer ihn straucheln ließ. Die andere Maschine erwiderte das Feuer mit ihren schweren Clanwaffen. Das wirkte. Die Panzer schossen kaum noch und schienen sich absetzen zu wollen. Spike setzte etwas nach, jedoch gerade als die nächste simulierte Salve in der Stellung einschlug, schossen Mörser eine dichte Nebelwand. Beide Pumas rückten hinterher. "Sica von Black Flagg, wir setzen nach, sie ziehen sich zurück." "Verstanden, Flagg, wir rücken mit vor", kam es von Sica zurück "Spike, du gehst an ihnen vorbei und prüfst auf Verstärkungen, los!" Der Sprinter war schon unterwegs in einer Kehre um die Stellung herum. "Verstanden, bin unterwegs."

Es wurde warm im Cockpit, jedoch alles im grünen Bereich für Spike. Ohne gute Sicht waren die LSR nutzlos, also würde die Theaterlanze die Panzer nach der typischen Methode erledigen müssen. Sie empfing jetzt die Spezifikationen der Panzer von den beiden Pumas, die den schweren, aber flinken Schwebern nachsetzten. Auf dem Radar sah sie auch die beiden schweren Bluthunde/Geier, geführt von Mukua und Starschina, zwei sehr guten Piloten. "Verdammt, Black Flagg hier, sie nebeln weiter und entkommen uns!" Sica schien ungeduldiger zu werden: "Bleibt dran und schaltet sie aus, aber werdet nicht unvorsichtig. Spike, gibt es was Neues?"
"Negativ, Sica, die Panzerlanze weicht vor T-Vier und Fünnef zurück, aber noch keine neuen Kontakte. Soll ich versuchen, sie abzuschneiden?" bot sie an. Es würde sehr gefährlich sein, aber sie könnte diese Panzer vielleicht verlangsamen.
"Negativ, T-Sechs, bleibe weiter auf der Flanke. Starschina, beweg dich nach rechts, sichere uns ab, Mukua, wir unterstützen T-Vier und Fünnef. Beeilung, wir müssen sie schneller ausschalten!"

Die Theaterlanze war jetzt in voller Bewegung. Namid und Black Flagg meldeten vereinzelte Treffer bei den Schwebern, bekamen jedoch auch ein paar Treffer ab. Endlich war ungefähr die Hälfte der Gegner ausgeschaltet, die anderen waren teils schwer beschädigt, als Spike neue Kontakte ortete, viel zu nah und offenbar schnell näherkommend. Sie meldete dies den anderen und bewegte sich zu ihnen um zu unterstützen. Mittlerweile waren die Pumas nach einem weiteren Panzerabschuss etwas langsamer geworden und ließen die schweren Mechs aufrücken, als LSR-Salven auf die Mechs regneten. Sofort schwärmten sie wieder, aus aber die Bedrohung durch die flankierenden Panzer konnte nicht ignoriert werden. Sica entschied sich sofort: "T-Lanze, sofort in Richtung Feindgruppe Beta, wir müssen sie ausschalten! Spike, mach die LSR-Stellung ausfindig, T-Vier und -Fünf sichern uns gegen die beiden Alphas." Die beiden Panzergruppen wurden auf dem TakDisp entsprechend nach ihrem Auftrittszeitpunkt markiert. Noch während die Piloten der Theaterlanze ihre Bestätigungen meldeten, wurde Mukuas Geier von weiteren LSR erschüttert. Noch waren es keine durchschlagenden Treffer und er hielt sich gegen die Daten des Bordcomputers aufrecht, der sein Gyroskop absichtlich aus dem Gleichgewicht brachte, aber sie waren bemerkbar und ernst. Spike setzte in ihrer Richtung fort und würde so vielleicht mit den übrigen angeschlagenen Schwebern zusammentreffen und hoffentlich die LSR-Stellung aufstöbern. Starschina, der Lanzenälteste, war jetzt fast auf Höhe der beiden Pumas, die beiden anderen schweren Maschinen befanden sich im Gefecht mit der Verstärkung, als die Hölle losbrach.
***
Dadif konnte vor ihm nur wenig ausmachen, dass aber die zwei Pumas schossen und beschossen wurden, war klar. Die LSRs, die Sgt. Markle koordinierte, schienen den großen Clanmech zu treffen, auch wenn sie als Schlammhüpfer nichts davon sahen. Doch jetzt! Die Pumas waren ihrer Stellung immer näher gekommen, nun trat noch ein neuer Geier auf den Plan. Der Chef der Infanterie, eigentlich der Boss der Gefechtspanzer, ließ alle für einen Kernschuss, nach Dadifs Vorstellung eher eine Salve, bereit machen. Er zählte laut, während die Mechfüße der drei avoiden Mechs dröhnten. Dadif und sein Nebenmann, genau wie alle anderen, waren aufs Äußerste angespannt. Das war der Hauptpunkt der Schlacht für ihn. Jeder Schritt des Geiers war eine Zahl vom hünenhafte Boss, dessen Codename Ahab war: "Drei! Zwei! Eins! Feuer!!" Alle KSRS und Laserschützen beschossen den schweren Mech in die rechte Seite und während die Übungsraketen an ihm abprallten und Laser auf ihn schienen, schüttelte er sich schwer. Gleichzeitig schienen wieder LSR auf einen der Pumas zu regnen, der den Torso schwenkte, um die Einschläge zu verteilen. Dadif bekam weiter nichts davon mit, weil er zur Ersatzmunition eilte, um Devon mit einem neuen Schuss zu versorgen.

Der Befehlshabende, er hatte ein künstliches Bein, dem er seinen Codenamen verdankte, brüllte weiter Befehle. Das letzte, was Dadif von ihm hörte, war "Feuer frei!" Während er die KSR nachlud konnte er sehen, dass der andere Puma seinen Torso ihnen zugewandt hatte und ihn leicht schwenkte. Der Boss fluchte daraufhin kurz und verstummte. "Geladen!", rief Dadif, begab sich aus der Rückstrahlzone und klopfte Devon auf den Helm. Der visierte bereits den sie angreifenden Puma an und schoss erneut. Die anderen Mechs entfernten sich von ihrer Stellung und schienen sie kaum zu beachten, auch wenn immer wieder einige Infanteristen ihre Arme hoben und zum Zeichen, dass sie ausgeschaltet waren. Dadif rannte wieder zurück, um die letzte Rakete zu holen. Vielleicht würde er das überleben können? Der Puma schüttelte sich wieder, wie unter unsichtbaren Schlägen und wich jetzt auch zurück, jedoch erheblich uneleganter als die anderen beiden. Er humpelte stark! War das die Chance ihn auszuschalten?

Als er zurückhasten wollte, sah er Devons Arm nach oben gehen. Also war er aus dem Gefecht. "Der blöde Geier mit seinen Impulslasern...", schimpfte er. Dadif übernahm das Werferrohr etwas unruhiger als noch zuvor und lud es nach. Kurz brandete Jubel auf, als der lahme Puma außer Gefecht gesetzt wurde, jedoch fluchte Markle gleich danach. Dadif sah nach ihm, da kein Ziel in Reichweite war. Der Arm blieb unten. "Unser Hunter wurde grade als letzter abgefackelt.", erklärte er mürrisch. Damit war es mit der LSR-Unterstützung vorbei. Er setzte sich hin und begann an einer E-Cig zu ziehen. Dadif sah sich um, ungefähr die Hälfte der Infanterie saß entspannt und mit roten Leuchten auf den Helmen in einem ungefährdeten Areal herum und sahen dem Rest der Schlacht zu. Weiter vor ihnen tobte immer noch der Kampf, auch wenn sie nicht viel sehen konnten. Die anderen Infanteristen lagen oder standen in ihrer Stellung, und warteten auf eine Gelegenheit zum Schuss.
Dadif überlegte, während der Boden zitterte: wenn weiter hinter ihnen der Hunter mit den anderen LSRs gestanden hatte, dann war irgendjemand dort hingelangt. Aber alle Mechs waren doch hier? 'Spike!', fiel es ihm siedendheiß ein, als das Dröhnen von Mechfüßen unüberhörbar wurde und sich der Sprinter krachend von der linken Seite einige Meter in den Wald neben der ausgedünnten Stellung schob. Auch wenn der Koloss nur 20 Tonnen schwer war und eigentlich weniger bedrohlich wirken sollte als seine schwereren Kumpane, war Dadif starr vor Schreck. Die Lasermündungen schwenkten über die Stellung und mehr und mehr Infanteristen hoben die Arme zum Zeichen ihrer Ausschaltung. Markle stand plötzlich neben ihm und rief Dadif ins Ohr: "Nase! Reiß dich zusammen! Entweder volle Deckung oder verpass' ihm eine!" aus dem Gewühl rauschte eine einzelne Übungsrakete auf die schlanke Maschine zu und prallte dumpf, in dem Chaos allerdings kaum hörbar vom Torso ab. Dadif dachte nicht weiter nach, sondern hob den Werfer, zielte und schoss. Treffer! Die fast unbewusste Zufriedenheit über seine Treffsicherheit war von kurzer Dauer, als die Laseröffnungen auch ihn kurz ansahen. Sein integriertes Helmvisier bewahrte ihn davor, blind zu werden. Einige Sekunden weiter und der Mech entfernte sich wieder. Das Signallicht brannte rot in seinen Augen als Zeichen, dass er jetzt tot war. Er trottete nach einigen Augenblicken mit Markle zur Sammelstelle, wo der Rest der Einheit wartete. Spikes Mech war mit ihnen fertig und entfernte sich wieder
Der Befehlshaber sah auf sein Datacomp und erhob sich: "Alle mal herhören, die Infanterieeinheit wurde gerade als kampfunfähig aus der Übung genommen. Wir sind tot." Er schien nicht allzu unzufrieden zu sein, als er fortfuhr: "Wir haben uns gut geschlagen. Technisch steht uns ein Abschuss zu. Im Ernstfall verlange ich jedoch, dass ein immobiler Mech so schnell wie möglich bis zu völligen Kampfunfähigkeit geschossen wird. Das bedeutet, im Zweifel lieber weniger Bergegut aber mehr Lebende von uns, verstanden?"
Die müde Truppe signalisierte Zustimmung. Dadif fühlte sich plötzlich sehr erschöpft, ganz im Gegensatz zu gerade eben. Er setzte den Werfer ab und hockte sich hin. Der Boss setzt kurz fort. "Wir müssen noch etwas durchhalten, weil die Übung noch andauert, aber unser Hinterhalt hat die feindliche Mecheinheit geschwächt. Sofern ich die Daten richtig deute, erhalten unsere Kräfte in wenigen Augenblicken Verstärkung. Das bedeutet, dass sich die Theaterlanze zurückziehen könnte. Leute, nochmal, gut gemacht,“ hier lächelte er vorsichtig, „aber das nächste mal haben wir genug Sprengfallen und Sensoren bei unserer Stellung, dass kein Mech uns überraschen wird."

***

Spike hatte nach der Vernichtung der Infanterie Black Flagg von seinem "zerstörten" Puma abgeholt. Er war erwartungsgemäß schlechter Laune und musste sich noch dazu in ihr ohnehin schon sehr enges Cockpit zwängen. 'Besser als gefangen oder tot," dachte sie nur bei sich. Sie wusste, dass die Infanterie der Einheit extra dafür ausgebildet wurde, nach Ausfall eines Mechs auch den Piloten nicht entkommen zu lassen. Es blieb abzuwarten, ob das auch für ihre künftigen Gegner galt.

Die Schweber waren jetzt praktisch kampfunfähig, als sie vom Gefechtscomputer neue Ziele angezeigt bekam. "Verdammt. Sica von Spike, ich habe eine vermutlich schwere Mechlanze in ungefähr drei Klicks nördlich von uns. Was soll ich tun?" Sica antwortete müde über den Lanzenkanal: "Wir gehen auf taktischen Rückzug. Langsam Richtung südlicher Phasenlinie mit euch." Nach einer kurzen Pause meldete sie sich erneut: "Spike, wir haben ebenfalls Verstärkung erhalten, eine Gruppe Gefechtspanzer; Begib dich zum Navpunkt Delta und transportiere sie an meine Position. Schnell! Ich will ebenfalls einen Hinterhalt oder Abschreckung einsetzen. Auf Langstrecke können wir sie noch zerlegen." Spike tat, was von ihr verlangt wurde. Als Taxi für gepanzerte Infanterie war der Sprinter hervorragend geeignet. Black Flagg übernahm dabei die Koordination per Funk, während sie sich auf das Radar und die Steuerung konzentrierte. Anschließend waren sie so schnell es möglich war, ohne jemanden zu gefährden, wieder bei der Theaterlanze. Bis auf Sica hatten alle anderen Status orange bis rot mit teils schweren Schäden, Spike selbst hatte nur ihre Panzerungsschäden durch die Infanterie. Die gegnerischen Panzer waren keine effektive Bedrohung mehr, da der Großteil ausgeschaltet war und zwei Fahrzeuge zu langsam und beschädigt, um ihnen in dieser Stellung noch gefährlich zu werden. Die Theaterlanze war immer noch schlagkräftig, aber sie hatten die Initiative abgeben müssen. Nachdem sie die Gefechtspanzer abgesetzt hatten und noch etwas aufklärten, während die feindliche Lanze kaum noch Kontakt riskierte, kam von der Übungsleitung die Nachricht, dass der Kampf unentschieden beendet war.
***
'Endlich.", dachte sich nicht nur Dadif, als sie im Lager ankamen. Die Zeit außerhalb war hart gewesen, und auch wenn sie Luftvorräte mitgenommen hatten, war typische Anlagenluft, ob auf einem Schiff oder in den begrenzten Unterkünften, dem doch erheblich vorzuziehen. Das galt für die Kälte natürlich analog. Trotz der entsprechenden Kleidung war sie jetzt überall, umso mehr, als sie alle müde waren. Vor der Einschiffung gab es noch etwas Urlaub für die meisten, das bedeutete, dass wenigstens heute oder morgen die Nacht etwas länger werden würde. Die Kommandeure hatten sogar ein "Taxi" für die Fahrt zur nächsten Siedlung besorgt, allerdings auch keinen Hehl daraus gemacht was jenen blühte, die sich nicht rechtzeitig zurückmeldeten oder gar zuviel redeten. Aber erstmal war für Dadif etwas Ruhe angesagt. Er musste den heutigen Tag erst einmal verarbeiten.
***
Ermhard ließ den schweren Hovercraft langsam absetzen. Die leistungsstarken Propeller liefen langsamer und leiser, fast wie die Atmung bei einem einschlafenden, gewaltigen Tier. Seine Crew ließ ihn allein, nachdem sie sich mit ihm zum "Umtrunk", verabredet hatten. Er war zufrieden mit dem heutigen Tag. Zwar war er nur noch Fahrer und kein Panzerkommandant, aber Kotzi war froh, seine Fähigkeiten überhaupt einbringen zu können. Sie konnten einer verstärkten Clanlanze gut Paroli bieten, oder vielmehr, sie effektiv ablenken, wenn das Terrain und ihre Vorbereitungen stimmten. Niemand sollte Panzer unterschätzen, und da sie bald wohl eine konventionelle Söldnerbande gegen sich hatten, so die Gerüchteküche, würde diese Lektion hoffentlich auch bei allen anderen Mechjockeys angekommen sein. Natürlich hatten sie schwere Verluste eingesteckt, das war im Grunde unvermeidlich, immerhin waren sie nicht gegen Idioten angetreten. In einer rein kostenbasierten Rechnung, die nur Hardware und durchschnittliche Ausbildungskosten beinhaltete, hätten sie jedoch positiv abgeschnitten. Er nahm an, dass dies selbst mit der Mechverstärkung am Ende der Übung stimmte.

Morgen würde jedenfalls die Nachbesprechung stattfinden, in der nochmals alles Wichtige zur Sprache kam. Als er seinen Panzer verließ und ihn abschloss, dachte Ermhard nur noch kurz an Spike. Ein Fortschritt zu den letzte Tagen. Er lächelte melancholisch. Ob sie ihren Platz im Cockpit sicher hatte? Sie war im Kampf nicht direkt gegen seine Panzergruppe aufgetreten, aber er wusste, dass sie mindestens den Hunter ausgeschaltet hatte. 'Vielleicht nach dem nächsten Einsatz,' dachte er bei sich. Nach den Übungen war er etwas zuversichtlicher, dass sie den gut überstehen würde.

__________________
Combined Arms Mechwarrior, hier fahre ich Epona, stampfe mit NovaCat, fliege Shiva und bin BA.
Stand-alone, ohne irgendwelche Voraussetzungen. Kostenfrei.

http://www.mechlivinglegends.net/2017-01/mechwarrior-living-legends-communi
ty-edition/
18.11.2017 21:55 Marlin ist offline E-Mail an Marlin senden Beiträge von Marlin suchen Nehmen Sie Marlin in Ihre Freundesliste auf
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Wayside V, Dantonville
Decius-Cecilius-Metellus-Kaserne, Block 13: Büro der Einheitseignerin
03. April 3067, 18:15 Uhr

„Herein!“, blaffte Jara, als es pünktlich an der Tür klopfte.
Den Raum betrat PFC Caroline Cook. Die junge Frau – tatsächlich gehörte sie zu den wenigen Mitgliedern der Einheit, die jünger waren als Jara – schloss die Tür hinter sich und salutierte vor ihrer Vorgesetzten: „Private First Class Cook meldet sich wie befohlen, Ma’am!“
„Rühren!“, erlaubte Jara mit einem Nicken.
Als Cook, so wie sie es aus der täglichen Arbeit im S2-Bereicht gewöhnt war, auf einem der Besucherstühle Platz nehmen wollte, fuhr Jara sie an: „Ich habe Ihnen keinen Stuhl angeboten, Private. Also bleiben sie gefälligst stehen.“
Das Funkeln in den Augen der Söldneroffizierin, ihre angespannte, beinahe vibrierende Körperhaltung, machten deutlich, dass sie geladen war und so kurz vor der Explosion wie eine heißgeladene LSR-Lafette bei Überhitze. In ihre brodelte es und Cook war das erste Ziel für diese Wut.
„Private Cook, ich würde Sie normalerweise lediglich fragen, welcher Offizier Ihre Sicherheitsbelehrung durchgeführt hat, mir diesen Offizier zur Brust nehmen und es für Sie bei einer Verwarnung belassen. Zufällig erinnere ich mich aber noch sehr gut daran, dass ich dieser Offizier war und ich erinnere mich auch noch sehr gut daran, dass ich diese Belehrung gründlich und verständlich durchgeführt habe.“ Sie griff nach einem Blatt Papier und legte es so auf den Schreibtisch, dass Cook es lesen konnte. „Hier haben Sie unterschrieben, dass Sie die Belehrung gehört und verstanden haben. Korrekt?“
„Ja, Ma’am.“
„Private, Sie sind Teil des S2-Bereichs. Dieser Bereich ist besonders sensibel und entsprechend sind die Interna dieses Bereichs gegenüber anderen Teilen der Einheit und vor allem gegenüber Fremden als streng vertraulich zu behandeln.“ Jaras Stimme machte deutlich, was sie davon hielt, diese Regeln zu missachten. Sie war als S2-Stabsoffizierin verantwortlich für die Sicherheit der Einheit. Dass ausgerechnet ihr eigener nachgeordneter Bereich schlampig mit den Schutzbestimmungen umging, das brachte sie auf die Palme.
„Sie haben unüberlegt gehandelt und Interna gegenüber zwei Bewerbern preisgegeben, die noch nicht abschließend von uns durchleuchtet worden sind. Sie haben den Ruf und vor allem die Sicherheit der Chevaliers gefährdet, entgegen Ihres besseren Wissens. Ist Ihnen bewusst, welche Strafen darauf stehen können, Private?“
„Arrest und unehrenhafte Entlassung samt Eintrag in meiner Akte, Ma’am“, antwortete die Soldatin zerknirscht, niedergeschlagen und offenbar den Tränen nahe.
„Korrekt.“ Jara atmete hörbar aus. „Das werde ich nicht tun. Ich werde es bei einer Verwarnung belassen, die ich auf Bewährung für zwei Jahre Ihrer Akte beifügen werde. Nach diesen zwei Jahren verschwindet der Eintrag und Ihre Akte ist wieder in Ordnung. Sehen Sie das als Warnschuss. Ich gebe davon nur einen. Verstanden, Private?“
„Ja, Ma’am. Danke, Ma’am.“
Jara seufzte: „Sie sind das kleinste Rädchen in dieser ganzen Sache, Caroline, das ist mir klar. Ich kann Sie nicht ohne eine Konsequenz gehen lassen, aber außer in einer hektischen Situation etwas zu hastig zu sprechen, haben Sie nichts getan. Passen Sie da in Zukunft besser auf. Ihre Arbeit ist Geheimsache. Das wissen Sie auch. Sie sind pfiffig und lernen schnell, sonst wären Sie gar nicht in meinem Stab. Ich habe vor, Sie so schnell es geht zum Corporal zu befördern und Ihnen die Chance zu geben, sich zu entwickeln, denn Sie haben Potenzial. Schmeißen Sie das nicht weg, bloß weil Sie nicht nachdenken.“
„Es wird nicht wieder vorkommen, Ma’am“, beeilte Cook sich zu sagen, offensichtlich froh, vergleichsweise glimpflich davongekommen zu sein.
„Gut“, sagte Jara. „Ich werde Lieutenant Asai über meine Entscheidung informieren. Er wird vermutlich mit Ihnen noch einmal die Sicherheitsvorschriften besprechen wollen. Schauen Sie sich das Material besser noch einmal genau an.“
Asai, Jaras rechte Hand im S2-Bereich, galt als strenger und fordernder Offizier. Seine Art, den Private zu schulen, würde als zusätzliche Strafe vermutlich ausreichen. Der Japaner war ein kompetenter, loyaler, aber nicht besonders rücksichtsvoller Soldat. „Das werde ich machen, Ma’am“, kam Cooks Antwort und ihrer Stimme war anzuhören, dass sie sich auf die nächste Zeit mit ihrem direkten Vorgesetzten nicht sonderlich freute.
„Gut, das wäre dann alles. Sie können wegtreten. Und schicken Sie Lieutenant Decaroux rein.“

Jara erwiderte den Gruß ihrer Soldatin pflichtschuldig und sammelte sich gleichzeitig innerlich. Eine junge Untergebene zu disziplinieren war der leichte Part gewesen. Decaroux war der ein ganz anderes Kaliber. Der Mann war nicht nur Offizier, sondern auch Chevalier der ersten Stunde und ein gestandener Veteran, der nicht so einfach zu beeindrucken war. Außerdem war er mit seinem Lebenslauf und seiner Expertise nicht zwingend auf die Chevaliers angewiesen, diese aber auf ihn. Jara würde den Infanteristen nicht einfach anfahren und niedermachen können. Hier war ein anderes Vorgehen gefragt.
Folglich war ihre Stimme sehr viel ruhiger, beinahe leise, als der Chef der Gegenspionage eintrat und einen mustergültigen Salut hinlegte. Er machte auch gar nicht erst den Versuch, sich zu setzen, sondern strahlte vielmehr die Gewissheit aus, länger in Hab-Acht-Stellung aushalten zu können, als Jara im Sitzen.
Die Söldnerin versuchte auch gar nicht erst, ihren höheren Rang auszuspielen, sondern blieb in den Gesprächsstrukturen, die zwischen ihnen üblich waren, auch wenn es ihr nicht gelang, die Wut und Enttäuschung aus ihrer Stimme zu halten.
„Charles, ich bin ehrlich gesagt überrascht. Ich hatte gedacht, die Zusammenarbeit zwischen uns würde besser funktionieren. Wie kann es denn sein, dass einer meiner Offiziere und eine meiner Soldatinnen an einer sicherheitsdienstlichen Ermittlung beteiligt sind, dass die Militärpolizei an einer Ermittlung beteiligt ist, dass es einen sicherheitsrelevanten Vorfall in der Kantine gibt und ich erfahre dadurch erst über Umwege und den Abschlussbericht von Lieutenant van Baaren und werde an den Vorgängen nicht beteiligt?“
„Entschuldige, Jara.“ Der abgebrühte Veteran klang kein wenig beeindruckt, schien aber wenigstens zu verstehen, dass hier etwas nicht wirklich so gelaufen war, wie es hätte laufen sollen. „Ich bin die Arbeit mit und in einem derart großen Stab noch nicht richtig gewohnt. Ich habe noch verinnerlicht, dass kurze Wege effektive Wege sind. Als der Colonel angefangen hat, Anweisungen zu geben, bin ich davon ausgegangen, dass alles seine Richtigkeit hat. Ich hätte dich informieren müssen und ich hätte den Colonel darauf hinweisen müssen, dass er dafür seine Stabsoffiziere hat. Ich nehme an, er wird ähnlich pragmatisch gedacht haben.“
„Du musst keine Ausreden und Entschuldigungen für Copycat liefern“, antwortete Jara spitz. „Du sollst Captain werden, wenn deine Abteilung sich eingespielt hat. Wenn ich das unterschreiben soll, muss ich mich auf dich verlassen können. Und zwar blind.“
„Ich kann aber ja die Befehle vom Colonel kaum ignorieren“, brachte Decaroux das Dilemma auf den Punkt.
„Natürlich nicht“, lenkte Jara ein. „Aber es kann nicht sein, dass ich nicht informiert werde. Außerdem steht die Gegenspionage nicht ohne Grund etwas außerhalb der militärischen Einheitsstruktur. Harry führt das militärische Kommando, er ist zuständig für die Strategien, die Taktik, die Einsatzplanung. Alles, was er in diesem Rahmen befiehlt, ist natürlich umzusetzen. Aber als Eigentümerin bin ich verantwortlich für so ziemlich alles andere. Das heißt, dass die Ergebnisse geheimdienstlicher Tätigkeiten mir vorgelegt werden, außer sie betreffen unseren Kampfauftrag. Das heißt auch, dass der gesamte Bereich S2, vor allem aber deine Truppe, Charles, am Ende vom Tag auf mein Wort hören muss.“
„Also im Zweifel gegen die Befehle des Colonels?“, hakte der Veteran nach.
„Wenn es nicht unseren Kampfauftrag betrifft, ja.“ Jara wusste, was sie sagte, aber sie hielt es für unvermeidlich, hier und jetzt deutlich zu machen, wo sie ihre Rolle sah. Hier ging es natürlich zum einen um interne Machtspiele. Sie musste ihre Position in der Truppe sichern, wenn sie nicht als bloße Marionette von Danton und Copeland dastehen wollte. Hier ging es aber auch um das Vermächtnis der Chevaliers und hier ging es ein Stückweit auch darum, im Notfall jeden ihrer Angestellten auszählen zu können – selbst Colonel Harrison Copeland. Er mochte das militärische Kommando führen, aber es war ihre Einheit.
Was für ein Dilemma.
Dass Decaroux die Situation umgehend begriff, sprach für ihn. Allerdings wäre er ohne eine schnelle Auffassungsgabe auch nie dort gelandet, wo er nun war. Er dachte einen kurzen Augenblick nach und sah Jara dann fest in die Augen. Ganz offensichtlich hatte er seine Entscheidung getroffen: „Ich habe verstanden, Jara. Du bist der Boss.“

Wenig später stand sie vor dem vorerst letzten und vermutlich brisantesten Teil ihrer Aufarbeitung. Den kommandierenden Offizier und ihren militärischen Vorgesetzten konnte sie nicht so ohne weiteres in ihr Büro zitieren, also stand sie nun vor seiner Tür und sammelte sich kurz. Die Wut, die immer noch in ihr brodelte, schluckte sie so gut es ihr möglich war runter und rief sich noch einmal die schwierigen Machtverhältnisse vor ihr geistiges Auge.
Dann betrat sie ohne zu Klopfen das Vorzimmer und wandte sich an eine sichtlich überraschte Corporal Hellingsdottir: „Ist der Colonel da?“
„Ja, Ma’am“, kam prompt die pflichtbewusste Antwort. „Soll ich Sie anmelden?“
„Nicht nötig“, winkte Jara ab. „Ich melde mich selbst an.“
Ohne auf eine Reaktion der Soldatin zu warten, öffnete sie die Tür zum eigentlichen Büro, schreckte einen über Akten gebeugten Copeland damit auf, trat ein und schloss die Tür wieder hinter sich.
Bevor der ältere Söldner irgendetwas sagen oder gar seine Fassung wieder erlangen konnte, eröffnete sie das Gespräch: „Haben wir ein Vertrauensproblem?“
„Was?“, brachte Copeland hervor und wusste offensichtlich wirklich nicht, wovon sie sprach.
„Ein Vertrauensproblem“, wiederholte Jara. „Vertraust du mir nicht? Traust du mir nicht zu, meine Arbeit sauber, ordentlich, effektiv, effizient, vernünftig und zügig zu erledigen? Glaubst du, ich habe meinen Bereich nicht im Griff?“
Sie hatte sich bemüht, jegliche Emotion aus ihren Fragen herauszuhalten, aber die Tragweite ihrer Worte traf den erfahrenen Veteranen dennoch sichtbar. „Wie kommst du denn auf sowas?“
„Weil offensichtlich eine Explosion in der Küche samt nachfolgender Ermittlung und allem, was dazugehört, passiert, ohne dass jemand auf den Gedanken kommt, die zuständige Person, also mich als S2-Stabsoffizier, zu informieren. Ich habe vermutlich großes Glück gehabt, dass wenigstens van Baaren nett genug war, mir einen Bericht zukommen zu lassen.“
„Ich hätte dich vor der nächsten Stabsbesprechung informiert“, gab Copeland zurück, der offensichtlich nicht wirklich verstand, wo das Problem lag.
„Also in… drei Tagen?“, hakte Jara nach. „Das ist ein Vorkommnis in meiner Zuständigkeit, das meine Arbeit beeinflusst und für das du meine Leute eingeteilt hast.“
„Eine Kleinigkeit, ein blöder Streich vermutlich“, wiegelte der Kommandeur ab, immer noch eher irritiert als wirklich aus der Bahn geworfen.
Jara schnaubte: „Das konnte aber niemand wissen. Eine Explosion in der Küche, vielleicht ein Angriff auf die Gesundheit der Truppe, auf jeden Fall aber ein offensichtliches Sicherheitsleck… da muss ich handeln können und dafür muss ich informiert sein. Wer auch immer da Schwarzpulver bis in die Küche gebracht hat, hätte auch eine größere Menge davon einschleusen können. Oder Gift. Dann hätten wir jetzt möglicherweise dutzende Tote. Das ist doch keine Lappalie!“
Copeland schien es langsam zu bunt zu werden, denn sein Gesicht wurde zunehmend ernster und seine Stimme fester und bestimmter: „Ich habe mich darum gekümmert, wie ich mich als Kommandeur bisher immer um solche Dinge gekümmert habe. Auf dem kurzen Dienstweg und mit den Ressourcen, die mir zur Verfügung standen. Außerdem war es eine großartige Gelegenheit, unsere Bewerber zu testen.“
„Fang mir damit gar nicht erst an“, brauste Jara auf. „Das ist gleich das nächste Ding: Erstens halte ich es für ein gewaltiges Risiko, interne Aufgaben an Leute zu delegieren, die nicht zur Einheit gehören und zweitens kannst du nicht alleine entscheiden, wer eingestellt wird. In letzter Konsequenz muss ich die Entscheidung darüber treffen.“
Der Colonel seufzte leise, führte seine Fingerspitzen zusammen und stützte seine Stirn auf die Zeigefingerkuppen. „Gut“, sagte er schließlich, „wenn ich dich richtig verstanden habe, fühlst du dich von mir übergangen, korrekt?“
„Ja“, gab die Söldnerin unumwunden zu. „Als Sicherheitsoffizier und als Eigentümerin.“
„Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann waren die Chevaliers immer eine Söldnereinheit. Das bedeutet auch Improvisation, Bauchgefühl und kurze Wege. Das unterscheidet uns von Hauseinheiten und macht uns flexibel und zäh.“
„Die Chevaliers sind ein Regiment und haben viele mächtige Neider und Feinde. Wir müssen vor allem professionell und vorsichtig sein und uns von der Vorstellung lösen, diese Einheit wie eine Kompanie oder ein Bataillon führen zu können“, beharrte Jara auf ihrem Standpunkt. „Wir haben einen Stab, damit die Verwaltung reibungslos funktioniert und die Informationen dort landen, wo sie gebraucht werden – und nirgendwo anders. Die Sicherheit der Einheit muss an erster Stelle stehen und dazu gehört eben mehr als die physische Sicherheit. Wir können unser Herz nicht auf der Zunge tragen, Harry.“
„Lass das Germaine nicht hören, Jara. Du weißt, dass er immer auf das Gute in den Menschen vertraut und immer bereit ist, ein Risiko einzugehen, um seine Überzeugung nicht verlieren zu müssen.“
„Ich bin nicht Germaine“, gab Jara zurück. „Und ich habe zu viel Familie verloren, um jetzt auch noch mein Zuhause bei den Chevaliers aufs Spiel zu setzen. Ich will diese Menschen so gut wie möglich schützen. Wenn ich dafür weniger herzensgut sein muss als Germaine, dann nehme ich das auf mich. Aber ich muss… wir müssen diese Einheit so führen, dass sie überlebt. Und dafür müssen wir uns vertrauen.“
„Aber ich vertraue dir doch“, erwiderte Copeland. „Ich habe nur einen anderen Ansatz als du… aber sei’s drum.“ Er lehnte sich zurück und sah der jungen Frau neugierig ins Gesicht. „Ich werde dich in Zukunft in solchen Situationen umgehend informieren lassen und ich werde versuchen, daran zu denken, dass ich einen Stab habe, der mir Aufgaben abnehmen kann und soll. Zufrieden?“
„Ich bin zufrieden, wenn wir gut zusammenarbeiten“, antwortete sie ausweichen, um nicht zugeben zu müssen, dass der Sieg ihr schal vorkam. Wie viel vom guten Draht zu Copeland hatte sie gerade zerschnitten, wie viel war zu retten?
„Wunderbar“, lächelte der Colonel. „Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen?“
„Nein, das wäre alles.“
„Dann habe ich noch zwei Bitten.“
„Nur zu.“
„Erstens: Fass deine Leute nicht zu hart an. Du kannst ihnen nicht vorwerfen, ihrem CO gehorcht zu haben.“
„Zu spät“, warf Jara ein. „Ich konnte und habe ihnen angekreidet, dass sie nicht selber denken und ihre eigenen Befehle nicht kennen.“
„Na gut. Zweitens: Stell Mac Lain und diese Elementare ein. Der Junge hat wirklich was drauf.“
Die Söldnerin seufzte: „Hätte ich jetzt eh machen müssen. Die beiden wissen zu viel.“
„War das etwa ein Witz?“, fragte Copeland mit hochgezogener Augenbraue.
„Nur halb“, sagte Jara im Gehen, „nur halb.“

__________________
Ama-e-ur-e
is-o-uv-Tycom‘Tyco
is-o-tures-Tesi is-o-tures-Oro
is-u-tures-Vo-e-e

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Marlin
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Ort: unbekannt.

Spike erwachte aus unruhigem Schlaf. Es war heiß, die Luft schien zu brennen. Gefechtslärm. Warum hatte sie niemand geweckt? Außer vereinzelten Autogewehrsalven gab es nur eine Wand aus Lärm, ohne die einzelnen Waffentypen bestimmen zu können. Ihr Mech? Im Dunkeln kaum zu erkennen, dort stand er.

Sie rannte zur Leiter, ihr Gleichgewicht und ihr Verstand schien beeinträchtigt zu sein. Hatten die Schweine Nervengas eingesetzt? Es war also wahr, was über die Typen erzählt wurde. Fokussieren!

Sie war jetzt angekommen und begann, hastig hochzusteigen. Die ersten zig Sprossen hielt sie durch, ihre Sicht verschwamm, ihre Kraft ließ nach. Nicht jetzt! Mit größter Anstrengung kletterte sie weiter, aber jede weitere Stufe schien länger zu dauern als die Vorige. Es wurde wärmer. Infernos? Ihre Maschine hatte auch eine Lafette davon. Der Boden bebte. Waren Mechs so nahe? Ihr wurde klar, dass offenbar ihr Mech in Bewegung geriet. Diese Bewegungen konnte sie besser. Aber sie war nicht im Cockpit! Bitte nicht! Sie mühte sich, weiterzukommen, noch 10 Sprossen. Die Kräfte ließen nach, ein Fuß rutschte ab. In Panik hielt sie sich fest. Weiter!

Eine Hand griff jetzt ins Leere, die Bewegungen der Maschine waren zu stark. Als sie fiel wunderte sie sich noch, wer in ihrer Nähe schluchzte. Den Aufprall bekam sie nicht mehr mit.

***

Landungsschiff Bloody Nose

"Haha," dröhnte Devon, "diesmal habe ich wohl die Oberhand. Dann zahlt mal schön." Er grinste in die Runde. Seine hellen Zähne bildeten einen deutlichen Kontrast zu seiner dunklen Haut. Dadif schwitzte sehr und bereute es wiederholt, beim Drax mit Sgt. Markle, Devon, Ermhard und "Cashier", dem kleinen, unscheinbaren Verwalter der Kasse aus der Riege der Elektrotechs, mitgemacht zu haben. Immerhin, "Cashier" hatte den Ruf, absolut unbestechlich, genau und völlig humorlos zu sein.

Daher führte er die Daten aller Spielrunden, an denen er teilnahm, was bei der Art der Bezahlung durch die Einheit die Übersicht stark verbesserte. Er spielte sehr konservativ und schien eher die Gesellschaft und seine Aufgabe zu genießen. Die anderen waren sehr verschieden. Die Offiziere tolerierten das Glücksspiel, und einige mischten sich sogar unter die Spieler. Standesschranken gab es kaum. Allerdings waren strenge Strafen angedroht, sollte es etwa zu einer ernsthaften Prügelei kommen. Ebenso war es strikt verboten, Ausrüstungsstücke der Einheit wie Privatbesitz zu verpfänden.

Hieronymus Markle war ein kalkulierender Spieler, mit viel Erfahrung, dem es nichts ausmachte, zu gewinnen oder zu verlieren. Er ging sehr selten auf Risiko. Devon war eher ein chaotischer Spieler und schien gerade auf der Erfolgsspur zu sein. Ermhard war meist unbekümmert, kühl aber enthusiastisch in einer einladenden Mischung. Dadif selbst bemühte sich mitzuhalten, aber das Spiel war nichts für ihn. Wenigstens redete er sich das ein. Die Interaktionen, Wahrscheinlichkeiten und das Verhalten der Mitspieler fand er schon interessant. Vielleicht ließ er sich daher immer wieder überreden. Er hatte allerdings einiges gelernt, seit ihm Zwerg und "Kotzi" Koslowski das Spiel beigebracht hatten. Kein Zweifel, ihre Gründe waren egoistisch gewesen und er hatte ihnen schon sehr viel seines kargen Soldes überlassen, aber jetzt schien er wirklich gut dazustehen. Die Einsätze waren hoch und bei seinem Blatt war die Chance gegeben, das Spiel zu gewinnen.

Bis Devon seine Ansage machte. "Cashier" war erwartungsgemäß schon vorher ausgestiegen, es war selten aber eindeutig, dass er eine gute Hand hatte. Hieronymus blieb verdammt cool. Das war doch noch gefährlicher für ihn, dachte Dadif. Was mochte der haben, wenn Devon sich schon als Gewinner sah? Kotzi sah mürrisch drein, als der auch noch mitging. Die Einsätze waren schrecklich hoch. Dadif wischte sich mit zitternden Händen den Schweiß von der Stirn. Wenigstens stank Markles E-Cig nicht wie echter Tabakrauch. Aber dass es hier nicht mehr gut roch war ihm jetzt bewusst. Dazu kam, dass es schon verdammt spät war und er morgen eine Tour auf das Sprungschiff genehmigt bekommen hatte. Darauf hatte er sich schon intensiv vorbereitet. Aber mit dieser Hand auszusteigen? Nein! "Ich geh mit.", sprach er etwas kläglich, aber es schien die anderen doch etwas nachdenklicher zu machen. Devon war jedoch gleich wieder der Alte. "Na dann zeigt mal was ihr habt, Freunde. Diesmal schaffst du mich nicht, Kotzi!" Er legte seine Karten auf den Tisch.

"Hey, verdammt!," keuchte Ermhard "Kotzi" Koslowski. Er warf seine Karten ab. Sein Blatt war zwar gut, aber nicht genug um Devons Karten zu überbieten. Dadif sah müde zu Markle. Der besah sich die Lage und schob seine Handkarten zusammen. Seine Miene wechselte von nachdenklich zu freundlich. "Verdammt gutes Spiel, Devon. Da kann ich auch nicht mithalten. Ihr kennt ja die Sprüche, mal verliert man, mal gewinnen Andere, eckzettra." Er sah jetzt Dadif an, der seine Karten noch in der Hand hielt und darauf verzichtete, ihn zu korrigieren. 'Zum Glück sind die aus Kunststoff.', dachte der sich. Bei seiner Menge an Transpiration wären papierne Karten wohl schon zerfallen. Er warf seine Karten hin. Devons Grinsen versteinerte, ehe es erstarb. Ermhard entfuhr ein herzhaftes "Hey, da leck' mich doch der Erste Prinz!", während Markles Miene Anerkennung ausdrückte. Für Dadif drehte sich alles. Er hätte keinen der Synteholdrinks nehmen sollen. Nicht einen. "Cashier" meinte nur ruhig: "Tjaja, die gute alte Zufallsverteilung.", was Ermhard ergänzte: "...und der Koordinator gleich mit!"

Nach einer Weile war Stille und Dadif krächzte: "Ich kann nicht mehr." Es kam kläglicher heraus als beabsichtigt, aber es wirkte. Außer Devon freuten sich alle für ihn. "Cashier" zählte alles zusammen. Als Dadif abzog, hörte er noch Devon, wie er sich beschwerte: "Der hat uns ordentlich in den Arsch ge.. uns verarscht." Von Ermhard kam noch dazu: ".. Hey und der Generalhauptmann!"

Dadif wankte in sein Quartier und hatte eine unruhige und kurze Nacht vor sich.

***


Kojen der Theaterlanze, Landungsschiff Privateer

Starschina sah ernsthaft besorgt aus. "Spike, du hast schlecht geträumt. Schon wieder. Die meisten von uns kennen so was, aber wenn du Hilfe brauchst, bin ich da, charasho?" Spike war noch halb schlaftrunken, aber sie verstand. Starschina war immer der gewesen, der am freundlichsten war. Die anderen schienen sie langsam zu akzeptieren. Aber es war nie leicht gewesen. Der glatzköpfige Mechpilot schien jedoch nur selten unausgeglichen zu sein und hatte trotz ihrer Vorgeschichte nicht viel Aufhebens um sie gemacht. Ob aus Desinteresse oder anderen Gründen war ihr dabei egal.

"Wir sind eine Einheit und Familie.", setzte er getragen aber einfühlsam fort. "Also wenn du mal darüber reden willst, sag' mir Bescheid. Morgen docken wir an, dann wird es wieder spannend, in circa zwei Stunden haben wir eine kurze Besprechung. Also mach dich am besten frisch."

Er zögerte einen Moment: "Du weist, dass du auch zu jemandem vom medizinischen Dienst gehen kannst." Er wuste, dass das ein heikles Thema war. Die beiden Personen, die als Seelenklempner in Frage kamen, leiteten die Nachrichtenabteilung. So fürsorglich die Kommandeure sich auch gaben, die Einsatzbereitschaft der Truppe ging vor - so etwas wie das Arztgeheimnis zählte im Einsatz wenig. Und für jemanden wie Spike, die gerade erst einen Mech erhalten hatte, bestand die Gefahr, dass man sie wieder aus dem aktiven Dienst nahm. deshalb fügte er hinzu: "Du mußt das allein entscheiden. Aber es nützt niemanden, wenn du dich kaputt machst. Denk einfach darüber nach." Spike nickte benommen. Es schien alles so real...

__________________
Combined Arms Mechwarrior, hier fahre ich Epona, stampfe mit NovaCat, fliege Shiva und bin BA.
Stand-alone, ohne irgendwelche Voraussetzungen. Kostenfrei.

http://www.mechlivinglegends.net/2017-01/mechwarrior-living-legends-communi
ty-edition/

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Ein zwiespältiges Willkommen

Anfang Mai 3067
Raumflughafen Raijin, Stadt Iga, Provinz Iga, Planet Numki, Draconis-Kombinat

Der Antrieb des rieseigen eiförmigen Landungsschiffes - mit knapp 10.000 Tonnen gehörten Schiffe wie dieses Overlord zu den größeren Modellen - stieß gewaltige Feuerlanzen aus, während es sich langsam herabsenkte. Der Pilot verstand offenbar sein Handwerk, allerdings war die Landung auf einem befreundeten Planeten keine wirkliche Herausforderung.
Anatoli Tanigaki fühlte sich bei dem Anblick wirklich, wirklich unbehaglich - aber er war durch eine harte Schule gegangen und wusste, jegliche unangebrachte Regung zu unterdrücken. Selbst auf seiner eigenen Welt wäre es unangemessen gewesen, Nervosität zu zeigen, und hier verbot es sich um so mehr.
Nicht, dass er sich über die Gastfreundschaft der Shimatze bisher beklagen konnte, vor allem wenn man berücksichtigte, dass sein Vater die Erben des Lords von Numki in den letzten Jahren mehr als einmal unter Druck gesetzt hatte. Aber Hanzo und seine Schwester Tomoe waren die perfekten Gastgeber gewesen. Sie hatten ihn und seine Soldaten mit aller Höflichkeit empfangen, die Neuankömmlinge bestens untergebracht und versorgt, hatten zudem einige Zeit geopfert, politische, militärische und wirtschaftliche Fragen mit ihm zu diskutieren. Sie behandelten ihn nicht ganz als ebenbürtig, aber daran war er gewöhnt, und hatte schon wesentlich verletzenderes Verhalten ertragen müssen. Oder besser, sie behandelten ihn als Person nicht ganz als ihresgleichen - aber als Vertreter seines Vaters. Beide hatten ernst und aufmerksam seinen Warnungen und Vorschlägen bezüglich der Gaijin-Söldner gelauscht, die soeben mit der "Crying Freedom" - was für ein dummer Name! - landeten.
Doch auch wenn die Shimatze ihm das Gefühl vermittelten, ihn ernst zu nehmen, ihm auch einen Ehrenplatz bei dem Empfang der Com Star-Mietlinge überlassen hatten - er hatte sie nicht überzeugen können, eine gemeinsame Frontlinie gegenüber diesen Barbaren zu präsentieren. Aber konnte er ihnen da einen Vorwurf machen? Die beiden hatten genug Rivalen, die nur auf einen Fehler warteten, jede Schwäche auszunutzen gedachten. Da war es unwahrscheinlich, dass sie bereit waren, auch noch eine Verärgerung von Com Star zu riskieren, indem sie dessen zweifelhafte Handlanger allein auf einen Verdacht hin brüskierten. Folglich würden sie mit den Söldnern bei den geplanten Ermittlungen zum Thema Piratenangriffe kooperieren. Tomoe hatte einige ominöse Andeutungen gemacht, wie gründlich man die Söldner dabei im Auge behalten würde - was bedeuten konnte, dass sie ihre Ninja und die Spitzel ihrer Polizei auf die Höllenhunde angesetzt hatte. Oder auch nicht - eine genaue Zusage war von ihr nicht zu bekommen gewesen.

In jedem Fall würden die Söldner einen ehrenvollen Empfang bekommen - ebenso ehrenvoll wie er selber. Das war im Grunde natürlich eine Beleidigung, aber Hanzo hatte angedeutet, dass man nicht in erster Linie die Söldner ehren würde - sondern die Mächte, die hinter ihnen standen. Es war jedoch anzunehmen, dass diese Feinheiten bei den Barbaren verschwendet waren - die würden dererlei Subtilitäten sowieso nie kapieren. Wie hatte es Anatolis Vater ausgedrückt? Ach ja - ,Vermutlich können sich die Schimatze glücklich schätzen, wenn dieses Pack nicht in ihre Blumenbeete pinkelt und die Zierkarpfen aus den Teichen fischt. Mit Handgranaten.'
Doch da er selber nur Gast war, musste der Bastardsohn von Lord Odaga gute Miene zum unerfreulichen Spiel machen. Der Empfang, der die Höllenhunde erwartete, war weit weniger martialisch als Anatoli ihn organisiert hätte. Tomoe wusste, wie man eine eindrucksvolle Kulisse mit überschaubaren Mitteln organisierte. Sie hatte keine großen Menschenmassen aufgeboten, aber das Umfeld des Landeplatzes der Söldner - und ihr voraussichtlicher Weg - waren nur so gesäumt von Fahnen mit den Mons des Kombinats und der Shimatze. Es war noch nicht abschließend klar, ob die Söldner zum größten Teil am Raumflughafen bleiben wollten - manche Söldner zogen die vertraute Umgebung ihres Landungsschiffes einem unbekannten Planeten vor - oder die angebotenen Quartiere beziehen wollten. In jedem Fall waren die Kommandeure zu einem Empfang im Regierungssitz geladen - der nahtlos in eine Arbeitsbesprechung übergehen würde. Zu der man auch ihn eingeladen hatte. Einerseits, weil er die ,Höllenhunde' nach Darius begleiten würde, andererseits weil er eventuell eigene Anmerkungen zu machen hatte. Das war ein nicht geringes Entgegenkommen seitens der Shimatze - immerhin ging es um Details der planetaren Verteidigung, und kein Kurita-Adliger ließ sich gerne von seinen Nachbarn zu tief in die Karten schauen. Und seine Gastgeber brachten sich so um die Gelegenheit, mit den Söldnern ohne seine Kenntnis zu verhandeln.
Wenn die Söldner Fehler begingen, würde er es bemerken, und es vielleicht sogar ausnutzen können. Und wenn die Shimatze Schwäche zeigten - denkbar angesichts ihrer begrenzten Möglichkeiten - war es ebenfalls seine Pflicht, seinem Vater davon zu berichten. Aber natürlich war das Hanzo und Tomoe nur zu klar. Deshalb war es ein ziemliches Wagnis, dass sie ihn einbezogen, und ein Vertrauensbeweis. Vielleicht hatten seine Argumente ja doch mehr gefruchtet, als er angenommen hatten.

Anatoli hatte sich die vorbereiteten Quartiere der Mietlinge angeschaut, und sie machten einen ganz guten Eindruck. Viel ZU gut für dieses Gesindel, so viel war klar. Die Shimatze hatten vorgefertigte Container genutzt, die sie sonst auf ihrer Welt für temporäre Quartiere nutzen, etwa bei Ernteeinsätzen. Das Lager war neu aufgebaut, die Wohnräume und sonstige Infrastruktur großzügig kalkuliert und im besten Zustand - und nicht etwa am äußersten Rand der Hauptstadt gelegen, sondern in einem Grünpark relativ zentrumsnah. Ebenso standen vorgefertigte Garagen für die Fahrzeuge der Einheit bereit - natürlich mit Ausnahme der Kampfflieger. Und eine kleine Polizeistation mit unbewaffneten Sicherheitskräften war eingerichtet worden, um die Kontakte zwischen den Auswärtigen und Einheimischen zu regeln. Anatoli hoffte, dass ein paar Ecken weiter ein bis an die Zähne bewaffnetes Einsatzteam lauerte für den Fall, dass dies nicht glückte. Aber wenn dem so war, hatte man es ihm nicht mitgeteilt.

Auf der Fahrt zum Raumflughafen hatte der Erbe der Odaga auch gesehen, dass sich bereits einige Menschen entlang des voraussichtlichen Weges der Söldner versammelten. Nicht gerade die großen Demonstrationszüge, die ein Herrscher einer Welt zumeist leicht auf die Straße bringen konnte - einen Heldenempfang sollte es für die Söldner wohl frühestens dann geben, falls sie taten, wofür sie angeblich bezahlt wurden. Aber da war doch einiges an Neugierigen. Und die Transparente, die an einigen Stellen aufgehängt wurden, waren freundlich, und grüßten die Gäste.
Einen Moment lang fragte sich Anatoli, ob die Regentin der Shimatze, die geduldig neben ihm wartete - oder auch ihre Eltern, was das anging - sich nicht zusätzlich noch einen Witz erlaubt hatten, den nur Eingeweihte verstanden. Der Raumflughafen der Hauptstadt von Numki waren nämlich nach dem Kami für Blitz, Donner und Stürme benannt. Tatsächlich gab es sogar einen Schrein für ihn gleich in der Nähe, und auf dem Gelände fanden sich auch einige durchaus gut gearbeitete, wenn auch furchteinflößende Bilder oder Skulpturen. Raijin war ein Gott oder Geist, der eher wie ein Dämon aussah. Die Trommeln aber, die er häufig schlug um Donner zu erzeugen, trugen zumeist ein bestimmtes Symbol, das so viel wie "hoffen" oder "wünschen" bedeutete - im Japanischen "tomoe".
Das war ein Punkt, bei dem er sich selbst nicht sicher war. Beschränkte sich Tomoe Shimatze in erster Linie darauf, zu hoffen und zu wünschen - oder konnte sie notfalls auch den Sturm entfachen? Da er zu den wenigen gehörte, die sie auf Sulafat unmittelbar in Aktion erlebt hatte, neigte er dazu, letzteres anzunehmen. Wenn die Söldner in ihr nur die blutjunge Adlige in formellen Kleidern sahen, erwartete sie vermutlich eine böse Überraschung. Fast wünschte er, dass er dabei sein könnte, falls es dazu kam...
Sie wäre damit freilich nicht die erste ihres Namens gewesen. Die wohl berühmteste Kriegerin des alten Japan war eine Frau mit dem Namen Tomoe Gozen gewesen, die während des Gempei-Krieges im 12. Jahrhundert gelebt hatte. Tomoe Shimatze hatte sicherlich nicht deren gerühmte Schönheit und kämpferisches Geschick aufzuweisen - doch soweit Anatoli dies beurteilen konnte, verfügte sie über einen unbeugsamen Willen.

Im Augenblick freilich schwiegen Raijins Trommeln offenkundig, sie grollten nicht einmal. Die Regentin hatte lediglich eine Ehrenkompanie regulärer Infanterie mitgebracht, die mit konventionellen Gewehren angetreten war. Dazu kam eine Anzahl Leibgardisten in Gefechtspanzern. Mehr als genug, um dem Zeremoniell und dem persönlichen Sicherheitsbedürfnis Genüge zu tun, aber zu wenig, um diesem Söldnergesindel den heiligen Schrecken einzujagen, den sie verdienten. Und ein Beweis, dass die Shimatze den Söldner weit genug vertrauten, um ihnen nicht mit genug Feuerkraft entgegenzutreten, um sie nötigenfalls pulverisieren zu können.
Es würde wohl nicht einmal einen Überflug der konventionellen Kampfflieger von Sulafat geben, obwohl ein halbes Dutzend Mechkiller bestens geeignet gewesen wären, die Außenwelter daran zu erinnern, wie dumm es wäre, wenn sie die Gastfreundschaft zu sehr strapazierten.
Nicht, dass die Shimatze vorbehaltlos vertrauenselig waren. Es gab einen Grund, weshalb Tomoe den Empfang leitete - ihr Bruder war im Herrschaftssitz geblieben. So konnten sich die Söldner in ausreichender Art und Weise geehrt fühlen, doch die Herrscher von Numki benahmen sich nicht unterwürfig. Und der Erbe der Welt war in Sicherheit, sollte wieder Erwartens doch etwas...Unerfreuliches...geschehen. Alles in allem war Tomoe als Regentin entbehrlich, ihr Bruder als eigentlicher Erbe war es nicht.

Inzwischen war das Söldnerschiff sicher gelandet. Es ruhte auf massiven Stützstreben und wirkte angesichts seiner kolossalen Ausmaße fast unbezwingbar. Allerdings war ein Overlord nicht sehr schwer bewaffnet und am Boden wie in der Luft ein vergleichbar empfindliches Ziel.
Anatoli fragte sich in einem müßigen wenngleich vergnüglichen Moment, ob die Männer und Frauen an Bord des Landers EBENFALLS nervös und verunsichert waren. Die Shimatze mochten sich für ein geradezu ziviles Empfangskomitee entschieden haben - er selber hatte freilich nicht vor, ein ähnlich ,ziviles' Profil zu wahren wie seine Gastgeber. Man war so zuvorkommend gewesen, ihm freie Hand zu lassen. Das mochte Berechnung sein - so konnten die Shimatze vermeiden, die Söldner direkt zu brüskieren, aber Anatoli hatte nicht vor, sich die Gelegenheit entgehen zu lassen, Pflöcke einzuschlagen. Und deshalb war er persönlich zwar zu Fuß und in kuritanischer Galauniform - wenn auch nicht ohne Waffen - anwesend. Doch am Rande des vorgesehenen Landeplatzes war seine komplette Sturmklasse-Lanze aufgereiht, mehr als 300 Tonnen Tod und Vernichtung, geschmückt mit dem Pferde-Mon der Odaga. Die Mechs, die die Höllenhunde begleiten sollten - vorgeblich als Eskorte, tatsächlich aber als Überwachung. Sein eigener Mech, eine Galeere-A, wurde gegenwärtig von seinem Leib-Tech gesteuert, einem Veteranen, der die Maschine vielleicht nicht bis zur Perfektion beherrschte, aber sie doch akzeptabel bewegen und einsetzen konnte. Der Umstand, dass es sich um einen Omni handelte, machte so einen Pilotenwechsel erheblich einfacher.

Die Söldner konnten ihrerseits natürlich im Moment ebenfalls nicht zu martialisch auftreten. Schließlich waren sie weder eine Garnisons- noch eine Besatzungsstreitmacht, sondern standen in Diensten einer vorgeblich neutralen Partei, die auf den Welten des Kombinats außerhalb ihrer exterritorialen Enklaven nur äußerst begrenzte Befugnisse hatte. Hätten sie ihre nach Diesel stinkenden Panzer die Rampe herunterrollen lassen, während die Regentin der Shimatze auf sie wartete, hätte das leicht als schwere Kränkung oder Beweis der Feigheit verstanden werden können. Sie hätten sich bestenfalls einfach nur lächerlich gemacht - die vier angetretenen überschweren Mechs hin oder her.
Und tatsächlich, die fünf Personen - alles Männer - die das Schiff zuerst verließen, trugen keine Gefechtsanzüge, sondern Galauniformen. Hinter ihnen kamen einige Soldaten als formelle Ehrenwache - sie machten freilich einen wesentlich weniger perfekten Eindruck als die Wachkompanie der Shimatze.
Nichts desto trotz musste Anatoli seine Wut unterdrücken, als die Neuankömmlinge näher kamen. Das lag zum einen an den Uniformen und Abzeichen. Es handelte sich nämlich um nicht weniger als einen Major und drei Captains. Das war ja an und für sich nicht ungewöhnlich, schließlich waren die Höllenhunde ein verstärktes Bataillon. Aber natürlich hatten die wenigsten von ihnen sich ihren augenblicklichen Rang in einer regulären Streitmacht verdient, und sei es nur eine planetare Miliz. Vor allem aber, er wusste genau, wer der Kommandeur der Truppe war - schließlich hatte er die verfügbaren Dossiers über die Offiziere, Einsätze und Struktur der Söldner praktisch auswendig gelernt. Dieser Manfred Scharnhorst hatte es bis 3063/64, in seinem 38. Lebensjahr, gerade einmal zum First Lieutenant und Lanzenführer bei den neu gegründeten Chevaliers gebracht, nachdem er sich bei den Skye-Jägern davongemacht hatte. Schon das war keine Empfehlung. Anatoli hatte keine Vorurteile gegen Kriegswaisen oder Leute, die sich von unten hochdienen mussten, aber gleichgültig ob dieser Scharnhorst den Lyraner gegenüber loyal gewesen war oder sich einfach aus der Verantwortung gestohlen hatte als sein Heimatland von Bürgerkrieg zerrissen wurde - nichts davon sprach für ihn, jedenfalls in den Augen eines Kuritaners. Als Chevalier der ersten Stunde hatte Scharnhorst zudem großen Anteil am Mord an Anatoli Kenda und dessen Männern gehabt. Dass er in wenigen Jahren vom Lanzenkommandeur bis zum Bataillonschef einer autonomen Einheit aufgestiegen war, bewies wohl eher die zweifelhaften Beförderungspraktiken der Mietlinge als eine überragende Begabung - von der er immerhin in den Reihen der Lyraner in gut zwei Jahrzehnten nichts gezeigt hatte. Er war sicher ein guter Krieger, aber als Soldat wohl bestenfalls etwas über Durchschnitt.

All das ging Anatoli Tanigaki durch den Kopf, doch er achtete sorgsam darauf, dass sich diese Gedanken nicht in seiner Miene widerspiegelten. Er hatte nicht vor, den Kommandeuren der Söldner Herzlichkeit vorzugaukeln, aber wie sehr er sie in Wahrheit verabscheute und ihnen misstraute, dass blieb besser sein Geheimnis. Nicht, dass er sich Hoffnungen machte, einen von ihnen überzeugen oder bestechen zu können. Die mittleren und niederen Dienstränge und der Tross waren da meist...zugänglicher. Ärmer, verzweifelter - ambitionierter. Aber so etwas musste sorgfältig geplant und behutsam in Gang gesetzt werden. Nicht nur Rache war ein Gericht, das am besten kalt serviert und genossen wurde.
Für den Moment reihte er sich - wie es sich gehörte - hinter Tomoe als Regentin von Numki ein, als es darum ging, die Söldner zu begrüßen. Seine Zeit würde kommen.

Palast der Odaga, Stadt Iga, Provinz Iga, Planet Numki, Draconis-Kombinat
Einige Zeit später

Manfred Scharnhorst hatte in seinem Leben - inzwischen gut 42 Jahre - schon einiges erlebt. Allerdings eher auf dem Schlachtfeld als auf dem höfischen Parkett oder in den mitunter eisigen Höhen der Politik, und dieser Umstand sorgte dafür, dass er sich momentan etwas unbehaglich fühlte. Er hatte einige Erfahrungen sammeln können, seitdem er die Höllenhunde kommandierte, aber trotz allem war er als Kommandeur noch recht "jung" und musste befürchten, dass ihm Feinheiten entgingen oder er sie falsch verstand.
Die Begrüßung auf Numki war durchaus zuvorkommend zu nennen. Die amtierende Regentin hatte zwar nur eine kurze Ansprache gehalten, aber ihre Worte waren freundlich gewesen - und in Englisch gesprochen, so dass er und seine Untergebenen sich direkt angesprochen fühlen konnten. Schon das war eine Höflichkeit, die viele höherrangige Kuritaner bewusst vermieden, schaffte doch ein Dolmetscher zusätzliche Distanz zwischen ihnen und den fremdländischen Barbaren, dem gemeinen Volk. Selbst als Bataillonskommandeur einer Söldnereinheit erhielt man selten Vorschusslorbeeren von der de facto Herrin über einige Millionen Menschen. Und der anschließende Empfang, an dem einige Vertreter der Oberschicht des Planeten teilgenommen hatten, hielt zwar nicht annähernd mit den Feierlichkeiten mit, von denen einige seiner Kameraden in den lyranischen Streitkräften geschwärmt hatten - ob nun Tharkad oder Skye der Sehnsuchtsort war. Aber auch ein deutlich bescheidener Rahmen gehörte nicht gerade zum Söldneralltag, wenn man nicht ein Regiment oder dergleichen kommandierte. Von der bekannten kuritanischen Ablehnung gegenüber Ausländern und Söldnern - und besonders ausländischen Söldnern - war nicht viel zu merken gewesen.
Natürlich war er nicht naiv. Die Shimatze verfolgten mit Sicherheit ihre eigenen Ziele - sei es, dass sie sich einfach mit Com Star gutstellen wollten, dessen Söldner als potentielle Verbündete sahen, Unterstützung für eine dauerhafte Stationierung zusätzlicher Truppen wünschten oder gar von eigenen Verfehlungen und Intrigen ablenken wollten, FALLS sie hinter den Angriffen steckten - was genau diese waren ließ sich unmöglich sagen. Aber es war schwer, die professionelle Distanz zu wahren, wenn man ausnahmsweise einmal nicht wie ein Dienstbote oder besserer Straßenschläger behandelt wurde.

Im Anschluss an den Empfang war die Atmosphäre freilich schnell dienstlich geworden. Manfred, seine Vize, Captain Andre Laine von der Infanterie, und der Kommandeur der Jäger, Captain Bligh Ross, waren die einzigen Höllenhunde, die an der Besprechung teilnehmen durften. Die Shimatze waren höflich aber unnachgiebig gewesen - und gegen Geheimhaltung ließ sich ja auch wenig sagen. Auch sonst war die Runde überschaubar. Einen eigenen Vertreter Com Stars gab es nicht - das sollten die Höllenhunde übernehmen - und auch niemanden, der direkt für die VSDK sprach. Was ja, wie Manfred wusste, einer der Beschwerdepunkte der Lokaladligen war - das in ihren Augen mangelnde Eingreifen der regulären Streitkräfte. Die Versammlung schloss aber auch ein Paar Leibwächter in Gefechtsrüstungen ein. Die Gastgeber schienen auf Nummer sicher gehen zu wollen. Die Frage war, ob sich das nur, in erster Linie oder aber nur beiläufig auch gegen seine Leute richtete.
Bereits der Auftakt des Treffens verlief nicht ohne Spannungen. Der Vertreter von Haus Odaga - Tai-i Anatoli Tanigaki - hielt mit seinen Zweifeln nicht hinter den Berg. Er hatte sich während des Empfangs sehr zugeknöpft verhalten, und der Grund wurde nun offensichtlich:
"Ehe wir zu den Details kommen, möchte ich doch gerne erfahren, wieso die Ermittlungen Com Stars sich zunächst auf das Kombinat konzentrieren. Mal abgesehen von Bequemlichkeitsgründen - und die sollten NIE den Ausschlag geben. Ich kann nämlich nicht recht nachvollziehen, wie man glaubt, Sie könnten hier Dinge herausfinden, die unsere Ermittler nicht bereits bemerkt haben. Sie sind Söldner, keine Forensiker oder Analysten. Um eine vernünftige Verstärkung unserer Garnisonen zu bilden, sind Sie zu schwach, vor allem wenn man bedenkt wie flexibel die Angreifer vorgehen. Ihre Panzer können ja maximal ein paar Ziele auf dem Planeten beschützen, auf dem sie gerade sind. Und vier Jäger sind zwar wertvoll - aber nach allem was wir wissen haben die Müllgeburten ihre Aufklärung so weit verbessert, dass sie in etwa wissen, wer welchen Planeten verteidigt. Sie werden also kaum vor die Mündungen Ihrer Kampfflieger spazieren."
Manfred sah sich genötigt zu widersprechen, wiewohl er nicht unbedingt gewillt war, für die Claner als Prügelknabe herzuhalten: "Wir sollen klären, ob es sich wirklich um Claner handelt, ehe wir das als gesetzt hinnehmen, und wenn ja, um welche. Eine Geisterbärenaktion mag Ihnen naheliegend erscheinen. Es können aber auch Schwarzkastler sein, Angehörige eines anderen Clans, die nur den Anschein erwecken wollen, es handele sich um Geisterbären - oder gar um FIS-Truppen, die dieses Ziel haben."
Der Kuritaner lachte bellend: "Ein schönes Märchen! Spielen Sie gerade das Sprachrohr ihrer kuttentragenden Herren, oder haben sich das ihre Clan-,Freunde' ausgedacht? In beiden Fällen wissen wir ja wohl, was von Worten aus solcher Quelle zu halten ist."
Com Star hatte in der Tat ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem. Die Politik der Organisation während der ursprünglichen Invasion der Claner wie auch die langjährige Verheimlichung der Vorläufer der Com Guards war bei vielen Adligen und Militärs unvergessen. Und den Clans traute man natürlich erst recht nicht.

Während Manfred noch überlegte, wie scharf er Kontra geben sollte, mischte sich der junge Shimatze-Lord ein: "Tai-i Tanigaki, ich verstehe Ihre Bedenken und teile sie zumindest partiell. Wir sollten aber nicht vergessen, dass unsere Gäste nur Befehle ausführen. Und je schneller wir unsere Erkenntnisse präsentieren, desto schneller können sie sich von der Richtigkeit unserer Analysen überzeugen und den eigentlichen Schuldigen stellen." Anatoli neigte den Kopf - eine Entschuldigung von dem Gastgeber, NICHT gegenüber den Höllenhunden.
Der junge Lord von Numki legte das Haupt schief, als er fortfuhr: "Ich muss aber dem Tai-i beipflichten. Die Struktur der Höllenhunde erscheint mir nicht optimal für das Aufgabenprofil. Ihre schweren Panzer sind zu unbeweglich den Gegner zu stellen, schließlich ist selbst das schwerste bisher beobachtete Modell in der Lage 85 Kilometer in der Stunde zurückzulegen. Ihre leichten Maschinen wären im Verbund mit den Kampffliegern vermutlich in der Lage, die Angreifer zu stellen, aber auch das vor allem im offenen Gelände, und dies würde voraussichtlich einige Verluste an Mensch und Personal bedeuten. Immerhin hat der Gegner auch Elementare - und was wir bisher erlebte haben, vor allem was der Tai-i uns zu berichten hatte, lässt vermuten, dass der gegnerische Kommandeur seine Mittel einzusetzen weiß. Infernoraketen, Hafthohlladungen...zwei, drei Strahle Elementare könnten leicht mehrere Ihrer Panzer beschädigen oder gar zerstören."
Manfred hatte genickt: "Da habt Ihr zweifellos recht, mein Lord. Aber gerade deshalb eignen sich die Höllenhunde gut, denn wir haben gewisse Erfahrung im Kampf gegen mit Clan-Technik ausgerüstete, bewegliche Feinde."
Der Tai-i hatte ihm einen giftigen Blick zugeworfen - richtig, der Kampf gegen Kendas Ronin würde ihm hier wenig Bewunderung bringen - sich aber erst einmal zurückgehalten.

Nach diesem Auftakt hatte der Kommandeur der Haustruppen Numkis übernommen. Er hatte zusammengefasst, was über den gescheiterten Angriff auf Numki bekannt war. Das war nicht viel, doch offenbar hatte man vor Ort sehr genau hingeschaut. Die Kuritaner hatten nicht nur die Sensoraufzeichnungen zu den feindlichen Truppen analysiert, die freilich durch feindliche Störsender teilweise arg verzerrt wurden, sondern auch die Fußspuren der Mechs - ein Sprinter, ein Geier und zwei Libellen. Sie hatten darüber hinaus jeden Fetzen Panzerung und die Bestandteile von zwei Elementarrüstungen gründlich analysiert, die sie gefunden hatten: "So etwas wie eine Einheitskennung oder Seriennummer fehlt - ich gehe davon aus, dass die Angreifer ohnehin dergleichen entfernt haben. Die Farbgebung ist unspezifisch und eher an das Zielgelände angepasst, als einer bestimmten Einheit zuzurechnen. Auch die Tarnfarbe ist nichts besonderes - wurde aber vermutlich in der Besatzungszone produziert, denn die Zusammensetzung entspricht Produkten der ehemaligen FRR. Sowohl Panzerung als auch die Reste der Gefechtsanzüge zeigten gewisse Abnutzungserscheinungen, wie sie eher typisch für Einheiten ,verbrauchter' älterer Krieger sein dürften." Bei dem folgenden Vortrag musste Manfred sich bemühen, um seine partielle Unkenntnis nicht zu deutlich zu zeigen - der Offizier hielt einen kurzen Vortrag darüber, wie man die Blutspuren analysiert hatte, die an den Elementar-Panzerungsteilen hafteten. Worte wie Genmarker, Sequenzierung, Fremd-DNA-Kontamination und Teildenaturierung gehörten nicht gerade zum Erfahrungsschatz eines Söldneroffiziers. Entweder die Kuritaner waren gebildeter als er gedacht hatte, oder jemand hatte diesen Sho-sa Toyonori Maeda gründlich gebrieft.
"Eine Zuordnung zu einer Einzelperson war deshalb unmöglich - das Blut war teilkontaminiert durch den Medikamentencocktail, den die Anzüge abgeben. Aber wir konnten genügend Genmarker finden, um durch Kreuzabgleiche mit den Datenbanken des Kombinats das Blut zwei Blutlinien der Geisterbären-Elementare zuzuordnen - Kabrinski und Vong."

An diesem Punkt übernahm Tai-i Anatoli Tanigaki. Er sprach frei, hatte die Details offenbar vollständig verinnerlicht. Da er gut eine Stunde brauchte, ohne sich zu wiederholen oder weitschweifige Nichtigkeiten von sich zu geben, musste er sich gut vorbereitet haben, und hatte zweifelsohne eine exzellente Ausbildung genossen, was seinen analytischen Sachverstand anging. Er skizzierte detailliert und kenntnisreich die drei Angriffe, die Darius getroffen hatten. Zudem präsentierte er einige Datenträger - sie sollten Sensoraufzeichnungen der Truppen enthalten, die mit den Angreifern im Gefecht gestanden hatten, aber auch Aussagen von zivilen und militärischen Augenzeugen. Er griff auch auf einige Analysen zurück, die Dinge wie die Trefferquoten der gegnerischen Soldaten auflisteten - Hinweise, dass es sich um Elitepiloten handelte, wie von Clanern zu erwarten war. Anatoli betonte ausdrücklich, welche erheblichen Schäden das Haus seines Herren erlitten hatte. Vor allem aber wagte er abschließend eine weitergehende Analyse: "Ungeachtet dessen, was Sie oder Com Star - geschweige denn die Geisterbären - behaupten, scheint folgendes klar: es handelt sich hier nicht nur um den Überfall einer kleinen Piratenbande. Dafür waren die Überfälle viel zu gut geplant. Claner sind vielleicht exzellente Kämpfer - Schwarzkastler übrigens weit weniger, da es sich dabei ja oft um Gescheiterte handelt - aber selbst ,erfolgreiche' Kanistergeburten sind meistens miserable Planer, was Fragen der Aufklärung jenseits des Offensichtlichen angeht. Sie sind gut darin, andere zu überwältigen, nicht sie zu überlisten. Das ist hier anders. Die Angreifer beherrschen ihre Maschinen und Waffen UND wissen fast immer genau, wer wann wo zu finden ist, wie sie ihr Ziel erreichen und von dort wieder verschwinden können, von wo Verstärkung kommen kann, welches Tarnmuster für das Zielgebiet am besten geeignet, welche Konfiguration ihrer Mechs die sinnvollste ist. Aber wir alle wissen ja, dass die verdammten Besatzer dazulernen, je länger sie Kontakt mit zivilisierten Menschen haben."
Manche hätten das vielleicht als Sarkasmus verstanden - immerhin hatte sich die Innere Sphäre die letzten zweihundert Jahre ebenso leidenschaftlich dezimiert wie die Kerensky-Brut untereinander. Aber er meinte es offenbar ernst.

"Interessant ist, dass zwar die Zusammensetzung der feindlichen Einheit eine geringe Stärke und ein Fehlen an Reserven suggeriert. Es waren nach unseren Analysen niemals mehr als vier bis sechs Mechs, höchstens zwei davon schwer, und vielleicht anderthalb bis zweieinhalb Dutzend Elementare sowie ein paar Techs und dergleichen. Aber wir haben die Fußspuren der Mechs analysiert, die Aufnahmen abgeglichen - und unsere Untersuchungen belegen, dass der Gegner offenbar seine Maschinen austauschen kann. Die wechselnde Position von Antennen, die Muster von ausgebesserten Panzerungsschäden, Details bei der Trittspuren, die Tarnbemalung, Funkverhaltensanalysen was die Frequenz des Sprechfunks angeht - kleinste Details, die dem unbedarften Auge entgehen müssen - beweisen, dass der Feind seine Maschinen und Männer rotieren lassen kann. Und da liegt nahe, dass jemand mit reichlich Ressourcen dahintersteckt. Jemand, der dicht genug von den Angriffszielen operiert, dass er mit wenigen Sprüngen zuschlagen kann. Der genau über uns Bescheid weiß."
Er schnaubte verächtlich: "Sie können sich das Material natürlich gerne anschauen, wenn Sie denken, sie wären so viel klüger als wir. Es mag ja sein, das dahinter ein geheimnisvolles Superhirn, ein mysteriöser Meisterverbrecher steckt. Eine gigantische Verschwörung von irgendjemanden in der Inneren Sphäre. Aber ich halte diese Vorstellung für abwegig. Ich bin kein Autor von Märchen, sondern Soldat und, im Rahmen meiner Fähigkeiten, Verwalter und Politiker. Und meine Erfahrung hat mich gelehrt, die naheliegende und logische Erklärung ist in neun von zehn, in 99 von 100 Fällen auch die richtige. Wenn der Angreifer Maschinen der Geisterbären verwendet, ihre Taktiken benutzt, wenn er offenkundig aus Positionen operiert, die nicht weiter entfernt sein können als die Geisterbären-Besatzungszone - soviel zur Idee, andere Claner würden dahinterstecken, und eine Operation unter den Augen der ISA von Kombinatgebiet aus wäre viel zu riskant - dann gebietet es der gesunde Menschenverstand, dass dahinter auch tatsächlich Geisterbären stecken. Die Geisterbären sind die einzige logische Erklärung - und Ausmaß an Ressourcen und Planung legt nahe, dass es mehr als ein paar abgehalfterte Krieger oder ehrgeizige Jungspunde sind, die auf eigene Faust agieren. Das ist ein heimtückischer Terrorkrieg um die Verteidiger des Kombinats zu schwächen und um sie zu testen. Das Vertrauen der Bevölkerung in die VSDK und in ihre Herrscher zu untergraben. Und man muss darauf reagieren - nicht nur gegen die Handlanger, sondern auch gegen die Drahtzieher! Nicht einfach nur wie ein einbeiniger Bettler ihrer Spur der Zerstörung hinterher humpeln!"

Manfred hatte in etwa mit so einem Appell gerechnet. Man hatte ihn vorgewarnt, dass die Odaga ob der Untätigkeit Com Stars und der VSDK - und der nonchalanten Dementis der Geisterbären - Gift und Galle spuckten. Das Hauptproblem war, wie er darauf reagierte, ohne die Kuritaner zu sehr zu vergrätzen. Immer mal vorausgesetzt, sie steckten nicht selber dahinter, brauchte er ihre Unterstützung. Com Star hatte hier wenig zu sagen, zumal die wenigsten Welten so weit "draußen" über eine HPG-Station verfügten, und der Orden konnte vor allem gar nicht die Logistik aufbieten, um seine Einheit zu versorgen. Die Unterstützung aus Luthien waren erst einmal nur Worte, und so lange die örtlichen Akteure den Bogen nicht überspannte, konnten sie ihn und seine Männer am ausgestreckten Arm verhungern lassen oder sinnlos im Kreis herum schicken. Andererseits durfte er auch nicht seinen Auftrag vergessen, und der gebot gehöriges Misstrauen gegenüber Odaga und Shimatze - wie auch gegenüber den Geisterbären.
"Wir werden uns das Material natürlich genau anschauen, dass Sie zusammengestellt haben, und Ihre Analysen und Einschätzungen umfassend berücksichtigen. Und ich bin sicher, bei unserem Besuch auf Darius bietet sich die Gelegenheit, eventuell auch noch einige zusätzliche Überprüfungen vorzunehmen. Davon ausgehend werde ich - in Abstimmung mit meinen Auftraggebern und mit dem Segen der Kombinats - über unsere weiteren Schritte entscheiden. Ich verstehe Ihre Argumentation, dass die wahrscheinlichste Erklärung meist die richtige ist und muss Ihnen sagen, Tai-i, dass ich dies auch selbst schon erlebt habe. Aber, und auch das hat meine Erfahrung oft bestätigt, ist eine genauso wichtige Frage die nach dem Motiv. Welches Motiv hätten Solahma, mit möglichst guter Aufklärung möglichst wenig Verluste zu haben? Und was wäre das Motiv von Schwarzkastlern? Einen Krieg zu provozieren? Große Beute zu machen? Die Frage nach dem Motiv birgt oft auch die Antwort auf die Täter.""

Der Tai-i starrte ihn düster an. Seine Hand trommelte auf den Griff seines Katanas - wohl kaum zufällig. Immerhin konnte man die Worte des Söldners so verstehen, dass er den Einschätzungen der Odaga nicht traute. Was ja auch den Tatsachen entsprach.
Doch ehe er einen - vermutlich scharfe - Antwort geben konnte, schaltete sich Tomoe Shimatze ein: "Ich verstehe natürlich nicht so viel von Kriegsführung, aber eine gründliche Prüfung der von Odaga und Shimatze gesammelten Informationen durch die Höllenhunde schadet nicht und könnte durchaus von Vorteil sein. Ein fremdes Paar Augen sieht manchmal Dinge, die einem selber entgehen - zugleich sollte man aber auch den Wert der Erfahrung und die schmerzlichen Opfer derer nicht ignorieren, die besonders unter den Angriffen der...Piraten...gelitten haben."
Der Tai-i entspannte sich etwas. Zweifelsohne lag ihm an der Meinung der Shimatze über sein Verhalten wesentlich mehr, als am Urteil der Höllenhunde.
Die Lady fuhr fort: "Ich gebe meinem geschätzten Gast von Darius aber Recht. Auch unsere Analysten sind zur Ansicht gekommen, dass die Beteiligung von Clanern - sehr wahrscheinlich Geisterbären - die bei weitem plausibelste ist. Bei jedem der geglückten Angriffe wurde auch gezielt Beute gemacht, deshalb ist auch ein...ökonomisches Motiv, eine Mitwirkung von Clanbanditen nicht auszuschließen. Zudem - auch Solahma-Soldaten werfen ihr Leben nicht immer weg, sondern könnten versucht sein, durch wiederholte harte Schläge gegen das Kombinat ihre Ehre in den Augen der regulären Verbände wiederherzustellen. Viel hängt von der Weitsicht ihres Kommandanten ab, und wer immer er ist - er ist offenbar ein fähiger Gegner. Aber dies einzuschätzen ist, wie gesagt, Sache der Militärs." Sie nickte dem Sho-sa zu.

Der altgediente Offizier räusperte sich. Möglicherweise hatte auch er leichte Probleme, ausländische Söldner als ebenbürtige Gesprächspartner zu akzeptieren, doch wenn er Ressentiments verspürte, kaschierte er sie weit besser als Tai-i Tanigaki.
"Wir müssen zudem konstatieren, dass sich die Kapazitäten der Clans in Bezug auf verdeckte Kriegsführung und Aufklärung in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, gerade bei den Bären. Durch die Integration von Bewohnern der FRR - begrenzt auch des Kombinats beziehungsweise kuritanischen Leibeigenen - hat sich die Clanwacht der Geisterbären von einem eher marginalen Akteur zu einem vergleichsweise fähigen Nachrichtendient entwickelt. Wir schätzen ihre Fähigkeiten als etwa so groß ein wie unsere planetaren Verbände - mit der ISA oder den Agenturen anderer großer Häuser können sie natürlich nicht mithalten. Sollten nicht etwa nur kriegslüsternde Teile der Geisterbären dahinterstecken..." Offenbar war man auf Numki etwas zurückhaltender, einen systematischen Angriff des GANZEN Clans zu unterstellen... "wäre dies eine Erklärung, warum die nachrichtendienstliche Unterstützung der Überfalle für Claner so untypisch gut organisiert ist. Wie meine Lady andeutet, gibt es in der Tat belastende Hinweise über die bereits sehr aussagekräftigen Hinweise hinaus, die wir während des fehlgeschlagenen Angriffs auf Numki gewinnen konnten. Vor wenigen Wochen zerschlugen unsere Polizeikräfte einen lokalen Schmugglerring, der tief in den Handel mit Biomaterial von Sulafat - und einigen Gütern hier auf Numki - verwickelt war. Dabei kam zutage, dass der Anführer offenbar erst kürzlich Besuch von zwei Personen erhalten hatte, die von den Augenzeugen mit hoher Wahrscheinlichkeit als Claner identifiziert wurden. Wenn Sie wünschen, können Sie das Material dazu einsehen.
Leider haben wir nur mittelmäßige Beschreibungen dieser ,Besucher', ihre An- und Abreise muss sich getarnt in Frachtschiffen vollzogen haben, oder sie haben sich verkleidet und falsche ID's genutzt. Wir müssen davon ausgehen, dass sie uns bereits entwischt sind. Wir konnten immerhin einen Teil des Datenmaterials auswerten, das sie hiergelassen haben, eine Art Wunschliste, die eigentlich zur Vernichtung vorgesehen war - doch anscheinend wollte der Schmugglerchef sich absichern. Bei diesem Gesindel weiß man nie, wann es zusammenarbeitet, und wann es sich betrügen will. Die Claner waren alles andere als sorglos - ein Gutteil der Daten fiel einer in den Code eingebetteten digitalen Bombe zum Opfer. Aber wir haben einiges dechiffrieren können, und arbeiten an dem Rest. Das Problem ist, dass das Material teilweise einen variablen Code verwendet - vermutlich eine zusätzliche Sicherung. Wenn Sie wünschen, können sie auch ihr Glück versuchen." Der Gesichtsausdruck des Offiziers deutete freilich an, dass er nicht damit rechnete, die Söldner würden viel Erfolg haben. Damit hatte er nicht Unrecht, schließlich verfügte selbst eine Welt mit so "wenig" Einwohnern wie Numki über weit bessere Ressourcen als ein Söldnerbataillon.
"Es handelt sich offenbar um zum Teil sehr detaillierte Anfragen zu Patrouillerouten, der Verteilung von Streitkräften, von potentiellen Zielen - aber auch Fragen zum Terrain, Bodenbeschaffenheit, sogar eine Bitte um Bildmaterial. Was wir entschlüsseln konnten, bezog sich zum Teil auf Numki, doch es scheint, als ob ein Teil des Materials sich auch auf Sulafat konzentriert. Und die Besucher haben offenbar eine Anzahlung in Form von Perlen von Sulafat geleistet. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass sie etwa mit Terroristen oder Kriminellen auf dieser Welt bei der Planung künftiger Angriffe zusammenarbeiten."
Er straffte sich: "Möglicherweise, Manfred-sama, bietet Ihnen das die Gelegenheit, den Angreifern auf die Spur zu kommen und ihr nächstes Angriffsziel einzugrenzen - und der Sache ein für allemal ein Ende zu bereiten."

Ende
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Thorsten Kerensky
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Bjarred, Präfektur Bjarred, Militärdistrikt Pesht, Drakonis Kombinat
Landungsschiff Boreas
27. Mai 3067, 12:00 Uhr

Söldnereinheiten waren theoretisch reichlich simple Konstrukte. Der Eigentümer war in der Regel gleichzeitig auch der militärische Anführer und stand im Zweifel als höchste Instanz über allen Dingen. So hatten es unzählige Einheiten in der Geschichte gehandhabt und so hatte auch Germaine Danton seine Truppe geführt.
Die Kommandostruktur der Chevaliers hatte sich in den letzten Monaten stark verändert. Sie war professioneller geworden, differenzierter, effektiver – und vor allem weiblicher. Wenn der Regimentsstab ein Arbeitstreffen hatte, also ohne den kommandierenden Offizier zusammentrat, dann war es eine reine Frauenrunde.
Lieutenant Colonel Juliette Harris, die Herrin über das Personal und Chefin des Stabes war schon seit Beginn der Einheit dabei. Major Jara Fokker, zuständig für die Sicherheit und gleichzeitig aktuelle Besitzerin der Söldnertruppe, blickte ebenfalls bereits auf eine längere und vor allem sehr intensive Zeit bei den Chevaliers zurück. Neu war hingegen Captain Jessica Stuart, die Hüterin des Nachschubs, auch wenn sie sich mittlerweile in die Routinen eingearbeitet hatte und langsam begann, die Logistik des Regimentes nach ihren Vorstellungen zu entwickeln.
Diesmal war das Trio, das hinter vorgehaltener Hand den Spitznamen „Triple-J“ bekommen hatte, allerdings nicht gänzlich unter sich. Aus Harris Bereich saß Father O’Hierlihy mit am Tisch des kleinen Besprechungsraums an Bord der Boreas und Stuart wurde von Oberfeldarzt Hans Fleischer begleitet. Lediglich Fokker hatte niemanden aus ihrem Stabsbereich dabei. Das war allerdings auch kaum verwunderlich, galt die junge Offizierin doch als ausgesprochene Perfektionistin, die sich um sämtliche Aufgaben am liebsten persönlich kümmerte.
Zu sechst waren sie dennoch, denn Lieutenant Colonel Estelle McAllister, stellvertretende Regimentskommandeurin, hatte sich zu ihnen gesellt. Das pflegte sie gelegentlich zu tun, um in die Führungsprozesse eingebunden zu sein. Sie versprach sich davon im Fall der Fälle, sollte Copeland ausfallen, ohne große Verzögerung die Führung übernehmen und sinnvoll ausüben zu können.
Harris und Fokker hatten ihre Berichte bereits abgeliefert und schauten nun gebannt zu Stuart, die heute für das zentrale Thema zuständig war.
„Wir haben die ersten Lieferungen an Versorgungsgütern aufgenommen“, begann sie mit fester Stimme. Grundsätzlich war sie zwar immer noch etwas eingeschüchtert und unsicher in Gegenwart der ranghöheren Offiziere, aber hier ging es um ihr Fachgebiet und hier bewegte sie sich auf vertrautem Grund. Sie kannte den Versorgungsstand des gesamten Regimentes, sie wusste, wo Material fehlte, wo es zu viel war und welche Probleme es mit der Logistik gab.
„Überwiegend ist die Qualität akzeptabel und das Material weitestgehend vollständig geliefert worden. Es gibt aber einige Probleme und Unregelmäßigkeiten. Da ist zum einen das Problem mit den militärischen Gütern: Wir haben mittlerweile zwar fast die gesamte Munition geliefert bekommen, aber eben nur fast. Und unsere Möglichkeiten, an den nächsten Stationen Nachschub zu bekommen, sind begrenzt. Das heißt, wir gehen mit relativ wenigen Raketen in den Einsatz. Besser sieht es bei der Munition für die Autokanonen aus. Panzerung, Myomere und Elektronik sind weitere Felder, auf denen wir uns keinen hohen Verschleiß leisten können.“
„Wenigstens haben wir genug Kühlmittel“, warf Fokker ein, während sie die Augen verdrehte, als sie an die chaotische Überbestellung dachte, die sie mitverantwortet hatte. „Ich werde Germaine nahelegen, dass es gewisse Industriezweige gibt, die wir auf Wayside ansiedeln sollten.“
„Das ist nicht das Schlimmste“, fuhr Stuart fort. „Bei den militärischen Gütern gehe ich davon aus, dass lediglich das Material zurückgehalten wurde, dass andere Einheiten tatsächlich brauchen. Bei den nicht-militärischen Gütern gibt es… Auffälligkeiten, die eigentlich kein Zufall sein können.“
„Was genau?“, hakte McAllister nach.
„Ich habe mal zusammengetragen, was wir gar nicht oder nur in unzureichenden Mengen oder abgelaufenen Chargen bekommen haben. Das sind größtenteils Reinigungsmittel, Gewürze, Hygieneartikel, Kondome und verschiedene Medikamente, vor allem S-Detox, SediMed und Kontra-Plus.“
Die Gruppe bestand aus einem Mediziner und fünf Frauen im Militärdienst, so dass niemand nachfragen musste, was das für Medikamente waren. In den Blicken dämmerte Verständnis.
S-Detox war ein Mittel zur Bekämpfung von Vergiftungen, das aber auch sehr gut gegen die Folgen übermäßigem Alkoholkonsums wirkte. SediMed wurde als leichtes und gut verträgliches Schlafmittel verabreicht und Kontra-Plus war ein Vitamin- und Hormoncocktail, der sehr wirksam den weiblichen Zyklus regulierte und gleichzeitig eine durchgängige Einsatzbereitschaft garantierte sowie eine sichere Verhütungsmethode darstellte, während er darüber hinaus eine annähernde Immunisierung gegen die meisten Geschlechtskrankheiten bot*.
„Das heißt, wir stehen vor dem mehr oder weniger eleganten Versuch, unsere Einsatzmoral zu untergraben“, stellte Fokker nüchtern fest. „Das Bild einer ungewaschenen, verkaterten und sexuell unkontrollierbaren Söldnertruppe passt vermutlich ganz gut ins Konzept mancher Kräfte als die Chevaliers es bisher taten.“
„Wir basteln uns eine Legende“, stimmte Harris zu.
„Vermutlich gibt es noch eine weitere Komponente“, schaltete McAllister sich ein. „Je schlechter das öffentliche Bild ist, das die Chevaliers abgegeben, desto unwirksamer wird unsere PR-Kampagne rund um unsere Anführerin. Das schädigt dann also der Einheit, dass Major Fokker, dann Danton und schließlich den Herren von Wayside persönlich.“
„Also müssen wir dafür sorgen, dass Moral und Disziplin nicht untergraben werden“, brachte es Fokker auf den Punkt. „Vorschläge?“
„Die meisten Sachen können wir bei unserem nächsten Stopp vermutlich auch spontan einkaufen. Das wird zwar teurer werden als gut für uns ist, aber wir werden wenigstens in sauberen Uniformen und gut rasiert auftreten können. Schwieriger wird es sein, die Medikamente zu bekommen.“
McAllister wollte es genauer wissen: „Schwieriger?“
„Zu akzeptablen Preisen unmöglich“, stellte Stuart klar. „Es sind zwar keine extrem seltenen Präparate, aber in ausreichenden Mengen und vernünftiger Qualität sind sie trotzdem spontan fast ausschließlich auf Hauptwelten zu bekommen. Und selbst da kann es schwierig werden, weil dort auch die Nachfrage entsprechend höher ist. Also für den vier- oder fünffachen Preis…“
„Unmöglich“, unterbrach Harris. „Selbst der doppelte Preis wäre schwierig. Wir haben keinen besonders großen finanziellen Spielraum mehr.“
„Und dann was? Alkohol- und Fraternisierungsverbot, Zapfenstreich, Yoga?“, unkte McAllister.
„Wir haben zwei Experten im Raum“, warf Fokker ein und die Blicke der vier Frauen, die bis jetzt das Gespräch dominiert hatten, gingen zu den beiden anwesenden Männern.
„Nun, aus medizinischer Sicht ist das relativ einfach“, gab Fleischer zu. „Als Arzt kann ich ohne einwandfreie Medikamentenversorgung nicht garantieren, dass ein ausschweifender Lebenswandel ohne Folgen bleibt. Meine Empfehlung ist eine Rationierung von Alkoholika, viel Sport, eine intensivere psychologische Betreuung von Soldaten mit Schlafstörungen sowie sexuelle Enthaltsamkeit oder wenigstens die vermehrte Ausgabe alternativer Verhütungsmittel wie zum Beispiel Kondome. Die sind zwar unsicherer, aber senken das Risiko ungewollter Schwangerschaften und der Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten doch deutlich. Ich nehme aber an, dass der Father eine etwas andere Sicht auf die Thematik hat.“
„In der Tat“, gab der Geistliche unumwunden zu. „Tatsache ist, dass wir eine ganze Reihe von Menschen in dieser Einheit haben, die Geselligkeit und alles, was dazugehört, als einen willkommenen Ausgleich zu ihrem hochriskanten Job betrachtet. Meiner Erfahrung nach sind dabei sogar deutlich weniger zwischenmenschliche oder menschliche Probleme bei den Chevaliers aufgetreten als man vermuten könnte, kurz: Das gelegentliche Besäufnis mit den Kameraden oder auch eine mehr oder weniger flüchtige sexuelle Erfahrung haben bisher dem Klima und der Einsatzbereitschaft eher genützt als geschadet. Diese Sachen sind auch für das Selbstverständnis und die Moral der Einheit nicht unwichtig. Die Freiheit, die sich die allermeisten Söldner auf die Fahne geschrieben haben, geht unter Uniformen, Hierarchien und Drill gelegentlich unter. Beim Trinken, Feiern und in der Liebe sehen einige aber genau diese Freiheit bewahrt. Aus meiner Erfahrung heraus könnte es problematisch sein, den Chevaliers diese… Selbstvergewisserung zu nehmen.“
„Father, Sie kennen die Chevaliers vermutlich besser als alle anderen hier“, stellte Fokker fest. „Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass Vorschriften oder Auflagen ignoriert werden würden, beziehungsweise welche Probleme sehen Sie auf uns zukommen?“
„Das ist im Einzelfall schwierig zu sagen“, räumte der Pfarrer ein. „In vergleichbaren Fällen ließ sich ein gestaffeltes Verhalten beobachten. Zuerst werden diese Grenzen akzeptiert und eingehalten. Längere Einschränkungen oder Enthaltsamkeit, vor allem in Verbindung mit mangelnden Alternativen in der Freizeitgestaltung, führen dann zu ersten Grenzübertritten. Zunächst führt das in diesem Fall vermutlich zu einem vermehrten Auftreten von sexuell übertragbaren Krankheiten, gereizter Grundstimmung, verstärktem Konsum von Alkohol und anderen Rauschmitteln und einem Absinken der Disziplin. Je länger die angespannte Situation dauert, desto stärker wird das Fehlverhalten und eher früher als später werden Dinge passieren, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Befehlsverweigerung, körperliche Auseinandersetzungen, Fehler durch Unkonzentriertheit und natürlich auch übergriffiges Verhalten, sprich alles von Nötigung bis hin zu Vergewaltigungen.“
„Bisher habe ich mir durchaus eingebildet, die Chevaliers seien eine disziplinierte und zivilisierte Einheit“, warf Fokker ein. „Meinen Sie, es wird wirklich so schlimm?“
Der Geistliche deutete ein Schulterzucken an: „Vielleicht nicht. Die Chevaliers sind eine mustergültige Einheit, vor allem für ein Söldnerregiment. Aber am Ende sind weit über eintausend Männer und Frauen unterschiedlichster Herkunft auf engstem Raum zusammengepfercht und wochenlang ohne wirkliche Ablenkung im Weltall gefangen. Auch die Chevaliers sind nur Menschen. Es gibt immer Zwischenfälle und unter solchen Strapazen werden sie häufiger und stärker werden. Ich rate daher dringend davon ab, es darauf ankommen zu lassen. Mein Vorschlag wäre, die Regeln nicht zu verschärfen, sondern auf Aufklärung zu setzen und an die Eigenverantwortung der Männer und Frauen zu appellieren. Es kann auch nicht schaden, wenn alle gegenseitig aufeinander aufpassen, damit es gar nicht erst zu Übergriffen kommt. Das gilt vor allem natürlich für die weiblichen Einheitsmitglieder.“
„Ich würde mir trotzdem mehr Sicherheit wünschen“, gab McAllister zu. „Einen Notfallplan, sozusagen.“
„Ich auch“, pflichtete Harris ihr bei. „Ich schlage vor, dass wir eine Liste erstellen mit Chevaliers, die wir… hm… besonders im Auge behalten müssen. Klassische Risikoanalyse. Leute, die bei ersten Anzeichen von Unruhe von ihren Vorgesetzten eine kürzere Leine verpasst bekommen müssen. Jara, das wäre eine Aufgabe für uns beide, oder?“
Fokker nickte: „Das stimmt. Wir müssen aber höllisch aufpassen, dass diese Liste vertraulich behandelt wird und auch den Teileinheitsführern jeweils nur die Namen zu nennen, die sie gehört haben müssen. Ich will mir nicht vorstellen, was passiert, wenn jemand rausfindet, dass er auf einer… schwarzen Liste steht. Und wenn wir das haben, dann was?“
„Ich würde mit Dr. Fleischer zusammen eine Rationierung der Medikamenten-Bestände organisieren“, schlug Stuart in ungewohnter Initiative vor. „Das müssen wir sowieso noch bei anderen Dingen tun.“
„Bei anderen Dingen?“, hakte McAllister nach. „Sagen Sie mir nicht, dass da noch mehr kommt!“
„Tut mir leid, Ma’am. Da kommt noch mehr“, musste die Logistikerin einräumen.
„Auch Medikamente?“
Stuart nickte: „Wir haben Antibiotika und Virustatika nicht im bestellten Umfang geliefert bekommen.“
Die Stoßrichtung der neuerlichen Hiobsbotschaft dämmerte allen Anwesenden, aber das Ausmaß der Misere war den Fachfremden noch nicht ganz klar. „Das heißt?“, hakte Fokker nach.
„Das heißt“, erklärte Fleischer nüchtern, „dass unsere Vorräte reichen, um ernste Erkrankungen behandeln zu können. Wir kommen aber aus einer beinahe sterilen Welt und reisen zu mindestens einem Zielplaneten, der für seinen extrem gefährlichen Dschungel bekannt ist. Wir müssen uns darauf einstellen, dass leichtere Infektionskrankheiten verstärkt in der Truppe auftreten können mit Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Gliederschmerzen, Desorientierung und so weiter. Ferner sind wir auf massives Krankheitsaufkommen – zum Beispiel bei einem Angriff mit biologischen Waffen – nicht vorbereitet. Ich gehe von einer möglichen Reduzierung der Einsatzbereitschaft von zehn bis dreißig Prozent aus. Im Extremfall vielleicht auch fünfzig Prozent oder mehr.“
„Uff“, machte Fokker. „Können wir da etwas tun?“
„Realistisch gesehen? Nein.“ Der Arzt zuckte mit den Schultern. „Die üblichen Vorsichtsmaßnahmen, natürlich. Abgekochtes Wasser, penible Hygiene, Isolation von Erkrankten und ausreichende Stärkung der Immunsysteme aller Chevaliers. Ich werde mich mit der Küche kurzschließen und das Mögliche veranlassen. Aber das hätte ich sowieso getan.“
Harris rieb sich die Schläfen und lehnte sich zurück: „Noch mehr solche Nachrichten aus Ihrem Bereich, Jessica?“
Stuart schüttelte den Kopf: „Das war erst einmal alles. Ich hoffe, dass uns auf den nächsten Stationen weniger Steine in den Weg gelegt werden.“
Fokker seufzte: „Das hoffen wir alle. Nach dem Einsatz sollten wir überlegen, wie wir uns gegen solche Angriffe besser schützen können.“
Was sie nicht aussprach – nicht aussprechen musste – war die deprimierende Tatsache, dass sie jetzt mit den Rückschlägen und Nadelstichen leben mussten und nur hoffen konnten, dass die Einheit nicht an mangelnder Versorgung zerbrach.

* Vorläufer von Kontra-Plus existierten bereits seit über eintausend Jahren im medizinischen Fundus der Inneren Sphäre und reichten bis zur „Anti-Babypille“ des 20. Jahrhunderts zurück. Nach dem Untergang des Sternenbunds mussten Medikamente dieser Art in Teilen der Inneren Sphäre als LosTech angesehen werden. Moderne Präparate fanden mit der Clan-Invasion wieder Verbreitung, da die Clans diese Medikamente als Mittel der Effizienzsteigerung betrachteten und ihren Kriegerinnen die Einnahme nahelegten. Kontra-Plus wurde seitdem in Lizenz auf den meisten größeren Welten der IS produziert, stand allerdings vor allem der Oberschicht, dem Hausmilitär und finanzstärkeren Söldnereinheiten zur Verfügung. Interessanterweise fand Steri-Plus, das vergleichbare Medikament für Männer, in der Inneren Sphäre keine nennenswerten Interessenten, während es bei den Clans ebenso verbreitete war wie Kontra-Plus.

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Die Runde, die sich in dem besten Büro der Kaserne versammelt hatte, bestand aus fünf Personen.
Es waren Major Manfred Scharnhorst, Captain Andrew Lane, Captain James Battaglini, Corporal Manfred Kleinweich und Tai-i Marcus Kurosawa.
Es war früher Abend, und drei von ihnen hatten den Tag damit verbracht, das Schlachtfeld zu sichten, auf dem Haus Shimatze die unbekannten, potentiellen Geisterbäreneinheit gestellt und zurückgeschlagen hatte. Zudem hatten sie die Trümmer inspiziert, die von den Angreifern zurückgelassen worden waren.
Das alles konzentriert und verbunden mit der holographischen Besprechung sollte nun zu einem ersten Fazit führen. Zwischen ihnen stand ein kleiner Holotisch, der von Kleinweich bedient wurde. Die Offiziere unterhielten sich lautstark über Geländedetails, über die Angriffsvektoren der Jäger, die die Clanner zusammengebombt hatten, über die Mechtypen, die eingesetzt worden waren, und, und, und. Bis Kleinweich ein Zeichen gab. „Uuund wir sind auf Endlosschleife.“
Manfred warf unwillkürlich einen Blick zur Decke, wo sie die ferngesteuerte Holomine wussten, die jedes Gespräch aufzeichnete, das in diesem Raum stattfand, gut getarnt in der Deckenlampe. Weniger gut getarnt war das draconische Schriftzeichen an der Lampe, dessen Wortlaut übersetzt „Kamera“ lautete und augenscheinlich hatte gesehen werden sollen. „Gut. Wie lange?“
„Da fragen Sie mich zu viel, Chef. Ich kann der Mine ewig vorgaukeln, dass Sie vier sich wiederholen, aber den Leuten am Monitor wird es irgendwann auffallen.“
„Wie lange, Corporal?“
„ICH gebe Ihnen acht Minuten ab jetzt maximal.“
„Gut. James, Andrew, lassen Sie in Ihren Teileinheiten durchblicken, dass wir in dieser Kaserne augenscheinlich überwacht werden. Lassen Sie auch durchblicken, dass wir es augenscheinlich entdecken sollten. Sagen Sie es allen Teileinheitsführern.“
Die beiden Männer nickten bestätigend.
„Willem, können Sie erkennen, wohin der Stream geht?“
„Es ist hochmoderne Hightech. Der Stream geht zu einer Antenne auf dem Dach, und die sendet das Signal mit Bild und Ton auf einer recht hohen Frequenz über einen Umkreis von achthundert Metern. Das schließt fast einen Wohnblock in Nachbarschaft der Kaserne ein. Und es bedeutet, dass es nicht unbedingt heißt, dass wir einen Beobachtungsposten ausheben können, würde unsere Infanterie reingehen. Eventuell gibt es nur ein weiteres Relais.“
„Jemand will also wissen, was wir hier drin sagen. Und jemand will, dass wir es auch wissen. Das müssen nicht unbedingt zwei verschiedene Personen sein“, schloss Manfred.
„Odaga vielleicht? Als Warnung? Er persönlich ist nicht gerade das, was man umgänglich nennt“, meinte Battaglini. „Der Gedanke, dass wir Anatoli Tanigaki an der Backe haben, solange wir im Draconis-Kombinat sind, macht mir diesen Sonnenschein auch nicht gerade sympathischer.“
„Sei nicht zu streng mit dem Burschen. Seine Heimat und sein Clan wurden härter getroffen als Haus Shimatze, sehr viel härter, und dann wird seinem Vater eine Bande ausländischer Söldner aufgedrückt, die einen alten Freund der Familie auf dem Gewissen hat. Meinetwegen kann er so unfreundlich zu uns sein, wie er will, solange er uns nicht schikaniert. Oder Schlimmeres.“
„Ist das jetzt nicht zu freundlich von ihm gedacht? Das Verhalten der Odagas gleicht durchaus dem von ertappten Schülern, die nun mit markiger Sprache von sich ablenken wollen“, sagte Lane. „Und der alte Odaga ist hart genug, um der Tarnung willen einen harten Preis von seinen eigenen Leuten abzufordern. Tai-i?“
Der Draconier räusperte sich. „Die ISA geht derzeit, wie in der Besprechung mit Haus Shimatze hervorgehoben, vom wahrscheinlichsten Fall aus, und das ist, dass wir es mit echten Clannern zu tun haben. Ob es sich um Schwarzkastler handelt, ob sie in Diensten eines hiesigen Adligen stehen, der die Region destabilisieren möchte, oder ob sie im Auftrag der Clanswache handeln, ist unbekannt. Die Wahrscheinlichkeiten werden allerdings unterschiedlich gewichtet.“
Battaglini schüttelte sich kurz. „Wenn Odaga wirklich so hart ist, die Verwüstungen, von denen Anatoli uns berichtet hat, in Kauf zu nehmen, um den Angriff vorzutäuschen, dann wird er dafür einen großartigen Gewinn erwarten.“
„Gut mitgedacht, James. Und was könnte dieser Gewinn sein?“
Der Panzerfahrer sah sich plötzlich Kurosawas scharfen Augen ausgesetzt. „Nun, angenommen, angenommen, Odaga hat die Angriffe selbst inszeniert, was will der Graf damit erreichen? Die wahrscheinlichste Variante wäre, dass das Kombinat doch noch Truppen freimacht, um sie auf Darius zu stationieren, und ihm damit gewährt, Haustruppen freizumachen.“
„Um was zu tun?“
„Im folgenden Krieg gegen das Geisterbärendominion zu dienen, Manfred. Du hast die Geschichte der Hauseinheit gelesen und weißt, dass Odaga immer eigene Leute bis vorne an die Front schickt.“
„Rache also? Für den getöteten Sohn des Clanchefs? Etwas, was nur möglich ist, wenn es Krieg gibt?“, sinnierte Lane.
„Dann wären die Jägerangriffe auf der anderen Seite der Grenze dazu da, die Clanner so sehr aufzustacheln, dass sie einen Konflikt dankbar annehmen, oder gar selbst eröffnen“, sagte Kurosawa. „Auch nicht gerade eine nette Variante.“
„Achtung, wir wiederholen jetzt die Schleife“, warnte Kleinweich.
„Laufen lassen, Willem. Die sollen ruhig wissen, dass wir es wissen. Wenn der, der uns gewarnt hat, und der, der uns überwachen lässt, verschiedene Personen sind, dann bin ich gewillt, sie wissen zu lassen, dass wir Bescheid wissen.“
„Gut, Sir.“
„Die Ergebnisse vom Schlachtfeld?“, sagte Scharnhorst.
„Eindeutig Clan-Hardware. Die teilweise gewonnenen DNS-Spuren wurden geborgen, analysiert, und deuten auf Geisterbären hin, aber nicht gerade auf wichtige Blutnamensträger. Stark fragmentiert, gerade so zu entziffern“, sagte Kurosawa. „Das haben wir allerdings schon vor Wochen herausgefunden.“
„Ich fasse also zusammen: Entweder sind die Angreifer auf Numki Clankrieger. Schwarzkastler, eine Angriffseinheit, Deserteure. Oder aber sie haben Zugriff auf Clansblut und die Möglichkeit, es zu manipulieren und uns unterzuschieben. Und seien wir ehrlich: Geisterbärenblut und andere DNS-Spuren sind sehr leicht zu bekommen“, sagte Lane mit Betonung. „Wenn es keine Clanner waren, dann wollten sie, dass das Blut gefunden wird.“
„Was sagt das über das Gefecht aus? Sag mir, Andrew, sieht es für dich gestellt aus?“
„Wenn es gestellt war, dann hatte der Kommandeur keinerlei Schwierigkeiten damit, seine Leute dem Fraß vorzuwerfen, denn die Shimatze-Einheiten haben sie keinesfalls geschont. Das war ein Luftabwehrgefecht, das für die Angreifer deutlich glücklich verlaufen ist, aber es wirkt nicht dirigiert. Ohne einen guten Sternführer hätte die Einheit aufgerieben werden können.“
„Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Einheit hat entdecken lassen, Andrew?“
„Die Flugraster der Patrouillenflüge sind erratisch. Es ist auch keine auffällige Änderung am besagten Tag und besagtem Gebiet zu erkennen. So wie ich das beurteile, wurde der Flugkorridor für eine außergewöhnliche Patrouille bestimmt und dann ganz normal abgeflogen. Die Entdeckung der Clanner war dann eher eine Überraschung. Der Gefechtsfunk spricht Bände. Ich halte das für authentisch. Funk der ClanMechs liegt nicht vor.“
„War es also Haus Shimatze, hat es seine eigenen Truppen geopfert. War es Haus Odaga, wurde es erwischt, wie es auf Numki ähnliche Schäden wie daheim anrichten wollte. Das Gleiche gilt, wenn wir es wirklich mit Clannern zu tun haben. Die wurden schlicht und einfach überrascht, weil die Patrouillen auch erratische Flüge, die zufällig ausgesucht werden, beinhalten.“
„Option Nummer vier: Es war ein anderes Haus in der Umgebung“, sagte Kurosawa. „Haus Odaga und Haus Shimatze kontrollieren, wie Sie wissen, je zur Hälfte Sulafat. Das dort regierende Haus gilt als ausgerottet, aber es gehen Gerüchte über einen Erben zweiten Grades um. Es könnte sein, dass es diese Person gibt, und dass sie zum Beispiel von einem entfernten Verwandten mit Truppen ausgerüstet wurde, um den Planeten zurückzuerobern. Die einfachste Methode wäre dann, Haus Shimatze und Haus Odaga in einen Krieg mit den Geisterbären zu stürzen, während man selbst als lachender Dritter Sulafat wieder einnehmen könnte.
Das kann auch passieren, wenn ein planetarer Herrscher in näherer Umgebung meint, er könne beide Häuser genug schwächen, um sich Sulafat selbst einzuverleiben. Dazu passt der Datenträger, den wir von Shimatze-sama erhalten haben und der teilweise Daten über Sulafat beinhaltet, dem größten Gewinn in diesem Spiel.“
„Müssen Sie es unbedingt noch komplizierter machen, Tai-i?“, tadelte Battaglini.
„Entschuldigen Sie, Captain, aber das ist mein Job.“
„Leider.“ James sah ins Rund. „Ich denke, wir können schon eines klar sagen, bevor wir unsere Ermittlungen in den Clanraum ausdehnen.“
„Und das wäre, James?“
„Nun, Boss, ich denke, dass die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, dass sich dieser ganze Scheiß tatsächlich um Sulafat dreht, und ich denke, diese Welt kann auch für Clan Geisterbär interessant sein, da die Biodiversität enorm ist. Das würde dann bedeuten, dass die Angreifer auf dieser Seite der Grenze, ob Clanner oder nicht, und die Angreifer drüben bei den Geisterbären zusammenarbeiten, um Bären und Dracs gegeneinander aufzuhetzen. Sind es zwei verschiedene Einheiten, dann ist das aber ein ganz merkwürdiger und passender Zufall. Beide Einheiten sind keine Eroberer, sondern eher Special Ops. Sie führen harte, fiese Schläge aus und hauen wieder ab. Teilweise mit Beute, aber erobert von Zielen, die nicht gerade exponiert sind. Zu professionell für Piraten, zu gut ausgerüstet, und zu schwammig in dem, was sie wirklich wollen, wenn Ihr mich fragt.“
Kurosawa sagte. „Dem kann ich zustimmen. Die ganze Grenze war nach dem Krieg eher ruhig. Und jetzt sollen zwei unterschiedliche Einheiten auf beiden Seiten der Grenze quasi in Nachbarschaft ihr Unwesen treiben, während der große ganze Rest immer noch Ruhe hält... Das muss schon ein geradezu bösartiger Zufall sein.“
„Wir behalten das im Hinterkopf, meine Herren. Aber das sind alles nur Verdachtsfälle, solange uns nichts Belastbares in die Hände fällt. Oder noch besser, gleich die ganze verdammte Einheit vor die Kanonen kommt. Ich gebe euch allen eine Denksportaufgabe mit. Augenscheinlich hat jemand was gegen uns. Es muss nicht heißen, dass diese Person am hiesigen Konflikt beteiligt ist. Aber ausschließen kann man es auch nicht. Ich gebe zu, diese Person oder Gruppe muss sehr lange Arme haben, um ausgerechnet bei ComStar nach uns greifen zu können, deshalb räume ich dieser Option wenig Priorität ein. Und es gibt jemanden, der uns hier vor Ort zu überwachen versucht. Die Chance steht gut, dass es sich dabei mindestens um eine höhere Figur in diesem Spiel handelt. Wie also können wir sie so sehr provozieren, dass sie Fehler macht, sie zu provozieren, uns anzugreifen?“
Kurosawa sagte: „Herr Major, den Feind zu vernichten mag eine Lösung sein, aber sowohl der Khan der Geisterbären als auch der Koordinator hätten lieber einen Schuldigen.“
Scharnhorst schnaubte amüsiert. „Wenn wir diese Bande vor die Rohre kriegen, werden schon noch ein paar Beweise übrig bleiben, Tai-i.“ Er sah zu Kleinweich herüber. „Willem, schalten Sie die Schleife ab.“
„Ja, Sir.“
Scharnhorst trat zu einem Schrank und öffnete ihn. Er hatte ihn selbst eingerichtet. „Meine Herren, nachdem uns Haus Shimatze mit Katana und Wakizashi geehrt hat und wir mit dem erhaltenen Gold ein soziales Projekt auf Wayside V finanzieren konnten, das mit dem Namen dieses Hauses stets verbunden sein wird, sollten wir, um die Gastfreundschaft von Tomoe-chan zu ehren, einen schnellen Job tun, und die feigen Clan-Angreifer hart und heftig treffen. Wie groß sind die Chancen, sie zu unseren Bedingungen auf eine Clanwelt unserer Wahl zu locken? Es wäre nicht das erste Mal, dass uns so etwas gelingt, richtig?“ Er schenkte fünf Gläser mit goldenem Whisky ein und reichte jedem der Männer eines.
Battaglini seufzte verträumt. „Hach, ja, goldene Erinnerungen.“
Lane sagte: „Provokation? Sie spielen auf Anatoli Kenda an. Magst du mir aus deiner Sicht erzählen, wie es Danton damals gelungen ist, ihn in eine Falle zu locken?“
Scharnhorst nahm sein eigenes Glas. „Aber gerne doch.“ Er prostete den versammelten Männern zu, widerstand aber dem Drang, auch der Holomine zuzuprosten. „Es fing damit an, dass wir herausfanden, dass Kenda für einen Ronin von sich und seinen Leuten sehr überzeugt war. Zu sehr...“

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Wellen und Zedern

Mitte Mai 3067, Landungsschiff CRYING FREEDOM, auf dem Weg zum Sprungpunkt des Numki-System, Draconis-Kombinat

Tai-ming Koshina - ihren halb chinesisch/halb russischen Namen verdankte sie der Herkunft von einem Planeten der ehemaligen Konföderation Capella - hatte diese Zeit schon immer gemocht. Das geschäftige Treiben an Bord des gigantischen Landungsschiffs, immerhin gut 100 Meter im Durchmesser und mehr als 130 Meter hoch, Heimat für etwa 300 Passagiere und Crewmitglieder, war vorläufig zur Ruhe gekommen. Nach der Bordzeit war Nacht, und auch wenn niemals wirklich alle schliefen, so wirkten die riesigen Hangars verwaist, wie gewaltige Hallen einer uralten Festung, in denen gigantische Statuen oder versteinerte Ungetüme - Panzer, Kampfflieger und Mechs - ruhten, selbst in ihrer Reglosigkeit noch bedrohlich und ehrfurchtgebietend. Die Triebwerke hatten bereits begonnen konstant abzubremsen, um auf der zweiten Hälfte der Reise zum Sprungschiff für künstliche Schwerkraft zu sorgen, ohne die ein erträgliches Leben für so viele Leute kaum denkbar war.
Genau die richtige Zeit für jemanden wie sie, um ungesehen, vor allem aber ungestört ihrer Arbeit nachzugehen. Sie gehörte zum Wartungsdienst der Höllenhunde, und da der mit nicht einmal anderthalb Dutzend Techs aller Dienstgrade für eine Einheit von dieser Größe sehr knapp bemessen war, gab es für sie mehr als genug zu tun. Immerhin warteten die Höllenhunde mit vier schweren beziehungsweise überschweren Kampffliegern und 22 Panzerfahrzeugen auf, darunter mehrere moderne, technisch hoch komplexe Monster von 80 bis 100 Tonnen. Die Seniortechs Bensch und Marquiso lagen Major Scharnhorst folglich seit Jahr und Tag in den Ohren, dass sie deutlich mehr Personal - insgesamt mindestens einen vollen Zug - und vielleicht auch ein oder zwei Bergepanzer brauchten. Aber dazu hatte es bisher einfach nicht gereicht. Gute Techs waren nicht selten ebenso begehrt wenn nicht noch gefragter wie erfahrene Fronttruppen. Natürlich besaß mancher der Panzerfahrer zumindest rudimentäre Fähigkeiten auf dem technischen Gebiet, aber das genügte vielleicht für den Garnisonsdienst, den die Höllenhunde seit ihrer "Unabhängigkeitserklärung" versehen hatten. In einem echten Kampfeinsatz, wenn die Panzer bei jedem Wetter, unter Beschuss, bedroht von Minen und Luftangriffen hunderte Kilometer durch oft schwieriges Gelände fahren mussten, würde man schnell an die Grenzen stoßen. Doch Tai-ming war momentan nicht hier, um eine überfällige Reparatur oder Routineüberprüfung vorzunehmen.

Der Aufenthalt auf Numki war für die meisten Höllenhunde angenehm verlaufen. Die Führungsspitze mochte sich Sorgen machen oder auch nicht - es war ja nicht so, als ob die dem einfachen Fußvolk viel erzählten. Aber für das Gros der Mannschaften und NCO's und den ganzen Anhang vom medizinischen Personal über die Küche bis zu Tai-mings Kameraden war es nach der Raumreise von Tukayyid eine willkommene Erholung gewesen, mal wieder einen echten Himmel über sich zu haben. Zwar war die Entfernung nach Numki überschaubar, aber allein der Flug von der Oberfläche zum Sprungpunkt von Tukayyid hatte eine volle Woche gedauert. Und dann noch die Ladezeiten auf den Zwischenstationen, und der Flug nach Numki...

Außerdem hatten sich die Höllenhunde ein wenig an das relativ friedliche und bequeme Garnisonsleben gewöhnt. Einige hatten auch enge Kontakte vor Ort geknüpft, die jetzt abgerissen oder zumindest unterbrochen worden waren. Von daher war die Reise doch eine gewisse Belastung. Die von schwereren Pflichten für die meisten freie Zeit auf Numki war eine gewisse Entlastung gewesen. Dass die allgemeine Atmosphäre den Söldnern gegenüber eher aufgeschlossen war, kam als Bonus hinzu - das war hier im Kombinat, aber auch im kläglichen Rest der FRR alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Das Rätselraten über den weiteren Verlauf der Mission dauerte natürlich an und war mitunter ein Quell für Verunsicherung. Kaum einer ging davon aus, dass sich der weitere Verlauf der Reise so angenehm gestalten würde. Natürlich waren Informationen, Mutmaßungen oder auch Befürchtungen von den Offiziersrängen nach unten durchgesickert. Einige Mitglieder der Höllenhunde waren beunruhigt, dass nicht einmal klar war, nach WEM man eigentlich suchte. Vielleicht nur eine Bande Piraten - doch wie einige wenige Veteranen zu berichten wussten, hatte eine kleine Piratenbande die Muttereinheit der Höllenhunde vor Jahren schwer bluten lassen. Vielleicht waren es auch versprengte Claner, die hinter all dem steckten - auch mit denen hatten einige der Söldner schlechte Erfahrungen gemacht.
Vielleicht auch beides.
Alles was man bisher über die potentiellen Feinde wusste, klang aber doch ziemlich beruhigend. Schlimmstenfalls handelte es sich um einen gemischten Binärstern aus zumeist leichteren Mechs und Elementaren, respektive eine unterbesetzte Luft-/Raumjägerstaffel von Hellcats. Maschinen also, die den Jägern der Höllenhunde deutlich unterlegen waren. Selbst falls die mysteriösen Einheiten zusammenarbeiteten - was wenig wahrscheinlich war - sobald sie erst einmal gestellt waren, hatten sie keine Chance gegen die Söldnereinheit. Schon gar nicht, falls man nicht allein kämpfte. Viel wahrscheinlicher war da, dass sie sich einfach abduckten und warteten, bis die Höllenhunde abgezogen waren, schließlich war der Weltraum groß.

Genau der Punkt des ‚vielleicht nicht alleine gegen die Piraten kämpfen‘ hatte die junge Technikerin zu nachtschlafender Stunde in den Hangar geführt. Sie war eine versierte ‚Schrauberin‘, die - wie sie selber wusste - durchaus das Zeug hatte, zum Seniortech aufzusteigen.
Der Dienst bei den Höllenhunden war nichts für Amateure. Einzelne der Bodenfahrzeuge waren FIS-Omni-Panzer, auch wenn die Einheit zumeist nur über eine, selten mal mehr Rüstvarianten verfügte. Ähnlich sah es bei den zwei Clan-Omnijägern ihrer Truppe aus.
Es hatte ihr in den Fingern gejuckt, die Galeere/Gargoyle der Kuritaner genauer in Augenschein nehmen zu können, sobald die Odaga-Gesandschaft kurz vor dem Abflug von Numki an Bord gekommen war. Clan-Omnimechs waren immer noch so etwas wie der heilige Gral der Gefechtsmechaniker, und wer wirklich etwas unter ihresgleichen gelten wollte, musste sie warten können. Trockenübungen waren da eher unbefriedigend.
Bedauerlicherweise war die Stimmung zwischen den Odaga-Piloten und den Höllenhunden gelinde gesagt frostig. Major Scharnhorst bemühte sich um professionelles Auftreten, das musste man ihm zugute halten. Doch Tai-i Tanigaki erwies ihm bestenfalls halbherzig den Respekt, der dem Söldnerkommandeur auf Grund seines höheren Ranges gebührte und trat auf, als ob er sich nicht sicher sei, ob die Höllenhunde nicht eher Feinde als Verbündete waren. Entweder er hielt die Söldner für inkompetent, oder für nicht vertrauenswürdig - vielleicht auch beides. Zwar hatte es noch keinen Eklat gegeben, aber die Stimmung war doch angespannt. Bei taktischen Besprechungen sollte es dem Vernehmen nach mitunter etwas gewittrig zugegangen sein. Und manchmal musterte der Tai-i den Söldnerführer mit einer Miene, bei der man sich fragte, ob er nicht insgeheim darüber nachsann, wie sich Scharnhorsts Haupt bei der traditionellen "Kopfschau" machen würde. Gegenüber den meisten niedrigrangigen Höllenhunden war er weniger feindselig, blieb aber ebenfalls auf Distanz. Dennoch wusste natürlich jeder an Bord darüber Bescheid. Eine Söldnereinheit – vor allem wenn sie an Bord eines Landungsschiffes zusammengepfercht war - war eben auch nur ein Dorf, in dem endlos getratscht wurde.
Seine Untergebenen, drei kampferprobte Mechpiloten, waren von ähnlichem Schlag. Ihre Mienen blieben verschlossen und sie machten sich kaum mit den Offizieren der Höllenhunde gemein. Das konnte NATÜRLICH auch daran liegen, dass sie eben Mechkrieger waren - wie die Luft-/Raumjockeys hielten sich viele Piloten für etwas Besseres als Panzerfahrer oder gar Infanteristen, Rang oder Herkunft hin oder her.

Eines musste man den Odaga aber fraglos lassen, in technisch-logistischer Hinsicht hatten sie jedenfalls nicht gespart. Ihre Mechs mochten alt sein - selbst die Galeere/Gargoyle war schon vor mehr als fünfzehn Jahren in die Hände der FIS gefallen, und die anderen Mechs waren noch älter - aber sie waren bestens in Schuss, vielfach individuell modifiziert und aufgewertet. Und die drei Astechs und der Seniortech verstanden ihr Handwerk. Ironischerweise waren die Kuritaner in Punkto Wartung besser versorgt als ihre Gastgeber. Sie verfügten sogar über ein kleines aber gut sortiertes Sortiment an Ersatzteilen. Die Galeere, standartgemäß mit dem Rüstsatz A ausgerüstet, verfügte zwar nicht über einen vollen Satz an Alternativwaffen, aber es reichte aus, um sie zur Not in eine Galeere-C zu verwandeln.
Die kuritanischen Techs waren Anfangs ebenfalls zurückhaltend gewesen. Doch anders als ihre Vorgesetzten waren sie doch recht schnell etwas aufgetaut. Techniker waren, wie man so schön sagte, nun einmal Angehörige einer grenzüberschreitenden Kaste oder Klasse, verbunden durch die immer gleichen Geschichten und Nöte. Die knappen Ersatzteile, unfähige Nachschubsoffiziere, endlose Schichten, die Inkompetenz der Besatzungen, die sich nie groß darum kümmerte, wie viel Arbeit ihr rücksichtsloses Verhalten den Wartungstrupps machte, die immer gleichen arroganten Forderungen, diese oder jene Maschine UNBEDINGT bis dann und dann einsatzbereit zu machen...
Und so hatte Tai-ming mit einiger Geduld und dem gezielten Einsatz alkoholischer Getränke Seniortech Masajuro Nakata die Erlaubnis abschwatzen können, ihm zunächst über die Schulter schauen zu können, später auch - wenn keiner seiner Vorgesetzten dabei war - auch ein paar Handgriffe unter seiner Aufsicht auszuführen. Und heute hatte sie ihn soweit weichgeklopft, dass er ihr erlaubt hatte, unbeaufsichtigt zu nachtschlafender Stunde ein paar kleinere Kalibrierungsarbeiten an dem Omnimech vornehmen zu dürfen. Masajuro war weit über 50 Jahre alt, in Ehren ergraut und vielleicht ganz froh, nicht zu so später Stunde werkeln zu müssen.
Sie war sich natürlich darüber im Klaren, dass er ihre Arbeit später überprüfen würde, schließlich musste er für Fehler gerade stehen. ,Ich frage mich, ob die Kuritaner immer noch Versagern den Kopf vor die Füße legen, wie man gelegentlich erzählt. Vermutlich nicht, aber warum es darauf ankommen lassen?'

Und deshalb war sie hier, gut acht, neun Meter über dem Boden - glücklicherweise verfügte die CRYING FREEDOM trotz ihrer Umrüstung zum Panzer- und Infanterietransporter noch über die alten Laufgänge und festen Wartungsplattformen aus ihrer Zeit als Mechtransporter, die den Schraubern bequemen Zugang zu den Arm-, Schulter- und Kopfpartien der Kampfgiganten gewährleisteten. Die Bewaffnung war momentan entfernt worden, und das gab ihr ungestörten Zugang zum elektronischen Innenleben des Kolosses - eines der großen Vorteile der Omnis.

Sie wusste selber nicht, wie lange sie gearbeitet hatte. Die Aufgabe war komplex, ihre Erfahrung auf dem Gebiet begrenzt, und außerdem hatte sie wirklich Freude an ihrem Tun. Sie wollte nicht so weit gehen wie einige ihrer Kollegen, welche die Arbeit an einem faszinierenden Problem, einer Herausforderung wie das Schreiben eines Gedichtes oder das Malen eines Bildes beschrieben, aber ein Mechaniker der mit Herz und Seele bei der Sache war, konnte sich wirklich in die Arbeit vertiefen. Die kleine Lampe, die sie am Gestänge befestigt hatte, gab dem Ganzen eine anheimelnde Atmosphäre - wenn man darauf stand, in schwindelnder Höhe mit nur einem niedrige Gitter zwischen sich und einem möglicherweise tödlichen Sturz an einer gigantischen Mordmaschine herumzumachen.
Ein vernehmliches Räuspern riss sie aus der Versunkenheit in die Arbeit. Seniortech Nakata war wohl doch schon aufgestanden, um frühzeitig den Fortgang ihrer Arbeit zu prüfen und achtzugeben, dass nicht das falsche Auge sie hier oben erblickte... Ohne sich umzudrehen murmelte sie, fast ein wenig bedauernd: "Ich bin gleich fertig."
Die kalte Stimme in akzentfreiem Englisch war ganz gewiss nicht die von Masajuro und traf die junge Technikerin wie ein Eimer eisigen Wassers aus dem Nichts: "Das ist aber gut zu hören."
Als Tai-ming herumwirbelte, sah sie sich Auge in Auge mit ihrem schlimmsten Alptraum konfrontiert. Hinter ihr, die Arme abwehrend verschränkt, stand Tai-i Tanigaki. Selbst zu dieser nachtschlafenden Stunde saß seine Uniform perfekt. Der drohende, mitunter brutal wirkende Zug um seine Mundwinkel unterstrich den finsteren Blick seiner dunklen Augen noch. Seine Hände blieben in einigem Abstand zu Schwert und Pistole, die er stets trug - für sich bereits deutliches Zeichen, dass er sich an Bord der CRYING FREEDOM weder zuhause noch wirklich sicher fühlte - doch das nahm ihm wenig von seiner bedrohlichen Wirkung. Er hob nicht mal die Stimme, aber die Worte waren von schneidender Schärfe: "Was...machen...Sie...hier?!"
Die Technikerin hasste sich selbst ein stückweit dafür, wie sehr sie sich ins Bockshorn jagen ließ von einer finsteren Miene: "Mein Lord...äh, ich meine Tai-i, ich wollte nicht, ich meine das sollte nicht, ich habe nur..."
Der Kuritaner hob schweigend die Hand in einer gebieterischen Geste, und sie verstummte: "Bleib genau wo du bist."
Dann trat er vor und nahm ihre Arbeit in Augenschein. Er ließ sich viel Zeit, und Tai-ming schwitzte währenddessen Blut und Wasser. Für einen kurzen Moment des Wahnsinns dachte sie darüber nach wegzulaufen, um Hilfe zu rufen oder dem Tai-i eines mit einem soliden Werkzeug überzuziehen, besann sich aber eines Besseren. Das würde die Dinge nur noch verschlimmern. Sie war ohnehin in großen Schwierigkeiten, das war ihr klar, und falls der Kuritaner einen Fehler entdecken sollte, würde das die Sache noch viel, viel übler machen. So wie die Dinge zwischen den Odaga und den Höllenhunden standen, würde er vermutlich behaupten, das sei gezielte Sabotage gewesen. Bedauerlicherweise war gut zu erkennen, dass Anatoli Tanigaki etwas vom Fach verstand - WENN sie einen Fehler gemacht haben sollte, würde der ihm kaum entgehen. An einigen Stellen prüfte er Platinen, entfernte Klappen, die sie bereits wieder zugeschraubte hatte, ohne auch nur eine Sekunde nach dem richtigen Werkzeug zu suchen. Erstaunlich für einen Offizier, der dem Bordklatsch zufolge Bastard eines kuritanischen Grafen und sogar dessen Erbe war.

Schließlich war die Überprüfung beendet und der Tai-i drehte sich zu Tai-ming um. Er wirkte ein WENIG entspannter, was sich daran zeigte, dass er sie nicht mehr duzte: "Na gut. Es scheint alles in Ordnung zu sein. Und jetzt will ich wissen, wer von Ihren Offizieren Ihnen den BEFEHL dazu gegeben hat. Und ob und vor allem von WEM von MEINEN Leuten Sie eine Erlaubnis bekommen haben."
Tai-ming überlegte einen Moment krampfhaft. Es machte natürlich keinen Sinn, einen ihrer Vorgesetzten gewissermaßen vor den Bus zu schubsen - das würde sehr schnell auffliegen. Und den kuritanischen Seniortech wollte sie auch nicht anschwärzen, das wäre der Gipfel des Undanks gewesen - und die sichere Fahrkarte in Abseits, um bei allen anderen Technikern als Verräterin zur Unberührbaren abgestempelt zu werden. Das hieß aber auch, dass sie ein persönliches Risiko eingehen musste.
"Entschuldigen Sie, Tai-i ich hatte keinen Befehl dazu...und leider auch keine Erlaubnis. Meine Chefs würden ausflippen, wenn sie davon gewusst hätten. Ich weiß, das war eine Riesendummheit, aber ich wollte nur sehen, wie gut Ihre Techniker arbeiten, um was zu lernen."
Der Offizier lachte bellend und wechselt unvermittelt wieder in die zweite Person: "Den ersten Teil will ich dir noch glauben. Wenn einer deiner...Chefs...dir den Befehl gegeben hätte, an meinem Mech Eingriffe vorzunehmen, dann sicher nicht, um ihn zu reparieren." Die letzten Worte dehnte er höhnisch und bestätigte damit den Verdacht der Wartungstechnikerin.
"Was den zweiten Teil angeht - hältst du mich für so dumm, dass ich dir das abnehme? Du musstest doch wissen, dass deine Arbeiten bei der nächsten Inspektion MEINER Leute auffallen würden, da wäre es töricht, sich nicht vorher abzusichern. Und nicht mal Söldner sind derart ignorant, dass sie sich ohne Erlaubnis an den Mech von jemand anderen heranmachen. GERADE Söldner, die schließlich einigen Respekt vor Besitzverhältnissen haben müssen, wenn schon nichts anderes. Also - bekomme ich jetzt einen Namen? Ich kriege ihn sowieso heraus, unter meinen Leuten, oder nachdem ich dich zu deinen Vorgesetzten geschleift habe, damit DIE dir befehlen zu reden."
Die junge Technikerin öffnete den Mund, schloss ihn aber unvermittelt wieder. Sie spürte, wie sie blass wurde: "Tai-i, es wäre unehrenhaft, einen Eurer Untergebenen fälschlicherweise zu beschuldigen. Und ich kann nichts als die Wahrheit sagen."

Der Kuritaner starrte sie eine qualvoll lange Weile nur schweigend an. Nicht drohend oder feindselig wie zuvor, eher nachdenklich. Dann entspannte er sich. Ein leichtes, ironisches Lächeln zuckte um seine Mundwinkel, und milderte die auf viele Betrachter grausam wirkende Miene ganz erheblich ab. Für einen Moment wirkte er geradezu sympathisch, sah man davon ab, dass er einen Moment zuvor offenbar kurz davor gewesen war, ihr die Finger abzuhacken: "Na gut. Ich lasse es erst einmal so stehen. Wenn Sie mich belügen, dann aus Loyalität - mehr als ich bei einer Söldnerin erwartet hätte, zumal zu jemanden, der nicht einmal zu Ihrer Einheit gehört. Wenn Sie aber die Wahrheit sagen, dann war das wirklich ziemlich dumm von Ihnen." Der ironische Zug um seine Mundwinkel und der Unterton seiner Stimme verstärkten sich, fast klang so etwas wie Spott über sich selbst, vielleicht auch ein wenig Anzüglichkeit: "Es ist schließlich allgemein bekannt, wie sehr die Mechs die Heiligtümer von uns Piloten sind, und wie wenig wir es ertragen können, wenn jemand anderes als die von uns damit beauftragten Personen...Hand anlegen."
Dann wurde er wieder ernst: "Sie können von Glück reden, dass ich nichts gefunden habe, was für mich auf Sabotage hindeutet."
Tai-ming gestattete es sich, aufzuatmen. Das Gewitter war offenbar vorbeigezogen, ohne dass der Blitz eingeschlagen war. Und JA, sie war WIRKLICH eine Närrin gewesen.
Und um das zu beweisen, konnte sie sich nicht beherrschen: "Aber Tai-i, wir sind Verbündete. Wie sollte ich überhaupt auf die Idee kommen, Sie sabotieren zu wollen - zumal Ihre Techs das vor dem nächsten Einsatz unzweifelhaft herausfinden würden? Wir stehen auf derselben Seite."

Anatoli musterte sie. Er reagierte nicht etwa wütend auf die Einwände, sondern mit einer Gegenfrage: "Wie lange sind Sie bei den Höllenhunden? Und wo haben Sie vorher gedient, in welcher Einheit, meine ich."
"Ein knappes Jahr, Sir. Und es ist mein erster Einsatz, sieht man von drei Monaten bei einer Auffrischungs-Marschkompanie aus zusammengewürfelten Neulingen ab, die ich von Outreach aus nach Tukayyid begleitet habe."
Das war es wieder, das schiefe, Lächeln, doch diesmal wirkte es fast wehmütig: "So in etwa dachte ich mir das, sonst müssten Sie nicht fragen. Denn das heißt, Sie haben keine Ahnung, wie SCHWER es für mich ist, eine Einheit wie Ihre zu begleiten. Erst recht auf meinen Heimatplaneten. Erst Recht DIESE Einheit. Das fängt schon damit am für wen Sie arbeiten. Wie kann ich Com Star vertrauen, wo die Kuttenträger das Kombinat um ein Haar ans Messer geliefert hätten, und sich jetzt doch als Retter und Beschützer des Inneren Sphäre aufspielen, obwohl sie ein guten Stück Schuld daran tragen, dass die Clans überhaupt so weit kommen konnten? Und es hat auch etwas mit der Vergangenheit Ihrer Einheit im speziellen zu tun - Sie kennen vielleicht die Perspektive IHRER Leute auf die Anfänge ihrer Truppe, aber ich kann versichern, von MEINER Warte sieht das ganz anders aus. Ihre Leute und die Freunde ihrer Leute haben Menschen getötet oder ins Unglück gestürzt, die mir viel bedeutet haben. Auf Befehl, aber das ändert auch nichts. Dass Ihre Leute in der Mehrzahl Steiner und Davions sind, macht die Sache auch nicht einfacher."

Der Kuritaner hob die Arme in einer gleichsam allumfassenden Geste: "Aber das geht noch viel tiefer. Dieses Schiff, Ihre ganze Einheit - Sie verstehen wirklich nicht, wie ANDERS das alles zu all dem ist, was ich als verlässlich und loyal kenne. Was dem entspricht, das ich für richtig halte. Sie, ihre Leute, Sie sind alle RONIN im wahrsten Sinne des Wortes - wissen Sie eigentlich, was das heißt?"
Die junge Technikerin nickte: "Natürlich - herrenlose Samurai - aber ich verstehe nicht..."
Der Tai-i schüttelte traurig den Kopf: "Nein. Nein, Sie verstehen nicht. Aber wie könnten Sie auch? Das mit dem Krieger ohne Herren ist nur ein Teil. Ronin heißt zunächst einmal ,Wellenmensch'. Und das sind Menschen wie Ihre Kameraden, wie Sie. Sie haben keine Wurzeln, wissen oft nicht mal genau woher sie kommen, wandern auf dem Wasser, den Fluss oder See hinauf und hinunter, heute hier und morgen dort. Von welchem Ufer sie zurückgeworfen werden, an welchen Steinen sie sich brechen, das ist ihnen egal. Sie sehen viel, aber sie kommen nie wirklich zur Ruhe. Wir hingegen, unsere Familien, sind nicht so. Wir sind wie die Sugi, die Japanischen Zedern. Wir sind an einen Ort gebunden, auf Jahrhunderte. Und wenn wir noch so hoch aufragen - wir sehen stets nur das, was um uns ist, leben auf immer mit dem, was uns umgibt. Was hinter der nächsten Biegung den Fluss hinauf oder hinunter, in der übernächsten Bucht des Sees passiert, das betrifft uns wenig. Aber dafür haben wir unzählige kleinere Bäume und Sträucher kommen und gehen gesehen, eine endlose Abfolge von Jahreszeiten. Die Abkömmlinge des ersten Baumes, der ursprünglichen Familie, sie stehen um uns herum und werden noch emporragen, wenn wir längst gefallen sind. Und wenn wir uns so sehr unterscheiden, wie kann die Welle und die Zeder in IRGEND ETWAS übereinstimmen? Wohlgemerkt, ich halte Sie - anders als viele meiner Landsleute - nicht für schlechte Menschen, nur weil Sie keine Heimat haben außer anderen Leuten ihres Schlages. Sie sind eben einfach anders als wir, leben anders als wir. Aber Sie verstehen uns nicht, und wir verstehen Sie nicht, einfach weil wir die Welt auf unterschiedliche Art und Weise sehen. Sie verstehen nicht, wie verstörend es für uns ist, dass wir Verantwortung abgeben sollen an jemanden, dem unsere Heimat nicht annähernd so viel bedeutet wie uns. Denn es gibt NICHTS, was ich nicht für meine Familie, meine Heimat, die loyalen Untertanen meines Vaters tun würde - gleichgültig was mich dies persönlich kosten sollte. Das aber verstehen nun wiederum Sie nicht. Und ohne dieses Verständnis - wie könnten wir uns da jemals trauen? Wie kann ich darauf vertrauen, dass Sie das beschützen können, beschützen WOLLEN, was für unsereins heilig ist?"

Der Offizier wusste es nicht, aber mit seiner wenn auch freundlichen...nun ja, es war vielleicht nicht einmal Herablassung, aber sicher doch Ignoranz hatte er einen sehr, sehr wunden Punkt getroffen. Und deshalb fauchte die junge Technikerin den Kuritaner mit einmal wutentbrannt an, während sie doch zugleich mit den Tränen kämpfen musste: "Allerdings, Sie und wir verstehen einander wirklich nicht! Sie bilden sich vielleicht ein, alles über uns zu wissen, aber in Wahrheit..."
Und damit verstummte sie. Was fiel ihr ein, einen Offizier so anzufahren, dazu einen, der in gewisser Weise ihr gegenüber sehr großzügig gewesen war? Er konnte ja nicht ahnen, dass Tai-mings Großmutter noch eine Diem, ein de facto Adlige - wenn auch nicht erbberechtigt - auf Capolla gewesen war, eine Frau, die durchaus darauf hoffen konnte, eines ihrer Kinder mit einer Mandrisa oder Mandrinn zu verheiraten? Zwei von Tai-mings Großonkeln hatten zugleich als Mechkrieger in den Streitkräften der Konföderation Capella gedient. Sie alle hatten Reichtum besessen, und Ansehen, einen Platz in der Gesellschaft. Sie waren selber wie einer der Bäume gewesen, von denen der Tai-i fabulierte. Doch das hatte ein Ende gefunden mit Hanses dem Verfluchten Davion Vierten Nachfolgekrieg. Als Pavel Ridzik seinen Kanzler verriet, um Herrscher der ,Freien Republik Tikonov' von Davions Gnaden zu werden, hatte er praktisch als erste Amtshandlung viele Liao-Loyalisten ermorden lassen. Manche würden sagen, er hatte keine andere Wahl gehabt. Verräter lebten gefährlich, und ein Mann mit Charisma und großer Hausmacht war er nie gewesen. Tai-mings Großmutter war unter den Opfern dieser Säuberungen gewesen, ihre Großonkel waren in den blutigen Abwehrkämpfen der Konföderation gegen die Horden Davions gefallen. Ridzik war zwar ebenso schnell gestürzt wie emporgestiegen - viele nahmen bis heute an, dass Davion seiner Marionette überdrüssig geworden war, obwohl offiziell die Maskirovka für den Mord verantwortlich gemacht wurde. Niemand hatte den Tod des Verräters beklagt, weder in der Konföderation, noch in den Vereinigten Sonnen und schon gar nicht in der ,Freien Republik', die allerdings weder frei noch eine Republik war. Danach aber hatten die Vereinigten Sonnen das Ruder direkt übernommen. Sie waren weniger brutal vorgegangen, aber Menschen die offenkundig noch immer Loyalität für Sian verspürten, hatten auch unter der Herrschaft des Prinzen kein leichtes Leben gehabt. Die Davions schwätzten gerne von Freiheit, aber der Gehorsam kam auch bei ihnen aus den Mündungen der Gewehrläufe. Die Familie Koshin hatte in den Jahren nach dem Vierten Nachfolgekrieg viel von ihrem Besitz verloren, war beiseite gedrängt worden von jenen, die sich den Besatzern andienten, die eilfertiger und überzeugender Ergebenheit heuchelten.
Als Marik und Liao Davion 3057 herausforderten, schien die Gelegenheit günstig, ein altes Unrecht wieder gut zu machen. Tai-mings Eltern waren vorne dabei gewesen bei den Liao-Loyalisten, die auf Capolla - ähnlich wie auf vielen anderen Welten der späteren Chaosmarken - den Aufstand probten. Doch die Söldner, die Haus Marik ihnen zu Hilfe geschickt hatte, hatten ebenso wenig ausgereicht, wie die Waffen und Geldmittel der Konföderation. Die Marik-Söldner waren vertrieben worden, und mit Hilfe einer anderen Söldnereinheit, der Faust von Mokal, hatten separatistische Terroristen die Liao-Loyalisten abgeschlachtet. Tai-mings Vater war verschwunden - seine Familie hatte nie erfahren, was aus ihm geworden war. Vermutlich hatte man ihm eine Kugel in den Hinterkopf gejagt und unter einer Müllhalde verscharrt, wie so viele. Tai-ming selbst, damals gerade sechzehn, war mit ihrer Mutter nur mit Mühe von Capolla entkommen, der Welt, auf der ihre Familie seit Jahrhunderten gelebt hatte. Ihre Mutter hatte diesen letzten Schicksalsschlag, den Verlust von Heimat UND Ehemann, nicht verwunden. Ebenso wenig das, was sie ihren Augen der Verrat der Konföderation war, die ihre treuen Untertanen im Stich gelassen hatte und nicht einen Panzer zu Hilfe sandte, während turmhohe Kampfgiganten die Aufständischen massakrierten. Binnen drei Jahren war die energiegeladene, kämpferische Frau zu einer Greisin geworden, die schließlich in einer elenden Absteige Outreach zugrunde gegangen war, während ihre Tochter mühsam das Geld für Miete und Essen als Aushilfstechnikerin verdiente. Vielleicht war das eine Erlösung für ihre Mutter gewesen - im Tod gab es wenigstens keine Trauer um Verlorenes mehr.

All das war mit einmal hochgekommen. Sie hatte solche ,...nun, nennen wir es emotionalen Ausbrüche...' schon in der Vergangenheit erlebt. Jemand hatte ihr mal geraten, damit zu einem Psychiater zu gehen, oder ihren Schmerz in einer Flasche Alkohol zu ertränken. Wenn Tai-ming genauer darüber nachdachte, war sie fast sicher, sie hatte dem hilfreichen Samariter seinerzeit eine LEERE Flasche Alkohol über den Schädel gezogen. Aber es war ihr noch nie in einer so unpassenden Situation passiert.
Doch das erwartete Donnerwetter - oder Schlimmeres - blieb aus. Der Tai-i musterte sie nur schweigend, so wie zuvor, als sei er nicht ganz sicher, woran er bei ihr sei. Seine Stimme klang abweisend, aber eher so, als wäre er unsicher, ja peinlich berührt: "Gut...dass Sie mir zustimmen. Es war nicht meine Absicht, Sie herabzusetzen. Besonders nicht, falls das bei Ihnen ebenfalls schmerzliche Erinnerungen weckt...und..." Er stockte, als müsse er sich in Erinnerung rufen, dass nicht er sich zu entschuldigen hätte: "Ich erwarte, dass Sie sich nicht noch einmal einfach so und ohne Aufsicht an einem der Mechs meiner Lanze zu schaffen machen. Und auch keiner Ihrer Kollegen. Aber ich sehe keinen Grund, irgend jemanden darüber etwas zu erzählen - sicher nicht Ihren Vorgesetzten und außerdem..." wieder zögerte er, und vermied es diesmal, ihr ins Gesicht zu schauen: "Wenn Sie Seniortech Nakata treffen sollten, können Sie ihm sagen, dass Sie meine Erlaubnis haben, ihm hin und wieder zur Hand zu gehen. In vernünftigem Rahmen." Und mit diesen Worten nickte er knapp als Antwort auf ihre verdatterte Ehrenbezeigung, drehte sich um und ging. Er kletterte eine der Leitern hinauf und verschwand in einer Tür in der Wand, vielleicht auf dem Weg zu seinem Quartier.

Tai-ming starrte dem Kuritaner noch eine Weile hinterher, diesmal wirklich erstaunt. Er hatte wohl wirklich Recht, und seinesgleichen WAR verschieden. Das war erheblich anders gelaufen, als sie gedacht und befürchtet hatte. Wesentlich besser, wenn man es genau nahm. ,Frechheit siegt' war eigentlich kein Sprichwort, das im Kombinat galt - soviel wusste sogar sie. Ob das vielleicht daran lag, dass der Tai-i selber einen recht irregulären Lebensweg hinter sich hatte, nach allem was man so munkelte? Jedenfalls schien er ein wesentlich angenehmerer Zeitgenosse zu sein, als sie zunächst gedacht hatte. Etwas merkwürdig vielleicht, aber was erwartete man von einem Volk, das seit Jahrhunderten Gedichte über Kirschblüten verfasste und offenbar trotzdem dieses Zeitvertreibs nie müde wurde? Nun, wenn sie ihre Karten gut ausspielte, dann würde sie von der Anwesenheit der Kuritaner auf der CRYING FREEDOM mehr profitieren, als sie ursprünglich gedacht hatte, angefangen von der Möglichkeit, die Wartung eines Omnimechs zu erlernen...

Tai-ming konnte es natürlich nicht wissen, aber die Gedanken von Anatoli Tanigaki ähnelten den ihren in erstaunlicher Art und Weise, als er sich auf den Weg zu seinem Quartier machte. Er hatte schon vor Jahren, lange bevor man ihn zur Akademie schickte, die Grundlagen der Lehren des weisen Sun Tzu verstanden. Man musste nicht nur sich selbst kennen, sondern auch sein Gegenüber. Und dies galt nicht nur im Kampf.
,Erkenne was du fürchtest, was du dir wünschst, was der oder die Andere fürchtet oder begehrt. Denn es gab immer etwas, was Menschen mehr als alles andere fürchteten, wonach sie mehr als alles andere hungerten. Anerkennung, eine Heimat oder Reichtum - biete ihnen das an, und du kannst dein Gegenüber dazu bringen, deine Kämpfe auszutragen. Präsentiere ihnen ihre größte Furcht und zeig ihnen, dass du sie davor bewahren kannst. Gib ihm oder ihr Grund zu glauben, du hättest ihnen einen Gefallen getan, oder dass ihr etwas gemeinsam habt. Baue schrittweise Vertrauen auf. Am besten ist es, wie man auch an diesem Fall sehen konnte, wenn das, was du sagst, was du versprichst, auch wirklich wahr und im Bereich des Möglichen ist. Keine Bestechung, keine Manipulation ist so erfolgreich wie die Wahrheit. Und dann, im rechten Moment...'
Schon bevor er auf Numki eingetroffen war, hatte sich Anatoli mit den Informationen vertraut gemacht, die sein Vater über die Höllenhunde zusammengetragen hatte, hatte sich durch die Personalprofile gearbeitet und die Empfehlungen abgewogen. Die Spezialisten auf Darius hatten seit dem Moment wo der Name der Einheit, die Com Star schicken würde, bekannt geworden war, jeden Fetzen Information durchleuchtet, den man von Tukayyid und Outreach auf legalem Wege erhalten konnte. Und einiges, was man auf...nicht ganz legale Weise beschafft hatte. Haus Odaga mochte nicht besonders mächtig sein, aber es hatte Verbindungen - bis in die höheren Ränge der VSDK und ISA. Männer (und einige Frauen), die Haus Odaga entweder etwas schuldeten, oder für künftige Gefälligkeiten vorsorgen wollten. Sie würden sich nicht ZU weit aus dem Fenster lehnen, aber das richtige Wort an der richtigen Stelle konnte viele Dinge enorm beschleunigen oder auch verzögern. Und es konnte ganz bestimmt die Türen öffnen zu den Informationen über eine Söldnereinheit, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten. Nicht, dass die Höllenhunde oder Chevaliers als besonders wichtig angesehen wurden. Aber spätestens seit dem Tod-allen-Söldnern-Befehl Takashi Kuritas hatten vorausschauende Offiziere Sorge getragen, dass auf Luthien möglichst viel an Informationen verfügbar war über Mietlinge, die dem Kombinat als Gegner gegenüberstehen, seit einigen Jahren aber auch als Verbündete dienen konnten. Gewisse...Fehlkalkulationen über Söldnereinheiten wie gegenüber dem Gesindel von Morgan Kell and Jaime Wolf sollten sich schließlich nicht wiederholen. Und es gab Menschen, die ein ganz eigenes Interesse an den Chevaliers und ihrer Schwestereinheit hatten, deren analytischer Sachverstand scharf wie ein Skalpell war - und die bereit waren, dieses Wissen weiterzugeben.
Und so wusste Anatoli bei weitem nicht alles über alle Höllenhunde. Aber vieles über etliche - gerade über die Offiziere. Die Analysten seines Vaters hatten sich zudem intensiv für die Neuzugänge der Söldner interessiert. Deren Loyalität war noch nicht gefestigt - falls es das bei Söldnern wirklich gab - und sie waren voraussichtlich offener für...weitergehende Vorschläge.

Und so war dieses Zusammentreffen sorgfältig inszeniert worden. Tai-ming Koshina war eine potentielle Rekrutin, wenn auch nicht der einzige Höllenhund, den man vielleicht gewinnen konnte. So etwas bedurfte Zeit, Geduld und Fingerspitzengefühl, und gerade Zeit war etwas, was nur sehr begrenzt zur Verfügung stand. Aber wenn es ihm gelang, ein oder zwei Agenten anzuwerben, würde Haus Odaga einen entscheidenden Vorteil haben, falls die ,Ermittlung' der Söldner sich in die falsche Richtung zu entwickeln schien. Man musste nur aufpassen, dass die Mietlinge ihm keinen Doppelagenten unterjubelten.
Unter normalen Umständen wäre es Sache eines Spezialisten gewesen, eines nachrichtendienstlich geschulten Agenten, dieses Eröffnungsgespräch zu führen. Aber Anatoli hatte nur sieben Untergebene zur Verfügung, und die drei Mechpiloten waren exzellente Soldaten - aber nicht unbedingt gute Intriganten.
Das Profil von Tai-ming hatte zudem nahegelegt, dass er persönlich einen entscheidenden Vorteil im Gespräch mit ihr hatte. Er stand für den Status, die Sicherheit, die ihre Familie verloren hatte - und die sie sich vermutlich sehnlich wünschte. Der Verlauf des Gespräches hatten diese Annahme bestätigt. Wenn jemand eine Verbindung mit ihr aufbauen sollte, dann war er der beste Kandidat gewesen - nach seinem Seniortech, der aber seinerseits bereits einen vielversprechenden Kandidaten im Küchenpersonal im Auge hatte. Bisher waren keine großen Fortschritte erzielt worden, aber dergleichen brauchte eben Geduld - und man war auf dem richtigen Weg.

Die Zeit an Bord der CRYING FREEDOM war freilich auch für Anatoli selbst mehr als belastend gewesen. Und das lag nicht nur an der Paranoia, die sich jeder angewöhnte, der eine verdeckte Agenda inmitten eines Haufens Bewaffneter unzuverlässiger Loyalität verfolgte. Nicht zu wissen, wem man trauen konnte, ständig in Gefahr beobachtet und belauscht zu werden, jemanden ausgeliefert, auf den er nicht den geringsten Einfluss hatte - das zerrte an den Nerven. Vor allem, da er sich nicht anmerken lassen durfte, WIE sehr es ihn belastete. Er war bisher einfach nicht recht klug aus der Truppe geworden. Die Fixierung der Söldner-Offiziere, die weit eher davon auszugehen schienen, dass der Grund für die Angriffe der...,Piraten'...auf der kuritanischen Seite der Grenze zu suchen waren, gar eine Art Verschwörung hinter all dem steckte, auch hinter den Überfällen auf Clangebiet - das war beunruhigend und gefährlich. Doch war es nur Teil ihrer Voreingenommenheit zugunsten der Clans, Loyalität gegenüber dem, was ihnen ihre Com-Star-Herren eingeflüstert hatten, oder hatte es andere Gründe? Verfolgten die Höllenhunde einen ganz eigenen Plan, alleine oder im Bund mit jemand anderen? War dieses Gerede für eine Verschwörung Vorbereitung für eigenes Handeln, wussten sie mehr, als sie im Moment zu zeigen bereit waren?
Klare Anzeichen, dass man sich auf ein Gefecht mit den Odaga - oder Shimatze - vorbereitete gab es nicht. Man hatte seine Bewegungen auf dem Schiff nur im Rahmen des Üblichen eingeschränkt, so dass der junge Kuritaner sich ein gutes Bild von der Kampfkraft der Einheit hatte machen können - angeblich war man ja verbündet. Die Zahl und den Typ ihrer Fahrzeuge hatte er natürlich schon vorher gekannt, doch inzwischen hatte er auch ein ganz gutes Bild vom Zustand und den Munitionsvorräten. Das waren Details, die noch einmal von Nutzen sein konnten. Auch die Infanterie hatte er inspiziert. Sie war gut mit leichten Handfeuerwaffen ausgerüstet, doch fehlten ihr Infanteriegeschütze. Auch Mörser und andere schwerere Unterstützungswaffen standen kaum zur Verfügung. Die Truppe war offenbar eher für schnelle Angriffe gedacht als für einen blutigen Graben- und Häuserkrieg. Sollte es zum Kampf gegen die Odaga-Verbände kommen, würde sich dieses Manko sehr zuungunsten der Söldner auswirken.

Anatoli hatte eine gute Nase für die Dinge, die man heimlich über ihn sagte oder dachte. Und bei den meisten Höllenhunden spürte er bisher weder Feindseligkeit noch Häme über seine ,Ahnungslosigkeit'. Doch das besagte nicht viel. Nicht einmal Mietlinge würden so dumm sein, einen Angriff offen anzukündigen, auch den eigenen Soldaten gegenüber nicht. Die einfachen Soldaten und der Anhang - Männer und Frauen wie diese junge Technikerin - wussten offenkundig nichts, ahnten nichts, argwöhnten nichts. Einige mochten Vorbehalte gegen die Odaga oder Kuritaner im Allgemeinen haben, aber das nicht mehr als der übliche Innere-Sphären-Rassismus nahelegte, kulturell und traditionell begründet - oder durch unerfreuliche Erfahrungen. Sie hatten keine Ahnung, was ihre Anführer möglicherweise planten - oder in welch gefährliches Terrain diese sie bereits jetzt geführt hatten. Das hieß freilich nicht, dass sie ihren Anführern nicht folgen würden, wenn die Stunde der Wahrheit - oder der Lüge - kam. Wenn man ihnen die Geschichte ,Verschwörung' bereits vorher vermittelte, waren sie unter Umständen bereit, auf die Soldaten eines kuritanischen Adelshauses zu schießen im Glauben, das Richtige zu tun. Gerade ihre Ahnungslosigkeit über das Ausmaß der Konsequenzen, die das für sie haben konnte, machte sie dann gefährlich.

Anatoli wünschte sich sehr, dass es nicht zum Kampf kommen würde - einen Kampf, den sein Vater vermutlich als fast unausweichlich betrachtete, und das aus guten Gründen. Er selber hasste die Höllenhunde als Ganzes nicht - er empfand freilich auch keine besondere Zuneigung ihnen gegenüber. Ihre Offiziere und Veteranen verabscheute er aufrichtig, zumindest sofern sie an der Jagd auf Anatoli Kenda teilgenommen hatten. Doch von den Mitgliedern der ersten Stunde gab es nicht mehr viele. Gegen den Rest der Truppe hegte er weit weniger Vorbehalte. Einige waren ihm sympathisch, und er wünschte ihnen nichts Böses.
Doch letztendlich spielte das keine Rolle. Er wollte nicht, dass die Soldaten seines Vaters und die Söldner sich umbrachten, nur damit ein Dritter den Nutzen daraus zog. Denn dass zumindest das Fußvolk der Söldner nichts als Schachfiguren waren, entbehrliche Werkzeuge für ihre Herren, dessen war er sich inzwischen sicher. Nun ging es vor allem darum zu verhindern, dass das Spiel einen für Haus Odaga verhängnisvollen Verlauf nahm. Anatoli Tanigaki hatte nicht gelogen, als er Tai-ming gesagt hatte, dass er für seine Familie, seine Heimat und die loyalen Untertanen seines Vaters alles tun würde. Blieb nur die Frage, gegen wen er sie verteidigen musste...
Mit diesen düsteren Gedanken erreichte er sein Quartier. In ein paar Stunden stand die nächste Besprechung mit ,Major' Scharnhorst und seinem Stab an, eine weitere Runde Analysegespräche zu dem Material, dass die Shimatze und Tanigakis Vater den Söldnern weitergegeben hatten. Wieder würde er versuchen müssen zu ergründen, was die Söldner wussten, was sie vorgaben zu wussten, was sie argwöhnten, was sie planten - während die Höllenhund-Offiziere genau das selbe bei ihm versuchen würden. Ein Stück weit wünschte er sich, endlich Klarheit zu haben, einen Feind, gegen den er offen antreten konnte. Aber er hatte früh gelernt, dass der verborgene Dolch nicht weniger tödlich als das gezogene Schwert war, und dass man beide Sorten des Kampfes mit der gleichen Entschlossenheit führen musste. Und das würde er. Er würde seine Pflicht erfüllen, mit Worten, dem Dolch oder dem Schwert - bis jede mögliche Bedrohung beseitigt war und die Befehle seines Vaters erfüllt.

Ende
20.04.2018 18:30 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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12. Mai 3067 / Bjarred Aufladestation / Militärdistrikt Pesht / Landungsschiff

Endlich mal wieder was anderes als das Landungsschiff oder die Korridore des Sprungschiffes. So dachten etliche der schnellen Eingreiftruppe der Chevaliers, die aufgebrochen waren um ihren Freunden zur Hilfe zu eilen. Trotz aller Bemühmungen die Systeme und Sprungzeiten zu verkürzen, gab es doch ab und an mal einen längeren Aufenthalt. Sei es wegen einiger zufällig entstandenen Verzögerungen beim Aufladen der Sprungantriebe oder weil nebenher auch die WErbetrommel gerührt wurde und so die Popularität der Einheit und ihrer Kommandeurin gefördert werden sollte.

So war es auch nicht verwunderlich, das in einer festgelegteen Rotation immer einige der Chevaliers auf dieser Station verweilten und die Erholungseinrichtungen und Läden besuchten.

Sue Min schlenderte gemütlich durch die Station, durch ihr asiatisches Aussehen fiel sie nicht so sehr auf wie die anderen Chevalliers. So ging ich mal hier in einen Gang mal dort und merkte mir die Verbindungen zu den Hauptkorridoren, denn man konnte ja nie wissen. Einige Bereiche waren gesperrt, das war zwar normal, aber eigentlich auf den öffentlichen Ebenen unüblich.
Hier und da erspähte sie auch einige Chevalliers, aber von ihren Lanzenkameraden war sie noch keinem begegnet. Sie grübelte hin und her und irgendwie hatte sie ein wenig Angst, das sie ihre Furcht vor MacLains Sprengstoffen und die Meldung bei Rudi sie etwas ins Abseits gebracht hatte. Sie hing gerade ihren Gedanken nach, als sie jemand an die Schulter fasst, sie schaut nach rechts und sah die Hand eines fetten Draconiers. Sie schaute dem Mann direkt in die Augen, machte einen Schritt weg und entgegnete auf Mandarin:" Was soll das denn? Sie suchen sicher was anderes!" Der dicke Draconier lallte unverständliches kauderwelsch, torkelte gegen die Wand des Ganges und schaute dann wieder auf die junge Frau, der er gerade ein süßes Angebot machen wollte. Es dämmert ihm das er wohl keine der freien Damen vor sich hatte, aber er war schließlich der Mann, sie sollte ihren Preis nennen und dann sollte es los gehen. "Hey süße kleine Blume, mach mal den Prinzen glück ... lich glücklisch. Bekommst auch gut ...!" Da hatte der Kerl aber die falsche angesprochen. Nach dem ersten Wort hatte sich Sue Min umgedreht und war gegangen. Der dicke Draconier schimpfte und taumelte hin und her, nicht in der Lage ihr zu folgen. Diese Begegnung war die einzig irritierende für Sue Min. Wenig später im Hauptkorridor traf sie auf Anton und Rudi die vor einem Teehaus saßen und geraden bestellen wollten. Sie winkten Sue Min zu sich und begannen über alles möglich zu plaudern.

Büro der Versorgungsoffizierin

Jules Kress tigerte vor dem Büro im Gang hin und her. Gleich hatte ich einen Termin und die bisherigen Informationen waren nicht gut für mich. So musste ich erfahren das es lediglich zwei Gefechtssätze Langreichweiten Munition für meinen Hammerhands gab, aber damit nicht genug, die viel wichtigere Sprengmunition war garnicht mehr da. Mal sehen was es noch für schlimme Nachrichten gab. Ich klopfte an der Tür.
"Guten Morgen."
"Guten Morgen Miss Stuart. Was ist nun schon wieder nicht da?" begrüßte ich sie brummelig.
"Herr Kress, ich kann nichts dafür, verstehen sie das bitte. Ich habe ihre Munition bestellt und wir sollten sie hier übernehmen. Der Frachter ist aber nicht angekommen, wir wissen nicht wo er steckt. Deshalb habe ich eine Sonderfreigabe erwirkt, das wir bei userem nächsten Zwischenstop einen Ersatzlieferung bekommen. Das hat aber auch andere Konsequenzen. Die Menge musste ich reduzieren da so eine Lieferung kostspieliger ist und was sie vielleicht freuen wird, ich konnte noch zwei Autokanonen aus Davion Produktion dazu bekommen, als Ersatzteil."
"Das ist ja fantastisch. Aber wo ist der Haken?" Jetzt wurde es interessant, denn wenn sich eine Versorgungsoffizieren so viel Mühe gab konnte das nie umsonst sein.
"Tja Mister Kress. Das kommt darauf an was sie bereit sind zu investieren. Siie sind ja derzeit noch ausgeliehen von ihrer ehemaligen Einheit. Für eine solche Investition brauchen wir mehr als eine solche Anstellung. Die von mir Angebotenen Sachen werden erst vom Stab frei gegeben, wenn sie sich entscheiden könnten, einen festen Kontrakt als Chevallier zu unterzeichnen. Darüber wird ihr Lanzenführer mit ihnen zu reden. Danach werde ich dann alles weitere veranlassen."
Was sollte das denn, dachte ich mir. "Danke für die Info, dann bin ich mal gespannt wann sich mein Lanzenführer meldet."
Ich war aus dem Büro raus, als ich aufgefordert wurde, mich bei meinem Lanzenführer zu melden. Na gut dachte ich, wenn die es so wollen.
Ich klopfte an die Tür von Captain Hildebrand, öffnete die Tür und trat ein. Dreht mich zackig um und salutierte:"Corporal Kress meldet sich wie befohlen, Mam."
"Corporal Kress, wie sie eben schon gesagt bekommen haben, von Mrs. Stuart, würden wir sie gern langfristig bei uns begrüßen. Was natürlich auch eine Feldbeförderung nach sich ziehen würde und alle Vergünstigungen nach diesem Einsatz auf dem Lehen des Grafen Danton. Nach Rücksprache mit der Einheitseignerin soll ich ihnen dieses Angebot machen, weil auch ich sie in der letzten Mission als guten Mechkrieger kennen gelernt habe und es empfohlen habe. Was denken sie, Corporal Kress?"
"Mam, ich finde dieses Angebot sehr interessant. Mir ist nur nicht klar was diese Vergünstigungen auf dem Lehen bedeuten und warum Mrs. Stuart mit dem Nachschubfreigabe argumentiert hat."
"Mr. Kress, das bedeutet das sie am Ende ihrer Dienstzeit bei den Chevaliers sich auf dem Planeten in Ruhe niederlassen können. Ihnen steht ein Haus mit Grundstück zu, das Recht ihren Mech in der Miliz weiter zu führen. Falls sie zu Alt werden, fällt der Mech an die Chevalliers und sie erhalten 60% des Wertes der Maschine als Abfindung. Ausserdem steht ihnen eine Grundsicherung zu in Form von einem Rentengehalt von 75% ihrer letzten Bezüge. Sollten sie eine Familie haben werden auch ihre Angehörigen entsprechend versorgt und erhalten Arbeitsplätze, garantiere Kindergarten, Schulplätze, sowie die Möglichkeit bevorzugt an Ausbildungen auf dem Gesamten Planeten teil zu nehmen."
"Das hört sich gut an. Bis wann muss ich mich entscheiden? Sie wissen sicherlich das ich über sowas nachdenken muss."
"Corporal Kress sie haben 24 Stunden Bedenkzeit, danach muss ich das Angebot zurückziehen. Die Materiallieferung wird es trotzdem geben, die Munition wird ihnen nicht verwehrt, aber der tausch auf die AK aus Davion Beständen könnte für andere Mechs besser investiert werden. Das verstehen sie sicher, das die Mechkrieger der Chevalliers dabei dann bevorzugt werden."
"Natürlich Mam. Ich danke für daas Angebot." ich salutierte, dreht mich um, öffnete die Tür und verließ das Büro meiner Vorgesetzten. Was sollte ich nur machen? Sollte ich mich einfach an diese Einheit binden. Meine Freiheit aufgeben. Wer weiss ob ich diese Mission überlebe. Gut ich bin Single, aber niemand weiss wie es nach diesem Einsatz aussieht. Ich muss gründlich darüber nachdenken. Schließlich war ich ein Spiler, vielleicht konnte man noch was verhandeln. Mit einem leichten grinsen ging ich wieder in Richtung meiner Kabine.


Naraka, Draconis-Kombinat

Emma „Simple“ Thorvalson, stand mal wieder vor ihrem Jäger. Die Hellcat war noch immer nicht ihrs. Daran gewöhnt hatte sie sich und ihr fiel der Umgang nicht schwer, aber eigentlich flog sie ja lieber eine Stingray, aber als Entrechtete hatte sie keine Wahl.
Die Mission sollte auf dem Flug noch bekannt gegeben werden. Offensichtlich ging es aber wiedermal in den Clanraum, ansonsten wäre unsere Tarnung sinnlos, auch wenn es Gerüchte gab die einen kleinen Dschungelplaneten favorisierten. Aber was soll man in so einer grünen Hölle mit Hellcats schon machen. Gott sei Dank waren das nicht ihre Probleme.
Ihr Problem war nur die Missionen zu überleben. Beim letzten war es knapp und hätten sie nicht auch Glück gehabt, würden sie in einem Knast der Geisterbären sitzen, wenn es gut lief. Schließlich waren sie Banditen für die Geisterbären.
Für wen sie das alles machten war nur den Chefs bekannt und der Chefin vertraute sie Blind, aber ihrem Vertreter, da war sie sich nicht sicher.
Die Überführung begann, es passierte nichts. Die paar Einheimischen dieser alten Bergwerkskolonie schauten uns nach, aber vermissen würden sie uns nicht. Doch diesmal flog nicht nur ein Teil von uns ab, es schien das alle Teileinheiten mitkamen. Das war doch eine Überraschung, das konnte aber auch heißen das wir hier so gut wie fertig waren. Wir operierten ja immer getrennt und so konnte es gut sein, daß wir zusammen aufbrachen, aber getrennt arbeiteten.
Mulligan, der Tech, hatte noch angemerkt das die Hellcat auf Abfangjäger beladen war, das hieß Zusatztanks und Raketen gegen andere Jäger, keine Bomben.
Es dauerte nicht lange, bis wir ins Landungschiff geholt wurden, an das schlanke Sprungschiff andockten. Nachdem alle an Bord waren, trafen wir uns an der Preflight … es hing nichts aus, eigenartig. Also schnell die Terminals mit den Daten füttern und dann ging es in das vorübergehende Quartier. Es dauerte nicht lange da erklang auch schon die erste Sprungwarnung und wir verließen dieses für viele unbekannte und unbedeutende System.
Dann kommt auch schon das Sprungsignal … alles verzerrt sich, verschwimmt und aufeinmal ist alles wieder normal. Es scheint ein Blitzschlag, aber es fühlt sich anders an. Nach einigen Minuten geht es wieder, über ihr Pad erhielt sie die Nachricht das eine Einsatzbesprechung im großen Hangar stattfindet, mal sehen ob das Geheimnis der nächsten Mission gelüftet wird.
„Ladies und Gentlemen, wir sind nun im Zielsystem. Wir docken gleich ab und werden uns dann versteckt halten. Wann wir in Aktion treten hängt davon ab wann wir gebraucht werden oder sich eine Evakuierungssituation ergibt. Auf alle Fälle sollen wir uns ruhig verhalten, d.h. Nicht das nichts passieren wird, nein. Wir sind hinter dem größten Mond und werden dort trainieren. Es wird sich auch die Möglichkeit für den ein oder anderen ergeben auf einen anderen Jäger zu wechseln, einige sind ja auch auf der Stingray qualifiziert. Also es gibt viele Daten von ihnen zu sichten, für den Fall das wir in den Einsatz gehen, der grüne Planet hat viele Gefahren und ich möchte niemanden verlieren der heil aussteigt und dann sich von einer Pflanze oder einem Tier vergiften lässst. Also lest alle die Daten, ihr bekommt als MedPak etliche Salben und eine kleine Sammlung Gegengifte mit, für alle Fälle. Ausserdem werden wir wieder Bodenangriffe üben und da der Mond eine gute Möglichkeit bietet auch Luftkampf in Bodennähe. Dann viel Glück und ab mit euch.“ So beendete der CAG die erste Einsatzbesprechung.
Ich ging in den Hangar und machte mich bereit aúszuschleusen und mit den Manövern zu beginnen. Die Hellcat war im All ein harter Gegner für jeden der es versuchen wollte. Sie hatte einige Manöver gegen ihre Kameraden schon gewonnen, aber teilweise auch nur weil sie mit hohem Risiko und Ausnutzung der maximalen Möglichkeiten der Trägheitsdämpfer gearbeitet hatte. Ich war halt der Meinung das man auch bei Übungen mehr als 100% aus seiner Maschine rausholen kann.
Aber so erschöpfte ich mich auch ziemlich schnell, also bat ich nach zwei Stunden um Landeerlaubnis und wurde auch zügig reingeholt. Ich war fix und fertig, als ich aus meiner Hellcat kletterte. Ein Tech reichte mir eine Flasche mit Getränke und schickte mich zur Preflight, der CAG hätte etwas mit mir zu besprechen. Gerade legte ich meinen Helm ins Fach und verstaute noch ein paar andere Sachen meiner Ausrüstung als der CAG auch schon um die Ecke schaute.
"Thorvalson, sie brauchen nicht ab zu legen. Ihre Hellcat wird überprüft, sie müssen aber sofort wieder raus. Nehmen sie Eagle 6. Ihr Ziel ist im Navcomputer geladen. Sie sollen Rückendeckung für zurückkehrende Einheiten spielen. Also los auf auf !"
Schnell schnappte ich mir meine Sachen, rannte aufs Flugdeck und schaute wo nun die Hellcat mit dem Sign Eagle 6 stand, tja, dummerweise fand ich meinen Vogel nicht. Dann schaute ich nach rechts und dort standen zwei Stingrays F-92 start klar. Und dann traf es mich, die hintere war die Eagle 6, meine Eagle ... ich lief so schnell es ging los. Mein Wingpartner war schon da und verdrehte leicht die Augen.
"Hey Thorvalson, sowas darf in einem richtigen Einsatz nicht passieren. Hat dir der CAG nicht gesagt das du eine Stingray nimmst?"
"Nein Sir. Aber nun weiss ich bescheid. Bin gleich im Cockpit und im Funk. Sorry Sir."
"Dann bin ich ja mal gespannt."
Schnell kletterte ich die Sporssen zum Cockpit hoch und lies mich in den Sitz gleiten, ein Tech erschien und schnallte mich an. Die Sicherheitsroutine griff, ich ging alle Anzeigen durch, schalte die Maschine auf den Funk auf und startet alle Systeme durch. Die Kanzel fuhr zu und ausser dem piepsen und blinken der Anzeigen erschien nun auch das HUD vor mir in der Luft. Alle Systeme meldeten grün. Bewaffung Check. Treibstoff Check. NavCom Check. Lebenserhaltung Check. Zuladung Check.
"Hier Eagle 6, fertig zum Ausschleusen."
"Hier Eagle 5, gut gemacht. Wir schleusen gleich aus. Callsign für diese Mission ist Eagle Leader und Eagle 2. Over"
"Eagle 2 Copy."

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Die Versammlung war exklusiv, und das war vielleicht der Grund, warum sich Chu-i Adam Harata so unwohl fühlte. Neben Chu-sa Imara, dem designierten Chef der 13. Ryuken waren dies Sho-sa Inaho, seine direkte Vorgesetzte, Sho-sa Nelson Torinari, Chef des 2. Bataillons, Tai-i Ana Kobe als Chefin des noch im Aufbau befindlichen 3. Bataillons, Elden Parkensen als Statthalter des Koordinators auf Wayside V, und natürlich der Alte selbst. Der Alte. Graf Danton. Adam hatte bereits ein paarmal die Ehre gehabt, mit ihm zu sprechen, und jedes Mal hatte er sich bemüht, zu erkennen, welches der Gerüchte über ihn wohl zutraf. War er ein waghalsiger Hasardeur, der mit seinem eigenen Leben spielte? Ein aufgeschlossener, umsichtiger Mann, der jeden einzelnen seiner Leute mit Vornamen und Lebenslauf kannte? Ein regelrechter Mörder mit Killerinstinkt und dem Glück des Teufels persönlich? Fest stand nur eines: Mit der Erhebung in den Adelsstand durch Herzog Mikado, den Herrn der wichtigsten Zwischenstation des Handels zwischen Innerer Sphäre und Kerensky-Cluster stand er weit über Adam. Dennoch hatte der Graf sich neulich mit ihm über sein Hobby unterhalten und sich sehr interessiert gezeigt. Dazu kamen selbstverständlich noch mehr Stellvertreter, sodass der kleine Besprechungsraum des Stützpunkts unter den Three Sisters, den jemand großspurig Kaserne genannt hatte, gut gefüllt war.
Ein Gast war anwesend, und Adam kannte ihn nicht. Er war bisher auch noch nicht vorgestellt worden, aber seine beherrschte Persönlichkeit und die Art, mit der er Danton behandelte, zeigten, dass er den anderen weder für seine Söldnervergangenheit verachtete, noch sich selbst über ihn erhob.
„Haben alle was zu trinken?“, durchschnitt Dantons Stimme die leisen Unterhaltungen am Tisch. „Ja? Dann können wir ja anfangen. Aaron?“
Der stellvertretende Kommandeur der 13. Ryuken nickte. „Arita?“
Die kleine, aber gut trainierte Frau erhob sich, raffte ihre Unterlagen zusammen und öffnete sie. „Zuerst die gute Seite. Mit der Lieferung von acht mittelschweren Mechs der Garnisonsklasse aus Beständen der Geisterbären ist das 1. Bataillon einsatzbereit. Aber wir verfügen weder über Reservekapazitäten, noch über Reservepiloten. Das wird sicher auch noch einige Zeit so bleiben, solange die anderen Regimenter nicht aufgefüllt sind.“
„Danke, Arita. Nelson?“
„Ja, Sir. Die D-Kompanie ist komplett. Ausrichtung schwer. Die E-Kompanie steht mit neun Mechs und einer leichten bis mittelschweren Sortierung auch schon gut da. Die F-Kompanie hingegen hat bisher erst fünf Sturmklasse-Maschinen und ist daher auch nicht einsatzbereit. Immerhin steht meine Kommandolanze.“
„Danke, Nelson. Tai-i Kobe?“
„Hai, Chu-sa.“ Torinari setzte sich, Ana Kobe erhob sich. „Die Situation des 3. Bataillons ist bisher noch immer schlecht. Ich komme durch alle drei Kompanien hindurch nur auf dreiunddreißig Prozent Mannschaften, aber immerhin auf fünfzehn Maschinen, die bisher zu je anderthalb Lanzen in der G-Kompanie und der H-Kompanie aufgeteilt sind. Der Rest bildet eine unvollständige Lanze in der I-Kompanie. Somit bin ich in der wundervollen Lage, jeden Mech auch zu besetzen. Aber auch hier, keine Ersatzpiloten.“
„Danke, Tai-i. Dazu möchte ich noch ergänzen, dass unsere Tech-Situation ebenso schlecht ist. Wir kommen gerade mal Regimentsübergreifend auf fünfzig Prozent AsTech-Unterstützung und dreißig Prozent der empfohlenen SeniorTechs. Wir werden uns die Techs selbst heranbilden müssen, denn auf dieser Welt kämpfen vier Einheiten ganz offiziell um Rekruten und Techs, und das kann nicht wirklich gut gehen. Werbungen auf anderen Planeten laufen, immerhin. Tai-i Krüger, wie sieht es bei Ihnen aus?“
Der schmale, dünnlippige Draconier stand auf. „Ich habe für meine Kompanie geschützter Infanterie bisher zwei von drei Gruppen voll, also zweiundfünzig Leute. Das ist noch wenig, aber Ausrüstung und Ausbildung ist für alle Teams vorhanden, sodass ich den Schutz des Regiments gegen Infanterie garantieren kann.“
„Danke, Tai-i Krüger. Soweit der Bericht meiner Leute, Koshaku-sama.“
Danton nickte bestätigend, sah ins Rund und schien kurz nachzudenken. „Das geht wesentlich schneller als ich erwartet habe. Das sind gute Nachrichten. So gut, dass ich Ihnen auch eine gute Nachricht geben möchte. An meiner Seite ist Tai-sa Bordino. Er ist zuständig für Neuaufstellungen im Hauptquartier der Vereinigten Streitkräfte des Draconis-Kombinats. Nach dem letzten Scharmützel zwischen Kombinat und Dominion ist da einiges zu tun, nämlich an Wiederaufstellung von Einheiten, und bei der Gelegenheit hat er den Weg von Wolcott zu uns genommen. Der Tai-sa hat uns einiges zur Einheitsdoktrin zu sagen. Bitte, Tai-sa.“

Tai-sa Bordino war ein großer, schwarzhaariger Mann mit dem Körperbau eines Sumo-Ringers, aber er wirkte nicht ansatzweise gemütlich. „Danke, Koshaku Danton. Wie Ihr Graf und Kommandeur bereits gesagt hat, ich war in der Nähe und habe die Gelegenheit genutzt, um zu schauen, wie sich der Aufbau macht. Sowohl der Angry Eagles und der Miliz als auch der Chevaliers, die ich ja knapp verpasst habe. Aber vor allem die Aufstellung der Ryuken interessiert mich.“
Er sah mit großen, dunklen Augen ins Rund. „Sie haben Fragen.“
„Wie viel dürfen wir denn wissen?“, fragte Imara.
„Fragen Sie, und Sie werden sehen, worauf ich antworte.“
Diplomatisch, diplomatisch. Aber im Kombinat musste man auf seine Fragen achten, wollte man nicht ins Visier der ISA rücken. Aber eine Frage konnte er sich nicht verkneifen. „Tai-sa, ich bin Chu-i Adam Harata von der A-Kompanie. Sagen Sie, das Kombinat hat fünf Ryuken-Regimenter aufgestellt. Warum sind wir Nummer dreizehn?“
Der große Mann lächelte. Und das war durchaus ein gespenstischer Anblick. „Eine gute Frage. Die mich auch gleich zu einem wichtigen Punkt bringt. Sie alle wissen, dass die Ryuken nach Vorbild der Wolfs Dragoner ausgebildet wurden. Seither wurden sie immer an Brennpunkten eingesetzt, und nicht immer war das Schlachtenglück auf Seiten der fünf Regimenter.“
Die Anwesenden nickten wissend.
„Die Ryuken haben eine alte Tradition, sich stets an den neuesten Maßstäben für den Kampfeinsatz zu orientieren und ihre Truppen entsprechend auszubilden. Dies hat sich als erträglich erwiesen, sodass der Koordinator entschieden hat, mehrere weitere Regimenter zu bilden, die im Sinne der Ryuken ausgebildet werden. Lassen Sie mich das erklären“, sagte der Tai-sa.
„Die letzten Auseinandersetzungen, mit denen wir uns herumplagen mussten, haben deutlich gezeigt, dass wir unorthodoxe Herangehensweisen an Gefechtssituationen dringend brauchen. Vor allem brauchen wir entsprechend ausgebildete Einheiten an bestimmten Punkten im Kombinat. Unorthodoxe Strategien, und das Wissen, wann man sie einsetzt, das ist es, was die Ryuken grob gesagt ausmacht. Ihre 13., die unter dem offiziellen Namen 13. Wayside-Regiment Ryuken-Standard auftreten wird, ist eine solche Eingreiftruppe. Beziehungsweise sie wird es sein. Die Position Ihrer Heimatwelt hat mehrerlei Gründe. Die Sicherheitslage im Kombinat hat uns klar gezeigt, dass es nicht genügt, ausreichend Regimenter zu haben. Sie müssen auch da sein, wo man sie braucht. Ich rede hier ausdrücklich von Elite-Einheiten wie die, welche die 13. werden soll. Mit ihrer Platzierung auf Wayside V deckt sie nicht nur den Handelsweg zu den Clans, Wolcott und große Teile des Novakatzen-Raums, sondern sie ist eine Abschreckung an die gesamte kernseitige Peripherie. Und natürlich eine deutliche Warnung an Clan Wolf. Nicht an den ganzen, versteht sich. Wenn wir alles zusammenfassen, dann wollen wir, dass die Existenz der 13. Ryuken bekannt wird, und dass sie als nahezu so gut wie eine der ursprünglichen fünf Ryuken-Einheiten wahrgenommen wird. Als regionaler Machtfaktor. Und deshalb ermutige ich Sie, besser zu werden als die Ryuken.“
Das war eine gewaltige Aussage, fand Harata, und als er sich umschaute, sah er in Gesichter, die diese Herausforderung bereit waren anzunehmen. Die Augen leuchteten, und es waren nicht nur die Augen des Grafen.
„Danke für diese Erklärung, Tai-sa Bordino“, sagte Danton. „Ich bedanke mit vor allem, im Namen der 13. Ryuken, versteht sich, dass Sie den Weg zu uns heraus gefunden haben. Das bedeutet uns allen eine Menge und wird der Ausbildung einen Schub geben.“
„Es war mir ein Anliegen, diese Einheit, und vor allem Sie, Koshaku Danton, kennenzulernen. Es ist mir eine Freude, dass meine Erwartungen bis jetzt bestätigt wurden.“ Der Tai-sa sah ins Rund. „Sie alle, machen Sie sich klar, dass wir in interessanten Zeiten leben. In sehr interessanten Zeiten, wie in dem alten chinesischen Fluch. Das bedeutet, eine flexible Truppe wie die, die Sie alle sein sollen, wird sehr viel Arbeit bekommen. Die Feinde des Drachen sind zahlreich, und sie kommen von innen wie von außen. Aber nur der Koordinator ist der Garant dafür, dass Milliarden Menschen auf einer gemeinsamen Basis, einer gemeinsamen Gesetzgebung miteinander leben und miteinander auskommen. Diese Menschen zu beschützen, das ist seine Aufgabe, und jetzt ist es auch Ihre Aufgabe.“
Leiser Applaus klang für die Worte des Tai-sas auf, in den auch Harata einfiel, nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand ein dreifaches Banzai anzustimmen gedachte. Ein klares Zeichen dafür, dass die Truppe eventuell nicht so drakonisch war, und vielleicht auch ein Zeichen für die Zukunft, dass solche Truppen in Zukunft stärker gebraucht werden würden.

„Wenn wir schon mal dabei sind, etwas richtig zu machen“, sagte Danton schmunzelnd und tauschte mit Inaho einen kurzen Blick aus, „würde ich jetzt gerne eine dienstliche Angelegenheit der 13. in Angriff nehmen, Tai-sa.“
„Nur zu. Genau dafür sind wir hier.“
„Dann bitte ich alle Anwesenden, aufzustehen.“
Gehorsam erhoben sich alle von ihren Stühlen auch Harata.
„Chu-i Harata, bitte kommen Sie zu mir. Sho-sa Inaho, kommen Sie auch zu mir.“
Überrascht setzte sich Harata in Bewegung, stellte sich vor Danton und postierte sich in seiner besten Grundhaltung. Arita Inaho stellte sich daneben. „Tai-sho.“
„Sho-sa, Sie haben vorhin das 1. Bataillon einsatzbereit genannt.
„Ja, Tai-sho.“
„Stehen Sie zu dieser Aussage?“
„Jawohl, Tai-sho.“
Danton nickte zufrieden. „Ich denke, dann ist jetzt der beste Zeitpunkt dafür gekommen, dass Sie die Sache tun, über die wir schon seit einiger Zeit reden.“
Harata zeigte es nicht nach außen, aber innerlich schwitzte er Blut und Wasser. Inaho hatte ihn die letzten Wochen hart rangenommen und öfter auch mal durchfallen lassen. Kam jetzt die Absage? Wurde er fallengelassen, musste zurück ins Glied treten? Immerhin, abgesehen von der Blamage bedeutete das weniger Arbeit, weil er sich nur noch um eine Kompanie kümmern musste. Oder würde man ihm die auch noch weg nehmen?
„Chu-i Adam Harata“, sprach sie ihn an.
„Tai-sho“, sagte er vorsichtshalber, da sie seine Bataillonskommandeurin war.
„Ich habe Sie die letzten Wochen ausgiebig getestet. Körperlich. Geistig. Ihre Möglichkeiten, Ihre Grenzen, ihre Belastbarkeit. Ihr Umgang mit Fehlern. Ich denke, es ist wirklich an der Zeit, dass ich Ihnen etwas sage.“
Nun wurden ihm die Hände klamm.
„Als mein Stellvertreter können Sie nicht in einem Leutnantsrang herumlaufen, Harata. Im Namen des Koshaku spreche ich eine Beförderung zum Tai-i aus. Herzlichen Glückwunsch, Adam.“
Da waren plötzlich Torinari und Kobe neben ihm und nahmen ihm die Chu-i-Abzeichen ab, während Inaho ihm die Hand schüttelte.
„Dem möchte ich mich auch anschließen, Tai-i, Harata“, sagte Danton und schüttelte ihm als Nächster die Hand, während die beiden Bataillonskommandeure neue Abzeichen anbrachten, jene eines Tai-i. „Ich erwarte viel von Ihnen, Harata, aber sicher nicht so viel wie Sho-sa Inaho.“
Dies ließ die Versammelten leise lachen. „Danke, Tai-sho“, sagte er verdutzt. „Ich werde Sie nicht enttäuschen, und ich werde Sho-sa Inaho nicht enttäuschen.“ Zumindest hoffte er das.
„Ich beglückwünsche Sie ebenso, Tai-i Harata“, sagte der Tai-sa von Luthien und drückte ihm ebenfalls die Hand. „Ich weiß nicht, ist es bei Ihnen üblich...“
„Was üblich, Tai-sa?“, fragte Harata erstaunt.
„Dass ein frisch beförderter Offizier seinen Offizierskollegen die Getränke ausgibt, die sie anschließend bei einer Feier trinken werden?“
Danton lachte auf. „Bei den Chevaliers war das durchaus so üblich. Und ich denke, wir werden das auch für die 13. Ryuken einführen. Nicht wahr, Tai-i Harata?“
Erleichtert atmete Adam auf. „Selbstverständlich sollten wir das tun, Koshaku-sama.“

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Teil 3- Eine Bombe ist nicht genug


Den Zank zwischen Jara Fokker und Col. Copeland hatte fast jeder mitbekommen. Zumindest Hellingsdottir als Adjutantin von Col Copeland. Alle Adjutanten und Schreiberlinge der „zweiten Linie“ kannten einander recht gut. Sie sahen einander an, wenn etwas sie beschäftigte und Hellingsdottir war keine Ausnahme. Sie gab sich jedoch viel Mühe alles zu verbergen und die Arbeit am Schreibtisch zu lassen. Aber beim Abendessen nahm sie zwei Portionen Nachtisch, Süßspeisen halfen nicht nur in den goldenen alten Tagen der Inneren Sphäre bekanntlich gegen Frust. Was so gar nicht zum Linienbewusstsein von Ihr passen wollte. Alle im Raum anwesenden IS- Damen mieden die süße Versuchung der Küche kategorisch, denn diese Kalorien Granaten bedeuteten zwangsläufig einige Extra-Runden auf dem Knochenschleiferparcour. Ein Hindernis Parcour den niemand wirklich mochte. Gerade mal 25-30 Personen waren noch in der Kantine anwesend obgleich die Kantine das 4-5-fache an Personen aufnehmen konnte. Einige Papiertiger der Unterstützungseinheiten MP` s die gerade von einer Patrouille kamen und Techs die mal wieder die Zeit vergessen hatten, weil Sie in den Eingeweiden von Mechs herumwuselten. Arthur hatte Jaqleen ebenfalls dazu bewogen eher die Randzeiten der Essensausgabe aufzusuchen. Sie saßen nicht ganz freiwillig an einem eigenen Tisch. Denn einige der Techs hatten noch Bestellungen mitgeschleppt oder Teile die Sie nach dem Essen noch reparieren wollten oder mussten. Neben jedem Tech war ein Stuhl mit Gerümpel zugestellt worden, Wenn das der Koch sehen würde, würde er glatt nochmal ausflippen. Einige erkundigten sich nach dem Befinden von Ryback andere waren weniger freundlich zu ihm und witzelten ob am späten Abend noch der Glasnudelsalat geflogen käme. Einige boten Ihm an eine antike Schirmkonstruktion zu spenden falls es mal Salatköpfe regnen würde. Einige Techniker glotzen Jaqleen eine Weile lang an der Elementar mit den weißen Haaren war richtig blass und wirkte neben Mac Lain gleich doppelt so bullig.

Auf deren Teller waren jeweils eine ordentliche Portion Gemüse und Reis aufgehäuft worden dem Elementar wurden drei Stücke Fleisch auf den Teller gelegt und bei Mac Lain eins. Mac Lains Durst hielt sich in Grenzen, denn vor Ihm stand lediglich ein Glas mit 0.3l Inhalt und einem Strohhalm. Während vor Jaqleen ein 5l Pincher stand. In der Mitte des Kübels schwamm eine ordentlich dicke Scheibe Zitrone die das Wasser aromatisieren sollte. Es sah befremdlich wie eine Insel im Eismeer aus. Ryback versicherte Jaqleen jedoch, dass diese Zitrone geniessbar sei und alle Elementare das so trinken würden. Ab und an neigte sich der Elementar zu Mac Lain und fragte Ihn nach den Sachen die die Mechaniker bei sich hatten, Namen Verwendungszweck und wenn es Metallisch war ob er die Legierungsbestandteile kenne.

Einer der Techs hatte für Mac Lains Verhältnis eine Interessante Zusammenstellung dabei. Eine Büchse mit Kupfersulfat-pulver zweifellos um Risse auf einer Metallischen Oberfläche sichtbarer zu machen, um die Risse danach auch besser zu behandeln; Ein Kistchen Nitroguanidin aus der Gruppe der Nitromine, welche meistens als Treibladungsmittel oder für Sicherheitssprengstoffe verwendet wurde. Eine grössere Packung Kaliumchlorat welches mit der Aufschrift in roter Farbe „fürs Labor“ zweifellos gebraucht wurde um Sauerstoff zu gewinnen, allerdings könnte man mit Hilfe von 10%igem Kohlenwasserstoffes und Holzmehl einen sehr reibungsempfindlichen aber handhabungssicheren Sprengstoff herstellen. Das Aussehen dieses handhabungssicheren Sprengstoffes war wie Knetmasse zu vergleichen, wenn man es richtig mischte. Es war zwar nur halb so gut wie terranisches RDX aus den Vereinigten Staaten aber immerhin, man konnte daraus eine Bombe bauen. Kaliumchlorat wurde früher auf Terra ebenfalls für das Holländische Bad verwendet zum ätzen von Kupferplatten mit denen man dann Radierungen herstellte. Ausserdem eine grössere Menge Nitrylamid in einem doppelt verschweißten Päckchen was er auf Grund der Gefahrenstoffkennzeichnung erkennen konnte. Nitrylamid zersetzt sich explosionsartig, wenn Natronlauge dazugegeben wird. Die unkontrollierbare Explosion die darauf folgt war gar nicht Arthurs Lieblingsthema Da Nitrylamid je nach Reinheit mal weniger Mal mehr von der Lauge absorbierte und es bedurfte eine Ruhige Umgebung diesen Sprengstoff zu mischen. Diese Explosion würde eine echte Sauerei anrichten... Ausserdem waren in der halb aufgeweichten Kartonkiste noch ein Dutzend anderer kleinerer Aluminiumdosen und Pulverpäckchen. Überschlags massig könnte Arthur etwa 5 vielleicht sechs kleinere Bomben aus dem Paket zaubern. Dass so etwas in der Kantine geduldet wurde, konnte er nicht wirklich verstehen. Der Tech schlang in aller Seelenruhe das Essen in sich hinein mit dem großen Löffel schaufelte er abwechseln Reis und Gemüse in sich hinein und quatschte mit halb vollem Mund mit anderen Techs. Schmatzend wälzte sich ein Stück Fleisch in seiner weit aufgerissenen Futterluke und zeugte von seinem Hunger. „weißt du, die lassen einen von früh bis spät rennen, Besorgungen machen und wieder zurück rennen, die Kittelträger, das sind die Schlimmsten, Ärzte, phh, die wollen immer so spezielle Sachen Kaliumchlorat, das klingt wie Haarfärbemittel, für mich sieht es eher aus wie Plastikgranulat – zum Teufel mit dem Müll.“ Beherzt schluckte er hinunter. Und setzte nach, „Ich habe schließlich auch Hunger.“

Caroline war auch nicht mehr so gesprächig mit Arthur wie er mit Erstaunen feststellen musste. Sie grüßte Ihn zwar freundlich machte ansonsten ein etwas säuerlichen Eindruck und setzte sich demonstrativ mit dem Rücken zu ihm, an einen Tisch mit anderen der Unterstützungseinheit. Die Weiber werde ich nie im Leben verstehen, dachte sich der Schotte. Für sich wägte er ab ob er Caroline darauf ansprechen sollte, ob Sie von Ihrem Vorgesetzten Offizier eins auf die Mütze bekommen hätte oder ob etwas Anderes vorgefallen war. Ganz in Gedanken stocherte er mit dem Strohhalm in seinem Wasser herum und vergass die Umwelt. Zumindest bis die Umwelt wieder auf Ihn Einfluss nahm. Beziehungsweise Snow musste mal wieder den zerstreuten Schotten aus seinen Gedanken in die Realität befördern indem Sie mit der Faust unter dem Tisch seinen Oberschenkel anstieß. Da sie das schon öfters gemacht hatte als Ihr selbst lieb war schaute Sie Arthur grimmig und vorwurfsvoll und grimmig an. „Hey Tagträumer, wir bekommen Gesellschaft!“ mit der anderen Hand deutete Sie in Richtung der nahenden Unteroffiziere Teuteburg und Rowan Geisterbär die bestimmt auf die beiden zuschritten. Arthur fasste sich erstaunlich schnell und dachte für sich, falls er die Eröffnung des Gesprächs übernimmt könne er am ehesten abschätzen worauf die beiden aus waren. Er setze ein etwas fröhlicheres Gesicht auf als gerade eben und sprach die beiden an „Was können wir für Sie tun meine Herren Lanzenführer?“.
Dass ein Bewerber so aktiv war gefiel Rowan zwar irgendwie auch wenn der Schotte irgendwie zerstreut und so drein blickte als ob er gerade eine saure Zitrone ohne Tequila gegessen hätte.

Teuteburg hatte sich einen Augenblick eher gefasst als Rowan und begann mit einer ausladenden Handbewegung der rechten Hand in Richtung Arthur deutend „Nun ja, Mac Lain, die Zeit Sie in ihrem Mech zu testen ist etwas zu knapp, deshalb habe ich mit der Pionierabteilung gesprochen und Sie müssten mindestens mit 8 verschiedenen Materialien die Pioniere weiterbilden. Im Bereich Sprengstoff. 2 Stunden praktischer Anschauungs-Unterricht. Sowie alte Chemische Verbindungen welche man früher benutzte um Sprengstoff herzustellen im Feldversuch miteinander vergleichen. Die Teilnehmerzahl hängt von Ihnen ab Mac Lain aber es müssen mindestens 25 Mann geschult und weitergebildet werden. Erst danach werden Sie Ihr Abzeichen erhalten. Und da ist, wie soll ich sagen, noch das Problem mit dem Sprengstoff in Ihrem Mech. Ich ääh, also, hmm, wie sage ich Ihnen das am besten, also… mir behagt es nicht wirklich, falls Sie getroffen werden, dass Sie allenfalls noch einen Lanzenkameraden mit hochjagen könnten, aus Versehen natürlich. Deshalb verlange ich von Ihnen, dass Sie immer vor den Missionen ihr Arsenal bei der Logistik oder den Pionieren hinterlegen. Wenn Sie schon unbedingt mit explosivem Material herumhantieren müssen dann tun Sie das bitte weit weg von einem Fusionsreaktor eines Mechs“.
Arthur verzog eine Miene als er so förmlich angeredet wurde von Teuteburg. Konnte sich aber ausmalen, worauf Teuteburg abzielte und verstand seine Situation.
"Aber Arthur, sie werden noch auf ihre Piloten Fähigkeiten getestet bis wir ins Einsatzgebiet kommen. Ich weiß aus ihrer Personalakte, dass sie adelige Wurzeln haben. Es könnte also durchaus passieren das sich "Mylord" schmutzige Arbeit machen muss." mit einem Lächeln und einem kameradschaftlichen Schlag auf die Schulter drehte sich Rudi um und ging. Er nickte knapp und fixierte Rowan Geisterbär mit den Augen „und was haben Sie vorzubringen Seargent Geisterbär?“

„Ich informiere Sie, dass ich von Lieutenant Decaroux angewiesen wurde per sofort einen Elementar vor der Waffenkammer abzustellen habe. Wenn sie überleben wollen Mac Lain gebe ich Ihnen den Rat in der nächsten Zeit Saya Geisterbär weitläufig aus dem Weg zu gehen. Solche Arbeiten verrichten wir nicht gerne. Aus meiner Sicht wären zwei bewaffnete Militärpolizisten zweckdienlicher gewesen. Elementare haben wir nicht viele in dieser Einheit. Was Sie angeht Jaqleen von den Schneeraben“ Rowan fixierte die Elementarin mit eiskaltem Blick, „Ihre Prüfung falls Sie unterschreiben sollten, findet morgen 13 Hundert statt.
Auftrag: Sie haben auf dem Testgelände 45 Minuten Zeit die Sensoren eines Mechs zu täuschen. Sich an ihm vorbei zu schleichen OHNE attackiert zu werden. Danach aus Ihrer Rüstung zu treten und gegen 2 von 3 Kontrahenten im Nahkampf zu bestehen. 1 Infanterist, 1 Militärpolizist und Grace von den Geisterbären als Elementar stehen zur Auswahl. Sie dürfen umfallen aber nicht länger als 6 Sekunden liegen bleiben sonst werden Sie vom Schiedsrichter ausgezählt und müssen entweder von vorne anfangen oder ich lasse Sie erst mal bei der Infanterie zu Kräften kommen. Personenfiles werden Ihnen noch zur Verfügung gestellt. Entscheiden Sie die Zweikämpfe für sich, werde ich Ihnen ein Paket übergeben; Gewicht 0.4kg, Abmaß 0.32 Meter x 0.22 Meter x1 Zentimeter, welches Sie durch ein simuliertes Minenfeld bringen müssen. In diesem Minenfeld ist es Ihnen nicht erlaubt die Sprungdüsen zu zünden. Sie dürfen jedoch die Minen ausgraben und einsetzten oder entschärfen. Zeit für das Minenfeld 45 Minuten. Danach haben Sie das Paket Father John O`Hierlihy zu übergeben. Er wird im Ziel Feld auf Sie warten. – Haben Sie alles verstanden, Fragen?“

„Pos 4 Fragen“ entgegnete Jaqleen gewohnt. „Habe ich Zeit das Testfeld zu begutachten? Darf ich etwas mitnehmen was mir gegen Sensoren hilft? Muss ich mit dem auskommen was ich vorfinde? Welche Art von Mech?“

Mit einem Schnauber der Langeweile sprach Rowan im gleichen Ton weiter „Zeit in der Elementarrüstung zur Erkundung des Geländes gewährt 30 Minuten, Sie dürfen nichts mitnehmen, allerdings, was Sie vorfinden dürfen Sie benutzen. Spezifikation des Mechs Innere Sphären Mech Phoenix Hawk 3D, pilotiert von Sergeant Major Teuteburg. Erscheinen Ihnen die Bedingungen akzeptabel?“

„Pos akzeptiert“ antwortete Jaqleen ohne Umschweife.

„Nochmal zu Ihnen Mac Lain“ setzte Rowan noch einen drauf und wendete eine eher weniger für Ihn unkomfortable Clansprache an. – „Für Sie hoffe ich, dass Saya Geisterbär nicht nachtragend ist bei Kampfsportübungen, es könnte unangenehm werden.“

Jaqleen wollte etwas einwenden doch sie erkannte, dass Arthur nicht sauer war und liess ihn antworten. „Seargent Geisterbär ich wählte einen Elementar wegen seiner eindrucksvollen Erscheinung und wegen des Pflichtbewusstseins. Decaroux überliess Ihnen die Auswahl und ich bin mir sicher, Sie wählten Saya wegen Ihrer exemplarischen Wachsamkeit aus. Ausserdem wenn die MP Wache stehen würde, wäre die Lage ernster und nicht ich würde mit einbezogen werden in die Ermittlungen. Sollte Saya Geisterbär sich in Ihrer Ehre verletzt fühlen als Aufpasserin zu fungieren, biete ich mich gerne an, die nächsten zwei Wochen ihren Gefechsanzug zu reinigen. Falls das Ihr in irgendeiner gearteten Art und Weise etwas Genugtuung verschaffen würde. Ausserdem Herr Sergeant Major Teuteburg, würde ich es von Herzen vorziehen, wenn wir, unter unseres gleichen auf meinen Titel verzichten können, Es stehen ihnen viele Möglichkeiten zur Verfügung. Private, Mac Lain, Retribution, oder meinen Vornamen dürfen Sie auch benutzen, falls dieser Ihnen entfallen sein sollte, meine Eltern tauften mich auf den Namen Arthur. Falls Sie wirklich gewillt sind mich bei meinem Adelstitel anzusprechen, was ich mir kaum vorstellen kann, bräuchten Sie viel zu viel Zeit. Nicht nur hier, sondern auch über Funk.“ – „Wie Sie wünschen Mylord“ witzelte Teuteburg salopp. „wir werden sehen, was sich im Alltag bewährt“.

Einige Zeit später in der Unterkunft von Mac Lain und Jaqleen welche wie üblich die Übungen vom Mittag wiederholten klopfte es unvermittelt. Jaqleen war gerade unter der Dusche und Mac Lain war so verspannt, dass er nicht mehr aufstehen konnte. Ein hilfloses „Kommen Sie bitte rein, ich sitze im Aufenthaltsraum“ liess Caroline Cook eintreten. Sie fand Mac Lain im Schneidersitz vor der ihr erklärte, dass seine Kniescheibe eingeschlafen sei und er wegen dem nicht so schnell aufstehen konnte. Ein verlegenes Lächeln von Caroline entschädigte Ihn, dass Sie während des Abendessens nicht mit ihm sprach.

„Sergeant Major Teuteburg wünscht, dass Sie morgen früh Ihren Mech in die Mechbay seiner Aufklärungslanze überführen um ihm die Einsatzlackierung zu verpassen und für Jaqleen hat Seargent Rowan Geisterbär die Nahkampf Files zusammengestellt. Falls ich mir eine persönliche Bemerkung gestatten darf, sollten Sie Mac Lain für Jaqleen besser eine Wanne mit Eiswürfel bereit haben. Der Infanterist gehört dem dritten Trupp drittes Platoon unter dem Kommando von James Lindbaker an, und kämpft äusserst wildes Karate, seine Beine sind das gefährliche Ende. Der Knabe von der Militärpolizei heißt Henderson Clyde, er boxt und kann einstecken wie kein zweiter. Er ist ebenso bullig wie ein Elementar. Grace von den Geisterbären ist nicht sehr flink aber Ihre Schläge verbeulen sogar Panzerplatten, die Linke ist etwas schwächer als die Rechte gerade bei wilden Schwingern, mit der Beinarbeit lenkt sie gerne ab um dann zuzuschlagen. Das Minenfeld wurde von 4 Leuten der Pionierabteilung ausgelegt und von Lieutenant Bishop organisiert Er liebt alles was explodieren kann. Jaqleen soll auch mit hölzernen Fallen rechnen.“ – „Punji Stäbe? Oder `nur` explosive Sprengfallen“ unterbrach Sie Mac Lain, er wirkte Nervös, Punji Stäbe waren nun wirklich antiquierte Fallen und soweit er sich erinnern konnten zwar nicht gegen die Ares Konvention aber doch sehr verachtete Methoden einen Gegner aufzuhalten. Caroline wurde etwas Nervös und strich eine ziemlich widerspenstige Strähne aus dem Blickfeld. „Nein wo denken Sie hin, Mac Lain, nur Explosives wie APM, Claymore, Tellerminen, Elektroshock und eingegrabene Taser. Natürlich nur mit Übungsmunition. Also, Farbbeutel, Blendatrappen, Capsaicin und Elekroshocker.“. Mac Lain machte sich einige Notizen und bedankte sich mit den Worten. „Herzlichen Dank Mrs. Cook. Ihre Freundlichkeit, ehrliche Meinung und Offenheit weiss Snow, - Jaqleen, sicherlich zu schätzen und ich werde es Ihr Wort für Wort übermitteln. Eine andere Sache, könnten Sie bitte der Buchhaltung, falls die Chevaliers so etwas in die Richtung haben, das bitte geben? Es ist eine Zahlungsanweisung für eine Verpflichtung auf Highland, der ich nachzukommen gedenke mit 1/3 meines Soldes.“ Auf einem sauber abgetrennten Notizzettel war eine Kontonummer von Highland mit Adresse und Name der führenden Bank auf Highland fein säuberlich aufgeschrieben worden. „Natürlich haben wir eine Buchhaltung“ meinte Caroline stolz.“S1 unter der Führung von Lt.Col. Harris, Ich werde es diskret an Diana Jennings weitergeben. Wir teilen uns ein Zimmer.“ – „Danke für Ihre Diskretion“

Als Arthur noch etwas hinzufügen wollte brüllte Jaqleen von der Dusche hinten hervor „Stavag Mac Lain, Hast du schottischer Geizkragen etwa schon wieder von meiner Stangentusche genommen?“ Der ganze Boden vibrierte als sich der Elementar näherte. „Ich schwöre dir, wenn dein Knie noch nicht schmerzt, setz ich mich drauf! 100 Mal habe ich dir schon ein Vortrag gehalten, dass die Tusche zum Zeichnen ist und denkbar ungeeignet für deine Chemischen Experimente, Ohhh, verzeihen Sie PFC Cook, ich hatte nicht gerechnet, dass wir so spät am Abend noch Besuch haben. Ich habe Sie nicht klopfen gehört.“ „Ich habe gar nicht gewusst, dass Sie Zeichnen Mrs. Jaqleen.“ gestand Caroline überrascht. „in welcher Richtung japanischer Suibokuga oder eher in die chinesische Richtung? Ich war schon immer sehr fasziniert von der chinesischen Schrift, aber diese zu lernen erschien mir als zu schwer.“
„Hallo Jaqleen, nein deine Stangentusche habe ich nicht, vermutlich ist sie unter das Blatt gerollt. Ausserdem hat uns gerade Mrs. Cook Informationen gebracht für deinen Test morgen. Kampfstil und Personalfiles. Da du ja gerade fertig bist mit duschen und ich meine Übung gemacht habe, mit erfolgreich eingeschlafenem Knie, möchte ich mich empfehlen und ebenfalls eine Dusche nehmen. Ausserdem es sind nicht alle Schotten knausrig. Sie entschuldigen mich?“ Mit diesen Worten entfernte sich Mac Lain aus dem Zimmer und humpelte in Richtung Dusche.

„Ich werde das Gefühl nicht los, dass er etwas gegen mich hat.“ Unterbrach Caroline die eisige Kälte. „Neg, er mag Sie, vermutlich mehr als er zugeben möchte, aber genau weiss ich es auch nicht.“ entgegnete Jaqleen und ihre Augen wanderten in die Leere. Caroline fuhr verdutzt herum und blickte an der übergrossen Elementarin hinauf. Mit leicht geröteten Wangen fragte Sie verdutzt, „Verzeihung Mrs. Jaqleen, wie meinen Sie das?“ –Augenblicklich konzentrierte sich Jaqleen und fixierte die kleinere Stabsekretärin „Das Mrs. Cook, schätze ich muss er Ihnen selbst noch beibringen, für den Augenblick reicht es, wenn ich in die, terranisch gesprochen, Fettschale getreten bin.“
„In Ordnung, das genügt mir vorerst. Viel Glück morgen von ganzem Herzen Mrs. Jaqleen Schneerabe. Und es ist ein Fettnapf, keine Schale. Wenn ich mir erlauben darf Ihre Aussprache korrigieren zu dürfen. Obwohl das Wort Napf und Schale beides Synonyme sind füreinander bedeuten sie nicht ganz das gleiche.“ Mit einem Lächeln verabschiedete sich Caroline Cook von Jaqleen und schloss fast geräuschlos die Türe.

Jaqleen setzte sich auf das Sofa und nahm die Unterlagen vom Tisch. Personalfiles mit Kampfstildokumentationen. Die musste PFC Cook vorhin gebracht haben. In Clan Manier wurde kurz die Personalien abgehandelt der morgigen Kontrahenten. Das angenehm klingende Plätschern verstummte im Hintergrund und machte Jaqleen klar, dass Mac Lain seine Dusche beendet hatte. 5 Minuten später trottete der kleine Schotte ins Zimmer mit noch immer nassen Haaren und einem Handtuch um den Nacken gelegt. Überflüssigerweise zeigte er auf die Akten die Jaqleen in Händen hielt und meinte; „Ist für morgen, hat Mrs. Cook vorhin gebracht, Ihrer Meinung nach soll ich eine Badewanne mit Eis für dich bereitstellen.“
Während er sprach beugte sich Arthur vor und fischte aus der Schale die auf dem Tisch stand einen Nussriegel der nach einem antiken Kriegsgott benannt wurde heraus und liess sich schwungvoll in einen der beiden freien Sessel fallen. Nach kurzem Friemeln an der Verpackung konnte er den Schokoriegel herausfischen und 1/3 abbeißen.
„Hmm,“ fuhr Arthur weiter fort „den boxenden Militärpolizisten solltest du mit Judo gut bezwingen können, immer die Energie des Schlages Ablenken, aufgabeln an der Schulter und werfen, das dürfte kein Problem für dich sein. Beim Elementar hingegen hätte ich Kapuera vorgeschlagen, aber sie ist zu massiv, um die Tritte gegen Schultern Hals oder Kopf wirksam platzieren zu können. Da Sie eine Art Streetfight bevorzugt, mit Schwingern und Close-range Kick denke ich da müsstest du Shaolin Kung-Fu anwenden. Gegen den Karate Fritzen, hätte ich Aikido vorgeschlagen, dass wir fleissig trainierten. Nicht jeder Elementar kann Aikido.“
Seine Ausführungen schloss er mit einem weiteren Happen des süßen Riegels. „Alle Achtung, der Riegel ist lecker.“ – „und enthält massig Zucker, Mac Lain, Ich rate dir, wenn du fit bleiben willst nicht viel davon zu konsumieren. ¼ von dem Ding besteht aus Zucker.“, warf Jaqleen vorwurfsvoll ein „aber ich danke dir für die sehr treffende Analyse der Kampfstile. Judo, Kung-Fu und Aikido, eine sehr weise Wahl. Nebenbei gefragt was ist der Unterschied zwischen einer Schale und einem Napf?“
Mac Lain stutzte, „was bitte ein Napf ist eine Futterschale für ein Haustier, eine Schale ist eine Schale und kann für Essenszubereitung wie für Salat aber auch als praktische Aufbewahrung benutzt werden. Die Riegel sind in einer Schale. Warum fragst du?“ – „Nur so, wenn ich der Einheit mich anpassen muss, muss ich auch die Sprache besser verstehen. Ich dachte es sei ein Napf.“ Arthur betrachtete Jaqleen genau, ob sie Ihn gerade anlog oder nicht. Er liess es dabei bewenden.

Mechhangar der Chevaliers 06:00

Doreen liess den Champagnerkorken kontrolliert durch die Luft fliegen. Cao Li Ming hatte die Beförderung zum Senior Tech wirklich verdient. Es war zwar noch früh für Alkohol, sehr früh sogar für Techs Aber es war eine Ausnahme. Ausserdem der importierte Champagner aus der Konföderation Capella hatte, mit 4,7 vol. %, sehr wenig Alkohol. Es war Li Mings Lieblingsmarke; und Doreen machte es zum Usus, dass bei einer Ernennung vom AsTech zum Senior Tech sich der Proband eine Flasche wünschen durfte. Den Pflaumenwein Champagner hatte Sie gegen einige Myomermuskeln von einem Befreundeten Tech bekommen der wiederum nicht ganz Legalen Verbindungen spielen liess und aus dem Raum Liao einige Flaschen exportieren konnte. Deshalb war es auch nicht weiter verwunderlich, dass das laute Knallen abseits der Gruppe jemanden störte. Cao Li Ming war in einem grünen Techoverall gekleidet und der schwarze Ledergürtel an den einigen Werkzeugen in den Schlaufen steckten, glänzte und roch nach frischem Leder. Drei Senior Techs und fast ein Dutzend AsTech bildeten einen Kreis um Doreen und Cao Li Ming. Die Stimmung war gelöst und heiter. Es fielen einige Witzeleien Sticheleien und Anekdoten aus Ihrer Anfangszeit über die selbst Li Ming verlegen zu schmunzeln schien. 3 Jahre intensives Training von Doreen. Wie es die Chef Technikerin der Chevaliers es nannte, machte aus einer scheuen Chinesin eine Technikerin mit Improvisationstalent und Selbstvertrauen. Sie war eine von den 100 Technikern der Chevaliers, die im Hintergrund die Wartung an den Mechs vornahmen. Aus allen Ecken und Enden der Inneren Spähre und auch von den Clans akquirierte Techs waren die fleißigen Hände die die Maschinen wieder zusammenschusterten was die Piloten verheizten. Doreen Simstein wirkte gelöst und freute sich wirklich, nicht oft kam es vor, dass die Schinderei die Sie Ihren Leuten aufbürden musste auch erfreuliche Früchte hervorbrachte. Es war auch eine reine Formsache, denn Li Ming war die einzige von den Techs die sich aus den Wetten der anderen nichts machte. Li Ming spezialisierte sich zudem auf Leichte und mittlere Mechs der Inneren Sphäre und Doreen wies Sie der Scout Lanze von Teuteburg zu. So konnte Sie mit Korporal Nekerov ein wenig chinesisch plaudern.

08:00 am folgenden Tag steuerte Arthur seine Valkyrie hinter einem Laster mit Kohlköpfen auf das Gelände der Chevaliers. Er mochte die Feenhafte Gestalt mehr als seinen alten Mech, den Mülleimer auf zwei Beinen. Das Alpin Camo schmeichelte dem Mech sehr und gab ihm eine schlankere Erscheinung als üblich. Die 35 Tonnen bewegten sich sehr geschmeidig und zeugten vom Pilotischen Können. Das Camo glänzte als ob der Mech frisch durch eine Waschanlage gestapft wäre. Ein Einweiser-Moped zeigte ihm den Weg. Gefolgt von Jaqleen in Ihrem Kampfanzug. Die Elementarrüstung erlaubte sich einen leichten Trab um besser mit dem Moped auf gleicher Höhe zu sein. Den durchgestrichenen Schneeraben konnte jeder sehr gut sehen, denn die roten Streifen waren sehr gut sichtbar und hoben sich farblich extrem fest von der üblichen Färbung ab. Bei Arthurs Mech prangerte auf der Rechten Torso Seite sein Familien-tartan und das Familiencrest in Silber es war mit viel Liebe zum Detail dort angebracht worden von einem Highlander Künstler. Für den Einsatz hatte Arthur sich vorgenommen, einige Scheiben modifiziertes Kevlar darüber anzubringen um wenigstens einen gewissen Schutz dem Kunstwerk zuteilwerden zu lassen, ohne das Gewicht zu sehr zu beeinträchtigen. Arthur war einigermaßen stolz auf die eigene Entwicklung er hatte sogar ein Patent auf das Verfahren angemeldet. Das Kevlar war mit Bleinadeln verstärkt worden um Energie zu absorbieren von leichteren Lasern. MG Kugeln konnten dem Familiencrest so nicht viel anhaben. Und alles was grösser war als ein Leichter Laser oder ein Kaliber 50 war sowieso gefährlich für den ganzen Mech. Auf der Rückseite seines Mechs befand sich eine herunterklappbare Halterung und ein schmales Trittbrett aus speziell legiertem Aluminium- Ferro-Fibrit Gemisch, für zwei Elementare wobei nur immer einer gebraucht wurde von Jaqleen. Die zweite Halterung hatte keine Anschlüsse für die Elementarrüstung. Das bedeutete, sollte Arthur mal mehr als einen Elementar mit sich herumschleppen, würde die Gewichtsverlagerung sich auf den ganzen Mech auswirken.

Gerade als der Mech vor dem vorgesehenen Wartungsgestell stehen blieb ging eine wüste Beleidigung durch den Funk:“ Wi xiwang ni man man si, dan kuai dian xia di yu! –Pass doch auf wo du hintrampst dieses Wartungsgestell ist besetzt du nutzlose Schildkröte!“ – Arthur wusste zwar, dass er damit gemeint war aber darauf war er nun wirklich nicht gefasst gewesen. Mitten in der Bewegung liess er seine Valkyrie verharren öffnete den Kanal und sprach, „wer mir auch immer einen langsamen Tod wünscht, und eine schnelle Fahrt in die Hölle, falls du Tomaten auf den Augen hast, ich bin in einem Mech drin. Seit der Geburt stirbt der Mensch langsam, wenn man den alten Meister Worte Glauben schenken darf. Und wenn mein Reaktor hopsgeht, geht es verdammt schnell. Anstatt zu quatschen und Leute auf Chinesisch zu beleidigen wäre es mir lieber du würdest dich zeigen du Schildkröte.“
Eine grün angezogene Gestalt huschte flink wie der Schatten einer Raubkatze zwischen den Haltestangen Serviceplattformen und den Verstrebungen hindurch. Die Bewegung versetzte Arthur in Staunen. Er brauchte eine Weile bis er begriff, dass es sich um einen menschlichen Körper handelte. Pardon einen eleganten und agilen weiblichen Körper.
„Die Schildkröte reisst dir gleich den Arsch auf. Du hast vielleicht vom Mechkrieger die Erlaubnis erhalten den Mech hier rein zu führen, aber das ist mein Hangar, Fengmì.“
Eine zierlich schlanke Chinesin trat auf die Serviceplattform die auf Cockpit Höhe war auf. Der Tech-Overall war neu, sauber und strahlte in kräftigem grün. Die High Heel Kampfstiefel mussten eine Sonderanfertigung sein denn die Absätze waren gut geschätzte 20 cm hoch. Sie nach hinten hochgestecktes schwarzes Haar hinter den Bügel des Headsets, dennoch reichte eine größere Strähne bis zum Schlüsselbein und war bewusst dort drapiert worden. Im strengen Dutt steckten ein altmodischer Bleistift und ein Holoschreiber der die ganze Frisur fixierte.
Hastig zog sich Mac Lain seine Camo Jacke über und entpolarisierte die Cockpitscheiben. Damit die Chinesin ihn sehen konnte. Er beschloss mitzuspielen um zu sehen wohin das chinesische Wunder ihn trieb. „Du kannst Mandarin und die Cockpitscheiben verdunkeln. Toll. Kriegst von mir eine 1+. So und jetzt raus geschwungen die junge Hüfte, bete, dass du am Sitz nichts verstellt hast sonst wir der Pilot noch sauer.“ Als sie sah, dass er mehr Kleidung anhatte als die meisten Mechjockeys begann Sie zu schmunzeln, betätigte lässig das Kehlkopfmikro und säuselte: „Jungchen, ich bin mit vier Brüdern aufgewachsen, glaub mir ich habe schon alles bei denen gesehen, du hast sicherlich nichts Neues, außerdem, wenn wir fertig sind musst du so oder so unter die Dusche steigen. Also park den Mech Rückwärts ein und steig aus dem Blechmonster aus, auch wenn es ein Jammer ist, die Alpin Camo ist denen wirklich gelungen. Dreh die Val und mach nen Mini Schritt hier rein. Sei so lieb“.
Innerlich wollte Arthur laut loslachen, die Capellanerin hielt ihn wohl für einen AsTech, nun gut, den Spaß gönn ich mir dachte sich Mac Lain, unbeholfen fingerte er am Kehlkopfmikro rum und erwiderte: „Ja, Mam“ mit einem gequält gespielten lächeln schob er die Regler wieder etwas nach vorne und ließ den Mech erzittern.

Eine galant anmutende Drehung nach rechts in die Raummitte war das Ergebnis seines Wirkens im Inneren des Mechs. Danach liess er die Maschine ganz langsam nach hinten wackeln. Um in die Parkbucht zu manövrieren. Obwohl die Gerüste sämtliche mit Gummilippen geschützt waren hielt er circa 45 Zentimeter vorher an. Ein Fehler den vielen Kadetten machten auf Highland aus Angst die Service Mannschaft von den Etagen zu schmeißen. Mac Lain machte, es dieses Mal eher aus Fun am Rollenspiel. Danach entriegelte er die Cockpittüre und fuhr den Reaktor runter. Von Aussen öffnete die Capellanerin die Luke und wohl um Mac Lain beim Ausstieg behilflich zu sein, als nichts ihre Hand ergriff wurde sie wohl Stutzig und schaute herein. Mac Lain hatte in der Zwischenzeit die Kühlweste und den Neurohelm auf die Pilotenliege gelegt und sich den Pistolengurt umgeschnallt. Etwas enger als üblich, er wollte nicht zu lässig rüberkommen. „Sollst du die Knarre rausbringen? Wenn nicht, gebe ich dir den Rat die über die Sitzlehne zu spannen, wenn der Pilot kommt. Sonst könnte es Ärger für dich geben. Piloten sind da ein wenig Eigen, Jungchen.“ – „Ich, ich soll den Gurt über die Einstiegsluke hängen, wurde mir gesagt Mam.“
Li Ming Cao schloss den jungen Schotten fast ins Herz und schätzte Ihn auf unter 20. Die struppige Frisur sah echt ulkig aus. Dabei hatte er doch den Pilotenhelm getragen. „Na, dann, komm raus, ich fress dich schon nicht auf. Li Ming Cao heiss ich, andere haben weniger nette Titel für mich auf Lager, dein Chinesisch ist sehr gut. Wir werden sicher blendend miteinander auskommen, denn bin die verantwortliche Tech für die Valkyrie hier und die ganze Lanze von Teuteburg. Andere Techs machen um Ihn eher einen Bogen. Die meisten haben Spielschulden bei Ihm. Pokern und Gin Rommee, wenn du nicht pleite werden willst bevor du deinen ersten Sold bekommst rate ich dir, es bei Ihm nicht zu versuchen... Freut mich, dass ich nicht alles alleine machen muss. Wie heißt du?“ – „Arther, Madam und danke aber mein Chinesisch ist schlecht“ log Arthur ohne Li Ming Cao in die Augen zu schauen.

„Hat dir der Pilot sonst noch etwas aufgetragen?“ hakte Li Ming nach. „Ja, Madam, die Torso Seite mit dem Tartan darf nicht übermalt werden, sonst muss ich nach Highland zurück und es neu machen lassen, es stammt von dem berühmten Künstler Lard Fraiser. In der Cargo Bay hinten an der Schulter gibt es Rollen aus festem Segeltuch die zum Überspannen gedacht sind, ebenso wie Kevlar Platten für den Kampfeinsatz und Sie sollen vorsichtig sein, in den hinteren drei Transportkisten drin hat es Chemikalien und Sprengstoffe.“- „Wie bitte? Sprengstoff? Was für ein verrückter Jockey bekommen wir hier aufgehalst?“ schrie Sie entgeistert. In Ihren aufgerissenen Augen spiegelten sich Horror und Entrüstung.
„Am besten wir lassen da nur einen von den Pionieren ran und den Schwachkopf zu Pilot selbst, aber das sag ich ihm dann persönlich ins Gesicht. In meinem Hangar explodiert nichts ungewollt. Ich bekomme keinen Sold, wenn ich in die Luft fliege.“ Während Sie sprach fingerte Sie an der Türinnenseite herum und zog ein Data Pad heraus. Was für die Techs gedacht war. Darauf waren Spezifikation, Indienststellungsdaten und Modernisierungen sowie die Wartungen vermerkt. Anerkennend pfiff Sie durch gespitzte Lippen, wobei Ihre Gesichtszüge ihr junges Alter das Arthur gegen Ende 20 schätze, unterstrichen, denn Sie hatte keine Falten und keine Grübchen welches sich sonst auf den Allerwelts Gesichtern abzeichnete“ Wooho, Jungchen, Die Wanne ist ja brandneu. Die hat ja erst drei Monate auf dem Buckel. Was für eine Freude“ Lin wandte sich wieder an Arthur, „komm, machen wir dem Irren eine Freude und wechseln die Flüssigkeit in den Wärmetauschern, Mechjockeys vergessen das sehr gerne. Weil es eine Sauerei gibt und stinkt, aber was gemacht werden muss machen wir gleich, dann haben wir am Freitag weniger zu tun. Danach schauen wir mal wo wir das Einheitsabzeichen hinpinseln. Einen Künstler haben wir nicht gerade zur Hand, er muss mit mir Vorlieb nehmen. Hast du schon mal die Kühlflüssigkeit an einem Mech gewechselt Jungchen?“ – „Nein Maam, tut mir leid, bisher habe ich nur Werkzeuge abgewischt und dem Tech gereicht.“ Stammelte Arthur. Sie rollte theatralisch mit den Augen. „Jungchen werde bitte lockerer, sonst verspeisen dich die Jockeys zum Frühstück. Hast du heute noch was vor oder kann ich dich gleich ganz einspannen?“ forschte die Capellanerin und musterte Mac Lain ganz genau. „Madam, ich soll um 11hundert den Anstellungsvertrag bei den Chevaliers unterschreiben. Danach die explosiven Sachen den Pionieren übergeben“ gab Mac Lain wahrheitsgemäß wieder.

Es amüsierte ihn zunehmend, dass Li Ming ihn für einen Tech Lehrling hielt.
„Das lass mal den Knallkopf schön selbst machen, mein Lieber. Merk dir, dein Hintern ist noch zu jung um auf dem Operationstisch zu bluten. Na schön, dort unten auf dem Trolley sind alle Werkzeuge die wir brauchen, gehen wir runter und du zeigst mir, welche Werkzeuge wir benötigen um die Stutzen zur Verteilerpumpe zu öffnen. Ich empfehle dir, bei der Materialausgabe ein paar Infanteriehandschuhe zu besorgen um an den Seilen schneller runter zu kommen. Die Treppen sind für die Jockeys und solche mit Höhenangst reserviert.“ Während Sie sprach stülpte Sie sich ein Paar Handschuhe über steckte das Tablet wieder an den Ursprungsort machte einen lautlosen Satz an Arthur vorbei und schwang sich galant an eines der vielen Seilen die von dem Kranen baumelten. Mit einer grazilen Bewegung hob Sie die Hüfte über den Kopf, so dass Sie Kopf über am Seil hin. Mit den Beinen fixierte sie das Seil und liess sich langsam hinab. „Komm schon, ich warte unten.“ Rief Sie ihm auffordernd entgegen während Sie langsam Fahrt aufnahm und knapp über dem Boden abrupt abbremste um mit einem erneuten Schwinger sicher die Füße auf den Boden zu bekommen.

Arthur schluckte einmal schwer und schwang sich ans Seil was am nächsten war. Seit der Gefangenschaft bei den Jadefalken empfand er Ekel vor Seilen und Ketten. Vor Jaqleen konnte er es nicht verbergen diese Li Ming kannte Ihn offensichtlich nicht. Als er unten ankam wackelten seine Knie und er war noch bleicher als sonst. Wie wenn ein Mech auf Murmeln laufen würde kam er langsam zum Arbeitstrolley wo Li Ming Cao auf ihn ungeduldig wartete. Sie merkte jedoch augenblicklich, dass es Ihm nicht sonderlich gut ging. Mit verwundertem Blick fragte Sie ihn was los sei, er sähe so bleich aus im Gesicht, das einzige was er Ihr noch entgegnen konnte bevor ein Jeep in die Parkbucht preschte war das Wort Höhenangst. Ein Jeep sauste heran wie von einem Atlas gejagt. Li Ming verengte die Augen zu Schlitzen und stellte sich breitbeinig dem näher kommenden Fahrzeug in den Weg.

„Tìng xià che! Decaroux Sie, Ruchloser Rowdy, Ihr Fahrstil ist schlimmer als einer von den Todeskommandos von Sian.“ Bellte Ihm Li Ming Cao wutentbrannt entgegen. Arthur dachte schon, dass die Scharade beendet sei und seine Maske gerade gefallen sei und war auch irgendwie etwas betrübt darüber. Als Decaroux den Motor abstellte und die Handbremse anzog. Lässig hievte er die Stiefel auf die Armaturenablage des Jeeps. Als alter Hase war Cao Ming Li ihm bekannt und er liess sich von Ihr nicht einschüchtern. „AsTech Ming Li, der Wagen gehört zum Inventar der Chevaliers, wenn es eine Mistkarre wäre, würde ich Ihn nicht fahren wollen. Ausserdem um den neuen nicht zu sehr einzuschüchtern, bitte ich sie in einer verständlichen Sprache zu kommunizieren. Is nicht wegen mir, sondern wegen Ihm.“ Während er gelassen seine Verteidigung vortrug fischte er in seinem Overall nach dem Zigarettenpäckchen und nahm eine in die rechte Hand. Bei den Worten wegen Ihm zeigte er mit dem Filter in Richtung Mac Lain der sich von der Seilnummer inzwischen etwas erholen konnte. „Ich muss Sie Berichtigen Lieutenant, Ich wurde heute am Morgen von Doreen vom AsTech zum Senior Tech frisch befördert. Ausserdem, der Junge ist ok, und versteht Mandarin recht gut. Im Gegensatz zu Teuteburg oder anderen Banausen.“
Himmel, was hat denn Mac Lain mit Ihr angestellt, die verteidigt Ihn ja gerade wie eine Löwin ihr Jungtier. So habe ich Cao noch nie gesehen. Dachte sich Decaroux und begann zu schmunzeln. „Mandarin, so, so, Sie an sie stecken voller Talente. Aufsteigen Arthur, der Alte will Sie sehen.“
Wortlos gehorchte Mac Lain nachdem er die Werkzeuge geordnet hatte die man für die Ventile brauchte und Sie von oben nach unten ordneten. Die überflüssigen Werkzeuge verstaute er in der ersten Schublade. Mac Lain sprang mit einem Satz auf den Beifahrersitz des Jeeps. Bevor Li Ming auch nur ansatzweise etwas dagegen einwenden konnte hob Decaroux beschwichtigend die Hände in die Höhe. „Aber, aber meine Gute. Ich bring Ihnen den Welpen zurück. Es geht nur um Formalitäten, Unvollständige Bewerbung. Dauert nicht lange.“ Aus Respekt warf er die Zigarette nicht wie üblich außerhalb des Wagens auf den Boden, sondern drückte Sie im Aschenbecher des Jeeps sorgfältig aus. Er liess den Wagen aufheulen und fuhr übertrieben langsam weg. Decaroux war eigentlich bekannt dafür, die Reifen manchmal durchdrehen zu lassen. Aber bei Cao im Hangar vermied jeder die Show. Außerhalb der Tores wandte sich Decaroux zu Mac Lain um und mit kaum haltbaren Gurgeln stieß er einen Lacher aus. „Ernsthaft Mac Lain, was haben Sie an sich, dass abgebrühte Frauen der Einheit entweder Ihnen zu Füssen liegen oder Sie verteidigen wie ein Kreuzritter eine Kirche voller Unschuldigen?“

Mac Lain war diese Frage doch etwas gar peinlich und verlegen antwortete er Wahrheitsgemäß:“ Cao hielt mich für den Techlehrling. Und aus Jux habe ich Sie im Glauben lassen.“. – „Stimmt Mac Lain, jung sehen Sie auch aus. Was für verborgene Talente haben Sie sonst noch, außer Mandarin, denn das steht wirklich nicht in Ihrem File, dass Sie uns gegeben haben? Als Sicherheitsoffizier - wäre ich schon froh etwas in die Richtung zu wissen, damit ich nicht dastehe wie der Ochse vor dem geschlossenen Scheunentor.“ Decaroux war noch immer am Schmunzeln aber die Augen verrieten, dass er es ernst meinte.

„Mandarin habe ich unterschlagen, das gebe ich zu. Ich habe es meiner Mutter zu liebe gelernt, sie meinte es sei hilfreicher als arabisch und vor meiner soldatischen Laufbahn war ich 4Jahre lang Chemie und Physik Lehrer an einem Mädchen Gymnasium auf Northwind. Das mit PFC Cook war wirklich ein Missgeschick, und sollte PFC Cook Schwierigkeiten bekommen, nur, weil ich in Sie hineingelaufen bin, verstehe ich es nicht wirklich und bitte dahingehend um Aufklärung.“ – „Tja, das mit PFC Cook müssen Sie mit Major Fokker ausdiskutieren, dazu braucht es aber den richtigen Zeitpunkt. Warten Sie noch ein Weilchen nachdem Sie den Bericht zur Explosion erst mir und dann Ihr und erst dann Col. Copeland vorlegen. So können Sie etwas die Wogen glätten. Wo wir gerade bei glatt sind, da vorne warten Fokker, Copeland und Rowan Geisterbär auf Sie.“ Mit dem Kopf deutete er in Fahrtrichtung des Jeeps. Decaroux nahm etwas fahrt zurück und schaltete in einen tieferen Gang um die Einheitseigentümerin nicht noch mehr Munition gegen sich zu liefern. Arthur vermutete, dass hinter dem unbekannten Elementar der Munitionsbunker sich befinden musste. Die drei warteten wohl auf mich, na das kann ja heiter werden. Schnell setzte er sich das Tarn Glengarry auf den Kopf und wartete bis er aussteigen durfte. Decaroux entließ ihn mit einem warmen Lächeln und einer schiebenden Bewegung der flachen rechten Hand die Innenseite der Hand zeigte nach oben und erinnerte Arthur an eine terranische Baggerschaufel, „Nach Ihnen Herr Lehrer, zum Examen geht es dort lang“. Arthur blies durch die Nase um Nervosität abzubauen, neigte den Kopf zur linken Schulter hin bis es leise im Genick knackte und schritt die Distanz zu Copeland und Jara Fokker in kurzer Zeit ab. Nach alter Sitte salutierte er vor dein beiden in bester Highlander Manier. „Major Fokker, Col.Copeland, Sie wollten mich sehen?“

Copeland erwiderte den Gruss weniger zackig und wie in der FWL üblich. Major Fokker nickte nur leicht. Man sah ihr den Missmut an und anhand Ihrer sportlichen Bekleidung nahm Arthur an, dass Sie lieber ein paar Bahnen ziehen würden als hier auf ihn zu warten. Noch immer säuerlich, weil sie sich übergangen fühlte blaffte Sie Arthur an. „Rühren PFC, und nehmen Sie die Zipfelmütze ab.“ – „Jawohl Frau Major“ gab Arthur etwas schärfer als gewollt zurück. Heute Abend würde er viel Sport treiben wollen. Das zumindest nahm er sich vor. Denn den Glenngarry als Zipfelmütze zu schimpfen war eigentlich eine Beleidigung da das Tartan Band seine Clan Herkunft darlegte. Aber jemand der die Bräuche der Highlander nicht kannte konnte das auch nicht verstehen. Mac Lain beschloss es dabei bewenden zu lassen und sich nicht aufzuregen. Jara fixierte Ihn noch immer mit den wachsamen Augen eines Wolfes drehte aber leicht den Kopf Richtung Mun Depot und bellte mit geübter Stimme: „Lindbaker, daher!“.
Aus dem Inneren des antik anmutenden Bunkers näherte sich der Gerufene. Während sich Decaroux lässig gegen die Stoßstange des Jeeps lehnte. Er zog ein Data Pad hervor und tippte etwas lustlos darauf herum. Er ließ es zumindest so aussehen. Tatsächlich komplettierte er die Lücke in Mac Lains Akte und machte sich ein paar Notizen
Ein drahtiger Unteroffizier kam im Laufschritt angebraust er hatte so gut wie keine Fettpolster auf den Rippen und auch die Hosen verrieten, dass die Waden zwar vorhanden waren aber nicht wie bei einem Fahrrad Fahrer ausgeprägt. Demnach verzichtete der genannte auf Muskelaufbau obwohl er mit seinen 1.90 recht gross war sah man ihm die Magerkeit doch an. Er war nicht gerade unterernährt aber die Gesichtszüge verrieten, dass er hart trainierte kein Fett anzusetzen.

In seiner linken hielt er ein Data Pad und in der Rechten eine Küchenwaage. „Sie riefen Major?“ bemerkte er in breitestem Steiner-Englisch, ohne zu grinsen.
„Bericht, bitte“ gab Sie Ihm zurück, die emotionslose Tonlage gefiel Mac Lain gar nicht.
Lindbaker spickte auf sein Data Pad. „Madam, Eingelagert waren 29 Kilogramm an Schwarzpulver, in den üblichen, Zylindrischen orange-roten aus Karton bestehenden Röhren zu 250 Gramm was 116 Kanisterrörchen entspricht. Am 07. April wurden 25 Kilogramm durch die Pionierabteilung ausgefasst und im Gelände zur Feslbrockenbeseitigung verbraucht. Rücknahme keine alle 25 Kilogramm wurden verbraucht. Am 08. April wurde eine Nachbestellung von 35 Kilogramm getätigt und von der Pionierabteilung auf ordentlichem Weg wurde Korporal Laage eine Kopie eingereicht für die Akten. Danach waren keine weiteren Bewegungen der Lagerbestände ersichtlich. Ma`am.“ – „Dann müssten nach Ihrer Ausführung da drin jetzt 39 Kilogramm Schwarzpulver liegen in 156 Kanisterröhren“
Lindbaker bestätigte mit einem heftigen Nicken: „Ja Major. Es sind 156 Kanisterröhren. Aber einer ist beschädigt worden. Es sind exakt 38 Kilogramm und 806 Gramm Schwarzpulver eingelagert. Mit einer Wiegedifferenz von 1Gramm“. Decaroux räusperte sich nun hörbar und alle sahen in seine Richtung. Als er zu sprechen begann bemühte er sich ruhig zu bleiben und objektiv zu wirken. „Mac Lains Berechnungen zufolge wurden 175 Gramm verwendet, maximal. Das Wiegen brachte eine Differenz von 194 Gramm hervor. Davon abgezogen bleiben im Besten Fall noch 19 vielleicht 20 Gramm übrig. Wie sieht die beschädigte Kanisterröhre aus Lindbaker?“ Decaroux Einwand war berechtigt, dennoch mochte Jara sich nicht gerne unterbrechen lassen. Obwohl als Sicherheitsoffizier die Ermittlungen sein Revier war, es war Ihre Einheit. Sie hätte die Gleiche Frage stellen wollen und da das Ergebnis das war was auch Sie interessierte ergänzte Sie die Frage: „ausser dem einen Kanister fehlt sonst noch etwas im Inventar Lindbaker?“

Der gefragte arbeitete Minutiös die ihm entgegengeworfenen Informationen von Decaroux noch ab und glich sie mit seinen Berechnungen ab. „Ja Leutnant Decaroux, die Zahlen sind korrekt. Die beschädigte Kartonröhre wurde mit einem Messer unsachgemäß aufgeschnitten, dabei wäre es möglich, dass einige Gramm sich auf der Lagerpalette verteilten und zwischen den Kartonröhren herunterrieselten. Mit schwarzem Klebeband wurde die aufgeschnittene Stelle abgedeckt. Als wir diese mit einer Pinzette wegzogen quoll feiner roter Sand heraus. Wurde vermutlich für den Gewichtsausgleich gebraucht. Ob noch andere Sprengmittel fehlen, kann ich nur nach Prüfung der Lagerbestände definitiv sagen Madam, aber es sieht alles soweit okay aus. Wie der Materialunteroffizier mir versicherte. Mit 20 Gramm Schwarzpulver lässt sich keine Bombe bauen das kann ebenso gut auch auf dem Transport verloren gegangen sein.“
Hilfesuchend blickte Mac Lain abwechselnd Jara und Decaroux an. Er wollte nicht aufdringlich sein aber auch er hatte noch eine Frage zu diesem Thema. Jara ignorierte Ihn, innerlich ging Sie wohl eine Aufstellung der Einheit durch und verglich diese mit den dürftigen Informationen, es schien Sie nicht wirklich zu befriedigen und die Eingrenzung der Personen fiel Ihr schwer. Decaroux aber nickte ihm auffordernd zu.

„Mr Lindbaker, ich bin Mac Lain, erm wie sieht die Schnittstelle genau aus an dem Karton? Glatt oder fransig? Ausserdem muss ich Sie berichtigen, mit 20 Gramm lässt sich eine Bombe sehr wohl zusammenbauen. Für eine Initialzündung reichen sogar schon 5 Gramm aus. Es kommt auf weitere Komponenten an.“ Legte Mac Lain los. Jara Fokker war am Sieden denn das Fehlen von Sprengmitteln war Diebstahl, einerseits war es sehr gefährlich, wenn jemand in der Gegend rumrennt mit einer Bombe die überall hochgehen konnte und andererseits das bisher nie etwas passierte. Entweder jemand der neu zur Einheit stieß nutzte das gnadenlos aus oder ein alter Hase der zu viel Freizeit hatte. Diebstahl konnte Sie, oder besser gesagt durfte Sie nicht dulden. Vom AsTech bis zum Mechkrieger kannte sie die meisten alten und konnte die neuen recht gut einschätzen. Diebstahl passte aber irgendwie zu gar keinem.

Sergeant Rowan Geisterbär der bisher seine Arme vor der Brust verschränkte stieß mit seinem Ellbogen Copeland an, und nickte stumm in die Richtung aus der eine Staubwolke auf die Versammelten zukam. Saya zoomte durch die Sichtscheibe Ihrer Gefechtsrüstung auf das Moped und erkannte Korporal Laage die angerauscht kam und neben der Gruppe die Maschine einige Sekunden später zum Stehen brachte. „Major, ich bitte um Verzeihung, der Graf wünscht Sie umgehend in seinem Schloss zu sehen. Ma`am.“ – „In Ordnung“ entgegnete Jara kühl, mit den Augen fixierte Sie Decaroux: „Lieutenant, Sie berichten mir via Compad ausführlich und alle 30Minuten auf den Anschluss des Grafen!“. Galant schwang Sie sich auf das Moped und liess die Maschine aufheulen. Da es nicht zwei Plätze gab auf der Maschine blieb Korporal Laage nichts Anderes übrig als zu Fuss wieder ins Büro zu gehen. Copeland entspannte sich als Jara davonbrauste. Es blieb mal wieder an Ihm hängen dachte er sich. Räusperte sich und sprach auch zum ersten Mal seit alle sich hier eingefunden hatten wieder Lindbacker an: „Lindbaker, seien Sie so gut, und holen die angebrochene Packung. Ich schätze auf Fingerabdrücke müssen wir leider verzichten. Da beim Einlagern jeder hinzugezogen wurde der Dienstfrei hatte. Ich war nämlich auch dabei und half bei den Claymore Minen und Handgranaten mit, diese zu verstauen.“ Erklärte er säuerlich. Somit würde eine Polizeiliche Untersuchung mit Fingerabdrücken nicht viel bringen. Es würde den Kreis der „Verdächtigen“ nur noch mehr erweitern.
„Aye Sir.“ Gab Lindbaker von sich und drehte den Kopf in Richtung Bunker. „Johnson, bringen sie die angebrauchte Packung raus.“
Aus dem Inneren des Bunkers liess ein junger Mann ein Zackiges Aye, Sir erklingen und nur wenig später kam ein sehr junger 160 kleiner PFC zum Vorschein. Er salutierte vor Copeland und wollte Ihm die Kartonröhre überreichen die er in der Hand hielt. In der Bewegung erstarrte er aber als Decaroux ihn mit einem hörbaren Hähm, zwang sich Ihm zuzuwenden. Mit der linken Hand zeigte er in Richtung Mac Lain und deutete an, dass dieser die Kanisterröhre erhalten sollte. Fragend schaute Johnson seinen Vorgesetzen Lindbaker an und dieser Nickte nur kurz. Was blieb Ihm anderes übrig.

Mac Lain bedankte sich freundlich beim jungen PFC der noch mehr Kind an sich hatte als die Uniform Ihm zugestand. Das ändert sich aber immer beim ersten Feindkontakt. Aufgrund dessen schätze Mac Lain ihn auf unter 18. „Danke Mr. Johnson“ gab Mac Lain zur Antwort und löste langsam den schwarzen Klebestreifen ab. „Lassen Sie hören Mac Lain, aber bitte so, dass alte Hasen mitkommen.“ liess Copeland verlauten. Derweil verschränkte Rowan Geisterbär zu Copeland linker, noch immer die Arme vor der Brust und wartete geduldig.
„Hmm, Sir, sehen Sir, die Kartonränder sind an der Schnittkante nach innen erst eingedrückt worden und fransen stark aus. Es kann somit kein Japanmesser oder Laser gewesen sein, auch alle asiatischen Klingen passen nicht zu dem Druckbild. Die Klinge war von Anfang an sehr breit. Wenn ich raten müsste, würde ich auf ein älteres Bowiemesser oder ein Feldmesser wie das terranische Ka-bar mit gebogener Klinge tippen. Aber wie gesagt, das ist geraten. Sandstaub, hmm. Der Verdächtige muss wohl zum ab detachierten Gruppe gehört haben, die die Felsbrocken sprengten. Die Idee mit dem roten Sand ist nicht blöd, vom Gewicht her fällt es nicht weiter auf. Die Dichte von Quarzsand kommt dem Sprengpulver nah genug. Vermutlich auf dem Feld umgefüllt worden. Mr. Lindbaker, hatte es um den Stapel herum Sand? Ich vermute mal nicht. Verunreinigungen könnte ein Problem werden Der Betonboden würde aber auch darunter leiden. Von der Sauerei ganz zu schweigen.“ – „Nein, Mr Mac Lain, der Sprengstoff lagert trocken. Die Pioniere bevorzugen alle den gleichen Messer Typ ein Steiner Ka-Bar und die Infanterie hat verschiedene Stichwaffen für den Nahkampf. Bowiemesser wie auch Feldmesser. Da wir aber alle Söldner sind und keine Hauseinheit mit Kleidungsvorschriften kann jeder mehrere Messer haben. Feldmesser. Der Infanterie steht das frei, da das auf die Individuelle Kampfweise ankommt. Ich wüsste aber nun gerne Mac Lain, was für eine Art von Bombe Sie mit nur 10 Gramm Schwarzpulver zu basteln pflegen.“

Mac Lain schluckte schwer und holte tief Luft: „Nun Sir, wenn ich ein Bombenleger wäre, der darauf aus ist Leute zu töten würde ich die 10 Gramm in eine Glasviole oder eine Plastikspritze stecken und in eine 0.5l-Tasse mit Bleiazid und Oktogen im Verhältnis 2.1 zu 2.7 geben. Die beiden Chemikalien sind giftig und krebserzeugend, besonders Bleiazid ist sehr gefährlich. In der Messe müssten Sie dann mit der Kehrschaufel aufräumen, da die Brenntemperatur über 4000 Grad liegt. Bei einem Zugang zur Medizinischen Station würde ich allerdings Mannitolhexalnitrtat und Nitroguanidin bevorzugen. Mannitolhexalnitrtat wird unter anderem zur Bekämpfung von Angina pectoris seit jeher wegen der Gewässerweiternden Reaktion des Körpers benutzt und auch in gelöster Form zur Behandlung von Koronarer Herzkreislaufstörung. Wenn ich länger Zeit hätte eine Bombe zu bauen würde ich Kaliumchlorat aus der Medizinischen Abteilung und Auratina aus der Schneiderei ausborgen.
Kaliumchlorat wird zur künstlichen Erzeugung von reinem Sauerstoff benötigt und Auratina zum gelb einfärben von Kleidung und Lederwaren. Wie Ihre Handschuhe Mr. Lindbaker. Das Ergebnis dieser Kombination wäre, dass Sie das Gebäude unter anderer Adresse vorfinden würden. Aber eben, nur, wenn ich ein Bombenleger wäre Sir, nicht jeder hat ein Magister in Chemie vorzuweisen.“
Copeland wurde bleicher und bleicher während Mac Lain die verschiedenen Möglichkeiten aufzählte schluckte schwer und fixierte Mac Lain mit den Augen während er sprach: „Rowan, ich glaube es war ganz gut, dass Mac Lain auf einen Elementar bestand, falls Saya Ihr MG noch nicht mit Munition aufgefüllt hat veranlassen Sie das. Ausserdem arbeiten Sie mir bitte einen Ablöseplan aus. Es soll rund um die Uhr ein Elementar Wache schieben bis wir die Türe elektronisch aufgerüstet haben Ich spreche sogleich mit dem Materialwart, dass er eine nicht zu hackende Türe hier einbaut. Ich fürchte eine MP Schwadron hätte nichts gebracht. Lindbaker, messen Sie 10 Gramm für Mac Lain ab. Ich will sehen wie er innerhalb von einer Stunde mir eine Bombe baut. Mac Lain, Sie haben wie vorhin gerade erwähnt, eine Stunde Zeit um mir eine Bombe zu bauen die mich von den Socken haut. Sie haben unbegrenzten Zugang zu was Sie wollen. Wenn mich das Zeug aus den Socken wirft, müssen wir wohl unsere Sicherheitsvorkehrungen permanent überarbeiten. Decaroux, Sie spielen mal Fahrer für Mac Lain und vergessen Sie den Bericht für Major Fokker bloss nicht. Damit ich mich klar ausdrücke, Mac Lain, Ich will Sie lieber in dieser Einheit wissen als bei einem potenziellen Feind. Ich bin in meinem Büro bis dahin.“
Rowan Geisterbär räusperte sich und sprach Saya direkt an: „Entspricht deine Bewaffnung der Anforderung Frapos?“ – „Pos Sterncommander Geisterbär, MG voll Laser scharf“ gab Saya clangemäss wieder. Mit dem Kopf drehte Sie in Richtung Mac Lain und sprach ihn an:
„Findling Mac Lain, dir habe ich den Posten zu verdanken. Deinem Angebot zur Reinigung meiner Rüstung stimme ich zu. Gut gehandelt und akzeptiert. Morgenabend ab 18 Uhr hast du Zeit meine Rüstung unter meiner Aufsicht zu reinigen.“
Copeland musste sich ein Lacher verkneifen und offensichtlich auch Decaroux. Betreten mit hochrotem Kopf nickte Mac Lain und nickte mit dem Kopf. Als Findling wurde er noch nie bezeichnet.

Nachdem alle Untergebenen nickten verabschiedete sich Copeland und machte sich zu seinem Büro auf. Es würden einige Telefonate anstehen.

Decaroux fasste kurz die Entschlüsse des Colonels zusammen und schickte sie wie befohlen an Major Fokker und Germaine Dantons Komm Verbindung. Er stellte die Uhr des Datapad von 12:48 auf 00:00 zurück, blickte zu Mac Lain der gerade ein Plastiksäckchen von Johnson erhielt mit 10 Gramm Schwarzpulver. Behutsam liess er das Säckchen in seine rechte Brusttasche gleiten und schlenderte zu Decaroux. „War das zu heftig Leutnant Decaroux?“
Der angesprochene erwiderte gelassen: „Hoffe, der der das Schwarzpulver in die Glasnudeln schmiss, ist keiner der Ihre Rezepte liest Mac Lain, wo soll es denn hingehen?“
Arthur kaute nervös auf seiner Lippe und stellte sich im Kopf eine Einkaufsliste zusammen. Schliesslich brach er sein Schweigen und sprach bedächtig: „Zuerst am liebsten bei der Schneiderei, danach gerne einen kurzen Zwischenstopp bei der Küche und anschliessend zu meinem Mech. Wenn Sie mir assistieren möchten, Lieutenant würde ich mich sehr freuen. Nachdem ich den Vertrag im Büro von Korporal Laage unterschrieben habe. Es ist ja beinahe schon 11 und zu spät möchte ich nicht unterschreiben. Ach und Lindbaker? Kann ich mir PFC Johnson ausborgen? Er bekommt von mir noch ein paar Sprengstoffe aus meinem Mech ausgehändigt, hauptsächlich ungefährliche Komponenten zur Verwahrung oder Gebrauch für Ihre PI`s, darum wurde ich von meinem Lanzenkommandeur Teuteburg gedrängt. Falls mein Mech in den Reihen anderer hochgejagt wird sollen möglichst keine anderen aus der Einheit draufgehen. So seine Worte.“
Lindbaker willigte ein wenn auch ein wenig zögerlich. Johnson war ein Grünschnabel und erst einige Wochen in der Einheit. Falls er in die Luft fliegen würde, müsste sich Lindbaker bei Johnsons Mutter rechtfertigen.


Büro von Harrison Copland

Die Türe sprang auf als ob sie aus der Angel gehoben wurde. Seine Adjutantin Hellingsdottir blickte überrascht auf, Sie brütete gerade über der Materialbestellung für die Alacon Panzer. Irgendjemand hatte es geschafft Copeland zum Rennen zu bringen. Was nicht jeder konnte.

„Ingar, Ich brauche sofort eine Comm Verbindung zu Feuerwehr, Polizei und dem Grafen Danton, ich will außerdem eine Eilmeldung an alle Kompanieführer in einer Stunde sollen Sie sich beim Manövergelände einfinden, mobil, der Feuerwehr und Polizei lügen Sie vor, dass wir einen neuen Sprengstoff testen und es eventuell etwas rumsen könnte auf dem Testgelände. Major Fokker ist beim Grafen, Sie soll auf den Balkon stehen um exakt 11:55. Ausserdem will ich in 10 Minuten Juliett Harris in meinem Büro sprechen, egal wo Sie gerade rumstreunt. Wir brauchen sofort neue Zugangstüren zu unserem Explosivlager. Mit Handleser.“
Sein hochroter Kopf rauschte an Ihrem Pult vorbei. „Und bringen Sie mir bitte einen Kaffee, am besten eine ganze Kanne, mit Zucker drin“
Junge, junge wie ist der denn drauf. Wenn das dieser neue, Mac Lain war dann aber gute Nacht, so kommt wenigstens Harris in den Genuss eines Bechers Kaffee. dachte sich Ingar. Rollte mit den Augen und ging zur Kaffee Maschine hinüber und erweckte diese mit einem eleganten Druck auf den entsprechenden Knopf zum Leben.


 
Provisorische Büroräumlichkeiten des
Stabes S2

„Paaatrooooniii“ hallte ein Ruf durch die Baracke, der angesprochene setzte seine Trompete ab. Was war denn nun schon wieder los? Fragte sich der betroffene Italiener. Gerade hatte er gefühlt einen Berg Arbeit hinter sich gebracht 9 Stunden in dem Kabuff, welches Ihm als Büro zugewiesen war. Er hoffte, dass die Fliesenarbeiten im richtigen Gebäude bald abgeschlossen waren, diese Besenkammer war nicht auszuhalten und wirklich nur als Übergangslösung zu gebrauchen. Im neuen Gebäude fehlten ausserdem noch jede Menge Elektrische Kabel Farbe an den Wänden, Fenster. Die sanitären Anlagen waren vorhanden, aber die Waschschüsseln wurden beim Transport beschädigt. Neues Material wurde zwar schon angeliefert, aber der Sanitärinstallateur war nicht vor Ort. Er hatte jetzt war ein eigenes Büro und musste nicht mehr in einem Großraumbüro arbeiten. Aber es war klein stickig und nur eine antiquierte Quecksilberdampfröhre im vorderen Drittel seines Zimmerchens spendete etwas Helligkeit und tauchte sein Büro in ein schummriges dunstiges Licht. Beim Münzenwerfen hatte er leider dreimal verloren und das schlechteste Büro bekommen, das in der Notunterkunft zu finden war. Noch nicht einmal ein Fenster gab es um etwas frische Luft einströmen zu lassen. Das Zimmer war vielleicht drei ein halb mal zweieinhalb Meter groß und wurde von allen als Besenkammer beschrieben. Was es im Grunde ja auch war. Denn sogar die Toilette hatte ein kleines Fensterchen. Ein Tisch zwei höhenverstellbare Stühle standen auf dem nackten Boden. Die Türe hatte er einen Spalt weit geöffnet um das Licht zu verstärken. Den Tisch hatte er sich ganz nach hinten rechts gestellt um etwas Privatsphäre zu schaffen. Und die Effektivität seiner Arbeit zu erhöhen. Daneben standen zwei Metallene Regale, vollgestopft mit Akten, Notizen und sauber abgelegten Lieferscheinen. Auf dem Tisch waren fein säuberlich Anforderungsformulare sortiert nach Einheit und deren Dringlichkeit gestapelt worden. Stille wurde von einem erneuten Rufen durchschnitten. „Patroooni zu mir!“
PFC Benjamin Jackson Patroni hasste es, wenn er nicht genau wusste worum es ging. „Cosa sta succedeno di nuovo? Ich habe doch den Deckel auf der Trompete. 9 Stunden Büro dann habe ich mal ein bisschen Pause verdient non è vero?“
Stampfende Schritte näherten sich und Patroni dachte „merde, diese Bata, keine Sinn für Musica o umorismo“.

2nd Lt. Bata rammte fast die provisorisch eingesetzte Türe ein als Sie sein Kabuff betrat. „Herrgott nochmal Patroni, wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, ich spreche kein italienisch. Sprechen Sie gefälligst Englisch mit mir. Sie wollen eine Pause, Schön, Lt Decaroux hat mir mitgeteilt, dass Sie und Korporal Tomonaga sofort mit den Anforderungslisten bei Ihm erscheinen sollen. Ich muss zum Colonel auf das Testgelände. Ich nehme Jeep 5 der muss sowieso noch gewaschen werden, holen Sie sich die Schlüssel von Jeep 14, tanken Ihn danach aber wieder auf.“ Verwirrt glotze der kleine Italiener seine Vorgesetzte an. „Eeeh, welche Listen due gradi tenente?“ – „Alles was die Küche betrifft. Haben Sie seine Nachricht noch nicht gelesen?“ Schnauzte sie ihn an.
Wenn sie unter Zeitdruck war, konnte sie echt ein Kotzbrocken sein. Das wusste Sie aber auch selbst. Kein Wunder die Einheit wurde beinahe über Nacht aufgeblasen wie ein Ballon, und natürlich brauchte jeder irgendein Material.

„Tomonaga mitnehmen, verstanden.“ Seufzte Patroni, die Tatsache, dass er Tomonaga abholen sollte liess in ihm den Gedanken an einen sehr leckeren Grüntee aufkeimen. Es machte Ihm aber auch bewusst, dass Yumiko sich noch nicht um die Fahrprüfung gekümmert hatte. Er musste Sie ja mal wieder herumkutschieren. Behutsam, legte seine Trompete auf den Transportbehälter und stand auf. Während er aufstand schlüpfte er in die Tarnjacke und überzeugte sich davon, dass sie auch Vorschriftkonform sass. Aus dem Regal schnappt er sich den Ordner mit der Aufschrift Küche und vergewisserte sich, dass dieser auch aktuell und vollständig war, indem er den Ordner mit der Ablage abglich, zufrieden mit seiner Arbeit erlaubte er sich ein Lächeln, griff nach einem Holoschreiber und dem Data Pad und verstaute beide in die linke Beintasche.
Auch wenn Bata Ihn manchmal recht hart anfahren musste, weil sein mediterranes Gemüht Ihr viel zu träge erschien, Seine Arbeit macht er sehr gewissenhaft. Was man von seinem zivilen Beruf her kannte. Bevor er sich zur Infanterie freiwillig meldete, war er Archivar der Stadtbibliothek auf irgendeinem Planeten und nun seit fast zwei Jahren bei den Chevaliers im S2 Stab von Lt.Bata. Nach dem Einsatz der vor Major Fokker lag würde Sie mit Jara sprechen und sich für eine Beförderung von Patroni einsetzen um seine Arbeit zu honorieren.



„Also, Mac Lain, möchten Sie selbst fahren?“ hakte Decaroux nach. „Nein Danke, ich bin kein sehr geübter Wagenlenker, in einem Mech fühle ich mich viel wohler. Wie gesagt erst die Schneiderei, die möchte ich, vor dem Unterschreiben bei den Chevaliers, noch besuchen. Als PFC kann ich, dass was ich vorhabe nicht mehr umsetzen.“ Während des letzten Satzes fummelte er an seiner Uniform herum und steckte sich sein altes Sergeant Major Abzeichen ran. Decaroux schaute ein wenig perplex drein beließ es aber dabei bewenden. Erst als sich Mac Lain die Einheitsabzeichen von Johnson ausborgte räusperte er sich „Feldbeförderung? Oder was soll das werden.“ – „sagen wir, Lt.Decaroux ich zeige wie einfach es ist die Materialien auf unterschiedliche Weise zu besorgen. Lassen Sie sich überraschen. Den gebe ich natürlich nachher als Beweis ab.“ Decaroux gab sich damit zufrieden, steckte den Zündschlüssel ins Schloss und liess den Jeep anspringen. Er winkte Johnson heran und liess Ihn hinten aufsitzen. „Johnson, manches können Sie sich bei Mac Lain abschauen. Aber das gehört nicht dazu verstanden?“ brüllte er scharf nach hinten. Johnson fuhr zusammen und duckte sich und gab ein leises hörbares Aye, Sir von sich.

10 Minuten später rollte der Jeep an die provisorische Schneiderei heran. Auch hier war deutlich zu sehen wie alles noch provisorisch untergebracht wurde und Teile der neuen Kaserne entstanden. Obwohl die Bauunternehmen sicherlich fürstlich entlohnt wurden war deren Arbeitseifer nicht wirklich dem Lohn entsprechend. All die Jahre hindurch wurde noch immer auf Baustellen gepfuscht und verzögert. „Und was soll das werden Mac Lain? Wollen Sie da als gehetzter Unteroffizier reinflüchten?“ forschte Decaroux nach.
„Nein, nein Sir“ wiegelte Mac Lain ab. „nichts dergleichen, sehen Sie es ist bald 11 und die Kantine öffnet bald. Jede Minute kommt ein alt gedienter Unteroffizier hier raus um zu essen. Der kennt all die Offiziere und Unteroffiziere sicherlich persönlich. Seine Vertretung allerdings müsste ein PFC sein. Über Mittag reicht das meistens aus. Dann gehe ich rein und brülle ein bisschen rum, wenn das nötig sein sollte und bekomme die Chemikalie, Sie ist nicht sonderlich teuer und hier bestimmt in einem blauen Plastikfass zu 50 oder 75 Liter eingelagert.“ Kaum hatte er seinen Satz beendet öffnete ein bereit ergrauter Feldweibel die Türe grüßte Decaroux und lief in Richtung Kantine davon. Decaroux sah verdattert dem Feldweibel nach, „wie konnten Sie das wissen Mac Lain?“. Der angesprochene zuckte mit der linken Schulter und gab zur Antwort: „erstens habe ich das gestern schon gesehen und zweitens ist das gängig, auch bei anderen Söldnern oder Hauseinheiten“. Mit einem geschmeidigen Sprung landete er neben dem Jeep und schritt Zielstrebig auf die Einheitsschneiderei zu, öffnete die Türe und sah sich einer jungen Schneiderin gegenüber, die gerade an der Uniform eines Korporals einen Knopf annähte. „Tag“ sprach Mac Lain salopp. Die Schneiderin schrak auf; „ooh, Entschuldigen Sie Sir, falls Sie den Feldweibel suchen, der ist gerade zur Kantine rübergegangen. Weil es heute seine Lieblingsspeise gibt.“
„Ich komme nicht wegen dem Feldweibel, nicht direkt jedenfalls, er hat für mich etwas Auratina zur Seite gelegt. Für die Kellen am Schiesstand. Er meinte ich soll nach dem Mittagessen vorbeikommen, aber da wir schon mal hier sind.“ – „wie viel Auratina, Sir?“ fragte die junge Schneiderin nach während Sie in den Bestandsbüchern nachschlug. „Er hat es vermutlich schon abgewogen, 300 Gramm sollten genügen, Madam“ – „Hier ist leider kein Eintrag, aber ich trag es ein, wenn Sie bitte dann den Empfang bestätigen könnten? Hier hinten mit einer Unterschrift. Vermutlich hat er es noch nicht gemacht. Ich hole es Ihnen sofort, Sir“ – „danke sehr“ gab Mac Lain mit gespielter Gleichgültigkeit als Antwort. Je weniger er redete umso besser. Na bitte, klappt noch wie zu alten Zeiten dachte er sich. Die junge Schneiderin legte die Uniformjacke zur Seite und verschwand für einen Augenblick hinter einer Zeltplane.

Zwei Minuten später kam Sie mit einer Büchse mit der Aufschrift Dipikrylamin zurück. „Passen Sie bitte auf, es ist zu 99% rein, und sehr giftig.“ gab die junge Schneiderin zu bedenken. Etwas hart entgegnete Arthur, „ist nicht das erste Mal“ – „natürlich Sir, verzeihen Sie, aber es ist eine alte Gewohnheit von mir sehr vorsichtig im Umgang mit den Chemikalien zu sein die wir hinten lagern“. Gelassen antwortete Mac Lain, „ist ja nichts schlimmes, gesunder Respekt lehrt Vorsicht. Die Kunst ist nur, daraus keine Angst werden zu lassen.“
Er nahm die Dose entgegen und quittierte den Empfang mit einer erfundenen Unterschrift. Ein Looping den er rückwärts durchstrich, wobei er den Strich leicht nach oben führte um ihn am Anfang des Loopings nach unten zu ziehen. Eine gewellte Linie komplettierte die pseudo Unterschrift auf dem Quittungsblock. In einer geübten fließenden Bewegung riss er das Doppel für sich darunter ab und verabschiedete sich mit einem Lächeln nach draußen.
Beim Jeep angekommen überreichte er die Büchse an Johnson und schwang sich wieder auf den Beifahrersitz. Grinsend gab er an Lt. Decaroux den Quittungsbeleg und sein Sergeant Majors Patch als Beweis. Dieser steckte wortlos beides in seine Brusttasche und fuhr zum Büro von Korporal Laage wo auch schon Jaqleen auf Arthur wartete. Arthur drehte den Kopf leicht zu Johnson, „Mr. Johnson, ich bitte Sie nichts zu verschütten, das Zeug das Sie hier für mich halten ist höchst giftig und Umweltschädlich. Eine Rüstung muss ich schon putzen, ich habe keine Lust, dass sich da noch ein Jeep dazu gesellt. Ich bin gleich zurück.“ Decaroux wirkte sehr zufrieden. Sollte Mac Lain mal seinen Mech verlieren würde er Ihn in seinem Trupp gut integrieren können.
„Wie war dein Spaziergang auf dem Testgelände Snow?“ erkundigte sich Mac Lain.
Jaqleen entgegnete freundlich und warmherzig, dass es ein sehr ödes Gelände sei, kaum Vegetation und noch weniger Tiere vorzufinden waren. Das Mienenfeld wäre in losen Gruppen ausgelegt mit 2-er 5-er und 7-er Cluster zusammengefasst worden. Ein Hubbagger planierte gerade, eine Fläche von 5 * 5 Meter, als Sie in der Rüstung durchlief den Platz für den Nahkampf. Das Gelände sei übersäht mit Kupferadern und Kupferbromidflözen. Ein Scan der Umgebung verriet auch, dass das Geröll stark Quecksilberfulminat haltig sei. Sie hatte sich schon einen groben Schlachtplan ausgedacht, wie sie den Mech umgehen könnte. Indem Sie mit dem Laser aus Ihrem Anzug, mit reduzierter Leistung auf das Kupferbromid schoss würde sich das durch die Thermische Anregung entzünden und eine blaue Fontäne mit hoher Farbsättigung den Sensor stören könnte. MAD ist bei der Menge an Kupfer sowieso nutzlos. Gleichzeitig könnte Sie das Quecksilber(II)fulminat anregen zu explodieren. Die Explosion sei gerade viel genug um die Steinbrocken zu bewegen damit im Seitenblickfeld eines Menschen die Illusion einer Bewegung entstünde.
Das Gelände sei ein Schlaraffenland für Mac Lain versicherte ihm Snow. Ein Haufen Sachen um in die Luft zu jagen. Er war sichtlich stolz auf sich als Lehrer und auf Snow, weil Sie endlich auch die Umgebung in ein Unternehmen miteinbezog.
Die Freude währte aber nur sehr kurz, denn als er gerade Ihr ein Lob aussprechen wollte ergänzte Sie mit leichtem Schmunzeln. Es sei trotz allem ein Ehrloses Vorgehen.

Er liess die Schultern sacken und schritt voran. Murmelte etwas von du lernst es wohl nie und Feingefühl eines Fleischerbeiles. Korporal Laage öffnete den beiden neuen Chevaliers die Türe und beglückwünschte Sie zum pünktlichen Erscheinen. Im Vorzimmer lagen fein säuberlich diverse Utensilien bereit. Einheitsabzeichen Feldausrüstung für Arthur und für Jaqleen.
Nach dem obligatorischen Foto für die Einheitsakte wobei Korporal Laage alle Mühe hatte die zerzauste Frisur von Mac Lain in irgendwelche Bahnen lenken zu wollen und zwei drei Abklärungen gab Korporal Laage den beiden noch jeweils einen Kaffee mit auf den Weg. Arthur musste gegenüber Korporal Laage erklären, dass die zweite Kontonummer bei seinen Finanziellen Angaben nicht seine Gattin oder versprochene Frau war, sondern dass Angela Gibbins seine 5-jährige Patentochter war.
Jaqleen schien mit den ganzen Währungen der Inneren Spähre etwas überfordert zu sein. Sie hatte noch nicht mal ein Konto. Bisher führte Sie immer alles als Bargeld mit sich und sammelte die Münzen und Noten in einem Seitenfach Ihres Seesacks. Wenn Sie Geld brauchte wofür auch immer nahm Sie dort das Geld raus. Wenn Sie etwas Verdiente stopfte Sie das Geld dort wieder rein. Sie empfand das Thema Geld sowieso als etwas Lästiges. Jaqleen wollte sich ranmachen und Schablonen anfertigen damit die Comic Maus auch auf Ihren Kampfanzug gut rüberkam. Sie versprach aber Korporal Laage und Mac Lain am nächsten Tag ein Konto bei einer Bank auf Wayside zu eröffnen.


Als Arthur zum Gebäude herauskam stand ein zweiter Jeep neben dem von Lt.Decaroux mit einem Italienisch anmutendem Fahrer und einer würdevollen und anmutigen Asiatin. Beide waren etwa in Mac Lains Alter und hatten jeweils einen Ordner hinten auf der Ladefläche nach einer freundlichen Begrüßung erklärten sich die beiden Stabsmannschaften dazu bereit sich dem Tross von Mac Lain anzuschließen und nach einem Zwischenhalt beim Ärztlichen Zentrum und der Küche bei Mac Lains Mech den Zusammenbau der Bombe zu begutachten. Jaqleen verabschiedete sich höflich in Richtung ihrer Baracke. Sie durften vorerst in der Gästebarracke bleiben, da die Zeit zu knapp schien für eine Umquartierung zur jeweiligen Einheit` s Unterkünfte.

Oder besser gesagt zu deren Containern, Da die Teuteburg Lanze noch im Provisorium wohnte zog es Mac Lain sowieso vor ein festeres Dach über seinem Kopf zu wissen. Zur Not könne er auch in seiner Valkyrie übernachten. Zumindest zog er es ernsthaft in Betracht. Denn ein Container in dem er einmal gewohnt hatte als er noch Korporal bei den Highlander war stürzte eines Nachts zu Boden. Die Halterungsklammern waren unsachgemäß angebracht gewesen und zudem blies ein heftiger Wind. Gehstock für das rechte Bein und ein Streckverband für den Arm waren für Ihn die Folgen. Während sein damaliger Zimmergenosse mit einem Schleudertrauma, drei gebrochenen Rippen und einem Stützgerüst für die Nase ebenfalls für etwas mehr als einen Monat ausser Gefecht gesetzt wurde.

Eine viertel Stunde später stand Mac Lain im provisorischem Sprechzimmer vom Ärztestab. Bei der diensthabenden Krankenschwester am Empfang klagte Mac Lain über Stiche im Nierenbereich, Kopfschmerzen und eine trockene Kehle. Sie wies Ihn an im hinteren Abteil sich frei zu machen und dass der Doktor gleich bei Ihm sei.
Zu Mac Lains Verwunderung erschien Oberstabsarzt Summers höchst persönlich um sich den Neuen genauer anzuschauen. Mit routinierter Gepflogenheit stellte sie präzise Fragen zu seinem Befinden schon als Sie in das abgetrennte kleinere Abteil kam. Mac Lain saß auf dem Operationsschragen und hatte lediglich seine Uniformjacke ausgezogen, nicht jedoch das T-Shirt. Das störte Summers etwas. „Ist Ihnen kalt PFC Mac Lain?“ – „Nein Madam, nur möchte ich es vermeiden mich ganz auszuziehen. Ich möchte Ihnen den Anblick ersparen. Wegen einer ähmm. Sache.“ – „Mac Lain, Ich bin Arzt, falls Sie eine Tätowierung am Rücken haben ist mir das herzlich egal. Ich habe schon einiges gesehen. Ausserdem möchte ich den Rücken abklopfen und die Lungen abhören. Das geht nun einmal nicht durchs T-Shirt.“ Mac Lain wurde jetzt plötzlich wirklich trocken im Mund. Hätte er nur einen Muskelkrampf in den Beinen vorgegaukelt. Würde er jetzt nicht in dieser Situation stecken. Wiederwillig nickte er und zog wortlos das T-Shirt aus und drehte den Rücken in Richtung der Stabsärztin. Er war sich nicht sicher ob er es war oder die Stabsärztin aber jemand schluckte sehr schwer. „Ich weiss Madam, kein sehr schöner Anblick. Seine sonst so helle Haut war überzogen von langen blutroten und fingerdicken Linien die unregelmäßigen dreieckigen Fransen hatten. Wie ein Dornenbusch schlangen sich die Linien nach oben in Richtung der Schultern. Dort wo die Peitschen einschnitten rissen die Wiederhaken Stückchen seiner Haut heraus. „Der Wundarzt war vermutlich ein Stümper gewesen, Madam“ gab Mac Lain dazu bekannt. „Er tauchte braunes Papier in Essig. Damit ich es noch länger spüren konnte wo die Peitschen mich bearbeitet hatten. –Ich vertraue auf Ihre Ärztliche Schweigepflicht Madam.“
„Natürlich Mr. Mac Lain. Die Wunden haben sich geschlossen und es wurde später etwas besser behandelt. Ich kann Ihnen anbieten, eine Tinktur aufzutragen, damit die roten Innenseiten etwas abgeschwächt werden. Es ist eine pflanzliche Salbe. Sie ist kühlend aber riecht nach geschnittenen Gräsern. Ich hoffe, dass das Stethoskop nicht zu kalt ist.“.
Es war sehr kalt und jedes Mal, wenn die Oberstabsärztin das Stethoskop auf seiner Haut aufsetzte zuckte ein Schmerz durch seinen Rücken.
„Die Lunge und die Nieren scheinen okay zu sein Mr Mac Lain. Ich müsste mal in den Rachen zünden und die Pupillen anschauen, das Abklopfen können wir weglassen, Sie scheinen zu viele Nervenbahnen am Rücken zu haben die frei liegen. Nehmen Sie derzeit Medikamente?“ – „Nein Madam.“ Gab Mac Lain Wahrheitsgemäß als Antwort.
Die Oberstabsärztin umrundete den Schragen und leuchtete in den Rachen. „Oh, die Mandeln sind raus gab Sie erstaunt zu, das habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Als Kind hatten Sie wohl viel Angina. Mit einem hölzernen Stäbchen das seine Zunge flach drückte war es für Arthur sehr schwer zu reden und er konnte gerade mal noch ein simples Ähä als Bejahung ihrer Aussage von sich geben. „Die Augen sind etwas glasig Mac Lain, der Rücken muss Ihnen nicht peinlich sein. Den kriegen wir zusammen hin. Ich vermerke einen Tragedispens für schwere Gerätschaften. Rucksäcke bekommen Sie ja als Mechjockey nicht. Munition für Ihren Mech können Sie bedingt einladen, sofern Ihre Blechdose keine AK-20 führt. LRM nur in der 2x2er Transportbox. Das geht etwas länger aber ist gesünder für den Rücken. Schauen Sie, unbedingt darauf, dass Sie wenn Sie die Raketen anheben immer in die Hocke gehen und beide Arme gebrauchen. Gleichmäßig und Langsam. Die Kopfschmerzen kommen von Sauerstoff Mangel. Sie sind sich an gehaltvollere Luft gewöhnt als wir hier haben. Auch ist Ihnen die Luft zu warm. Deshalb plagen Sie Kopfschmerzen. In die Lebenserhaltung Ihres Mechs müssten Sie Manntiolhexanitrat der Luftaufbereitung zugeben. Es bewirkt eine Weitung der Blutbahnen. Es ist ungefährlich weitestgehend. Die Techs sehen es nicht gerne, wenn an der Lebenserhaltung rumgeschraubt wird, aber wenn Sie täglich 10-15 Minuten einfach im Mech sitzen und sich <belüften> lassen, damit können Sie besser durchatmen.“ – „Madam, das habe ich bereits ausprobiert und die Anzeigen für das Manntiolhexanitrat ist auf 500 Gramm gesunken, ich habe schon angefangen es zu rationieren. Ich bin zwar kein Mediziner, aber bevor ich die Uniform anzog war ich Chemielehrer “ gab Mac Lain zu verstehen.
„Oh, ich verstehe gut. 500 ist nicht gerade viel. Ich erkundige mich ob wir eine grössere Menge haben die wir Ihnen abgeben können. Aber gerade wenn es um die Gesundheit geht ist sparen ein falsches Argument.“ Tadelte die Oberstabsärztin Summers während Sie auf dem Tablet herumtippte. Wir können Ihnen jetzt 2.7kg mitgeben, zur Salbe die tragen Sie bitte 3-mal wöchentlich am Abend auf den Rücken auf. Da sie sehr dünnflüssig ist sollte das kein Problem sein. Sie zieht auch sehr schnell ein. Sie haben dann einfach eine Kräuterfahne. Damit es keine falschen Anschuldigungen gibt sie wären betrunken, schreibe ich in die Akte, dass Sie eine Salbe für ihre Kniescheiben bekommen, die wegen falscher Körperhaltung zu sehr abgenutzt worden sind.“ – „Danke Doc.“
Etwas später schlenderte er zum Jeep und gab wiederum PFC Johnson eine grössere Dose zur Verwahrung in den hinteren Teil des Jeeps. Nachdem der Tross aus zwei Jeeps bei der Küche einen kleinen Halt einlegte und Mac Lain mit einer alten Tasse und zwei Glasschüsseln herausspaziert kam fuhr Decaroux zum Mechhangar wo er Arthur aufgabelte. Meister Tech Doreen Simstein und Li Ming brüteten über den Bauplänen der Valkyrie von Arthur der im Wartungsgestell stand über den besten Platz für das Einheitsabzeichen. Arthurs Mech war der einzige Mech der im Wartungsgestell stand. Decaroux grinste Arthur an und freute sich schon. „Zeit die Maske fallen zu lassen. Mac Lain“ spottete er als er den Schlüssel drehte und den Jeep abstellte.
„Nanu, Arthur schön bist du wieder bei uns. Was hat denn so lange gedauert? Und wo willst du hin“ fragte Li Ming verwundert. Zielstrebig steuerte Mac Lain zur Strickleiter von seinem Mech. „Senior Tech Li Ming, der Verrückte geht seiner Arbeit nach, Bitte richten Sie mir einen sauberen Tisch mit Rollen hinzustellen. Ich muss eine Bombe basteln. Sie dürfen gerne zusehen.“ – „Wie bitte? Duu? Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Decaroux was soll das?“
„Na ja. Ich muss Sie leider enttäuschen Senior Tech Cao, der Verrückte IST der Jockey.“
Li Ming wurde bleich und beeilte sich vom Arbeitstisch alles wegzuräumen und den Tisch mit einer Plastikfolie neu zu bespannen.
Als Arthur mit zwei breiten Koffern in der Hand die Treppe herunterkam sah er den hochroten Kopf von Li Ming und hielt es für angebracht sich bei Ihr für die Scharade und das falsche Spiel zu entschuldigen. Erstaunlicherweise war Li Ming gar nicht sauer auf Ihn sondern verbeugte sich tief und entschuldigte sich, Ihn derart falsch eingeschätzt zu haben. Arthur bedankte sich für die Bereitstellung der Tische wobei es Ihm schwer fiel seine Konzentration aufrecht zu halten. Weil Li Ming sich erst wieder erhob als er Ihre Verbeugung erwiderte.
Aus einem Koffer holte er eine Glasviole und eine Wachskerze heraus. Danach ging er zum Jeep hievte den anderen Koffer vorsichtig auf die Ladefläche. „Johnson seien Sie so nett und reichen Sie mir die beiden Büchsen und die Utensilien aus der Küche. Lieutenant, wenn ich bitten darf, mir zu folgen.“
Wie Ein Lehrer der aus der Schülerschaft einen Gehilfen herauspickte schlenderten beide hinter den Arbeitstisch. Mac Lain drapierte die Tasse vor sich und die beiden Schüsseln etwas weiter weg. Zur seiner Linken baute er routiniert einen Bunsenbrenner und ein Dreibein mit Erlenmeyerkolben auf welches er alles aus dem Koffer holte den er noch beim Tisch hatte.
„Also Johnson, mal eine kleine Privatlektion für Sie“ witzelte Mac Lain und brachte es fertig beim schüchternen Johnson ein schmunzeln aufs Gesicht zu zaubern, wie ein fleißiger Schüler zückte dieser einen Notizblock und ein Schreiber um sich erst das Arbeitsfeld grob zu skizzieren. Korporal Tomonaga und PFC Patroni gesellten sich zu dem jungen Pionier und schauten gebannt. Obwohl Tomonaga etwas mehr Abstand zur Arbeitsfläche für Angebracht hielt.
Die Glasviole war oben und unten offen und an einigen Stellen geschwärzt und einige Löcher wurden präzise in unregelmäßigen Abständen in die Glaswände getrieben. Diese legte er auf die rechte Seite der Tasse und ganz rechts außen platzierte er das Schwarzpulver.
Im geübten Lehrerton begann Arthur als er sicherstellte, dass der Bunsenbrenner noch genug Gas besaß. „Dieser Aufbau ist relativ einfach, nichts desto trotz müssen Sie äußerste Vorsicht walten lassen, Eine spontane Reaktion während der Zusammenstellung ist nicht ratsam und meistens auch nicht gewollt. Auf die einzelnen Komponenten komme ich später zu sprechen falls Sie das wünschen. Als erstes werden wir das Kerzenwachs schmelzen. Er dient später zur Abdeckung. Sollte flüssig sein aber nicht zu warm. Beginnen wir mit Auratina und dem Manntiolhexanitrat. Vom Auratina benötigen wir alles, vom Mannitol nicht. Wir mischen nun die Hälfte von der Auratinabüche, vorsichtig in der ersten Schüssel, mit derselben Menge Manntiolhexanitrat. Für eine bösartigere Antipersonensprengfalle können Sie Nägel, Schrauben und Metallsplitter an den äußeren Rand der Bombe kleben. Das wollen wir aber bei dieser Bombe unterlassen. In die zweite Schüssel geben wir ebenfalls Auratina und Manntiolhexanitrat und mischen diese mit einem Quirl aus Plastik oder Glas. Es ist wichtig keine Metallenen Gerätschaften zu benutzen. Wenn sie eine homogene Pulvermischung erreicht haben, geben Sie genug der Mischung in das Bombengefäss. In diesem Fall die Tasse. Schauen Sie, dass ca.1/2 des Gefäßes befüllt wurde. Danach nehmen Sie die Glasviole und versiegeln diese Unten mit etwas Wachs, wenn sie erkaltet ist stellen Sie diese aufrecht in die Mitte und zwar so, dass der obere Rand bündig mit dem Gefäß fluchtet.“ Ein geübter Blick von Mac Lain bestätigte Ihm, dass Johnson fleissig mitschrieb und gut mitkam. Er fixierte die Viole mit zwei Fingern und sah zu Decaroux „Lieutenant, wären Sie so freundlich in die Viole nun das Schwarzpulver einzufüllen?“. Decaroux räusperte sich, „natürlich gerne.“
Mit einem Nicken quittierte Mac Lain die Hilfsbereitschaft des Offiziers.
Interessiert fragte Decaroux, „woher haben Sie die Viole Mac Lain“.
Verschmitzt grinste Mac Lain „Das war mal eine Leuchtstoffröhre. Eine sehr gute Frage. Während er simultan mit Decaroux den Hohlraum zwischen der Tasse und der Viole mit seiner Mixtur auffüllte. „Wie sie sehen können PFC Johnson, ist zwischendurch etwas Schwarzpulver ins Auratina-Gemisch gekommen, das macht nichts. Unterdessen Schnitt er einen schmutzigen Stofffetzen zurecht und schuf eine Abdeckung für die Tasse die jedoch nicht über den Rand hing und die Viole ebenfalls frei liess. „Grundsätzlich können Sie jede Art von Zünder anbringen, Ich bin jetzt mal so faul und benutze einen Niederfrequenz Empfänger. Den bekommen Sie in jedem Baumarkt oder RC Laden. Die Runde Form des Gehäuses passt wunderbar auf die T3 Quecksilberdampf-Leuchtstoffröhre. Wichtig ist, keine schlagenden Bewegungen gegen den Tischboden auszuführen um die Pulver zu komprimieren. So, die Kerze ist geschmolzen und die Flüssigkeit beginn schon wieder fest zu werden. Es sollte nicht wärmer als 70 Grad sein. Langsam liess er die geschmolzene Kerze aus dem Erlenmeyerkolben in einem dünnen Strahl auf den Lappen und den Empfänger rieseln. Das Wachs fixiert die Geschichte, falls Sie gezwungen sind die Bombe schräg zu platzieren.“
Johnson blätterte zweimal sein Notizblock um und schrieb penibel mit was Arthur sagte.
„Sir, PFC Johnson, Warum haben Sie so viel Manntiolhexanitrat nicht gebraucht?“ forschte Johnson interessiert. „das ist für die Lebenserhaltung in meinem Mech, ich habe das Hexatat im Speicher etwas zu fest beansprucht. Sie können gleich oben nachschauen wo das eingelagert ist, bei der Lebenserhaltung, damit Sie auf dem Feld mal bei einem Wrack leichter dazu kommen. Es ist weiterhin erhältlich bei der MASH Einheit und in Spitälern.“ Schloss Mac Lain.

„Incredibile“ staunte Patroni. „und eee, das explodire gudd?“ fragte er interessiert an die Adresse von Mac Lain gerichtet.
„Es ist je nach Mischungsgrad und Reinheit der Materialien etwa 4-7-mal effektiver als RDX, einem alten Sprengstoff von Terra, besser bekannt als Hexogen oder Cyclonit. Weil dieser Sprengsatz sehr reine Inhaltsstoffe aufweist, beziehungsweise ich ja dafür gesorgt habe, dass es rein ist. Gehe ich davon die siebenfache Sprengkraft von RDX in der Tasse zu haben. Es reicht aus um einem gesunden Medium Mech, wie einem Hermes 2, den Center Torso herauszuschrauben. “
„Korporal Tomonaga, PFC Patroni, Haben Sie die Unterlagen dabei um die ich gebeten habe?“ schnitt Decaroux die Unterhaltung ab. Sie hätten genug Zeit eingeplant, aber er wollte an Jara etwas liefern und die nächste Kurzmeldung die Jara verlangte müsste er in 10 Minuten abschicken. Die Bombendemonstration von Mac Lain war noch eine halbe Stunde weg. Somit könnte auch er die Unterlagen nach ungewöhnlichem Durchsehen. Seinen findigen Geist hatte er ja mit der Materialbeschaffung unter Beweis gestellt und Decaroux notierte sich das minutiös wie leicht es Mac Lain gelang an die Chemikalien zu gelangen. Er beschloss gegen den Abend auf seinem Data Pad einige Vergleichsdaten zu jonglieren in Bezug auf die Sprengstoffe der Einheit. Für den morgigen Tag notierte sich Decaroux, dass er sich Mac Lain ausborgte um die Vorräte der Chevaliers durchzusehen und die Sprengstoffe für kommende Unternehmen etwas aufzubessern. Wer weiss, vielleicht konnte Mac Lain, er war sich sogar sicher, noch einige Überraschungen vorbereiten für die Chevaliers. Auch darüber setzte er Major Fokker in Kenntnis und deutete an, ob ein Sprengstoff Kurs bei den Chevaliers vielleicht von Nutzen wäre. Das entschied aber letztendlich Jara.
„Tomonaga, ich bitte um die Aufzeichnungen der Bestellungen vom Vorfall am 04. April +2 Wochen vorher. Für Sprengstoffe und Metalle. PFC Patroni, wenn Sie sich denn lösen können, bitte die Reparaturaufträge für die entsprechende Zeit ebenfalls 04. April bis und mit zwei Wochen davor. Auf dem Tisch bitte, aber vorsichtig, die Bombe soll erst in einer halben Stunde hochgehen.“

Beide Stabsangestellten taten wie Ihnen aufgetragen wurde. Ohne einen Wiederlaut von sich zu geben. Während Mac Lain mit der Hilfe von Johnson, die Bombentasse vorsichtig in einen selbst gebaute kardanische Halterung einlagerte um die Bombe anschließend auf das Testgelände zu transportieren. Als er an den Arbeitstisch zurück kam waren zwei Stapel fein säuberlich vor Ihm aufgetürmt und ohne sich bitten zu lassen blätterte er diese durch.
Es dauerte fünf Minuten bis er sich aus dem linken Stapel einen Zettel herauszog. Es war der Reparaturantrag für den Wok, der am Vortag explodierte. Als Grund der Reparatur wurde Materialermüdung genannt und sauber dokumentiert, dass ein Loch im Wok Talboden drohe, wenn der Antrag abgelehnt werden würde. Zweifellos war es Rybacks Handschrift denn seine Unterschrift prangerte gut lesbar in Arabischen Lettern unter seiner Unterschrift. Den Zettel legte er quer zur Blattrichtung auf den Stapel. Machte sich wortlos auf zum zweiten als ein Räuspern von Decaroux ihn in der Bewegung erstarren liess. „ähmm und, was haben Sie gefunden. Ich bin nicht so schnell im Tippen Mac Lain, ich muss die Meldung rechtzeitig raushauen sonst krieg ich was zu hören.“

„Lieutenant Decaroux, Korporal Tomonaga, soll ich für Sie tippen? Sie könnten sich die Unterlagen so auch anschauen.“ meldete sich Yumiko Tomonaga zu Wort. Mit einem dünnen Lächeln bedankte sich Decaroux und reichte Ihr das Data Pad weiter, sagte Ihr aber nichts weiter. Sie war klug genug dem Betreff das Wort Geheim zu entnehmen und verstand schweigend. Decaroux machte einen Schritt auf den Tisch zu und nahm sich das bereitgelegte Reparaturformular um es besser lesen zu können.
In gewohnten Diktierton ratterte er herunter: „Korporal, bitte schreiben Sie. Wok Klammer Küchengerät Klammer zu, wurde am 25 zigsten März zur Reparatur eingereicht wegen Materialermüdung am Pfannenboden, ordentlich von der Reparaturstelle am 29igsten desselbigen Monats als erledigt retourniert für den Gebrauch. Es wurde ein 25 Millimeter mal 25 Millimeter Stück Silberstahl Lebensmittelecht eingetrieben.“ Er stockte kurz und wandte sich an Mac Lain: „PFC Mac Lain, Erklären Sie fürs Protokoll bitte erstens Silberstahl zweitens Lebensmittelecht eingetrieben.“ – Mac Lain erwiderte ohne seine Wühlerei zu unterbrechen in Lehrer-Manier „Silberstahl ist eine alte Bezeichnung für Vanadium Chrom Legierter Stahl. Frühere terranische Bezeichnung 115Chrom Vanadium3, eheste Verwendung sind Metallbearbeitende Geräte, Bohrer, Gewindeschneider Stempelmatritzen für Verformungen, Aber von Küchenutensilien habe ich noch nie gehört. Lebensmittelecht eingetrieben, Vermutlich wurde ein Loch gefräst und der Flicken wurde solange mit einem Ingenieurshammer in die Form getrieben, bis eine Formschlüssige Verbindung entstand. Silberstahl ist resistenter als ein Kupferflicken gegenüber Ölen, Säuren und mechanischen Belastungen, auch wenn durch Wärme die Werkstoffhärte beeinträchtigt wird.“ Mac Lain stutzte und blickte zu Decaroux auf. „Farblich angelassener Silberstahl hat die gleiche Oberflächenfarbe wie eine Stange Magnesium, na ja fast zumindest. Wenn es auch nur rund sechsmal leichter ist. Ich halte es für Ratsam, dass wir nach der Demonstration bei der Werkstatt vorbeigehen.“. „Ruhig alles mitschreiben Korporal ruhig mitschreiben.“ Forderte der Sicherheitsoffizier. Während Yumiko Tomonaga` s flinke Hände über das Data Pad huschten.
Mit halb triumphierender Miene zog Arthur einen zweiten Zettel mit Materialanforderungen aus Tomonaga’ s Stapel. „Hier Sir, Silberstahl wurde am 26 zigsten März von der Werkstatt bestellt, zusammen mit einem guten Dutzend anderer Metalle.“. Mac Lain legte den Zettel vor Decaroux hin.
„Korporal, fügen Sie bitte diese Notiz hinzu, danach verschlüsseln Sie die Nachricht mit Standard. Sie dürfen sich in der Kantine einen Kaffee holen, zusammen mit PFC Patroni. Ich brauche Sie nicht mehr für heute, Danke sehr. Damit ich mich klar ausgedrückt habe: Für Sie beide gilt, kein Wort an dritte. Die beiden Zettel sind Beweismittel und verbleiben in meiner Obhut bis auf weiteres.“
Von Korporal Tomonaga kam ein zackiges „Hai Chu-i“ und von Patroni ein vergleichsweise schläfrigeres „Cormprende Teniente“ nachdem beide Ihre Restlichen Unterlagen einsortieren fuhren Sie im Jeep gemächlich aus dem Mechhangar.

Decaroux sah erstaunt zu wie Mac Lain den Kehrbesen schwang um die gröbsten Spuren von Sand und Kupferstaub aus dem Hangar zu befördern.
„Hey Mac Lain, sagen Sie mal, was soll das, wenn es fertig ist?“
„Sir, der Hangar ist brandneu und wenn die Techs die Reifenspuren sehen flippen die aus. Daran will ich nicht schuld sein.“ Antwortete Mac Lain aus einer Entfernung von fünf Metern. Zwischen herzlichen Lachern entgegnete Decaroux: „Sie wollen wohl Ihren Tech bei Laune halten. Für so etwas haben die Chevaliers AsTechs.“ Noch immer schmunzelnd ging er zum Jeep und stellte den linken Fuss auf das Trittbrett. „Wenn wir denn alles haben sollten wir langsam los. Das Testgelände wartet.“

__________________
Verrückt, aber noch lange kein Professor.

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Abschiede

Mai 3067, Naraka, Draconis-Kombinat

Dadif hatte das Gefühl, seine Arme würden gleich abfallen. Die Atemmaske, die man auf Naraka tragen musste, machte körperliche Anstrengungen nicht gerade leichter, auch wenn er viel Zeit gehabt hatte, sich an dieses lebensnotwendige Ausrüstungsstück zu gewöhnen. Woran er freilich nicht gewöhnt war, war das mörderische Arbeitspensum, das ihnen in den letzten zwei Tagen abverlangt worden war. Die Einheit machte sich bereit in den Krieg zu ziehen - und diesmal würde jeder Mann und jede Frau, die kämpfen konnte und jeder relevante Bestandteil der Ausrüstung und Vorräte, der für ein Gefecht von Nutzen war mitgenommen werden. Die Soldaten wussten, was das bedeutete. Es ging aufs Ganze.
Nicht, dass die meisten irgendwelche Bindungen zu diesem Stück rauer und noch immer giftverseuchter Erde aufgebaut hatten, als welches sie Naraka kannten. Das galt natürlich nicht für die Handvoll Rekruten der Einheit, die man auf der Welt selbst geworben hatte. Doch das waren junge Frauen und Männer, die ohnehin um jeden Preis fort wollten - auch wenn manchem wohl jetzt, da es ernst wurde, mulmig zumute war. Aber sie alle waren in den letzten Monaten durch eine harte Schule gegangen, die sie an die Einheit band. Es blieb natürlich abzuwarten, ob sich dieses Band auch im Einsatz bewährend würde.
Die meisten übrigen Soldaten und Trossangehörigen waren das Vagabundenleben gewöhnt. Sie wussten, dass es für sie zumindest im Moment und wohl auch noch auf lange Zeit keine Rückkehr zu dem gab, was sie einst Heimat genannt hatten. Die Kontakte zu den Einheimischen auf Naraka waren so sporadisch gewesen, dass kaum die Gefahr bestand, dass jemand hier ernsthaft Wurzeln schlagen wollte. Selbst die klassische ,Soldatin findet Farmerjungen'-Geschichte - eventuell erzählt mit anderer Geschlechterverteilung - hatte wenig Überzeugungskraft, wenn der Farmerjunge auf einer Welt lebte, die SO weit von aller Zivilisation entfernt war. Und wo die Ernte so stark mit Schwermetallen oder anderen Rückständen belastet war, dass sie auf anderen Welten auf der Sondermülldeponie gelandet wäre. Da war man eher versucht, den Partner oder die Partnerin zum Mitkommen zu bewegen. Oder schrieb einen Abschiedsbrief beziehungsweise verschwand ganz einfach ohne ein Wort - darin waren Soldaten notgedrungen seit jeher Meister.

Die Totalmobilmachung bedeutete, dass gewaltige Materialmengen befördert und verstaut werden mussten. Vieles war von Hand zu befördern, auch wenn die Elementare natürlich als Packesel gute Dienste leisteten. Aber auch die übrigen Mitglieder mussten kräftig anpacken.
Da hatte noch Glück, wer wie Ermhard alias Kotzi inzwischen nicht mehr zu den Schlammstapfern gehörte. Er war einem Schwebe-Schützenpanzer zugeteilt worden, eine Beförderung, die ihn offenkundig zufriedenstellte, auch wenn das nicht eines der Clan-Omni-Gefechtsfahrzeuge war, von denen er immer schwärmte. Als Panzerfahrer hatte Kotzi sich vor allem um seine Maschine zu kümmern - aufmunitionieren, das Fahrzeug von Innen und Außen für den nächsten Einsatz vorzubereiten, theoretische Kurse und dergleichen mehr. Durchaus keine leichte Kost, aber immer noch besser als Kisten schleppen.

Die Infanterie, namentlich Hilfsinfanteristen wie Dadif, waren weit eher für manuelle Arbeiten gefragt. Sie wurden als ,Springer' zu den verschiedensten Aufgaben eingesetzt und hatten nicht nur die Ausrüstung des eigenen Trupps zu bewältigen, obwohl auch das schon eine ziemliche Strapaze sein konnte, wie er inzwischen wusste.
Auch ihn hatte man nämlich befördert - wenn man das so nennen konnte. Er galt nun als Hilfsladeschütze eines aus sieben Soldaten bestehenden Grabenmörser-Trupps. Seine Kameraden und er hatten einen 82-mm-Mörser zu bedienen, und nötigenfalls auch im Fußmarsch durchs Gelände zu befördern. Normalerweise würden sie natürlich motorisiert in den Einsatz gehen, und er hoffte, dass man ihn Ermhards MTW zuteilen würde. Aber man konnte nie wissen. Im Einsatz würden sie sich ihren MTW wohl entweder mit einer weiteren ,schweren' Gruppe oder zwei Schützenteams teilen. Die genaue Verteilung hing von den taktischen Gegebenheiten ab, und sie hatten in den letzten Wochen die Zusammenarbeit sowohl mit Unterstützungswaffen als auch mit einer Sturmtruppe oder Sicherungslinie der Infanterie geprobt. Dabei war es nicht so sehr das Problem, eine feindliche Stellung oder Kolonne zu bombardieren, selbst wenn man das ,blind' aufgrund von Spähermeldungen tat. Die knifflige Arbeit war das koordinierte Schießen, wenn man eigener gepanzerter oder ungepanzerter Infanterie beim Angriff, Verteidigung oder Rückzug Feuerschutz geben sollte. Schoss man zu weit, war die Wirkung minimal, schoss man zu kurz, würden die Granaten die eigenen Leute treffen. Selbst Gefechtsrüstungen waren nicht gefeit gegen den Volltreffer einer Sprenggranate oder das Brandgel eines Infernogeschosses.

Im Moment freilich waren sie bei der Arbeit, unter dem anfeuernden Gebrüll ihrer Teamschefin, die aus gutem Grund den nicht sehr originellen Spitznamen Skadi trug und fast schon als waschechte Elementarkriegerin hätte durchgehen können - und mitunter auch einen ähnlichen Charakter an den Tag legte. Sie packte zwar auch selber kräftig mit an, doch das hinderte sie nicht daran, ihre oft etwas schwächeren Untergebenen gnadenlos anzutreiben.
Der 50-Kilo-Mörser, der sich in Rohr, Zweibein und Bodenplatte zerlegen ließ, war noch das kleinste Problem und schnell verstaut. Auch die persönliche Ausrüstung der Soldaten war zu bewältigen. Die Männer und Frauen trugen leichte Handfeuerwaffen wie Maschinenpistolen oder Pistolen, dazu kamen Munition sowie ein Vorrat an Handgranaten. Außerdem war da noch das übliche Marschgepäck, Kleidung und was immer an persönlicher Habe sie hatten. Ein Allwetterzelt, Schlafsäcke, zwei Wasserfilteranlagen, eiserne Rationen für eine Woche, eine solargetriebene Ladestation für Energiezellen, Kommunikationstechnik, Medkits, Schanzwerkzeug...die Liste erschien endlos. Aber auch das war schließlich verstaut. Der eigentliche Haken war jedoch die Munition des Mörsers. Die Granaten kamen in stabilen Kunststoffkisten zu je sechs Schuss. Und von denen brachte jede je nach Munitionssorte zwischen dreizehn und zwanzig Kilogramm auf die Waage. Und es waren VIELE Kisten. Glücklicherweise musste man sie nicht aus dem Lagerhaus zum Landungsschiff tragen. Sondern sie ,nur' in einen MTW einladen, sichern, zum Schiff fahren, die Munitionskisten herausholen, in einen weiteren Lagerraum schaffen, erneut sichern...und dabei nicht daran denken, dass man vermutlich das ganze Vergnügen am Zielort NOCH EINMAL haben würde.

Die Arbeit schien sich endlos hinzuziehen. Am Ende taumelte Dadif mehr, als dass er lief. Es war zum Teil die Angst sich zu blamieren, die ihn daran hinderte einfach umzufallen, wie auch das ständige: "Schneller! Schneller! Los, los, los!" und die wüsten und zugleich penetrant gutgelaunten Schimpfnamen, die ihre Truppchefin ihnen zubrüllte. In der Einheit wurde auf Ehrenbezeugung und dergleichen nicht sehr viel Wert gelegt, aber das änderte nichts am straffen Dienstplan. Das Essen war gut, die Betreuung auch - aber dafür wurde Höchstleistung erwartet, und unbedingter Gehorsam. Wenn er die Gesichter seiner Kameraden betrachtete - in den kurzen Pausen, in denen sie im Schutz des Landungsschiffes die Masken abnahmen und sich von Alptraumgestalten zurück in Männer und Frauen mit schweißnassen Gesichtern verwandelten, die Mienen erstarrt zu Grimassen der Erschöpfung - fühlte er einmal mehr, dass er noch immer nicht wirklich zur Truppe gehörte, Freigeist aus besserem Hause, der er nun mal war. Die Ausdauer seiner Kameraden speiste sich zum erheblichen Teil aus ihrer Verbundenheit mit den Zielen der Einheit, auch wenn sie wie er die Details ihrer Mission nicht wirklich kannten. Etwas, das er noch immer nicht recht aufbringen konnte. Die meisten von ihnen waren Veteranen, die weit mehr hinter sich hatten als die eine Schlacht, die er eher durchgestanden als ausgefochten hatte. Es sah so aus, als würde die Einheit jetzt die Bezahlung dafür einfordern, dass man ihn seinerzeit aufgesammelt...nun ja gerettet hatte.
Er fragte sich, ob er das überleben würde. Und er fragte sich auch, was man von ihm erwartete. Er hatte mehr als genug Geschichten über ihre früheren Missionen gehört, und er war sich nicht sicher, ob er abgebrüht genug war, jede Aufgabe zu übernehmen. Manchmal schockierte ihn die beiläufige Brutalität, mit der die Männer und Frauen über das redeten, was sie in der Vergangenheit getan hatten.
Aber solche Bedenken durfte er vor seinen Kameraden nicht laut äußern. Entweder vertrauten sie ihren Offizieren blind, oder sie sahen einfach keine andere Alternative, hatten gar kein anderes Zuhause mehr. Das war ihre Stärke und machte sie so gefährlich. Für Bedenken gab es bei ihnen kein Verständnis - zumindest zeigten sie keines. Natürlich trennte ihn auch die soziale Herkunft von den meisten seiner Kameraden, auch wenn er selber darauf nicht so viel gab. Aber nicht jeder konnte es vergessen.

Skadi schien erst zufrieden, als sie auch den MTW sicher vertäut und die Frachtbehälter ein zweites und drittes Mal kontrolliert hatte, sowohl in Bezug auf den Inhalt als auch auf dessen Sicherung: "82er Munition... wir haben hier Spreng 22 Kisten, Splitter 16, Minenspreng und Minensplitter je sechs, Leucht fünf, Inferno elf, Rauch sieben, Schock zwei - weiß der Geier wozu das mal gut sein soll. Gas neun - vier weiß, drei grün, zwei gelb..." Sie nickte knapp und kontrollierte ihr Datengerät: "Ausgezeichnet, stimmt alles, das wär' es dann erst mal." Sie musterte den erschöpften Haufen und grinste knapp: "Ihr seid vom Haken, könnt die Duschen in der Basis nutzen, so lange es dort noch warmes Wasser gibt. Ab morgen steht wieder Schiffsleben an, also genießt den Aufenthalt am Boden, so lange es geht. Dann holt euch was zu essen. In einer Stunde antreten zum Appell. Nun schwirrt schon ab..."

******

Das Zimmer war vergleichsweise geräumig, einer der Vorteile, wenn man eine Basis am Boden besaß. Zahlreiche Strahler - die freilich alle eher dazu konstruiert waren, indirektes Licht zu verströmen - erhellten den Raum. Er sah aus, als hätte jemand eine Handgranate in einen Stapel Farbeimer geworfen.
Fast jeder Quadratfuß der Wände war mit Bildern bedeckt, von einfachen Skizzen bis zu detaillierten farbigen Gemälden. Einige waren eher abstrakter Natur, stilisierte Abbildungen von Menschen, Tieren und Fabelwesen. Die meisten waren im realistischen Stil gehalten. Da gab es Landschaftsgemälde, sei es ein Wald, Gebirge, sehr oft aber weite Steppenlandschaften, und fast ebenso viele Bilder von Tieren wie von Menschen. Manche Kunstwerke waren von einer geradezu anmutigen Schönheit, andere hingegen zeigten Szenen von schonungsloser Brutalität. Moderne Technik fehlte auf nahezu allen Gemälden und Skizzen, oder sie beschränkte sich auf wenige Ausrüstungsteile. Wer auch immer sie angefertigt hatte, er oder sie bevorzugte zweifellos historische Themen.
Die Frau, die mit in die Seite gestützten Armen in dem Raum stand, hätte ein gutes Bild für eine siegreiche Eroberin abgegeben, die gerade eine Auswahl aus der Beute treffen wollte. Die Schirmmütze saß ein wenig verwegen-schief, die schwere Handfeuerwaffe an der Hüfte gab ihr eine gewisse Aura der Bedrohlichkeit. Das lange schwarze Haar war straff zurückgebunden und nahm zusammen mit dem prüfenden Blick dem Gesicht jede Weichheit oder Verletzlichkeit.

Tatsächlich waren all diese Bilder und Skizzen ihr eigenes Werk, einschließlich des letzten, das erst vor kurzem fixiert und versiegelt worden war. Es zeigte offenkundig ein antikes Militärlager. Im Hintergrund waren weißgekalkte, langgestreckte Barackenblöcke zu erkennen. Dazu kam ein Erdwall, der von einer niedrigen Palisade und einer Anzahl von offenen Türmen gekrönt war. Im Vordergrund war ein Trupp Soldaten gerade dabei, eine kärgliche Mahlzeit einzunehmen. Sie wirkten nicht sehr heroisch, wie sie sich über die kleinen Ein-Mann-Essgeschirre beugten, die an Topfpfannen erinnerten. Die Gesichter der Männer wirkten ausgezehrt und erschöpft. Die Panzerhemden schienen zum Teil beschädigt, die Helme und Schilde, die neben den Soldaten lagen, wiesen Abnutzungsspuren auf, und auch die Baracken zeigten Anzeichen von Vernachlässigung.
Wen auch immer die Malerin darstellen wollte, es war in jedem Fall ein ziemlich bunter Haufen. Die meisten Männer waren hochgewachsene Blond- und Rotschöpfe, aber an einer Barackewand kauerten auch drei Männer, deren dunkle Haut und Gesichtszüge eher zu Einwohnern eines Arkab-Planeten gepasst hätten. Sie hatten Bogenköcher und Pfeilbündel neben sich liegen. Andere Soldaten waren kleingewachsen und wiesen ein eher mediterranes Erscheinungsbild auf. Und schließlich war da noch, ein paar Schritt von den übrigen entfernt, Teil der Gruppe und doch nicht ganz zu ihr gehörend, ein drahtiger, mittelgroßer Mann mit scharfen Gesichtszügen, der düster vor sich hin brütete. Er trug einen teilweise beschädigten und einst wohl kostbaren Schuppenpanzer. Sonderbarerweise war er nicht nur mit Schwert und Dolch bewaffnet, sondern hatte auch einen knorrigen Knüppel neben sich liegen.

In just diesem Moment klopfte es dreimal an die Tür - deutliche, kräftige Schläge, mit einem genau abgemessenen Intervall. Sie wirkten nicht hastig oder ungeduldig, verlangten aber Aufmerksamkeit. Die Frau, für die meisten Menschen einfach ,die Kommandantin', aber auch die ,Gräfin' genannt, unterdrückte ein schiefes Grinsen - die Pünktlichkeit wie die Art des Klopfens verriet ihr, wer draußen wartete: "Es ist offen."
Für eine kleine Weile ignorierte sie den Eingetretenen, nahm die Atmosphäre des Raumes noch einen Moment länger in sich auf, ehe sie sich umdrehte. Sie war sich ziemlich sicher, dass ihre Zeit auf Naraka vorbei war. Nicht, dass sie hier sehr oft hatte verweilen können.
Falls ihr ,Gast' wegen der Wartezeit ungeduldig geworden sein sollte oder sich beleidigt fühlte, zeigte er es jedenfalls nicht. Er nahm im Gegenteil sofort Haltung an. Während bei der Einheit im Allgemeinen eher eine laxe Grußordnung herrschte, wäre es ihm nie eingefallen, ihr eine nur saloppe Ehrbezeugung zu erweisen. Das hagere Gesicht zeigte keine Spur von Missbilligung. Einem aufmerksamen Betrachter wäre vielleicht aufgefallen, dass es dem Mann in dem Schuppenpanzer auf dem Bild bemerkenswert glich.
In vielen Streitkräften wäre ein "unnützes Hobby" wie das Malen allermindestens hinter vorgehaltener Hand bekrittelt worden. Als unpassend, Zeitverschwendung, vielleicht sogar Ausdruck der Verweichlichung. Nicht wenige Mechkrieger, und das schloss viele Frauen mit ein, gebärdeten sich, als ob sie jeden Morgen mit Testosteron gurgelten. Für die .Gräfin' war es hingegen eine dringend benötigte Möglichkeit, abzuschalten und ihren Kopf zu klären. Zudem war es eines der wenigen Bindeglieder zu der Zeit ,vorher'. Eine letzte Erinnerung an friedlichere Zeiten, bevor Verantwortung sowie miterlebtes und von ihr verursachtes Blutvergießen jedes Maß gesprengt hatten. So etwas brauchte man, wenn man als...nun, manche würden sagen verdammte Seele... nicht ganz durchdrehen wollte.

Zudem galt die ,antikreative' Attitüde vieler Militärs ohnehin nicht für alle Streitkräfte. Manche ermutigten dergleichen Bestrebungen sogar, so lange es nicht auf Kosten der Dienstzeiten ging. Im Draconis-Kombinat gehörten künstlerische Aktivitäten - Kaligraphie, Malerei, Dichtkunst - geradezu zu standesgemäßen Beschäftigungen eines kultivierten Kriegers. Und sogar die Geisterbären erwarteten von jedem Mitglied - Krieger, aber auch Angehörigen anderer Kasten - dass sie spätestens ab einem gewissen Alter Tag für Tag an ihrem "Großen Werk" arbeiteten. Das mochte ein Versepos sein, eine Metallskulptur oder ein Bild - es wurde erwartet, dass man sein Leben lang daran arbeitete. Es hieß, das Werk sei in dem Augenblick vollendet, in dem auch das eigene Leben vollendet sei. Die Kunstwerke wurden bei dem Begräbnis des Schöpfers präsentiert und waren Teil seines Codex, und Clan Geisterbär bewahrte viele davon für immer auf. Besonders komplexe Werke waren oft das Werk von Geschko-Kameraden oder engen Freunden, ein Brauch, der gut zu den Geisterbären passte, aber im Widerspruch zu dem von vielen Clanern geforderten Konkurrenzdenken stand. Manche der am meisten geschätzten Werke wirkten bei aller letztendlichen Perfektion an der einen oder anderen Stelle unfertig, weil der oder die überlebenden Künstler es verstanden hatten, die unvollendete Arbeit ihrer gefallenen Brüder und Schwestern einzubeziehen, ohne sie ganz zu überdecken.

Die Stimme ihres XO, bekannt und mitunter gefürchtet unter dem Spitznamen Lupus, klang respektvoll, doch ein leichter Akzent verriet, dass er nicht seine Muttersprache verwendete: "Die Beladung ist abgeschlossen, die Bordwaffen sind voll aufmunitioniert und einsatzbereit. Die Munitionsvorräte sind im grünen Bereich, Lebensmittel ebenso. Es gab keine besonderen Vorkommnisse. Wir hatten fünf Verletzte während der Beladearbeiten, aber keiner davon ist ernsthaft eingeschränkt. Die Räumung der Basis ist fast abgeschlossen..." Er unterließ es auch jetzt, auf die Bilder zu schauen, die zu den wenigen Dingen gehörten, welche noch abtransportiert werden mussten: "Ich habe Anordnung gegeben, dass die Truppe in einer halben Stunde zum Abschlussappell antritt."
Die Gräfin grinste: "Und da sollte ich mich vielleicht besser geistig und moralisch darauf vorbereiten? Damit ich den richtigen Ton treffe, bevor ich unsere Leute wieder ins Feuer führe?"
Ihr Untergebener erwiderte das Lächeln nur zögernd: "Das wäre zweifellos wünschenswert. Obwohl die meisten zweifellos jedes Wort von diesen Lippen kritiklos annehmen werden." Er klang, als meine er das ernst, und nicht mit verdeckter Ironie.

Sie kämpften nun schon eine gefühlte halbe Ewigkeit Seite an Seite, und dem Sprichwort nach zählten Kriegsjahre ohnehin mindestens doppelt. Inzwischen, vor allem nach den Ereignissen der letzten Monate, schätzte die Gräfin ihren Untergebenen sogar als Freund.
Aber es kam selten vor, dass er ein wenig von dem ehrerbietig-distanzierten Respekt gemischt mit unbedingtem Gehorsam abwich, den er im Laufe der Zeit kultiviert hatte. Manchmal war diese Art von Standesdenken - oder Heldenverehrung oder was es auch immer war - schon fast nervtötend.
Sie lachte offen: "Da sollte ich doch mal die Probe aufs Exempel machen...schon gut. Ich bin gleich soweit."
Sie hatte inzwischen Übung darin, die scheinbar undurchdringliche Miene zu lesen: "Immer noch unzufrieden mit dem Plan? Ich dachte, wir hätten das gründlich durchgesprochen."

Ihr Untergebener seufzte kaum hörbar: "Der Plan ist gut, aber er ist komplex. Für meinen Geschmack ist er abhängig von zu vielen Faktoren, die ich nicht einmal alle kenne, und die sich unmöglich sicher beurteilen lassen. Ich habe kein gutes Gefühl dabei. So als würde im nächsten Moment irgendetwas passieren, und die ganze Situation entgleitet endgültig unserer Kontrolle. Ich weiß, das nennt man gemeinhin Krieg, und wir haben das bisher immer noch zu unserem Vorteil wenden können, aber dennoch...
Ich verstehe natürlich den Sinn, dass wir unsere Feinde bis zuletzt über unsere Ziele und Stärke im Unklaren lassen müssen. Zumindest teilweise. Aber wir riskieren, dass unsere Truppen stückweise aufgerieben werden. Gewiss, wir müssen die Infiltrationsgruppe ans Ziel bekommen, BEVOR die Höllenhunde vor Ort sind. Schließlich wollen wir ja unsere Überraschungsparty ausreichend vorbereiten, ohne dass die Ehrengäste Lunte riechen. Wenn wir mit ihnen die Klingen kreuzen, dann zu unseren Bedingungen. Damit alles nach Wunsch läuft, müssen wir entweder ihre Kampfflieger...ausdünnen...oder sie dürfen uns erst so spät bemerken, dass ihre Jäger nicht auf dumme Gedanken kommen. Also können wir das Infiltrationsteam und das Kampfkommando nicht einfach zeitgleich, aber auf getrennten Routen reinschmuggeln...
Das alles verstehe ich. Aber warum schlagen wir nicht massiert gegen dieses Gesindel los, wenn sie im Sulafat-System eintreffen? Schon draußen, am Sprungpunkt! Wir wissen doch, wann und wo sie kommen. Ein einziges Overlord mit vier Jägern, die dazu noch in den Hangars stecken? Das schaffen wir, erst Recht mit dem Überraschungsvorteil. Draufhalten mit allem was wir haben...dann kommen nicht einmal Trümmer am Boden an."
Die Kommandeurin schnaubte: "Das klingt ungemein verlockend. Aber es gibt Gründe, warum eine Vernichtung des Schiffes im offenen Raum KEINE Option ist. Es ist keine Frage des Vertrauens, dass ich nicht alles erzähle...aber ich habe meine Befehle. Und ja, ich HATTE genau das nachgefragt." Sie brauchte es nicht auszusprechen - was waren sie noch, ohne Befehle? Was blieb ihnen sonst?

"Man sollte ja meinen, es würde keine Rolle spielen, angesichts dessen, was wir bisher getan haben...aber so ist es nicht. Den Erben eines kuritanischen Lords in einem Landungsschiff erledigen...davon müssen wir die Finger lassen. Ich verstehe auch dein..." sie wählte bewusst die vertrauliche Anrede: "Misstrauen. Aber ich hoffe, wenn du schon denen nicht vertraust, die sich den Plan ausgedacht haben...vertraust du MEINEM Urteil?"
Sie wusste, die besten Fragen waren die, deren Antwort man schon von vorneherein kannte.
Der Offizier nahm wieder Haltung an: "Ohne jeden Zweifel!" Er lächelte aufrichtig, eine Regung, die er nur selten zeigte, und die sein Gesicht einiges weicher erscheinen ließ: "Und ich fühle mich wesentlich besser bei dem Gedanken, dass Eure Leute und Ihr uns den Rücken decken. Mit dieser Unterstützung sorgen wir dafür, dass die Höllenhunde auf Sulafat ihr Grab finden..."

******

Hadriana Framma alias Spike stimmte in den lauten Jubel ein. Und das lag nicht nur daran, dass sie es sich nicht leisten konnte, als unsichere Kantonistin zu gelten und deshalb besondere Einsatzbereitschaft heuchelte. Die Gräfin hatte wieder einmal den richtigen Ton getroffen - die Männer und Frauen daran erinnert, wofür sie kämpften. Dass es immer noch Hoffnung für sie gab, sich durch vergossenes Blut - vorzugsweise das des Gegners - zu rehabilitieren. Bedenken dabei, WEN sie töteten hatten ohnehin die wenigsten, und auch sie selber bekam davon keine schlaflosen Nächte.
Es war in jedem Fall ein beeindruckender Anblick - die gesamte Einheit angetreten, all die Kampffahrzeuge, Männer und Frauen in Uniform, diese geballte Vernichtungskraft...

Ihre Begeisterung speiste sich zum Gutteil daraus, dass sie immer noch Teil der ,Theaterlanze' war, obwohl der Name inzwischen strenggenommen nicht mehr ganz zutraf. Ihre Position war nicht revidiert worden. Das mochte AUCH daran liegen, dass die Einheit im Moment jeden einsatzbereiten Piloten und jede Soldatin brauchte, aber sie wusste, hätte Lupus, sein XO oder auch nur Spikes unmittelbare Vorgesetzte, ,Sica', irgendwelche ernsthaften Zweifel an ihrer Einsatzbereitschaft gehabt, hätte man sie wieder auf die Reservebank geschickt. Das war nicht geschehen, und sie fieberte geradezu dem Kampfeinsatz entgegen. Nicht aus Blutdurst, sondern um sich zu beweisen.
Dazu kam noch ein nicht ZU kleines Sahnehäubchen. Lupus würde ihr kaum auf die Nerven gehen können, da er sich um das Infiltrationsteam zu kümmern hatte. Sicher würde er auf der Reise nach Sulafat seine Untergebenen weiter im Auge behalten, aber er hatte ja noch genug andere Verpflichtungen. Und deshalb würde sein XO die Oberaufsicht über Spikes Einheit haben. Und die Scoutpilotin hatte gelernt, dass ,Chance' ein wesentlich pflegeleichterer Vorgesetzter war. Es mochte sie vielleicht ein wenig - oder auch mal mehr als nur ein wenig - fuchsen, dass der Offizier gut 15 Jahre jünger war als sie und doch im Rang so weit über ihr stand. Aber er war unbestreitbar ein erstklassiger Soldat und übertraf in mancher Hinsicht sogar Lupus um ein Beträchtliches. Im Zweifelsfall stand sie also lieber vor ihm stramm als vor diesem eisherzigen Killer mit seinen kalten Augen.

Natürlich würde ihre Unterbringung weitaus weniger komfortabel sein als bisher - die Union-Landungsschiffe waren seit Jahrhunderten für ihre ,suboptimalen' Quartiere bekannt. Aber auch das war ein geringer Preis. Wie auch der Umstand, dass sie sich kaum noch mit Kotzi würde treffen können. Sie war ohnehin zunehmend auf Distanz gegangen. Beziehungen wurden in der Einheit akzeptiert, auch zwischen Paaren, die rangmäßig noch deutlich weiter auseinander waren - so lange der Dienst nicht beeinträchtigt wurde. Aber wenn sie etwas im Moment nicht gebrauchen konnte, dann irgendwelche Irritationen und Ablenkungen. Und dass sie diese Trauergestalt Dadif nicht länger ertragen musste, mit der sich Ermhard aus ihr unverständlichen Gründen oft abgab, war ein zusätzlicher Bonus.
Sie hatte weiß Gott keine warmherzigen Gefühle für Naraka entwickelt. Aber wenn der Aufenthalt auf diesem Klumpen Dreck ihr den Weg zurück in die Reihen der vollwertigen Mechkrieger geebnet hatte, würde sie ihn sicher nicht so schnell vergessen.

Dann ertönte das Signal zum Aufsitzen. Gewandt wie ein Affe kletterte die Mechpilotin ihren Kampfgiganten empor. Es störte sie nicht im Geringsten, dass ihre Maschine die leichteste in der Lanze war - der eine oder andere Kampfgigant wog ein Mehrfaches. Es war IHR Mech, und sie würde ihm Ehre machen!
Sorgfältig einen Fuß vor den anderen setzend, steuerte sie ihren Kampfgiganten in den Hangar des Landers, erfreute sich an dem Gefühl, zwanzig Tonnen Stahl und Vernichtung mit der Kraft ihrer Gedanken und sparsamen Bewegungen zu dirigieren als wären sie Teil ihres Körpers selbst. Um sie herum waren ihre Lanzenkameraden:
Sica - sie hatte im Laufe ihrer Karriere bereits fast einen Trinärstern Mechs und Jäger vernichtet. Dann war da Mukua mit den Fingerprothesen, kaum weniger erfahren und gefährlich, Black Flagg - alias ,das Arschloch', wie Spike ihn insgeheim nannte, wie sie erst kürzlich von der Reservebank nachgerückt, und wohl auch deshalb ihr größter Rivale. Starschina, ein in Ehren ergrauter, kampferprobter Veteran, und schließlich Namid, bereits ein Ass, obwohl sie noch jung war. Der Tarnanstrich der Mechs und die gekonnten Kostümierungen der Truppe gingen zum Gutteil auf ihr Konto. Es hieß, sie und die Gräfin wären gute Freundinnen.
Und dann kam der Rest der Einheit, darunter auch Ermhards MTW...
Sie wusste inzwischen einiges über ihre Gegner, denn die Dossiers waren sehr detailliert gewesen. Aber egal wie kompetent und gut ausgerüstet diese Höllenhunde auch waren, egal wie scheinbar unüberwindlich ihre Phalanx aus überschweren Panzern wirkte - hätten sie gesehen, was auf sie zukam, wie viel Einfaltsreichtum und skrupellose Finesse in die Plänen zu ihrem Untergang investiert wurden - sie hätten gut daran getan, wie die Schlosshunde zu heulen...

Ende
18.06.2018 10:36 Cattaneo ist offline E-Mail an Cattaneo senden Beiträge von Cattaneo suchen Nehmen Sie Cattaneo in Ihre Freundesliste auf
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„Manfred, wenn du kurz Zeit hättest...“
„Natürlich, Andrew. Komm rein.“
Die Höllenhunde waren seit einiger Zeit wieder im All, auf dem Weg ins Herrschaftsgebiet der Odaga. Zur Zeit hingen sie am Sprungpunkt Numki und warteten darauf, dass das zivile Sprungschiff, welches die CRYING FREEDOM ins Zielsystem befördern würde, die Aufladung des Kearny Fuchida-Antriebs beendet hatte. In kurzen Begriffen zusammengefasst: Sie trieben in Schwerelosigkeit dahin und hatten wenig zu tun. „Kaffee?“, fragte Scharnhorst, während er zu der speziellen Kaffeemaschine in seinem Büro schwebte, um eine Null G-Trinkschale zu füllen. Na ja, Büro, manche nannten den Verschlag auch einen Sarg für Elementare, aber selbst an Bord eines Overlords wie der CRYING FREEDOM war Platz nun mal Luxus.
„Danke, ja, Manfred.“
Scharnhorst befüllte also zwei Schalen, schwebte zum Schreibtisch zurück, ließ eine Schale zu Lane schweben und machte es sich auf seinem Sessel bequem. Das ging freilich nur, weil er einen Fuß unter einer Hilfsstange einhakte, womit er sich dann mit der Übung der Veteranen in seinem Sitz halten konnte.
„Guter Kaffee“, lobte Lane.
„Genug der Höflichkeit. Was führt dich zu mir, Andrew?“
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Aber ich will es auf jeden Fall mit dir teilen.“
Scharnhorst runzelte die Stirn. „Du verstehst es, eine Sache interessant zu machen.“
„Dazu muss ich dir eine Frage stellen. War der junge Tanigaki bei dir vorstellig?“
„In welchem Zeitraum?“
„In den letzten acht Stunden. Mit einer Beschwerde oder einer Bemerkung?“
„Wir haben vor vier Stunden gesprochen, aber er hat mich nur kurz angehalten, um mir klar zu machen, dass es von Haus Odaga keine so luxuriösen Geschenke wie von den Shimatze geben wird, weil, ich zitiere: „Die Schäden an Volkskörper und Industrie unserer Heimatwelt jeden Credit aufbrauchen, um sie zu heilen“. So seine Worte. Geht es darum?“
Lane schüttelte den Kopf und nahm noch einen Schluck. „Du weißt, Manfred, dass ich den Leuten gesagt habe, sie sollen sich etwas, hm, vorsichtiger verhalten, seit wir Tukkayyid verlassen haben. Ein wenig auf ungewöhnliches Verhalten achten sollen, fremde Gesichter, was die Neuen so machen.“
Scharnhorst nickte. Das war ihm bekannt und angesichts der Sicherheitslage der Höllenhunde mehr als angemessen. „Heraus damit. Um wen geht es?“
„As-Tech Koshina. Wir haben sie auf Tukkayyid recht früh adoptiert und sie hat sich sehr gut integriert, weil ihr das familiäre Verhältnis der Höllenhunde zusagt.“
Scharnhorst ersparte sich sämtliche Spekulationen, bevor er nicht mehr wusste. „Weiter.“
„Nun, es scheint so, als würde sie gut mit Masajuro Nakata auskommen, dem SeniorTech vom persönlichen Mech Tanigakis.“
„Das ist noch kein Verbrechen. Es ist ungewöhnlich, so verschlossen wie sie Haus Odaga gibt, aber Techs sind eine ganz eigene Spezies“, kommentierte Scharnhorst.
„Das dachte ich auch, aber einer unserer Alteingesessenen hat sie dabei beobachtet, wie sie mit Nakata kleinere Wartungsarbeiten erledigt hat.“
„Wartungsarbeiten? Bei einem Mech, der auf Numki nur bewegt wurde, um ihn in unseren Laderaum zu schaffen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Perfektionist wie Anatoli seinen Techs gestattet, Wartungen und dergleichen vor sich her zu schieben. Einer wie er will seine Blechbüchse immer auf dem Level Kampfbereit haben. Siehst du das anders?“
„Nein“, sagte Lane. Er lächelte für einen unbedachten Moment, bis er es bemerkte und es mit einem verlegenen Räuspern sein ließ. „Ich gebe zu, unsere Leute sind ein wenig paranoid, seit wir „aus Versehen“ auf die Liste der vogelfreien Einheiten gesetzt worden sind. Deshalb gehen sie auch Kleinkram nach.“
„Ich habe so das Gefühl, du kommst zum Kern der Geschichte.“
„So ist es. Jedenfalls wurde Koshina dabei beobachtet, wie sie alleine während der Nachtschicht an der Galeere rumgeschraubt hat. Und Tanigaki hat sie dabei erwischt.“
Scharnhorst sah Lane sehr lange und sehr ernst nur an. „Ich nehme an, deshalb hast du gefragt, ob Anatoli bei mir vorstellig war. Nein, es gab keine Beschwerde seinerseits. Noch nicht. Was ist mit Koshina? Sie lebt noch?“
„Auch wenn es kaum zu glauben ist, unser Mann berichtet nur davon, dass Tanigaki sie vom Mech wegbefohlen und ihre Arbeit überprüft hat. Augenscheinlich war er mit dem Ergebnis zufrieden. Den Punkt sollten wir uns merken und sie in Zukunft verstärkt bei der ClanTech einsetzen. Auf jeden Fall hat er sie nicht nur leben lassen, er hat sie auch nicht erschossen, als sie für einen Augenblick gestritten haben. Anschließend hat er sie gehen lassen.“
„Das ist sehr viel netter als er jeden anderen Höllenhund behandelt hat. Denkst du, er wird sich doch noch beschweren? Oder sollte ich mich dafür bedanken, dass er Koshina nicht als potentielle Terroristin stantepede erschossen hat?“
Lane grinste schmallippig und trank seine Schale leer. „Es besteht eine geringe Möglichkeit, dass wir Zeuge einer Maskirovka wurden, Manfred. Dass Techs untereinander zur Freundlichkeit neigen, dass Techs zweier Lager während einer Kampfpause Ersatzteile tauschen, war im Dritten Nachfolgekrieg gang und gebe. Aber dass ein steifer Offizier wie Tanigaki gegenüber einer fremden Tech so nachgiebig ist, das lässt doch die eine oder andere Saite in mir schwingen.“
„Ich verstehe. Was also rätst du mir?“
Lane zuckte die Achseln, was ihn kurz schweben ließ. Obwohl er sich nicht eingehakt hatte, war er an seinem Platz verblieben, was auf mindestens so große Erfahrung schließen ließ, wie Scharnhorst sie in der Schwerelosigkeit hatte. „Ich sage, wir haben da jemanden, der gut mit Nakata kann und an einem OmniMech arbeiten darf. Und augenscheinlich hat Tanigaki nichts dagegen. Anstatt sie zu sensibilisieren, sich nicht von Tanigaki aushorchen zu lassen, sollten wir ihr Hausaufgaben mitgeben.“
„Und das bezweckt was?“
„Nun, sie wird nach jedem Treffen mit einem der Techs oder dem Tai-i ein Gedächtnisprotokoll schreiben und an mich übergeben. Offiziell zwecks Informationsbeschaffung. Nennen wir es beim Namen: Aus Spionagegründen. Und damit schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Wir erhalten in einem gewissen Maße Informationen aus Tanigakis Umfeld, die wir so nicht bekommen würden, und wir sensibilisieren Koshina. Solange sie glaubt, sie würde für uns spionieren – auf einem harmlosen Level, was ich ihr klarmachen werde – wird es schwerer für den Tai-i und seine Leute, ihrerseits sie auszuhorchen oder für ihre Zwecke einzuspannen.“
„Okay, damit bin ich einverstanden. Mach ihr aber klar, dass sie keine aktive Spionin ist, die irgendwo einbrechen oder jemanden umbringen soll. Sie soll nur aufschreiben, was sie hört und was sie sieht.“
„Nichts anderes hatte ich vor. Denn falls es keine Maskirovka war, dann werden diese Anweisungen keinen Schaden verursachen. Für sie nicht, für Odaga nicht, für uns nicht. Ach, wo ich gerade hier bin...“
„Ja?“
„Koshina ist jetzt lang genug dabei und hat sich ausreichend bewiesen. Wenn sie jetzt noch Erfahrung mit OmniMechs vorweist, sollte sie den verwaisten SeniorTech-Platz besetzen.“
„Ich werde das mit unserem MeisterTech besprechen und deinen Vorschlag unterstützen. Noch etwas, Andrew?“
„Nein, das war alles.“ Lane nahm die Trinkschale auf und verstaute sie bei der Kaffeemaschine. „Ich melde mich nach dem Sprung mit dem Einheitsbericht.“
Scharnhorst nickte zustimmend und widmete sich den Folien auf seinem Tisch. Das Schott ging zischend hinter Lane zu. Hm, er hatte vergessen zu fragen, welcher der Höllenhunde plötzlich meinte, ein verdammter ISA-Agent zu sein.

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27.06.2018 13:02 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Gäste und Fisch

Ende Mai 3067,
Stadt Shikoku, Provinz Shikoku, Planet Darius, Draconis-Kombinat

Major Manfred Scharnhorst spürte einen bohrenden Schmerz in seinen Augen - und in seinem Kopf. Das mochte an Übermüdung liegen, am endlosen Auf-den-Bildschirm-Starren, es mochte aber auch andere Gründe haben. Unruhe, Verärgerung, Irritation - Angst? Er wusste es nicht genau, aber war sich sicher, dass es nicht nur ihm so ging. Er hatte erwartet, dass die Ankunft und Aufenthalt auf Darius anders, und sicher unerfreulicher verlaufen würden als die Zeit der Höllenhunde auf Numki. Aber sogar diese Vermutung hatte ihn nicht annähernd auf die Wirklichkeit vorbereiten können.

Es hatte bereits mit der Ankunft begonnen. Die Shimatze hatten den Söldnern einen ehrenvollen Empfang bereitet, vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas steif und protokollarisch - aber jede Zurschaustellung militärischer Macht war wohldosiert und eher dezent erfolgt. Die Odaga hingegen hatten sich für einen ganz anderen Ansatz entschieden. Anatoli Tanigakis überschwere Mechlanze, mit der er die Höllenhunde begleitete, war von den zwei übrigen Lanzen der Odaga-Sturmkompanie erwartet worden - und Manfred hätte eine Wespe gegen einen Atlas gewettet, dass noch der letzte Mech bis zur Halskrause aufmunitioniert und gefechtsbereit war. Dazu kam eine kampfstarke Panzerkompanie, Luftabwehrgeschütze, Panzernahkampfteams mit Schweber-MTW's, bis an die Zähne bewaffnet mit Haftholladungen und Infernoraketen...
Lord Odaga hatte offenbar von Anfang klarmachen wollen, dass er über die nötige Feuerkraft verfügte, um seine ,Gäste' durch den Fleischwolf zu drehen. Die Gesichter der Soldaten und Offiziere wirkten steinern, abweisend - geradezu feindselig.
Anatoli Tanigaki hatte Manfred in dürren Worten darüber informiert, dass sein Lord - und Vater, wie man munkelte - zu beschäftigt sei, um sich mit den Höllenhunden zu befassen. Er, Anatoli, würde also auch auf Darius der erste - und einzige - Ansprechpartner sein. Man solle seinen Anweisungen folgen und sich zum vorgesehen Quartier begeben.
Angesichts des Aufmarsches hatte Scharnhorst kein gutes Gefühl gehabt, mit den Höllenhunden die Crying Freedom zu verlassen. Er ließ das Landungsschiff, dessen Crew - und seine Luft-/Raumjäger - in einer sehr verwundbaren Position zurück. Und sich selber machte er natürlich auch angreifbar. Schließlich marschierte seine Einheit auf einer vorgegebenen Route zu einem vom ,Gastgeber' definierten Ziel. Aber die Pläne umzustoßen kam natürlich erst Recht nicht in Frage - er hätte vollkommen das Gesicht verloren. Eskortiert oder eher überwacht von den Odaga-Truppen waren die Söldner zu ihrem temporären Zuhause gefahren. Und die kurze Reise war nicht nur wegen der martialischen Machtdemonstration des Herrscherhauses höchst unerfreulich gewesen...

Als der Türmelder ein asthmatisches Stottern von sich gab und seinen Besucher ankündigte, war Manfred fast erleichtert für die Ablenkung, obwohl er bezweifelte, dass es erfreuliche Neuigkeiten gab. Apropos Türmelder...in dem Gebäudekomplex, den man ihnen zugewiesen hatte - einige Lagerhäuser um einen geräumigen Innenhof, gelegen in einem Viertel, das fast nur aus alten Lagerhäusern und heruntergekommenen Fabrikhallen zu bestehen schien - funktionierte fast nichts reibungslos. Angefangen von tropfenden, riechenden Wasserhähnen über flackernde Leuchtröhren bis zu quietschenden Türen, die sich nicht vernünftig schließen ließen - man musste die Kuritaner schon fast bewundern, dass sie ein Ensemble von Gebäuden gefunden oder vielleicht auch kunstvoll präpariert hatten, dass so viele lästige aber nicht direkt gefährliche Mängel aufwies, um den Höllenhunden klar zu machen, dass sie nicht willkommen waren. Zweifellos hatten sie vor Ankunft der Söldner auch noch das lokale Feng Shui kontaminiert...aber halt, das war eher etwas für die Konföderation Capella.
Manfreds Gast zu später Stunde, Captain Andre Laine, ließ sich nicht anmerken, falls die Ereignisse seit ihrer Ankunft ihn belasteten - was ihn von der Mehrheit der Höllenhunde abhob: "Hast du Zeit? Ich wollte mit dir unsere morgigen Schritte durchgehen. Ich habe die Liste mit unseren Zielen hier..."
Manfred unterdrückte ein Seufzen. Das erinnerte ihn an das nächste und übernächste Problem, mit dem er sich herumzuschlagen hatte..."Sind sie immer noch da?"
Andre nickte knapp: "Wie ein Uhrwerk. Sie wechseln sich weiterhin ab." Er wirkte nicht einmal überrascht. Er grinste: "Man sagt ja, Gäste und Fische stinken am dritten Tag - aber hier hat man für die Gäste gleich einen stinkenden Fisch zurückgelegt."
Manfred brachte nur ein SEHR müdes Lächeln zustande.

Als die Höllenhunde vom Raumflughafen zu ihrem zeitweiligen Quartier gefahren waren, hatte sie nicht nur das Militär von Lord Odaga erwartet. Die Bevölkerung war ebenfalls auf den Beinen gewesen, hatte die Gehwege und Seitenstraßen gefüllt. Sie hatten den Odaga-Fahrzeugen zugejubelt. Ihre Botschaft für die Höllenhunde war freilich...nicht eben gastfreundlich gewesen.
Es hatte Plakate gegeben, freundlicherweise in Japanisch und Englisch beschriftet, die keinen Zweifel über die Stimmung der Leute ließen. Manche Transparente waren vom künstlerischen Gesichtspunkt ja gar nicht mal schlecht gemacht. Da gab es zum Beispiel ein riesiges Bild - es musste von drei, vier Leuten hochgehalten werden - von Brandruinen und verstümmelten Leichen. Auf etliche Ruinen waren unübersehbar das Wappen der Geisterbären gemalt, dazu kam eine zerschossene Libelle, ebenfalls mit Geisterbären-Wappen. Inmitten der Ruinen stand ein feister Mann in einer übergroßen Kutte - er stolperte unübersehbar fast über den Saum - und ein dümmlich dreinblickender Uniformierter mit einem riesigen Hundekopf auf der Brust und einem überdimensionalen Vergrößerungsglas in der Hand. Unter den Kuttenträger hatte man geschrieben: "Wir müssen eine gründliche, umfassende Untersuchung durchführen, um die wahren Schuldigen zu ermitteln."
Ein anderes Bild - eigentlich waren es drei, die nebeneinander hochgehalten wurden - zeigte ein recht simples Labyrinth. An einem Ausgang standen eine Ratte und wieder der dümmlich dreinblickende Uniformierte mit dem Hundekopf-Abzeichen, auf der gegenüberliegenden Seite war ein zweiter Ausgang mit einer Schüssel Essen. Auf dem nächsten Bild marschierte die Ratte um das Labyrinth herum, während der Soldat in das Labyrinth schlurfte. Auf dem dritten Bild lag die Ratte vollgefressen neben der leeren Essenschüssel, während der Uniformierte mit verwirrtem Gesichtsausdruck wieder aus dem Eingang des Labyrinthes herauskam, durch das er es zuvor betreten hatte. Unterschrift: ,Zielgerichtete Vorgehensweise!'
Und so war es weitergegangen. Es hatte Sprechchöre gegeben - meistens ein Vor-Rufer, der eine Parole ausgab, und dann zahlreiche andere, Erwachsene wie Kinder, die seine Worte wiederholten oder vervollständigten. Der Tenor war klar. Die Söldner sollten sich dahin schweren, wo sie hingehörten, statt auf Darius lieber im Clanraum die Angreifer suchen, mehr tun, als kostbare Zeit zu verschwenden. Andere Parolen machten kein Hehl aus dem Misstrauen Com-Star gegenüber - der Verrat bei Ankunft der Claner war im Kombinat unvergessen - oder brachten die Höllenhunde auf sehr unfreundliche Weise mit den Kell Hounds oder den Geisterbären in Verbindung, manchmal mit einfallsreichen, aber sehr unappetitlichen anatomischen Details. Andere Einwohner hatten sich die Schuhe ausgezogen und damit in Richtung der Söldner gewinkt - eine Geste, die ebenfalls nicht gerade Hochachtung symbolisierte. Es gab keine Steinwürfe, nichts, was direkt so aussah, als könne es gleich in Gewalt eskalieren, aber eine drei-Meilen-Fahrt durch ein Spalier ausdauernd und kreativ Abscheu artikulierender Menschen - vom siebenjährigen Knirps bis zur siebzigjährigen Großmutter - nagte noch an den Nerven selbst erfahrener und hartgesottener Soldaten. Vor allem, wenn man dergleichen nicht gewöhnt war. Die Höllenhunde kannten sich zum Beispiel mit den Vorbehalten der Rasalhager gegen Söldner aus - aber das verblasste gegen den Einfallsreichtum der Kuritaner.
In regelmäßigen aber großen Abständen hatten die Odaga Polizisten postiert. Die Männer und Frauen in den dunkelgrünen Uniformen hatten einfach nur dagestanden. Die Demonstranten kamen nicht einmal in die Nähe der Sicherheitskräfte, und diese regten ihrerseits nicht einen Finger, um die Zivilisten zu maßregeln.

So war es gegangen, bis die Höllenhunde ihr Domizil erreicht hatten. Und seitdem sie hier waren, wechselten sich Demonstrationszüge, Sprechchöre und Mahnwachen vor dem Komplex ab. Sie blieben in gebührendem Abstand, und kamen nur zu bestimmten Stellen, namentlich zu den zwei Einfahrten des Komplexes, denn an anderen Stellen sicherte eine lose Polizeikette das Gelände weiträumig ab. Es war auch nicht so, dass sie versuchten, das Gelände zu betreten, Steine oder auch nur Wasserballons über die Zäune zu schmeißen oder die Wände zu beschmieren. Aber sie hielten ihre Position, egal zu welcher Tageszeit, bei welchem Wetter. Unübersehbar wechselten sich die Männer, Frauen und Kinder ab - und Zivilfahrzeuge, möglicherweise von örtlichen Geschäftsleuten, brachten Erfrischungen für die Teilnehmer. Egal ob sich ein Höllenhund blicken ließ oder nicht, der Zirkus nahm seinen Fortgang. Und sobald jemand auch nur ein Fester öffnete oder einen Blick nach draußen warf, wurde er unüberseh- und hörbar daran erinnert, was man hierzulande von ihm hielt. Und wie zuvor während der Fahrt war die Polizei stets präsent, und rührte doch keinen Finger. Und präsent - in sicherer Entfernung, aber unübersehbar einsatzbereit - war auch das Militär der Odaga. Auch am Raumflughafen blieben die Gefechtsstellungen weiterhin bemannt und aufmunitioniert.

Manfred hatte die Kaserne auf Wanzen überprüfen lassen. Aber abgesehen von etlichen ECHTEN war nichts zu finden gewesen. Das hieß natürlich nicht viel - ihre Position inmitten von Odaga-Land bedeutete, dass man sie mittels Kameras, Richt- und Lasermikrophonen sowie Funkscannern und Radar beinahe lückenlos überwachen konnte. Den Aufpassern mochte entgehen was IN den Gebäuden geschah, doch was draußen vor sich ging, bekamen sie natürlich mit. Und Manfred war sich sicher, sollten Lieferungen eintreffen oder seine Einheit auf einheimische Dienstleister zurückgreifen wollen, etwa um nicht selber die Fußböden schrubben zu müssen, würden unter denen ebenfalls Spitzel sein.

Anatoli Tanigaki hatte Manfred noch am ersten Tag ihres Aufenthalts in der provisorischen Söldnerkaserne aufgesucht. Zunächst einmal hatte er mitgeteilt, er würde Sorge tragen, dass die Höllenhunde ausreichend Versorgungsgüter würden einkaufen können, auch wenn er nicht wirklich um ihr Wohlergehen besorgt schien.
Was er dann auftischte, war eine einzige Liste von Beschränkungen. Er hatte den Söldner darüber informiert, dass der Ausgang ,aus Sicherheitsgründen' - mit Verweis auf die Demonstrationen und die Stimmung in der Bevölkerung - eingeschränkt werden müsse. Er hatte sehr lauwarm sein Bedauern über das Verhalten der Einwohner von Darius geäußert, aber zugleich sehr viel Verständnis für die Haltung der Zivilisten durchblicken lassen.
Die Höllenhunde sollten nur in Gruppen von mindestens vier bis maximal acht Personen ausgehen, Waffenmitnahme sei strikt zu limitieren. Sie hatten sich bei der Polizei zu melden und auf eng umgrenzte Areale zu beschränken. Noch besser aber sei es, sie blieben in ihrer freien Zeit einfach in ihrer Kaserne. Jede Verhandlung der Höllenhunde mit einem örtlichen Händler wegen der Ergänzung ihrer Vorräte hatte in Gegenwart eines Regierungsvertreters zu erfolgen - der Tai-i hatte durchblicken lassen, dass er nicht wolle, dass die Söldner Einheimische übervorteilten oder einschüchterten, oder nachträglich solche Vorwürfe fälschlicherweise gegen sie erhoben wurden. Zugleich hatte er angeboten, Kontrolleure abzustellen, die gelieferte Güter prüften, damit ihre Qualität garantiert sei.
Individuelle Einkäufe einzelner Fremdweltler waren erlaubt, durften aber ein enges Budget nicht übersteigen. Und für jede Rechtsübertretung würde man die Söldner voll und unmittelbar, mit der ganzen Härte des Gesetzes verantwortlich machen - selbst wenn eine Hure sich glaubhaft beklagen würde, ein Höllenhund habe sie nicht bezahlt.

Die Frage der Jurisdiktion war seit jeher für Söldner eine heikle. Es gab genug Geschichten, in denen die lokalen Gerichte den Aussagen Einheimischer weit mehr glaubten - auch solchen Geschichten, die nur dazu dienten, den Außenweltlern Ärger zu machen oder sie um ihr Geld zu erleichtern. Andererseits wusste Manfred natürlich auch, dass es genug Geschichten über Söldner gab, die Unheil und Chaos angerichtet hatten, nur um sich dann hinter ihrer Einheit zu verstecken oder auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Die Odaga wollten offenbar von Anfang an klarstellen, wer hier am längeren Hebel saß. Und ihre Position war auch deshalb stark, weil die Höllenhunde zwar Com Star unterstanden, aber nicht auf Com Star-Gebiet operierten oder fest zum Orden gehörten.

Es war weitergegangen mit den Rahmenbedingungen für die Aufgaben, die der eigentliche Grund der Anwesenheit der Höllenhunde waren. Ebenfalls aus Sicherheitsgründen wären Vorort-Besichtigungen von früheren Angriffen der unbekannten Einheit zwar uneingeschränkt möglich, auch auf gesicherten Anlagen wie dem lunaren Abbauzentrum. Sie mussten aber mindestens sechs, besser zwölf Stunden zuvor angekündigt werden und durften nur in Begleitung von einheimischen Militär- und Polizeikräften erfolgen. Zeugenbefragungen zu den Angriffen hatten ebenfalls uneingeschränkt, aber nur unter Aufsicht zu erfolgen und mussten auch unabhängig von den Höllenhunden durch die Odaga dokumentiert werden - eine nicht sehr subtile wenn auch nicht offen ausgesprochene Andeutung, dass man die Söldner für fähig hielt, Zeugen zu manipulieren oder ihre Aussagen zu verfälschen. Die Lieferung von weiterem Datenmaterial sei natürlich möglich, allerdings habe er die wesentlichen Befunde bereits auf Numki überreicht. Eine Audienz bei Lord Odaga oder ein Besuch des Familienschlosses sei auch weiterhin nicht möglich - woran sich voraussichtlich auch nichts ändern werde. Der Lord sei beschäftigt - für alle Fragen stünde Anatoli zur Verfügung. Er hoffe weiterhin auf gute Zusammenarbeit. Offenbar war der Tai-i der Kunst des Sarkasmus durchaus fähig.
Er war seitdem allabendlich erschienen um, wie er sagte, die Schritte für den nächsten Tag zu besprechen. Man konnte nicht sagen, dass er direkt feindsselig auftrat, aber er versäumte es nie klar zu stellen, dass er den Aufenthalt der Höllenhunde für reine Zeitverschwendung und ihre Untersuchung für überflüssig hielt. Die Schuldigen seien klar, und man würde sie HIER wohl kaum finden. Einen Bären fing man nun einmal am besten in seiner Höhle. Und er hatte genaue Vorstellungen, wo die sich befand…

Manfred hatte nicht erst Andres Einschätzung gebraucht, um die Lage zu durchschauen. Wie fast alle Höllenhunde war er ein Laie, was die Feinheiten der kuritanischen Kultur oder Politik betraf. Aber sogar ihm war klar, dass es auf dem Planeten eines Traditionalisten wie Seizo Odaga solche Formen zivilen Protestes einfach nicht gab. Es sei denn, der Lord hatte sie vorher bis ins Detail abgesegnet, sehr wahrscheinlich angeregt - und vermutlich sogar zu erheblichen Teilen organisieren lassen. Nicht, dass die Einwohner so viel Ermunterung gebraucht hätten. Die Kuritaner mochten nun einmal in der Mehrheit keine Ausländer, Söldner noch weniger, und Söldner mit Verbindungen zu den Clans schon rein gar nicht. Aber in der auf Konformismus und Kastendenken basierenden kuritanischen Gesellschaft wäre es ein unerträglicher Gesichtsverlust gewesen, wenn ein Lord wie Seizo sich sein Handeln hätte vom Willen des Volkes diktieren lassen, selbst wenn es um Dinge ging, die nicht wichtig für ihn waren. Schließlich könnten beim nächsten Mal ganz andere Dinge auf der Agenda stehen...

Nein, der Protest war von vorneherein eingeplant gewesen, um den Höllenhunden klar zu machen, dass sie nicht willkommen waren - vermutlich auch, um ihre Handlungsmöglichkeiten zu beschränken.
Das ließ mehrere Erklärungen offen. Entweder steckte Haus Odaga hinter den Angriffen, die die Söldner untersuchen sollten - sei es hinter denen auf beiden Seiten der Front oder nur den Vergeltungsangriffen im Clan-Raum - und wollte sichergehen, dass die Höllenhunde auf keinen Fall etwas darüber herausfanden. Oder rechtzeitig Bescheid wissen, um das Geheimnis mit den Leichen der Höllenhunde in einer Grube mit ungelöschtem Kalk zu vergraben...
Oder aber sie wussten zumindest etwas über einen Teil der Angriffe und wollten dies verbergen - etwa weil sie das Chaos für ihre eigenen Ziele nutzen wollten, sie den angerichteten Schaden aus strategischen und politischen Gründen deutlich übertrieben hatten oder dergleichen mehr.
Denkbar war freilich auch, dass der Lord von Darius tatsächlich unschuldig war, den Söldnern und Com Star aber nicht über den Weg traute und ihnen unterstellte, zugunsten der Clans oder anderer Akteure Beweise manipulieren oder unterdrücken zu wollen.
Und dann war da noch der Umstand, dass Seizo Odaga vielleicht einfach ,nur' die Höllenhunde hasste und sein Herz gewissermaßen auf der Zunge trug. Wegen ihrer Verbindungen zu den Kell Hounds - die seinen Vater umgebracht hatten. Und zu den Geisterbären - die einen seiner Söhne auf dem Gewissen hatten. Nicht zu vergessen ihre Rolle beim Tod von Anatoli Kendas - der ein vertrauter Freund und Lebensretter des herrschenden Lords gewesen war. Dass so eine Truppe jetzt auf seine Welt kam um herumzuschnüffeln, war sicher nahezu unerträglich. Das allein reichte vermutlich schon für einen ausgeklügelten Sabotageplan.
Vielleicht war es auch eine Kombination der genannten Gründe.

Das eigentlich Problematische war, dass die Kuritaner gekonnt die Möglichkeiten der Höllenhunde minimierten, die Wahrheit darüber herauszufinden, welche von diesen Möglichkeiten zutraf. Nicht nur, dass Manfred einen Gutteil seiner Energie darauf verschwenden musste, irgendeine Eskalation zu verhindern - die wahrscheinlich nicht gut für seine Leute ausgehen würde. Seizo hatte vermutlich fast so viel Feuerkraft zur Verfügung wie seinerzeit der Herrscher von Bryant, auf jeden Fall mehr als Anatoli Kenda. Außerdem konnte eine Schießerei mit den Streitkräften eines Kurita-Lords schwere Konsequenzen nach sich ziehen. Wenn auch nur die geringsten Zweifel bestanden, wer verantwortlich war, mussten die Söldner damit rechnen, dass Luthien das Hemd näher war als die Hose.
Es blieb nur zu hoffen, dass die Odaga nicht vorhatten, ihrerseits zu einem ihnen genehmen Zeitpunkt die Dinge eskalieren zu lassen. In einer Situation die so angespannt war, brauchte es dafür nicht viel.

Vor allem aber behielten die Einheimischen die weitestgehende Kontrolle darüber, was ihre ungeliebten ,Gäste' sahen und hörten - oder hatten zumindest ihr Ohr am Puls der Dinge. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Augenzeugen etwas anderes sagte als auf den aufgezeichneten Vernehmungen war gering, so lange die Wachhunde Seizos dabei saßen. Falls man die Zeugen nicht sowieso entsprechend vorbereitet hatte. Dabei vermied das herrschende Haus eine totale Verweigerungshaltung, für die es sich möglicherweise hätte rechtfertigen müssen. Man kooperierte ja. Man wollte nur keine Zwischenfälle.
,Und der Unmut der Bevölkerung?'
,Ja, Tono, das kam eben daher, dass nicht wie seit langem gewünscht reguläre VSDK-Truppen entsandt worden waren, sondern eine Bande von Ausländern mit Clanverbindungen, die nicht einmal eine vernünftige Garnisonstruppe abgeben. Das Volk habe so schwer gelitten, da waren die Emotionen leider hochgekocht. Zumal die Fremdlinge ja Zeit damit verschwendeten hier herumzuschnüffeln, wo man ihnen all die nötigen Beweise schon vorgelegt hatte. Man habe natürlich dennoch jede Form von gewaltsamem Protest unterbunden...'
Und so weiter.

Man konnte wirklich nicht sagen, dass die Odaga kein Material zur Aufklärung der Angriffe geliefert hatten, im Gegenteil. Es gab hunderte Stunden an Sensoraufzeichnungen und Zeugenaussagen, tausende Seiten von Schadensberichten und Analysen. Alles natürlich in Japanisch, was die Auswertung für die Höllenhunde nicht eben leicht machte. Zwar sprachen und lasen etliche Mitglieder diese Sprache, aber die meisten nicht wirklich fließend, und es waren nicht immer die Leute, deren Sachverstand man am dringlichsten benötigte. Schon eine Nuance, ein Detail das verlorenging, konnte gerade das fehlende Puzzleteil sein, das entscheidend war. Tai-i Marcus Kursosawa konnte den Höllenhunden natürlich helfen, und bei allen Fragen zu seiner tatsächlichen Loyalität - die zweifellos in erster Linie beim Kombinat lag war er in der Tat eine wertvolle Unterstützung. Aber er war nur EIN Mann, und man konnte zudem schwerlich einen Tai-i darum bitten, sich 200 Stunden Verhörmaterial anzuschauen - dafür war er denn doch ein bisschen überqualifiziert.
Anatoli hatte denn auch - wenn auch wenig enthusiastisch - die Stellung von Dolmetschern angeboten. Aber auch das hätte natürlich bedeutet, dass er die Kontrolle behielt - nachdem schon nicht auszuschließen war, dass das Material sorgfältig gesiebt worden war, ehe man es weitergab. Offenkundige Manipulationen waren bisher nicht auffindbar gewesen, keine zusammen geschnittenen Sensoraufzeichnungen oder dergleichen - aber es war eben schrecklich VIEL Material. Wer wusste schon, ob sich da nicht das eine oder andere Kuckucksei verbarg?

Manfred hatte sich mit seinen Offizieren ausgetauscht. Man war zu dem Entschluss gekommen, dass es wenig Sinn machte, sich zu beschweren. Tai-i Kurosawa wiederum wollte sich nicht in den Vordergrund spielen. Er würde vermutlich intervenieren, falls die Odaga ihre Obstruktionspolitik zu weit treiben würden, aber seine Loyalitäten waren kompliziert und unklar. Vor einer offenen Stellungnahme gegen einen Grafen musste wohl noch etwas mehr geschehen.
Marcus hatte seinen Untergebenen strikt eingeschärft, auf Ausgang ihre Handlungen doppelt und dreifach zu überdenken. Er konnte nicht ohne weiteres ein paar hundert Männer und Frauen rund um die Uhr kasernieren, aber man hatte zumindest mögliche Störenfriede identifiziert. Selbstverständlich gab es auch bei den Höllenhunde Personen, die entweder generell leicht mal über die Stränge schlugen, oder einen gewissen Groll gegen die Kuritaner im Allgemeinen hegten. Denen musste man jemanden zur Seite stellen, der sie nötigenfalls bremste. Und er hatte seine Leute natürlich eindringlich vorgewarnt.
Bezüglich der Ermittlungen war man übereingekommen, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, so lange die Odaga nicht wirklich offene Obstruktionspolitik betrieben. Man würde ihre Überwachungsmöglichkeiten austesten. Vorortbesuche so kurz wie möglich vorher ankündigen. Mehrere gleichzeitig anberaumen, in so weit man genügend Fachkräfte hatte. Und stets die Augen offen halten, ob es Anzeichen gab, dass man ihnen etwas vormachte.

"Und, Andre - was hältst du von dem Material? Spielen die Odaga uns nur etwas vor?"
Der Infanterieoffizier seufzte: "Unmöglich zu sagen. Es sind jedenfalls keine im Studio zusammen geschnittenen Aufnahmen. Und die Zeugen keine Schauspieler - oder aber sehr gute Schauspieler. Die Reaktion der Odaga-Truppen auf die Angreifer wirkt jedenfalls authentisch, der Funkverkehr auch, und Marcus stimmt mir da zu. Wir haben den Eindruck, die Angreifer waren nicht an maximalem Schaden interessiert - sie haben stets Beute gemacht und Opposition ausgeschaltet, aber sie haben nicht auf fliehende Soldaten oder Zivilisten geschossen. Allerdings hatten sie auch keine Probleme, wenn es Tote gab. Das passt durchaus zum Verhalten der Geisterbären - und unterscheidet sich deutlich von dem, was diese Jägereinheit im Clanraum praktiziert, die auch noch jeden einzelnen ausgestiegenen Piloten ins Visier genommen und gezielte zivile...,Verräter' attackiert hat. Die taktischen Bewegungen der Mechs, die Präzision beim Schießen, das passt zu Clanern, und nicht zu irgendwelchen Anfängern frisch nach der ,Blutung'. Aber andererseits sind ihre Manöver einiges komplexer als man es bei Clanern für gewöhnlich sieht. Aber was will das heutzutage schon heißen? Die Clans sind nun schon länger als 15 Jahre hier. Sie haben eine Menge FIS-Personal inkorporiert, und einiges von uns gelernt. Und die FIS-Truppen wissen inzwischen auch, wie Claner kämpfen, und mit etwas Mühe können sie eine gute Vorstellung hinlegen, die wie ein Clanangriff aussieht. Das hat es ja schon gegeben. Mit dem uns zur Verfügung gestellten Material ist das unmöglich sicher zu unterscheiden. Ich bin mir nur inzwischen sicher, dass die Odaga-Leute, und damit meine ich Militärs und Zivilisten, felsenfest davon überzeugt sind, dass die Angreifer Geisterbären WAREN. Das kann nicht alles einstudiert sein, so perfekt lügt keiner. Aber stimmt es oder GLAUBEN sie das nur, weil man sie das hat glauben lassen?"
Andre zuckte fast resignierend mit den Schultern, als er fortfuhr: "Wir können natürlich zur Sicherheit ein paar der Zeugen noch mal etwas gründlicher auf den Zahn fühlen. Nicht, dass wir sie wirklich ausquetschen können, aber wir könnten alles was sie zuletzt erzählt haben noch mal durchsprechen. Es gibt ein paar Tricks mit denen man unauffällig prüfen kann, ob jemand nur eine eingeübte Geschichte erzählt oder die Wahrheit - genauer, was er für die Wahrheit hält. Wir müssen uns nur geschickt genug anstellen, damit die Odaga-Wachhunde nicht misstrauisch werden. Die eigentliche Gefahr besteht darin, dass unsere Gastgeber rauskriegen was wir machen. Und FALLS sie was zu verbergen haben, könnte sie das zu...Schritten bewegen."

Manfred musste ein frustriertes Schnauben unterdrücken. Hätte er gewusst, was ihn erwartete, hätte er sich den Auftrag vielleicht noch einmal überlegt. Die Mission hier war einiges komplizierter als frühere Einsätze der Chevaliers und Höllenhunde. Damals gegen Kenda hatten sie die weitestgehende Rückendeckung Kuritas und der Bären gehabt. Auf Bryant war es zwar schwer gewesen, aber Dvensky war nur ein Lokalherrscher gewesen, der ihnen nicht mehr schaden konnte, sobald sie den Planeten verlassen hatten - außerdem hatte er sie nicht persönlich verabscheut. Und sie hatten wenigstens halbwegs gewusst, wer ihre Gegner sein würden. Hier aber...
"In Ordnung, so machen wir das. Hast du die Liste mit den Zielen für morgen? Ich will Anatoli etwas vorlegen können, wenn er heute Abend noch mal vorbei kommt. Und dann...tischen wir ihm morgen ein paar neue Ziele auf, mit minimalen Zeitvorsprung - sechs Stunden, richtig? Mal sehen, ob er nervös wird..."
Manfred brauchte es nicht laut auszusprechen, aber ein Tai-i mit so viel Feuerkraft, der nervös war, war eigentlich nichts, was irgendwie erstrebenswert erschien. Aber sie hatten eine Mission zu erfüllen, und er würde ganz bestimmt nicht damit anfangen, Aufträge nicht auszuführen...

***

Der Rad-MTW fuhr mit gedrosseltem Motor, so dass der Diesel eher schnurrte als heulte. Das Geräusch hallte von den Wänden der alten Lagerhallen wieder. Anatoli Tanigaki hatte das Turmluk geöffnet, seine rechte Hand ruhte eher müßig auf dem leichten Infanterie-MG mit 300-Schuß-Kasten, das zur Nahbereichsabwehr montiert worden war. Um sie herum - nahebei, doch außer Sichtweite - brummten andere Motoren, klirrten Gleisketten, schabten Stiefel über Stein. Die Geräusche einer kleinen Armee, die in Stellung ging.
Schließlich rollte das Gefährt auf einen Hof, nicht viel mehr als ein Dutzend Meter im Quadrat. Die Besatzung bootete aus und machte sich an die Arbeit. Das Gefechtsfahrzeug war zwar nicht besonders schwer bewaffnet - neben dem lMG, das nur zur Personenabwehr taugte, war da noch eine Blitz-KSR 2 mit einer halben Tonne Munition. Aber es hatte einen wuchtigen LSR-15-Werfer auf Radlafette angehängt. Mit wenigen Handgriffen wurde der Werfer einsatzbereit gemacht, und die Soldaten begannen ihn zu laden. Die Handgriffe saßen. Leise schepperten die umgehängten Maschinenpistolen, wenn sie Koppelschlösser, Patronentaschen oder Handgranaten berührten.

Anatoli Tanigaki betrachtete das Geschehen schweigend. Er wusste, er würde in Bälde aufbrechen müssen zum nächsten Gespräch mit den Höllenhund-Kommandeuren. Er fragte sich, wie ihr nächster Schachzug aussehen würde. Er traute ihnen natürlich auch weiterhin nicht. Zugegeben, bisher waren sie relativ passiv-geduldig geblieben, aber er verließ sich nicht darauf, dass dies so bleib. Sicherlich dachten sie darüber nach, wie sie ihn hintergehen konnten, spürten die Fänge der geöffneten Falle, die zuschnappen konnte, wenn sie nur eine falsche Bewegung machten.
Und deshalb ließ er es sich nicht nehmen, den äußeren Einschließungsring um die Garnison der Söldner in geringen aber unregelmäßigen Abständen zu kontrollieren.
Die Polizei, nicht mehr als zwei Züge auf einmal, die den inneren Ring bildete, diente nur dazu, die Bewegungen der Höllenhunde einzuengen, damit sie nicht unkontrolliert herumstrolchten. Deshalb wurde die Polizei auch durch einige reguläre Soldaten unterstützt, die den Gebäudekomplex, in dem die Söldner untergebracht worden waren, pausenlos beobachteten.
Und in weiterem Abstand, zumeist außer Sicht, aber nahe genug um zur Not schnell eingreifen zu können, standen die regulären Einheiten. Mechs, Panzer, Infanterie - motorisierte Schützen und Panzernahkampfteams mit P-Minen, Haftholladungen, Infernowerfern - sowie Artillerie, sowohl mechanisierte als auch motorisierte wie dieser Werfer hier. Die Truppen wechselten ständig ihre Positionen, damit der Gegner sich nicht irgendeine Strategie wie einen Kommandoangriff ausknobeln konnte, keine klaren Ziele für seine Langstreckenwaffen hatte. Infanterietrupps dienten als vorgeschobener Deckungsschleier, dahinter kamen die schweren Einheiten.
Die Feuerkraft der Söldner beunruhigte ihn, aber sie machte ihm keine Angst. Die Gegend war mit Bedacht gewählt worden. Die alten Gebäude würden zwar die Bewegungsmöglichkeiten der zahlreichen schweren Panzer der Höllenhunde im Ernstfall wenig einschränken - die fuhren zur Not einfach durch. Aber sie boten Nahkampftrupps und Artillerie Deckung, in ihnen konnten Feuerleitstellen und Scharfschützen postiert werden. Die Schwebepanzer der Söldner waren erst Recht gehandicapt, brauchten sie doch offenes Gelände um ihre Geschwindigkeit voll auszunutzen. Sollte es zur Eskalation kommen - womit er zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht rechnete - konnte er die Panzer und Infanterie in dem Viertel festnageln und ausbluten lassen.
Für einen Moment gestattete er sich ein grimmiges Lächeln. Die Söldner wussten noch nicht einmal die Hälfte dessen, was sie erwartete...

Ende

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Teil 4 – Die Prüfung von Jaqleen Schneerabe

Jaqleen schlenderte derweil gemütlich zur Unterkunft und studierte ob und wie Sie das Abzeichen der Einheit, der Chevaliers auf Ihren Gefechtsanzug am besten anbringen könnte.
Als Schneerabe wollte Sie nicht mehr erkannt werden und sinnierte über verschiedene Möglichkeiten dies zu ändern. Die erste Prüfung gegen den Mech, da war sie sich sicher, würde die Elementarin bestehen können, denn gegen diesen Mechtyp trat sie schon am meisten an und kannte auch die Möglichkeiten die einem Jockey zur Verfügung stand. Auch wenn es etwas mehr Zeit kostete wollte sie die Sprungdüsen nicht benutzen und entschied den Gefechtspanzer erst einmal gehörig mit Schlamm einzureiben um die Färbung die Ihr Gefechtsanzug so klar von der Umgebung abhob verschwinden zu lassen. Als Sie in der Unterkunft ankam war Sie so in Gedanken, dass Sie anstatt in Ihr Zimmer in das Zimmer von Mac Lain trat und es bemerkte. «Verzeihung Arthur, ohh, hmm, niemand da. » Daran musste sie sich wohl gewöhnen. Sie war jetzt ja wieder in einer grossen Einheit und Teil eines Elementar Strahls eingeteilt. Arthur würde vermutlich die Halterungen für Sie abmontieren lassen, dachte sie sich. Als sie sich umdrehte und gehen wollte stiess Sie aus Versehen Ihren Arm an den Wandschrank von Arthurs Unterkunft. Dessen Türe aufsprang und ein Bild langsam zu Boden schweben liess. Jaqleen bemerkte es und hob es auf. Es war eine leicht zerknitterte Aufnahme, er musste Sie wohl auch in der Gefangenschaft bei sich getragen haben. Er schien der Fotographie sehr viel Sorge zu tragen, und als Sie das Bild betrachtete wusste Sie auch warum. Jaqleen hatte Arthur schon öfters im Kilt gesehen um Ihn mühelos zu erkennen. Neben Ihm stand auf dem Bild eine junge Frau ebenfalls in traditioneller Schottischer Kleidung. Sie glich PFC Cook wie ein Zwilling. Die genau gleichen Gesichtszüge, Frisur und auch die Figur stimmten überein.
Jaqleen verstand sofort warum Mac Lain Caroline mochte. Sie sah der Frau auf dem Bild wirklich frappierend ähnlich. «Vermutlich magst du Sie, weil du dich erinnert fühlst, Mac Lain. » brummelte die grosse Elementarin und legte das Foto wieder sorgfältig in den Schrank zurück.
Sie trat aus dem Zimmer von Mac Lain heraus und betrat Ihr eigenes. Auf dem Bett war schon fein säuberlich der Anzug bereit gelegt für die Nahkampfprüfung. Das Data Pad des Gästehauses begann zu blinken und eine Nachricht wurde für Jaqleen angezeigt. Es stammte von PFC Cook. Jaqleen nahm das Data Pad in die Hand und öffnete die elektronische Verschlüsselung indem Sie mit ihrem linken Daumen über den Fingerscanner strich. Wie schnell die Einheit Ihre Daten aufnahmen war erstaunlich. Die Effizienz war wirklich bemerkenswert und die Hilfsbereitschaft von den Chevaliers ebenso. Erst vor einer halben Stunde hatte sie ihren Fingerabdruck für das Personenfile hinterlegt und schon funktionierte es einwandfrei.
*Von PFC Cook an Anwärterin Jaqleen Schneerabe; ich habe von Corporal Laage mitbekommen, dass Ihnen noch ein Konto fehlt für Ihren Sold. Falls Sie noch Zeit haben begleite ich Sie gerne zur Bank der Chevaliers wo Sie ein Konto eröffnen können. Die Bürokratie kann recht komplexe Ausmasse annehmen und Ich muss ohnehin die Rechnungen der Lieferanten bei der Bank vorbeibringen. Ich habe die Erlaubnis bekommen, Sie mitzunehmen. Damit entfällt eine MP Sicherheitsgeleit denn diese sind auf der Trainingsbahn und wären ohnehin nicht abkömmlich. Ich bin in 15 Minuten mit einem Jeep vor dem Gebäude der Gästeunterkunft. Falls Sie mich begleiten möchten. Falls Ihnen die Zeit zu knapp erscheint, am Abend sind die Banken auf Wayside noch bis 22 Uhr geöffnet. Da die Banken in diesem Ort erst um 12 aufmachen. Gez. PFC Cook*
Bedächtig schlüpfte Jaqleen in Ihren Kampfanzug. Viel Zeit würde nicht bleiben um ein Konto zu eröffnen aber unhöflich wollte Sie auch nicht sein. Ein kurzer prüfender Blick genügte Ihr um festzustellen, dass noch alles Geld vorhanden war und in der eingenähten Tasche lagerte von Ihrem Seesack. In Gedanken notierte sie sich, dass auch bald mal frische Kleidung einkaufen müsste. Innständig hoffte Sie, Sie könne sich PFC Cook etwas mehr anvertrauen, da sie Ihre Kleider zum Waschen meist in der Badewanne eingelegt hatte, vom Waschmittel kippte Sie immer die ganze Packung mit hinein. Einmal musste Mac Lain den Vermieter beruhigen in deren Wohnung sie wohnten, weil die Waschmaschine überschäumte und die Kleidungsstücke von Jaqleen ziemlich an Grösse verloren hatten. Waschen war nun wirklich nichts für Sie. Alles in der Inneren Spähre in den Bedarfsläden war vergleichsweise klein für Ihre Hände. In der neueren Zeit begnügte Sie sich die Kleider in die Dusche zu hängen und die Brause laufen zu lassen. Waschmittel drüber zu streuen und die Kleider ordentlich auszupressen. Den Einsatz einer Wäsche Trocknungstrommel konnte sie schon sehr gut abschätzen. Als sie fertig war schrieb sie auf dem Data Pad noch eine kleine Nachricht an Mac Lain und stellt das Data Pad wieder auf die Ladestation.

Erst jetzt bemerkte Sie den kleinen Umschlag aus weissem Papier das ziemlich hochwertig war Mac Lains unverkennbare Handschrift «für den Notfall Sprenggelatine Gelegnit Eigenfabrikat Achtung stossempfindlich und explosiv» Im Zettel selbst war eine chemische Zusammenstellung der Sprenggelatine die Arthur Sie lehrte richtig zu lesen. Die Bestandteile waren alle draussen auf dem Testgelände reichlich vorhanden. Lediglich die Kollodiumwolle müsste Sie sich selbst herstellen. Den Einsatz von Sprenggelatine oder wie Arthur es im englischen nannte Gelegnit war ein Sprenggummi das sogar unter Wasser funktionierte. Klasse dachte sie sich. Ich darf es nur nicht mitnehmen. Zu schade, denn dem P-Hawk hätte sie gerne ein paar Tanzschritte beigebracht. Die Idee war gar nicht so abwegig gewesen. Sie hatte ja alles auf dem Testgelände was Sie brauchte. Schale, Zünder es könnte sogar klappen. Aber woher die Baumwolle. Wie ein Blitz kam Ihr der Gedanke in den Sinn. Auf Highland war ihr mal so kalt gewesen, dass Sie sich eine Mütze kaufen musste. Die besteht aus Baumwolle und die Mütze wurde ihr ja nicht verboten. Es sah nur etwas albern aus, würde aber nicht gross auffallen. Ausser vielleicht Mac Lain. Also wühlte Sie in Ihrem Seesack nach besagtem Kleidungstück und fand es schliesslich. Es hatte auch mal bessere Tage gesehen seufzte die Elementarin, auf der linken Seite klaffte ein Flicken und zeugte von der Kurzlebigkeit von Stoffen und mahnte Jaqleen ebenfalls mit Ihren Sachen etwas pfleglicher umzugehen. Das Problem war jetzt nur noch ausreichend natürlich vorkommende Schwefelsäure oder Salpeter vorzufinden. Hinter einem der Gesteinsbrocken den sie sich in ihrem Gefechtsanzug scannte fand sie in einer Kuhle eine Salpetersäurepfütze, damit würde es klappen, dachte Sie sich, das Problem bestand lediglich darin den Aufklärer bis dorthin zu locken.
Sie trat nach draussen und atmete einmal tief ein und wieder aus. Schloss die Augen und schollt sich. Ist es Nervosität oder Furcht? Sie konnte es nicht ganz genau einordnen aber sie fühlte sich zittrig. Schnell öffnete sie die Augen und prüfte ihre Hände. Kein Zittern. Gut. Ab ans Werk, und jetzt zeigst du diesem Geisterbären, dass du es wert bist. Als Jaqleen loslaufen wollte kam von der Kantine her ein Jeep herangefahren und ohne Anstrengung konnte Jaqleen das helle Haar von PFC Cook ausmachen. Der Fahrstil war ruhig und sehr kontrolliert, wie Jaqleen befriedigt feststellen konnte. Nur Mac Lain brachte es fertig mit vier Rädern schlechter zu fahren als mit den beiden Füssen seines Mechs.
«Guten Tag PFC Cook, ich habe Ihre Nachricht gerade erhalten. Die Effizienz der Unterstützungseinheit ist beachtlich, gar vorbildhaft.»
Mit einem herzlichen Lächeln nickte ihr Caroline entgegen, «Danke Jaqleen, ein Lob über Effizienz von einem Clan-Elementar hört man gerne. Die Zeit ist schon weit fortgeschritten. Ich schätze ich werde Sie am Abend nach Ihrem Test begleiten müssen. Wenn das für Sie in Ordnung geht. » -«Pos, sehr gerne, Arthur ist wohl beschäftigt etwas in die Luft zu sprengen in der Zwischenzeit. Ich hoffe, er kommt noch rechtzeitig zu meinem Test hinüber. » entgegnete Jaqleen etwas betrübt.
«Kopf hoch Jaqleen, Er wird gleich nach der Sprengung zu O`Hierlihy gefahren von Leutnant Decaroux, die waren beide im Ziel auf Sie und in Gedanken ist er bestimmt immer bei Ihnen. » munterte Caroline die übergrosse Elementarin auf. «Am Abend sind wir dann mehr im Jeep, Senior Tech Cao die Arthurs Lanze betreut muss auch noch zur Bank und Corporal Tomonaga muss von Ihrer Schoppingtour abgeholt werden. Falls es Sie nicht stört. » - «Neg., über Gesellschaft freue ich mich sehr. » gab Jaqleen als Antwort wobei Sie sich bemühte ein freundliches Lächeln aufzusetzen. Wobei die grosse Elementarin sich nicht sicher war was eine Schoppingtour ist. Sie wollte auch nicht wie ein Depp dastehen und nahm sich vor Mac Lain im Ziel danach zu fragen. Wenn Sie denn dorthin kommen würde. Sie reichte der jungen Stabssoldatin ihre rechte Hand wie Sie es bei anderen schon des Öfteren sah und sagte mit allem Selbstvertrauen den Sie zusammenkratzen konnte: «Dann bis heute Abend PFC Cook. » Es klang trotz allem etwas hölzern und unbeholfen, aber Caroline fand, dass sich Jaqleen grossartig machte und gab auch Ihrerseits ihre rechte Hand. «Bis zum Abend, Jaqleen, es wäre mir eine grosse Freude und Ehre, wenn Sie mich unter Vier Augen beim Vornamen nennen würden. » Die grosse Elementarin nickte bedächtig. Als ob Sie die Vier Augen am Horizont suchen würde. Vier Augen, was für eine komische Redewendung, es war nur eine Sonne zu sehen und diese brannte ganz schön.
Caroline stieg wieder in den Jeep und fuhr gemächlich zum Tor wo Sie dem Wachhabenden Unteroffizier Ihre ID Karte vorzeigte und einen kleinen Schwatz hielt um danach langsam zum Tor hinausfuhr und nach links hinausbog.
Jaqleen seufzte, stopfte die Baumwollmütze in eine Hosentasche und begann Ihr Haar zu einem Zopf zu flechten. Diesen drehte die grosse Elementarin nach rechts ein und formte einen Dutt mit der Baumwollkappe überdeckte Sie die weissen Haare penibel und begann ihre viel zu helle Haut mit einer braunen Tarncreme stellenweise abzudunkeln. Sie wollte erreichen, dass eine unregelmässige Camouflage entstand. In einem kleinen Schminkspiegel kontrollierte Sie Ihr Werk, es würde am Abend ziemlich schlecht abgehen, aber es war für Sie unerlässlich, denn die weisse Haut würde Sie sonst sofort verraten. Sie joggte um Ihre Nervosität in den Griff zu bekommen. Bereit für die Prüfung.
10 Minuten später erreichte Sie die Panzerpiste und fand Ihren Gefechtsanzug dort vor wo sie ihn kurz vorher abstellte. Im Bein Fach prüfte Sie die Zangen, Spiegel und Sondier Geräte die Arthur Ihr als Teil des ersten gemeinsamen Einsatzes aus seinem Geld spendierte. Alles Sachen die Sie heute brauchen würde. Alles sauber und vollzählig. Sehr gut. Sie schloss die Tasche wieder zu und stieg in den Gefechtsanzug. Arthur hatte ihr mitgeteilt, dass er eine Bombe zünden würde in ein paar Minuten sei es soweit. Mit einem stummen Viel Glück machte Sie sich selbst zu Ihrer Prüfung auf. Irgendwo auf dem Testgelände für Panzer wartete ein P-Hawk auf Sie. Lange musste Sie nicht gehen. Auf Ihrem Display erkannte Sie schon einen Clan Elementar im Gefechtsanzug auf Sie zu rennen. Zum Gruss hob sie den rechten Arm in die Höhe und sah wie der andere Gefechtsanzug es Ihr gleichtat. Eine Komm Verbindung ging ein und knackte erst einmal. Jaqleen hatte sich mittlerweile an die Fehlfunktion ihres Gefechtsanzuges gewöhnt. Solche Rückkopplungen waren bei Gefechtsanzügen der Schneeraben häufig anzutreffen und waren das Resultat von mässiger Wartung. «Sei gegrüsst Sterncommander Geisterbär. Ich Jaqleen Schneerabe bin für die Prüfung bereit.» -«Seyla, so folge mir. Jaqleen von den Schneeraben. » entgegnete Rowan in seiner Gefechtsrüstung. Sein Geisterbärensignet war deutlich kleiner gehalten und etwas weiter unten angebracht um der Comicmaus der Chevaliers den Platz zu geben. Das, so dachte Jaqleen wäre eine sehr gute Möglichkeit für Sie.
Langsam kam ein provisorisches Zelt in Sicht unter dem einige Chevalier Offiziere miteinander tuschelten. Auf der Nordseite stand Arthur flankiert von Decaroux und Col. Copeland. Welcher augenscheinlich einige Worte an die angetretenen Chevaliers richtete.
Das nahen der beiden Elementaren wurde registriert und Copeland wartete mit dem Rest seiner Ausführung. Vor Mac Lain war ein Tischchen aufgestellt worden auf dem seine Kardanische Aufhängung gerade Platz fand und die mit einem Tuch effektvoll verhüllt wurde. Jaqleen erkannte die Aufhängung, da Mac Lain diese schon einmal benutzt hatte in Ihrer Gegenwart. Sie aktivierte den Scanner für Chemische Stoffe und war überrascht. Eine Keramische Tasse Wachs, Baumwolle, Auratina, Manntiolhexanitrat und geringe Spuren von Schwarzpulver. Das war also Mac Lains Bombe. Er transportierte Sie wohl aus gutem Grund in der Kardanischen Aufhängung. Auch wenn dieser Transportbehälter etwas altmodisch wirkte und es heutzutage vermutlich Boxen die die Vorrichtungen mit Supraleitern auf der gleichen Höhe halten. Aber Mac Lain war so nicht auf Kühlflüssigkeiten angewiesen mit den ganzen Federn.
Mit gebührendem Abstand bremsten beide Elementare ihren Lauf ab und schlenderten schon fast zu der Gruppe. Wie auf Kommando öffneten beide Ihre Sichtscheiben. Worauf Copeland erfreut den beiden zunickte und sprach: «Sehr schön Sergeant Geisterbär, PFC Schneerabe, schön, dass Sie sich dazu entschliessen konnten der Demonstration beizuwohnen. Anschliessend haben wir ja genug Zeit für den angekündigten Test von PFC Schneerabe. »
«Pos» gab Rowan trocken zurück. Er wollte sich die Explosion ohnehin anschauen. Mehr konnte Rowan auch nicht sagen, denn Copeland fuhr unbeirrt fort: «PFC Mac Lain hatte eine Stunde bekommen wovon er wie Lt.Decaroux berichtete, lediglich 40 Minuten brauchte um die Bestandteile der Bombe zu organisieren. Lieutenant es wird sicherlich sehr interessant sein, wenn Sie uns schildern, WIE Mac Lain an die Chemikalien gekommen ist. Ausserdem hat uns Herr van Roose einen entzückenden kleinen Stein mit zwei Bulldozern herangeschafft mit wie viel Eigengewicht? 1.1? ach nein 1.52 Tonnen Eigengewicht. » Der angesprochene Offizier grinste hämisch. Decaroux grinste ebenfalls, aber wegen etwas Anderem und nahm den Faden des Ranghöchsten Offiziers der Chevaliers nur zu gerne auf: «nur zu gerne. Als erstes behielt er seinen alten Rang als höherer Unteroffizier und wartete bis der Feldwebel der Schneiderei in die Mittagspause ging, der genaue Wortlaut ist mir nicht geläufig, da ich im Jeep wartete. Aber es dauerte nicht lange bis PFC Mac Lain mit der ersten Chemikalie heraus an den Jeep trat. Das Abzeichen trat er mir danach ab und ich wusste, dass er es für solch einen Fall aufbewahrte. Die nach der Unterschrift erworbene Chemikalie ist wohl unter Ärztlicher Schweigepflicht am ehesten zu umschreiben. Aber ich schätze, dass Mac Lain diese auch aus jedem Mech hätte ausborgen können, hierfür müssen Sie meine Herren und Damen sich dann an Mac Lain wenden. Ich schlage jedoch vor, beziehungsweise ich werde im Bericht vermerken, dass künftig die Lebensunterstützenden Massnahmen ausserhalb der Werkstatt oder des Hangars plombiert zu sein haben. Wie Colonel Copeland anmerkte, es war recht einfach für Mac Lain sich die Chemikalien zu beschaffen. Die Tasse bekam er in der Küche. Wir haben von PFC aufgezeigt bekommen, dass wir trotz Eingangskontrolle doch einige Sicherheitslücken haben die wir bisher nie in Betracht gezogen haben. Ich werde dies leider an Major Fokker weiter zu geben haben und geeignete Gegenmassnahmen werden wir hoffentlich, anschliessend im Plenum finden können, und somit dies gleichzeitig mit dem Bericht von Mac Lain abgeben können. Major Fokker wird sicherlich nicht erfreut sein, dass es einem Aussenstehenden gelang sich so einfach Gegenstände zu entwenden. Aber wenn wir ihr einen Massnahmenplan aufzeigen können wird sie sicherlich etwas gutmütiger gelaunt sein. Wenn ich nun PFC Mac Lain bitten dürfte, uns die keinen Magister in Chemie haben, zu erklären was er da zusammen gemischt hat? »
«Gerne» gab der angesprochene von sich und in üblichen trockenen Ton eines Lehrers fuhr er fort. «Von Col. Copeland erhielt ich 10 Gramm Schwarzpulver mit dem Auftrag ihm innerhalb von 60 Minuten eine Bombe zu liefern. Hier vor Ihnen steht Sie. Oder präziser formuliert sie hängt in der Kardanischen Aufhängung. Das Prinzip der Aufhängung ist uralt und auch bei den Panzern zu finden als Aufhängung des Geschützes im Turm selbst, die Bombe ist in der alten Tasse aus der Küche, darin enthalten Schwarzpulver, das Sie kennen und einerseits Auratina, das zum Färben von Lederwaren benötigt wird. Manntiolhexanitrat oder Chemisch präziser C6H8N6O18 ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Salpetersäureester und ein sehr selten gebrauchter Sprengstoff, da er sehr instabil ist und über 18 Grad Celsius spontan explodieren kann. Zu den Explosionskennzahlen kann ich Ihnen folgendes sagen ohne zu sehr in die Chemie abzuschweifen. Es ist sehr schlagempfindlich mit 0.8 Nm, explodiert sehr heiss mit fast 6000kJ*kg-1 und hat eine Detonationsgeschwindigkeit von etwas mehr als 8200 Meter/Sekunden. Vielleicht zum Vergleich Dynamit das Sie für die Gesteine letzte Woche brauchten hat eine Detonationsgeschwindigkeit von 6350 Metern pro Sekunde. Es ist also heisser und mit einer schnelleren Geschwindigkeit und somit um ein vielfaches gefährlicher. Es gibt nur drei Sprengstoffkompositionen die schneller sind als Manntiolhexanitrat: CL-20 auf das ich nicht näher eingehe, Oktogen, dessen Herstellung aber komplexer ist und mehr Zeit beansprucht und RDX jedoch dessen Explosionswärme viel geringer ausfällt mit 3500-4200 Grad im Zentrum der Explosion. Zudem ist RDX sehr Reibungsunempfindlich mit 120 Newtonmetern. Weitere Fragen beantworte ich Ihnen sehr gerne nach der Demonstration. » schloss Mac Lain. Fügte aber nach einer kurzen Zeit hinzu: «wenn ich Sie bitten dürfte sich die Ohren zu schützen und nicht direkt ins Zentrum der Explosion zu schauen wäre ich Ihnen verbunden. Danke»
Sofort holten einige Chevaliers ihre Kapselgehörschütze aus den Beintaschen oder aus dem Rucksack hervor und zogen diese an. Col. Copeland fiel besonders auf, da er sehr lässig an seinem Hals die Gehörschutzstöpsel aus dem Kragen zauberte und diese in Aller Seelen Ruhe in seine Ohren stopfte.
Arthur schritt an das Tischchen heran und zog langsam den Stoff zur Seite. Erst jetzt konnten die Chevaliers die präparierte Tasse sehen. Mac Lain hielt sie in beiden Händen, da dem Gefäss seit längerem der Henkel fehlte. Einige Chevaliers staunten, dass Sie wegen einem so kleinen Behälter auf das Gelände gebeten wurden, andere pfiffen anerkennend wie klein die Tasse doch war. Untereinander hatten Sie schon gewettet ob und wie viel vom Stein übrigbleiben würde. Die Meinungen gingen von einem kleinen Brandfleck bis zur weg Sprengung von der Hälfte des Brockens weit auseinander.
Arthur schritt langsam die Distanz zum Gesteinsbrocken ab und platzierte die Bombe ganz unten zwischen Boden und einer kleinen Einbuchtung von der Grösse einer Honigmelone. Danach stellte er die Tasse leicht schräg in einem Winkel von 75 Grad parallel zum Stein und zog das Plastikhütchen für den Fernauslöser ab. Eine Fragile Antenne kam darunter zum Vorschein. Aus der linken Armtasche zog er einen Funkauslöser hervor und programmierte mit einem langen Druck auf den mittleren Knopf die Bombe auf die Frequenz. Beim Empfänger blinkte zur Kontrolle an der Antennenspitze ein rotes Lämpchen auf. Die Bombe war scharf. Langsam um keine zu grossen Erschütterungen auszulösen entfernte er sich und kehrte in die Reihen der Chevaliers zurück und nahm seinen Platz zur Linken von Decaroux wieder ein. Etwas abseits standen die Elementare und flankierten Col. Copeland der schon gebannt zwischen Felsen und Mac Lain abwechselte.
Decaroux beugte sich zu Mac Lain herüber «Noch ein paar passende Worte? » wobei er etwas irritiert dreinschaute. Mac Lain sah auf seine antike Armbanduhr und hielt somit die vorgegebene Stunde minutiös ein. Decaroux berichtete Ihm, dass Copeland Major Fokker angerufen hatte und Ihm die Uhrzeit durchgab für die Bombenexplosion. Und Mac Lain wollte nicht zu früh den Auslöser drücken. Der Angesprochene sah nicht von seiner Uhr auf, sondern hob leicht denk Kopf, «Für die Nachwelt können Sie sich was ausdenken, mir fällt gerade nichts Besseres ein als: Rock …or bust. » Beim Wort bust presste er mit dem Daumen den in der Hand liegenden Auslöser bis zum Anschlag durch.
Ohne Vorankündigung hob sich der riesige Felsbrocken und wurde von einer gelblichen Flamme regelrecht verzehrt. Der Boden vibrierte extrem stark, gleichzeitig dröhnte ein dunkles Grollen durch die Reihen der Söldner. Die Flammen liessen in Ihrer Färbung nach aber der Gesteinsbrocken war nicht mehr zu sehen. Statt seiner war eine pyroklastische Säule emporgewachsen und dehnte sich pilzartig aus. Das alles geschah so schnell und war so wuchtig, dass einige der Chevaliers zu Boden gingen und wie gelernt sich von dem Explosionsherd abdrehten. Beine gekreuzt und Hände an die Ohren gepresst. Schönes Aussehen war jetzt wohl zweitrangig. Lediglich die Elementare in ihren Rüstungen, Decaroux, Mac Lain und van der Roose standen noch aufrecht. Letzter machte den Anschein den Anblick zu geniessen, er rief immerzu «Fabelhaft, grandios, genial! »
Leicht verwundert über den Aufenthaltsort vom ranghöchsten Offizier der Chevaliers schlenderte Mac Lain zu Copeland hinüber und mit einem breiten Grinsen im Gesicht fragte er ihn: «Haben Sie einen Schilling verloren Colonel? » während um die Söldner massenweise kleine Steinchen und wiedererstarrte Kupferflicken vom Himmel prasselten waberte die Wolke langsam gegen Nordwesten weg. Vom Gestein blieb auch nach intensiver Suche nichts übrig. Die aufstehenden Chevaliers klopften sich den Staub aus der Uniform und applaudierten an die Adresse von Mac Lain. Van der Roose hatte offensichtlich Mühe seinen Lachanfall unter Kontrolle zu halten, hustete einige Male übertrieben und drehte sich um.


„Feldstecher gefällig?“ Graf Germaine Danton hielt seinem Gast ein Fernglas hin, während er sich scheinbar entspannt an die Brüstung des Balkons lehnte.
Jara, die wirklich neugierig auf das angekündigte Spektakel war, nickte und griff dankbar zu. Außer ihr und ihrem Mentor war niemand anderes anwesend und sie hoffte für sich – und für diesen MacLain – dass er wirklich so fähig war, wie er alle glauben ließ. Immerhin hatte sie nach Copelands Anruf mit ihrem Wort dafür gesorgt, dass eine wichtige Strategie-Besprechung für eine halbe Stunde unterbrochen wurde und eine Menge wichtige Funktionsträger nun entweder am Fenster der Villa warteten oder sich anderweitig die ungeplante Mittagspause überbrückten. Zeit, die eigentlich niemand hier erübrigen konnte.
Sie glaube noch nicht einmal, dass MacLain an sich zweifelte und sie hatte längst entschlossen, dass er in ihrer Einheit eine Chance bekommen sollte und ein wertvoller Zuwachs war. Vielleicht, und das würde sich nun rausstellen, weniger als Mechkrieger, sondern vielmehr als Chemiker in der Unterstützungsabteilung. Wenn er da wirklich so gut war, wie sie hoffte, dann wäre es ein unverantwortliches Risiko, ihn in den kämpfenden Truppenteilen zu lassen und seine Expertise dem wankelmütigen Schlachtenglück zu überantworten.
„Nervös?“, erkundigte Danton sich bei ihr. Sollte der erfahrene Anführer und Veteran unter Stress leiden, so verbarg er ihn gut. Seit er sich aus der Kaserne verabschiedet und mit seiner Verlobten in die Villa gezogen war, wirkte er mehrere Jahre jünger und frischer und Jara bildete sich ein, dass das Grau in seinen Haaren sogar auf dem Rückzug war.
Ihren eigenen Stress merkte sie hingegen nur zu deutlich, aber sie zuckte lediglich mit den Schultern, als sie antwortete: „Ich würde es eher Spannung als Nervosität nennen. Ich habe von Chemie wirklich nicht viel Ahnung. Ich weiß, wie die Treibladungen meiner Langstreckenraketen funktionieren, aber was ein Experte mit nur zehn Gramm Schwarzpulver machen kann, das weiß ich nicht. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass dieser ganze Aufwand gerechtfertigt ist. Viel mehr als ein kleines Piff kann doch nicht dabei rumkommen.“
Danton grinste wie ein kleiner Schuljunge: „Also, ich habe da mal – das war noch vor deiner Zeit und noch vor den Chevaliers – eine ganz spannende Unterhaltung beim Pokern geführt, ich hatte auf der Hand Paar Damen und ein 8-er Drilling, mit einem…“
„Jaja“, unterbrach Jara ihn. „Wenn du anfängst, von früher zu erzählen, lasse ich dir aus meinem Sanitätsbereich einen Altenpfleger zuteilen.“
„Aus der Vergangenheit lernen wir für die Zukunft, junge Dame“, mahnte der Graf mit gespielter Beleidigung.“
„Von mir aus. Aber jetzt müsste es gleich losgehen und ich würde für den Moment gerne aus der Gegenwart lernen.“
„Einverstanden“, pflichtete Danton bei. „Dann wollen wir uns mal überraschen lassen.“
Die beiden Neuadligen hoben ihre Ferngläser und suchten das Übungsgelände ab, auf dass sie von hier aus einen guten Blick hatten. Das würde sich in einigen Jahren ändern, wenn die frisch gepflanzten Bäume nach und nach die Residenz vor neugierigen Blicken verbergen würden, aber bisher waren sie bei weitem nicht groß genug, um eine Sichtachse zu versperren.
Jara entdeckte das Zelt, unter dem das Beobachtungsteam die letzten Augenblicke bis zur Vorführung verstreichen ließ. Deutlich konnte sie Copeland und Decaroux ausmachen, auch ihren Freund Markus van der Roose glaubte sie zu erkennen, sowie eine Handvoll anderer Chevaliers und zwei unübersehbare Elementare. Etwas erstaunt war Sie, dass beide in voller Montur dastanden.
Ihr Blick wanderte weiter zu der Stelle, an der MacLain seine Do it yourself-Bombe zünden würde, jeden Moment würde es losgehen, dann…
Ein greller leicht gelblicher Blitz.
Ein Knall.
Dann kam ein Donnergrollen wie von einem wirklich üblen Gewitter.
Durch die Staubwolke, die sich beinahe schlagartig über dem Areal ausbreitete, konnte Jara nicht besonders viel erkennen. Sie stellte mit Verwunderung und leichter Schadenfreude fest, dass Copeland und die meisten der übrigen Chevaliers sich offenbar reflexartig zu Boden geworfen hatten und nun einer nach dem anderen wieder aufstanden und sich den Staub von den Uniformen klopften.
Sie pfiff anerkennend.
Dann kamen über Funk kurz und knapp die Testergebnisse durch den Äther vernahm Sie ein hustendes Lachen von van der Roose im Hintergrund. Es sprach aber eindeutig Decaroux in seinem unverkennbaren Akzent.
„Das war jetzt Sprengstoff basierend auf zehn Gramm Schwarzpulver, der in einer Tasse von einem halben Liter passt. Hat knapp anderthalb Tonnen massiven Fels förmlich pulverisiert.“
„Beeindruckend“, gab Danton zu. „Kann ich deinen Frischling abwerben?“
„Keine Chance“, kam die Antwort. „Den behalte ich.“
„Was hast du mit ihm vor?“
Jara grinste wölfisch: „Wie dick sind nochmal deine Palastmauern?“
Die beiden Adligen lachten, während sie sich von der sich immer noch ausbreitenden Staubwolke abwandten, um die Besprechung fortzusetzen. Jara aber machte sich geistige Notizen, wie sie MacLain fördern und fordern würde und wie sie ihn aus den Kampftruppen lösen könnte. Der Tag war gerade noch ein Stück interessanter geworden.


„Lugiiiinoooov, Verfluchter Sohn einer Russischen Bartänzerin und eines senilen Postbeamten. Wo ist meine Suppentasse hin. Sie lag vor einer halben Stunde noch in der Spüle! Zum Donnerwetter Nochmal.“ wetterte Ryback wütend durch die Küche. Hilfsköche drehten sich um Urheber der Wüsten Schimpftriaden herum und einige von Luginovs Kammeraden tuschelten wild hinter vorgehaltener Hand. Einige wussten von der besagten Tasse ohne Henkel. Die schwarze Suppentasse war Ryback fast schon heilig. „Die habe ich einem Private mitgegeben Sir. Die Tasse war kaputt, der Henkel hat gefehlt und eeh, die beiden Glasschüsseln die dort drin lagen habe ich auch gleich mit gegeben.“ – „Ich dreh Ihnen den Hals um Luginov“ Ryback war ausser sich stierte mit wildem Blick den jungen Hilfskoch wutentbrannt an. „ Sie haben Sie wohl nicht mehr alle Luginov, Diese Tasse. Diese Tasse habe ich höchstpersönlich vom Grafen erhalten. Als er uns die erste Kücheneinheit gekauft hatte. Seither, habe ich immer wieder, Tag für Tag, aus dieser Tasse eine Nudelsuppe gegessen um gerüstet zu sein. Für den Abend. Ein letztes Mal WO IST MEINE TASSE!“ –„Ich habe Sie nicht mehr Sir, der Private hatte nach kaputtem Geschirr gefragt….“ Den Resten der kläglichen Erklärungsversuche ging in einem tiefen Grollen unter. Ryback wechselte seine Gesichtsfarbe von tief rot in aschfahl. „Himmel Arsch und Wolkenbruch, was war das?“ Eilig machte Ryback eine Gefechtsrolle über die Ausgabestelle. Wo morgens mittags und am Abend seine Spezialitäten für die Einheit herausgegeben wurde. Zwischen den Mahlzeiten allerdings waren es sauber abgedeckte INOX Behälter. Er verlängerte den Hechtsprung so weit wie er nur konnte und rollte glatt auf dem Boden aus. Stemmte sich wieder hoch und schoss zur Türe. Riss diese auf und sah eine gewaltige Rauchwolke vom Testgelände aufsteigen. Das war dieser Mac Lain, der neue. Überall wo der war explodierten Sachen. Grübelnd machte er auf dem Absatz kehrt und öffnete die Türe in die Kantine. „LUGINOV, Sie haben drei Stunden Zeit mir meine Tasse wieder zu bringen und ich rate Ihnen nicht Ohne DIESE Tasse zurück zu kommen. Luginov war den Tränen nahe, zog die Schürze aus hängte Sie an den Haken mit seinem Namen und stürzte zum Lieferanteneingang hinaus. „Ouhh Ryback musste das bitte sein?“ gab Fletcher kleinlaut von sich. „Luginov ist erst eine Woche dabei, Ihn gleich so zusammenzustauchen, der Junge ist gerade mal 16 und Sie führen sich auf wie Diabolo höchst selbst.“
Einige Zeit später sass ein zittriger junger Hilfskoch im Büro von Corporal Laage. Er schluchzte in seinen Kaffee sass im Stuhl und Corporal Laage musste aus dem unverständlichen Gebrabbel des jungen Hilfskochs irgendwie schlau werden. Es war Ihr Glück, dass gerade OSA Summers zur Türe herein kam und sich des Häufchen Elends erbarmte. Von Corporal Laage bekam sie die Kurzfassung und eine Tasse Earl Gray Tee serviert und den kleinen Besprechnungsraum 1 aufgesperrt. Mit einem Block und Bleistift machte Sie sich dran Hilfskoch Luginov wieder aufzubauen.

Noch eben lachte Decaroux über den Spruch von Mac Lain als er sich nach dem Befinden des Colonels erkundigte im Jeep Ihm durfte der Schalk ruhig im Nacken sitzen. Zusammen mit Mac Lain fuhren Sie zum Stabsgebäude wo der Priester sein Büro hatte. Dieser wartete schon unter dem Vordach. Er trug einen schlichten grauen Anzug mit vier Knöpfen, und darunter ein weisses Hemd mit Stehkragen. Priesterzivil wie man es früher auf Terra nannte. Dazu hatte er einen Gehstock den er zum Klappstuhl umfunktionieren konnte und ein Lese Pad. Das im Gegensatz zum Data Pad nur zum Lesen von Büchern und Schriften genutzt wurde. Es hatte keine sich selbst aufrechterhaltende Datenverbindung sondern musste noch altmodisch an einer Docking Station angeschlossen werden. Abgerundet wird seine Kleidung durch eine Strohhut gegen die brennende Sonne. Eine grosse Kühlbox gefüllt mit Eiswürfeln und einigen Getränkedosen stellten eine Art Belohnung für Jaqleen dar. Es hebe bestimmt die Moral der Elementar Kriegerin. Erklärte sich der Priester. Ausserdem könnte er es nicht ertragen wenn sein Flachmann zu warm werden würde.
Alle drei lachten herzlich, als Sie die bereit gelegten Utensilien im hinteren Teil des Jeeps verstauten. Als plötzlich das Data Pad von Lt. Decaroux piepte und er die Nachricht mit einem ohh öffnete. Seine Ohhh und uups häuften sich und schon fast mit einem Funken Entsetzen wandte er sich an Arthur. „PFC Mac Lain, wir haben ein Problem. Wie soll ich es ausdrücken, Wir also Sie, haben wohl die Lieblingstasse von Koch Ryback in die Luft gejagt.» Arthurs Lachen erstarb und sein Gesicht wurde weiss. «Nicht gut.»





Wie kann eine Tasse dem gefühlskalten Ryback nur so viel bedeuten? Fragte sich Corporal Michelle Laage. Wo wir doch hunderte von den Tassen im Lager vorrätig haben. Ryback war berüchtigt für sein Pokerface, sogar Teuteburg hatte sich an Ihm schon das eine oder andere Mal die Zähne ausgebissen. Sie selbst hatte schon drei von diesen Tassen zerbrochen und die vierte war seit drei Monaten in Gebrauch. Ryback musste seine wohl seit Jahren haben. Sie tippte auf Ihrem Data Pad herum und suchte die Com Verbindung zu Seargent Jensen.
Er war sogar zugegen und nahm ab. «Hallo Michelle wo brennt es denn?»
«Jens, oh du grosser Meister, ich benötige etwas von deinem Organisationstalent. Kannst du dich erinnern ob wir von den schwarzen Tassen noch welche haben? Die die der Graf erhalten hatte als er vom Inventar von Team Stampede die Mobile Küche übernommen hatte?»
«Wenn es weiter nichts ist Ingar, davon haben wir noch gute 100 Stück, die im Lager schlummern. Schick mir einen Soldaten hoch und wenn du mir 15 Minuten Zeit lässt lege ich eine Unterschrift von Germaine oben drauf.»
« Das wäre eine super Sache, danke dir.»


Zur selben Zeit ein paar hundert Meter entfernt auf dem Testgelände
Jaqleen stellte sich dem Mech gegenüber auf. Hinter dem Mech an einer Fahnenstange waberte in den Abluftkanälen des Mechs eine Flagge. Capture the flag. Ein Szenario, das Jaqleen durchaus auch geläufig war. Sie musste es nur holen und den Mech austricksen. Das war alles. Er würde gemäss dem Testleiter Rowan die Sensoren erst einschalten, wenn Jaqleen für 30 Sekunden verschwinden würde, oder wenn sie einen klar ersichtlichen Angriffsversuch unternahm. So stand sie 45 Meter dem Ungetüm aus Stahl gegenüber. Dieser Mech wirkte wie ein Gladiator mit Tornistern. Auf relativ schmalen Beinen ruhte der V-Förmige Torso des Mechs. Auf der rechten Torso Seite prangerte die Comic Maus und die ausmodellierte Hand hing gerade nach unten. Am rechten Arm war der bedrohliche schwere Laser montiert und in einem perfekten 90Grad Winkel streckte er den Arm nach vorne. Der Mech stand breitbeinig und sicher da. Aber Jaqleen würde das gerne, liebend gerne ändern. Links und rechts von ihr türmten sich die Seiten eines Ehemaligen Flussbettes auf. Hier und da lagen grössere Felsbrocken im Weg und würden Ihr gewissen Schutz bieten. Der Mechkrieger, so hoffte Jaqleen würde Sie auf der linken Seite des Mechs vermuten. Auf der Seite, ist der Mech traditionell etwas schwächer bewaffnet, da die ausmodellierte Hand eine Waffe unmöglich machte. Selbstbewusst schritt Sie langsam auf den Mech zu. Sie öffnete eine Sprechverbindung zu dem Mech: «Mechkrieger Teuteburg, Sie stehen mir im Weg eine Chevalier zu werden. Ich gebe Ihnen gerne die Möglichkeit sich zu ergeben.» Dabei achtete Sie genau darauf, Ihre Bewegungen so lässig wie möglich wirken zu lassen und den Zeitpunkt so zu wählen, dass eine Erwiderung von Ihm die Distanz auf circa 30 Meter verkürzte. Sie hielt an. Perfekt, genau da wo ich stehen will. Jetzt muss er nur noch zu mir kommen und mich idealerweise aus den Augen verlieren. Zu Ihrer rechten hatte Sie die Kaliumnitratpfütze in die Sie die zerschlissene Baumwollkappe tauchen würde und mit Etwas glück eine Veresterung erreichen konnte. Es war riskant, das schlechteste was dabei herauskommen würde, dass die Mütze stinken würde und etwas rauchen. Der Qualm wäre ärgerlich, aber würde die Stellung von Ihr nicht verraten.
«Netter Versuch Elementar Schneerabe, aber so leicht bin ich nicht reizbar, ärgert es dich nicht vielmehr gegen eine Freigeburt antreten zu müssen. Dass ich schon so weit bin wie du es gerne wärst? » entgegnete Teuteburg schmunzelnd. Was hast du kleiner Elementar vor frage ich mich. Gemütlich sass er in der Pilotenliege. Die Waffen waren im Übungsmodus geschaltet und die Panzerung zeigte ebenfalls überall grün. Die Abwärme würde nur unter Dauerfeuer ein Problem geben. Dieser Planet war zwar warm und trocken aber selbst wenn dieser Mech voll in der Sonne stehen würde reichte ein Wärmetauscher aus um die gesammelte Hitze auf den Stahlplatten auszugleichen.
«Mich reizen zu wollen bringt nichts. Deinen Metallkübel bringe ich schneller zu Fall als du beten kannst ohne dass deine Sensoren mich orten. Oder du mich ausmachen kannst.» antwortete Jaqleen mit ruhiger Stimme. Sie war schon zu lange in der Inneren Sphäre um sogar das Schimpfwort Kastenbrut ertragen zu können ohne sauer zu werden. Aber auch Sie machte sich natürlich Sorgen. Einen Teil von ihr würde sie gerne in der Zukunft wissen. Wiederaufnahme in den Genpool des Clans der Sie verstossen hatte. Mit diesem Gedanken hatte Sie eine Weile gespielt. Verwarf aber den Gedanken schon auf Highland. Mit dieser Vergangenheit hätte Sie keine Chance selbst wenn Sie alleine ein ganzes Battalion Mechs aufmischen würde. Der Clan würde Sie nicht mehr akzeptieren. Nach dem Test würde Sie sich PFC Cook anvertrauen und mit Ihr darüber reden wollen. Aber zuerst würde sie Herrn Teuteburg die Federn rausreissen. Mit einem kurzen Scanimpuls vergewisserte sie Sich, dass die Kupferbromidader vor Ihr im Boden war und eine offene Ader von links nach rechts zog.
«Dann lassen wir die Spiele beginnen.» lächelte Sie und liess Ihre Gefechtsrüstung einen Hofknicks machen wobei Sie den Laser auf die Ader richtete und mit verminderter Energie, Sie schätzte 70% würden ausreichen, schoss Sie in die Kupferbromidader.
Es klappte.
Fast zeitgleich entzündete sich der Kupferbromid und eine fast zwei Meter grosse bläuliche Fontäne schoss in die Luft. Auf Teuteburgs Sichtschirm verschwand der Elementar hinter einer Wand von blauem Nebel. Zu Jaqleens Vorteil ging so gut wie kein Wind und die Kupferpartikel in der Luft generierten eine solide Abschirmung. Sie rollte über die rechte Schulter hinter den Felsbrocken, und setzte sich in Deckung, Sie gestattete sich ein Lächeln, es hat super geklappt, jetzt hoffte Sie, dass Teuteburg seinen Mech nach links eindrehen würde um Sie dort zu suchen. Sie klappte das Visier herunter und riss mit der Klaue die Mütze vom Kopf. Tunkte diese in die Salpetersäure neben sich. Fast gleichzeitig reagierte die Baumwolle und die Veresterung setzte sichtbar ein, die Baumwolle quoll auf und die ehemalige Mütze wuchs um circa einen Drittel in der Dicke. Mit der Klaue schob Sie die unförmig gewordene Mütze und wollte diese in das freie Bein Fach stopfen. Ihre flüssige Bewegung stockte, einerseits weil der P-Hawk die Sprungdüsen zündete und auf der anderen Seite der Farbbands landete und andererseits weil Sie am Boden wo Sie sass eine weisslich krümelige Gesteinsschicht entdeckte. Super dachte sie sich. Trockene sandfreie Kieselgur, gleich daneben. Das hat auch noch gefehlt. Hastig grub sie mit der Klaue einen grossen Brocken aus der Erde, und steckte ihn in die Mütze. Sorgfältig verstaute sie die Zutaten im Beinfach.
Hinter dem Felsen lugte Sie hervor und vergewisserte sich dass der Phoenix Hawk noch immer dort stand. Er hatte den Köder geschluckt und wäre ein gutes Ziel für einen Angriff. Aber es hiess ja unerkannt müsse Sie sein. Sicherlich würde der Pilot im inneren des Mechs gerade ratlos sämtliche Anzeigen durchgehen. Vom leicht erhöhten Zielgelände fieberte Mac Lain mit der Elementarin mit. Father O`Hierlihy hielt ebenfalls ein Fernglas in der Hand und stutzte. «Mac Lain, Jaqleen weiss schon, dass da unten nirgend Wasser ist. Hat Sie schon heiss? Eine Mütze und das bei 35 Grad. Elementare haben einen befremdlichen Humor.» merkte er an ohne den Feldstecher abzusetzen. «Oh, im Gegenteil Hochwürden, Sie hat einen brillanten Plan. Falls es Ihr gelingt genug Glycerin Nitrat aus dieser Einöde zu fördern.» -«Will Sie etwa eine Bombe bauen?» fragte Rowan Geisterbär verwundert. Arthur wiegelte ab. «Eine Bombe im eigentlichen Sinne nicht. Aber einen übergrossen Böller könnte es geben.»
«Scheisse, wo ist die Kleine Clannerin hin. MAD, toller Schauer das reinste Schneegestöber. Wärme ? Bei den Steinen ist die Streuung zu gross. Und was hat die da angezündet? Sichtschirm. Toll n blauer Streifen. Drehe Mech nach links ein.» Mit dem schweren Laser bearbeitete Teuteburg die Umgebung und zielte mehr schlecht als Recht in die Felsbrocken die sich nur noch mehr aufheizten. Innerlich beglückwünschte er die Elementarin. In der Suppe zu verschwinden war ein toller Trick. Nur zu sehr dürfe er sich nicht blamieren.
Jaqleen bewegte sich wie ein Chamäleon um den Felsvorsprung herum. Hob den Laser und zielte auf das Quecksilbererz das auf der anderen Talseite Ihr ins Auge gefallen war. Sie würde die Leistung diesmal noch weiter drosseln. Auch auf die Gefahr hin zweimal schiessen zu müssen, das Risiko musste Sie eingehen. Anstatt ruhig zu bleiben schoss sie gleich sobald Sie die Erzader im Blick hatte. Der Leichte Laser verfehlte zum Teil die Ader und schmolz den daneben natürlichen Kupferflecken zu einem Spiegel. Mist, Daneben. Oder doch nicht? Erstaunt registrierte Jaqleen dass der Mech sich darauf zubewegte. Entweder hatte der Pilot den Laserschuss verkehrt herum gesehen oder reagierte jetzt auf die frisch entstandene Spiegelung. Die Sonne reflektierte eine dreieckige Fläche von etwa 50 cm. Kantenlänge genau aufs Cockpit des Mechs. Im Schutze der blauen Dunstwolke die der Mech aufwirbelte bei seiner Landung schlich Sie geduckt und sehr langsam in dieser blauen Nebelbank. Da so gut wie keine Luft ging blieb diese auch hartnäckig und bescherte Jaqleen einen Streifen in dem sie unentdeckt agieren konnte. Immer gesetzt den Fall, dass Sie sich nicht zu schnell bewegen würde und der Farbnebel nicht nachlassen würde. Den Boden suchte sie gründlich ab, wie ein Mensch der seine Kontaktlinsen verloren hätte. Nach einer gefühlten Ewigkeit fand sie endlich was sie suchte, Neben der Wolke des Kupferbromids hatte sich aus dem Boden etwas vom Quecksilberfulminat herauskristallisiert. Langsam fast mit Zeitlupenbewegung griff sie mit der Klaue nach den erdnussgrossen Kristallen um den Nebel nicht zu sehr wabern zu lassen. Sie sammelte eine Handvoll ein und öffnete das Bein Fach mit der unförmigen Wollmütze, liess die Kristalle langsam in die Unterseite der Mütze rieseln und fing an mit der Klauenhand sachte die Steinchen darin zu zerstossen. Die Mütze gab Flüssigkeit ins Innere ab und die Steinchen verwandelten sich in eine Breiige Masse. Sie wusste, dass Teile ihrer Mütze in diesen Brei hineingingen und sich auflösten. Ihre Position wollte Sie noch nicht verraten. Jaqleen schaffte es. Der Mech war noch 5-7 Meter entfernt. Und die Wolke kam bis einen Meter an das rechte Bein heran. Ihr Ziel war aber der Andere Fuss für die bestmögliche Überraschung. Zufrieden mit der Knetmasse jonglierte sie den Klumpen in der rechten Klaue. Mac Lain würde sich ausrechnen können was Sie im Schilde führte aber dieser Teuteburg war Ahnungslos und das war Ihr Vorteil.
Teuteburg kniff die Augen zusammen. Etwas blitzte wo vorhin nichts war. Seltsam. Die Anzeigen waren alle unbrauchbar. Vorsichtig liess er den Mech gerade stehen und streckte seine ausmodellierte Hand in die Richtung der Reflexion. Mit der Faust hieb er auf den grellen Lichtfleck. Es war Stein, zu seiner Verwunderung war es geschmolzener Stein. Mit die andere Seite. Sie hat dich verarscht Rudi und du bist reingefallen wie ein dummer Junge. Er liess seinen Mech so schnell er konnte drehen und machte einen Schritt auf den Felsklumpen zu hinter der er die Elementarin vermutete. Ohne es zu ahnen stampfte er fast auf Jaqleen drauf. Sein rechter Mechfuss setzte einen Meter vor Jaqleen auf den Boden auf.
Jaqleen spürte die Erschütterungen und sah wie der Fuss die blauen Nebelschwaden zerschnitten. Der linke Fuss glitt über Sie hinweg und mit einem kraftvollen Schwinger klatschte die Elementarin grob abgemessen die Hälfte von dem zähflüssigen Klumpen an die Unterseite des Mechfusses und sprintete los. In den Rücken des Mechs. Teuteburg bemerkte Sie nicht als Sie Ihren Gefechtsanzug aus der blauen Wolke herausführte und in die nächste Nebelbank hineinhechten liess. Als er den rechten Fuss aufsetzte gab es einen grösseren Knall und die Sensoren am Fussgelenk vermeldeten verheerende Schäden in der Simulation.
«Woh woh wow, Du kleines Luder was machst du mit mir? Was soll der Scheiss. Hast du etwa eine Bombe gebaut oder bin ich gerade auf dich drauf getreten?» Entfuhr es Teuteburg. Die Lämpchen zeigten eine Fehlfunktion des Kniegelenkes der rechte Fuss war rot eingefärbt. Er fluchte herzhaft und zog den beschädigten Mechfuss wieder aus der blauen Suppe. Zog ihn nach hinten und liess seinen Mech auf die Knie gehen. Mit der linken wischte er durch die blauen Nebelschwaden, behielt aber das Gelände vor sich auch im Blick. Die Finger des Mechs hinterliessen tiefe Furchen im Gestein. Während dessen machte sich Jaqleen auf und klatschte an die Fussunterseite den Rest der Knetmasse, mit einem erneut gut gezielten Wurf. Mit dem Laser schoss sie wahllos auf irgendwelche Steinchen auf der rechten Seite und hoffte, dass diese sich bewegten und nicht nur schmolzen.
Da, eine Bewegung im rechten Seitenfenster, mit dem schweren Laser schoss er unter dem ausmodellierten Arm hindurch.
Es klappte, Teuteburg drehte seinen Mech in die vermeintliche Richtung. Weg von der Fahne. Jetzt zündete Jaqleen ihre Sprungdüsen und schoss geradezu auf die Fahne hin. Teuteburg blieb das völlig verborgen und wollte seinen Mech aufstellen. Als er mit dem linken Fuss wieder aufsetzen wollte knallte es erneut. Diesmal war Teuteburg so aus der Fassung dass er das Gleichgewicht des Mechs verlor und dieser auf den Rücken legte.
Jaqleen hatte das erste Hindernis geschafft. Die Flagge war erreicht. Der Mech hatte sie aus den Augen verloren und lag am Boden. Wie ein übergrosser Schuljunge der auf einer Banane ausrutschte sass der Mech auf dem Hosenboden.
Verschmitzt gestattete sich auch Arthur ein Lächeln. Was offenbar bei Rowan nicht so gut ankam. Dieser rümpfte nur die Nase und meinte verächtlich. Anfängerglück.
Mit der Flaggenstange in der Klaue zündete Jaqleen die Sprungdüsen und gelangte zum Nahkampffeld. An der linken unteren Ecke federte sie Ihren Fall mit einer kurzen Kontrollzündung ab und liess sich Zeit. Rammte die Fahne in den Boden und trat aus Ihrer Gefechtsrüstung heraus. Man sah ihr an, dass sie schon lange nicht mehr in Ihrer Gefechtsrüstung solche Manöver durchführte denn sie war doch recht verschwitzt, mehr als Arthur ahnte. Im Schatten eines Zeltes warteten die anderen auf Jaqleen. Sie standen von ihren Klappstühlen auf und traten ins Freie.

Rowan landete seine Gefechtsrüstung in der Mitte des Kampffeldes öffnete seinerseits die Visiervorrichtung und trat auf Jaqleen zu. Dabei hielt er in seiner Klaue eine Flasche mit kaltem Wasser und ein Tuch damit sich Jaqleen etwas erfrischen konnte. «Du siehst furchbar aus Jaqleen von den Schneeraben. Willst du noch weitermachen? Franeg?» «Pos. Ich werde Chevalier» -«Deine Beharrlichkeit ist löblich. Wähle nun deinen ersten Gegner im Nahkampf. Drei stehen zur Wahl. Gegen zwei musst du kämpfen um weiter zu kommen. Der dritte Gegner muss nicht antreten. Keine Waffen sind erlaubt. Hast du verstanden?» -«Pos, verstanden» entgegnete Jaqleen und griff dankend zum Handtuch mit dessen Hilfe sie Ihr Gesicht etwas trocknete. Das Wasser wollte sie zuerst ausschlagen, doch Rowan forderte sie auf es wenigstens zu nehmen. Keine falsche Bescheidenheit soll sie zeigen. Schliesslich wolle er nicht, dass ein Hitzschlag bei seinen Leuten zum Versagen drohe. So nahm Jaqleen auch wenn sie zögerte die Wasserflasche entgegen und trank etwas. Sie nahm sich vor das Wasser einzuteilen und verstaute die angebrochene Wasserflasche im Seitenfach mit dem Bombenentschärfungsetuis. Das Andere müsste sie nachher gründlich reinigen. Jaqleen streckte den Rücken durch und trat in die Mitte des Feldes. «Ich bin Jaqleen von den Schneeraben zwei von euch stehen mir im Weg ein Chevalier zu werden. Als erstes fordere ich euch Clyde Henderson von den MP» Der genannte verzog keinen Muskel als sein Name fiel. Henderson trat an Jaqleen heran. Seine Erscheinung war überwältigend. Würde es die Wahl zum Mr. Universe noch geben wäre er sicherlich ein heisser Kandidat. Seinen Körper hatte er gut durchtrainiert. Das Hemd spannte am Oberkörper sichtbar und die Muskulatur zeichnete sich ab. Die Hände hatte er einbandagiert. Seiner tiefen Stimme konnte man Gelassenheit aber auch Mitgefühl entnehmen. «Anwärterin Schneerabe, Ich hoffe es wird Sie nicht stören. Es ist nichts Persönliches. Für diesen Kampf bin ich Ihr Feind, sollten Sie mich besiegen so freue ich mich Sie künftig als Verbündete an der Seite der Chevaliers zu wissen.»
«Sehr freundlich von Ihnen Henderson von den MP, sollte ich obsiegen und ein Chevalier werden würde ich mich glücklich schätzen mit Ihnen zu trainieren.» entgegnete Jaqleen sanft und deutete eine Verbeugung an. Henderson hingegen deutete nur ein Nicken an, trat einen Schritt zurück und hob seine Hände in die Ausgangsstellung die man von allen Boxern von alters her kannte.
Rowan eröffnete den Ersten Kampf mit den Worten: «Möge der bessere gewinnen! Im ersten Kampf hat sich Jaqleen von den Schneeraben, Henderson Clyde von den MP gewählt. Kämpft!»
Sogleich schoss Hendersons Rechte in einem gestreckten Hacken in Richtung von Jaqleens Gesicht. Sie hob den linken Arm zur Abwehr und tauchte gleichzeitig mit dem Oberkörper nach rechts weg. Nicht sehr viel aber es reichte aus um den ersten Schlag auszuweichen. Jedoch machte sie einen Fehler. Sie drehte zu früh ein und bekam den rechten Arm von Henderson nicht richtig zu fassen. Als sie im 90 Grad Winkel zum MP stand liess er seine Linke Faust in die Seite der Elementarin schnellen und traf die Niere. Kurzzeitig verschlug es Ihr den Atem und zwang sie zu einem Ausfallschritt. Henderson liess ein kaum hörbares Sorry verlauten. Was Jaqleen wütender machte war nicht der Treffer sondern die Tatsache, dass sie es verpasst hatte ihn sauber aufzugabeln. Sie winkelte das Rechte Knie an und drehte sich wie eine übergrosse Ballerina im Uhrzeiger Sinn. Hendersons Rechte war noch immer ausgestreckt gewesen und so bekam sie den Arm auf der Höhe des Ellenbogens zu fassen. Mit dem linken Innenfuss fegte Sie Hendersons rechten Fuss von Hinten sauber vom Boden und liess den Boxer die Bodenhaftung verlieren. Gleichzeitig stiess sie sich vom Boden ab und schwang Ihren rechten Fuss in einer beeindruckenden Bahn über Hendersons Kopf ohne ihn zu treffen. Den linken Fuss versuchte Jaqleen unter dem fallenden Militärpolizisten hervorzuziehen blieb aber auf der Höhe des Brustkastens stecken. Henderson ruderte mit dem linken Arm unbeholfen und versuchte sich vom Boden abzustützen. Noch immer blockierte Jaqleen den anderen Arm und beide schlugen auf dem Untergrund auf. Henderson war trotz allem schnell und blockierte Jaqleens Fuss damit sie ihn nicht auf dessen Brustkasten schlagen konnte. Indem er gezielt auf die Wade der Elementarin einschlug. Jaqleen spürte jeden Schlag des MP biss aber die Zähne zusammen und keinen Ton verlauten. Sie steckte drei vier fünf Schläge auf die Wade ein erst dann konnte Sie den Arm einhaken und sich an Ihm hochziehen. Jaqleen blockierte weiter seine Linke und schaffte es sogar den rechten Fuss unter ihm hindurchzuziehen und ihn so frei zu bekommen. Die Drehung in die sie den Militärpolizisten versetzte benutzte dieser um die Elementarin abzuschütteln. Wie ein lebendes Katapult schleuderte er sie von sich. Zu seinem Leidwesen hatte sich Jaqleen darauf gefasst und anmutig wie ein Karakal sprang sie von Ihm weg. Sie bewies, trotz ihrer Körpergrösse eine Gelenkigkeit und Sprungkraft die man bei Ihr nicht vermutet hätte. Im Flug drehte sie sich wie dieses seltene terranische Tier und rollte über die Rechte Schulter ab.
Rowan stand reglos in seiner Gefechtsrüstung war aber zufrieden wie sich Jaqleen schlug. Er hätte nicht gedacht, dass Sie eine solche Beweglichkeit zu tage legte. Es bestand also durchaus die Chance seinen Stern zu vervollständigen. Wenn Sie den MP und noch jemanden besiegen würde.
Wie eine Katze lauerte Jaqleen auf den MP zu dessen Verwunderung liess sie ihn nicht nur aufstehen sondern auch seine Grundposition einnehmen. Rowan bemerkte, dass Jaqleen zwar das Bein etwas nachzog durch die Schläge des MP aber in Ihren Augen loderte das Feuer des Kampfes. Mit dem rechten Fuss tastete sich der MP langsam näher, aber auch Jaqleen nahm beide Hände hoch und hob beide im 45 Grad Winkel nach oben an blieb aber breitbeinig stehen. Effektvoll schob der MP den rechten Fuss vor, wartete kurz und zog den linken Fuss nach. Bis er knapp einen Meter vor Ihr hielt. Mit der rechten Faust wollte er schon auf die teilnahmslose Elementarin einschlagen als diese abrupt nach zur rechten Seite wegrutschte und wie zuvor mit dem linken Arm eine Ablenkende Bewegung ausführte. Wie schon zuvor setze Henderson mit einer schnellen linken nach, staunte aber nicht schlecht als Jaqleen ihren Fuss oberhalb seines Knies ansetzte, seinen rechten Arm weiterzog und Ihn über sich warf. Jaqleen schleuderte den MP über sich hinweg und sorgte dafür, dass er nicht ungespritzt in den Boden rammte indem sie den Arm des MP`s führte. Ein unsanftes Uhh bestätigte ihr, dass der Polizist wieder auf dem Rücken landete. Dieses Mal war Clyde vorbereitet und winkelte den freien Arm an als Jaqleen wie ein zuschnappendes Klappmesser auf Ihn drauf springen wollte. Seine Faust traf erneut unter der Rippe hindurch, diesmal setzte er den Treffer auf die Leber. Jaqleen liess sich auch hier nichts anmerken und verschränkte die Hände am Hals des Militärpolizisten zu einem Judo Würgegriff. Den einen Arm des Polizisten gegen Ihre Beharrlichkeit. Es war riskant. Pausenlos hieb er von unten gegen Ihren Körper aber irgendwann würde Ihm die Luft ausgehen. Ein Dutzend Schläge musste sie aushalten bis seine Hiebe deutlich an Kraft verloren. Sein Gesicht verfärbte sich von hellem braun in Tomatenrot. Er gierte geradezu nach Luft, aber Jaqleen war konsequent und beharrlich. Erst als er seine Faust nach aussen sinken liess fragte sie Ihn keuchend, denn die Schläge hatten auch Ihr zugesetzt. «Gibst du auf Henderson, frapos?» -«Ja» stiess er mit letzter Kraft hervor. Augenblicklich lockerte Jaqleen Ihren Griff bevor es Ihm schwarz vor Augen wurde. Rowan sah dass Jaqleen zu kämpfen hatte. Die Körpertreffer vom Polizisten hätten auch Ihn viel Kraft gekostet. Sie stand wankend auf biss auf die Zähne und schaffte es schliesslich sogar Henderson auf die Beine hochzuholen. Rowan rechnete nicht mehr damit dass sich Jaqleen für Grace entscheiden würde und machte Anstalten sie wegzuschicken.
Jaqleen hob die Hand und zeigte zu aller Verwunderung aber auf Grace brauchte aber einen Augenblick um sich zu sammeln. «Halt, nicht so voreilig. Geisterbär.!»
Grace stemmte die Fäuste in Ihre Hüften und spottete «Du kannst kaum gehen, übernimmst du dich nicht gerade etwas du Spottdrossel, frapos» - «Neg» keuchte Jaqleen und setzte hinzu «ich weiss was ich mache.» -«So soll es sein bis wir alle fallen. Ich Grace Geisterbär nehme die Herausforderung an.» Jetzt war sogar Rowan gespannt. Hatte Jaqleen vergessen dass sie bereits mehrere Treffer einstecken musste oder war sie so zäh wie sie vorgab. Sie streckte den Rücken durch liess den rechten Fuss langsam über die Kiesel gleiten bis sie etwa eineinhalb Schultern Abstand gewonnen hatte, zwischen den beiden Füssen gleichzeitig hob beide Hände nach vorne an wobei der linke Arm vor dem Körperzentrum Stellung bezog und der rechte beinahe gestreckt war. Die Finger streckte sie in den Himmel und legte diese dicht aneinander. Grace hob beide Arme ebenfalls wie ein Boxer vor das eigene Gesicht. Im Gegensatz zu Ihm jedoch waren Ihre Füsse um ein vieles flinker. Sie tänzelte geradezu an Ort und Stelle. «Komm her, du Vogel, ich reiss dir die Federn einzeln raus» blaffte Grace ihre Gegnerin an. Mit langsamen Schrittchen näherte sich Jaqleen ihrer Kontrahentin. Dabei bemerkte sie, dass je langsamer sie wurde desto ungeduldiger wurde Grace. Jaqleen wusste aber, dass Grace nicht so leichtsinnig war und eine Provokation zum Angriff, dazu hatte sich die andere Elementarin viel zu gut unter Kontrolle. So entschloss sich Jaqleen den Schlagabtausch zu eröffnen und ballte die linke Hand zur Faust. Keine Reaktion. Schön, dein Fehler. Dachte sich Jaqleen und liess die Faust gerade zum Schlüsselbein von Grace Geisterbär schnellen. Jaqleen wusste, dass es nicht viel bringen würde aber so konnte sie wenigstens grob die muskelbepackte Elementarin zur Reaktion zwingen. Diese liess sich nicht zweimal bitten. Kaum hatte Jaqleen den Schlag ausgeführt kam die Antwort in Form eines Schwingers. Grace landete einen satten Treffer auf der Höhe des Wangenknochens und liess Jaqleen die Tränen in die Augen treten. Zum Glück war der Schlag in einem Bogen ausgeführt worden denn so wurde ein Teil der Schlagenergie abgelenkt durch den Aufprall. Hätte Grace gerade geschlagen wäre der Kiefer mit ziemlicher Sicherheit ausgerenkt worden. Jaqleen stolperte zurück und öffnete wie ein Adler seine Schwingen die Arme. Mit den Händen ahmte sie die Klauen nach und ging leicht in die Hocke. Grace setzte nach überwand die kurze Distanz und setzt mit der linken zu einem tief gezielten Schlag an. Fast simultan im Bewegungsablauf ballte Jaqleen ihre Rechte zur Faust und stürzte vor. Die linke benutzte sie um den Kopf zu schützen. Mit dieser Kampftechnik war Grace nicht vertraut und Jaqleen konnte sich für den Gesichtstreffer revanchieren indem sie die Kniescheibe der Geisterbärin mit der Faust traf. Ohne der anderen Elementarin Zeit zu lassen um sich vom Kniescheibentreffer zu erholen öffnete Jaqleen die Faust und zog den Hieb nach oben hin durch, erwischte den Kiefer und trieb der Geisterbärin Ihrerseits die Tränen in die Augen. Diese war so perplex, dass sie keinen Schlag abgab. Auch nicht als Jaqleen eindrehte und mit dem linken Ellenbogen den Solarplexus der Geisterbärin malträtierte. Ein tiefer Gurgler stimmte Jaqleen etwas besser und sie gestatte sich ein Lächeln. Grace stolperte nach hinten blieb aber auf den Beinen stehen hustete unschön und rieb sich die Tränen aus dem Gesichtsfeld. Jaqleen stellte sich Ihr in einer neutralen mönchsgleichen Position entgegen. Erst jetzt realisierte sie, dass sie an der Seite blutete und wischte sich das dünne Rinnsal von der Backe. Graces Schlag war wie PFC Cook richtig bemerkte auch abgelenkt sehr gefährlich. «Warum greifst du mich nicht an Schneerabe?» hustete Grace.
«Das wäre nicht fair dir gegenüber Grace Geisterbär. Frapos?»
«Neg.» spieh sie Ihr wütend entgegen, «du hast zu gewinnen und nicht fair zu kämpfen.»
«Neg. Geisterbär ein schneller Sieg mindert den Erfolg. Frapos?»
«Pos.» schritt Rowan ein. «gewährst du Grace Hegira? Trotz verbaler Attacken auf dich, Frapos?»
Jaqleen fühlte sich lebendiger denn je. Zwei Duelle gewonnen sie war fast am Ziel. «Pos, Hegira ist gewährt.»
Rowan nickte und brüllte aus voller Kehle: «Hegira wurde an Grace gewährt, du kannst dich ohne Ehrverlust aus dem Duell zurückziehen. Der Duellsieg geht trotzdem an dich Jaqleen von den Schneeraben. Du hast Ehrenvoll gekämpft und dir einen Platz in unseren Reihen verdient. Ruhe dich jetzt aus oder schreite zur letzten Prüfung voran.»
Jaqleen verneigte sich ehrfürchtig vor Grace und Rowan ging zu Ihrer Gefechtsrüstung und wischte sich das Blut von der Wange. Griff nach der Getränkeflasche und trank einen gierigen Schluck, der die Flasche bis zur Hälfte leerte. Ihre grösste Sorge war es, das im Kampf ihre Hände verletzt werden würden oder zitterten. Nichts kein Zittern und auch kein Treffer.
Von den 45 Minuten für das Mienenfeld benötigte sie 30 bis sie dem Einheitspriester das Paket übergeben konnte. Sie entschärfte eine Claymore nach der anderen, ignorierte die eingegrabenen Taser, beziehungsweise kappte deren Verbindungen und markierte diese mit Fähnchen.
Arthur war stolz auf Jaqleen und hätte sie nicht so fest geblutet oder sich die Rippen gehalten hätte er Sie umarmt. Stattdessen beschränkte er sich auch wenn es ihm schwer fiel auf ein Lobesregen. Als der Einheitspfarrer von seinem Klappstuhl aufstand gab er die Sicht auf die Kühltruhe frei. Mit einer einladenden Handbewegung forderte er die geschundene Elementarin auf sich zu bedienen. Ohne sich zweimal bitten zu lassen tauchte Jaqleen ihren Kopf ins Eiswasser. Der Geistliche schaute dem Spektakel entgeistert zu. Decaroux lachte aus vollem Herzen, und hielt sich den Bauch. Auch Mac Lain schmunzelte. Während der Pater O`Hierlihy etwas unbeholfen nach einer für Ihn logischen Erklärung suchte.
Nach Luft ringend japste Decaroux: «PFC Schneerabe, der Einheitspriester meinte die Dosen. Ich kann nicht mehr, huhuhu, ach wie köstlich haha.»
Nach drei Minuten im Tauchbad der Kühle wandte sich Jaqleen an Mac Lain, «Arthur, was ist ein Shopping Trip? Au meine Wange.. Erkläre mir bitte was ist gemeint wenn man sagt unter vier Augen?“ Pater O`Hierlihy fing sich schnell genug um Ihr die Antworten auszuführen. «Fräulein Schneerabe, eine Schoppingtour ist eine Kombination zwischen Spazieren und für Männer meistens planloses Einkaufen, es ist eine Tradition bei Frauen und unter vier Augen ist eine Redensart der Inneren Sphäre. Und bedeutet wenn sich zwei Personen untereinander austauschen. Im Privaten miteinander reden.»
«Verstehe, danke Pater.» entgegnete Jaqleen langsam.
Nachdem sich auch Decaroux einigermassen gefangen hatte beglückwünschte er Jaqleen zur Aufnahme in den Stern der Elementare. Auch Rowan liess so etwas wie Stolz durchblicken, dass Jaqleen es geschafft hatte. Er äusserte sich sogar fürsorglich, indem er Jaqleen vorschlug die Platzwunde an der Wange erstmal verbinden zu lassen. Der einzige der etwas brummig wirkte war Leutnant Bishop, Seine Pioniere hatten sich so viel Mühe gemacht und nicht eines der Kunstwerke war detoniert. Auch Teuteburg kam hinzu, dem Mech wären einige Panzerplatten verbogen und die Software der Laserkontrolle sei abgestürzt. Beim Fall auf den Hintern hatte sich sogar die Funkantenne verbogen. Aber es sei sonst alles okay. Nichts was sich nicht mit einem Bier für Ihn korrigieren lassen würde. Decaroux lud alle in seinen Jeep ein, setzte den Einheitspriester vor seinem Büro ab, fuhr Jaqleen zum Arzt bei dem die Elementarin sich zuerst sträubte danach aber still hielt und fragte warum man bei Ihr eine völlig verbogene Nadel gebrauchen würde.
OSA Summers wollte sich Mac Lain nochmal vornehmen um die Seelischen Narben aber Arthur wiegelte ab. Jaqleen Schneerabe wisse im groben Bescheid und für Decaroux wäre es nur eine Frage der Zeit bis er dahinter kommen würde. Psychisch hätte er sich im Griff. OSA Summers liess es fürs erste dabei bewenden. Drohte aber an, bei späteren Konsultationen von Arthur darauf zu sprechen kommen.
Damit Jaqleen sich etwas ausruhen konnte fuhr Decaroux sie in die Gästeunterkunft und mit Mac Lain weiter zur Werkstatt.
Im Gegensatz zu vielen anderen Gebäuden der Kaserne war die Werkstatt bereits ein älteres Gebäude. Früher wurden in dem zweistöckigen Betonklumpen Edelmetalle aus der Region gesammelt und eingeschmolzen. Chemikalien veredelt und diverse Gegenstände gefertigt. Vom Uhrwerk bis zu Automobilkabel wurde hier alles hergestellt. Der Verwaltungstrakt war ein Gläserner Aufsatz auf dem Betongebäude. Das man aus Architektonischer Überlegung in einem Winkel von 15 Grad schräg auf das bestehende Beton Gebäude oben aufgesetzt hatte. Dem Architekten war es nicht nur wichtig gewesen mit dem Stil des Betons zu brechen sondern auch mit der Landschaft. Und so überragte nicht nur eine schiefe Glasscherbe das Gebäude, sondern war auch noch Windschief gebaut. Architektur war eben Geschmacksache. Das Personal der Werkstatt bestand meist aus Planetaren Fachkräften mit Zugangsberechtigung. Die Söldner hatten vermutlich gewisse Konzessionen gemacht an die Bevölkerung und Arbeitsplätze geschaffen. Decaroux hielt einen kurzen Plausch mit dem Gebäude Manager und dem Chef des Werkschutzes. Arthur bekam einen Visitier Anhänger an die Uniform gepinnt und Decaroux ebenfalls. Wobei die des Sicherheitsoffiziers Ihn auch als solches auswies. Mit Foto, Personalien und Fingerabdruck.
Sie mussten relativ lange suchen bis Sie die Reparaturabteilung gefunden hatten. Der entsprechende Mechaniker stellte sich als älteren Draconier heraus. Der wohl schon immer in dieser Firma arbeitete. Wegen seiner Frau die aus der Konföderation Capella geflohen sei konnte sich Arthur mit Ihm auf Chinesisch unterhalten. Eine halbe Stunde später machte Arthur einen einfachen Test, am Hammer des älteren Herren. Kurzerhand spülte er die Kuppe des Ingenieurshammers ab. Feinste Abriebe des Minerals reagierten sofort und ein Knall erfüllte die Werkshalle wie wenn ein Schweissgerät eine Rückzündung haben würde. Decaroux war sichtlich nervös, auch weil er als Beobachter nur zusehen konnte. Als der Hammer qualmte wurde es ihm zu bunt. «Mac Lain, erklären Sie mir das bitte mal in einer Sprache die Ich verstehe? Ich muss einen Zwischenbericht abgeben.». Der betroffene schnaubte, diese Berichte an Major Fokker gingen ihm langsam auf den Zeiger. Er fügte sich und nahm den Leutnant zur Seite. «Also was ich bisher aus dem netten Herren herausbekommen habe ist folgendes: Er ist eigentlich schon viel zu alt für diese Arbeit. An dem besagten Tag half er bei der Verladung einer Druckerpresse und mehrerer Stangen Stahl. Ich gehe davon aus, dass er den Unterschied von einer Magnesiumstange und des Silberstahls schlichtweg nicht mehr durch das Gewicht unterscheiden konnte. Sie müssen mit dem Werksleiter reden, der alte Mann ist ein guter Mechaniker aber körperlich am Ende. Das Beste wäre es ihm die Ausbildung von Lehrlingen anzuvertrauen.». «Wollen Sie, PFC Mac Lain, allen Ernstes behaupten, es besteht die Möglichkeit eines Versehens?» Decaroux sprach langsam und mit Bedacht. Denn die Entwicklung in diese Richtung gefiel Ihm so gar nicht. Es gab keinen eigentlichen Schuldigen. Ein Versehen oder eine unglückliche Verkettung von Zufällen würde auch Major Jara Fokker an die Decke befördern. «Sir, ich bin mir nicht sicher, aber die Möglichkeit für diese Alternative müssen wir leider, so leid es mir tut, als Variante in Betracht ziehen.» Decaroux stampfte mit dem rechten Fuss auf den Boden «Teufel nochmal Mac Lain, warum? So können wir dem Major keinen Schuldigen vor die Füsse werfen. In Ordnung mit dem Werksleiter spreche ich. Aber… ich sag Ihnen eins. Major Fokker werden SIE informieren. Und wo sind die restlichen 20? Gramm Schwarzpulver abgeblieben. Ich steh kurz davor eine totale Verriegelung auszurufen Mac Lain.»

Plötzlich wurde Mac Lain nachdenklich und murmelte « Decke, vor die Füsse werfen? Lieutenant wir brauchen sofort Rowan Geisterbär in seinem Anzug vor den Unterkünften. Er soll die Sensoren auf Kaliumnitrat kalibrieren. Die Rückstände werden den Schuldigen schon finden können. Sofern noch was da ist.»


Jara fluchte leise. Decaroux letzte Nachricht war alles andere als Erfreulich. Ein überarbeiteter alter Mann hat dazu geführt, dass die Küche für einen halben Tag ausgefallen ist, dem Koch das Mittagessen um die Ohren geflogen ist und was weitaus schlimmer war. Sie wusste nicht wie sich abreagieren.


Jaqleen war zufrieden mit Ihrer Leistung, Sie war wieder Elementar. Anerkannter Elementar. Mit einem dicken Eisbeutel den Sie in einen Strumpf wickelte und um den Bauch schlang pinselte Sie die Comicmaus mehr schlecht als recht auf die Schulterpartie Ihres Gefechtsanzuges. Trank eisgekühlten Schwarztee und erfreute sich, dass Sie etwas anderes auf den Anzug pinseln konnte. Sie staunte aber nicht schlecht, als von einem anderen Gebäude Sergeant Geisterbär in seiner Kampfmontur an Ihrer Veranda vorbeibrauste. Lange konnte sie Ihm aber nicht nachschauen. PFC Cooks Fahrstil war weitaus interessanter und so freute sich Jaqleen auf die Unterstützung der jungen Stabssoldatin beim Eröffnen eines Kontos. Die junge Asiatin neben Caroline musste Cao sein, vermutete Jaqleen. Sie beschloss die Pinsel auszuwaschen und für heute fertig zu machen. Obwohl Sie erst die Ränder der Comic Maus fertig hatte.
Caroline hatte Cao zwar vorgewarnt, dass Jaqleen etwas eigentümlich aussah, nach der Eignungsprüfung aber selbst sie wusste nicht, dass Jaqleen zu OSA Summer gehen musste um die Wange zu nähen. Doch die grosse Elementarin wiegelte ab. Es sei nur halb so schmerzhaft wie es von aussen den Anschein mache. Beschwichtige die Elementarin. Senior Tech Cao stellte sich höflich vor und bot an bei der Anbringung der Comic Maus zu helfen. Bei Ihr im Hangar würde das schneller gehen und zudem seien alle Farben verfügbar. Nach einer kurzen Einweisung in den Hangar indem zur Abwechslung Cao mal fuhr war Jaqleen überrascht, die Halterung für Elementare noch an Mac Lains Mech zu sehen. Cao beschwichtigte die Elementarin, dass der Durchgeknallte Bombenleger nicht vorhabe an der Konfiguration etwas zu ändern, Sonst hätte er es Ihr ja schliesslich gesagt.
Auf die Frage ob sich Cao auch mit den ganzen Währungen auskenne pfiff Cao anerkennend, Jaqleen hatte nicht nur C Bills über die Jahre angesammelt sondern auch eine Respektable Menge an Lyranischen Kroner, Rashalaagischen Krona, draconische Ryu und sogar einige Cappellanische Yuan befanden sich in den dicken Couverts von Jaqleen. Die Lyranischen Kronen würden wie auch die Cappelanischen Yuan ein grosses Problem werden mit dem Gutschreiben auf die Konten. Cao aber erbarmte sich der überforderten Elementarin und bot an, falls die Bank die Yuan nicht nehmen würde, diese zu einem guten Wechselkurs der Elementarin abzukaufen. Die Ryu würden in diesem Gebiet kein Problem sein. Cao wollte noch etwas Puder auf die Gesichtszüge von Jaqleen tupfen um die Blessuren zu kaschieren, diese aber wegerte sich vehement. Es seien die Zeichen eines Ehrbaren Kampfes.
Zwei Stunden später war Jaqleen Schneerabe stolze Besitzerin zweier Konten, ganz klassisch, versicherte Ihr der Filialleiter, auch wenn der Schalterbeamte erst die fremden Währungen nicht akzeptieren wollte. Mit einem bisschen weiblichen Charme von Caroline Cook, die sich für Jaqleen verbürgte konnten sogar die Lyranischen und Rashalaagischen Krona zu einem respektablen Kurs umgerechnet werden. Auf den Yuan wäre Sie sitzen geblieben wäre nicht Cao so kulant gewesen die Scheine zu tauschen. Als Jaqleen schliesslich die C-Bills auf den Tresen legte damit diese gezählt werden konnten, blieb sogar der Filialleiter sehr ruhig. Jaqleen hatte mehr als eine dreiviertel Million C-Bills angesammelt und damit genug auf dem Konto um einen neuen Kampfanzug kaufen zu können.


Rowan begrüsste die beiden näher kommenden Chevaliers. «PFC Mac Lain, was verschafft mir diesmal die zweifelhafte Ehre ihrer Anforderung?» -«Ich brauche die verbesserten Sensoren Ihres Gefechtsanzuges Sergeant Geisterbär. Dürfte ich Sie bitten die Unterkünfte der Mannschaften nach Bengalsalpeter zu scannen. Chemische Formel : KNO3»
Decaroux war überrascht «Mac Lain, Sergeant Geisterbär soll für Sie zum Spürhund werden?». Der angesprochene zuckte nur leicht mit den Schultern. «Haben Sie eine bessere Idee?» -«Nein momentan auch nicht.» gab Decaroux resigniert zu. Rowan war nicht gerade begeistert mit einem Hund verglichen zu werden, nahm aber die Sensoränderungen vor um die Mac Lain ihn gebeten hatte. Es dauerte geschlagene 10 Sekunden bis Rowans Sensoren winzige Partikel von dem Bengalsalpeter am Boden erfassen konnten. Auf Rowans Frage hin warum Mac Lain nicht Jaqleen angefordert hatte entgegnete dieser ihm, dass er Jaqleen eine kleine Pause gönnen wollte damit Sie sich von Ihrem Einstellungstest ausruhen könne.
«Löblich Mac Lain, aber unnötig, Schneerabe hat so viel ich gesehen habe ihren Kampfanzug um lackiert oder versucht es zumindest auf der Gästeveranda.» gab Rowan zurück. Er versuchte noch zu eruieren wie nahe Mac Lain an Jaqleen Schneerabe stand. Nicht die Freundschaft beunruhigte ihn sondern eher Gefühle die eine Art Abhängigkeit schufen befürchtete er. Falls Rowan gezwungen wäre Jaqleen mal auf eine heikle Mission zu schicken und sie sich mal nicht melden würde, Mac Lain in seinem Mech durchbrennen könnte um Ihr zu Hilfe zu eilen.
Die Partikelspur nach mehreren Irrläufen und Sackgassen schliesslich zur Gemeinschaftsstube des 2. Platoons viertem Trupp unter dem Kommando von Angelina Bakerford. Genauer gesagt erst zum Einheits-Aufenthaltsraum danach ins Bad und von dort aus weiter zum 6 - er Zimmer welches aber nur von drei Privates und einem Corporal bewohnt wurden. Decaroux führte hitzig einige Telefonate um Bakerford ans Telefon zu bekommen und beorderte umgehend die Bewohner und Sie selbst zur Unterkunft, eine Zimmerdurchsuchung musste zwingend mit den Bewohnern durchgeführt werden. Decaroux war auch nicht untätig gewesen, er beorderte zwei MP’s vor das besagte Zimmer um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Corporal Mac Lark sowie die Privates Brenneisen, Liu-Yubao und Collins machten alle das gleiche Gesicht versteinert und mit einer Mischung aus Unbehagen und Scham, denn wie üblich hatte das Grüppchen unterlassen Ihr Zimmer vorschriftsgemäss aufzuräumen. Wofür Sie von Bakerford schon mal den ersten Rüffel kassierten. Eine Standpauke war aber nicht das einzige was zumindest einem der Herren blühte. Das dämmerte Bakerford augenblicklich als Sie die beiden MP’s sah. Unter dem Druck der Beweislast brach schliesslich die Fassade von Brenneisen zusammen und unter Tränen gestand der 21-jährige, dass er es war der das Schwarzpulver in den Nudelsalat kippte. Der Koch Ryback hätte im Rocking Roughnecks damit angegeben, dass sogar Schwarzpulver schwächer sei als sein Pfeffereintopf.
Ohne Verständnis zu zeigen liess Decaroux dem jungen Waffen, Gürtel und sogar die Schnürsenkel abnehmen und Handschellen anlegen. «PFC Brenneisen, Ich verhafte Sie wegen Mutwilliger Zerstörung, leicher Körperverletzung in mehreren Fällen, Gefährdung des Truppenverpflegungskörpers, Diebstahl, Schädigung der Moral und dem missbräuchlichen Einsatzes von Sprengstoffen. Wenn es nach mir ginge würde ich Sie sofort aus der Einheit werfen, aber es wird eine militärgerichtliche Anhörung geben. So wollen es unsere Vorschriften, erlassen von Germaine Danton. Alles was Sie sagen kann und wird im Gerichtsverfahren einfliessen. Falls Sie noch einen Funken Selbstachtung haben, Private, setzen Sie ein Schreiben auf, welches einem Geständnis am nächsten kommt! MP’s schafft Ihn in die Arrestzelle, Einzelhaft mit Papier und Stift.»
Als alle vor Decaroux salutierten und sich verabschiedeten, wandte sich Rowan an Mac Lain, «Für einen Spährer, Mac Lain sind Sie recht pfiffig, das muss ich Ihnen lassen. Die Einstellung der Sensoren werde ich abspeichern, ich danke Ihnen für diese Praktische Lehrstunde.» Ungläubig sah Mac Lain dem Elementar noch nach als dieser wieder zur Einstellhalle loslief. Vielleicht war dieser Rowan doch nicht so ein Arsch wie er anfangs dachte. Er wusste, wie schwer es einem Elementar fiel ein Kompliment zu äussern.
Für den Bericht liess Decaroux Mac Lain in sein Büro an einen altertümlichen Computer. Dieser war nur mit einer Festplatte einem antiken Schreibprogramm und einem Drucker verbunden. Irgendwoher zauberte Decaroux zwei Tassen und einen grossen Pot in dem er Tee aufbrühte. Es dauerte drei Chargen von dem Gebräu dass Decaroux Tee nannte bis Mac Lain den Bericht angefertigt hatte. Der Bericht würde Jara zwar nicht wirklich gefallen, aber es war die Wahrheit und nur diese zählte.


„Eine Verkettung unglücklicher Umstände also?“
Jaras Augenbrauen wölbten sich über ihrem nachdenklichen Blick und es war für Außenstehende schwer einzuschätzen, ob sie kurz vor der Explosion stand oder wirklich konzentriert die verschiedenen Optionen durchspielte.
Mac Lain, der angespannt und beunruhigt vor ihr stand, schien auf ersteres zu warten, während er ansetzte, um seine Erklärung zu wiederholen: „Ma’am, ich halte einen menschlichen Fehler für sehr wahrscheinlich. Der Arbeiter hat…“
„Jaja“, unterbrach sie ihn scharf. „Ich habe Decarouxs Berichte gelesen und ihre Ausführungen verstanden, Private. Ich bin nicht ganz so blöde, wie manche denken.“
„Es war nicht meine Absicht, Ihnen…“
„Ruhe!“, blaffte sie, offensichtlich verärgert. „Geben Sie mir doch mal zwei Minuten zum Nachdenken!“
Sie rieb sich mit den Fingern der linken Hand die Nasenwurzel und kniff die Augen zusammen, wie um Kopfschmerzen verjagen zu wollen. Schließlich seufzte sie, warf einen Blick auf ihren mit Dokumenten überladenen Schreibtisch und schüttelte leicht den Kopf.
„Ich wusste, dass Sie Ärger und Arbeit bedeuten“, grummelte Jara, allerdings jetzt ohne den schneidenden Tonfall in der Stimme. „Wenn Sie hier schon auftauchen und einfach so gravierende Sicherheitsmängel aufdecken, dann können Sie auch ebenso gut helfen, die zu schließen, frapos?“
Der Clanausdruck war ein gutes Indiz dafür, dass Jara reif für den Feierabend war, aber Mac Lain, gewohnt an das Zusammenleben mit einer Elementare, überhörte den Fauxpas: „Ma’am, ich scheine momentan ein gutes Händchen für Sonderaufgaben zu haben. Ich sehe nicht, wieso ich nicht noch eine weitere erledigen sollte.“
„Wunderbar“, entgegnete die junge Frau und verzichtete darauf, auf den leichten Sarkasmus einzugehen. „Ich erwarte von Ihnen einen ausführlichen und detaillierten Bericht zu dem gesamten Vorfall. Schreiben Sie ihn so, dass ich ihn verstehen kann. Ablauf der Tat, ihre Vermutungen zur Absicht und dem Handeln der einzelnen Beteiligten, Auswirkungen, Schadensrechnung. Und ich möchte ganz unbedingt Ihre Einschätzung darin lesen, wie wir so etwas in Zukunft verhindern können. Nach Ihrer Leistung hier, traue ich Ihnen zu, dass Sie das in drei Tagen schaffen und ich Sie damit geistig nicht überfordere. Liege ich damit korrekt?“
„Ja, Ma’am. Ich denke schon. Sie haben den Bericht in spätestens drei Tagen auf dem Tisch.“
„Ein Traum.“ Sie musterte den Schotten eindringlich, als wäre sie nicht ganz sicher, was sie mit ihm weiter anfangen sollte.
„Sie sind viel zu pfiffig für Ihren Posten und Ihren Dienstgrad, wissen Sie das?“
Mac Lain schien nicht so recht zu wissen, was er antworten sollte, ohne die Mannschaftsdienstgrade falsch oder schlecht darzustellen, also entschied er sich für Abwarten und Schweigen.
„Ich würde Sie sehr gerne in den Stab versetzen“, fuhr Jara fort, während ihre Gedanken Form annahmen. „Sicherheitsbereich, eventuell MP oder Gegenspionage. Sie sind hochintelligent, exzellent in Ihrem Studienfeld und extrem anpassungsfähig in Stresssituationen. Sie könnten mit den Voraussetzungen extrem schnell die Karriereleiter hochfallen.“
„Ma’am, ich bin in erster Linie Mechkrieger. Ich würde sehr gerne Mechkrieger bleiben.“
Jara zuckte mit den Schultern: „Das ist Ihre Entscheidung, Private. Ich gebe Ihnen aber eine Denkaufgabe mit. Sie können Mechkrieger bleiben und nach einiger Zeit Corporal werden, vielleicht Sergeant, wenn Sie sich als Führungskraft eignen. Oder Sie wechseln in meinen Stabsbereich, werden sofort Sergeant und später höchstwahrscheinlich Offizier. Mehr für den Geldbeutel und mehr Arbeit für Ihren hochbegabten Kopf. Denken Sie darüber nach und geben Sie mir Ihre Antwort zusammen mit dem Bericht ab.“
Sie überlegte kurz und setzte dann noch nach: „Und glauben Sie nicht, dass ich auf Ihre Expertise nicht zurückgreife, bloß weil Sie als Mechkrieger in Ihrer Lanze voll eingebunden sind. Wegtreten!“
Nachdem Mac Lain ihre Büro verlassen hatte, trat Jara ins Vorzimmer zu Corporal Laage, ihrer Adjutantin: „Corporal, seien Sie bitte so gut und flitzen Sie zum S1. Ich möchte, dass die dort eine Änderung für Private Mac Lains Vertrag vorbereiten und zwar Folgendes…“


«Mac Lain, wie kannst du der Lanze nur so etwas antun?» wetterte Teuteburg es ist zum Mäuse melken, stiess es Teuteburg durch den Kopf als er Jara’s neuestes Memo für seine Aufklärungslanze in Händen hielt. «weitestgehend eingebunden in Strategische Belange, Sicherungsarbeiten, befreit von Scout Einsätzen während der meisten Zeit auf fremden Terrain. Dienst und Weiterbildungsplan ist mit dem S2 Stab von Major Fokker abzustimmen, weitestgehend befreit von Gruppenübungen und sportliche Aktivitäten sind so zu legen, dass PFC Mac Lain auf Abruf des S2 Stabes, der Gegenspionage oder Lt. Decaroux abgezogen werden kann.» …. «Ist nur in absoluten Notfällen ohne Flügelmann durch feindliches Gebiet zu schicken, Mann Mac Lain, entweder sind Sie der neue Liebling von Major Fokker oder Sie haben Ihr dermassen ans Kniegelenk Ihres Mechs uriniert, dass Sie für immer Ihre Briefmarken ablecken müssen.» Teuteburg ging im Aufenthaltszimmer auf und ab, grollte und schmollte. «Wie zum Geier soll ich dich in den Gruppenplan einbinden, wenn du für andere Abteilungen abrufbar sein musst? Besser noch, ich darf dich ja nicht alleine rumschicken, Keine Extratouren reiten lassen und sollte ich dich mal irgendwohin schicken muss ich einen Mobilen Kugelfang zur Hand haben? Wie soll das bitte gehen, du hast nun einmal ein SCOUT Mech, der bewegt sich nun mal ob es Major Fokker passt oder nicht etwas weiter vorne als Ihr Timber Wolf. Möge Ihre Dreckswanne Cellulite in Form von Hagelschaden bekommen.»

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Verrückt, aber noch lange kein Professor.

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Auf der Heimatwelt der Shimatse, Numki, hatte der Befehl gegolten, aus Sicherheitsgründen immer in einer Stärke von zehn Mann unterwegs zu sein. Obwohl das Klima in Militär und Bevölkerung den Söldnern gegenüber sehr wohlgesonnen und der Aufenthalt kurz gewesen war, hatten diese Zehnergruppen eine gute Gemeinschaft gebildet, in denen einer auf den anderen aufgepasst hatte, wie es sich gehörte.
Und dann waren sie nach Darius gekommen, und der Hausherr Odaga hatte verlangt, dass die Gruppen, die abseits der Kaserne Zerstreuung suchten, nicht größer als acht Leute sein durften. Das bedeutete, dass jeweils zwei Mann übrig waren. Im Fall von Tai-ming Koshina waren das AsTech Garland Jefferson und sie selbst. Sie waren die Dienstjüngsten in ihrer alten Gruppe, deshalb hatten sie mit anderen Elendigen aus anderen Gruppen, denen das Gleiche widerfahren war, eine neue aufmachen müssen. Aber so freundlich sie auf Numki behandelt worden waren, so sehr war ihnen fast schon offene Feindseligkeit auf Darius entgegengeschlagen. Tai-ming wusste nicht so recht, was für ein Problem die Draconier von Haus Odaga ausgerechnet mit der Einheit hatten, die nicht nur den geheimnisvollen Gegner aufspüren, sondern ihn auch gleich vernichten sollte, wenn sich die Höllenhunde dafür stark genug fühlten. Aber das Klima auf dieser Welt war, um es vorsichtig auszudrücken, angespannt. War es das schlechte Gewissen? Vielleicht. Oder pure Arroganz? Vielleicht auch.
Jedenfalls, sie und Garland waren nun Teil einer neuen Gruppe, und immerhin waren die Bosse schlau genug gewesen, dem kleinen Partykommando einen Sergeant als Autorität mitzugeben. Was wohl auch zwingend notwendig war, denn die „Glücklichen“, die bereits die Kaserne hatten verlassen dürfen, hatten davon berichtet, dass ihnen mit Feindseligkeit und Schikanen begegnet worden war, von Seiten der Polizei wohlgemerkt, die ihnen recht deutlich gemacht hatte, wie weit sie das Umfeld der Kaserne hatten verlassen dürfen. Das ging soweit, dass die Polizisten den Söldnern quasi auf den Füßen standen, je weiter sie sich von der Kaserne entfernten.
Das Klügste wäre natürlich gewesen, dass nun überhaupt kein Höllenhund mehr die Kaserne verließ, um Haus Odaga keinen Vorwand für was auch immer zu liefern, aber sie hatten gerade mehrere Wochen im Weltall verbracht, und kein Kommandeur konnte es sich leisten, seinen Truppen ohne zwingenden Grund auf einer geeigneten Welt keinen Ausgang zu geben. Also hatte Scharnhorst genau das getan, wenn auch mit Bauchschmerzen. Und einem Sergeant für die neue Gruppe, um möglichen Schaden zu begrenzen.

Da waren sie also, acht Leute, die einander teilweise nicht so gut kannten, in das gekleidet, was sie Zivilkleidung nannten, auf dem Weg in ein kleines Abenteuer.
Neben Tai-ming und Garry, den sie als ruhigen, vielleicht zu ruhigen Mann mittleren Alters kennengelernt hatte, waren dies noch MedTech Elisa Cranberry, eine ruhige, gesetzte Person; der erwähnte Sergeant Wim Volkers von der Infanterie, der sie ein wenig bei der Hand nehmen würde, ein lauter, polteriger kleiner dicker Mann, der sehr gerne lachte; Chadrik Kuno von der Heli-Wartungseinheit, ein kleiner Trunkenbold, der aber dankenswerterweise leiser statt lauter wurde, wenn er was tankte; Mia McFarlane, zivile Mitarbeiterin im Stab, irgendwas zwischen aufgekratzt und graue Maus; Dean Senler, PFC von der Infanterie, ein baumlanger Kerl mit der Kraft eines Jungbullen, aber dem Temperament eines herzkranken Ochsenopas; und natürlich Juanita Koslowski, die hiesige Klassenschönheit, die „die Gelegenheit ergriffen hat, mal neue Gesichter zu sehen“, wie sie selbst erklärt hatte, warum sie sich freiwillig für eine Gruppe der Übriggebliebenen gemeldet hatte, was ihrer extrovierten, herzlichen Art entsprach. Tai-ming hatte sie beinahe sofort nicht gemocht. Sie war die Art Frau, die sie selbst gerne gewesen wäre.
Das war jetzt also die Truppe, mit der sie jedes Mal, wenn sie Ausgang hatte, die Kaserne verließ und auch wieder betrat. Die Menschen, denen sie ihr Leben anvertrauen musste, und deren Leben ihr anvertraut waren. Bei der angespannten Lage war ihr das gar nicht recht, aber es war besser, als tatsächlich in der Kaserne zu bleiben und darauf zu warten, dass die hiesigen Ermittlungen abgeschlossen waren.

„Na, na, Schatz, was machst du denn für ein Gesicht?“, rief Juanita und hängte sich an ihren Arm. „Es wird schon noch lustig werden. Kenny und Drake haben mir gesagt, dass man sich im Hyakuman Osake trotz allem gut amüsieren kann.“
Weder ihr Gesichtsausdruck noch ihre Laune wurden besser, als sie die kleine Rothaarige ansah. Die Sportsbar, deren Name übersetzt „Zehntausend Sorten Sake“ hieß, lag innerhalb der Bannmeile, die die Höllenhunde nicht verlassen durften, relativ nahe der Kaserne, was wenig Polizei versprach. Und immerhin hieß es, selbst der Alte habe dort schon gespeist und Spirituosen verköstigt.
Sie kannte das Kombinat recht gut, wenn auch aus zweiter Hand, deshalb war sie nicht müde geworden, die anderen, zum Beispiel ihre alte Gruppe, darauf hinzuweisen, dass es auf dieser Welt „wir gegen die“ hieß. Die ganze Stadt war, wahrscheinlich auf Wunsch des Grafen, gegen die Höllenhunde. Auch wenn man im Hyakuman Sake freundlich zu ihnen war und ihre C-Noten annahm und ordentlich verrechnete, bedeutete das nicht, dass sie dort sicher waren. Oder auf dem Hinweg. Oder auf dem Rückweg. Oder in der Kaserne. „Ich will einfach nur noch runter von dieser Welt“, murrte sie, machte aber keine Anstalten, ihren Arm wegzuziehen.
„Ach komm schon, Tai-ming. Wir trinken ein paar heiße Sake, essen gebratene Ente, bis wir platzen, und dann kippen wir uns Manchoi-Bier drauf, bis der Pegelzeiger in den Augen bis zum oberen Rand vollgelaufen ist. Das wird Spaß machen.“
Widerstrebend folgte Tai-ming der Richtung, in der die Klassenschönheit sie zog. Dabei kam sie sich ein wenig so vor wie der Klassenprimus, der von einer seiner Bewunderinnen von den Studien weg ins wahre Leben gezerrt wurde. Der Gedanke belustigte sie ein wenig.
„Na also. Mit einem Lächeln siehst du auch gleich so hübsch aus wie immer“, sagte Juanita zufrieden. Mit Tai-ming im Schlepp schloss sie wieder zu ihrer Achtergruppe auf.
Mia McFarlane lachte gerade aus vollem Halse über einen Witz von Sarge, dann murmelte sie etwas und ließ sich nach hinten fallen. Neben Tai-ming angekommen hängte sie sich an ihren anderen Arm und lächelte. „Ich habe bisher fünf gesehen“, sagte sie im Tonfall einer Verschwörerin.
„Fünf was?“, fragte Tai-ming.
„Fünf Geheimpolizisten, die uns überwachen, Schatz“, sagte Juanita.
Verblüfft sah Tai-ming die beiden Frauen an, bevor sie selbst lachen musste. „Ich habe mittlerweile einundzwanzig gezählt.“
Die beiden Frauen sahen die Chinesin erstaunt an.
„Ja, was denn? Denkt Ihr wirklich, die Odagas lassen hier so viele Zivilisten rumlaufen, wenn wir doch die bösen Söldner sind?“
„Klingt plausibel“, sagte Mia.
„McFarlane, wo bleibst du?“, kam es von vorne vom Sarge.
„Bin ja schon da, Dicker!“, rief sie fröhlich zurück und löste sich wieder von Tai-ming. „Wir sitzen zusammen mit Ellie, okay?“
Juanita nickte zustimmend. „Frauenreihe, wie besprochen.“
„Wi-hiiim!“, flötete Mia und stöckelte wieder an die Spitze zu Volkmer.
„Na wenigstens eine hat hier gute Laune“, sagte Kuno, der vor ihnen ging.
„Als wenn es dir um gute Laune geht. Du willst doch nur was trinken“, stichelte Juanita den AsTech.
Kurz wandte sich Chad Kuno und grinste. „Ich weiß da wer noch.“
„Unverschämter Kerl“, erwiderte sie, aber nicht wirklich in einem verärgerten Ton.
„Manchmal“, sagte Kuno und lachte.

Das Lokal kam schnell in Sicht. Es war nur drei, vier Handgranatenwürfe entfernt. Das war der Vorteil der „Einschließung“, wie es im Jargon der Höllenhunde hieß.
Sie betraten den Laden und fanden einige Tische besetzt. Die Sportsbar richtete sich hauptsächlich an die Arbeiter im Viertel, hatte aber „das kann ich mir nur einmal im Monat leisten“-Preise, sodass es auch nicht ungewöhnlich war, neben den Arbeitern Vorarbeiter, Angestellte und Abteilungsleiter zu sehen. Höllenhunde waren keine da, was bedeutete, dass sie in einem der anderen beiden Läden waren, die in ihrer Einschließung existierten.
Ein Kellner empfing sie mit ausgesuchter Höflichkeit, fragte sie auf Japanisch nach ihren Wünschen und führte sie dann zu einem Séparée, ausgestattet mit Sitzkissen und einem Kniehohen Tisch.
Während sich die Höllenhunde platzierten, alle vier Frauen auf der einen Seite, die Männer mit den Rücken zum Schankraum, nahm der Kellner die erste Bestellung auf.
Im Lokal spielte eine Musicbox belanglosen Draconis-Pop von einem Möchtegernsternchen mit allerdings recht angenehmer Stimme.
Es dauerte nicht lange, da bekamen sie ihre Getränke gebracht. Es waren große Pintgläser mit hellem und dunklem Bier. Tai-ming nahm ihres mit beiden Händen entgegen und freute sich über das kalte Glas. Es schien gut temperiert zu sein.
„Du kannst ja doch lächeln“, neckte Mia. „Na dann pass mal auf, bis du die Karte siehst, dann musst du breit grinsen.“
Tai-ming fühlte sich etwas überrumpelt, aber sie fühlte, dass sie den Tiefpunkt überwunden hatte. Ja, ihr stand der Sinn danach, sich möglichst gut zu amüsieren. „Wir werden sehen, Mia.“
Allerdings hatte sie auch schon viel Gutes von der Karte gehört; allein die Getränkekarte umfasste zwar keine zehntausend, aber doch genug Sake-Sorten, um eine ganze Woche betrunken zu sein.
Nachdem sie die ersten Schlucke getrunken hatten, lockerte nicht nur Tai-ming merklich auf. Der Sarge lachte mindestens dreimal laut und hell auf über etwas, was ihm Dean Senler ins Ohr flüsterte, Garland studierte mit sichtlichem Vergnügen die Karte, und sogar Elisa Cranberry flirtete aus heiterem Himmel mit Chadrik Kuno.
Der Kellner servierte die zweite Runde, und Tai-ming bestellte sich zwei verschiedene Sake, die sie interessierte. Die Preise waren gesalzen, aber nicht gesalzen genug, immerhin hatte sie zwei Wochen ihren Sold nicht ausgeben können. Dazu brachte er die Speisekarten, eine ständige und eine temporäre, und empfahl von dieser „Kani“. Krabben. Das ließ sich Tai-ming nicht zweimal sagen. Gut gelaunt bestellte sie eine doppelte Portion, was den Mann auflachen ließ, höflich und freundlich. Dann bat er sie, doch erst mal eine Portion zu bestellen, und die Küche würde ihr, wenn sie wollte, eine weitere Portion zubereiten, sie sei recht groß, und die Küche würde bis Mitternacht warm bleiben.
Das war natürlich eine Herausforderung für die Höllenhunde, und bis auf den Sarge, der keine Meeresfrüchte mochte, bestellten alle „Kani“.

Nach der dritten Runde Bier und den beiden kleinen bauchigen Sake-Flaschen, die sie sich mit Juanita geteilt hatte, und es waren zwei sehr interessante, gegensätzliche Sorten gewesen, kam das Essen. Die Portion war wirklich groß, und Tai-ming verstand, dass die Preise nicht halb so gesalzen waren, wie sie gedacht hatte. Sie machte sich mit Heißhunger über ihre Portion her, brach auch die Beine auf und zog das Muskelfleisch hervor. Dann aß sie noch Mias Krabbenbeine auf, die sich nicht so recht rantraute und bekam auch noch von Dean Senlers zweiter Portion die Beine, weil es zu schade gewesen wäre, sie umkommen zu lassen. Kurz und gut, als sie die vierte Runde Bier bestellten, hatte Tai-ming richtig gute Laune.
Mia erhob sich von ihrer halb aufgegessenen Portion und zog ein paar Münzen hervor. „Ich mache mal Musik.“ Also ging sie zur Musikmaschine und studierte die Auswahl. Nach dem Einwurf von ein paar Münzen kam sie zurück und ließ sich zufrieden nieder. Die Musik wechselte nach dem nächsten Lied vom jetzigen Sternchen zu einem älteren Sternchen, das bereits im Vierten Nachfolgekrieg populär gewesen war.
„Ach, komm, du hast jetzt aber nicht Noriko angemacht und gleich ein Dutzend Lieder bestellt“, maulte Elise.
„Es sind nur drei. Du kannst ja rüber gehen und selbst Geld einwerfen, auch wenn ich nicht glaube, dass sie Glowie and the Starfishes haben“, konterte sie.
Tai-ming kicherte in sich hinein. Sie amüsierte sich großartig, und die Gruppe war nicht annähernd so schlimm, wie sie befürchtet hatte.

Ein anderer Gast, offensichtlich gut situiert, einen Geschäftsanzug tragend, war an die Jukebox getreten und hatte Geld eingeworfen und verschiedene Schalter gedrückt. Dann sprach er einen vorbei kommenden Kellner an. Der redete mit ihm, aber nicht zur Zufriedenheit des Mannes. Kurzerhand riss er den Stecker aus der Steckdose und brachte die Musik zum Verstummen. „HEY!“, entfuhr es Mia.
„Ganz ruhig, Mäuschen“, sagte der Sarge, „ist doch nur Musik. Lass dich nicht ärgern.“
Das brachte sie wieder runter. Derweil stöpselte der Mann die Musikbox wieder ein, aber sie machte dort weiter, wo sie unterbrochen worden war. In der Folgezeit zog der Geschäftsmann mehrfach den Stecker und stöpselte ihn wieder ein, aber die Jukebox war unbestechlich. Schließlich gab er es auf und ließ den Stecker draußen. So ging er wieder zu seinem Tisch zurück.
Mia erhob sich, aber Tai-ming griff nach ihrer Hand. „Nein, Schatz.“
„Ich will doch nur die Musik wieder einstecken.“
„Ich weiß, Schatz. Lass es.“
Ihr Blick war irritiert. Aber Tai-mings fester Griff und ihre klaren, warnenden Augen brachten sie schließlich dazu, sich wieder zu setzen. „Okay. War sowieso eine miese Klangqualität.“

Es verging einige Zeit, dann stöpselte ein Kellner wieder ein und die Musik kehrte zurück. Dabei schenkte er ihrem Tisch einen erhobenen Daumen, was Mia und Juanita mit Applaus und Pfiffen kommentierten. Dann kam es, wie es kommen musste. Der Geschäftsmann trat wieder auf, diskutierte mit dem Kellner und wurde dabei immer aufgeregter. Schließlich kam sogar ein älterer Herr dazu, der einen graublauen Kimono trug und ein strenges Gesicht hatte. Er schnappte hart gegen den Mann, der dabei puterrot wurde und sich schließlich entschuldigend vor dem älteren Herrn verbeugte, bevor er sich wieder setzte. Die Musik blieb an.
Der ältere Herr trat in Begleitung des Kellners an ihren Tisch und stellte sich als Papa Sango vor, den Besitzer der Sportsbar. „Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit, ehrenwerte Gäste?“, erkundigte er sich.
„Danke, es ist alles zu unserer Zufriedenheit“, sagte der Sarge. „Sie haben hier einen wirklich tollen Laden. Das Bier ist kalt, das Essen ist sehr gut. Wir werden Sie weiterempfehlen.“
„Sie ehren mich und mein bescheidenes Etablissement“, sagte Papa Sango. Er verneigte sich vor ihnen höflich, und, so fand Tai-ming, etwas zu tief und etwas zu lange. „Kenji, bitte bringe den Herren eine Runde Bier auf Kosten des Hauses. Darf ich die Damen zu einem leichten Pflaumenwein verführen?“
Die Ladies nickten nacheinander und bedankten sich, und Papa Sango verließ ihren Tisch wieder, um sich wieder zurückzuziehen, während ihr Kellner die Getränke holte, die der Hausherr ausgegeben hatte.

Dann passierte, was Tai-ming erwartet hatte. Der renitente Gast nutzte die Abwesenheit Papa Sangos und ihres Kellners und kam zu ihnen herüber. „Sarge, er kommt“, raunte sie Volkers zu.
Die Miene des erfahrenen Infanteristen wurde ernst. „Niemand sagt einen Ton, niemand sieht ihn an. Ist er allein?“
„Da stehen noch ein paar Kerle auf, aber sie kommen nicht zu uns herüber.“
„Kannst du ein Tattoo erkennen?“
Tai-ming schüttelte den Kopf.
„Gut. Ich rede mit ihm. Und egal was er uns sagt, wir bleiben ruhig.“
Der Mann erreichte ihren Tisch. Ohne sich vorzustellen oder auch nur einen Gruß auszusprechen, stieß er einen japanischen Fluch aus, der äußerst despektierlich war. „Ihr Doitsu-jin Johei haltet euch für etwas Besonderes, eh?“
Tai-ming spannte sich etwas an, aber Mias Hand legte sich auf ihr Knie. Logisch, sie wusste ja auch nicht, dass die japanische Bezeichnung für Söldner im Kombinat eine Beleidigung war.
„Kommt auf unsere Welt, stromert hier rum, das gute Geld von ComStar verbrauchend, das anderswo besser investiert wäre, stellt hier alles und jeden in Frage und verdächtigt sogar unseren Landesvater, hinter diesen grausamen Angriffen zu stecken – anstatt endlich zu den Geisterbären zu fliegen und die wahren Schuldigen zu suchen!“ Er wandte sich Volkers zu, der sich nun zu ihm umwandte. „Man könnte fast meinen, dass Ihr und Scharnhorst versucht, die Verbrecher entkommen zu lassen, Usotski.“
Tai-mings Hals spannte sich an. Er hatte sie Lügner genannt. Und er hatte ihnen vorgeworfen, mit dem Feind zu paktieren.
Volkers lächelte höflich. „Mein Name ist Gun-so Volkers Wim von den Höllenhunden. Hajimemashite. Mit wem habe ich die Ehre?“
Ta-Ming war erstaunt. Das war ein kluger Schachzug vom Sarge gewesen, denn dadurch, dass er sich vorgestellt hatte, zwang er den Geschäftsmann, sich auch vorzustellen. Andernfalls beging dieser eine sehr grobe Unhöflichkeit.
„Ich muss dreckigen Doitsu-jin Johei nicht meinen Namen geben“, stieß er hasserfüllt hervor.
„Dann“, sagte der Sarge, „ist diese Unterhaltung beendet. Bitte verlassen Sie uns.“ Demonstrativ wandte sich Volkers wieder um und widmete sich seinem Bier.
Die Hand des Geschäftsmann krallte sich in seine Schultern. „Ich lasse mir diese Unhöflichkeit von euch Dorei nicht gefallen!“, blaffte er.
Tai-mings Hand krampfte sich um ihr Bierglas. Der Mann hatte sie gerade Sklaven genannt. Nun legte auch noch Juanita eine Hand auf ihre Schulter, um sie davon abzuhalten, etwas Unbedachtes zu tun.
Der Sarge blieb vollkommen ruhig und trank einen langen Zug von seinem Bier.
Da wurde der Geschäftsmann unsicher. Er sah von einem zum anderen, aber alle ignorierten ihn. „Ihr seid euch wohl zu fein, um mit mir zu reden, was, Ihr arroganten Bastarde!“, blaffte er. Dabei schüttelte er die Schulter Volkers kräftig.
„Okyaku-san“, klang nun die Stimme von Papa Sango neben ihnen auf, „ich muss Sie bitten, meine anderen Gäste nicht länger zu belästigen. Bitte gehen Sie zu Ihrem Tisch zurück.“
Diese Worte wirkten wie eine kalte Dusche auf den Mann. Er sah auf zu Papa Sango, und sein Gesicht wurde ein wenig bleich. „Natürlich, natürlich. Wir haben nur geredet“, sagte er in einem beschwichtigenden Tonfall.
„Ich habe nur Sie reden gehört, Okyaku-san, und das auch nur sehr laut“, sagte der Inhaber eisig. „Gehen Sie jetzt!“
Unter dem eisigen Blick zuckte er heftig zusammen.
„Bitte entschuldigen Sie diese Unhöflichkeit. Dieser Mann ist kein regulärer Gast, und das wird er auch nicht werden“, sagte Papa Sango. Höflich verneigte er sich. „Bitte gestatten Sie mir, Sie alle wegen dieser Ungefälligkeit zum Essen einzuladen.“
Der Sarge erhob sich und verneigte sich seinerseits. „Es ist kein Leid geschehen und es bedarf keiner Entschuldigung Ihrerseits, Papa Sango. Wir verbringen hier einen sehr schönen Abend.
„Nein, oh nein. Bitte gestatten Sie einem alten Mann die Freude, Sie und Ihre Kameraden zum Essen einzuladen.“
„Dazu besteht absolut keine Veranlassung, Papa Sango. Aber wenn Sie noch eine Runde Bier spendieren möchten...“
Da lachte der Inhaber. „Eine neue Runde Bier. Natürlich. Ich lasse es sofort bringen.“

Der Geschäftsmann hatte sich derweil nur ein paar Schritte fortbewegt, und als Papa Sango den Tisch wieder verließ, murmelte er mehr zu sich selbst: „Und jetzt kriegen diese Kriminellen auch noch einen ausgegeben.“
Böse sah der Sarge zu ihm herüber. Es gab für alles eine Grenze, und hätte Dean ihn nicht an der Schulter ergriffen, wäre er wohl diesmal explodiert.
„Na, was kann man auch erwarten von den Soldaten dieses Massenmörders Danton.“
„Bleib hier, Sarge!“, sagte Dean und drückte den Mann auf sein Sitzkissen.
Tai-ming japste nach Luft. Sie war erst zu den Höllenhunden gestoßen, als sie sich bereits als eigenständige Einheit auf den Weg zu ComStar gemacht hatte, aber sie hatte genug gehört und genug erfahren, um zu verstehen, wie der Stand Dantons in der Einheit war. Ihn persönlich zu beleidigen war ein Tiefschlag für alle Höllenhunde, und ein illegaler Leberhaken war es auch noch.
Der Geschäftsmann grinste, als er merkte, dass er die Ruhe der acht Söldner durchbrochen hatte.
„Ja, ja, Danton, der Feigling, er und seine hässliche Kinderbraut auf diesem fernen Dreckball, was soll man da von diesem Geschmeiß, das ihm folgt, erwarten...“
Tai-ming wäre beinahe explodiert, und ihr lagen sehr viele scharfe Worte auf der Zunge, aber es war Elisa, die sich in einer fließenden Bewegung erhob, den Tisch verließ, dem Geschäftsmann hinterher ging, ihn herumriss und ihm eine Ohrfeige verpasste, die sich gewaschen hatte.
Der Schlag war so hart, dass der Mann zu Boden stürzte und benommen liegen blieb.
Elisa wandte sich mit einem empörten Schnaufen wieder ab und ging zum Tisch zurück. Auf Volkers vorwurfsvollen Blick hin sagte sie: „Was zuviel ist, ist zuviel. Ich hätte Cindy nie wieder in die Augen sehen können.“
Die Begleiter des Mannes, augenscheinlich kleine Angestellte, waren aufgesprungen und kümmerten sich um den benommenen Mann. Einer verließ das Lokal hastig.
Papa Sango kam wieder in den Schankraum, in Begleitung von fünf Kellnern und Köchen. Er ließ sich kurz die Lage schildern, dann sagte er mit verhärteter Miene: „Sobald er wieder gehen kann, verlasst Ihr mein Lokal. Ihr habt Hausverbot.“
Die Männer protestierten, aber Papa Sango war unerbittlich, und seine Leute standen hinter ihm wie eine Mauer.
Die Tür öffnete sich, und der Mann, der hinausgestürzt war, kam zurück, in seiner Begleitung ein Polizeioffizier. Mit hektischen Gesten deutete er auf den Gestürzten und dann auf die Söldner und redete auf den Mann ein.
Papa Sango kam hinzu und sagte auch etwas, aber der Draconier winkte ab. Er trat an den Tisch heran. „Mich interessiert hier nur eines, Doitsu-jin Johei-tachi: Wer hatte den ersten Schlag?“
Elisa Cranberry hob die Hand. „Ich habe ihn geschlagen. Ich habe...“
„Das interessiert mich nicht. Sie alle werden mich aufs Revier begleiten. Bleiben Sie, wo Sie sind, bis meine Leute eintreffen.“
Erneut redete Papa Sango auf ihn ein, aber der Polizist wollte nicht hören.
Es vergingen etwa fünf Minuten, dann kam ein zehnköpfiges Kommando ins Lokal, umstellte den Tisch und griff hart und ruppig zu. Sie zwangen die Höllenhunde, die Hände auf den Rücken zu nehmen und fesselten sie mit Handschellen. Dann forcierten sie sie zum Aufstehen. Schließlich wurden sie aus dem Lokal abgeführt. Tai-ming bekam dabei mehr als einen Ellenbogen in die Seite, und einmal bekam sie die Stirn eines Polizisten aufs Auge, was dieser mit einem derben Fluch quittierte und ihn noch ruppiger zupacken ließ. Der Protest des Eigentümers verhallte ungehört.
Draußen erwartete sie ein Mannschaftsschweber, in den sie ebenso ruppig reingedrängt wurden wie sie am Tisch behandelt worden waren, dann fuhr der Schweber an und brachte sie fort. Die Länge der Fahrt zeigte deutlich, dass sie die Bannzone verlassen hatten.
Als sie ausgeladen wurden, geschah dies wieder recht ruppig, und obwohl die Höllenhunde keinen Widerstand leisteten, landeten die Schlagstöcke der Polizisten ein Dutzendmal auf ihnen. Dann sperrten sie sie in eine große Gemeinschaftszelle, in der schon ein Dutzend Männer einsaß, ohne ihnen die Handschellen abzunehmen. Aber der Sarge und Dean Senler bauten sich drohend vor den Einheimischen auf und machten ihnen klar, dass ab sofort eine Grenze durch den Raum ging, die diese Männer nicht überschreiten durften.

Gefühlt waren es Stunden, bis sich wieder etwas tat.
„Sind Sie das, Koshina?“, klang eine vertraute Stimme auf.
Tai-ming, die vor sich hingedöst hatte, schrak auf. „Tanigaki-sama!“ Tatsächlich, der planetare Erbe und Kommandeur der Miliz stand vor den Gittern. Neben ihm stand ein sichtlich eingeschüchterter hochrangiger Polizist. „Kommen Sie her, Koshina.“
Gehorsam erhob sie sich von der Bank und trat an das Gitter.
Der Tai-i musterte sie. „Ein blaues Auge.“
„Ich habe einen Schädel abgekriegt, als wir abgeführt wurden, Tanigaki-sama“, sagte sie.
„Ist das die Frau, die zugeschlagen hat?“, fragte er und deutete auf Elisa.
„Ja, Sir, das habe ich“, sagte die MedTech.
„Kommen Sie auch her.“
Gehorsam trat sie an die Gitter.
„Sie sehen ja noch schlimmer aus. Sie haben mindestens drei stumpfe Schläge ins Gesicht bekommen. Und das rechte Schlüsselbein sieht gebrochen aus.“ Er wandte sich dem Polizeioffizier zu. „Holen Sie sofort einen Arzt. Aber geben Sie mir vorher den Zellenschlüssel und einen für die Handschellen!“
Der bleiche Mann wurde kreideweiß, händigte die beiden Schlüssel aus und verließ dann im Laufschritt den Zellentrakt.
Tanigaki schloss die Tür auf und trat ein. Die einheimischen Männer verhielten sich dabei mucksmäuschenstill und versuchten, keine Aufmerksamkeit zu erregen.
„Drehen Sie sich um, Cranberry.“ Er schloss ihr die Handschellen auf. „Jetzt Sie, Tai-ming.“
Nach und nach befreite er alle Höllenhunde von ihren Fesseln. „Kommen Sie, das Revier hat eine Krankenstation. Dort werden wir Sie versorgen und anschließend zurückbringen.“ Er wartete, bis die acht Höllenhunde die Zelle wieder verlassen hatten, dann warf er einen mörderischen Blick in die Zelle und schloss wieder ab. Er trat neben Elisa schob sich unter ihren Arm und hielt sie fest an seiner Seite. „Ich muss zugeben, AsTech Koshina, ich bin enttäuscht von Ihnen. Ich hätte gedacht, dass Sie sich selbst und auch Ihre Freunde besser aus jeder Form des Ärgers heraushalten können.“
„Entschuldigung, Tanigaki-sama“, murmelte sie betreten.

In der Krankenstation setzte Tanigaki die MedTech auf die Behandlungsliege und verschaffte sich einen groben Überblick über ihren Zustand. Dann besah er sich die anderen Soldaten, aber nur Tai-ming war ähnlich schlimm zugerichtet. Die anderen hatten hauptsächlich blaue Flecken, und Juanita hatte es gar nicht erwischt. Stattdessen hatte sie ein paar Hände an Körperstellen gehabt, die nichts mit einer Verhaftung zu tun gehabt hatten.
Als der Arzt eintraf und sich um Elisa kümmerte, zog Tanigaki den Sarge und Tai-ming ein Stück zur Seite. „Was, zum Henker, ist überhaupt passiert? Sie haben doch den Bereich, den wir Ihnen zugewiesen haben, nicht verlassen, oder? Hat sich der Eigentümer beschwert? Hat jemand die Frau angetatscht? Wurde die Zeche geprellt oder das zumindest behauptet?“
„Es... Es war ein Zivilist, Tanigaki-sama“, sagte Tai-ming. „Er hat versucht, uns zu provozieren, aber wir sind ruhig geblieben, haben nicht reagiert.“
„Danach sieht mir das aber nicht aus. Sergeant, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?“
„Nun, Sir, die Verletzungen stammen alle von der Verhaftung durch Ihre Leute. Und es hat auch nur ein Mensch etwas getan, und das war Cranberry, und die ist eine MedTech, kein Teil der kämpfenden Truppe.“
„Und was genau ist passiert, dass sie vom Heilen zum Verletzen übergegangen ist?“, fragte Tanigaki mit einem spöttischen Ton in der Stimme.
Tai-ming räusperte sich vernehmlich. „Er hat Danton beleidigt. Er sei ein Feigling und seine Verlobte eine hässliche Kinderbraut. Da ist Elisa wohl der Kragen geplatzt.“
„Cranberry und Miko Tsuno, die Verlobte des Colonels, sind gute Freunde“, erklärte der Sergeant. „Allerdings ist sie mir nur zuvor gekommen, denn das, was er noch über unseren Colonel und über unsere Einheit gesagt hat, war sehr verletzend und abwertend.“
„Das rechtfertigt noch nicht den Rückzug auf Gewalt. Das Letzte, was ich auf dieser Welt haben will, ist eine rechtsfreie Zone, in der regelmäßig Prügeleien stattfinden, bis es die ersten Toten gibt!“, mahnte Tanigaki streng. „Aber ich kann verstehen, warum es passiert ist. Ich sorge dafür, dass alle Anklagen fallengelassen werden und stattdessen der Kläger einen kräftigen Schuss vor den Bug kriegt. Ihre Rechnung übernehme ich. Wo waren Sie gleich noch mal?“
„Im Hyakuman Sake, Tanigaki-sama“, sagte Tai-ming.
„Bei Papa Sango“, sagte er nickend. „Ich werde ihn heute Mittag persönlich befragen.“ Er sah ins Rund. „Meine Damen und Herren, auch wenn ich Sie verstehen kann, ich kann so ein Verhalten auch nicht dulden. Sie sind Gast auf dieser Welt und haben daher gewisse Rechte, darunter meinen persönlichen Schutz. Aber je öfter Sie den brauchen, desto mehr nutzt er ab. Sagen Sie Major Scharnhorst, dass er mir jetzt einen Gefallen schuldet. Im Allgemeinen mag ich es nicht, in Friedenszeiten unsanft geweckt zu werden, wenn ich den Schlaf brauche.“
„Ja, Sir“, sagte Volkers zerknirscht.
„Ja, Tanigaki-sama.“
„Und was Sie angeht, Cranberry...“
„Sir?“, fragte die Frau erschrocken, was den behandelnden Arzt derbe fluchen ließ, weil er gerade das gebrochene Schlüsselbein mit einem Verband fixieren wollte.
„Man hat mir gesagt, Sie haben den Mann so hart geohrfeigt, dass er K.O. gegangen ist.“
„J-ja, Sir, das ist so passiert.“
Anatoli Tangaki lachte laut auf. „Erinnern Sie mich bitte daran, immer auf Ihrer guten Seite zu bleiben, Cranberry. So eine Ohrfeige möchte ich persönlich nicht kassieren.“
Die junge MedTech wurde puterrot und sah verlegen zu Boden. „Ja, Sir.“
Der Tai-i schien jetzt bessere Laune zu haben. „Sobald Sie alle verarztet sind, fahren meine Leute Sie zur Kaserne zurück, nicht die Polizei. Ich rede mit Major Scharnhorst und sage ihm, dass die Dinge geregelt sind. Immerhin hat er mich wegen Ihnen aus dem Bett geworfen. Ach, und Tai-ming-chan, keinen Ärger mehr, okay?“
„Jawohl, Tanigaki-sama“, murmelte sie deutlich verlegen.
Der Tai-i sah noch einmal zur verlegenen MedTech zurück, musste noch mal breit grinsen und verließ dann mit einem Gruß den Raum.

Eine halbe Stunde später waren alle acht verarztet und durften das Behandlungszimmer verlassen. Auf dem Weg zum Kleinbus, der sie wieder in die Kaserne bringen sollte, standen die Polizisten Spalier und verneigten sich vor den Söldnern, eine laute Entschuldigung rufend. Es war offensichtlich, dass der Erbe des planetaren Throns ein ziemlich deftiges Machtwort gesprochen hatte.
Am Steuer des Transporters sah einer der MechKrieger des Tai-i, einer der Techs, die Tai-ming kannte, saß auf dem Beifahrersitz. Ein dritter Mann, ein Militärpolizist, öffnete ihnen die Rückbänke. Mehr Begleitung bekamen die acht Höllenhunde nicht, und keiner der drei Männer war bewaffnet.
Sie wurden zügig zur Kaserne zurückgefahren, und diesmal bekamen sie etwas von ihrer Fahrt mit. Nach etwas zehn Minuten durch die menschenleere, nächtliche Stadt kam die Kaserne in ihr Blickfeld, und schließlich fuhren sie durch das Haupttor ein. Dort wurden sie von Manfred Scharnhorst empfangen, der sich bei ihren Begleitern ausdrücklich bedankte.
„Seid Ihr schon behandelt worden?“, fragte er.
„Ja, Sir. Tanigaki-sama hat einen Arzt kommen lassen.“
„Gut. Dann ab in die Betten mit euch. Ihr habt Dienstfrei bis zum Mittag. Punkt dreizehnhundert will ich euch alle frisch gewaschen und satt im Besprechungsraum sehen, und dann will ich verdammt nochmal wissen, was überhaupt geschehen ist.“
„Jawohl, Sir.“
Mit einer gewissen Erleichterung atmete Scharnhorst auf. „Zum Glück ist ja nichts Schlimmeres passiert. Diesmal nicht. Weggetreten.“
Die acht Höllenhunde salutierten vor Scharnhorst, dann traten sie ab. Tai-ming bezweifelte allerdings, dass sie den Rest der Nacht schlafen konnte...

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Angry Eagles

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Clan Blood Spirit

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Kabah, Präfektur Bjarred, Militärdistrikt Albiero, Drakonis Kombinat
Landungsschiff DORNKAAT
13. Juni 3067, 14:00 Uhr

Für Chevalier-Verhältnisse war die Szenerie bizarr. Das mochte etwas heißen, denn in der Einheit passierten immer wieder die absonderlichsten Dinge. Ein Teil des Mechhangars der Dornkaat war aufgeräumt, nein, gründlich gesäubert worden und strahlte und glänzte, als wäre das alte und erprobte Landungsschiff fabrikneu. Über diesem penibel sauberen Teil des Hangars thronte ein schwerer Clan-OmniMech vom Typ Waldwolf, akkurat und frisch lackiert und ebenfalls auf Hochglanz poliert.
Davor ausgebreitet war eine Bastmatte, vor der eine Kamera auf einem Stativ stand. Hinter der Kamera stand Ivana Sanders, eine der besten Filmerinnen der randwärtigen Kombinatswelten. Rechts von ihr, mit einem Teleskopmikrofon locker in der Hand, wartete der Tontechniker Takashi Abe auf seinen Einsatz. Auf der anderen Seite stand ein stummer, kritisch blickender Corbin May und betrachtete die Szenerie.
Genauer gesagt, betrachtete er die junge blonde Frau, die mit kunstvollem Make-Up, sorgsam hochgesteckten Haaren und konzentriert ruhigem Gesicht in einem prachtvollen Seidenkimono auf der Bastmatte kniete und in die Kamera blickte.
Zu behaupten, Jara wäre sich in ihrer Aufmachung albern vorgekommen, wäre eine starke Untertreibung gewesen. Sie fühlte sich lächerlich, deplatziert und so unselbstständig und objektiviert wie lange nicht mehr. Ein beschissenes Gefühl, dass zu den beschissenen letzten Tagen passte.
Auf Bjarred war die Einheit aufgehalten worden, viel zu lange nach ihrem Geschmack. Der nächste Stopp, Stapelfeld, war ereignislos verlaufen, aber sie hatten auch die fehlenden Vorräte dort nicht auffüllen können. Und nun hatten sie Kabah erreicht und der Mangel an Medikamenten sorgte dafür, dass ihnen die Erlaubnis verwehrt wurde, ihre Landungsschiffe zu verlassen. Auf der Welt existierten Stämme eines hämorrhagischen Fiebers, gegen das die Einheimischen zwar mittlerweile immun geworden waren, dass aber natürlich auch nicht ausgeschleppt werden sollte. Ausnahmen waren nur unter extrem wichtigen Gründen möglich und selbst dann mussten alle Chevaliers achtundvierzig Stunden in Quarantäne verbringen, ehe sie an Bord der Landungsschiffe zurückkehren durften. Selbst Copeland und Jara hatten keine Freigabe für repräsentative Zwecke erhalten.
Dazu kam, dass die Stimmung in der Einheit schlechter geworden war. Zwei Wochen auf engstem Raum ohne große Ablenkungen und ohne die Aussicht auf Besserung nagten an der Moral der Chevaliers. Bisher hatten die Offiziere und Unteroffiziere die Lage unter Kontrolle, aber es rumorte unter den Soldaten und selbst Jara fand inzwischen keine wirklich sinnvollen Tätigkeiten mehr für ihre Kompanie, die über Training und Wartung hinausgingen.
Mays seufzendes Räuspern – ein akustischer Unmutsbeweis, den er in der Zusammenarbeit mit ihr perfektioniert hatte – riss sie aus ihren Gedanken. „Jara, du sollst nicht einfach nur stumpf in die Gegend starren, sondern entspannt in die Kamera schauen.“
„Tue ich doch!“, protestierte sie.
„Nein, das tust du nicht. Ich will dich meditativ darstellen, ausgeglichen, tiefenentspannt… nicht als einen abgestellten Roboter.“
„Ich bin doch völlig ruhig.“
„Ruhig, ja. Aber du bist nicht hier. Du bist nicht in deiner Mitte. Das ist nicht Zen, das ist irgendwas anderes.“
„Den Unterschied merkt doch keiner“, meckerte Jara.
May seufzte erneut: „Doch. Die Menschen im Kombinat, die Wert auf solche Gesten legen, merken das. Sie merken, wenn du nicht bei der Sache bist und dann werden sie den Clip nicht als Werbung, sondern als eine Beleidigung verstehen.“
Die Söldnerin verdrehte die Augen: „Aber das bin nicht ich. Ich kann mich nicht einfach hinsetzen und Buddha sein.“
„Buddha hat damit nichts zu tun“, verbesserte May sie. „Und du bist eine Adlige des Kombinats, es wird von dir erwartet.“
Jara, die nicht davon ausging, in der nächsten Zeit meditative Erleuchtung zu erleben, stand auf und sorgte dafür, dass Sanders von ihrer Kamera zurück trat, offenkundig froh darüber, eine Pause einlegen zu können.
„So ein Bullshit“, fluchte sie, völlig frei vom Wunsch, als feine Dame des Adels ernstgenommen zu werden. „Wenn ich meine Mitte finden will, dann geh ich zum Nahkampftraining oder spiel Gitarre. Aber beides kann ich knicken, wenn ich danach hier Püppchen spielen soll. Still sein und entspannen, das ist doch Blödsinn!“
May reagierte anders, als sie erwartet hatte. Anstatt ihr zu widersprechen, lockerte er seinen Körper etwas, drehte seine Handflächen leicht nach vorne, schloss die Augen und atmete ruhig und gleichmäßig ein und aus. Jara, die zwar nicht unbedingt eine Expertin für Entspannungstechniken war, aber ein gutes Gefühl für ihre Mitmenschen hatte, konnte förmlich sehen, wie die Unruhe und Unzufriedenheit von dem Journalisten abfiel. Mit jedem Atemzug veränderte er sich. Es war als würde der Stress und die Anspannung einfach aus ihrem Herausfließen.
Keine Minute später öffnete er die Augen wieder und jeglicher Stress, jeglicher Frust der letzten zwei Stunden Filmaufnahmen waren aus seiner Stimme gewichen. „Natürlich geht das“ lächelte er. Das war keine Provokation, kein Vorschlag, das war die Wahrheit.
Jara gab sich geschlagen: „Okay. Wie?“
„Ich praktiziere seit 15 Jahren Yoga. Hatha Yoga. Eine Mischung aus Meditation, Atemtechnik, Spiritualität, Selbstbetrachtung und Körperbeherrschung.“
Die Söldnerin musterte den Journalisten neugierig, nachdenklich und zum ersten Mal vielleicht ohne die Brille ihrer Vorurteile. Er war für einen Zivilisten relativ sportlich und körperlich präsent, das stimmte. Und Yoga… sie hatte natürlich davon gehört, aber das bisher als Hippie-Kram für esoterische Spinner abgetan. Wenn es ihr nicht half, jemanden im Nahkampf zu besiegen, dann war es sinnlos. Bis jetzt. Jetzt brauchte sie Techniken, um in der Diplomatie, in feiner Gesellschaft und der Politik die Ruhe und Würde zu wahren und einen klaren Kopf. Vielleicht…
Sie kniff die Augen zusammen: „Kannst du mir das zeigen und erklären?“
„Es braucht lange Übung, um einen Zustand der echten Entspannung zu erreichen“, wich May ihrer Frage aus.
„Ich lerne schnell“, beharrte sie.
„Es geht nicht ums Lernen. Es geht um das Entdecken und Loslassen.“
„Ich will es ausprobieren.“ Jara war es gewohnt, zu bekommen, was sie haben wollte.
Das hatte scheinbar auch Corbin May mittlerweile gelernt: „Wir können es versuchen.“
„Schön“, lächelte die junge Söldnerin. „Was brauche ich?“
„Bequeme Kleidung, die dich nicht behindert. Eine Yogamatte kann ich dir ausleihen. Zeit und Ruhe und einen Ort, wo etwas weniger Betrieb herrscht, als auf dem Rest des Schiffes.“
„Reicht ein Besprechungsraum aus?“
„Für zwei Leute sollte der Platz reichen.“
„Gut. Dann heute Abend um Zwanzig-Dreißig Terranormalzeit im Besprechungsraum Bravo“, entschied Jara, die sonst zu der Zeit bloß an ihrem völlig intakten Mech gearbeitet hätte und bereit war, ihre daran anschließende Freizeit zu opfern. „Wie viel Zeit soll ich mitbringen?“
„Wenn ich dir erklären soll, was Yoga ist und wie es funktioniert, dann wären zwei Stunden sinnvoll.“
„Gut gehandelt und akzeptiert.“ Jara blickte von May zu Sanders und dann zu Abe: „Wenn das hier irgendjemand aus der Einheit hört, dann kann ich meinen Ruf nur durch unnötig übertriebene körperliche Gewalt retten. Also bleibt das besser unter uns.“ Sie ließ offen, wie viel davon ernst gemeint war.
„Können wir dann noch die Einstellung mit der Gitarre drehen?“, wechselte May das Thema.
„Um Himmels Willen Nein!“, antwortete sie, beinahe fröhlich. Sie hatte ihr Lanzentraining für diese Filmerei ausfallen lasse müssen, aber ihr Flügeltraining mit Eliden würde sie sich nicht auch noch nehmen lassen. Der Junge brauchte die Simulatorstunden. „Ich muss jetzt wieder Soldat sein. Ich habe lange genug Starlett gespielt. Zwischendurch habe ich eine Kompanie zu führen und ein Regiment zu beaufsichtigen.“
Wenig später war sie abgeschminkt und umgezogen und auf dem Weg zu den Simulatorkapseln, als Kyle Kotare sie abfing.
„Jara, ich habe Befehle von Major Brennstein“, begrüßte ihr stellvertretender Kompaniechef sie.
„Ich bin ganz Ohr. Was will er denn?“
Der ehemalige Nebelparder zeigte ein leichtes Grinsen: „Das wird dir gefallen. Für das Mechbataillon ist heute eine Stubenkontrolle angesetzt. Der Major möchte überprüfen, ob sich alle seine Mechkrieger an die verschärften Auflagen halten.“
Die verschärften Auflagen hatte Jara zusammen mit Dr. Fleischer und dem Father erarbeitet und umfassten unter anderem ein Verbot von Alkoholika in den Quartieren, eine strengere Regelung zur Aufbewahrung von privaten Waffen und ähnliche Vorgaben, die verhindern sollten, dass die unausgelasteten Söldner in irgendeiner Art übereinander herfielen, zumal die Vorräte an verschiedenen Medikamenten zur Detoxikation, Empfängnisverhütung und Schlafunterstützung rationiert werden mussten.
Private Alkoholvorräte mussten beispielsweise in den Entspannungs- und Aufenthaltsräumen abgegeben werden und durften dort nur zu bestimmten Zeiten, in bestimmten Mengen und unter Kontrolle des zuständigen Küchenpersonals verbraucht werden.
Offiziere und der Spieß waren von der Regelung bisher ausgenommen, aber Jara hatte unmissverständlich klargemacht, was passieren würde, sollte ein Offizier der Chevaliers seiner Vorbildfunktion nicht ausreichend gerecht werden. Die Regeln waren auf wenig Gegenliebe gestoßen, bisher war größeres Klagen allerdings ausgeblieben.
Es stellte sich daher nicht nur die Frage, ob sich auch wirklich alle an die Vorgaben hielten, sondern es musste natürlich schon aus Prinzip auch auf die Durchsetzung gepocht werden. Schon alleine aus diesem Grund fand Jara die Idee ihres Vorgesetzten ganz bezaubernd und sie war entschlossen, diese Regeln – ihre Regeln – durchzusetzen.
„Das ist doch eine ganz wunderbare Idee“, antwortete sie lächelnd. „Dann sollten wird dafür sorgen, dass das auch was bringt. Streich die Arbeitszeit im Mechhangar und bau noch ein forderndes Nahkampftraining ein. Zieht das so lange durch, dass ihr danach die Zeit in den Aufenthaltsräumen streichen und die Kompanie gleich auf die Quartiere schicken könnt. Also Dienstschluss circa 2215, danach dann eine halbe Stunde Zeit zum Duschen und nach 2245 will ich niemanden mehr außerhalb der Quartiere sehen. Punkt 2300 machen wir dann die Kontrolle.“
„Verstanden“, bestätigte Kotare. „Ich setzte Miles in Kenntnis.“
„Sehr schön. Dann sehe ich euch heute Abend, fünf Minuten vor der Kontrolle, vor meinem Quartier.“


Kabah, Präfektur Bjarred, Militärdistrikt Albiero, Drakonis Kombinat
Landungsschiff DORNKAAT
13. Juni 3067, 20:55 Uhr

Corbin May war tatsächlich aufgetaucht und hatte zwei Yoga-Matten und eine Menge Informationen mitgebracht. Jara war es gewohnt, sich auf neue körperliche Erfahrungen einzulassen und auch sonst eine schnelle Lernerin und sie hatte interessiert zugehört, als er kurz die Geschichte des Yoga als Meditations- und Kräftigungsübung erklärt und einige Grundzüge der traditionsreichen Disziplinen des Yoga erklärt hatte.
Schwerer war es ihr gefallen, zu Beginn des gemeinsamen Trainings mehrere Minuten mit geschlossenen Augen auf dem Rücken zu liegen und ihrem Atem und ihrem Körper ein maximales Maß an Aufmerksamkeit zu schenken. Nicht, dass ihr die Selbstbetrachtung fremd gewesen wäre, aber die Dauer war ihr sehr viel länger vorgekommen und es war nicht leicht für sie gewesen, ihre Ungeduld im Zaum zu halten.
Als sie die ersten Figuren ausprobiert hatten, war sie überrascht davon, auf welche ungewohnte Art ihre Muskeln und Gelenke beansprucht worden waren. Sie war fordernden Sport gewohnt und hielt sich für durchaus leistungsfähig, aber diese Art von Belastung war ihr neu und sie bewunderte heimlich die scheinbare Leichtigkeit und Entspannung, mit der Corbin May die Positionen wechselte und gleichzeitig noch in ruhiger und gelassener Stimme erklärte, woraus es zu achten galt.
Jara hatte erst befürchtet, dass sie in der langen Trainingshose und dem engen Top, das sie ausgesucht hatte, frieren würde, aber schnell gemerkt, dass sie zumindest da nicht Gefahr lief. Gut, sie ging nicht an ihre körperlichen Grenzen und sie war auch gelenkig und dehnbar genug für die verschiedenen Stellungen mit den phantasievollen Tiernamen und als Mechkriegerin war auch ihr Gleichgewichtssinn mehr als ausreichend ausgeprägt, aber die Mischung aus Muskelanspannung, Atemübung und Balanceakt war definitiv anstrengender, als May es aussehen ließ.
Außerdem lenkte sie der Fakt ab, dass ihr zum ersten Mal auffiel, wie trainiert der Journalist eigentlich war. Seine Arbeitskleidung verbarg es normalerweise gut, aber jetzt, als er nur in Sporthose und T-Shirt vor ihr seinen Körper in alle möglichen Richtungen streckte, konnte sie nur zu gut die Konturen seiner Muskeln und Sehnen erkennen und das harmonische und anmutige Fließen seiner Bewegungen.
Sie sah, dass er körperlich hier in seinem Element war und wie sich Jahre der Übungsroutine mit einer tiefgreifenden Spiritualität zu einem physischen Gesamtwerk verbanden, das sie durchaus faszinierte.
Nicht zum ersten Mal, seit ihr das bewusst geworden war, riss ihre Konzentration und ein Zittern verriet die Unachtsamkeit.
„Denk an das Atmen. Ruhig und gleichmäßig, wie Wellen an einem Strand. Lass deinen Geist fallen, lass dich fallen“, erinnerte er sie geduldig.
Jara verkniff sich die bissige Antwort, die ihr auf der Zunge lag und folgte ihm in eine Figur, die seine Körperformen unterstrich und ihre eigenen Rundungen überdeutlich betonen musste. Warum wurmte es sie, dass er scheinbar überhaupt keine Notiz davon nahm? War sie es schon so gewöhnt, dass Männer sie ständig anstarrten, dass sie jetzt gekränkt war?
„Gleichmäßig atmen“, korrigierte May und erwischte sie – schon wieder – beim Abschweifen ihrer Gedanken. Warum zur Hölle bekam sie ihren verdammten Kopf nicht frei?
Die Stunde des gemeinsamen Training verging wie im Fluge und Jara ertappte sich trotzdem immer wieder dabei, wie sie die Bewegungen, die Ruhe und… den Körper des Journalisten musterte mit einer Mischung aus Respekt, Bewunderung und, ja, Begehren. Ihre soldatische Disziplin hinderte sie glücklicherweise daran, sich wie ein dummes Mädchen zu benehmen, aber irgendwo in ihrem Hinterkopf reifte, zwischen einigen derzeit sehr lauten und obszönen Zeitgenossen, der Gedanke, dass sie ganz möglicherweise einen gewissen Teil ihres Privatlebens in letzter Zeit vernachlässigt hatte.
Wenig überraschend konnte sie bei der abschließenden Meditationsübung ihren Geist nicht von sämtlichen Gedanken befreien, aber wenigstens schaffte sie es, relativ zügig ihre Atmung unter Kontrolle zu bekommen und ihren Ruhepuls wiederzufinden. An Kondition mangelte es ihr nun wirklich nicht.
„Es war eine lehrreiche Stunde“, bedankte sie sich bei May nachdem er die Übung für beendet erklärt hatte.
„Hast du Lust auf mehr bekommen?“, wollte er wissen.
Jara musste sich bemühen, die Worte nicht falsch zu interpretieren und ihren Impulsen freien Lauf zu lassen. Sie verfluchte ihre Menschlichkeit und riss sich zusammen. „Ich würde die Erfahrung gerne vertiefen“, gab sie zu. „Ich weiß nur nicht, ob ich die Zeit finden werde.“
„Sag Bescheid, wenn du weitere Übungseinheiten möchtest“, bot der Journalist ihr an. „Vielleicht lässt es sich noch einrichten, solange deine Einheit im Transit ist.“
„Ich schaue, was ich tun kann“, versprach sie und meinte es sogar ernst. Wollte sie wirklich wissen, woher ihr plötzliches Interesse an Yoga kam? „Aber nebenbei stehen noch so ein paar Dinge auf meiner Liste, die wichtiger sind“, fing sie ihre eigene Offenheit wieder ein. „Zum Beispiel unsere Filmerei. Womit geht es weiter?“
„Ich würde gerne die Gitarren-Szene noch filmen und dann möglicherweise deinen Sport. Was machst du da alles?“
„Frühsport nach dem Aufstehen und Kompaniesport am Nachmittag. Abends dann gelegentlich noch Nahkampftraining mit meinem Stellvertreter.“
„Gut. Dann hatte ich es richtig in Erinnerung. Ich würde gerne alles begleiten und davon eine Art Übersicht zusammenschneiden, um deinen Willen, deinen Ehrgeiz und deine Disziplin zu unterstreichen.“
Jara, die sich innerlich irritierenderweise freute, May Einblick in ein paar ziemlich intime Bereiche ihres Lebens geben zu können, blockte schon aus Gewohnheit ab: „Ich verspreche nichts. Kompaniesport ist kein Problem, aber mein Frühsport ist ziemlich zeitig und das Nahkampftraining vielleicht nicht unbedingt geeignet, um meinen Ruf als Adlige zu unterstützen.“
„Ich bin kein Langschläfer“, bekräftigte May seine Absicht. „Ich werde kein Material verwenden, das unvorteilhaft ist. Aber ich muss wissen, was du tust, um die richtigen Akzente zu setzen.“
„Von mir aus“, gab sie nach. „Frühsport ist morgen um 05:00 Uhr.“
„So früh? Dann gehst du jetzt vermutlich schlafen?“
Jara lachte: „Nicht wirklich. Ich habe noch einen Termin mit meinen Lanzenführern. Vor 00:30 Uhr bin ich vermutlich nicht im Bett. Du solltest dich aber vielleicht besser ausruhen gehen, wenn du meinen Frühsport begleiten willst. Wenn ich schon beobachtet werde, dann möchte ich keine müden Gesichter sehen.“
Der Journalist deutete ein Schulterzucken an und wandte sich zum Gehen: „Ich werde mein Team unterrichten. Wir sehen uns dann morgen früh?“
„Von mir aus“, gab sie scheinbar teilnahmslos zurück, musste sich aber eine Vorfreude eingestehen, die ihr sogar vor sich selbst peinlich war. Ihr fiel ein, dass Dr. Fleischer sie gewarnt hatte, dass die Rationierung der Verhütungsmittel zu einem erstarken der hormonellen Reaktionen führen könnte. Jara, die es gewohnt war, die Kontrolle auch über ihren eigenen Körper zu haben, fand sich irgendwo in der Mitte zwischen alberner Aufregung und Hass auf den beginnenden Kontrollverlust. Die anstehende Stubenkontrolle kam ihr gerade Recht, um ihre widersprüchlichen Gefühle zu verdrängen und ihre Gedanken in gewohntere, klarere Bahnen zu lenken.


Kabah, Präfektur Bjarred, Militärdistrikt Albiero, Drakonis Kombinat
Landungsschiff DORNKAAT
13. Juni 3067, 22:50 Uhr

„Was guckst du denn da? Das sieht ja uralt aus. 2D?“ James Campbell war einen neugierigen Blick auf das DataPad seines Stubengenossen Noah-Joel van Eening, auf dem die bunten Szenen irgendeiner Videosendung flimmerten.
„Eine Serie aus dem frühen 21. Jahrhundert, über die ich zufällig gestolpert bin. Ein wenig ulkig, aber sehr spannend, wenn du einmal angefangen hast.“ Die Antwort klang müde. Kein Wunder, denn heute hatten Kotare und Sharpe sie erbarmungslos geschleift und selbst einen Teil ihres kurzen Feierabends noch für Nahkampftraining genutzt, nur um sie dann direkt auf die Quartiere zu schicken. Kein Aufenthalt in der Messe, ausdrücklicher Befehl.
Die Szene wechselte und James versuchte zu verstehen, was er sah: „Oh. Was ist das? Gefechtsrüstungen?“
„Nein. Das sind… also, das ist eine Fantasy-Serie. Das heißt, die Technik bildet irgendwie das terranische Mittelalter ab, aber es gibt auch Zauberer und Drachen und sowas. Die Leute dort tragen Metall-Rüstungen und kämpfen mit Schwertern und Pfeil und Bogen und so.“
„Ich verstehe“, sagte er und fühlte, wie die Szenerie ihn in ihren Bann zog.
„Warte, es wird noch besser“, grinste van Eening und stoppte die Bildwiedergabe einen kurzen Augenblick später. „Hier, guck mal.“
Auf dem Bildschirm war nun eine junge Frau in einem langen blauen Kleid zu sehen, die hellblonden Locken zu einer aufwendigen Frisur geflochten. Sie war hübsch, keine Frage, und strahlte etwas Anmutiges aus, das James faszinierte. „Niedlich. Wer ist das?“
„Dachte mir, dass sie genau dein Typ ist. Die Haare…“, stichelte sein Kamerad.
James verzog das Gesicht. „Leck mich!“, gab er in gespielter Entrüstung zurück.
„Nein, im Ernst, hör dir ihre Story an: Die Eltern früh verloren, aber in einer Umgebung aufgewachsen, die sie zu Führungsaufgaben erzogen hat. Dann zu einer anderen Fraktion gewechselt, so einem wilden Kriegervolk; dort unfassbar schnell aufgestiegen und schließlich so eine Art Fürstin geworden. Willensstark, clever, stolz und mit einem ausgeprägten Gerechtigkeits- und Fürsorgesinn. Und jetzt schickt sie gerade eine gewaltige Menge Soldaten quer durch die Welt, um ihre Untergebenen zu retten, während sie gleichzeitig ihre Rolle als Adlige lernen muss.“
„Okay, ich gebe zu, das klingt ein ganz bisschen vertraut…“
Er unterbrach seinen Satz, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung bemerkte. Die Stubentür ging auf und Master Sergeant Miles Sharpe trat ein.
„Achtung!“, rief James reflexartig und nahm Haltung an. „Master Sergeant, ich melde Ihnen…“
„Lassen Sie’s gut sein, Puck“, winkte der Spieß ab. Sie lassen beide alles stehen und liegen und verlassen unverzüglich ihre Stube. Stellen Sie sich im Gang zu ihren Kameraden und warten Sie auf weitere Instruktionen.“
„Ich trage nur Shorts“, protestierte van Eening halbherzig.
„Mein Gott, Junge, Sie sind Mechkrieger. Sie rennen dauernd in Shorts rum. Und erfrieren werden Sie so schnell auch nicht. Und jetzt raus!“
Die beiden Mechkrieger fügten sich ohne weitere Proteste in ihr Schicksal und begaben sich auf den Gang, wo sich nach und nach der Rest der Kompanie einfand. Fokker, Kotare und Sharpe schienen systematisch sämtliche Soldaten aus den Quartieren zu holen. Das müde Dutzend der Kompanie sah sich gegenseitig fragend in die Augen, aber fand dort nichts außer Müdigkeit und Verwirrung.
„Zwote Kompanie: Achtung!“, bellte die befehlsgewohnte Stimme von Jara Fokker durch den Korridor und ließ die Männer und Frauen schlagartig so viel Haltung annehmen, wie es in ihrem Zustand und ihrem jeweiligen Aufzug möglich war. James war sich nicht sicher, aber er bildete sich ein, dass die Stimme der Kompaniechefin etwas weniger schneidend klang als üblich. Vielleicht ein Hinweis auf den Sinn dieser späten Aktion?
„Ihre Lanzenführer und ich führen heute eine allgemeine Stubenkontrolle durch. Wenn wir Ihre Stubennummer nennen, werden Sie mit einem von uns Ihre Stube betreten. Sie werden dort nichts anfassen und nichts kommentieren, außer Sie werden darum gebeten. Nach Abschluss der Kontrolle kehren Sie zurück auf den Korridor und warten weitere Befehle ab. Und nur, damit Sie sich nicht wundern: Auch Ihre Kameraden aus den anderen beiden Kompanien haben gerade die gleiche Ehre. Fragen?“
Scheinbar wollte niemand das Offensichtliche fragen und es blieb unangenehm ruhig in der Reihe der Mechkrieger. Fokker schien es recht zu sein: „Gut. Stube A-02: Sergeant Yamada, Corporal Dünkirch. Mir nach.“
Die beiden Frauen folgten ihrer Kompaniechefin mit offenkundiger Nervosität, während Kyle Kotare bereits die nächsten aufrief: „Stube A-05: Corporal Kush, Private Endo. Los geht’s!“
Die fünf Kompaniemitglieder, die in der Obhut von Master Sergeant Miles Sharpe zurückblieben, wechselten unsichere Blicke. Natürlich wollten sie alle wissen, was eigentlich los war. Stubenkontrollen waren selbst bei den Chevaliers äußerst selten und eigentlich nur dann angesetzt, wenn es ein konkretes Verdachtsmoment gab. Aber das gesamte Bataillon zu filzen? Das machte auch auf den zweiten Blick nicht wirklich Sinn.
Wenn es aber nicht um etwas Konkretes ging, dann blieb nur ein ganz allgemeines Thema. James tippte auf Konterbande, schon alleine, weil ihm sonst nichts Stichhaltiges einfiel. Seit einiger Zeit galt ein Alkoholverbot in den Unterkünften und auch einiges anderes war eingeschränkt worden. Aber so wenig Vertrauen? Er war sich ziemlich sicher, dass niemand in der Kompanie etwas zu befürchten hatte. Sahen seine Vorgesetzten das etwa anders?
Er revidierte sein Vertrauen in seine Kameraden, als sein Blick auf Elisa „Whiskey“ Bräuning fiel, die lässig und offenbar tiefenentspannt an der Wand lehnte und sich auch nichts daraus zu machen schien, dass sie nur in Slip und T-Shirt auf dem kalten Landungsschiff-Gang verharren musste.
Sein Verhältnis zu der Frau, deren Haare noch einen Tick roter waren als sein, konnte er getrost als kompliziert beschreiben. Sie waren etwa gleich alt und hatten viele Wesenszüge gemeinsam – Offenheit, Kontaktfreude, Dickköpfigkeit und Temperament zum Beispiel – und er konnte nicht leugnen, dass er sie durchaus attraktiv fand. Er vermutete, ihr ging es andersherum nicht anders, denn er hatte sie schon ein paar Mal dabei ertappt, wie sie beim Sport oder Simulatortraining sehr viel eingehender als nötig seine Tattoos an Armen und Oberkörper gemustert hatte. Trotzdem hatte keiner von beiden einen Versuch in Richtung einer Romanze oder auch nur eines One-Night-Stands gemacht und stattdessen hatte sich so etwas wie eine Freundschaft entwickelt.
Das wiederum hatte dazu geführt, dass er vielleicht der einzige war, der mitbekommen hatte, wie sie heimlich trank und das nicht nur außerhalb des Dienstes. Ihre Gelassenheit überraschte ihn deshalb umso mehr und er fragte sich, ob er seine Kameradin wirklich so gut kannte, wie er gedacht hatte.
Die Rückkehr von Fokker und Kotare mit ihren jeweiligen Delinquenten riss ihn aus seinen Gedanken und schon peitschte die Stimme der Chefin wieder durch den Gang: „Stube A-03: Sergeant Bräuning, Private Furukawa.“
Er erhaschte einen Blick auf die immer noch sehr sicher wirkende Whiskey, als er seinen Namen hörte. „Stube A-06: Corporal van Eening, Corporal Campbell. Auf, auf!“, erklang die ruhige Stimme vom Spieß. James verspürte etwas Erleichterung, dass es nicht Kotare war, der ihn aufgerufen hatte. Gefasst und etwas beruhigter folgte er dem Master Sergeant in seine Stube.
„Bitten öffnen Sie jetzt alle Schlösser an Ihren Spinden, Taschen und sonstigen Aufbewahrungsvorrichtungen!“, forderte der Veteran sie auf.
Die beiden Stubenkameraden rührten sich nicht. „Es ist momentan nichts abgeschlossen, Sir“, beeilte sich James als älterer der beiden zu sagen. „Wir waren dabei, uns bettfertig zu machen. Bitte entschuldigen Sie das Chaos, das deswegen gerade hier herrscht.“
Im Grunde hätte er sich die Worte sparen können. Sie alle drei trainierten gemeinsam mindestens einmal in der Woche Aikido. Sharpe wusste also ziemlich gut, dass die beiden jungen Mechkrieger vergleichsweise ordentliche und strukturierte Menschen waren, zumindest nach Söldnermaßstäben.
„Machen Sie sich darum mal keine Sorgen, Puck“, winkte der Spieß ab. „Bevor ich jetzt hier alles auf den Kopf stelle: Möchten Sie von sich aus irgendwelche Güter aushändigen, die unter die aktuellen Einschränkungen fallen, insbesondere Alkoholika und regulierte Waffen?“
Also hatte er richtig geraten, kombinierte James und schüttelte umgehend den Kopf: „Nein, Sir, ich habe nichts abzugeben.“
Nachdem auch van Eening verneint hatte, begann Sharpe, die Unterkunft systematisch zu durchsuchen, ohne dabei jedoch das angekündigte Chaos anzurichten. Er verfügte über ausreichend Erfahrung als Unteroffizier, um gezielt vorzugehen und alles in Augenschein zu nehmen, was den meisten Soldaten als sicheres Versteck galt.
Nach einer Weile hatte er sich durch die gesamte Unterkunft gearbeitet, ohne etwas zu finden und James war sich ziemlich sicher, dass der Spieß ihnen ein gutes Stück Vertrauen entgegengebracht und seine Möglichkeiten nicht wirklich ausgeschöpft hatte. Als Warnschuss für die nächste Zeit reichte es so oder so, denn jedem Mechkrieger der Einheit war jetzt bewusst, dass solche Kontrollen jederzeit unangekündigt stattfinden konnten. Kein besonders gutes Gefühl, aber für James durchaus erträglich, da er gar nicht vorhatte, irgendwelche Regeln zu brechen.
Sie kamen gerade rechtzeitig zurück in den Korridor, um mitzubekommen, wie Fokker einen undurchsichtigen Beutel aus der Stube von Bräuning und Furukawa trug, der bei jedem Schritt ein leises gläsernes Klirren vernehmen ließ. James fluchte innerlich und versuchte, Blickkontakt zu der rothaarigen Söldnerin herzustellen, aber Whiskey blickte nur stoisch geradeaus, immer noch die Ruhe in Person.
Es dauerte nicht lange, bis auch die letzten beiden Stuben durchsucht waren. Allerdings wurden die Mechkrieger, die gehofft hatten, jetzt endlich in die Freizeit entlassen zu werden, enttäuscht, denn Fokker schickte die gesamte Kompanie geschlossen zum Sanitätsbereich zur Blutentnahme. Einen medizinischen Drogentest fand selbst James etwas überzogen, aber das aufkommende Gemurre erstarb nach einer deutlichen Ansage Fokker recht schnell und kurz darauf trottete die gesamte Kompanie in einer Reihe in Richtung Arztbesuch.

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Ama-e-ur-e
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is-o-tures-Tesi is-o-tures-Oro
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22.05.3067
Schleuse

Dadif kam begeistert, jedoch aufgrund seiner wirbelnden Gedanken wie in Trance durch die Schleuse, wo ihn Kotzi schon erwartete. "Hey, mein Großer, na wie war es? Beeindruckend, nich?" Dadif nickte nur, während der Panzerfahrer weitersprach.
"Als ich das erste Mal auf ein Sprungschiff kam, lass es zwanzich Jahre her sein, da war ich noch grün hinter den Ohren und ich hatte Grad meinen ersten Sprung hinter mir..." Dadif war zu mit seinen Gedanken beschäftigt, um ihn zu unterbrechen und Koslowski schien nichts zu merken, vermutlich war heute nicht viel zu tun gewesen.

Anders für Dadif. Wie viele andere auf diesen Reisen, war Dadif schon mit dem "Karussell", dem GravDeck vertraut, enorm wichtig, um einsatzfähig zu bleiben. Diesmal hatte er sich jedoch für die rationierte Schiffstour angemeldet. Der erste Maat hatte ihn und zwei andere Kameraden routiniert begrüßt, die Sicherheitsregeln erklärt und ihnen ihre Begleitperson vorgestellt, eine recht lange, blasse Person, die als Tech und AsTech für den Bordarzt tätig war. Dadif war auch bald von ihr begeistert. Sie wusste eine Menge von Sprungschiffen, Kunststück, schließlich war sie einen Großteil ihrer Zeit an Bord. Als das Gespräch auf Sprungberechnungen und Ladungswerte kam, hing Dadif an ihren Lippen. Es kam ihm auch gar nicht so schwer vor, einiges davon nachzuvollziehen. Auch er stellte einige Fragen, und als sie ihm dann und wann, vermutlich unverbindlich, zulächelte, war er hin und weg.

Am Ende der Tour, die anderen waren bereits gegangen, erbat er sich Unterlagen zum Lesen und Lernen. Der Captain des Schiffes würde darüber entscheiden müssen, aber Carroll, so ihr Name, war zuversichtlich, dass dies unproblematisch wäre, schließlich mussten sie ja auch neue Leute ausbilden und das ging mit unverfänglichem und grundlegendem Material. Sie warnte ihn jedoch, dass dies nicht einfach wäre.

Abgesehen von Carroll war Dadif jedoch auch vom Sprungschiff sehr angetan. Eine herrliche Konstruktion. Groß, schlank und leistungsfähig, wenn man sie richtig behandelte. Er würde sich für den Dienst auf dem Schiff bewerben, vielleicht konnte er nach dem Einsatz schon beginnen? Natürlich als Anfänger, aber er würde schon bald als Bordinfanterist und vielleicht als Bordschütze nützlich sein können, in Ermangelung von entsprechenden Planstellen, das Schiff war ja praktisch unbewaffnet, war ihm eine Stelle als Hilfstech nur für die Reinigung ebenso recht.

Egal wie niedrig die Tätigkeit, er würde alles tun. Von dort könnte er seine technische Ausbildung weiterverfolgen. Zumindest wäre das sein Vorschlag. Heute Abend würde er dies ausarbeiten um es seinen Vorgesetzten zu präsentieren. Als Infanterist war er nicht geeignet, das wußte er. Aber Punkte im dreidimensionalen Raum berechnen zu können, Teil der Lebensadern der Menschen in der Inneren Sphäre zu sein..das erschien ihm sehr erstrebenswert. Vorerst musste er jedoch Kotzi wieder loswerden. Wie würde der wohl seine Entscheidung aufnehmen?

Derzeit ging es um eine Kabine, die er des Gestanks wegen nicht empfahl, nachdem zuviele darin gezecht hatten. Das hatte natürlich ordentlich Ärger gegeben, zum Glück war es nicht Dadifs Schlafgelegenheit gewesen. Während einer Reise wurde darauf geachtet, daß jeder so weit wie möglich zufrieden war, was die Belegung der Kabine betraf, um die Moral nicht über Gebühr zu belasten. Immerhin begab man sich in dünnen Eierschalen auf eine Fahrt ins Vakuum, von den realitätsverspottenden Sprüngen durch den Hyperraum ganz zu schweigen. Ganze Einsätze waren in früheren Zeiten daran gescheitert, dass die Reise zum Ziel von solcherart Problemen überschattet wurden. Da die Einheit jedoch aus Profis bestand und jetzt schon jahrelang viele Menschen transportierte, war dies kein Problem.

Für Dadif gab es derzeit nichts Besseres als in der Weite des Alls in einem Sprungschiff zu reisen. Mit Carroll und abseits der Sorgen, als Stoppelhopser oder Schlammstampfer irgendwo erschossen, zermalmt, zerfetzt oder verbrannt zu werden. Von Verstümmelungen oder psychischen Problemen ganz zu schweigen. Er schwebte weiter in ganz anderen Sphären als Kotzi eröffnete: "Hey, das war ein gutes Gespräch, ich habe jetzt Wache, Schlaf gut, Alter." Verblüfft und amüsiert verkroch sich Dadif in seine Koje um seine Korrespondenz zu schreiben.

__________________
Combined Arms Mechwarrior, hier fahre ich Epona, stampfe mit NovaCat, fliege Shiva und bin BA.
Stand-alone, ohne irgendwelche Voraussetzungen. Kostenfrei.

http://www.mechlivinglegends.net/2017-01/mechwarrior-living-legends-communi
ty-edition/
04.11.2018 11:40 Marlin ist offline E-Mail an Marlin senden Beiträge von Marlin suchen Nehmen Sie Marlin in Ihre Freundesliste auf
Cattaneo
Major


Dabei seit: 31.07.2002
Beiträge: 1.511

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Eine Frage der Wachsamkeit

Anfang Juni 3067, Sulafat, Odaga-Verwaltungszone, Provinz Aomori, die Stadt Taonami

Ein letztes Mal ließ der Polizeitransporter seine Sirene aufheulen. Der Lärm war wahrhaft ohrenbetäubend. Gleichzeitig drehte der Radpanzer in einem brutalen Manöver nach links und wechselte auf die falsche Fahrbahn. Er musste sich nicht um Gegenverkehr sorgen – die zivilen Fahrzeuge hatten abrupt gestoppt und drängten sich am Rande der Straße. Fahrkünste und Fahrstil der Polizei auf Sulafat, besonders der Kempeitai, waren ebenso berühmt wie berüchtigt. Das war ein Erbe von mehr als einem Jahrzehnt Terroranschlägen und Guerillakrieg. Vielfach zeigten die Transporter ein reichlich erratisches Verhalten im Straßenverkehr. Sie wechselten die üblicherweise hohe Geschwindigkeit und die Fahrbahn nach Belieben – natürlich in erster Linie, um das Anvisieren mit einer schultergestützten Rakete, Beschuss mit einem schweren Antimaterialgewehr oder die Auslösung einer Sprengladung zu erschweren. Deshalb gab es strikte Anweisungen, dass zivile Fahrzeuge beim Klang einer Polizeisirene sofort zu stoppen und eine erweiterte „Rettungsgasse“ freizuräumen hatten. Übertretungen wurden hart bestraft – und manche Polizeifahrer halfen ohnehin nach, indem sie Verkehrssünder rücksichtlos von der Straße drängten. Sulafats verwaltende Häuser bemühten sich zwar, dass die Willkür der Sicherheitsorgane nicht außer Kontrolle geriet, aber natürlich mussten sie auch auf das Wohl ihrer Soldaten achten. Und so sahen sie darüber hinweg, dass es jedes Jahr Verletzte und Tote gab – Menschen, die einem Polizeifahrzeug vor den Bug liefen, oder die angefahren wurden, wenn Zivilfahrzeuge hastig die Fahrbahn räumten. Die ohnehin überschaubaren Kompensationsleistungen wurden nur gezahlt, wenn Eigenverschulden zweifelsfrei ausgeschlossen werden konnte. Es war also kein Wunder, dass Fußgänger oft überstürzt in Hauseingänge auswichen, wenn das langgezogene Heulen ertönte. Den Verbesserungen der Odaga und Shimatze zum Trotz, die Polizei auf Sulafat – wie in der ganzen Inneren Sphäre – diente in erster Linie jenen, die das Geld und die Macht hatten.

Das Ziel des Transporters war eine ausgedehnte Anlage von vielleicht sechs Hektar Fläche, gut zwei Kilometer vom zivilen Raumflughafen von Taonami entfernt, einem der wichtigsten in der Verwaltungszone der Odaga. Umgeben von einem hohen, soliden Drahtzaun, befanden sich auf dem Areal zwei riesige Lagerhäuser von jeweils mehreren tausend Quadratmetern Grundfläche – zweifellos ausreichend für Dutzende Fahrzeuge – sowie ein gut vierzig Meter langes und knapp zwanzig Meter breites zweistöckiges Fabrikgebäude mit einem Verwaltungsanbau. Die Gebäude waren um einen großen Innenhof angeordnet. Dazu kamen ein Werkstattgebäude und ein Pförtnerhaus.
Der Komplex war früher Sitz einer Fabrik gewesen, in der Fisch aus dem nahen Meer verarbeitet worden war – darunter ein stolzer Anteil für den Export als de-lux-Konserven, aber auch große Mengen billige Massenware für die Erntecamps im Landesinneren. Doch Betta Inc. – die Firma war nach dem terranischen siamesischen Kampffisch benannt gewesen – hatte den großen Aufstand auf Sulafat nicht gut überstanden. Das Gelände war in den Kämpfen aufgrund der Nähe zum Raumflughafen von einigen Gruppen von Widerstandskämpfern als Basis benutzt worden – nicht zuletzt, weil die Belegschaft ein eigenes Rebellenbataillon gestellt hatten, denn die Firmenleitung hatte sich wie viele Angehörige der Oberschicht Sulafats wenig für die Bedürfnisse ihrer Angestellten interessiert. Es hatte immer mehr als genug arme Hilfsarbeiter gegeben, so dass man ihnen nicht mehr bieten musste als dürftige Löhne bei harter, endloser Arbeit. Dieses Kalkül hatte sich jedoch bitter gerächt.
Der Widerstand war letztlich natürlich gescheitert. Eine Kompanie Odaga-Sprungtruppen und eine Halblanze leichte Mechs hatten das Widerstandsnest bereits in den ersten Tagen des Gegenangriffs auseinandergenommen, und drei Dutzend verzweifelte Aufständische waren in denselben Hallen niedergemäht worden, in denen sie vor dem Aufstand bis zum Umfallen hatten schuften müssen.

Nicht, dass die Führung der Firma ein schlechtes Gewissen gehabt hatte, nach diesem blutigen Intermezzo zum Alltag zurückzukehren. Aber die Gefechtsschäden hatten die Kapitaldecke des Unternehmens stark belastet – zu sehr, vor allem wenn man berücksichtigte, dass die Aufständischen zuerst ein wenig randaliert hatten, und ein Teil des Firmenvermögens in den Wirren des Aufstandes in dunklen Kanälen versickert war. Irgendwie hatte man sich dann mit den Krediten für einen Neuanfang übernommen. Die Firma war schließlich unter Zwangsverwaltung gestellt worden, als sie ihre Außenstände nicht mehr begleichen konnte. In den chaotischen Monaten nach dem großen Aufstand – zugleich tobte ja noch der Erste Clankrieg – hatte die Zukunft einer fischverarbeitenden Fabrik nicht gerade hoch auf der Agenda der neuen Herren gestanden. Und so war Betta eingegangen. Die Maschinen waren verkauft oder an andere, erfolgversprechende Firmen überstellt und die Immobilien für eine künftige Nutzung „auf Eis gelegt“ worden. Irgendwie war daraus nie etwas Dauerhaftes geworden. Deshalb hatte die Anlage, nachlässig bewacht durch einen zivilen Objektschutz, mehr als ein Jahrzehnt in einer Art magischen Halbschlaf gelegen. Gelegentlich hatte man die alten Kühlhäuser als Ausweichlager für Fracht genutzt oder Flüchtlinge aus dem Landesinneren in der Anlage untergebracht, die von den Kampfhandlungen oder Naturkatastrophen vertrieben worden waren.
Während des zweiten großen Aufstandes hatte das Areal im wahrsten Sinne des Wortes als LAGER fungiert – ein Internierungs- und Filtrationszentrum für mehrere hundert Insassen, was gewiss nicht zum Ruf der Anlage beigetragen hatte. Im Großen und Ganzen hatten die Gebäude gerade das Ausmaß an Pflege erfahren, um sie vor dem vollständigen Verfall zu bewahren. Und nun, da man eine Massenunterkunft benötigte, nahe am Raumflughafen aber nicht in bester Lage, mit dem ausreichenden Maß an Infrastruktur um ein gemischtes unterbesetztes Regiment Fremdländer unterzubringen ohne sie direkt zur Meuterei aufzustacheln, hatten sich die Odaga der Anlage erinnert. Man hatte einige Reparaturkommandos für die nötigsten Instandsetzungsarbeiten eingesetzt – billige Handwerker, die ihrerseits Arbeitstrupps aus dem örtlichen Gefängnis anleiteten, dazu Tagelöhner aus der örtlichen Unterschicht. Das Ergebnis war entsprechend.
Die leeren Fabrikhallen waren in Schlafsäle mit Etagenbetten verwandelt worden, im Verwaltungsanbau sollten die Offiziere schlafen. Für sanitäre Zwecke standen die Anlagen zur Verfügung, in denen sich früher die Schichtarbeiter und -arbeiterinnen den Dreck von zehn, zwölf Stunden Arbeit – Blut, Öl und dergleichen – abgespült hatten. Die alte Werksküche waren ebenfalls notdürftig bestückt worden, wobei man freilich darauf setzte, dass die Besucher einiges an Material mitbrachten. Für die Lebensmittel selber würden sie natürlich teuer bezahlen müssen. Für mehrere hundert Soldaten würde es zweifellos eng werden, Warteschlangen vor den Sanitärräumen und Probleme bei der Essensausgabe waren praktisch vorprogrammiert. Nun, die Söldner sollten sich ja auch nicht wohl fühlen – oder willkommen.

Die Anlage stand nun seit etwas über einer Woche unter Polizeischutz, und vor drei Tagen waren die letzten Arbeiten beendet worden. Auf den ersten Blick wirkte das Objektschutzkommando martialisch. Ein armierter MTW mit zwei Fahrern und einem Bordschützen – das Fahrzeug verblieb bei „seinen“ Truppen während ihrer Schicht – und ein Trupp von sieben schwerbewaffneten Kempeitai war auf dem Papier durchaus ernst zu nehmen. Die Militärpolizisten waren gepanzert, und mit ihren Langwaffen, den Helmen, klobigen Panzeranzügen und vollautomatischen Seitenwaffen erschienen sie ziemlich bedrohlich. Das relativierte sich freilich, wenn man genauer hinsah. Mit Ausnahme des leitenden Unteroffiziers – der mit seinem Vibrokatana, dem Impulslasergewehr und der überschweren Pistole ebenfalls eine recht einschüchternde Wirkung erzielen konnte – waren die Männer und Frauen durch die Bank weg junge Rekruten, keiner älter als um die 20 Jahre. Die Blicke waren argwöhnisch, und man merkte es den Polizisten an, dass sie zwar mit ihren Waffen umgehen konnten – aber eine gewisse Unsicherheit und Nervosität war unverkennbar.
Vor allem aber krankte die Professionalität des Wachkommandos an einem vollständigen Mangel an Eigeninitiative und Begeisterung für die zugeteilte Aufgabe. Vom ersten bis zum letzten wussten die Polizeisoldaten inzwischen, dass ihre Aufgabe als überflüssig, bestenfalls als eine lästige Pflicht betrachtet wurde. Nicht einmal der Offizier, der jeden Morgen die Wachkommandos für den Tag vergatterte, machte einen Hehl daraus, dass es ihm im Grunde egal war, wie gründlich die Wachen ihren Job erledigten, so lange sie nur die eigene Sicherheit im Auge behielten. Allgemein sah man die ganze Aktion als eine idiotische Verschwendung von Material, Geld und Personal, das wesentlich produktiver hätte eingesetzt werden können.
Gerüchte über die Söldnertruppe, die hier unterkriechen würde, hatten die Runde gemacht, und sie klangen alles andere als ermutigend oder motivierend. Ganz abgesehen von dem Umstand, dass Söldner im Kombinat ohnehin als Abschaum galten – im besten Fall waren diese speziellen Söldlinge den Gerüchten zufolge offenkundig darauf aus, möglichst viel Geld für möglichst wenig Arbeit abzustauben. Das wäre den Kuritanern im Grunde egal gewesen – es war ja nicht ihr Geld. Aber sie mussten die Diener Com Stars schließlich betreuen, ihnen Quartiere bereitstellen und sie die Raumhäfen nutzen lassen. Und im schlimmsten Fall steckte irgendeine üble Com-Star-Verschwörung hinter der Sache. Außerdem hieß es, die Söldner hätten in der Vergangenheit gute Beziehungen zu den Geisterbären gehabt – und damit waren sie für Kuritaner ohnehin eine Zumutung.

All das trug dazu bei, dass die Wachtruppen ihren Dienst – abgesehen von der Eigensicherung – mit einer Laxheit versahen, die für den Kempeitai sonst undenkbar gewesen wäre. Das einzige gut eingerichtete Gebäude in der ganzen Anlage war das Pförtnerhaus, das mit Sandsäcken und Betonsegmenten in eine Art Bunker verwandelt worden war. Sogar der Wachstand außerhalb des Gebäudes war vor Beschuss oder geworfenen Granaten abgesichert. Es gab eine gut eingerichtete kleine Teeküche, eine saubere Dusche und WC – was mehr war, als man von den Mannschaftsquartieren im Fabrikgebäude sagen konnte. Und die Wachmannschaften hielten sich dann auch die meiste Zeit dort auf. Rundgänge auf dem Gelände erfolgten maximal alle anderthalb bis zwei Stunden, wenn auch nicht in identischen Abständen, und bestanden eigentlich nur aus einem nachlässigen Abgehen des Zauns. Die Polizeisoldaten schauten einfach weg, wenn einige aufmüpfige Einwohner die Außenwände des Komplexes mit unfreundlichen Parolen beschmierten. Solange niemand offenkundig versuchte, auf das Gelände vorzudringen und Schäden anzurichten, zuckte man nur mit den Schultern.

***

Zwei Stunden darauf

Viele Menschen glaubten, dass ein Einbruch in eine gesicherte Anlage üblicherweise nachts stattfand, in Schleichanzügen, mit Infrarotsichtbrillen, schallgedämpften Waffen, vielleicht gar über einen unterirdischen geheimen Zugang, nach einem HALO-Absprung von einem Flugzeug oder Landungsschiff. Die Wahrheit war oftmals viel prosaischer. Hatte man erst einmal die Abläufe verinnerlicht, fanden sich oft weitaus weniger dramatische Optionen. Planung und Insiderinformationen waren viel wichtiger als exotische Fähigkeiten.
Das kleine Einsatzteam hätte so manche Erwartung enttäuscht, was freilich nicht an mangelnder Professionalität lag. Sie hatten keine einzige echte Feuerwaffe dabei – allerdings ein gut sortiertes Arsenal an nicht-tödlichen und damit noch legalen Kampfmitteln wie Elektroschockern oder den schweren Reizgasen, mit denen sich der gesetzestreue Bürger Sulafats Räuber oder vor allem die aggressive Fauna vom Hals halten durfte. Dies waren Optionen mit begrenzter Reichweite und Durchschlagskraft – aber wenn man damit in eine Polizeikontrolle geriet, wurde man nicht automatisch einkassiert.
Die drei Männer und die Frau trugen auch keine Tarnanzüge, sondern waren in gedeckter Zivilkleidung unterwegs, mit denen sie auf der Straße kaum auffielen. In diesem Viertel waren um diese Zeit viele Männer und Frauen zu sehen, die einen ähnlichen Anblick boten. Hart arbeitende, müde Arbeiter aus einem halben Dutzend unterschiedlicher Ethnien, mit den Gedanken schon halb zu Hause, in der Sake-Kneipe oder wohin sie auch immer unterwegs waren, oder beschäftigt mit den üblichen Nöten des Lebens.
Sie hatten sich erst in der Nähe des Ziels getroffen. Die…heikleren…Gerätschaften waren von einem Mitglied transportiert worden – die anderen hätten sich einer Leibvisitation unterziehen lassen können, ohne dass man etwas Verdächtiges gefunden hätte. Bisher war alles glatt gegangen.
Ihre Ausrüstung transportierten sie in eng anliegenden Rucksäcken und in Gepäcktaschen, die an den Oberschenkeln festgeschnallt waren – nichts, was schwingen oder irgendwo hängenbleiben konnte. Natürlich waren die Taschen und Rucksäcke farblich mit der Kleidung abgestimmt. Sie krochen nicht über Dächer oder Leitungsschächte, seilten sich nicht an hohen Wänden ab. Vielmehr nutzten sie einen toten Winkel in einer vermüllten Seitenstraße, in der ein beeindruckender Abfallhaufen vor sich hin gammelte. Der Zugang war sorgfältig ausgespäht worden. Das Loch im Drahtzaun der alten Fischfabrik – eine Art niedrige Tür, die man aufbiegen und danach wieder verschließen konnte, so dass sie nur bei gründlicher Überprüfung auffiel – war zwei Tage zuvor angelegt worden. Sie hatten die Schnittflächen sogar eigens mit Korrosionsmitteln behandelt. So sah es so aus, als wäre der Eingang schon vor Wochen, ja Monaten angelegt worden – von Obdachlosen, Drogensüchtigen, Dieben oder Prostituierten, die auf dem lange Zeit vernachlässigten Gelände ein und aus gegangen waren.
Ihre Funkgeräte sendeten kodiert, aber im Normalfall verständigten sie sich sowieso durch eine Abfolge von Knacklauten. Die Bewegungen waren sparsam, genau eingespielt. Einem Beobachter musste es so erscheinen, als ob sie das schon dutzende Mal gemacht hatten – was für die meisten stimmte – und die Anlage praktisch wie ihre Westentasche kannten. Das traf auch zu, freilich hatten sie sie noch nie betreten, wenngleich der Zugriff ein halbes Dutzend Mal simuliert durchgespielt worden war. Die Vorbereitung der Mission hatte sich auf einige hundert Fotos, auf Bauzeichnungen und computergenerierte Modelle gestützt, die ihnen zur Verfügung gestellt worden waren. Sie waren nicht selbstsicher – das konnte schnell tödlich enden – aber sie wussten, dass sie Rückendeckung besaßen, und waren sich bewusst, dass sie sich aufeinander verlassen konnten. Für den Einsatz blieb mindestens eine, wahrscheinlich eher anderthalb Stunden Zeit, bis die nächste Patrouille ihre Runde drehen würde. Sie wollten dann nach Möglichkeit schon wieder verschwunden sein, auch wenn die Polizisten normalerweise im Freien blieben.

Die Eindringlinge huschten in die eigentliche Fabrikanlage, wo sie sich in drei Teams aufteilen. Die Frau eilte in den Keller, einer der Männer schlich in Richtung des Verwaltungsgebäudes. Die beiden übrigen Mitglieder des Kommandos steuerten den ersten Stock des ehemaligen Arbeitstraktes an.
Kitsune bemühte sich, ihre Atmung zu kontrollieren. Sie war die einzige im Team, die so etwas noch nicht oft gemacht hatte. Nicht, dass ihr Gefahr etwas Neues war – nur eben nicht diese Art von Action. Aber Versagen stand nicht zur Debatte. Und im Grunde war ihre Aufgabe ja auch nicht sehr heikel.
Im Keller blickte sie sich prüfend um. Dann huschte sie zu dem massiven Dieselgenerator, der als Notbefehl für einen Stromausfall installiert worden war – eine sehr sinnvolle Vorsichtsmaßnahme in einer Stadt, die immer wieder unter den Wetterkapriolen Sulafats zu leiden hatte. Das Gerät war offenkundig vor ein paar Tagen durchgecheckt und einsatzbereit gemacht worden. Aber es war nicht der Generator, der sie interessierte.
Sie zauberte aus einer ihrer Oberschenkeltaschen eine Batterie von Plastebehältern hervor. Einen nach dem anderen hielt sie am lang ausgestreckten Arm dicht über den Boden, betätigte einen einfachen Schuber und schüttelte den Behälter – bis ein kleines Fellknäuel herausfiel. Mus musculus, die Hausmaus, gehörte zu den wenigen Tieren, die den Menschen auf nahezu jeden Planeten begleitet hatte – wenngleich nicht unbedingt zu seiner Freude oder dem Nutzen der einheimischen Flora und Fauna. Sie war kaum auszurotten, und gedieh in den oft unhygienischen und chaotischen Habitaten, die der Mensch sich als Heimat geschaffen hatte. Was nicht hieß, dass die Tierchen nicht auch einen Nutzen haben konnten. Man musste natürlich vorsichtig sein, aber mit den notwendigen Vorkehrungen…
Kitsune spitzte die Lippen zu einem Lächeln, während sie ihre Schützlinge beobachtete, die sofort in Deckung gingen.
,Viel Glück. Ich verlasse mich auf euch…‘
Dann pirschte sie weiter, schließlich hatte sie noch zwei weitere ,Trupps‘ zu verteilen. Keine zehn Minuten später war sie fertig und verließ den Keller, um sich ihrem Kameraden anzuschließen, der in der Küche zu tun hatte.

Das Zweierteam war inzwischen ebenfalls am Ziel angekommen. Direkt angrenzend an eine langegestreckte Halle – sie wirkte richtig gespenstisch mit den unberührten Etagenbetten, die in endlosen Reihen an den Wänden aufgereiht waren, ausreichend für gut und gerne zwei Kompanien, während sich in der Mitte des Raumes primitive Tische und Bänke befanden – lagen die Sanitäranlagen. Sie waren strategisch geschickt angelegt, zwischen dem Treppenhaus und dem früheren Arbeits- und jetzigen Wohnbereich, in doppelter Ausführung spiegelnd einander gegenüber. Wer von der Schicht nach Hause ging, konnte sich hier in den Duschen notdürftig säubern. Falls es ihm oder ihr nichts ausmachte, dass die Duschräume zeitgleich auch von zwei Dutzend Kollegen beziehungsweise Kolleginnen genutzt wurden. Wer immer die Anlagen entworfen hatte, auf Schamgefühle hatte er wenig Rücksicht genommen. Der Raum stank noch immer nach den Chemikalien, mit denen die Wartungsteams der Odaga den Schimmel ausgerottet und die Kacheln mit mehr Aggressivität als Gründlichkeit abgeschrubbt und abgespritzt hatten.
Jeder Griff saß, es gab kein Zögern oder Unsicherheit. Einer der beiden Eindringlinge zauberte eine dünne, aber solide Plasteplane hervor, die er auf dem Boden ausbreitete, gleich vorne, im Eingangsbereich der Dusche. Dazu kam ein hoher Klapphocker mit einer Oberfläche aus geriffeltem Kunststoff, den er an der Wand platzierte. Er sicherte die Konstruktion, damit sie nicht wegrutschte. Der zweite Mann kletterte hinauf. Dann begann er mit der Arbeit. Er hantierte sorgfältig, im Bewusstsein eines Mannes, der zwar nicht trödeln durfte, aber wusste, was er zu tun hatte, und dass er ausreichend Zeit dafür hatte.

Die Deckenplatte löste sich vergleichsweise leicht – es war nicht gerade so, als ob hier Qualitätsarbeit geleistet worden wäre. Darunter kam ein Gewirr von Leitungen zum Vorschein – sie speisten die Duschstränge, die sich rechts und links entlang der Wände hinzogen. Der Mann nahm sich Zeit, die Anordnung von Röhren mehrere Minuten gründlich zu betrachten, befühlte die Rohre prüfend. Dann holte er zwei Metallbehälter hervor, jeder etwa so groß wie eine voluminöse Tasse. Ihre Oberfläche wirkte altersfleckig, angelaufen, so dass sie zwischen den Rohren nicht besonders auffielen. Bedächtig platzierte er sie hinter den Rohren und verschraubte sie miteinander. Dann fixierte er sie mit Dichtungsmasse, überprüfte mehrfach, dass sie fest saßen. Schließlich bog er die Kontakte zurecht, die aus einem der „Tassenböden“ herausragten, und befestigte sie an den Wasserleitungen. Ein letzter Tastendruck…fertig.
Einen Großteil der Arbeit musste er praktisch blind ausführen, aber er überprüfte seine Arbeit immer wieder mit einem kleinen Periskop. Aufmerksam betrachte er abschließend die Konstruktion, um sicherzugehen, dass sie bei einer flüchtigen Inspektion nicht zu entdecken war. Nein, dazu musste man schon hinter die Rohre schauen – und genau hinsehen.
Sein Kamerad reichte ihm einige kleine Beutel empor. Bedächtig traf der Handwerker seine Auswahl, und verschmierte dann ein Gemisch aus Dreck und Staub auf den Rohren. Schließlich sollte nicht auffallen, dass hier gearbeitet worden war. Dann brachte er die Deckenplatte wieder an. Er fixierte sie ebenfalls mit Kitt, dessen Oberfläche sorgfältig nachgedunkelt wurde. Mit einem feinen Messer brachte er kleine Risse und Kratzer an, so dass der Kitt älter aussah, schabte kleine Stücke ab, damit sie so wirkten, als wären sie im Laufe der Zeit abgeplatzt. Immer wieder nahm er die benachbarten Platten in Augenschein, glich den Farbton und das Aussehen der Dichtungsmasse ab, bis er schließlich zufrieden war. Und keine Minute zu früh, denn in diesem Moment signalisierte ihm sein Kamerad, dass die Viertelstunden-Warnung gerade erfolgt war. In 15 Minuten war frühestmöglich mit der nächsten Patrouille zu rechnen. Schnell kehrten sie die Spuren ihrer Arbeit zusammen, die über den Rand der Plasteplane gefallen seien mochten.

Das Gesicht des Mannes verzog sich zu einem sardonischen, wenn auch flüchtigen Lächeln, als er seinem Kameraden zunickte. Die Konstruktion war ausgeklügelt, aber nicht überambitioniert. Sicher, es gab Höllenmaschinen, die ganze Gebäude in die Luft jagen konnten, aber sie benötigten viel Platz, und waren deshalb relativ leicht aufzuspüren. Im konkreten Fall war es sinnvoller, nicht zu hoch zu zielen. Zumal sie noch nicht genau wussten, welches Quartier ihre Zielobjekte genau beziehen würden. Es gab noch mindestens zwei andere Anlagen, welche die Odaga und Shimatze vorbereitet hatten. Eine davon hatten sie bereits ,besucht‘, die andere würde in zwei, drei Tagen an die Reihe kommen.
Falls die Höllenhunde aber hierher kommen sollten…dieses kleine Schmuckstück sollte allein schon ausreichen, um ihnen einen schmerzhaften Schlag zu versetzen. Es war gar nicht dazu gedacht, die feindliche Einheit vernichtend zu treffen. Es sollte sie dort verwunden, wo es wirklich wehtat, in einem Moment und Umfeld, wo sie sich sicher fühlten. Der psychologische Effekt mochte wirkungsvoller sein, als die physischen Schäden.
Immer wenn heißes Wasser durch die Rohre strömte, würden die Sensoren das registrieren. Sie waren so eingestellt, dass sie erst dann „zählten“, wenn die Rohre sich bis zu einer bestimmten Temperatur aufheizten, sprich, wenn das Wasser lange, aus mehreren Duschköpfen lief. Und nach einer genau festgelegten Zahl von Durchgängen – drei an der Zahl, um genau zu sein – würde der nächste Kontakt die Ladung zünden. So vermied man, dass die Bombe schon beim ersten Testbetrieb hochging. Die Zündkonstruktion war mehrfach ,auf dem Trockenen‘ erprobt worden, und hatte jedes Mal funktioniert. Die Sprengladung war nicht sehr stark – etwas größer als eine handelsübliche Handgranate. Das lag daran, dass die Treibladung improvisiert war, kein militärischer Sprengstoff, sondern eine Eigenmischung. Nicht wirklich durchschlagskräftig, aber dafür nur sehr schwer mit einem Chemsniffer oder Sprengstoffhund aufzuspüren – selbst wenn der Duschraum nicht ohnehin durchdringend gestunken hätte. Und der eigentliche Gefechtskopf…nun, auch er war mit Bedacht ausgewählt. Wenn die Ladung explodierte, würde sie unzählige Hartplastsplitter durch den Raum jagen, wie eine gigantische Nadlerwaffe. Die Durchschlagskraft war begrenzt – aber unter der Dusche stand man nun mal üblicherweise nicht mit einer Splitterschutzweste. Und als kleines Extra hatte er ein starkes Rattengift unter die Splitter gemischt. Der Gerinnungshemmer würde den feindlichen Sanitätern zusätzliche Probleme bereiten – wenn alles glatt ging.

Dies war nicht die erste Sprengladung, die der Mann gelegt hatte, es war vermutlich nicht einmal die hundertste. Es war ein schmutziger, heimtückischer Krieg, und er wusste, dass es viele Krieger gab – vom einfachen Soldaten bis zu den höchsten Rängen – die mit Verachtung, Hass, und natürlich auch mit Furcht auf ihn und seinesgleichen blickten. Aber das kümmerte ihn wenig. Narren, die vergaßen, dass es im Krieg nicht in erster Linie darauf ankam, die eigene ,Ehre‘ intakt zu halten, sondern zu überleben und zu gewinnen, interessierten ihn wenig. Seine augenblicklichen Vorgesetzten waren da ohnehin von anderem Kaliber. Sie wussten, was sie an ihm und seinen Kameraden hatten.
Blieb nur zu hoffen, dass die Falle auch zuschnappte. Aber wenn nicht – was natürlich immer im Bereich des Möglichen lag – dann hatten sie noch ein paar andere Leinen ausgelegt. An der einen oder anderen würde schon noch ein Fang zappeln.

****

Zur gleichen Zeit, an einem anderen Ort

Zwerg setzte den elektronischen Feldstecher ab: „Sie sind draußen. Noch immer nichts von der nächsten Patrouille zu sehen.“
Beast, der neben ihm kauerte, knurrte etwas. Es mochte Zustimmung sein, Erleichterung, Zufriedenheit – oder auch nicht. Der Einsatzleiter des Teams ließ sich selten anmerken, was er fühlte. Ihr Standort war geradezu der perfekte Platz, wenn man die ehemalige Betta-Fabrik im Auge behalten wollte. Das fünfzehn Stockwerke hohe Wohnhaus quoll nur so von Bewohnern übrig, die sich unmöglich alle kennen konnten – zumal die Menschen auf Sulafat gelernt hatten, sich um die eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Unter den Bewohnern waren Kaukasier und verschiedene Gruppen von Asiaten, so dass kaum ein Erscheinungsbild WIRKLICH aus dem Rahmen fiel. Das Dach bot genug Deckung, mit den zwei Aufbauten, in denen die Motoren und Winden für die Personenaufzüge untergebracht waren, dazu Antennen und einigen kleinen aber soliden Windrädern. Und es war so zugebaut – und die Luft in der Stadt ausreichend schlecht – dass kaum einmal jemand einfach so hier hoch kam. Das Fabrikgelände war gerademal 400 Meter entfernt, und man hatte einen guten Blick auf die Einfahrt und den großen Platz zwischen den Lagerhallen und dem eigentlichen Fabrikgebäude. Und schließlich und endlich gab es in geringer Entfernung eine Hochbahnstation – von normalen Straßen und Wassertaxis ganz abgesehen – so dass man problemlos kommen und zur Not in einiger Eile auch wieder verschwinden konnte.
Wahrlich, der perfekte Ort für einen Beobachter – oder Scharfschützen.
Zwerg rieb sich nachdenklich das Kinn. ,Perfekt. Der perfekte Ort für die nächste kleine Überraschung.‘
Er hatte das Team schon ein paar Mal im Einsatz gesehen, und er fragte sich, ob diese Höllenhunde auch nur ahnten, mit was sie es zu tun hatten. Sie würden das erfahren – auf die harte Tour. Für einige würde es die letzte Erfahrung ihres Lebens werden…


Ende

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Nachdem die Disk mit der Verigraph-Nachricht abgespielt worden war, schwiegen die fünf Offiziere eine lange Zeit.
Es war Lane, der schließlich das Wort ergriff. „Was sollen wir antworten, Manfred?“
Scharnhorst ließ ein leises, unzufriedenes Schnauben hören. „Das ist die Frage, die ich mir auch gerade stelle. Es sieht ganz so aus, als kämen die Chevaliers erstaunlich schnell voran. Nicht so schnell, wie sie könnten, aber schneller, als ich erwartet habe. Und Copeland scheint ein verdammt fähiger Mann zu sein, dem wir vertrauen können. Eure Meinungen?“
Battaglini legte die Stirn in Falten. „Sind wir hier nicht eh fertig? Es hat sich nicht wirklich etwas Neues ergeben, was wir haben untersuchen können, oder? Und diese verdammten Perlen, die Haus Shimatze beschlagnahmt hat, deuten auf unser drittes Ziel auf dieser Seite der Grenze. Also sollten wir Copycat sagen, dass er uns auf Sulafat treffen soll.“
„Sind wir denn hier fertig?“, fragte Tai-i Kurosawa.
Battaglini zuckte mit den Schultern. „Wir haben die Schauplätze der Gefechte in Augenschein genommen, wir haben mit den Überlebenden gesprochen, wir haben das, was von den Kämpfen übrig war, angeschaut und analysiert, und wir haben alles an Aufzeichnungen gesichtet, was dieser Planet herzugeben hat. Im Gegensatz zu Numki und Haus Shimatze, wo die Informationslage sehr vage war, einfach weil dort nur ein Kampf stattgefunden hatte, haben wir hier ein paar eindeutige Fakten bekommen.“
„Und diese eindeutigen Fakten sind?“, fragte Scharnhorst.
„Die eindeutigen Fakten sind, dass die Wunden, die Odaga und der Bevölkerung von Darius geschlagen wurden, zu schlimm sind, um gestellt, und zu real, um vorgetäuscht zu sein. Ich habe nicht das erste Mal mit fernöstlicher Philosophie zu tun, und ich kenne eine Menge von diesem „Opfere dich für die Pflicht“-Scheiß, den auch die Steiner manchmal raus hängen lassen. Daher ist es denkbar, dass sich Odaga diese Narben selbst zugefügt, seine Leute selbst getötet hat. Aber für einen Bluff wurde viel zu viel zerstört. Und die Zeugen, die wir vernommen haben, waren ehrlich empört, traumatisiert, oder gleich beides, wenn sie über die Angriffe reden. Wenn Haus Odaga sie seinen Interessen geopfert hat, dann wussten sie nichts davon.“
„Es erstaunt mich, dass du nichts zu den Angreifern sagst, James“, sagte Bishop.
„Wie meinst du das, Jimmy?“
Der Pionier räusperte sich. „Nun, ich dachte, du würdest dich zu einer eindeutigen Aussage verleiten lassen wie: Das waren Clanner, ganz klar.“
Battaglini lachte auf. „Das hast du jetzt doch nicht ernst gemeint. Klar deutet alles auf einen Angriff der Clans hin, und es gibt genug Bildmaterial, das die Mechs und die Gefechtsrüstungen mit dem Geisterbärensymbol zeigt. Und wir haben Tonaufnahmen von ihrem Funk und ihren Befehlen, die sie der besiegten Bevölkerung gegeben haben. Auch war ihr Verhalten nach dem Gefecht sehr Clanstypisch. Wir könnten es also tatsächlich mit einer echten Geisterbäreneinheit zu tun haben, die den Krieg wieder aufflammen lassen will, mit Schwarzkastlern, oder mit irgendeiner obskuren Geheimdienstoperation der Clanwache eines anderen Clans, dem ein Streit zwischen Kombinat und Bären mehr als entgegen käme. Teufel auch, wir haben sogar die DNS-Analysen der organischen Rückstände einsehen können, und ComStar hat uns bestätigt, dass es Bären-DNS ist. Aber...“
„Aber?“, fragte Bishop grinsend.
„Aber es ist nie ein verdammter Clanner aus seinem Mech gestiegen. Und keiner der Elementare hat auch nur einmal sein Visier aufgemacht. Natürlich können sie das gemacht haben, um zum Beispiel eine Identifikation durch den Clan zu erschweren. Auffallen tut es trotzdem.“
„Das ist ein gutes Argument. Wir haben nicht eine einzige Identifikation eines genetisch echten Elementare gesehen, weder per DNS, noch als Bildaufzeichnung“, sagte Captain Ross. „Und was diese Luft/Raum-Einheit angeht, die im Clanraum wütet, da...“
„Ich weiß, die Jäger sind dein Element, Bligh“, wandte Scharnhorst ein, „aber wir diskutieren hier gerade nicht darüber, ob die Einheit, die auf Geisterbärengebiet ihr Unwesen treibt, und die, die hier die Clanskrieger gibt, zusammengehören oder zusammen operieren. Das ist Schritt vier, und wir sind erst bei Schritt zwei. Bestenfalls. Aber ich gebe dir vollkommen Recht. Die Clanstruppe, die hier aufgetreten ist, hat sich sehr darum bemüht, sich wie eine Clan-Einheit zu benehmen. Sie hat auch auffällig-unauffällig genug DNS-Spuren zurückgelassen, die auf die Geisterbären deuten. Aber.“ Scharnhorst zog eine Depesche aus seiner Aktentasche und legte sie auf den Tisch.
„Was ist das?“, fragte Lane interessiert.
„Das ist das Aber, Andrew.“ Scharnhorst schob ihm den Zettel zu, der ihn überflog und dann mit einem Pfiff weitergab.
„Wie sicher ist das?“
„Unsicher genug“, erwiderte Scharnhorst.
„Unsicher was?“, fragte Battaglini, während er darauf wartete, dass er das Dokument von Ross erhielt, der plötzlich erratisch auflachte. „Lies selbst.“
Nach der Lektüre verzog der junge Panzeroffizier die Miene zu einem Gesicht des Ärgers. „HRM!“, machte er. Normalerweise hielt James Battaglini weder mit Worten, noch mit seiner Meinung per se hinter dem Berg, aber wenn er sich wortkarg gab, dann konnte man sicher sein, dass ihm etwas weitaus mehr als nur missfiel.

Die sechs Anwesenden sahen einander nachdenklich an. „Tai-i, was sagt die ISA dazu?“
„Da die Analyse in unseren Labors vorgenommen wurde, kann ich Ihnen versichern, das die ISA zu dem Ergebnis steht.“
„Das widerspricht der Analyse, die wir von Haus Odaga erhalten haben“, widersprach Lane. „Und der Analyse der DNS-Rückstände aus den Gefechtstrümmern von Numki.“
„Wollt Ihr damit sagen, wir sind hier noch nicht fertig?“, fragte Ross.
„Das ist es, was wir klären müssen.“ Scharnhorst erhob sich, verschränkte die Arme auf den Rücken und begann, neben dem Tisch auf und ab zu marschieren. „Gott, ich wünschte mir, Germaine wäre jetzt hier.“
Battaglini brachte es auf den Punkt. „Also, die ISA widerspricht den Ergebnissen, die die Biolabors von Haus Shimatze und Haus Odaga erbracht haben, wenn auch nur bis zu einem gewissen Punkt.“
„Die ISA war auf beiden Welten vor Ort und hat eigene Proben genommen. Die wurden auf der Disktrikthauptwelt analysiert, nicht vor Ort, und da wurden sie mit der Datenbank aus dem Draconier-Geisterbärenkrieg verglichen. Die DNS war teilweise stark zerstört, aber unsere Genetiker sind findige Burschen. Sie konnten aus mehreren Strängen DNS einige komplette Stränge, sagen wir, erzeugen“, erklärte Kurosawa. „Sie haben auch festgestellt, dass die DNS, ah, absichtlich zertrümmert wurde, damit wir „nur“ eine Spur zu den Geisterbären finden, aber nicht die Identitäten der, hm, Spender identifizieren können. Seien wir ehrlich. Hier war ein großartiges Biolabor an der Arbeit, das eine ganz hervorragende Täuschung erarbeitet hat. Der einzige Grund, warum die Genetiker auf der Distrikthauptwelt das hier herausgefunden haben, ist der, dass wir sowohl mit LosTech arbeiten, die uns von Hakshaku Tenno von Wayside V zur Verfügung gestellt wurde, nachdem die dortigen Hinterlassenschaften der Sternenbundarmee aufgeteilt wurden, und weil es Versuche gab, Druck auf das Labor auszuüben, es bei eine oberflächlichen Analyse der Proben zu belassen.“ Kurosawa sah ins Rund. „Offiziell gibt es diese Analyse gar nicht. Sie ist also, bevor der Kriegsherr selbst sie nicht freigibt, ein Geheimnis, das hier in diesem Raum bleiben muss.“
Die Anwesenden nickten nacheinander. Aber Ross sagte: „Dabei wäre es so schön, wenn wir Shimatze und Odaga auf die Nase zu sagen könnten, dass es eben keine Clanner sind, die sie beide angegriffen haben.“
„Das wissen wir nicht eindeutig“, widersprach Kurosawa. „Wir wissen nur, dass die DNS, die uns zur Verfügung steht, einerseits vorsätzlich mit viel Aufwand unkenntlich gemacht wurde, damit wir nur die Hauszugehörigkeit herausfinden können, nicht aber die Identität, die zum Blut dazu gehört. Was bedeutet, wir können es immer noch mit einer Black Ops eines anderen Clan zu tun haben, der die Geisterbären diffamieren will.“
„Dagegen spricht natürlich, wie weit wir hier von den anderen Clans entfernt sind“, widersprach Scharnhorst. „Wir sind zwar über der Tukkayyid -Linie, aber der logistische und personelle Aufwand für so eine Operation, der zudem durch den Bärchenraum, oder darum herum führen müsste, wäre zu groß, um eine Operation dieser Größe und Operationsdauer zu ermöglichen. Außer, die Provokationen sollen kurzfristig einen Krieg auslösen, und hier lauert irgendwo eine ganze Galaxis eines zweiten Clans, um die Geisterbären abzufrühstücken, sobald diese mit dem Kombinat spielen gehen.“
„Was genauso unwahrscheinlich ist, da wir so weit wir es können die Bewegungen der Clan-Einheiten beobachten“, sagte Kurosawa.
„Was ja auch vernünftig ist. Aber egal, wie wir es drehen, wenden und ansehen, und auch wenn dies ein Plan der Geisterbären mit Selbstüberlistung ist, zwei Dinge bleiben Fakt.“
Ross grinste. „Na dann hau raus, Manfred.“
Scharnhorst erwiderte das Grinsen, bevor er sprach. „Erstens: Wir haben keine visuelle Identifikation für Clankrieger. Wir haben kein Foto, keine Sprachaufnahme, nichts Handfestes, was sich mit irgendeinem lebenden Clanner zusammenbringen lässt. Zweitens, wir haben einen Hinweis der ISA, wonach die DNS, die gefunden wurde, zwar Geisterbären-DNS ist, aber insgesamt von drei Geisterbären stammt, die während des Kombinats-Dominion-Krieg gefallen sind und von den DSVK geborgen wurden, stark beschädigt, um eine Identifikation zu verhindern.“
„Was bedeutet, dass irgendwo in unmittelbarer Nähe ein wirklich gutes Bio-Labor eine extrem teure Arbeit erledigt hat“, sagte Battaglini.
„Und wieder haben wir Sulafat auf dem Schirm. Oder kennt einer von euch eine Welt im näheren Umkreis, die ähnlich von Biolabors wimmelt?“, fragte Ross.
„Sind wir hier also fertig?“, fragte Battaglini erneut. „Können wir ausschließen, dass Odaga sich das selbst angetan hat?“
„Sicher können wir das nicht ausschließen. Es ist nur sehr wahrscheinlich, um nicht zu sagen, in diesem Teilbereich die größtmöglichste Erklärung“, sagte Lane. „Aber wir können das Lord Odaga kaum erzählen, weil einerseits die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, und wir andererseits keine Erklärung darüber haben, wer dann die Angreifer sind, meine Herren. Und es wäre unklug, solche Daten aus der Hand zu geben, solange wir sie noch brauchen.“

Scharnhorst nickte schließlich schwer. „Die Perlen sind eine eindeutige Sache. Wir wären über kurz oder lang ohnehin nach Sulafat aufgebrochen, das weiß auch derjenige, der das Biolabor beauftragt hat. Aber sie sind nicht dazu gedacht, uns von Darius wegzulocken, bevor wir hier fertig sind. Und dann ist da immer noch diese Luft/Raumjäger-Einheit, die die Bärchen ärgert. Wir sind hier noch lange nicht fertig. Aber es fällt mir schwer, den Abzug zu befehlen.“
„Warum das denn? Vermisst du etwa jetzt schon die einmalige Gastfreundschaft der Odagas?“, scherzte Ross. „Ich meine, abgesehen von einigen Provokationsversuchen, der herablassenden Art, mit der sie uns behandeln und der Missachtung, mit der uns der hiesige Graf begegnet, ist es doch ein ganz netter Ort, wenn wir in unserem Ghetto bleiben.“
„Nicht so viel Ironie auf einmal, Bligh“, sagte Scharnhorst. „Ja, Odaga hat uns eindeutig klar gemacht, dass wir hier nicht willkommen sind. Und es gab Zwischenfälle. Aber der gute Anatoli hat sehr viel Kraft und Zeit in uns investiert, um das wieder zu regeln. Also, so schlecht war es in unserem Ghetto jetzt doch nicht. Bei Shimatze war es natürlich weit besser, aber die haben einerseits auch nicht so leiden müssen, und andererseits misstrauen sie uns auch nicht von Haus aus wegen.“
Scharnhorst setzte sich wieder. „Meine Herren. Sulafat ist eine Falle. Eine recht unangenehme Falle. Für unsere Höllenhunde.“
„Ja, Himmelherrgott, und warum? Angenommen, wir haben es hier mit einer einzigen Einheit zu tun, die auf beiden Seiten der Grenze für Ärger sorgt, sagen wir, es sind Söldner, oder Elitetruppen von Odaga oder Shimatze, die getarnt Provokationen verursachen sollen, welches Interesse hätte eine solche Truppe, uns in die Falle zu locken?“
„Das ist doch einfach beantwortet, Bligh“, sagte Andrew Lane. „Wir wurden damit beauftragt, herauszufinden, wer hier überhaupt angreift, richtig? Auf beiden Seiten der Grenze. Als neutrales Instrument, weil wir das Vertrauen beider Seiten genießen. Theoretisch.“
Die anderen Anwesenden nickten zustimmend.
„Angenommen, Sulafat ist eine Falle für uns. Und die Perlen sind ja ein wichtiger Hinweis darauf, dass es auf dieser Welt irgendwwas gibt, was sich für uns zu finden lohnen sollte. Was ist das Ziel dieser Falle, außer, die Geisterbären zu provozieren, wenn wir als offizielle Beauftragte unsere Arbeit wegen Vernichtung nicht mehr verrichten können?“
„Ich würde jetzt nicht so weit gehen und unsere Vernichtung erwarten, Andrew“, sagte Scharnhorst. „Aber ich stimme mit dir überein, dass eines der Ziele dieser Einheit ist, den latenten Krieg wieder heiß zu machen. Und nachdem die Angriffe auf beiden Seiten der Grenze nicht gereicht haben, wird es wohl etwas handfesteres sein müssen. Wie ein Angriff auf uns. Es gab bereits viel zu viele Steine auf unserem Weg, um ruhigen Gewissens von etwas anderem auszugehen, meine Herren.“
Lane nickte. „Also eine Falle. Sulafat bietet sich für so etwas geradezu an, oder? Kaum urbanes Gebiet, viel Dschungel und Meeresflächen, eine sehr feindliche Flora und Fauna, und die ganze Welt ist auch noch zwischen zwei Machtblöcken aufgeteilt, die einander auch noch misstrauisch gegenüber stehen. Ganz zu schweigen von den weiteren beiden Faktoren, jenen, die das alte, besiegte und abgewählte Herrscherhaus wieder etablieren wollen, und jenen, die auch Shimatze und Odaga am liebsten vom Planeten runterwerfen würden. Ganz ehrlich, wenn wir nicht müssten, würde ich diese Höllenwelt meiden. Ich erinnere nur an den gepanschten Impfstoff, den wir erhalten haben. Unser Gegner wird noch mehr derartige Tricks in Petto haben. Schlimmer noch, er hatte Vorbereitungszeit.Und glaubt mir eines: Mit genügend Geld wird irgendjemand aus der Shimatze-Struktur und aus der Odaga-Struktur mit ihnen zusammenarbeiten und sie mit Informationen, Codes und Zugriff auf unsere Versorgung unterstützen. Es ist viel zu lange bekannt, dass Sulafat auf unserer Liste steht, obwohl unser unbekannter Feind dort nicht ein einziges Mal zugeschlagen hat.“
Battaglini nickte. „Das perfekte Umfeld für ein paar unschöne Hinterhalte. Hoch urbanisierte Städte und viel unberührtes, wildes Hinterland. Das ideale Gelände, um zu verschwinden, oder um uns verschwinden zu lassen.“
„Aber hin müssen wir“, sagte Ross.

Die Augen der Anwesenden richteten sich auf Scharnhorst.
Der groß gewachsene Lyraner grummelt etwas Unverständliches. „Wir treffen die Chevaliers auf Sulafat. Und, Herrschaften, so ghettohaft es in unserem Ghetto ist, sagt euren Leuten, sie sollen sich noch mal nach ganzen Kräften bemühen, sich zu amüsieren und zu erholen. Natürlich weiterhin jede Provokation vermeidend. Wenn Ihr Recht habt... Wenn wir recht haben, dann sollten wir auf Sulafat extrem vorsichtig sein. Vorsichtiger als auf einem Minenfeld. Aber, und das ist der springende Punkt, wir finden auf dieser Welt vielleicht endlich Anhaltspunkte darauf, wer Odaga und Shimatze eigentlich attackiert. Und wer diese Leute dafür bezahlt. Oder es ihnen befiehlt. Und das ist eine handfeste Spur, die dieses Risiko höchstwahrscheinlich wert ist.“
„Höchstwahrscheinlich, Manfred?“, fragte Lane mit amüsiertem Ton in der Stimme.
„Letztendlich sind wir Söldner, und wir werden dafür bezahlt, dass wir höhere Risiken dafür auf uns nehmen, dass wir uns teurer bezahlen lassen als reguläre Einheiten. Es ist unser Job, unsere Aufträge auszuführen und das Risiko einzugehen, dabei zu sterben“, erwiderte der Major. „Aber in keinem unserer Verträge steht, dass wir dies leichtfertig tun müssen. Im Gegenteil. Wir nehmen all die kleinen Warnungen und Hinweise sehr, sehr ernst. Sulafat ist Feindesland, und so werden wir es auch behandeln. Und genau deshalb bleiben wir noch ein wenig auf Darius. Denn die nächsten Wochen werden kein Zuckerschlecken für die Höllenhunde.“
Battaglini grinste breit. „Also auf nach Sulafat. Aber erst in einer Woche.“
Das traf es recht gut, fand Scharnhorst.

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(Ergänzungen von Cattaneo)


Sulafat, Küstenslums, 4. Juni 3067


Kanta atmete ruhig und tief. Alles war ruhig, sehr selten, sogar jetzt, Zwei Uhr morgens. Dies galt es also zu nutzen. Kanta war mit seinen 24 Jahren kein sentimentaler Narr - niemand der ihn kannte würde das behaupten - aber er wusste, dass auch die geringste Möglichkeit zur Entspannung genutzt werden musste. Es war eine herrliche Nacht, kaum Wind, nur ein Mond leuchtete. Es waren noch einige Wochen, bis wieder Sturm- und Flutzeit war. Sulafat war heute ein Idyll, jedoch nur jetzt und hier.
In seinem Leben hatte Kanta viel durchgemacht. Vom Perlentaucher wurde er zum Vorarbeiter in der nächsten Stadt und von dort in die Hauptstadt gespült. Gelegenheitsjobs in vielen Bereichen, legal, halblegal und illegal ließen ihn bis zu einem Anführer von neun ergebenen jungen Leuten aufsteigen. Sie waren flink, berechnend, geschickt und bei der richtigen Motivation auch brutal bis tödlich.

Die Polizeikräfte und die Gesetze waren gnadenlos, was wiederum Gesetzesbrecher eher Spuren verwischen ließ, um davonzukommen, als Zeugen zu hinterlassen. Kantas Gruppe wiederum war in die örtliche Yakuza-Gruppe eingebunden, wenn auch nicht so fest wie echte Yaks. Was ebenfalls nicht ganz ungefährlich war, denn die Gerüchte wollten nicht verstummen, dass mehr als einer der lokalen Oyabun insgeheim ein Abkommen mit den Besatzern hatte – und gelegentlich nicht darüber erhaben war, ,halb-assoziierte‘ Mitarbeiter auszuliefern.

Doch er war ein unabhängiger Geist, auch wenn er es nicht so ausdrücken würde. Sein Leben konnte jeden Tag enden, also versuchte er das Beste für sich herauszuholen. Meist war ihm das geglückt. Er war noch nie von den örtlichen Schnüfflern geschnappt worden, das war mindestens ein Grund für seine körperliche Gesundheit, genau wie sein Geschick mit dem Messer. Ab und zu gab es Schnittwunden, aber nie bleibende Schäden. Anders bei seinen Gegnern.

Sein Vorgänger als Anführer seiner Jugendgang war da ein einprägsames Beispiel. Er hätte ohnehin nicht lange überlebt, da er nicht mit den Yaks schwimmen wollte, also war Kanta irgendwann mit stichhaltigeren Argumenten an die Diskussion um den Vorsitz der Gruppe gegangen. Und Jacky war trotz seiner Dummheit ein zäher Brocken gewesen. Trotz eines Stiches in den Rücken auf Lungenhöhe hatte er Kanta noch einen kurzen Kampf geliefert, während das Messer noch in seinem Rücken steckte. Zum Glück hatte Kanta immer sein "Austern"messer dabei und so endete die blutige Angelegenheit nur mit ein paar blutenden Wunden und einem toten Jacky. Das angenehme an den strandseitigen Slumvierteln war, dass für solche Probleme immer das Meer eine Lösung bereitstellte. Die Sturmfluten und Überschwemmungen rissen immer wieder Menschen ins Meer, und auch Bretterbuden. Also das war fast immer das geringste Problem.

Kantas Gedanken wanderten jetzt zur letzten Nacht. Er hatte gesoffen, ein wenig 'Wohlgefühl' geschnieft, eins der verschiedenen natürlichen Rauschgifte auf Sulafat, und sich mit seinen zwei Lieblingsdamen vergnügt. Nur dumm, dass die am Ende dieser Nacht wirklich Geld sehen wollten. Fairerweise musste er zugeben, dass er ihnen das wirklich schon oft versprochen hatte. Auf seine Art sah sich Kanta als Ehrenmann und nach dem peinlich-lauten Rauswurf war er stocknüchtern und entschlossen, seine Liebesschulden zu begleichen.
Dafür hatte ein Fremdweltler sich angeboten, zumindest hatte ihm das gestern sein "Onkel", einer seiner langjährigen Kontakte zugesagt. Natürlich war er auch seinem "Ojisan" finanziell verpflichtet, und es wäre doch günstig, ihn nicht zum Feind zu haben. Also hatte er sich bereit erklärt, diesen Gaijin anzuhören. Es ging wohl um eine größere Sache. Zumindest war das "Ojisans" Worten zu entnehmen.

Solange das Geld, bzw. Der Ertrag stimmte, war Kanta bereit für Einiges. Was nicht Thema für ihn war: Schmuggel mit Perlen; vor kurzem hatten die Schnüffler richtig aufgedreht, so dass viele aus seiner Umgebung sich auf die Odaga-Seite begeben hatten, um die Sache von Seetang überwachsen zu lassen; oder Angriffe auf die Sicherheitskräfte. Nur Idioten riskierten ihr Leben für sowas sinnloses, und Kanta war kein Idiot. Shimatzes und Odagas waren die Herren und keiner hatte eine Chance gegen sie.

Hier unten gab es Nischen von Freiheit in einer rigiden Gesellschaft, die er nicht aufgeben würde durch unabsehbare Risiken gegenüber lachhaftem Ertrag. Kanta war auch Geschäftsmann. Aus seinem Halbschlaf erwacht, machte er sich auf den Weg. Zwei Stunden waren wie im Flug vergangen, ein Nebeneffekt vom "Wohlgefühl".

Er ging jetzt über den kleinen Markt in Küstennähe wo täglich vorwiegend Nahrungsmittel angeboten wurden. Viele kannten ihn dort und er bekam einiges für lau. Einige von ihnen hatten unter der Hand auch einige Drogen auf Lager. In seiner Gruppe war er auch der Versorger für "Wohlgefühl", das auch viele andere Namen hatte, und seine Jungs, seine "jüngeren Brüder" brauchten regelmäßig Nachschub. Mädchen hatten immer nur Ärger gebracht, also verkaufte er sie lieber gleich, wenn der Zufall ihm ein neues in die Hände spielte. Waisen gab es regelmäßig, hier war das Meer immer wieder großzügig, und nahm häufiger Eltern mit. Und es gab einige Anwärter auf den Straßen, schon mit jungen Jahren, die manchmal nützlich sein konnten.

Kanta war auch so etwas wie ein Arbeitgeber. Gern hätte er mal einige der teureren Rauschgifte probiert, aber er hatte nie genug Geld dafür gehabt. Wer weiß, vielleicht änderte sich ja die Lage mit dem neuen Auftrag. "Guten Morgen, Kanta-kun, wie läuft es heute?", fragte ihn die ältere Dame hinter ihrem kleinen Stand. Verschiedene Meeresfrüchte und Fische lagen in der Auslage. Ihr Zelt in ihrem Rücken war dunkel, abgeschirmt und geräumiger, sie verkaufte auch Medizin.

Kanta mochte diese Anrede nicht, aber 'Großmütterchen' war nicht irgendwer. Im Gegensatz zu anderen wusste Kanta, das man sich nicht mit ihr anlegte. Außerdem war sie eine zuverlässige Quelle für "Wohlgefühl". Nur ein Narr würde diese Quellen gefährden. Kanta war kein Narr. Also verneigte er sich und grüßte freundlich. Sie wusste von einem Großteil seiner Geschichte, aber trat immer so auf, als wäre er ein normaler junger Mann.

Er selbst gestattete sich keine Vertraulichkeiten und blieb höflich und zurückhaltend. Sie plapperte munter weiter, während sie geschäftig ihren Stand weiter aufbaute. "Ein herrlicher Morgen, nicht wahr? Die Stürme und das Wasser ist noch etwas hin, solange laufen die Geschäfte. Was ist mit dir? Du möchtest doch sicher etwas vom Großmütterchen kaufen? Was soll es sein? Wenn du Hunger hast, empfehle ich den Orangenfisch, aber Antonio-sans Krabbensalat ist heute sehr gut, kann ich nur empfehlen." Kanta hatte zwar Hunger, lehnte jedoch dankend ab. Essen würde er heute Abend, mit Glück würde ihm der Auftrag Geld für etwas Bakunawa-Aal verschaffen, das war gutes Essen, nichts für die Ärmsten auf Sulafat, wie beides, das sie anpries.

"Ich verstehe," fuhr sie ungerührt fort: "nichts zu essen, aber deine Burschen vielleicht? Ich mache ein gutes Angebot für die Orangen? Auch nicht? Na gut, dann wirst du etwas Arznei wollen, geh ruhig ins Zelt." Er verneigte sich und folgte ihrer Einladung. So subtil diese auch immer ausgesprochen wurde, niemand wagte sich ohne Einladung ins Zelt. Das dunkle, nicht kleine aber auch nicht übertriebene Zelt war schon lange der Apothekenraum des Marktes. Es hatte schon Versuche von anderen Anbietern gegeben, aber jedenfalls in diesem Viertel blieb es bei der einen Anbieterin.

Nachdem sich Kantas Augen an das Dunkel gewöhnten, sah er auch den "Apotheker", einen von mehreren Angehörigen der alten Frau. Kanta durfte getrost davon ausgehen, dass der kräftige Herr nicht viel älter als er selbst, jedoch besser genährt, bewaffnet und trainiert war. Er würde es nie auf einen Test ankommen lassen, denn selbst wenn er einmal so verzweifelt gewesen wäre, "Großmütterchen" auszurauben, würde er im besten Falle nie mehr an seine Drogen gelangen, wahrscheinlicher wäre jedoch ein schneller Tod. Ohne Drogen würde dies jedoch auch früher oder später geschehen, wenn er seine Bande weder versorgen, noch kontrollieren konnte.

Der Mann knurrte ihn nur an und wartete auf Kantas Bestellung. Anschließend fingerte er in seinen Taschen und im Dunkeln des Zeltes herum um das Gewünschte zutage zu befördern. Dummerweise hatte Kanta nicht genug Geld, so dass er knurrend das "Großmütterchen" anfordern musste. Hier drin sah sie nicht mehr so gebeugt und großmütterlich aus, auch ihre Sprache hatte sich gewandelt. "Wieder kein Geld, Kanta? Das ist zu häufig, Kanta. Es ist schlecht, dass du nicht mit Geld umgehen kannst, Kanta. Diesmal ist sind deine Daumen dran, Kanta!"

Bei jedem ihrer Sätze wand sich Kanta wie ein Wurm. Angstschweiß stand auf seiner Stirn. Ohne seine Daumen konnte er kein Messer mehr führen und seine Bande würde wissen, dass er kein Geld hatte. Beides würde sein Untergang sein, da die Anführerschaft auch auf Status beruhte. Er stammelte: "Bitte, ich habe bald das Geld, ich brauche meine Daumen, ich flehe Sie an!" Die Frau schüttelte den Kopf: "Du solltest lernen mit Geld umzugehen, Kanta. Bist du Rechtshänder?" Kanta nickte nach längerem Zögern und litt Höllenqualen. "Dann gib mir dein Messer, Junge. Diesmal muss der linke Daumen her. Wird's bald!" Zitternd überreichte Kanta sein Messer an den Mann, der es entgegennahm. Kanta war jetzt wieder ruhiger und zitterte nicht mehr so, mit einem Daumen konnte er leben.

Auf das Nicken der Frau hin, packte der Mann Kantas Handgelenk und fixierte es auf einem festen Tisch. Dann sauste die Messerhand nach unten. Es schmerzte mehr als Kanta gedacht hätte und mehr als wäre der Daumen abgetrennt worden. Der Knauf hatte den Daumen schwer getroffen. Kanta wollte schreien, aber es kam nur ein gedehntes Ächzen aus seiner Kehle. Sie nahm seine Hand und als er sie zurückziehen wollte, hielt sie mit überraschender Kraft fest. "Halt still, Junge, ich verbinde den Daumen. Er wird dadurch schneller wieder brauchbar. Außerdem wirst du ein Drittel mehr für diese Lieferung zahlen und ich bekomme einen deiner Jungen, verstanden?" Kanta konnte nur ergeben nicken, als er das Päckchen entgegennahm.

"Ich nehme Ano-kun. Bring ihn in zwei Tagen her, zusammen mit dem Geld." Also den jüngsten seiner Bande, außerdem der Hübscheste. Kanta dachte nicht weiter darüber nach. Sein Daumen schmerzte wie nach einem Quallenstich, und sein Tag war vom schönen Beginn Richtung Meeresgrund gegangen. Er hoffte nur, dass der Gaijin gut zahlen würde, sonst sah es schlecht für ihn aus. Zwar schwankte er zwischen Hoffen und Bangen, was diesen ominösen Gaijin und seine Wünsche betraf, aber eine wirkliche Wahl hatte er jetzt nicht mehr.



Zwerg wartete unterdessen mit seiner Begleitung am ausgemachten Ort. Das Netz würde weitergesponnen werden. Die Yakuza würde stillhalten, solange ihre Interessen nicht berührt wurden, und welches Interesse konnten aufrechte Kombinatsbürger schon an einer ehrlosen Söldnerbande haben, außer aus ihren Überresten vielleicht Profit zu schlagen?

Die ganze Operation war ohnehin befristet, entweder würden die Höllenhunde zerschlagen werden, oder die Einheit der Gräfin würde hier ihr Ende finden. Wenn es nach Zwerg ging, würden sie ohnehin eine Weile untertauchen, auch wenn sie die Söldner zerschlagen oder von ihrer Spur abbringen konnten. Von dem, was er wusste, waren die Operationen der letzten Monate bisher immer sehr erfolgreich gewesen, Verluste praktisch nicht vorhanden. So eine Serie würde eher früher als später reißen. In der Vergangenheit WAR es mitunter auch anders gelaufen.

Unwillkürlich klopfte er an den Holzbalken, neben dem er hier im Halbdunkel stand. Glück war ein Faktor, den kein Kommandeur und Befehlshaber mochte oder kalkulieren konnte, aber er war da. Er selbst hatte neben seinen Fähigkeiten ebenfalls viel Glück gehabt, da machte er sich nichts vor. Es half natürlich immer, dem Glück mit Umsicht und können auf die Sprünge zu helfen. Zwerg hatte eine andere gute soldatische Tugend, er konnte warten. Als Scharfschütze und Kommando war dies insbesondere wertvoll. Jetzt wartete er auf einen jungen Mann namens Kanta, den er für die städtische Arbeit rekrutieren würde. Natürlich mit einigem an Kuritageld garniert.

Der Bettler, den er für einige Ryu dafür mitgebracht hatte, war dessen erster und weniger auffälliger Kontaktpunkt. Er stand an der Straßenecke und tat, was sein Metier war, auch wenn diese Ecke wohl kaum viel abwerfen würde. Zwerg selbst war ein paar Zentimeter größer, seine Haare waren schwarz und sein Gesicht anders als Nase ihn in Erinnerung behalten hatte. Auch war er dicker als früher, was den Vorteil hatte, im Zweifel mehr Dinge transportieren zu können. Im Bauchraum, versteht sich.

Da! Der Bettler bewegte sich in die dunkle Gasse, beide Seiten von ruinösen Häusern gesäumt, ihm folgte ein junger Mann, dem es nicht gut ging. Sein Daumen schien verletzt zu sein, ebenso sein Stolz. Er wirkte aufgebracht und schimpfte mit dem alten Mann, der vergebens versuchte, ihn in unterwürfigem Ton zu besänftigen, man kannte sich. An der Körpersprache erkannte Zwerg nun, dass dieser Kanta gleich handgreiflich würde und musste einschreiten. Drei Schritte an Kantas linke Seite schienen ihn genug abzulenken. "Bist du Kanta?", fragte Zwerg nicht sehr kreativ. Der nickte nur von oben herab, Kunststück, während der alte Mann humpelnd die Gasse verließ.

Immerhin war Kantas Körpersprache jetzt deutlich zurückhaltender. Zwerg befragte ihn und ließ für jede beantwortete Frage eine Münze springen, das erleichterte ihm den Fortgang des Gesprächs erheblich. Letztlich kamen sie zu einer Einigung. Wenn Kanta auf die dumme Idee kam, Zwerg ausrauben zu wollen, ließ er sie nicht durchblicken, es wäre auch zu schade um seine Mitarbeit gewesen. Zwergs Sprache ließ keine Zweifel aufkommen, wer hier das sagen hatte.

Sie einigten sich, und machten weitere Termine aus, natürlich konspirativ, bei denen für Kanta mehr Geld floss und er Neuigkeiten und Optionen mitbringen würde. Darüber hinaus würde er auch seine Fühler nach weiteren Helfern für die gute Sache ausstrecken. Gegen Ende des Treffens sah man Kanta an, dass er beruhigter und zufriedener war. Vielleicht auch etwas entschlossener. Zwerg zog sich wieder in die Schatten zurück, ein Teil des Netzes um die Höllenhunde war damit weitergesponnen. Er würde sich im Anschluss mit "Beast" austauschen und das weitere Vorgehen planen. Solange die Höllenhunde nicht hier waren, würden sie in relativer Ruhe arbeiten können.

Vorher musste Zwerg jedoch noch simple Einkäufe erledigen. Immer etwas Frisches, immer haltbare Waren und immer etwas mehr als die kleine Gruppe brauchte, und oft auf verschiedenen Märkten, um nicht zu vorhersagbar zu sein. Andere taten es ebenso, denn die Vorräte würden mit der Ankunft der Einheit strapaziert werden, auch wenn sie natürlich eigene Beschaffungen tätigen würde. Es war auch wichtig zu erfahren, welche Nahrung für die Mitglieder genießbar waren und welche die Einsatzfähigkeit herabsetzen könnten, somit waren sie auch als Vorkoster hier. Die Höllenhunde würden diesen Luxus nicht haben, auch wenn sie sich dahingehend vermutlich schnell anpassen würden. Aber jedes bisschen half. Bisher war also die Aufbauarbeit gutgegangen. Hoffentlich blieb es so. Zwerg war jedenfalls vorerst zufrieden.



Als er "nach Hause" kam, saß Beast im größten Raum ihrer Unterkunft, hörte das örtliche Radio, und spielte wieder mal mit einem seiner Tiere, am großen Tisch. Zwerg nannte es Spiel, aber es ging wohl deutlich darüber hinaus, denn der Stellvertretende Leiter ihrer Untereinheit trug seinen Codenamen nicht zufällig. Er war ein großes Talent im Umgang mit höherentwickelten Tieren. 'Außer Menschen', fügte Zwerg amüsiert in Gedanken hinzu. Jedenfalls schien Beast bei Tieren ganz verändert zu sein, als bei seinen Artgenossen: gelöst, entspannt, guter Laune.

Aber er war nach Zwergs Erfahrung nie leichtsinnig dabei, jedenfalls gegenüber dem Tier. Man konnte sagen, dass Tiere seine Schwäche waren, da er seine Umwelt gern dabei vergaß. "Unser Gespräch folgt," sagte Beast, als er leise eintrat; 'So viel zur schlechteren Wahrnehmung', dachte sich Zwerg, als er etwas auf Abstand ging. Was hatte er da, eine Wasserratte? Schien die zu lachen, als Beast mit seinem tödlichen Finger sie am Bauch kitzelte? Kein Ton kam aus dem geöffneten Mäulchen, aber es schien die Berührung zu genießen.

Es war für Zwerg immer wieder erstaunlich, wie anders Beast sein konnte. Fast ebenso gut als Scharfschütze wie Zwerg, konnte er mit jedem Spezialgebiet der Kommandos ebenso gut mithalten, aber seine Gefühle konnte man immer nur erahnen. Es ging das Gerücht um, dass er bei einem lange vergangenen Einsatz um eine Kuh getrauert hätte, jedoch gab es keine Zeugen mehr dafür. Fakt war, dass er Tieren freundlicher gesinnt war als Menschen. Die Ratte quiekte protestierend, als Beast seine Hand wegnahm. Also machte er lächelnd weiter.

Mit seinem guten Aussehen hätte er bei fast jeder Frau (und verschiedenen Männern) Erfolg haben können, aber niemand konnte sagen, dass er ihn je an anderen Menschen interessiert gesehen hatte, außer im professionellen Sinn, versteht sich. Er war nicht umsonst der stellvertretende Leiter der Spezialkräfte. Ohne die besonderen Umstände der letzten Jahre und seinem Dienst in der Einheit wäre er wohl schon weiter aufgestiegen. Zwerg zog sich zurück, um Essen zu machen, er war heute dran.



Beast wusste, dass Vermenschlichung seiner Tiere nicht gut war, trotzdem hatte er die Wasserratte, ein kerngesundes Einzelexemplar, Alwin getauft. Er wusste, dass Alwin draußen überleben konnte, auch wenn er schon länger in Gefangenschaft lebte, Beast hatte ihn lediglich "befreit". Die Tierhandlungen behandelten solche wie Alwin – „Exoten“ waren auf Welten, die keine einheimischen Säugetiere aufwiesen, durchaus geschätzt - nicht besonders schlecht, aber auch nicht nach dem Standard, den Beast setzte. Ein Glaskasten, in dem nur eine Trinkflasche hing, war eigentlich keinem Tier zuzumuten.

Wasserratten waren als Haustiere auf Sulafat offenbar beliebt. Beast war froh, jemanden zu haben, mit dem er etwas Zeit außerhalb des Dienstes verbringen konnte. Sein Traum war, falls er bis dahin überlebte, entweder ein Gnadenhof auf einem der zivilisierteren Planeten, oder eine Raumkatzenzucht aufzumachen.

Katzenartige waren seine Favoriten, unabhängig, aber konnten an Menschen stark gewöhnt werden. Fast mit allen Tieren kam er gut zurecht, aber katzenartige kannte er seit der frühesten Kindheit und sie faszinierten ihn immer. Trotz allem aß er auch Fleisch, auch wenn er das irgendwann abstellen würde, aber seine Arbeit hatte eben noch Vorrang. Dahingehend konnte er sich keine Sentimentalitäten leisten. Und egal wie unwahrscheinlich seine Pläne klangen, gerade im Umfeld des Einsatzes dieser Einheit, jeder Mensch brauchte ein Ziel.

Andere wollten Macht und Reichtum, politische Ziele erreichen, wie die Gräfin, oder Rache, wie vermutlich einige in der Einheit - als Profi hatte er dahingehend keine Ambitionen. Das machte ihn zuverlässig, jedenfalls da, wo Menschen involviert waren. Falls seine Schwäche für Tiere ihm hinderlich für den Einsatz geworden wäre, hätte man ihn nicht als Stellvertreter genommen, oder ihn vermutlich schon entsorgt. Oder er wäre bereits im Einsatz gefallen, da machte er sich keine Illusionen. Zweifelsohne würden seine Vorgesetzten und Kommandeure dies im Hinterkopf behalten oder gegen ihn verwenden können, aber soweit würde er es nicht kommen lassen. Überleben war schließlich oberstes Ziel für jedes Lebewesen. Wenn nicht individuell, dann für die Art. Er hatte da schon einiges gesehen, was darauf hindeutete. Selbst suizidale Leute hatten schon für andere ihren Plan geändert. Wie auch immer, Alwin und seine Artgenossen waren wirklich gut angepasst für diese Welt.

Es war fast tragisch, dass sie den Planeten bald wieder verlassen mussten, da er von Leben nur so überquoll. Gern hätte Beast die Fauna studiert, jedoch war ihr Ziel hier ein anderes, bestehend aus den erfolgreichsten und gefährlichsten Raubtieren der bekannten Galaxis. Wurde dies alles zu einer Einheit verschmolzen gab es nur wenig, was einer Gruppe wie den Höllenhunden wirklich widerstehen konnte, aber Beast und seine Vorgesetzten kannten da einige Möglichkeiten und sie würden sie benutzen.

Alwin zog jetzt mit beiden Pfoten an seinem Finger um wieder gekitzelt zu werden, Beast enttäuschte ihn nicht. Ihr Einsatz hier war zeitlich begrenzt, gefährlich und wagemutig. Dass sie schon so lange in fremden Sektoren operierten, mit Erfolg, war den Anführern zu verdanken, bemerkenswerte Menschen. An der Spitze die Gräfin. Über ihr waren seines Wissens noch weitere, mächtigere Personen, die ihm jedoch nicht bekannt waren. Dass sie die Einheit schon so lange führte und das in äußerst feindlicher Umgebung war bemerkenswert. Die Logistik dahinter ging über Beasts Verstand. Eine Schwäche von ihm, an der er nichts ändern konnte.

Dass die Einheit im Einsatz sogar noch gewachsen war, sprach für ein enormes Organisationstalent. Und dann kam ihr XO 'Lupus'. Ein exzellenter Taktiker und Stratege, und der Gräfin völlig ergeben. Er hatte allerdings einen fanatischen Zug und war sehr streng, wobei das unter diesen Umständen wahrscheinlich nicht schadete. Nur ob sein Hass auf Clanner und alle die gegen seine Herren waren ihm irgendwann nicht im Weg war? Sie würden es sehen. Bisher hatten seine Erfahrung und Fähigkeiten jedenfalls Erfolge gezeitigt. So sehr, dass Kurita und die Bären langsam auf ihrer Spur schnüffelten. Die Höllenhunde waren die Manifestation ihres Erfolgs die Grenzregion aufzumischen. Selbst falls es gelang, sie zu liquidieren, würde dies nicht das Ende der Maßnahmen gegen sie sein. Er konnte nur hoffen, dass die beiden Einheitsführer einen guten Plan für die Zeit danach hatten. Selbst ihre Anwesenheit hier war gefährlich genug. Die Dracs waren nicht zimperlich, wenn man sich in ihre Angelegenheiten mischte.

Alwin wurde jetzt übermütig und biss in seinen Zeigefinger, da hatte er wohl beim Nachdenken in der Aufmerksamkeit nachgelassen und nicht aufgepasst. Da das Tier nicht losließ, musste er ihn jetzt lösen, auch wenn es nicht zu gefährlich war; er konnte keine Verletzung gebrauchen, die seine Einsatzfähigkeit herabsetzte. Ohnehin war bald seine Freizeit vorbei. Er packte Alwin ruhig und sanft mit der linken Hand im Nacken. Das Tier wurde ruhig und ließ sich hängen. Anschließend stützte er seinen bepelzten Körper von unten und trug ihn zu seinem Häuschen.

Der Biss war nicht tief, es hätte schlimmer sein können. Die auf Sulafat von den menschlichen Siedlern eingeschleppten – und im Laufe der Jahre in vielen Fällen verwilderten - Wassersäuger konnten sogar feste Schalen aufknacken. Es blutete nur wenig. Er war nicht böse auf das Tier, er hatte nie negative Gefühle gegenüber Nichtmenschen gehabt, weder Ekel, Hass, Wut oder auch nur Abneigung, im Gegenteil. Bei Menschen konnte er zwar ihre Gefühle wahrnehmen, was ihm erlaubte unter ihnen zu funktionieren, aber das war eine schwere Aufgabe gewesen. Nur Menschen konnten, wenn, dann negative Gefühle in ihm wecken. Er erinnerte sich immer an seine erste Katze, und wie sie zu Tode kam. Ihr Mörder und Quäler war ein junger Mensch gewesen und er hatte diese Tat nie verwunden.

Spätestens seitdem er ihn dafür bezahlen ließ, eine schwache Genugtuung für solch eine Tat, war seinen Förderern klargewesen, dass er sich sehr gut gegen andere Menschen einsetzen ließ. Seine sonstigen körperlichen und psychischen Anlagen waren äußerst vorteilhaft und er wurde auch nicht vermisst, da er Vollwaise war. So war er vor seinem Einheitsleben schnell aufgestiegen. Und nun, nachdem ihm und wenigen anderen seines Teams die Flucht aus dem kompromittierten Dienstverhältnis gelungen war, war er in dieser Einheit ein wichtiger Teil der Anstrengung gegen die Bären und damit gegen die Söldnereinheit der Höllenhunde, eine Aufgabe, die er mit dem üblichen Pflichtgefühl wahrnehmen würde. Sein Finger war bandagiert, seine Impfungen würden etwaigen Infektionen begegnen und es war Zeit, mit Zwerg über die nächsten Maßnahmen zu reden.

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Combined Arms Mechwarrior, hier fahre ich Epona, stampfe mit NovaCat, fliege Shiva und bin BA.
Stand-alone, ohne irgendwelche Voraussetzungen. Kostenfrei.

http://www.mechlivinglegends.net/2017-01/mechwarrior-living-legends-communi
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