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Zum Ende der Seite springen Hinter den feindlichen Linien Season 3
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Ace Kaiser Ace Kaiser ist männlich
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Hinter den feindlichen Linien Season 3 Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Nach Jahrzehnten des kalten Krieges, des Belauerns und des Spionierens kam es zu jenem Ereignis,
welches man schlicht Krieg nennt.
Ein Schlachtfest, welches Millionen von Menschen und Akarii verzehrte. Allein die erste Schlacht
kostet die Terran Space Navy vier Flottenträger und über 40.000 Männer und Frauen das Leben.
Darauf hin führte die TSN eine Art Guerillakrieg, stießen mit ihren leichten Trägern bis weit hinter die
feindlichen Linien vor und jagten alles was ihnen vor die Geschütze kam.
Diese Aktion brachte ebenfalls über 20.000 Opfer allein auf Seiten der TSN.
Es ist erstaunlich, wie viel das zerbrechliche Wesen Mensch bereit ist auf sich zu nehmen. Wie lange
es durchhalten kann und wie verzweifelt er mit allem ihn zur Verfügung stehender Mittel zuschlägt
und weiterkämpft und weiter und weiter und weiter.
Epilog aus Lords of Space

__________________
Ace Kaiser,
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03.11.2015 21:51 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
Ace Kaiser Ace Kaiser ist männlich
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Das Callahans war ein kleiner Saloon am hinteren Ende der Amüsiermeile auf Perseus-Station.
Lucas nippte genüsslich an seinem Scotch Bannahabhain. Zwei Fingerbreit mit zwei Eiswürfeln. Ihm
gegenüber saß Darkness, das Gleiche vor sich stehend.
"Ich möchte Davis eine eigene Rotte geben", begann Lucas.
Darkness sah ihn etwas erstaunt an, doch ehe er antworten konnte fuhr Lucas fort: "Ich möchte, dass
Du ihn noch mal ordentlich ins Gebet nimmst, ihm seine zukünftige Verantwortung klar machst."
"Hm, ja klar, werd ich machen." Justin wirkte auf Lucas, als sei er nicht ganz bei der Sache.
Lucas sah seinen Freund lang fragend an, bis dieser schließlich anfing zu reden: "Er ist wirklich gut."
"Wer? Davis?"
"Nun, der auch, aber den meine ich nicht."
"Die rote Echse?" Fragte Lucas, woraufhin Darkness nickte: "Ja und er ist verdammt gut. Wir hatten
wirklich Glück."
Lucas nickte und nippte erneut an seinem Drink: "War es derselbe, der mich in Mantikor aus meiner
Nighthawk geschossen hat?"
Nach kurzem überlegen antwortete Darkness: "Ja, sehr wahrscheinlich, Flugmuster, Aktionsverhalten
und Präzision waren gleich. Dieser Kerl wird langsam zu einer Legende."
"Bloß was tun wir dagegen?"
"Wir müssen ihn erledigen sollten wir das nächste mal auf ihn stoßen, hat oberste Priorität, bevor er
sich selbst unsterblich macht."
Lucas nickte: "Ja, ja Du hast recht ...", plötzlich viel im Mel Auson auf, die ihn aus weiter Entfernung
anblickte. Sie ließ ein Lächeln aufblitzen und winkte ihm kurz und verschwand hinter der nächsten
Biegung, " ... Du äh, Jus, könntest Du bitte bezahlen, ich hab noch was zu erledigen."
Etwas irritiert blickte Darkness seinem schnell davoneilenden Freund nach. Was hat den denn
gebissen?
*****************************
Man sollte eigentlich meinen, jemand, der mit der absoluten Leere des Alls aufgewachsen ist, würde
die beklemmende Enge von Wasser meiden.
Dieses Gefühl, überall eingequetscht zu werden, keine Luft zu haben, umhüllt, GEFANGEN zu sein.
Aber man irrte. Denn der Aufenthalt im Wasser kam einem wichtigen Umstand am nächsten, den jeder
Raumgeborene kannte und schätzte: Schwerelosigkeit.
Wenngleich die Luft in den Lungen für einen gewissen Auftrieb sorgte, wenngleich es ein festes oben,
ein festes unten gab, durch Wasser zu gleiten war beinahe wie bei null Gravitation durch das kalte,
glitzernde All zu schweben.
Okay, ich war ein lausiger, ein richtig lausiger Schwimmer.
Für die fünfzig Meter, die das Becken maß, brauchte ich fast anderthalb Minuten.
Aber tauchen, das konnte ich super. Fünfunddreißig, vierzig Meter am Stück, kein Problem.
Auf dem Kachelboden sitzen und die Luft anhalten, gut zwei Minuten.
Um es auf den Punkt zu bringen, ich war in meinem ureigensten Element.
Ich krümmte mich in der Schwerelosigkeit des Wassers zu einer Kugel zusammen und rotierte um die
eigene Achse. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, während ich mich dem Boden des
Schwimmbades näherte. PERSEUS Station war schon klasse. Dieses Bad war nur eines von neun, und
bei weitem eines der schlichteren. Daher war es schlecht besucht. Was mir die Ruhe und die
Besinnung gab, die ich so dringend benötigte.
Ruhe, um meinen Weg zu finden.
An Bord der CARNEGY, dem Frachter meiner Eltern, einem alten Pott der Whale-Klasse, hatte ich
oft genug die Gelegenheit gehabt, einfach einen Raumanzug anzuziehen und mich einige Zeit auf der
Außenhülle rumzutreiben. Mich treiben zu lassen.
Das Schwimmbecken war nur ein rudimentärer Ersatz dafür, aber besser als gar nichts.
Kräftig stemmte ich die Füße auf den Boden, stieß mich ab. Wie ein Pfeil schoss ich durch das
Wasser, kam nach oben, durchbrach die Wasseroberfläche.
Es war viel geschehen, zu viel.
Zehn feindliche Piloten hatten im Kampf gegen mich versagt. Okay, neun und ein Shuttle.
Ich war der Wingman des stellvertretenden Geschwaderkommandanten, hatte ihm ebenso oft wie er
mir das Leben gerettet. Wir waren beide dem Roten Baron entgegen getreten und hatten es überlebt –
wobei er mir übler mitgespielt hatte als meinem Freund McQueen.
Soviel auf der Haben-Seite.
Ich hatte Kali verprellt. Ich hatte eine missglückte Freundschaft zu ihrem neuen Schwarm, dem jungen
Piloten Ohka aufgebaut, was die Sache noch komplizierter machte.
Und ich hatte mich mehr als einmal sowohl mit dem Geheimdienst als auch Lilja angelegt, der
unterkühlten russischen Pilotin. Wobei ich mir immer noch nicht sicher war, wer gefährlicher war.
Meine Hände griffen zu, fassten nach dem Beckenrand. Ich verlagerte mein Gewicht nach vorne und
stieß mich regelrecht aus dem Wasser. In einer Fontäne sprang ich auf den Rand.
Die Gerüchte, ich könnte der Saboteur sein, den es angeblich auf der RED gab, waren erloschen, als
keine Zwischenfälle mehr stattfanden. Nun ja, fast.
Das war die Soll-Seite, denn erloschen hieß nicht vergessen. Nur zurück gestellt.
„Danke“, knurrte eine bissige Frauenstimme neben mir.
Ich warf einen schnellen Blick in diese Richtung und erhaschte den Eindruck von hellblondem Haar.
Lilja? Imp? Nein, die hatten beide nicht diesen extrem kurzen Raspelschnitt.
„Wofür?“ fragte ich und begann mich mit meinem Handtuch trocken zu reiben.
„Na, dafür“, sagte die Frauenstimme wieder.
Ich sah herüber und entdeckte, worauf die Dame anspielte. Bei meinem Ausstieg hatte ich nicht nur
einen Schwall Wasser mitgenommen, ich hatte einiges davon auch auf sie verteilt. Um nicht zu sagen,
ich hatte sie geradezu getränkt.
Ich grinste verlegen. „Sorry. Aber da unten sieht man nicht, was hier oben passiert.“
Sie war hellblond, nein, weißblond. Ein Haaransatz verriet mir aber, dass der Ton gefärbt war. Dazu
kam, dass sie recht groß war, ich schätzte sie auf gut eins achtzig.
Sie wirkte trainiert auf mich, hatte nicht viel mehr Speck am Körper als ich oder jeder andere Pilot der
RED auch.
`Was denkst du denn da, Ace´, rief ich mich zur Ordnung. `Sieh dir nur diese Beine an. Diesen
braunen, gut geformten Bauch. Diese…´
„Wenn du fertig bist, kannst du mich auch wieder anziehen“, sagte sie schnippisch.
Verdutzt starrte ich sie an. Ihre grauen Augen funkelten belustigt. Sie schien mir die kleine Visite
nicht übel zu nehmen.
„Sorry. Aber es gibt da nichts, wofür du dich schämen müsstest.“
„Als wenn mich das trösten würde.“
Ich grinste und reichte ihr mein zweites Handtuch. „Hier. Wenn du willst, übernehme ich das auch
gerne für dich.“
Sie ergriff das Handtuch und warf mir einen spöttischen Blick zu. „In deinen Träumen.“
Sie trug einen knappen, sehr knappen Bikini. Einfarbig, dunkelblau. Ein Abzeichen war darauf
eingenäht. Ich konnte es nicht genau erkennen, weil ich ihr nicht auch noch auf das Oberteil starren
wollte. Außerdem irritierten mich ihre Bewegungen genug, während sie sich langsam und sorgfältig
abtrocknete.
„Warst ziemlich lange da unten“, sagte sie im Plauderton. „Ich dachte jede Sekunde springt die
Rettungsautomatik an und leert das Becken. Du kannst ziemlich lange die Luft anhalten.“
Ich zuckte die Achseln. „Ich kann nicht schwimmen. Irgendwie muss man ja überleben, oder?“
Wieder dieser spöttische Blick. „Ich habe deine vierhundert Meter Kraul gesehen.“
„Sag ich doch“, bekräftigte ich. „Ich kann nicht schwimmen.“
Sie lachte. Es war ein helles, melodisches Lachen. „Dein Punkt.“
Sie warf mir das Handtuch wieder zu. „Du bist Cliff Davis von der RED, richtig?“
„Wie hast du das nur erraten?“ erwiderte ich spöttisch.
„Nun, man hat mir gesagt, suche nach einem Kerl, dessen Ego das halbe Schwimmbad ausfüllt. Ach
ja, und er sollte blaue Haare haben.“
Na toll. Das fing ja gut an. Sehr gut sogar. „Protest“, brummte ich. „Mein Ego füllt das ganze Bad
aus.“
Wieder lachte sie. Es klang herrlich. Labsal für meine bei der letzten Feindfahrt geschundene Seele.
„Keine Einwände“, murmelte sie.
„Und, was kann ich für dich tun?“
„Du kannst mir sagen, wie du die Begegnung mit dem Roten Baron überlebt hast.“
„Pilotin, eh?“ argwöhnte ich und zog die Brauen hoch. „Dann lass dir mal was gesagt sein: Die Rote
Echse ist der wahrscheinlich beste Pilot, den die Schuppenhäute haben. Sollte er dir über den Weg
laufen, greif ihn im Wing an. Oder jag den Nachbrenner rein und verschwinde.“
„Nein, das meinte ich nicht. Ich will Details wissen. Wie fliegt er? Was sind seine Manöver? Wie
integriert er seinen Flügelmann? Ist er eher auf die Waffen oder eher auf die Raketen fixiert?“
Das letzte Mosaik war an seinem Platz.
„Du hast mir aufgelauert, was, Mädchen?“
Sie zog die Stirn kraus. „Och, aufgelauert kann man das nicht nennen. Verfolgt trifft es schon eher.“
Ich seufzte. „Lady, du bist hübsch. Du bist schlau, wie mir scheint. Und wer weiß schon, wie gut du
als Pilot bist. Aber vergiss den Roten Baron. Überlass solche Typen Lone Wolf, Martell oder
Darkness. Oder meinetwegen mir. Ich traue es mir wenigstens zu, den Sack mit in den Tod zu
nehmen.“
Wenn ich geglaubt hatte, mein kalter Blick würde sie auf Distanz treiben, hatte ich mich geirrt. „Ach,
komm schon. Ace. Überlebende eines Dogfights mit dem Baron sind selten. Und wer von PERSEUS
los fliegt kann auf ihn treffen. Also, erzähl es mir. Nur damit ich vorbereitet bin.“
„Und damit sie dir den Goldenen Löwen mit Diamanten in die Urne packen? Vergiss es.“
„Komm, Ace. Unter Piloten. Ich würde dich auch einladen.“
Ich dachte nach. „Okay, Lady. Meinetwegen. Aber es ist dein Risiko. Nicht meines.“
„Nein, Ace, es ist auch deins. Es ist das Risiko jedes Piloten, der PERSEUS verlässt.“
„Wir treffen uns vor den Umkleidekabinen, ja?“ Ich ergriff meine Sachen und ging vor.
Drei Stunden später schreckte ich hoch. Automatisch flammte das Licht in der Kabine an. Neben mir
im Bett lag Huntress. Zumindest ihr Callsign hatte ich herausfinden können, bevor sie mit ihrer
besitzergreifenden, resoluten Art jeden Versuch meines kläglichen Widerstandes fort gewischt hatte.
Und hier waren wir gelandet. Ich setzte mich auf. Idiot.
Aber… War ich das wirklich? Kali wollte mich nicht mehr, das hatte sie mir deutlich gemacht. Lilja…
Sich auf sie Hoffnungen zu machen hieß, sowohl Pinpoint zu verletzen als auch Selbstmord zu
begehen. Wenn ich das überhaupt wollte.
Nein, ich war kein Idiot. Bestenfalls, weil ich mit Huntress gleich beim ersten Date ins Bett gestiegen
war. Aber ich musste zugeben, ich hatte es ihr nicht gerade schwer gemacht.
Mein Blick ging wie zufällig zur Uhr. So spät schon?
DARKNESS! Hastig sprang ich aus dem Bett, griff nach meinen Sachen.
Huntress öffnete die Augen, blinzelte. „Und, Ace, wohin nach deinem Abschuss?“
“So einer bin ich nicht. Aber mein Wing Leader wartet. Ich bin schon spät dran. Sorry, Huntress.“
Ich knöpfte mein Hemd zu, beugte mich vor und küsste ihre weiche Schulter. „Ruf mich an.“
Im Laufschritt verließ ich die Kabine. „Ach, auf welchem Kahn kann ich dich erreichen?“
Sie lächelte. „Auf der MARYLAND, Ace.“
„MARYLAND, gut.“ Ich stürmte auf den Gang, während ich meine Uniformjacke schloss…

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Ace Kaiser,
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Das Renoire war sehr gut besucht an diesem Abend. Justin beobachtete die Gäste, in der Mehrzahl
Piloten der Redemption und der Maryland. Eine vollbusige Bedienung fragte nun schon zum achten
Mal ob er noch was trinken wollte und zum siebten Mal verneinte er.
Wo blieb Cliff, langsam ging ihm diese Tusnelda auf den Zeiger.
Wie auf Stichwort betrat Clifford Davis das Etablissement. Er sah sich kurz um und steuerte dann
zielstrebig Justins Tisch an.
"N´Abend Boss. Sorry ich wurde aufgehalten." Ace sah etwas zerzaust aus aber das war in letzter Zeit
normal.
"Na endlich. Wenn ich noch zehn Minuten hätte warten müssen hätte ich wahrscheinlich wild um
mich geschossen." Darkness sah viel sagend zu der Bedienung die bereits wieder Kurs auf sie
genommen hatte.
Ace gluckste. "Scheint so als wärst du ihr sympathisch, alter Mann. Was gibt’s eigentlich so wichtiges,
das du mich hierher bestellst?"
"Klugscheißer wie dich sollte man an die nächste Rahe knüpfen..."
"An was?" Ace sah etwas verdutzt drein kicherte aber in einem fort.
"Vergiss es, Kleiner, ich hab keinen Bock auf Geschichtsunterricht. Zur Sache.."
"Möchten Sie jetzt was trinken?"
"Himmelherrgottnochmahl bringen Sie mir irgendwas aber gehen Sie mir nicht mehr auf den Geist...
Rotorenjule." Darkness Faust traf krachend den Tisch und ließ die Bedienung leicht zusammenzucken.
Sie wandte sich ruckartig um und stampfte davon.
Jetzt musste Ace wirklich lachen. Er lag mit verschränkten Armen auf dem Tisch und versteckte sein
Gesicht. Ein leichter Schlag mit der flachen Hand auf den Hinterkopf lenkte seine Aufmerksamkeit
wieder auf den älteren Piloten.
"Noch mal von Vorn. Der CAG hat mich angewiesen dir eine Rotte zuzuteilen. Meinen Glückwunsch
Wingcommander."
Ace war das Lachen vergangen. Er saß mit offenem Mund da und wusste nicht so recht ob er lachen
oder weinen sollte. "Machst du Witze?" fragte er etwas ungläubig.
"Nicht im geringsten Kleiner. Du bist einer der erfahrensten Piloten im Geschwader und als solcher
bist du weit genug um eine Rotte zu befehligen. Und weit genug um die Verantwortung für deinen
Flügelmann zu übernehmen." Darkness nahm einen Schluck aus seinem Glas Bourbon, das Zeug hielt
keinem Vergleich mit seinem Whiskey stand schmeckte aber ganz passabel.
"Du willst mich wirklich verarschen, Justin." Ace schüttelte den Kopf.
"Wenn ich dich verarschen will dann setze ich an die Außenschleuse ein WC-Schild. Du wirst eine
Rotte befehligen. Basta. Lass dir eins gesagt sein, es ist ein Haufen Verantwortung. Dir wird zwar der
Hintern gedeckt aber du bist für alles verantwortlich. Dasselbe wie gehabt nur das du jetzt das Sagen
hast. Denk aber bitte dran das ich nicht da bin um dir den Hintern zu decken, also verlass dich nicht
auf jemanden der nicht da ist. Ich erwarte dass du deinen neuen Flügelmann einarbeitest und mit ihm
trainierst. Wöchentliche Berichte an mich und den CAG." Justin wusste nicht so Recht was er seinem
Freund noch sagen sollte. Er hoffte Ace verstand was er ihm sagen wollte, nämlich das er es sich nicht
weiter leisten konnte feindlichen Jägern hinterher zujagen und den Blick von der Gesamtsituation
abzuwenden.
"In Ordnung, danke Boss. Ich hoffe trotzdem dass wir öfter zusammen fliegen. Ich werd dich nicht
enttäuschen." Ace war das Lachen vergangen, er blickte sehr ernst.
"Ich glaube auch nicht dass du uns enttäuscht, sonst wärst du nämlich immer noch an der Leine und
nicht Rottenführer. Du kriegst das schon hin. Und jetzt lass uns deinen neuen Posten feiern, aber nicht
hier sonst krieg ich ´nen Schreikrampf."
Darkness und Ace verließen das Renoire in Richtung Redemption. Eine Flasche uralter schottischer
Brandkunst wartete auf die beiden
**************************************
Als Murphy das „Upside Down“ betrat, war die Party bereits im vollen Gange. Murphy war erstaunt
über die Anzahl der Gäste, bis ihm klar wurde, dass auch Leute von anderen Staffeln, ja von anderen
Trägern dabei waren. Als man seine Ankunft bemerkte – und das war erst kurz bevor er die Ecke
erreichte, wo die Partygesellschaft sich aufhielt – wurde er von einem Chor von „Hallo Skipper“
Rufen begrüßt. Murphy grinste, nickte und hielt die davoneilende Bedienung fest, um noch ein Bier zu
ordern. Dann setzte er sich an den Tisch und sah in die Gesichter der Männer und Frauen, mit denen er
geflogen war. Alle schienen höchst vergnügt und entspannt zu sein, einige auch schon leicht
angetrunken. Thunder schien ebenfalls die Party zu genießen. Insgeheim wusste sie, dass sie recht früh
mit Murphy das Lokal wechseln würde, denn irgendwann musste man die Junioroffiziere unter sich
lassen. Denn auch hier würden sie solange gehemmt sein, bis der „Alte“ weg war. Das war schon
immer so in der Navy und würde immer so bleiben, quasi ein anderer Nachteil des Kommandos.
Aber für den Moment würden sie zusammenfeiern und genießen. Murphy konnte beobachten, wie
Brawler zum wiederholten Male vor versammelter Mannschaft wegen seiner fehlenden Schießkünste
bloßgestellt wurde, was dieser seinem Flügelmann auf humorige Weise zurückgab, indem er
entgegnete, er habe nie ein Shuttle zum Rückflug zum Träger benötigt.
Tank musste mehrmals seine Stärke im Armdrücken beweisen, wo er sehr zur Überraschung aller
selbst Thunder schlug, die lange den Ruf der Unbesiegbarkeit innehatte.
Murphy unterhielt sich derweil mit Lord, einem derjenigen, die die Redemption verlassen würde.
„Na, haben Sie schon eine Zuteilung?“
„Ja, ich komme wieder zu einer Gripen Staffel, der 193.Staffel. Angeblich soll ich sogar Wing
Commander werden.“
„Das klingt ja gut. Ich bin sicher, dass Sie das packen werden.“
„Danke Sir...mit Verlaub, ich war ja zwischendurch ein wenig skeptisch, aber ich muss sagen, dass ich
froh war, unter Ihnen zu dienen.“
„Danke, Lord, das bedeutet mir viel. Wie geht es Ihrem Vater?“ Lords Vater war vor der letzten
Feindfahrt schwer erkrankt und Murphy wusste, dass dies dem Lieutenant Sorgen bereitet hatte.
„Es geht ihm wieder besser. Die Ärzte sagen, es sei in 4 Monaten wieder ganz der alte.“
„Das ist ja eine gute Nachricht.“
„Sir, darf ich Sie noch mal was fragen?“
„Lord, vergessen Sie mal das Sir heute.....und ja, natürlich, ich fresse Sie schon nicht auf.“ Martell
grinste.
„Ähm, ja, danke. Wie machen Sie das, ich meine Sie sind schon länger beim Militär als ich und die
anderen hier. Mit ihrer Verwandtschaft oder ihren Beziehungen?“
„Da bin ich wirklich die falsche Adresse. Sagen wir es mal so, meine Eltern wollen nichts mehr von
mir wissen, seit ich in die Navy eingetreten bin...zu meinem Onkel hab ich noch Kontakt, aber das
lässt sich gut über die regulären Kanäle erledigen. Und ansonsten hab ich keinen, der zu Hause auf
mich wartet.“
Lord nickte und dachte nach.
„Ich weiß, ich bin fürchterlich indiskret...aber schieben Sie es auf die fortgeschrittene Stunde und
meinen Alkohol...“
Martell ahnte, wie der Hase lief. „...Sie wollen wissen, wieso das so ist?“ Lord nickte.
„Sie wissen, wie es beim Militär ist. Nur haben Zivilisten in Friedenszeiten noch weniger Verständnis
als jetzt, wenn man wieder versetzt wird, wieder erst in 8 Monaten zu Hause ist und kaum Kontakt
halten kann, weil man Piraten jagt. Als Alternative bleiben dann nur Militärangehörige, aber da ich
mir fest vorgenommen habe, Navy und Privates zu trennen, fällt das auch flach.“
„Wieso, vielleicht findet sich ja eine Lady bei den Marines?“ Lord grinste.
„Bei den Jarrheads?“ Beide lachten angesichts dieser alten Bezeichnung für die Marines.
„Es wäre jedenfalls eine Abwechslung.“ Gluckste Lord.
„Das wäre es...was macht denn Ihre Freundin?“
„Die hat mir heute den „Dear John“ Brief geschickt...“
„Sie hat es nicht mehr länger ausgehalten?“
„Schlimmer, sie hat nen Neuen, einen Freund von der Uni....das Schlimme an der Sache ist, dass ich
ihn auch noch kenne und weiß, dass er ein Schwein ist.“
Martell orderte noch zwei Bier und zwei Scotch bei der vorbeilaufenden Bedienung und wandte sich
dann wieder Lord zu.
„Ok, lassen Sie es mich mal so formulieren. Ich habe vielleicht selber wenig Erfahrung in solchen
Dingen, aber ich habe es dutzenden Male bei anderen Leuten mitbekommen. Haken Sie es ab. Sie
wissen nicht, ob Sie sie je wiedersehen werden. Viele Zivilisten können früher oder später nicht mehr
mit dem Korsett, dass das Leben beim Militär für uns scheinbar darstellt, leben. Dass es kein Korsett,
sondern eine Berufung ist, ist eine andere Sache. Aber Sie sollten sich klar sein, dass selbst wenn Sie
sie wiedersehen werden, werden Sie und Ihre Freundin sich sehr verändert haben. Schauen Sie sich
selbst an, Sie sind ernster und verantwortungsbewußter geworden, Sie haben dem Tod mehrfach ins
Auge gesehen und Freunde verloren. Diese Erfahrung wird ein Zivilist nie machen, wenn er nicht
wirklich Pech hat.“
Lord nickte. „Danke....da haben Sie mir was zum Nachdenken gegeben...aber erstmal muss ich
Brawler jetzt mal zeigen, wie man vernünftig Dart spielt, so wie der die Pfeile hält, ist das ne
Krankheit.“ Murphy lachte und gab seinem Piloten einen Klapps ab die Schulter.
„Machen Sie das.“
Eine Stunde später verließen Shukova und Murphy die Party und gingen ins „Havanna“, wo sie sich
mit Midori Yamashita und einem gewissen Commander Gonzalez verabredet hatten.
************************************
Kano saß in seiner Kabine - allein. Sein Arm war immer noch, wie die Schulter, verbunden und durch
Schienen fixiert. Das Fleisch sollte noch etwas Zeit haben, um wieder zusammenzuwachsen. Danach
würden Schulter und Arm steif sein, das hatte man ihm oft genug erklärt.
LANGSAM und METHODISCH würde er dann trainieren, um wieder volle Kontrolle über den Arm
zu gewinnen, das zusammenwachsende Gewebe zu kräftigen und zu testen. Würde er etwas falsch
machen, so Dr. Hamlin, könne er von Glück reden wenn er einen Jäger auch nur von AUSSEN zu
sehen bekäme. Er, Dr. Hamlin, würde jedenfalls in einem solchen Fall sein Bestes geben, daß man
Kano in die Fliegerreserve oder die Heimatverteidigung steckte.
Also musste er wohl geduldig sein.
Er hatte genug, worüber er nachdenken konnte, auch dienstlich.
Er würde nicht mehr mit Lilja fliegen. Es war ganz klar, daß sie nicht weiter seine Flügelfrau sein
konnte, nicht nach Ordensverleihung und Beförderung - aber wie es aussah, würde sie einen der
"Neuen" befehligen. Also hatte auch Kano sich umzustellen. Er hatte noch keinen blassen Schimmer,
mit wem er fliegen würde - einem Veteranen oder einem Abgänger von der Akademie.
Lilja war die perfekte Flügelfrau gewesen, ungeachtet ihres nicht sehr einnehmenden Wesens und des
manchmal fürchterlichen Temperaments am Boden. Im Raum war sie immer konzentriert und absolut
kompetent gewesen, hatte ihn perfekt unterstützt - und wahrscheinlich das Leben gerettet.
Aber Kano war sich ganz und garnicht sicher, ob er die Fähigkeiten besaß, einen "Neuen"
"einzufliegen". Zumindestens diese Schwäche gestand er sich ein - er war kein guter Lehrer... .
Die Vorstellung allerdings, einem Veteranen untergeordnet zu werden, behagte ihm auch nicht gerade.
Gewiß, so etwas war nicht unüblich, aber es würde ihm doch einen Stich versetzen, in der Rotte nicht
mehr zu führen, sondern zu gehorchen. Und seinen Fehler, kein perfekter Flügelmann zu sein, den
hatte man schon an der Akademie bemerkt: strikt am Rottenführer zu kleben und dessen Befehle zu
befolgen, ihn zu assistieren - das lag Kano wenig... .
Nun, er konnte nicht mehr tun, als abzuwarten - und zu nehmen, was kam. Etwas anderes gehörte sich
einfach nicht! Und sollte man ihn nicht für würdig befinden, eine Rotte zu führen, er würde den
Beweis dazu schon noch erbringen. Und er würde auch beweisen, daß er ebenso fähig wie Lilja war!
'Wenn ich nicht abgeschossen werde - es lag schon zweimal auf des Schwertes Schneide - und jetzt
wird sie wohl kaum mehr auf mich aufpassen... .' Er verdrängte den Zweifel und konzentrierte sich auf
das Jetzt - nicht seine Karriere, nicht einmal sein Überleben waren im Moment wichtig.
Der Bordpfarrer hatte seinen letzten "Besuch" noch in Erinnerung gehabt und deshalb seine
Verwunderung und Befremden unterdrückt. Er hatte auch nicht weiter nachgefragt, wofür Kano ihm
dankbar war. Wie Kano gehofft hatte hatte Pater Schönborg tatsächlich etwas Weihrauch gehabt - sein
Gott mochte wissen warum - und hatte ihm ein wenig davon gegeben.
Etwas schwerfällig, da er die linke Hand benutzen mußte, plazierte Kano die paar Krümel in einer
kleinen Schale und entzündete den Weihrauch. Dann, ein Ächzen unterdrückend, kniete er nieder und
neigte den Kopf.
Er sprach nicht. Schweigend erwies er den Piloten seiner Einheit die Ehre, die im All geblieben waren.
Er hatte sie gekannt - sie waren seine Kameraden gewesen und hatten in dem Krieg das Leben
verloren, den Kano fortführen würde. Doch während er lebte, waren sie gestorben. 'Sie haben ihren
Vaterländern weit mehr gegeben als ich, den höchsten Preis, der je entrichtet werden kann. Mögen die
Ahnen geben, daß ich, wenn die Reihe an mir ist, nicht zögere oder schwach werde, sondern ebenso
bereitwillig dieses Opfer bringe. Damit mein Ahnen und meine Familie stolz sein können.'
Kurz irrten seine Gedanken zu seinem Bruder, Jagdpilot wie er, der gefallen war. 'Auch dich werde ich
nicht enttäuschen. Wenn es soweit ist, dann werden wir uns am Schrein von Yasukuni wiedersehen.'
Dann stand er auf und verbeugte sich tief vor der Schale, in der die letzten Reste des Weihrauchs
verbrannten.
***************************
Nachdem er Darkness verlassen hatte schloss Lucas schnell zu Melissa Auson auf.
Gemeinsam und doch jeder für sich schlenderten sie die so genannte Main-Steet auf Perseus-Station
entlang.
Sie kamen an Restaurants, Bordellen, Billardkneipen, Zeitungskiosken, normalen Supermärkten
vorbei und steuerten auf das exclusivste Hotel auf Perseus zu.
Es war ein Hollyday-In. Lucas Mutter hätte schon beim Anblick Migräne bekommen. Er selbst hätte
vor 4 Jahren die Nase gerümpft, doch nun erschien es im wie das Paradies.
Er schlenderte in der Lobby während Melissa an die Rezeption ging und ein Zimmer bestellte.
Wie zufällig betraten sie den gleichen Lift und schwiegen einander, wie auch die anderen Fahrgäste
an.
Im sechsten Stock als letzte Passagiere angekommen stiegen sie aus, immer noch beharrlich
schweigend.
Jetzt gingen sie aber erkennbar gemeinsam auf ein Zimmer zu.
Er warete geduldig, wärend sie aufsperrte und trat dann nach ihr ein.
Kaum war die Tür ins Schluss gefallen, da ergriff er sie und drückte sie fest an sich. Seine Lippen
suchte gierig nach den ihrigen.
Sie begann hektisch an seinen Hemdknöpfen rumzufummeln und bekam die ersten beiden nur mit
Mühe und not auf.
Nichts würde sie stöhren: Keine übereifriegen Unteroffiziere würden an die Tür klopfen, kein noch so
dämliches Problem würde ein Besatzungsmitglied an ihre Tür führen, keine noch so unsinnige Pflicht
und vor allem, kein Alarm würde sie auseianderreißen
Schließlich packte er sie an den Handgelenken und dürckte sie an die Wand: "Wir, ... wir brauchen uns
gar nicht so zu beeilen, wir haben alle Zeit der Welt."
Ihre Augen funkelten und ihr Atem ging schnell: "Aber was, wenn ich es eilig habe?"
"Nun, .... dann .... wird .... sich ..... die Frau .... Commander .... in Gedult .... üben müssen." Hauchte er
zwischen den Küssen.
Er ließ ihre Handgelenke los und begann sie sanft und liebkosend auszuziehen.
Den frühen Abend und die Nacht über liebten sie sich, bis beide befriedigt und ausgepumpt
nebeneinander einschliefen.
Mark Seinfeld wurde durch das Öffnen der Kabinentür geweckt.
Das Licht wurde in gedämpfter Stufe eingeschaltet. Er drehte sich herum und sah seinen Mitbewohner
Samuel Brendstone.
"Ahhhhhh, Bird, kannst Du nicht das Licht ausmachen oder zu normaler Zeit ins Bett gehen?"
"Sorry", entsuchuldigte sich Brendstone und dämpfte das Licht noch mehr.
Mark drehte sich wieder um und rollte sich in seine Decke zusammen.
Allerdings konnte er nicht einschlafen, da Brendstone in seinem Spind rumwurschtelte.
Dann wurde es zum Glück wieder still.
Er nickte gerade ein, als ein kurzes ihm entfernte bekannt vorkommendes Summen ihn erneut
hochriss.
Wieder drehte er sich zu Brendstone um, um zu erfahren, was der Mist sollte.
Was er erblickte ließ ihn geschockt inne halten: Brendstone saß auf einem der beiden Stühle und hielt
sich eine bedrohlich aussehende H&K Pistole unter das Kinn hielt.
Ehe er etwas sagen kotte wurde das wenige Quadratmeter große Quartier kurz hell erleuchtet.
Noch viele Jahre würde das elektrische knistern der H&K Mark Seinfeld aus dem Schlaf reißen.

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Hallo Mom, hallo Dad,
wenn Ihr diese Zeilen lest, bin ich nicht mehr am leben. Doch wurde es mir nicht von feindes Hand
genommen. Ich entschied mich selbst zu diesem Schritt.
Um Eure Frage nach dem warum zu beantworten: Es sind nicht die getöteten Akarri, die mich zu
diesem Schritt bewegten.
Ich habe wärend eines Einsatze weit im Feindgebiet einen terranischen Frachter abgeschossen. Mit
wahrscheinlich überm 30 Männern und Frauen an Bord.
Diese ausgelöschten Leben lasten schwer auf mir.
Eine Zeit lang ermittelte die Militärjustiz gegen mich. Warum das verfahren eingestellt. Wurde? Ich
weiß es nicht.
Doch habe ich von Andrej erfahren, worum es ging: Meine vorgesezten Offiziere hatten offenbar
meinen Abschuss zu vertuschen versucht.
Auf mein Nachfragen hin, versicherte mir mein Geschwaderchef, dass ich einen Akariifrachter
abgeschossen hätte.
Nach dem Militärstrafgesetzbuch bin ich nicht schuldig, da ich mich beim Abschuss dieses Frachters
an die mir und meinen Kammeraden erteilten Befehle gehalten habe, doch ich fühle mich so elend, so
hilflos, so schmutzig.
Mom, Dad, ich habe euch furchtbar lieb.
Verzeiht mir
Sam
*************************************
Ankunft
Die energische Stimme schnitt wie ein Messer durch die gedämpften Hintergrundgeräusche auf der
Brücke des Schweren Kreuzers: „Captain Mithel? Die Perseusstation hat uns aufgefordert, uns zu
identifizieren!“ Mithel ignorierte die Worte und wandte sich an den Offizier, der neben ihm die
primären Bildschirme überwachte: „Überprüfen Sie, ob wir angefunkt werden. Machen Sie Meldung,
sobald jemand etwas von uns will.“ Der Mann warf seinem Vorgesetzten einen fragenden Blick zu:
„Sir...?“ Mithels Stimme klang ruhig und emotionslos: „Ich habe es gehört, Lieutenant. Sie haben Ihre
Befehle.“ Der Brückenoffizier nickte gehorsam: „Jawohl, Sir!“
Die Stimme erklang wieder, näher kommend: „Captain Mithel?“. Der Captain wartete, bis er die
Schritte des Sprechers hinter sich hörte. Dann, mit all der Autorität und Würde, die man in gut drei
Jahrzehnten Dienst in der Flotte erwerben konnte, drehte er sich um. Der junge Offizier stoppte abrupt,
als er den Gesichtsausdruck seines Vorgesetzten registrierte. Er erbleichte: „Uh, Sir...“
Für einen Augenblick schwieg der Captain. Wartete, bis die Stille auch die umstehenden
Brückenoffiziere aufmerksam gemacht hatte. Seine Stimme war von schneidender Kälte: „Wir sind
hier auf der Brücke eines Kriegsschiffes der Republik und nicht auf dem Markt von Alpha Zentauri,
Lieutenant Fuchida. Routinemäßige Meldungen werden hier nicht, ich wiederhole NICHT, einfach in
Richtung des Adressaten gebrüllt. Ist das klar?“ Der junge Lieutenant mußte schlucken, dann nickte er
ruckartig: „Jawohl, SIR!“
Mithel fixierte ihn noch einige Sekunden, dann nickte er leicht: „Geben Sie unsere Identifizierung und
die Codes durch. Und sorgen Sie dafür, daß ein Shuttle startbereit gemacht wird, falls man eine
persönliche Besprechung wünscht.“ Der Brückenoffizier salutierte zackig: „Zu Befehl SIR!“ Dann
drehte er sich herum und machte sich daran, die Anordnungen auszuführen. Mithel blickte ihm einen
Augenblick nach. Der JUNGE Lieutenant...
Was, wie ihm sehr wohl klar war, der eigentliche Grund des Problems war. An Bord dieses Schiffes –
SEINES Schiffes – waren fast drei Viertel der Besatzung frisch ausgebildete Akademieabgänger.
Früher wäre das kaum denkbar gewesen – heute hingegen...
Für einen Augenblick hatte er die Bilder vom Beginn des Krieges vor Augen. Sah, wie die Akarii die
Flottenverbände der Menschen zusammenschlugen. Neben den großen Trägern – Stars der
öffentlichen Wahrnehmung – waren auch zahlreiche kleinere Schiffe, von Korvetten bis hin zu
Kreuzern, zerstört oder schwer beschädigt worden. Er selber hatte das Kommando über die „Hydra“
übernommen, einen leichten Kreuzer, nachdem der Kapitän des Schiffes gefallen war. Es war ihm
gelungen sein Schiff zu retten, doch natürlich hatte er das Blatt nicht wenden können. Sie waren
zurückgeworfen worden, und die Verluste waren hoch gewesen, sehr hoch. Vielleicht ZU HOCH, um
sich davon in absehbarer Zeit zu erholen. Die TSN würde Jahre brauchen, um die Schiffe zu ersetzen,
und bis sie den Verlust an erfahrenen Offizieren, Mannschaften und Piloten ausglich...
Und deshalb waren sie hier. An Bord eines neuen Schiffes, das eine Besatzung hatte, die zwar gut
ausgebildet, aber größtenteils noch völlig unerfahren war. Im Abwehrkampf im eigenen Gebiet, und
eine Kriegswende anscheinend in weiter Ferne. Er verzog seine Lippen zu einem grimmigen Lächeln.
Angeschlagen – aber noch nicht besiegt. Wie die Akarii bald erfahren würden, wenn er ein Wörtchen
mitzureden hatte.
Er öffnete einen Interkom-Kanal zu zweiten Brücke. Seine Stellvertreterin hätte an der Szene eben ihre
Freude gehabt, da war er sich sicher. Aber es war Mithels Grundprinzip, daß die Ersatzbrücke immer
besetzt war, für den Fall eines Ausfalls der primären Kommandozentrale. Auch wenn sich das Schiff
auf einem Transit im eigenen Gebiet befand. Sollte er ausfallen, würde sie das Kommando binnen
weniger Sekunden übernehmen und den Kampf fortsetzen oder Maßnahmen zur Rettung des Schiffes
einleiten.
Die Frau auf dem Bildschirm nahm sofort Haltung an: „Sir!“ „Commander Raffarin, die Brücke
gehört Ihnen! Ich bin in meinem Quartier. Verständigen Sie mich, sobald man nach mir verlangt. Ich
schätze, die werden bald nach mir fragen. Es gilt weiterhin Alarmbereitschaft, keine
Mannschaftstransfers.“ Sie salutierte: „Jawohl Sir!“ Sie würde die Reservebrücke an jemand anderen
übergeben und selber die Primärbrücke übernehmen. Das Schiff würde – auch in unmittelbarer Nähe
zur Perseusstation – voll einsatzbereit bleiben. Und bei ihr in guten Händen sein. Mithel vertraute nur
wenigen Menschen, aber seine Erste Offizierin gehörte zu dieser Kategorie.
Mithel winkte dem Leiter der Waffenabteilung: „Kommen Sie mit!“ Beide machten sich auf den Weg
zum Quartier des Captains, wo auch sein Arbeitszimmer lag. Der Lieutenant-Commander begleitete
seinen Vorgesetzten schweigend. Mithel blickte ihn fragend an: „Haben Sie die Trainingsplanung
abgeschlossen?“ Lieutenant-Commander Rogulski, er war Pole, nicht eben eine typische Herkunft,
nickte: „Einsatzbereit. Sobald Sie wollen, geht es los. Ich habe mich mit Commander Raffarin
abgesprochen, was die anderen Abteilungen angeht.“ Er gestattete sich nicht den Luxus eines
Lächelns, das andere sicher kaum hätten verkneifen können. Das Übungsprogramm würde ein
Trainingsmarathon für die Besatzung werden, der sie erwischen würde wie eine kalte Dusche. Mithel
lächelte dünn: „Ausgezeichnet. Mal sehen, was man den Kindern beigebracht hat. Sobald wir näheres
darüber wissen, wie lange wir hierbleiben, werden wir uns die Grünschnäbel mal vorknöpfen.“
Im Gegensatz zu der bei niederen Diensträngen nicht eben selten geäußerten Ansicht war Mithel kein
Sadist, jedenfalls nicht mehr, als für einen Capitain nötig war. Aber er kannte wenig Nachsicht, und
das kam am Ende fast auf das selbe heraus. Andererseits – Schweiß sparte Blut, zumindest hoffte man
das. Und wenn dies zutraf, dann würde der „Relentless“, dem Schweren Kreuzer der Ticonderoga-
Klasse, kaum etwas zustoßen, sollte Mithel dazu kommen, sein Programm durchzuziehen.
„Sie begleiten mich, wenn es notwendig seien sollte, Lieutenant-Commander.“ Rogulski nickte
schweigend. Er war seinem Captain gegenüber loyal, und deshalb legte dieser – wenn sie unter vier
Augen waren – nicht den üblichen Wert auf exakte Befolgung der Dienstvorschrift. Viele hielten die
militärische Zackigkeit und den Drill, den Mithel anscheinend bevorzugte, für eine Marotte des
Captains. Aber er sah darin in erster Linie das Funktionieren der Menschen als Teil der Maschinerie,
die aus einem Schiff – totem Stahl – und einer Besatzung – eine Ansammlung Männer und Frauen
verschiedensten Charakters und Herkunft – erst eine tödliche Waffe machte.
Er wußte nicht, mit welcher Mission sie hierher beordert worden waren. Alles war möglich. Allerdings
gab es Gerüchte, es hätte mal wieder einige Verluste gegeben. Vermutlich sollte er mit seinem Kreuzer
irgendeine Lücke füllen. Die Herren im Flottenstab schienen zu meinen, die Kreuzer seien so etwas
wie entbehrliche Schutzschilde für ihre kostbaren Träger – eine Haltung, die Mithel immer erbitterte.
Kindermädchen für einen Träger spielen war NATÜRLICH wichtig, aber es ging oft an den
Möglichkeiten eines Kampfschiffes wie der Relentless vorbei. Dafür brauchte man spezielle
Flakzerstörer, keine Kampfkreuzer. Die waren geeignet für den Kampf gegen feindliche Großschiffe,
für den Kreuzerkrieg, für Vernichtungsangriffe im feindlichen Rücken. Aber die Trägerfraktion war
stark – seit den Tagen von Beins hatte sie das Geschick der Flotte bestimmt.
Vielleicht war es auch ein Sonderauftrag. Er hoffte bloß, die Herren im Flottenstab mochten nicht
wieder eine ihrer berüchtigten „genialen Einfälle“ haben, denn dafür war sein Schiff kaum geschaffen
– bedachte man die mittelmäßige Zusammenarbeit der Besatzung. Andererseits, das Potential war
vorhanden, soviel stand fest. Mit ein bißchen Übung konnte man aus den Männern und Frauen gute
Soldaten machen. Aber das brauchte Zeit. Wenn er die nicht bekam...
Wenn alles glattging, dann würde ihm das Training genug verraten. Diejenigen, die während des
Trainings Schwäche zeigten, würde man austauschen oder dorthin versetzen, wo sie kein Risiko
bedeuteten. Mithel war klar, daß er mit seinen Methoden Karrieren vernichtete, aber das war ihm
ziemlich gleichgültig. Wer den Anforderungen nicht genügte – und sei es auch nur geringfügig – der
hatte an Bord SEINES Kreuzers nichts verloren. Die Offiziere würden sich ein Bild von ihren Leuten
machen können, würden erfahren, wo die Bruchpunkte ihrer Untergebenen lagen. Und Mithel
wiederum würde den Abteilungsleitern auf die Finger schauen, und jeden Fehler registrieren. Oder
besser, dies zumindest versuchen. Er konnte seinen Augen nicht überall haben, und aus diesem Grund
umgab er sich mit einem Stab Offiziere, die ihm treu ergeben waren, und auf die er sich verlassen
konnte.
******************************
Vier Stunden später
Seine beiden Vertrauten blickten ihn fragend an. Man hatte ihn zu einer ersten Vorbesprechung – unter
vier Augen – gebeten. Natürlich erwarteten sie, daß dabei wichtiges erörtert worden war, etwa, wo es
demnächst hingehen sollte. Mithel erwiderte die Blicke und verzog seine Lippen zu einem
verächtlichen Grinsen: „Nichts als die übliche ,Sie werden gebraucht, machen Sie Ihren Kreuzer
einsatzbereit‘-Rede. Fehlanzeige, was genauere Angaben angeht. Offenbar wollen die Hühner erst
gackern, wenn das Ei schon gelegt, oder besser, halb ausgebrütet ist!“ Raffarin schien das nicht zu
gefallen: „Wenn wir nicht wissen, was auf uns zukommt, wird es uns schwer fallen, unsere Leute
optimal vorzubereiten. Wir können sie nicht für ALLES ausbilden, nicht in ein paar Wochen. Und ich
bezweifle, daß sie uns ein Vierteljahr geben, soviel bräuchten wir nämlich, um das auch nur zu
versuchen.“ Mithel nickte grimmig: „Exakt. Aber die Herren vom Oberkommando wollen eben eine
bombastische Großbesprechung – vielleicht haben sie auch Hemmungen, vor Leuten zu reden und
wollen die Sache lieber nur einmal machen. Oder der Geheimdienst macht mal wieder alle verrückt.“
Rogulski, der sich nichts anmerken ließ, war in Gedanken schon weiter: „Was haben sie denn noch
gesagt?“ „Nur, daß wir vorerst der Gallileo zugeteilt sind. Also wieder mal Kindermädchen. Da die zu
‚Husar‘ gehört, könnte ich mir vorstellen, wir werden an ein paar Geleitzugoperationen teilnehmen,
oder an Angriffen auf leichter gesicherte feindliche Stützpunkte. Aber das ist nur eine Vermutung.“
Raffarin grinste leicht: „Wenigstens haben Sie uns nicht der Redemption zugeteilt. Das Schiff ist ein
Vampir.“ Mithel – sonst nicht eben dafür bekannt, ausschweifende Gedankengänge zu billigen, war
diesmal so perplex, daß er seine Stellvertreterin nur sprachlos anstarrte. Ihr Lächeln vertiefte sich:
„Das heißt, es ist nicht umzubringen – aber es verlängert sein Leben auf Kosten anderer. Seine
Geleitschiffe sind beide Male übel dezimiert worden. Es saugt ihr Blut, um selbst zu überleben – so
was nennt man Vampir.“ Der Captain starrte sie einen Augenblick an, dann überraschte er beide mit
einem bellenden Lachen: „Sehr treffend! Und ich bin sogar geneigt, Ihnen recht zu geben.“ Allerdings
- Captain Ward von der Gallileo hatte auch nicht den besten Ruf. Hin und wieder hatten andere
Offiziere ihn als "vorsichtig" bezeichnet. Und so etwas kam in Flottenkreisen dem Vorwurf der
Feigheit ziemlich nahe. Andererseits würde sich Mithel da lieber selbst ein Bild machen.
Nur hier, im quasi vertraulichen Kreise, duldete der Captain Kritik an der Flotte, an hohen Offizieren
oder am Oberkommando. Es war bekannt, daß er als Anhänger der Flottenfraktion der Trägerfraktion
kritisch gegenüberstand, aber er ließ sich das selten anmerken. Mithel hatt enormen Respekt vor
militärischer Etikette - nicht unbedingt vor ihren Objekten. Aber ein Captain, der öffentlich Befehle
kritisierte oder respektlos über das Oberkammdo sprach, war fehl am Platz. Außerdem hatte derartiges
schon manche Karriere ruiniert - wie Mithel sehr wohl wußte und auch ausgenutzt hatte. Gelegentlich.
Übergangslos wurde er ernst: „Nun, auch die anderen Flotten wurden gerupft. Ich finde unsere
Aufgabe auch nicht sonderlich befriedigend. Die Flotte sollte lieber ein paar Flakzerstörer ausrüsten
und denen den Geleitschutz überlassen, anstatt daß wir diese Rolle behelfsmäßig ausführen. Ein
Schwerer Kreuzer ist ein Schiff mit großen Potential gegen kapitale Feindeinheiten - um Jagdangriffe
abzufangen taugt er weniger. Wenn ich daran denke, was ein halbes Dutzend unserer Kreuzer im
Rücken des Feindes alles anrichten könnten mit ihren Raketen - aber das Oberkommando will davon
nichts wissen. Wenn sie ,Krieg' sagen, meinen sie in erster Linie die Jäger, seit den Tagen von Beins.
Aber egal – wir müssen sehen, daß wir mit dem klarkommen, was wir haben. Aber ich hoffe, wenn
alles glatt geht, kommen wir auch zum Schuß. Nicht, daß ich so versessen auf eine Schlacht bin, aber
wo wir schon einen schweren Kreuzer haben, wäre es auch gut, ihn einzusetzen. Wenn nicht alles
glattgeht, und das halte ich für nicht eben unwahrscheinlich, werden wir so und so genug zu tun haben,
um unsere Schützlinge und uns herauszuhauen. Das heißt wir müssen uns vorbereiten. Rogulski – Ihre
Meinung?“
Der Pole wiegte nachdenklich den Kopf: „Waffenabteilung zu 70 Prozent einsatzbereit, würde ich
sagen. Sie brauchen immer noch zu lange, ein Ziel auszuwählen, Schäden zu beheben – und die
Trefferquote ist nicht eben überragend. Und wir sind noch nicht mal im Gefecht, wo die Aufregung
dazukommt.“ „Gehen Sie auf 100! Und wenn Ihre Leute abends mit blutenden Fingerkuppen in die
Quartiere kriechen! Ich BRAUCHE die Waffenabteilung voll einsatzbereit! Sorgen Sie dafür, daß vor
allem die Kanoniere endlich ihren Job beherrschen – sie sind unsere beste Waffe gegen feindliche
Bomber! Mit Lasern richtet man gegen Schilde nicht so viel aus, vor allem muß man verdammt nahe
heran, aber Feindbomber kann man so knacken.“ „Ich werde außerdem anordnen, daß unsere
Raketenwerfer gestaffeltes Schießen auf Mehrfachziele üben – falls wir uns mit Meuten feindlicher
Kampfschiffe oder Hilfskreuzern befassen müssen. Kann ja mal sein, daß die Jäger beschäftigt sind
oder Hilfe brauchen.“ „Gut, tun Sie das.“
„Raffarin, Sie kümmern sich vor allem um unsere Schadenskontrolle und den Schildgenerator!“ „Zu
Befehl, Sir!“ Mithel schüttelte den Kopf: „So gesehen sind ALLE Abteilungen wichtig. Aber wir
müssen Prioritäten setzen. Nun, ich werde sehen, was uns die ‚Husar‘-Veteranen an Informationen
über die Akarii geben können. Vielleicht sind ja Sachen dabei, die wir noch nicht wissen. Wenn wir
Leute auswechseln müssen, werde ich mal schauen, ob ich nicht jemanden ‚pressen‘ kann. Und all das
wegen der verdammten Eile! Und weil die Herren sich von den Akarii haben mit runtergelassenen
Hosen erwischen lassen!“ Er winkte angewidert ab: „Egal, das bringt uns auch nichts. Wir müssen
eben sehen, wie wir klarkommen mit dem, was wir haben.“
„Achtung! Achtung! Dies ist eine Durchsage des Captains!
An alle Stationen! Wir haben die Reise zur Perseus-Station gut überstanden. Ihr habt bewiesen, daß ihr
ein Schiff bedienen könnt. Das war bisher gute Arbeit – aber für unsere kommenden Aufgaben wird es
mehr als das brauchen! Ihr werdet lernen müssen, wie man ein Schiff ins Gefecht bringt, an den Feind
und wieder zurück! Das werdet ihr in den nächsten Wochen trainieren! Ich will es noch einmal
betonen: Versagen in der Übung ist das selbe wie Versagen im Gefecht! Wer nicht bereit ist, eine
Überprüfung seines Könnens ernst zu nehmen oder sie erfolgreich zu absolvieren, der wird auch im
Einsatz versagen! Ich erwarte deshalb Einsatz bis zum äußersten, von den Offizieren bis zum
niedrigsten Mannschaftsdienstgrad! Entschuldigungen und Ausreden werde ich nicht akzeptieren! Die
kommenden Wochen werden hart für Sie werden, aber ich erwarte, daß Sie sie durchstehen! Denn dies
ist der Prüfstein, der Sie für die ultimative Herausforderung vorbereiten soll – für den Kampf auf
Leben um Tod! Um diesen Kampf zu führen sind Sie zu den Streitkräften gekommen. Ich erwarte
nicht, daß Sie der Schlacht entgegenfiebern, aber ich verlange Pflichterfüllung und Gehorsam! Getreu
dem Eid, den wir alle geschworen haben! Vergessen Sie das nie! Hier, in der Übung, können Sie
zeigen, ob Sie das Zeug haben, auch im echten Gefecht Ihren Mann zu stehen!
Bis auf weiteres befindet sich das Schiff in Bereitschaft! Landgang erhält, wessen Abteilung als
einsatzbereit angesehen wird! Es liegt also allein bei Ihnen! Ich verlasse mich auf Sie – mehr noch, die
Republik verläßt sich auf Sie!
Captain Mithel Ende!“
Der Kommandeur drehte sich zu seinen Offizieren um. Diesmal hatte er alle – Neulinge und
Veteranen um sich versammelt, viele hörten erst jetzt von dem „Fahrplan“ der nächsten Wochen.
Sicher war auch bei ihnen die Begeisterung nicht groß. Perseus lockte...
Mithels Gesicht zeigte keine Emotionen, als er sie musterte: „Meine Damen und Herren – an die
Arbeit!“ „JAWOHL SIR!“

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

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Clan Blood Spirit

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Midori Yamashita wachte auf und war für den ersten Moment etwas verwirrt. Neben ihr lag ein Mann
im Bett. Dann erinnerte sie sich und verfluchte ihren Kater. Der letzte Abend war sehr feucht fröhlich
gewesen und die beiden Flieger von den Jaguars waren für Einrique und sie eine sehr angenehme
Gesellschaft gewesen, die nach zwei Minuten gewußt hatten, woher der Wind wehte. Der
normaleweise eher dröge Murphy hatte nach einigen Bieren einige Stories aus seiner Zeit als
Ausbilder zum Besten gegeben und Thunder war, wenn sie in Fahrt war, eh immer für einen Lacher
gut. Was im nachhinein nicht so lustig gewesen war, war der Alkoholkonsum und Midori hatte die
Ahnung, dass sie von allen Beteiligten das Teufelszeugs am wenigsten vertragen konnte. Soweit sie
sich erinnern konnte, hatte Shukova auch nach dem 10. Wodka noch ausgesehen, als wenn sie
dienstfähig war und auch Murphy hatte sich gut gehalten. Einrique, nunja, Tripple E hatte nachher
auch einen guten Schwipps gehabt und bevor es zu wild geworden war, sie in ihr Hotelzimmer
gebracht. Dass er die Einladung auf einen Kaffee und mehr angenommen hatte, war für alle
Beteiligten eh klar gewesen. Trotz des Alkoholpegels hatten beide noch eine bemerkenswerte
Ausdauer bewiesen.
Es tat gut, wieder einen Mann zu haben, dachte sich Midori. Das Leben bei der Navy war zu
gefahrvoll, um sich ewig in Trauer zu hüllen und sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie mit ihrem
Mann darüber gesprochen hatte, was passieren würde, wenn einer der Partner frühzeitig sterben
würde. Beide waren insgeheim eher davon ausgegangen, dass Midori die gefährdete Person war, aber
das Schicksal hatte diese Überlegungen über den Haufen geworfen. Nein, ein schlechtes Gewissen
mußte sie nicht haben. Sie war überzeugt, dass Triple E ihrem Gatten gut gefallen hätte, beide hatten
dasselbe Lächeln und dieselbe Art von Humor.
Dann fiel ihr Blick auf das Gerät, das sie geweckt hatte. Ihr Pieper leuchtete auf. Die kurze Mitteilung
war von ihrem Stab auf der Redemption. Verärgert stand sie auf und ging zum Comterminal, wo sie
zunächst auf Audioonlymodus schaltete. Dann rief sie ihr Büro auf der Redemption an.
Lieutenant Shriver meldete sich.
„Lieutenant, ich will hoffen, dass es dringend ist....“
„Jawohl, das ist es. Erinnern Sie sich an Lieutenant Brentstone?“
„Den Piloten, der unseren eigenen Frachter abgeschossen hat? Wo uns die Typen vom NIC die
Beweise geklaut haben?“
„Der Mann hat sich gestern erschossen und, halten Sie sich fest, einen Abschiedsbrief hinterlassen,
den wir sichergestellt haben. Wir können auch sicher belegen, dass er von Brentstone stammt.“
„Ok, sichern Sie alle Zeugenaussagen, ich bin in 90 Minuten da!....und Lieutenant...“
„Ja Madam?“
„Gute Arbeit, es war richtig, dass Sie mich angepiept haben.“
„Danke Madam.“
„Gut, bis nachher.“ Midori legte auf und überlegte gerade, ob sie erst Kaffe aufsetzen sollte, bevor sie
unter die Dusche sprang. Da spürte sie die Hand von Gonzalez auf ihrer Schulter.
„Schatz, ich mach schon Kaffee, dusch mal lieber.“ Dann küßte er ihren Nacken und entließ sie aus
seinem sanften Griff. Sie lachte und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie im Bad
verschwand. Gonzalez grinste breit und machte sich an die Arbeit.
Zwei Stunden später war Yamashita in ihrem Büro und überprüfte alle Details der Ermittlung. Ihre
Untergebenen hatten im Prinzip die ganze Arbeit bereits gemacht, der Fall war diesmal so klar wie
eine Kristallkugel. Schnell tippte sie ihre eigene Stellungnahme und wollte gerade einen Mann der
MPi rufen, als ihr Bedenken kamen. Was war, wenn Cunningham wieder seine Kontakte spielen lies.
Einmal hatte schon geklappt und ein zweites Mal wollte sie sich den Fall nicht durch die Lappen
gehen lassen. Kurzentschlossen wählte sie an ihrem Comterminal die Nummer des ranghöchsten JAG
Offiziers der Station.
Commander Rune Brandstedt war gerade nicht da, wie ihr sein Sekretär mitteilte, aber er würde Zeit
für ein Gespräch in drei Stunden haben. Yamashita nickte zufrieden und lies sich diesen Termin
geben.
Dann sammelte sie ihre Unterlagen und rief Gonzalez an, um sich für ein kurzes Mittagessen zu
verabreden.
Am Nachmittag wurde sie dann bei Brandstedt vorstellig. Der Commander, ein Mann mit Ambitionen
und politischem Einfluss, hörte sich den Bericht an. Als die Sprache auf die Vertuschungsaktion kam,
nickte er verständnisvoll, auch ihm war klar, dass Yamashita da keine Chance gehabt hatte. Umso
mehr entstand auch bei ihm der Drang, zu zeigen, dass seine Behörde nicht der Papiertiger war, für
den ihn viele Navyoffiziere gerne hielten. Einen CAG für eine solche Aktion zu belangen, konnte hier
ein guter Anfang sein. Ein kurzer Anruf bei seinem Adjutanten ergab überdies, dass Captain Halstead
an Bord der Station war. Halstead war einer der angesehensten Marinerichter, und aufgrund seines
Ranges auch in der Lage, ein Verfahren gegen Cunningham zu leiten. Es wäre höchst nachteilhaft
gewesen, denn Brandstedt wollte gerne selber die Anklage übernehmen und ohne den Captain wäre er
der einzige gewesen, der den Commander hätte verurteilen können. Er lies sich seinerseits einen
Termin bei Halstead geben und dankte dann Yamashita für ihren Einsatz. Als sie das Büro verlassen
hatte, schwelgte Rune Brandstedt schon in Gedanken an die Möglichkeit eines vierten Streifens und
einer Versetzung ins Hauptquartier von JAG, da wo die wirklichen wichtigen Spiele abliefen. Diesem
elendigen Vertuscher Cunningham und denen, die ihn unterstützt hatten, würde es nun an den Kragen
gehen. Entschlossen hieb er auf die Tischplatte seines Schreibtisches und begann im Kopfe bereits
eine Strategie zurechtzulegen. Dann fiel ihm ein, dass er noch einen Verteidiger brauchte. Nach kurzer
Überlegung fiel seine Wahl auf Lieutenant Commander Fred Austin, der sich bisher nicht als
sonderlich gerissen, sondern eher grundsolide aber unspektakulär herausgestellt hatte. Was sollte man
sich auch unnötig Steine in den Weg legen, wenn man doch die Möglichkeit hatte, alles so zu
inszenieren, wie man es wollte. Dann rief er einen Kollegen an, der gute Kontakt zum Geheimdienst
hatte, vielleicht ließ sich ja noch das Beweismaterial aus dem ersten Versuch, diese Leute anzuklagen,
auftreiben. Der NIC dürfte mittlerweile jedenfalls das Interesse an der Problematik verloren haben, da
ihre Mission beendet war.
Midori Yamashita hingegen wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Einerseits wußte sie, dass
dieser karrieregeile Commander sich auf Cunningham stürzen würde wie ein Barracuda auf ein
Kleinkind im Wasser, anderseits gefiel es ihr nicht, dass er im Prinzip nur erntete, wo andere das Feld
bestellt hatte. Bei einem Kaffee kam sie dann zu dem Schluss, dass die Gerechtigkeit manchmal ihren
Preis hatte. Sie zuckte mit den Schultern und war froh, wieder außer Dienst zu sein. Mal schauen, was
Enrique heute abend so einfiel....
**************************************
"Schon wieder Neue Piloten. Langsam wird das zur Gewohnheit." Darkness brummte leise vor sich
hin. Natürlich bekam die Red neue Leute, bei ihren Verlusten während der letzten Operation nicht
verwunderlich, aber er machte sich mit seinen Trainingstagen langsam Feinde.
Bisher war es immer eine gute Idee gewesen die neuen Piloten mit den "alten Hasen" trainieren zu
lassen. Nun er würde sich mit Cunningham deswegen unterhalten müssen.
Die Namensliste der Neuen war schon auf seinem Schreibtisch. Einige würden bei Staffel Rot
aufschlagen, auch der Ersatzmann für Ace. Darkness war es nicht gerade Recht einen neuen
Flügelmann einzuarbeiten aber wenigstens schien Jaws kein Neuling zu sein...
**************************************
Der Geschwaderchef der Maryland war nicht in bester Laune. Nicht nur, daß sein Schiff nur knapp der
Vernichtung entgangen war und jetzt wie ein harpunierter Wal zum Abspecken im Dock lag - die
Eierköpfe im Oberkommando hatten sich offenbar auch noch in den Kopf gesetzt, die waidwunde
Maryland zu kastrieren.
Eine große Anzahl seiner Piloten sollte auf die Redemption überwechseln, die Verluste der letzten
Schlachten ausgleichen - und ER wußte, was sein Schiff als Ersatz bekommen würde: Jungspunde,
frisch von der Akademie - "Eintagsfliegen" oder "Sternschnuppen", so von manchen Veteranen ob der
oft kurzen Überlebensdauer genannt. Oder natürlich, man würde die Heimatreserve, die
Ausbildungskader - und die Militärgefängnisse noch mal durchkämmen... . Dieses Vorgehen hatten
geschichtsbewußte Soldaten bereits "Aktion Heldenklau" getauft.
Und das Schlimmste war, daß man ihm nur minimalen Spielraum gegeben hatte bei der Frage, WEN
er denn nun abgeben sollte. Nun, die Taktik mißliebige oder zweitklassige Piloten abzuschieben hatte
sich inzwischen auch "Oben" herumgesprochen. Er verlor eine ganze Anzahl verflucht guter Leute... .
"Sir! Melde mich von Bord!" Der Captain blickte auf und sah den Mann vor sich an. Für einen Piloten
recht großgewachsen und kräftig, war 1st Lt. George "Blackhawk" Lincoln ein ziemlicher Blickfang,
vor allem auch durch seine fast nachtschwarze Haut. Seine Haltung war vorschriftsmäßig, aber nicht
zackig zu nennen - 15 Jahre Dienst für die Navy hatten übertriebenen Schneid abgeschliffen. Wenn
ihn der bevorstehende Wechsel beunruhigte, dann merkte man es ihm jedenfalls nicht an.
"Sie wissen, das ich sie nicht freiwillig gehen lasse. Sie sind ein wertvolles Mitglied des Geschwaders.
Immerhin haben sie mir geholfen, die Macken auszubügeln, die unsere Kücken noch von der
Akademie mitbrachten."
"Danke Sir. Aber die Navy hat offensichtlich vor, die Redemption bald wieder in die Feuerlinie zu
schicken." Das kam ruhig, nicht begeistert, aber auch in keiner Weise ängstlich oder nervös - aber
"Blackhawk" ließ sich nur selten aus der Ruhe bringen. Selbst im Gefecht klangen seine Funksprüche
fast immer wie auf einem Routineflug.
"Nun ja, sie sind nicht der einzige, den wir abgeben müssen. In dem Zusammenhang - passen sie mir
etwas auf diesen Perkele auf! Daß der uns mit seinen ständigen Insubordinationen keine Schande
macht! Immerhin gehört er zu unserer Truppe!"
Blackhawk hätte beinahe gegrinst. Seine Zeit auf der Navy-Akademie als Fluglehrer, sein
(verhältnismäßig) hohes Alter und lange Dienstzeit hatten ihm, zusammen mit seiner ruhigen, aber
bestimmten Art, zu einer Sonderstellung im Geschwader verholfen, ein Ausgleich fast, zwischen
Offizieren und Piloten - und ein "Kühlkörper" bei den diversen Rangeleien, die in jedem Geschwader
gang und gebe waren. Die Tatsache, daß ihn die meist jungen Piloten am Boden "Papa Lincoln" oder
"Onkel Tom" nannten, hatte dies reflektiert.
"Ich werde sehen was ich tun kann."
"Nun - viel Glück und Erfolg. Und ich hoffe, daß sie die anderen beim Poker genauso rupfen wie uns -
DAS werde ich bestimmt nicht an ihnen vermissen!"
Jetzt lächelte der Schwarze offen: "Ich werde mich bemühen, ihr Vertrauen nicht zu enttäuschen. Viel
Glück - und fette Beute!"
Ein fester Händedruck war der Abschluß. Blackhawk salutierte noch einmal, wendete und ging.
Ein paar Stunden später
Parker studierte den Bildschirm und warf ab und zu einen gewollt düster-prüfenden Blick auf den
Mann, der vor ihr Aufstellung genommen hatte. Normalerweise hielt sie von solchen Spielchen nichts,
aber bei Neuen war es manchmal nötig, ihnen auf den Zahn zu fühlen. Vor allem, wenn der "Neue"
garnicht so neu, sondern bereits erfahren war. Und dazu noch ein Aß, ausgezeichnet und mehrfach
lobend erwähnt. Manche Leute bildeten sich aufgrund solcher Verdienste eine Vorzugsbehandlung
ein.
Falls der 1st Lieutenant nervös war, dann zeigte er es nicht. Parker erinnerte sich selbst daran, daß der
Mann langjährige Diensterfahrung - und davon drei Jahre als Ausbilder auf der Akademie - hinter sich
hatte. Vermutlich kannte er alle Tricks, hatte sie selber oft genug angewendet.
"Also Lt. Lincoln. Sie haben eine beachtliche Erfahrung. 8 Abschüsse, Belobigungen, ihr Dienst an
der Akademie... ."
"Danke. Aber ich habe nur versucht, meine Pflicht zu tun."
'So kann man ihn nicht auf's Glatteis führen. Ach zum Teufel, ich glaube einfach mal der Akte, auch
wenn die fast zu perfekt ist.'
"Sie waren Fluglehrer?"
"Jawohl, drei Jahre."
"Und sie haben - steht hier - 'besondere Erfahrung und Kenntnisse in der taktisch-technischen
Einordnung der Akarii-Raumeinheiten'. Was genau bedeutet das?"
"Ich war an etlichen Lehrgängen und Komissionen beteiligt, die sich mit diesem Thema beschäftigten.
Im Auftrag des Navy-Stabes bin ich an der Erarbeitung einer allgemeinen Analyse und Neubewertung
der Kleinschiffeinheiten der Akarii beteiligt gewesen." All dies kam ruhig und ohne übermäßigen
Stolz - der Mann schilderte einfach seine Arbeit.
"Ich kann mich nicht erinnern, eine solche 'Neubewertung' zu Gesicht bekommen zu haben."
"Ihre Freigabe war noch nicht durch, als der Krieg begann."
"Nun gut. Sie werden eine meiner Pilotinnen als Flügelfrau übernehmen: Ina "Imp" Richter. Sie hat
schon zwei Feindfahrten hinter sich, allerdings hat sie dabei auch zwei Rottenführer verloren." Aber
auch das schien nicht die Ruhe des Lt. zu stören. 'Abergläubisch ist er also nicht.'
"Hier steht, das sie vor allem auch für die Ausblidung und das Training empfohlen werden - aufgrund
'langjähriger Erfahrung und herrvorragender Arbeit an der Akademie und an Bord' - ich werde darauf
zurückkommen."
"Danke, Lt. Commander. Ich werde mein Bestes geben."
"Nichts anderes erwarte ich von ihnen. Und passen sie etwas auf Imp auf." Dann erhob sich Parker
und streckte die Hand aus: "Willkommen an Bord!" Der Handruck Blackhawks war fest und sicher.
*************************************
Kampfgefährten
Als es klopfte, unterdrückte Lieutenant-Commander Parker gerade tapfer ein Gähnen. Die Arbeit für
sie hatte seit der Ankunft auf Perseus nicht nachgelassen – im Gegenteil. Bei dem üblichen
Kompetenz- und Prioritätswirrwarr einer Militärmaschinerie im Kriege mußte man immer hinterher
sein, um auch ja schön weit oben auf der Prioritätsliste zu stehen. Kümmerte man sich nicht, dann
konnte man ewig und drei Tage auf neue Maschinen und ähnliches warten. Und weil in einer Armee
keine Schraube weitergegeben werden kann, ohne daß deswegen ein Hektar Wald gefällt oder
Unmengen an Daten durch elektronische Kommunikationsnetze gejagt wurden, fiel für die Führerin
einer Einheit – so sie denn ihren Job ernst nahm, nichts an die niederen Bürokräfte abwälzte oder
keine guten Beziehungen zum Beschaffungsamt hatte – immer eine Menge „Schreibkram“ an. Und da
dies alles für Diane Parker zutraf – Ohka stand als williges Opfer nicht mehr zur Verfügung, sie wollte
ihren Untergebenen nicht den Freigang vermiesen – hatte sie ihren bisherigen Urlaub größtenteils in
den Schützengräben des notwendigen Papierkriegs zugebracht. Aber immerhin lief alles gut, und
vielleicht konnte sie doch noch etwas Urlaub herausschlagen. Andererseits...
Sie hatte von dem ersten Neuling in der Staffel, Blackhawk, einen guten Eindruck gehabt. Er würde
sicher gut auf sich und auf Imp aufpassen. Und ausnahmsweise schickte man ihr nicht nur
disziplinarische Katastrophen. Allerdings sah das zumindest bei einem der anderen Ersatzleute, die
man ihr angekündigt hatte, weniger gut aus. Sie hatte die Personalakten studiert und war deshalb
leidlich vorgewarnt. Nun, der oder die Personen vor der Tür konnten ja nur der Rest ihrer Schäfchen
sein. Sie drehte den Computerbildschirm zur Seite – irgendwann würden ihre Augen noch
austrocknen, wenn sie so weitermachte – und wandte sich der neuen Aufgabe zu: „Herein!“
Das Aussehen und Auftreten der beiden Piloten überraschte sie auf Grund ihrer Vorbereitung wenig.
Die junge Frau – ziemlich kleingewachsen, schlank und gelenkig, legte eine vorbildliche
Ehrenbezeigung hin. Ihr Kamerad hingegen... Nun, bei den Marines hätte man ihn für so einen Gruß
vermutlich drei Tage lang über die Sturmbahn gehetzt. Lightning entschloß sich, es zu ignorieren.
Wenn sie an die Marotten einiger anderer ihrer Untergebenen dachte, dann war mangelnder
militärischer „Schneid“ nun wirklich nicht so schlimm. Sie gab also den erwarteten Befehl: „Stehen
Sie bequem.“, obwohl man bei dem Mann kaum von Strammstehen sprechen konnte. Nun, es würde
sich zeigen, wie er sich sonst bewährte.
„Also, Second Lieutenant Moratti und Second Lieutenant Lipponen, willkommen in der 3.
Geleitschutzstaffel, oder Schwadron Grün! Ich will gleich zur Sache kommen. Es freut mich, daß man
mir erfahrene Piloten wie Sie zugeteilt hat. Gleichzeitig ist mir natürlich klar, daß es für Sie nicht
leicht ist, einfach so auf ein anderes Schiff – dazu so einen morschen Kahn wie den unseren – versetzt
zu werden. Aber ich kann Ihnen versichern, bisher hat unsere Staffel gute Arbeit geleistet, und ich
hoffe, Sie werden sich schnell einleben. Ich erwarte von Ihnen weiterhin so gute Arbeit, wie Sie bisher
geleistet haben, dann sind Sie eine Bereicherung meiner Truppe. Ihre Quartiere haben Sie ja zugeteilt
bekommen – irgendwelche Beschwerden? Nein? Um so besser!“
Perkele hatte sich bei dem eher laxen Ton Parkers etwas entspannt, Virago schien da vorsichtiger zu
sein. Die Offizierin musterte die beiden, fuhr dann fort: „Wir reden uns an Bord mit unsere Callsigns
an, wenn nicht anderes erforderlich ist. Wenn Sie mich also in der Kantine treffen und ‚Lightning‘
nennen, ist das in Ordnung. Wenn Sie das tun, während ich Ihnen gerade eine Standpauke halte,
schmeiße ich Sie höchstpersönlich aus der Luftschleuse. Die Namen ihrer Kameraden werden Sie
schnell genug erfahren. Ach ja – dies besonders für Sie, Perkele: Es gibt an Bord Leute, die das
militärische Protokoll wichtiger nehmen als ich. Ich will nicht einen meiner Piloten im Arrest haben,
bloß weil sich ein Offizier in seiner Männlichkeit verletzt sieht, weil Sie ihn nicht gegrüßt haben. Also
sollten Sie sich überlegen, ob Sie Ihr Verhalten nicht überdenken. Für mich sind Ihre Leistungen – die
aber auch so bleiben sollten – eine Entschuldigung. Für andere nicht. Ist das klar?“ Der angesprochene
Pilot schien etwas sagen zu wollen, aber in diesem Augenblick machte Virago einen leichten
Seitenschritt, und ihr Stiefel landete auf seinem Fuß – nicht eben sanft. Der fast einen guten Kopf
größere Pilot zuckte zusammen – und schwieg.
Parker mußte sich ein Grinsen verkneifen. Tjaja, mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Virago
wollte wohl nicht, daß sie als Begleiterin einen Rüpels ihren Einstand in der neuen Staffel gab. Das
mochte nützlich sein. Vermutlich fürchtete sie, Parker könnte eine Antipathie gegen den Finnen
fassen, und diese dann auf seine Begleiterin ausdehnen. Immerhin hatten sie beide zu einer Staffel
gehört.
„Ich unterstelle Sie First Lieutenant Tatjana Michailowa Pawlitschenko – Lilja. Sie ist eine Veteranin
und hat fast den ganzen Krieg mitgemacht. Acht Abschüsse, einmal verwundet, Bronzestern. Ihre
Beförderung ist frisch und sie hat wenig Geduld, also treiben Sie es nicht zu weit, das als guter
Ratschlag. Sie werden mit ihr zusammenarbeiten und ihre Befehle befolgen, ansonsten soll Sie der
Teufel holen! Alles klar?“ Der Finne sah wenig begeistert aus – verständlicherweise – nickte aber
schweigend. „Gut. Virago – Sie werden Kano Nakakura, Callsign Ohka, zugeteilt. Er ist wie Sie
Second Lieutenant. Nehmen Sie das nicht als Ausdruck meiner Geringschätzung Ihren Leistungen
gegenüber. Ich weiß, daß Sie Hervorragendes geleistet haben. Aber Sie scheinen eine erstklassige
Flügelkameradin zu sein, jemand, der seinen Flightleader wieder nach Hause bringt. Ohka hat gute
Anlagen, aber er fliegt etwas aggressiv und unüberlegt. Er wird jemanden wie Sie vielleicht brauchen.
Auf der anderen Seite ist er ein ausgezeichneter Pilot mit immerhin vier Abschüssen bei einer einzigen
Feindfahrt. Passen Sie gut auf ihn auf – und auf sich selbst natürlich auch!“ Die Italienerin nickte
eifrig. Wenn ihr der Job als Kindermädchen nicht behagte, dann ließ sie es sich nicht anmerken. Zumal
Parker sich ja alle Mühe gab, die bittere Pille mit Lob zu zuckern. Außerdem hatte sie vermutlich
damit gerechnet. Sie hatte gute, aber keine genialen Anlagen gezeigt, und es war nicht zu erwarten,
daß ein neuer Einheitschef ihr den Vorrang vor den eigenen Leuten gab, die er immerhin kannte,
während er von ihr nur die Personalakte hatte.
„Ich erwarte, daß Sie beide mit Ihren neuen Partnern gut zurechtkommen! Klagen will ich nicht hören.
Das heißt, wenn Sie welche haben, äußern Sie sie, aber nur, wenn sich das nicht anders abstellen läßt!
Sie werden da draußen aufeinander angewiesen sein. Es mag hart klingen, aber ich erwarte, daß Sie
beide in den nächsten Wochen die Zusammenarbeit mir Ihren neuen Vorgesetzten trainieren. Wenn es
wieder hinaus geht, müssen die Flights funktionieren wie eine Einheit! Wir werden deshalb zusätzlich
zu Ihrem individuellen Training ein paar Staffelübungen abhalten, in zwei Wochen geht es los. Bis
dahin haben Sie Zeit, mit Ihren neuen Partnern zu üben. Das war es fürs Erste. Ich hoffe, die Staffel
wird für Sie ein Zuhause, wie es Ihre alte Einheit war. Weggetreten!“
Sie schaute den beiden kurz nach. Es würde schon gutgehen. Sie hoffte nur, daß sie für die beiden
nicht auch bald Briefe würde schreiben müssen wie für Spad. Der Tod des jungen Franzosen, der
frisch von der Akademie in ihre Einheit gekommen war und auf seiner ersten Feindfahrt den Tod
gefunden hatte, lastete immer noch auf ihr. Immerhin, diese Piloten waren erfahren. Aber das waren
Iceman und Hawkeye auch gewesen, und dennoch waren auch sie gefallen. Sie schüttelte den
unbequemen Gedanken ab. Im Krieg starben nun einmal Menschen! Aber daran gewöhnen konnte sie
sich einfach nicht.
„Vielen Dank!“ knurrte Perkele ironisch, als er neben Virago durch das Schiff stapfte. Die zuckte nur
mit der Schulter: „Du mußt es dir ja auch nicht mit JEDEM verderben, du finnischer Elchbulle!
Scheint doch nicht so übel zu sein, unser neuer Chef! Ich habe es dir hundertmal gesagt – manche
Offiziere gebärden sich eben wie ein Affe, dem man die Banane weggenommen hat, wenn man in
ihrer Gegenwart nicht auf dem Bauch kriecht. Mußt du die besseren auch noch verprellen?“ „Naja –
vielleicht. Sie ist möglicherweise nicht so übel. Wenn ich da an unseren Alten denke...“ Virago feixte.
Der Alte hatte schon beinahe Wutanfälle bekommen, wenn er Perkeles laxe Art zu grüßen gesehen
hatte. Und daß der ihn duzte – nun, das war noch schlimmer gewesen. Deshalb war der Pilot
Dauergast im Arrest gewesen, beurlaubt vorzugsweise für Übungen und Kämpfe. Aber er hatte auch
nicht klein beigegeben, sondern alle Strafen achselzuckend ertragen. Was es für die Offiziere noch
schlimmer machte.
„Mal sehen, wie die so sind, unsere neuen Kameraden.“ Meinte die Italienerin. Ihr Kamerad winkte
ab: „Werden sie schon hinbiegen.“ „Na dann verbieg dich mal selber nicht!“ spöttelte Virago.
*************************************
Lilja hielt auf beim Schießstand der Redemption auf. Im Gegensatz zum üblichen Verhalten –
momentan war freilich so gut wie niemand anwesend, die Besatzungsmitglieder hatten etwas besseres
zu tun – hielt sie ihre Waffe nicht beidhändig im Anschlag, auf die Scheibe gerichtet. Vielmehr befand
sich die Dienstpistole – eine leistungsfähige Laserwaffe – im Holster. Ihre Arme hingen herab, sie
hatte sich leicht zur Seite gedreht, so daß das Ziel überhaupt nicht im Blickfeld war. Wie auf ein
unhörbares Zeichen wirbelte sie herum, riß die Waffe heraus und feuerte, keinen Einzelschuß sondern
eine ganze Reihe von Blitzen, so schnell die Pistole es erlaubte. Gleichzeitig ging sie in die Knie und
rollte sich dann zur Seite ab, unablässig feuernd. Dann – als wäre nichts gewesen – stand sie wieder
auf und fixierte die Scheibe. Von sechs Schuß hatten zwei direkt getroffen und zwei das Ziel
immerhin gestreift. Nicht schlecht, wirklich nicht schlecht. Sie fing den fragenden Blick des einzigen
anderen Schützen – eines Marines – auf und zuckte mit den Schultern: „Wenn ich den Schießprügel
mal werde benutzen müssen, dann bestimmt nicht beim Sportschießen! Wozu soll ich was üben, was
ich nicht brauche?“ Der Mann verzog seine Lippen zu einem breiten Grinsen, dann wandte er sich
wieder dem Punktziel zu, daß er mit einem Lasergewehr beschoß.
Die Russin nahm die Waffe in die Hand und drehte sich mit dem Rücken zu den Zielen. In einer so gut
ausgerüsteten Einrichtung wie einem Schießstand der Marineinfanterie gab es weitaus bessere
Übungsmöglichkeiten als simples Scheibenschießen, womit man den Leuten früher das Töten
beigebracht hatte. Simulatorlehrgänge mit VR-Brillen waren nur eine Möglichkeit, den angehenden
„sniper“ zu testen. Das geringste waren noch Farbcodierte Zielscheiben, die unterschiedlich viele
„Punkte“ wert waren – der Schütze mußte in Sekundenbruchteilen sein Ziel auswählen und treffen.
Die Pilotin zählte stumm bis drei, dann wirbelte sie herum und begann zu schießen. Dann kam
Scharfschießen dran, dann ein paar Bewegungsübungen – sie nahm ihr Training ernst. Als sie
schließlich nach einer Stunde Trainings frisch geduscht die Umkleidekabine verließ, wartete draußen
ihre Zimmergenossin auf sie.
„Na, Mustersoldatin? Wenn du so weitermachst, fällst du noch die Rangtreppe hinauf!“ grinste sie.
Lilja lachte spöttisch: „Und wenn DU so weiter machst, ernenne ich dich wegen deinem
Alkoholverbrauch nicht nur zur Russin ehrenhalber, sondern schlage auch vor, du schreibst einen
Kneipenführer über die Perseusstation, denn da dürftest du dich ja genug auskennen!“ Ina lächelte
maliziös zurück: „Nicht nur in den Kneipen Wenn du wüßtest...“ Ihre ältere Kameradin winkte ab:
„Schon klar, aber behalt deine Bettgeschichten für dich!“ Die andere grinste: „Wo du doch die besten
Männer in Beschlag nimmst, erst Ace und dann Pinpoint...“ Die Russin warf ihr einen grimmig
fragenden Blick zu: „Pinpoint? Wer ist das denn?“ Ina kicherte vor sich hin – kein gutes Zeichen für
Pinpoint: „Ace‘s Zimmernachbar. Jedenfalls hat er mir gegenüber angedeutet, er würde vielleicht
gerne mal mit dir ausgehen und ich sollte mal bei dir vorfühlen.“ Lilja Gelächter klang wie das Bellen
eines BISSIGEN Hundes: „Und wieso, ruchloses Weib, fällst du ihm dann in den Rücken?“ „Och, ich
habe ihm ja nichts versprochen. Außerdem – wenn ich dich zu was überreden versuche, machst du es
doch sowieso nicht!“ Die Russin schlug ihr kameradschaftlich auf die Schulter: „Volltreffer,
Herzblatt!“ „Und, was ist mit Pinpoint? Wenn ich mich an sein Dackelgesicht erinnere – auf jeden Fall
ist er nicht halb so arrogant wie Ace.“ „Naja, muß aber auch eine zweite Auflage des Heilands sein.
Oder kannst du dir jemanden vorstellen, der mit ACE in einem Zimmer wohnt, und ihm nicht an die
Kehle geht?“
Inas Lächeln war so schmierig wie ein Faß Teer: „Ich habe munkeln hören, daß Kali, als sie mit ihm
zusammenlebte, möglicherweise ihre Hände ganz woanders hatte, bloß nicht an seiner Kehle.
Andererseits – wer weiß, was unserem Superpiloten so Spaß macht.“ Lilja Gesicht verdunkelte sich,
aus irgendeinem Grund strapazierte eine Erwähnung der Inderin in letzter Zeit ihre sowieso selten
blendende Laune noch mehr als sonst, dann warf einen gequälten Blick zur Decke: „Und da hast du
Frechheit zu behaupten, ICH wäre vulgär? Aber naja – was Pinpoint angeht, eher nicht. Ich habe zu
tun. Und wenn er mit mir sprechen will, soll er verdammt noch mal fragen – mehr als ihm ins Gesicht
lachen kann ich ja auch nicht. Diesseits einer Disziplinarstrafe, meine ich.“
„Zu tun? Du meinst den vorsätzlichen Mord an unschuldigen Zielscheiben, oder? Warum eigentlich?
Übst du für das entscheidende Treffen mit Ace am OK-Coral?“ „DAS wäre mal eine Idee!“ knurrte
Lilja. Ina schien noch eins draufsetzen zu wollen: „Da wir schon beim Thema sind - hast du übrigens
das schon gehört? Ich hab es von Stormrider, der hat es von Radio, und der will es von einem aus der
Technikercrew erfahren haben – unser blaues Wunder hat kaum den Fuß auf die Station gesetzt, als er
schon mit einer knackigen Pilotin von der Maryland aneinandergeriet. Es heißt, es sei zu äußerst
hartnäckigen Kurvenkämpfen gekommen, bevor er sie abschoß. Oder sie ihn.“ Lilja verzog angeekelt
das Gesicht. Sie war nicht besonders prüde, aber vom „Draufmachen“ hielt sie auch nicht viel. Dann
lächelte sie boshaft: „Vielleicht ist sein verflossener Sonnenschein nicht die einzige Person, die einen
Harem haben will. Na, abwarten, bis Kali das erfährt. DAS wird aber lustig.“ Ina nickte mit
Feuereifer: „Ja, wird es, deshalb habe ich ihr auch ein paar der besten Fotos geschickt, die Radio im
Angebot hatte.“ Liljas Kinnlade sackte herab, und sie starrte ihre Kameradin an: „Du hast WAS?“
Dann bemerkte sie das Zucken um die Mundwinkel im Gesicht ihrer Freundin. Sie schüttelte den
Kopf: „Einen Augenblick dachte ich wirklich... Du bist und bleibst ein Scherzkeks, Ina.“ Die Miene
der anderen wurde ernst. Sie legte ihre Hand auf Liljas Schulter: „Dafür habe ich dir zu danken.“ Die
verzog – verlegen – das Gesicht: „Ach was. Hättest du auch gemacht.“
Schweigend gingen die beiden ein Stück ihres Weges. Ina dirigierte ihre Kameradin zielsicher in
Richtung Kantine. Die Russin blickte sie nachdenklich an: „Führst du was im Schilde?“ Ina grinste:
„Aber nie im Leben! Nein, ich wollte dich bloß zu deinem neuen Wingman schicken. Der ist nämlich
gerade eingetroffen und probiert das Menü des Tages aus. Wenn du ihn also kennenlernen willst...“
Lilja setzte einen Blick auf, den man als gönnerhaft bis anerkennend bezeichnen konnte: „Schau einer
an, Madame kann auch an die Pflicht denken, und nicht nur an Alkohol- und sonstige Exzesse! Das
macht Hoffnung!“ Ihre Zimmernachbarin lächelte: „Naja, heute Abend zum Beispiel hatte ich mir
gedacht...“
Perkele widmete sich währenddessen der Nahrungsaufnahme. Wie bei jedem echten Soldaten
rangierte die Verpflegung recht weit oben in der Liste der wichtigen Dinge. Immerhin war das oft der
einzige Luxus, den man hatte. Und sich mal in Ruhe den Bauch vollschlagen zu können, ohne daß
einem ein Probealarm dazwischen kam oder man sich hetzen mußte, war schon eine Wohltat. Deshalb
dauerte es ein paar Sekunden, ehe er wahrnahm, daß jemand zu ihm getreten war. Er blickte auf.
Die Frau trug die Abzeichen eines First Lieutenants, und ihre Uniform verriet, daß sie Pilotin war. Sie
war recht groß, durchtrainiert und wenn man ihr Gesicht betrachtete, vielleicht 30 Jahre alt. Überhaupt
war das Gesicht etwas besonderes. Sie wäre wohl recht hübsch gewesen, doch die Hälfte des Gesichts
war von feinen, aber gut erkennbaren Narben überzogen. Sie starrte ihn direkt an: „Second Lieutenant
Lipponen?“ Er nickte wortlos und deutete auf einen Stuhl: „Setz dich doch.“ Die Frau kniff die Lippen
zusammen und bedachte ihn mit einem finsteren Blick. Offenbar hatte sie etwas anderes erwartet.
Aber Perkele baute auch vor weit höheren Offizieren keine Männchen. Schließlich schien sie innerlich
mit den Schultern zu zucken – blieb aber stehen: „Ich bin First Lieutenant Pawlitschenko.“ Er grinste
sie an: „Lilja, ach so. Hab mich schon gefragt, wann wir uns über den Weg laufen.“ Er stand auf und
hielt ihr die Hand hin: „Perkele, für dich.“ Einen Moment lang schien sie zwischen einem
Donnerwetter und einer Annahme der angebotenen Hand zu schwanken, dann griff sie zu:
„Bescheidener Name.“ bemerkte sie spitz, während sie sich endlich setzte. Er zuckte nur mit den
Schultern: „Meine Idee war es nicht. Außerdem – du hast dir auch Mühe gegeben, oh Blume des Alls“
Sein Lächeln wirkte freundlich. Er schob den Teller beiseite: „Na gut, man hat uns also verheiratet.
Bis daß der Tod uns scheidet, in guten wie in schlechten Zeiten, und so weiter und so fort. Bleibt die
Frage, was machen wir daraus“. Er blickte sie fragend an.
Lilja wußte nicht recht, wie sie sich verhalten sollte. Die burschikose Art schien zum Wesen des
Piloten zu gehören – so wie ihre Knappheit (und meistens schlecht Laune) zu ihr. Auf der anderen
Seite kränkte es sie ein bißchen, daß er ihr nicht den geringsten Respekt wegen ihres höheren Ranges
bezeigte. Allerdings – Lightning hatte ihr vage angekündigt, ihr ‚Neuer‘ sei zwar ein Aß, aber
disziplinarisch etwas schwierig.
Wie sollte sie sich nun verhalten? Sie war nicht gewohnt, respektlos behandelt zu werden, war
allerdings auch nicht oft selber als Respektperson angesehen worden. Bisher war sie immer
Untergebene gewesen. Ihn anschnauzen? Zurechtstutzen? Achtung verlangen? Eigentlich hatte sie das
Recht dazu. Sie HATTE sich bereits bewiesen, hatte Abschüsse erzielt und war dekoriert und
befördert worden. Alles war so ungewohnt, und in den Büchern stand darauf keine Antwort. Naja, es
war wohl nicht das optimale, sich wie ein Gockel auf dem Misthaufen zu gebärden, bloß weil man
einen Balken mehr an den Achselklappen hatte. Aber dennoch...
Sie entschied sich, es fürs erste so zu versuchen. Sie mußte mit ihm klarkommen, daran führte kein
Weg vorbei. Also nickte sie zögernd: „Kann man so sagen.“ Sie mustere ihn prüfend: „Du bist
Veteran. Also denke ich, wir werden miteinander auskommen. Aber“ das konnte sie sich doch nicht
versagen: „Es gibt Leute, die sind etwas humorloser. Die könnten gewisse Dinge übelnehmen.“
Perkele wiegelte ab: „Wir sind im Krieg. Soll ich da kriechen vor einem, der mehr Lametta hat?
Morgen sind wir vielleicht eh schon tot, also wozu das ganze? Befehle sind ja schön und gut, aber
dieser ganze Affenzirkus drum herum ist nun wirklich nicht nötig!“ Seine neue Vorgesetzte überlegte:
„Deine Entscheidung. Solange du im Gefecht an meinem Flügel klebst.“
Er grinste: „Solange du mir keine stählernen Fesseln anlegst... Aber du sollst ja das Aß hier sein.“ Ihr
Gesicht verfinsterte sich: „Nun, ich bin nicht schlecht. Wenn du aber unser Aß sehen willst, halt
Ausschau nach einem egomanischen Affen mit blauen Haaren, dann hast du es gefunden.“ Abrupt
stand sie auf: „Wir haben die nächsten Wochen, uns aneinander zu gewöhnen. Ich erwarte dich in
einer halben Stunde bei den Simulatoren. Sei pünktlich. Oder“ sie lächelte knapp: „um bei deinem
Bild zu bleiben – wo wir schon mal verheiratet sind, sollten wir die Hochzeitsnacht nicht zu lange
aufschieben!“ Dann ging sie – und registrierte natürlich, daß er NICHT salutierte, sondern sich wieder
seinem Essen zuwandte.
Perkele war sich nicht sicher, was er von seiner Vorgesetzten halten sollte. Sein Verhalten schien sie
etwas zu stören, aber sie war souverän genug, es zu schlucken, jedenfalls im Augenblick. Andererseits
sah sie wie jemand aus, der die Pflicht ziemlich genau nahm. Nun, mal schauen. Er hätte es schlimmer
treffen können. Wie er mit ihr klarkam, blieb abzuwarten. Aber sie würde ihn auch nicht dazu bringen,
Männchen zu machen, das war sicher.

__________________
Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

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03.11.2015 21:59 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Der Sprungpunkt gab den schweren Kreuzer der Ticonderoga-Class frei. Augenblicklich drehten sich
sämtliche geschütztürme nach Steuerbord und eröffneten das Feuer. Grüne und gelbe Lichtstahlen
schossen durch das All, gefolgt von einer Breitseite Raketen. Mit gespenstischer Zielgenauigkeit
schlug der Feuersturm in einen Akarii-Kreuzer, welcher promt auseianderbrach.
Join the Navy. Join the thin blue line.
Die Navy als wichtigste unserer Teilstreitkräfte ist als einzige in der Lage unsere Kolonien und
Schiffahrtsruten effektiv zu schützen. Ihr obliegt die Aufgabe den Fortbestand unserer Zivilisation zu
sichern.
Sind Sie ein junger ambitionierter und leißtungfähiger Mann oder junge Frau? Sind Sie bereit
persönliche Verantwortung für Menschen und Recourcen zu übernehmen?
Join the Navy. Join the thin blue line.
"Einen guten Abend liebe Zuschauer, hier ist wieder Scott McLean live von der Front." Wieder grinste
das jugendliche Gesicht des Kriegsberichterstatters in die Kamera.
Doch diesmal saß er auf der linken Seite, statt wie gewoht auf der rechten.
Ihm zur rechten saß eine 1st Lieutenant der Terran Space Navy, so dass man hauptsächlich Ihr linkes
Proviel sah.
Ihre natürlich Atraktivität wurde von einer scheinbar antrainierten Strenge stark beeinträchtigt.
Die schwarzen Haare waren zu einem festen Zopf gebunden und sie schien um einen übertrieben
würdevollen Eindruck bemüht.
"Immer noch befinden wir uns auf der Raumstation, deren Name und Postion unter die Geheimhaltung
fällt. Und wie in den Sendungen davor haben wir auch heute ein Fliegerass zu Gast, was sich durch
mehr als bloße Abschüsse in diesem Krieg hervorgetan hat. Begrüßen wir First Lieutenant Tatjana
Michailowa Pawlitschenko von den Angry Angles."
Er grinste sie breit an.
"Guten Abend Scott", brachte sie etwas nervös hervor.
"Nun Tatjana, man war so freundlich mir den genauen Befehl zu zeigen, mit denen Ihnen der Bronce
Star verliehen wurde, aber bitte, erzählen Sie doch unserem Publikum genau, womit Sie sich diese
Auszeichnung verdient haben?"
"Nun, ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Auszeichnung wirklich verdient habe, ich habe nur wie alle
anderen Piloten auf der Redemption meine Pflicht erfüllt. Wir alle sind bestrebt, unser Bestes für unser
Vaterland zu vollbringen." Sie pausierte etwas und brauchte soetwas wie ein Lächeln zustande. "Ich
zeichne mich darin nicht mehr aus, als alle meine Kammeraden."
Scott hätte am liebsten eine Grimasse geschnitten: "Nun sein Sie doch bitte nicht so bescheiden
Tatjana, die Navy muss doch überzeugt sein, dass Sie etwas besonderes geleißtet haben."
"Nun", wieder folgte eine kleine Pause und ein Räuspern, "in unserer ersten Schlacht, gelang es mir
bei einem feindlichen Jäger den Piloten ... auszuschalten, ohne den feindlichen Jäger wirklich zu
beschädigen. Ich glaube die Ingeneure vom Geheimdienst haben es einen Schatz genannt."
"Ah, da kommen wir der Sache doch schon nächer, aber erzählen Sie uns doch bitte, wie ist sowas
zustande, einen Jäger so zu kabern?"
Sein gegenüber versteifte sich etwas und lächelte etwas gezwungen: "Nun, sehen Sie, ... ich hatte
glück. Der Pilot geriet wohl in Panik und stieg aus, als ich dem Jäger den Gnadenstoß geben wollte.
Meine Salve ging daneben, um genau zu sagen über den Jäger hinweg und der Akarii schleuderte sich
direkt in meinen Energiehagel."
Scott nickte bedächtig: "Ah, wirklich ein Glück", er zwinkerte auffällig, "zumindest für unsere
Ingeneure. Aber Sie haben noch mehr geleißtet richtig?"
"Nun, ja, auf Vorposten lief uns ein Akariikonvoi in die Hände. Unsere Jabos verschossen Ihr Pulver
auf das Begleitschiff. Mir gelang es irgendwie das letzte flüchtende Frachtschiff zu erwischen.
Allerdings war dieses schon durch die Angriffe meiner Kammeraden schwer beschädigt, wie Sie sehen
also, dass diese Ehrung mir nicht allein zusteht."
Scott lächelte erst sie an, dann wieder in die Kammera: "Welch eine Bescheidenheit, sehr selten bei
der Spezies der Piloten zu finden, aber Tatjana möchten Sie noch jemanden grüßen."
"Oh, ja, gerne, ich würde gerne meine Eltern und meinen Brieffreund Alexander Gulajew grüßen, ich
habe Eure Briefe erhalten, vielen Dank. Ich habe gestern meine Post aufgegeben. Wir geben hier
draußen alle unser Bestes."
Die Kamera schwenkte wieder auf Scott: "Das nächste mal melden wir uns Live vom Träger Maryland
und begleiten Captain Rossmann auf einem Rundgang durch sein Schiff. Guten Abend."
*******************************************
Captain Susan Conners stand auf der Brücke der Dauntless und fluchte in einem fort. Die Dauntless
war alles andere als gefechtsbereit, viele Drills, die sie mit der Rumpfcrew gefahren war, mußten
abgebrochen werden, weil Subsysteme abstürzten. Das SM2 System war entgegen des eigentlichen
Testplanes noch überhaupt nicht abgefeuert worden, denn die Software war so fehlerhaft, dass sich
System schlichtwegs weigerte, die Raketen scharf zu machen. Insgeheim ahnte Conners, dass es wohl
besser so war, denn wenn mit den Raketen etwas passierte, würde Die Crew war ebenfalls noch wenig
eingespielt und da gerade mal 150 von 400 Mann der Besatzung an Bord waren, konnte sie keinen
kompletten Systemtest machen. Die Techniker der Werft waren derweil nur damit beschäftigt, die
größten Fehler zu beheben.
„Madam?“
„Ja, Lieutenant?“ Ein anderes Beispiel für die unzureichende Ausstattung, ihr XO war ein Lieutenant,
der eigentlich nur Chef der Funker und Sensorencrew war.
„Neuer Bericht von der Maschinencrew, die Triebwerke sind wieder auf 100 %.“
„Na immerhin etwas. Gibt’s was neues aus dem Feuerleitstand?“
„Nein, die Techniker suchen immer noch nach dem Problem.“
„Verdammt!“ Conners Laune hatte sich die letzten Tage immer weiter verschlechtert, was durch die
gelegentliche Übelkeit, die sie überkam, noch verstärkt wurde. „Machen Sie diesen verdammten
Zivilisten Dampf unter dem Hintern, wenn das so weiter geht, dann sind wir noch nicht gefechtsbereit,
wenn der beschissene Krieg vorbei ist!“
Der Lieutenant zuckte bei jedem neuen Kraftausdruck innerlich zusammen, lies sich aber nichts
anmerken, so dachte er jedenfalls.
Conners merkte indes, dass sie ihrer Laune etwas zu freizügig ihren Lauf gelassen.
„Schon gut, Mr.Quinn, ist ja nicht ihre Schuld, dass die Werft ihre Arbeit nicht gemacht hat...aber wir
müssen bis wir in Perseus ankommen, wenigstens wissen, welche Systeme klar sind, und welche wir
besser ausgeschaltet lassen, sonst fliegt uns der Kahn im Gefecht um die Ohren.“
Lieutenant Mark Quinn nickte, salutierte und machte sich auf den Weg zur Feuerleitzentrale, dem
Herzstück des neuen Schiffes. Insgeheim hoffte er, dass man die Dauntless auf Perseus noch einmal
generalüberholen würde, bevor es ins Gefecht ging. Denn er stimmte dem Urteil des Captains über die
fehlende Gefechtsbereitschaft des Kreuzers zu.
Drei Tage später lief die Dauntless in Perseus ein, ohne dass alle Probleme gelöst waren. Vielmehr
war ein neues Problem in Form der Gesundheit des Captains dazugekommen. Wegen
Schwindelgefühls war sie kurz vor dem Einlaufen auf der Brücke zusammengebrochen und lag im
Lazarett, wo sie vorerst von einem Sanitäter versorgt wurde, da natürlich auch kein Schiffsarzt
verfügbar war. Lieutenant Quinn schwitzte Blut und Wasser, als er zum ersten Mal in seinem Leben
ein größeres Schiff als ein Shuttel in ein Stationsdock dirigierte. Mehrmals entging er Kollisionen nur
um Haaresbreite. Als das Andockmanöver endlich beendet war, kam als erstes ein Arzt der Station an
Bord.
„Captain? Mein Name ist Dr.Popovich, ich bin Arzt auf der Perseusstation. Erzählen Sie mir bitte, was
Ihnen zu schaffen macht.“
Conners, die am Tropf hing und immer noch etwas blass war, nickte dankbar und schilderte ihre
Symptome, insbesondere die Übelkeit und das Schwindelgefühl. Popovich hörte aufmerksam zu und
nickte, ab und zu machte er sich kurze Notizen.
„Gut, ich werde Ihnen jetzt Blut abnehmen und einige Messungen vornehmen. Dann werden wir
weitersehen.“
„Ok, Doc, was immer Sie sagen.“
Drei Stunden später kam Popovich zurück zum Krankenbett.
„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie, Captain.“
„Schlechte Nachrichten bin ich gewöhnt, also raus damit.“
„Sie sind bis auf weiteres dienstunfähig.“
„Oh nein, und wer kümmert sich jetzt um diesen Blechsarg?“
„Sie jedenfalls nicht.“ Popovich grinste. „Sie kümmern sich jetzt um was anderes....“
„Doc?“
„Die gute Nachricht ist: sie sind schwanger.“
Conners sah den Arzt ungläubig an:“...“
„Jup, absolut sicher.“
„Aber wie?...“
„Meines Wissens gibt es da nach wie vor nur eine Methode, schwanger zu werden.“ Der Arzt grinste
nun noch breiter.
Conners dachte nach...“Der wievielte Monat?“
„Denke so ca der 2....genau kann ich das so nicht sagen, da brauche ich einen Ultraschall für.“
Vor zwei Monaten....da war sie auf Heimaturlaub gewesen, bei ihrem Mann. Sie hatte nicht für
möglich gehalten, noch schwanger zu werden, nachdem ihr alle Ärzte gesagt hatten, dass sie
unfruchtbar sei....und nun das. Ihr sehnlichster Wunsch ging in Erfüllung...nur leider zum falschen
Zeitpunkt.
Einige Stunden später war die Nachricht auf beim Flottenhauptquartier angekommen. Rear Admiral
Hamisch McAllister war gerade beim Billard spielen im exklusiven Flagoffizierscasino, als ein
Adjutant ihm eine Notiz mit der Nachricht brachte. Als er die Nachricht las, während er seine Tasse
Earl Grey trank, rutschte ihm letztere beinahe aus der Hand. Sein Aufstöhnen sorgte dafür, dass einige
neugierige Blicke auf ihn fielen, doch statt hierauf zu reagieren, drückte er dem Adjutanten das Queue
in die Hand und meinte trocken:
„Spielen Sie für mich weiter...und wehe, wenn Sie nicht gewinnen, dann haben Sie die nächste Woche
Doppelschicht.“
Alle außer dem betroffenen Commander grinsten ob der gutmütigen Drohung, der Commander
hingegen war irrtiert, der Humor seines Chefs neigte mitunter doch dazu, etwas unberechenbar zu sein.
Doch der Admiral stürmte ohne weiter hierauf einzugehen aus dem Casino.
In seinem Büro wartete bereits Captain Giorgy Shalikashvili, sein Stabschef. Während sich McAllister
in seinem Sessel bequem machte, goss Shalikashvili beiden einen Kaffee ein, dann setzte er sich auf
einen der Besucherstühle.
„Also, Giorgy, wir haben ein Problem, haben wir auch eine Lösung?“
„Hm, das weiß ich nicht so genau. Ich habe mir alle Kandidaten angeschaut, aber ehrlich gesagt,
entweder haben sie bereits ein Schiff oder sie haben nicht wirklich die Erfahrung, die man bräuchte.“
„Ok, also keine ideale Lösung...wäre ja auch zu schön gewesen, aber Sie haben doch sicherlich eine
Idee.“
Der Captain nickte. „Sagt Ihnen der Name Gonzalez etwas?“
„Triple E Gonzalez? Der Kommandeur der Fisher?“
„Jup, genau der. Die Fisher können wir eh für die nächsten 4-6 Monate abhaken und Gonzalez hat
seinen Job bisher gut gemacht, Commodore Clark hat die Crew sogar für eine Unit Commendation
vorgeschlagen.“
„Hm, aber der ist doch gerade erst Commander geworden...und eine Fregatte ist doch um einiges
kleiner als nen Kreuzer. Normalerweise würde man ihn eher als XO an Bord schicken.“
„Das stimmt, aber wir haben sonst nur noch einen Captain, der die letzten Jahre nur Frachter
kommandiert hat und einen Commander, der zwar älter ist, aber dessen Karriere schon vor zehn Jahren
wegen schlechter Leistungen seiner Kommandos beerdigt wurde.“
„Ich sehe schon, keine Alternativen?“
„Nein.“
„Gut, dann lassen Sie den Commander morgen mittag hier antreten. Bevor ich ihn auf die Dauntless
schicke, will ich mir den Knaben persönlich betrachten.“
„Aye, Sir.“
„Danke, Giorgy, Sie können wegtreten.“
Als der Captain den Raum verlassen hatte, sah sich McAllister die Berichte zur Operation der
Redemption Gruppe noch einmal genauer an, als er dies bisher getan hatte.
****************************************
Langsam dämmerte der Morgan auf Perseus - auch wenn die Lokale rund um die Uhr geöffnet waren -
merkte man irgendwie, dass die Bordzeit den frühen Morgen eingeleutet hatte.
Und noch immer streifte eine kleine Gruppe wacker durch die Amüsiermeile. Es waren ausnahmslos
Piloten. Angeführt wurde die Gruppe von niemand geringeren als 1st Lieutenant Curtiss "Radio"
Long.
"Also ganz ehrlich Leute, ich weiß nicht, was Ihr habt. Ich verspreche Euch das beste frühstück
diesseits von Terra und Ihr Meutert", beschwerte sich Radio.
"Achne, lass ma gut sein, wir sind jetzt seit über 16 Stunden auf den Beinen. Sind durch Discos
gezogen, Kneipen, zwei Nacktbars, davon eine ohne Frauenabteilung und langsam werde ich wieder
nüchtern", antwortete ihm eine junge Bomberpilotin.
Radio ergriff ihre Hand: "Aber Sherryl, liebe, kleine, zuckersüße Sherryl, wenn Du Dich richtig
erinnerst sind Doom und ich," er deutete auf den riesigen Schwarzen in der Gruppe, "auf den Laufsteg
gestiegen und haben ganz allein für Dich gestrippt."
Doom kicherte in sich hinein.
"Mein lieber Radio, dafür.... ganz allein dafür wirst Du noch eine Rechnung von meinem Augenarzt
bekommen."
"Arrrrrrrrrrrrrg." Radio griff sich ans Herz und wandte sich an Pinpoint: "Aber Dir hat es doch
gefallen oder?"
Dieser blickte Radio eine Weile an und sagte dann Trocken: "Ich werde Dich nicht heiraten."
Schallendes Gelächter brach in der Gruppe aus, als sie wieder an die Szene, wo Radio in Shorts vom
Laufsteg hinuntergestiegen war und sich vor Pinpoint, den er in dem Augenblick mit Sherryl
angeredet hatte, um seine Hand angehalten hatte.
"Also ich werde mich jetzt in meine Koje verziehen", entschied Doom.
"Jepp ich auch." Stimmte Sherryl zu.
Einer nach dem anderen klopfte Radio auf die Schulter und gingen zurück zur Red.
Schließlich standen nur noch Radio und Pinpoint zusammen.
"Und? Was ist mit Dir? Kommst Du mit frühstücken?" Frage Radio in etwas beleidigten Tonfall.
"Yeah, klar, hab Hunger."
Radios Stimmung hob sich augenblicklich: "Allright, jetzt wo die ganzen Versager weg sind, lad ich
Dich ein."
"Cool, wohin gehen wir?"
"Das Hollyday In hat ein erstklassiges Restaurant."
20 Minuten später saßen die beiden Piloten vor einem Berg von Pfankuchen, Rührei, gebratenem
Speck, Würstchen, weißem Toastbrot, dazu Orangensaft und literweise Kaffee.
Eine weile unterhielten Sie sich über verschiedene Themen, bis schließlich Radio in die Höhe schoss:
"Na schau mal, wen wir da haben."
Pinpoint drehte sich um und sah Lone Wolf, der Melissa Auson gerade den Stuhl zurechtrückte und
ihr dann die Hand küsste.
"Holla, holla, sehr interessant", murmelte Radio.
"Verdammt, lass sie doch."
"Ich lass sie doch auch, ich sagte doch nur, dass es interessant sei."
Sie aßen schweigend weiter.
Schließlich standen Lone Wolf und Mel Auson auf, wobei Lone Wolfs Blick auf Radio und Pinpoint
fiel.
Radio grinste ihn an und wunk mit einem auf die Gabel aufgepiekten Würstchenstück.
*********************************
Kano betrachtete sich kritisch im Spiegel – Sorgfalt in Erscheinung und Kleidung waren ihm seit
jüngster Kindheit anerzogen worden. Und diese Sorgfalt galt im Militär – diesem Hort steifer
Konventionen und Regeln – natürlich noch mehr.
Die Ausgehuniform saß, wenn auch nicht ganz makellos, denn er hatte sich allein mit Hilfe der linken
Hand anziehen müssen. Ein flüchtiges Lächeln spielte um Kanos Lippen – mit dem geschienten Arm
und dem Verwundeten-, dem Raumflieger- und dem Raumkampfabzeichen sah er aus wie ein
kampferprobter Veteran. `Nun, immerhin habe ich zwei Feindflüge überlebt, wurde einmal
abgeschossen und zweimal verwundet. Das macht mein Überleben wohl zu einem Triumph über die
Statistik.‘ Nach den geheimen Faustregeln der Navy stiegen nach den ersten paar Feindflügen die
Überlebenschancen sprungartig – und Verwundungen bewiesen immerhin, daß man eine sehr kritische
Situation überlebt hatte.
`Oder, daß man dumm war. Nun, ich werde es wohl noch herausfinden.‘
Als die Redemption bei der Perseus-Station „vor Anker“ ging, hatte er in einer der langwierigen
Untersuchungen und Wundnachbehandlungen gesteckt – deshalb war das erste Shuttle bereits
abgeflogen, mit ihm die meisten von Kanos Staffel.
Er war in seine Kabine zurückgekehrt und hatte sich zum Freigang umgezogen – aber die rechte Laune
hatte sich nicht eingestellt. Da waren zum einen seinen persönlichen Probleme und Hirngespinste:
Kali, Ace, der neue Flügelmann... . Und im Hintergrund seiner Gedanken lauerte immer noch die
Erinnerung an den Beinahe-Tod über Troffen. `Vielleicht sollte ich Dr. Hamlin mal fragen, ob er
etwas zum Schlafen hat – besser nicht. Sonst sperrt er mich noch länger... .‘ Auch wenn er es sich
selbst nicht ganz eingestehen wollte – er hatte Angst. Angst vor dem Versagen, dem Tod – Angst vor
der Angst. Aber er verdrängte das Wissen darum ebenso wie die düsteren Gedanken.
Kano straffte sich, zuckte leicht zusammen, als seine Schulter mit einem Stechen protestierte. Dann
ging er.
Vor Kalis Kabine überprüfte er noch einmal den Sitz seiner Uniform – so perfekt wie möglich – und
klopfte, während er spürte, das sich sein Herz beschleunigte und seine Wangen leicht rot wurden. Das
ärgerte ihn.
Als nach einer Weile noch immer keine Reaktion erfolgt war, faßte er sich ein Herz und versuchte die
Tür zu öffnen. Sie war nicht verschlossen. Er hätte sich die Nervosität sparen können. Es war niemand
da.
Seine suchenden Augen fanden den eingeschalteten Bildschirm auf dem Tisch, der zur Tür gedreht
war und er sah seinen Namen:
Kano
Meine Staffel ist losgezogen, um das Überleben zu feiern, da mußte ich natürlich mit. Wir sehen uns
sicher bald. Hoffe, du hast diesen affigen Medizinmann überlebt und ihn nicht zur Luftschleuse
hinausgeschoben.
Ace
Falls du das liest - wenn du noch mal in meiner Kabine aufkreuzt, hetz ich dir Yamashida auf den
Hals. Du kannst ja mal an unserer Eisernen Anwältin deinen Charme ausprobieren. Geh zum Teufel
oder zur Eisprinzessin - falls es da einen Unterschied gibt.
Kano überlegte. Zu der Feier der Staffel wollte er lieber nicht stoßen - zum einen pflegten solche
Feiern häufig "geschlossene Gesellschaften" zu sein, zum anderen fühlte er sich nicht gerade in der
Stimmung für eine übliche "Survival-Party". Und ohnehin war er mit seiner offensichtlichen
Verwundung eher ein Stimmungsdämpfer. Viele wollten sich nicht immer an den Krieg erinnert
wissen - vermutlich ein Grund, warum seine Flügelfrau nicht so guten Anschluß fand - neben ihrem
kratzbürstigen Wesen. 'Und wohl auch ein Grund, daß sie die Narben behalten hat - eine Erinnerung
für sie und die Umwelt.'
Nun ja, an Bord des Trägers hielt ihn momentan nichts – und selbst mit dem Arm gab es auf der
Perseus-Station eine ganze Anzahl Annehmlichkeiten, die er sich gönnen konnte. `Und ich werde mir
nicht den Kopf verrenken auf der Suche nach Kali – oder Ace – oder beiden... .‘
Auf der Perseus-Station herrschte wie beim letzten Mal ein wirres Durcheinander aus Mitgliedern aller
Streitkräfte und Zivilisten aller Art. Diesmal allerdings war Kano kein „Frischling“ mehr, der die
Piloten mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung ansah. Er gehörte dazu. Als ihn ein paar junge
Soldaten im Vorbeigehen aus den Augenwinkeln musterten war er nicht sicher, ob er amüsiert sein
sollte. Offenbar reichte das Verwundetenabzeichen – und wohl auch der geschiente Arm – um bei den
jungen Leuten als „Alter Hase“ durchzugehen.
` „Junge Leute“ – ein paar von ihnen dürften älter sein als ich. Warum erscheinen sie mir dann so –
jung? Steigt mir die eine Feindfahrt und die Siege so zu Kopf? Oder zählt denn das Überleben und die
Verwundungen mehr als Jahre? Ich denke wirklich zuviel dummes Zeug, wenn ich nichts zu tun
habe!‘
Wenigstens verbot seine Verletzung ihm nicht, eines der Bäder aufzusuchen – die Wunde war
geschlossen worden, dazu war darüber ein (auch wasserabweisendes) Wundpflaster platziert worden.
Natürlich konnte er nicht richtig schwimmen. Aber als er in dem heißen Salzwasser trieb, löste sich
ein Teil der Spannungen, die ihn in den letzten Tagen belastet hatten.
Als nächstes war eine der Kampfsporthallen sein Ziel - auch wenn er selbstverständlich nur zusehen
konnte. Aber allein das reichte ihm - vorerst. Wenn er auch längere Zeit kein kendo mehr betreiben
konnte, den Kämpfen zu folgen, und die Fechter einzuschätzen war auch eine Erholung - und ein
Stück Heimat. Auch wenn mehr als die Hälfte der Kämpfer Nichtjapaner waren, keiner schien ihn
besonders zu beachten, alle schienen vollkommen im Kampf aufzugehen. Allenfalls nickte man ihm
höflich, aber distanziert zu. Und Kano war nicht hierhergekommen, um Gespräche zu führen.
Dann suchte er eines der zahlreichen Lokale auf – hier sollte es, hatte er gehört – echtes japanisches
Essen geben. Es war eine der exquisiten Einrichtungen auf der Station – das bedeutete, es war teuer.
Außerdem (wie man in der Navy erzählte) bedeutete dies, daß die Bedienung hier nicht auf den
Tischen tanzte oder zu mieten war – außer man nahm ein Hinterzimmer und zahlte noch einmal
drauf... .
Der Sushi war frisch und der Sake wurde, wie es sich gehörte, heiß serviert und Kano gab sein bestes,
sich nicht den Genuß dadurch verleiden zu lassen, daß er nur mit der Linken, etwas ungeschickt,
hantieren konnte.
Das Vorhaben war allerdings vergebens, als er bemerkte, wie er von einem der Nachbartische
angesehen wurde. Dort saß ein Doppelpärchen – zwei Herren in Zivil und ihre (offensichtlich jüngere)
Begleitung, die leicht pikiert beziehungsweise amüsiert zu ihm herüberblickten.
Langsam drehte er sich um und sah sie direkt an. Kanos Wangen waren vor Verlegenheit leicht gerötet
– die Lippen bildeten eine dünne Linie, während er wütend die Zähne zusammenbiß.
Das dauerte nur ein paar Augenblicke – dann wandten sich die anderen etwas peinlich berührt wieder
ihren Angelegenheiten zu. `Gut!‘
Allerdings war ihm der Appetit verdorben. Er ging ziemlich schnell – nicht nur, um die Verluste in
seinem Sold gering zu halten. Kurz spielte er mit dem Gedanken, sich etwas Sake mitzunehmen – oder
sich anderswo zu betrinken – Nein. Er war sich nicht einmal sicher, was in ihm arbeitete – da erschien
Alkohol nicht die beste Idee. Besser noch, er kehrte nach Hause zurück – zum Träger.
In Grübeleien versunken fand er den Weg zur Shuttleschleuse. Seine Miene war so verschlossen, daß
die meisten der „professionellen Nachtschwärmerinnen“ ihn in Ruhe ließen – die es dennoch
versuchten, erhielten keine Antwort.
*****************************
1st Lieutenant William "Jaws" Boothe lag in seiner Koje und dachte nach.
Er hatte gerade seine Abkommandierung zur Redemption bekommen und war darüber nicht besonders
glücklich. Jaws war bisher bei den Aces of Texas sehr gut zurecht gekommen und sich in den letzten 2
Jahren an seine Kameraden gewöhnt. Nun zumindest würden einige von ihnen ebenfalls zur Red
wechseln. Gerüchten zu Folge verfügte der ältere Träger der Zeus-Klasse nur über kleinere Maschinen
wie Griphen und Mirage. Innerlich fluchte der Pilot vor sich hin. Bisher hatte er im RaptorGeschwader
gedient, das ausschließlich Nighthawks verwendete. Einen anderen Jägertyp hatte er
bisher nur aus der Ferne gesehen und nun das.
Seine Befehle teilten ihn dem Rot-Geschwader der Angry Angels zu. Scheinbar eine Phantom-
Schwadron. Er verdrehte die Augen. Phantome waren die Vorgänger der Nighthawk und nicht ganz so
effektiv. Wenigstens entsprach das Missionsprofil dem gewohnten. Raumüberlegenheit. Immerhin
hatte man ihm nicht den Typhoons oder einer Bomberstaffel zugeteilt. Er würde damit zurecht
kommen. Zumindest hoffte er das.
Er sah auf die Uhr. Noch 20 Minuten bis zum Shuttlestart. Seine Sachen waren bereits gepackt also
beschloss er einen letzten Rundgang auf der Maryland zu machen. William verliess seine Kabine und
machte sich auf den Weg zur Messe. Er hatte hier mit seinen Kameraden viele glückliche Stunden
erlebt und auch einige Credits beim Poker gelassen. King hatte immer gesagt das Glück sei an seine
Fersen geheftet. Nun nicht ganz. King war jetzt tot. Beim letzten Angriff, der die Maryland schwer
getroffen hatte, war auch er abgeschossen worden.
Seine Schritte führten ihn durch die hell erleuchteten Gänge. Dieser Teil des Trägers war
einigermaßen intakt. Andernorts, vor allem achtern, sah es übel aus. Eine Antischiffrakete hatte einen
Teil der Maschinensektion zerrissen. Die Sektion war immer noch gesperrt.
Schließlich erreichte der Pilot die Messe. Sie war leer. Natürlich waren die meisten Piloten der
Maryland auf der Perseus. Kaum einer hatte über den unfreiwilligen Urlaub gemurrt auch Will nicht.
Es tat gut nach den letzten Monaten endlich mal wieder was anderes zu sehen.
Eigentlich war er bis vor ein paar Stunden noch selbst durch die riesige Station gestreift und hatte sich
amüsiert. Will hatte auch einige Piloten der Red getroffen. Wie waren die Namen? Pinpoint und
Radio. Nach ihren Erzählungen war die Red ein feines Schiff und es ging sogar das Gerücht um das
mehrere der Offiziere wahre Könner waren. Nun man würde sehen. Jaws war selbst ein Könner.
Immerhin hatte er bis dato 17 Abschüsse zu verbuchen. 8 davon alleine im letzten Monat.
Seine Uhr piepte. Zeit sich zum Shuttle zu begeben. Jaws holte seine Sachen und machte sich auf den
Weg zum Flugdeck. Kurz sah er noch auf seine Befehle, es konnte nicht schaden zu wissen, bei wem
er sich melden sollte. Der Name sagte ihm überhaupt nichts. Lieutenant Commander Justin McQueen.
Der Pilot schloss die Kabinentür nach einem letzten langen Blick. Der Abschied fiel ihm sehr schwer.
30 Minuten später stand er vor der Tür seines neuen Kommandeurs. Unter dem Namensschild stand in
kleinen Lettern "Stellv. Commander Air Group". Wenigstens war dieser McQueen kein Anfänger.
Jaws klopfte kurz und trat dann ein.
McQueen saß hinter seinem Schreibtisch. Scheinbar war er mit irgendwelchen Berichten beschäftigt
denn er sah nicht auf.
Will nahm Haltung an und salutierte. "1st Lieutenant William Boothe meldet sich wie befohlen zum
Dienst, SIR!" Er hatte keine Ahnung wie auf diesem Schiff das Protokoll war also hielt er sich lieber
an den Standard.
Der ältere Pilot sah schließlich doch auf und salutierte lässig im sitzen.
"Setzen Sie sich Lieutenant Boothe. Ihre Befehle?" McQueen nahm die ihm gereichten Befehle
entgegen.
Will sah sich die Kabine des Offiziers genau an, während dieser das Papier las. Spartanisch
eingerichtet. Sehr sauber und ohne persönliche Dinge. Scheinbar hatte der alte Knacker keine Familie
oder Freunde. Das Einzige, das von der Norm abwich waren einige Fotos einer Akarii Maschine. Will
erkannte sie sofort als Jäger vom Bloodhawk-Typ. Sah er richtig? War das Ding Rot?
"Ihre Befehle sind in Ordnung Lieutenant. Melden Sie sich beim Quartiermeister, er wird Ihnen eine
Koje zuteilen." McQueen reichte dem ehemaligen Texas Ace die Hand. "Willkommen bei den Angry
Angels, Jaws."
"Danke, Sir." Will schüttelte die Hand des Offiziers. Das war nicht das Protokoll. Wenigstens schien
es hier etwas lockerer zuzugehen als auf der Akademie.
"Sie können wegtreten Lieutenant. Melden Sie sich morgen um 0630 auf dem Flugdeck." McQueen
wandte sich wieder seinen Unterlagen zu.
Will stand auf und wandte sich zur Tür. "Äh, Sir? Darf ich eine Frage stellen?" Neugier hatte ihn
erfasst.
"Klar, solange Sie nichts mit Geheimhaltungsstufe fragen..." McQueen sah nicht auf. Hier wehte
wirklich ein anderer Wind.
"Die Photos da drüben... Ist das der Rote Baron?" Will hatte schon viel von dem Akarii-Aß gehört.
Vor allem schlechtes.
McQueen sah auf. "Ein eindeutiges Ja, Jaws."
"Wow. Gute Aufnahmen. Jemand der so nahe an das Vieh rankommt sollte sich vorsehen." Will
schüttelte sich. Er war zwar schon länger im Einsatz aber der Anblick dieses Jägers jagte ihm Schauer
über den Rücken.
"Ich denke das weiß derjenige der diese Aufnahmen gemacht hat sehr gut, Lieutenant." McQueens
Züge blieben unbewegt und Will zog es vor nicht noch mehr zu sagen und seine Fragen
herunterzuschlucken. Sicher wussten die anderen Piloten an Bord wer diese Photos geschossen hatte.
Er salutierte und verließ die Kabine des Offiziers. Der Quartiermeister... wo war der nur zu finden?
***

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Es gibt eine alte Pilotensaga: Ein Pilot im Dienste der Navy hat drei Namen. Einmal den Namen, den
er von Geburt an trägt.
Dann sein Callsign, den er von den anderen Piloten verliehen bekommt, sich gelegentlich sogar selbst
gibt. Und dann gibt es noch den Namen, den sich ein Pilot im Laufe seiner Dienstzeit verdient.
Konteradmiral Maike Noltze, war Pilotin und hatte sich ihr Callsign "Battleaxe" sich über die Jahre
hinweg verdient.
Und wurde dem auch wieder gerecht, als sie über Konteradmiral Hamish McAllister und seinen
Befehlsstab auf Perseus herfiel.
Innerhalb von 20 Minuten hatte sie sein Büro eingenommen, sowie das Kommando über seinen Stab
übernommen.
Der in ehren Ergraute Konteradmiral war vom Kommandanten zum Befehlsempfänger geworden.
Nach drei Stunden besprechung viel McAllister eine Notiz des JAG auf: "Maike? Ich habe hier etwas,
was Sie eventuell interessieren könnte."
"Lassen Sie hören Ham." Noltze lehnte sich zurück und nippt an ihrem Kaffee.
"Der JAG ermittelt gegen Commander Cunningham, CAG der Redemption, es gab dort vor einigen
Tagen einen Selbstmord."
Noltze krazte sich hinterm Ohr: "Passt jetzt überhaupt nicht, wer ist Ihr ranghöchster JAG-Offizier?"
"Captain Halstead."
"Etwa Jan Halstead?" Noltze wurde nachdenklich.
McAllister nickte: "Kennen Sie ihn?"
"Ja, ich habe früher mit ihm auf einem Träger gedient. Würden Sie ihn bitte herrufen, ich möchte mit
vier Augen mit ihm sprechen."
"Ich werde ihn holen." McAllister ging.
Captain Jan Halstead war ein jung aussehender Mittvierziger, von hoher und schlanker Figur. Die
braunen Haare waren sauber zu einem Scheitel gekemmt.
"Ach schau an, wen haben denn die Sonnenwinde uns hereingeweht?" Er war sichtlich erfreut Noltze
zu sehen.
"Na alter Rechtsverdreher, möchtest Du einen Kaffee?"
Er lächelte: "Gern. Darf ich?" Er deutete auf einen der Besucherstühle.
"Natürlich", Noltze beugte sich zur Gegensprechanlage, "Chief, bitte zwei Kaffee, einmal Schwarz,
einmal mit 2 Stück Zucker und ein paar Kekse bitte."
Halstead setzte sich und schlug die Beine übereinander: "Also, warum werde ich zur persönlichen
Stabscheffin von Jean Renault, und somit Nr. 3 in der Befehlskette der 2. Flotte, zitiert? Was möchtest
Du?"
"Mir ist zu Ohren gekommen, Dein Verein möchte einen meiner Geschwadercommodore vors
Kriegsgericht bringen."
"Aha, daher weht der Wind." Halstead brach ab, als ein Steward mit Kaffee und Keksen hineinkam.
Nachdem er vom Kaffee probiert hatte sprach er weiter: "Ja, Lucas Cunningham, von der Redemption.
Einer seiner Piloten hat einen terranischen Frachter abgeschossen, soweit ich mit den Fakten betraut
bin, wäre diese Sache Militärrechtlich nicht ausreichend um einen Kriegsgerichtsprozess zu
rechtvertigen. Wegen bei den mittlerweile toten Piloten noch bei Cunningham. Es war so wie ich
glaube ein Unfall. Doch was folgte, die Autorität des J.A.G. muss gewahrt bleiben. Cunningham hat
sich sein Bett wirklich fein bereitet."
"Der Depp hat also versucht die Sache unter den Teppich zu kehren statt einen ordentlichen Bericht zu
schreiben."
"Genau", Noltze nickte.
"Hör mal Jan, zur Zeit ist hier eine wichtige Sache am Kochen. Ich kann jetzt keinen Mann in
Cunninghams Postion entbehren." Sie nahm einen Keks und aß.
"Tut mir leid Maik, aber ich kann derartiges nicht durchgehen lassen", er klang, als würde er es
wirklich bedauern, "ich meine, wenn es nur um die vertuschung des Abschusses ging, wäre er mit
einen blauen Auge davon gekommen, aber dass er dann auch noch Ermittlungen behindert hat. Nein
Maik, selbst für Dich nicht. Tut mir leid."
"Verdammter Paragrafenreiter", ein Lächeln nahm ihren Worten die Schärfe, doch Halsteads Augen
funkelten kurz beleidigt, "aber, was ist, wenn ich Dir eine andere Möglichkeit als ein Kriegsgericht
aufzeige."
Er schoss in die Höhe: "Denk nicht mal dran, sprich es nicht in meiner Gegenwart aus. Seit ich meine
Anwaltsprüfung bestanden hatte, hab ich gegen diese UNSITTE gekämpft. Du Lancierst doch einen
'Freispruch'."
"Ich gebe Dir mein Ehrenwort als Offizier, ich werde keinen Freispruch lanzieren, aber ich brauche
diesen verdammten Idioten von CAG. Ich schlage Dir jetzt ein Geschäft vor: ..."
****************************************
„Das war es dann wohl“, murmelte Juliane Volkmer. Zusammen mit neunzehn ihrer Kameraden
würde sie von der MARYLAND auf die REDEMPTION wechseln.
Was sie dort erwarten würde, wusste sie noch nicht, aber nachdem, was sie bisher gehört hatte, war der
Leichte Träger der ZEUS-Klasse geradezu dazu prädestiniert, immer in die dickste Scheiße zu geraten.
Die MARYLAND würde noch Monate brauchen, um wieder gefechtsklar zu werden. Wieder in den
Kampf einzutreten war nur mit der RED möglich.
Die Illusion, zu den G-MEN auf die MAJESTICS zu wechseln, machte sich Juliane nicht.
„Sir, ich melde mich ab. Erlaubnis, von Bord gehen zu dürfen.“
Der CAG starrte sie mürrisch an. „Ungern, Lieutenant. Ungern. Juliane, Sie sind einer meiner
Aktivposten hier an Bord. Vielleicht hätte ich Sie halten können… Wenn Sie nicht selbst so gestochert
hätten.“
Schuldbewußt blickte die Typhoon-Pilotin zu Boden. „Sir… Sam. Sie wissen, dass die MARY auf
Monate hier fest hängt. Ich… Ich kann das nicht. Es dauert mir ja sogar schon zu lange, wenn wir
draußen sind und auf das nächste Gefecht warten.
Die Navy hat mich zum Adrenalinjunky gemacht, und ich komme da einfach nicht mehr von runter.
Es heißt, die RED wird in einem Monat wieder raus gehen. Ich will dabei sein, Sam. Ich will dabei
sein.“
Kurz nur nickte der Commander. „Ich verstehe, Juliane. Ich heiße es nicht gut, aber ich verstehe es.
Wir werden Sie hier vermissen bei den Aces of Texas. Die Pik Aß-Staffel wird ohne Sie nicht mehr
dieselbe sein. Reverend meinte, die drei Monate mit Ihnen als XO waren die Besten ihres Lebens.“
Juliane schmunzelte. Die kleine Italienerin war nach dem Tod von Lt.Commander Huisken als
Staffelführerin nachgerückt. Ohne Julianes Rückhalt hätte sie es vielleicht nicht geschafft.
„Grüßen Sie das Pik Aß von mir, Sir. Ich werde es und die MARY in allerbester Erinnerung behalten.“
„Jaja“, brummte der Ältere halb wütend, halb beschwichtigt. „Ach, noch etwas, Juliane. Ich weiß, die
RED hatte schwere Verluste. Gerade bei den Typhoon sind eine Menge Plätze frei geworden. Aber
machen Sie sich nicht mehr Hoffnung als auf einen eigenen Wing, okay? Sie kommen als Fremde in
ein bestehendes Team.“
Kurz nur jagte ihr ein Stich durch die Brust. Sie wusste, dass ihr defacto eine Degradierung
bevorstand. Auf der MARYLAND war sie XO der Piker.
Auf der REDEMPTION aber war sie ein Neuling. Frischfleisch. Veteran, ja. Aber sie fing ganz von
vorne an. „Das ist kein Problem, Sir. Hauptsache, ich komme da wieder raus und kriege was vor die
Rohre.“
Sie salutierte. Commander Sam Rogers erwiderte den Gruß.
„Ach, noch etwas, Lieutenant. Wenn Sie drüben sind, haben Sie ein Auge auf die anderen Jungs und
Mädels die rübergehen. Wir wollen der RED nicht den schlechtesten Eindruck von der MARY geben,
okay?“
Juliane grinste. „Ich werde es versuchen. Aber Sie wissen ja, wie Perkele ist.“
Der Commander verdrehte die Augen. „DEN Kerl loszuwerden ist es beinahe wert, wieder mit einem
ganzen Haufen Frischlingen neu anzufangen.“
Sie lachten beide.
Juliane Volkmer salutierte noch einmal und betrat dann das Shuttle zur REDEMPTION.
Das einchecken ging relativ schnell. Sie fand ihr Quartier, lud ihre Sachen ab und wunderte sich noch,
keine Zweibettstube zugeteilt bekommen zu haben.
Der Termin beim CAG stand an.
Auf dem Weg machte sie eine kurze Pause in einem Waschraum. Sie wusch sich das Gesicht mit
kaltem Wasser. Dann musterte sie ihr Spiegelbild. Weißblond gebleichte Haare, etwas zu groß für eine
Frau. Kaukasierin, ebenmäßiges Gesicht mit heller Haut und leicht nach oben gedrückter Nase. Ihre
Lippen waren etwas zu schmal, fand Juliane.
Aber sie wollte ja auch auf der RED fliegen und keinen Schönheitswettbewerb gewinnen.
Zumindest der junge Bengel, der gegen den Roten Baron geflogen war, hatte sich nicht über sie
beschwert. Sie musste lächeln. Sie selbst hatte auch keinen Grund zur Klage gehabt.
Zwei Minuten später klopfte sie am Büro von Lt.Commander Justin McQueen an, dem
Stellvertretendem Geschwaderführer. Natürlich. Neue Piloten fielen unter die Ägide des XO.
Als sie eintrat, tat sie dies mustergültig. Die Uniformmütze unter dem linken Arm, ausdruckslose
Miene, perfekte Wende.
„Commander, First Lieutenant Juliane Volkmer. Ich melde mich zum Dienst.“
McQueen, sein Callsign war Darkness, sah kurz auf und deutete auf den Stuhl vor sich. „Platzen Sie,
Lieutenant. Willkommen an Bord der REDEMPTION. Ich sehe in Ihrer Akte, dass Sie sich freiwillig
versetzen ließen. Gibt es dafür einen besonderen Grund?“
Juliane sah McQueen direkt in die Augen. „Ja, Sir, den gibt es. Ich will fliegen. Die MARY liegt auf
dem Kiel. Aber die RED geht bald wieder raus. Da will ich dabei sein.“
„Ist das der einzige Grund? Akarii abschießen können Sie auch, wenn die MARYLAND wieder auf
Feindfahrt geht.“
„Nun“, meinte Juliane leise, „die Piloten der RED sind bereits zweimal auf den Roten Baron getroffen.
Ich würde mich nur zu gerne mal mit ihm messen.“
Darkness knallte die Akte kraftvoll auf den Tisch. „Soso. Sie waren Xo der Pik Aß-Staffel der Aces of
Texas? Sie waren wohl nicht besonders gut in diesem Job, oder? Denn mit Ihrer Einstellung,
unbedingt dem Ruhm nachzujagen kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie es lange geblieben wären.
Und erzählen Sie mir nicht, Sie wollen einzig und allein Dutzende terranische Piloten davor bewahren,
vom Akarii-Aß getötet zu werden. Zu einem Führungsposten gehört es, das Ganze zu sehen. Und
nicht, Jagd auf einen Akarii zu machen.“
„Ja, Sir“, erwiderte Juliane spöttisch. „Ich werde mich da ganz nach Ihrem Vorbild richten.“
Für einen Moment war Darkness sprachlos. „Ich weiß nicht, woher Sie davon wissen. Und ich will es
auch nicht wissen. Aber lassen Sie sich gesagt sein, es war Zufall, dass ich auf den Baron traf. Niemals
hätte ich meine Pflicht als Stellvertretender Geschwaderkommandant vernachlässigt, um der Echse
nachzujagen. Verstehen Sie das?“
„Wie ich schon sagte, Commander. Ich werde mich ganz nach Ihrem Vorbild richten.“
Darkness starrte sie an. Dann ging er ihre Akte durch. „Vierzehn verifizierte Abschüsse. Nicht übel.
Guter Umgang mit Kameraden, tadelloser Leumund bei den Vorgesetzten. Wundert mich, dass der
CAG der MARYLAND Sie hat gehen lassen.
Nun, wir befinden uns in einer prekären Lage, Lieutenant. Und in dieser Lage müssen wir alle unseren
Dienst erfüllen, wo wir hingestellt werden.
Für Sie bedeutet das, ab sofort Dienst in der Typhoonstaffel Blau zu führen.
Sie machen den Staffelchef. Eine Feldbeförderung zum Lt.Commander drücke ich noch durch. Fühlen
Sie sich der Aufgabe gewachsen?“
„J-ja, Sir. Das kommt etwas plötzlich, aber ich fühle mich der Aufgabe gewachsen.“
„Gut. Die Staffel hatte einige Verluste. Einen Teil ersetzen wir mit Ihren Kameraden von der
MARYLAND. Aber Sie werden demnächst noch Rekruten von der Akademie bekommen.“
Darkness zog einen Stapel Dokumente hervor und knallte ihn vor Juliane auf den Tisch. „Hier sind die
Dossiers. Sie haben sie bis Morgen durchgearbeitet. Das erste Staffeltraining ist in zwei Tagen. In fünf
trifft das Frischfleisch von der Akademie ein. Enttäuschen Sie mich nicht. Lieutenant Volkmer.“
Er streckte ihr die Hand entgegen. „Und noch mal, willkommen an Bord, Huntress.“
Sie ergriff die angebotene Rechte und schüttelte sie fest. „Danke, Sir.
Eine Frage, Sir, ist Ihr Flügelmann immer noch Ace?“
„Ace? Was? Nein, er bekommt seinen eigenen Wing.“
Juliane nickte bedächtig. „Ja, er hat durchaus Potential.“
Sie salutierte und verließ das Büro des XO.
Eine eigene Staffel. Mann, musste es der TSN dreckig gehen.
***********************************
Yamashita nahm Haltung an, als der Captain des JAG ihr Büro betrat.
"Bitte, rühren. Ich bin Captain Halstead, ich bin hier um mit Ihnen über Commander Cunningham zu
sprechen."
"Ja, bitte setzen Sie sich Sir." Sie deutete auf ihre Besucherstühle und Halstead nahm im rechten Platz.
"Sehen Sie Commander, ich bin persönlich gekommen, weil ich finde es nur richtig Ihnen in die
Augen zu sehen, wenn ich es Ihnen mitteile", schon bei diesen Worten wusste sie, das dieser
verdammte Cunningham wieder davon kam, wie weit gingen dessen Beziehungen? "wir legen den Fall
Brendstone nieder."
"Sir, darf ich fragen, warum?"
"Nun, ich habe mit Admiral Noltze gesprochen. Wir werden die Angelegenheit anders regeln. Sie
braucht den Commander auf seinen jetzigen Posten." Er pausierte kurz. "Würden Sie ihn bitte herrufen
lassen?"
"Ja...., ja natürlich."
Keine 10 Minuten später traf Cunningham ein. Er war wütend und er wusste, dass Yamashita ihm mit
Brendstone, dem verdammten Frachter und der Vertuschung kommen würde.
Jedoch fand er nicht nur Yamashita vor, sondern auch einen Captain des JAG. Er nahm Haltung an
und saluteirte vorschriftsmäßig.
Der Captain salutierte ebenfalls. Yamashita blieb hinter ihrem Schreibtisch sitzen.
"Guten Tag Commander, ich bin Captain Halstead. Man bat mich Ihnen Auszurichten, dass Sie sich
entsprechend der lebendigen Traditionen der Terran Space Navy Ihren Offizierskammeraden
gegenüber, für die Vorfälle im Fall Brendston, zu verantworten haben. Bitte finden Sie sich um
neunzehnhundert auf Deck 10 Messe 21 auf Perseus-Station ein."
Yamashita schluckte ihre Galle herunter. Ein Ehrengericht. Soweit ist es mit dem JAG gekommen.
Solch ein Preis muss also für Gerechtikeit bezahlt werden. Man guckte nicht nur weg, man förderte es
und legitimiert es.
Dann wanderte ihr Blich zu Cunningham. Sie erschrak.
Der Commander war stark erbleicht. Ein Stück Papier hätte sonnengebräunt im Vergleich zu ihm
ausgesehen.
Der Schrecken stand in seinem Gesicht. Er bewegte den Mund, als wäre ihm die Sprach verschlagen.
Dabei sah er aus wie ein Fisch.
"Aye ....", Cunningham räusperte sich, "aye, aye Sir."
Sie fand, dass seine Stimme zittrig klang.
Halstead nichte: "Ich wünsche einen angenehmen Tag." Das war eindeutig an Yamashita gewand, die
im innern sowas wie Genugtuung empfand.
Nachdem Halstead ihr Büro verlassen hatte, ließ sich Cunningham in den linken Besucherstuhl fallen.
Er blickte eine Weile zu boden.
Als er schließlich aufblickte waren seine Augen getrübt von Hass.
"Sie....", er brach ab und schüttelte den Kopf.
Als er aufstand und ihr Büro verließ, kam es ihr so vor, als würde er leicht wanken.
**********************************
Gonzalez war überrascht, als sein Pieper losging und noch erstaunter, als er sah, wessen Nummer auf
dem Display stand. Er aktivierte sein Comgerät und rief beim Flottenhauptquartier an. Als er dann
erfuhr, dass er einen Termin bei Admiral McAllister hatte, fiel ihm beinahe die Kinnlade herunter.
Turner, der mit ihm in der Bar saß registrierte dies aufmerksam, schwieg aber, bis das Gespräch
beendet war.
„Also?“
„Ich hab morgen einen Termin bei Rear Admiral McAllister.“
„Hm, das riecht nach einem Notfall. Der Alte hat doch normalerweise mit den Kommandeuren der
kleineren Schiffe nichts zu tun.“
„Jup, scheint so. Vielleicht wirst du ja befördert.“
„Schon wieder? Nein, das denke ich nicht, vor allem, nachdem wir die Fisher so effektiv aus dem
Krieg genommen haben....wahrscheinlich stecken sie mich auf nen Geleitschiff für die
Nachschubkonvois.“
„Wir werden sehen. Wann ist der Termin?“
„Morgen früh um 0900.“
„Schade, dann wird das heute ja wohl nichts mit dem Umtrunk. Ich hab übrigens vorhin mit O’Keefe
gesprochen.“
„Und?“
„Nunja, es sieht so aus, als wenn man hier nicht die Kapazität hat, alle Schiffe zu reparieren. Die
Bürohengste überlegen, ob sie uns zurück nach Terra schicken, um die Reparaturen durchzuführen.“
„Hm, nachdem sie wahrscheinlich die Besatzung auseinanderreißen und die Fisher mit einer
Rumpfcrew ausstatten.“
Warren Turner nickte.
„Jedenfalls hat das Oberkommando was vor. Gestern ist ein weiterer Kreuzer hier angekommen, die
Relentless.“
„Ist da nicht dieser Betonkopf vom Mithel der Captain?“
„Jup. Dass die sowas überhaupt noch nen Kommando bekommt...“
„Aye, naja, die Navy war noch nie für Progressivität bekannt, deshalb sind wir doch bei dem Verein.“
Die beiden Männer lachten.
„Ok, Warren, dann wird ich mal auf mein Zimmer, will den Admiral ja morgen nicht enttäuschen.
Halte dich bitte bereit...und schau mal auf der Fisher vorbei, vielleicht braucht O’Keefe gegen diese
Werftbürokraten Unterstützung.“
„Gut, ich kümmere mich darum. Schönen Abend noch.“
Gonzalez ging auf sein Zimmer, wo er noch ein Glas Brandy trank. Gerade als er ins Bett gehen
wollte, klopfte es an der Tür.
„Herein, die Tür ist offen.“
Die Tür öffnete sich und gab den Blick auf Midori Yamashita frei.
„Komm rein, Spatz.“ Enrique grinste.
„Danke....du willst schon schlafen gehen?“
„Jup. Ich hab morgen nen Termin bei McAllister.“
„Bei Admiral McAllister?“
„Genau.“
„Worum geht es denn?“
„Wenn ich das wüßte. Jedenfalls wollte ich morgen nicht so zerknautscht wie heute morgen
aussehen.“
„Hihi, stimmt.“
„Wie ist es denn bei Dir gelaufen?“
„Der verdammte Pilot kommt mit einem Ehrengericht davon....weil sie nicht auf ihn verzichten
können, denke ich.“
„Naja, damit ist seine Karriere wahrscheinlich in den Binsen.“
„Das denke ich auch und das ist auch das einzige, was mich davon abgehalten hat, Halstead an die
Gurgel zu gehen, als er das sagte....dafür wird wohl die nächste Feindfahrt sehr unangenehm werden.
Immerhin ist Cunningham nach wie vor ranghöher als ich, auch wenn er nicht mein Dienstvorgesetzter
ist. Und wenn die Gerüchte stimmen, dass er was mit dem XO hat, dann kann es nur häßlich
werden...zumal Auson mich auch nicht ab kann.“
„Lass dich doch versetzen.“
„Ich überlege, ob ich das tun soll...aber die Chancen, dass das Gesuch durchgeht, bevor die Red
wieder ausläuft,sind eher gering. Zumal, wenn das die Runde macht, kann ich mich total einsargen
lassen.“
„Das wird schon wieder. Murphy und Shukova scheinen doch ganz ok zu sein....“
„Nur dass die mir da auch nicht helfen können...“
Gonzalez nahm Yamashita in den Arm und drückte sie.
Am nächsten Morgen machte er sich zeitig auf den Weg zum Hauptquartier. Glücklicherweise hatte er
auf seinem Zimmer eine frische Uniform gehabt, was er einer unangenehmen Erfahrung als junger
Lieutenant verdankte, als er mitten in der Nacht einmal auf sein Schiff zurückgehastet war und
aufgrund seiner Fahne beinahe noch einen von seinem Vorgesetzten eingeschenkt bekommen hätte.
Seitdem hatte er sich angewöhnt, beim Landurlaub immer eine Dienst- und eine Galauniform
mitzunehmen. Am Eingang des Gebäudes zeigte er seinen Dienstausweis und teilte dem Marine mit,
dass er einen Termin beim Admiral hatte. Nach einem Kontrollanruf wurde er dann durchgelassen.
Insgesamt war Gonzalez von den Sicherheitsmaßnahmen überrascht. Die Zahl der Wachen war massiv
angehoben worden und vor allem waren die Kontrollen viel rigider, als er es bei seinem letzten
Aufenthalt auf Perseus in Erinnerung hatte. Nach kurzem Warten wurde er zu Captain Shalikasvili
vorgelassen.
Gonzalez salutierte, und wartete dann, bis ihm ein Stuhl angeboten wurde.
„Guten Morgen Commander. Der Admiral hat in wenigen Minuten Zeit. Ich hoffe, Sie genießen den
Landurlaub.“
„Ich tue mein Bestes.“ Gonzalez grinste, obwohl ihm gerade nicht so zu Mute war. Der Captain wirkte
irgendwie angespannt und das färbte auf die Stimmung ab.
„Was macht die Fisher?“
„Stand von heute morgen ist, dass wir hier keinen Werftplatz zugeteilt bekommen und daher die
Fisher mit einer Rumpfcrew nach Terra geschickt wird.“
„Ich verstehe. Dann wäre die Fisher nicht das einzige Schiff. Wir haben verdammt viele Krüppel hier
rumkriechen, wie Sie wahrscheinlich schon gesehen haben...und die Perseuswerften sind leider nicht
so groß. Momentan sind wir schon genug beschäftigt, die Träger und die Kreuzer in Schuss zu halten.“
„Ich will mich nicht beklagen, ich bin froh, heute überhaupt hier zu sein. Beinahe wären wir ja noch
kurz vor Ende der Fahrt draufgegangen...wenn Captain Orloff nicht gewesen wäre...“
„Orloff war ein guter Mann...“
In diesem Moment wurde das Gespräch unterbrochen, als die Tür aufging und ein Lieutenant eintrat.
„Sir, der Admiral hat nun Zeit.“
„Danke Mister Schmidt. Folgen Sie mir, Gonzalez.“
Die beiden Offiziere gingen einmal über den Flur und erreichten das Vorzimmer des Admirals. Der
Petty Officer, der als Sekretär diente, stand auf und öffnete die Tür zum eigentlichen Büro. Dort
kündigte er die beiden Ankömmlinge an.
Shalikasvili und Gonzalez traten ein und nahmen Haltung an. Der Admiral lächelte und bedeutete den
beiden aus seinem Ledersessel heraus, sich ebenfalls zu setzen.
„Nun, Commander, Sie werden sich fragen, weshalb Sie hergebeten wurden. Ich will nicht lange
herumreden. Wir hätten eventuell ein neues Kommando für Sie. Inklusive eines vierten Streifens.“
Gonzalez war überrascht. Der vierte Streifen würde die Beförderung zum Captain bedeuten, etwas, mit
dem er normalerweise frühestens in zwei bis drei Jahren hätte rechnen können. Der Krieg
beschleunigte vieles...
„Sagt Ihnen die Dauntless Klasse etwas?“
„Das sind doch die neuen Flakkreuzer...ich hörte davon, ja. Aber sind die nicht noch alle in der
Werft?“
„Wäre vielleicht besser, ja. Aber die Dauntless ist gestern hier angekommen. Leider ist der Captain
Conners, die das Schiff führen sollte, dienstunfähig. Der XO, den wir vorgesehen hatten, liegt mit
Drüsenfieber darnieder. Ich will ehrlich sein, die Dauntless ist momentan nicht in dem Zustand, dass
man den zukünftigen Kommandeur beneiden würde, sie ist noch unausgereift und das SM2 System
verweigert aktuell noch den Dienst. Dazu kommt, dass wir die Besatzung aus verschiedenen anderen
Schiffen zusammengezogen haben, so dass zu den technischen Problemen auch noch eine nicht
eingespielte Besatzung kommt.“
„SM2? Das System sollte doch erst in zwei Jahren bereit sein?“
„Richtig...aber die Politiker meinten, man könne über die Kinderkrankheiten hinwegsehen. Nunja, die
Dauntless ist sozusagen der Prototyp. Abgesehen davon erfordert sie komplette neue Taktiken....Sie
hätten also sehr freie Hand, um diese Probleme zu lösen...aber das würde wohl bedeuten, dass Ihr
Urlaub beendet ist und außerdem die nächste Feindfahrt sehr haarig werden kann. Trauen Sie sich das
zu?“
„Nunja, grundsätzlich schon, auch wenn ich die Details nicht kenne. Wer wäre denn mein XO?“
„Den müßten wir noch organisieren...genauso wie den Großteil der restlichen Offiziere.“
„Dann würde ich darum bitten, dass man mir meinen XO von der Fisher, Turner zuteilt und Lieutenant
O’Keefe als Waffen- oder Flugabwehroffizier. Dann hätte ich wenigstens da schon einmal ein
eingespieltes Team.“
„Sie wissen, dass der XO Slot eigentlich für einen Commander vorgesehen ist....beim Waffenoffizier
könnte man über den Dienstgrad hinwegsehen.“
„Sir, Turner ist der beste XO, den ich hatte und den ich in anderen Kommandos kennengelernt habe.
Wenn die Navy da auf Tradition beharrt, dann, mit Verlaub, soll man ihm den dritten Streifen geben.
Er würde mir jedenfalls den Rücken freihalten, dessen bin ich mir sicher.“
Der Admiral lehnte sich zurück. Insgeheim hatte er nach dem Studium der Akte von Gonzalez damit
gerechnet, denn Turner und er waren schon lange ein Team. Es war nicht ungewöhnlich, dass sich ein
Kommandant für seinen XO stark machte, es wurde sogar erwartet, wenn das Team funktionierte.
Andererseits war es ungewöhnlich, dass ein Offizier Commander wurde, ohne je ein eigenes
Kommando gehabt zu haben.
„Ok, folgenden Kompromiß kann ich Ihnen anbieten. Turner bekommt den Dienstgrad provisorisch.
Sollte die Fahrt erfolgreich verlaufen, machen wir das permanent. Einverstanden?“
Gonzalez, der ahnte, dass er sein Blatt ausgereitzt hatte, nickte.
„Gut, sonst noch Fragen?“
„Ja, Sir, eine. Welchem Verband werden wir zugeteilt?“
„Das erfahren Sie recht bald. Vorerst machen Sie das Schiff bereit. Sie haben ausdrückliche Erlaubnis,
das Manövergebiet zu nutzen und scharfe Munition dort zu nutzen.“
„Danke Sir.“
„Gut, die Übergabezeremonie wird morgen an Dock 31a stattfinden, wo die Dauntless liegt. Der
aktuelle Kommandeur, Lieutenant Quinn wartet draußen für Sie. Viel Glück, mein Junge, Sie werden
es brauchen.“
Gonzalez verstand dies als Entlassung, stand auf, salutierte und rief:“Aye, aye Sir.“
Dann verließ er das Büro.
„Ob es wirklich der Richtige ist?“ fragte Shalikashvili seinen Chef.
„Ich hoffe es...wir brauchen die Dauntless da draußen, egal was für Witze man über das Schiff macht.“
**

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03.11.2015 22:00 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Die Messe war nicht besonders gut besucht. Solange die REDEMPTION an der PERSEUS Station
angelegt hatte, aß kaum einer freiwillig hier.
Immerhin lockte die Station nicht nur mit Kneipen, Bars, Geschäften und Supermärkten, sondern auch
mit Spezialitätenrestaurants, die beinahe jeden Wunsch erfüllen konnten – wenn der Preis stimmte.
Auch Helen Mitra aß lieber auf PERSEUS, solange sie angelegt hatten.
Sie mochte ihren Reis eben nur richtig scharf. Selbst das Chili auf der RED war eher ein leichter
Appetitanreger für sie.
Aber sie hatte mit Rusty eine außerplanmäßige Übung eingelegt. Der arme Junge hatte Kummer. War
während des Landgangs heftig abgeblitzt und hatte was zur Ablenkung unternehmen wollen.
Und Kali hatte nun mal ein weiches Herz und hatte mitgezogen.
Nun saßen sie hier in ihrer Stammkantine. Unwillig stocherte Kali in dem rum, was der Koch als
Rührei bezeichnet hatte.
Sie empfand es eher als Strafe Ganeshas an die Menschheit.
Seufzend zog sie eine kleine Schachtel aus ihrer Uniformjacke. Fünf Sorten Pfeffer, eine von ihr selbst
hergestellte Curry-Mischung und ihr ganz persönliches Geheimnis warteten darin.
Bedächtig streute sie erst die Strafe der Götter, dann den Kartoffelbrei - oder Instantzement, da war sie
sich noch nicht sicher – und letztendlich das Schweineschnitzel ein.
Sie ging so in ihrer Arbeit auf, dass sie kaum hörte, was Rusty planlos vor sich hinplapperte, während
er lustlos seine Folienkartoffel zu Tode quälte.
„Hörst du mir überhaupt zu, Kali?“
„Was? Ja, klar. Lange Beine, tolle Titten und sie ist ja sooo süß. Was noch mal? Sie ist
Lt.Commander? Aus dem Flottenstab? Rusty, du hast echt das Zeug, dich immer in die falschen
Frauen zu verlieben.“
Der Pilot grinste schief. „Nee, es gibt da noch einen besseren. Wenn die Gerüchte stimmen, hat es
unser Lieutenant Blauhaar seit neuestem tatsächlich auf unsere Eisprinzessin abgesehen.“ Rusty
schluckte trocken, als Kali beim nachwürzen innehielt. Doch bevor er das Thema wechseln konnte,
wurde er unsanft beiseite geschoben.
Annegret Lüding drängte sich neben den Second Lieutenant. „Das ist doch noch gar nichts. Wie ich
gehört habe, ist Ace auf der PERSEUS Station mit einem Piloten der MARY aneinander geraten. Erst
haben sie zusammen in einer Bar gesessen, und dann konnten sie gar nicht schnell genug ins nächste
Hotel kommen. Radio hat erzählt, dass…“
Kali riß unmerklich die Augen auf.
„Hör mal, Rapier“, versuchte Rusty die Situation zu retten, „wir sollten das Thema nicht vertiefen.“
„Na, wenn hier einer was vertieft hat, dann ja wohl Ace, oder? Was ist der Kerl auch für ein Idiot. Erst
geht er mit Lilja aus, und als die nicht auf seinen kaum vorhandenen Charme anspringt, da steigt er mit
der erstbesten ins Bett. Man sagt ja, was auf Landgang passiert soll unter den Beteiligten bleiben. Aber
er hat sich reichlich schnell getröstet.“
„Du plapperst ja genauso schlimm wie Radio“, versuchte Rusty das Thema zu wechseln. Auf seiner
Stirn bildeten sich Schweißperlen.
„Und jetzt haltet euch fest: Die Frau – klar war es eine Frau, falls das noch nicht klar sein sollte – nun
ja, diese Frau, es ist ein First Lieutenant mit dem Callsign Huntress, also, die wechselt nicht nur auf
die REDEMPTION, nein, sie übernimmt auch die blaue Staffel. Meine blaue Staffel. Ist das nicht ein
Gag? Blau. Blau wie die Haare von diesem Ace.
Angeblich hat Radio bereits einen Wettpool eingerichtet, wann und wie oft er und Huntress
übereinander herfallen werden“, plauderte Rapier munter weiter.
Mit einem lauten Klacken fiel Kali der Pfefferstreuer aus der Hand. Wäre der Tellerrand, auf dem er
aufschlug, nicht aus Metall gewesen…
„Äh, Rapier, du solltest wirklich mal lernen, die Klappe zu halten. Kali hat sich mit Ace doch die
Kabine geteilt, während der ersten Feindfahrt, weißt du nicht mehr?“
„Oh.“ Rapier sah zu Rusty, der kräftig nickte, um seine Worte zu unterstreichen.
„OH!“ Sie sah zu Kali, deren Rechte immer noch in der Luft hing, als hielte sie den Streuer noch.
„Kali, ich… Es tut mir leid. Ich habs vergessen. Da lebt man zwei Monate mit so einem Typen
zusammen und dann stellt sich heraus, dass er mit jeder ins Bett steigt, die nicht bei drei auf den
Bäumen ist. Du hast mein Mitgefühl.“
Ruckartig stand Helen Mitra auf. Ihr Kopf ruckte hoch und fixierte Rapier.
In der Kantine wurde es leiser. Die wenigen anwesenden Piloten und Techniker starrten herüber.
„Auf dein Mitgefühl scheiße ich, Rapier.
Dieser blauhaarige Bastard kann meinetwegen zwischen Terra und Akar vögeln, wen und was er will.
Es interessiert mich nicht. Soll er doch. Ist mir egal. Also verschone mich mit solchen exklusiven
Nachrichten, ja?
Dann laß ihn doch ne Staffelführerin flachlegen. Vielleicht treibt er es ja sogar hoch bis in die Zweite
Flotte!“
Absolute Stille herrschte nun. „Entschuldigt mich. Mir ist der Appetit vergangen.“
Abrupt drehte sich Kali herum und verließ die Kantine.
Während sie wütend zu ihrer Kabine zurückmarschierte, murmelte sie wie ein Mantra: „Idiot, Idiot,
Idiot.“
***
Als ich mich ausnahmsweise mal auf der RED aufhielt, nutzte ich die Gelegenheit, um mir zu
verdeutlichen, wieso ich lieber auf PERSEUS aß, solange der Träger festgemacht hatte.
Gutes, fettiges Essen aus meiner Stammkantine würde die richtige Grundlage für ein kleines Besäufnis
mit Darkness liefern. Das war schon lange fällig. Ich würde bald meinen eigenen Wing bekommen.
Wir hatten dann sehr viel weniger miteinander zu tun. Ein Umstand, der mir schon jetzt leid tat.
Aber ein eigener Wing… Ging es endlich mal wieder bergauf?
Ich stellte mich an, bekam eine undefinierbare Masse aufs Tablett geklatscht, die angeblich ein Texas
Chili sein sollte, holte mir dazu Pudding und mehrere Scheiben Weißbrot.
Dann nahm ich Platz. Bewußt wählte ich einen Platz, an dem ich alleine sitzen konnte.
Nun, wo ich ein wenig Zeit hatte, konnte ich meine Gedanken ordnen und nachdenken. Was war nicht
alles passiert, vor allem in den letzten Tagen?
Ich hatte festgestellt, dass ich außerhalb der Hülle der RED ein gefragter Mann war. Überlebende
eines Fights mit dem Roten Baron waren selten. Und ihre Erfahrung wurde geradezu herbeigesehnt.
Den letzten Abend hatte ich in einer Pilotenbar nicht einen einzigen Drink selbst bezahlt, und das alles
für ein paar Tipps und eindringliche Warnungen an die Nachwuchspiloten, die frisch von der
Akademie kamen und sich für unsterblich hielten.
Dann der eigene Wing. Lone Wolf oder Darkness, wem hatte ich das zu verdanken?
Ich entschied, dass es Lone Wolf war. Merkwürdig, denn der Mann mochte mich nicht. Darkness
hingegen verzichtete nicht freiwillig auf mich, das stand fest.
Als hätte ich damit ein Stichwort gegeben, hörte ich eine verschwörerische Stimme vom anderen Ende
des Tisches raunen: „Doch, es ist war. Der Alte muss Morgen rüber nach PERSEUS. Wenn ich’s dir
sage, Brawler, die halten ein Ehrengericht für ihn ab, wegen der Sache mit dem Friendly Fire. Mann,
der Alte kann froh sein, wenn er überhaupt noch fliegen darf, wenn die mit ihm fertig sind.“
Ehrengericht? Friendly Fire?
Ich erhob mich, nahm mein Tablett mit.
Radio bemerkte mich und grinste herüber. „Tag, Ace. Hast du schon gehört, dass…“
Mein Tablett landete direkt auf seiner Hose. Im Flug verstreute sich das Chili über seine ganze
Uniform.
Er starrte an sich herab und blaffte: „Sag mal, HAST DU DEN VERSTAND VERLOREN? Was soll
der Dreck?“
„Mir wird da so einiges klar, Curtiss“, blaffte ich wütend. „Sag mal, du weißt nicht zufällig, wer dem
JAG die Sache mit dem Friendly Fire gesteckt hat?“
„Was siehst du mich da so an? Ich war es nicht. Blauhaariger Idiot.“ Wütend stierte der Pilot mich an.
„Aber du warst doch der Erste, der diese Neuigkeit bekannt gegeben hat, nicht? Ich kann mich noch
sehr gut erinnern, dass jeder, der es mir erzählt hat, vorher sagte: Weißt du, was Radio erzählt hat?
Hoffentlich bist du stolz auf dich. Ein Mann hat Selbstmord begangen. Und unser CAG steht
wahrscheinlich vor dem Ende seiner Karriere, weil DU Labertasche dein Schandmaul nicht halten
konntest!“
Radio sprang auf. „Das… Das muss ich mir nicht sagen lassen!“
„Doch, das musst du, Curtiss“, knurrte ich wütend. „Du hast Scheiße gebaut. Das geht alles weit über
das hinaus, was du sonst verbockst.“
„Du bist doch bloß sauer, weil ich herausgefunden habe, dass du ne neue Flamme hast und jetzt
befürchtest, Kali und Lilja nicht mehr für nen flotten Dreier ins Bett zu kriegen!“, giftete der Pilot.
Mein Nachtisch landete in seinem Gesicht. „Es geht um dich, Curtiss, nicht um mich. Vorsicht, oder
wir veranstalten hier auch mal ein Ehrengericht.“
Abrupt drehte ich mich um. Der Appetit war mir vergangen.
„Das büßt du mir, blauhaariges Arschloch. Das büßt du mir.“
„Willst du mich zu Tode quatschen?“, höhnte ich und verließ die Kantine.
**************************************
Exakt um 19:00 Uhr betrat Lucas wie befohlen die ihm zugewiesene Messe.
Er trug die dunkelblaue Uniform. Auf dem Zweireiher waren sämtliche Ordens- und Kampagnen
Bänder angebracht. Von links nach rechts, wie er sie nach und nach erworben hatte.
Jacke, Hose, das weiße Hemd, die Krawatte hatte er selbst noch mal gebügelt und entfusselt. Die
Schuhe waren frisch poliert. Ebenso die goldene Pilotenspange.
Als er eintrat nahm er die goldbepresste Schirmmütze ab und klemmte sie unter den linken Arm. Das
dunkelblonde Haar war sauber zu einem Mittelscheitel gekämmt.
"Commander Cunningham meldet sich wie gewünscht." Er brauchte nicht salutieren, noch war er
herbefohlen worden, er trat vor seine Offizierskammeraden.
Doch seine Erwartung, einen Captain als Vorsitzenden und vier Commander vorzufinden wurde
enttäuscht.
Der Raum war sehr luxuriös eingerichtet, doch die meisten Tische waren an die Seite gerückt worden.
Allein zwei Tische standen noch in der Mitte. Einer für ihn.
Einer, etwa zwei Meter von seinem Tisch entfernt, für seine Offizierskammeraden, die schon
anwesend waren.
In der Mitte der fünf Offiziere saß eine Frau zwischen 40 und 50 Jahren. Den Ärmel ihres blauen
Einreihers zierten eine Doppelstreifen und zwei normale goldene Streifen. Die anderen Offiziere
waren Captains, drei Männer und eine Frau. Hinter ihnen war ein Fahnenständer mit der Fahne der
Navy und der Fahne der Republik.
"Guten Abend Commander, bitte setzen Sie sich", begann die Vorsitzende, "ich bin Vizeadmiral
Noltze. Das sind die Captains: Mithel", sie deutete auf den Captain links von sich, dessen alter
ungefähr dem von Noltze entsprach. Neben einem kurzen Nicken gab er allerdings keine Reaktion,
"Chao", sie deutete auf den jungen Asiaten links von Mithel und wandte sich dann an den Captain
rechts von sich. Ein würdevoller Offizier, mit komplett grauem Haar und Vollbart", Summersley", als
letztes kam die junge Frau an die Reihe, " und Captain Chantir."
Lucas wandte sich zuerst an Chantir: "Ma'am," und dann die restlichen Captains, "Sirs."
"Ich denke wir können beginnen", fuhr Noltze fort, "Sie sind hier, um sich für Ihre Handlungen in
Sachen Brendstone, die letztlich darin gipfelte, das 2nd Lieutenat Samuel J. Brendstone am 6. April
2636 Selbstmord beging."
Lucas zuckte für alle Anwesenden sichtlich zusammen.
"Bitte erheben Sie sich Commander." Lucas tat wie gefordert. "Entsprechend der lebendigen
Traditionen der Terran Space Navy sind Sie vor dieser Versammlung erschienen und werden, wie es
der Offizierskodex, Ihr Eid und Ihre Ehre als Offizier und Gentleman von Ihnen verlangt, alle Fragen
wahrheitsgemäß beantworten."
"Aye, aye Ma'am. Solange es mir die Pflicht gebietet." Er hatte den Befehl bestätigt, aber gleichzeitig
zu verstehen gegeben, dass er über Sachen der Geheimhaltung kein Wort verlieren würde.
"Bitte setzen Sie sich wieder und erzählen Sie uns von dem Abschuss des Terranischen Frachters und
Ihr dazugehöriges Handeln."
Lucas fing an zu erzählen. Auf Nachfrage erleuterte er genauer. Musste sich hin und wieder selbst
korrigieren. Den Namen Auson erwähnte er so wenig wie möglich, spielte ihre Beteiligung herunter.
Als er zu der 'Komm-zu-Jesus-Rede' mit Yamashita kam, bemerkte er auf Mithels Gesicht ein kurzes,
spöttisches Lächeln.
Chantir und Summersley zogen die Stirn kraus.
Als er schließlich zu der Verwicklung des N.I.C. kam fragte Chao immer häufiger nach. Auch was die
Mission anging. Lucas verweigerte die Antworten darauf.
Doch als Chao weiterbohren wollte, untersagte es Noltze mit einigen harschen Worten.
Schließlich schienen alle Offiziere befriedigt, mit Ausnahme von Chao und Lucas wurde gebeten
draußen zu warten.
Kaum war die Tür hinter Lucas geschlossen, da begann Mithel: "Freispruch, ganz eindeutig. Wir
können niemanden ans Bein Pinkeln, weil er den Ruf der Flotte schützen wollte."
"Wenn Sie gestatten", antwortete Chao, "so einfach ist es aber nicht. Der Commander hat eklatant
gegen die Vorschriften verstoßen. Er hätte den Vorfall melden müssen, dann hätte die Flotte auch
entsprechend drauf reagieren können. Er hat dem Oberkommando die Möglichkeit genommen
Souverän auf die Geschehnisse zu reagieren."
Mithel betrachtete seinen Kammeraden abschätzig: "Egal wie Souverän unsere Flotte reagiert hätte,
der Schaden wäre da gewesen. Unser Ruf ist nach Mantikor eh im Eimer, da können wir keine
schlechte Presse mehr vertragen."
"Sehr richtig", Summersley nickte, er war schon immer der Meinung, dass die Navy ihre schmutzige
Wäsche am besten selbst wäscht.
"Nun meine Herren, auch ich bin der Ansicht, dass wir den Commander nicht ungeschoren davon
kommen lassen können", schaltete sich Chantir ein, nur um dann gleich von Summersley unterbrochen
zu werden: "Das ist wieder mal typisch von Ihnen René ..."
"Würden Sie mich bitte ausreden lassen?" Fuhr die jüngste der anwesenden mit zorngeröteten Wangen
Summersley an. "Danke. Zum einen gebe ich Captain Chao recht. Zum anderen sollten wir uns mal
vor Augen führen, was für einen Lawine der Commander in Gang gesetzt hat. 1. Er hat dem
Flottenkommando die Möglichkeit genommen in dieser Sache vernünftig uns Souverän zu handeln. 2.
Er hat uns die Möglichkeit genommen, nachzuvollziehen, was für Menschen auf dem Frachter wahren.
Wir können dahin gehend nicht mehr nachforschen und ihre Angehörigen werden bis an ihr
Lebensende in Ungewissheit leben. Und ich denke mal DAS berührt hier jeden im Raum, wir sind
immerhin Raumfahrer, wie die 30 armen Teufel da draußen. Aber weiter zu 3. ich möchte Sie nicht
mit Ihren eigenen Gefühlen langweilen: Lieutenant Brendstone hat 30 terranische Zivilisten getötet.
Nun, Cunningham wollte, das Brendstone davon nichts herausfand, aber Brendstone hat es
herausgefunden und er kam damit nicht klar. Er hätte psychologische Hilfe gebraucht. Doch dank
unserem Genie da draußen bekam er sie nicht. Cunningham hätte genauso die Knarre nehmen können
und Brendstone einen Energiblitz in den Schädel jagen können. gleiches Ergebnis."
Mithel räusperte sich: "Und wollen Sie deshalb etwa zum Racheinstrument des JAG werden?"
Chantir sprang auf: "Also ... also, das ist doch die Höhe, statt über Ihr Pflicht als Offizier Ihren
Untergebenen gegenüber nachzudenken werfen Sie mir so was an den Kopf?"
"Bitte René setzen Sie sich", zum ersten mal seit Cunningham den Raum verlassen hatte sprach
Noltze, "was schlagen Sie vor, sollen wir mit dem Commander machen?"
"Entfernen Sie ihn von seinem Posten und stecken Sie ihn dahin, wo er keinen Schaden mehr
anrichtet: Rekrutierungsbüro, Pressestelle - zum in die Kamera lächeln wird er wohl nicht zu dämlich
sein." Chatirs Stimme überschlug sich und sie warf Mithel immer wieder böse Blicke zu.
"Sage immer noch, wir sollten ihn Freisprechen." Sagte Mithel bestimmt.
Sofort begannen Chao und Chantir lauthals zu protestieren.
Summersley verschränkte trotzig die Arme: "Einem Schuldspruch stimme ich nicht zu."
Noltzes Hand knallte auf den Tisch: "Doch, Sie werden einen Schuldspruch zustimmen."
Chantir lächelte ihren älteren Kollegen arrogant ins Gesicht.
"Weil ich es Ihnen Befehlen werde", fuhr Noltze fort.
"WAS? Das können Sie nicht." Brauste Summerley auf. Auch Mithel wollte was sagen, doch Noltze
ließ ihn nicht zu Wort kommen: "Ach, sind Sie sich sicher, Ed?"
"Da hat er leider Recht Ma'am", warf Chantir kleinlaut ein.
"Madam, meine Herren, diese Versammlung nimmt Ihre Legitimität aus den so genannten lebendigen
Traditionen der Navy. Ein mächtige Legitimität. Dennoch, ist dies hier ein illegales Tribunal. Der JAG
würde sich sehr freuen, wenn jetzt ein Vizeadmiral mit einer Selbstanzeige bei ihm auftritt."
Noltze war aufgestanden und um den Tisch herumgegangen und lehnte jetzt an Cunninghams Tisch
und lächelte die entgeisterten Captains an: "Sie werden einstimmig meinen Schuldspruch unterstützen,
..."
Als Lucas wieder eintrat zeichnete sich auf den Gesichtern der vier Captains Ärger ab. Noltze behielt
einen neutralen Gesichtsausdruck. Vor Ihr stand ein eingeschaltetes Notebook.
"Commander: Diese Versammlung hat bei Ihnen einen mangelnden Respekt vor der Militärjustiz
festgestellt und wird diese Feststellung in Ihrer Akte vermerken." Sie begann zu Tippen. "Desweiteren
muss ich feststellen, dass ich über Ihr eklatantes Fehlverhalten in dieser Angelegenheit über die Maße
sockiert bin. Allerdings haben wir uns entschlossen das nicht zu vermerken. Dabei ist Ihnen zugute
gekommen, dass Sie keinen Kommandantelehrgang hatten, um Sie auf diese Aufgabe als
Geschwadercommodore vorzubereiten.
Ansich keine Entschuldigung. Nichtmal ansatzweise. Sie können sich bei den Captains Mithel und
Summerley für deren Fürsprache bedanken.
Warum ich Sie aber auf Ihrem Posten belasse ist die gute Arbeit, die Ihr Geschwader bisher geleistet
hat." Schließlich nickte sie. "Sie dürfen Wegtreten."
Lucas nahm Haltung an: "Aye, aye Ma'am! Danke Ma'am."
*************************************
Enrique Eduardo Emilio Gonzalez betrachtete sein neues Schiff. Von außen sah es ja ganz nett aus, die
Blechbüchse. Aber Lieutenant Quinns Mängelliste war ein herber Dämpfer gewesen. Er hatte sich
zwar gedacht, dass das Schiff unter Kinderkrankheiten litt, das war bei der Fisher auch der Fall
gewesen, aber es war doch etwas anderes, ein Schiff aus einer erprobten Klassen in Dienst zu stellen
oder eine komplett neue Klasse einzuführen. Aber selbst für die letztere Gruppe sah es bei der
Dauntless wirklich schlimm aus. Nicht nur Subsysteme, sondern auch wichtige Hauptsysteme
versagten komplett den Dienst. Die Software des Gefechtscomputers, der mal die
Flugabwehrbemühungen einer ganzen Flotte kontrollieren sollte, stürzte ständig ab und wenn er dann
doch mal lief, waren seine Berechnungen nicht immer korrekt. Die SM2 Werfer streikten komplett.
Hinzu kamen kleinere Unzulänglichkeiten, etwa mit dem Frischluftsystem, was die Stimmung an Bord
auf einen Tiefpunkt gedrückt hatte. Wenigstens hatte Gonzalez die Meldung erhalten, dass bereits bei
der Kommandoübergabe am nächsten Tag fast die komplette Besatzung zusammenkommen würde. Je
länger er über die Probleme nachdachte, desto froher war er darüber, Warren Turner und Douglas
O’Keefe im Boot zu haben. Turner kannte er ja schon lange und O’Keefe zeigte sehr gute Anlagen.
Ihn würde Gonzalez im der Feuerleitzentrale einsetzen. Mark Quinn machte ebenfalls einen guten
Eindruck auf ihn, er war für Sensoren und Funk vorgesehen. Ein dritter Lieutenant namens Sarah
Begin war für Navigation und Conn zuständig, Gonzalez hatte sie auf der Labrador kennengelernt, als
sie noch ein junger Ensign gewesen war. Insgesamt ein anständiges Team, wenn es auch noch sehr
jung und etwas unerfahren war. Aber erfahrene Offiziere waren in diesem Krieg nunmal selten. Aber
angesichts der Tatsache, dass diese Posten allesamt normalerweise mit Lieutenant Commandern
besetzt wurden, war Gonzalez klar, dass Turner und er einen harten Job vor sich hatten. Andererseits
bedeutete das auch, dass er die Offiziere prägen konnte und dass diese angesichts der naheliegenden
Möglichkeit der Beförderung nach dem Einsatz doppelt anstrengen würden.
Gonzalez schüttelte nochmals den Kopf, was hatte er sich da blos andrehen lassen. Die Tatsache, dass
sein Urlaub für die Katz war, war noch das kleinste Problem, denn er fragte sich, ob er auch nur hoffen
konnte, den Kahn rechtzeitig gefechtsbereit zu bekommen. Nach einem letzten Blick zur Dauntless
ging er ins Hotel, wo er seine letzte Nacht an Bord der Station verbrachte.
Am nächsten Tag traf Gonzalez mit den Offizieren im Schlepptau am Liegeplatz der Dauntless ein.
Die heutige Zeremonie würde insofern etwas ungewöhnlich sein, weil die Beförderung mit der
Kommandoübergabe verbunden war. Die gesamte schon zugeteilte Manschaft hatte in weißem
Paradedress Aufstellung genommen. Gonzalez und seine Begleiter trugen ebenfalls weiß heute und
stellten sich in eine Reihe vor die Mannschaft. Neben ihm stand Captain Conners, mit der er sich am
Vortag ausführlich unterhalten hatte. Dann traf der Admiral mit seinem Stabschef und seinem
Adjutanten ein. Alle anderen Anwesenden nahmen Haltung an, als ein Petty Officer die traditionelle
Schiffspfeife blies.
Dann rief der Adjutant: „Stehen Sie bequem.“ Die Besatzung reagierte trotz des Mangels an Übung
wie auf dem Paradeplatz. Der Admiral schritt kurz die Reihe einmal ab und kam dann vor Gonzalez zu
stehen. Dieser tat einen Schritt nach vorne.
„Commander Gonzalez, hiermit befördere ich Sie in den Rang eines Captains der Terran Space Navy
und verleihe Ihnen alle Rechte und Privilegienm, die mit diesen Rechten einhergehen. Erweisen Sie
sich dieser Position würdig.“ Der Admiral lies sich von seinem Adjutanten die Adler, die das
Rangabzeichen des Captains waren, geben und befestigte diese auf den Schultern von Gonzalez. Die
alten Abzeichen reichte er wieder seinem Adjutanten.
„Herzliche Glückwunsch, Captain Gonzalez.“ McAllister reichte ihm seine Hand, die Gonzalez
annahm und schüttelte.
Dann trat McAllister an das Rednerpult, das aufgebaut worden war.
„Männer und Frauen von der Dauntless. Wir stehen in einem Krieg, in dem es um alles geht. Der
Feind ist mächtig und gnadenlos. Doch ich bin überzeugt, dass wir diesen Krieg gewinnen werden,
wenn wir geschlossen stehen und kämpfen. Wir werden heute einen Kommandowechsel miterleben.
Es ist bedauerlich, dass Captain Conners nicht die Dauntless in ihr erstes Gefecht führen kann. Doch
ich bin fest davon überzegt, dass ihr Nachfolger, Captain Gonzalez die Lücke, die das Fehlen von
Captain Conners reißt, füllen wird. Diese beiden Offiziere verkörpern die besten Werte der Navy, Mut,
Ehre und Kampfgeist.
Ihnen allen wünsche ich alles Gute im bevorstehenden Kampf gegen die Akarii.“
McAllister trat vom Pult zurück und setzte sich auf einen Stuhl, der zwei Meter weiter hinten stand.
Dann trat Conners an das Pult. Man sah ihr an, dass sie immer noch etwas zerrissen war zwischen der
Erfüllung eines langgehegten Wunsches und dem Verlust des Kommandos. Sie räusperte sich und
begann dann: „Ich bin nur kurz der Captain dieses Schiffes gewesen. Trotz aller Probleme, die wir
hatten, war es für mich eine Ehre und eine Freude, der erste Captain der Dauntless gewesen zu sein.
Ich bin überzeugt, dass dieses Schiff seinem Namen und der Tradition, für die er steht, Ehre machen
wird und dass es seine Besatzung schützen wird. Ihnen, Captain Gonzalez wünsche ich ein viel Erfolg
und eine glückliche Hand. Passen Sie auf die Dauntless gut auf, sie ist es wert, dass man dies tut. Ich
will schließlich mein Schiff wieder haben.“
Dann trat Gonzalez vor.
Conners begann mit der eigentlichen Zeremonie. „Sir, ich bin bereit, das Kommando zu übergeben.“
Gonzalez erwiderte:“Ich übernehme hiermit das Kommando.“
Dann wandte sich Conners zum Admiral: „Sir, ich habe das Kommando übergeben.“
Beide Captains salutierten, dann schüttelten sie einander die Hand.
Die Marinekapelle der Perseusstation spielte die Nationalhymne, währenddessen alle Anwesenden in
HabAcht gingen. Nachdem der letzte Ton verklungen war, trat Gonzalez ans Rednerpult. Auch er
beschränkte seine Rede auf wenige Sätze.
„Besatzung der Dauntless, es ist mir eine Ehre, ihr neuer befehlshabender Offizier zu sein. Vor uns
liegt ein hartes Stück Arbeit, aber ich denke, wir werden frohen Mutes an die Sache herangehen. In
den nächsten Tagen werden wir uns näher kennenlernen und Sie werden feststellen, dass man mit mir
auskommen kann, wenn man mit Kompetenz und Herz bei der Sache ist. Ich bin sehr froh, dass ich
Offiziere um mich weiß, denen ich vertrauen kann. Da ich weiß, dass viele von Ihnen vorher auf
anderen Schiffen gedient haben, empfehle ich Ihnen, sich mit ihren Kameraden und ihren Aufgaben in
den nächsten Tagen vertraut zu machen, denn wir werden schon bald mit Manövern beginnen. Ich
zähle auf Sie, lassen Sie mich nicht im Stich!“
Dann trat auch Gonzalez vom Pult zurück. Turner als XO ließ die Manschaft wegtreten.
Nachdem die Feier formal beendet war, wünschte McAllister Gonzalez noch einmal viel Glück, bevor
er davoneilte. Conners blieb noch einen Moment länger und betrachtete die Dauntless wehmütig.
***********************************
Jaws verstaute seine Siebensachen in dem kleinen Spind. Viel hatte er nicht zu packen gehabt aber in
Relation zu dem winzigen Schrank, den er zur Verfügung hatte, war es beinahe ZU viel.
Auf dieser alten Kiste würde ihm so einiges abgehen, das wurde ihm immer bewusster. Sein
Zimmergenosse, Willard "Shrike" Evans der mit ihm ebenfalls von der Maryland gewechselt war,
duschte. Immerhin funktionierte das Sanitärsystem.
"Ich geh aus, Kumpel." Will schloss die Kabinentür hinter sich ohne auf eine Antwort zu warten.
Vermutlich hatte Shrike ihn eh nicht gehört. Er sah den Gang hinunter und versuchte sich zu
orientieren. Wenn er den Plan richtig im Kopf hatte dann war da links die Messe. Sein knurrender
Magen erinnerte ihn daran, dass das Frühstück schon eine kleine Weile zurücklag. Also machte er sich
auf den Weg zur Fresskammer. Einige Piloten waren anwesend, kaum einen kannte er.
Das Menü war hervorragend. Er schnappte sich einen Erbseneintopf, Jaws war leicht
zufriedenzustellen, und nahm Kurs auf den dichtbesiedelsten Tisch.
"Ist hier noch frei?" Er lächelte freundlich seine neuen Kameraden an. Die Namen sagten ihm wenig.
"Klar Kumpel, setz dich und greif zu." Ein junger 2nd Lieutenant war der Sprecher. "Der Name ist
Schmitt aber nenn mich Claw."
"Angenehm, ich bin Will. Jaws." fügte er hinzu. Scheinbar nahm man es unter den Lieutenants hier
auch recht lax mit dem 1. und 2. Klasse. Gut er hasste es wenn jemand, der eigentlich gleichrangig
war, vor ihm kuschte.
Die Piloten verbrachten einen ruhigen Nachmittag in der Messe und Will genoß die Zeit. Vielleicht
war es doch nicht so schlecht hier wie er gedacht hatte.
***********************************
Erinnerung
Lilja stromerte ziellos durch die „Straßen“ der Station. Sie wußte nicht recht, was sie mit ihrer Zeit
anfangen sollte. Das Training mit ihrem neuen Partner machte Fortschritte. Seine laxe Art nervte sie
zwar manchmal – er schien vieles allzu leicht zu nehmen, was sie durchaus für wichtig hielt. Wenn
man sich selber bemühte, eine Mustersoldatin zu sein, um bloß nicht wieder in die Reserve
abgeschoben zu werden, tat es nicht eben gut, jemandem zu begegnen, der klar zeigte, daß er den
größten Teil des militärischen Protokolls für Affenzirkus hielt. Einen Zirkus, den er nicht bereit war,
mitzumachen. Andererseits war er ein guter Pilot, der jedes noch so verrückte Manöver mitmachte und
vor keinem Feind zurückwich. Zumindest bei den Übungen. Aber alles, was sie über seine bisherige
Karriere erfahren hatte, schien darauf hinzudeuten, daß er es sonst nicht anders hielt. Sie hatte
natürlich nicht allzu tief geschürft. Wenn sie verlangte, daß er sich ihr gegenüber offenbarte, hätte sie
ihm ein ähnliches Recht zugestanden. Und dazu war sie nicht bereit.
Für heute hatte sie ihr Pensum erledigt, und eine gewisse Unruhe hatte sie dazu getrieben, sich nicht
wie immer in ihrer Kabine zu vergraben. Sie hatte kurz überlegt, sich Ina anzuschließen, sich aber
dann dagegen entschieden. Sie wußte, daß sie keine allzu angenehme Begleiterin war. Ihr war klar,
daß dies zum größten Teil ihre eigene Schuld war. Sie galt als ziemlich kratzbürstig, und mit anderen
Themen als dem Krieg konnte oder wollte sie nichts anfangen. Allerdings – ihre Narben trugen auch
dazu bei. Sie waren eine ständige Erinnerung an den Krieg, und gerade an den wollten viele nicht
immer gemahnt werden.
So war sie also allein unterwegs. Sie betrachtete die Besatzungsmitglieder, Piloten und Soldaten auf
Freigang mit dem Abstand einer Außenstehenden. Nicht unbedingt todtraurig darüber, aber dennoch.
Vermißte sie Gesellschaft? Nein, eher nicht. Wollte sie den Krieg vergessen? Auch nicht. Dies wäre
Verrat gewesen. So viele waren gestorben, so viele würden noch folgen. Einfach nur abschalten, sich
amüsieren, schien ihr einfach unpassend. Sie wußte, daß viele dies anders sahen. Sie verurteilte sie
nicht dafür. Aber sie konnte das geschäftige und vergnügungssüchtige Treiben nie sehen, ohne daß
etwas in ihr mißbilligend die Stirn runzelte. Wie konnten sie nur!
Sie verzog das Gesicht, als sie daran dachte, was ihr Ace geraten hatte: „Einfach alles mal
loszulassen.“ ,Dafür packt er selber aber eifrig zu!‘ dachte sie giftig. Es war gewiß keine Eifersucht,
was sie fühlte. Vielleicht nahm sie ihm einfach übel, wie er Kali so einfach abservierte – sie hatte sich
daran gewöhnt, an beide als eine Einheit zu denken. Das hatte vieles für sie einfacher gemacht.
Außerdem – so, wie diese Mata Hari sich gebärdet hatte, hätte man denken können, sie wäre immer
noch verknallt in den Piloten gewesen. Aber seinen Ratschlag nahm sie ihm noch mehr übel. Er
begriff wohl nicht, daß sie nicht „loslassen“ konnte, daß dies das einzige war, was sie zusammenhielt.
Daß sie etwas hatte, woran sie sich orientieren konnte, das ihr Halt gab im Krieg. Das loslassen? Da
konnte sie sich auch gleich umbringen! Und es wäre schändliche Treulosigkeit gewesen, hätte sie
ihren Haß losgelassen. Nicht, so lange es noch etwas zu rächen gab, nicht, ehe nicht vernichtet war,
was ihren Haß geweckt hatte. Aber was er wußte schon davon? Wie konnte er sich überhaupt
erdreisten, ihr weise Ratschläge geben zu wollen? Seine Arroganz – oder seine Unwissenheit –
erbitterte sie. Was wußte er schon!
Innerlich zog sie einen Schlußstrich. Sie wollte nicht an Ace denken. Wozu sich Stimmung und
Magen verderben? Sie ließ ihre Blicke umherschweifen. Mit einem Achselzucken entschied sie sich
für eine der Kneipen. Ein Schluck oder zwei konnten nicht schaden...
Drinnen orientierte sie sich. Halbwegs solide Soldatenkneipe, falls es so etwas gab. Hierher kam man,
um zu trinken – andere Amüsements wurden offenbar nicht angeboten. Sie begab sich zur Theke: „Ein
Vodka!“ knurrte sie: „Nein, Dummkopf, ich meine die FLASCHE!“. Dann widmete sie sich dem
ersten Glas. Sie wollte sich nicht betrinken, aber ein wenig Alkohol ließ meistens die Welt
freundlicher aussehen. Auf jeden Fall weniger langweilig. Vielleicht vermißte sie einfach den Krieg,
den Adrenalinschub – schämte sich, hier in der Etappe herumzusitzen, wer weiß wie lange noch.
Lieutenant Commander McQueen hatte die eintretende Pilotin erkannt. Er hatte sie schon ein paar Mal
gesehen. Ach ja, Lilja. Sie war ja erst kürzlich ausgezeichnet worden. Sonderlich glücklich sah sie
allerdings nicht aus. Sie wirkte isoliert – allerdings hatte sie etwas von einem Igel an sich, der die
Stacheln aufstellte. War da nicht etwas mit ihr und Ace gewesen? Ein Simkampf und ein Abendessen
als Preis. Er verzog seine Lippen zu einem Lächeln, als er an die Gerüchte dachte, die deswegen
bestimmt hochkochten. Soldaten waren unverbesserliche Klatschtanten. Eigentlich hatte er gehofft,
Ace zu treffen, doch der Junge war unauffindbar. Nun, er hatte sein Recht auf eigene Freizeit und
mußte nicht mit einem alten Schlachtroß zusammensitzen. Aber in gewisser Weise vermißte McQueen
ihn. Mit Cunningham war augenblicklich nichts anzufangen. Er schien beschäftigt zu sein – das hieß,
es steckte vermutlich eine Frau dahinter, oder eine Menge Aärger. Und außer ihm und Ace gab es nur
wenige, mit denen er gut klarkam. Mehr aus Neugier und halb in Gedanken trat er neben die junge
Frau.
Lilja war währenddessen mit der Vernichtung des Inhaltes ihres Glases beschäftigt. Die
Alkoholexzesse der russischen Soldaten in den Streitkräften waren berüchtigt – auch und gerade, weil
sie maßlos übertrieben wurden. Sie spürte jemanden neben sich und hob den Blick. Dann reagierte sie
reflexartig: „Lieutenant-Commander!“ Ihre Ehrenbezeigung war mustergültig. Doch der Offizier
winkte nur ab: „Lassen Sie mal. Wir sind ja nicht im Einsatz.“ Die Russin entspannte sich, aber nur
ein wenig. Er war Offizier – da war Vorsicht geboten. Er musterte sie: „Was dagegen, wenn ich Ihnen
Gesellschaft leiste?“ „Nein, Lieutenant-Commander!“ McQueen unterdrückte ein Kopfschütteln. Er
hatte selten jemanden gesehen, der es SO genau nahm. Er hob das Glas: „Auf den Krieg.“ Für einen
Augenblick huschte ein Lächeln über das Gesicht der Pilotin. Beide tranken aus. Sie schenkte nach:
„Auf den Sieg!“ meinte sie. Und dann, beim dritten Glas, mit harter Stimme: „Auf die Toten!“
Darkness wußte nicht, wie lange sie getrunken hatten. Die Gläser waren klein, aber es waren nicht
wenige. In gewisser Weise hatte er Gefallen an der wortkargen Gegenwart der Pilotin gefunden. Sie
erinnerte ihn etwas an sich selbst. Vor allem schien sie kein Verlangen nach Smalltalk zu haben. Wenn
sie schlechter Laune war, dann suchte sie jedenfalls nicht nach jemandem, um sich auszuheulen.
Schließlich, mehr aus Versehen, stellte er die Frage, die ihn eher am Rande beschäftigte: „Eine
Ahnung, wo Ace ist?“ Lilja zuckte zusammen, als hätte er ihr einen Schlag versetzt. Ihr Gesicht rief
erst rot an, dann wurde es wieder bleich. Ihre Stimme klang gepreßt, frostig: „Nein, Herr Lieutnant-
Commander!“ Von einer Sekunde zur nächsten war sie aufs Äußerste angespannt – falls man davon
reden konnte, daß sie sich vorher entspannt hatte. Er musterte sie überrascht: „Stimmt etwas nicht?“
Sie starrte ihn an: „Ich kümmere mich nicht um Ace.“ Zischte sie wütend, seinen Rang
ausnahmsweise vergessend. Er schüttelte den Kopf: „Was ist los?“ Lilja zögerte. Dann, wieder
vorsichtig geworden, murmelte sie: „Persönliche Sache. Ich und Ace hatten ein paar...
Meinungsverschiedenheiten.“ Darkness versuchte in ihrem Gesicht – nun wieder eine Maske – zu
lesen: „Was für welche?“
Lilja zögerte. Vermutlich lag es am Alkohol, oder daran, daß sie ihren Ärger zu lange in sich
hineingefressen hatte, jedenfalls ließ sie ihre Zurückhaltung fahren: „Ace ist ein Schwachkopf!“
fauchte sie: „Er weiß nicht, warum wir hier sind. Er weiß nicht, wofür, und vor allem, WOGEGEN wir
kämpfen!“ Darkness war ehrlich überrascht: „Er kämpft, wie wir alle. Und gut. Ich weiß nicht, was du
meinst.“ Sie gestikulierte: „Er hat mir erzählt, er könne die Akarii nicht hassen, weil er quasi in ihrer
Nachbarschaft aufgewachsen ist. Er könne sie nicht hassen, weil ein paar Tausend gegen ihn fliegen.
Er meint, es sei möglich, in ihnen Gegner zu sehen, aber sie nicht zu verabscheuen.“ Ihre Augen
brannten vor Haß: „Diese PAAR TAUSEND Akarii haben meine alte Staffel ausgelöscht. Außer mir
lebt nur noch einer, und er ist für den Rest seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt, verkrüppelt.
Manchmal denke ich, das ist schlimmer als der Tod. Manchmal denkt ER das! Und wer ist schuld?
Die PAAR TAUSEND Akarii! Das sind BESTIEN, sie alle! Wir sind hier, um sie zu töten, nicht, um
einfach ihre Schiffe zu verschrotten!“
Darkness spürte die eigenen Wunden. Oh ja, er konnte sich vorstellen, was Lilja fühlte. Er kannte das
Gefühl. Aber andererseits – hatte Ace ihm nicht auch gezeigt, daß ein solcher Haß nicht die einzige
Möglichkeit war? Er konnte Ace nicht verachten, daß er Freundschaft gegenüber dem gefangenen
Akarii empfunden hatte. Daß er nicht wie Lilja, wie er selber, den Gegner haßte. „Ich kann mir
vorstellen, was du fühlst, Lilja“ meinte er: „Auch meine Staffel haben sie vernichtet. Ich war dabei, als
unser Geschwader aufgerieben wurde bei Trafalgar. Aber ich weiß nicht, ob du Ace gerecht wirst. Er
tut seine Pflicht. Auf seine Weise. Woher sollen wir wissen, was richtig ist? Wir sind Soldaten, wir
sollen nicht hassen, wir sollen einen Auftrag erfüllen...“ „Gerede!“ spie sie: „Nichts als Worte! Wir
müssen sie hassen, weil es das einzige ist, was sie verdienen!“ Sie schaute den Offizier an: „Es gibt da
eine Geschichte aus dem schlimmsten Krieg, den mein Volk jemals führte. Ich habe sie irgendwo
gelesen, aber sie trifft auch heute noch zu. Einer unserer Piloten hatte einen feindlichen Jäger
abgeschossen. Der Feind hatte seine Maschine hinter unseren Linien notlanden können und flüchtete
vom Wrack in die Büsche. Unser Pilot wußte, würde er erst heimkehren und Meldung machen, würde
der Gegner entkommen. Er würde sich vielleicht zu seinen Leuten durchschlagen können, wieder
fliegen, und vielleicht wieder töten. Also landete er seine eigene Maschine in der Nähe, rief ein paar
Soldaten zusammen, die in der Nähe unterwegs waren, und führte sie zum feindlichen Piloten. Er warf
sich auf ihn, und erdrosselte ihn mit seinen bloßen Händen! Dann starrte er seinen Jäger und kehrte zu
seinem Stützpunkt zurück. SO müssen wir Krieg führen!“
Dann schien ihr klar zu werden, was sie gerade gesagt hatte. Sie biß sich auf die Lippen: „Bitte
wegtreten zu dürfen, Herr Lieutenant-Commander! Ich melde, zuviel getrunken zu haben, dann rede
ich manchmal dummes Zeug!“ Darkness wußte, daß sie log. Sie hatte ihm gesagt, was sie glaubte.
„Gehen Sie.“ meinte er: „Und, Lilja – ich verstehe Sie. Ich weiß, was es bedeutet, seine Kameraden zu
verlieren. Ich weiß, was es heißt, zu hassen.“ Sie salutierte nur.

__________________
Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

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03.11.2015 22:01 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Vorbereitung
Mithels Stimme klang verächtlich und erbarmungslos, aber ruhig: „Lassen Sie mich es noch einmal
zusammenfassen, Lieutenant-Commander Alverado. Sie haben also, als Sie das Feuer in Sektion A-24
unter Kontrolle bringen sollten, darauf vertraut, daß die Schließautomatik der Feuerschutzschotten
funktioniert, weil es keine Fehlermeldung diesbezüglich gab. Ist das richtig?“ Die junge Frau –
höchstens Mitte Zwanzig, eine durchaus hübsche Südeuropäerin, stand stocksteif da, das Gesicht
gerötet wegen der Demütigung: „Ja, Sir!“ „Sagen Sie, LIEUTENANT-COMMANDER, war Ihnen
nicht bewußt, daß die Vorschrift besagt, das Funktionieren der Schotten sei manuell zu überprüfen?“
„Nein Sir!“ „WAS? Nein, Sie wußten es nicht, oder Nein, es war Ihnen bekannt, aber Sie hatten es
vergessen.“ Sie biß sich auf die Unterlippe: „Nein, ich hatte es vergessen.“
Der Captain nickte grimmig: „Sehr richtig. Sie hatten es VERGESSEN. Vergessen, was im Falle eines
Feuers UNBEDINGT notwendig ist! Sagen Sie, warum haben Sie überhaupt die Akademie besucht?
Hat man Ihnen dort nur beigebracht, Ihre Kleidung in Ordnung zu halten und die Navy-Vorschriften
bezüglich des erlaubten Make-up nach besten Möglichkeiten auszulegen? Oder haben Sie
GELEGENTLICH auch etwas gelernt? Das Feuer, daß sich durch die wegen eines Kurzschlusses nicht
geschlossenen Schotten ausbreiten konnte, hat zu einer internen Explosion geführt, die das Ende des
Kreuzers bedeutete. Ist DAS Ihre Vorstellung von Ihren Pflichten?“ Ihre Stimme klang erstickt:
„Nein...Sir.“ „Ich verstehe Sie nicht. Was sagten Sie?“ „NEIN, SIR!“
Mithel betrachtete sie abschätzend: „Sehr schön, Sie sind ja tatsächlich zu einer Art Einsicht fähig.
Bloß leider würde uns das in einem echten Gefecht nichts nutzen. Wir wären dann TOT. SIE leiten die
Schadenssicherungsabteilung. SIE sind dafür verantwortlich, daß so etwas nicht geschieht. Oder sind
Sie mit Ihrer Aufgabe überfordert? Es gibt sicher Positionen, die Ihren Qualitäten angemessener sind.“
Sie wurde totenbleich. Eine Strafversetzung konnte das Ende ihrer Karriere bedeuten. Ihre Stimme
klang beinahe flehend: „Es wird nicht wieder vorkommen. Geben Sie mir noch eine Chance. Es tut
mir leid...“ Mithels Stimme troff vor Sarkasmus: „So, es tut Ihnen leid, Lieutenant-Commander! Wie
schön! Und wenn Ihnen das in der Schlacht passiert, was werden Sie vor Scham tun? Als Geist
zurückkehren, und die Familien von ein paar hundert Männern und Frauen damit trösten, daß es Ihnen
LEID TUT? Eine Chance? Meinen Sie denn, im Gefecht haben Sie noch eine? Da wird jeder Fehler
mit Blut erkauft. Und nicht nur mit Ihrem.“ Er schwieg, starrte sie schweigend, mißbilligend an. So
blickte ein Richter drein, wenn er ein Todesurteil verkündete.
„Ich gebe Ihnen Ihre Chance. Sie haben 24 Stunden Zeit, Ihre Abteilung auf Vordermann zu bringen
und einen UMFASSENDEN Bericht auszuarbeiten, wie man die Arbeit optimieren kann. Sie werden
sich so einen Fehler nicht noch einmal leisten. Nicht auf meinem Schiff.“ Sie nickte ruckartig.
Die Augen des Captains wanderten weiter. Vor ihm war die gesamte schuldige Abteilung angetreten.
Die Männer und Frauen blickten starr geradeaus, wie eine Armee von Puppen. „First Lieutenant
Dowd.“ Der Offizier machte ruckartig zwei Schritte nach vorne: „JA SIR!“ Der Captain ging langsam
auf den jungen Mann zu, hielt vor ihm an. Seine Stimme war deutlich vernehmlich: „Der First
Lieutenant hat heute Geistesgegenwart und Können bewiesen. Er hat durch den Einsatz von
Behelfsmitteln einen Nebenbrandherd in der Nähe des Munitionsdepots unschädlich gemacht. Ich
belobige Sie hiermit öffentlich.“
Er ließ seine Blicke über die Abteilung wandern: „Das Ganze – Weggetreten!“ Froh, dem
Donnerwetter entronnen zu sein, entfernten sich die Besatzungsmitglieder.
Mithel nickte Raffarin zu, die schweigend das Schauspiel verfolgt hatte: „Ordnen Sie für morgen, vier
Stunden vor Abgabe des Berichtes, eine verschärfte Alarmübung an.“ „Jawohl, Sir!“
Eine Weile schwiegen beide: „Sie sind nicht ganz meiner Meinung.“ stellte der Captain fest. „Nun,
was die Standpauke anging, die war nötig. Aber vor versammelter Abteilung? Das wird Alverados
Autorität nicht guttun.“ Mithel verzog das Gesicht: „Autorität VERDIENT man sich. Wenn sie bis
morgen gute Arbeit geleistet hat, ist Landgang für die Abteilung drin. Das dürfte ihrer Autorität
helfen. Wenn nicht – dann braucht sie auch keine Autorität mehr...“ Raffarin seufzte. Sie teilte ja die
Ansichten ihres Kommandeurs, aber manchmal schienen seine Praktiken fast zu rabiat. Er hatte
manchem Offizier wegen ähnlicher Fehler äußerst negative Beurteilungen gegeben, vor allem, wenn
die Betreffenden so dumm gewesen waren, Ausflüchte zu machen. Andererseits geizte er auch nicht
mit Lob, wenn er es (was so häufig nicht vorkam) für angebracht hielt. Er erzielte Ergebnisse, darauf
kam es an. Allerdings – die öffentlichen Demütigungen mußten ihr nicht gefallen. Und außer dem
Fußtritt gab es ja auch noch andere Methoden.
Die beiden Offiziere machten sich auf dem Weg zu Mithels Büro. Dort fanden die eher vertraulichen
Besprechungen statt. Und nun war es mal wieder Zeit für eine solche. Es gab...DINGE zu bereden.
Rogulski erwartete seine Kollegen. Der stämmige Lieutenant Commander ließ sich keine Unruhe
anmerken – wie immer. Er salutierte vor Mithel und nickte Raffarin zu. Es wurde gemunkelt, die
beiden stünden sich nahe, doch im Dienst war nie etwas davon zu bemerken – abgesehen davon, daß
sie einander offenbar vertrauten und sich ausgezeichnet ergänzten. Keiner der Untergebenen ergriff
das Wort – sie warteten auf ihren Captain.
Der kam wie immer gleich zur Sache: „Nun gut. Daß Vizeadmiral Noltze hier ist, wissen Sie ja schon.
Und nein, ehe Sie fragen, ich habe immer noch nicht erfahren, WARUM man uns hierher beordert hat.
Es scheint aber, wie immer, was Wichtiges zu sein, wenn die Dritte der Zweiten hier aufkreuzt. Aber
bis die Dame bereit ist, uns reinen Wein einzuschenken, vergeht noch ein Weilchen.“ Er rieb sich das
Kinn: „Sie ist eine ehemalige Pilotin, das verheißt nicht unbedingt Gutes. Erste Eindrücke sind stark.
Hoffen wir, daß Sie gelernt hat, in erster Linie Schiffe zu befehligen, und nicht mehr in Gedanken in
einem Cockpit sitzt.“ „Es gab Gerüchte über ein Ehrengericht“ meinte Raffarin. Natürlich wußte sie,
daß ihr Captain daran teilgenommen hatte. Es war ein nicht eben subtiler Hinweis, daß sie um
Aufklärung bat. Mithels Gesicht verzog sich verächtlich: „Das bleibt aber unter uns. Ich habe mir
schon genug Freunde gemacht. Also, irgend so ein Idiot von Geschwaderkommandeur – von Ihrem
Liebling, Raffarin, der Redemption – hatte einen friendly-fire-Zwischenfall vertuscht. Ein Pilot hat
sich deswegen umgebracht. Dummerweise sind diese aufgeblasenen Möchtegernhelden vom JAG
dahintergekommen und haben ein Wirbel darum gemacht, als hätte er seine Jagdpiloten wegen
Feigheit dezimieren lassen. Sie brauchen gelegentlich so etwas, um sich vorzulügen, sie seien nicht
der Wurmfortsatz in der Navy, den sie nun mal darstellen. Nichts als Wichtigtuerei und
Machtgehabe.“ Mithels freundschaftliche Gefühle für das JAG-Corps waren bekannt, deshalb
kommentierte keiner der Offiziere seine Worte. Sie teilten seine Ansicht in diesem Bereich. „Na egal.
Wenn er sich bloß ein BIßCHEN geschickter angestellt hätte!“ Auf Mithels Schiff, so munkelte man,
bekam das JAG kaum etwas mit. Er hätte lediglich aus Pietät darauf verzichtet, SEINEN JAG nicht
anzubinden, so lautete jedenfalls ein gehässiger Witz in der Besatzung. In Wahrheit war Mithel zu
klug, um es auf eine offene Konfrontation ankommen zu lassen – außer in extremen Ausnahmefällen.
Er begnügte sich vielmehr damit, dem Justizoffizier auf subtile Art und Weise ganze Wagenladungen
von Knüppeln und Zentner von Stolpersteinen vor die Beine zu werfen. Das genügte. Jedenfalls hatte
es auf seinen bisherigen Schiffen genügt. Und mit 30 Jahren Dienst in der Flotte war der Captain ein
alter Hase und mit allen Wassern gewaschen.
„Na gut, was gibt es sonst?“ Rogulski nahm Haltung an und antwortete: „Man zieht immer mehr
Schiffe hier zusammen. Binnen der letzten Woche kamen hier an die Dauntless, drei Zerstörer...“ er
ging die Liste durch. Mithel wirkte nachdenklich: „Dauntless. Hmmm... Ist das nicht dieser neue
Superkreuzer? Das Flakwunder?“ Wie alle altgedienten Militärs mißtraute er solch sensationellen
Erfindungen, die noch nicht erprobt waren. Aber das Schiff verkörperte für einige Militärs die
Hoffnung, die Nicht-Jagdfliegerstreitkräfte der Navy aufzuwerten. „Da war doch diese komische
Geschichte. Na, mal schauen...“ Irgend etwas schien ihm nicht zu passen. Aber er behielt seine
Gedanken für sich: „Also, fassen wir zusammen – keiner hat eine Ahnung, wohin es gehen soll. Es
wird KEINE Invasion sein, an eine Raumschlacht glaube ich auch nicht. Bisher spricht nichts dafür.
Wenn sie uns eine Jagdpilotin als Admiral vor die Nase setzen, dann bestimmt nicht, um endlich mal
zu beweisen, daß Jäger nicht das A und O der Raumkriegsführung sind. Also fehlen uns die Träger für
eine Schlacht, die Transporter für eine Invasion. Ein Vernichtungsangriff ist unwahrscheinlich,
obwohl wir hier genug Feuerkraft haben, um ein Dutzend Planeten in Schlacke zu schießen. Noltze
kuscht vor dem JAG, jedenfalls zur Hälfte. Ich kann mir nicht denken, daß sie glaubt, mit so etwas
durchzukommen, ohne daß unsere Tugendwächter hysterisch werden. Der Einsatz unserer Raketen
gegen strategische Ziele ist außerhalb der Konventionen.“
Er blickte seine Untergebenen an: „Ihre Meinung?“ „Positiv, Herr Captain.“ Meinte Raffarin: „Also
bleiben nur folgende Möglichkeiten. Entweder eine konzertierte Aktion, bei der die Träger einen
‚Rechen‘ bilden, der einen Raumabschnitt der Akarii leer spült. Oder man schickt eine Gruppe als
Köder voraus, um feindliche Jagdgruppen auszuschalten. Oder, sie haben einen wichtigen Planeten
oder eine Ansammlung von Schiffen ausgemacht, die sie gezielt angreifen wollen. Aber keinen
schweren Flottenverband der Akarii, nicht ohne schwere Träger. SO unvorsichtig ist keiner, erst recht
keine ehemalige Jägerpilotin, dies nur im Vertrauen auf ein unerprobtes Flaksystem zu wagen.“ „Sehr
richtig. Aber was es genau ist, das werden wir wohl fürs erste nicht erfahren. Haben Sie das Material,
worum ich Sie bat?“ Raffarin nickte: „Alles nicht als ultrageheim klassifizierte Material über ‚Husar‘“
Sie verzog ihre Lippen: „Über den letzten Einsatz der Redemption nicht viel. Stinkt nach
Schlapphutaktion. Aber immerhin etwas zu ihren Gefechten.“ „Gut. Lassen Sie mir das da – machen
Sie aber Kopien für sich und Rogulski. Ich erwarte übermorgen Bericht, was Ihre Schlußfolgerungen
sind.“ Er grinste: „Und wenn Sie Ihre Sache nicht gut machen, werden Sie Alverado noch beneiden.“
Die beiden Untergebenen schien das wenig zu schrecken: „Jawohl Sir!“
*********************************************
Sobald sie gegangen waren, widmete er sich den Aufzeichnungen. Irgendwo da lag, was er suchte.
Wie ein Digger im Geröll und Schlamm suchte er nach den Goldkörnern, die seinem Schiff das Leben
retten konnten. Eine Sache schien ihn zu stören. ‚Mal schauen, ob sich da nicht etwas machen läßt...‘
dachte er. Er ging zum Schreibtisch und begann zu tippen.
An: Vizeadmiral Noltze
Von: Captain Mithel
Vertraulich
Admiral!
Wie Sie ohne Zweifel wissen, hat man mich bei meiner Ankunft über die Schiffe und Kommandanten
informiert, mit denen ich in nächster Zeit zusammenarbeiten werden. Diesbezüglich verlangt es meine
Pflicht von mir, Ihnen über einen Umstand Meldung zu machen.
Sie haben gewiß von dem Ausfall der Kommandantin der „Dauntless“ gehört. Wie man mir mitteilte,
wurde zu ihrer Vertretung ein gewisser Commander Gonzales bestimmt, Befehlshaber der Fregatte
„Fisher“. Er und sein Stellvertreter wurden von Ihrem Vorgänger bei simultaner Beförderung in
gleicher Position auf die „Dauntless“ versetzt.
Admiral, ich kenne Captain Gonzales und seinen Stellvertreter nicht persönlich. Zweifelsohne sind
beide Offiziere von untadeligem Auftreten und bester Eignung. Dennoch verlangt mein Gewissen von
mir, in dieser Hinsicht nachzufragen. Es treffen augenblicklich immer mehr Großkampfschiffe bei der
Perseusstation ein. Ich meine, man könnte in Erwägung ziehen, entweder Captain Gonzales, seinen
Stellvertreter oder beide durch Offiziere dieser Schiffe zu ersetzen. Bitte verstehen Sie dies nicht als
Kritik gegen die genannten Offiziere. Ich bin mir nur nicht im Klaren, ob beide den Anforderungen
ganz gewachsen sind. Beide haben bisher nur auf kleinen Schiffen gedient. Die Anforderungen an
Bord eines großen Schiffes aber sind, wie Sie als erfahrene Kommandeurin eines Trägers natürlich
wissen, anders und vor allem größer. Aus diesem Grund ist es ja auch Brauch, die künftigen
Befehlshaber von Großkampfschiffen erst eine Weile als XO an Bord eines Kreuzers oder Trägers
dienen zu lassen, damit sie sich an die Belastungen gewöhnen.
Die „Dauntless“ ist ein neues Schiff, die Besatzung ist ungeübt, ihre Technik noch nicht erprobt. Ich
habe persönlich als Captain der Navy große Bedenken, das Kommando und die Stelle des XO
Offizieren zu übergeben, die an derartige Herausforderungen nicht gewöhnt sind. Sollten sie, wovon
ich nicht ausgehe, es aber auch nicht völlig ausschließen kann, unter Druck auf Grund mangelnder
Erfahrung versagen, wäre das Ergebnis überaus tragisch für die Navy.
Ich bin sicher, unter den Besatzungsmitgliedern auf den hier versammelten Schiffen finden sich genug
erfahrene Offiziere, die eine solche Gefahr minimieren würden.
Ich weiß, dies mag unkollegial klingen, aber ich versichere Ihnen, zumindest aus meiner Sicht der
Dinge wäre es für Schiff und Besatzung das beste, einen erfahrenen Großschiffoffizier einzusetzen, als
XO oder Kommandeur.
Wie Sie wissen habe ich selber das Kommando über mein letztes Schiff, die „Hydra“, übernommen,
als der Captain im Gefecht fiel. Hätte man mich frisch von einem Zerstörer in solch eine Position
versetzt, so zweifle ich daran, daß ich meine Aufgabe so hätte ausfüllen können, wie es mir mit meiner
Erfahrung als XO an Bord eines Kreuzers möglich war.
Ich verbleibe mit dem Höchsten Respekt.
Captain Mithel
Nun, vielleicht würde das etwas helfen. Mithel hielt nichts von Senkrechtstartern. Einen Zerstörer zu
führen hieß noch lange nicht, daß man mit einem Kreuzer klarkam. Zu oft hatte die Navy durch die
Beförderung solcher „Helden“ Schaden genommen. Außerdem empörte es Mithels Sinn für Ordnung,
daß gemunkelt wurde, der Kommandeur der Fisher hätte die Beförderung seines XO quasi gefordert.
Wo war man denn! Nein, einem geltungssüchtigen Kleinschifkommandanten konnte man doch keinen
neuen Kreuzer anvertrauen. Vor allem nicht DIESEN Kreuzer.
Er wußte, sollte Noltzes Vorgänger das herausbekommen, würde er Mithels Pflichtbewußtsein nicht
eben loben. Es war nicht eben gebräuchlich, die Entscheidung eines Admirals in Frage zu stellen. Auf
der anderen Seite ging Mithels Ehrgeiz nicht so weit, daß er deswegen seine Pflicht vernachlässigte.
Besser, einen verärgerten Admiral, als einen überforderten Senkrechtstarter am falschen Platz. Sollte
man den Vorschlag ablehnen, und etwas ging schief - nun, er hatte sein Möglichstes getan. Er wäre
beruhigt gewesen, jemanden wie Raffarin oder auch Rogulski eingesetzt zu sehen, aber das hier...
Seine Gedanken wanderten wieder zu dem Ehrengericht. Dieser Cunningham – nun, der Mann war
sicher nicht besonders helle, sonst hätte er seine Spuren besser verwischt. Aber er war loyal seinen
Untergebenen gegenüber, hatte die Schuld nicht abzuwälzen versucht. Nicht eben häufig. Und tapfer
war er bestimmt – fast ein perfekter Held. Meinte jedenfalls Mithel, der von dieser Gattung nie eine
allzu hohe Meinung gehabt hatte. Vielleicht konnte er noch nützlich sein. Es wäre möglicherweise
nicht falsch, ihm in den nächsten Tagen ein oder zweimal eine gewisse Solidarität zu zeigen. Zum
einen dürfte er bei vielen anderen Offizieren fürs erste erledigt sein. Wenn Mithel ihn demonstrativ
nicht schnitt, so würde der Commander sich dies merken. Natürlich würde es ihm nicht viel nützen.
Mithel hatte wenig unmittelbaren Einfluß. Aber isoliert und mit dem Gefühl, ungerecht behandelt zu
sein, da wirkte eine Solidarisierung wie Balsam für die Seele. Und vielleicht konnte dieser
Cunningham noch mal nützlich sein.
Mithel hielt nicht viel von Jägerpiloten. Nicht, weil er ihre Leistungen nicht anerkannt hätte. Aber ihn
störte der Rummel, der um sie gemacht wurde, wie man sie zu den Helden per Definition
hochstilisierte. Wie man in ihnen die Waffe schlechthin sah. Dies war einseitig und damit unklug.
Nun, er würde sehen...
******************************
"Also ich würde gerne mit Dir ausgehen und ähm ... ähm ... ich habe zwei Karten fürs Kino. Für ....
für", Pinpoint guckte auf die Karten, doch sie rutschten ihm aus der Hand. Schnell bückte er sich und
hob die Karten auf. Das blaue Band Du Idiot, dass oder diese komische Schnulze, mehr war nicht zur
Auswahl.
Er starrte sich finster im Spiegel an. "Du bist doch schon früher mit Mädchen ausgegangen, warum
machst Du daraus jetzt so einen Affentanz? Mehr als nein sagen kann sie nicht."
Er überprüfte kurz noch einmal den Sitz seiner Uniform und verließ dann seine Kabine.
Auf dem Weg zu seinem Ziel nahm er unbewusst ein paar Umwege, blieb mehrmals unschlüssig
stehen und machte Anstalten umzukehren, doch schließlich stand er vor der Kabine von Imp und Lilja.
Er klopft an und wartete.
Gerade als er wieder umkehren wollte, wurde die Tür aufgerissen und Imp guckte ihn an: "Mensch
Pinpoint, Dich hat Deine Mama aber hübsch gemacht."
Sie merkte nicht, dass er bei dem Wort Mama kurz zusammenzuckte.
"Ist ... ist Lilja da?"
Imp grinste und drehte kurz den Kopf um. Als sie ihn wieder anguckte war ihr Grinsen noch breiter
geworden: "Klar, komm rein."
Er trat ein. Lilja saß am Tisch mit einigen aufgeschlagenen Büchern.
"Hi Lilja."
"Hallo", kam die Antwort.
"Äh, Leute, ich habe noch was zu erledigen, tschüs." Imp war zur Tür hinaus.
"Was willst Du?" Fragte Lilja harsch.
"Nun, ähm ..., ich", er grinste ihr hartes Gesicht an, "ich habe zwei Karten für 'Das Blaue Band", die
Originalversion mit Carry Nolan als J.J. Jennings, Peter Smithon als Victor von Bein und dem
Schurkenschauspieler schlechthin George Tyre als Cox."
Er geriet leicht ins Schwärmen als er die Schauspieler des Navy-Epos schlechthin aufzählte. Nicht
weil es ein Navy-Epos war, er liebte nur die Filmkultur des 25. und 26. Jahrhundert.
"Und nun wollte ich Dich fragen, ob Du eventuell Lust und Zeit hättest, Dir den Film mit mir
anzusehen. Ich sehe ihn immer wieder gern, musst Du wissen. Das war noch Filmkunst damals, nicht
der neumodische Schrott und nun, ein Teil des Filmes spielt ja auch auf der RED. Also, was sagst
Du?"
Lilja betrachtete ihn nachdenklich – in etwa so, wie jemand etwas betrachtete, aus dem er nicht ganz
klug werden könnte. In ihren Augen wechselten sich Mißtrauen und Überraschung ab. Dann warf sie
einen Blick auf die vor ihr liegenden Bücher. Ihre Finger trommelten leicht auf der Tischplatte.
Schließlich zuckte sie unmerklich mit den Schultern: „Einverstanden.“ Sie lächelte leicht – nicht
unbedingt freundlich: „Solange du deinen Zimmergenossen nicht erwähnst.“ Sie stand auf: „Gehen
wir.“
Pinpoint hatte fast mit einer Ablehnung gerechnet, weshalb ihn ihre Zusage überraschte. Er zögerte
einen Augenblick, ob er ihr seinen Arm anbieten sollte, entschied sich dann aber, dass dies wohl
unklug wäre. Die Russin machte nicht den Eindruck, als legte sie auf so etwas Wert.
Auf dem Weg zum Shuttle sprachen sie über Belanglosigkeiten. Lilja schien nicht ganz bei der Sache
zu sein. „Was liest du eigentlich?“ fragte er – dieses Thema erschien ihm sicher. Sie machte eine vage
Handbewegung: „Alles mögliche. Taktikhandbücher, Leitfäden für Offiziere, solches Zeug. Immerhin
haben sie mich befördert, und da will ich ihnen keine Schande machen. Allerdings“ wieder das halbe
Lächeln: „weiß ich nicht so Recht, ob mein neuer Kamerad in den Büchern überhaupt berücksichtigt
wird. Ich denke, die Hälfte der Schreiber haben nicht mal gewußt, dass es so etwas gibt.“
Ihre weiteren Gespräche drehten sich um ähnliche Themen. Aber Lilja akzeptierte, dass Pinpoint
neben ihr ging.
Das Kino war recht gut besucht. Soldaten, Techniker und Zivilisten, alles durcheinander. Bei der
wachsenden Anzahl von Schiffen, die sich bei Perseus versammelten, war dies auch kein Wunder. Es
gab viele Besatzungen, die die gute Gelegenheit nutzen wollten, sich noch ein bißchen zu entspannen,
bevor es wieder losging. Wer wußte, ob es nicht die letzte Möglichkeit war?
Allerdings sorgte dies auch dafür, dass sich nicht alle Zuschauer auf den Film konzentrierten. Das
Kino war immer noch ein Ort, an dem sich Paare trafen, und, nun ja, nicht alle sahen auf die
Leinwand, sobald das Licht gelöscht wurde. Natürlich wäre es Pinpoint NIE in den Sinn gekommen,
so etwas bei Lilja zu versuchen. Auch, weil sie mit einigen ausgesuchten Flüchen ihre Meinung zu
solchem Verhalten kundtat. Sie schien sich auf das Bildgeschehen zu konzentrieren.
Als das Licht wieder anging, schlenderten sie nach draußen. „Guter Film“ meinte Pinpoint – etwas
ratlos. Lilja schaute ihn wieder prüfend an, dann versuchte sie es mit einem leichten Grinsen: „Nicht
schlecht. Größtenteils realistisch, wenn auch manchmal ein bißchen aufgebauscht, denke ich. Aber
naja, unsere glorreiche Marine braucht wohl so etwas.“ Sie schien sich jetzt etwas zu entspannen.
Pinpoint blickte sie zögernd an: „Sag mal...hättest du, ich meine könnten wir, ich wollte fragen“ Er
verhaspelte sich und verfluchte sich innerlich. Die kühlen, fragenden Augen in dem vernarbten
Gesicht machten ihn immer unsicher. Zumal er nicht wußte, wie Lilja jeweils reagieren würde. Er
atmete tief durch: „Wollen wir noch was trinken gehen?“ Die Pilotin starrte ihn unverwandt an. Seine
Worte schienen sie an etwas zu erinnern. Mit einem Mal war es, als hätte sie einen Vorhang
vorgezogen, der eben einen Spaltbreit geöffnet worden war: „Tut mir leid.“ Ihre Stimme klang kalt:
„Ich habe noch zu tun. Danke für die Einladung.“ Sie nickte ihm einen Gruß zu und ging.
Er starrte ihr hinterher. Was war denn nun schon wieder los? Vage fühlte er, daß er beleidigt seien
sollte. Was hatte er ihr denn getan? Aber die Unsicherheit überwog.
Lilja stapfte zurück zum Shuttle. Sie war selber nicht ganz zufrieden mit der brüsken Zurückweisung
Pinpoints. Nicht, weil sie etwa unbedingt mehr Zeit in seiner Gegenwart verbringen wollte. Sie wußte
nie, wie sie mit Menschen umzugehen hatte. Erst gestern hatte sie sich gegenüber von McQueen
gehenlassen. Die Scham und die Wut brannten immer noch in ihr. Was mochte der jetzt von ihr
denken! Wenn sie so weiter machte, schrie sie geradezu nach einem Schnüffler vom JAG oder einem
Psychiater! Deshalb ihre Reaktion. Sie durfte nicht vergessen, dass die wahre Lilja niemand sehen
durfte. Sichtbar durfte nur die Soldatin Lilja sein, die Musterpilotin, die Trägerin des Bronzesterns.
Und das würde auch geschehen!
**********************************
Am Abend stand Gonzalez nach einem Rundgang und einer intensiven Inspektion endlich auf der
Brücke der Dauntless. Die Liste von Quinn war schon schlimm gewesen, aber nach dem Rundgang
hatte Gonzalez Angst, graue Haare bekommen zu haben. Jetzt war es an ihm, die Prioritäten zu setzen.
Als erstest beorderte er soviele Leute, wie sinnvoll war, an die Reparatur des Gefechtscomputers. Ein
zweites Team setzte er auf die SM2 Werfer an. Die Instandsetzung der ganzen nicht absolut
notwendigen Systeme, zu denen leider auch die Luftfilter gehörten, wurden ersteinmal auf die lange
Bank geschoben. Das führte dazu, dass die Luft ungewöhnlich muffig und stickig war. Die
Luftfeuchtigkeit sorgte für welke Uniformen, aber da eh die halbe Besatzung am werkeln war, war das
auch egal. Das Paradepensum war mit der Zeremonie vom Morgen erst einmal erfüllt.
Gonzalez gönnte sich eine seiner Zigarren. Insgesamt war er trotz der vielen Problem positiv
überrascht. Die Dauntless hatte für Marineverhältnisse große Quartiere und die Vorratsräume und
Munitionsbunker waren ebenfalls großzügig angelegt. Wenn das Schiff einmal lief, würde man ohne
Probleme auch längere Feindfahrten ohne die Gefahr des Lagerkollers oder von schwindenden
Vorräten machen können. Auch das System des Munitionstransfers, das bei einer solch ausgeprägten
Raketenbewaffnung extrem wichtig war, war sehr intelligent konstruiert und barg wenig Risiken für
das Schiff. Beeindruckt hatte ihn auch die ungewöhnlich guten Freizeiteinrichtungen, immerhin stand
ein großer Fitnessraum und zwei kleinere Aufenthaltsräume bereit.
Gonzalez betrachtete die einzelnen Stationen auf der Hauptbrücke. Zwei Decks tiefer und weiter im
Heckbereich gelegen war die Sekundärbrücke, die auch als Flugabwehrzentrale diente. Daher hatte er
entschieden, dass auch hier O’Keefe zweiter Offizier sein würde, um bei einem Brückentreffer nicht
die halbe Kommandokette zu verlieren. Bereits die Flugabwehrzentrale hatte ihn beeindruckt, aber die
Möglichkeiten, die dem Kommandanten hier auf der Brücke zur Verfügung standen, um die Situation
zu überschauen, waren enorm. Ein riesiges Display war frei konfigurierbar um alle relevanten
Informationen darzustellen, daneben hatte er verschiedene Sekundäranzeigen, die ihm den Status der
Schiffssysteme anzeigte. Die Arbeitsbereiche der Crewmitglieder waren ebenfalls sehr gut und
komfortabel ausgestattet.
Gonzalez ahnte, warum die Kosten für diese Projekt wohl durch die Decke gegangen waren...aber
wenn die Navy es zahlte, sollte es ihm nur recht sein. Er zog genüßlich an seiner Zigarre und wollte
gerade Lieutenant Quinn sagen, er habe die Brücke, als Turner durch eines der Schotts trat. Getreu
dem Motto „Vier Augen sehen mehr als zwei“ hatte er unabhängig von Gonzalez einen zweiten
Rundgang gemacht.
„Skipper.“
„Ah, Warren...und?“
„Naja, Kinderkrankheiten noch und nöcher....aber ein Schiff, wo die Ingenieure nicht einfach
draufloskonstruiert haben, sondern vorher mal das Gehirn angeschaltet haben. Ich komm gerade vom
SM2 Werfer 1, die Jungs halten sich ran, in drei Stunden glauben sie das System endlich bereit zu
haben.“
„Das ist doch schonmal eine gute Nachricht. Sonst noch was?“
„Ja, ich weiß nicht, ob es Ihnen schon aufgefallen ist, aber die Maschine scheint etwas unzuverlässig
zu sein.“
„Ist mir aufgefallen. Ich will morgen mal für ein paar Stunden auslaufen und die Systeme im Raum
testen. Eventuell können wir auch schon die ersten Probeschüsse vornehmen. Ich habe eine
Verabredung mit dem CAG der G-Men, sie werden uns in einem Monat mit Drohnen angreifen. Bis
dahin muss alles funktionieren, das Manöver ist die Generalprobe für den Einsatz und die letzte
Möglichkeit, an Kleinigkeiten zu pfeilen.“
„Verstanden, Sir.“
„Gut, übernehmen Sie, ich gehe auf mein Quartier und schlage noch eine Schlacht im Papierkrieg,
bevor ich mich hinlege. Auslaufzeitpunkt ist morgen um 1230.“
„Verstanden, übernehme Brücke.“
Gonzalez betrachtete seine Zigarre und verlies dann die Brücke. Sein Quartier lag nur zwanzig Meter
von der Brücke entfernt, eine weitere Annehmlichkeit. Vor dem Papierkrieg jedoch entpackte er erst
einmal seine zwei Seesäcke, mehr Gepäck schleppte er nicht mit sich herum. Insgesamt war sein
Quartier groß, ja fast zu groß für seinen Geschmack. Die kahlen Wände wirkten irgendwie wie eine
Wüste. Gonzalez kam ein Gedanke.
Er aktivierte den Computer und forderte zusätzliche Informationen über Akarii Jäger an, insbesondere
auch mehrere Sätze postergroße Rißzeichnungen, auf denen auch die wichtigsten Daten bezeichnet
waren. Normalerweise war das eher für die Ausbildung von Jagdfliegern gedacht, aber letztendlich
würde dieses Wissen auch den Mitgliedern der Dauntless zu gute kommen, auch wenn sie sich mehr
auf die Sensoren als auf Sichtidentifikation verlassen mußten. Trotzdem war Gonzalez überzeugt, dass
sich seine Leute so etwas besser einprägen konnten, wenn sie dem Feind ein Bild geben konnten. Er
fügte dem ganzen noch eine gleichartige Anforderung für alle Raketen der Akarii an. Dann nickte er
zufrieden.
Er zog ein letztes Mal an seiner Zigarre, bevor diese soweit abgebrannt war, dass sie nur noch bitter
schmeckte. Nachdem er den Stumpen in den großen silbernen Aschenbecher abgelegt hatte, den er
immer mit sich genommen hatte und der eine Arbeit seines Großonkels war, wandte er sich seinen
Nachrichten zu. Größtenteils war es Routinekram, und konnte an die Offiziere weitergeleitet werden,
doch einige der Anfrage mußte er selber bearbeiten.
Eine Stunde später hatte er auch diese Arbeit erledigt und der frischgebackene Captain Gonzalez legte
sich zum ersten Mal in seine neue Koje auf der Dauntless. Nach wenigen Minuten war er
eingeschlafen, denn es war ein anstrengender Tag gewesen.
Der nächste Tag begann mit einer Hiobsbotschaft, offensichtlich war das Feuerkontrollsystem deshalb
nicht in Gang zu bekommen, weil die Hardware defekt war....und die Deppen von der Werft hatten das
nicht realisiert und die ganze Zeit an der Software herumgefummelt. Glücklicherweise war es ein
Standardteil, der ersetzt werden mußte, aber um den Papierkrieg abzukürzen, beschloss Turner, selbst
zum Marinedepot zu gehen und den Sesselfurzern Dampf zu machen. Die Drohung, man könne die
Bedenken gegen die Herausgabe eines solchen Teils ja gerne mit dem Stabschef von McAllister
diskutieren sorgte dafür, dass die Logistikfuzzis keinen Ärger machten, zumal sie schon mehrere Teile
an die Dauntless hatten herausgeben müssen. Als dann um 1130 schließlich der Gefechtscomputer
hochfuhr und nach Selbststests um 1200 Bereitschaft meldete, grinste Gonzalez.
Eine halbe Stunde später lief die Dauntless zum ersten Mal unter seinem Kommando aus und steuerte
auf das Manövergelände abseits der Station.
************************************
Die Dauntless war nun seit 30 Minuten im Manövergebiet. Gonzalez, der nicht vorhatte, unnötige
Risiken einzugehen, hatte vor dem eigentlich Manöverbeginn nocheinmal alle funktionierenden
Systeme überprüfen lassen. Er hatte heute vor, einige computersimulierte Übungen durchzuführen,
außerdem hatte er Turner eine Feuerübung vorbereiten lassen, um die Schadenskontrollteams auf Trab
zu bringen. Wenn das alles klappte, dann würde ein Shuttle von der Station zwei Drohnen abschießen,
von denen er die erste mit einer Amraam aus dem Hauptwerfer und eine mit dem SM2 System
abschießen wollte. Turner, der bisher auf seinem Platz neben dem Captainsstuhl die eingehenden
Meldungen überwachte, drehte sich zu Gonzalez um.
„Sir, alle Stationen melden grünes Licht...abgesehen von denen, die noch nicht in Betrieb sind.“
„Danke, Warren.“
Gonzalez griff zum Mikrofon des 1MC.
„Achtung, hier spricht der Captain. Wir beginnen in zwei Minuten mit den eigentlichen Übungen.
Sinn der ganzen Veranstaltung ist zum einen, die Systeme bereitzumachen und zu testen. Zum anderen
möchte ich aber auch, dass sich alle Mannschaftsmitglieder anstrengen, ihre Zusammenarbeit auf den
Stationen und im Gesamtverbund zu verbessern. Das Schiff muss im Gefecht als Einheit
funktionieren, doch bis dahin ist noch ein langer Weg. Wir werden heute den ersten Schritt tun. Wenn
Sie einen Fehler machen, bleiben Sie ruhig, behalten Sie die Kontrolle und merken sich, was falsch
gemacht wurde. Wenn Ihnen etwas auffällt, was bei den Systemen noch nicht ideal funktioniert, oder
verbessert werden können, merken Sie es sich und geben Sie es Ihrem Vorgesetzten weiter. Geben Sie
Ihr Bestes. Ende der Durchsage.“
Gonzalez steckte das Mikrofon in die Halterung und setzte sich. Dann nickte er Turner zu, der die
verschiedenen Übungen an Bord über Computerprogramm kontrollierte.
Die erste Übung beinhaltete einen Angriff durch 4 Jäger, etwas, das selbst eine Fregatte leicht
bewältigen konnte. Gonzalez merkte, dass die Besatzung insgesamt noch recht unsicher war.
Immerhin funktionierte der Gefechtscomputer einwandfrei und nach einigen kleineren Schnitzern
gelang es, die simulierten Ziele abzuschießen. Indes waren die schon viel zu nahe herangekommen,
normalerweise hätten die SM2s schon auf doppelter Reichweite treffen müssen.
Turner sah Gonzalez fragend an, die nächste Übung würde bedeutend anspruchsvoller sein, denn sie
simulierte den Angriff zweier Staffeln auf einen kleinen Konvoi, bei dem der Gefechtscomputer auch
die Koordination der anderen Schiffe übernehmen würde. Der Captain nickte.
Achselzuckend aktivierte sein XO das zweite Übungsprogramm. Diesmal wurde auch von Gonzalez
einiges abverlangt, doch er hielt sich weitesgehend zurück, um der Mannschaft Gelegenheit zu geben,
Stärken und Schwächen zu zeigen. Er merkte, dass das Selbstvertrauen und die Eigeninitiative der
Crew noch gering entwickelt war, mit Ausnahme von O’Keefe, der ihn schon kannte und Lieutenant
Quinn, der einen guten Eindruck machte. Die erste Staffel fiel dem nunmehr verbesserten Feuer der
Dauntless zum Opfer, doch die zweite Staffel schoss drei der vier Frachter ab, bevor sie vernichtet
wurde....und Gonzalez wußte, dass die Fähigkeiten der simulierten Jägerpiloten eher niedrig waren.
Um ein wenig Abwechslung in die Übung zu bringen, aktivierte Turner noch vor Ende der
Abwehrübung zwei simulierte Schäden im Schiff, die die Schadenskontrollteams auf den Plan rief.
Aufgrund der Tatsache, dass die Teams noch nicht lange zusammenarbeiteten und sich nicht gut
genug auskannten, dauerte es insgesamt fast doppelt so lange, bis die Schäden unter Kontrolle waren.
Gonzalez war nicht zufrieden mit der Situation und als wenn Turner dies geahnt hätte, machte er sich
die Notiz, dies in den nächsten Tagen verstärkt zu üben.
Nach einigen weiteren Trockenübungen, die immerhin zeigten, dass die Mannschaft besser wurde –
auch wenn die Fortschritte für Gonzalez Geschmack zu langsam waren – wurde es ernst. Er nahm
erneut das Mikro in die Hand.
„Achtung, hier spricht der Captain. Wir haben nun den ersten Teil der Übung beendet. Wir werden
nun in Kürze die Waffensystem scharf einsetzen. Halten Sie die Augen offen für Fehlfunktionen, denn
dies ist das erste Mal, dass dies geschieht. Ich erwarte nocheinmal höchste Konzentration. Ende der
Durchsage.“
Gonzalez zündete sich eine Zigarre an und wandte sich an Quinn.
„Funken Sie der der „Hudson“, sie soll die erste Drohne abschießen.“ Dann wandte er sich an die
Waffenkontrolle.
„Amraam Werfer 1 bereitmachen.“ Auf der Konsole vor Gonzalez leuchtete ein rotes Licht auf.
Gonzalez schob mit seinem Finger die Sicherung von dem Schalter unter dem Licht und bewegte den
Schalter auf die rote Position. Damit war der Werfer abschußbereit.
Eine Minute später erschien die Drohne auf dem Schirm der Dauntless. Das Shuttle war außerhalb der
maximalen Reichweite geblieben, um keinen Beschuss zu riskieren.
„Ziel in Auffassungsreichweite, Kurs 300/132, Geschwindigkeit 322. Designiere es als Tango 1.“
„Danke, Sensoren. Feuerleitzentrale, Ziel erfassen und anpeilen.“
„Ziel ist erfaßt. Bei gleichbleibenden Kurs und Geschwindigkeit ist das Ziel in dreißig Sekunden in
Feuerreichweite.“
„Danke.“
Auf dem Display vor Gonzalez wurden alle Informationen dargestellt. Jetzt erst wurde Gonzalez klar,
wie intelligent das Informationssystem an Bord funktionierte. Allerdings war ihm nicht ganz klar, wie
es funktionieren würde, wenn die Daten eines kompletten Flottenverbandes zusammenfließen würde,
denn zuviele Informationen waren ebenso von Nachteil wie zuwenige.
Dann lief die Uhr auf null herunter.
„Feuer eröffnen auf maximale Distanz.“ Der Amraamwerfer spuckte eine dreifach Salve aus.
Gonzalez konnte auf seinem Schirm verfolgen, wie die Raketen durch ihr autonomes Zielsystem
geleitet auf ihr Ziel zuschossen. Dadurch, dass der Werfer bis zum Abschuss mit Daten gefüttert
wurde, erzielte man eine etwa 5-10% Effizienzsteigerung beim Abfangmanöver, aber das war nur für
den Spezialisten erkennbar.
Nach wenigen Sekunden schlugen die Raketen in die Drohne ein. Gonzalez nickte befriedigt, auch
wenn ihm klar war, dass er das System hoffnungslos unterfordert hatte. Aber immerhin funktionierte
etwas auf dem Schiff. Einen Zug an der Zigarre ziehend nickte er anerkennend in den Raum, auch
wenn dies außer Turner niemand bemerkte.
Jetzt wurde es interessant. Der SM2 Werfer 1 war erst spät in der Nacht in funktionsfähigen Zustand
gebracht worden und allgemein galt das System ja nicht als wenig ausgereift.
„Ok, bereitmachen für Drohne zwei.“
Quinn setzte einen entsprechenden Funkspruch an die Hudson ab. Derweil sicherte Gonzalez das
Amraam System und machte das SM2 System scharf.
„Feuerleitzentrale, hier spricht der Captain, SM2 Werfer freigegeben, schießen Sie auf maximale
Distanz, zwei Schüsse.“
„Feuerleitzentrale, verstanden.“
Gonzalez überlies damit O’Keefe und seinen Leuten die Durchführung, um ihnen ebenfalls
Übungsmöglichkeiten zu geben. Er lehnte sich zurück, um das Schauspiel zu betrachten. Nach kurzer
Zeit erschien die Drohne auf dem Schirm. Die Sensorencrew gab die Daten direkt an die
Feuerleitzentrale weiter, die unabhängig hiervon ebenfalls direkten Zugriff auf die Daten hatte.
Gerade als die Raketen abgeschossen werden sollte, ging auf einmal ein Alarm los. Auf dem Display
von Gonzalez wurde ein katastrophales Versagen im SM2 Werfer angezeigt. Bevor er noch das
System sichern konnte, hatte die Crew reagiert und eine Notabschaltung vorgenommen. Das
bedeutete, dass das System komplett abgekoppelt wurde und keine Stromversorgung mehr hatte.
Außerdem wurden sämtliche Gase nach außen geleitet, danach das System in einem Vakuum
versiegelt. Gonzalez griff zum Mikrofon:
„Hier spricht der Captain, Übung sofort abbrechen, Schadenskontrollteams zum Abschnitt 3 Alpha 1.
Dies ist keine Übung. Out.“
Dann wandte er sich an Turner.
„Sie haben die Brücke.“ Gonzalez eilte von der Brücke und begab sich auf den Weg zum Werfer.
Nach einer Minute kam er zum Schott, hinter dem die Station lag. Mehrere Sicherungstrupps waren
bereits vor Ort. Gonzalez sah aber, dass er nicht weiter konnte, immer wenn das Schott geöffnet
wurde, quollen Rauchschwaden heraus und alle Gasmasken in der Nähe waren bereits in Verwendung.
Nach einigen Minuten kam ein Chief Petty Officer aus dem Schott.
„Sir, wir haben die Situation unter Kontrolle.“
„Was ist es?“
„Naja, es fing wohl als Fehlzündung an und hätte, wenn die Jungs hier nicht so schnell reagiert hätten,
wohl in einer Explosion geendet. So haben wir nur zwei Leute, die eine Rauchvergiftung haben und
einen Matrosen mit leichten Brandverletzungen.“
„Gute Arbeit, Chief. Halten Sie mich auf dem Laufenden. Lassen Sie ein Team hier in der Nähe, bis
die Ingenieure sich das angesehen haben.“
„Aye, Sir.“
Dann aktivierte Gonzalez sein mobiles Com:“Turner, setzen Sie Kurs auf die Perseus Station und
geben Sie einen Schadensbericht durch. Ich mache einen kurzen Umweg über die Krankenstation.“
„Aye, aye Sir.“
*************************************
Als Juliane Volkmer den Briefingraum betrat, gellte ein scharfes ACHTUNG auf.
Die anwesenden Personen, sechs Piloten, standen auf und gingen in Hab Acht.
Juliane lächelte. „Rühren. Nehmen Sie Platz, Herrschaften.“
Langsam ging sie zum Rednerpult hinüber.
„Ladies, einige von Ihnen kennen mich. Einige glauben mich zu kennen. Einige haben von mir gehört.
Um Spekulationen vorzubeugen: Ab sofort bin ich der neue Commander der Staffel Blau. Und Sie
bilden vorerst meine Staffel.
Wenn ich mich vorstellen darf, ich bin Lt. Commander Juliane Volkmer, Callsign Huntress. Frisch in
meinen Rang befördert.
Ich bin sechsundzwanzig, ledig. Das Weißblond ist gefärbt. Weiß der Henker, wie ich auf diese
Schnapsidee gekommen bin.
Von meinen nächsten Verwandten leben noch meine Eltern und mein jüngerer Bruder Gerrit, der
dieses Jahr in die Marsakademie eingetreten ist.
Meine Hobbies sind Sport, lesen, Akarii braten und tanzen. Ich bin bei der Navy, weil ich schon
immer davon fasziniert war, von zehn G in meinen Sitz gepresst zu werden. Als Ihr neuer
Staffelkommandeur habe ich mir drei Dinge vorgenommen: Sie alle heile nach Hause zu bringen,
Ihnen zuzuhören, wenn Sie etwas wichtiges zu sagen haben und mir bei der Einteilung der Staffel auf
keinen Fall von Ihnen reinreden zu lassen.
Sie drei, Ladies, sind die Überlebenden der Staffel Blau. Sie drei, Ladies – grins nicht so doof,
Demolisher – sind die Veteranen von der MARYLAND.
Sie, Miss, sind uns von der PERSEUS zugeteilt worden. Wir sieben sind das, was man im Volksmund
Veteranen nennt. Erfahrene Kämpfer, die bereits Blut für das Vaterland vergossen haben, meistens
feindliches.“
Demolisher strich über den silbernen Löwen auf seiner Brust und meinte: „So sollte es eigentlich
sein.“
Leise wurde gelacht.
„Richtig. Aber kommen wir zum Thema. Wir bekommen nächste Woche fünf Rekruten frisch von der
Akademie. Grüne Jungs und Mädels, die zwar glauben, sie könnten eine Jet fliegen, aber keinerlei
Ahnung haben, was es bedeutet, da draußen zu sein, alleine mit den Akarii und den Kameraden.
Immer an der Schwelle zwischen Leben und Tod.
Wir werden ihnen ein Gefühl dafür vermitteln. Und wir werden versuchen, sie heil durch die Scheiße
durchzubringen.“
Zustimmendes Gemurmel antwortete ihr.
„Okay, Ihr habt meinen Lebenslauf gehört. Nun rückt mal mit euren raus. Sie fangen an, Second
Lieutenant.“
Der Angesprochene stand auf. „Mein Name ist William Stucker. Mein Callsign ist Avenger.
Ich bin zweiundzwanzig und kam frisch auf die REDEMPTION, um beide Feindfahrten mitzumachen.
Ich habe dabei vier Abschüsse erzielt und warte auf den fünften, um ein Aß zu werden.
Meine Eltern leben auf der Erde. Ich bin ein Einzelkind.
Meine Hobbies, nun, ich boxe für mein Leben gerne. Ansonsten gehe ich gerne aus.“
„Gut, Avenger. Sie bitte, First Lieutenant.“
„Mein Name ist Annegret Lüding. Ich bin fünfundzwanzig. Mein Callsign ist Rapier. Ich kam kurz vor
dem Krieg nach Manticor, machte den Angriff der Akarii mit und war eine der Glücklichen, die es
schafften, zusammen mit der Moskau zu entkommen. Danach kam ich auf die RED und machte beide
Kampagnen mit. Ich wurde einmal verwundet.
Seither habe ich elf Abschüsse erzielt. Ich habe vor, diese Zahl noch zu steigern. Erheblich zu steigern.
Mein nächstes Etappenziel sind die fünfzig.
Ich bin auch Einzelkind. Mein Dad starb letztes Jahr. Mit meiner Mom rede ich nicht viel.
Hobbies, da halte ich es wie Sie, Huntress. Tanzen und Akarii grillen.“
„Gut. Sie bitte, Second Lieutenant.“
„Mein Name ist Andrea Morelli. Iche bin zweiundswanssig. Iche kam direkt von der Akademie für die
ssweite Feindfahrt der REDEMPTION an Bord. Mein Callsign isste Merkur, weil ich so snell bin und
so sicher ins Ziel treffe.
Iche habe zwei Abschüsse und war dabei, als die Raumstation über Troffen…
Scusi, Geheimhaltung. Meine Hobbies sinnde Kartenspiele, Roulette und Blumen. Iche züchte Tulpen
in meinem Quartier. Ssehr sssöne Blumen mit herrliche Duft.“
„Danke, Merkur. Deine Runde, Demolisher.“
„Mein Name ist Thomas Andrew Paul. Alter vierundzwanzig. Wie Huntress schon verraten hat, ist
mein Callsign Demolisher. Ich bin sein Kriegsbeginn an Bord der MARYLAND und habe dort fünf
Abschüsse erzielt. Das hörte schlagartig auf, als ich Huntress als Flügelmann zugeteilt wurde. Danach
schnappte sie sich die Sahnestücke. Nur deswegen läuft sie heute mit vierzehn verifizierten
Abschüssen herum.
Familienstand: Ledig, ungebunden. Über Internes redet man nicht.
Hobbies: Hinter Huntress hinterherjagen und ihren Arsch decken.“
Wieder wurde leise gelacht. „Wehe, Demolisher, wehe“, drohte Juliane. „Sie bitte, Second
Lieutenant.“
„Mein Name ist Makoto Takahashi. Mein Callsign ist Foreigner. Ich bin sechsundzwanzig.
Seit der Krieg ausgebrochen ist, krieche ich hier auf PERSEUS rum und warte darauf etwas tun zu
können. Die Untätigkeit nagt an meinen Nerven. An Bord der RED zu gehen ist für mich die einzige
Möglichkeit, dieser Eintönigkeit zu entkommen.
Ich will Action. Ich will Akarii jagen.
Okay, ich habe noch keine Abschüsse. Die Station wird nicht gerade oft angegriffen.
Aber ich bin eine gute Pilotin und arbeite hart an mir. Sehr hart.
Meine Hobbies sind zur Zeit zurückgestellt. Nur meine Perfektion als Pilotin zählt jetzt.
Commander, ich werde Sie nicht enttäuschen.“
„Gut zu wissen, Foreigner. Cloud, gib mal deinen Senf zum Besten.“
„Tja, ich bin Cloud. Richtiger Name: First Lieutenant Brandon Brannah. Weiß der Teufel, was meine
Eltern dabei geritten hat. Ich bin ebenfalls von der MARY und ich bin heiß, verdammt heiß darauf,
wieder in den Krieg zu gehen.
Ich bin fünfundzwanzig, habe alle Kampagnen der MARY mitgemacht.
Und das ist mein einziges Hobby. Fliegen, fliegen. Und Akariis abschießen. Die RED sucht Ärger.
Okay, da rennt sie bei mir offene Tore ein. Wir werden gut miteinander auskommen, solange es genug
Akarii für alle gibt.
Und Huntress, keine Angst, diesmal vergesse ich nicht, auf die Staffel zu achten, während ich mir
meinen fünften Abschuß hole.“
„Da bin ich mir noch nicht so sicher. A-Train. Du bist.“
„Mein Name ist Second Lieutenant John Bubba. Ich kam vor einem Vierteljahr auf die MARYLAND
als Ersatzpilot. In der Zeit musste ich Cloud als Wing Leader ertragen. Ihr könnt euch denken, wie
schwer das war.
Jedenfalls, ich bin dreiundzwanzig, habe drei Abschüsse und hoffe auf der REDEMPTION auf fünf zu
kommen.
Meine Hobbies, hm, ich schwimme gerne. Aber ich mag auch Kartenspiele. Wenn also einer Real
zuviel hat, ich finde immer Zeit für Poker. Ich lese auch gerne. Sogar sehr gerne. Ich bin übrigens
Vegetarier. Wäre nett, wenn mir einer sagen kann, ob die RED auf Typen wie mich eingestellt ist.“
„Danke, A-Train.
Herrschaften, ob wir wollen oder nicht, wir sind die neue Blaue Staffel. Dazu kommt, dass wir
fünfmal Frischfleisch einarbeiten müssen.
Was bedeutet, jeder von Ihnen wird ab sofort Wing Leader. Bis auf Sie, Foreigner. Sie wollen mich
nicht enttäuschen. Also werden Sie mein Wingman.
Demolisher, du machst den XO.
Ich weiß, diese Staffel hat stark gelitten. Aber wir alle sind Veteranen. Wir alle sind Überlebende. Wir
sind nicht mehr grün hinter den Ohren. Wir wissen was wir tun. Das wir noch leben beweist das.
Wir kriegen ein paar Kids. Es wird unsere Aufgabe sein, sie durch die kommende Fahrt
durchzubringen, okay?
Wenn sie sich nicht auf uns verlassen können, dann auf wen?
Die Blaue Staffel hat keinen Eigennamen. Der alte Commander wollte das nicht.
Nun, ich bin da anders. Sie wissen, ich, Demolisher, Cloud und A-Train kommen von den Aces of
Texas, dem Geschwader der MARY. Unser altes Symbol war ein Grundriß von Texas mit den vier
Assen davor.
Nun, ich kann uns nicht Aces nennen. Ich will es auch nicht. Ich hasse Imitate.
Ab sofort sind wir die Joker for Redemption.
Unser Einheitsabzeichen ist die rote Jokerkarte. Wir werden der immer stechende Trumpf sein, der die
RED im Zukunft aus der Scheiße holt. Ihre Maschinen werden damit bemalt werden.
Ab Morgen gilt ein rigoroses Trainingsprogramm. Wir werden in wechselnden Wings miteinander und
gegeneinander fliegen. Wir müssen einander kennen, bevor wir auch nur daran glauben, ein paar Kids
ausbilden zu können. Ich werde Sie alle hart rannehmen, und Sie werden um mehr betteln.
Einverstanden?“
„Ja, Ma´am“, antwortete ihr der Chor der Piloten.
Juliane ging kurz hinaus, kam mit einem Kasten Bier wieder. „Genug gearbeitet. Mein Opa sagte
immer: Wer arbeitet, darf auch feiern. Erst machen wir den Kasten alle, und danach gehen wir rüber
nach PERSEUS. Dienstbeginn ist erst Morgen um elf. Also lassen wir es uns heute noch mal gut
gehen.“
Huntress öffnete ein paar Bier und reichte sie weiter.
„Und danach… Nun, was danach kommt, wird den Akarii nicht gefallen. Erst recht nicht dem Roten
Baron…“
***

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Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

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03.11.2015 22:02 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Virago
Der Morgen zeigte Kano, daß er wohl doch nicht hinreichend Maß beim Sake gehalten hatte – er
fühlte sich furchtbar. Er hatte sich bisher erst selten betrunken (das letzte Mal, nicht ganz freiwillig,
nach bestandener Abschlußprüfung auf der Navy-Akademie) aber er wußte was das Dröhnen in
seinem Kopf bedeutete.
Eine kalte Dusche brachte wieder halbwegs Klarheit in seine Gedanken. Etwas schwerfällig, durch
Verwundung und Kater doppelt behindert, zog er sich an und ging in die Bordkantine.
Dort war es ziemlich leer – kein Wunder. Jetzt, im „Gelobten Land“, zogen es viele vor, auf der
Station zu essen – falls sie überhaupt von ihrem gestrigen Freigang zurückgekehrt waren. Außerdem
war der Schichtbetrieb gelockert worden, also lag es nun im Ermessen des Einzelnen, wann er sich
verpflegte.
Er nahm mit etwas Brot und Butter vorlieb. Der Tisch an dem er saß war leer, aber Kano war
momentan sowieso nicht nach Unterhaltung zu mute.
Er blickte erst auf, als er die Gegenwart eines Menschen spürte. Eine Pilotin stand vor ihm – jung,
eher zierlich, mit dunklen Haaren und Augen und einem sympathischen, offenen Gesicht. Sie trug das
Abzeichen seiner Staffel – aber Kano kannte sie nicht. `Muß eine der Neuen sein.‘
„Hallo. Du bist Ohka, nehme ich an. Ich bin Virago. Was dagegen, wenn ich mich setze?“
Kano erhob sich und streckte, etwas ungeschickt, die Linke aus: „Du hast recht. Und natürlich kannst
du dich setzen. Es freut mich, eine neue Kameradin kennenzulernen."
Angesichts seiner Förmlichkeit grinste die Pilotin etwas, setzte sich aber dann. Auch sie schien leicht
zu frühstücken, wofür Kano im stillen dankbar war. Der Geruch von Pinpoints üblichen
„Morgenmenüs“ wäre wohl zu viel für ihn gewesen.
„Falls du es noch nicht erfahren hast, ich mache deine Flügelfrau. Also kannst du am besten schon mal
anfangen, mich in eure Truppe einzuweisen.“
Nun, das Ansinnen war nur zu verständlich.
In der nächsten Stunde erfuhr er genug über seine Kameradin – und Virago schien auch ganz zufrieden
mit dem zu sein, was sie im Gegenzug hörte. Von den Offizieren und Eigenheiten der Redemption
kamen sie auf die Maryland zu sprechen und auf die Missionen, an denen sie beteiligt gewesen waren.
Falls es Virago störte, daß ihr Rottenführer erst eine Feindfahrt (wenn auch doppelt so viele Abschüsse
wie sie) aufzuweisen hatte, dann zeigte sie es nicht. Ihren Worten nach hatte sie in der Position der
Flügelpilotin bereits hinreichend Erfahrung, aber keinen großen Ehrgeiz, unbedingt Nummer 1 in der
Rotte zu sein.
Kano erfuhr auch Näheres über die anderen „Neuen“ der Typhoon-Staffel, Perkele und Blackhawk.
Der eine schien ein ziemlich respektloser Draufgänger zu sein, der am liebsten Akarii-Jäger abschoß
und arrogante Offiziere zur Weißglut brachte.
Blackhawk hingegen schien die Ruhe selbst – ein erfahrener Pilot, der dazu noch einiges über die
feindlichen Einheiten wußte und zu dem man mit (fast) jedem Problem kommen konnte.
`Die Maryland scheint gute Leute zu schicken.‘ Als er das gegenüber Virago äußerte, meinte sie
lachend, das wäre „von Oben“ angeordnet gewesen – und der Geschwaderchef hätte deswegen bereits
eine Rebellion erwogen.
Ein Blick auf die Uhr und ein überhasteter Aufbruch mit der Bemerkung, sie hätte Perkele noch eine
Trainingsrunde versprochen, beendeten das Gespräch.
`Also bleibe ich vorerst Rottenführer.‘ Das war ein angenehmer Gedanke – doch dann meldete sich
wieder Zweifel: `Hoffentlich werde ich der Anforderung gewachsen sein. Und im Kampf... . Ich kann
mich nicht darauf verlassen daß sie mir immer den Hals rettet, wie Lilja es getan hat. Sich zusehr
darauf zu verlassen, währe dumm. Ich muß besser werden!‘
Aber vorerst würde er nicht einmal in den einfachen Freizeit-Simulatoren üben können und dies
würde, dank Dr. Hamlin, noch eine Weile so bleiben.
`Hoffentlich erweist sich diese Pause nicht als verhängnisvoll. Für mich – und vor allem für meine
Kameraden.‘
Virago schien trotz ihre martialischen Namens (der „Heldin“ bedeutete, wie sie gesagt hatte) ein
umgängliches und kameradschaftliches Naturell zu haben. Hoffentlich würde er nicht schuld sein, daß
sie abgeschossen wurde... .
So gut es ging verdrängte er die düsteren Gedanken. Wenn Blackhawk so viel über Akarii-Maschinen
wußte, dann würde er am besten bei Gelegenheit versuchen, von diesem Wissen zu profitieren. Und
sobald er erst mal wieder den rechten Arm frei bewegen konnte, würde er jede freie Minute nützen,
um zu trainieren. Wenn nur der Wille und die Kampfbereitschaft groß genug waren, dann ließ sich
JEDES Ziel erreichen. Das jedenfalls hatte man ihm beigebracht.
************************************
Zum Abschluss des Arbeitstages ging Noltze noch einmal ihr E-Mail-Postfach durch.
Eine neue Nachricht. Was will der denn?
Sie blickte auf die Uhr: 00:24 Bordzeit. Was solls.
Mit einem Doppelklick öffnete sie den Brief von Mithel.
Nach dem sie den Brief durchhatte, war sie nicht gerade begeistert. Zum einen hatte Mithel sie an
dieses verdammte Kuckucksei Dauntless erinnert, zum anderen kritisierte er die Entscheidung eines
vorgesetzten Offiziers.
Bevor ich mich nachher nochmals damit rumärgern muss.
Als erstes informierte sie sich aus den Datenbanken über den Ausfall des ursprünglichen Captains der
Dauntless.
Schwanger? Sie musste schmunzeln, wenigstens ein vernünftiger Grund.
Schließlich ging sie die Aktenvermerke McAllisters durch, die die Dauntless betrafen.
Auch diese begeisterten Noltze nicht gerade, aber letztens musste sie McAllisters Entscheidung
unterstützen.
An: Captain Mithel, T.R.S. Restless
Von: Vizeadmiral Noltzes, T.R.S.S. Perseus
Vertraulich
Captain!
Ich danke Ihnen, dass Sie mich über Ihre Besorgnisse in Kenntnis gesetzt haben. Nachdem ich mich
über die Angelegenheit genauestens informiert habe, bin ich zu folgenden Schlüssen gekommen:
1. Captain Gonzales ist als erfolgreicher Abgänger des Perisher-Kurses durchaus qualifiziert jedes
Schiff der Navy zu befehligen.
2. Diese Annahme wird dadurch vertieft, dass Captain Gonzales sich bereits im Gefechtseinsatz
ausgezeichnet hat.
Jedoch Teile ich Ihre Besorgnis hinsichtlich Lieutenant-Commander Turners, werde mich jedoch - da
ich wie Sie den Commander nicht kenne - auf das Urteil seines vorgesetzten Offiziers verlassen.
Auch teile ich Ihre Besorgnis, was ein Versagen der Dauntless angeht. Daher weise ich Sie hiermit an,
eine Reihe erfahrener Junioroffiziere aus Ihrer Crew auszuwählen, um die Rumpfbesatzung der
Dauntless zu ergänzen.
Die Ihnen dadurch fehlenden Recourcen werden durch Offiziere von Perseus ersetzt.
Gezeichnet
M. Noltze
Vizeadmiral
Als sie die E-Mail abschickte war es 01:05 Bordzeit.
"Verdammter Kindergarten. Nicht genug, dass ich mich mit diesem Basdardschiff rumärgern darf,
nein, jetzt prügelt man sich, welchem Protegé man es aufbürden darf."
Sie machte sich noch zwei Notizen in den Organizer: 1. Conners besuchen, falls noch auf Perseus. 2.
Dauntless wenn möglich aus den Kämpfen herauszuhalten.
Dann ging auch sie ins Bett, wohl wissen um 06:30 wieder hoch zu müssen.
***************************************
„Welcher Sternenteufel hat mich bloß geritten, als ich diesen dämlichen Posten angenommen habe?“
Juliane Volkmer stöhnte zum Steine erweichen. Ihre neue Einheit, das blaue Geschwader, bestand
noch keine drei Tage, und trotzdem hatte sie mehr Papierkram um die Ohren als in ihrer kurzen Zeit
als XO der Piekerstaffel.
Kurz spielte sie mit dem Gedanken, einen Teil oder gar alles Demolisher zu überlassen. Ja, das wäre
es doch. Sollte er was tun für seine Heuer.
Aber nee, seit sie in einer kleinen intimen Runde mit dem CAG und dem Kommodore ihren halben
Streifen verliehen bekommen hatte, war sie zu allem Überfluß auch noch motiviert.
Wieder seufzte sie. Das einzige, was ihr zur Zeit noch Spaß machte, das waren die täglichen
Trainingseinheiten mit ihrer aus sieben Typhoon bestehenden Staffel.
Der Nachwuchs, wie die Juniorpiloten liebevoll genannt wurden, würden erst am Ende der Woche
eintreffen. Und bis dahin hatte sie etliche Manöver veranschlagt, die meisten auf den Sims, dazu
einige im All.
Zusammen mit dem Papierkrieg und ihrem Training machte das einen Achtzehn Stundentag aus.
Wenn sie also nicht freiwillig auf Schlaf verzichtete, war es erst einmal nix mit PERSEUS.
Sie hatte ja nicht einmal Gelegenheit, nach Ace zu suchen. Oder zu kontrollieren, ob er nach ihr
suchte.
Es klopfte an ihrem Büro. Hm, für den Chief wegen dem Termin mit dem Staffellogo war es doch
noch zu früh. „Herein.“
Die Tür öffnete sich und Annegret Lüding trat ein. Sie lächelte. „Störe ich, Huntress?“
„Nein, kommen Sie nur rein, Rapier. Ich bin für jeden Augenblick dankbar, an dem ich eine Ausrede
habe, mich nicht diesem Papierkrieg widmen zu müssen. Kann ich Ihnen was anbieten? Kaffee? Tee?“
First Lieutenant Lüding setzte sich. „Kaffee, schwarz, bitte.“
Juliane schenkte ihr einen Becher ein und sich selbst nach. Ja, ja, es stimmte schon, die
Kaffeemaschine war nach dem eigenen Vogel der zweitbeste Freund eines Commanders.
„Also, was kann ich für Sie tun, Rapier?“
Die Frau starrte in die Tasse. „Nun, Ma´am... Ich weiß, Sie müssen die Staffel von Grund auf neu
aufbauen. Aber…“
Ihr Kopf ruckte hoch. Hastig, als befürchte sie, ihre eigenen Worte hören zu müssen, haspelte sie:
„Warum haben Sie Demolisher vorgezogen? Ich bin auch First Lieutenant, wesentlich länger als
Demolisher. Und ich habe mehr als doppelt so viele Abschüsse wie First Lieutenant Paul. Außerdem
war ich von Anfang an dabei und bin mit der blauen Staffel durch die ganze Scheiße geritten. Warum
bin ich nicht Ihr XO?“
Huntress dachte einige Zeit über die Worte der jungen Frau nach. Nun, sie hatten Berechtigung. Und
Rapier verdiente eine Erklärung.
„Warum? Well, das ist nichts gegen Sie, Rapier. Es ist so, die blaue Staffel existiert nur noch auf dem
Papier. Himmel, nur ein Viertel all ihrer Piloten sind noch kampffähig. Sie haben es klar erkannt. Ich
baue die Staffel von Grund auf neu auf.
Wir kriegen fünf Grünschnäbel von der Akademie. Dazu kommt noch Foreigner, die sicherlich fliegen
kann. Aber kann sie auch treffen und töten?
Ich kenne Sie und Ihre beiden Kameraden noch nicht besonders gut. Meine beiden Kameraden von der
MARY aber kann ich sehr gut einschätzen.
Wenn ich etwas gebrauchen kann, Rapier, dann Sicherheit. Etwas festes, worauf ich setzen kann. Und
ich weiß, Demolisher kann diesen Job.“
Huntress legte die Hände unter dem Kinn zusammen. „Ich weiß, das ist kein Trost für Sie, Rapier. Für
mich wäre es das auch nicht. Aber die bisherige Konstellation ist vorläufig.
Sie kann sich jederzeit verschieben. Rapier, uns unterscheiden nur zwei Orden, eine Feindfahrt mehr
und drei Abschüsse. Es kann durchaus sein dass ich Sie auf den XO-Posten hieve, wenn ich meine, Sie
können den Job besser als Demolisher. Der Junge mag sowieso keine Verantwortung.“
Rapier senkte den Blick. „Ich nehme an, das soll mich trösten und ruhig stellen.“
Huntress lächelte. „Nein, Rapier. Und ich kann es Ihnen beweisen.“
Langsam schob Juliane der anderen ein Blatt Papier zu. „Lesen Sie.“
„Flight one: Huntress und Foreigner.
Avenger und Neuling.
Flight two: Rapier und Neuling.
Merkur und Neuling.
Flight three: Demolisher und Neuling.
Cloud und Neuling.“
Huntress legte die Linke in den Nacken und grinste.
„Damit dürfte wohl klar sein, was ich von Ihnen erwarte.
Okay, Sie sind nur die Nummer Drei in der Staffel, Rapier, aber hey, wir müssen alle ein paar
Frischlinge einarbeiten. Da sollte man wenigstens in anderer Beziehung versuchen, sich unnütze
Arbeit vom Hals zu halten. Außerdem, vielleicht kriegen Sie bald nicht nur Ihren eigenen Flight,
sondern auch das XO-Kommando.
Wer weiß schon, was uns da draußen erwartet.
Das heißt, wenn Sie mit mir arbeiten wollen, Rapier. Sie können auch jederzeit einen
Versetzungsantrag stellen…“
Annegret Lüding sah auf. „Äääääh, tja, vielleicht sollte ich mein Ego wirklich mal etwas
zurückschrauben. Verstehen Sie, Huntress, aber ich fühlte mich von dem Moment an übergangen, als
man einen First Lieutenant von der MARY herholte und einen halben Streifen gab. Das hätte ich sein
müssen.
Doch dann lernte ich Sie kennen. An Ihnen ist so gar nichts Männermordendes, finde ich… Ich mag
Sie. Und mit meinem eigenen Flight kann ich leben. Vorerst zumindest.“
Huntress zog eine Augenbraue hoch. „Männermordend?“
Rapier errötete. „Na ja… Die Sache mit Ace, Sie wissen schon. Ging die RED dreimal rauf und
wieder runter.“
„Und was sagt man so, die RED rauf und runter?“
Innerlich wand sich die junge Frau. „Nun, man sagt, dass Ace seinen Ärger gerade verdreifacht hat.
Erst Kali, dann Lilja, jetzt Sie, Ma´am.“
„Hm, hat der Tausendsassa mit beiden geschlafen?“
„Nein, oh nein, aber anscheinend hat er es nicht geschafft. Oder so. Wer weiß schon, was in einem
Männerhirn vorgeht.“
Huntress grinste frech. „Hm, das ist Kalis und Liljas Pech, nicht meines. Gibt es sonst noch etwas,
Rapier?“
„Nein, Ma´am, das war es. Und danke, dass wir reden konnten.“ Annegret Lüding stand auf und
verließ mit geröteten Wangen das Büro.
„Tja, Ace“, brummte Huntress leise, „da wird die Gerüchteküche wieder brodeln. Tut mir leid,
Kleiner, das konnte ich mir einfach nicht verkneifen.“
Als Lilja ihre Kabine verließ, bemerkte sie mich sofort. Ihre Reaktion verwunderte mich. Weder griff
sie nach ihrem, Gerüchten zufolge im Stiefel versteckten, Stilett, noch fauchte sie mich an wie ein
Jaguar seine Beute.
„Oh. Hi, Ace. Was willst du?“
Der seufzende, ergebene Unterton tat mir weh. Wo waren die Zeiten, als allein meine Anwesenheit die
Russin auf die Palme brachte?
„Hast du Zeit, Lilja? Keine Bange, es geht schnell.“
Sie musterte mich. Ihr lag ein derber Witz auf der Zunge, aber sie schluckte ihn runter. „Du hast zwei
Minuten.“
Ich nickte, ging den Gang hinunter und öffnete eine noch leerstehende Kabine. Wortlos ging ich
hinein.
Als hinter mir das Schott ins Schloß fiel, wusste ich, dass Lilja mir gefolgt war. Ich drehte mich um
und wurde wieder bitterlich enttäuscht. Sie hielt keine Waffe in der Hand, um mich auf Distanz zu
halten. Nein, sie hatte die Arme ineinander verschränkt und lächelte mich spöttisch an. „Na, was hat
denn der Kleine, jetzt, wo er ein großer Junge ist?“
Ich setzte mich auf das untere freie Bett. „Ich will dich um etwas bitten, Lilja.“
Ihr Gesicht wurde rot. „WENN DU GLAUBST, ICH STEIGE MIT DIR IN DIESE
FLOHVERSEUCHTE KOJE, DANN…“
Lässig winkte ich ab. DAS war Lilja, wie sie leibte und lebte.
„Mach dir da mal keine Hoffnungen. Unter Seidenbezug läuft bei mir nichts.“
Zufrieden registrierte ich, dass Lilja ihr berühmtes zynisches Lächeln aufgesetzt hatte. „Ja, klar.“
„Ums kurz zu machen, ich will dich was fragen. Hast du von dem Ehrengericht für Lone Wolf
gehört?“
Die Russin versteifte sich. Langsam, beinahe steif setzte sie sich auf das andere Ende der Koje.
„Sprich.“
„Darkness hat mir erzählt, er darf weiterfliegen. Aber das war es. Seine Karriere ist im Arsch. Außer,
er schießt das kaiserliche Flaggschiff ab. Und weißt du, wem er das zu verdanken hat?“
„Dem Friendly Fire?“
Ich nickte. „Dem Friendly Fire und natürlich dem Selbstmord des Mirage-Piloten. Der arme Junge.“
Ich schwieg einige Zeit.
„Und was hat das mit mir bitte zu tun?“
„Nun, die haben das Ehrengericht abgehalten um einer JAG-Ermittlung zuvor zu kommen.
Und jetzt kommt der Witz: Wie kam Yamashita nur an diese Informationen ran? Wer hat ihr diesen
Floh ins Ohr gesetzt? Wer ist die schlimmste Klatschbase an Bord?“
„Radio“, sagte sie leise, beinahe resigniert. „Radio“, bestätigte ich.
„Also, Fritzen, ich frage noch mal, was hat das mit mir zu tun?“
„Ich will dich, Lilja, für…“
„HATTEN WIR DAS NICHT GERADE? NEIN, FRITZEN!“
„…für den Vorsitz eines eigenen Ehrengerichtes“, führte ich meinen Gedanken ungerührt zu Ende.
„Oh. Warum mich? Warum nicht Darkness oder Martell?“
Wütend stemmte ich mich hoch. „Weil ich Radio an seiner empfindlichsten Stelle treffen will. Damit
das klappt, muss das Ehrengericht unter uns bleiben, den Piloten der REDEMPTION.
Niemand der höher als First Lieutenant ist, soll darin eingeweiht werden. Wir sind Radios primärer
Umgang, und wir müssen ihn bestrafen.
Vorausgesetzt, dir liegt etwas daran, Lone Wolf zu rächen.“
Lilja sah mich lange an. „Vielleicht. Was schwebt dir vor, Ace?“
„Natürlich ist dieses Ehrengericht nicht nur illegal, es ist eigentlich auch nicht entscheidungsfähig.
Darum will ich Radio mit etwas bestrafen, was ihm weh tut. Und was wir Piloten vermögen. Ich will
ihn isolieren, Lilja. Ich will, dass dieses Gericht einen Zeitraum festlegt, indem jedem Piloten der RED
verboten wird, mit Radio ein einziges privates Wort zu wechseln.
Damit haben wir die Tratschtante bei den Eiern. Wenn ihn das nicht bessert, nun, es wird ihm
ordentlich weh tun.“
Lilja sprang auf. „Ich würde ja gerne, aber ich habe genügend eigene Probleme, Ace. Ich wurde gerade
befördert. Ich wurde ausgezeichnet. Ich muss mich dessen würdig erweisen. Bei einem illegalen
Ehrengericht erwischt zu werden wäre da nicht… sehr gut.
Ich habe da eine Verantwortung, verstehe das.“
„Verantwortung? VERANTWORTUNG?“ Ich lachte rau. „Lilja, ich habe dich gewählt, weil ich weiß,
dass du Akariis haßt. Aber du respektierst deine Kameraden.
Wenn du den Vorsitz übernimmst, dann werden hoffentlich alle dem Urteil folgen. Du, die
Musterpilotin… Das ist deine Verantwortung, Lilja.“
„Laß mich, Ace, ich habe genügend eigene Probleme. Da muss ich mir nicht noch gewaltsam welche
suchen, ja?“
„Du hast ja keine Ahnung, Lilja“, flüsterte ich. „Du bist nicht die einzige, die mit Dämonen kämpft.
Und trotzdem fliege ich weiter. Weiter, weiter, immer weiter.
Nimm an, Lilja, ich bitte dich. Übernimm den Vorsitz. Um Lone Wolfs Willen.“
Lilja stand auf. Sie drehte sich um, öffnete das Schott. „Ich… überlege es mir, Fritzen. “
„Gut.“
Sie ging ohne einen Gruß. Und ließ mich allein mit meinen eigenen Dämonen. Wenn sie wüßte...
********************************
Befehl ist Befehl
Mithel verzog grimmig das Gesicht. Er hätte es wissen müssen! Noltze hatte sich gegen seinen
Ratschlag entschieden und diesem Kleinschiffkapitän auf seinem neuen Posten belassen. Nun, ER
zumindest hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Aber was wußte die Admiralin schon davon, und was
kümmerte es sie? Andererseits – er durfte nicht ungerecht sein. Bloß weil sie aus den Jagdstreitkräften
kam, hieß das noch lange nicht, daß sie ihr Handwerk nicht verstand. Sie hatte sich als Kommandeurin
bewährt. Dennoch fragte er sich, ob sie sich eher aus Prinzip und um der Tradition willen hinter die
Entscheidung ihres Vorgängers gestellt hatte. Ja, dieser Gonzales mochte die entsprechenden
Lehrgänge absolviert und auch im Kampf zumindest seine Pflicht getan haben. Aber das hieß noch
lange nicht, daß er auch in der Lage war, mit der neuen Herausforderung fertig zu werden. Die
„Dauntless“ strotzte nur so von technischen Macken, die Besatzung war ungeübt und der Kapitän und
sein erster Offizier bisher nur auf kleinen Schiffen gefahren – das roch geradezu nach Ärger. Und er
durfte nun Offiziere abgeben, damit nichts schief ging! Der Captain hatte zu den versprochenen
Ersatzleuten kein rechtes Zutrauen, ihnen dürfte zum Gutteil die Praxiserfahrung fehlen. Die fehlte
zwar auch vielen seiner Junioroffiziere, aber die waren zumindest schon teilweise durch sein
liebevolles Trainingsprogramm, im Soldatenmund auch „Blut, Schweiß und Tränen“ genannt,
gegangen. Er öffnete einen Intercomkanal.
„Raffarin.“ Die Stimme der Offizierin klang ruhig, aber der Bildschirm blieb dunkel. Mithel überging
dies. Sie würde schon ihre Gründe haben, und die gingen ihn nichts an: „Wir haben Befehl, ein paar
Offiziere an die ,Dauntless‘ abzugeben. Juniorgrade. Überlegen Sie mal, wer geeignet wäre. Ich will,
daß die ,Dauntless‘ eine ordentliche Besatzung erhält, aber es nutzt nichts, wenn wir uns dabei
kastrieren. Wir sollen Ersatz von Perseus bekommen, also werden wir die auch noch zurechtbiegen
müssen. Könnte sein, daß sie etwas bequem geworden sind und vergessen haben, wie es bei der Navy
zugeht. Immerhin sind sie hier weit vom Schuß. Und der bisherige Kommandeur scheint mir, mit
Verlaub, kein sonderlich energischer Befehlshaber gewesen zu sein.“ Raffarin kommentierte die Kritik
ihres Vorgesetzten nicht. Sie schwieg, und was sie dachte konnte man auf Grund eines fehlenden
Bildes nicht sehen. Aber vermutlich war sie mit Mithel einer Meinung, auch wenn sie ,energisch‘ nicht
hundertprozentig so definierte wie ihr Vorgesetzter. „Ich kümmere mich drum. Bis wann brauchen Sie
es?“ „Mithel überlegt: „Es wäre gut, wenn ich es bis morgen Abend hätte. Aber wenn es einen Tag
länger dauert, macht es auch nichts. Hören Sie sich auch um, was man so über diesen Gonzales
erzählt. Ich will wissen, wem ich meine Männer anvertraue. Wenn Sie ihn sehen, sprechen Sie auch
mit Rogulski. Schlimm genug, wenn ich Sie störe – Privileg eines Stellvertreterpostens. Da will ich
ihm nicht auch noch Bescheid sagen. Das hat Zeit bis morgen. Er soll aus seiner Abteilung auch ein
paar Leute auswählen – aber daran denken, daß wir auch selber funktionstüchtig bleiben müssen.“
Täuschte er sich, oder zögerte sie einen Augenblick, bevor sie das gewohnte: „Jawohl Sir!“ über die
Lippen brachte. Nun, Mithel war es nicht wichtig. Es mochte sein, daß der Lieutenant-Commander
gerade bei Raffarin war, wenn an den Geschichten etwas stimmte, aber Mithel tat diesen Gedanken als
unwichtig ab. „Gute Nacht, Commander!“ „Gute Nacht, Captain!“
Wer unter Mithel arbeitete, war immer im Dienst. Der Captain verlangte Verfügbarkeit von seinen
wichtigsten Offizieren und ging mit gutem Beispiel voran. Kein geringer Preis, aber dafür war der
Lohn auch nicht gering.
Zwei Tage später
Der Captain musterte die angetretenen Offiziere. Sie zählten zum Besten, was das Schiff zu bieten
hatte, ohne sich seiner Kampfbereitschaft zu berauben. Angehörige der verschiedensten Abteilungen,
sorgfältig ausgewählt. Sie hatten sich bei den Übungen bewährt. Der Captain war zufrieden mit dem,
was er sah: „Das Ganze – Stillgestanden!“ Sie nahmen Haltung an.
„Offiziere! Ihr wißt, warum ich euch habe rufen lassen! Binnen Kurzem werdet Ihr euren Dienst auf
dem Kreuzer ,Dauntless‘ antreten. Die ,Dauntless‘ ist ein neues Schiff mit einer frisch ausgebildeten
Besatzung. Ihr seid dazu bestimmt, mitzuhelfen, aus diesem Kreuzer eine schlagkräftige Waffe zu
machen! Ihr habt euch unter meinem Kommando bewährt, und ich rechne fest damit, daß Ihr auch auf
dem neuen Schiff euren Mann stehen werdet! Vergeßt nie, was Ihr seid und warum Ihr hierher kamt!
Ihr seid der stählerne Schild der Menschheit, das tödliche Schwert, daß auf die Feinde zielt! Benehmt
euch entsprechend! Unsere Flotte versteht sich als Trägerin stolzer Traditionen – und Ihr werdet diese
Traditionen fortschreiben! Ich verlasse mich auf euch! Und ich weiß, daß ich dies zu Recht tue! Dient
Captain Gonzales so gut, wie Ihr mir gedient habt, und dient unter ihm dem, dem wir uns alle
verpflichtet haben – der Navy und der Republik! Ich danke euch!
Weggetreten!“
Wie EIN Mann fuhren die Männer und Frauen herum und entfernten sich im Gleichschritt.
Commander Raffarin, die das ganze Schauspiel beobachtet hatte, wahrte ihre ernste Miene, bis der
letzte verschwunden war. Dann lächelte sie ironisch: „Hübsche Rede.“ Mithel mußte an sich halten,
um nicht laut zu fluchen. Raffarins Bericht – den er aus anderer Quelle bestätigt bekommen hatte –
war vernichtend gewesen. Wenn auch Captain Gonzales fachlich halbwegs versiert schien, so bot er in
anderen Bereichen ein sehr schlechtes Bild. Ein Weiberheld, so hatte Raffarin ihn beschrieben, der
seine Besatzung nicht unter Kontrolle hatte, so daß er sie regelmäßig aus dem Arrest loseisen mußte.
Auf Mithels Schiff hätte man sich ein solches Verhalten nur EINMAL erlaubt. Ein Offizier, ein Soldat
war auch auf Landgang Repräsentant seines Schiffes. Und durfte sich deshalb nicht wie der letzte
Dreck benehmen UND sich dabei erwischen lassen. Wenn Mithels Leute auf Landgang Ärger
bekamen, dann erwartete sie an Bord meist noch eine zusätzliche Strafe, und die nicht zu knapp.
Allerdings war die meist etwas innovativer. Aber der Captain wollte nicht, daß die Matrosen der TSN
als Raufbolde, Säufer und Randalierer verschrienen wurden. Amüsieren konnte man sich auch ohne
das, das war Mithels felsenfeste Überzeugung.
Was nun das Privatleben von Gonzales anging – nun, Mithel war kein Sittenwächter. Aber ein Offizier
mit einem Ruf als Frauenheld vertrug sich nicht gerade mit dem Bild, das der Captain von der Marine
hatte. Wenn schon, dann sollte man das Ganze diskret abhandeln, aber Gonzales war da wohl weniger
sorgfältig gewesen. So etwas war nicht eben Weihrauch für das Offizierskorp der TSN. Und daß er
augenblicklich vermutlich mit der JAG der Redemption etwas hatte, wie Raffarin aufgeschnappt hatte,
war noch schlimmer. Mithel hatte nicht nachgefragt, welche Kanäle seine XO anzuzapfen pflegte, die
seriösesten waren es nicht. Aber zuverlässig. Der Captain der „Relentless“ schätzte das JAG nicht, und
dies schloß so ziemlich ALLE Angehörigen dieser überflüssigen und oft lästigen Einrichtung ein.
Nun, vermutlich war er altmodisch, sagte er sich selber, aber so dachte er nun mal. Beziehungen von
Offizieren waren ein Ablenkung und oft schlecht für die Truppenmoral, weil es fast immer Getuschel
gab und Unterstellungen. Offiziere waren Vorbilder und hatten sich auch so zu benehmen. Und SO
JEMANDEM vertraute er seine Leute an.
„Ich hoffe nur, CAPTAIN Gonzales macht keine Dummheiten.“ knurrte er. Raffarin nahm es ihm
nicht übel: „Sie meinen – nicht mehr als sonst, mon capitan.“ soufflierte sie spöttisch. Mithel warf ihr
einen schiefen Blick zu, dann grinste er. Wie hatte sie doch gesagt: ‚Man erzählt sich, wenn man ihm
seinen Schnurrbart abschneidet, bleibt nicht viel vom ganzen Gonzales übrig.‘ Sie hatte gelacht und
hinzugefügt: ‚Obwohl ich nicht weiß, ob mein Informant seinen BART meinte...‘ Mithel machte eine
vage Handbewegung: „Nun, hoffentlich geht alles glatt. Wir haben das getan, was in unserer Macht
stand. Hoffentlich haben wir keine guten Männer und Frauen einem schlechten hinterher geworfen.
Aber das bleibt unter uns.“ Er fand es fast bedauerlich, daß er keinen höheren Offizier an Bord der
„Dauntless“ hatte. Jemanden, der das Kommando übernehmen konnte, falls Gonzales oder sein
Vertreter versagten. Mithel wußte, eine einem Offizier unwürdige Haltung bedeutete nicht unbedingt,
daß ein Kommandeur schlecht war. Aber nicht selten hatte es eben doch etwas miteinander zu tun.
Und Gonzales hatte ein Ego, das wohl für einen ganzen Trägerverband gereicht hätte. So etwas
konnte, zumal er auf die Herausforderung möglicherweise nicht vorbereitet war, leicht fatal enden. Er
konnte nur hoffen, daß alles gut ausging.
***************************************
Captain Gonzalez stöhnte. Nicht nur, dass er ein Schiff auf Vordermann zu bringen hatte, er mußte
nun auch noch Leute von anderen Schiffen integrieren mußte, weil irgendein Depp im Oberkommando
meinte, er könne dies brauchen. Er ahnte aufgrund der Herkunft der Offiziere, auf wessen Impuls das
ganze in Gang gesetzt worden war.
Wenigstens hatte der Unfall vor zwei Tagen keine schweren Folgen gehabt, die Besatzungsmitglieder
waren wieder auf den Beinen und zumindestens für den leichten Dienst wieder eingeteilt. Dafür warf
das SM2 System weiterhin Fragen auf. Die Techniker hatten zwar den Fehler in einer Fehlschaltung
erkannt, die auch im zweiten System vorhanden war, aber Gonzalez war sich nicht sicher, ob er es nun
wagen sollte, noch einen Test durchzuführen.
Dann meldete sich Turner per Com.
„Sir, die Neuen kommen gerade an Bord, ich lasse sie auf die Brücke kommen.“
„Danke, Warren, lassen Sie Quinn kommen, ich bin auf dem Weg.“
„Aye Sir.“
Zwei Minuten später erreichte er die Brücke, wo die Neuankömmlinge bereits warteten.
Ein Petty Officer rief bei seinem Erscheinen: „Achtung, Captain auf der Brücke!“ woraufhin alle
Mann in Habacht gingen.
„Danke, weitermachen.“ Er musterte die Jungoffiziere, die Mithel ihm geschickte hatte. Insgesamt
machten sie einen schon fast parademäßigen Eindruck. Wie erwartet. Mithels Ruf als Erbsenzähler
und Traditionalist war mehr als bekannt und Gonzalez hatte gehört, dass man sich in den letzten Tagen
über ihn erkundigt hatte...wer da Informationen eingeholt hatte, war mehr als deutlich.
„Willkommen an Bord der Dauntless. Wie Sie wissen, ist dieses Schiff noch sehr neu, damit
einhergehend sind hier auch noch einige Fehler auszumerzen, bevor wir volle Gefechtsbereitschaft
erreichen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie Ihre Erfahrung an die Mannschaft weitergeben und
dazubeitragen, aus der Crew ein eingespieltes Team zu machen, dass den Akarii Jägern Respekt, wenn
nicht sogar Angst einflößt. Wie von allen meinen Offizieren erwarte ich von Ihnen Loyalität und
Offenheit mir gegenüber. Ich bin jederzeit offen für Vorschläge, also halten Sie Ihre Ideen nicht
zurück. Soweit verstanden?“
Die Offiziere riefen im Chor:“Aye, aye Sir“ ...in einer Lautstärke, die Gonzalez fast zusammenzucken
ließ.
„Gut...Lieutenant Quinn wird Sie nun zu Ihren Quartieren bringen und anschließend einen Rundgang
durch die Stationen führen. Sie sind entsprechend Ihrer Erfahrung auf der Restless eingeteilt worde,
aber es kann sein, dass Sie zumindestens in den Übungen auch einmal anderen Stationen zugeteilt
werden, um flexibel auf mögliche Gefechtsausfälle zu reagieren. Außerdem kann es nicht schaden,
mal über seinen eigenen Tellerrand zu schauen. Noch Fragen? Nein, gut, Sie können wegtreten.“
Nachdem das Schott sich geschlossen hatte, sah er Turner an. Der verdrehte als Antwort nur die
Augen. Gonzalez nickte zustimmend.
„Halten Sie die Leute im Auge, wenn die zu hefitg zuhacken, dann muss ich sie mir nochmal
vorknöpfen. Wie laufen die Computertests?“
„Sehr gut, wir finden zwar immer wieder kleinere Fehler, aber die großen Probleme haben wir
ausgemerzt, denke ich. Wir werden nachher mal eine Übung machen, in der wir den Angriff durch
einen Trägerverband von 8 Trägern, Eskorten und Kleinvieh simulieren, wenn wir das packen, denke
ich, können wir davon ausgehen, dass wir diesen Modus voll nutzen können. Danach werden wir den
Jägerleitstandmodus mal testen.“
„Das sind gute Nachrichten. Wir werden morgen erneut auslaufen und das SM2 System testen, wir
müssen es in Gang setzen, sonst sinkt unsere Effizienz massiv.“
„Verstanden, ich werde alle Arrangements treffen.“
„Danke. Sind die Datenblätter schon gekommen?“
„Ja, vor zwei Stunden.“
„Lassen Sie einen Satz in mein Quartier und einen in Ihres bringen. Der Rest wird an die
Mannschaften ausgegeben. Ich will, dass in zwei Wochen jeder Mann an Bord jeden Jäger der Akarrii
und von uns wie seine Westentasche kennt.“
„Ok, mach ich.“
„Gut, ich werde nachher nochmal zum Geheimdienst gehen und mir neue Informationen besorgen.
Mal schauen, vielleicht haben die Spione ja noch Daten zu den Bombern, die sie nicht so leicht
rausrücken. Außerdem bin ich gespannt, was mir meine Freunde da zu unserem ersten Auftrag sagen
können.“
Am nächsten Morgen machte sich die Dauntless für ein erneutes Auslaufen bereit. Wiederum würde
ein Shuttel Drohnen für einen Testbeschuss abschießen. Gonzalez hatte erneut einen dichten
Übungsplan vorgesehen, diemals würden die Schadenskontrollübungen mit den Flugabwehrübungen
zusammenfallen. Der Captain wußte, dass er der Besatzung in diesem Stadium viel zumutete, aber
Drill jetzt würde weniger Verluste im Gefecht bedeuten und das war es, woran er sich selbst maß. Am
vorabend waren die SM2 Werfer „trocken“ abgefeuert worden, aber trotzdem war er keineswegs
überzeugt, dass dies bedeuten würde, dass das Waffe nun funktionierte.
**********************************
Im Jägerhangar der Redemption herrschte selbst „in der Etappe“ Hochbetrieb. Auch wenn eine Schicht
der Techniker sich auf der Perseus amüsierte und die Dienstschicht sehnsüchtig das Ende ihrer Schicht
erwartete. Die Deckoffiziere und Kommandotechs hielten scharfe Aufsicht. Während der Träger
überholt und repariert wurde, sorgte man sich hier um seine „Hauptwaffe“ – die Jäger und
Jagdbomber.
Außerdem wurde auch die Innenausrüstung des Hangars und das mobile Gerät überholt, überprüft und
modernisiert.
Für die abgeschossenen Maschinen war Ersatz geliefert worden, der überprüft werden mußte.
Irreparabel beschädigte Einheiten wurden ausgeschlachtet – und die zahlreichen im Verlauf der
Operation beschädigten (und mit oft recht fraglichen Bordmitteln reparierten) Jäger wurden jetzt
gründlich überholt und wieder zu „Frontlinie“-Einheiten.
Deshalb war Kano im Hangar. Er lehnte nicht sehr bequem mit der linken Schulter an der Wand und
beobachtete die Reparaturcrew, die an seiner Typhoon arbeitete. Der Jäger war schwer
zusammengeschossen worden, eigentlich ein Wunder, daß er als reparabel eingestuft wurde. ,Und ein
Wunder, daß ich nicht „irreparabel beschädigt“ wurde... .‘
Wie sein Pilot würde die Maschine nicht so bald wieder einsatzfähig sein. ,Aber wie mein Körper wird
meine Waffe die Wunden überstehen und wieder kämpfen. Bis... .‘
Die Mechaniker hatten sich an seine Gegenwart gewöhnt. Sie achteten kaum noch auf ihn. Es war
auch nicht so ungewöhnlich, daß Piloten ihre beschädigten Maschinen „besuchten“. Zwischen
Maschine und Mensch bestand seit den Anfängen der Luftkriegsführung ein merkwürdiges Band,
geknüpft aus Aberglauben, Bräuchen und – wie in Kanos Fall – Traditionen.
Am liebsten hätte er bei der Reparatur geholfen. Aber Kano hätte nur mit der linken Hand arbeiten
können und wäre mehr eine Behinderung gewesen, als eine Hilfe. Also blieb er etwas abseits und
„überwachte“ die Arbeiten.
Als er sich umdrehte, stand Kali hinter ihm. Sie musterte ihn mit leicht spöttischer Miene und trug die
Ausgehuniform der Navy. „Wußte doch, daß ich dich hier finde! Ich habe mich schon gefragt, wann
du mich bemerkst. Ich muß ja scheußlich aussehen, wenn du den Anblick deiner zerschossenen Mühle
vorziehst. Oder erinnert sie dich an jemanden?“
Es dauerte ein paar Augenblicke, bis er verstand was sie meinte. Dann verzog er das Gesicht leicht –
das ständige Hickhack zwischen Kali und seiner ehemaligen Flügelfrau ging ihm auf die Nerven, auch
weil er die Gründe dieser Feindschaft nicht verstand: „Was hast du nur immer mit Lilja?“
Kali überraschte ihn, indem sie loslachte: „Also DEN Namen hast du jetzt aufgebracht!“
Das brachte ihn fast zum Lächeln.
Nun runzelte Kali die Stirn und sah ihn nachdenklich an: „Was ist eigentlich in letzter Zeit mit dir los?
Du bist mir aus dem Weg gegangen. Und du machst ein Gesicht, wie auf einer Beerdigung... .“
Kano zuckte unbehaglich mit den Schultern, verzog kurz den Mund, als sich dabei die rechte Schulter
meldete. Aber er war ihr gegenüber zur Ehrlichkeit verpflichtet: „Ich bin jedem aus den Weg
gegangen in den letzten Tagen.“
Das überging sie erst einmal. „Also, du bist mein Freund. Sogar, wenn ich dich erst aufspüren muß,
um dich einzuladen. Kommst du mit, oder willst du dich wieder unsichtbar machen?“
Nun mußte er doch lächeln. „Ich komme mit...“ ,Kano sah an sich herunter, er trug nur den einfachen
Dienstoverall, „…aber nicht in dieser Montur. Wenn du mir noch ein paar Minuten gibst?“
Jetzt grinste sie wieder: „Das müßte eigentlich mein Text sein. Na ja, es lebe die Gleichberechtigung.“
So schnell, aber auch so sorgfältig wie möglich wechselte Kano zu der Ausgehuniform, die erheblich
mehr darauf ausgerichtet war Eindruck zu schinden als die schmucklosen Dienstmonturen. Kurz
überprüfte er noch einmal den Sitz, dann gesellte er sich wieder zu Kali, die auf dem Gang wartete und
ungeduldig mit dem Fuß wippte: „Schon viel besser. Vielleicht auf der Brust noch etwas kahl... .“
Das kam als gutmütiger Spott und Kano bemühte sich dem zu folgen: „Leider gibt es den ,Löwen‘ nur
einmal.“
Aber Kali bemerkte den Unterton in seiner Stimme, sie warf ihm einen kritischen Blick zu. Kurz
entschlossen hakte sie sich unter und bugsierte ihn in Richtung Shuttlehangar.
„Hast du eigentlich schon mal Indisch gegessen, Kano?“
„Bisher noch nicht – nach der japanischen Küche kamen gleich die Verpflegungssätze der Navy.“
„Nun, jeder sollte es mal versuchen. Zumindest einmal... .“
Kano grinste bei diesen Worten. Überrascht stellte er fest, daß sich seine Stimmung spontan und
schlagartig gehoben hatte.
Das Shuttle war ziemlich voll und das vorherrschende Thema die Frage, was sich rund um die Perseus
- Station vorbereitete. Die meisten mochten zwar schon mit den Gedanken auf der „intergalaktischen
Amüsiermeile“ sein, aber selbst ein Blinder hätte die zahlreichen Großkampfschiffe bemerkt, die sich
um die Station gruppiert hatten: leichte Trägereinheiten, Kreuzer aller Größen, Zerstörer und Fregatten
– und natürlich die „good old“ Redemption, als Flottenträger die größte Einheit. Es roch förmlich nach
Zunder, nach irgend etwas „Großem“ – und der Träger würde vermutlich im Zentrum des
Schlamassels sein... .
Kano beteiligte sich kaum an der Unterhaltung. Zum einen erschien ihm dieses „Fischen im Trüben“
nicht unbedingt angemessen, oder sinnvoll. Auf der anderen Seite beanspruchte Kali irgendwie den
Großteil seiner Aufmerksamkeit, wohl auch, weil er ihr in den letzten Tagen ausgewichen war. Und da
gab es noch diese andere Sache... .
Wie immer – und zu jeder Zeit – quoll die Station vor Leben fast über. Diesmal schien es sogar
besonders schlimm, angesichts der zahllosen schweren Einheiten um die Station. Marines,
Navymitglieder und zivile Dienste bildeten eine kompakte – und manchmal ziemlich explosive –
Masse. Dem „Flottenfunk“ nach war es schon zu etlichen Massenprügeleien – und sogar einem
(unbestätigten) Totschlag gekommen. Der Sicherheitsdienst hatte alle Hände voll zu tun, angeblich
trauten sich manche „Etappenhengste“ überhaupt nicht mehr raus – und die Besitzer der Kneipen,
Nachtclubs und Bordelle (wenn es da Unterschiede gab) fuhren Riesengewinne ein.
Kali und Kano hatten manchmal direkt Mühe durchzukommen – obwohl die meisten Soldaten Kano,
als Verletzten, Platz machten. Dies war ein ungeschriebenes Gesetz, das sogar gegenüber Mitgliedern
anderer Waffengattungen eingehalten wurde.
Kali wußte offenbar genau, wo sie hin wollte, im Gegensatz zu Kano, der diesen Teil der Station noch
nicht besucht hatte. Hier waren nicht gerade die Vorzeigegänge, alles war etwas schäbiger – und die
Werbung der billigen Amüsierkneipen ziemlich eindeutig. Kano sah sich mißtrauisch um. Zum einen
entsprach das Ambiente nicht gerade seinem Geschmack, zum anderen schien ihm diese Gegend nicht
sicher. In diesem Sektor, das hatte er jedenfalls gehört, hatte es die meisten Prügeleien, ja sogar
angeblich illegale Duelle gegeben.
Und momentan fühlte er sich nicht gerade in Kampfbereitschaft. ,Vielleicht hätte ich die Pistole
mitnehmen sollen... .‘
Aber Kali schien sich völlig sicher zu fühlen. Als sie Kanos skeptische Miene und das wachsame
Sichern nach den Seiten bemerkte grinste sie: „Keine Bange, Waffenpause. Du mußt nur die richtigen
Leute kennen!“
„Und woher kennst du sie?“
Das Grinsen verbreiterte sich: „Ich erzähl’s dir, wenn du älter bist.“
Schließlich hatten sie offenbar das Ziel erreicht, das zwischen einer Mischung aus Stripbar und
Stundenhotel und einem Waffenladen lag. Im Gegensatz zu der „offensiven“ Werbung rechts und
links war hier einzig und allein ein kleines Schild angebracht: „NEW BOMBAY“
„Den Tip habe ich von `nem Piloten von der Maryland, `nem Sikh, der hier schon öfters stationiert
war.“
Innen erwies sich das „NEW BOMBAY“ als kleines, etwas verräuchertes Lokal – ruhig und nicht sehr
stark besucht. Sehr zum Vorteil hatte man auf die üblichen klischeehaften „indischen“ Dekorationen
verzichtet.
„Du mußt schon vom Subkontinent kommen, um hier reinzukommen – oder eingeladen werden. Ich
weiß nicht, wie die sich hier über Wasser halten...“ ,sie kniff ein Auge zu, „und du solltest besser nicht
nachfragen. Vielleicht erinnert sie die Umgebung an die Heimat.“
Das Essen war gewiß gewöhnungsbedürftig, vor allem die recht ungewohnten Gewürze. Und daß man
zum Essen neben Wein auch Yoghurt trank, war ebenfalls eine neue Erfahrung. Aber es schmeckte auf
jeden Fall und hier stieß sich keiner an seiner Verwundung. Kali übersah sie jedenfalls, wofür ihr
Kano dankbar war.
Das Gespräch drehte sich zuerst, wie konnte es auch anders sein, um die Veränderungen an Bord der
Redemption, die neuen Piloten und die neue Mission.
„Und, wie sieht es bei dir aus? Die Eisprinzessin ist sich jetzt doch wohl zu fein, um sich mit dem
Flügelposten zu begnügen.“
Kano ignorierte die neue Spitze gegen seine ehemalige Rottenkameradin: „Ich habe Glück gehabt. Ich
bleibe Flightführer. Sie haben mir eine Pilotin von der Maryland zugeteilt, Virago.“
„Hübsch?!“ Das klang ziemlich scharf.
Kano stutzte, dann erkannte er das Funkeln in ihren Augen. Er lächelte: „Nicht so wie du, falls es das
ist, was du hören wolltest.“ Kali lachte.
„Sie hat zwei Abschüsse. Aber jedenfalls mehr Erfahrung als ich. Und sie soll eine gute Flügelfrau
sein... .“
„Das hoffe ich für dich...“ ,sie überlegte kurz, „...und für sie! Was ist mit IHREM Flightleader?“
„Tot – von einem Zerstörer abgeschossen... .“
Ein paar Augenblicke schwiegen beide. Der Tod schwebte ständig über einem Piloten. Dennoch war
es immer beunruhigend, direkt an das erinnert zu werden was die meisten verdrängten. Beide spürten
es, deshalb brachte Kali das Thema auf ein unverfängliches Thema – die jüngsten Gerüchte, die Radio
in Umlauf gebracht hatte. Die Geschichte, daß er Geschwaderchef Cunningham und die XO der
Redemption praktisch inflagranti erwischt hatte war noch das Gewöhnlichste... .
****************************************
Zwei Stunden später
Irgendwann war in jeder Unterhaltung der Punkt erreicht, an dem sie stockte.
Kali fixierte Kano mit einem nachdenklichen Blick, während sie mit den Fingern der Rechten auf die
Tischplatte trommelte. Er war sich sicher, daß sie irgendetwas von ihm wollte. Während er Kali ansah
stellte er fest, daß er wohl nicht mehr völlig nüchtern war. ,Ich vertrage wirklich nicht viel. Oder ich
kann kein Maß halten.‘
„Was war nun eigentlich in den letzten Tagen los mit dir? Du hast mir die Frage noch nicht
beantwortet.“
„Du hast doch gar nicht gefragt... .“
„Jetzt frage ich, du japanischer Dickkopf.“
Kano überlegte wie er ausweichen konnte, ohne zu lügen – und stellte zu seiner Überraschung fest,
daß er weiter sprach. ,Ich hätte die Finger von dem Wein lassen sollen... .‘ „Ich weiß nicht so recht.
Vielleicht bemitleide ich mich einfach selbst. Wegen dieser Wunde...“ ,er bewegte die rechte Schulter,
so weit es ging, „bin ich zu nicht viel zu gebrauchen. Ich kann nicht fliegen – wenn die Akarii
angreifen würden, ich könnte nichts tun. Ich kann nicht einmal bei den Reparaturen mitmachen,
trainieren, Virago anlernen... . Ich bin nutzlos, bis dieser Feldscher entscheidet, daß ich wieder
einsatzfähig bin. Ich soll warten, warten – verdammt!“ Kano unterbrach sich und murmelte einen
japanischen Fluch. Dann: „Entschuldigung. Ich benehme mich reichlich kindisch, du brauchst dir
wirklich nicht mein Selbstmitleid anzuhören... .“
„Hör auf. Wenn du mir auf die Nerven gehst, sag ich's dir schon. Und ich weiß was du meinst. Nach
diesem 'Unfall' wollte ich auch sofort wieder weitermachen. Du weist wie das ausging. Also übertreibe
es nicht! Fehlt bloß, daß du auch noch zusammenklappst... .“
„Ich werde NICHT zusammenbrechen!!“
Die Heftigkeit dieser Worte überraschte Kali. Und Ohka fühlte, wie er rot wurde. Er hatte nicht gerade
schreien wollen. „Entschuldigung.“
Kali sah ihn mit leicht schräg gelegten Kopf an, dann schnaubte sie abfällig: „Hör auf, dich andauernd
zu entschuldigen! Deine Leute müssen dir das ja richtig eingebleut haben!“
,Meine Leute? Was... .‘ Dann fiel ihm ein, er hatte ihr, wenn auch nur vage, von der paramilitärischen
Vorausbildung und seinen japanischen Ausbildern erzählt. ,Das hätte ich vielleicht nicht machen
sollen.‘
Er zwang sich zu einem zu einem Grinsen: „Eingebleut? Na ja, das kann man fast so sagen... .“
Aber so leicht ließ Kali sich nicht ablenken: „Das mit deiner Wunde ist doch nicht alles! Komm schon,
ich kenne dich inzwischen schon besser. Es hat etwas mit deinen ‚Leuten‘ zu tun. Und dem
‚Zusammenklappen‘ – oder nicht? Wovor hast du Angst?“
Bei ihren Worten war Kano zusammengezuckt. Sie saßen im Ziel, Kali kannte ihn inzwischen zu gut,
um sich täuschen zu lassen. Aber irgendwie ließ ihn das nicht in der ausdruckslosen Maske erstarren,
die er sonst versuchte aufrecht zuhalten. Kalis Worten lösten vielmehr die Barrieren, die er aufgebaut
hatte: „Ja. Ja – das ist es.“
„WAS?“
„Die Angst. Ich bin Pilot geworden, um meinen Mut zu beweisen, meinen Wert. Mir selber, meinen
Eltern, meinen Ahnen. Ich bin Soldat. Ich muß bereit sein, in den Tod zu gehen, wenn es befohlen
wird, wenn es nötig ist – einfach, wenn die Zeit dazu gekommen ist! Ich muß vortreten ohne Zögern
wenn es heißt, daß es von diesem Flug keine Rückkehr gibt. Alles andere wäre erbärmlich, eine
Schande! Ich würde meine Familie entehren – meinen Bruder, der für seine Pflicht gefallen ist. Einer
unserer Ahnen, ich trage seinen Namen, begleitete und schützte die Kamikaze. Er fiel bei der
Verteidigung derer, die zum Einsatz ohne Wiederkehr aufbrachen, damit sie ihr Ziel erreichen
konnten, ihr Tod einen Sinn hatte. Das verpflichtet mich. Wie könnte ich mir selber in die Augen
blicken, wenn ich dazu nicht bereit bin!“
Er vermied es, Kali anzusehen. Mit nicht ganz sicherer Hand griff er nach dem Weinglas und
versuchte den schlechten Geschmack in seinem Mund herunter zu spülen. ,Ich habe angefangen. Also
bringe ich es auch zu Ende.‘ „Ich darf vor dem Tod nicht zurückweichen.“ Kanos Stimme gewann an
Sicherheit, klang fast dozierend, als wiederhole er einen eingeübten Text: „Der Weg des Kriegers
bedeutet entschiedene Bereitwilligkeit zum Tod. Wenn ich mich am Scheideweg befinde und einen
Weg wählen muß, darf ich nicht zögern, den Weg des Todes einzuschlagen. Erst wenn die
Entschlossenheit, jederzeit zu sterben, eine feste Behausung in meiner Seele gefunden hat, erst dann
habe ich den Höhepunkt der bushido-Lehre erreicht. Das Rechte zu tun ist alles – das Leben dagegen
nichts.“
Da er es weiterhin vermied, Kali anzusehen, entging ihm der fast schon entsetzte Ausdruck, der auf
ihrem Gesicht erschienen war. Sie sagte nichts und nachdem Kano hart geschluckt hatte, als würde er
einen Stein herunterwürgen, fuhr er fort: „So sollte ich denken. Dies muß mein Leben bestimmen,
denn ich habe mich den Streitkräften angeschlossen, im vollen Wissen und Bereitschaft dazu. Hier ist
kein Platz für Feiglinge oder Schwächlinge. Aber - ich habe ANGST!“
Seine Stimme war kurz lauter geworden, doch als Kano fortfuhr war es mit leisem, fast monoton
klingenden Wortlaut: „In der ersten Schlacht wurde ich abgeschossen. Bei meinem zweiten Feindflug
fehlte nur wenig dazu. Ich wäre beinahe im Cockpit verblutet. Das war Soldatenschicksal. Aber – es
verfolgt mich. Ich komme davon nicht los. Es sollte nicht so sein, aber ich habe Angst. Angst davor zu
versagen. Angst vor dem Tod, vor einer Verwundung, die mich zu einem nutzlosen Krüppel
degradiert. Ich habe Angst – vor der Angst. Meine Schwäche ist eine Schande! Ich darf das Gesicht
nicht verlieren, das Ansehen und den Stolz meines Landes und meiner Familie nicht entehren! Wenn
ich ‚zusammenbrechen‘ würde... .“
Eine lange Zeit sagte keiner von beiden etwas. Kano war losgeworden, was auf ihm lastete – und Kali
wußte nicht ganz, wie sie reagieren sollte. Sie wußte, daß Kano die Pflichterfüllung über fast alles
ging, aber DAS... .
Trotzdem ergriff sie als erster das Wort, die Stimme leise und weich: „Kano... . Jeder hat Angst
draußen. Ich habe Angst, du hast Angst – und bestimmt hat sogar Cunningham Angst. Ich denke, auch
alle Fliegerasse haben Angst gehabt. Das ist nur natürlich, das ist menschlich, Kano. Es ist keine
Schande, sich zu fürchten. Es kommt darauf an, diese Angst zu beherrschen...“ ‚Oh Götter, ich höre
mich schon an, wie ein Militärpfarrer oder Seelenklempner in einem dieser bescheuerten
Kriegsstreifen!‘ „...hör mal. Es bringt dir doch nichts, wenn du dich verrückt machst! Du hast Angst –
na und? Wie gesagt, die haben wir alle! Du bist nach dem Abschuß bei deinem ersten Feindflug
wieder gestartet! Du hast überlebt – UND du hast insgesamt VIER Akarii heruntergeholt!“ Sie packte
Kano an den Schultern und ignorierte, daß er dabei zusammenzuckte. Sie zwang ihn, sie anzublicken.
Hinter der immer noch aufrecht erhaltenen Fassade ruhiger Selbstbeherrschung erkannte sie jetzt
deutlich Verunsicherung, Scham – und Wut auf sich selbst.
„Du bist mit deiner Angst fertig geworden, du sturer Samurai – und nicht einmal ich habe richtig
gemerkt, was mit dir los war! Und wenn es wieder losgeht, dann wirst du genau DAS tun, was du für
richtig hältst, das weiß ich!“ Sie verdrängte vorerst den Gedanken an die erschreckende
Todesbereitschaft, die Kano in seine Worte gelegt hatte, die ihn fremd und unheimlich wirken ließen:
‚Eins nach dem Anderen. Aber ich glaube nicht, daß das nur Phrasen waren - Verdammt!‘ „Aber es
bringt dir überhaupt nichts, wenn du dich selber fertig machst! Man kann sich auch so aufrecht halten,
das man zerbricht!“
„Es ging mir darum, das Gesicht zu wahren. So etwas gehört sich nicht für einen Piloten. Und mit
wem hätte ich darüber reden sollen? Sie hätten mich bloß noch zu diesem ‚Doktor‘ oder ihrem
‚Priester‘ geschickt. So als wäre ich krank – oder müßte um Vergebung bitten! Ich mußte das Gesicht
wahren!“
Kali fühlte, wie sie langsam wütend wurde. Sie hatte das Gefühl, daß sie aneinander vorbei redeten –
und so etwas haßte sie. „Du hättest mit mir reden können! Ich hätte dich jedenfalls nicht zum Priester
geschickt! Aber vielleicht zu Hamlin, wenn ich dir Verstand hätte einprügeln müssen!“
Kano blickte ihr direkt in die Augen: „Nein. Was hättest du dann von mir gedacht? Und was sollst du
jetzt von mir denken?!“
„Wenn ich einen perfekten Samurai wollte, dann würde ich ‚Das Buch der fünf Ringe‘ lesen! Du hast
mir geholfen, als ich unten war – wie kannst du nur DENKEN, ich würde nicht das gleiche für dich
tun?! Nun falls du es unbedingt hören mußt, ich denke jetzt nicht irgendwie ‚niedriger‘ von dir! Ich
überlege höchstens, dir mit ein paar Ohrfeigen den Kopf zurechtzurücken! Und das, weil du es in dich
reinfrißt, statt darüber zu reden!“
Sie ließ seine Schultern los, Kano sah sie jetzt direkt an. Kali legte ihre Hand auf seinen linken Arm:
„Ich bin immer noch dein Freund, du Hohlkopf. Und dazu mußt du nicht ohne Furcht in’s Cockpit
steigen, das ist mir egal. NICHT egal ist mir, wenn du dich selber kaputt machst! Zum letzten mal, ich
WEISS, daß du nicht versagen wirst! Wenn ich es bei jemandem weiß, dann bei DIR!“ Sie holte tief
Luft und beruhigte sich etwas, es fiel ihr schwer: „Also wirst du in Zukunft dich wieder verkriechen –
oder wirst du reden? Da halte ich sowieso für mutiger.“
Kano sah sie an, lange, trotzdem er sichtlich verlegen wirkte. Dann nickte er: „Ich werde reden.“
„Gut. Damit ersparst du es mir, dir Schönburg UND Hamlin auf den Hals zu hetzen. Und da du schon
mal reden willst, fangen wir gleich damit an!“
Es mochte einige Zeit vergangen sein. In dieser Zeit waren im „New Bombay“ keine neuen Gäste
eingetroffen, nur ein paar gegangen. Kano hatte sich an Kali orientiert, die diese Gestalten
geflissentlich ignoriert hatte – sie waren im Gegenzug keines Blicks gewürdigt worden.
Eine weitere Flasche Wein war geleert worden, trotzdem hatten beide mehr geredet als getrunken.
Über den Krieg vor allem.
„Ich hätte früher mit dir reden sollen… .“
„Na ja, ich hätte es früher merken sollen. Und mach dir keine Vorwürfe – wenn schon, dann
übernehme ICH das für dich.“
Beide lachten – etwas betrunken. Der Wein zeigte seine Wirkung.
„Noch einmal Kali – danke. Für... .“
„Schon gut. Das versteht sich von selbst. Nebenbei...“ ,in ihre Stimme kehrte ein Teil ihres Humors
zurück, „...es gibt genug Möglichkeiten, mit der Anspannung fertig zu werden. Je nach Geschmack.
Manche Saufen, einige klopfen Karten – oder ihre Kollegen. Oder sie gehen tatsächlich zum ollen
Schönberg. Und... .“
„Ja?“
„Siehst du denn überhaupt keine Filme?“ Kalis Stimme gewann einen gekünstelt melodramatischen
Klang: „Sie suchen Vergessen in den Armen eines Freundes!“
Kano lachte laut heraus. Dann aber verstummte er und sah Kali offen an. Als sie den direkten Blick
spürte – und was dahinter liegen mochte – fühlte Kali, wie sie leicht rot wurde. `Vielleicht ist er nicht
der einzige, der etwas zu viel getrunken hat.‘ Sie stieß Kano mit der Faust leicht gegen die linke
Schulter. „Hör auf zu träumen Soldat! Wir sind in der Öffentlichkeit!“
Jetzt wurde auch er rot: „Ent… .Nein. Ich sollte mich ja nicht mehr so häufig entschuldigen.“ Wieder
lachten beide.
„Du lernst aber schnell… . Gut für dich. Solltest du öfter tun.“
„Kommt darauf an, wer es sagt… . Was nun?“
Kali starrte ihn mit einem halben Grinsen an `Täusche ich mich, oder… .’
„Also ich habe Freigang. Cunningham scheint genug um die Ohren – oder was auch immer – zu
haben, dass er uns in Ruhe lässt. Du… .“
Kano schüttelte langsam den Kopf und tippte auf seinen rechten Arm: „Kein Dienst, du erinnerst dich?
Der Medizinmann will mich erst wieder morgen sehen. Bis dahin… .“ er brach ab und grinste.
„Warst du eigentlich schon öfter hier?“
„Erste Feindfahrt – vergessen? Ich bin hier angerückt, kurz bevor die Redemption auslief. Keine Zeit
also – und ich wollte unbedingt auf das Schiff!“
„Die alte Rostlaube? Na ja, jedem sein Vergnügen. Jedenfalls hast du was versäumt. Zeit, es
nachzuholen. HIER, kann sich sogar ´n TOTER amüsieren!“ Mit diesen Worten klopfte sie ihm leicht
auf die rechte Schulter, die unter der Uniform bandagiert war. Sie gingen. Die Tatsache, dass er jetzt
über die Verwundung lachte, die ihm vorher als fast eine Verkrüppelung vorgekommen war, zeigte
Kano, dass er wirklich nicht mehr nüchtern war. Doch das war ihm jetzt egal.
Später
Sie saßen in dem letzten Shuttle, dass die Station an diesem „Tag“ in Richtung Redemption verließ.
Abgesehen von den beiden Piloten waren keine Passagiere an Bord, dafür ein ganzer Stapel von
Kisten und Paketen, die man sogar auf den Sitzen gestapelt hatte. Auch wenn noch einige Zeit
vergehen würde, bis der Träger wieder auslief – viele an Bord sorgten vor. Außerdem waren die
Kontrollen jetzt etwas lascher, eine günstige Gelegenheit „nicht ganz einwandfreies“ Transportgut auf
die Redemption zu schmuggeln.
Kali saß neben Kano, lehnte an seiner linken Schulter. Sie schien halb zu schlafen. Kano versuchte,
die leichte Dumpfheit aus seinem Kopf zu verdrängen.
Er lächelte versonnen. Seine Ängste und Befürchtungen waren tatsächlich verstummt, ja momentan
dachte er nicht einmal an diese düsteren Begleiter der letzten Tage.
Die Perseus – Station war ohne Zweifel ein Ort, der einen Besuch lohnte. Nun, hoffentlich war er
morgen früh noch derselben Meinung. Sie waren in mindestens zwei weiteren Bars gewesen – und
auch wenn er versucht hatte Maß zu halten… .
Als das Shuttle andockte wachte Kali auf. Sie bemerkte auch den Arm, der um ihre Schulter lag. Sie
schüttelte leicht den Kopf: „Entweder ICH oder der Pilot ist betrunken.“
„Du bist auch Pilot – ich auch. Wen meinst du… .“
Sie murmelte irgendetwas.
Als sie den Hangar verließen summte sie leise vor sich hin, ihre Schritte waren recht – „beschwingt“.
Nun bei Kano war es kaum anders, auch wenn er nicht summte. Auch auf den Gängen der Redemption
war es ziemlich leer. Immerhin herrschte für die meisten Besatzungsmitglieder gerade „Nacht“ – oder
sie waren gar nicht an Bord.
Daß er Kali in ihr Quartier gefolgt war, wurde Kano erst bewusst, als sie sich zu ihm umdrehte und
ihm direkt in die Augen blickte. Sie standen sehr nah beieinander. Er glaubte ihren Atem auf seinem
Gesicht zu spüren.
„Und nun?“
„Kali… .“
Sie küsste ihn.
Als sie sich wieder etwas voneinander trennten, waren beide außer Atem. Sein Arm lag um ihre Hüfte.
Als er sein Gesicht wieder ihrem näherte, ließ ihn ein Gedanken kurz innehalten: „Ist das jetzt die
tröstende Hilfe eines Freundes?“
Kali lachte leise, während ihre Hand die Knöpfe der Uniformbluse öffnete: „Ich denke, dass musst du
selber herausfinden!“
Und das tat er.
***

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Zwischenspiel
In den Quartieren der Marines herrschte gähnende Leere. Ohnehin nicht gerade auf Komfort und
Bequemlichkeit ausgelegt, erschienen die 4 – Mann – Zimmer jetzt, mit den Verlockungen der Perseus
– Station in Reichweite, besonders trostlos. Diejenigen, die nicht gerade Dienst hatten, waren diesen
Verlockungen fast ausnahmslos erlegen.
Sergeant Clas Schiermer war das nur Recht. Je weniger, um so besser. Der knapp zwei Meter große
Soldat bewegte sich leise und behende. Die Aura der ständigen Kampfbereitschaft, die ihn umgab war
Teil seines Image an Bord der Redemption. Zusammen mit den kalten, blauen Augen und dem kurzen
militärischen Haarschnitt machten sie ihn zu einer Figur, die eher in einem Kriegsfilm, als in der
Wirklichkeit zu finden war. Er hätte ein Propagandoplakat für das Korps schmücken können als
Sinnbild eines perfekten Marines – oder eines perfekten Mörders. Was auf das selbe hinauslief.
In den 14 Jahren Dienst beim Marinekorps hatte er ebenso an regulären, wie irregulären und grob
gesetzwidrigen Aktionen teilgenommen, war mehr als ein Dutzend mal verwundet, dreimal vermißt
und einmal für tot erklärt worden. Dennoch hatte er es nicht geschafft, mehr als ein Sergeant zu
werden, trotz zahlreicher Auszeichnungen. Die Meinungen, woran dies liegen mochte, gingen
auseinander – doch keiner wagte es, zu sehr nachzubohren. Selbst Vorgesetzte hielten ihn für einen
Mann, den man besser in Ruhe ließ – und dieser Ruf war ihm recht.
Nur ein einziger Marine hielt sich in dem Quartier auf, das Schiermer ansteuerte. In einer der Kojen
lag Privat Juan und blätterte im „Colonial – Playboy“. Im Gegensatz zu Schiermer war der junge
Mann erst seit einem Jahr beim Korps. Der schwarzhaarige, schlanke Marine wirkte jungenhaft – aber
er fungierte nicht umsonst als Scharfschütze und Sprengstoffexperte. Besonders bei dieser Aufgabe
galt immer noch die Regel: „Ein Fehler – und du brauchst keine Mahlzeit mehr.“
Als er Schiermer bemerkte, sprang er auf – salutierte allerdings nicht.
„Na, Juan. Was machst du eigentlich noch hier? Ich dachte schon ich finde dich im Puff oder im
Bunker!“
Der andere zuckte mit den Schultern und verzog verdrießlich das Gesicht: „Für die Mädchen brauchst
du Geld. Also ist nichts... .“
„Schickst du immer noch alles in das Rattennest in dem deine Leute leben?“
„Natürlich – das weist du doch! Oder glaubst du etwa, ich hätte den Sold schon durchgebracht?! Das
schaffst doch nicht mal du.“
„Ein Mex als perfekter Familienmensch. Was es nicht alles gibt... . Na ja, es muß auch solche geben.
Los komm mit, ich lade dich ein!“
‚Er lädt mich ein – also... .‘ Juan fuhr sich etwas nervös durch den Haarschopf, leckte sich die Lippen.
Dann grinste er und hob den „Colonial – Playboy“ hoch in dem sich eine dunkelhäutige Schönheit
sehr freizügig präsentierte: „Du lädst mich ein? Ist die hier drin?“
„Sehe ich aus wie `n Millionär? Die ist drin, wenn ich die Hurensöhne von der Flotte wieder beim
Poker ausnehmen kann. Bis dahin – Fehlanzeige! Los komm schon – wir gehen ins Kino!“ Auf dem
letzten Wort war eine leichte Betonung, die Juan bemerkte. Er holte Luft – es war soweit.
„Na ja, ich darf wirklich nicht wählerisch sein. Danke, ich komm mit.“
Damit war alles klar. Was ein zufälliger Zuhörer nicht verstanden hätte, der Ausdruck „ins Kino
gehen“ hatte eine eigene Bedeutung. Bei der Fremdenlegion bezeichnete man so Einsätze mit hohem
Risiko... .
Keiner der beiden redete viel, bis sie auf der Redemption waren. Juan wirkte fast aufgekratzt,
Schiermer aber so ruhig wie üblich.
An Bord der Station übernahm der Sergeant die Führung, Juan folgte ihm, sich von Zeit zu Zeit etwas
nervös umblickend. Dennoch traf es ihn etwas überraschend, als sich eine junge Frau bei ihm
unterhakte: „Na Soldat, wie wäre es mit uns?“
„Laß ihn in Ruhe.“ Schiermer hatte sich umgedreht. Die Prostituierte verzog den Mund spöttisch:
„Schwul, was?“
„Falsch. Kriegsgefangene. Und die Akarii kastrieren ihre Gefangenen. Hast du das nicht gewußt?“
Die Frau wollte lachen – dann blickte sie Schiermer in die Augen. Sie wurde blaß und tauchte in der
Menge unter. Erst jetzt erlaubte sich Schiermer ein Lächeln – es war ausgesprochen widerwärtig. „Los
komm weiter Kleiner. Wir haben einen Zeitplan.“
Sonst wurden sie nicht weiter aufgehalten. Ohne Probleme erreichten sie die etwas schäbigeren
„Viertel“ der Station. Schiermer wußte offenbar genau, wo es hinging. Dann stoppte er abrupt, trat in
eine der Nischen, die beim Bau der Station durch geringfügige Konstruktionsfehler entstanden war.
Hier waren sie vor fremden Blicken sicher. Hier lag unter einem Haufen Müll ein Paket.
In Militärstoff eingewickelt fanden sie zwei Uniform – Overalls des technischen Stationsdienst, zwei
Laserpistolen, zwei Mützen und ein elektronisches Einbruchsset. „Siehst du, alles da. Mach hin, zieh
dich um. Wir haben nicht viel Zeit.“
„Hör mal, Sergeant – ich weiß nicht... .“
Der Ältere fuhr herum, die Uniformbluse schon halb aufgeknöpft, starrte den Jüngeren an: „Aber ICH
weiß! Verdammt, mach jetzt nicht schlapp Kleiner! Wir halten für einen Scheißdreck unseren Hals
hin! Willst du nur mit deinen paar läppischen Real deine Familie am Leben halten? Ich dachte du
willst nicht, daß deine Leute in dieser Müllgrube vergammeln?! Oder das deine Schwester auf den
Strich muß?! Jetzt hast du die beste Chance an Geld zu kommen und du machst schlapp?! Wenn du
VIERZEHN JAHRE durchhälst – was hast du dann? `N lumpigen Sergeantenrang, Blech an der Brust
für das du dir nichts kaufen kannst und `ne Pension, die nicht zum Leben reicht! Wahrscheinlicher
aber, das du vorher den Löffel abgegeben hast. Von meinem ersten Platoon, sind noch genau VIER
gesund. Einer sitzt, einer ist verrückt geworden, drei haben sie mit `ner stinkigen Invalidenrente und
nem Stück Blech abgespeist! Der Rest – tot oder vermißt! Wie gefällt dir das?!“
„Hast ja Recht – aber... .“
„NICHTS aber! Du hast jetzt die Chance vorzusorgen. So was bietet sich vielleicht nie wieder!“
„O. K. – ich bin dabei!“
Schiermer grinste: „Na also Kleiner. Wußte doch, ich kann mich auf dich verlassen. Was meinst du,
warum ich DICH ausgewählt habe?!“
Dann wurde nicht mehr gesprochen. Beide legten die Tech – Overalls an. Die leichten Laserpistolen
verbargen sie am Körper. An den Händen trugen sie nun dünne, fleischfarbene Handschuhe. Die
Mützen verbargen den Haarschnitt. Ihre Marineuniformen kamen in leichte Umhängetaschen – sie
würden diesen Ort nicht mehr aufsuchen. Dann, Schiermer vorraus, gingen sie.
**********************************
Ihr Ziel waren die "Slums" der Station. Hier funktionierte die Beleuchtung teilweise nicht richtig, war
alles irgendwie schäbiger - und vielfach illegal. Aber deswegen waren sie ja hier.
"Schiermer - und du bist dir ganz sicher?"
"Zuerst läßt du es mal, meinen Namen zu benutzen! Und JA ich bin sicher! Wenn ich so was drehe,
dann richtig. Ruhe jetzt. Im Einsatz wird nicht gequatscht."
Ihr Ziel war einer der Amüsierläden, eine Mischung aus Bordell, Strippbar, Spielkasino und Kneipe.
Hier bekam man, dem Vernehmen nach, ALLES - wenn man das Geld hatte. Egal wie illegal es war.
Allerdings nahmen die beiden verkleideten Marines nicht den Vordereingang, sondern näherten sich
der Einrichtung durch einen spährlich erleuchteten Nebengang - instinktiv wurden die Bewegungen
geduckt, schleichend.
Plötzlich hob Schiermer ruckartig die Hand und preßte sich an die Wand.
"Was ist?"
"Verdammter Hurenbock... ."
Vorsichtig spähte Juan nach vorne, erkannte, was seinen Kameraden hatte innehalten lassen.
Im Gang, vor ihnen, lehnte eine Frau an der Wand. Offenbar eine der zahlreichen "Professionellen"
der Station. Ihr T-Shirt lag am Boden und ein anscheinend betrunkener Navy-Lieutenant schob ihren
Rock hoch. Die Frau lachte leise.
"Lassen wir ihn fertig werden?"
"Nein verdammt. Der Bastard hätte sich halt ein Zimmer mieten sollen. Scheißflotte! Los."
Weder die Frau noch der Mann bemerkten die heranschleichende Gestalt. Der Lt. wurde zurück- und
herumgerissen. Ehe er noch etwas sagen konnte, pflanzte Schiermer ihm seine Faust in den Magen.
Der Lt. klappte wie ein Taschenmesser zusammen. Ein Kinnhacken trieb ihn wieder hoch und
schleuderte ihn den Gang entlang. Vor Schmerz japsend, mit offenem Hemd und Hose floh er. Der
Marine drehte sich zu der Prostituierten um - aber die hatte wesentlich schnellere Reflexe bewiesen
und war bereits geflohen. Beinahe währe sie mit Juan zusammengestoßen, der instinktiv das Gesicht
abwandte und auswich.
"Na bitte! Komm schon!"
Dann standen sie vor dem Hintereingang.
"An die Arbeit!"
Jetzt, in seinem Fach, arbeitete Juan schnell und effizient. Binnen kurzem war die Verriegelung und
die Sicherheitsanlage überbrückt.
Die beiden verkleideten Marines schlüpften hienein, maskiert. Schiermer kannte sich anscheinend gut
aus, er umging die Kameras, während sich sein jüngerer Kamerad peinlich genau an ihm orientierte.
Niemand begegnete ihnen.
Endlich standen beide vor einer weiteren Tür. Kurz lauschte der Ältere, dann nickte er. Beide zogen
die Waffen. Dann riß Schiermer die Tür auf.
Die beiden Zimmerinsassen fuhren herum - ein schmächtiger Mann mittleren Alters und ein bullig
wirkender, wesentlich jüngerer. Die Hand des Jüngeren fuhr unter die Jacke - ein Faustschlag riß die
Laserpistole aus seiner Hand, ein brutaler Tritt schleuderte ihn gegen die Wand, wo er liegenblieb.
Der Schmächtige hob die Hände.
"Na bitte! Los - rüber zu deinem Gorilla! Keine falsche Bewegung oder du bist tot!"
Während Schiermer die beiden mit seiner Waffe bedrohte trat Juan ein. Er wußte, was seine Aufgabe
war. In einer Ecke legte er einen von einem Schrank verborgen Safe frei und machte sich sofort an die
Arbeit.
Schiermer entging nicht das Zucken im Gesicht des Schmächtigen, der Haß, der in seinen Augen lag.
Hinter der Maske grinste der Sergeant kalt.
"Durch!" Das kam von Juan, mehr ein geflüstertes Keuchen, als ein normales Wort. Die Safetür
schwang auf - enthüllte Geldstapel, Schmuck - ein Vermögen.
Schiermer wandte sich halb zu seinem Kameraden um.
Das genügte dem jüngeren Gefangenen. Er war für genau EINEN Zweck angeworben worden - und
wenn er den nicht erfüllen konnte, dann gab es hier keinen Platz für ihn. Sein Bewacher schien
abgelenkt.
Blitzschnell warf er sich nach vorne, auf die Waffe zu, die am Boden lag. Das war sein Tod.
Seine Finger berührten den Kolben, als eine volle Salve in seinem Leib einschlug. Gnadenlos pumpte
Schiermer einen Schuß nach dem anderen in den zuckenden Leib.
Aber er hatte nicht genug aufgepaßt. Dei Hand des Schmächtigen fuhr in die Jacke, kam mit einer
Taschen-Laserpistole wieder frei. Kaltblütig visierte er Schiermer an. Der fuhr herum... .
Plötzlich verkrampfte sich der Schmächtige. Die Waffe entglitt seinen Händen, er sackte zu Boden.
Schiermer sah zu Juan, dessen Laserwaffe ihm das Leben gerettet hatte, : "Guter Schuß Kleiner - für
einen Tech." Letzteres etwas spöttisch. Der andere schluckte krampfhaft, sichtlich geschockt.
"Los, einpacken! Beeil dich, wir sind noch nicht draußen!"
Hastig kam der Jüngere dem Befehl nach, verstaute Geld und Schmuck. Schiermer beugte sich über
die beiden am Boden liegenden - tot. 'Gut so!'
Dann wirbelte er herum, die Waffe angelegt. In der Tür stand ein Mädchen. Sie war sicherlich noch
keine 18, auch wenn Schminke und Kleider sie älter wirken ließen. Fassungslos starrte sie auf die
Leichen. Das Tablett, auf dem ein gefülltes Glas stand entglitt ihren kraftlosen Händen, fiel klirrend zu
Boden.
Mit zwei Schritten war Schiermer bei ihr, zerrte sie in das Zimmer, preßte sie gegen die Wand, eine
Hand auf ihrem Mund, die Waffe an ihrer Schläfe.
"Nein! Verdammt - töte sie nicht!" Juan war hochgefahren.
Eine paar Augenblikcke schien der andere ihn nicht gehört zu haben. Doch dann, abrupt, ließ er das
Mädchen los, das wimmernd zu Boden sank. "Ist ja gut Kleiner. Ihr passiert nichts."
Dann beugte sich er zu ihr herab, angstvoll versuchte sie ihm auszuweichen.
"PASS AUF! Wir waren MARINES, kapierst du - MARINES. Wir trugen die Uniformen des
Marinekorps! Wenn du was anderes erzählst, mach ich dich kalt!"
Angstvoll nickte das Mädchen.
"Gut! Los jetzt - Abgang!"
Leise und ungesehen verschwanden sie wieder. Erst als sie ihr Versteck erreicht hatten - eine Nische,
ähnlich der ersten, richte Juan wieder ein Wort an seinen Kameraden. Seine Stimme klang leicht
schwankend. "Ziemlich raffiniert von dir. Aber was, wenn sie das wirklich sagt?"
Der andere schnaubte nur: "Die MP kriegt es schon aus ihr heraus. Außerdem finden sie bestimmt
noch diesen Navy-Lieutenant und seine Nutte!"
Die beiden Waffen wurden zerlegt und kurz mit Säure übergossen. Dann wanderten sie, wie Masken,
Tech-Uniformen und Handschuhe in die Müllverwertungsanlage der Station... .
************************************
Seine Atmung ging flach. Er wartete. Wild entschlossen Vergeltung zu üben.
Die schwere H&K Laserpistole lag fest in seiner rechten Hand. Geladen und entsichert.
Seine harten Augen wanderten zu seinem Ziel. Clifford Davis lächelnde Fratze blickte ihm entgegen.
Mit eleganter Präzision riss er die Pistole hoch und stützte die Schusshand mit der linken Hand ab.
Es war wie in der Ausbildung.
Lieutenant Curtis "Radio" Long drückte ab. Pah Ausbildung, dass einzig gute, was mein alter Herr
jemals leißtete, war die Schusswaffenausbildung, die er mir mit 8 Jahren verpasste.
Die erste Dreiersalve zerriss das Gesicht seines Opfers. Er drückte erneut ab und auch die nächste
Dreiersalve ging genau ins Ziel und die nächste und die nächste und wieder.
Die Laserwaffen von H&K waren zu 100 % Rückschlagfrei.
Radio warf die Energiezelle aus und legte die Pistole auf den Thresen, seine Augen dabei immer auf
sein Opfer gerichtet.
Langsam zerriss ein grinsen seine aufeinandergepressten Lippen.
Er drückte auf den grünen Schalter auf dem Thresen. Die Zielscheibe kam näher. Von dem
vergrößerten Passfoto Davis waren nur noch die Randfetzen übrig.
Er wechselte die Fotoreste gegen ein neues Foto aus und wiederholte seine Übung noch zweimal.
Danach packte er seine Pistole wieder in den Waffenkasten und schmiss die Fotoreste in einen
Recykler.
Als er ging grinste er den drei Marines zu, die ihn die ganze Zeit über beobachtet hatten: "Mr.
Blauhaar wird sich noch wünschen mich niemals kennen gelernt zu haben."
**************************************
Darkness joggte durch die Gänge der Redemption. Seine Gedanken waren bei den Ereignissen der
vergangenen Tage.
Er hatte einige Trainingseinheiten mit seinem neuen Flügelmann, Jaws, hinter sich gebracht. Der
jüngere Pilot war sehr gut. Vielleicht ebenso gut wie Ace sein mochte nur weniger geschwätzig. Das
stellte ihn zufrieden. Jemand weniger Leistungsfähiges hätte ihn unter Umständen bremsen können
aber Jaws war ein sehr guter Ersatz für Cliff.
Jedoch drehten sich Justins Gedanken nicht nur um Boothe. Er machte sich Sorgen um Lilja. Die
Veteranin wurde von einem tiefen Schmerz beherrscht. Genauso wie er selbst. Eine Ironie. Für sich
selbst hatte sich McQueen niemals eingestanden eine Gefahr für seine Umwelt zu sein. Jedoch wenn
er Lilja betrachtete mußte er seine Einschätzung wohl revidieren.
McQueen musste einigen Technikern ausweichen, die geschäftig durch die engen Gänge liefen. Sie
erinnerten ihn daran, das die Gefechtsschäden immer noch nicht behoben waren.
Lilja war nicht das Problem aber sie hatte ihm die Augen über sich selbst geöffnet. Sie teilten beide
den Schmerz des Überlebenden, den Verlust der Kameraden. Lilja kompensierte ihn mit Hassgefühlen
gegen die Akarii. Sie legte ihren Schmerz mit aller Leidenschaft in den Kampf und besänftigte damit
ihre Dämonen.
Justin jedoch nicht. Er versuchte seine Dämonen mit innerer Kälte zu besänftigen. Aber es
funktionierte nicht. Darkness sah immer wieder Bilder. Bilder der Vernichtung. Alte Freunde, die von
Waffenfeuer verzehrt wurden, Schiffe die vor der dunklen Kälte des Alls verbrannten. Jedesmal wenn
er in die Schlacht zog sah er diese Bilder und sein Inneres verwandelte sich in Eis. Er wurde zu einer
Killermaschine, bereit Leben auf Knopfdruck auszulöschen. Nur wenn er seine Maschine verließ
zogen sich seine Schattenseiten zurück, traten wieder unter die Oberfläche seiner Seele. Dort
schlummerten sie, bis zum nächsten Ausbruch.
Wie sicher konnte Justin sein, das der nächste Ausbruch wirklich Akarii traf? Wie sicher konnte er
sein, das er nicht seine Kameraden verletzen würde?
Wut brodelte in seinem Herzen.
Zum ersten Mal jedoch nicht auf die Echsen, sondern auf sich selbst.
*************************************
Gonzalez zog an seiner Zigarre, als das Schiff endlich wieder in Manöverposition war. Die SM2
Werfer waren beide abschussbereit, aber Gonzalez wollte kein simultanes Feuer riskieren. Stattdessen
entschärfte er zuerst nur die vordere Batterie.
„Sir, die Blackheart meldet Bereitschaft.“ Quinn wandte sich an den Captain und sah ihn
erwartungsvoll an. Die Blackhart war das heutige Shuttle mit den Drohnen.
„Drohne eins kann abgefeuert werden.“
„Verstanden, Sir.“ Nach wenigen Sekunden meldete der Lieutenant: „Bravo 1 ist unterwegs.“
„Ok, Augen offenhalten. Waffen sind frei auf maximale Distanz, ein Schuss.“
„Aye, aye Sir, ein Schuss“ kam die Antwort von O’Keefe.
Dreißig Sekunden später meldete sich Quinn wieder.
„Bogey 1 auf 230/140, Richtung 50/300. Geschwindigkeit 423.“
„Designiere Bogey 1 als Tango 1. Waffenkontrolle, engage and destroy.“
„Ayeaye Sir.“
Fünfzehn Sekunden später wurde Schiff von einem kaum spürbaren Ruckeln erfaßt, als die SM2 ihr
Werferrohr verließ. Der Abschuss ging dieses Mal glatt, auch der Nachlademechanismus zeigte an,
dass binnen der vorgesehenen Zeit eine neue Raketen im Rohr war. Gonzalez nickte befriedigt, Teil 1
klappte. Als wenige Sekunden später die SM2 die Drohne voll erwischte und zerfetzte, brach
verhaltener Jubel aus.
„Sehr gut Leute, aber das war nur der Anfang des Weges, wir haben noch viel zu tun. Quinn, die
Blackheart soll Bravo 2 abfeuern. O’Keefe, hinteren Werfer bereitmachen, ebenfalls nur einen
Schuss.“
Die beiden Männer führten die Befehle aus, während Gonzalez sich auf der Brücke umsah. Langsam
wuchs die Crew zusammen. Es gab weniger Kommunikationsprobleme als beim letzten Manöver und
die Reaktionszeiten verringerten sich langsam aber sicher. Trotzdem hatte er nicht übertrieben,
gefechtsbereit war die Dauntless lange noch nicht.
„Sir, neuer Kontakt, Bogey auf Parallelkurs zu Tango 1. Geschwindigkeit 445.“
Gonzalez entsicherte den hinteren SM2 Werfer.
„O’Keefe, Waffe ist frei, Feuer auf maximale Distanz eröffnen.“
„Aye, Sir.“
Auch der zweite Abschuss gelang und langsam bekam Gonzalez das Gefühl, dass das System doch
noch zu gebrauchen war.
Gonzalez griff zum Mikrofon.
„Achtung, hier spricht der Captain. Gute Arbeit, Leute. Die Arbeit der letzten Tage hat sich bezahlt
gemacht. Wir machen jetzt noch eine simulierte Schicht und dann geht es zurück zu Station. Ich
möchte nocheinmal volle Konzentration sehen. Ende der Durchsage.“
Dann nickte er Turner zu, der das nächste Übungsprogramm startete. Diesmal sollte die Dauntless ihre
Fähigkeiten unter vollem Schub und in engen Turns zeigen und gleichzeitig imaginäre Flieger
abwehren.
Gonzalez überlies die Übung wieder weitesgehend den Abteilungen und beschränkte sich darauf,
kurze Anweisungen zu geben, um zu schauen, wie selbstständig seine Untergebenen arbeiteten.
Überdies wurden so Stärken und Schwächen besser verdeutlicht.
Plötzlich ging ein Alarm los. Das Display vor Gonzalez zeigte sofort, dass etwas nicht in Ordnung
war. Der Maschinenraum meldete schwere Probleme.
„Achtung, hier spricht der Captain, Übung abbrechen, Schadenskontrollteams in den Maschinenraum.
Maschinenraum, sofort melden.“
„Hier Lieutenant Singer, Sir, wir haben starke Rauchentwicklung, außerdem laufen die Reaktoren
heiß.“
„Notabschaltung einleiten. Riskieren Sie nichts, ich will nicht, dass uns die Maschinen um die Ohren
fliegen. Geben Sie Schutzanzüge aus und untersuchen Sie die Angelegenheit.“
„Ayeaye Sir.“
Gonzalez steckte angewidert seine Zigarre in den Ascher und fluchte.
„Warren, gehen Sie zum Maschinenraum und unterstützen Sie den Lieutenant. Ich will einen zügigen
Bericht.“
Sein XO nickte und eilte von der Brücke.
„Quinn, Funkspruch an die Station: Melden Zwischenfall im Maschinenraum. Technischer Defekt von
bisher nicht geklärten Ausmaß. Schlepper bereithalten, falls wir nicht von selbst wieder flott werden.“
Dann starrte Gonzalez auf sein Display und wartete.
Eine halbe Stunde später meldete sich Turner.
„Sir, wir haben das Problem gefunden, ein Kühlkreislauf war undicht. Der Maschinenraum wurde
leicht kontaminiert, ich habe bereits alle Betroffenen auf die Krankenstation geschickt. Die nötigen
Ersatzteile haben wir an Bord, in 90 Minuten können wir die Maschinen wieder starten, allerdings
wohl keine Volllast, weil das ein wenig riskant erscheint.“
„Ok, für Sie gilt dasselbe wie für Singer, vorsichtig agieren, ich will nicht, dass die Mannschaft
verstrahlt wird oder sonstwas passiert.“
„Aye Sir.“
Nach zwei Stunden waren die Reaktoren wieder unter 60prozentiger Last und die Dauntless konnte
langsam, aber ohne fremde Hilfe die Station anlaufen, wo bereits die Ingenieuere von B&V warteten.
Derweil hatte der Arzt der Dauntless Entwarnung gegeben. Die Strahlendosen waren nur sehr gering
gewesen. Weniger beruhigend war die Tatsache, dass offensichtlich nur die Notabschaltung ein
größeres Desaster verhindert hatte. Gonzalez fragte sich langsam ernsthaft, ob er sich mit der
Dauntless in absehbarer Zeit in ein Gefecht trauen konnte.
**************************************
Die Zähne zusammengebissen und mit durchgedrücktem Rücken marschierte Kano in Richtung
Krankenstation. Seine Stiefel hämmerten einen wütenden Trommelwirbel auf dem metallenen Flur.
Den Schmerz, der dabei in seinen dröhnenden Schädel schoß, ignorierte er – ja er hieß ihn
willkommen. Immerhin lenkte er ab. Nur die Tatsache, daß der Gang nicht leer war und seine
Erziehung hielten Kano davon ab, laut zu fluchen. Auf sich, auf Kali oder auf einfach Alles.
Als sie am Morgen im selben Bett, genauer Kalis Koje, aufgewacht waren, war Kano zuerst etwas
verwirrt gewesen, wahrscheinlich eine Folge des Alkoholkonsums. Dann hatte er sich allerdings
wieder an den vorherigen Abend – und die Nacht erinnert. Kali offenbar auch.
Sie hatte ihn zwar nicht gerade hochkant hinausgeworfen, aber er hatte ihre Anspannung gespürt.
Keiner hatte dem anderen angesehen, als sie sich anzogen. Und dann hatte sie ihm an den Kopf
geknallt, er solle sich „deswegen“ nicht zu viel einbilden!
Ein paar Augenblicke hatte er ziemlich sprachlos dagestanden. Er hatte einfach nicht gewußt, was er
hätte antworten sollen. Also hatte er sich einfach umgedreht und war gegangen.
Wenn er jetzt zurückdachte verspürte Kano den Drang jemanden zu ohrfeigen. Kali vielleicht – vor
allem aber sich selber.
Erst hatte er Kali von Ängsten und Befürchtungen erzählt, die er sogar vor sich selber nicht hatte
eingestehen wollen. Auch wenn sie sich daran anscheinend nicht gestoßen hatte... . ,Das war mein
erster Fehler!‘
Und danach... . ,Wir waren beide betrunken. Na und? Das war noch nie eine Entschuldigung!
Bedauern... . Nein ich bedauere es nicht. Aber Helen schon, wie es aussieht. Und wenn das unsere
Freundschaft ruiniert hat – dann kann ich es auch nur bedauern. Verdammt! Ich hätte nicht einfach
verschwinden sollen! Hätte ich nicht? Und WAS hätte ich sagen sollen?! Verdammt!‘
Seine scheußliche Laune besserte sich nicht gerade, während Dr. Hamlin – mißgelaunt wie immer –
unter dem Verband herumstocherte und über Piloten klagte, die ihre Gesundheit für eine Schande
hielten und den „Löwen“, das Verwundetenabzeichen, gleich mehrfach verdienen wollten.
Als Hamlin ihn allerdings spöttisch fragte, ob er denn den Aufenthalt auf Perseus genießen würde,
zuckte er zusammen und mußte an sich halten, um den Doktor nicht zu sehr anzufahren.
Dennoch war seine Stimme pures Eis: „Das ist wohl meine Sache Doktor. Oder hat das mit der
Wundversorgung zu tun? Ansonsten respektieren Sie bitte mein Privatleben, wie ich das Ihre!“
Der Doktor hatte ihm ins Gesicht gesehen, geschnaubt – weitere Bemerkungen aber unterlassen.
Abschließend hatte er es sich allerdings nicht verkneifen können: „Wenn Sie in Ihrem ‚Privatleben‘
keinen Mist bauen, dann können Sie vielleicht bald wieder in den leichten Dienst. Und wenn Sie sich
wieder in Fetzen schießen lassen können, sind Sie vielleicht nur noch unerträglich.“
Kano hat sich auch jetzt eine Antwort gespart und war grußlos gegangen. Diesmal tat es ihm
allerdings anschließend nicht leid.
Sein Quartier war leer. Kanos letzter Zimmergenosse – Jim „Hawkeye“ Miller – war auf der letzten
Feindfahrt gefallen. Mit seinem neuen Nachbar George „Blackhawk“ Lincoln hatte er noch keinen
großen Kontakt gehabt. Er war momentan nicht anwesend. Das war Kano nur recht. Momentan war
ihm nicht nach Gesellschaft zu Mute.
Er warf sich in seine Koje und starrte zur Decke. Hätte es in der Kabine Kameras gegeben, dann hätte
ein Zuseher Kano nicht viel ansehen können. Doch hinter dem zu einer Maske erstarrten Gesicht
arbeitete es.
Er fühlte sich einfach gräßlich. Zu den Auswirkungen des Katers kam ein Wirrwarr von Gefühlen und
Emotionen, die er nicht einmal selber einordnen konnte.
Hätte er die Möglichkeit gehabt, dann hätte er jetzt einen Simulatorkampf gesucht. ‚Oder vielleicht
einen Marine herausgefordert. Auch nicht viel dümmer, als was ich sonst getan habe!‘
Doch das war momentan unmöglich, solange er sich wegen der Verwundung wie ein halber Krüppel
benehmen mußte. In Gedanken bedachte er Dr. Hamlin mit ein paar häßlichen Zunamen.
Aber das brachte ihn nicht weiter. ‚Die meisten Probleme in letzter Zeit habe ich mir eingehandelt,
weil ich zu viel gedacht habe!‘
Schließlich hatte er einfach genug davon, sich selbst zu bemitleiden. Das brachte ihm nichts, er fühlte
sich eher noch schlechter. ‚Also sollte ich mir etwas zu tun suchen!‘
Zuerst schluckte er ein paar Tabletten, die angeblich gegen Kopfschmerzen halfen. Dann kippte er sich
ein paar Handvoll kaltes Wasser ins Gesicht. Das half tatsächlich etwas. Anschließend wechselte er
die Kleidung, legte die schmucklose graue Techkombination an, die er bei Arbeiten an seinem Jäger
benutzte. Die prunkvolle Ausgehuniform hätte er am liebsten in den Spind gepfeffert. Statt dessen
legte er sie so sorgfältig wie möglich zusammen.
Auf dem Weg zum Jägerhangar war ihm jedenfalls nichts anzumerken. Nur wer ihn gut kannte, dem
wäre vielleicht eine gewisse Steifheit in seinen Bewegungen aufgefallen, ein harter Zug um den Mund.
Im Hangar ging die Arbeit ihren gewohnten Gang. Auf den Katapulten standen – auch hier „im Hafen“
– kampfbereite Maschinen. Das war eine der strikten Sicherheitsmaßnahmen – wie etwa auch, daß
mindestens die Hälfte der gesamten Raumeinheiten kampfbereit sein mußten. Diese Regeln wurden
gerade jetzt penibel befolgt.
Kanos Jäger gehörte – natürlich – immer noch zur „anderen Hälfte“. Immerhin mußten praktisch beide
Flügel neu montiert und die Elektronik und Sensorik generalüberholt werden.
Gerade wurde der rechte Flügel montiert. Unwillkürlich starrte Kano auf seinen rechten, bandagierten
Arm. Die Ironie ließ ihn fast grinsen. Allerdings würde es bei seinem „rechten Flügel“ noch eine
Weile dauern... .
Die Techs ignorierten ihn fast vollständig, nur einer nickte ihm knapp zu – mehr die Bestätigung, daß
er zur Kenntnis genommen wurde, als ein Gruß.
Sie ignorierten ihn auch, als er etwas näher trat um die bisher geleistete Arbeit zu begutachten. Der
Rumpf sah praktisch wie neu aus. Das Cockpit allerdings war fast vollständig ausgeschlachtet worden.
Daß man eine so schwer beschädigte Maschine überhaupt wieder in Stand setzte, hatte mehrere
Gründe. Zum einem machte es sich einfach in der Statistik besser, eine reparable, statt eine irreparable
Maschine aufzuführen. Ein Trick, die eigenen Verluste gering zu reden. Und außerdem – außerdem
waren in diesem Krieg die Ressourcen ohnehin angespannt. Nach den horrenden Verlusten der ersten
Schlachten sparte die Navy wo nur möglich.
Momentan jedenfalls wirkte der Jäger ziemlich unbeholfen, ohne die tödliche Eleganz, die eine
Typhoon im Raum bewies.
Als Kano sich umdrehte stand Kali hinter ihm. Wie gestern - doch trug sie heute wie er eine schlichte
Techuniform. Die Erinnerung an den gestrigen Abend ließ Kano das Blut ins Gesicht schießen, was
ihn ärgerte.
Allerdings ging es Kali offenbar nicht besser, wenn auch ihre dunklere Haut dies etwas kaschierte. Sie
sah ihn zuerst nicht an, blickte ihm aber dann doch in die Augen: „Hallo Kano.“
„Hallo Helen.“ Seine Stimme war ausdruckslos und distanziert – aber das kostete ihm Einiges.
Doch davon ließ sie sich jetzt nicht verunsichern: „Wir müssen reden. Kano... .“
‚Zu den oni!‘ Er fühlte, wie die Ruhe in seiner Stimme bröckelte: „Reden? Ja, natürlich. Wo... .“
„Jedenfalls nicht hier. Komm schon.“
Die Techs beobachteten sie nur aus den Augenwinkeln. Erst als sie außer Hörweite waren bemerkte
ein älterer Sergeant nachsichtig: „Na ja – Kinder halt... .“
**********************************
Natürlich gingen sie nicht in Kalis Kabine. Und auch nicht in Kanos Quartier.
Kalis Ziel war einer der „Aufenthaltsräume“ an Bord – momentan natürlich leer, mit der Freizeit
hatten die meisten jetzt etwas Besseres anzufangen. Kali setzte sich an einen der Tische. Kano
überlegte kurz, dann setzte er sich auf die andere Seite, ihr gegenüber.
Kali hatte reden wollen. Aber eine ganze Weile sagte sie nichts, sondern starrte auf ihre Finger, mit
denen sie unschlüssig auf die Tischplatte trommelte. Und als sie einmal aufblickte, sah sie ihn nicht
an. Kano ging es allerdings nicht unbedingt besser.
Sie brach zuerst das unbehagliche Schweigen: „Hör mal Kano. Das – gestern... .“
„Ich weiß, ich soll mir nichts darauf einbilden.“ Auch in Kanos Ohren klang seine Stimme gepreßt.
Kali zuckte leicht zusammen, murmelte etwas Unverständliches. Dann: „Schon gut, schon gut, das
war eine dumme Bemerkung.“
Kano zögerte kurz: „Auch von mir. Entschuldige bitte.“
Kali zuckte unbehaglich mit den Schultern: „Vergessen wir das O. K. . Aber trotzdem. Also ich wollte
damit nicht sagen, daß ich jeden abschleppe, mit dem ich einen heben gehe...“
‚Das habe ich auch nicht gedacht.‘ Aber Kano schwieg vorerst.
„...aber – ach verdammt!“ Kalis Stimme wechselte zu einem bemüht ironischen Ton: „Nicht das du
gleich die Hochzeitsgäste bestellst!“
Jetzt mußte er doch lächeln, als sie ihn bei diesen Worten ansah. Irgendwie löste das ein wenig die
Spannung. Kalis Stimme war jetzt etwas ruhiger: „Ich meine – ich mag dich. Du bist ein Freund, ein
guter Freund. Du hast mir geholfen, als es mir mies ging. Du warst für mich da. Aber ich weiß nicht...
ich weiß nicht, ob ich jetzt unbedingt diesen Wechsel in unserer Freundschaft will. Ich meine, ich will
nur mal mit dir essen gehen, mich unterhalten – und BANG, am nächsten Morgen wachen wir in der
selben Koje auf. NEIN, ich gebe jetzt nicht dir die Schuld...“ ,sie stockte kurz, „jedenfalls nicht nur
dir. Aber das hatte ich eigentlich nicht vor.“ Sie blickte ihn an und runzelte die Stirn: „Du könntest
dich ruhig auch mal beteiligen.“
„Das hatte ich auch nicht vor.“ ‚Soweit habe ich nicht gehofft... .‘ „Und du bist auch für mich ein guter
Freund gewesen. Mehr als ein Freund. Ich... .“ ‚Ich liebe dich.‘ Aber irgend etwas hielt Kano davon
ab, dies zu sagen. Nicht, daß er sich schämte – aber er fürchtete Kalis Reaktion. Nachdem, was sie
gesagt hatte... . Er räusperte sich und schluckte die Worte herunter, die ihm auf der Zunge lagen. ‚Ich
habe ihr schon genug aufgebürdet. Und wenn sie es so sieht… .‘ Aber eine Frage konnte er doch nicht
herunterschlucken: „Bedauerst du es?“
„Ich – ich weiß nicht. Nein, ich glaube nicht. Aber ich weiß nicht, ob es RICHTIG war. Jetzt und hier.
Ich weiß nicht... .“
‚Ob es an Ace liegt?‘ Kano fühlte Groll in sich hochsteigen. Es wäre einfach gewesen, die ganze
Unsicherheit auf das immer noch ungewisse „Dreieck“ abzuladen. ‚Zu einfach. Jenseits der Schlacht –
ist nichts mehr einfach gewesen. Und das hier ganz bestimmt nicht.‘
Seine Stimme klang ungewöhnlich rauh: „Ja – nun. Ich verstehe. Und das heißt?“
„Mach es mir doch nicht so schwer! Also ich denke einfach, das war irgendwie – etwas zu früh. Das
hatte ich nicht so geplant.“
‚Ich auch nicht Helen.’ „Ich – verstehe… .“ ‚Obwohl ich damit lüge.’ „Und was nun? Ist damit unsere
Freundschaft auch erledigt?“ Kano bemühte sich, den verletzten Ton aus seinen Worten
herauszudrängen, der ihm kindisch vorkam.
„Auf keinen Fall! Aber darüber hinaus – nun… .“
Kano hatte ein Einsehen. Auch wenn es ihm schwer fiel. Daß Kali sich so quälte wollte er aber
bestimmt nicht. „Also Freunde. Aber…“ , seine Ehrlichkeit siegte, „…einfach so tun, als wäre nichts
geschehen? Willst du das? Das kann ich nicht versprechen.“
Sie seufzte etwas frustriert: „Das will ich auch nicht. Das wäre idiotisch. Es IST etwas geschehen.
Aber was nun wird…“ ,sie schüttelte unsicher den Kopf, schob es erst einmal beiseite, „…also
Freunde.“
Das Lächeln, das sie einander zukommen ließen war eher halbherzig und nervös. Dann, mit dem
Verweis auf eine Übung ihres Schwadrons erhob sich Kali.
Aber sie gaben sich die Hände zum Abschied und das war, fand Kano, ein Schritt in die richtige
Richtung.
Nachdem Kali gegangen war sah er noch eine Weile da und starrte grüblerisch auf die Tür, durch die
sie verschwunden war. ‚Freunde? Nun vorerst. Für mich bist du aber nicht nur ein Freund, Helen.
Schon lange nicht mehr.'
*********************************
Sorgfältig schloß ich die weiße Uniformjacke. Ich strich über die Aufschläge, die Säume und prüfte
den Sitz der Bügelfalten.
Kurz warf ich einen Blick auf die Schuhe. Sie waren so neu, sie glänzten gut genug, um mich drin zu
spiegeln.
Mit eisiger Ruhe zog ich das Paar weißer Handschuhe an.
„Willst du das wirklich durchziehen, Ace?“ fragte Pinpoint. „Es ist doch nur Radio.“
Ich griff zu meiner Schirmmütze, sah in den Spiegel und setzte sie so gerade auf wie irgend möglich.
Dann sah ich kurz zu meinem Zimmernachbarn herüber. „Richtig. Und genau das ist das Problem. Er
kann ja von mir aus eine Klatschtante sein. Aber er soll Feinde mit seinem Jäger töten, nicht
Kameraden oder Vorgesetzte mit Gerüchten. Wenn er den Unterschied selbst nicht kennt, werde ich
mein Möglichstes tun, um es ihm beizubringen.“
Einen kurzen Moment wankte ich in meiner Meinung. „Thomas, ich weiß, auch für mich könnte ein
Ehrengericht einberufen werden. Alleine schon mein Umgang mit Ry Hallas würde dies rechtfertigen.
Das dies nicht geschehen ist, muss an unserem Esprit de Corps liegen. Wie sieht es bei dir aus? Was
ist mit deinem Esprit de Corps? Wirst du das Urteil des Ehrengerichts annehmen, egal wie es
ausfällt?“
Pinpoint sah mir lange in die Augen. „Ja, Ace, verdammt, ich nehme das Urteil an.
Aber, Ace, was ist mit dir? Nimmst du das Urteil an, egal, wie es ausfällt?“
„Du spielst auf einen Freispruch an? Ja, ich werde es dann akzeptieren. Auch wenn es mir schwer
fällt.“
Pinpoint nickte. „Und dann? Wenn Du deine Rache hattest? Was dann?“
Ich schüttelte den Kopf, trat zu Pinpoint und legte ihm beide Hände auf die Schultern. „Thomas, ich
mache das doch nicht für mich. Ich bin geborener Raumfahrer. Ich wurde mit Gerüchten von der
Muttermilch entwöhnt. Mir macht das nichts aus. Radio kann über mich erzählen, was immer er will.
Als ich noch mit Kali eine Kabine bewohnte, hatte Radio einen Wettpool eingerichtet, wann Kalis
Schwangerschaft bekanntgegeben würde. Glaub ja nicht, ich weiß das nicht. Aber die Superlative
seiner Gerüchte entlarven ihn.
Nur diesmal ist ein Mann gestorben. Und ein anderer guter Mann muss für einen Fehler gleich dreimal
büßen.
Einmal mit seinem Gewissen, einmal mit seiner Karriere und einmal mit Radio, der nichts besseres zu
tun hat, als sich intensiv auf ihn einzuschießen.
Du als sein Flügelmann müsstest mich eigentlich verstehen.“
„Lone Wolf mag dich nicht, Ace“, platzte es Pinpoint heraus.
Ich nahm die Arme weg, sah dem Freund und Zimmernachbarn ins Gesicht. „Das ändert nichts. Wenn
ich hätte arschkriechen wollen, hätte ich Radio bei Yamashita angeschwärzt.
Es ist einzig der Esprit de Corps, der hier auf dem Scheideweg steht.“
Ich drehte mich um und ging zur Tür. Dort verharrte ich kurz. „Ich habe von deinem Rendezvous mit
Lilja im Kino gehört. Respekt, Kleiner. Sie in eine Dunkle Ecke zu schaffen und zu überleben hätte
ich mir nicht zugetraut. Soll ich deinem Schatz was ausrichten?“
Ein bitterböser Fluch begleitete mich auf dem Weg den Gang hinunter. Ein Grinsen huschte über mein
Gesicht. Hatte Thomas Andrews etwa Chancen bei der eiskalten Russin? Wenn ja, sollte ich als guter
Freund aufhören, meinen privaten Zwist mit ihr zu führen.
Nach einigen Minuten traf ich in der Messe ein. Ich war der Erste. So hatte ich es geplant. Die Messe
war leer, bis auf einen Tisch und sechs Stühle.
Fünf Stühle standen hinter dem Tisch, einer weitab vor dem Tisch mit der Lehne zur Tür. Dort würde
Radio Platz nehmen und Rede und Antwort stehen.
Drei Minuten nach mir traf Lilja ein. Sie salutierte korrekt, ich erwiderte den Gruß.
„Du bist zu früh, Lilja.“
„So wie du, Ace.“
Ich trat hinter den Tisch und rückte den mittleren Stuhl ab. Lilja kam um den Tisch herum und nahm
Platz.
Kurz darauf trat ein weiterer Offizier ein. Brawler von den Jaguars. Wir salutierten uns zu und ich bot
ihm den linken Platz neben Lilja an.
Darauf folgte Seeker von den Mirages. Die junge Second Lieutenant, so hieß es, konnte nichts mehr
erschüttern, weil sie bereits alles gesehen hatte – einschließlich Chief Cutter nackt.
Ich bot ihr den rechten Platz neben Lilja an.
Merkur trat ein. Der Pilot aus der Staffel Blau musterte mich kurz irritiert. Nein, meine Haare,
korrigierte ich mich. Andrea Morelli gehörte wie alle anderen im Raum zu den Veteranen der
REDEMPTION.
Radio war einer von uns. Die Neuen von der MARY oder die Grünspechte der Akademie, die nun
nach und nach über die RED hereinträufelten ging die Sache nichts an.
Merkur bekam den Platz Rechtsaußen.
„Wir sind vollständig“, stellte ich fest. Ich nahm linksaußen Platz und setzte meine Schirmmütze ab.
„Offizierskameraden. Dieses Ehrengericht untersteht First Lieutenant Tatjana Michailowa
Pawlitschenkow. Sie wird die Verhandlung führen.
Ich wiederhole noch einmal, wir sind nicht berechtigt, eine Haftstrafe auszusprechen oder einen
Verweis in die Akte von First Lieutenant Curtiss Long eintragen zu lassen.
Dies ist ein außerordentliches Ehrengericht, in dem Lieutenant Long wegen einem außerordentlichen
Delikt angeklagt ist: Bruch des Esprit de Corps.
Entsprechend sollte unser Urteil aussehen.
Andererseits braucht Lieutenant Long von dieser Einschränkung nichts zu wissen.“
Die anderen vier Piloten sahen mich an. Nacheinander nickten sie.
Ich sah kurz auf meine Uhr. „Es ist Zeit.“
Die Verhandlung begann.
Kurz darauf trat Radio ein.
**********************************
Radio saß in seiner Kabine.
Zu zweiten mal hatte er die Pistole auseinandergenommen und wieder zusammen gebaut. Er trug
einfache Bluejeans und ein grelles Hawaii-Hemd.
"Ehrengericht was? Ich werds Euch Pissern schon zeigen." Er lud die Pistole und entsicherte sie. Kurz
darauf sicherte er sie wieder und nahm die Energiezelle hinaus. Das schwere matschwarze Metall
wirkte beruhigend.
Er lehnte sich zurück und ließ seine Gedanken schweifen.
*
Er war auf Luna, Lunacity. Kurz bevor er zur Marsakademie aufbrechen würde, 18 Jahre alt. Sein
Vater führte ihn in eine Kapelle der Raumfahrerkirch.
Nach einer Weile des Schweigends vor dem Altar bat sein Vater: "Schwöre es."
"Dad, nicht, ich ..."
"Bitte Curtis, es ist so Tradition in unserer Familie, leißte den Schwur." Die Stimme seines alten
Herren war eindringlich.
"Ich will nicht ... ich werde ihn nicht halten können."
Sein Vater packte ihn an den Schultern: "Du wirst es schwören und Du wirst weder Mutters, noch
meine Erwartungen entteuschen, bitte, schwöre es. Er wird Dir die Kraft geben."
Lange starrte er in die klaren grauen Augen seines Vaters. Das Gesicht zeigte langsam aber sicherlich
die ersten Anzeichen von Alter, Fältchen hatten sich um die Augen eingebrannt.
Er seufste: "Ich ... ich Curtis Dwight Long schwöre hier im Angesicht Gottes, des Universums, unser
aller Herr, all mein Streben dahin auszurichten ein guter Soldat zu sein. Der Bundesrepublik Terra in
Treue zu dienen.
Und meine persönliche Verantwortung für den Schutz ihrer Verfassung, Kolonien und Bürger zu
tragen, so gut ich es vermag.
Ich schwöre der Navy die Treue zu halten, ihre geschriebenen wie auch ungeschriebenen Traditionen
zu achten, zu ehren, zu stützen und zu verteidigen.
Bei meiner unsterblichen Seele gelobe ich die Fackel der Tradition aufzunehmen und weiterzuführen.
Bis zu dem Tag an dem mich unser Herr zu sich beruft und über meine Taten richtet.
So wahr mir Gott helfe."
Der unerschütterliche Stolz, den die Augen seines Vaters verbreiteten, konnte kaum den nahezu
körperlichen Schmerz abmildern, den Curtis zu diesem Zeitpunkt verspührte.
*
Radio schreckte auf. "Die geschriebenen und ungeschriebenen Traditionen der Navy zu achten, zu
ehren, zu schtützen und zu verteidigen", murmelte er, "verdammt, verdammt, verdammt. Du hast
diesen Schwur doch schon am ersten Tag in der Akademie gebrochen, warum machst Du Idiot Dir
darüber Gedanken."
Langsam ging er auf und ab, schließlich zu seinem Spind.
Als er die Tür öffnete blickte ihm das strenge Gesicht seines Vaters auf einem Foto entgegen.
"Du Arschloch, Du hast gewonnen", fauchte er das Bild an.
Er zog Bluejeans und Hawaii-Hemd aus.
Als erstes holte er das langärmlige weiße Uniformhemd erhaus und zog es an. Beim Knöpfen ließ er
sich lange Zeit. Dann strich er nochmal über die Rangabzeichen, die auf den Schulterklappen steckten.
Zwei goldene Streifen und ein Stern auf schwarzem Grund.
Die Kravatte war schnell gebunden. Nachdem er mit der Fusselbürste über die Uniformhose gegangen
war, wurde auch diese angezogen.
Selbiges Verfahren erwartete die Jacke. Schnell wurden die Ordensspangen überprüft: 2
Sportabzeichen, Raumfahrtabzeichen, Raumkampfabzeichen, Verwundeter Löwe in Silber und Flying
Cross in Bronce.
Die Schuhe waren zum Glück sauber. Nach einem Blick in den Spiegel klemmte er sich die weiße
Schirmmütze unter den Arm und marschierte los.
*
Stolz erhobenen Kopfes trat er in die Vorbereitete Messe.
Es erstaunte ihn, Lilja anzutreffen. Er wusste keine Möglichkeit wie Blauhaar die Eisprinzessin zu
irgendetwas überreden könnte. Gab es da doch etwas tiefergehendes zwischen den beiden?
"Lieutenant Curits Dwight Long erscheint wie gewünscht, um sich seinen Offizierskameraden
gegenüber zu verantworten."
Lilja nickte ihm zu: "Sie wissen warum Sie hier sind Lieutenant?"
"Nein, nicht wirklich Lieutenant."
"Sie werden beschuldigt, durch Ihr unkollgiales Verhalten und Verbreitung von Gerüchten und
Halbwahrheiten, die Atmosphäre im Geschwader zu vergiften und einen Pilotenkameraden in ersthafte
Schwierigkeiten gebracht zu haben."
Radio nichte und Lilja fuhr fort: "Bitte schildern Sie die Ereignisse, wie sich die Informationen über
den Eigenbeschuss eines Frachters verbreiteten."
Langsam und schlich erzählte er seine Sichtweise, angefangen, von dem feucht-fröhlichen Abend mit
diesem Computer-Offizier, bis hin zu der unerklärlich schnellen Verbreitung der Geschichte. Namen
nannte er keine, da er weder den Namen des Computer-Offizier, noch des anderen Piloten mehr
wusste, die mit ihm gezecht hatten.
Lilja wollte ihn gerade entlassen, doch er kam ihr zuvor: "Lieutenant, ich möchte etwas vorbringen,
was durch die bloßen Fakten nicht zutage tritt"
Lilja nickte und er erhob sich in lockere Rührt-Euch-Stellung.
"Ich schwöre feierlich, die Bundesreupblick Terra, ihre Verfassung und ihre Bürger zu schützen und
zu stützen.
Die Befehle meiner vorgesetzten Offiziere sowie den mir vorgesetzten zivielen Behörden zu befolgen.
Mut, Ehrlichkeit und Treue sollen meine Tugenden sein.
Ich werde die Bundesrepublik, ihre Kolonien und assozieierten Terretorien gegen jeden Feind - ob von
innen oder von außen - verteidigen.
Ihre Gesetze werde ich als heilig betrachten.
So wahr mir Gott helfe."
Radio brachte den Offizierseid der Streitkräfte flüssig rüber. Er kannt ihn seid seinem siebten
Lebensjahr auswendig.
"Ehrlichkeit, scheint etwas zu sein, was einen Offizier ausmacht, sonst würde es nicht im Eid
auftauchen.
Doch wurde nicht der Eid gebrochen, als die ganze Geschichte unter den Tisch gekehrt wurde?
Warum brach man etwas heiliges wie einen Eid?
Sicherlich geschah es, um den Ruf des Geschwaders zu schützen. Ja, einer von uns tötete
unbeabsichtigt dreißig terranische Zivilisten." Seine Stimme war leise und bedächtig, doch dann
donnerte sie los: "Da ist es wirklich besser es zu verschleihern, statt darin rumzubohren, es ging ja um
unseren Ruf und so ein Altairfrachter bringt eine Menge Tonnage für unsere Abschussliste.
Doch über was werden wir als nächstes den Mantel des schweigens werfen? Was ist, wenn nächsten
Monat einer von uns fällt? Hat es ihn dann etwa nie gegeben, damit wir uns nicht mit der Wirklichkeit
auseinandersetzen müssen?" Wieder sank seine Stimme und er fixierte Lilja. "Niemand, wirklich
niemand, ob nun einer unserer Kammeraden, der im Höllenfeuer der Akariigeschütze erlischt oder ob
es nun ein paar Zivilisten sind, die einem tragischen Unfall zum Opfer fallen - niemand hat es
verdient, dass wir ihn vergessen. Dort draußen allein zurücklassen."
Sein Blick wanderte über die fünf Richter, nein, die vier Richter und den Bastard Ace: "Vielleicht
wäre es für einige Leute besser und einfacher gewesen, wäre die Wahrheit begraben geblieben, doch
hätte mein Eid mich nicht sowieso verpflichtet es zu melden?"
***

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

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03.11.2015 22:05 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Gewissen
Der Akariijäger wich elegant den feindlichen Schüssen aus. Energielanzen durchschnitten die
Schwärze des Raumes, tauchten ihn in tödliches Licht. Dann, auf einmal, wirbelte der Bloodhawk
herum. Die verfolgende Typhoon reagiert eine Sekunde zu spät – im Feuer der Bordgeschütze der
Alienmaschine verging sie.
Lilja flucht, kurz aber deftig. Der Bildschirm wurde schwarz und ein kleines Kästchen mit der
Inschrift „Shoot Down“ erschien – was ihre Laune nicht eben verbesserte. Als bräuchte sie eine
verdammte Maschine, um zu erkennen, daß sie verloren hatte. Wütend riß sie sich den Simulatorhelm
vom Kopf und unterbrach so die Verbindung zu ihrem Wingkameraden. Sie klappte die Kabine auf
und sprang heraus. Der Simulator neben ihr öffnete sich, und Perkele zeigte sein Gesicht: „Lilja! Das
ist das vierte Mal! Was zum Teufel ist denn mit dir los?“ Im Gegensatz zu den meisten anderen
Piloten – oder Menschen mit einem funktionierenden Gefahreninstinkt und Selbsterhaltungstrieb –
ließ er sich durch die mörderische Miene der Russin nicht einschüchtern. Für einen Augenblick schien
sie mit dem Gedanken zu spielen, RICHTIG wütend zu werden, aber dann entkrampfte sich ihr
Gesicht – es wirkte nun beinahe verlegen und bedauernd: „Tut mir leid. Ich kann mich einfach nicht
konzentrieren.“ Sie sagte aber nicht, warum. Der Finne grinste: „Na, Liebeskummer oder Eifersucht
schließe ich bei dir mal aus. Oder etwa doch?“ Das brachte ihm sofort wieder einen arktischen Blick
ein, was ihn freilich wenig störte.
Sie winkte nur ab: „Persönliche Probleme. PERSÖNLICHE. Machen wir Schluß für heute. Ich werde
versuchen, einen klaren Kopf zu bekommen.“ Sie grinste schief: „Morgen um Sieben hier – dann
holen wir es nach, in Ordnung? Hast du halt heute mal frei.“ „Danke, Frau Lehrerin. Und grüß deinen
Freund.“ Er lachte und hob die Hände, als sie mit dem Simulatorhelm ausholte, als wollte sie ihm
dieses wertvolle Stück Technik an den Kopf werfen. Dann ging er. Lilja konzentrierte sich noch einen
Augenblick auf ihre Wut – mehr aus Gewohnheit. Es half natürlich nichts. Schließlich war nicht ihr
Kamerad der Grund für ihre schlechten Leistungen und Laune. Und es wäre falsch, diese an ihm
auszulassen.
Ihr war sehr wohl klar, was sie quälte. Ace. Warum mußte dieser Schwachkopf auch ausgerechnet zu
ihr kommen? Sollte er sich doch jemand anderen für seine Privatvendetta suchen! Sollte sie ihm
helfen? Seine Haltung war in DIESEM Fall vielleicht nicht falsch – auch wenn es ihr schwerfiel, dies
zuzugeben. Vor allem, da sie sich so ihre Gedanken machte, ob er nicht vielleicht andere Gründe hatte,
Radio anzuschwärzen. Sehr persönliche Gründe. Etwa, weil dieses Lästermaul mit dem größten
Vergnügen alle Aspekte von Ace’s Privatleben vor der Besatzung ausbreitete, soweit etwas darüber
herauszubekommen war. Hätte man das ihr gegenüber ähnlich gehalten, sie hätte Radio vermutlich
zusammengeschlagen. So wäre die Wut von Ace verständlich, aber kein Grund für ein Ehrengericht
gewesen. Ging es ihm um persönliche Rache oder um Lone Wolf?
Wenn letzteres der Fall, dann konnte sie dies billigen. Aber sollte sie mitmachen? War das ihrer
würdig? Sie war eine frisch beförderte Offizierin, es stand ihr kaum an, die Gesetzte der Navy
gegenüber ihren Bräuchen abzuwägen, nämlich, daß man einen Kameraden nicht verriet. Schon gar
nicht so. Beides zu verletzen war falsch. Wenn sie sich nicht korrekt verhielt, gab sie ein schlechtes
Beispiel – und beschämte damit die, die sie für würdig befunden hatte. Und was würde ihre Familie
von ihr denken, wenn sie erfuhr, daß Lilja, kaum befördert, ihren neuen Rang für ein illegales Gericht
mißbraucht hatte? Was aber, wenn sie sich weigerte, nur um keine Schwierigkeiten zu haben? War
DAS richtig? Sich nur deswegen um ihre Ehrenpflicht herumzudrücken, war auch nicht richtig. Vor
allem – sie schuldete Cunningham etwas. Sie war sicher, ihren neuen Rang verdankte sie ihm, und
auch den Orden. Zumindest hatte er es gegen die Einträge in ihrer Akte gebilligt. Sollte sie nicht
Vergeltung üben für das Unrecht, daß an ihm begangen worden war? Denn Unrecht war es in ihren
Augen. Unfälle passierten im Krieg. Und wenn diese dumme Gans Yamashida nicht gebohrt hätte,
dann wäre vermutlich der Selbstmord unterblieben, da war sie sich sicher. Sie kannte dieses Gesindel.
Verliebt in ihre Paragraphen, ohne die Umstände zu sehen. Es war KRIEG. Das erklärte vieles – und
daran mußte man denken, es nicht ignorieren wie diese törichten Nichtkombattanten.
Seit Ace mit ihr gesprochen hatte, trug sie diese Fragen mit sich herum. Sie konnte sich nicht recht
konzentrieren, war fahrig und unaufmerksam. Deshalb ihre miserablen Leistungen, ihre Wut darüber
und über ihre Unsicherheit. Wut auch auf Ace. Wenn dieser Mistkerl nun die Sache mit dem
Commander nur benutzte, um seine eigenen Rechnung mit Radio zu begleichen – nun, ein solches
Verhalten hätte sie mindestens so schäbig gefunden wie das von Radio. Natürlich sprach einiges dafür,
daß diese Plaudertasche wirklich Schuld daran hatte, daß der ganze dumme Zwischenfall
herausgekommen war und dieses Miststück von Yamashida mit ihrer bornierten Engstirnigkeit sich
darin verbissen hatte. Was sollte sie tun?
Ina war nicht da – sie nächtigte auf Perseus, so lange es ging. Schließlich war das erheblich bequemer.
Und sie ging nicht zum Militär, um eine reiche Frau zu werden. Warum sich nicht ein bißchen Luxus
gönnen, wenn schon die Möglichkeit bestand? Lilja leistete sich den Luxus seltener, ihr
Trainingsprogramm und die Arbeit mit Perkele spannte sie ziemlich ein. Außerdem hatte sie
schließlich eine große Familie, wo sie schon so gut verdiente – Raum- und Frontzulage, nicht
vergessen – war es ihre Pflicht, zum Beispiel ein paar nette Geschenke und Mitbringsel zu erwerben.
Und zuviel Entspannung, so fürchtete sie, könnte sie weich machen. Sie konnte also nicht mit ihrer
Kameradin sprechen. Sie DURFTE es auch nicht. Auch mit niemandem sonst von ihrem Kameraden.
Nicht mit Kano – der augenblicklich vermutlich andere Dinge im Kopf hatte. Aber auch nicht mit
Perkele, der war nicht zuverlässig genug in seiner Starrköpfigkeit. Nein, die Entscheidung mußte sie
selber treffen und die Konsequenzen tragen. Nun, sie wollte nicht überdramatisieren. Ein illegales
Ehrengericht war nicht unbedingt ein Kapitalverbrechen. Aber es würde den Commander zusätzlich
beschämen, und das konnte der gerade jetzt wohl am wenigsten gebrauchen.
Lilja aktivierte den Computer. Sie suchte eine Weile, bis sie die Bord-Mailadresse von Ace gefunden
hatte. Ihre Botschaft war einfach: „Einverstanden. Ich übernehme.“
Später
Ihre Laune war nicht die beste. Innerlich verfluchte sie Radio, Ace und Yamashida: ,Was für ein
Affenzirkus! Und das bloß, weil ein Idiot nicht sein Maul halten konnte, eine dumme Kuh sich
unbedingt profilieren mußte und ein zweiter Idiot denkt, er könne hier den großen Rächer spielen.‘
Lilja hatte große Übung darin, Unsicherheit und Verbitterung in Wut zu transformieren und griff
inzwischen fast automatisch zu diesem ,Spannungsabbauer‘. Es war immer so wohltuend, jemand
anderem die Schuld geben zu können, vor allem, wenn man dazu Grund hatte. Sie mied den Blick von
Ace und konzentrierte sich auf das, was auf sie zukam. Sie selber war herausgeputzt wie zur Parade.
Nicht, daß sie diesen Aufzug nicht schätzte. Es war sogar die Kleidung, die sie am schönsten fand –
schließlich war die Uniform gut geschnitten, und mit den Abzeichen und Orden sah man ihr die
Veteranin an. Sie gestand es sich nicht unbedingt selber ein, aber es erfüllte sie mit einem gewissen
Stolz auf sich selbst, und das war zumeist Balsam für die Wunden, die der Krieg in ihrer Seele
hinterlassen hatte. Vor allem, wenn sie daran dachte, wie stolz ihre Angehörigen auf sie seien würden,
wenn sie Lilja so sehen könnten. Sie war keine Heldin der Republik – oder nur ein bißchen – aber
doch eine verdiente Soldatin. Das alles ermöglichte ihr, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. So
harte sie der Dinge, die da kommen mochten.
Sie lauschte aufmerksam den Worten Radios. Sie berührten etwas in ihr - ohne Zweifel. Aber konnte
sie ihm glauben? War dies mehr als nur ein elender Versuch, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen?
Einmal mehr verfluchte sie im Stillen Ace, weil er die ganze Sache losgetreten hatte, mit Motiven,
über die sich sich im Zweifel war. Dieser verdammte Idiot. Sie mußte Entscheiden, was sie für richtig
hielt. Aber so leicht konnte sie ihn nicht davonkommen lassen.
Die Russin erwiderte kalt den Blick von Radio: „Wahre Worte, First Lieutenant. Und auch gute
Worte. Aber eines können Sie mir damit nicht erklären: Wenn Sie der Meinung sind, daß der
Zwischenfall nicht vergessen oder vertuscht werden dürfe – wieso haben Sie dann nicht Meldung
gemacht? Lassen Sie es mich schonungslos so ausdrücken – Sie haben den Ruf eines Schwätzers. Sie
gelten als jemand, der Gerüchte verbreitet, sie aufbauscht und weitererzählt. Ohne sich dabei darum zu
kümmern, ob Sie damit jemanden verletzen oder schaden. Ich denke, daß wissen Sie auch. Wenn Sie
der Überzeugung waren, daß eine Untersuchung unerläßlich wäre – wieso sind Sie dann nicht zur
JAG-Offizierin gegangen? Oder haben Sich mit Commander Cunningham auseinandergesetzt? Sie
haben vielmehr Gerüchte in Umlauf gesetzt – wie Sie es auch bei vielen anderen Gelegenheiten getan
haben. Bei denen Sie Privates, ob rufschädigend oder nicht, weitererzählten, Vermutungen anstellten
und so Kameraden und Vorgesetzte in Verdacht brachten. Ich gebe Ihnen soweit recht, daß niemand es
verdient, vergessen zu werden. Aber ich habe meine Zweifel, ob Ihre Motive wirklich derart lauter
waren, wie Sie es uns jetzt schildern. Oder ob Sie nicht einfach aus Unaufmerksamkeit und
Gedankenlosigkeit wieder einmal weitererzählten, was Sie wußten beziehungsweise vermuteten, ohne
Sich um die Folgen Gedanken zu machen. Ohne die Konsequenzen für Kameraden und Vorgesetzte zu
berücksichtigen. Ich möchte, daß Sie einmal darüber nachdenken. Die Antwort darauf können wohl
nur Sie sich selber geben. Aber zumindest in Ihrem Inneren sollten Sie ehrlich sein - falls Sie es hier
nicht sind. Warten Sie draußen, bis das Gericht eine Entscheidung gefällt hat.“
Radio verließ den Raum, schweigend. Ob ihre Worte ihn getroffen hatten ob sie zutrafen - das zeigte
er nicht. Aber das hatte sie auch nicht erwartet. Jetzt war es an ihr, zwischen Schuld und Unschuld
abzuwägen, gemeinsam mit den anderen. Sie überdachte kurz das Gehörte. Lauschte sie ihrem Herzen,
so blieb ihr persönlich kaum eine Wahl. Als Richterin durfte sie sich nicht von persönlichen
Antipathien leiten lassen.
Lilja fixierte die anderen Richter: „Ich stimme für eine Verwarnung, aber gegen ein Urteil. Was First
Lieutenant Long gesagt hat, hat einen wahren Kern. Ich habe gewisse Zweifel, daß dies zum Zeitpunkt
der Weitergabe dieser Gerüchte seine wirklichen Motive waren. Aber es ist mir nicht gegeben, die
Gedanken anderer Menschen zu lesen. Auch wenn wir die Art seines Handeln verurteilen können –
wenn dies das Motiv war, halte ich eine Verdammung für fragwürdig. Im Zweifelsfall, wenn ich mich
nicht irre, soll man für den Angeklagten entscheiden. Und dieser ist unschuldig bis zu einem
schlüssigem Beweis. Einen solchen sehe ich hier nicht. Wir können nur aus einer Schuldvermutung
heraus urteilen. Und dies brächte uns selber in Verlegenheit. Denn die von uns – ich schließe mich da
nicht aus – die bereits einmal Ziel von Gerüchten waren, die First Lieutenant Long weiterverbreitete,
wollen doch wohl nicht den Eindruck erwecken als ginge es darum, hier alte Rechnungen zu
begleichen und unter dem Mantel eines Ehrengerichtes Rache zu nehmen. Die Traditionen der Navy
verlangen, daß wir dieses Gremium rein halten von persönlichen Antipathien und persönlichen
Kränkungen. Aber wir sollten den Angeklagten daran erinnern, daß er seine Worte nicht nur sprechen,
sondern auch LEBEN muß, will er sich nicht selbst als Heuchler und Lügner entlarven.“
*****************************
"Als Initiator dieses Gerichts kommt mir eine besondere Rolle in diesem Urteil zu. Deswegen wollte
ich mich weitestgehenst raushalten.
Andererseits werde ich - so oder so - der von Radio meistgehaßte Mann an Bord sein.
Ich will eine Empfehlung aussprechen, die ich jedem einzelnen von Ihnen bereits im Vorgespräch
offerierte.
Ich empfehle, First Lieutenant Curtiss Long mit einem Bann zu belegen.
Verbieten Sie ihm jeden persönlichen Kontakt über das Dienstliche hinaus. Nehmen Sie ihm die
Möglichkeit, seine Gerüchte zu verbreiten.
Wenn er der Wahrheit verpflichtet ist, so ist er dies noch in einer oder zwei Wochen.
Wenn er eine Tratschtante ist, wird ihn diese Entscheidung treffen. Und, so hoffe ich, bessern.
Sie alle wissen, wir sind Soldaten. Soldaten sind nun einmal Tratschtanten.
Aber wir sind auch eine Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft im Kampf gegen die Akarii, in der jeder
seine Pflicht erfüllen muß.
Auch Curtiss Long. Meiner Meinung nach hat er nicht unrecht gehandelt, als er Lone Wolf
diffamierte.
Aber er hat die Gemeinschaft verletzt und uns beinahe um einen fähigen Anführer gebracht.
Verspürt er deswegen Reue?
Nein, er verschanzt sich hinter seinem Spruch von der Wahrheit.
Morgen wird er neue Gerüchte haben, neue Wahrheiten aufdecken. Er wird wieder und wieder gegen
die Gemeinschaft querschießen.
Meinungsfreiheit. Wir sind alle damit aufgewachsen.
Meinungsfreiheit. Ein hehres Gut, daß in der Navy offiziell nicht existiert, aber geduldet wird.
Sie ist wichtig. Aber wie so viele Dinge, die umsonst sind, darf auch sie nicht mißbraucht werden, erst
Recht oder gerade nicht in einer Zweckgemeinschaft wie der unseren.
Seine Rechte in allen Ehren, aber Curtiss Long eckte bisher immer und überall mit seinem Begriff von
Meinungsfreiheit an, bis sene Vorgesetzten ihn versetzen lassen konnte.
Soll ihm das wieder passieren?
Ich sage nein.
Maßregeln wir ihn, zeigen wir ihm, was die Gemeinschaft der Piloten der REDEMPTION von seinem
Vertrauensbruch hält. Und überlassen wir dieses Tun nicht den Offizieren.
Und hoffen wir, daß er daraus lernt, und nicht nur auf dem Papier ein Pilot der REDEMPTION sein
wird."
*****************************************
Der Landurlaub war dieses Mal sehr lang gewesen und so hatte Brawler Tüncay die Nachfrage von
Lieutenant Ace Davis nicht unbeantwortet gelassen. Als dann das magische Wort Ehrengericht fiel,
war seinen Neugier geweckt. Auch wenn es eigentlich eher zu Kadetten paßte, aber so nutzte Brawler
doch jede Gelegenheit, die weiße Uniform, die ihm so gut stand, zu tragen. Außerdem war er gerne
informiert über das, was an Bord vorging und offensichtlich lag einiges an Ärger in der Luft. Kurz vor
dem Beginn der Verhandlung trat er in den Tagungsraum.
Nachdem Lilja gesprochen hatteBrawler konnte sein Grinsen nicht verbergen. Seiner Ansicht nach war
dieses Theater, derentwegen er seinen Landurlaub unterbrochen hatte, eine einzige Scharade. Er
mußterte die anderen Richter und sein Blick verweilte kurz über der Russin, dann nickte er und ergriff
das Wort.
„Wenn jemand Gerüchte in die Welt setzt, dann mag das vielleicht für den Einzelnen ärgerlich sein.
Aber meines Erachtens nach rechtfertigt dies nicht ein Ehrengericht, wie es hier stattfindet. So etwas
mag man auf informalen Wege erledigen. Aber ein persönliches Problem auf eine Ebene zu heben, wo
es das gesamte Geschwader betrifft, ist in meinen Augen schädlicher, als die Akte des „Angeklagten“
jemals sein können. Denn wenn das so seinen Lauf nimmt, dann können wir bald wegen jedem
kleineren vermeintlichen Vergehen hier ein Gericht einberufen. Der Geschädigte hier, so es überhaupt
einen gibt – denn einen Nachweis dafür kann ich nicht finden, lediglich Indizien, die man auch anders
auslegen kann – ist der Commander und der wird wohl nicht unserer Hilfe bedürfen, um einen 1st
Lieutenant zur Rechenschaft zu ziehen, wenn er dies wünscht.
In Anbetracht dieser Situation halte ich es für angemessen, den Angeklagten freizusprechen. Unter
Umständen ließe ich mich auch von einer Verwarnung überzeugen. Mehr ist jedoch zuviel. Denn
wenn ein Offizier nicht in der Lage ist, seine persönlichen Konflikte wie ein Gentleman auszutragen,
dann sollte er deren Lösung nicht einem Ehrengericht übertragen. Genau das scheint mir hier aber der
Fall zu sein.“
Brawler unterbrach kurz seine Rede und griff zu seinem Wasserglas. Nachdem er seine Lippen etwas
befeuchtet hatte, fuhr er in einem weniger formalen Ton fort.
„Um es auf den Punkt zu bringen, Ace: Wenn du ein Problem mit Radio hast, dann regelt das im
Boxring oder im Simulator oder einer vergleichbaren Stelle. Aber eine Institution wie das
Ehrengericht für so etwas zu mißbrauchen, ist in meinen Augen schon fast ein Grund, ein zweites
Gericht einzuberufen. Das in die Welt setzen von Gerüchten ist, so man nicht gezielt jemanden in
Verruf bringen will, doch geradezu normal für das Soldatenleben. Dass hier der Commander aber in
Verruf gebracht werden sollte, dafür gibt es, wie meine Vorrednerin bereits sagte“, Brawler nickte
Lilja leicht zu, „keine stichhaltigen Anhaltspunkte.“
Brawler lehnte sich nach dieser Ansprache in seinen Stuhl zurück. Doch dabei beobachtete er
aufmerksam die Reaktionen seiner Kameraden.
**************************************
"Tüncay, verdammt, würde es hier um mich gehen, dann hätte ich Radio in den nächsten RIng gezerrt
und dem Bordzahnarzt zwei Wochen Arbeit beschert.
Wenn es dich beruhigt, meinetwegen stelle ich mich jederzeit einem Ehrengericht und stelle mich
dessen Entscheidung.
Aber hier geht es um mehr. Um viel mehr. Hier und jetzt fällt eine Entscheidung.
Diese Entscheidung lautet: Wer sind wir? Sind wir die Angry Angels oder sind wir die Piloten an Bord
der REDEMPTION, die im Geschwader der Angry Angels fliegen?
Ist Radio eine Tratschtante wie die meisten Soldaten, bis er wieder einmal zwangsversetzt wird?
Oder erteilen wir ihm eine Strafe, versuchen aber, ihn endlich in einer Gruppe zu integrieren?
Und stehen wir dann anschließend auch zu ihm?
Das heißt, decken wir ihn, sollte Lone Wolf nicht nur jemals auf den Gedanken kommen, über
welchem Umweg Yamashita von dem FF-Zwischenfall erfuhr, sondern auch eine Bestrafung
ansetzen?
Denn das er es ahnt, steht außer Frage.
In solch einem Fall wäre der bedingungslose Rückhalt des Geschwaders überlebenswichtig für Radio.
Jetzt aber bin ich nicht bereit, diesen ihm zu gewähren. Für mich fliegt der Mann zufällig in meiner
Staffel, aber er hat bisher nichts getan, um sich als besonderer Kamerad zu erweisen.
Man sagt, Strafe macht einen guten Mann schlecht und einen schlechten noch schlechter.
Aber man sagt auch, brich einen Rekruten, um ihn anschließend neu zu formen.
Ich gebe zu, ich war anfangs sauer auf Radio. Auf einmal wurde mir bewußt, wieso Lone Wolf zu
diesem Ehrengericht mußte.
Und ich zeigte sehr deutlich, wie sauer ich war.
Aber je mehr ich darüber nachdenke, je länger ich Radios Dienstakte ansehe (danke, Darkness), desto
mehr erkenne ich ein Muster darin.
Radio war bisher in jedem Geschwader, bis ihn seine Vorgesetzten abschoben. Weil er sich derart
unbeliebt gemacht hatte mit seinem Hang zu Gerüchten und deren Verbreitung.
Ist das der kollektive Wille der Angry Angels? Tolerieren wir sein Tun, bis Darkness, Martell oder
Lone Wolf ihn auf die MARYLAND versetzen lassen?
Oder sprechen wir, die Angry Angels mit einer Stimme, setzen diesem Piloten Grenzen, wie sie jeder
von uns hat und einhält und geben ihm endlich einen Platz in der Flotte?
Ich will es nicht verhehlen, irgend jemand hat Radio verdorben. Ein Staffelführer wird er wohl nie.
Vor allem aber nicht, wenn wir uns jetzt kollektiv dazu entschließen, ihn das gleiche erleben zu lassen
wie auf seinen anderen Dienststellen.
Denn ihn weiter gewähren zu lassen hieße, ihn seine bitteren Erfahrungen wiederholen zu lassen."
*********************************************
Jaws massierte sich die schmerzenden Muskeln. Die andauernden Trainingssitzungen mit seinem
Flügelführer gingen langsam an die Substanz. Nicht das er Drill nicht gewohnt war aber dieser alte
Pilot, naja alt war man als Pilot schon mit mitte dreissig, verlangte eine Menge von ihm.
Darkness war einer der besten Piloten der Red, vermutlich sogar der Beste und Jaws musste mit ihm
mithalten können, wenn sie ein Team werden wollten. Er fragte sich wie sein Vorgänger das geschafft
hatte. Ace besaß, was sein Können anging, einen tadellosen Ruf aber er war anscheinend auch ein
arrogantes Arschloch, der mit seinen Attitüden noch eine Menge Ärger bekommen würde, wenn er so
weitermachte.
Will öffnete die Augen und sah sich um. Die Kabine, die er sich mit Shrike teilte, war in tadellosem,
fast klinisch reinem Zustand. Die Doppelkoje zwang ihn gebückt zu sitzen, eine weitere
Komforteinbuße gegenüber der Maryland aber noch zu ertragen. Sein Rücken schmerzte. Diese
verdammten Simsitzungen!
Er war seit seiner Versetzung nicht ein einziges Mal draussen gewesen. Simulatoren hatten den
unangenehmen Nebeneffekt Pilotenfehler übertrieben zu quittieren. Seit er mit Commander McQueen
flog machte er immer wieder Fehler. Es war ganz und garnicht einfach an dem Veteran kleben zu
bleiben wenn dieser einen Angriff flog. Gestern hatte er einen Asteroiden gerammt als er versuchte
hatte seinen Kurs McQueens Kehre anzugleichen. Im richtigen Einsatz würde ihm das nicht passieren,
dessen war er sich sicher aber er hatte einen ganz schönen Anranzer für diesen Stunt kassiert.
Für heute hatte er frei. Nun gut, vielleicht war ein kleiner Abstecher zur Perseus genau das was er
brauchte. Sollte Darkness zum Teufel gehen! Er hatte ein Recht auf Freizeit.
**********************************
Als das kleine Fährschiff auf PERSEUS zuflog, klang der Ruf auf: „DA IST SIE!“
„Mann, diese ZEUS-Pötte sind doch größer als erwartet.“
„Allerletzter Schrott, wenn Ihr mich fragt. Aber dieser hier… Der hat Glück.“
Albert sah auf. Er trat neben die anderen Piloten. Dank seines schlanken Wuchs konnte er bequem
über die vor ihm stehenden einen Blick durch das Sichtfenster werfen. Da lag sie, keine zwei Klicks
von PERSEUS STATION entfernt. Die REDEMPTION.
DIE REDEMPTION. Sein neues Schiff. Na, eigentlich sein erstes, aber Albert war sich sicher, sehr
sicher, dass er sich bewähren würde.
„Na, Schoki“, brummte Allan Swans zu ihm herüber, „da haben wir uns ja ganz schön was
eingehandelt, was?“
Schoki. So nannte ihn dieser Dreiviertelschwarze aus Boston schon, seit sie mal privat einen getrunken
hatten – außerhalb der Akademie. Der Bursche beanspruchte für sich das Erbe seiner schwarzen
Vorfahren, die als Sklaven nach Amerika verschleppt worden waren und sich nach und nach mit der
weißen, indianischen und asiatischen Bevölkerung vermischt hatten. Was seinen sehr hellen Teint
erklärte.
Er, Albert, WAR dieses Erbe. Er stammte aus dem terranischen Bundesstaat Südafrika, der die neun
ehemaligen Nationen umfasste, die südlich der Kalahariwüste lagen. Und dort gab es auch heute noch
genetisch reine Schwarze. Krieger wahren Blutes.
Zulus.
„Sprich nur für dich selbst, Dagger“, brummte Albert, „ich habe mich freiwillig für die
REDEMPTION gemeldet.“
Erstaunt sah Swans zu ihm hoch. „Hab mich schon gewundert, was unser Wunderpilot in diesem
Shuttle voller Durschnittsabgänger, Quertreiber und Heißsporne macht.
Dachte eigentlich, du kommst zur MAJESTICS oder wenigstens auf die MARYLAND.“
„Sag mal, du warst doch vier Jahre mit diesem Musterpiloten an der Akademie“, mischte sich
Elfwizard ein. „Und du kennst ihn immer noch nicht? Die MARYLAND und die MAJESTICS bleiben
mindestens noch drei, vier Monate im Dock.
Aber die REDEMPTION fliegt bereits in vier Wochen wieder los. Und Shaka will natürlich da sein,
wo die Action als erstes anfängt.“
Allan musterte die schlanke, kleine Pilotin. „Wo hast du den Quatsch nur wieder her, Katherine? Wen
hast du für diese Information mal wieder mit deinem Jungmädchenlächeln betört?“
Die junge Europäerin aus der Region Poitiers grinste. „Das bleibt mein Geheimnis.“
Der Amerikaner seufzte. „Frauen. Du kannst nicht mit ihnen.
Also Schoki, was denkst du? Wo setzen sie dich hin?“
Albert schmunzelte. „Ich denke nicht, ich weiß. Ich komme in die Rote Staffel zu den Phantoms. Du
wirst übrigens in die Blaue Staffel gesteckt. Die Typhoon passt auch besser zu dir. Wenn du so schon
nicht mit dem Arsch hoch kommst, dann fliege wenigstens schnell.“
Die anderen Piloten lachten.
„Woher weiß er das?“ raunte eine leise Stimme hinter ihm. Bushfire.
Eine andere antwortete, eindeutig Nemesis: „Der Mami-Faktor. Die Mbanes haben immer einen
irgendwo in der Ersten Flotte in führender Position. Und das ist nun mal Shakas Mutter auf der
HORNET.“
„Ganz Recht.“ Albert wandte sich um und sah die beiden Flüsterer an, die erschraken und
zusammenzuckten. „Das hat mir meine Mami erzählt. Mami wollte mich auch auf die MAJESTICS
stecken. Aber ich wollte lieber auf die REDEMPTION.“
Für einen kurzen Moment glomm Vorfreude in den Augen des Schwarzen. „Es gibt einen Piloten auf
dem Pott, Ace, der hat erst zwei Feindfahrten mitgemacht. Und auf beiden Flügen hat er jeweils fünf
Akarii vom Himmel gepflückt. Wo dieser ZEUS-Träger hinfliegt, da spielt die Musik und es gibt mehr
Akariis als man abschießen kann. Der Ruhm ist einem sicher, wenn man gut ist. Der Ruhm, die
nächste Beförderung, Orden…“ Albert schnalzte genießerisch mit der Zunge.
„Und wenn man nicht gut ist?“ fragte Sneaker leise.
Albert schlug der kleinen Pilotin auf die Schulter. „Keine Bange, Eleni. Wir haben ein Auge auf dich.
Du schaffst das schon. Wäre doch gelacht, wenn Du nicht als Aß nach Hause kommst.“
Vier Jahre lang hatten sie, die sechs Akademieabgänger von Zimmer Zwölf, dritter Stock der
Marsakademie die junge Frau mitgezogen. Sie war in der Theorie unschlagbar und hatte allen außer
Albert mindestens den Abschluß und wenigstens eine bessere Theorieprüfung verschafft. Aber
sportlich gesehen war sie eine Blamage. Es hatte das Team viel Zeit und Kraft gekostet, Eleni
Sourakis so weit zu kriegen, dass sie wenigstens mit biegen und brechen bestanden hatte.
Albert sah keinen Grund, dies nicht auch weiterhin zu tun. Ihr Wissen war immens und würde auf der
REDEMPTION sicher sehr nützlich sein.
Wieder ging sein Blick hinaus. Mit wem würde er wohl fliegen? Vielleicht mit dem CAG?
************************************
Ich erhob mich und ergriff meine Schirmmütze.
"Wo willst du hin, Ace?"
"Ihr kennt meinen Standpunkt. Findet das Urteil in Ruhe und ruft mich dann wieder rein.
Ich will mir nicht nachsagen lassen, ich hätte ein Urteil gegen Radio durchgepeitscht."
Lilja nickte. "Gut. Wir rufen dich, sobald wir uns geeinigt haben."
Sie warf einen Blick zu Brawler. "Und wir werden uns einigen."
Ich salutierte knapp und trat vor die Tür.
Radio wirbelte herum, sah mich an. "Habt Ihr ein Urteil gefällt?"
Ein müdes Grinsen huschte über mein Gesicht. "Es dauert noch. Sie sind noch dabei."
Mißtrauisch zog Radio eine Augenbraue hoch. "Und was machst du dann hier draußen, Musterpilot?"
Ich griff in meine Uniform, zog ein Päckchen Kaugummi hervor und genehmigte mir einen Streifen.
"Warten."
**************************************
Merkur sah in die Runde.
"Iche kann mich nicht so gebildet ausdrücken wie Ace, si?
Aber meine Mamma hat kein dummes Bambino geboren.
Worum geht es hier? Radio hat den Esprit de Corps gebrochen.
Und er hat es zugegeben. Prego.
Und seien wir mal ehrlich, diese Lektion würde Radio sehr gut tun."
Karen Seeker Jones legte kurz den Kopf schräg.
"Nun, dazu habe ich folgendes zu sagen: Können wir Radio vor Lone Wolf beschützen, wenn der es
auf sein Blut abgesehen hat? Wir wissen alle, das kann jederzeit passieren.
Ich denke nein. Ich will es auch gar nicht.
Wenn ich dieses Callsign nur höre, fallenmir gleich Gerüchte, Schwarzmarktgeschäfte, illegale Wetten
und dergleichen ein.
Nun, wir tun dies alle mal. In gewissen Grenzen.
Aber Radio ist ein arroganter, selbstherrlicher Meister in diesem Metier. Er tut, was er will, er verletzt,
wen er will und er nimmt sich, was er braucht.
Ich bezweifle, daß Dinge wie Kamerad oder Wahrheit für ihn auch nur den Hauch einer Bedeutung
haben.
Für diesen Arsch, verzeiht bitte, versuche ich doch nicht, Lone Wolf aufzuhalten. Eher zeige ich ihm
noch den Weg.
Ich würde wahrscheinlich anders denken, wenn Radio versucht, sich zu bessern. Da hat Ace schon
recht.
Ich glaube zwar nicht, daß es was nützt, so wie neulich, als er mich mit der Rechnung sitzen gelassen
hat, aber okay, bestrafen wir ihn und geben ihm aber auch eine neue Chance.
Es liegt dann an ihm, ob er sie ergreift.
Oh, ich klinge schon wie dieser blauhaarige Superpilot.
Superpilot mit Ironiezeichen."
Sie sah in die Runde. "Und was nun? Zwei dafür, zwei dagegen."
"Unentschieden." Lilja nickte. "Unser fünfter Richter hält sich ja lieber raus anstatt zu dem
Brimborium zu stehen, daß er veranstaltet hat."
Andrea grinste in die Runde. "Tut er nicht. Er hat genau gesagt, was er will, si? Also steht es drei zu
zwei."
"Wenn wir es so werten wollen", brummte Lilja.
"Und immerhin hat er den Corpsgeist gebrochen", warf Andrea ein.
"Zugegeben."
Ace und Radio wurden gemeinsam hereingerufen. Ace nahm seinen Platz am Tisch wieder ein, Radio
stand aufrecht vor seinen fünf Offizierskameraden.
"Dieses Gericht sieht sich außerstande", begann Lilja leise, "Sie zu verurteilen, First Lieutenant Long.
Zwar sehen wir die Doppelmoral Ihrer Argumentation, aber ist uns dies für eine harte Strafe nicht
ausreichend."
Radio sah mit funkelnden Augen zu Ace herüber.
"Allerdings", fuhr Lilja fort, "sieht das Gericht Handlungsbedarf bei Ihrem Verständnis von
Kameradschaft. Ihr Sozialverhalten ist desolat und Ihr Umgang mit der Wahrheit - beziehungsweise
der Verbreitung derselben ohne jegliche Rücksicht - keinesfalls vorbildlich.
Sie befinden sich auf dem besten Wege, sich selbst aus dem Kreis der Piloten der REDEMPTION zu
entfernen. Dies ist Ihnen bereits mehrfach passiert.
Und es hat Sie nie gekümmert.
Um Ihnen aber den Wert des sozialen Kontaktes mit Ihren Offizierskameraden deutlich zu machen" -
Lilja sah zu Ace herüber und ein trotziges Lächeln spielte über ihre Lippen- "folgt das Gericht einer
Empfehlung von Second Lieutenant Davis und verbietet für den Zeitraum von einer Woche jedem
Piloten der REDEMPTION mit Ihnen ein Wort außerhalb des Dienstes zu sprechen.
Ausgenommen ist lediglich Ihr Stubenkamerad. Und dies auch nur auf der Stube.
Sie können gehen."
Belustigung glomm in Radios Augen, als er salutierte und die Schirmmütze wieder aufsetzte.
Beinahe schien man seine Gedanken lesen zu können. Eine Woche, was war schon eine Woche?
Für einen Menschen wir Curtiss Long sicherlich eine halbe Ewigkeit.
Ace sah auf seine Uhr. "Die Zeit beginnt."
*************************************
Kano saß wieder in der Pilotenkanzel eines Jägers. Nein – es war SEIN Jäger. Nach mehr als einem
Monat hatte man ihm endlich wieder erlaubt zu fliegen. Er glaubte nicht, daß er es noch wesentlich
länger ausgehalten hätte. Im Augenblick waren alle düsteren Gedanken und Befürchtungen von einem
Gefühl reiner Freude verdrängt. Er konnte wieder fliegen!
Er hatte sich sehr intensiv – und zu seinem ständigen Verdruss sehr langwierig - auf diesen Tag
vorbereitet. Etwa eine Woche nach der Ankunft der Redemption auf der Station war endlich der
Verband und die Schienen von seinem Arm heruntergekommen. Aber er hatte natürlich noch längst
nicht fliegen können – leichter Dienst war alles, was Dr. Hamlin ihm erlaubt hatte. Aber Kano hatte
das beste aus der Situation gemacht.
Er hatte das gestellte Trainingsprogramm strikt eingehalten – auch wenn er mit dem Doktor nicht gut
klar kam (wie auch sonst kaum jemand), seinen Job verstand er. Aber er hatte es natürlich nicht dabei
belassen.
Er hatte hart an seinem Arm gearbeitet, um wieder eine ruhige, sichere Hand zu bekommen.
Und Kano hatte auch seine sonstige Ausbildung intensiviert. Als er erfuhr, dass Lilja sich aus
irgendwelchen Kanälen Material für den Raumkampf besorgt hatte, hatte er sich so schnell es ging
Kopien besorgt. Und da Kanos neuer Zimmernachbar Blackhawk nicht nur ein erfahrener Pilot,
sondern auch noch ehemaliger Ausbilder und ein Experte für die Akarii-Jäger war, hatte Kano ihn so
lange mit Fragen gelöchert, bis sogar der nie aus der Ruhe zu bringende Veteran etwas genervt
reagierte.
Blackhawk mochte zwar gelegentlich laut bedauern, dass er ausgerechnet mit Kano zusammengelegt
worden war, aber er half seinem jungen Kameraden dennoch, so gut er konnte.
Als er endlich wieder an die Simulatoren gelassen wurde, hatte Kano fast mehr Zeit in ihnen, als
außerhalb verbracht. Aber immerhin musste er fast 6 Wochen „Abstinenz“ kompensieren und lernen,
mit seiner neuen Flügelfrau Virago kooperieren zu können.
Auch wenn sie keine so gute Fliegerin wie etwa Lilja war, als Flügelfrau war sie mehr als kompetent.
Sie gewöhnten sich relativ schnell aneinander: Kano, weil er sich mit geradezu verbissenem Einsatz
auf diese Aufgabe konzentriert hatte – und Virago, weil sie erfahren und in der Zusammenarbeit gut
eingespielt war.
Allerdings hatte auch sie sich gelegentlich über den Ausmaß der Übungen beschwert und es
verstanden, den Umfang an Freizeit für sich durchzusetzen, den sie als „Minimum“ betrachtete.
Gestern war die Freigabe erfolgt, HEUTE flog er zum ersten mal wieder in einem Staffelmanöver, das
Parker angesetzt hatte, damit man „keinen Rost ansetzte“.
Die Staffel startete, bildete eine Formation und strebte weg von der Station, in den „freien Raum“, wo
nicht Shuttles, andere Jäger oder die „vor Anker liegenden“ Großraumer die Bewegungsfähigkeit
behinderten.
„ACHTUNG AN ALLE! Auf meinen Befehl in Flights auffächern! Wir spielen heute nur ein wenig –
Flight Eins bis Drei Partei Rot; Flight Vier bis Sechs Partei Blau. Die ‚Toten’ geben heute Abend die
Getränke aus! AUSFÜHRUNG!“
Die Staffel zerfiel in zwei Gruppen, die sofort die Jagd aufeinander eröffneten.
Als die Übung nach etlichen weiteren Durchgängen endete, war Kano in Schweiß gebadet. Er hatte
sich so teuer wie möglich verkauft, hatte aber dennoch häufiger zu den ‚Toten’ gehört, als ihm lieb
war. Aber immerhin, er war wieder „drin“. Alles weitere blieb Übungssache. Wenn er nur hart genug
an sich arbeitete, dann war alles möglich, alles erreichbar. Fast... .
Übergangslos musste Kano an Kali – an Helen - denken und verzog das Gesicht.
Die letzten Wochen waren nicht einfach gewesen. Nicht für ihn, nicht für Kali. Was auch immer
gesagt worden war und ungeachtet aller Bemühungen, das alte freundschaftlich – vertraute Gefühl
stellte sich nur langsam wieder ein. Sie waren sich nicht direkt aus dem Weg gegangen, aber die
gemeinsame Nacht – und der nächste Morgen - standen zwischen ihnen. Statt zu verbinden, trennte es
sie. Das zeigte sich zwar meist nur an unscheinbaren Details, einem Stocken in der Unterhaltung etwa,
aber die Erinnerung hatte sie in der Gegenwart des anderen befangen und unsicher gemacht. Und
beide waren sich der „Lücken“ in ihren Gesprächen nur zu deutlich bewusst.
Dies mochte auch einer der Gründe gewesen sein, warum sich Kano so in die Arbeit gestürzt hatte.
Andere hätten vielleicht auf der Station Ablenkung gesucht – aber Kanos Variante bot den Vorteil,
eine gute Entschuldigung vor sich selbst darzustellen. Immerhin WAR das Kampf- und Flugtraining,
die Weiterbildung an Taktik und Technik des Feindes wichtig, sogar wichtiger.
Das hatte sich jedenfalls Kano eingeredet.
Nun, momentan hatte sich fast wieder die alte Freundschaft eingestellt. Er half Kali gelegentlich bei
der Arbeit an ihrem Jäger und sie trafen sich in der Kantine oder nach den, nun zunehmend häufigeren,
Geschwadermanövern. Aber darüber hinaus – nichts. Und natürlich blieben bestimmte Themen aus
den Gesprächen verbannt.
Kaon war sich nicht ganz sicher: war es dumm von ihm, mehr als jetzt zu erwarten? Oder war es
dumm von ihm und Kali, bemühte Normalität aufzubauen und die Veränderung totzuschweigen?
Wenn er darüber nachdachte und diese Fragen nicht von sich wegschob, vermutlich beides.
*******************************
Miles Griffin saß gemütlich hinter seinem Schreibtisch. Der Kaffe duftete ausgezeichnet. Echte
Bohnen aus Kolumbien.
Sein Telefon jauelte. Das Displai zeigte, dass es sein Vorzimmer war: "Ja?"
"Commander Ling ist da Sir", meldete der 2nd Lieutenant, der in seinem Vorzimmer Dienst tat.
Lieutenant Schneider war eigentlich weit mehr als ein Bürohengst. Sie hatte ein völlig unschuldiges
Gesicht, schien immer etwas linkisch, besaß jedoch ein ausgezeichnetes Gedächtniss, eine
ausgezeichnete Schützin mit fast allen Faustfeuerwaffen die es im Angebot der Streitkräfte gab und
ihre Nahkampffähigkeiten waren ebenfalls mehr als erstklassig. Und was für Griffin am schwersten
wog, ihr Kaffe, göttlich.
"Schicken Sie ihn rein." Er erhob sich höflich als der eisengesichtige Lieutenant-Commander sein
Büro betrat. "Guten Tag, ich hoffe Sie genießen Ihren Aufentalt auf Perseus. Habe ja gehört das alte
Mädchen hat ordentlich was abbekommen."
"Ja, die Unterbringung wie auch die Unterhaltung sind adequat." Antwortete Ling fast mechanisch.
"Bitte nehmen Sie doch Platz." Griffin wieß auf einen der beiden Besucherstühle. "Darf ich Ihnen
einen Kaffee anbieten? Frisch von der Erde."
Einen Augenblick sah Ling so aus, als wolle er ablehnen: "Ja, bitte."
Griffin beugte sich vor und schaltete die Gegensprechanlage ein: "Bitte noch einen Kaffee für
Commander Ling. Und bitte winken Sie Commander Chamberland gleich durch, wenn er eintrifft."
"Aye Sir." Antwortete Schneider.
Griffin versuchte noch etwas Smaltalk, kam aber bei Ling nicht sehr weit damit.
Schließlich trat seine Adjudantin ein, gefolgt von Chamberland.
Ling blickte in das Gesicht von Jason Rowland.
"Commander Chamberland", Griffin erhob sich, "Sie kennen Commander Ling."
"Ja, wir hatten das vergnügen."
Ling ließ sich von seiner kurzen Verwirrung nichts anmerken: "Sir."
Chamberland setzte sich und Schneider stellte ihm als auch Ling eine Tasse Kaffee hin.
Nachdem die junge Offizierin draußen war holte Griffin zwei Mappen hervor und reichte diese seinen
Gästen: "Im Grunde geht es um diese beiden Leute."
Ling fand in den Mappen zwei Gesichter: Charles Bayonne und Clifford Davis.
"Über Bayonne fanden wir das wichtigste erst raus, als Sie schon unterwegs waren."
"Er gehört also nicht zu uns?" Fragte Ling.
"Nein, er gehört zu Vance höchst eigener Elitetruppe." Selbst Chamberland konnte seine
Überraschung nicht ganz verbergen, als Griffin den Chef des T.I.S. erwähnte.
"Und der hat sich Davis als Spitzel geangelt." Chamberland stellte eher fest, als dass er fragte.
"Exakt Wir konnten teilweise seinen E-Mailverkehr abfangen. Die Nachricht an Davis bekamen wir
nur verstümmelt, daher wissen wir leider nicht, wie wir ihn aktivieren können."
"Nehmen wir Davis aus dem Spiel?" Fragte Ling. "Er war von je her ein Sicherheitsrisiko, aber jetzt,
wo er für den T.I.S. schnüffelt, bin ich mir nicht sicher, ob er noch tragbar ist."
Chamberland nickte: "Wir würden einer Menge Leuten einen Gefallen tun. Ein Unfall ließe sich ganz
schnell arangieren."
Griffin lächelte: "Ich weiß, dass diese Möglichkeit jeden, der Davis näher kennt, in freudige Erregung
versetzen muss, doch zur Zeit sehen wir mal von dieser 'radikalen' Lösung ab."
Einen Moment glaubte Griffin sowohl auf Chamberlands als auch auf Lings Gesicht so etwas wie
Betroffenheit zu sehen.
"Nun Ling, Sie werden Davis so gut wie möglich überwachen. Ich gehe mal davon aus, sein Quartier
ist noch verwanzt?" - Ling nickte. - "Sehr gut. Von mir aus installieren Sie Wärmebildkameras oder
was auch immer. Der Kerl darf nicht mal Furzen, ohne dass wir es auf Band oder Video haben. Aber
bedenken Sie, nur im äußersten Fall dürfen Sie gegen ihn vorgehen. Aber dann das volle Programm."
Die beiden jüngeren Offiziere nickten.
"Hat diese Unterredung für mich mehr als nur Informationszweck?" Wollte Chamberland wissen.
"Nein Commander, eigentlich nicht. Sie werden im Hauptqaurtier auf der Erde erwartet."
Griffin nippte an seinem Kaffee. Er würde dem T.I.S. schon lehren in seinem Gebiet zu wildern.
***

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

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Clan Blood Spirit

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Tag 2. Kein "Hey hast Du schon gehört..." oder kein "Ich hab gerade erfahren, dass..." war über
Radios Lippen gekommen - auch wenn es ihm schon am ersten Tag sehr schwer gefallen war.
Die Pilotengemeinschaft stand offenbar hinter Lilja und Ace.
Auf dem Weg zu seiner Kabine hatte Radio die Hände tief in die Taschen versenkt und den Blick
nachdenklich auf den Boden gerichtet.
Als er eintrat blickte sein Mitbewohner von seinem Roman auf und mußterte ihn kühl, doch kaum war
die Tür zu, lächelte Peter Holzinger: "Na, außgestoßener Parias?"
"Ach leck mich." Radio ließ sich in seine Koje fallen.
"Was denn, sind wir etwa immer noch nicht geleutert elendiger Sünder. In der Hölle soll Deine
verdammte Seele schmoren." Holzinger ließ scheine tiefe Stimme imposante Tonlagen annehmen.
"Ich werde Dir jetzt mal genau erzählen, warum diese Strafe der größten Schwachsinn im gesammten
von Menschen bewohnten Weltraum darstellt."
Holzinger legte sein Buch beiseite: "Ich höre."
Radio stand auf und verschränkte seine Arme hinter dem Rücken und nahm eine dozentenartige Pose
ein: "Ich wurde verurteilt, eine Woch lang kein privates Wort mit einem Piloten der Redemption zu
wechseln. - Du verstöhst eben gegen ein höchstrichterliches Urteil Ace des allmächtigen und
unübertrefflichen Akariikillers und seines Schospudels der Eisprinzessin. - Aber zurück zum Thema:
Die Redemption hat eine Besatzung von um und bei 1.000 Männer und zum Glück für uns alle auch
Frauen. Wieviele davon sind Piloten? - Ich werde es Dir sagen, unser Geschwader hat 96 Piloten, dazu
kommen noch gut zwanzig für die Shuttles.
Bedeutet, mir bleiben noch 890 Leute zum reden. Desweiteren, wenn Du Deine Aufmerksamkeit mal
auf unseren Standort lenkst, liegt 2.000 Kilometer an Steuerbord eine Raumstation, die gut 30.000
Militärangehörige Beherbergt. Wohin ich meine Flagge noch heute verlegen werde."
Radio zog seine Reisetasche hervor und begann zu packen.
"Vergiss nicht, in zwei Wochen, werden wir wohl aus dem Dock kommen und hey, bring die Sachen
mit, die werden hier sehnsüchtig erwartet."
Holzinger bekam noch Radios Stinkefinger zu sehen, dann war Radio auf weg.
************************************
Lieutenant Tüncay, genannt „Brawler“ sass in einer der vielen Pilotenkneipen auf Perseus. In seinem
Inneren brodelte es, weil er wütend war. Wütend darüber, dass er sich von einem Egomanen wie Ace
in eine solche Sache hereinziehen hatte lassen. Wütend darüber, dass er sein eigenes Ego und seine
Neugier nicht im Zaum hatte halten können. So war sein Name mit einer Sache verknüpft, die ihm
entschieden gegen den Strich ging. Wütend schlug er auf die Bar, an der er sass, was ihm einige
irritierte Blicke einbrachte. Als er dies bemerkte, setzte er sich in eine Ecke, wo er in Ruhe grübeln
konnte. Er hatte bereits überlegt, ob er mit Thunder oder Snake Bite reden sollte, aber das schien ihm
nicht gerade ideal. Goose, sein früherer Flügelmann war leider gerade nicht erreichbar gewesen.
So brütetete er nun über dem Problem, ohne dass er eine befriedigende Antwort fand. In diesem
Moment trat eine Meute angetrunkener Matrosen in den Laden. Lärmend durchquerten sie die Kneipe
und setzten sich an einen größeren Tisch in der Nähe von Brawler.
Tüncay schüttelte nur den Kopf und sah auf sein Wasserglas. Er war kein religiösen Mensch wie der
Skipper, aber er hielt sich trotzdem an die Sitten seiner Vorfahren, was den Alkohol anging. Zudem
vertrug es sich mit der Fliegerei nicht besonders gut. Manche Leute mochten ja selbst im Vollrausch
einen Flieger mit Vorhalt treffen, Brawler ging diese Fähigkeit leider ab, auch wenn er fliegerisch
sicher einer der besseren Griphen Piloten war. Aber er machte sich keine Illusionen, dass jemand wie
Snake Bite ihn jederzeit vom Himmel holen konnte, vom Skipper ganz zu schweigen. Wieder
schüttelte er den Kopf. Der alte Ire war wirklich ein komischer Kauz, sein Führungsstil schwankte
zwischen dem eines Drillsergeanten im Bootcamp und dem eines Familienoberhauptes, das auf seine
Schäfchen aufpaßte und irgendwie traf er immer den Ton. Zudem schien er ein taktisches Genie zu
sein. Denn irgendwie tauchte er immer wieder aus einer Richtung auf, aus der man ihn nicht kommen
sah. Die meisten in der Staffel hatten den Wandel zum Religiösen nicht nachvollziehen können, aber
Tüncay verstand es. Sein Onkel zweiten Grades war selber ein moslemischer Prediger und auch wenn
er nie das religiöse Feuer in ihm entfacht hatte, so hatte Tüncay doch gelernt, was es hieß, das Leben
einem Glauben unterzuordnen. Vielleicht sollte er mit Murphy reden. Gerade als er aufstehen wollte,
sah er, wie die Matrosen die Bedienung rüde begrapschten. Er stand auf und sah auf die Sitzenden
herab.
„Wenn ihr schon saufen müßt, dann laßt wenigstens die Frau in Ruhe.“
„Verpiss dich, du Arsch. Wir haben Landgang, da tun wir, was uns paßt.“ ,rief ihm der Rädelsführer
entgegen. Offensichtlich war es ein Petty Offizier, seiner Fahne nach zu urteilen schon jenseits von gut
und böse.“
„Ich wiederhole mich nur ungern, Finger weg!“
„Ist das ein Befehl, Lieutenant?“ Der Mann stand auf und Tüncay sah, dass er ihn um einen guten
Kopf überragte. Trotzdem wurde er immer wütender.
„Wenn Sie es so wollen...“ knurrte er.
„Mach dich vom Acker, oder wir schmeißen deinen Pilotenarsch hier raus.“ Dabei stieß sein Finger
gegen die Brust von Brawler. Dem brannten nun endgültig alle Sicherungen durch. Er griff nach dem
Finger und bog diesen gegen die Hand zurück. Sein Gegenüber schrie auf und riss die Hand los.
Leider standen jetzt auch seine Kumpane auf und Tüncay merkte, dass die Situation nicht nur schnell
eskalierte, sondern auch für ihn bedrohlich wurde. Als dann die erste Flasche zu Bruch ging, wurde es
Zeit für Plan B....nur dumm, dass er keinen Plan B hatte. Manchmal sollte man wirklich seinem CO
glauben, wenn der einem erzählte, dass ein Angriffsplan mindestens zwei Backuppläne brauchte, um
erfolgreich zu sein. Jedenfalls fiel rückten jetzt vier Männer auf, die alle offensichtlich vor hatten, ihm
am lebendigen Körper die Haut abzuziehen. Den Schlägen seines ersten Gegners konnte er noch gut
ausweichen, dazu hatte er das Spiel schon zu oft gespielt. Aber er wußte auch, dass vier Gegner seine
Verteidigung einfach überwältigen konnten durch die Masse ihrer Angriffe. Drei seiner Gegner waren
überdies mit Messern und abgebrochenen Flaschen bewaffnet. Tüncay fluchte. Die übrigen Gäste
hatten offensichtlich nicht vor, einzugreifen und der Barkeeper schützte vor allem seine Bar.
Dann stürzten sich die Männer auf ihn und er konnte nur mit Mühe dem ersten Ansturm ausweichen.
Ein schneller Griff ans Fussgelenk förderte sein Stilett zu Tage. Mit der rechten Hand hielt er die
Klinge in einem lockeren Griff, mit der linken winkte er seine Gegner heran. Die ließen nicht lange
auf sich warten. Dem ersten konnte er mit einem schnellen Tritt das Kniegelenk brechen, doch dann
waren die anderen an ihm heran. Zwei Angriffen konnte er ausweichen, aber der Dritte versetzte ihm
einen Schnitt in den Oberarm. Gerade als es wirklich richtig losging, stürmte die MPi das Lokal und
trennte mit freigiebigen Schlagstockeinsatz die Streithähne.
Zwölf Stunden später erhielt Tüncay Besuch im Gefängnis. Innerlich hoffte er, dass es nicht der
Skipper sein würde. Seine Hoffnung wurde jedoch enttäuscht. Murphy trat in die Zelle und wurde
auch noch vom JAG der Red, Yamashita begleitet. Innerlich machte sich Brawler auf ein
Donnerwetter gefaßt. Erstmal jedoch stand er stramm.
„Brawler, ich hatte schon gehofft, dass dies endlich vorbei sein würde...aber nein, Sie müssen sich
wieder mit jemandem prügeln, ja sogar unter Verwendung von Waffen. Ich dachte, ich hätte mich
beim letzten Mal klar ausgedrückt. Haben Sie mir irgendetwas zu sagen, was mich vielleicht dazu
bewegen könnte, Sie nicht hier verschimmeln zu lassen?“ Murphy sah Brawler in die Augen, während
er diese Tirade vom Stapel ließ.
Der schluckte erstmal mehrmals, bevor er sich traute, den Mund aufzumachen.
„Sir, das soll keine Entschuldigung sein...aber ich wollte das wirklich nicht.“
„Sie wollten das nicht? Und wieso ist es dann passiert?“
„Weil, weil....“
„Stottern Sie nicht rum, Mann!“
„Sir, die Frau, Sie haben die Bedienung angegrapscht.“
„Und da mußten Sie den Cowboy spielen, der die Siedler rettet?“
„Sir, ähm, ja.“
„Nun gut. Sie werden aus dem Arrest entlassen und zur Redemption überstellt. Dort werden Sie den
Rest des Aufenthalts hier auf Perseus verbringen. Ihr Landurlaub ist gestrichen. Sie werden sich in
einer Stunde beim Wachoffizier dort melden. In zwei Stunden erwarte ich Ihre schriftliche
Stellungnahme zu dem Geschehen, die Sie mir in mein Büro bringen. Und jetzt WEGTRETEN!“
„Aye, aye Sir.“
Tüncay rannte förmlich aus der Zelle, vorbei an zwei MPis, die breit grinsten, weil sie alles
mitangehört hatten. Es war doch immer wieder lustig, wenn Offiziere von ihren Vorgesetzten
zusammengestaucht wurden.
In der Zelle grinste Yamashita Murphy an.
„Mußte das sein? Ich meine, diesmal konnte er wirklich nichts dafür.“
„Mag sein. Aber ich will nicht, dass meine Leute sich ständig in Schwierigkeiten bringen. Danke, dass
Du mir beim Papierkram geholfen hast...es wäre schade um Brawler, denn wenn er seine
Unbeherrschtheit in den Griff bekommt, hat er wirklich Potential...deswegen fasse ich ihn auch so hart
an."
**********************************************
„Nun komm schon, Rodney. Ich weiß, dass du so etwas hast. Jeder Marine im Universum hat es.“
Corporal Clark sah mich unschlüssig an. Seit er mich während meines Arrests zum Training geleitet
hatte, waren wir in Kontakt geblieben. Zwischen uns war eine merkwürdige Art von Freundschaft
entstanden, die keiner von uns genau definieren konnte. Sie wurde zudem von seiner Position und
meinem Rang überschattet.
Aber sie bestand.
„Okay, Ace“, brummte er schließlich zögerlich. „Aber ich war es nicht.“
„Schon gut, schon gut.“ Ich grinste. „Wenn es gut wird gebe ich auf PERSEUS einen aus.“
Das schien dem jungen Marine gut zu gefallen. Er feixte und deutete auf einen unbequemen Stuhl in
seinem Quartier. „Wenn der designierte CAG bitte Platz nehmen würde…“
Eine Viertelstunde später betrachtete ich das Ergebnis meiner kleinen Verschwörung im Spiegel. Es
war ein offenes Geheimnis, dass die Marines Haare haßten, die länger als zehn Millimeter waren.
Deswegen hatte jeder Marine seine eigenen Schablonen und seine eigenen Schneidwerkzeuge dabei.
So auch Rodney Clark.
„Und, Ace, zufrieden?“ brummte er beiläufig.
Ich strich mir mit beiden Händen über das, was bis vor kurzem noch ein Fünfzig Real-Haarschnitt
gewesen war. Nun hatten meine Haare, meine merkwürdigen blauen Haare nur noch eine Länge von
fünf Millimeter auf dem Kopf und drei an den Seiten. Dadurch wirkten sie nun eher schwarz als blau.
„Schöner bin ich nicht gerade“, murmelte ich.
Clark musterte mich und meinte: „Ich kann Haare schneiden, aber nicht zaubern.“
Spielerisch knuffte ich dem jungen Mann gegen die Schulter. „Danke. Ich denke, so kann ich da
rausgehen.“
Der junge Corporal wurde ernst. „Sag mal, Ace, warum? Warum dieser Kurzhaarschnitt? Ich meine,
kürzer geht es doch nicht.“
Ich zuckte die Schultern. „Demut.“
„Was?“ „Demut. Weißt du, ich ecke bei den Leuten dauernd an. Entweder denken sie, ich will
auffallen. Oder sie halten mich für arrogant. Andere wissen, dass ich arrogant bin. Und meine blauen
Haare sind sozusagen mein Aushängeschild und mein Warnhinweis.
Bisher hat mir das gut gefallen. Sogar sehr gut.
Aber jetzt…“
„Verstehe.“
Ich half noch beim auffegen der abrasierten Haare. Danach verabredete ich mich mit Clark für eine
laute Disco in den Tiefen von PERSEUS.
Als ich durch die Gänge der RED eilte, versuchte ich nicht daran zu denken, dass ich gerade aussah,
wie ein schlecht gelaunter Igel. Seit meiner Kadettenzeit hatte ich die Haare nicht mehr so kurz
getragen. Ob die Botschaft ankam? Ich wusste es nicht.
Wahrscheinlich nicht, denn die meisten meiner Kritiker waren zu verbohrt, zu verbissen in ihrer
Meinung.
Aber wenigstens am guten Willen sollte es nicht scheitern.
Das waren meine Gedanken, als ich vor der Kantine mit einem Piloten ineinander rasselte.
Der Zufall haßte mich, das wurde mir deutlich, sehr deutlich, als ich ausgerechnet Helen Kali Mitra
davor bewahrte, schwer zu stürzen.
Sie sah mich an und wurde rot.
Ihr Blick ging zu meinen Haaren. „Oh!“, sagte sie.
Ich strich mir über den Rekrutenschnitt. „Tja“, machte ich. „Strafe.“
Mißtrauisch hob sie die Augenbrauen. „Strafe wofür?“
Ich zuckte die Achseln. „Lilja, Ohka, Lone Wolf, Auson, Darkness, du… Einfach für alles.“
Wieder errötete sie. Kali sah fort, sah mich wieder an, sah erneut fort und platzte dann regelrecht
heraus: „Ich habe mit Kano geschlafen.“
Ich riß die Augen auf. Was? „WAS?“
„Ist halt passiert“, murmelte sie. „Er hatte Probleme, wir sind zusammen ausgegangen und haben
zuviel getrunken. Und er ist ja auch ein netter Kerl.“
Ich zuckte die Schultern. „Okay.“
Erstaunt sah Kali mich an. „Das ist alles? Okay?“
Wieder zuckte ich die Schultern. „Ja. Okay.“
„Ace. Ich habe mit ihm geschlafen. Wir haben die ganze Nacht zusammen verbracht. Und alles, was
du dazu sagst, ist Okay?“
„Was?“, erwiderte ich wütend. „Du hast mir doch erst neulich klar gemacht, dass das, was du tust,
mich nichts mehr angeht. Was soll ich mich also aufregen? Werdet doch glücklich miteinander.“
Kalis Miene wurde starr. Sie musterte mich eine lange Zeit. „Du bist eifersüchtig, stimmts?“
„NATÜRLICH bin ich eifersüchtig!“, platzte ich heraus. „Aber Ohka ist… so was wie ein Freund für
mich. Und dir kann ich sowieso nichts vorwerfen. Erstens, weil wir keine Beziehung haben, Kali. Und
zweitens…“
„Weil du mit Huntress geschlafen hast“, vollendete sie. „Ich weiß.“
Ich hob die Arme. „Das… Ist einfach so passiert. So wie bei dir und Ohka. Ich… Ach, was rede ich
überhaupt darüber. Es ändert ja doch nichts. Guten Tag, Helen.“
Ich riß mich zusammen und ging an ihr vorbei.
„Der Haarschnitt steht dir, Ace“, rief sie mir nach. Unwillkürlich strich ich mir mit der Linken über
das Haar. Eigentlich hatte ich das Gegenteil erreichen wollen.
Ich sah auf meine Uhr. Es war noch Zeit, bevor die Disco öffnete. Zeit genug, um den Termin bei
Darkness wahrzunehmen. Ich war sehr gespannt, was mir mein alter Freund sagen wollte, wenn er
dafür extra einen Termin anberaumte…
************************************
Zwei Stunden später trat Tüncay in den Bereitschaftsraum der Staffel. Die Tür zu Murphys Büro war
geschlossen. Der Lieutenant klopfte an. Nach einem kurzen Moment hörte er die Stimme des
Staffelkapitäns durch das Schott klingen.
„Herein.“
Brawler tat wie geheißen. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, sah er, dass Thunder in der Ecke an
die Schottwand gelehnt stand. Er ahnte, das nun das volle Programm folgen würde.
„Lieutenant Tüncay wie befohlen zur Stelle, Sir!“
„Stehen Sie bequem.“
Tüncay entspannte sich nur marginal.
„Ich denke, Sie wissen, dass dies keine Heldentat war. Beim nächsten Male werde ich die Sache dem
JAG überlassen. Wie schon gesagt, Ihr Landurlaub ist gestrichen. Das gilt auch für den nächsten
Landurlaub, ich will Sie ja nicht in Versuchung führen. Weiterhin werden Sie auf der nächsten
Feindfahrt die doppelte Zahl an OvD Schichten ableisten.“
Brawler stöhnte innerlich, versuchte aber, sein Mißfallen zu verbergen.
„Weiterhin werden Sie sich um die Neuen kümmern, die nächste Woche an Bord kommen. Sprich: Sie
werden eine kleine Tour durch die Red machen, den Papierkram erledigen usw. usw.. Ich behalte mir
weitere Maßnahmen vor.“
Lieutenant Tüncay wußte nicht, ob er froh sein sollte, dass alles auf Staffelebene blieb oder ob er
angesichts dieser Maßnahmen.und der damit verbundenen Arbeit sich aus der nächsten Luftschleuse
stürzen sollte. Er machte sich schon bereit, sich abzumelden, als der Hammer kam...
„...und jetzt erzählen Sie mir von dem Vorfall neulich.“
Tüncay stotterte:“Vorfall?“
„Mir ist zu Ohren gekommen, dass an Bord einige Junioroffiziere eine Art Ehrengericht abgehalten
war. Und ich habe gehört, dass Sie mehr wissen. Also?“
„Sir...“
„Wollen Sie außerdem noch ein Jahr Latrinendienst schieben?“ Murphys Stimme nahm einen noch
bedrohlicheren Ton an.“
„Sir...“
„Ganz offen, Lieutenant, Sie können mir jetzt sagen, was Sache ist, oder Sie werden, so lange Sie in
dieser Staffel sind, jeden Sonderdienst machen, den es in dieser Navy je gab, gibt oder geben wird.“
„Sir, es ging um Radio.“
„Lieutenant Long.“ Murphy nickte und wartete darauf, dass Tüncay seine Ausführungen etwas
ausführlicher gestaltete.
„Ja, Sir. Auslöser war, dass diese Sache mit der Vertuschungsaktion des CAG rauskam. Sie wissen
doch, was ich meine...“
Murphy nickte abermals.“
„Jedenfalls meinte Ace, ich meine Lieutenant Davis, dass es nur Radios Gerüchteküche zuzuschreiben
sei, dass die Sache herausgekommen sei. Daraufhin hat er einige Leute angesprochen, um ein
Ehrengericht abzuhalten wegen unehrenhaften Verhaltens.“
„Und Sie waren dabei?“
„Jawohl. Ich war einer der Richter, wie ich bekennen muss. Ich muss aber sagen, dass ich gegen eine
Bestrafung war. Trotzdem hat man gegen Radio eine Kommunikationssperre verhängt.“
„Ok, danke Lieutenant. Sie wissen, dass diese Ehrengerichte illegal sind.“
„Ja Sir.“
„Und Sie sind sich im Klaren, dass dies Ihre Karriere ruinieren kann.“
Tüncay nickte.
„Ich hoffe, das war das erste und letzte Mal, dass Sie eine solche Aktion mitgemacht haben.“
„Sir, ja Sir.“
„Gut, dann will ich es dabei beruhen lassen. Wenn ich Sie noch härter bestrafe, wird man sich fragen,
warum und das wollen wir ja nicht unbedingt.“
„Danke Sir.“
„Bevor Sie gehen, noch zwei Dinge. Zum einen zu Lieutenant Davis. Ich gebe Ihnen den
nachdrücklichen Rat, sich von ihm fernzuhalten. Dieser Kerl ist nicht ganz koscher. Entweder ist da
der ND dran oder zumindestens an ihm interessiert. Außerdem behagt mir nicht, dass er sich aufführt,
wie eine Primadonna. Solche Leute, die als Helden leben wollen, neigen dazu, auch als Held zu
sterben...und Helden sterben nicht nach einem langen Leben friedlich in ihrem Bett. Wir werden in
Kürze sechs neue Leute bekommen, sprich, wir müssen unser Teamwork komplett neu aufbauen, da
kann ich keine Einzelkämpfer und Möchtegernhelden brauchen.“
Tüncay nickte.
„Außerdem wird außer uns dreien hier keiner über die Vorfälle erfahren. Sollte ich auch nur ein
Sterbenswörtchen hören, was das Gespräch hier betrifft, lasse ich Sie zur Marineinfanterie
versetzen,verstanden?“
„Sir, ja Sir.“
„Gut, wegtreten.“
Als Brawler den Raum verlassen hatte, grinste Thunder Martell an.
„Wieder die dicke Keule ausgepackt?“
„Muss manchmal sein. Brawler hat das Herz am rechten Fleck, aber das reicht nicht, um zu überleben.
Wir müssen als Führungsoffiziere ja nicht nur schauen, dass unsere Leute den Schlamassel hier
überleben. Sondern wir sollen ja auch ein Auge auf deren Karriere haben. Wenn wir auf Brawler nicht
aufpassen, werden wir da versagen.“
„Und was ist mit Davis?“
„Davis ist ein Möchtegernheld. Die Sorte Pilot hab ich damals schon im Kampf gegen die Piraten
erlebt. Eine Gefahr für sich selbst und die, die mit ihm fliegen. Nehmen Sie sich Snake Bite beiseite
und sagen Sie ihr, dass Sie entsprechend auf die Neuen einwirken soll.“
„Ist das nicht ein wenig übertrieben?“
„Mag sein. Mag nicht sein. Aber im Zweifel bin ich lieber zu vorsichtig als dass nachher ein zweiter
Ace in meiner Staffel rumrennt.“
„Da ist was dran...wann kommen die Neuen, in einer Woche?“
„Jup. Scheinen fast alles Leute zu sein, die durch die beschleunigte Ausbildung gejagt worden sind.
Wenig echte Flugstunden, viel Simzeit und verkürzte Theorie. Anders formuliert: wenn wir wollen,
dass sie die ersten Einsätze überstehen, müssen wir uns mächtig anstrengen. Einen Veteranen
bekommen wir allerdings. Ist nen First Lieutenant, den ich flüchtig vom Mars kenne. Heißt Rod
Iverson, Callsign Crimson. Hat knallrote Haare, daher der Name. Der Mann ist ein guter
Formationsflieger und ein akzeptabler Schütze, was aber viel wichtiger ist, ist, dass er Fronterfahrung
hat und Befehle befolgt.“
„Immerhin etwas.“
„So, ich werde zurück nach Perseus, Schönberg hält heute einen Gottesdienst in der Kapelle. Wenn
etwas ist, regeln Sie das einfach.“
„Mach ich, Skipper.“
Murphy stand auf, griff nach seiner Pilotenjacke und verließ das Büro.
*************************************
"LI für Brücke!"
"Hier Brücke." Antwortete Auson.
"Maschinenraum 1 und 2 melden Bereitschaft. Reaktoren bereit zum hochfahren."
Auson wandte sich an Commodore Clark: "Commander Patrich meldet beide Reaktoren klar."
"In Ordnung dann wollen wir mal." Clarke zündete sich eine Zigarre an.
"Aye, aye Sir!" Sie aktivierte wieder die Gegensprechanlage: "LI: Reaktor Nr. 1 hochfahren."
"Reaktor Nr. 1 hochfahren, aye Ma'am."
Eine ganze Weile herrschte Ruhe, dann meldete sich der Chefingeneur wieder: "Reaktor Nr. 1 ist
hochgefahren."
"Ausgezeichnet: Nr. 2 hochfahren."
"Aye Ma'am."
Schließlich meldete sich Patrich wieder: "Brück, wir starten einen zweiten Versuch Reaktor zwo
hochzufahren."
"Bestätigt."
Clark trat zu ihr: "Probleme?"
"Reaktor zwei will anscheinend nicht hochfahren."
"Naja, die alte Ladie hat ja auch schon einige Jahre auf dem Buckel, wissen Sie, die Red ist einer der
wenigen Zeus-Träger, bei denen nie die Reaktoren ausgewechselt wurden. Lassen Sie mich überlegen,
die Inianapolis und die Invesible hatten bei der außer Dienststellung noch die origenalen."
"LI für Brücke: Reaktor Nr. 2 hochgefahren, jetzt schnurrt er wieder!"
"Brücke verstanden", antwortete Auson.
Clark explodierte in Aktivität: "Hintere Verankerungen lösen! Rudergänger klar für Manöver!"
Auson wiederholte seine Befehle pflichtschuldigst und meldete ihm dann natürlich auch den Vollzug.
"Vordere Verankerungen lösen!" Bellte Clark.
Es folgte eine kurze Periode der Stille, die Auson schließlich unterbrach: "Hintere und vordere
Verankerung haben Sicherheitsabstand erreicht. Bereit um Schwebemodus einzuleiten."
"Leiten Sie Schwebemodus ein und lösen Sie die mittlere Verankerung!"
"Aye, aye Sir, Schwebemodus einleiten und mittlere Verankerung lösen." Sie wandte sich um: "Mr.
Hustle: Leiten Sie den Schwebemodus ein. Relative Geschwindigkeit zum Tenderschiff null." - "Aye,
aye Ma'am! - "Ms. St. Clair: Verankerungen backbord und steuerbord mittschiffs lösen!"
"Captain: Wir schweben im Tenderschiff!"
"Sehr schön, übernehmen Sie bitte das auslaufen."
"Aye, aye Sir. Mr. Hustel: Manöverdüsten achtern 25 Prozent."
Langsam schob sich der riesige Flottentärger aus dem Tenderschiff. Zu altem Glanz erstrahlt, leuchtete
ihre plumpe Schönheit durch das Perseus-System.
Nur ein kleiner Hecht, dennoch ein Hecht in diesem Sternensystem.
**********************************
Auf mein Anklopfen bat Darkness mich herein.
Ich salutierte schneidig. „Commander, Second Lieutenant Clifford Davis. Ich melde mich wie
befohlen.“
Darkness nickte als Antwort. Er sah nur kurz vom Studium der Akte in seiner Hand auf, bevor er mir
mit einem Nicken einen Sitzplatz zuwies.
Auf dem zweiten Stuhl vor dem Schreibtisch saß bereits ein anderer Second Lieutenant. Das musste
Frischfleisch von der Akademie sein. Die linke Brust seiner weißen Ausgehuniform war nackt.
Ich setzte mich und wartete ab.
Der Pilot neben mir war groß, noch um einiges größer als ich. Ich schätzte den Mann auf gut zwei
Meter.
Seine Haare waren kurzgeschoren. Er hielt sich gerade und sah starr gerade aus.
Endlich ergriff Justin McQueen das Wort.
„Dies ist Second Lieutenant Albert Mbane, gerade frisch von der Akademie zu uns versetzt.
Cliff, ich will, dass du dich seiner annimmst. Er soll dein neuer Flügelmann werden.“
Dieses glitzern in Darkness´ Augen gefiel mir gar nicht. Was hatte mein Freund nur wieder
ausgeheckt?
„Aye, Sir“, erwiderte ich, ungewöhnlich förmlich bleibend. „Gibt es einen besonderen Grund, warum
mir Lieutenant Mbane zugewiesen wurde?“
Wortlos schob Darkness mir die Akte zu.
Ich ging sie kurz durch. Jahrgangsbester, exzellente Noten. Das psychologische Profil allerdings
bereitete mir Sorgen. Der Mann galt aus undiszipliniert und vor allem rechthaberisch. Kritik vertrug er
so gut wie gar nicht. Befehle, die seinen eigenen Vorstellungen zuwider liefen befolgte er nur
widerwillig. Kurz und gut, der Bengel hielt sich für einen fliegenden Gott. Und bisher hatte er auch nie
einen Grund gehabt an dieser Einstellung zu zweifeln.
Denn er war noch nicht gegen Akarii geflogen. Hatte überhaupt mal einen richtigen Raumkampf von
Nahem gesehen. Und diesen arroganten, selbst überschätzenden Halunken hatte ich nun am Heck
kleben. Na toll.
Wieder sah ich dieses verräterische Glimmen in den Augen McQueens, als ich die Akte zurückreichte.
„Und, Lieutenant Davis, was denken Sie?“
„Womit, wenn ich fragen darf, habe ich diese Ehre verdient, Sir?“
Zum ersten Mal seit ich das Büro betreten hatte, zeigte Darkness offen eine Emotion. Er schmunzelte.
„Nun, eigentlich nur aus dem einfachen Grund, dass sich Lieutenant Mbane freiwillig gemeldet hat.
Genau wie Sie damals, Lieutenant. Ich hielt es für eine gute Idee, zwei derart hoch motivierte Piloten
als Team arbeiten zu lassen.“
Und mich dadurch, dass ich Mbanes Eifer bremste, selbst ein wenig ruhiger werden zu lassen.
„Ja, Sir. Eine gute Idee, Sir.“ Ich grinste schief. Das würde der alte Mann wieder bekommen. Früher
als ihm lieb war.
„Gut. Da das geklärt ist: Lieutenant Mbane, Lieutenant Davis war das letzte halbe Jahr mein
Flügelmann. Er hat da einen exzellenten Job gemacht und ich denke, er kann Ihnen einiges beibringen.
Versuchen Sie, an seinem Flügel kleben zu bleiben und hören Sie auf ihn. Dann sollten Sie lange
genug überleben, um auch ein paar Akarii abschießen zu können.“
„Jawohl, Sir!“, blaffte Mbane.
„Gut. Bitte warten Sie draußen. Ich habe noch einiges mit Lieutenant Davis zu besprechen.“
Der Mann stand auf. Er war tatsächlich größer als ich. Die breiten Schultern taten ein Übriges.
Mbane salutierte vorbildlich, drehte über den linken Hacken und verließ den Raum.
„Okay, alter Mann, sieht so aus, als hättest Du mich kalt gestellt.“
Darkness schmunzelte. „Ich habe nicht gelogen, Cliff. Der Junge ist ein Hitzkopf. Genau wie du.
Wenn ihn einer in Schach halten kann, dann du. Sollte er seine ersten Einsätze überleben und was
lernen, haben wir vielleicht einen weiteren guten Piloten auf diesem Träger.
Das hat nichts mit kalt stellen zu tun, Ace. Es musste dir doch klar sein, dass als Flügelmann für dich
kein Veteran der MARYLAND in Frage kommt.
Auch wenn du mit dem einen oder anderen… Nun, gut zusammenarbeitest.“
Ich spürte wie ich rot wurde. „Äh, hör mal, Darkness, das mit Huntress und so…“
„…geht mich nichts an. Aber vielleicht nutzt du die Gelegenheit und hörst auf, Kali nachzuhängen
und Lilja beeindrucken zu wollen.“
Ich senkte den Kopf. „Ja, Sir.“ Ich hasste es, wenn er Recht hatte.
„Ach ja, noch etwas. Was läuft da zwischen Radio und dir?“
„Nichts“, brummte ich.
„Nun, das ist gut, denn ich habe etwas läuten gehört, ein Typ mit Lieutenantsstreifen und blauen
Haaren hätte ein Ehrengericht angezettelt.
Wie blöd ist dieser Kerl bloß? Wo er doch genau weiß, dass Ling immer noch an seinem Arsch hängt
und nur auf die Gelegenheit wartet, ihn wegen so einem Scheiß dranzukriegen! Von Yamashita,
unserem scharfen JAG-Pitbull mal ganz zu schweigen!“
Ich behielt den Kopf weiter unten. „Es war kein Ehrengericht, Jus… Es war eine Frage des Esprit de
Corps. Ich weiß, vor Gericht macht das keinen Unterschied. Aber ich dachte, wenn Radio einmal sieht,
dass er mit seiner schnoddrigen Art nicht durchkommt, würde er…“
„Würde er was? Ein besserer Mensch werden? Radio ist mit Verlaub ein Soziopath. Dazu kommt ein
aggressives, egozentrisches Weltbild. Der Mann darf nur deswegen noch fliegen, weil er bei den
Akarii mehr Schaden als in der Flotte anrichtet. Noch. Wir brauchen Piloten, Ace. Piloten. Radio ist
ein Pilot. Das heißt aber nicht, dass ich nicht einschreiten würde, wenn er es zu weit treibt, mit seiner
Gerüchteküche oder seinen Schwarzmarktgeschäften. Aber wir sind auf ihn angewiesen.
Geh ihm aus dem Weg, solange er Fotos von dir für Zielübungen benutzt, okay?“
„Wie viel Sinn“, fragte ich mit noch immer gesenktem Kopf, „macht ein Pilot, der keinerlei
Gemeinschaftssinn hat?“
Darkness sah mir lange in die Augen. „Geh ihm aus dem Weg und laß ihn in Ruhe. Wenn es nötig
wird, werden Lone Wolf oder ich uns um ihn kümmern. Verstanden?“
Ich nickte. „War es das dann, Boß?“
„Nein, nicht ganz. Kommst du Morgen mit ins MIRAGE?“
„Hm, gerne. Aber ich esse keines dieser labbrigen Steaks.“
Darkness schmunzelte. „Noch etwas, Cliff. Mbanes Callsign ist Shaka.“
Ich runzelte die Stirn. „Soll mir das irgend etwas sagen?“
„Immer diese Weltraumgeborenen. Hast Du noch nie was von den Zulu-Aufständen im achtzehnten
Jahrhundert im Bezirk Südafrika gehört? Einer ihrer Anführer nannte sich Shaka Zulu. Eine sehr
interessante Geschichte.“
„Lass mich raten. Er hängt da irgendwie mit zusammen.“
Darkness schüttelte den Kopf. Ungläubig, spöttisch. „Ihr Weltraumgeborenen. Hast du dir Albert
Mbane mal genau angesehen? Er ist schwarz. Er stammt direkt vom Volk der Zulu ab. Zumindest steht
das in seinen Akten.“
Nun war es an mir, ungläubig den Kopf zu schütteln. „Das war alles? Die Zulus waren schwarz? Wenn
es Aufstände gab, dann müssen sie unterdrückt worden sein. So wie du das schwarz betont hast, wohl
von Asiaten oder Europäern. Ihr Planetengeborenen habt eine merkwürdige Art, eure Komplexe
abzubauen.“
“Tssss“, machte der Pilot leise. „Jetzt aber raus hier, sonst bezahlst du das Essen Morgen.“
Grinsend verließ ich das Büro meines ehemaligen Wing Leaders.
Draußen erwartete mich mein neuer Flügelmann. „Auf ein Wort, Sir.“
Ich winkte ab. „Schon gut, Lieutenant Mbane. Wir haben denselben Rang. Sie brauchen mich nicht Sir
zu nennen.“
Er grinste und entblößte dabei zwei Reihen makellos weißer Zähne. „Schon, aber Second Lieutenant
ist mir zu lang.“
„Okay“, brummte ich amüsiert. „Mein Callsign ist Ace. Jetzt, wo wir zusammen fliegen, nennen Sie
mich ruhig so.“
„Also Ace. Ich habe eine Frage an Sie.“
Ich nickte. „Schießen Sie los, Shaka.“
„Was wissen Sie über den Piloten, der auf der REDEMPTION zwei Feindfahrten mit gemacht hat und
bereits zehn Akarii abgeschossen hat?“
Ich erstarrte, als hätte mir jemand Eiswasser in den Kragen gegossen. „Nichts“, log ich.
Albert Mbane zog die Stirn kraus. „Nichts? Aber…“
„Hören Sie, Shaka, zehn Abschüsse sind nichts besonderes. Lone Wolf, Martell, Darkness, sogar
Lightning liegen alle weit darüber. Die meisten von ihnen haben Manticor mitgemacht und überlebt.
Und genau darin liegt das Geheimnis des Erfolges.
Wenn Sie an meiner Seite da rausfliegen um auf Teufel komm raus Akarii abzuschießen, dann werden
Sie schnell sterben. Wenn Wir da allerdings als Team rausgehen, dann verspreche ich Ihnen,
bekommen Sie genügend Gelegenheit, auf Akarii zu feuern. Und Sie erhalten auch Ihre Möglichkeit,
sich Ihre Abschüsse zu holen. Ein guter Pilot ist wie Snakebite. Er schießt dann, wenn er auch trifft.
Geringes eigenes Risiko, größtmöglicher Erfolg. Auf diese Weise habe ich zusammen mit Darkness so
mancher Echse die Schuppen abgepult.“
Unschlüssig sah der Riese mich an. „Wie viele Abschüsse haben Sie denn?“
Ich deutete auf das Flying Cross auf meiner Brust. „Genügend, Shaka. Genügend. Ich erwarte Sie
Morgen um Null Neunhundert Bordzeit in voller Montur im Briefingraum der Roten Staffel. Ich will
mir ansehen, was Sie drauf haben. Ist das in Ordnung, Lieutenant?“
Er nickte leicht. „Null neunhundert. Briefingraum Rote Staffel. Yebo, Ace - Ja, Ace.
Sizobonana – Wir sehen uns später.“
„Bis Morgen“, erwiderte ich und ging los. Bisher erschien mir der Junge recht vernünftig zu sein. Ich
war sehr gespannt darauf, wie er sich im Cockpit einer Phantom machen würde.
***********************************
Als Juliane den Raum betrat, gellte ein scharfes Achtung! auf. Die Piloten der blauen Staffel sprangen
auf und nahmen Haltung an.
„Rühren“, brummte Huntress und ging zum Rednerpult des Briefingraumes.
Umständlich langsam breitete sie eine Handvoll Papiere aus, bevor sie endlich aufsah und die
Anwesenden einzeln fixierte.
Das war also ihre Staffel. Zwei ihrer Kameraden von der MARY, drei Veteranen der RED, eine Pilotin
von PERSEUS und fünf Akademieabgänger, die entweder hofften, Ruhm und Ehre zu sammeln,
einfach nur hofften zu überleben oder schlimmstenfalls mit der Floskel hergekommen waren, um
ihrem Vaterland zu dienen.
„Guten Abend, Blaue Staffel“, sagte sie.
„Guten Abend, Commander“, antwortete Demolisher. Die anderen fielen ein. Auch die Neuen.
Juliane nickte schwer. „Für unsere Ersatzpiloten: Ich bin Lt. Commander Juliane Volkmer,
Kommandeurin der Blauen Staffel, den Joker for Redemption. Unser Einheitsabzeichen ist die rote
Jokerkarte.
In den letzten beiden Feindfahrten hat die blaue Staffel stark gelitten, aber immer mehr ausgeteilt als
eingesteckt.
Unter meinem Kommando wird die blaue Staffel hoffentlich immer noch hart austeilen, aber nicht
mehr soviel einstecken müssen.
In den letzten beiden Wochen hatten wir viel Gelegenheit, miteinander zu fliegen und uns kennen zu
lernen. Wir haben uns eine gute Basis erarbeitet, um Sie, meine Damen und Herren von der Akademie,
in ein funktionierendes System aufzunehmen und Sie auf Ihre neue Aufgabe als Kampfpiloten
vorzubereiten.
Vor uns allen aber liegt noch ein hartes Stück Arbeit. Die nächste Feindfahrt der REDEMPTION ist
nicht mehr weit und wir müssen erst noch werden, was wir auf dem Papier bereits sind: Eine Staffel.
Deswegen bitte ich Sie, meine Damen und Herren von der Akademie, hören Sie auf Ihre Flightführer
und Wing Commander, passen Sie auf und lernen Sie und Sie bekommen Ihre Chance zu überleben
und Akarii abzuschießen.
Und Sie, meine Damen und Herren Veteranen bitte ich, seien Sie Ihren neuen Kameraden Vorbild und
Freund. Passen Sie auf sie auf, wie es die Veteranen getan haben, die sich Ihrer annahmen, die es
Ihnen ermöglichten, so lange zu überleben.
Ich will, dass diese Staffel durch gutes Teamwork besticht. Wie die zwölf Zahnräder einer großen
Maschine müssen wir ineinander greifen, gemeinsam arbeiten und gemeinsam kämpfen. Wir müssen
aufeinander aufpassen, uns gegenseitig beschützen und vereint unsere Gefechtsaufträge erfüllen. Dann
werden wir alle überleben und unseren Teil dazu beitragen, die REDEMPTION zu beschützen und den
Sieg über die Akarii zu sichern.
Bitte, ich weiß, Sie sind erst wenige Stunden an Bord. Sie wollen sich ausruhen und anschließend in
Ihre Typhoons steigen. Aber erzählen Sie uns doch etwas über sich.
Wer fängt an?“
Ein großer Mann mit hellbrauner Haut erhob sich. „Ma´am, Second Lieutenant Allan Swans. Ich…“
„Nicht so förmlich, Lieutenant. Sagen Sie uns etwas über sich selbst, nicht was in den Akten steht.
Wenn wir für Sie töten und sterben sollen, wäre es nett, mehr über Sie zu wissen, right?“
Der große Mann lächelte verlegen. „Right, Ma´am. Also, ich bin Allan Swans. Ich komme aus
Nordamerika, genauer gesagt von der Ostküste aus Boston. Nord-Boston, um genau zu sein.
Quebecker in der neunten Generation und stolz drauf.
Ich bin einundzwanzig. Mein Callsign ist Dagger. Dagger, weil ich plötzlich auftauche, hart zuschlage
und meine Gegner schwer treffe, bevor ich wieder verschwinde.“
„Was haben Sie für Hobbies, Dagger? Sie haben doch Hobbies?“
„Äh, ja, Ma´am. Ich lese sehr gerne. Shakespeare, Watson, M´bato, Wong, Goethe…
Aber ich bin nicht vollkommen langweilig. Ich fechte Florett. Auf der Akademie war ich in der
Auswahl und hätte beinahe die Flottenauswahl besiegt.“
Juliane nickte, als der Mann sich wieder setzte. „Gut, Dagger. Wollen Sie jetzt?“
„Ich bin Katherine Lacroix. Mein Callsign ist Elfwizard.
Ich bin Südfranzösin, und das mit Leib und Seele.“ Die keine Frau mit den schwarzen Haaren lächelte
verschmitzt. „Man nennt mich Elfwizard, weil ich die einzige Pilotin bin, die Dagger noch nie besiegt
hat. Er meint, das grenze an Zauberei.
Meine Hobbies sind Boule und tanzen. Ich habe immer meinen eigenen Satz Kugeln mit. Man kann ja
praktisch überall spielen… Wenn also jemand Lust und Zeit hat, er soll nur fragen.“
„Danke, Elfwizard. Sie bitte, Sir.“
Der Mann mit dem kantigen Gesicht stand auf. „Ich bin John Poindexter. Mein Callsign ist Bushfire,
weil ich mir meine ersten Sporen verdient habe, indem ich in meiner Heimat Australien einen Elvis IX
zur Bekämpfung von Buschbränden geflogen habe. Damals hatte ich den Wunsch, mal so richtig
schnell zu fliegen. So kam ich auf die Akademie.
Ich bin mit dreiundzwanzig etwas älter als die anderen Abgänger, aber das macht wohl nichts.
Meine Hobbies sind Lateinische Tänze, Kleinkaliberschießen und Kalligraphie.“
„Hm, gut. Sie, Sir?“
„Ich bin Nemesis. Sorry, Ma´am. Mein Name ist Cord Larkin. Ich komme aus den Orbitalhabitaten
der Venus. Ich bin quasi im All aufgewachsen und habe deswegen eine gesunde Abneigung gegen
Planeten. Was lag da näher, als eine Karriere in der Navy zu wählen? Besser als ein Pilot kann man
nicht leben. Auf einer feurigen Kanonenkugel reiten, nur durch zwei Zentimeter Transplex vom
eisigen Tod im All getrennt…
Äh, ja, meine Hobbies. Genau wie Bushfire mag ich lateinamerikanische Tänze. Wir waren harte
Konkurrenten auf der Akademie. Ansonsten spiele ich noch gerne auf meinem Saxophon. Ein Schiff
mit seiner eigenwilligen Akustik bietet für mein Spiel einen tollen Hintergrund.“
„Na, Sie sollten uns bei Gelegenheit mal was vortragen. Sie bitte, Miss.“
„Mein Name“, begann die kleine Frau schüchtern, „ist Eleni Sourakis. Mein Callsign ist Sneaker. Ich
bin echt top in Navigation und in Ortung und so. Aber es hapert doch am Kampf.
Tja, Hobbies. Ich koche gerne. Und ich löse gerne Wurmlochsprungberechnungsformeln.“
„Ein sehr nützliches Hobby, Sneaker.
Nun, wir werden noch gut eine Woche haben, in der wir uns näher kennen lernen können. Aber bis
dahin haben wir ein hartes Stück Arbeit vor uns.
Bis dahin fliegen wir in folgender Aufstellung:
„Flight one: Huntress und Foreigner.
Avenger und Sneaker.
Flight two: Rapier und Dagger.
Merkur und Nemesis.
Flight three: Demolisher und Bushfire.
Cloud und Elfwizard.
Noch Fragen? Gut.
Ich erwarte Sie alle Morgen um Null Neunhundert an den Sims. Wir wollen mal sehen, was Sie alle so
draufhaben.
Sie sind entlassen.“
Wieder ordnete Juliane ihre Papiere. Diesmal aber war es nur ein Vorwand, um noch etwas im Raum
bleiben zu können und ihre Piloten zu beobachten. Wie sie erwartet hatte, gingen die
Akademieabgänger zu ihren jeweiligen Flightleader und stellten sich vor. Gut. Es war immerhin ein
Anfang.
Wenn jetzt noch das Glück mitspielte, würde der Großteil dieser Piloten die nächste Feindfahrt
überleben. Gott, sie haßte diesen Job.
******************************
Radio marschierte durch die so genannte Main Street, die Hauptamüsiermeile von Perseus. Seine
Laune lief seit gestern dem Tiefpunkt entgegen.
Die Mechaniker der RED hatten ein Basketballspiel gegen die Marines, die auf der RED Dienst taten
Der entgangene Wettgewinn bereitete ihm Übelkeitsgefühle. Die Quote stand ganz klar für die
Marines und all die Deppen würden ihr teures Geld auf die Ledernacken setzen, weil keiner wusste,
dass Rodney Piers und Sue-Ellen Bryant aus Cutters Mechanikercrew vor dem Krieg beim planetaren
Meißter von Seafort 9 spielten und kurz davor standen in die 1. Liga gekauft zu werden.
Aber nein, diese Drecksäcke mussten ja vor Ace, Lilja und Co kuschen, also konnte er schlecht den
Buchmacher miemen. Rückgradlose Arschlöcher.
Als er das Callahans betrat sah er ein bekanntes Gesicht, einen Bomberpiloten der RED. Reflexartig
hob er den Arm.
Auch der Bomberpilot hatte ihn gesehen und wand sich prompt ab.
Wichser.
Er wusste schon warum er die Navy hasste. Über 200 Jahre gab es die TSN. Ihr Handbuch und Ihre
Vorschriften wurden über die Jahre 16mal überarbeitet. Und doch war es möglich, das ein Haufen
Sozialversager, die ein vernünftiger Mensch nicht mal als Pfördner einstellen würde, sich wie kleine
Könige aufführen können.
Nach einigem Umgucken sah er die Frau, die er suchte und ging zu ihrem Tisch, wo er sich
unaufgefordert setzte.
"Hi Schatz."
Der weibliche Lieutenant-Commander blickte auf und lächelte ihn breit an: "Hallo Curtis, Deiner Mail
habe ich entnommen, es sei dringend."
"Ja, ich möchte versetzt werden, kannst Du was arrangieren?"
Sie wurde schlagartig ernst: "Du musst Dich ganz schön in die Scheiße geritten haben. Dein CAG,
dieser Cunningham, hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt um Dich abzuschieben."
"Oh, und?"
"Tja, ein paarmal hätte es fast geklappt, aber da hab ich dazwischengefunkt."
"Hey, wieso?" Radio machte einen Handbewegung in Richtung des sich nähernden Kellners. Dieser -
die Bestellung wissend - drehte sich wieder um und verschwand in der Menge.
"Ganz einfach mein Junge, es hätte Dir dort nicht gefallen, außerdem habe ich immer noch Hoffnung,
dass Du da draußen abkrazt." Die Frau lächelte immer noch fröhlich.
"Jetzt weiß ich wieder warum ich nach drei Monaten Ehe mit Dir die Schnauze voll hatte." Resignierte
Radio.
"Wenn ich Dich korrigieren darf, ICH habe Dich verlassen, nicht umgekehrt. Und wir beide wissen
warum."
"Ja-ja-ja, ich hätte nicht versuchen sollen, Dich dazu zu zwingen, die Navy zu verlassen rasel-fasel."
Er blickte ihr eine Zeit lang tief in die Augen. "Das war wohl der größte Fehler meines Lebens."
"Vergiss es, Schätzchen."
"Was vergesen?" Wollte Radio wissen.
"Den Versuch mich ins Bett zu kriegen."
"Och Angie......" Jammerte Radio wärend seine Exfrau aufstand.
Sie lächelte ihn traurig an: "Sorry, aber mit Versetzung ist erstmal nichts, wo ich mich gerade gegen
eine stark gemacht habe."
Dann ging sie. Der Kelner kam mit einem Gin Tonic und brachte dazu noch die Rechnung Radios
Exfrau.
*
Tage Später wieder auf der Redemption
Die Woche war vorüber und Radio bezog wieder sein Quartier auf der RED.
"Man, einige Leute sind hier echt sauer auf Dich." Meinte Holzinger.
"Die können mich mal."
"Sind wir aber schlecht drauf, hast wohl keine..." Radios Stubenkammerad wurde von der Türklingel
unterbrochen.
Holzinger stand auf und öffnete die Tür, wärend Radio seine Klamotten in den Schrank räumte.
"Hi Peter, ist Radio wieder da?"
"Ja."
"Dann mach Platz verdammt nochmal." Fauchte Kerstin Thomale, eine neue Pilotin in der Roten
Staffel, die sich auch prompt an Holzinger vorbeidrängelte: "Oh, Gott sei gedankt, dass dieses
verdammte Embargo vorbei ist, hasst Du mein Haarschampoo?"
"Nein", antwortete ihr Radio gelassen und packte seelenruhig seine Sachen wieter aus.
"Gut, hier sind Deine... NEIN? Warum? WIESOO?"
"Nun, man hat mir geraten, ich solle ein besserer Soldat werden."
"Das kannst Du nicht machen, ich meine ..., verdammt ich bin gegen das Schampoo, was die hier auf
der RED verscheuern allergisch."
"Oh, das tut mir leid", Radio machte ein bedauerndes Gesicht, "aber mir schien, dass die
Allgemeinheit auch wünschte, dass ich ein besserer Soldat werde."
"Aber wie komme ich jetzt an mein Schampoo?" Jammerte die hübsche Pilotin.
"Och, frag doch am besten Ace, oder Lilja oder sonstwen. Aber jetzt RAUS!"
Kerstin zuckte zusammen und schnappte mehrmals nach Luft, ehe sie sich umdrehte und davonstapfte.
"Curtis, was wird das?" Wollte Holzinger wissen.
Radio öffnete sich eine Cola: "Nun mein lieber Peter, ich lasse meinen Schwarzmarkt erstmal
geschlossen."
"Scheiße. Du wirst Dir eine Menge Ärger einhandeln. Ist es das wert?"
"Ist DIES", Radio breitete die Arme zu beiden Seiten aus, "das Wohlwollen meines Vaters wert?"
Radio packte noch ein paar Hochglanzmagazine in eine Plastiktüte und ging. Die Hochglanzmagazine
landeten im Recykler.
Nachdem Radio mit Sport - es war das erste Mal, dass man ihn in der Sporthalle fand - vertig war fing
ihn James Bowman in der Unkleide ab: "Sag mal, stimmt es, dass Du gewisse Dinge, die Du einigen
von uns besorgen wolltest nun nicht besorgt hast?"
"Du hast feine Ohren mein Freund."
"Jetzt hör mal - und komm mir jetzt nicht mit dem besserer-Soldat-werden - was soll der Mist?"
"Okay, die Wahrheit Freundchen? Rache, ganz simple Rache. Das Kollektiv hat mich bstraft, nun
versuche ich das Kollektiv zu bestrafen."
"Radio: Du bist ein Arschloch, ein kleines mieses Arschloch. Ace hat vollkommen recht. Du hast
keinerlei gemeinschaftsinn..."
"GEMEINSCHAFTSSINN? Du kleiner Pisser wagst es mir mit Gemeinschaftssinn zu kommen? Wo
war DEINE tolle Gemeinschaft, als sich diese fünf debielen angemaßt haben über mich zu urteilen?
Keiner, kein einziger von Euch hat das Maul aufgemacht. Den Schwanz habt Ihr eingekniffen, vor Ace
und seiner Eisvalkyrie, schneller als man gucken kann.
Also erwartet von mir nichts mehr Leute."
Radio schmiss die Spindtür zu und brauste davon.
***

__________________
Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

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03.11.2015 22:10 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Vor zwei Tagen waren die Arbeiten beendet worden und die Redemption hatte das Dock verlassen.
Der alte Träger der Zeus-Klasse war nicht nur repariert worden, sondern hatte einige
Modernisierungen erhalten. 4 Impulslaser zur Raketenabwehr, die Katapultschlitten waren komplett
überholt worden und irrwitziger weise hatte man ach das Beerdigungssystem erneuert. Statt die
"Suppendosen" rauszuschießen wurden jetzt richtige Särge verwendet.
Die Flottenrichtlinien schrieben vor, die Galauniform und eine Ausgabe des Verwundeten Löwen in
Gold in dem Sarg zu deponieren, wenn keine Leiche vorhanden war.
Doch in diesem Sarg lag eine Leiche. Und diesen Piloten hatten nicht die Akarii getötet.
Samuel Brendstone hatte sich selbst gerichtet.
Nun, wer hatte daran Schuld, Lucas sah da mehrere Faktoren und er war ehrlich genug sich selbst
einen großen Teil dieser Schuld aufzubürden.
Curtis Long, sicherlich auch der trug seinen Anteil daran, doch dass änderte nichts daran, dass Lucas
sich hundeelend fühlte, Sam Brendstone die letzte Ehre zu erweisen.
"Und so erhob ich mich auf den Schwingen der Gerechtigkeit", las er die Worte der
Neuprotestantischen Kirche - im Volksmund auch Raumfahrerkirche ganannt, "und flog durch den
Himmel bis hinauf ans Firmament. Dort soll mein Stern strahlen. Wachen und den Weg zum Sieg
weisen."
Er atmete kurz durch: "Univerusm, Herr, unser aller Gott, wir haben uns hier in Deinem Angesicht
zusammengefunden um Dir die sterblichen Überreste von Samuel Brendstone zu übergeben.
Mit ihnen zusammen überantworten wir Dir seine unsterbliche Seele und bitten Dich sie an Deiner
Seite willkommen zu heißen.
Wir bitten Dich seine guten Taten zu ehren und seine Sünden zu vergeben. Amen."
Sechs Piloten in weißem Gala nahmen die Flagge vom Sarg und falteten sie zusammen. Dabei erklang
der Zapfenstreich aus der Konserve.
"Ganze Abteilung rechts UM! SaluTIERT!"
Der Sarg fuhr automatisch in die Luftschleuse. Die Innentüren schlossen sich und die Luft wurde
abgepummt. Dann öffneten sich die Außentüren.
Das neue Katapult schoss den Sarg in die leere des Alls.
"Abteilung ACHTUNG! WeggeTRETEN!"
Das Geschwader löste sich auf. Nur Pinpoint blieb noch eine Weile und blickte hinaus. Schließlich
entschied er sich mit Lone Wolf zu sprechen.
*
Er fand seinen Geschwaderführer im Bordcasino. Lone Wolf saß recht abseits in einer Ecke am
Panoramafenster.
Pinpoint machte einen kleinen Umweg zur Bar, wo wie seit einer Weile nicht mehr Radio stand,
sondern Shrike. Nicht dass dieser ihm irgendwie unsympatisch war, doch irgendwie hätte Pinpoint
lieber Radio hinter der Bar gesehen.
"Was soll das heißen, Du bekämest keinen Burn Out hin?" Nörgelte eine Pilotin den Barkeeper an.
"Dann erzähl mir doch, was da rein gehört?" Shrike klang generft.
Die zierliche Pilotin blickte zuerst zu Boden und zog eine Flunsch, bevor sie wieder zu dem großen
atraktiven Piloten hinaufblickte: "Weiß ich nicht, Radio hat ihn mir mal in die Hand gedrückt. Ich
habe nie nachgefragt, was drin ist."
Shrike ließ die Pilotin stehen - was diese kurzzeitig mit einem fassungslos offenen Mund quitierte -
und wand sich Pinpoint zu: "Keinen Extrawunsch Kleiner."
Seit Radios Ehrengericht waren drei Wochen vergangen, doch Radio blieb immer noch für sich. Die
Stimmung hatte sich drei Tage nach Ablaufen der Strafe gegen die fünf Richter gewand - genau zu
dem Zeitpunkt, wo klar wurde, das Radios anscheinend sehr lukrativer Schwarzmarkt wohl für längere
Zeit als die eine Woche pausierte.
Mit einem Bier in der Hand trat er an Lone Wolfs Tisch: "Darf ich mich setzen Boss?"
Lucas zuckte zusammen: "Ja, klar, setz Dich kleiner."
Beide blickten sie schweigend nach draußen. Hin und wieder nippten sie an ihren getränken. Lucas an
seinem Scotch und Pinpoint an seinem Bier.
"Wer waren sie?" Fragte Pinpoint.
"Bitte?"
"Ich habe mich gerade gefragt, wer die Leute an Bord des Frachters waren."
"Ich ... ich weiß es nicht", Lucas war erbleicht, "ich will es auch gar nicht wissen."
"Hatten sie Familien? Jemanden der auf sie wartet?"
Er ignorierte Lucas finsteren Blick.
"Wissen Sie Skipper etwas nicht zu wissen ist furchtbar. Ich meine, ich bin in einem Weisenhaus
aufgewachsen und habe meine Eltern niemals kennen gelernt. Ungewissheit ist was schreckliches..."
"Halt bitte das Maul." Lucas umklammerte sein Glass Whiskey fest.
"Wenn Du ein Veteran bist, wird alles einfacher haben wir uns auf der Akademie gesagt..."
Lucas unterbrach seinen Flügelmann mit einem bitteren Auflachen: "Junge tu mir den Gefallen und
lerne schnellstens drei absolute Wahrheiten des Universums: 1. Es wir niemals einfacher werden. 2.
Das Leben ist nicht fair. 3. Ich falle nicht unter die Kathegorie guter Mensch."
"Hätten Sie mir das nicht sagen können, bevor ich Sie als Freund ansah?" Ohne eine Antwort
abzuwarten verließ Pinpoint das Kasino und überließ Lucas seinen trüben Gedanken.
*
Das Kabine war Dunkel. Außer dem gleichmäßigem Atmen seines Stubenkameraden war nichts zu
hören.
Leise wie möglich machte Pinpoint sich bettvertig und schlüpfte unter die Decke.
Einige Zeit wälzte er sich unruhig im Bett hin und her. Schließlich machte er das Licht seines
Nachttisches an.
"Ace? Schläfst Du schon?" Sein Stubenkamerad drehte sich von einer Seite auf die andere. "Ace?"
"Ja, ich schlafe schon." Kam die Antwort. Ace Stimme zügte von Müdigkeit und auch Wut.
"Ich habe nachgedacht."
"Himmel hilf", stöhnte Ace.
"Du bist der Meinung, dass dieses Friendly Fire niemals hätte aufgedeckt werden dürfen", Pinpoint
hielt inne.
"Worauf willst Du hinaus?" Ace klang mehr als genervt.
"Aber, in einem solchen Fall, ich meine, wenn es wirklich geheim bleibt, würdest Du doch nie
erfahren, was passiert, wenn plötzlich ein Sam Brendstone den Frachter Deiner Eltern aus unserem
Universum ballert. Naja, ich habe nur nachgedacht, Du bist sicherlich müde. Gute Nacht."
Pinpoint schaltete das Licht wieder aus.
***********************************
Traditionen
First Lieutenant Valeria Shukova runzelte die Stirn. Die Nachricht auf ihrem PC sah nicht nach einer
dienstlichen Mitteilung aus: ,Absender First-Lieutenant Pawlitschenko. Was zum Teufel will die denn
von mir?‘ Sie hatte zu Lilja nicht viel Kontakt, obwohl sie Landsleute waren. Mit einem mentalen
Achselzucken öffnete sie das Verzeichnis.
First Lieutenant Valeria Shukova
Man ist mit der Bitte an mich herangetreten, unsere Landsleute an Bord dieses Schiffes zu
informieren, daß am 9. Mai ab 20 Uhr eine Feier anläßlich des Tages des Sieges auf der Perseus-
Station stattfindet. Als Ort wurde das Lokal „Sto Gramm“ genannt. Veranstalter ist der „Bund der
russischen Frontkämpfer“. Um Teilnahme wird gebeten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir
mitteilen könnten, ob Sie sich zu diesem Anlaß einfinden könnten. Unkostenbeitrag sind 10 Real.
Ich hoffe auf Ihre Antwort!
Lilja
Nun, DAMIT hatte sie bestimmt nicht gerechnet. Der Veranstalter war ihr bekannt – eine Mischung
aus Traditionsverein und „Bund der Soldatenmütter“. Aber von derartigen Aktivitäten war bisher
nichts an ihr Ohr gedrungen. Andererseits – dies war der erste 9. Mai im Krieg.
Eigentlich schätzte die TSN eine übertriebene „Ethnisierung“ ihrer Soldaten gar nicht. Schließlich war
die Welt und die Kolonien jetzt eine große glückliche Familie. Mit Betonung auf EINE. Andererseits
aber war ein Militär eine im Grunde reaktionäre Organisation, die sich noch nach hunderten (oder
mehr) Jahren vergangener Waffengänge rühmte. Tradition war alles, vor allem, wenn man darauf stolz
seien konnte. Und deshalb hatten gewisse nationale Elemente überlebt. Allein schon, weil man eine
gemeinsame Sprache hatte und mitunter sich eben doch von den anderen abhob. In Rußland und
überall dort, wo Russen lebten, feierte man den 9. Mai noch immer, obwohl manche den Ursprung des
Feiertages gar nicht mehr kennen mochten. Valeria zählte zu denen, die es wußte – und sie hätte einen
Aufklärer gegen einen Flottenträger gewettet, daß dies für Lilja ebenfalls galt – aber sie hatte das
Datum bisher kaum sonderlich gefeiert. Andererseits tat es vielleicht ganz gut, mal wieder die eigene
Sprache hören zu können. Und man mußte die Feste feiern, wie sie fielen. Also warum nicht? Das
„Sto Gramm“ kannte sie jedenfalls. Es handelte sich dabei um ein recht gutes russisches Speiselokal,
das so hieß, weil angeblich zu jeder Mahlzeit „100 Gramm“ – und zwar „Sprit“ – gehörten.
Lilja überprüfte ihr Spiegelbild. Sie lächelte ein wenig zynisch. So oft, wie sie sich in Galauniform
warf, konnte man noch meinen, sie leide unter Eitelkeit. Aber heute war es – anders als bei diesem
dämlichen Ehrengericht – ein WIRKLICH passender Anlaß. Das mußte gewürdigt werden. Bei dem
Gedankengang ,Ehrengericht‘ verzog sich das „holde“ Gesicht der Russin zu einer Grimasse. Sie trug
es – wieder mal – Ace nach, daß es nicht so gelaufen war, wie sie gewollt hatte. Still bedachte sie den
Piloten mit ein paar Freundlichkeiten. Wenn ein Kind solche Worte laut ausgesprochen hätte, nun,
eine besorgte Mutter hätte ihm vermutlich den Mund ausgewaschen. Andererseits hoffte sie, er würde
sie künftig in Ruhe lassen. Aufmerksamkeit war ja, angesichts ihres Aussehens, durchaus
schmeichelhaft. Aber nicht gerade von IHM. Außerdem hatte sie so ihre Vermutungen, was die
Motive von Ace anging. Nun, momentan schien er ja Ersatz gefunden zu haben...
Sie bedauerte, daß sie Ina nicht mitnehmen konnte. Aber die hätte sich dort wohl nicht recht wohl
gefühlt. Außerdem war es eben ein Treffen der russischen Soldaten. Sie freute sich darauf, endlich
einmal wieder unter Landsleuten zu sein. Und außerdem billigte sie die hinter dem Treffen stehenden
Gedankengänge. Jetzt, wo die ganze Menschheit im Kampf stand, war es nur richtig, an die Siege zu
erinnern, die man errungen hatte. Aus der Vergangenheit konnte man Kraft für die Gegenwart und
Zukunft schöpfen, davon war sie fest überzeugt. Und wie andere Gegner zerschmettert worden waren,
so würden auch diese fallen.
So gesehen war es ihr sogar ganz Recht, diesen Abend nicht an Bord des Trägers verbringen zu
müssen. Seit dem „Ehrengericht“ hatte sich die Stimmung langsam aber sicher gegen sie gewandt.
Radio hatte sich wie die sprichwörtliche gekränkte Unschuld vom Rest der Piloten zurückgezogen.
Und da er vorher ein wichtiger Faktor auf dem internen Schwarzmarkt gewesen war, wurde dies nicht
eben mit Freude registriert. Inzwischen gaben einige den „Richtern“ die Schuld daran. Nicht ganz zu
Unrecht, wie Lilja zugeben mußte. Wenn sie nicht mitgemacht hätte oder Ace an seinem privaten
Rachefeldzug gehindert hätte... Das Ehrengericht WAR richtig gewesen – das Urteil aber...
Aber wenn sie ehrlich war, so zweifelte sie daran, daß Radio sich nur aus rechtschaffender Empörung
so verhielt. Eher legte er es ganz genau darauf an. Wenn er aber glaubte, SIE damit klein zu kriegen,
dann hatte er sich geschnitten!
Es war Lilja ziemlich egal, was der Rest der Piloten von ihr dachte. Perkele war neu, er konnte ihr
nichts nachtragen. Ina nahm die Sache wie immer mit Humor, und ihre Freundschaft war zu fest, um
dadurch auch nur angekratzt zu werden. Lightning war als Commander sowieso nicht auf die Umtriebe
eines kleinen First-Lieutenant angewiesen, und Ohka war viel zu ehrenhaft. Niemand also, der ihrer
Meinung nach zählte, nahm ihr das Urteil übel - falls er davon überhaupt wußte. Aber die teilweise
mürrischen und wütenden Mienen zu sehen ärgerte sie dennoch.
Was für eine erbärmliche Bande! Ließen sich in die Ecke drängen von einem einzigen Piloten, der
nicht mehr war als ein Großmaul und Schieber! Ein paar Mal hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte sich
eine Disziplinarstrafe wegen tätlicher Auseinandersetzung eingefangen. Gegen Radio oder jemand
anderen...
Nun, glücklicherweise waren nicht alle so. Auf der Station hatte sie dahingehend nicht mit
Verärgerung zu rechnen. Besser das, als die schmollend - anklagenden Mienen in der Messe zu sehen,
und mit dem Wunsch zu kämpfen, in das eine oder andere Gesicht hineinzuschlagen.
Sie machte sich rechtzeitig auf den Weg. Pünktlichkeit war eine Tugend, und auf dem Träger hielt sie
momentan nichts. Vom Dienstlichen her war sie mit der Entwicklung der letzten Wochen und Tage
zufrieden. Perkele hatte sich als zuverlässig erwiesen und sie kamen immer besser miteinander klar.
Was das Fachliche betraf, natürlich. Privat hatten sie nicht viel miteinander zu tun. Und so, wie sie die
Laxheit des Finnen etwas störte, so registrierte er ihre extreme Korrektheit mit einer Mischung aus
Resignation und Erheiterung. Aber was machte das schon! Hauptsache, sie konnten Seite an Seite
fliegen und einander den Rücken decken. Alles andere war, so lange persönliche oder dienstliche
Streitereien nicht die Gefechtsbereitschaft untergruben, nebensächlich.
Lilja erkannte schon von weitem First Lieutenant Shukova. Das rote Haar der Pilotin war ein fast
ebenso unverkennbares Markenzeichen wie Ace mit seinem widerlichen Blau. Thunder zog eine
Augenbraue hoch, als sie Liljas Aufmachung registrierte. Allerdings trug auch sie Galauniform. Dann
grinsten beide. Lilja unterließ es, zu salutieren - bei Gleichrangigen war dies ja auch unnötig -
stattdessen beugte sie sich vor und küsste Thunder auf beide Wangen. Die lachte und erwiderte den
Gruß. Ein Marine, der ebenfalls auf den Start des Shuttles wartete, riß die Augen auf. Offenbar war er
nicht sonderlich mit den Bräuchen fremder Völker vertraut und schien sich zu überlegen, ob er nicht
eine launige Bemerkung machen sollte. Aber ein Blick auf die Rang- und sonstigen Abzeichen der
beiden ließ ihn wohl zu einem anderen Entschluß kommen...
Thunder registrierte, daß Lilja diesmal irgendwie anders wirkte. Sie hatte bisher nie viel Kontakt mit
der Typhoon-Pilotin gehabt, aber bisher schien die „Eisprinzessin“ vor allem bemüht gewesen, ihren
Spitznamen zu rechtfertigen. Heute aber wirkte sie irgendwie gelöster, beinahe fröhlich.
Die beiden Pilotinnen schlenderten über die Promenade der Station. Ihr Ziel lag in den nicht ganz so
erlesenen Regionen der Station. Was bedeutete, daß der größte Teil der Besatzungsmitglieder der bei
Perseus versammelten Schiffe sich hier herumtrieb. Vorausgesetzt natürlich, man hatte Freigang. Die
wirklich „edlen“ Bereiche waren für niedere Offiziere und für Manschaftsmitgleider oft etwas zu
teuer, und man konnte sich auch schwer entspannen, wenn man ständig so viel Lametta um sich hatte.
Deshalb fand ein gewisse Trennung der Dienstränge statt - für Geldbeutel und Nerven war es das
Beste. Denn wenn auch Position und Orden bei Landgang nicht zählen sollten, so war es doch schier
unmöglich, die Unterschied VÖLLIG zu vergessen.
Das „Sto Gramm“ hatte an diesen Abend für normale Gäste geschlossen. Wer eintreten wollte, mußte
den üblichen Obolus entrichten. Nichtrussen waren nicht direkt ausgeschlossen, aber wer war schon
scharf darauf, an einer Feier teilzunehmen, auf der er die Leute nicht verstehen konnte? Zumal es da
gewisse Geschichten gab...
Weder Thunder noch Lilja hatten Probleme, eingelassen zu werden. Der „Abteilungsleiter“ des
"Bundes der russischen Frontkämpfer" hatte gründlich recherchiert und Listen angefertigt, wer
vermutlich kommen würde.
**************************
Normalerweise war das Lokal so eingerichtet, wie sich die Leute eben ein „russisches Restaurant“
vorstellten. Eher etwas rustikal, Samoware, Wandteppiche und so weiter. Vermutlich hätten die
normalen Gäste den Speisesaal nicht wieder erkannt. Nicht, weil natürlich die Tischordnung verändert
worden war und mehrere Büfettische aufgebaut worden waren. Das war ja zu erwarten gewesen. Aber
wo ansonsten „volkstümliche Motive“ das Auge verwöhnten (wenn man so etwas mochte), da
präsentierten sich heute völlig andere Bilder. Die Wand über dem Kopfende der langen Tafel
schmückte ein Meer von Flaggen. Standarten der TSN und der anderen Teilstreitkräfte nahmen dabei
nur einen kleinen Platz inne. Die anderen Embleme verkörperten hunderte von Jahren russischer
Staatlichkeit - und russischer Armee. An den Wänden hingen Bilder mit Fotographien aus den
verschiedensten Kriegen, an denen Soldaten Rußlands teilgenommen hatten. Es gab sogar
Gemäldekopien von berühmten Feldherren und Helden - Suworow, Kutusow, Schukow und andere.
Die Wände waren förmlich bedeckt mit einer Flut von Farben. Überall standen, einzeln und in
Gruppen, Soldaten, Offiziere, Techniker. Die Galauniformen blendeten das Auge, zahlreiche
Abzeichen und Orden verstärkten den Effekt noch. Es mußten mindestens hundert Menschen hier sein.
Bereits jetzt, eine halbe Stunde vor dem offiziellen Beginn, war es ziemlich voll. Vertreten waren so
ziemliche alle Dienstgrade und Waffengattungen. In dieser Stunde allerdings wurden Rang und
Einheit beinahe Nebensache. Binnen kurzem fanden sich die Neuankömmlinge schon im Kreis ihrer
Kameraden wieder.
Es war genau um 20 Uhr, als das Treffen begann. Ein kurzes Trompetensignal – „Achtung! Achtung!“
– aus den Lautsprechern kündigte den Beginn der Feier an. Die Soldaten blickten auf. Von einer
Sekunde zur anderen herrschte Totenstille. Dann erklangen die erste Takte der alten Nationalhymne.
Überall nahmen die Männer und Frauen Haltung an. Sie salutierten, bis der letzte Ton sich in der Luft
verlor. So grüßten sie nicht einen Staat – in erster Linie grüßten sie die Heimat.
„Soldaten – Kameraden!“ Am Kopfende der Tafel bildete sich ein freier Raum um einen Offizier –
einen Captain. Er sprach frei, hoch aufgerichtet. Das graue Haar und die Orden zeugten von einer
langen Dienstzeit.
„Ich heiße euch, meine Landsleute, heute hier willkommen. Ich bin Captain Pjotr Andrejewitsch
Bereschkow, Befehlshaber des Zerstörers ,Charkow‘, und der Bund der russischen Frontkämpfer hat
mich gebeten, heute eine kleine Rede zu halten – anläßlich der Feierlichkeiten zum Tag des Sieges.
Ihr werdet euch sicher fragen, warum diese Feier. Es ist ein Feiertag, der in früheren Jahren eher privat
gefeiert wurde. Aber diesmal nicht. Diesmal haben wir uns heute hier zusammengefunden, um ihn
gemeinsam zu begehen. Und ich denke, ihr wißt auch, warum! Wieder sind wir im Krieg – wie so oft
vorher!
Wieder hat der Feind unsere Heimat überfallen. Wieder stehen wir im Abwehrkampf, um das zu
schützen, was uns lieb und teuer ist. Und ich meine, in solchen Zeiten ist es wichtig, an die Schlachten
vergangener Kriege zu erinnern. Daran, daß es oft schon schlecht stand. Daß alle Hoffnung vergebens
schien, der Sieg des Feindes unabänderlich.
Und doch kam es nie so. Immer gab es Menschen, die nicht die Hoffnung aufgaben. Die weiter
kämpften, obwohl es sinnlos schien. Die ihre Heimat liebten, und bereit waren, lieber zu sterben, als
zuzulassen, daß ein Aggressor sie in Ketten legte! Und an diesen Menschen scheiterte jeder Feind!
Ich will nicht sagen, daß unser Sieg zwangsläufig ist. Unser Gegner ist stark, er ist gut ausgerüstet und
er hat alles auf eine Karte gesetzt. Er weiß, daß er uns vernichten muß, will er der Strafe für seinen
feigen und hinterlistigen Angriff entgehen. Er wird es uns nicht leicht machen. Viele sind schon
gefallen oder verwundet worden, und es werden nicht die letzten sein. Doch am Ende, da bin ich
überzeugt, werden wir auch diesen Feind vernichten! Wir werden die Bestie in ihre Höhle
zurückjagen, und ihr Nest ein für allemal ausräuchern! Dann, wenn dem Feind das Genick
zerschmettert ist, dann werden wir den Frieden haben, den wir uns ersehnen!
Wir sind hier, um des größten Sieges zu gedenken, den unser Land, unsere Heimat jemals errungen
hat. Wir feiern damit auch all die anderen Siege, und wir gedenken jener, die in den Kriegen starben.
Ihnen verdanken wir es, daß wir heute hier stehen können – als Kinder eines freien Russlands.
Wir wollen, wir müssen – und wir WERDEN uns dieses Opfers als würdig erweisen. Nicht nur für den
Eid, den wir alle geschworen haben, nicht nur für den Staat, dem unsere Treue gilt – sondern vor allem
für unsere Heimat, die uns geboren und erzogen hat, und der wir jetzt wie einer Mutter verpflichtet
sind!
Soldaten! Gedenkt der Siege der Vergangenheit, und laßt uns anstoßen auf die Siege, die uns die
Zukunft bringen wird!“ Er hob sein Glas, und die anderen taten es ihm gleich: „Auf den Sieg!“
Aus hundert oder mehr Kehlen kam die Antwort: „Auf den Sieg!“
Captain Bereschkow lächelte: „Und nun zum angenehmen Teil – meine Damen und Herren, zu Tisch.“
Die versammelten Soldaten und Offiziere suchten sich ihre Plätze. Das Angebot war reichlich, und vor
allem war es „von Zuhause“. Immer wieder standen einzelne Männer oder Frauen auf und brachten
einen Trinkspruch aus: „Auf die Flotte!“ , „Auf die Heimat!“... Dann leerte man die Gläser und füllte
nach.
Lilja wartete einen günstigen Augenblick ab, ehe sie aufstand: „Auf die Lebenden – und auf die
Toten!“.
Schnell kamen Gespräche auf. Vom Krieg, von Zuhause – worüber Soldaten eben so redeten. Hier, im
Kreise ihrer Landsleute, konnten sie sich wirklich geborgen fühlen, auch wenn es nur eine
Gemeinschaft auf Zeit war.
Schließlich erhob sich Bereschkow und bedeutete Schweigen. Eine knappe Geste leitete den nächsten
Programmpunkt ein. Sie alle kannten das Lied, daß nun erklang. Es war die inoffizielle Hymne der
russischen Soldaten. Viele sprangen auf, fielen ein. Auch Lilja. Die Röte in ihrem Gesicht kam wohl
nicht vom Alkohol. Der Gesang erhob sich wie das Donnern eines Orkans: „…wojna narodina,
swjaschtschennaja wojna!“. Sie ging auf in dem Haß und der Kampfbereitschaft des Liedes.
Es folgten andere Lieder aus längst vergangenen Kriegen: „Der Unterstand“, „Das Blaue Tuch“,
„Katjuscha“, „Das Lied der Panzergrenadiere“. Thunder bemerkte beinahe bestürzt, daß einige Tränen
über das Gesicht Liljas liefen, als man „Die roten Falken“ anstimmte. Aber schnell hatte sich Lilja
wieder gefangen.
Auf die Lieder folgten Tänze – selbst die höheren Offiziere genierten sich nicht. Hier und heute
konnten sie alle übereinander und miteinander lachen. Vermutlich würden viele den nächsten 9. Mai
nicht mehr erleben, aber heute vergaßen sie das. So feierten sie – Soldaten, Offiziere. Techniker,
Piloten, Besatzungsangehörige, Marines. Der Abend endete spät, sehr spät.
Thunder und Lilja gingen schweigend nebeneinander, als sie sich auf den Weg zum Shuttle machten.
Beide genossen sie die wortlose Kameradschaft, die noch nachklang. Sie kannten sich nicht sonderlich
gut, aber im Augenblick reichte es, daß sie Landsleute waren. Sie hatten Kraft und Mut, vielleicht
auch Trost aus dieser Feier geschöpft, wie es auch beabsichtigt gewesen war. Egal was morgen
kommen mochte, zumindest jetzt fühlten sie sich zu allem bereit.
***********************************
Murphy machte sich innerlich bereit, die Neuankömmlinge zum empfangen. Insgesamt warteten derer
sieben vor seinem Büro. Bis auf Crimson alles Frischlinge. Murphy schüttelte den Kopf. Das würde er
dem Jägerkommando nie verzeihen, dass man sein Team so zerrupft hatte. Man hatte ihm nur Tüncay,
Goose, Snake-Bite und natürlich Thunder belassen. Wenigstens würde jede Rotte von einem
erfahrenen Piloten angeführt. Als erstes lies er Crimson eintreten. Außer ihm war noch wie immer
Thunder anwesend, die bei solchen Anlässen sein natürlicher Schatten war.
Die Tür öffnete sich und ein Mann mit knallroten Haaren und von großer, kräftiger Statur trat ein. Sein
gepflegter Schnäuzer und seinen makellose Uniform zeigten, dass er viel auf sein Äußeres hielt.
„Lieutenant Rod Iverson meldet sich zum Dienst, Sir.“
„Setzen Sie sich. Schön Sie zu sehen, Crimson.“
„Danke, Sir. Wenn ich offen sein darf...“ Martell nickte. „ich bin froh, hier gelandet zu sein. Die Red
hat ja einen recht guten Ruf, und Sie sollen sich gut gehalten haben.“
„Das ist dankenswerterweise zutreffend. Ich hoffe, dass Sie mir dabei helfen können, dass es dabei
bleibt.“
„Sie meinen wegen der Grünschnäbel, mit denen ich gekommen bin?“ Crimson deutete in Richtung
des Bereitschaftsraumes.
„Exakt. Man hat mir die Staffel gerupft wie es schlimmer kaum noch geht. Abgesehen von Thunder
habe ich hier nur Leute, die erst frisch dabei sind. Ich werde Sie dem dritten Flight zuteilen, wo Sie die
zweite Rotte führen werden. Lieutenant Bahrani ist ihr Flightleader. Sie ist zwar jung, aber wirklich
gut, hat taktisches Gespür und weiß aber auch, wann es besser ist, den Rückzug anzutreten.
Unterstützen Sie sie nach besten Kräften, es ist ihr erstes Kommando.“
„Das werde ich, danke Sir für das Vertrauen.“
„Keine Ursache. Ich kenne Sie ja noch von früher.“ Murphy grinste. „Das war dann erstmal alles. Sie
können wegtreten. Ruhen Sie sich aus, ab morgen werden wir ein massives Übungsprogramm starten.“
„Aye, Sir.“ Crimson schauderte angesichts diesen Gedankens. Martells Vorstellung von einem
massiven Übungsprogramm waren schon auf dem Mars Legende gewesen. Andererseits hatte er auch
eine niedrige Verlustrate unter den Schülern gehabt, der Erfolg gab ihm also recht.
Der nächste Pilot, der eintrat, hieß Marcello Fernandez, ein Filipino. Sein Rufname „Hatchet“ kam
nicht ganz von ungefähr, denn die Narbe in seinem Gesicht sah aus, als wenn eine Axt eingeschlagen
hätte. In Wirklichkeit handelte es sich laut Akte um ein Überbleibsel eines Haiangriffes aus seiner
Jugend. Die Ausbilder hatten Hatchet als guten Piloten, aber schlechten Schützen bezeichnet.
Insgesamt lass sich die Akte wie eine Fotokopie von Brawlers Akte. Murphy verzweifelte langsam.
„Nun, Lieutenant, ich sehe, dass Sie manchmal Probleme mit der MPi bekommen. Wenn Sie sich das
hier leisten, lasse ich Sie zur Schiffsbesatzung, genauer, zur Putzkolonne versetzen und Ihren
Flugschein einziehen. Ich hoffe, wir verstehen uns.“
„Ja..jawoll Sir.“ Fernandez hatte einen solchen Empfang erwartet, nach allen Gerüchten, die die
Jaguars und ihren Skipper umgaben. Aber das machte es nicht einfacher, in die kühlen Augen dieses
Iren zu schauen, der das absolut ernst zu meinen schien.
„Außerdem besagt Ihre Akte, dass Ihre Trefferquote unter 40 % liegt. Ich erwarte, dass Sie diese vor
dem ersten Gefecht auf über 50 % heben, ansonsten sind Sie nicht fronttauglich, mithin werde ich Sie
dann auch nicht fliegen lassen. Thunder wird Ihnen dabei helfen, zumal sie auch Ihre Rottenführerin
ist. Sie hat Erfahrung, also hören Sie auf sie. Das ist alles, wegtreten!“
Die nächsten vier Piloten, allesamt Frischlinge, erforderten keine genauere Aufmerksam und bekamen
die normale „willkommen im Boot, alles tanzt nach meiner Pfeife“ Ansprache. Es war wiederum eine
recht gemischte Truppe: Marko Antonescu, genannt Gladius, Torben Palme, ein Schwede, der auf den
Namen Icepick hörte, eine Australierin namens Shawn „Wombat“ Fergusson und „Tango“, eine
Argentinieren namens Martina Cruz. Den letzten Problemkandidat hatte sich Murphy für den Schluss
aufgehoben.
Thunder trat zur Tür. „Lieutenant La Salle, bitte eintreten.“
Ein Mann in einer Pilotenuniform, die so ziemlich jede Vorschrift verletzte, die die Navy in dieser
Hinsicht erlassen hatte, trat ein und führte einen Salut durch, für den jeder Drill Sergeant einen sofort
zu fünf Jahren Toilettenschrubben verhängt hätte.
„Lieutenant La Salle meldet sich zum Dienst.“
Anders als bei den anderen Neulingen ließ Murphy La Salle in dessen Interpretation von Habacht
Stellung stehen. Er würdigte ihn auch keines weiteren Blickes.
„Lieutenant, ihre Akte ist eine einzige Zumutung. Ich frage mich, wieso Sie nicht schon längst
hochkant aus der Navy rausgeflogen sind. Insubordination, Befehlsverweigerung, tätlicher Angriff auf
einen Mitoffizier, Mißachtung der Navy Vorschriften für die Bekleidung des Personals, Beleidigung
der Gattin eines Admirals....also?“
„Sir, ich weiß es nicht.“
„Sie sollten mir besser eine Erklärung liefern, warum Sie soviel Mist gebaut haben und wieso das hier
nicht passieren wird. Ansonsten werde ich Sie nicht fliegen lassen.“
„Sir, mit Verlaub. Sie wissen und ich weiß, dass Sie jeden Mann benötigen.“
„Sagen Sir mir nicht, was ich weiß. Ich sage Ihnen, was ich weiß: Ich fliege lieber mit 11 Mann als mit
11 Mann und einem Sicherheitsrisiko. Und Sie sind ein Sicherheitsrisiko, wenn man Ihrer Akte
glauben darf.“
„Sir, wenn Ich Ihnen versichere, dass ich alles tun werde, um der Staffel nicht zu schaden, werden Sie
mir das glauben?“
„Wenn Sie mich schon so fragen, kennen Sie die Antwort.Ist das alles, was Sie zu bieten haben?“
La Salle schwieg.
„Gut, verschwinden Sie. Ich werde Sie nicht eher auf das Flugdeck lassen, bis ich eine hinreichende
Erklärung habe.“
Der Lieutenant rührte sich nicht von der Stelle.
„Lieutenant, sind Sie schwerhörig? Ich sagte wegtreten!“
„Sir, ich...“
„Was ist?“
„Es, es...es tut mir leid. Ich kann das auch nicht erklären....aber wenn Sie sich die letzten Fälle
anschauen...ich wollte das nicht, aber ich wurde da hineingezogen...“
„Das soll ich Ihnen glauben? Schauen Sie sich doch mal im Spiegel an. Sie haben nicht mal genug
Voraussicht, um bei ihrem neuen Staffelkapitän einen guten Eindruck zu hinterlassen. Und jetzt raus
aus meinem Büro!“
La Salle machte den Mund auf, schloss ihn wieder, salutierte – diesmal auf vorschriftsmäßige Art –
und verließ den Raum.
Murphy fluchte, kaum dass das Schott geschlossen war. „Scheiße. Zwei Leute mit
Disziplinproblemen..“
Thunder lachte. „Naja, Hatchet bekommen wir schon gerade gebogen....aber was machen wir mit
Enigma?“ Enigma war das Callsign von La Salle.
„Bei dem ist das Callsign wirklich passend. Als Pilot scheint er wirklich gut zu sein, ich kenne einige
seiner Ausbilder und die geizen normalerweise mit Ausdrücken wie Naturtalent, exzellenter Schütze
usw...aber andererseits kann so ein undisziplinierter Pilot die ganze Staffel draußen gefährden.“
„Auffallend ist aber doch, dass er im Raum offensichtlich keine Disziplinprobleme hat. Die tauchten
immer im Raum auf.“
„Das stimmt, das hab ich auch gesehen. Vorschläge?“
„Vielleicht hilft hier das Spiel guter Vorgesetzter, böser Vorgesetzter...“
„Hm...denkst Du dasselbe wie ich?“
„Ich denke schon...ich werde nachher mal auf seine Kabine gehen und mit ihm reden. Vielleicht
schaffen wir es ja, ihn aus den Problemen außerhalb des Cockpits fernzuhalten.“
„Ok, einen Versuch ist es wert. Du hast freie Hand.“
Eine Stunde später klopfte Thunder am Schott der Kabine von La Salle, der niedergeschlagen auf
seiner Koje lag.
„Herein.“
Thunder trat ein und bevor Enigma irgendeinen Gruß loswerden konnte, winkte sie schon ab.
„Was wollen Sie, Madam?“
„Ihnen helfen.“
„Mir hätten Sie beim Skipper helfen können. Aber der würde mich am liebsten aus der nächsten
Luftschleuse schmeißen.“
„Ganz so schlimm ist es nicht. Aber ich kenne Ihre Akte ja genausogut wie der Commander. Ihre
Probleme scheinen ja grundsätzlich nur außerhalb des Cockpits aufzutreten.“
„Ja, so kann man es nennen.“
„Gut, dann möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen. In meiner alten Staffel hatten wir auch einen
wie Sie und einen ähnlichen Skipper wie Murphy....“
„Wenn es helfen kann...“
„Sie werden in folgendes einwilligen: auf dem Schiff und im Landurlaub werden Sie immer von
einem Bürgen begleitet, dem Sie zum absoluten Gehorsam verpflichtet sind. Bedingungslos. Denn der
Bürge muss für alles geradestehen, was Sie in den Teich setzen.“
„Aber wer will für mich schon bürgen?“
„Ich habe zwei Piloten in dieser Staffel angesprochen, die diese Aufgabe erfüllen würden. Der eine ist
ihr Stubenkamerad, Goose. Die andere ist Lt. Bahrani, genannt Snake-Bite.“
„Wieso würden die das machen? Sie kennen mich doch gar nicht.“
„Das ist wahr. Aber so funktionieren die Jaguars. Wir sind füreinander da. Wir kämpfen im Team, ob
im Raum oder an Land. Das gilt auch für den Skipper, aber der Skipper ist eben nur in zweiter Linie
ein Jaguar, in erster Linie ist er der Skipper, und daher sind Sie auch so empfangen worden, wie es
vorhin geschehen ist. Also, was sagen Sie?“
„Ich will es gerne versuchen.“
„Gut, dann gebe ich Ihnen gleich mal die erste Lektion: Achten Sie mehr auf Ihr Äußeres. Auf sowas
reagieren Vorgesetzte nämlich grundsätzlich allergisch!“
„Ich werde es mir merken.“
„Gut, dann ruhen Sie sich auf, morgen ist Besprechung um 0800.“
„Aye, Madam....und Danke.“
„Danken Sie mir, wenn es klappt.“ Thunder zwinkerte ihm zu und verließ die Kabine.
***************************************
Diese Story spielt noch in der Kabine zusammen mit Pinpoint.
Ich seufzte leise und schaltete das Licht an.
"Willst du es wissen oder bevorzugst du deine Meinung?"
"Was?"
"Ich fragte, willst du es wissen, oder..."
"Ist mir schon klar, aber was meinst du damit?"
"Ich will wissen, ob es Sinn macht, wenn ich dir meinen Standpunkt erkläre, Thomas."
Ich setzte mich auf.
"Ich habe selbst recherchiert und einiges herausbekommen.
Einiges betrifft diesen Frachter, einiges Radio. Einiges Lone Wolf.
Und?" Ich sah zu Pinpoint hoch.
"Na dann fang mal an, Cliff."
"Aaaaaalso. Ich weiß nicht, was du über Radio weißt, aber nach dem, was ich herausbekommen habe,
ist der Bursche durch etliche Staffeln durchgereicht worden, weil er irgendwann entweder seinen
Kommandierenden Offizier oder seine Staffelkameraden oder beide gegen sich aufgebracht hatte mit
seinem, nun, nennen wir es Hobby.Es scheint so, als hätte er sich damit abgefunden, nie lange an
einem Ort bleiben zu dürfen. Deshalb schwätzt er wie ihm die Schnute gewachsen ist.
Ich gebe zu, anfangs war ich ganz schön sauer auf ihn. Aber das hat sich gelegt, als ich mehr über ihn
herausfand.
Vielleicht wollte ich den CAG rächen. Anfangs. Später aber ging es mir nur darum, Radio klar zu
machen, daß die Piloten der RED eine Gemeinschaft bilden, in die er sich einfügen muß.
Tja. Er treibt sich wann immer es geht auf PERSEUS rum. Ich denke, er hat es nicht kapiert. Und er
macht sich nicht gerade Freunde mit seinem Verhalten. Er macht nur deutlich, wie egal ihm alle
anderen sind."
"Ich höre nur Ace laut seinen Haß rausbrüllen", brummte Pinpoint.
"Warts ab, Junge.
Auch zum Frachter habe ich recherchiert. Das meiste war ja den Gerüchten zu entnehmen, die
Pinpoint gestreut hat. Demnach fuhr der Frachter im Feindesland ohne Transponder.
Entschuldige bitte, aber meine Eltern würden nie den Transponder abschalten. Auf eine kürzere
Reichweite vielleicht, ab der es sowieso egal ist. Ja.
Aber abschalten, nein.
Die Mirages haben vielleicht zu früh geschossen. Aber kein terranisches Gericht hätte sie dafür
verurteilt.
Die Vertuschung war also eigentlich unnötig. Lone Wolf hätte das gewußt, wenn er den CAG schon
länger gemacht hätte. Ich denke nicht einmal, daß es seine Idee war.
Vielleicht hat es der Skipper angeordnet, um die Bilanz seines Geschwaders sauber zu halten, ich weiß
es nicht.
Radio interessiert sich für so etwas nicht. Er will nur eines: Im Mittelpunkt stehen. Reden und gehört
werden. Ohne Rücksicht auf Verluste.
Das geht aber auf Dauer nicht gut. Deshalb wurde er immer wieder versetzt. Immer wieder in eine
neue Staffel überstellt.
Aber das kapiert er nicht, oder es ist ihm egal.
Glaub es oder glaub es nicht, aber ich wollte Radio nicht schaden. Das tut er selbst zur Genüge."
Ich löschte das Licht wieder. "Mehr kann ich dir nicht bieten, Thomas. Nimm es oder laß es."
Ich schloß die Augen.
"Übrigens, ja, ich würde es gerne wissen wollen.
Obwohl ich aus einer Soldatenfamilie komme und mit entsprechenden Litaneien aufgewachsen bin.
Aber Radio... Hat er versucht, herauszufinden, welche armen Schweine dort gestorben sind? Hat er
ihre Familien ausgekundschaftet? Hat er den JAG informiert? Irgend etwas getan? Nein. Nur gesagt:
Hey, weißt Du schon das Neueste?
Radio eben. Vielleicht kann man ihn nicht ändern."
Ich gähnte. Sollte der Bengel doch auf PERSEUS bleiben. Dies bot mir wenigstens einige
Möglichkeiten...
**************************************
„Dieser Bastard!“ Wütend warf Shaka seinen Raumhelm in den offenen Schrank.
Dagger blinzelte kurz und grinste.
„Und DU hast ihm dabei geholfen, Mann!“
„Ich habe nur Befehle befolgt, Schoki“, erwiderte der Kanadier süffisant.
Albert Mbane überging diese Antwort. Er malträtierte seinen Spind, bis sich eine tiefe Delle im Metall
abzeichnete. „Dieses Arschloch. Mit dem soll ich fliegen? Niemals. Ich gehe zum CAG.“
„Nun komm mal wieder runter. So schlimm war es doch gar nicht.“ Dagger grinste den Freund an.
„Schlimm? Er hat mich geradewegs ins offene Messer fliegen lassen. Da hätte er sich genauso gut in
meine sechs hängen und selbst abdrücken können.“
„Wenn ich mich richtig erinnere“, erwiderte Allan Swans und betonte seine Worte genüsslich, „dann
hat er dich nicht gerade gezwungen, ins offene Messer zu fliegen, oder?“
„Ach! Was weißt du schon?“ Immer noch wütend öffnete Shaka seinen Flightoverall. „Das kann er
jedenfalls nicht mit mir machen. Er nicht. Nicht ein popliger Second Lieutenant.“
„Ach, komm schon wieder auf den Teppich. In ner Übung abgeschossen zu werden ist nicht so
schlimm wie in einem richtigen Gefecht.“
„Es war für mich aber eine wichtige Übung!“ Shaka starrte zu Dagger herüber. „Ich wollte zeigen, was
ich drauf habe. Zeigen, dass ich bereit bin. Zeigen, dass ich Akariis töten kann.“
„Und dann bist du mitten in die Falle getappt und wurdest zerrissen.“
„Verräter!“ blaffte Shaka und ging in die Dusche.
„Bist ja auch selber Schuld. Ich kann es immer noch hören, wie Ace sagte: Ich habe Huntress gebeten,
uns ein paar Typhoons für einen Trainingsfight auszuborgen. Die Bordcomputer werden sie als
Bloodhawks simulieren. Das bedeutet, sie sind stärker gepanzert und haben zwei Raketen mehr als die
Typhoon.
Tja. Soweit so gut. Warum musstest du auch gleich drauf los stürmen, kaum dass Rapier und ich auf
dem Radar waren?“
Shaka sah kurz wieder in den Raum. Eine weiße Krone Shampoo thronte auf seinem Kopf. „Weil das
meine erste Gelegenheit war. Wenn ich schon keinen echten Akarii abschießen kann, dann wenigstens
einen verdammten simulierten.“
Dagger grinste. „Wie war das doch gleich? Bleiben Sie an meinem Wing, Shaka. Kehren Sie zurück,
Shaka. Achtung, Shaka, auf der sechs.“
„Da siehst du es. Von Huntress und Foreigner hat Ace überhaupt nichts erwähnt. Er hat mich voll
reintreten lassen.“
„Aber Ace hat auch nicht gesagt, wie viele Typhoons Bloodhawks simulieren würden.“
„Haarspalterei. Hätte ich’s gewusst, dann hätte mich Huntress nicht mit nur einen Salve vom Himmel
geputzt.“
Dagger prustete los. „Und was ist mit dem zweiten Versuch? Dem dritten? Soweit ich weiß, hat Ace
jedes Mal überlebt. Nur du wurdest regelmäßig abgeschossen. Okay, du hast sogar mal Rapier
erwischt. Aber sie haben dich im Kurvenkampf oft genug gerupft.“
„Ace hat… überlebt, weil er sich immer zurückgezogen hat, wenn der zweite Wing ankam, anstatt mir
zu helfen. Zusammen hätten wir…“
„Auch nicht mehr ausrichten können. Mit zwei Phantom gegen vier Bloodhawks anzutreten ist
schwer.“
„Ace hat es anscheinend geschafft. Ich habe die Aufzeichnungen gesehen. Zusammen mit Darkness,
dem XO. Da hat er sich nicht zurück gezogen. Darkness im Stich gelassen.“
Shaka kam wieder herein und trocknete sich die Haare ab.
„Ja, schon. Aber wenn du dir die Aufzeichnungen genauer angesehen hättest, Schoki, sind die beiden
als Team geflogen. Der eine hat den anderen gedeckt. So hat Ace zwei seiner Abschüsse geholt. Du
aber bist davon gestürmt und hast deinen Wing Leader in Stich gelassen.
Die Bloodhawks sind schneller, besser bewaffnet und besser geschützt. Wir können sie nur knacken,
wenn…“
„Ja, ich weiß. Wenn wir als Wing rangehen. Das habe ich auf der Akademie oft genug gehört.“
„Und warum hältst du dich nicht daran?“
„Weil…“ Shaka sah zu Boden. „Weil ich nicht schlechter sein wollte als Ace. Immerhin ist da mein
Job. Akarii killen.“
Dagger grinste. „Und vielleicht ist es der Job von Ace, dich wieder nach Hause zu bringen. Tote
Piloten nützen der REDEMPTION nämlich nichts. Anstatt den Flight wechseln zu wollen solltest du
vielleicht mal versuchen, mit Ace zusammen zu arbeiten.
Der Mann hat nicht umsonst bereits zehn Abschüsse, obwohl er nur ein Jahr vor uns die Akademie…“
„ACE IST DAS?“ rief Albert überrascht.
„Sag bloß, das wusstest du nicht, Schoki? Und all die Abschüsse hat er als Wingman gemacht.“
Von einem Moment zum anderen schien Shaka müde zu werden. Er setzte sich auf seine Koje.
Nachdenklich strich er sich durch sein Kraushaar. „Nein, ich habe ihn gefragt, wer der Junge mit den
zehn Treffern ist. Aber er hat abgewiegelt.“
„Vielleicht, weil ihm die Treffer nicht wichtig waren?“
„Natürlich sind sie wichtig. Jeder Abschuss bedeutet einen Akarii-Jäger weniger“, tadelte Albert.
„Vielleicht nicht wichtig genug zum protzen? Denk mal drüber nach. Und denke dran, was du hier
machen willst.“ Dagger grinste erneut und beschloß, Shaka mit den fünfzig Real, die er für diese Rede
von Ace erhalten hatte, auf PERSEUS einzuladen.
„Okay!“ Shaka fuhr wieder hoch. „Ich versuche es. Dann mache ich ihm mal den Wingman. Und zwar
den besten Wingman, den es je gegeben hat. Aber wenn er mich von der Leine lässt, dann werde ich
Akarii killen.
Und wenn’s nichts bringt, kann ich immer noch um Versetzung bitten.“
„Sicher, Schoki, sicher. Lust auf ein Bier?“
************************************
"Warum machst Du es Dir und allen anderen nur so schwer?" Fragte Pinpoint und ließ sich gegenüber
von Radio in den Stuhl fallen.
Das Kasino war mäßig besetzt und es war sehr still.
"Was meinst Du kleiner?"
Pinpoint zuckte die Schultern: "Nun, alles eben, Dein Getratsche, Dein jetziges Verhalten ..."
Ein lautes Seuftsen entfuhr Radio: "Ich hab Lust mich zu besaufen. Komm mit."
"Mitkommen? Wohinn?"
"Komm einfach mit." Radio ging nochmal zur Theke und langte unter sie. Er beförderte eine leicht
bestaupte Flasche Whiskey hervor und nahm zwei Gläser aus dem Schrank.
Widerstrebend folgte Pinpoint seinem älteren Freund, der ihn scheinbar planlos durchs Schiff führte.
Schließlich kamen sie in Schönbergs Kapelle an.
"Aha, Du gehst als zum Besäufniss in die Schiffskapelle." Bemerkte Pinpoint.
"Japp, nirgendswo kannst Du Dir besser ungestöhrt einen hinter die Binde gießen." Radio ließ sich auf
der hintersten, linken Bank nieder und goss zwei Gläser voll.
Sichtlich pikiert nahm Pinpoint sein Glass entgegen und setzte sich ebenfalls.
Die ersten drei Gläser tranken sie schweigend.
"Du willst also wissen, warum ich so bin, wie ich bin? Tja, eine schwierige Frage. Nun, ich bin nicht
gerade das, was man einen guten Menschen nennen würde ..."
"Das hab ich schonmal gehört", konnte sich Pinpoint nicht verkneifen.
" ... aber, ich möchte, wenn die ganze Scheiße vorbei ist und ich diese Uniform wieder ausziehe - und
davon wird mich auch nicht mein Vater abhalten können - ja, dann möchte ich mir noch guten
Gewissens im Spiegel gegenübertreten können. Nun, als ich das von dem Frachter hörte, war ich zwar
besoffen, aber auch im nüchternen Zustand hätte ich nicht schweigen wollen ... sieh mal, wenn ich
etwas entdecke was meiner Meinung nach nicht richtig ist, schweige ich nicht darüber. Ich weiß, ich
hätte wohl zu Yamashita gehen sollen, aber dazu fehlte mir der Mut. Ich bin eben schon zu oft am
Rande der Legalität vorbeigeschrammt."
Radio goss beiden nach: "Darf ich Dir einen Rat geben?"
"Wenn Du nicht darauf bestehst, dass ich ihn annehme."
"Halte Dich von Leuten wie Ace, dem CAG und ganz besonders mir fern, wir hätten nur schlechten
Einfluss auf Dich. Ach was red ich, zu spät, Du sitzt in ner Kirche und besäufst Dich."
Pinpoint kicherte und hielt Radio sein Glass entgegen: "Gieß nach!"
**************************************
Kali sah sich suchend im Hangar um. Seitdem der Träger endlich wieder aus dem Dock gekommen
war, herrschte hier schon fast wieder die alte Geschäftigkeit. Wie während den Feindfahrten, wenn der
Hangar eigentlich fast nie leer war. Das Übungsprogramm für die Redemption war intensiviert
worden. Fast an jedem Tag der letzten Woche waren mehrstündige Geschwadermanöver angesetzt
worden, dazu kamen die Simulatorübungen, Staffelmanöver und Lehrgänge. Die Veteranen der
Maryland paßten sich mehr oder weniger schnell an – aber viele der „Jungfüchse“ hatten noch viel zu
lernen, und sei es auch nur, etwas Bescheidenheit zu zeigen. ‚Aber wir haben ja auch noch einige
„Alte“ die da auch noch einiges zu lernen hätten... .‘
Zusammen mit der ungewohnten Konzentration von Großkampfschiffen bildete die intensivierte
Ausbildung, die Verlegung von Veteranen auf die Redemption und das komprimierte
Ausbildungsprogramm für Piloten ein beunruhigendes Bild – oder wie es manche Veteranen
ausdrückten, Piloten also, die nicht erst unmittelbar vor oder während des Akarii-Krieges in die
Streitkräfte eingetreten waren – es roch nach „Zunder“.
Aber eigentlich kümmerte sie das alles relativ wenig und beunruhigte sie nicht sehr. Im Grunde
begrüßte sie sogar den intensivierten Borddienst. Er bot eine gute Ablenkung von anderen, weniger
einfacheren Problemen als einem sauberen „von Bein - “ oder „Pokryschkin – Manöver“ oder der
richtigen Kalibrierung der Energiewaffen.
Wenn Kali in den letzten Tagen nicht bis zum Hals in Übungen, Wartungen und Lehrgängen gesteckt
hätte - sie war sich nicht sicher was sie dann getan hätte. Entweder Kano um den Hals gefallen – oder
ihm ein paar runtergehauen, weil er ihr nicht aus dem Kopf ging. Es war ja nicht gerade so, daß sie
Tag und Nacht an ihn dachte – aber er blieb präsent. Daß es ihm anscheinend nicht anders ging, war
ein geringer Trost. Die Tatsache, daß persönliche Beziehungen zwischen Piloten offiziell verboten
waren, stellte dabei noch das geringste Problem dar, da sie ja noch nicht einmal ganz sicher war, WAS
das für eine Beziehung war, die sie verband – oder was daraus werden sollte.
Es wäre sicher einfacher gewesen, die gemeinsame Nacht als etwas Einmaliges – als einen „One night
stand“ abzuhaken. Aber sie war sich sicher, daß Kano es nicht so sah – und sie eigentlich auch nicht.
Es war eindeutig mehr gewesen – auch wenn es vielleicht nicht richtig gewesen war – oder? Auch
wenn sie betrunken gewesen war – wenn sie BEIDE betrunken gewesen waren... .
Das einzig Positive bei der ganzen Angelegenheit war, daß wenigsten noch nicht öffentlich darüber
getratscht wurde, denn in letzter Zeit war der Bordklatsch drastisch reduziert worden. Angeblich hatte
eine Ehrengericht Radio für eine Woche einen Maulkorb angelegt. ‚Vermutlich mit einem großen
Knüppel.‘ Auch wenn sowohl Ace als auch Lilja bei den Richtern gewesen waren – und auf beide war
sie aus unterschiedlichen Gründen nicht unbedingt gut zu sprechen – der „Schandschnauze des
Geschwaders“ mal etwas Mäßigung beizubringen, war eine gute Idee. ‚Wenn auch eine vergebliche.‘
Jetzt hatte sie Kano entdeckt. Er saß neben seiner Maschine auf einer Werkzeugkiste – und er
zeichnete? Das war noch etwas, was ihre Beziehung – wenn man es denn so nennen wollte –
komplizierte. Sie wurde nicht ganz schlau aus ihm. Einerseits gab sich Kano nach außen immer
bemüht ungerührt, fast unnahbar – aber andererseits konnte er regelrecht schüchtern, aber auch gelöst
sein. Der Furcht vor dem Tod im Kampf stand eine unheimliche Todes- und Opferbreitschaft
gegenüber, eine schon unvernünftig zu nennende Risikobereitschaft. Er war nicht ohne Grund bei zwei
Feindflügen zweimal zusammengeschossen worden, hatte dabei aber auch vier Feindeinheiten
erledigt. Tja – und Kanos fast besessene Fixierung auf Pflicht und Dienst – und dann das hier... .
Die Teile paßten nicht zusammen. ‚Oder ich übersehe etwas.‘
Als sie sich ihm näherte, blickte Kano auf. Zuerst lächelte er sie offen an und sie erwiderte das
Lächeln instinktiv. Dann allerdings wurde er rot und wandte den Blick ab. Beinahe hätte Kali geseufzt.
Das war noch eine Besonderheit ihrer Beziehung: die Fähigkeit, den anderen – und sich selber – in
Verlegenheit zu bringen, ohne es zu wollen. ‚Ist Liebe nicht etwas wunderbares?‘ Dann überdachte sie
diesen Satz und fuhr sich innerlich über den Mund.
„Ich wußte nicht, daß du dir überhaupt genug Freizeit läßt, um zu ESSEN. Und dann auch noch
Zeichnen... ?“
Kano zuckte leicht mit den Schultern: „Eigentlich war das meine einzige Wahl. Es ist eine – Tradition,
sich auch künstlerisch zu versuchen.“
„Auch für einen Samurai?“ In ihrer Stimme schwang freundlicher Spott.
„GERADE für einen Samurai. Nun, musizieren und dichten war keine gute Wahl. Aber ich habe eine
ruhige Hand, da blieb das übrig. Und irgendwie bin ich dabeigeblieben.“
Nun, wenn er das so betrachtete, dann waren die Widersprüche, die sie in ihm sah vielleicht nur
natürlich. Der Gedanke amüsierte Kali irgendwie. „Darf ich sehen?“
Kano sah sie einen Augenblick lang an. Dann lächelte er leicht. „Natürlich. Aber einen Wettbewerb
kann ich damit wohl nicht gewinnen.“
Das Bild war noch nicht fertig. Es schien die Typhoon darzustellen, Kanos Maschine. Allerdings war
das nicht ganz eindeutig. Trotzdem erst die Umrisse des Jägers zu erkennen waren, erkannte sie sofort,
daß dies nicht ein einfaches Abbild der Maschine war. Etwas in den skizzenhaften Umrissen der
Typhoon ließ sie – organisch wirken. Wie ein riesiges Lebewesen, das am Boden kauerte – lauerte,
voller zurückgehaltener Kraft.
Als sie von dem Bild aufsah, begegnete sie Kanos Blick.
„Gut. Gut gezeichnet – ehrlich, du brauchst nicht so mißtrauisch zu gucken! Siehst du die Maschine
so?“
Kano zuckte mit den Schultern. „Nicht unbedingt hundertprozentig realistisch, ich weiß. Aber man hat
mir gesagt, für die Realität gäbe es Kameras. Beim Zeichnen käme es darauf an, das WESEN zu
erfassen. Ich weiß natürlich nicht, ob es genau das war, was sie meinten... .“
„Hast du noch mehr davon? Das interessiert mich.“ ‚Vielleicht verstehe ich dich dann besser.‘
„Das ein oder andere. Ich kann sie dir bei Gelegenheit geben.“
„Du kannst sie mir gleich jetzt zeigen. Momentan habe ich keinen Dienst – und du auch nicht, es sei
denn, Parker sieht DAS als geeignetes Training für den Raumkampf an.“
Erst als sie bereits nebeneinander den Hangar verließen, fiel Kali ein, wo sie jetzt hingingen, was sie
kurz stoppen ließ. Seit dem gemeinsamen Landgang – und der anschließenden Nacht – hatten beide
vermieden, die Kabine des anderen zu betreten. Nun... ‚Das ist doch idiotisch. Wir benehmen uns
wirklich kindisch. Oder... .‘ ,sie mußte innerlich halbherzig grinsen, ‚...es ist eben nicht kindisch. Und
das ist dann wohl das Problem.‘
Aber was sollte das eigentlich. Wenn sie jetzt mit Kano zusammen seine Kabine aufsuchte – sie
würden wohl kaum sofort übereinander herfallen. ‚So etwas passiert nur in diesen idiotischen
Pilotenstreifen.‘ Nach dem „klärenden Gespräch“ – sie haßte die Erinnerung – würde Kano
hundertprozentig den Abstand halten, den sie verlangt hatte. Und wenn sie damals nicht beide mehr
als ein wenig betrunken gewesen wären... . ‚Im Wein liegt die Wahrheit – allerdings war’s nicht nur
Wein... .‘
***

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

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Kanos neuer Zimmernachbar war momentan abwesend. Aber das war nur natürlich, denn als Veteran
mit etwa 15 Dienstjahren Erfahrung und ehemaliger Fluglehrer der Mars – Akademie wurde
Blackhawk intensiv in den Versuch eingespannt, aus „Frischlingen“, Problemfällen und
selbstbewußten Veteranen eine funktionierende Einheit zu formieren.
Die Kabine war so aufgeräumt, daß sie fast unbewohnt wirkte. Kano befolgte das Reglement sehr
genau – und sein Zimmernachbar schien als Veteran jederzeit bereit, aufzubrechen. ‚Oder dem Spieß,
dem Verwaltungsoffizier, die Arbeit zu sparen, hinter dem Toten aufzuräumen.‘ Das erschien ihr
allerdings als etwas zu zynisch.
Kano suchte in seinem Spind herum – viel Persönliches schien er nicht mit sich herumzuschleppen.
Dann hatte er gefunden, was er suchte. Mit einem etwas unsicherem Gesichtsausdruck drückte er ihr
eine schmucklose Mappe in die Hand.
Das erste Blatt, daß sie in die Hand nahm, zeigte einen Piloten. Das Gesicht war unter dem schweren
Helm nicht zu erkennen. Es war so ähnlich wie mit der Skizze der Typhoon. Auf den ersten Blick war
es nur eine Wiedergabe der Wirklichkeit. Auf den Zweiten Blick... . Der wuchtige Schutzhelm und der
schwere Raumjägeranzug ließen die Gestalt eher wie einen gepanzerten Krieger wirken, der einen
Vollhelm trug. Auch wenn die Gestalt einfach dazustehen schien, auf eine „heroische Pose“
verzichtete, wirkte sie trotzdem – oder vielleicht deshalb – kampfbereit... .
Bei dem zweiten Bild waren die Modifikationen eindeutiger. Das sollte wohl den Hangar der
Redemption darstellen, aus dem eine Staffel Raumjäger ausgeschleust wurden. Allerdings war der
Hangar irgendwie – höhlenartig gezeichnet. Was bei der Skizze der Typhoon nur angedeutet war, trat
hier deutlich hervor. Die Raumjäger waren keine Maschinen mehr, sondern Lebewesen – riesige,
drachenähnliche Kreaturen, die kampfbereit in die Dunkelheit des Alls strebten. Die Piloten waren
nicht einmal mehr angedeutet, in den Raubtieren aufgegangen, mit ihnen verschmolzen. Jedenfalls
machte es diesen Eindruck.
Das dritte Bild... . Ein Schlachtfeld, kein Zweifel. Der Boden wahr übersät mit Leichen. Pferde und
gepanzerte Männer, zerhauene Waffen und Standarten zwischen ihnen. Inmitten der Leichen und
Trümmer eines erbitterten Kampfes saß eine einsame Gestalt. Eine Frau. Der schwere Panzer war von
wuchtigen Hieben eingekerbt, aus Rissen sickerte eine dunkle Flüssigkeit. Der Helm lag auf dem
Boden, deshalb konnte man das Gesicht erkennen. Die vernarbte Gesichtshälfte machte deutlich, wer
als Vorbild gedient hatte. Tränen schienen der Kriegerin über das Gesicht zu laufen, aber sie
umklammerte immer noch das lange, gebogene Schwert.
Kali fühlte eine Art Schauer im Nacken, sie legte das Blatt schnell beiseite. Lilja gehörte nun wirklich
nicht zu ihrem Freundeskreis – aber sie so zu sehen... .
„Ich hätte wohl damit rechnen müssen, daß es keine Stilleben oder Blumenvasen sind, die du
zeichnest?!“
Kano grinste schwach und zuckte mit den Schultern: „Hier? Nun, wir sind auf einem Kriegsraumer.
Und es ist Krieg. Vielleicht habe ich mich davon etwas beeinflussen lassen.“
„So kann man es sagen. Also hör mal, das... .“ Sie verstummte, denn sie hatte das nächste Blatt
aufgenommen. Überraschenderweise war es nicht besonders kriegerisch – auch wenn der dargestellte
Ort militärisch zu nennen war. Der Hangar der Redemption und die Reihen der Jäger und Jagdbomber
waren realistisch, aber nur flüchtig gezeichnet, sie waren nur Hintergrund. Im Vordergrund ragte ein
Überlegenheitsjäger der „Phantom“ – Klasse auf. Sie kannte den Jäger. Und natürlich erkannte sie die
Person, die neben der Maschine kniete und an der Phantom arbeitete. Auf der Zeichnung schien sie
gerade die Stirn zu runzeln, ihr Gesichtsausdruck war angespannt und konzentriert, auf die Maschine
fixiert. ‚Das muß gewesen sein, als ich an dem Trackball gearbeitet habe. Wann war das? Vor drei
Monaten? Verdammt viel passiert seit dem... .‘ Als sie sich daran erinnerte, was sich daraus ergeben
hatte, fühlte sie verärgert, wie sie rot wurde. Kano bemerkte das natürlich – also brachte sie schnell
raus, was ihr gerade in den Sinn kam. „Ich frage lieber mal nicht, was du noch für Bilder von mir
hast!“
Kano sah sie überrascht an – dann lachte er und schüttelte den Kopf.
‚Schon besser.‘ Dachte Kali, während sie mitlachte.
Das Lachen hatte etwas von der Spannung genommen, die sich in der letzten Zeit so leicht zwischen
ihnen aufbaute. Und das war schon mal ein Anfang.
Als sie aufstand klopfte sie Kano leicht auf die Schulter. Er erwiderte ihr Grinsen.
„Danke, daß du mir die Bilder gezeigt hast.“
Kano begriff. Es ging nicht unbedingt um die Bilder. Nicht mal darum, ob sie besonders gelungen
waren oder nicht – was das betraf, hatte er keine übertriebene Meinung von sich selber. Es ging
darum, daß er bereit gewesen war, ihr einen Teil seines Wesens offenzulegen – ohne irgendwelche
Erwartungen damit zu verknüpfen. ‚Das ist die wahre Bedeutung von Freundschaft. Und vielleicht... .‘
Gemeinsam gingen sie. Der Dienst wartete.
********************************
Captain Gonzalez sass in seinem Büro an Bord der Dauntless und brütete über den Statusbericht, den
er an das Flottenoberkommando senden mußte. Die letzten Wochen waren hart gewesen. Die vielen
Übungen hatten immer neue Schwachstellen des Schiffes aufgezeigt und viele der Reparaturen waren
mehr provisorischer Natur, weil man eben nicht in der Lage war, das Schiff zurück zur Werft zu
schaffen. Glücklicherweise waren die Maschinen kein zweites Mal ausgefallen, aber das SM2 System
neigte bei multiplen Zielen immer noch zu Fehlern und die Flugkörper hatten eine so hohe
Blindgängerrate, dass Gonzalez alle Waffen im Arsenal hatte auseinandernehmen und untersuchen
lassen. Wie sich herausstellte, hatte der Hersteller zu schwache fiberoptische Leitungen verwendet, die
Gonzalez dann austauschen ließ. Eine entsprechende Meldung war an das Beschaffungsamt
weitergegeben worden und ihm war versprochen worden, dass verbesserte Raketen noch vor dem
Auslaufen sowohl an die Dauntless wie auch die Flottentender ausgegeben werden würden. Das
einzige Glanzlicht im ganzen Chaos war der Gefechtscomputer der Dauntless, der wie ein Uhrwerk
lief. Die Crew war sich einig, dass da den Ingenieuren ein Meisterwerk gelungen war. Einmal hatte
Gonzalez die Anweisung gegeben, den Rechner mutwillig zu überlasten. Nach drei Stunden hatten es
die Computerfachleute schließlich geschafft, aber dazu hatte es schon eines simulierten Gefechtes
bedurft, an dem die kompletten Flottenverbände.
Die Mannschaft hingegen funktionierte recht zufriedendstellend. Die Junioroffiziere, der er von Mithel
erhalten hatten, paßten sich langsam seinem Stil an, auch wenn sie immer noch ein wenig steif und
formell wirkten. Insbesondere die Stationsteams arbeiteten schon gut zusammen, schwieriger wurde es
nur, wenn es um interstationäre Koordination ging. Aber langsam merkten die Unteroffiziere und
Offiziere, was ihre „Nachbarn“ konnten und was nicht. Auch die Moral war insgesamt gut, wenn man
von dem Zwischenfall mit dem Fisch absah, der wie sich später herausstellte, kontaminiert war. Leider
lagen zu dem Zeitpunkt schon zwanzig Mann mit einer Lebensmittelvergiftung auf der
Krankenstation.
Nach einigen Überlegungen begann er, den Brief zu schreiben.
AN: Vizeadmiral Noltze
VON: Captain Gonzalez, CO des leichten Kreuzers TRS Dauntless
BETREFF: Statusbericht des Schiffes
CODIERUNG: TOP SECRET – Stufe Gelb –
Madam,
wie befohlen reiche ich hiermit die Statusmeldung der Dauntless nach. Seit ich das Schiff
übernommen habe, haben die Besatzung, meine Offiziere und ich versucht, es gefechtsklar zu machen.
Wie durchaus bei neuen Schiffen üblich, hat die Dauntless einige Kinderkrankheiten. Einige dieser
Probleme sind so gravierend, dass ich insgesamt nur eine eingeschränkte Gefechtsbereitschaft melden
kann. Insbesondere das SM2 System ist noch nicht wirklich ausgereift und daher nur bedingt
verläßlich. Einen schwerwiegenden Konstruktionsfehler haben wir etwa in der Verkabelung gefunden,
dieser wurde auch an das Materialamt weitergeleitet. Weiterhin sind einige Softwarefehler zu
beklagen, die insgesamt zu einer erheblichen Reduzierung der Letalität des Systems aufgrund von
Fehlzündungen oder Blindgängern führen. Desweiteren ist die Schnittstelle zwischen dem System und
dem Feuerleitcomputer der Dauntless derart fehlerhaft, dass ich einige Ingenieure beauftragen mußte,
einige Programmteile massiv zu überholen. Ob diese Maßnahme wirklich erfolgreich war, wird sich
erst im Gefecht zeigen.
Die Triebwerksprobleme hingegen scheinen beseitigt zu sein. Auch hier muss das Gefecht letztendlich
als finaler Testlauf gelten. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass hier das Problem ausgemerzt wurde. Auf
der Habenseite steht ein Leistungsoutput, der leicht über den Werftangaben liegt.
Die Sekundärbewaffnung macht aufgrund der Tatsache, dass es sich um erprobte Systeme handelt,
keine Schwierigkeiten mehr. Daher sind diese Stationen voll gefechtsbereit.
Positiv überrascht hat uns der Gefechtscomputer der Dauntless. Das System ist voll gefechtsbereit und
dürfte seine vorgesehene Aufgabe vorzüglich erfüllen.
Die Mannschaft ist ebenfalls voll gefechtsbereit, zwischenzeitliche Probleme mit der
Nahrungsmittelversorgung wurden bereinigt und die Neuankömmlinge gut integriert. Dies gilt auch
für die Junioroffiziere, die ich erhalten habe.
Zusammenfassend liegt also das Hauptproblem im SM2 System. Die Wichtigkeit dieses System
begründet meine Einschätzung der Gesamtlage dahingehend, dass ich, wie anfangs angeführt, nur eine
bedingte Gefechtsbereitschaft melden kann.
Hochachtungsvoll
Captain E.E.E. Gonzalez
TRS Dauntless
Gonzalez las die Meldung noch zweimal durch und verschlüsselte sie dann mit seinem persönlichen
Code. Nachdem er die Nachricht versendet hatte, wartete er noch auf die Empfangsbestätigung, dann
schaltete er das Comterminal aus und ging auf die Brücke.
***********************************
Wieder einmal war es spät in der Nacht, für Manche sogar früher Morgen.
Maike Noltze nippte an ihrem x-ten Kaffee. Natürlich passiert sowas immer nur mir.
Gonzales Bericht sagte letzten Endes nur eins aus: Einsatzfähig.
Und das hieß für sie, dass sie mit der Dauntless arbeiten musste, ob sie wollte oder nicht
Ein einsatzbereites Schiff, von einem festgelegten Einsatz fernzuhalten behagte ihr nicht. Nicht im
geringsten.
Ein Teil von ihr sagte, dass die Dauntless nur bei einem Gefecht wirklich erprobt werden kann und es
eben nötig ist.
Andererseits, sah sie die Dauntless als Risikofaktor für die Operation an. Wenn irgendein System auf
der Dauntless im Gefecht versargt, konnte es schlicht und einfach zu einer Katastrophe kommen.
Überhaupt machte ihr die Zusammenstellung der Kampfgruppen große Sorgen.
Besonders Mithels Auffassung von Raumkampf teilte sie nicht wirklich und war sich nicht sicher,
welchem Verband sie ihn zuteilte.
Clark war ein Schreibtischtäter, der Seinen Begleitschiffkommandanten weitestgehend freihe Hand
ließ. Ansich nicht schlecht, da sie alle weit mehr Ahnung von Raumkampf hatten als er, aber ein zu
selbstständiger Charakter wie Mithel konnte dort einen fatalen Einfluss haben.
Usher war eine ausgezeichnete Trägerkommandantin, die auch sehr gut von Jägertaktiken auf
Flottentaktik umgestellt hatte. Doch war Usher seit beginn des Krieges sehr ungestüm.
Wenn Mithel sie lange genug bearbeitete, würde sie ihm wohl mit ihrem Träger in Kiellinie in den
Nahkampf folgen.
Noltze musste lächeln. Renault würde ausgezeichnet mit Mithel auskommen, sie sah besser zu, das die
beiden nicht allzubald in Kontackt kommen.
Aber was blieb ihr? Die Gallileo mit Ward als Captain. Niemand hätte sie lieber aus der Aufstellung
geschmissen als Ward.
Wie hatte ihr Adjudant Ward beschrieben? Als "zurückhaltend". Und "zurückhaltend" setzte Noltze
gleich mit Feige. Und Feigheit stand noch unter Mithels Volle-Fahrt-voraus-Manier.
Aber Ward würde den sichersten Weg nehmen und aller Wahrscheinlichkeit die wenigsten
Feindkontakte haben.
Und Ward war definitiv der Mann, um Mithel unter kontrolle zu halten. Er war stets auf seinen Ruf als
"starker" Mann bedacht und würde Mithel notfalls kraft seiner Autorität kalt stellen.
Ebenso würde sich die Dauntless als Escorte für die Gallileo gut machen.
Zufrieden ihr schwierigstes Problem beseitigt zu haben, wandte sie sich der weiteren Liste zu.
Chantier würde ausgezeichnet zur Redemption-Trägergruppe passen, vielleicht als Clarks
Stellvertreter. Ja, die junge Frau war abitioniert, selbstständig, aufgeschlossen und pflichtbewusst. Sie
würde spuren, wenn Clark pfeift...
**********************************
Das große Auditorium von Persues war gefüllt.
Über 20 Schiffskommandanten, ihre Stellvertreter und die drei Geschwaderkommandanten der
Gallileo, Majestics und Redemption waren anwesend.
Einige Unteroffiziere arbeiteten am Projektor, teilten Kaffee und Aktenmappen aus.
Als Noltze in den Raum stürmte brüllte einer der Unteroffziere: "ACHTUNG!"
Doch ehe der erste der Offiziere Haltung angenommen hatte, erwiderte Noltze schon: "Setzen."
Die Vizeadmiralin schritt zum Pult. Unterwegs schaltete sie die große Videowand per Fernbedienung
an.
Am Rednerpult angelangt mußterte sie die Versammlung: Das ist also die Elite unserer Gesellschaft.
Ihr blick schweifte über die Schiffskommandanten. Alle hatten sie den Perisher absolviert, den
Kommandantenlehrgang der TSN. Die Knochenmühle. Und nur wer diesen Kurs überstand, erhielt das
Kommando über ein Raumschiff der Navy und wenn es nur ein Frachter war.
Nur die Besten der Besten wurden zugelassen, jahrelang durch das streng darwinistische System der
Navy ausgesiebt.
Sie war die Akten dieser Männer durchgegangen. Die ganzen Leißtungsberichte von Abteilungsleitern
und ersten Offizieren waren schlichtweg unwichtig. Das einzigste, was zählte waren die 1 -2 Din A4
Seiten, die vom Kommandanten des Perisher stammten.
Allan Longwood in der esten Reihe: Gerade noch ausreichend. Peter Jungblut: Geeignet. Mithel, der
noch unter dem alten Admiral Straus den Perisher absolvierte hatte von Straus ein wahnsinniges Lob
erhallten: überdurchschnittlich gut.
Tripple-E Gonzales, ihr derzeitiges Problemkind: Ausreichend.
Egal welche Beziehungen man in der Navy hatte, beim Perisher zählten sie einen Scheißdreck und
niemand bekam eine zweite Chance.
Ein Commander oder Lieutenant-Commander, sofern sie auf einem Raumschiff Dienst als erster
Offizier taten, besuchte den Perisher und bestanden oder bestanden nicht. Wer bestand konnte sicher
sein, in den nächsten Jahre das Kommando über ein Schiff zu erhalten. Wer nicht bestannt, konnte
noch zehn Jahre als exellenter 1. O. fahren und würde niemals den Titel Captain in Anspruch nehmen
können. Den Rang vielleicht, aber den Titel niemals.
"Ladies und Gentlemen: Seit gut einem dreiviertel Jahr befinden wir uns im Krieg und befinden uns
seit beginn in argen Schwierigkeiten. Operation Husar hat sehr großen Erfolg gezeigt, doch seinen die
Echsen etwas aus dem Hut gezaubert zu haben, um all unsere Anstrengungen zu nichte zu machen."
Auf dem Wandschirm erschien die Darstellung eines Sternensystems mit 6 Planeten. Ein hafen gelber
Punkte zeigte Sprungpunkte an. Über 20 an der Zahl.
"Was Sie hier sehen ist das Goankar-System, quasi das Akarii-Gegenstück zu Sterntor", die
erwähnung von Sterntor machte den Anwesenden erst wirklich klar, was sie sahen. Sterntor lag
"südlich" von Terra und war der Verkehrsknotenpunkt der Republik mit über 30
Wurmlochverbindungen konnte man quasi in alle Sektoren der Republik springen. Und die beiden
bewohnten Planeten Seafort und Masters waren die ältesten beiden interstellare Kolonien der
Menschen und der Zweit- und Drittreichste Planet nach New Boston, "die Akarii stellen einen riesigen
Geleitzug zusammen. Wir gehen von über 60 Frachtschiffen aus." Sie pausierte kurz und nahm einen
Schluck Wasser. "Wir alle wissen, wofür der Konvoi bestimmt ist.
Die Offensivflotte der Akarii befindet sich immer in Mantikor - unter dem Befehl von Prinz Jor." Auf
dem Bildschirm erschien das bild eines Akariis mit herrschaftlichen Gebahren. "Unseren Schätzungen
zufolge kommandiert er sechs Flottenträger und über 100 Begleitschiffe." Sie Blätterte kurz durch ihre
Papiere. "Ich werde Sie jetzt über den aktuellen Zusant von Mantikor informieren. Alles was Mantikor
betrifft ist Top-Secret. Seien Sie sich versichert, sollte einer von Ihnen Plappern jage ich ihm
persönlich einen Energieblitz in den Kopf." Ihr Blick wanderte nochmal über die Anwesenden. "Den
Akarii gelang es Trafalga Station zu erobern. Die Dockanlagen konnten zwar Gesprengt werden, doch
konnten die Akarii die Antimateriemine im Reaktorraum von Trafalgar entschärfen ehe Admiral
Alexander die Station sprengen konnte. Hierbei sei zu sagen, das Mel Alexander entgegen der Ihnen
zugegangenen Gerüchte gekämpft hat wie eine Löwin. Beim Angriff auf Trafalgar haben die Akarii
einen Flottentärger und gut dreißig Begleitschiffe verlohren.
Bei der anschließenden Enterung war das Abschussverhältniss der Marines und bewaffneten Matrosen
ungefähr 6:1 für uns.
Leider ging der Bodenkampf nicht ganz so gloreich für uns aus. Das 3ème Régiment Etranger d'
Infanterie, das einzige Regiment der Fremdenlegion auf Mantikor, wurde bei der Verteidgung des
Flugplatzes komplett ausgelöscht.
Aber der wohl größte moralische Schaden - wenn es denn bekannt würde - ist die Kapitulation
Brigadegenerals George Walkers sechs Tage bevor die Akarii die Neutronenbombe auf Fort Bannister
warfen." Sie wartete, bis sich die Aufregung wieder gelegt hatte. "Ja, Sie haben richtig gehört, Walker
hat mit seiner gesamten Brigade, etwa 10.000 Mann, vor dem Feind kapituliert."
Erneut musste sie pausieren, jetzt aber der Aufmerksamkeit aller Anwesenden sicher: "Die Schlacht
von Mantikor war eine Niederlage. Dennoch haben wir den Echsen einen ernsten Blutzoll abverlangt.
Jor und seine Flotte brachen dringend Nachschub um wieder offensivfähig zu werden. Unsere
Berechnungen sagen, sollte dieser Konvoi Mantikor erreichen, sind die Echsen innerhalb von 2
Monaten wieder auf dem Vormarsch. Und es ist vollkommen sicher, dass wir Texas nicht halten
werden können."
Ein anderes Sternensystem erschien auf dem Wandmonitor.
"Das ist Jollahran. Dort werden Sie meine Damen und Herren den Feind angreifen. Sie werden drei
Einsatzgruppen bilden. Die Gallileo unter Captain Johnathan Ward mit den Begleitschiffen Restless,
Dauntless und den vier Zerstörern Harrison Flint, Paul Reinhard, Prince of Wales und Sau Paulo
werden über Tau Ceti nach Jollahran springen. Sie werden Direkt in dem Nebel landen." Ein großes
Raumgebiet leutete hell auf. "Sie werden sich einen Weg durch den Nebel bahnen müssen und am
äußeren Ende Stellung beziehen. Der Konvoi wird Sie passieren müssen. Weitere Daten untnehmen
Sie bitte Ihren Unterlagenmappen." Abrupt wechselte sie. "Commodore Clark, Sie werden die
Redemption über Wolf 359 nach Jollahran bringen. Das bedeutet, sie müssen dieses Asteroidenfeld
überwinden." Der Monitor wechselte von dem Neben zu einem riesigen Asteroidenfeld. "Ihre
Begleitschiffe werden die Kreuzer Bakersfield, Agamemnon, Perregine sowie die Zerstörer Princeton,
Tripolis, Madrid und Jerome Custer sein."
Eine zischende Stimme unterbrach sie: "Verdammt, wir sind dem Vampier zugeteilt." Es war
offensichtlich René Chantirs 1.O., die ihn aber auch schnell wieder zum schweigen brachte.
Noltze ignorierte es einfach: "Captain Usher: Sie und die Majestics bekommen die schwerste Aufgabe.
Sie werden über New Hope ins Zielgebiet eindringen. Das heißt, Sie werden keinen Sichtschutz haben
und müssen sich auf ihr ECM verlassen. Ihnen stehen zur Seite die Kreuzer Ares, Pinkerton, sowie die
Zerstörer Brisbane, Honshu, Mölders und Tycho Brahe."
Sämtliche Schiffskommandaten waren dabei sich Notizen zu machen. Auf vielen Stinren hatten sich
tiefe Falten gegraben.
"Ich möchte Sie alle nochmal darauf hinweisen, dass dieser Konvoi unter keinen Umständen Matikor
erreichen darf. Wir sind nicht bereit für eine erneute Offensive der Akarii. Besonders wichtig ist der
Zeitplan, Sie müssen gleichzeitig da sein, um den Konvoi in die Mangel zu nehmen." Auf vielen
Gesichtern stand eine Frage und sie musste diese beantworten. "Admiral Renault und ich sind uns sehr
wohl bewusst, dass es sich hierbei um eine Falle handeln könnte, selbst wenn nicht wird der Schutz
enorm sein, doch es geht nicht anders, wir müssen Sie da hinaus schicken."
*****************************
Das Admiralsshuttle strebte auf den Flottenträger „Redemption“ zu. Vier Abfangjäger der Perseus –
Defensivstreitkräfte gaben Geleitschutz. Admirälin Noltze stand an einer der Sichtluken und schien in
die Dunkelheit des Alls zu starren. Wie die Offiziere ihres Stabs trug sie ihre Galauniform und die
Orden, Kampagnespangen und Auszeichnungen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt hatten. Die
Aufgabe einer Admirälin, das hatte sie nach ihrer Beförderung schnell bemerkt, erschöpfte sich längst
nicht in der strategischen, taktischen und logistischen Sisyphusarbeit, eine Kampfgruppe zu führen.
Als Admiral konnte man kaum die komplizierten und vor allem riskanten Verwirrungen der Politik
vermeiden, ob es nun um die Bewilligung von Geldmitteln ging, oder die Verteidigung und
Rechtfertigung „militärischer Sachzwänge“ die mit den diplomatischen Regeln kollidierten.
Und er, oder sie, mußte auch der Aufgabe gerecht werden, die Flotte nach außen zu repräsentieren, das
„Gesicht“ der Navy zu sein. Und Noltze mußte auch den Traditionen gerecht werden - und den
Erfordernissen der psychologischen Kriegsführung und Truppenbetreuung.
Deshalb war diese Aktion angelaufen: der Besuch der befehlshabenden Admirälin auf allen
Großkampfschiffen die sich bei der Perseus – Station versammelt hatten. Am besten wäre es gewesen,
ALLE Schiffe anzufliegen, auch die Zerstörer, Fregatten und Korvetten, aber das war zeitlich
unmöglich gewesen. Nun, das mindeste war eine aufgezeichnete Grußbotschaft... .
Der Besuch auf der „Relentless“ war wie nach dem Drehbuch verlaufen. Captain Mithel mochte ein
harter Vorgesetzter und selbstbewußter, manchmal schwieriger Untergebener sein. Aber seine
Mannschaft war erstklassig gedrillt – und würde auch im Kampf wie eine gut geölte
Vernichtungsmaschine funktionieren. Sie kannte diesen Typ von Flottenoffizier.
An Bord der Redemption war nahezu die gesamte Mannschaft im Bordhangar angetreten. Rings um
den dräuenden Raumjäger und Jagdbomber drängten sich Matrosen, Marinesoldaten und die Piloten,
alle in ihren Paradeuniformen. Natürlich waren die Rangunterschiede beachtet worden. Hinten standen
die Mannschaftsdienstgrade, vorne die Offiziere – darunter auch die Piloten, die „Stars“ der
Redemption.
Ganz vorne und am Beginn der Reihen hatten sich die Kommandooffiziere positioniert. Ausgewählte
Mitglieder des Marinekorps waren als Ehrengarde angetreten.
Das Shuttle dockte an. Noltze überprüfte kurz den Sitz ihrer Uniform und straffte sich. Als sie das
Shuttle verließ waren ihre Bewegungen kraftvoll und zielstrebig, ihr Gesichtsausdruck ernst und
entschlossen.
„ACHTUNG! ADMIRAL AN BORD!“ bellte der Lieutenant der die Marinesformation
kommandierte. Die Marineinfanteristen präsentierten die Waffen, zackig und präzise, jeder Handgriff
tausendfach geübt.
Der Flottentradition folgend setzte ein Schiffsoffizier eine Bootsmannspfeife an die Lippen und blies
das Signal „Admiral an Bord“. Noltze salutierte vor der Ehrenformation und hielt den Gruß, während
sie die Formation abschritt.
Im Hangar lief eine Welle durch die Reihen, als die Männer und Frauen in „Hab Acht“ erstarrten und
das Ritual mit lange eingeübter Präzision abrollte. Die Admirälin schritt nun die Formation entlang, an
deren Spitze die führenden Offiziere standen. Sie suchte den Blickkontakt, während sie langsam die
Reihe abschritt, sah den zu Statuen erstarrten Soldaten direkt in die Augen. Wenn möglich strafften
sich diese dann noch mehr.
Das Selbstgefühl bekam einen ordentlichen Schub, wenn man von einer Admirälin direkt angesehen
wurde, das wußte Noltze nur zu gut. Deshalb tat sie es ja auch. Aber gegenüber den Brücken-, den
Kommandooffizieren und Staffelführern begnügte sie sich nicht mit Blickkontakt: ein kurzer, aber
fester Händedruck würde ihnen im Gedächtnis bleiben.
Noltze hätte fast gelächelt. Inzwischen hatte sie es gelernt, die Traditionen und Bräuche der Navy
anzuwenden.
Dann war dieser Teil der Zeremonie zu Ende. Gegenüber den angetretenen Mannschaften hatte man
ein eher unscheinbares Rednerpodest aufgestellt, das Admirälin Noltze nun betrat. Ein paar
Augenblicke sagte sie nichts, ließ ihre Augen über die Angetretenen schweifen: Männer und Frauen,
Veteranen und Neulinge, Abkömmlinge aller Rassen und zahllosen Planeten der Republik, Piloten,
Matrosen und Marinesoldaten.
Ihre Stimme war klar und hallte durch den riesigen Hangar des Flottenträgers : „RÜHRT EUCH!“ Die
Soldaten entspannten sich etwas – doch trotzdem standen die meisten immer noch akkurater und
angespannter als üblich. Es war eben doch etwas Besonderes, vor einem Admiral der Flotte zu stehen.
Etwas, worauf man stolz sein konnte, etwas was man vielleicht noch seinen Kindern erzählen würde.
„SOLDATEN! MANNSCHAFT DER REDEMPTION! KAMERADEN! Ihr dient auf einem Schiff
stolzer Tradition! Einem Schiff, das wie kein anderes den Ruhm und die Ehre der republikanischen
Flotte verkörpert! Ihr habt das Banner aufgenommen von den Helden der Vergangenheit und tragt es
in einer harten und schweren Zeit! Dies ist eine große Verantwortung an einen Jeden von euch, denn
ihr werdet an den Taten eurer Vorgänger gemessen werden. Sich dieser Aufgabe zu stellen habt ihr
euch bereit erklärt, als ihr euch diesem Schiff verpflichtet habt.
Kameraden! Ihr seid diesen Anforderungen auf zwei Feindfahrten gerecht geworden. Was dieses
Schiff im Krieg geleistet hat, in dem wir angetreten sind, die Freiheit, ja die Existenz der Republik zu
verteidigen, war außergewöhnlich. Zusammen mit euren Kameraden habt ihr dazu beigetragen, daß
die Flutwelle der Aggressoren aufgehalten wurde, unsere Frontlinien die Zeit fanden, sich zu ordnen
und die Verteidigung zu organisieren. Und das Risiko, das ihr dabei getragen habt, es war nicht
geringer als in der vordersten Verteidigungslinie unserer Schlachtreihen. Abgeschnitten von jedem
Nachschub und jeder Verstärkung habt ihr nicht nur dem feindlichen Nachschub harte Schläge
versetzt, sondern auch zahllose Jäger abgeschossen und Großkampfschiffe vernichtet.
Ihr könnt stolz auf euch sein. Und ich weiß, daß ihr alle weiterhin das Äußerte geben werdet, um der
Verantwortung gerecht zu werden, die auf euch allen ruht.
Doch der Krieg ist nicht vorbei, trotz der Schlachten, die wir geschlagen haben, trotz der Siege, die wir
errungen haben und trotz der Opfer, die wir bringen mußten. Noch immer bedroht ein grausamer und
unmenschlicher Feind unsere Heimat, eine fanatisierte Flut, einzig beseelt mit dem Willen zu zerstören
und zu morden. Einmal mehr kommt es uns zu, Schild und Schwert für unsere Heimatwelten zu sein
und auch diese Angriffswelle aufzuhalten. Die Aufgabe, die der Kampfgruppe auferlegt wurde ist
nicht weniger wichtig als die direkte Verteidigung der Heimat in der Raumschlacht. Denn wieder
werdet ihr diejenigen sein, die die Wucht des feindlichen Ansturms brechen.
Wir kämpfen hinter den feindlichen Linien – als die Speerspitze der Verteidigung und des Angriffs,
damit bald – sehr bald – der Krieg wieder zurückgetragen wird zu dem Ort, wo er begann!
Kameraden! Das Geschwader der Redemption mag noch jung sein, doch ihr habt euch bereits einen
Namen gemacht, den die Akarii fürchten. Ich weiß, daß ich mich in der kommenden Schlacht auf euch
und auf dieses Schiff verlassen kann!“
Aus den Lautsprechern des Hangars dröhnte die Nationalhymne der Republik.
Als Admirälin Noltze wieder an Bord des Shuttles war, fiel die nach außen getragene Zuversicht von
ihr ab. Es war wichtig, Autorität und Selbstbewußtsein zu zeigen. Aber sich selber konnte sie mit den
hehren Worten kaum überzeugen. Es stand nicht gut im Krieg. Und die Mission, die man ihr
übertragen hatte konnte schlachtentscheidend sein. Das war eine schwere Verantwortung. Und sie
hatte niemanden, der ihr Mut zusprach, auf den sie ihr Vertrauen und Zuversicht setzen konnte.
Niemanden außer sich selbst.
******************************
Die Würfel sind gefallen
„Nun, was halten Sie davon?“ Mithel musterte seine beiden Untergebenen. Er vermißte schmerzlich
seinen alten Beraterstab von der „Hydra“, aber selbst seine guten Beziehungen hatten es ihm nicht
ermöglicht, mehr als zwei seiner Offiziere „mitzunehmen“. So hatte er das Beste aus der Misere
gemacht. Die beiden waren die einzigen, die an Bord von der kommenden Operation wußten. Und
Rogulski kannte nicht einmal die Einzelheiten – die Geheimhaltungsstufe der Operation war hoch.
Mithel hätte sich nicht gescheut, dem Waffenoffizier zu sagen, was er wusste, aber er war Offizier der
Flotte, und als solcher musste man sich eben an bestimmte Vorgaben halten. Also hatte er seinem
Vertrauten nur vage Informationen gegeben. Falls dies den Polen kränkte, so zeigte er es nicht. Aber
vermutlich wußte er, daß solche Dinge manchmal eben so und nicht anders liefen.
Raffarin überlegte einen Augenblick. Sie schaute kurz zu Rogulski, der kaum merklich nickte. Er ließ
ihr den Vortritt – wie meistens. Dann fixierte sie ihren Kapitän: „An und für sich klingt das recht
verführerisch. Die Vernichtung eines so großen Geleitzugs wäre ein Schlag für die Akarii, fast so
schlimm wie die Schlacht um Manticor für uns. Wenn man sechzig Raumtransporter vernichtet, reißt
das zusammen mit den Verlusten während ‚Husar‘ ein deutliches Loch in ihre Transportkapazitäten.
Ohne die aber können die Akarii ihre Offensive nicht fortsetzen, es wird sogar unter Umständen
schwierig für sie, das augenblicklich eroberte Gebiet zu halten. Nimmt man die psychologischen
Auswirkungen hinzu, dann könnte dies ein schwerer Rückschlag für sie werden. Natürlich dürften sie
sich Mühe geben, es geheim zu halten oder zu verharmlosen, aber den Verlust einer solchen Menge
von Schiffen kann man nicht ewig verschleiern.“
Mithel lächelte knapp: „Ich höre förmlich das ABER in Ihren Worten. Nun, lassen Sie hören!“ „Aber
ich kann nicht glauben, daß die Akarii nicht damit rechen, daß ihr Geleit über einen oder mehr als
einen der Träger von ‚Husar‘ stolpern könnte. Ich denke eher, sie werden das fest eingeplant haben!
Seitdem es Zufuhrkrieg gibt, war der Geleitzug eine der Standartwaffen, und immer ging es darum,
Geleitzüge vor feindlichen Großkampfverbänden zu schützen.“ „Exakt.“ meinte Rogulski: „Selbst
wenn wir mal die Frage beiseite lassen, ob die Akarii die ganze Aktion als Falle geplant haben – dafür
ist es fast ein wenig zuviel Aufwand – so werden sie ihre Schiffe zu schützen wissen.“
Der Capitän nickte: „Sehr richtig. Ich muß gestehen, meine letze Vorlesung zu dem Thema ist schon
ein wenig her – es ist ja auch nicht unbedingt unser tägliches Brot. Raffarin – was meinen Sie, werden
die Echsen mitschicken?“ Die Offizierin überlegte kurz: „Ich kann natürlich nur schätzen. Aber wenn
ich mich auf die verschiedenen Beispiele aus der terranischen Geschichte beziehe und einkalkuliere,
womit die Akarii rechnen dürften...“ „Nun, ich will nur Ihre Meinung. Hellsehen müssen Sie nicht.“
meinte Mithel, wobei ein leichtes Lächeln seinen Worten die Schärfe nahm.
„Nun, ich rechne ungefähr mit einer Division Kreuzer, also vier bis sechs Stück, davon zwei oder drei
schwere. Dazu auf jeden Fall zwei, vielleicht drei Flottillen Kleinkampfschiffe. Also zwanzig bis
dreißig Korvetten, Fregatten und Zerstörer. Davon vermutlich die Hälfte Zerstörer. Etliche davon
flaktauglich, denn der Gegner dürfte ja einen massierten Jagdangriff einkalkulieren. Möglicherweise
ist ein Teil der Transporter bewaffnet, über das normale Maß hinaus. Es wäre untypisch – aber nicht
unmöglich – daß die Akarii einen Flottenträger mitschicken. Momentan brauchen sie die an der Front
und es entspricht nicht dem, was wir über ihre übliche Flottendoktrin wissen. Aber auch bei ihnen
kann es unorthodoxe Köpfe geben, und wir wissen nicht, wie wichtig ihnen der Konvoi wirklich ist,
oder wie weit ihre Decke momentan reicht. Betrachtet man freilich die augenblicklichen
Gegebenheiten, so dürfte es ihnen nicht leicht fallen, einen Flottenträger zu detachieren. Aber wir
sollten es auch nicht ausschließen. Leichte Träger haben sie ja nicht in ihrem Arsenal –
unwahrscheinlich, daß sie einen „Golf“ mitschicken, sie dürften von dem Modell noch nicht genug
haben. Also haben sie vermutlich keinen Jagdschutz, es sei denn, sie können ein paar ihrer Frachter
umrüsten.“ Mithel hab fragend eine Augenbraue: „So starke Sicherung?“ Raffarin nickte: „In der
terranischen Geschichte wurden wichtige Geleitzüge maximal mit einer gleich großen Anzahl von
Kriegsschiffen abgesichert, vor allem, wenn man Deckungsgruppen und Reserven mitrechnet. Ich
würde deshalb durchaus eine starke Eskorte erwarten. Möglicherweise sogar noch mehr als von mir
geschätzt.“
Der Captain schien nachzudenken: „Ich stimme Ihnen zu. Nach den Verlusten, welche die Akarii
durch ‚Husar‘ erlitten haben, wäre alles andere unwahrscheinlich.“ Er verzog die Lippen zu einer
verächtlichen Grimasse: „Unsere Flottengenies können natürlich bei ‚Angriff‘ in erster Linie nur an
ihre bombastischen Jäger denken. Daß zwei Divisionen Kreuzer und ein paar Zerstörer mindestens
ebenso gute Arbeit leisten können, wenn man sie nur gegen Jäger abschirmt, kommt ihnen kaum in
den Sinn. Wir werden also wieder für einen Träger – die Gallileo – Kindermädchen spielen. Aber ich
hoffe, wenn alles glatt geht, kommen wir auch zum Schuß. Wenn nicht alles glattgeht, und das halte
ich für nicht eben unwahrscheinlich, werden wir so und so genug zu tun haben, um unsere Schützlinge
und uns herauszuhauen. Das heißt – wir müssen uns vorbereiten. Rogulski – Ihre Meinung?“ Der Pole
wiegte nachdenklich den Kopf: „Waffenabteilung zu 70 Prozent einsatzbereit, würde ich sagen. Sie
brauchen immer noch zu lange, ein Ziel auszuwählen, Schäden zu beheben – und die Trefferquote ist
nicht eben überragend. Und wir sind noch nicht mal im Gefecht, wo die Aufregung dazukommt.“
„Gehen Sie auf 100! Und wenn Ihre Leute abends mit blutenden Fingerkuppen in die Quartiere
kriechen! Ich BRAUCHE die Waffenabteilung voll einsatzbereit! Sorgen Sie dafür, daß vor allem die
Kanoniere endlich ihren Job beherrschen – sie sind unsere beste Waffe gegen feindliche Bomber! Mit
Lasern richtet man gegen Schilde nicht so viel aus, aber Feindbomber kann man so knacken.“ „Ich
werde außerdem anordnen, daß unsere Raketenwerfer gestaffeltes Schießen auf Mehrfachziele üben –
falls wir uns mit Meuten feindlicher Kampfschiffe oder Hilfskreuzern befassen müssen.“ „Gut, tun Sie
das.“
Der Captain rieb sich das Kinn: „Mir will bloß das eine oder andere bei der Sache nicht gefallen. Die
Zergliederung in drei Kampfgruppen und der getrennte Anmarsch macht zwar Sinn – so können wir
sie umfassen. Aber das erhöht die Gefahr, daß einer der Verbände auf dem Vormarsch Feindkontakt
hat. Außerdem haben Pläne die Angwohnheit, umso anfälliger zu werden, je komplizierter sie sich
gestalten. Sollte bei der entscheidenden Party einer der Teilnehmer fehlen, weil er sich verspätet, dann
werden es die anderen nicht leicht haben. Außerdem passt mir die Zusammensetzung unseres
Verbandes nicht. Die Dauntless hat immer noch ihre Macken, und mir wäre es ehrlich gesagt lieber,
statt eines Wunderkindes mit Krankheiten einen normalen Kampfkreuzer dabei zu haben. Wenn die
Dauntless versagt wird es für uns unangenehm. Deshalb muß unser Schiff hundertprozentig
einsatzbereit sein! Unsere Position dürfte uns vor dem Gegner abschirmen, aber ich würde mich nicht
drauf verlassen, daß die Akarii nicht auf die Idee kommen, den Nebel ein bißchen zu durchleuchten.
Und dann könnte es unangenehm werden. Für den Fall müssen wir SEHR schnell reagieren.
Allerdings - immer noch besser, als durch ein Asteroidenfeld zu marschieren oder gar keine Deckung
zu haben. Vor allem der Verband ist schlecht dran. Die Akarii müßten wirklich völlig verblödet sein,
wenn sie keine Vorausfeger losschicken - allerdings heißt das natürlich auch, daß wir mit Achterfegern
rechnen müssen. Und die müssen wir SEHR schnell ausschalten, denn wenn wir uns lange mit ihnen
rumschießen kann der Gegner sich auf andere Gruppen konzentrieren und dann uns fertigmachen.“
Rogulski nickte: „Ich werde dafür sorgen, daß die Waffenstationen bereit sind – so bereit wie nur
möglich.“ Mithels Blick sagte, daß dies besser SEHR bereit seien sollte. Raffarin mischte sich in das
Gespräch ein: „Ich denke, wir sollten noch einmal die Schadenskontrollgruppen überprüfen. Ihre
Leistung hat sich in letzter Zeit ansehnlich verbessert, aber wenn es zum Kampf kommt sind sie so
wichtig wie die Kanoniere.“ Rogulski lächelte leicht: „Rührend, dieses Vertrauen in den Schlachtplan.
Das heißt ja wohl, daß wir auf jeden Fall damit rechnen, ein paar Schläge zu kassieren.“ Mithel
seufzte: „Das wird sich wohl nicht vermeiden lassen. Ich schätze, es wird mit an uns liegen, die
Dickschiffe des Gegners auszuschalten. Die Bomber – selbst von allen drei Trägern
zusammengenommen – dürften dazu bei weitem nicht ausreichen. Ihre Raketen sind nicht einmal
annähernd so stark wie unsere, und außerdem rechne ich mit starker Luftabwehr und ein paar guten
Störsendern. Vielleicht sollten wir dafür sorgen, daß die Besatzung sich mit den Profilen der
feindlichen Schiffe vertraut macht, damit wir schnell und zielsicher reagieren können, egal, wem wir
gegenüberstehen. Schwachstellen, Bewaffnungen und Modifikationen – ich gehe davon aus, daß
sowohl unsere Sensorcrews als auch die Kanoniere sich damit vertraut machen!“ „Jawohl, Sir!“ kam
die Antwort von den beiden Offizieren.
„Also gut. Gehen wir es an. Urlaub wird gestrichen, weitere Freistellung muß von mir oder
Commander Raffarin genehmigt werden, Schiff ist gefechtsklar zu machen. Sobald wir ablegen gilt
volle Bereitschaft. Ich will, daß jeder zu jedem Zeitpunkt eine Waffe griffbereit hat. Schutzkleidung
nach Möglichkeit. Nein, ich rechne eigentlich nicht damit, geentert zu werden – aber das dürfte auch
dem letzten Frischling klarmachen, daß wir im Krieg sind. Und keiner darf das vergessen, zu keinem
Zeitpunkt!“ Rafarin lächelte innerlich, als sie ihren Vorgesetzten betrachtete: ,Der Alte hat mal wieder
Blut gerochen.’ Dachte sie. Dann salutierte sie: „Ich beginne sofort mit der Ausführung!“ Die
Relentless machte sich kampfbereit.
*********************************
„Ach, komm schon, Ace. Was ist denn dabei?“
Skeptisch sah ich Martin Goedecke an. Der Deckchief lächelte scheinheilig.
„Was dabei ist? Ling hat mich sowieso auf dem Kieker. Und unsere JAG hat allen Gerüchten nach
auch ein Auge auf mich geworfen, weil sie glaubt, ich würde noch mal einen richtig spektakulären
Prozess abgeben.
Nein.“
„Aber Sie treten doch gar nicht auf, Lieutenant Davis. Aushängeschild der Aktion werde ich sein.“
„Klingt ja ganz nett, Foreigner. Trotzdem nein.“
„Ace, es geht aber nicht anders. Wir brauchen dich dafür. Wir haben alles. Uns fehlt nur noch jemand
wie du. Ich verspreche dir, falls wir auffliegen, nehmen wir dich nicht mit in den Untergang.“
„Kriege ich das schriftlich, Rodney?“, lachte ich heiser.
Der Marine lachte ebenfalls.
Ich seufzte und lehnte mich in meinem Sessel zurück.
Das MIRAGE war eigentlich etwas exklusiv für einen einfachen Marines-Corporal, aber die
Begleitung eines Second Lieutenant in Form von Makoto Takahashi und Chief Martin Goedecke
öffnete dem jungen Mann Tür und Tor. „Okay, erklärt es mir noch mal.“
Chief Goedecke grinste in die Runde und nippte an seinem Scotch. „Also, seit du Radio runtergeputzt
hast, haben wir auf der REDEMPTION eine Versorgungslücke. Ich hatte ja keine Ahnung, in wie
vielen krummen Geschäften der Bengel drin hängt. Scheint so, als wäre er Großlieferant gewesen. Er
belieferte Weiterverkäufer auf allen Decks des Schiffs. Im Prinzip war er ein Nadelöhr, über das
sämtliche Transaktionen für die RED gingen.
Jetzt will er nicht mehr und hat seine Kontakte geschlossen. Schwierig, jetzt seine Nachfolge
anzutreten.“ Martin nickte Makoto zu. Die junge Frau nahm den Faden auf.
„Nun, wie Sie wissen, Davis-san, war ich seit Kriegsbeginn auf PERSEUS stationiert. Ich kenne hier
beinahe jede Ecke und fast jeden Händler, ob legal, ob illegal. Ich kann in kurzer Zeit große Mengen
an Material besorgen. Erst neulich bat mich eine Pilotenkollegin darum, ihr ein besonderes
antiallergenes Shampoo zu besorgen. Als das fuktioniert hatte, häuften sich die Nachfragen. Ich bin
nicht Radio. Aber ich werde in seine Rolle gedrängt.“
„Und da komme ich ins Spiel. Takahashi-san braucht einen Distributor an Bord der RED. Das bin ich.
Krumme Geschäfte habe ich schon gemacht, seit ich auf der Unteroffiziersschule war. Ich weiß, wie
so was geht und wie ich die Preise gestalten muss. Takahashi besorgt die Waren, ich verkaufe sie.“
„Und ich besorge den Lagerraum. Ich verwalte zwanzig Prozent der Lagerkapazität der
REDEMPTION. Wenn jemand dort Ware verstecken kann, dann ich“, schloß Martin ab. „Du siehst,
du wirst mit uns überhaupt nicht in Verbindung gebracht werden.“
„Aha“, brummte ich. „Und Ihr braucht mich dann für was? Soll ich das Kassenbuch führen?“
„Etwas in der Art“, brummte Rodney. „Du bist doch Top in Buchführung, oder? Stammst aus ner
Händlerfamilie und so. Aber das ist nicht der einzige Grund. Wir haben die Kontakte. Wir haben den
Stauraum. Und wir haben jemanden, der das Zeug vertickt.
Was uns fehlt, ist Kapital. Wir müssen die Waren zwischenfinanzieren.“
Ich entspannte mich etwas. „Aha. Ich soll also die Buchführung machen und das Geld vorschießen,
richtig?“
„Etwas in der Art.“
„Vergeßt es. Ich bin viel zu eingespannt, um noch ein Kassenbuch zu verwalten. Außerdem hat man
solche Dinge besser im Kopf, anstatt es Yamashita auch noch leicht zu machen.“
Die anderen drei sahen zu Boden.
„Allerdings könnte ich euch mit ein paar tausend Real Startgeld aushelfen. So gegen ein Viertel
Beteiligung am Gewinn. Mein Name darf natürlich niemals auftauchen… Und ein Teil des Gewinns
müsste ins Matrosenhilfswerk einfließen…“
„Machbar“, brummte Chief Goedecke.
„Außerdem hätte ich ein paar Wünsche, das Sortiment betreffend. Keine Drogen. Außer natürlich
leichte Medikamente, Zigaretten, Alkohol, Kaffee. Keine Waffen. Ausgenommen sind Spielzeuge wie
das Ding, mit dem Ohka zum CAG gerannt ist. Und ich will verdammt sein, wenn ich eine
Schweinerei unterstütze wie die Verbreitung von Videos wie der Bombardierung einer bestimmten
Welt in einem bestimmten Einsatz. Verstehen wir uns?“
Die drei nickten.
Ich grinste und zückte meine Brieftasche. „Ich überweise Rodney auf sein Konto
dreiundzwanzigtausend Real. Offiziell, weil du mich als Freund darum gebeten hast, ein
Aktiengeschäft für deine Altersvorsorge zwischenzufinanzieren.
Um den Schein zu wahren, wird ein Dauerauftrag eingerichtet, der mir monatlich fünfhundert Real
zurückpumpt.
Die Gewinne aus den Verkäufen sollten meinen Anteil und damit die fünfhundert Real mehr als
abdecken. Deine Verbindung zu Takahashi-san kenne ich nicht.
Und in deinen Magazinen war ich nie, okay, Martin?“
Der alte Chief grinste. „Abgemacht.“
„Also ist es beschlossen. Ich bestätige den Eingang der Dreiundzwanzigtausend und ziehe den
Dauerauftrag ein. Überschüsse aus deinem Anteil werden als Aktiengewinne zur schnelleren
Darlehnstilgung auch auf dein Konto gebucht?“
„Nett gemeint, nein. Die Dreiundzwanzigtausend sind teilweise Gewinne aus meinen krummen
Geschäften während meiner Akademiezeit. Ich wollte sie schon lange mal einem guten Zweck
zuführen. Die Überschüsse kommen ebenfalls in den Fonds des Matrosenhilfswerk.“
Ich fischte einen Zettel aus meiner Tasche. „Euer erster Auftrag. Könnt Ihr mir dieses Medikament
besorgen?“
Foreigner warf einen Blick auf den mit zittriger Handschrift beschriebenen Zettel. „Schwierig. Für Sie,
Ace-san? Dann sollten Sie besser Doc Hamlin aufsuchen.“
„Iie, nicht für mich. Besorgen Sie mir zwanzig Einheiten. Das Sedativ ist für einen guten Freund. Ich
schulde ihm etwas. Ich habe ihm keine Fragen gestellt. Ihr solltet das auch nicht tun. Immerhin sind es
keine harten Drogen.“
Die drei nickten. „Okay, wir fangen dann mal an. Wir haben schließlich nur noch eine Woche, bis
dahin müssen die Bestände voll sein.“ Goedecke erhob sich. Die anderen standen ebenfalls auf.
„Wir halten dich auf dem laufenden, Ace.“
Ich winkte zum Abschied hinterher. Mist, die hatten mir tatsächlich die Rechnung dagelassen.
***
Zehn Minuten später kam meine Verabredung. Ich lächelte freundlich und winkte.
Kurz darauf kam der Mann an meinen Tisch und verbeugte sich steif. „Arigato gozaimas, ace-kun.
Danke für die Einladung.“
„Hajimemashite, Ohka-kun. Es ist mir eine Ehre, heute dein Gastgeber sein zu dürfen. Wir haben zu
reden, und bei einem Essen spricht es sich entspannter.“
Der Japaner setzte sich. Die Bedienung servierte sofort heißen Sake. Danach trug sie zwei Schälchen
Suppe auf.
„Du gibst die Mühe, Ace-kun. Aber Miso wird traditionell zum Frühstück serviert“, tadelte Ohka mich
grinsend.
„Oh, es hat Symbolcharakter. Immerhin geht es mir um ein Morgengespräch…“
Ohkas Grinsen erstarb. „Hai. Ich wusste es.“
Schweigend hielt ich ihm mein Schälchen mit Sake hin. Wir stießen mit den dickwandigen Schalen an
und tranken ein wenig.
Danach widmeten wir uns schweigend der Suppe.
Als der Hauptgang kam, Sushi und Sashimi, eröffnete ich das Gespräch erneut. „Ohka-kun. Du weißt,
ich schätze dich sehr. Gerade und vor allem, weil du für Kali da bist, seit ich sie ohne es zu wollen so
schwer verletzt habe.“
„Hai. Ich weiß. Es ist schade, dass wir keine richtigen Freunde werden können. Kali würde immer
zwischen uns stehen.“
Ich schnappte mir eine Sashimi mit Tintenfisch. Urgs, das Ding hatte ja noch Saugnäpfe. Na egal.
Sushi war sehr gesund.
„Hai. So ist es. So ka, wie Ihr Japaner sagen würdet. Und normalerweise würde ich mich nicht
einmischen. Weder in eure Freundschaft, noch in eure Liebe, so es eine gäbe. Aber du musst
verstehen, Ohka-kun, ich bin noch immer in Kali verliebt. Und ich werde sie nicht so schnell
aufgeben. Wenn ich mich zurückhalte, liegt das nicht daran, dass ich dir den Vortritt lasse.
Sobald Kali mich wieder in ihrer Nähe duldet, werde ich diese Gelegenheit zu nutzen wissen. Bis
dahin übe ich mich in Geduld und Demut.“
Ohkas Blick zuckte kurz zu meinem extrem kurzen Haarschnitt. „So ka“, kommentierte er.
„Selbstverständlich beobachte ich die Entwicklung in eurer Freundschaft aufmerksam. Sollte ich… zu
spät kommen, werde ich nicht versuchen, mich zwischen euch zu drängen. Ich behalte es mir aber vor,
eine Freundschaft aufzubauen.“
„So ka. Und dies, nachdem du mit Huntress geschlafen hast?“
„Und das, obwohl ich mit Huntress geschlafen habe. Aber da bin ich ja nicht allein, ne?“
Der Japaner errötete. „Uns unterscheidet, dass die Beziehung zu Kali mein Ziel ist.“
„Und ich nicht vorhatte, eine mit Huntress aufzubauen. Hai. Aber dies ist der springende Punkt.
Mir bereitet die Tatsache, dass du mit Kali… Es bereitet mir Sorge. Kali trägt ihr Herz auf der Zunge.
Aber es ist auch viel zu groß für sie.
Wenn es sich vollends dir zuwendet, das habe ich schon gesagt, Ohka-kun, dann werde ich
zurücktreten.
Aber wenn sie sich mit dir einlässt, nur weil sie dich nicht verprellen will, weil sie eurer Freundschaft
zuwillen glaubt, eine Affaire eingehen zu müssen, erwarte ich, dass du ebenso konsequent bist.“
„Hai.“ Ohka stopfte sich Sushi mit Rogen in den Mund. „Wie ich schon sagte, ist die Beziehung zu
Kali mein Ziel. Ohne ihre Liebe ergäbe sie keinerlei Sinn. Ich würde mich mit einer Alibibeziehung
niemals zufrieden geben. Ich kenne die Bedeutung des Wortes Ehre, Ace-kun.“
„Dann sind wir uns einig?“ Ich streckte die Hand aus.
Ohne zu zögern ergriff Ohka die Hand und drückte sie fest. „Hai. Das sind wir.“
Schweigend aßen wir weiter.
Waren Ohka und ich nicht längst so etwas wie Freunde? Ich hoffte es. Ich mochte ihn, und seit seiner
zweiten schweren Verletzung hatte ich Sorge um ihn.
„Was macht der Arm? Was sagt Schlächter Hamlin?“, begann ich eine zwanglose Konversation und
goß mir Soße nach…
***

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Eine Frage des Standpunkts
Huntress blickte sich in der Kantine um. In den letzten Tagen war der Dienstbetrieb intensiviert
worden, und die meisten Piloten schliefen wieder an Bord. Die süßen Tage des Urlaubs waren vorbei –
offenbar lag etwas in der Luft. Nachdem man die verlorenen Jäger ersetzt und die Einheiten aufgefüllt
hatte, waren die Staffelkommandeure jetzt dazu übergegangen, die Neulinge auf Herz und Nieren zu
prüfen. Wie auch die Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den Staffeln. Sie selber konnte ein
Liedchen davon singen, oder besser gleich eine ganze Liedersammlung...
Sie hatte sich ganz gut an Bord eingelebt. Natürlich hatte sie es als „Junioroffizierin“ nicht eben leicht.
Alle anderen Staffelführer hatten erheblich mehr Erfahrung, und das Militär wäre nicht Militär
gewesen, wenn das keine Rolle gespielt hatte. Also hatte sie sich eine ganze Latte von „gutgemeinten
Ratschlägen“ anhören dürfen, die ihr teilweise nur dürftig verschleiert mitteilten, daß an ihrer
Befähigung noch erhebliche Zweifel herrschten. Es ging ja noch, wenn der CAG so mit ihr redete. Er
hatte ja auch das Recht dazu, war ihr Vorgesetzter. Aber selbstverständlich war er nicht der Einzige
gewesen – ihre Kollegen hatten ins selbe Horn gestoßen.
Aber Juliane konnte ihnen dies nicht unbedingt verübeln – wenn sie ehrlich war, was sich als nicht so
einfach erwies. Sie kam von einem anderen Träger, war erst eben befördert worden und übernahm
dazu eine Einheit, die quasi von Grund auf neu formiert werden mußte. Das fiel selbst erfahrenen
Kommandeuren nicht immer leicht. Also waren die anderen Staffelführer nur zu gerne bereit, ihr zu
„helfen“. Sprich: „Zeigt dem Mädchen mal, wie das geht, wir wollen schließlich die Staffel nicht noch
einmal verlieren!“ Offen ausgesprochen hatte es keiner, aber unterschwellig...
Andererseits war dies für sie nicht nur ein Nachteil. Wenn sie als neue Kommandeurin in eine
eingespielte Staffel gekommen wäre, nun, als „Frischling“ hatte man auf diesem Posten auch nicht viel
zu lachen.
Besonders die Führerin der anderen Typhoon-Staffel, Lieutenant Commander Parker, hatte neben der
Arbeit an ihrer eigenen Staffel Zeit gefunden, Huntress mehr als einmal über die Schulter zu sehen.
Und die junge Kommandeurin hatte sich dazu durchgerungen, ihre Ratschläge doch hin und wieder zu
berücksichtigen. Es war nicht eben angenehm, sich jetzt, kurz nach der Beförderung, immer noch
Vorschriften machen zu lassen. Auch wenn diese als Vorschläge maskiert wurden. Aber alles auf
eigene Faust zu machen wäre auch unklug gewesen. Parker hatte Erfahrung, ebenso wie die anderen
Staffelchefs. Sie führten Einheiten, seit der Krieg begonnen hatte, etliche sogar schon eine ganze Zeit
länger. Huntress konnte nur auf ihre relativ kurze Dienstzeit als XO zurückgreifen – und das war
definitiv ein bißchen wenig.
Man hatte sie nicht direkt ungerecht behandelt. Dennoch herrschte an Bord ein gewisser Stolz auf die
eigene Einheit, ein gut ausgeprägter Korpsgeist. Die Redemption-Piloten bildeten sich auf ihre
bisherigen Erfolge nicht wenig ein, teilweise wohl zu Recht. Natürlich hatte Huntress genauso gute
Arbeit an Bord ihres alten Trägers geleistet, aber dennoch mußte sie sich hier erst einmal beweisen.
Nun, mit ein bißchen Glück sollte ihr das nicht zu schwer fallen. Die Redemption hatte bereits den Ruf
weg, immer dort zu sein, wo der Rauch am dicksten war. Bei ihren Einsätzen war das Schiff immer
wieder dem Tod von der Schippe gesprungen und hatte dem Gegner einige heftige Hiebe verpaßt.
Folglich hatte es den Ruf eines „guten“ Schiffes. Natürlich nur, solange man dem Selbstbetrug der
Piloten aufsaß, die sich gebärdeten, als gäbe es nichts wichtigeres als ins Gefecht zu fliegen und
Heldentaten zu vollbringen. Aber gute Piloten, gut weil bisher überlebend, wußten auch, daß Chancen
auf Heldentaten auch immer die Möglichkeit des Heldenbegräbnisses in sich bargen, vorausgesetzt
man hatte Glück – wenn nicht, dann gab es nicht einmal ein Grab. Und bei den Besatzungen der
anderen Kampfschiffe hatte die Redemption nicht unbedingt den Ruf als Heldenschiff, sondern
firmierte unter der Bezeichnung TSS Dracula – denn wie ein Vampir lebte sie vom Blut anderer,
nämlich ihrer Begleiter, die mehr als einmal den Preis für das Entkommen der Redemption hatten
zahlen müssen. Das hieß nun nicht, daß man dem Kapitän oder der Besatzung vorwarf, sie würde ihr
Leben auf Kosten anderer verlängern. Aber das Schiff, DAS SCHIFF – nun, dies war eine andere
Sache. In den finstersten Ecken und Winkeln der von Aberglauben verdunkelten Raumfahrerhirne
lebten „Tatsachen“ und „Gesetzmäßigkeiten“. Dort war ein Schiff beinahe ein lebendes Wesen, mit
einem eigenen Schicksal und eigener Identität. Und der Ruf der Redemption war einer, der nicht
unbedingt zu den besten zählte.
Wie dem auch sei, vermutlich würde es auch diesmal wieder mitten hinein in die Schlacht gehen.
Natürlich spürte Huntress dabei auch mehr als nur ein bißchen Unsicherheit, schließlich war sie
diesmal für elf andere Menschen voll verantwortlich. Allein der Gedanke, vielleicht einen der
berüchtigten Briefe schreiben zu müssen – „Werte Frau... ! Es tut mir leid Ihnen mitteilen zu müssen,
daß...“ – bereitete ihr Bauchschmerzen. Aber andererseits hoffte sie natürlich, sich hier als dem
Vertrauen in ihre Fähigkeiten würdig erweisen zu können. Sicher würde kaum sie es sein, die, sagen
wir mal, den Roten Baron abschoß, aber dennoch, sie wollte zeigen, was in ihr steckte.
Schlecht lebte es sich an Bord jedenfalls nicht. Als Lieutenant Commander mußte sie ihre Kabine
nicht teilen und hatte so viel Platz, wie normalerweise zwei Piloten – vielleicht sogar mehr. Die Arbeit
nahm freilich in dem selben Maße zu, vor allem Schreibstubendienst. Aber dennoch, im Vergleich zu
früher hatte die Situation so ihre Vorteile...
Die Verpflegung war – zumindest jetzt – gut und reichlich, in keiner Hinsicht eine Verschlechterung
zu ihrem alten Schiff. Die Redemption mochte alt sein, aber man hatte das Schiff ausreichend
modernisiert, um es mit demselben Wohnkomfort wie einen Träger der Majestic-Klasse auszustatten.
Natürlich lebten an Bord bei weitem mehr Menschen, aber dafür war das Schiff auch ein ganzes
Stückchen größer. Huntress hatte sich mit den Freizeitmöglichkeiten vertraut gemacht, und sie
schienen durchaus ausreichend. Alles in allem ließ es sich hier aushalten. Im Moment widmete sie sich
ihrem Essen und ließ nebenher die Atmosphäre der Kantine auf sich wirken. Es war ziemlich voll,
aber an ihrem Platz hatte sich bisher keiner niedergelassen, gegenüber einem Lieutenant Commander
blieben viele niedere Dienstgrade auf Abstand. Eher müßig musterte sie das Treiben.
Lilja hatte sich zusammen mit Ina in die Schlange gestellt, die sich vor der Essensausgabe gebildet
hatte. Solche Unannehmlichkeiten hatte der Mensch sonderbarerweise nie überwinden können, auch
wenn er inzwischen zu den Sternen flog. Die Schlange in der Kantine war sozusagen nicht
auszurotten. Beide hatten genug Erfahrung und nahmen das Warten deshalb mit Gelassenheit hin.
Trotz erhöhter Bereitschaft war der Dienstplan noch nicht allzu eng, da mußte man nicht nach jeder
Minute sehen. Also warum sich aufregen? Schließlich waren sie dran, bekamen ihre Ration – dieser
Name war für das eigentlich gute Essen, an dem die Soldaten natürlich trotzdem immer etwas
auszusetzen hatten, fast schon beleidigend – und machten sich auf, um einen Sitzplatz zu ergattern. Sie
balancierten die Tabletts mit Essen und Getränken mit einem Geschick, das auf lange Erfahrung
hindeutete. Zumindestens Lilja hatte ja auch schon eine ansehnliche Dienstzeit hinter sich.
Die Russin hatte sich schnell orientiert und steuerte nun einen Tisch an, an dem noch zwei Plätze frei
waren. Die anderen sechs waren belegt – Besatzungsmitglieder, keine Piloten. In dieser Hinsicht war
Lilja nicht sonderlich wählerisch, da sich ihre Kommunikation beim Essen sowieso auf ein Minimum
beschränkte. Sie wollte sich eben setzen, als der Mann, der neben ihrem Ziel saß, sich demonstrativ
zur Seite drehte und so den Platz blockierte. Einer seiner Kameraden handelte beim zweiten Sitzplatz
ähnlich. Das Gespräch am Tisch verstummte, und die Augen richteten sich auf die zwei Pilotinnen.
Lilja ahnte sofort, worum es ging. Seit etwa einer Woche nach dem Ehrengericht war sie an Bord noch
unbeliebter geworden. Radio hatte sich geweigert, seinen privaten Schwarzmarkt wieder aufzumachen,
und das hatte für viele bedeutet, sich neue Lieferanten suchen zu müssen. Auch wenn dies durchaus
machbar war, hier bei der Station, so brachte es doch oft längere Wartezeiten und höhere Kosten mit
sich. Und während die Strafe für Radio nur von den Piloten vollstreckt worden war, so betraf seine
Reaktion ALLE. Und das nichtfliegende Personal mußte sich nicht einmal sagen, es habe doch bei der
Sache mitgemacht. Folglich war die Verärgerung bei den anderen Besatzungsmitgliedern noch etwas
größer als bei den Piloten. Und das zeigten sie.
*********************************
Die Russin kniff die Lippen zusammen. Der Blick aus ihren dunklen Augen war eindeutig drohend –
schien aber keineswegs auszureichen. Nun, wenn man bedachte, daß ihr Gegenüber verärgert oder
dumm genug war, einen First Lieutenant zu brüskieren, so konnte das kaum überraschen.
Für einen Augenblick saß es so aus, als würde sich die Situation häßlich entwickeln. Lilja war in den
letzten Tagen oft genug geschnitten worden, und ihre Geduldsvorrat näherte sich dem Ende. Zudem
war sie schon gar nicht bereit, sich als Offizier von einem Mannschaftsmitglied vorführen zu lassen.
Aber ehe die Lage eskalieren konnte, legte ihr Ina die Hand auf die Schulter. Lilja zuckte zusammen,
dann entspannte sie sich – ein wenig. Sie drehte sich um. Der Techniker lachte: „Immer schön auf
Muttchen hören, oder du kriegst noch mehr Ärger.“
Lilja wurde bleich. Nicht viel, und sie hätte sich umgedreht und dem Mann ins Gesicht gespuckt.
Obwohl sie so etwas vermeiden wollte, denn eine Schlägerei würde sich in ihrer Akte nicht gut
ausnehmen. Aber irgendwo war auch bei ihr die Grenze erreicht. Aber der warnende Blick Inas
verhinderte Schlimmeres. Also knirschte sie nur innerlich mit dem Zähnen und versuchte, die
halblauten hämischen Worte und das Lachen der anderen Besatzungsmitglieder zu ignorieren.
Huntress hatte das Schauspiel aus den Augenwinkeln verfolgt. Offenbar gab es an Bord auch eine
gewisse Ladung Sprengstoff. Ihr selber fehlte allerdings, das gestand sie sich selber ein, das
Hintergrundwissen. Sie erkannte die eine der beiden Pilotinnen. Lilja war ob ihres Äußeren leicht zu
identifizieren, und auch Huntress, obwohl neu, hatte zumindest ein bißchen von ihr gehört. Zwar war
Lilja nicht die beste Pilotin des Schiffes, dies war gewiß. Aber mit einem Bronzestern und einem
Fangschuß auf einen Frachter ließ es sich auch ganz gut protzen. Nicht, daß die Russin den Ruf gehabt
hätte, anzugeben. Aber man nahm sie zur Kenntnis.
Beide steuerten jetzt auf Huntress‘ Tisch zu. Das Gesicht von Lilja sah aus, als stünde sie kurz davor,
entweder selber zu explodieren oder jemand anderen in die Luft zu jagen. Andererseits hatte sie den
Ruf, fast immer in dieser Stimmung zu sein. Ihre Kameradin blieb vergleichsweise ruhig. Die
„Kollektivstrafe“ traf sie nur, wenn sie mit Lilja zusammen war.
Lilja nickte Huntress zu: „Erlaubnis, sich zu setzen, Lieutenant Commander Volkmer?“ Ihre Stimme
klang kühl und beherrscht. Huntress mußte sich Mühe geben, um nicht zu grinsen. Ein solches
Verhalten war wirklich altmodisch. Aber Lilja stand in dem Ruf, sich als die perfekte Mustersoldatin
zu geben, so lange man ihr nicht in die Quere kam. Also nickte die junge Staffelführerin. Die beiden
anderen Frauen setzen sich. Sie hatte keinen Grund, sich unbedingt feindselig zu verhalten.
Während Huntress sich wieder ihrem Essend widmete – dabei freilich angelegentlich die beiden
anderen musterte – aß Lilja mit verbissenem Gesichtsausdruck. Und das lag vermutlich nicht am
Speisezettel. Ina hingegen schien sich nicht sonderlich den Tag vermiesen zu lassen. Sie plauderte
fröhlich vor sich hin und knüpfte ein Gespräch mit Huntress an. Die war darüber zwar ein wenig
überrascht – daß Untergebene Smalltalk mit Offizieren pflegten war keineswegs gewöhnlich. Aber es
war so gesehen nicht schlecht, sich mit jemanden unterhalten zu können. So merkte sie nicht, daß Ina
in Wahrheit das Gespräch aus purer Heimtücke angefangen hatte und sich von niederen
Beweggründen leiten ließ. Geschickt wie ein Seemann mit langen Jahren Erfahrung sein Schiff, so
steuerte sie das Gespräch um sämtliche Klippen und Untiefen herum, wobei sie das Ziel im Auge
behielt.
Schließlich machte sie sich daran, den Hafen anzulaufen. Sie hatte mit einer unverbindlichen Plauderei
über alles und nichts angefangen, war dann zur augenblicklichen Vorbereitung gekommen, und wohin
diese wohl führen würde, hatte die Qualität der gegnerischen Jagdpiloten angelegentlich tangiert und
war dann zielstrebig zu einer vergleichenden Betrachtung der eigenen Piloten übergegangen. Und hier
lag auch ihr Ziel: „Habt ihr gehört? Sie haben Ace einen neuen Flügelmann zugeteilt, will sagen, der
Junge wird Flightleader. Sein Kindchen ist irgend so ein Schwarzer, frisch aus dem Busch, ich meine
von der Akademie. Offenbar – nach dem, was ich gehört habe – so ein ganz scharfer Bursche, der es
gar nicht abwarten kann, seinen ersten Kampf zu erleben. Offenbar soll Blauhaar auf ihn aufpassen...“
Erst jetzt begann Huntress zu schwanen, was die Absicht der anderen Pilotin gewesen war. Ihr...
Kontakt...mit Ace war offenbar an Bord des Schiffes bekannt. Und wenn sie jetzt das leichte Lächeln
begutachtete, daß um Inas Mundwinkel spielte, dann war ihr klar, was die mit ihrer Frage
beabsichtigte.
Aber es war Lilja, die reagiert: „ACE? Also dann können sie ihren Neuling auch gleich aus der
Luftschleuse schmeißen. Wenn Blauhaar auf ihn aufpassen soll, muß ja jemand den Neger
VERDAMMT hassen!“ Huntress setzte zu einem Einwurf an, und verharrte. Aha, daher wehte also der
Wind. Sie konnte förmlich spüren, wie Ina auf eine Entgegnung lauerte. Die Pilotin schien nicht
unbedingt boshaft, aber andererseits...
Innerlich lachte Huntress beinahe anerkennend. Geschickt eingefädelt das Ganze. Vermutlich von Ina
alleine, aber sicher konnte man sich nicht sein. Aber warum sollte sie nicht mitspielen. Sie gab ihrer
Stimme einen gönnerhaften Ton: „Na, so schlecht wird er nun wieder auch nicht sein. Schließlich wird
sich sein Commander was dabei gedacht haben, und es heißt ja, Ace hätte schon ein Gefecht mit dem
Roten überstanden."“Lilja verzog das Gesicht: "„Ich sage nicht, daß Ace nicht fliegen kann. Er ist gut,
verhältnismäßig. Bestimmt nicht der Beste, bei weitem nicht – aber gut ist er. Es geht hier auch nicht
darum, ob er gut kämpfen kann. Es geht darum, ob er einen Flightleader abgibt. Und DER Posten paßt
zu ihm, wie der Sattel zur Kuh!“ „Wieso? Ist er so schlimm?“
Lilja holte Luft. Offenbar hatte sie die Rede schon parat gehabt – aber sie war mit dem Herzen bei der
Sache: „Für HERR Davis ist der Krieg doch nichts als ein besseres Sportereignis! Eine Leinwand, auf
der Cliff ,Ace‘ Davis sich selber bewundern kann, in Farbe, Überlebensgröße und mit Fanfarenklang!
Mit dieser Einstellung wird man vielleicht zum Helden, aber wenn man Leute führt, kann man sie
auch gleich ERSCHIEßEN.“
Sie schüttelte den Kopf: „Erstens – seine ungesunde Einstellung zu den Akarii. Für ihn ist der Krieg
hier wie eine Art Wettkampf. Du mußt den Gegner k.o. schlagen, ohne selber eine verpaßt zu
bekommen. Anschließend kannst du ihm durchaus die Hand geben. Dieser SCHWACHKOPF hat sich
beinahe mit einem Akarii angefreundet, den er verhören sollte. ANGEFREUNDET. Mit einem von
DENEN! Er kapiert es einfach nicht, daß wir nicht hier sind, um Akariischiffe zu verschrotten, oder
um den verdammten Echsen zu zeigen, daß wir auch kämpfen können! Wir sind hier, um sie zu
VERNICHTEN! Wir sollen den Gegner nicht einfach k.o. prügeln, oder ihm ein paar Zähne
ausschlagen! Wir müssen ihm das Genick brechen, damit er nie mehr kämpfen kann! Wer das nicht
kapiert, wer den Krieg nicht kapiert, der ist als Kommandeur ungeeignet!
Zweitens – seine maßlose Selbstüberschätzung. ACE, DER SUPERPILOT, macht natürlich, was er für
richtig hält. Mit den Sachen, die er macht, kommt er vielleicht selber durch. Aber nicht mit einem
Frischling im Schlepptau, der noch nicht EINMAL unter Beschuß gestanden hat! Der Typ denkt doch
– beide denken sie es – daß es so was wie Angst kaum gibt! Blauhaar hat die Erfahrung, aber der
Neger hat sie nicht! Und wenn er Schwäche zeigt – im ersten Kampf ist das keine Schande, das kann
jedem passieren. Feigheit beim ersten Feindkontakt gibt es nicht. Aber wird unser großer Held damit
rechnen, daß sein Kamerad ja nur ein sterblicher Mensch ist, und vielleicht die Hosen voll hat?
Und Drittens – seine charakterlichen Mängel. Ace hält sich für den Größten. Der Rest der Menschheit
ist – bis auf einige wenige – da, um ihn zu bewundern. Sie dürfen ihm sagen, wie toll er doch ist, und
er darf sich selbst beweisen, wie überlegen er diesen niederen Wesen doch ist. Ihm ist es egal, was das
den anderen bedeutet und ob er ihnen damit vielleicht weh tut. Er kennt nur seine Wahrheit, und er
überlegt nicht, bevor er was sagt! Wenn er den Neulinge in seine Obhut nimmt, dann haben wir bald
zwei Arschlöcher und Angeber. Tolle Aussichten für den Jungen!“
Das alles wurde mit dem Brustton der Überzeugung vorgebracht. Und wenn man Liljas
Gesichtsausdruck betrachtete, konnte man sich wundern, daß sie und Ace sich noch nicht geprügelt
hatten. Huntress erinnerte sich, daß jemand ihr gesagt hatte, Ace hätte auch versucht, bei Lilja zu
landen. Sie kicherte innerlich. Da dürfte es dem Jungen wirklich leichter fallen, den Roten Baron
abzuschießen. „Also, so einem schlimmen Eindruck hatte ich bisher nicht von ihm.“ Ina mischte sich
prompt ein: „Na, vielleicht zeigt er sich manchmal eben von seiner besseren Seite“ feixte sie. Sie
zwinkerte Huntress zu. Lilja schien pikiert: „Herr Davis kann mir mit allen seinen Seiten gestohlen
bleiben! Ich sage, ihm einen Neuling zu übergeben ist eine Schnapsidee. Der braucht eher jemanden,
der auf IHN aufpaßt!“ Sie stand auf: „Commander.“ Dann drehte sie sich um und ging.
Huntress blickte ihr nach: „Ist die immer so?“ Ina grinste: „An ihren besseren Tagen.“ Sie lachte
aufgeräumt: „Aber sie trägt ihr Herz auf der Zunge...“ Dann nickte sie Huntress zu und stand selber
auf: „Nun, Volkes Stimme – wahre Stimme...“ sie zwinkerte der Staffelführerin erneut zu, während sie
Lilja folgte.
*********************************
Training
In den Tagen nach der Besprechung an Bord der Perseus-Station intensivierten Mithel und seine
Offiziere die Ausbildung noch einmal. Die Besatzungsmitglieder wurden bis an die Grenze getrieben,
teilweise wohl auch darüber hinaus. Simulierte Notfälle, Schießübungen, Manöverflüge, Enterabwehr,
Dienst in einer anderen Abteilung als sonst – man ließ nichts aus. Der Captain war unermüdlich
unterwegs, überwachte die Mannschaft, trieb an, rügte und lobte je nach Leistung. Vermutlich haßten
ihn die meisten Besatzungsmitglieder zumindest hin und wieder, etwa, wenn er sie mitten in der Nacht
aus den Kojen scheuchte, nach einem harten Tag voller Arbeit. Aber gleichzeitig impfte der Captain
ihnen auch einen Stolz auf ihr Schiff und ihre Waffengattung ein. Und die wenigsten waren dagegen
immun, wenn er sich doch einmal zu einem Lob herabließ.
Vor allem aber – und das gestanden ihm auch viele seiner Kritiker zu – schonte Mithel weder sich
selbst noch seine Offiziere. Zwar mußten die nicht damit rechnen, heute Schadenskontrolle zu üben
und morgen – oder noch am selben Tag – Schießübungen durchzuführen oder im Maschinenraum
Hilfsdienste zu leisten. Aber dafür wurde erwartet, daß sie sich bis zum Letzten mit ihren Aufgaben
vertraut machten und ihre Station auf Vordermann brachten. Und Mithel selber studierte in jeder freien
Minute die Aufzeichnungen über frühere Geleitzugsschlachten. Ob es um Angriffe von Piraten ging,
um Kriege auf Terra oder um richtige Raumgefechte, er und der engere Führungsstab machten sich
damit vertraut, welche Methoden ein Angreifer nutzte, um einen Geleit zu zerschlagen, welche Schiffe
normalerweise ein Geleit schützten und wie sie agierten.
Die Parameter und Signaturen der wichtigsten Begleitschiffe der Akarii mußten die Offiziere
auswendig lernen. Im Gefecht mußte man sofort in der Lage sein, mit dem Codenamen eines
feindlichen Schiffes die Bewaffnung und das Gefahrenpotential eines Gegners zu identifizieren. Man
mußte quasi ein „Bild“ im Kopf haben, um schnell und richtig zu reagieren. Mithel ließ taktische
Manöver abhalten, um verschiedene Varianten der Schlacht durchzuspielen. Er versuchte – soweit es
sich einrichten ließ – die Kommandeure der anderen Schiffe kennenzulernen. Er wollte wissen, mit
wem er es zu tun haben würde. Leider würden sie nicht die Zeit haben, gründliche Übungen
durchzuführen. Aber da ließ sich eben nichts machen.
Captain Gonzales und die Kommandeure der Zerstörer Harrison Flint, Paul Reinhard, Prince of Wales
und Sao Paulo lernten Mithel jedenfalls gut kennen – nicht unbedingt ein Vergnügen. Man arbeitete
zusammen, nach bestem Wissen und Gewissen, das hieß aber noch lange nicht, daß man einander
mochte. Besonders gegenüber dem Captain der Dauntless hatte Mithel offenbar eine gewisse
Abneigung, umgedreht war es freilich nicht anders. Während der Kommandeur der Relentless der
Meinung war, Gonzales sei zu schnell zu hoch aufgestiegen und überdies nicht eben eine Zierde des
Offizierskorps, hielt andererseits dieser Mithel für einen Pedanten und Leuteschinder. Daß in beiden
Ansichten ein Körnchen Wahrheit steckte, machte die Sache nicht gerade besser. Mit den
Zerstörerkommandeuren und mit Captain Jonathan Ward von der Gallileo, dem Kommandeur der
Kampfgruppe, kam Mithel besser klar. Entgegen gewisser Unkenrufe war er kein direkter Feind von
Trägerkommandeuren – er verabscheute nur den Rummel, den man in der Öffentlichkeit um die
Piloten machte. Deshalb hatte er sogar eine recht gute Beziehung zu einigen Trägeroffizieren, denn
nicht wenige knirschten innerlich mit den Zähnen, wenn die Geschwaderchefs – technisch gesehen
ihre Untergebenen – den Ruhm einheimsten, wie es nicht selten geschah.
Der Kommandeur der Relentless hatte sich schnell ein Bild des Trägerkommandanten verschafft und
entschieden, daß es wenig sinnvoll war, hier zu versuchen seine Linie durchzudrücken. Er schätzte die
Art Wards nicht unbedingt – der war ihm zu vorsichtig. Nicht, daß Mithel die Angewohnheit hatte,
ohne zu überlegen loszustürmen. Aber im Gefecht gewann oft der, der schnell und hart zuschlug, den
Gegner überraschte. Aber Captain Ward galt als autoritär – ein merkwürdiger Kontrast zu seinem
Verhalten gegenüber dem Gegner, wie seine Kritiker spöttelten. Aber Mithel hatte sich entschlossen,
den Kooperationsbereiten zu spielen, um vielleicht doch etwas Einfluß ausüben zu können, indem er
sich als zweiter Mann des Verbandes etablierte. Immerhin hatte er reichliche Erfahrung in
Flottentaktik und kommandierte ein kampfstarkes Schiff – beides konnte man von Gonzales nicht
unbedingt sagen. Captain Ward war deshalb recht zufrieden, Mithel an seiner Seite zu wissen. Vor
allem, da dieser eben keinen Zweifel daran ließ, daß er Wards Führungsrolle nicht einmal im
entferntesten in Frage stellte. Jedenfalls im Augenblick. So etwas war nicht immer selbstverständlich,
wenn eine Kampfgruppe aus mehreren Großschiffen bestand, die alle von Captains befehligt wurden.
Auch wenn offiziell Klarheit herrschte, so waren interne Machtkämpfe selbst im Krieg nicht völlig
abzustellen. Und bei manchem Schiff wachten Argusaugen, ob der Kommandeur einen Fehler machte.
Mithel allerdings dachte in dieser Hinsicht pragmatisch. Er hatte durchaus Ambitionen und stand
Leuten nahe, die mit der Flotte und aus der Flotte Politik gemacht hatten. Er war der Meinung, daß
nichts erfolgreicher sei als der Erfolg, und er achtete schon darauf, daß NACH der Schlacht sein Licht
nicht unter den Scheffel gestellt wurde.
Augenblicklich jedenfalls vertiefte er sich emsig in die Lektüre verflossener Geleitzugsschlachten, die
anderen Kommandeure hielten es kaum anders. Leider gaben die Archive dazu nicht übermäßig viel
her. Zu finden war einiges über Piratenangriffe und ähnliche Zwischenfälle, aber keine umfassende
Studie über eine groß angelegte Kampagne dieser Art durch Raumstreitkräfte. Also konnte er nur die
Berichte von „Husar“ und anderen Operationen studieren. Und die Schlachten auf Terra. Hierbei
waren ihm unter anderem die Geleitgefechte im Terranischen Zweiten Weltkrieg von gewissem
Nutzen, denn Angriffe mit Flugzeugen und U-Booten hatten eine zwar ungenügende aber immerhin
vorhandene Ähnlichkeit mit dem dreidimensionalen Kämpfen im Weltraum. Dies war überhaupt einer
der Vorteile des Kampfes im Weltraum – der Gegner mußte in alle Richtungen sichern. Andererseits
war eine unbemerkte Annäherung schwer, oft unmöglich. Und es war leicht, Schwerpunkte bei der
Verteidigung zu bilden. Deshalb vertieften er und Captain Ward sich zusammen mit den anderen
Kommandeuren in Besprechungen über die optimale Vorgehensweise.
Sollte man sich auf die Frachter konzentrieren? Wenige Salven der Kampfschiffe, selbst wenn die
Gallileo zurückblieb, genügten, um unzählige Frachter zu vernichten. Die Relentless konnte immerhin
30 Exocet-Raketen abfeuern, und die vier Zerstörer, zwei Schiffe der Norfolk- und zwei der
Duquesne-Klasse, brachten es nicht weniger als 12 Exocet und 16 Harpoon. So eine volle Breitseite
konnte verheerend wirken und ein gutes Dutzend oder mehr Frachter auf einmal zerstören.
Oder sollte man erst die Geleitschiffe ausschalten, um den eigenen Jägern gute Möglichkeiten zum
Schuß zu geben und Sorge zu tragen, daß man nicht selber zum Ziel wurde?
Es war freilich nicht sehr wahrscheinlich, daß man an den Konvoi auf Schußweite herankommen
würde, ohne bemerkt zu werden. Vermutlich würde der Feind einige Schiffe detachieren, um die
Angreifer abzufangen. Falls er zu dem Zeitpunkt noch Kapazitäten hatte. Der Optimalfall sah einen
konzentrierten Angriff aller Kampfverbände aus verschiedenen Richtungen vor. In diesem Fall –
gegen die Geschwader von drei Trägern, gegen sechs Kampfkreuzer und 12 Zerstörer verschiedener
Klassen – war damit zu rechnen, daß der Gegner kaum in der Lage seien würde, Schwerpunkte zu
bilden. Aber im Krieg lief oft eben nicht alles optimal. Man wußte nicht, ob der Aufmarsch klappen
würde. Und wie stark der Konvoi eskortiert wurde, konnte man nur raten. Es war ja kein simpler
Nachschubskonvoi von einem Planeten des Hinterlands zu einem anderen, dieser ging an die Front
und war für die Akarii von enormer Bedeutung. Auch wenn es keine Falle war – ein Umstand, den
man nicht ausschließen konnte – so war die Meldung der Redemption von zumindest einem
Flottenträger des Gegners in den rückwärtigen Gebieten alarmierend. Was, wenn der mit von der
Partie wäre?
Deshalb bereitete man sich darauf vor, sich den Weg freikämpfen zu müssen. Daß die Jäger den Job
allein erledigen würden, das hielt auch Ward für ausgeschlossen. Selbst wenn jede Maschine startete,
so konnte man nicht mehr als etwa vier Staffeln Bomber und ungefähr 10 Staffeln Jäger verschiedener
Typen losschicken. Selbst mit den neuen Werfersystemen für Jäger war dies zu wenig. Vor allem,
wenn man mit einer Eskorte von mindestens zwanzig Kampfschiffen verschiedener Größe und sechzig
bewaffneten Frachtern, davon sicherlich einige Hilfskreuzer, rechnete. Es WÜRDE zur Schlacht
kommen, und dann würde die Stunde der Kampfschiffe schlagen. Und man war entschlossen, sich
diese Chance nicht entgehen zu lassen. Der Wunsch nach Ruhm, Pflichtgefühl und Haß auf den Feind
sorgten dafür, daß die Kommandeure fest entschlossen waren, die Stunde zu nutzen. Was auch einer
der Gründe war, warum es Captain Gonzales nicht ganz leicht hatte. Mehr als einer der anderen
Kommandeure betrachtete die Dauntless mit geringer Begeisterung. Das Schiff war vor allem als
Flakkreuzer nützlich. So lange es noch nicht hundertprozentig einsatzbereit war – und das war es
offenbar noch nicht – wäre vielen wohl ein altgedienter Kreuzer lieber gewesen. Besonders die
angeblichen „Wunderwaffen“, die Langstreckenraketen, streikten ja am häufigsten. Und ohne die war
die Dauntless im Vergleich zu ihrer Größe nur ein geringer Gewinn. Selbst wenn ein Captain einfach
nur Pech hatte – der Ruf und die Wertschätzung, die sein Schiff genossen, färbten auch auf ihn ab.
Allerdings war Captain Ward alles andere als Wohl bei dem Gedanken, seinen Träger selber wie einen
Kreuzer einzusetzen oder auch nur die gesammte Deckungsgruppe für den Angriff zu detachieren.
Was, wenn die Akarii einen Gegenangriff starteten? Deshalb weigerte er sich, jetzt schon eine Taktik
zu definieren. Ob es Unsicherheit und kluge Vorsicht oder gar Feigheit war, konnten die anderen
Kommandeure natürlich nicht wissen - aber vermutlich machten sie sich ihre Gedanken.
Dennoch – sollte es hart auf hart kommen so kommen, so konnte sich Noltze auf die Kampfgruppe
Gallileo verlassen. Inoffiziell hatte Captain Ward die Kampfgruppe auf den Namen „Henry Morgan“
getauft, nach einem erfolgreichen Kaperkapitän der Erde. Und die Formation würde ihr Bestes geben.
*************************************
Captain Enrique E.E. Gonzalez sass mit seinem XO in seiner Kabine. Auch wenn er Turner nicht alles
sagen durfte, so hatte er hinreichende Andeutungen gemacht, um Turner an den Überlegungen
teilhaben zu lassen.
„Also, was denkst du?“
„Naja, zunächst bin ich mal froh, dass wir nicht bei der Redemption im Verband sind. Nicht, dass ich
abergläubisch wäre, aber wir haben beide erlebt, wie der Träger seine Eskorte verschleißt.“
Gonzalez nickte. Er mußte wieder einmal an den Opfergang denken, den sein Freund Orloff für die
Redemption getan hatte.
„Bei Captain Ward ist jedenfalls die Chance groß, dass wir den Feind nicht zu Gesicht bekommen,
wenn sein Ruf der Realität entspricht.“
„Ich hoffe nur, dass er nicht, um seinen eigenen Arsch zu retten, uns voran schickt.“ Gonzalez nickte
wieder.
„Absolut richtig. Naja, im Zweifelsfalle wird er sich eher von den Kampfkreuzern trennen, denke ich.
Aber lassen wir das. Womit können wir rechnen?“
„Nunja, meiner Meinung nach werden Akarii eine solche Menge von Schiffen nicht ohne Eskorte
loslassen, schon gar nicht nach Husar. Allerdings wird das wohl nicht deren Topmaterial sein, sondern
kleinere Kampfschiffe älteren Datums. Dass die nicht ungefährlich sind, wissen wir. Mit Jägern rechne
ich eher weniger. Selbst wenn ein Träger dabei ist, werden dessen Jäger mit den drei Geschwadern der
Galileo, Redemption und Majestics genug zu tun haben. Selbst wenn wir großzügigerweise mit
Jägertendern in Form umgebauter Frachter rechnen, dann liegen wir bei sagen wir maximal zwei
Geschwadern, die sicherlich primär defensiv sind. Sprich: kaum Bomber.“
„Was alles für uns auf eine entspannte Runde hinauslaufen würde, wenn uns kein Dickschiff jagt,
welchem wir aufgrund unserer Geschwindigkeit weglaufen könnten. Vielleicht schickt uns Ward ja
voran, um die Jäger zu koordinieren. Auch wenn ich das nicht glaube. Clark würde es vielleicht
machen, Ward wird uns eher als Rückversicherung behalten wollen, um sich vor Bombern zu
schützen, während die Jäger angreifen.“
Turner nickte zustimmend. „Das würde ich auch so sehen. Natürlich kann auch der GAU eintreten.“
„Eine als Konvoi getarnte Trägerkampfgruppe mit Tenderunterstützung.“
„Richtig. Dann könnten wir locker von 6-10 Geschwadern ausgehen, die sich die Träger einzeln
vornehmen könnten.“
„Dann wären unsere Chancen gleich null, wenn wir nicht sofort abhauen. Denn zwei, drei Geschwader
überladen unsere AAA Fähigkeiten massiv. Zumal bei dem Zustand des SM2 Systems.“
„Jep. Zwar könnten die Jäger der Galileo in defensiver Rolle auch helfen, zumal unser Computer hier
als Multiplikator anzusehen ist...aber hiergegen spricht, dass die Piloten ein Leitsystem wie dieses
kaum kennen und schon oft genug mit den AWACS Shuttels ihre Probleme bekommen.“
„Ok, dann würde ich folgenden Vorschlag machen. Wir erarbeiten drei Szenarios aus. Best Case:
leichter Schutz durch Kreuzer und Zerstörer und leichter Jagdschutz im Bereich von 1-2 Geschwadern.
Middle Case: einige dickere Pötte, zwei Flottenträger mit voller Offensivschlagkraft und Jägertendern,
sprich 4 Geschwader gemischter Fähigkeiten. Worst Case, also der große Hinterhalt. 6-8 Träger plus
Unterstützung, 8-10 Geschwader ausschließlich von Frontkaliber. In diesem Falle ginge nur der
schnelle kämpfende Rückzug, sofern wir die Iniative haben. Ich halte das aber für eher
unwahrscheinlich, der Aufwand lohnt einfach nicht, um solche Verbände zu rupfen. Dann würde ich
eher einen solchen Verband gegen ein strategisches Ziel einsetzen und dort gebundene Kräfte
vernichten. Denn so weiß ich, dass ich nicht umsonst warte, was hier durchaus passieren kann.“
„Aye, Sir. Ich werde O’Keefe einige Simulationen durchlaufen lassen. Wenn wir die Orte und die
Zusammenstellung der Kräfte auf beiden Seiten modifizieren, sollten wir zudem mehr Gefühl für die
einzelnen Faktoren bekommen.“
„Gut, beziehe auch die anderen Stationen partiell mit ein. Ich will nicht, dass man denkt, wir würden
O’Keefe übermäßig bevorzugen, weil er auch von der Fisher kommt. Außerdem brauchen wir ein
eingespieltes Team.“
„Stimmt. Ich kümmere mich drum. War es das?“
„Nicht ganz. Ich habe für übermorgen eine letzte Übung mit scharfen Waffen angesetzt, wir dürfen
alle Werfer mal so richtig heißfeuern und das will ich auch nutzen. Also nochmal das SM2 System
checken, ich habe vor, es voll auszulasten, als wenn es um die Wurst ginge. Wäre blöd, wenn wir das
erst im Gefecht machen würden und dann neue Probleme auftauchen. Außerdem wollen wir ja sehen,
was die neue Verdrahtung der Flugkörper bringt. Wenn sie versagt, können wir die SM2 Bunker
eigentlich leeren und lieber Amraams mitnehmen, die treffen wenigstens was.“
„Ich geb das an Martinez weiter.“ Martinez war der Spezialist für die Wartung des SM2 Systems. Als
einer der Militärtechniker, der dem Lieferanten Textron Industries bei der Entwicklung und Erprobung
geholfen hatten, war er einer der wenigen Navyangehörigen, die über mehr Erfahrung mit dem System
verfügte als der Rest, der nur die normale Einführung erhalten hatte. Martinez war es auch gewesen,
der den letzten Fehler gefunden und eine Lösung vorgeschlagen hatte. Sollte alles klappen, hatte
Gonzalez vor, eine Belobigung und eventuell eine Beförderung zum Petty Officer 2nd Class
vorzuschlagen. Leider würde Martinez wohl nach der Fahrt als Ausbilder für das System das Schiff
verlassen. Trippel E hoffte, dass bis dahin der Rest der Besatzung genug Erfahrung mit dem System
sammeln konnte.
„Danke, Warren.“
Nachdem sein XO und Freund seine Kabine verlassen hatte, besah sich Gonzalez nochmal die
Sternenkarten und ihm wurde wiedereinmal klar, dass die Operation sehr vom guten Timing der drei
Gruppen abhing. Kamen sie versetzt an, würde selbst ein unterlegener Feind hohe Verluste
verursachen. Dann überprüfte er die Zusammenstellung des Galileo Verbandes. Ein Kampfkeuzer war
nicht gerade viel und ob die Bomber des Trägers angreifende Dickschiffe so schnell abfangen konnten,
war keineswegs sichergestellt. Andererseits erschien es ihm nicht klug, wie die Kavallerie auf die
Transporter loszugehen. Auch die Akarii konnten im Nebel Träger oder Großkampfschiffe verstecken.
Man mußte Mithel, auf dessen Mist nach Gonzalez diese Idee gewachsen war, zwar zugestehen, dass
er Mumm hatte. Aber ob es nicht sinnvoller war, langsam und methodisch mit mehreren Wellen die
Transporter durch Bomber und Jäger zu vernichten, die Frage stellte er sich häufiger. Das war
schließlich der Sinn eines Trägerverbandes. Kampfkraft durch die Jäger projizieren, ohne selbst so
schnell in die Schusslinie zu geraten.
Immerhin war gegen leichtgepanzertere Transporter auch der Einsatz der SM2 denkbar, wohingegen
die Exocets schon fast Overkill waren.
Was Gonzalez aber noch mehr Sorgen machte, war die Tatsache, dass in der Kampfgruppe
offensichtlich jeder versuchte, seine eigene Politik zu machen. Das war ihm zwar grundsätzlich nicht
fremd, aber bei solch einem Einsatz konnte das ganz schnell böse enden. Angewidert warf er den Stift,
den er in der Hand hatte, auf seinen Schreibtisch und ging auf die Brücke.
**************************
Murphy trat wie schon so oft vor die Staffel. Nur dass diesmal einige neue Gesichter dabei waren. Er
nickte Thunder zu, die am Ausgang des Bereitschaftsraumes stand. Shukova schloss die Tür ab, so
dass kein ungebetener Gast hineinkommen konnte. Dann trat sie nach vorne und setzte sich in die erste
Reihe.
Murphy sah sich um und sah, dass er offensichtlich die volle Aufmerksamkeit aller genoß.
„Ladies und Gentlemen...willkommen zur ersten Besprechung in der neuen Zusammensetzung. Bevor
ich die Zusammenstellung der einzelnen Flights noch mal durchgehe, möchte ich ein paar
grundsätzliche Worte an Sie richten. Die alten Hasen werden teilweise den Inhalt schon kennen, aber
trotzdem möchte ich diese Gelegenheit nutzen, meine grundsätzlichen Prinzipien hier zu
verdeutlichen.
Als erstes möchte ich noch mal vor Augen führen, dass wir da draußen nur unser Ziel erreichen
werden, wenn wir zusammenarbeiten. Vor allem, wenn wir auch wieder heil zurückkommen wollen.
Insofern sollten Sie aufhören, den besten Piloten danach zu messen, wie viele Abschüsse er erzielt und
danach schauen, welche Staffel als Gemeinschaft die geringste Verlustrate und die höchste Effizienz
aufweist. Auch hier am Bord gibt es einige Individuen, die sich für etwas Besseres halten. Ich möchte
Ihnen anraten, solchen Leuten gegenüber skeptisch gegenüber zu treten. Weiterhin erwarte ich, dass
meine Piloten sich auch außerhalb des Jägers sich benehmen, wie es sich für einen Offizier gehört. Ich
hoffe, das ist klar. Seien Sie versichert, dass ich alle Schritte einleiten werde, die erforderlich sein
sollte, die Disziplin in dieser Einheit aufrechtzuhalten.“
Er sah, wie die meisten Anwesenden nickten, als er sich nacheinander ansah. Offensichtlich war die
Nachricht angekommen.
„Gut, da das nun geregelt ist, kommen wir zum nächsten Bereich. Wie Sie alle wissen, haben wir für
die letzte Mission den Fronttest für die Hydras durchgeführt. Wir haben nun Serienmodelle
bekommen, die zuverlässiger arbeiten sollen. Ich möchte Sie alle auffordern, sich weiter mit dem
System vertraut zu machen. Ich habe Andeutungen aus den Stäben vernommen dass wir
möglicherweise in Situationen geraten werden, wo wir das Waffensystem ausgiebig nutzen werden.
Das sind kein der üblichen Buschtrommelgerüchte...und wenn jemand von Ihnen davon außerhalb
dieses Raumes redet, schnalle ich ihn auf die nächste Sparrow, die ich abschieße...
Außerdem werden wir nun in einen Übungszyklus übergehen, der dafür sorgen wird, dass Sie nur aus
den Simulatoren herauskommen werden, um in die Jäger zu steigen. Nutzen Sie also die Pausen, die
sie trotzdem haben werden. Landurlaub ist daher ab morgen früh gestrichen. Sie haben also nur noch
heute abend für Besorgungen und eventuelle andere Aktivitäten. Ich erwarte, dass Sie morgen um
0900 auf dem Simulatordeck nüchtern und ohne Beschwerden antreten. Jeder, der den Simulator
vollreihert, bekommt Putzdienst bis zu jüngsten Gericht.
Die Übungen werden zunächst darauf angelegt sein, die Interaktion der Flights und Rotten zu
verbessern. Ich kann Ihnen nur den Tip geben, Ihren Flügelmann oder Ihre Flügelfrau so gut wie
möglich auch außerhalb des Flugdienstes kennenzulernen, jede Nuance, die sie erkennen, wird Ihnen
draußen helfen. Und glauben Sie mir, das werden Sie brauchen, die Akarii sind keine Tontauben,
sondern sehr gefährliche Gegner.
Stichwort Akarii. Ich erwarte, dass Sie die Doktrinen zum Angriff auf Flottenverbände jeder Art
wiederholen. Das Desaster von Troffen, wo der Zerstörer geflitzt ist, darf nicht noch mal passieren.
Von erheblicher Relevanz sind auch alle Erkenntnisse, die wir von den Akarii Jägern und
Großschiffen haben. Lieutenant Shukova wird Ihnen nach der Besprechung Datenträger aushändigen,
die streng vertraulich sind, und genau diese Erkenntnisse enthalten. Schließen Sie diese in ihre
persönlichen Safes ein, wenn Sie nicht gerade mit dem Material arbeiten. Ich erwarte, dass alles, was
ich an theoretischem Material erwähnt habe, beim Auslaufen sitzt. Wer im Abschlusstest keine 80 %
erreicht, bekommt Sonderdienst, wer weniger als 60 % erreicht, dem zieh ich die Flugerlaubnis
solange ein, bis er bei einem Test 80 % erreicht.“
Murphy merkte, wie seine Piloten ihr Unbehagen zu verbergen suchten. Innerlich grinste er.
Mittlerweile machte es ihm richtig Spass, den harten Hund heraushängen zu lassen.
„Weiter im Text. Das gleiche gilt auch hinsichtlich der finalen Übungen. Nur dass Sie dort auch für
die Fehlerquote des Flügelmannes haften. Sprich: wenn ihr Flügelmann versagt, dann versagen auch
Sie.“
„Sir, gilt das auch für Sie und den XO?“ fragte Brawler grinsend.
„Nein, das ist das Privileg der Seniorität. Damit das aber für unsere Flügelleute nicht zu einfach wird,
bekommen sie gesteigerte Aufmerksamkeit. Zudem ist es denkbar, dass ich ganz willkürlich deren
Schwellenwerte anheben werde...“
Brawler grinste, nun aber, weil er offensichtlich Schadenfreude ob des Schicksals der armen Schweine
empfand, die das zweifelhafte Vergnügen hatten, den beiden alten Hasen zugeteilt zu werden. Denn
Thunder und Martell waren sicherlich Top Piloten, auch wenn ihre Abschussraten unspektakulär
waren. Brawler hatte das als Flügelmann von Thunder ja selber zu spüren bekommen.
„Kommen wir zur mit mehr oder weniger viel Spannung erwarteten Einteilung der Flights und Rotten.
Meine Wenigkeit wird auf der eins fliegen, das sollte wohl keinen überraschen. Mein Flügelmann wird
Gladius sein. Ich hoffe, dass Sie sich Ihre Noten in der Ausbildung wohl verdient haben, denn
schenken werde ich Ihnen nichts. Auf der drei ist Brawler, der sich um sein Patenkind Enigma
kümmern darf. Ich bin mit dem Arrangement einverstanden, aber glauben Sie mir, wenn etwas schief
geht, dann werden Sie eine ganz neue Seite von mir kennenlernen...und glauben Sie mir, das wollen
Sie nicht.
Flight 2 wird von Thunder kommandiert. Hatchet wird Ihr Flügelmann. Es gilt auch hier: einmal aus
der Reihe tanzen, und es hat sich ausgetanzt.“
Murphy sah den Filipino schlucken und merkte, dass die Botschaft angekommen war.
„Gut, Rotte zwei besteht aus Goose und Icepick. Flight 3 wird von Snake-Bite geführt. Tango geht
hier an den Flügel. Und auf 11 und 12 sitzen dann Crimson und Wombat. Soweit dazu. Sind
irgendwelche Fragen?“
„Sir, wann erfahren wir, wann es genau losgeht und vor allem was anliegt?“
„Ich habe noch kein genaues Datum, Snake-Bite. Aber ich rechne mit einigen Wochen. Rechnen Sie
aber damit, dass es was großes wird.“
„Sir, stimmen die Gerüchte, dass wir vor dem Ablegen noch neue Griphens bekommen? Einige Leute
in der Wartung haben so was erzählt.“
„Goose, wir wissen doch, wie die Buschtrommeln funktionieren. In diesem Fall hat man wohl aus
einem routinemäßigen Upgrade ein neues Flugzeugmuster gemacht. Sprich: es wird ein weiteres
Update der Software geben, die den Betrieb optimieren soll. Aber auch nicht mehr. Finden Sie sich ab,
dass wir nie die neuesten Muster bekommen werden.“ Murphy grinste.
„Ok, das war es dann auch schon fast. Wie bereits gesagt. Dieses Briefing ist vertraulich. Der Inhalt
darf vorerst nicht den Kreis der Anwesenden verlassen.“ Murphy nickte nocheinmal und trat vom
Rednerpult. Daraufhin stand Shukova auf und leitete ihr Briefing bezüglich der weiteren
Vorgehensweise bis zum Auslaufen an. Dies betraf insbesondere die Übungspläne. Murphy sah von
seinem Stuhl an der Wand, wie die Gesichter der Piloten immer länger wurden. Ihm war bewusst, dass
er seine Leute bis an die Grenze der körperlichen und psychischen Belastung treiben würde,
möglicherweise sogar darüber hinaus. Aber er wusste auch, dass er dies tun musste, um zu verhindern,
dass er allzu viele Briefe an die Verwandten schreiben musste, um den Tod des Sohnes, der Tochter
oder des Ehepartners mitzuteilen. Denn tief in seinem Innersten hatte er ein wirklich schlechtes Gefühl
hinsichtlich der nächsten Mission. Zu knapp war die Red das letzte Mal dem Teufel von der Schüppe
gesprungen. Nach einer knappen halben Stunde war das Briefing von Shukova ebenfalls beendet und
die Piloten wurden nach Empfang der Dokumente entlassen. Shukova hingegen folgte Murphy in sein
Büro, wo sie die Details der ersten Übung durchgingen.
***********************************
Johnathan Ward stand vor dem Spiegel in seiner Kabine. Er trug die einfache Dienstuniform, die nur
die bieden Captainsrangabzeichen am Kragen und die goldene Pilotenschwinge über der linken
Brusttasche verzierten.
Seine Gäste - die Kommandanten der Begleitschiffe seines Trägers - warteten schon in der
Reichgeschmückten Offziersmesse der Galileo.
Von seinem ersten Offizier, der jeden der Captains persönlich in Empfang genommen hatte, wusste
Ward, dass diese in Galauniformen erschienen waren.
Mit allen Kampagnen- und Ordensbändern.
Von beiden besaß er nur leidlich wenig.
Die Flugschule hatte er als draufgänger verlassen, als einer der besten seines Jahrgangs. Doch all das
Heldentum war beim ersten richtigen Raumkampf verflogen.
Piratenjagd. Mit ihren schnittigen und modernen Griphens waren die Piloten der TSN gegen eine
Bande zerlumpter Piraten angetreten.
Die ein paar ältere Phantome und noch viel ältere Mustangs besaßen.
Doch er hatte dem Tod ins Auge geblickt und dieser Anblick hatte sich tief in sein Gehirn eingebrannt.
Seit diesem Tag hatte er versucht so ehrenvoll wie Möglich aus dem Kockpit zu kommen.
Hatte seinen Freunden erzählt, dass die Fliegerei nur ein Zwischenspiel war, und das er ein
Kommando über einen Träger anstrebte.
Diese kamen bei Antipirateneinsätzen nicht in die Schusslinie und wär hatte wirklich damit gerechnet,
dass die verdammten Echsen wirklich mal einen Krieg beginnen würden?
So konnte er nur mit dem Raumdienstabzeichen, dem Raumkampfabzeichen und einigen
Sportabzeichen aufwarten. Nichtmal mit dem begehrten Flying Cross.
Er entschied sich die Dienstuniform zu tragen und begab sich in die Messe.
Er entschuldigte sich peinlich berührt bei seinen Gästen, dass er zu spät war, aber sie wüsten ja, was es
heißt ein Schiff zu kommandieren.
In kameradschaftlichen Verständnis übersah man seine Unhöflichkeit in Dienstuniform zu erscheinen.
Der Abend wurde recht angenehm, hauptschälich wurde Small Talk gehalten, wo es vor allem Captain
Peter Rice zu verdanken war, dass das frostige Verhalten zwischen Gonzales und Mithel nicht zu stark
auffiehl.
Hauptschälich wurden Erfahrungen über den Perisher ausgetauscht - jeder war der Ansicht, er habe es
damals am schwersten gehabt, seine Lehrer sein die strengsten gewesen.
Schließlich wechselte man aber zu Kriegserlebnisse über. Rice und zwei weitere
Zerstörerkommandanten hatte bisher bei Perseus wache Geschoben.
Der vierte Lorenzo Garth war mit der Majestics draußen gewesen und erzählte von den wahnsinnigen
Husarenstücken, die Usher vollbracht hatte.
Ward berichtete von dem 'Pech' was seine Kampfgruppe bisher begleitet hatte und für eine sehr mäßig
vernichtete Tonnage gesorgt hatte.
Schließlich richteten sich die Augen auf Gonzales, man wollte etwas über die Sagenumwogenen TRS
Vampier wissen...
***********************************
Captain Gonzalez hatte nie viel für solche formellen Abende übrig gehabt. Auch wenn er sonst bei
jeder Gelegenheit seine Zigarren paffte, so mußte er es sich hier verbeißen, denn es würde auf seine
Besatzung zurückfallen und dass wollte er nicht riskieren oder verantworten. Als dann das Gespräch
auf die Redemption kam, merkte er, wie die Aufmerksam sich in seine Richtung richtete.
„Nun, Sie wollen wissen, ob die Geschichten stimmen, ob die Redemption wirklich ein Vampir ist. Ich
muss gestehen, dass ein Körnchen Wahrheit in diesem Ruf steckt, wenn man sich den letzten Einsatz
ansieht. Wie Sie wissen war ich, bevor ich die Dauntless übernommen habe, Captain der Admiral
Fisher. Sie dürften auch wissen, dass die Fisher nun erstmal für 4-6 Monate in die Werft muss.“
Er sah, dass seine Kollegen nickten.
„Gut, dann will ich mal etwas weiter ausholen, damit sich jeder von Ihnen ein Bild machen kann,
anstatt auf Gerüchte und Halbwahrheiten angewiesen zu sein. Auftrag des Verbandes war der Angriff
auf einen Planeten der Akari namens Troffen. Da das Ziel nur untergeordnete Bedeutung hatte,
bestand die Flotte dort aus einer kleineren Gruppe Zerstörern und den Jägern, die auf der Raumstation
stationiert waren. Jedenfalls gelang es uns, unbemerkt zum Ziel zu kommen, wobei wir beinahe von
einem Nomad aufgespürt und verraten worden wären. Glücklicherweise konnten wir ihn vorher
abschießen. Im Zielsystem angekommen, trennten wir uns von der Flotte und wurden auf einen
vorgelagerten Posten geschickt, um zu verhindern, dass ein Feind entkommen und die Operationen des
ND verraten konnte. An sich rechneten wir nicht damit, viel vom Kampf zu sehen bekommen, denn
die Jäger der Redemption hätten mit allem spielend fertig werden müssen. Doch dann kam die
Meldung, dass einer der Zerstörer entkommen war. Zwar ein älteres Model, aber ein Zerstörer.
Offensichtlich hatte er sich mit Hilfe der Schwerkraft von Troffen der Angriffe der Jäger entziehen
können und nahm nun einen Kurs, der us die Möglichkeit bot, ihn abzufangen. Ich will den Kampf mit
dem Zerstörer jetzt nicht im Detail schildern, aber es gelang uns, ihn von hinten zu packen und ihn
dann zu vernichten. Allerdings nur auf Kosten der kompletten Frontpanzerung und einiger
Waffensysteme. Hätte der Feind einen Moment länger durchgehalten...ich wüßte nicht, ob ich heute
hier mit Ihnen sitzen könnte.“
Gonzalez nahm eine Schluck Wasser, um die Kehle anzufeuchten. Dann sah er in die Runde und setzte
seine Erzählung fort.
„Jedenfalls wurden wir nach diesem Kampf zurück zur Red gerufen, wo wir nun in die Eskorte wieder
eingegliedert wurden. Aufgrund des Schadens wurden wir in den achteren Bereich der Redemption
beordert, so dass wir hier im Feuerschatten lagen. An den weiteren Operationen auf und über Troffen
waren wir nicht beteiligt, so dass wir einige notdürftige Feldreparaturen durchführen konnten.
Als wir dann abmarschierten wurden wir auf dem Rückweg von einem Trägerverband angegriffen, der
uns einen Großteil der Eskorte, darunter die Royal Oak kostete, weil die Jäger nicht rechtzeitig alle
Angriffswellen abfangen konnten. Die Abwehr der Kreuzer und Zerstörer ist schlichtwegs mit Zielen
überladen worden. Seltsamerweise brachen die Akarii dann den Angriff ab...sie hätten sicherlich noch
eine Welle oder zwei schicken können und dann wären wir alle draugegegangen, wenn das
Geschwader der Red keine Wunder vollbracht hätte. Naja, jedenfalls haben wir auch dies noch
überlebt. Als die Redemption sich dem Sprungpunkt näherte, fingen wir Signale von einem neuen sich
nähernden Verband auf, der aus zwei Kreuzern und zwei Zerstörern bestand. Commodore Clark befahl
daraufhin der Suffolk unter Captain Orloff und zwei Fregatten, darunter auch wir, den Feind lange
genug hinzuhalten, bis die Red gesprungen sei, danach konnten wir nachkommen. Um ehrlich zu sein,
ich hielt diesen Befehl für unser Todesurteil. Dann ging es Schlag auf Schlag. Kurz nachdem das
Gefecht losbrach, erhielten wir die Meldung, die Red sei gesprungen. Daraufhin befahl uns Orloff, uns
abzusetzen, während er den Feind aufhielt. Denn die Suffolk war bereits so beschädigt, dass ein
Entkommen unmöglich war. Die Sheridan, die zweite beteiligte Fregatte versuchte wie wir zu
entkommen, doch kurz bevor sie aus der Waffenreichweite der Akari kam, erhielt sie einen
Direkttreffer im Haupttriebwerk. Orloff hat die Suffolk direkt in einen Yankee gesteuert und diesen
mitgerissen...sonst hätten wir es nicht geschafft.
Im Endeffekt hatten wir also fast die komplette Eskorte verloren, während die Red kaum einen Kratzer
abbekommen hat...wenn man dies also betrachtet, dann ist ihr Ruf nicht ganz unbegründet.
Andererseits kann ich keinen groben Fehler im Handeln des Flottenkommandos erkennen und glauben
Sie mir, ich habe die Mission im Geiste schon oft nachexerziert. Gut, der Zerstörer hätte nicht
entkommen können, aber das waren wohl eher Fehler der Piloten, die übereifrig ihre Waffen gegen die
Station eingesetzt haben, anstatt die mobilen Einheiten zu bekämpfen. Ansonsten hätte man schneller
den Rückzug antreten müssen, aber so wie ich das verstanden habe, waren Clark da die Hände
gebunden aufgrund der Tatsache, dass der ND da die Kontrolle hatte. Und wir wissen ja alle, welche
Auswirkungen das haben kann.“
Gonzalez sah, dass die anderen Kommandanten ihm zugehört hatten und nun selber versuchten, die
Aktionen nachzuvollziehen, um zu analysieren, welche Fehler gemacht wurden. Nachdem die ersten
die Geschichte verarbeitet hatten, kamen noch weitere Nachfragen. Dankenswerterweise hielt sich
Mithel bedeckt. Dann driftete das Gespräch wieder in andere Richtungen ab und Gonzalez war froh,
dass er seine Ruhe hatte.
***

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Angry Eagles

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Clan Blood Spirit

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Eigentlich erschien es mir merkwürdig, auf der REDEMPTION eine dunkle Ecke aufzusuchen.
Zugegeben, an dunklen Ecken mangelte es dem Träger nicht. Aber dann in solch einer zu stehen hatte
etwas konspiratives, gehemnisvolles.
„Hast du es bekommen?“ wisperte eine leise Stimme.
Ich nickte und zog die schmale Schachtel aus meiner Hosentasche. Langsam reichte ich das leichte
Sedativ weiter.
Das Päckchen wurde mir aus der Hand gerissen und begutachtet. „Tausend Einheiten. Ja, das ist das
richtige. Danke, Ace. Was kriegst du dafür?“
„Dreißíg Real und zwei Minuten deiner Zeit.“
Ein leises Stöhnen antwortete mir. „Ist schon wieder Märchenstunde mit dem Meisterpiloten?“
Ich steckte die drei Scheine ohne nachzuzählen in die Tasche.
„Ich kenne meinen Ruf in der Einheit. Nun… Zumindest meinen Ruf der letzten zehn Minuten und er
war grausig.
Hör mal, ich weiß, das ist nur ein leichtes Medikament. Aber es steht nicht auf der offiziellen Liste.
Und das du dir so ein Zeug nicht direkt bei Schlachter Hamlin besorgt hast, spricht Bände.“
„Was willst du mir sagen? Das ich eher eine Therapie unter Doc Hamlin machen soll, mit Kontrolle
meiner Blutwerte und Körperfunktionen? Mit Alouvera-Therapie und dergleichen?“
Ein hässliches Lachen klang auf. „Ace, was meinst du, warum ich dich gebeten habe, das Zeug
schwarz zu besorgen? Ich KANN NICHT zu Doc Hamlin gehen. Ich kann nicht und ich darf nicht. Ich
muss Leistung bringen. Und das werde ich auch.“
„Das verstehe ich. Aber… Wenn du merkst, es geht nicht mehr, dann kannst du jederzeit zu mir
kommen. Wir denken dann zusammen über eine Lösung nach. Bitte.“
„Nanu, was ist das denn? Die sensible Seite des Meisterpiloten? Das sind ja ganz neue Töne“, kam die
spöttische Antwort.
„Ich meine es ernst“, erwiderte ich.
„Ich weiß. Aber ich muss mich erst daran gewöhnen. Gib mir Zeit, okay? Freundschaft ist ein
Konzept, mit dem ich noch nicht vertraut bin.“
„Okay. Aber das Angebot steht. Du kannst jederzeit zu mir kommen.“
Ein Gedanke nur, und ich stand alleine in der Ecke. Ich stieß einen tiefen Seufzer aus. Er beinhaltete
alles: Frustration, Erleichterung, Zorn, Verzweiflung und eine stille Freude.
Als meine Armbanduhr piepte und mich an meinen Termin auf dem Flightdeck erinnerte, merkte ich
erst, dass ich mein Mittagessen verpasst hatte.
***
Auf dem Deck angekommen sah ich, wie Albert Mbane gerade seine Maschine bemalte. Es war die
Phantom, in die ich umgestiegen war, nachdem ich über Troffen meine alte, schwer beschädigte
Mühle verlassen hatte. Ein Wunder, dass mich niemand wegen dieser Entscheidung aufgezogen hatte.
Ob Lone Wolf doch schützend seine Hand über mich hielt?
„Was wird das denn, Shaka?“ fragte ich und betrachtete die Airbrush-Arbeit.
Der Riese drehte sich um und grinste mich an. „Du hast mich gerade das Erste Mal mit meinem
Callsign angeredet, Boß.“
Ich grinste. „Du bist jetzt ja auch ein Pilot, Shaka.“ Der Junge hatte sich in den letzten Wochen harten
Trainings wirklich gemacht. Er klebte an meinem Flügel wie der Kartoffelbrei in der Kantine am
Löffel und ergänzte mein Feuer zwar nach eigenem Willen, aber recht effektiv. Er lernte und wartete
geduldig auf seine Chance. Ich dachte sogar schon darüber nach, einen Trackball für ihn zu
beantragen. Immerhin war seine Abschlussklasse zumindest rudimentär auf dem Gerät geschult
worden.
„Und?“ fragte ich und nickte auf die Zeichnung.
„Das ist ein Kriegsschild. Wenn meine Leute in den Krieg zogen, dann trugen sie Schild und Speer.
Ursprünglich war der Schild kleiner und der Speer wesentlich länger.
Erst Shaka Zulu ließ den Schild derart vergrößern, damit ein Man vor geworfenen Speeren geschützt
war. Und er ließ zwei Sorten Speere herstellen: Den Kurzen für den Nahkampf, vergleichbar mit dem
römischen Kurzschwert, und den langen, auch vergleichbar mit dem Langspeer er Römer.
Was wollte ich sagen? Also, der Schild wurde vom Krieger zur Abwehr benutzt. Und bevor ein
Krieger in die Schlacht zog, gestaltete er den Schild nach eigenen Vorstellungen. Um den Gegner
abzuwehren, um den Tod zu erschrecken, um die bösen Geister zurück zum Feind zu treiben. Dies ist
der Schild, wie er in meiner Familie weiter gegeben wurde. Generation für Generation, Krieger für
Krieger.
Das Original steht in meiner Kabine. Kannst ihn dir gerne mal ansehen, Ace.“
Ich grinste. „Später vielleicht. Komm, sitz auf, die Übung beginnt gleich.“
***
Zwanzig Minuten später befanden wir uns in einem simulierten Angriff auf die RED.
Darkness führte die Übung an, während Lone Wolf am Rande des Geschehens lauerte und die
Leistungen der einzelnen Staffeln bewertete.
Die Rote Staffel hatte in seinem Szenario den Durchbruch geschafft und versuchte nun, die Abwehr
der RED bestehend aus der Blauen Staffel, zu knacken, um den Bombern den Durchmarsch zu
ermöglichen.
Die RED, einer ihrer Begleitkreuzer und die Blaue Staffel waren in dieser Übung die Akarii und hatten
entsprechende Leistungsmerkmale vom SimCom bekommen.
„Okay, Angry Angels, gebt ihnen mal was zu futtern! Fox two!“ Darkness klang aufgelöst, beinahe
fröhlich, als er zwei Phönix auf die Reise schickte.
„Fox three“, bellte ich und schickte ein Zweierpack Amraams los.
„Fox two“, klang Shakas Stimme auf. Er hatte auch noch Phönix.
Die blaue Staffel ließ sich nicht lumpen und schickte uns ebenfalls einen Strom Raketen entgegen.
Zudem trat die Staffel bereits in die Reichweite des Kreuzers ein.
„Flight three räumt weiter auf.
Flight two kümmert sich um die Jäger am Kreuzer.
Flight one folgt mir.“
Wir verloren durch den Schusswechsel zwei Jäger. Obwohl, bei Radio war es vielleicht nur
Lustlosigkeit. Die blaue Staffel büßte nur einen ein, aber zwei weitere wurden teils schwer beschädigt.
Ohne Lone Wolf wurde es damit noch einmal schwerer für uns.
Mit Shaka als Schatten stürzte ich dem Gegner entgegen. Die Typhoons kamen rasend schnell näher
und stürzten sich in den Kurvenkampf.
Als wir die ersten Annäherungsschüsse ausgetauscht hatten und einander passierten, warf ich meine
Mühle in einen von Bein und schickte der Typhoon, die mich beschossen hatte, eine volle Ladung
hinterher. War das Huntress? Demolisher, Mercur? Egal.
Eine Rakete von Shaka knackte das Ding wie eine Konservendose. „Guter Schuß, Shaka“, lobte ich
den Mann.
„Zwei von sechs Uhr, eins über Horizont.“ Die Antwort von Shaka kam kühl und professionell.
„Lösen…“, sagte ich gedehnt, „und angreifen, Shaka.“
Ein Freudenschrei antwortete mir. „Danke, Boß. Ich nehme den linken.“
Ich stürzte hinterher. Eine Rakete hängte sich an mein Heck. Ich stieß Täuschkörper aus, riß meine
Phantom aus dem Kurs und hielt genau auf meinen Gegner zu. Hinter mir fiel die Amraam auf die
Täuschung rein, während ich zwei Raketen und alle Werfer in die Seite meines Gegners versenkte.
Glücklicherweise genau die Seite, welche von einer Amraam bereits beschädigt worden war. Ein guter
Tag war das.
Und Shaka? Ich ließ ihn das erste Mal von der Leine, seit er vernünftig flog. Er schlug sich gut und
lieferte sich einen erbitterten Kurvenkampf mit seinem Gegner.
„Brauchst du Hilfe? Bin schon fertig mit meinem.“
Die Antwort kam zögerlich, aber ernst. „Hilfe soll man nie ablehnen, Boß. Ich treibe ihn dir vor die
Rohre.“
Ich ging in eine enge Kehre und zog die Phantom in Position. Wurde der Junge wirklich derart
vernünftig? Das erste, das richtige Gefecht würde darüber entscheiden.
„Bin bereit.“
„Spiel mit, sobald du Lust hast, Boß…“
Ich grinste. Tippte auf den Nachbrenner und half so, die Typhoon in die Zange zu nehmen. Oh ja, ein
schöner Tag.
************************************
Verantwortung
Lieutenant Commander Parker blickte auf die Uhr. ,Noch fünf Minuten...‘ dachte sie. Sie ließ ihren
Blick über die wenig einfallsreiche Inneneinrichtung des Konferenzraumes wandern. Tja,
Innovationen und militärischer Dienstbetrieb, das war eben selten vereinbar – sagten jedenfalls die
Unverbesserlichen. Ob es allerdings Unfähigkeit oder einfach die Konzentration auf real oder
vermeintlich wichtigere Dinge war, darüber ließ sich streiten.
Ihre Finger trommelten einen Rhythmus auf der Tischplatte. Ihre Entscheidung war gefallen, aber sie
hatte nicht alle Bedenken ausräumen können. Andererseits, absolute Sicherheit gab es leider nicht.
Und wenn man ihr nichts Besseres gab, dann mußte sie eben mit dem klarkommen, was sie hatte. Bald
würden die Mitglieder ihrer Staffel eintreffen, für große Überlegungen war keine Zeit mehr. IHRE
Staffel. Nun, wenn man es so nennen konnte. Von den elf Piloten, die ihr unterstellt worden waren, als
sie ihren Dienst auf der Redemption antrat, lebten drei nicht mehr. Zwei weitere waren schwer verletzt
worden, und niemand konnte mit Sicherheit sagen, ob sie überhaupt wieder kampftauglich werden
würden. Innerlich schalt sie sich für diesen ziemlich herzlos wirkenden Gedanken. Wenn sie die
Wunden nur halbwegs gut auskurierten, dann war es egal, ob sie wieder in den Einsatz kommen
würden – sie hatten ihren Teil geleistet, und mehr als das. Sie seufzte leise: ,Du bist nun einmal Soldat
und denkst wie einer. Auch wenn das heißt, daß dich an Leuten vor allem die Fähigkeit interessiert,
andere zu töten.‘ Manchmal fragte sie sich selber, was der Krieg aus ihr gemacht hatte. Es gab Tage,
an denen sie sich müde fühlte, müde und alt. Wie ein Greisin im Körper einer jungen Frau. Aber
schnell rief sie sich wieder zur Ordnung: ,Nun häng‘ mal nicht dem Weltschmerz nach, Mädchen! Du
hast es bisher geschafft, du wirst es auch weiterhin schaffen! Und wenn es zwei oder drei,
meinetwegen auch zehn Jahre dauert, ich will verdammtnochmal das Ende dieses Krieges miterleben!
Und dann zur Hölle mit allem!‘ Es waren nicht so sehr die Kämpfe, die sie so „fertigmachten“. Es
waren die Briefe, die sie an die Familien der Toten schreiben mußte, der Tod von Kameraden in ihrer
und anderen Staffeln. Von den Piloten ihrer Klasse waren nicht wenige gefallen und verwundet
worden. Und immer wenn sie daran dachte, fragte sie sich unwillkürlich, wer der nächste seien würde.
Sie schüttelte den Kopf: ,Genug! Werd‘ mal nicht depressiv! Du tust, wofür du ausgebildet wurdest,
und bisher machst du deine Arbeit gut. Also weiter so! Dann hast du gute Chancen, deine Leute und
dich wenigstens halbwegs heil durchzubringen.‘ Sie nickte innerlich. Ja, das war die Antwort. Die
einzige. Einen anderen Weg gab es sowieso nicht.
Ihre Gedanken kehrten zum hier und jetzt zurück. Sie spürte es, die nächste Operation stand
unmittelbar bevor. Bald würde es wieder hinausgehen, würde sie ihre Staffel ins Gefecht führen.
Wenigstens hatte man die Einheit diesmal mit erfahrenen Piloten aufgefüllt. Sie hatte jetzt niemanden
dabei, der nicht wenigstens ein paar Mal gegen den Feind geflogen war. Das konnte lebensrettend
sein.
Parker hörte das Klopfen an der Tür, dann traten die ersten Piloten ein. Wie nicht anders zu erwarten,
handelte es sich dabei um Ohka, Lilja und Imp. Ohka war pflichtbewußt bis in die Knochen, Lilja
beinahe übertrieben diensteifrig – und Imp war vermutlich von ihr mitgeschleppt worden. Alle drei
waren eine Minute zu früh da. Sie wies ihnen ihre Plätze zu. Kurz darauf kamen die anderen. Keine
Sekunde zu früh oder zu spät. Schließlich waren alle versammelt – sogar Perkele kam nur geringfügig
verspätet. Sie hatte sich inzwischen mehr oder weniger an ihn gewöhnt. Da sie selber nicht eben den
Ruf einer übertriebenen Pedantin hatte, hatte der Finne es mit der Widerborstigkeit nicht übertrieben.
Allerdings hatte sie ihm wegen der Beschwerden eines Marine-Offiziers schon einmal eine Strafe
aufbrummen müssen. Wie nicht anders zu erwarten, hatte er es mit „Großmut“ akzeptiert. Und da sie
mit dieser Art Soldat Erfahrung hatte, versuchte sie erst gar nicht, ihn grundlegend zu bessern.
Ihr Blick umfaßte die Piloten. IHRE Piloten. Alle hatten sie Kampferfahrung. Und einige hatten sich
sogar in besonderem Maße ausgezeichnet. Das Flying Cross trug mehr als einer. Zwar würde die
Truppe nie als Vorzeigestaffel für einen Film taugen – dazu fehlte der strahlende Held – aber dazu
waren die Männer und Frauen ja auch nicht da. Ihre Pflicht, Akarii zu töten vollbrachten sie jedenfalls
mit wachsender Routine und teilweise nicht geringem Erfolg.
„Also, mal herhören!
Ich schätze, ihr alle habt schon gehört, daß die fetten Tage sich dem Ende nähern. Wird Zeit, daß es
mal wieder `rausgeht – angesichts eurer sich sicherlich leerenden Taschen. Ich hätte ja auch nichts
dagegen, den Rest des Krieges hier zu verbringen, aber so viel Glück haben wir nicht. Unser
,Fliegender Holländer‘ muß also wieder mal auslaufen.“
Die Gesichter der Piloten zeigten wenig Überraschung. Sie alle hatten damit gerechnet. Begeisterung
fehlte allerdings auch weitestgehend. Sie waren keine Neulinge – also lächelten sie nicht voller
Vorfreude, aber sie zeigten auch keine Angst.
„Nun, die Herren vom Flottenstab machen mal wieder ein Geheimnis aus der Mission – jedenfalls bis
jetzt. Aber da ,Husar‘ noch nicht abgeblasen ist, kann man wohl damit rechnen, daß es so weitergeht
wie bisher. Also eine Operation hinter den feindlichen Linien. Für uns alle nichts neues. Ich schätze,
sobald man sich überzeugt hat, daß keine Akarii in den Mülleimern und unter den Betten lauern, wird
man uns auch den Rest erzählen.
Ich will mir eine große Motivierungsrede sparen – die gibt es bekannter Weise in den Nachrichten
oder vom Geschwaderchef, das Dutzend billiger beziehungsweise als Gebrauchtwarenartikel.“ Sie sah
das Zucken um die Mundwinkel bei einigen ihrer Untergebenen – ihre Antipathie gegenüber Lone
Wolf war bekannt.
„Wir werden ganz einfach das tun, was unser Auftrag ist. Die Bedeutung unserer Mission und die
historisch epischen Dimensionen dieses Konfliktes entnehmen Sie bitte den Flottenhandbüchern oder
gleich aus ,Das blaue Band‘.“ Jetzt grinsten etliche Piloten ganz offen – insbesonders Perkele und Ina.
Ohka zeigte wieder mal keine Emotionen und Lilja auch nicht. Die beiden gehörten zu den
„Unverbesserlichen“, die den hehren Tönen noch etwas abgewinnen konnten, wenn auch aus
unterschiedlichen Gründen und nicht unbedingt auf die selbe Art und Weise.
„Ich will noch einmal betonen – denn bekannter Maßen hört der gemeine und der nicht so gemeine
Pilot nichts lieber als Lob – daß ich stolz bin, eine Staffel wie die eure zu kommandieren. Ich bin stolz,
so gute Untergebene zu haben – sogar Sie, Perkele – und ich bin stolz, auf diesem Träger zu dienen.
Ich sehe es als eine große Verpflichtung, in dieser Flotte zu kämpfen. Leider bleibt bei all diesem
Stolz für meinen Geschwaderchef keiner mehr übrig.“ Jetzt lachten die Piloten, sogar Lilja, Ohka und
Blackhawk.
„In den letzten Wochen haben wir gelernt, zumindest im Manöver gut zusammenzuarbeiten. Ein
Manöver ist noch keine Schlacht, und wer wieder besseren Wissens gehofft hat, der Beginn der
Feindfahrt – und der dürfte bald anstehen – würde ein Ende der ganzen Übungen bedeuten, der kann
sich freuen, daß ihn seine innere Stimme nicht betrogen hat. Wir werden noch einen Zahn zulegen.
Wir müssen die taktische Zusammenarbeit noch verbessern, und Schießübungen haben außer den
Zielen und den Waffenwarten noch nie jemanden geschadet. Aber damit ich nicht alles alleine
organisieren muß, kommt hier die neue Strukturierung der Staffel.“
Ihre Ankündigung sorgte nicht unbedingt für Freude, aber eigentlich hatte man auch nichts anderes
erwartet. Übungen waren das A und O jeder Armee, und gerade als Pilot konnte man es sich nicht
leisten, auch nur ein bißchen einzurosten. Ein winziger Fehler konnte bei Start, Landung oder Gefecht
fatale Auswirkungen haben.
„Also, ich selber übernehme Sektion A. Bestehend aus Flight Eins mit Claw und meiner Wenigkeit
sowie Flight Zwei – Mace und Stormrider. Sektion B übernimmt Blackhawk, die Gruppe besteht aus
Flight Drei, Blackhawk und Imp, sowie dem vierten Flight, Ohka und Virago. Und dann wären da
noch Flight Fünf, Lilja und Perkele, sowie Flight Sechs, Harpy und Katana. Beide Flights bilden
Sektion C, die von Lilja geführt wird.
Und da ich gesehen habe, daß die anderen Staffelchefs so etwas auch haben und ich nicht einsehe,
warum das bei mir anders seien sollte, bestimme ich auch gleich meine XO – Lilja, das werden Sie
übernehmen.“
**********************************
Dies sorgte doch für einige Überraschung. Weniger, daß man die Flights ein wenig durcheinander
gewirbelt hatte. Aber Lilja als XO – das rief nicht unbedingt Begeisterung hervor.
Imp und Perkele nahmen es gelassen. Der Finne stand sowieso schon unter ihrer Fuchtel, und Imp war
mit Lilja befreundet. Ohka – nun, wenn man berücksichtigte, daß er der Russin zuerst vorgesetzt
gewesen war, dann war es möglich, daß er ihre erneute Beförderung als Zurücksetzung betrachtete.
Allerdings würde er sich so etwas kaum anmerken lassen, es hätte wohl seinem Ehrenkodex
widersprochen. Blackhawk war viel zu ausgeglichen, um irgendwelche Emotionen zu zeigen. Und bei
all seiner Erfahrung, die eigentlich ihn für diesen Posten prädestinierte, wußte er wohl auch, daß es
besser war, nicht gleich einen Staffelneuling zu verwenden. Die anderen...
Lilja war nicht unbedingt beliebt gewesen. Sie hatte etwas an sich, was die Leute auf Abstand hielt.
Ihre Leistungen waren natürlich durchaus positiv aufgenommen worden, so etwas kam ja auch der
Staffel zugute. Einen Bronzestern in der Einheit, das konnte nie schaden. Aber besonders in letzter
Zeit hatte es ihr gegenüber gewisse Animositäten gegeben. Parker war nicht ganz dahintergekommen,
was, aber es war offenbar nichts direkt strafbares.
Das war auch der Grund gewesen, warum sie lange geschwankt hatte. Lilja hatte einiges an sich, das
sie für den Posten empfahl. Abgesehen von Blackhawk und Lightning selber war sie die erfahrenste
Pilotin der Staffel. Sie kannte den Feind, war unermüdlich in ihrer Pflichtausübung und steckte ihre
ganze Energie in den Kampf. Sie hatte schon vor dem Krieg gedient und war deshalb in taktischer
Hinsicht versiert. Nichts deutete darauf hin, daß die Gefahr bestand, sie würde im Gefecht die
Übersicht verlieren. Sie befolgte Befehle gehorsam und scheute keine Arbeit. Und wer sich selbst so
rücksichtslos antrieb, der konnte auch andere auf Trab bringen. Außerdem gehörte sie zu der
Kategorie Piloten, die so etwas vor allem als Verpflichtung sahen und deshalb alles daran setzen
würden, der neuen Verantwortung gerecht zu werden. Nachlässigkeit war kaum zu befürchten.
Auf der anderen Seite stand einmal ihre isolierte Stellung. Sie eignete sich wenig als
Vertrauensperson, war korrekt – die richte Nähe zu anderen kam bei ihr kaum auf.
Und dann waren da in ihrer Akte einige Aspekte, die nicht hundertprozentig klar waren. Keine
eindeutigen Bemerkungen, eher so eine Art Unterton, der ahnen ließ, daß sie einige Eigenheiten hatte.
Offenbar nichts, was direkt greifbar war – oder zumindest nichts, was ihr alter Vorgesetzter als großes
Problem gesehen hatte.
Lightning hatte da so ihre Vermutung, vor allem, da sie von einigen Kameraden von anderen
Geschwadern Geschichten aus dritter Hand gehört hatte. Nicht über Lilja selber, aber gewisse Muster
schienen vertraut.
Dennoch hatte sie sich entschieden, die „Eisprinzessin“ zu wählen. Sie ahnte, daß Lilja ihren Haß auf
den Feind fokussierte, und so Angst, Verbitterung und Schmerz in eine Bahn lenkte, die den
Verursacher dieser Gefühle traf. Vermutlich war es dieser Haß, der sie einige Sachen hatte durchhalten
lassen, an denen andere gescheitert waren. Und das machte sie zu einer guten Soldatin. Ob sie in der
Lage war, Menschen wirklich zu führen – als XO würde dies nur teilweise ihre Aufgabe sein – war
damit natürlich noch nicht bewiesen. Aber sie konnte auf jeden Fall die auf sie zukommenden
Pflichten übernehmen, davon war Parker überzeugt. Oder besser – sie redete sich ein, daß sie
überzeugt war. Von den First Lieutenants war sie einfach der beste Kandidat, was Erfahrung und
Leistung anging – berücksichtigte man, daß man der Staffel nicht einfach jemanden vor die Nase
setzen konnte, der für die meisten Piloten ein Fremder war.
Und sie brauchte Lilja. Ebenso, wie sie Blackhawk brauchte. Es war einfach notwendig, daß sie ein
paar erfahrene Untergebene hatte, auf die sie sich voll und ganz verlassen konnte und die die einzelnen
Sektionen, zur Not aber sogar die ganze Staffel führen konnten. Was man auch immer über Lilja sagen
mochte, ihr ging der Krieg – genauer gesagt ihre Rolle in diesem Krieg – über alles. Und sie würde in
dieser Hinsicht nie Nachlässigkeit oder Schwäche zeigen, dazu bedeutete ihr dieser Kampf zuviel.
Zumindest dabei war sich Lieutenant Commander Parker sicher. Und genau so jemanden konnte sie
brauchen. Vor allem, da sie sich nicht nur um ihre eigene Staffel kümmern mußte. Seit diese Neue,
diese Volkmer, das Kommando über die Blaue Staffel übernommen hatte, war Parker dazu
übergegangen, ihr gelegentlich über die Schulter zu schauen. Seit dem Tode Bergstroms hatte sie sich
für diese Staffel mitverantwortlich gefühlt, vielleicht, weil ihre Einheit zu spät gekommen war, um
noch etwas auszurichten. Die Neue gab sich Mühe, das war klar – aber das allein war möglicherweise
nicht genug. Und obwohl sie wußte, daß es weder ihre Aufgabe noch von der neuen
Staffelkommandantin unbedingt gerne gesehen war, bemühte sie sich, über Wohl und Wehe der
Schwesterstaffel zu wachen. Und das UND die Arbeit mit ihrer eigenen Einheit war wirklich eine
Menge zu tun – da war es ratsam, einen Teil der Arbeit auf verläßliche Untergebene zu verteilen. Und
sie rechnete Lilja in diese Kategorie.
Natürlich wurde Parkers Befehl nicht diskutiert. Wirklich substanzielles konnte keiner gegen Lilja
vorbringen – und andere Argumente waren wohl kaum für die Ohren eines Offiziers geeignet. Nicht
einmal einer so toleranten Offizierin wie Parker, die gegenüber ihren Leuten eher als Kamerad, denn
als Vorgesetzter auftrat.
Parker registrierte aufmerksam die Reaktionen. Nicht eben überschäumende Freude – aber es würde
schon gutgehen. „Also gut. Ich rate Ihnen, meine Damen und Herren, heute noch mal auszuschlafen.
Ab Morgen geht es wieder richtig los! Das wöchentliche Staffeltreffen bleibt übrigens in Kraft und“
sie grinste: „ich hoffe, daß jeder in die Staffelkasse einzahlt, um dem ganzen noch etwas mehr
Rückhalt zu geben. Ich werde mal eine Klingelbüchse in der Kantine aufstellen, und ich gehe davon,
daß ich sie bald wohlgefüllt wieder einkassieren kann. Das war es dann – weiteres folgt, wenn ich
etwas weiß. Ach ja – wer Gerüchte hört, ist verpflichtet, seine Kameraden zu informieren, und wehe,
ich höre es nicht als erstes. Und das ist ein Befehl.“ Mit diesen Worten scheuchte sie ihre
„Kinderchen“ hinaus. Bis auf Lilja.
Die Staffelkommandeurin wurde ernst. Ihre Untergebene zeigte nicht, was in ihr vorging. Lilja wirkte
gefaßt, ruhig, entschlossen: „Lieutenant Commander.“ Die Russin brach als erste das Schweigen: „Ich
danke Ihnen für Ihr Vertrauen.“ Parker musterte die jüngere Frau, die freilich eher wie eine
Gleichaltrige wirkte: „Ich bin sicher, Sie verdienen es. Ihre Aufgaben werden zunächst vor allem im
Bereich der Ausbildung liegen. Verbessern Sie die Zusammenarbeit innerhalb der Sektion, führen Sie
Simulatorübungen und werten Sie diese aus. Sie wissen, wie man so etwas macht – schließlich
kommen Sie ja auch mit Perkele klar. Später werden Sie mich dann hin und wieder bei Staffelübungen
ersetzen, wenn ich beschäftigt bin. Sie sind für Ihre Sektion verantwortlich, im Gefecht auch in
taktischer Hinsicht. Außerdem brauche ich wohl auch hin und wieder etwas Hilfe bei dem ganzen
Papierkram – wobei ich nicht vorhabe, Sie nur als Bürokraft zu verwenden. Aber Sie kennen ja wohl
die typischen Pflichten eines XO.“ „Jawohl, Lieutenant Commander!“ Parker zögerte, aber sie wußte,
es war nötig: „Fühlen Sie sich der Aufgabe gewachsen? Oder haben Sie Bedenken?“ Lilja nahm
reflexartig Haltung an: „Ich werde Sie nicht enttäuschen!“ Parker unterdrückte einen resignierenden
Seufzer – das war klar gewesen. Die Antwort der Mustersoldatin. Wenn es eine Antwort war. Aber
was hatte sie auch anders erwartet? Doch wohl genau das. Und sie ging auch davon aus, daß es
stimmte: „Gut. Kommen Sie heute Abend, gegen halb Neun, in mein Büro. Wir gehen die
Einsatzpläne durch.“ Die Russin nahm Haltung an. Ihr Gruß hätte auch einem Admiral gelten können.
Aber Parker erwiderte den Salut ernst. Sie wußte, es war gleichzeitig auch eine Art Schwur von Lilja.
Die Pilotin war sich ihrer Verantwortung bewußt und war entschlossen, die Herausforderung zu
meistern. Dann wirbelte Lilja herum und ging.
Parker wandte sich dem Computer zu. Dort waren verschiedene Einsatzbeschreibungen aufgelistet.
Angriffe auf Konvois, Abfangeinsätze, Eskortmissionen. Sie würde sich die Parameter genau
anschauen und dann für Übungen verwenden. Sie rieb sich die schmerzenden Augen. So viel Arbeit!
Ihre quälenden Gedanken waren vergessen – sie hatte etwas zu erledigen.
Lilja stapfte durch die Gänge, auf dem Weg zu ihrer Kabine. Eigentlich, das wußte sie, sollte sie jetzt
jubilieren. Der neue Posten bedeutete ganz klar, daß sie der negativen Eindruck, den ihr
Zusammenbruch vor ein paar Monaten hinterlassen hatte, inzwischen ausgeglichen war. Sie hatte sich
offenbar im Kampf bewährt und war in den Augen ihrer Vorgesetzten auch zu noch mehr fähig.
Aber unter der Oberfläche, die fast immer die kühle, selbstsichere Soldatin zeigte, das eiskalte Antlitz
der „Eisprinzessin“, unter dieser Oberfläche verbarg sich ihre Angst. Angst, erneut zu versagen, den
Anforderungen nicht gerecht zu werden. Fehler zu machen, die das Leben von Kameraden kosteten.
Und jetzt, wo ihre Verantwortung gestiegen war, würde ein Versagen noch schlimmere Folgen haben.
Abgesehen davon, daß auch die Schande eine größere wäre. Sie fürchtete natürlich den Tod, aber mehr
noch fürchtete sie, den Tod ihrer Untergebenen zu verschulden, selbst aber am Leben zu bleiben. Auch
wenn die Tage des Trainings mit Perkele geholfen hatten, ein wenig die Angst abzubauen –
überwunden hatte sie ihre Dämonen noch lange nicht. Sie hatte einerseits auf der letzten Feindfahrt
zwei Kameraden das Leben gerettet – aber nicht verhindern können, daß Kano zweimal übel
zusammengeschossen worden war. Würde sie sich jetzt als des Vertrauens von Lightning würdig
erweisen? Sie MUßTE es einfach schaffen!
Innerlich nickte sie grimmig. Sie würde in den kommenden Tagen bis zum Äußersten gehen. Auch
wenn das bedeutete, daß sie jeden Abend Schlaftabletten nehmen musste, um nicht von Alpträumen
gehetzt schluchzend aufzuwachen. Und jeden Morgen wieder andere Medikamente, um auf der Höhe
zu sein. Sie würde sich auf der Station einen Vorrat beschaffen – nicht an Bord des Schiffes. Hier
durfte es keiner erfahren. Sie würde NICHT, würde auf KEINEN Fall versagen!
Die Eisprinzessin hatte ihre Entscheidung getroffen. Erziehung und Überzeugung ließen ihr sowieso
kaum eine andere Wahl. Sie war Soldatin, und so lange der Feind nicht vernichtet war, hieß es eben,
die eigene Gesundheit zu riskieren. So oder so. Ihre großen Vorbilder hatten sich auch nicht geschont!
Die Heimat hatte ihr das Leben geschenkt, jetzt war es an der Zeit, das Konto etwas auszugleichen.
Wenigstens hatte sie in Ina eine Freundin, die ihr helfen würde. Die kommenden Tage und Wochen
würden von ihr das Letzte verlangen, aber sie würde es meistern.
*******************************
Die Kabine war in Dunkelheit gehüllt.
Einzig und allein der Flachbildschirm auf dem Schreibtisch spendete etwas Licht.
Leise dudelte aus den Lautsprechern Joan Beaz.
Einsatzdaten liefen über den Bildschirm. Lucas kannte sie schon beinahe auswendig. Seid dem
Ehrengericht und der Beerdigung von Brentstone hatte er sich so gut es ging zurückgezogen.
Mehrere Tage hatte er nur im Bett gelegen und die Decke angestarrt. Selbst Mel Ausons drängende
Kontaktversuche hatte er abgewiesen.
Die V-Mail seiner Mutter, in der sie über das Highsosietyleben von Boston tratschte, war noch
unbeantwortet.
Gebrochen oder nur besieg?
Nur besiegt entschied Lucas und schaltete die Auflistung der Taktischen Daten ab.
Ein Blick in den Spiegel sagte ihm, dass er furchtbar aussah.
"Eine Dusche würde Dir gut tun mein Junge." Nach ein paar Augenblicken das Starrens setzte er
diesen Gedanken in die Tat um.
Dreißig Minuten heißes Wasser, was über den Körper spült können eine solche Wohltat sein.
Lebensgeister weckend, kraftschöpfend.
Eine Rasur und eine frische Uniform ließen ihn dann wieder als menschliches Wesen erscheinen.
Melissa, schoss es ihm durch den Kopf. Idiot, Idiot, Idiot.
Als er aus der Kabine stürmte wäre er in der Dunkelheit beinahe über einen der Sessel gestolpert.
Da er bei den anderen Piloten untergebracht war, musste er drei Decks höher.
Als Lucas in den Korridor einbog, der ihn zu Ausons Kabine brachte stand er auf einmal Yamashita
gegenüber.
Die beiden blickten sich unverwandt an. Wut und Hass stiegen sofort in ihm auf.
Schließlich unterbrach Yamashita den Blickkontakt und versuchte sich an ihm vorbeizuschieben.
"Irgendwann werden Sie dafür noch mal bezahlen", zischte Lucas.
Sie blieb stehen und blickte zu ihm hoch: "Bevor oder nachdem Sie den kläglichen Rest Ihrer Karriere
das Klo runtergespült haben?"
Hoch erhobenen Hauptes ging Yamashita ihres Weges.
Lucas schoss ihr noch einen Blick hinterher, der tödlich hätte sein können, wandte sich um und ging
die letzten Meter zu Ausons Quartier.
Dreimal musste er klingeln, ehe sie aufmachte.
"Oh, Du", begrüßte Auson ihn verschlafen.
"Hab ich Dich etwas geweckt?"
"Ist schon okay, komm rein", sie schloss hinter ihm die Tür, "ist sogar ganz gut so, ich bin am
Computer eingeschlafen. Morgen wäre für mich die Hölle gewesen."
"Du hast noch gearbeitet?"
"Ja, ich habe mir die Route noch mal angesehen. Der Asteroidengürtel wird die Hölle. Wahrscheinlich
müssen wir uns wahrscheinlich Stellenweise den Weg freischießen."
"Shitt", Lucas setzte sich an ihren Schreibtisch und blickte sich die Diagramme auf dem Monitor. Er
kannte die Darstellung und war schon fieberhaft am Überlegen, ob man überhaupt einen
Kampfpatrolie rausschicken sollte und wenn ja, WER sollte die fliegen.
"Du sagst es, möchtest Du einen Kaffee?" Sie ging zur Kaffeemaschine, die schon seid Stunden
ununterbrochen Unmengen des schwarzen Goldes produzierte.
"Ja, gern." Doch Melissa hatte nicht auf seine Antwort gewartet und schon zwei Tassen eingeschenkt.
Schwarz für sich selbst und mit drei Stück Zucker für Lucas.
Schwungvoll setzte sie sich auf seinen Schoß: "Und warum bist Du nun gekommen?"
"Oh, nunja, mir ist - endlich - aufgefallen, dass ich Dich vernachlässigt habe."
"Es war alles etwas viel für Dich nicht?" Sie kuschelte sich an ihn.
"Yeah, diese verdammte Schlampe."
"Welche? Noltze oder die JAG?"
"Such's Dir aus Mel, such's Dir aus."
Sie küsste ihn auf die Stirn: "Morgen laufen wir aus und Du kannst Deinen Frust an den Echsen
auslassen."
Sie richtete sich auf und schaltete den Computer aus: "Sag mal Luke, bleibst Du über Nacht?"
"Gern."
********************************
„Das war, gelinde gesagt Scheiße.“ Huntress sah auf ihre Piloten herab. „Was ist eure
Entschuldigung?“
„Wir haben Ace und Darkness abgeschossen“, wagte Foreigner einzuwenden. „Und wir haben den
Angriff der roten Staffel abgeschlagen.“
Die anderen Piloten murmelten zustimmend. Sie dachten wohl, nun bekämen sie Oberwasser.
„BULLSHIT!“, erinnerte sie Huntress an die Realität. „Vielleicht haben wir die rote Staffel
abgewehrt. Vielleicht hatten wir wirklich nur fünf Maschinen und zwei Piloten Verluste, während der
Gegner aufgerieben wurde.
Aber während die Herrschaften sich mit den Phantom rumgebalgt haben, ist Staffel Gold
durchgebrochen und hat ein halbes Dutzend Mavericks im Leib der REDEMPTION versenkt.
Im Klartext, wir hatten keinen Platz zum landen mehr. Im Ernstfall wären wir also verloren gewesen.“
Betretene Stille senkte sich über den Briefingraum. Huntress nickte schwer. „Ja, das ist die Wahrheit.
Gesteht sie euch nur ein. Wir haben schlicht und einfach versagt.
Wir sind die Blaue Staffel. Wir sind der Schutzschild der REDEMPTION. Wir sind dazu da, um dafür
zu sorgen, dass solche Schweinereien wie voll geladene Deltas oder Bomber gar nicht erst bis zu
unserem Träger vordringen können. Ich weiß nicht wie Ihr das seht, aber ich denke, als die Bomber in
Reichweite kamen, hätten wir sie attackieren müssen.
Das hätten auch Deltavögel sein können.“
„Aber“, wandte Elfwizard ein, „damit hätten wir die Rote Staffel doch geradezu eingeladen, uns ein
paar in unsere Sechs zu verpassen.“
„Und?“ Huntress setzte eine strenge Miene auf. „Das hätten wir in Kauf nehmen müssen.“
Erschrocken sprachen die Piloten durcheinander.
„Ich sage nur, wie es ist, Ladies. Wir sind die Staffel, die den Träger schützt. Nicht mehr, aber auch
nicht weniger. Der Träger, Ladies, ist nicht nur unsere Heimat. Er ist unsere Lebensversicherung. Er
ist unsere einzige Fahrkarte nach Hause.
Heute habe ich euch da draußen agieren lassen wie Ihr wollt. Morgen werde ich mir ein paar Stunden
lang die guten Ratschläge von Lightning, Martell und Darkness anhören und euch an die Kandare
nehmen.
Zwischen einer gegnerischen Atomrakete und der RED stehen nur wir.
Bestenfalls noch Lightning mit ihrer Staffel, aber darauf würde ich mich nicht verlassen.
Versteht mich nicht falsch, eure fliegerischen Leistungen sowohl einzeln als auch im Team waren gut.
Die besten Ergebnisse seit langem und weit über dem Trainingsdurchschnitt.
Aber, Ladies, versteht endlich unsere Aufgabe. Und versteht endlich, wie wichtig sie ist.
Wir werden das üben. Staffel weggetreten.
Rapier und Demolisher bleiben bitte noch.“
Die Piloten standen auf. Die Jüngeren, die Küken frisch von der Akademie verließen den Raum recht
schnell. Wahrscheinlich, um draußen über ihren Kommandierenden Offizier herzuziehen. Die Kids
waren leicht zu durchschauen.
Die Älteren ließen sich Zeit. Einige dachten sogar über ihre Worte nach.
Als sie mit Demolisher und Rapier allein war, ließ sie die mühsam aufrecht gehaltene zornige Maske
fallen.
„Das war eine feine Arbeit, Leute. Rapier, Ihr Flight hat Ace aus diesem Universum geputzt. Respekt,
Respekt. Der Junge gilt als Komet.“
Annegret Lüding schien überrascht. „Sie sind doch nicht sauer, Commander?“
Huntress zwinkerte. „Geht schon in Ordnung. War eine gute Gelegenheit, den Kids die Prioritäten zu
erklären. Demolisher, dein Flight war auch nicht schlecht. Einfach so Darkness auzuknipsen. Hm. Der
hat gegen die Rote Echse gekämpft und überlebt.“
„Gegen zwei volle Raketenbreitseiten kommt er auch nicht an“, kommentierte der Pilot grinsend.
„Eigentlich schon“, gab Rapier zum Besten.
„Aber nicht, wenn sie aus zwei verschiedenen Richtungen kommen und er sich nur noch entscheiden
kann, in welche er lieber fliegt.“
„Wie dem auch sei“, unterbrach Huntress. „Das war die beste Staffelleistung seit langem. Vielleicht
die allerbeste. Wir haben den Kids gezeigt, wie man fliegt. Wir haben uns mit den Veteranen
zusammengerauft und gelernt im Team zu arbeiten.
Wir agieren nicht mehr wie einzelne Maschinen, wie einzelne Wings oder Flights. Wir sind eine
Staffel geworden.
Aber jetzt müssen wir noch einen Schritt weiter gehen. Wir müssen den Kids die Prioritäten
beibringen.“
Rapier keuchte auf. „Sie wollen den Kids doch nicht sagen, sie sollen sich opfern? Himmel, es gibt in
Lightnings Staffel diesen Japaner, der hat sich schon so oft geopfert, ein Wunder, dass er noch lebt.“
„Nein, Rapier. Wir sagen den Kids nicht, dass sie sich opfern müssen. Es würde nichts bringen.
Entweder würden sie es tun – und dann zu einem Zeitpunkt, der uns oder der RED nichts nützt – oder
sie würden es nicht tun und dem Untergang unseres Trägers zusehen.
Nein, wir werden ihnen in den nächsten Übungen ein paar Beispiele geben.
Natürlich nicht zu offensichtlich.
Ich habe vor, in der nächsten Übung durch ein Manöver zu fallen, indem ich mit meiner Typhoon eine
Atomrakete abschieße, selbst aber zu nahe an der Explosion bin.
Wir tarnen es als Test der Kommandokette.
Morgen bist du dann dran, Demolisher. Du fliegst in eine solche Rakete rein.
Und Sie sind auch noch an der Reihe, Rapier.“
Die Pilotin schüttelte trotzig den Kopf. „Das ist… Das ist doch nicht richtig. Okay, Sie haben Recht,
wir brauchen den verdammten Träger. Aber können wir sie verliebt auf den Tod machen? Das ist
schmutzig, Huntress. Irgendwie schmutzig.“
„Es ist ein schmutziger Krieg, Rapier“, erwiderte die Staffelchefin kühl. „Letztendlich haben wir keine
Macht darüber, ob und wann eine solche Situation eintrifft. Und wer dann einer solchen Rakete am
nahesten ist und durch sein Opfer das Schiff retten kann.
Aber wir können unseren Piloten beibringen, eine solche Situation zu beurteilen. Zu denken und dann
zu handeln.“
„Falls Zeit zum denken bleibt“, warf Demolisher ein.
„Ja. Falls Zeit bleibt. Ich weiß, das sind harte Worte. Aber wir werden da draußen operieren, mitten im
Gebiet der Akarii. Uns erwarten Feindeinheiten in unbekannter Stärke, und ich will verdammt sein,
wenn noch was von unserer Angriffstruppe übrig bleibt, und sie keinen Träger vorfindet, auf dem sie
wieder aufmunitionieren und tanken könnte.
Auf der MARY war ich in einer Offensivstaffel. Ich habe nicht vor, meinen Job als Staffelchefin einer
Defensivstaffel schlechter zu machen. Helfen Sie mir, Rapier.“
„Sie haben Recht“, gab sich Annegret Lüding geschlagen. „Es ist ein schmutziger Krieg. Und es
sterben täglich gute Leute. Vielleicht macht es Sinn, wenn wir ihnen sagen, wann es sich lohnt zu
sterben. Obwohl ich mich für diesen Gedanken hasse.“
Huntress legte eine Hand auf die Schulter des Lieutenants. „Nicht nur Sie, Annegret.“
Rapier sah auf, blickte Huntress in die Augen. Schließlich nickte sie. „Langsam glaube ich, es ist ein
Glück, dass ich nicht Ihren Job habe, Huntress.“
„Vorsicht“, meinte diese und nahm ihre Hand mit einem Lächeln zurück, „als Dritte in der Rangfolge
könnte Ihnen das schneller passieren, als Ihnen lieb ist.“
***
Zwei Stunden später saß Juliane Volkmer in der Messe und wühlte lustlos auf ihrem Teller herum.
Warum meldete sich dieser Halunke nicht? Er hatte es doch gesagt. Er sei nicht so einer.
Und sie Idiotin hatte entgegen aller Vernunft auch noch geglaubt, was er sagt. Oder stand ihr Rang
plötzlich zwischen ihnen?
Arh, warum machte sie sich überhaupt einen Kopf darum? Sie hatte Ace ausfragen wollen. Das sie im
Bett gelandet waren, tja, Flugfehler passieren. Warum ging er ihr nun nicht mehr aus dem Kopf?
Man sollte eigentlich meinen, eine Staffel zu bemuttern und achtzehn Stunden am Tag bei der Arbeit
zu sein würden einem nicht genügend Zeit für solche Gedanken lassen.
Und sie hatte doch noch genügend andere Probleme. Lightning zum Beispiel. Sie meinte es gut, und
Huntress nahm die Vorschläge der Dienstälteren gerne auf. Aber es war ihre Staffel, und wenn sie
Fehler machte, dann waren es ihre Fehler. Huntress wusste, dass sie sich da freikämpfen musste, auch
wenn sie es irgendwann bereuen würde, weil dies Fehler bedeutete.
Weil es ihr die Parker zum Feind machen konnte.
Aber wenn sie ehrlich war, Lightnings Hilfe bedeutete vor allem eine Arbeitserleichterung. Alles was
die Pilotin in die Blaue Staffel steckte, fehlte dann der anderen Typhoon-Einheit.
Und da war der Punkt, wo selbst Huntress die Bremse ziehen musste.
Ein Tablett wurde vor ihr abgesetzt. Sie sah auf und sah in zwei strahlende braune Augen unter einem
kecken schwarzen Pony.
„Meine Güte, Commander, töten Sie es schnell und lassen Sie es nicht mehr so lange leiden.“
Huntress starrte die junge Frau verständnislos an, sah dann verstehend auf das malträtierte Steak auf
ihrem Teller und musste grinsen. Das war Kali. Den Gerüchten an Bord nach die Beinahe-Freundin
von Cliff Davis, diesem Bengel, der durch ihre Gedanken spukte. Kali hatte sich in letzter Zeit ein
paar Mal mit Lilja gebalgt. Die Oma oder Eisprinzessin war anscheinend so etwas wie das neue Opfer
von Ace auf der letzten Feindfahrt gewesen. Die Gerüchte sprachen von einem intimen Dinner bei
Kerzenschein und so.
War nun sie selbst an der Reihe? Die neue Feindin? Nun, dann konnte sich die Inderin aber gut
verstellen. Helen Mitra alias Kali lächelte sie freundlich an. Zu freundlich für eine Rivalin.
„Vielleicht geht es leichter, wenn ich mir vorstelle, dies wäre Ace“, brummte Huntress missmutig.
Kali sah sie aus großen Augen an. Dann verbarg sie ihren Mund hinter der Rechten und kicherte leise.
„Er kann einen schon in den Wahnsinn treiben, ja“, sagte sie nach einiger Zeit.
Huntress hob eine Augenbraue. „Sie wissen, dass..“
„Ace mit Ihnen geschlafen hat? Ja.“ „Und Sie sind nicht…“ „Nein. Ich bin nicht, wenn Sie das
beruhigt, Commander.“ „Aber mit Lilja sind Sie doch…“
Kali runzelte die Stirn. „Sehen Sie, es ist auch für mich merkwürdig. Ace war mein Freund. Mein
Lebenspartner. Mein Zimmergenosse. Bis alles auf den Kopf gestellt wurde. Bis ich erkannte, dass er
etwas aussprechen konnte, was ich kaum zu denken wagte. Es hat mich verunsichert, verletzt. Ich bin
nicht besonders mutig, also zog ich mich zurück. Ließ ihn allein. Trotzdem habe ich mir keine großen
Sorgen um ihn gemacht. Ich weiß, dass er mich liebt. Ich weiß, dass… Das ich Zeit habe.
Zudem ist mein Leben gerade nicht das leichteste. Ich… Habe eine Entscheidung zu treffen, vor der
ich mich beinahe noch mehr fürchte. Aber ich will nicht schon wieder weg laufen.
Bevor Sie fragen. Ich stehe deshalb mit Lilja auf dem Kriegsfuß, weil ich weiß… Weil ich spüre,
dass… Ich will nicht sagen, dass Ace sie auch liebt. Aber er interessiert sich für sie. Mehr als gut ist
und mehr als mir gefällt. Sie ist, ob sie es will oder nicht, ein Gegner für mich.“
„Dann haben Lilja und Ace also…“ „Nein, haben sie nicht. Ich wüsste das. Dann wären sie und Ace
längst ein Paar, glauben Sie mir.“
Kalis Augen wurden traurig. „Oh. Sie denken gerade an… Es tut mir leid, Huntress, aber ich bin mir
sehr sicher, dass… Daß Ace Sie nicht liebt. Ich sehe in Ihnen weder eine Gefahr noch eine
Konkurrentin. Aber er mag sie. Vielleicht, wenn Sie der Sache Zeit geben…“ Kali beugte sich vor,
„setze ich Sie doch noch auf die Liste meiner Gegner.“
Eigentlich hätte Huntress jetzt sauer sein müssen. Merkwürdigerweise war sie es nicht. Sie war sogar
erleichtert. Das Gespräch mit Kali hatte ihr viele Fragen beantwortet. Und ihr ein paar neue
Möglichkeiten eröffnet. Einige davon gefielen ihr sehr gut.
„Und?“, fragte Kali wie beiläufig, geradezu desinteressiert, „wie ist Ace so? Im… In der Freizeit?“
Huntress schluckte ein Grinsen runter. „Schon mal ne Nighthawk geflogen?“
****************************************
Die Flottille hatte sich formiert und strebte auf den ersten Wurmlochsprungpunkt zu.
Einsatzbereit, das Geschliffene Schwert der Republik, waffenstarrend, beeindruckend und tödlich.
Lucas betrat den Briefingroom seines Geschwaders.
"ACHTUNG!" Erscholl der Ruf eines Piloten.
"Bitte setzen Sie sich", erwiderte Lucas.
Er nahm die beiden Stufen zum Rednerpult in einem Satz: "Guten Morgen Ladies und Gentlemen.
Viele von Ihnen haben mich noch nicht zu Gesicht bekommen, aber ich bin sicher, meine
Schwadronenkommandanten haben Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich gemacht."
Bittere Lachen stieg von den Piloten auf. Gerade die letzten Tage über hatten die Lieutenant-
Commander anscheinend versucht sich gegenseitig darin zu übertreffen ihre Leute zu schinden.
"Mein Name ist Lucas Cunningham. Draußen ihm Raum bin ich Lone Wolf. Aber egal, ob dort
draußen oder auf dieser alten Lady, Sie tanzen nach meinem Takt, ausnahmslos." Sein Blick streifte
Lightning, Ace, Brawler, Perkerle und einige von Martells neuen Aspiranten.
"Und damit Sie auch wissen, warum ich so laut belle und warum ich auch beißen werde, wenn Sie
Mist bauen, werde ich Sie jetzt über unser Missionsziel Informieren."
Auf den Wandbildschirm erschien ein unscharfes Bild, was einen Haufen Raumschiffe im Konvoi
zeigte.
"Dies ist ein Konvoi der Akarii, laut dem ND umfasst er rund 60 Großraumfrachter. Dieser Konvoi ist
für die Offensievflotte in Mantikor bestimmt. Das Oberkommando hat beschlossen, dass dieser
Konvoi sein Ziel niemals erreichen wird. Und wir, sowie die Galileo und die Majestics werden den
Beschluss des Oberkommandos durchsetzen."
"Oh, scheiße", zischte einer der Piloten in der anonymen Masse.
"Yeah, ganz großer Dreck", raunte ein anderer.
"Sir?", Raven hob den Arm., "wie gut wird der Konvoi gesichert sein?"
"Was denken Sie? Wir haben es hier mit der wichtigsten Lieferung an Nachschub für Mantikor zu tun,
seid Beginn des Krieges."
Raven legte kurz den Kopf schräg: "20 Zerstörer, mehrere Kreuzer, massig Fregatten als Vorhut und
zur Minenräumung. Wenn ich hab, mehrere Kreuzer der Golf-Class, als Flakzentrale und für
Langstreckenaufklärung."
"Langstreckenaufklärung mit einem Kreuzer?" Fragte Huntress.
Darkness schaltete sich ein: "Die Golf trägt bis zu 20 Jäger und hat ein enormes Tiefenraumradar."
"Wenn dieser Konvoi für Mantikor bestimmt ist", jetzt war auch Martell mit von der Partie - Lucas
gefiel es zwar gar nicht so die Einsatzbesprechung aus den Händen genommen zu bekommen, aber das
Brainstorming hatte ihn erfasst, "könnte es doch auch sein, dass die Akarii einen Flottenträger
mitschicken."
"Einen Flottenträger zur Konvoi-Escorte? Übertreiben Sie da nicht?" Schaltete sich der frisch
gebackene Lieutenant-Commander Becker ein.
"Als Sahne auf dem Kuchen. Eigentlich als Ersatz für die über Mantikor zerstörten Träger, aber so
schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe."
Es ergab sich eine Debatte über das Für und Wider der verschiedenen Escortzusammensetzungen.
Es war nicht gerade die Einsatzbesprechung, die sich die neuen Geschwadermitglieder vorgestellt
hatten. Auch die alten hatten so was noch nicht erlebt.
Und wäre Lucas nicht die letzten beiden Tage wie ein zufriedener Kater durch die Gegend gestrolcht,
hätte er so was auch nicht geduldet.
So vergingen die ersten beiden Sprünge und die ersten drei Wochen ihrer Fahrt geschäftig, aber
ereignislos.
Die Staffelführer gingen immer wieder die Aufgaben ihrer Staffeln durch. Die Schwadronen Gold,
Silber, sowie die Griphens der Staffel Gelb würden den Angriff auf die Frachter fliegen.
Rot und Grün würden den Jagdschutz für die Bomber geben. Die blaue Staffel unter Huntress würde
wie eh und je die RED bewachen.
Doch auch der Nachrichtendienst der Akarii schlief nicht. 8 Tage nachdem die Redemption das erste
Wurmloch hinter sich gelassen hatte, fing eine getarnte Boje - die in der Nähe der Wurmloch öffnung
postiert worden war - an zu senden.
Jedes Schiff der Redemptionträgergruppe war Katalogisiert worden. Hatten einen einzigartigen
Codenamen bekomme, der mit einer Messung der Antriebssignatur gekoppelt wurde.
**********************************
Die Jägerschwadron kroch förmlich durch den Raum. Die Umgebung, ein ausgedehntes
Asteroidenfeld, gebot das geringe Tempo, zumal die Typhoon ihre Steuerdüsen so sparsam wie
möglich benutzten. Bis zur „Heimat“ war es weit und der Weltraum ziemlich kalt. Es war ein leider
nicht unübliches, aber ruhmloses Ende, „einzufrieren“ – wenn einen dann nicht der Feind fand und
tötete, besorgte das All diesen Part.
Gelegentlich leuchteten die Schutzschilde einzelner Jäger auf, wenn Weltraumstaub oder
Mikrometeoriten auf die unsichtbaren Energiewände trafen, die die Maschinen und ihre Piloten
schützten.
Der Angriff erfolgte überraschend. Und wie für die Fronteinheiten der Akarii typisch, war er schnell,
brutal und zielsicher. Drei der Erdjäger wurden in den Raum geblasen, bevor sich die Formation
gefangen hatte. Dann war das halbe Dutzend Bloodhawk bereits über den Typhoon, aus allen Rohren
feuernd. Ein gnadenloser Kurvenkampf entbrannte zwischen den durch den Raum driftenden Fels- und
Eisbrocken.
Am Ende waren drei Bloodhawks abgeschossen worden, eine hatte sich für immer in einem
Eisasteroiden geparkt. Die übrigen zwei Akarii waren geflohen. Auf der anderen Seite waren
allerdings sechs Typhoon durch Feindfeuer und zwei durch Asteroidentreffer vernichtet worden. Die
überlebenden vier Einheiten waren schwer zusammengeschossen, keine ohne ernste Treffer. Die
Stimme des Staffelchefs klang rauh und erschöpft aus dem Bordfunk: „Ende.“
Die Mitglieder der Staffel Grün kletterten mit recht gemischten Gefühlen aus den Simulationskapseln.
Bei den Abgeschossenen überwog die Frustration. Aber auch die „Überlebenden“ – Lightning, Lilja
und Kano – zeigten (aus unterschiedlichen Gründen) nicht unbedingt reinen Enthusiasmus. Huntress,
die als „Gastpilot“ mitgeflogen – und knapp der „Vernichtung“ entgangen war - schien am besten
gelaunt.
Kaum war sie aus der Kabine heraus, wandte sie sich an Parker: „Bei Gelegenheit leihe ich mir mal
Blackhawk aus. Mal sehen, wie meine Pottköpfe abschneiden.“ Sie grinste schief: „Die realistischste
Akarii-Atacke die bisher von einem Menschen gegen mich geflogen wurde. Sollte man den
Sicherheitsdienst benachrichtigen?“ Parker grinste zurück – bei den Piloten steckten ein paar die
Köpfe zusammen. Aus irgendeinem Grund lachte Ina „Imp“ Richter plötzlich schallend los, während
Lilja den Mund verzog.
Huntress runzelte die Stirn, beließ es dann aber dabei. „Nun, sie haben sicherlich noch genug zu tun.
Wenn sie wieder mal einen Piloten brauchen... .“
Sie war kaum ein paar Schritte gekommen, als Parker ihr gefürchtetes „Gebet“ begann – eine
schonungslose Manöverkritik, unterlegt mit bissigem Humor: „Wir haben gesiegt – aber das ist nichts,
worauf wir stolz sein können. Der Feind hat die doppelte killing – rate erreicht und die Einheit effektiv
vernichtet. Mit unseren traurigen Resten hätten wir nicht mal ein Aufklärungsshuttle aufhalten können.
Abgeschossen zu werden ist schlimm – aber sich in einen Asteroiden zu rammen ist wirklich peinlich.
Was soll man denn dann der Familie schreiben?!“ Die derart gerügten wirkten angemessen
zerknirscht, während Lightning schon fortfuhr und die Schwachstellen und Versäumnisse auflistete.
Daß sie alle überrascht worden waren, war dabei keine Entschuldigung, vielmehr ein weiterer
Kritikpunkt.
Der XO der Staffel – Lilja brachte das schließlich auf den Punkt: „Wir haben in diesem verdammten
Asteroidenfeld einfach eine zu geringe Sensorreichweite. Die verfluchten Echsen sind uns da über.
Kein Wunder, daß sie einen Hinterhalt legen konnten... .“
„Sehr schön XO. Und, haben Sie auch eine Lösung oder referieren Sie nur das Offensichtliche?“
Lilja schien der Spott nicht aus der Ruhe zu bringen. Wer Parker kannte, der kannte auch ihren
bissigen Ton nach einem mißglückten Manöver. „Wir sollten einen der Jäger mit Aufkärungspods
bestücken. Das kostet ihm zwar Raketen, erhöht aber unsere Reichweite.“
Der "Aufklärungspod" war, wie so viele gute Erfindungen, aus Kostengründen entstanden. Die Navy
hatte nie genug Geld zur Verfügung gehabt (oder Stellplätze an Bord der kostbaren Träger) um einen
speziellen Aufklärungsjäger einzuführen. Aus den selben Gründen wurde es als wenig praktisch
angesehen, die konventionellen Einheiten zum Aufklärer umzubauen. Andererseits waren Shuttles nur
bedingt für solche Aufgaben geeignet – manche Einsatzprofile forderten die Geschwindigkeit und
geringe Signatur eines Jägers, aber Sensoren, die unmöglich in einer solchen Maschine installiert
werden konnten. Der "Aufkärungspod" (oder STB-X5) war die Lösung. In den voluminösen
Zylindern, die üblicherweise paarig an den Raketenpylonen eines Jäger befestigt wurden, steckten die
besten und kompaktesten Sensoren, die die Navy liefern konnte. Damit konnte man „weiter sehen“ als
mit sämtlichen zur Zeit in Dienst befindlichen Erdjägern, auch wenn ein Aufklärungsshuttle natürlich
immer noch die überlegenere – aber auch langsamere, verwundbarere und teurere – Alternative
darstellte. Und das beste – eine Umrüstung kostete nicht mehr als ein paar Stunden und konnte eben so
schnell wieder rückgängig gemacht werden.
„Das könnte sogar realisierbar sein. Mal sehen, wie es auf dieser Rostlaube damit aussieht. Wer hat
eigentlich überhaupt Erfahrung mit diesen Dingern?“
Das Ergebnis war nicht unbedingt üppig. Lilja und Virago, die neue Flügelfrau von Kano, meldeten
sich. ‚Dazu kommen noch ich – und Blackhawk, schätze ich.‘ Lightning machte sich eine
Gedankennotiz, den Bestand an Aufklärungspods abzufragen, einen entsprechenden Antrag für die
Verwendung bei Flügen im Asteroidenfeld zu stellen und bei den künftigen Spähpatrouillen immer
einen der „Experten“ mitfliegen zu lassen. Bei dem Gedanken an den unvermeidlichen Papierkrieg
sank ihre Laune. Aber mit dem Gedanken, damit erstens ihren Leuten zu helfen – und zweitens
eventuell „Lone Wolf“ etwas Extraarbeit zu verschaffen – tröstete sie sich etwas.
Ungefähr eine viertel Stunde später war die Abschlußbesprechung beendet – die Staffel marschierte
geschlossen in die Turnhalle, einschließlich Blackhawk, der wieder zu seinen Kameraden stieß,
nachdem er sie vorher nach Kräften „dezimiert“ hatte.
Wie so viele andere Offiziere schwor auch Lightning auf die kombinierte Wirkung von Manövern und
Krafttraining. Angeblich förderte dies das Zusammengehörigkeitsgefühl der Soldaten. ‚Vermutlich,
weil sie vereint den jeweiligen Drilloffizier aus tiefstem Herzen verfluchen.‘
Hier schien die Schwadron wesentlich besser in Form als im Asteroidenfeld. ‚Na ja – alles was recht
ist, daß sie wesentlich besser abschneiden war nicht zu erwarten. Aber so ein kleiner Dämpfer hat auch
mal etwas Gutes. Dann passen sie draußen besser auf.‘
Etwa eine halbe Stunde später beendete sie das Training: „Das reicht Herrschaften. Für jetzt ist genug.
Morgen sehen wir uns wieder.“ Dieses Versprechen – oder Drohung – wurde gemischt aufgenommen.
Dann machte sie sich auf den Weg, um ihrer Einheit die "Pods" zu besorgen und einem gewissen
arroganten Geschwaderchef Zusatzarbeit aufzuladen.
Kano’s eigene Manöverkritik fiel gemischt aus. Zum einen war es ihm gelungen, zu „überleben“ –
aber schwer angeschossen. Virago wäre wahrscheinlich gestorben, wenn das Gefecht nicht nur im
Simulator stattgefunden hätte. ‚Wir müssen unsere Zusammenarbeit noch mehr verbessern. Wenn wir
wirklich auf den Feind stoßen... .‘ Inzwischen hatten sie sich ganz gut aneinander gewöhnt, aber es
gab auf jeden Fall noch mögliche Verbesserungen. Daran hatte er ebenso zu arbeiten, wie an seinen
eigenen Fähigkeiten.
Wenn Kano sich selbst gegenüber ehrlich war, dann hatte Liljas Beförderung zum XO ihm doch einen
leichten Stich versetzt, so sehr er sich auch dessen schämte. Immerhin war er früher der Flightführer
gewesen. Nun war Lilja First Lieutenant, Träger des Flight Cross, des Bronce Star und stellvertretende
Staffelkommandantin. Sollte Parker versetzt werden – etwa um ein eigenes Geschwader zu
übernehmen – ums Leben kommen oder sonstwie ausfallen, würde Lilja wahrscheinlich die Staffel
übernehmen.
Er mußte an sich arbeiten. Wenn die Anforderungen so hoch gestellt waren, dann würde er nur durch
verbesserte Leistungen – und nicht durch Selbstmitleid oder gar Neid – bestehen.
Inzwischen fühlte er sich wieder fit. Nach der erzwungenen Pause war er geistig und körperlich in
jeder Hinsicht wieder der Alte und kampfbereit. Das redete er sich jedenfalls ein. Auch wenn
Blackhawk langsam erwog seinen Dienstrang ins Spiel zu bringen – von dem Veteranen hatte Kano
alles erfahren, was der bereit war über die feindlichen Jäger und Taktiken zu erzählen.
Kali kam ihm in den Sinn. In der letzten Zeit hatten sie sich, dienstbedingt, seltener gesehen – die Zeit
nach dem Auslaufen war traditionell besonders angefüllt mit Arbeit und Training. Dazu war das Ziel
der Operation jetzt bekannt geworden – und die Staffelkommandanten taten ihr Bestes, die
verschärften und ausgeweiteten Übungen den neuen Forderungen und Gegebenheiten anzupassen.
Wenig Zeit, eine Freundschaft zu pflegen.
‚Eine Freundschaft – sei ehrlich, du weißt doch ganz genau, das es für dich nicht nur das ist!‘
Das Gespräch mit Ace hatte keine Klarheit gebracht. Und ehrlich, wenn er den Piloten auch
respektierte, die Beweggründe seines Handeln konnte er nicht ganz nachvollziehen. Kali schien sich
ihrer Gefühle auch nicht ganz sicher zu sein. Auch wenn sie Ace nicht erwähnte, ja ihm aus den Weg
zu gehen schien... .
Und selbst wenn sie und Kano ziemlich viel ihrer knappen Freizeit zusammen verbrachten – Kali hatte
eine Linie gezogen, die sie nicht überschritt. Bestimmte Themen blieben tabu.
Abgesehen davon war ihre Freundschaft wieder die selbe wie vorher – aber darin lag ja teilweise auch
das Problem. ‚Aber sie ist es wert.‘
Nachdem er schnell geduscht hatte und eine neue Dienstmontur angezogen hatte sah Kano auf die Uhr
und beeilte sich, aus dem Zimmer zu kommen. Die Phantome – Schwadron würde ihre kombinierte
Übung jeden Augenblick beendet haben. Er konnte Helen wenigsten in der Kantine Gesellschaft
leisten. Und sich überzeugen, daß es ihr gut ging. Sie gehörte zu der Sorte Menschen, die von sich
selber viel, manchmal zu viel forderten. Das Phantome – Kontingent der Redemption würde am
„Knacken“ der feindlichen Eskorteinheiten beteiligt sein – die Phantom konnte von allen Jägern die
schwersten und die meisten Raketen schleppen. Deshalb wurden sie jetzt auch besonders intensiv
geschliffen.
Kano überprüfte den Sitz seiner Uniform und ging.
***

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Murphy fluchte laut, was allerdings niemand hörte, da er in der schalldichten Kuppel eines Simulators
saß. Das war jetzt bereits die fünfte Übung am heutigen Tag gewesen, in dem ein Angriff auf einen
Frachtkonvoi kleineren Ausmaßes geflogen wurde. Murphy variierte dabei immer die
Zusammenstellung des Konvois, aber auch die Umweltbedingungen. Einmal waren sie durch ein
Asteroidenfeld geflogen, ein anderes Mal aus dem Schatten eines Mondes.
Grund des Ärgers war, dass wieder einmal die Verlustrate über 66 % gestiegen war. Gegen ein solch
vergleichsweise leichtes Ziel war das unakzeptabel. Es fehlte immer noch an allen Ecken und Enden.
Zwar spielten sich die Paare in den Rotten langsam ein, aber die Reaktionszeit auf Flight und
Staffelebene war grausam lange. Murphy drückte einen Knopf, der das Ende der Übung einleitete, und
öffnete dann die Simkuppel. Als er ausstieg, standen die „Abgeschossenen“ schon bereit, die
Überlebenden, in diesem Fall Thunder, Gladius und erstaunlicherweise Enigma kletterten noch wie er
aus dem Simulator. Wie immer bei solchen Nachbesprechungen versammelten sich die Piloten um den
Staffelkapitän in einem losen Kreis.
„Das war nichts. Absolut nichts. Snake Bite, warum sind Sie so früh ausgescheert, Sie haben Ihren
halben Flight in einem Anflug in der Flak verloren. Und was davon übrig blieb, ist genau in die Arme
der Eskortjäger gerauscht.“ Murphy sah, wie sich Bahrani auf die Lippe biß.
„Und Sie, Brawler? Sie gehen auf die Jagd, treffen nichtmals diese fliegenden Scheunentore und
kollidieren dann mit einem Shuttel. Sind wir hier in der Grundausbildung, dass solche Fehler
passieren? Hatchet, wenn Sie bei Thunder geblieben wären, hätten Sie vielleicht überlebt. Stattdessen
verlassen Sie ohne Erlaubnis die Formation. Das grenzt schon an Befehlsverweigerung! Und Sie,
Goose, brauchen gar nicht so zu grinsen, Ihre Flugschaumanöver können Sie sich schnell wieder
abgewöhnen, wir sind hier nicht in Hollywood. Vielleicht sollten Sie sich mal andere Freunde zum
Pokern suchen, die nicht soviel von Ihren Heldentaten erzählen. Mir scheint, Ihnen ist das zu sehr in
den Kopf gestiegen. Da wir das Mittagessen haben ausfallen lassen...ein Stunde Pause, und dann will
ich Sie wieder hier sehen. Dann fliegen wir noch zwei Übungen. Und wenn das dann nicht besser
klappt, verlassen Sie das Simdeck nicht eher, als bis es klappt. Wegtreten!“
Die Jaguars schleppten sich aus dem Simbereich und steuerten kollektiv die Messe an. Nur Murphy
und Shukova blieben zurück.
„Sir, übertreiben wir es nicht ein wenig? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der erste im Simulator
zusammenklappt.“
„Valeria, was meinst du, wie es aussieht, wenn wir nicht vorfinden, was der ND uns gesagt hat,
sondern Flottenverbände? Dann dürfen wir mehr als die 8 Stunden, die wir jetzt am Stück im
Simulator saßen, Einsätze am laufenden Band fliegen. Nur dass unsere Einsatzstärke immer stärker abund
der Druck immer mehr zunimmt.“
„Stimmt schon, Martell...aber es bringt uns auch nichts, wenn wir die Leute so fertig machen, dass sie
im Zielgebiet nicht mehr den Knopf für den Autopiloten finden.“
„Du kennst doch den Übungsplan. Im Feindgebiet stellen wir die Übungen weitesgehend ein.“
„Ok, Du bist der Boss.“
Währenddessen kamen die Piloten ermattet in der Messe an. Der Mann hinter der Theke grinste sie
freundlich an, während er die Männer und Frauen bediente. Das Programm von Murphy und die
Auswirkung auf seine Piloten machte bereits die Runde. Dann setzten sich die Piloten in Grüppchen
an die Tische. Enigma folgte dabei seinen Paten Goose und Snake Bite. Nach den ersten Bissen sah er
die beiden anderen an.
„Ist der Skipper immer so drauf? Ich kann bald nicht mehr geradeausfliegen vor Erschöpfung.“
Snake Bite antwortete:“Naja, dass er ab und an einen auf Attila, den Hunnenkönig macht, ist im
Prinzip nichts neues. Aber in diesem Ausmaße. Ist schon heftig.“
„Ich frag mich, woher er wußte, dass ich ab und an mit Ace mal ne Runde Poker spiele“, mischte sich
Goose ein.
„Eure Pokerrunden sind doch bekannt.“ Bahrani grinste. „Ehrlich gesagt, ich denke, der Skipper weiß
oder vermutet, dass etwas richtig dickes im Busch ist. Sonst würde er nicht so extrem drillen lassen.
Was ich ehrlich gesagt verstehen kann. Als wir alle zur Red gekommen sind, waren wir zwar auch alle
neu, aber die Missionen am Anfang waren ja noch nicht soo heftig.“
„Trotzdem, zwischendurch dachte ich, ich müsse kotzen.“ Enigma grinste schief.
„Mach das lieber nicht, den Dreck darfst du, so wie ich Martell momentan einschätze - und ich kenne
ihn wohl besser als jeder andere hier außer Thunder und vielleicht Crimson – selbst wegmachen...nach
der letzten Übung am Tag. Versteh mich nicht falsch, Enigma, der Skipper ist eigentlich wirklich ok,
aber in solchen Übungszyklen sollte man sich zurücknehmen, da versteht er keinen Spass.“
„Wie ist er denn im Einsatz?“
„Sehr kühl. Der weiß genau, wo die Schwachstelle des Feindes ist und schlägt genau da dann auch zu.
Im Nahkampf läßt er sich nicht auf Kurbeleien ein, wohl auch, weil die meisten Feinde wendiger sind,
sondern haut kurz die Nachbrenner rein, verschwindet und taucht dann aus einer Richtung wieder auf,
aus der man ihn nicht vermutet. Ich wundere mich, dass Gladius es schafft, so an ihm zu kleben, ich
hatte da lange meine Schwierigkeiten. Aber das ist wohl auch der Grund, weshalb er die letzte Übung
überlebt hat. Ich hab bei Murphy selten erlebt, dass er Feindtreffer geschluckt hat, dazu fliegt er zu
defensiv. Manchmal hab ich mich anfangs gefragt, wieso er einen scheinbar erfolgsversprechenden
Angriff abgebrochen hat. Als ich ihn mal darauf angesprochen habe, lies er mich mal einige
Simulationen anschauen, die die Missionen nachbildeten. Jedes Mal, wenn er abgebrochen hat, hätte
Sekunden später möglicherweise ein Feind im Heck gesessen.“
„Das ist wohl auch der Grund für seine recht geringe Abschusszahl oder mißverstehe ich da was?“
„Nein, Enigma, ist schon richtig. Würde er riskanter fliegen, sähen seine Statistiken anders aus...aber
ihr kennt ja sein Credo..“
Wie im Chor antworteten ihr ihre beiden Tischnachbarn:“Lieber ein lebender Pilot als ein totes Ass.“
„Aber laßt uns aufhören zu quatschen, ich wollte vor der nächsten Übung noch unter die Dusche
springen.“
Vierzig Minuten später stiegen die Jaguars wieder in die Simulatoren. Gestärkt durch das Essen und
die Pause erreichten die Piloten diesmal ein Ergebnis, das Murphy insgeheim zufriedenstellte. Was
nämlich außer ihm und Thunder keiner wußte, war, dass die Flakabwehr und die gegnerischen Piloten
allesamt ein absolutes Eliteniveau hatten, was in der Realität nicht vorkommen würde. Trotzdem
putzte er die Piloten wieder herunter und schickte sie dann in die Kojen. Auf ihn selbst wartete noch
Büroarbeit.
**********************************
Start
Captain Jonathan Ward blickte sich um. Er stand auf der Brücke seines Schiffes, der Gallileo. Der
Leichte Träger – eine reichlich verharmlosende Bezeichnung für fast 40.000 Tonnen Tod und
Zerstörung mit mehr als 2.000 Mann Besatzung – trieb inmitten der Kampfgruppe „Henry Morgan“.
Die sechs Begleitschiffe bildeten eine Phalanx um das Flagschiff der Verbandes. In der
Kommandozentrale herrschte die gespannte Aufmerksamkeit, die für einen Augenblick wie diesen
passend war. Alles wartete. Auf ihn.
Ward mußte an sich halten, um nicht zu fluchen. Er fühlte, wie sich sein Magen verkrampfte. Jetzt gab
es kein zurück mehr. Diesmal kein Streifzug im Rücken des Gegners in der Hoffnung, nur leicht
geschützte Geleitzüge anzugreifen. Diesmal würde es eine Schlacht geben. Und er würde daran
teilnehmen. Würde dem Tod erneut ins Auge sehen müssen – etwas, was er wie nichts anderes
vermeiden wollte. Denn immer fühlte er in sich die Angst, zu versagen. Aber ihm blieb keine Wahl. Er
durfte sich nicht einmal einen Augenblick der Schwäche leisten, damit niemand ihm etwas anmerken
konnte. Captain Ward konzentrierte sich auf seine Aufgabe.
Vor ihm waren auf Vidschirmen die Gesichter der Kapitäne der anderen Schiffe zu erkennen. Sie
warteten auf seine Freigabe. Und sie würden jedes Zögern registrieren. Ward räusperte sich:
„Relentless, Prince of Wales und Sao Paulo – Dreikommafünf Minuten.“ Der Kommandeur des
Kreuzers reagierte sofort – ein zackiger Salut: „Wir sind bereit!“ Auch die beiden Norfolk-Zerstörer
meldeten Bereitschaft. Lorenzo Garth schien geradezu begierig, den Startbefehl zu geben. Seine
Kollegin Phara „Nhoi“ Samut verbeugte sich leicht. Die schweigsam Thai hatte in diesem Krieg noch
keinen Kampfeinsatz erlebt, doch sie zeigte kein Zeichen von Unruhe. Dann verschwanden die Bilder,
als die Kampfschiffe ihre Schilde hochfuhren und sich in Bewegung setzten. Sie würden die
Vorausabteilung bilden. „Dauntless, Paul Reinhard, Harrison Flint – Vierkommanull Minuten!“ Auch
hier wurde der Empfang bestätigt. Ward drehte sich zu seinem XO: „Startcountdown beginnen!“
„Jawohl, Sir!“
Er fragte sich – wie fast immer – ob er überzeugend gewirkt hatte. Manchmal empfand er fast Haß
gegenüber den anderen Kapitänen, die sich so leichthin kampfentschlossen gaben. Ob das echt war
oder gespielt, blieb dahingestellt – jedenfalls fiel ihnen die Pose leicht. Ward kämpfte nicht selten mit
Selbstzweifeln, ob man ihn nicht durchschaute.
Der Plan war einfach, und von Ward und Mithel ausgearbeitet worden. Zuerst sprangen die beiden
schwereren Zerstörer und der Kampfkreuzer. Genau dreißig Sekunden darauf der Träger – natürlich
mit startbereiten Kampffliegern – und die anderen Begleitschiffe. Gonzales hatte zwar dafür plädiert,
die Dauntless nach vorne zu verlagern, aber Mithel hatte ihm eine erste Kostprobe seiner überlegenen
Diensterfahrung gegeben – auch was die Durchsetzung von taktischen Ansichten anging. Er hatte so
argumentiert, daß die Dauntless ja fast so wertvoll sei wie der Leichte Träger. Und auf Grund ihrer
eingeschränkten Diensttauglichkeit nicht unbedingt als Mauerbrecher geeignet. Ward hatte Mithel
zugestimmt.
Was auf der anderen Seite des Sprungtors auch wartete – unterhalb eines kompletten
Bombergeschwaders, eines Dutzend oder mehr kleineren oder zwei großen Kampfschiffen hatte es
jedenfalls keine Chance die „Vorausabteilung“ zu vernichten, ehe die restlichen Schiffe eintrafen.
Natürlich herrschte an Bord aller Schiffe Gefechtsbereitschaft. Die Werfer waren bestückt und
feuerbereit, die Kanoniere warteten nur auf Befehle. Der Feind würde kein leichtes Spiel haben.
Ward warf wieder einen Blick auf die Zeitanzeige. Es war gleich so weit. Vor ihm setzten sich die drei
Kampfschiffe mit zunehmender Geschwindigkeit in Bewegung. Und dann – waren sie auf einmal weg.
Als hätte es sie nie gegeben. Der Captain der Gallileo hoffte nur, daß dies keine Bestätigung seiner
Befürchtungen war.
In perfekter Formation, einem umgedrehten V gleich – oder einem Dolch, wenn man die martialische
Metaphorik des Militärs bevorzugte – fielen die terranischen Raumer in den Normalraum zurück. Die
Relentless bildete die Spitze, seitlich dahinter, etwas versetzt, die Zerstörer. Der Captain stand aufrecht
auf seiner Gefechtsbrücke, ein Arm um eine Stützstrebe geschlungen. Daß er aufrecht stand, war er
seinen Leuten schuldig. Aber das hieß nicht, daß man nicht sichergehen wollte, falls man unter Feuer
geriet. Ein Captain, der vom ersten Einschlag über die ganze Brücke geschleudert wurde, war zu
wenig nutze. Die kalten Augen bohrten sich in den primären Sichtschirm, als könnten sie ihm alle
Geheimnisse abzwingen: „Bericht!“ Die Antwort kam sofort: „Primäre Suchsequenz abgeschlossen.
Negativ. Leiten sekundäre Sequenz ein!“ An Bord der Relentless waren die Meldungen knapp, kurz –
Mithel hatte seinen Leuten beigebracht, an Worten zu sparen wie ein Zahlmeister mit den guten
Sachen. Sekundenbruchteile konnten entscheiden.
Er wußte, hunderte Meter von ihm entfernt war Raffarin auf ihrem Posten. Durchforschten ihre
Untergebenen den Weltraum wie die Leute in der primären Kampfzentrale. Sollte die Zentrale
ausfallen – Ersatz war bereit. Ein Seitenblick zeigte ihm, Rogulski war ebenfalls auf seinem Posten.
Wie nicht anders zu erwarten. „Vektor Delta. Flankierungsmanöver.“ Die drei Kampfraumer
beschleunigten und drehten sich. Sie zeigten dem Sprungpunkt – ebenso wie der entgegengesetzten
Seite – ihre Breitseiten, um sofort alle Geschütze einsetzen zu können. Ihr Kurs trug sie tiefer in den
leeren Raum hinein. Und ihre Sensoren lauschten, spähten in die unendliche Weiten, um jedes
Anzeichen eines feindlichen Schiffes aufzuspüren. Aber kein Anzeichen kündete von der Anwesenheit
eines Feindes.
Mithel verspürte keine Enttäuschung. Natürlich hatte er ein Interesse an – siegreichen – Gefechten.
Die Republik brauchte sie für ihr Überleben. Die Flotte brauchte sie für ihr Image und ihren Sieg. Und
er selber brauchte sie für seine Karriere und die Karriere seine Förderer und Gefolgsleute. Aber das
hieß nicht, daß es hier und heute unbedingt zu einer Schlacht kommen sollte, wenn es nach Mithel
ging. Wenn er etwas zu sagen hätte, würden sie keinem Akarii begegnen, bis sie über den Konvoi
herfallen würden wie Wölfe über die Schafherde. Die Mission war äußerst wichtig – und für alle drei,
Republik, Flotte und für Mithel selber, war es wichtig, daß sie erfolgreich endete. Und das war dem
Captain nur zu klar. Also verspürte er Erleichterung, als der letzte Sensoralgorithmus bestätigte, daß
kein Feind in Reichweite war. Was nicht hieß, daß die Bereitschaft auf Mithels Schiff nachließ.
Auf der Brücke sah es nicht unbedingt so aus, wie man die Zentrale eines Sternenschiffes in den
Unterhaltungsserien darstellte. Die Farben der Wände und Armaturen sowie die Uniformen wirkten
irgendwie unheilvoll, düster. Die Stimmen klangen ruhig, aber kalt – von schneidender Schärfe. Die
Gesichter waren auf die Anzeigen gerichtet. Die zahlreichen leichten Panzerungen – teilweise sogar
Helme – und leichten bis schweren Seitenwaffen gaben dem Schiff eher das Odium eines
Piratenkreuzers. Mithel meinte es tödlich ernst, wenn er von „Gefechtsbereitschaft“ sprach. Einige
hielten ihn deshalb vermutlich für einen Spinner, aber er glaubte an den Erfolg seiner Methode. Seine
Leute sollten sich – bis zum letzten Maschinisten – als SOLDATEN fühlen. Nicht als Techniker, als
halbe Zivilisten. Hier hatte er sich über lieb gewordene Traditionen hinweggesetzt. Galt er auch sonst
als absoluter Traditionalist, so war er doch in der Lage, mit unpraktischen Gewohnheiten – oder
besser, was er dafür hielt – zu brechen. Etwa mit der Regel, ein Captain hätte immer ein Gentleman zu
sein, oder sich aus der Politik herauszuhalten. Er war vor allem praktisch orientiert. Manchmal fragte
er sich, was ihm eigentlich mehr Kritik einbrachte, seine Genauigkeit in einigen Dingen, oder sein
Pragmatismus in anderen. Aber sein Rezept wirkte, und nur darauf kam es ihm an.
Natürlich war die Wahrscheinlichkeit eines feindlichen Entermanövers recht gering. Und Saboteure
gab es Bord wohl kaum. Aber Mithel ging es hier - neben dem Wunsch, optimal vorbereitet zu sein -
vor allem um die psychologische Komponente. So vergaßen die Leute nicht so leicht, weswegen sie
eigentlich hier waren - was bei einer längeren Fahrt durchaus passieren konnte. Irgendwann schliff
sich Routine ein, und das konnte manchmal fatale Folgen haben. Deshalb würde er so etwas auf
seinem Schiff nicht zulassen. Nicht, wenn er es verhindern konnte.
Außerdem steigerte es das Selbstbewußtsein seiner Leute und, wie er sich zynisch eingestand, das
konnte nicht schaden, wenn man die Männer und Frauen täglich drillte, bis sie ihre Aufgaben perfekt
beherrschten.
******************************
Dreißig Sekunden nach der Vorhut tauchten die vier übrigen Schiffe des Kampfverbandes im
Normalraum auf. An der Spitze die Dauntless. Ihre Gefechtsradar und Zielcomputer – bösen Zungen
zufolge daß einzige, was an dem Schiff funktionierte – konnten den anderen Schiffen wertvolle
Informationen liefern. Dahinter driftete die Gallileo, ein todbringender Koloß, flankiert von der
Harrison Flint und der Paul Reinhard, den Zerstörern der Duquesne-Klasse. Ob Mithel wieder einmal
daran dachte, was man aus dem Träger hätte machen können, wenn man nicht auf die Jäger fixiert
gewesen wäre, sondern ihn als Großkampfschiff konzipiert hätte? Vielleicht. Seine Ansichten waren
bekannt. Allerdings konnte er sie auch zurückstellen oder unterdrücken, wenn es nötig oder ratsam
war.
Die Klarmeldung kam beinahe sofort. Dann machten sich die Schiffe auf den Weg. Vor ihnen lagen
sechs bis sieben Wochen Schleichfahrt. Sie würden sich auf Hintertreppen zu ihrem Ziel stehlen,
peinlich bemüht, jeden Kontakt zu vermeiden. Was allerdings nicht hieß, daß die Mannschaft in der
Zeit allzu viel Ruhe bekommen dürfte. Die Kapitäne hatten sich auf eine verschärfte
Einsatzbereitschaft und auf zahlreiche Übungen verständigt. Vor allem auf der Relentless hatte man
wenig Hoffnung, daß Mithel jetzt nachlässiger werden würde. Anders als auf allen anderen Schiffen –
außer der Dauntless – war seine Besatzung relativ neu, nur begrenzt eine Einheit. Dies galt es zu
ändern, und er würde nicht ruhen, bis sie so perfekt wie möglich war.
„Secundärer Kommandostand.“ „Hier Raffarin“ Mithel nickte der Französin zu: „Augenblicklich ist
nichts in Sicht. Sie können anfangen.“ Raffarin lächelte leicht: „Aye Aye Sir!“ Sie ließ die
Verbindung bestehen, damit man von der Primärbrücke das Geschehen verfolgen konnte. Im nächsten
Augenblick kam schon die Meldung: „Feindverband im Anmarsch!“ Das Computerprogramm, das
einen feindlichen Angriff sowie das Verhalten der eigenen Schiffe simulieren würde, begann mit der
Arbeit. Schon wenige Sekunden später befand sich die Sekundärbrücke im organisierten Chaos eines
heftig geführten Abwehrgefechtes. Später würde ein Angriff auf einen Konvoi folgen. Normalerweise
hatte die Belegschaft der Reservebrücke bei solchen Überführungsflügen wenig zu tun – aber Mithel
wollte keine Sekunde vergeuden. Und wenn die Leute schon mal an den Konsolen saßen, konnten sie
auch zeigen, was man ihnen beigebracht hatte. Andere Abteilungen des Schiffes würden ebenfalls
simulierte Notfälle bekämpfen, Ziele angreifen und was dergleichen mehr war.
Captain Ward ließ die Schiffe wieder Formation bilden. Im Zentrum die Gallileo, etwas über ihr und
ihr voraus die Dauntless. Denselben Platz auf der Unterseite nahm die Relentless ein. Die Zerstörer
flankierten den Verband, einige Flight Jäger mit Aufklärungspods übernahmen die
Langstreckenaufklärung, andere hielten sich in Kampfbereitschaft. Ward fühlte, wie sich sein Magen
etwas entkrampfte. Gleichzeitig dachte er resigniert: ,Und das erwartet uns nun anderthalb Monate.’
Aber ihm wäre es vermutlich lieber gewesen, noch erheblich länger durch den Raum zu schleichen.
Die Prognosen über die feindliche Geleitsicherung sahen alles andere als gut aus. Es würde, wenn sie
nicht viel Glück hatten, ein harter Kampf werden. Und wenn sie kein Glück hatten – nun, dann würde
es nicht lange dauern…
Später
An Bord der Relentless war halbwegs Ruhe eingekehrt. Die Manöver wurden ausgewertet, eine neue
Schicht zog auf. Mithel hatte sich in die Offiziersmesse begeben, um sich eine kleine Stärkung zu
gönnen. Er hatte es sich angewöhnt, keinen festen Gewohnheiten zu folgen. Er aß und schlief, wann es
sich ergab – zumindest im Einsatz. Rogulski leistete ihm Gesellschaft. Der Waffenoffizier schien mit
seiner Abteilung halbwegs zufrieden, obwohl er sie natürlich immer noch „schliff“. Aber langsam
wurde aus ihnen so etwas wie eine kampfkräftige Belegschaft. Die beiden unterhielten sich über die
taktischen Finessen ihrer Mission.
„Und ich sage Ihnen, dieser Gonzales hat von Flottentaktik keine Ahnung!“ meinte Mithel. „Er hat
vermutlich zu lange Zeit mit der Redemption verbracht. Andererseits – man braucht sich wohl nicht zu
wundern, wenn er immer noch wie ein reiner Begleitschiffkapitän denkt. Dieses sklavische Hängen an
der Jägerdoktrin wird uns eines Tages noch das Genick brechen.“ Rogulski legte de Kopf schief:
„Nun, Captain, vergessen Sie nicht, daß Jäger wirklich sehr effektiv wirken können. Schauen Sie sich
nur an, wie der Redemption-Verband von den Akarii beim letzten Einsatz dezimiert wurde.“
„Zugegeben. Aber ich meine ja nur, daß Jäger nicht IMMER die Lösung sind. Die Akarii hätten sofort
mit der Sicherungsdivision hinterher stoßen müssen. Dann hätten sie den Verband vernichtet. Daß sie
die Redemption erst am Sprungpunkt abfangen wollten, war ein Fehler – und zwei Kreuzer mit zwei
Zerstörern sind auch etwas zu wenig. So haben sie einen Sieg errungen, aber die Redemption und die
Madrid sind ihnen entwischt. Man muß Jäger UND Kampfschiffe einsetzen! Aber, Gott sei’s geklagt,
die meisten Admiräle sind ehemalige Piloten und können eben nicht anders. Glücklicherweise auch
bei den Akarii, sonst hätten wir den Krieg vielleicht schon verloren! Was wir brauchen sind
Kampfschiffe und Flakeinheiten – nicht nur Jäger. Aber was rede ich da, daß wissen Sie ja alles selbst.
Finden Sie denn Gonzales Vorschläge richtig?“
„Nun, sie sichern uns etwas in der Hinterhand, falls der Gegner Schiffe in Reserve hat und uns
angreift. Aber es scheint mir in der Tat sehr kurzsichtig – und wohl wirklich der beschränkten
Weitsicht des Captains geschuldet – nur auf Jäger zu setzen. Allein die sechzig Frachter des Gegners
dürften, auch wenn keine Hilfskreuzer dabei sind, über eine ganze Anzahl von Raketen verfügen. Von
den Geleitschiffen mal ganz abgesehen, die wohl Außensicherung bildet. An der werden die Jäger
nicht kampflos vorbei kommen. Sie auszuschalten dürfte die Feuerkraft unserer vielleicht vier Staffeln
Jagdbomber wohl überfordern und nicht ohne Verluste abgehen. Gerade wegen ,Husar’ muß der
Gegner mit Kontakt mit unseren Kampffliegern rechnen. Also wird er einige Flakfregatten und –
zerstörer mitschicken. Vielleicht sogar ein oder zwei dieser ,Golf’, wenn sie welche haben. Und die
dürften in der Lage sein, die Jäger frühzeitig zu orten, ihre Zielerfassung zu stören und sie
wirkungsvoll zu bekämpfen. Wenn der Geleitschutz stark ist, dann werden wir kaum mehrere
Angriffswellen fliegen können, ehe unsere Staffeln ausbluten. Und Piloten von dezimierten Staffeln
zielen teilweise nicht unbedingt gut, wissen sie doch, was das Risiko ist.“
„Exakt! Deshalb habe ich ja auch dafür gestimmt, ZUGLEICH loszuschlagen. Mit Großkampfschiffen
und mit Jägern. Captain Ward will vielleicht seinen kostbares Träger nicht riskieren, und damit hat er
ja auch Recht. Aber dann soll er mit der Dauntless zurückbleiben. Im Nahkampf nützt DIE uns
sowieso nicht viel. Ihr bißchen Feuerkraft ist gegen den feindlichen Geleitschutz nutzlos, und gegen
Frachter brauchen wir sie nicht. Außerdem gefällt mir die eingeschränkte Bereitschaft nicht. Sie hat
quasi keine verlässliche Langstreckenbewaffnung. Aber unser Schiff und die Zerstörer – zumindest die
Sao Paulo und die Prince of Wales – könnten im Verein mit Flotteneinheiten der anderen Verbände
den Ausschlag geben. Wenn die Akarii einen Kreuzerdivision und zwei Flottillen Begleitschiffe
mitschicken – und damit rechne ich – wäre es Wahnsinn, die Jäger alleine vorzuhetzen. Wahnsinn und
Mord.“
Rogulski grinste schief: „Und natürlich könnte man mit einem Erfolg die Sache der Flottenfraktion
stärken. Und die eigene Popularität.“ Mithel lachte leise: „Nun, warum es leugnen. Ich diene zuerst der
Flotte und der Republik. Aber ich habe meine eigene Ansicht, wie das am besten geht. Warum auch
nicht? Sicher würde ich gerne Vizeadmiral werden, eines Tages. Oder dazu beitragen, daß man im
Oberkommando die Scheuklappen abnimmt. Das hier ist unsere Chance, und die werden wir nutzen.
Und da lasse ich mir von einem vorsichtigen Trägerchef und einem altklugen Senkrechtstarter nicht
die Suppe versalzen.“ Der Pole nickte. Er teilte weitestgehend die Ansichten seines Captains.
Allerdings wusste er wie dieser, man mußte behutsam vorgehen, um seinen Willen durchzusetzen.
Aber Mithel hatte nicht umsonst dreißig Jahre Erfahrung. Es würde schon klappen.
Kampfverband „Henry Morgan“, sieben Schiffe mit fast 6.000 Mann Besatzung und genug Waffen,
um einen ganzen Planeten in Schutt und Asche zu legen, bahnte sich seinen Weg in das feindliche
Territorium. Bei allen Rivalitäten an Bord – für den Gegner waren sie eine viel tödlichere Bedrohung.
In der endlosen Weiten des Raumes schienen die Schiffe Oasen des Lebens – doch sie waren
bestimmt, Vernichtung zu bringen. Und diese Mission würden sie erfüllen.
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Midori Yamashita stöhnte. Die Matrosen der Redemption hatten beim letzten Landgang noch mehr
Dampf abgelassen als sonst und daher brach ihr Schreibtisch vor lauter Akten bald zusammen.
Größtenteils war es zwar Routinekram, aber da Yamashita letztendlich für alles verantwortlich war,
musste sie die Arbeit ihrer Untergebenen zumindenstens größtenteils überprüfen. Probleme machten
nur zwei Fälle, in denen es um schwere Körperverletzungen ging. In dem einen Fall war ein Marine
Sergeant der Redemption angegriffen worden und hatte den Räuber, nachdem er diesen schon
kampfunfähig geschlagen hatte, noch ein Knie- und ein Handgelenk zertrümmert. Hier neigte Midori
dazu, nur ein geringes Strafmaß vorzuschlagen, da der Marine offensichtlich unter Druck stand und
zudem in psychologischer Behandlung wegen geheimer Vorfälle im Troffensystem war.
Anders hingegen sah der zweite Fall aus. Ein Petty Officer war von einer Hure beschuldigt worden, ihr
das Gesicht mit einem Stilett zerschnitten zu haben. Die Anzeige war erst erfolgt, als die Red bereits
das Dock verlassen hatte, so dass Yamashita den Fall leider nicht den Kollegen auf der Station hatte
überlassen können. So hatte sie den Beschuldigten verhört, der alles natürlich abgestritten hatte. Auch
die Durchsuchung seiner Habseligkeiten hatte natürlich kein Tatobjekt an Tageslicht gefördert. Weiter
Zeugen standen nicht zu Verfügung, jedenfalls nicht auf der Redemption. Angeblich hatte sich noch
eine weiter Hure auf Perseus gemeldet, aber deren Verhör war erst nach dem ersten Sprung und somit
nach Eintritt in die Funkstille erfolgt.
Es gab nun zwei Möglichkeiten: entweder sie arrestierte den Beschuldigten aufgrund des Verdachtes,
der allerdings nicht wirklich für eine Verhandlung reichte, oder sie riskierte, dass er sich beim
nächsten Landurlaub davonmachte. Sie entschied sich für einen Mittelweg. In einem kurzen Memo an
den Chef der MPi beauftragte sie diesen, die fragliche Person 24h vor dem nächsten Zielhafen in
Arrest zu nehmen.
Dann lehnte sie sich zurück und dachte über die Geschehnisse der letzten Wochen nach. Seit dem
Ehrengericht von Cunningham wurde sie von den meisten höheren Offizieren geschnitten,
Stellungnahmen zu einzelnen Fällen kamen nur selten pünktlich, ihre Anforderungen wurden
verzögert....die ganze Palette der bürokratischen Nickeligkeiten prasselte auf das JAG Büro hernieder.
Yamashita vermutete die Hand Ausons dahinter, denn Clark dürfte von der ganzen Aktion recht wenig
mitbekommen haben und Cunningham traute sie nicht den notwendigen Einfluss auf die Schiffscrew
zu. Immerhin hatte sie noch einige wenige Freunde an Bord der Redemption. Kurzentschlossen stand
sie auf und verließ ihr Büro, um in Richtung Bereitschaftsräume zu gehen. Als sie schließlich vor dem
der Jaguars ankam, öffnete sie das Schott und sah, dass hier langsam wieder die Normalität eingetreten
war. Der Drill der letzten Tage war etwas reduziert worden und so sah man wieder einige der Piloten,
die hier einen Kaffee tranken, während sie den Papierkram für die Staffel erledigten. Zwei
Lieutenants, einer davon war Goose, während der andere ein Frischling zu sein schien, sahen sich
gerade zusammen ein Video von der letzten Übung an, während Snake-Bite offensichtlich mit einem
zweiten Frischling Theorie paukte. Ohne große Umschweife klopfte sie an Murphys Büro, was mit
einem „Herein“ beantwortet wurde.
Nachdem sie eingetreten und das Schott hinter sich wieder verschlossen hatte, erkannte sie, dass
Murphy einen ähnlichen Papierkrieg ausfocht wie sie, weshalb er auch noch gar nicht aufgesehen
hatte. Dies holte er nun nach.
„Oh, welch seltener Besuch. Hallo Midori.“
„Hallo Jack, wie geht es Ihnen?“
„Ich bin etwas hintendran mit der Arbeit, ansonsten gut, danke.“
„Ich dachte immer, Sie werden fürs Fliegen bezahlt.“
„Das dachte ich auch, bis man mir diesen Posten angedreht hat. Ich kann noch soviel auf Thunder und
die anderen delegieren, es bleibt mehr als genug bei mir hängen. Und wie ist es bei Ihnen?“
„Das übliche, was nach einem Landurlaub so anfällt. Irgendwie ist jeder Seeman ein potentieller Raufund
Trunkenbold und das merkt man, wenn man sich anschaut, was da in 4 Wochen in den
Arrestzellen landet. Da ich die meisten Sachen gegenzeichnen muss, kann ich ebenfalls eher wenig
delegieren und so passiert es, dass mein Schreibtisch fast zusammenbricht.“ Midori grinste schief.
„Hm, ist meine Staffel davon betroffen?“ Murphy meinte damit nicht die Piloten, die er ja recht gut im
Blick hatte, sondern die ihm ebenfalls unterstellten unterstützenden Bereiche der Staffel wie Wartung,
Nachschub und dem ganzen Anhang.
„Nicht wirklich, es waren hauptsächlich Leute aus den Bereichen Maschinenraum und
Defensivbewaffnung.“
Murphy atmete erleichtert auf. Noch mehr Arbeit konnte er nicht gebrauchen.
„Weshalb ich eigentlich hier bin: Sie haben doch sicherlich noch nicht zu Mittag gegessen.“
„Jetzt wo Sie es sagen...einen Moment noch, ich komme sofort.“
Midori verstand dies richtigerweise als Bitte, den Raum schon einmal zu verlassen. Murphy indes
stand auf und zog sich die Schuhe an. Es war nämlich ein nicht ganz so geheimes Geheimnis, dass
Murphy im Büro häufig die Schuhe auszog und dann barfuss durch den Raum tigerte. Nach zwei
Minuten folgte er Midori und zusammen gingen sie in die Messe, wo zufälligerweise direkt vor ihnen
in der Reihe Pater Schönberg stand.
„Guten Tag, Pater Schönberg.“
„Ah, Mr. Murphy und Mrs. Yamashita. Guten Tag.” Die Minuten des Anstehens vergingen schnell,
während die drei Offiziere schnell Neuigkeiten austauschten.
Nach dem Empfang des Essens, es gab mal wieder etwas Pekingente und Reis, setzten sich die drei an
einen der freien Tische. Das Essen ging weitgehend schweigend von statten, doch beim Nachtisch
fragte Schönberg in die Runde:
„Nun, was denken Sie von der neuen Mission?“
Yamashita zuckte mit den Schultern:“ Da ich genauso wenig wie Sie Teil der kämpfenden Truppe bin,
dürfte ich nicht mehr wissen als Sie, eher weniger, weil ich kaum aus dem Büro herauskomme.“
Beide Augenpaare richteten sich auf Murphy.
„Nunja, ich darf Ihnen leider nicht viel sagen. Aber ich kann Ihnen soviel versprechen, dass dies ein
heißer Tanz wird. Das OK hat sich was ausgedacht...nur wenn die Jungs falsch gedacht haben, dann
werden wir wirkliche Probleme bekommen, gegen die sich Troffen wie eine Spazierfahrt auf ruhiger
See ausnimmt.“
„So schlimm?“ Yamashita zog die Augenbrauen hoch.
Schönberg nickte. „Das deckt sich mit meinem Eindruck von der Stimmung an Bord. Sie können sich
ja denken, dass Leute aus allen Bereichen zu mir kommen...und die Besorgnis ist unübersehbar.“
Murphy nickte nun ebenfalls. „Aye, es verbreitet sich durch das ganze Schiff. Nicht alle mögen
wissen, was los ist, aber alleine, dass die Leute, die es wissen, unruhig werden, bewirkt vieles. Ich hab
schon die abenteuerlichsten Gerüchte gehört, was unser Auftrag sei. Einer meinte doch tatsächlich, wir
sollten einen Mond im Akar System angreifen. Offensichtlich scheint es nach wie vor
bewusstseinserweiternde Drogen an Bord zu geben, denn anders kann man auf solch absurde Ideen
nicht kommen. Aber zerbrechen wir uns darüber nicht beim Essen den Kopf, ich tu das schon, wenn
ich die Übungen zusammenstelle.“
„Das kann ich mir denken. Kommen Sie denn heute abend in die Messe?“
„Ja, Pater.“
„Schön. Es wäre schön, wenn Sie nach der Messe noch etwas Zeit für mich erübrigen könnten.“
„Ich werde sehen, was sich machen lässt.“
„Danke. Ich muss jetzt weiter, in zehn Minuten muss ich im Beichtstuhl sitzen.“
Dann stand der Pater auf. Auch Murphy schickte sich an, die Messe zu verlassen, als er sah, wie Lone
Wulf in den Raum trat. Als er Yamashita erblickte, verhärtete sich dessen Miene sofort. Auch bei
Yamashita entdeckte er eine ähnliche Reaktion. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm aber, dass er spät dran
sei, und so verschwand er nach einem kurzen Abschiedsgruß aus der Messe.
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Seit nunmehr mehr als drei Wochen bahnte sich die Kampfgruppe ihren Weg durch die eisigen Weiten
des Weltraums. Die Erregung der „Frischlinge“ über ihren ersten „scharfen“ Einsatz hatte langsam
nachgelassen, nachdem sie eingesehen hatten, daß nicht an jedem Sprungtor ein Schlachtverband der
Akarii lauerte. Allerdings sorgten die Offiziere dafür, daß keine Nachlässigkeit einriß. Von den sieben
Kampfschiffen hatten erst zwei schon einmal „am Feind gestanden“, wie die Gefechtsberührung in der
großartigen Sprache der Militärs hieß. Prince of Wales und Gallileo hatten bereits Kampferfahrung.
Die Besatzungen der anderen Schiffe hatte da weniger Glück. Von den Kommandeuren konnten sich
außer Ward und Garth nur Mithel und Gonzales als kampferprobt bezeichnen. Die Captains Samut,
Rice und Geissler hatten höchstens kleinere Gefechte mit Piraten erlebt, und das war oft schon lange
her. Kein ermutigender Gedanke. Zudem waren die Besatzungen der beiden Kreuzer relativ frisch
zusammengestückelt worden. Sprich, sie waren nicht nur zum Gutteil unerprobt – ihnen fehlte auch
die Routine einer längeren Zusammenarbeit unter Manöver- oder Friedensbedingungen.
Grund genug für einen erfahrenen Captain, graue Haare zu bekommen. Sicher, die Zusammenarbeit
verbesserte sich von Tag zu Tag. Die ständigen Manöver und Übungen sorgten für wachsende
Routine, und die wachsamen Augen der Offiziere spürten Fehler und Unachtsamkeiten unnachgiebig
auf. Aber dennoch – die Bewährung im Gefecht stand noch aus. Natürlich stimmte das ganze
Geschwafel vom Kampf als wahre Bewährungsprobe für einen echten Mann (in den Tagen der
Kriegsbarden hatten nur wenige Frauen gekämpft) nur recht eingeschränkt. Aber die Erregung einer
echten Schlacht – das war schon ein Sonderzustand. Etwa so ähnlich wie ein echter schwerer Notfall.
Männer und Frauen, die in der Normalität gut funktionierten, konnten unter dem Druck
zusammenbrechen, kläglich versagen. Andererseits war es schon mehr als einmal passiert, daß völlig
unscheinbare Besatzungsmitglieder über sich hinauswuchsen.
Alles in allem – Captain Mithel machte sich Sorgen. Große Sorgen. Zwar sprachen die Berichte seiner
Offiziere von spürbaren Erfolgen und die Mannschaft war inzwischen in etwa so bereit, wie sie es
überhaupt werden konnte unter diesen Umständen und in dieser Zeit. Aber bei dieser Mission hing so
viel – für seinen Geschmack zuviel – vom Glück ab. Und der Einsatz war enorm wichtig. ,Wenn DAS
alles ist, was die Terranische Republik aufbringen kann – ein alter Kahn von Flottenträger und zwei
leichte Träger, dazu ein halbes Dutzend Kreuzer und doppelt so viele Zerstörer, und die Kampfflieger
noch nicht einmal moderne Maschinen – dann muß es WIRKLICH schlimm um uns stehen!’ dachte
er. Natürlich hätte er so etwas nie gesagt. Nach außen verkörperte er – wenn er nicht gerade den
strafenden Gott spielte – ruhige und unerschütterliche Zuversicht. Aber in seinem Inneren war
keineswegs so vom Sieg überzeugt: ,Der Konvoi MUß abgefangen werden, so viel ist klar. Aber mit
diesen Mitteln – wenn wir wenigstens noch eine Flottille Fregatten hätten!’
Er hatte verschiedene Varianten durchspielen lassen. Allzu zufrieden war er nicht. Nach seinen
Prognosen würde es ein harter Kampf werden, auch wenn die Akarii keinen Angriff vermuteten oder
gar eine Falle vorbereitet hatten. In dem Fall – nun, dann würde es ein sehr kurzer Waffengang
werden. Aber bestimmt kein einseitiger, dafür würde er sorgen…
Die Kommandeure der Schiffe kommunizierten sehr spärlich. Funkübertragungen konnten – zufällig –
aufgefangen werden. Dies setzte zwar ein gerüttelt Maß an Pech voraus, aber man wollte es lieber
nicht drauf ankommen lassen. Und niemand wollte, daß ein Akarii-Schiff, das ein paar Lichtstunden
oder –minuten entfernt unterwegs war, plötzlich einen Funkspruch auffing. Deshalb nutzte man
Richtverbindungen, oder schwieg lieber gleich. Mithel bedauerte dies. Er hätte gerne die anderen
Kommandeure noch etwas „bearbeitet“. Immerhin war es ihm gelungen, ein paar Pflöcke einzuhauen.
Er wusste, daß Garth auf seiner Seite stand. Auch Captain Samut schien entschlossen – wenn sie das
vermutlich auch nicht so laut und agressiv betonte – sich nicht völlig zugunsten der Jäger abschieben
zu lassen. Rice hingegen schien sich nicht festlegen zu wollen. Und Geissler – der Himmel mochte
wissen, was der dachte. Bei Gonzales und Ward hatte Mithel gar nicht erst vorgefühlt. Wie er auch
dafür gesorgt hatte, daß seine kleinen Diskussionen mit den anderen Kommandeuren vertraulich
blieben. Natürlich war ein Kampfverband keine Demokratie. Und sollte Ward sich entscheiden, dem
Kampf fernzubleiben, dann würde Mithel gehorchen, auch wenn er den Captain innerlich zur Hölle
wünschen würde. Aber Meuterei brachte nichts, und er wollte es keineswegs auf eine Machtprobe
ankommen lassen, ob seine Mannschaft hundertprozentig hinter ihm stand. Nein,
Befehlsverweigerung war undenkbar. Außer, Ward zeigte offen Feigheit, und selbst Mithel ging nicht
so weit, ihm das so ohne weiteres zu unterstellen. Ward galt als vorsichtig, vielleicht zögerlich. Aber
bei ,Husar’ und vorher bei Manticor war die Flotte massiv dezimiert worden, auch die kostbaren
Träger. Da war Vorsicht durchaus verständlich.
Aber wenn genug Kommandeure sich für ein etwas modifiziertes Vorgehen aussprachen, dann
überdachte auch Ward vielleicht die Taktik. Bisher hatte er noch kein „letztes Wort“ gesprochen. Und
da gedachte Mithel anzusetzen. Er hatte Captain Ward um ein persönliches Gespräch gebeten. Sie
hatten gerade einen Sprung – den dritten – hinter sich gebracht, und weit und breit war kein Feind zu
sehen. Zwei weitere Sprünge noch und zwei Wochen, und sie würden ihr Zielgebiet erreichen. Dann
würden sie sich durch den Nebel schleichen und an dessen Rand Position beziehen, bis die Stunde
zum Losschlagen gekommen war. Aber momentan war kein Feindkontakt zu befürchten.
Radarshuttles und Kampfflieger mit Aufklärungspods flogen großräumig Aussensicherung, und alles
deutete darauf hin, daß das System leer war wie die Kassen des Republikanischen Finanzministeriums
nach gut einem dreiviertel Jahr Krieg. Also konnte er es sich wohl leisten. Zudem fühlte er sich durch
Raffarin würdig vertreten.
Das Shuttle setzte ihn präzise im Hangar des Leichten Trägers ab. Mit elastischen Bewegungen – in
diesem Augenblick sah man ihm seine Jahre kaum an – schritt er die Rampe hinunter. Unten warteten
ein paar Marines und ein Lieutenant Commander der Flotte – ein improvisiertes Empfangskomitee.
Mithel nickte den Soldaten und der Offizierin zu und erwiderte den militärischen Gruß. „Captain –
wenn Sie mir bitte folgen würden…“ Natürlich hätte er seinen Weg auch weitestgehend allein finden
können – er hatte schon mehr als einmal auf so einem Schiff gedient. Aber es gab natürlich bestimmte
Regeln, und die beachtete man. Also überließ er der Frau mit einer leichten Verbeugung die Führung.
Er registrierte, dass die Ehrenbezeigungen der Besatzungsmitglieder korrekt ausfielen und prompt
erfolgten – sowohl vor ihm als auch vor Lieutenant Commander Prokofjewa. Nun, was immer man
von Ward auch sagen konnte – er schien seine Leute im Griff zu haben. Alles, was Mithel sehen
konnte, deutete darauf hin, daß der Träger voll gefechtsbereit war, und die Besatzung gut eingespielt.
Nun, er hatte auch nichts anderes erwartet.
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Captain Ward empfing ihn im Konferenzraum. In seiner Dienstuniform wirkte er nüchtern,
geschäftsmäßig. Mithel hatte bewusst darauf verzichtet, sich selbst „in Schale“ zu werfen. Er wußte
über Ward, daß dieser weder mit Kampagnespangen noch mit Auszeichnungen aufwarten konnte, und
wollte auf keines Fall riskieren, den Captain zu brüskieren. Manche Vorgesetzte nahmen es
persönlich, wenn ihre Untergebenen mehr „Lametta“ aufzuweisen hatten. Und besser einmal zu
vorsichtig, als eine wichtige Frage durch persönliche Animositäten zu riskieren. Mithel salutierte:
„Sir!“
Der Kommandeur der Gallileo nickte dem Kreuzerkommandeur zu: „Setzen Sie sich. Sie wollten mich
sprechen?“ Mithel nahm Platz – wobei er darauf achtete nicht zu „besitzergreifend“ zu wirken.
„Jawohl Sir. Zunächst einmal wollte ich Ihnen melden, daß meine Besatzung ab jetzt als voll
einsatzfähig angesehen werden kann.“ Er betonte das Wort „voll“ besonders, um deutlich zu machen,
was er meinte. Natürlich war sie auch schon vorher einsatzbereit gewesen – sonst hätte man die
Relentless nicht losgeschickt. Was Mithel aber sagen wollte – und Ward verstand ihn sofort – war, daß
jetzt auch der Kommandeur halbwegs zufrieden mit seinen Leuten war. Die Meinungen des
Flottenoberkommandos und der einzelnen Kapitäne war dahingehend nicht immer ganz
deckungsgleich.
Ward nickte leicht: „Ausgezeichnet. Aber dies wird wohl nicht der einzige Grund gewesen sein – Sie
hätten mir das ja auch einfacher melden können.“ Mithel lächelte: „Sehr richtig.“ Er wurde ernst: „Sir,
ich wollte Sie fragen, wie wir den Konvoi angreifen werden – und den Vorschlag unterbreiten, den
mein Stab ausgearbeitet hat.“ Ward schien sich zu straffen. Vorschläge eines Untergebenen – nun, es
gab Kommandeure, die so etwas SEHR übel aufnahmen, es als Eingriff in ihre Autorität betrachteten.
Der Blick des Kapitäns der Gallileo war nicht unbedingt freundlich, als er den anderen Offizier
fixierte: „Die Entscheidung darüber liegt bei mir, Commodore.“ Er sprach sein Gegenüber mit dem
niederen Dienstrang an – an Bord eines Schiffes gab es nur einen Kapitän, auch um ihm die
Machtverhältnisse klarzumachen. Sollte Mithel dies gekränkt haben, so ließ er es sich nicht anmerken:
„Selbstverständlich. Aber ich denke, ein Vorschlag kann nicht schaden. Meine Offiziere haben daran
lange und gründlich gearbeitet, und sich bemüht, alles zu berücksichtigen, was wir über die Akarii und
ihre Flottendoktrin wissen. Ich bitte Sie nur, sich den Vorschlag anzuhören.“ Ward schien einen
Augenblick mit sich zu ringen, dann nickte er: „Erzählen Sie. Aber das heißt noch gar nichts.“
„Nun, Sir, es ist ja unsere Aufgabe, am Rande des Nebels auf Lauer zu liegen. Zum vereinbarten
Zeitpunkt werden wir den feindlichen Verband dann von hinten angreifen – er wird uns ja passieren
müssen. Und wenn alles glatt geht, greifen in derselben Sekunde die anderen Verbände an. Soweit so
gut. Aber meine Offizieren haben einige Vorschläge gemacht, um die Risiken für uns zu minimieren,
entdeckt zu werden. Das könnte ja die ganze Operation gefährden.“
Er räusperte sich: „Ich würde vorschlagen, die Gallileo und einen Teil der Eskorte ein wenig tiefer im
Nebel zu verstecken. Etwas weiter am Rand steht die Voraussicherung – dies könnte die Dauntless
übernehmen, oder mein eigener Kreuzer, vielleicht mit ein oder zwei Zerstörern. Sie werden die ECM
maximal einsetzen und verhalten sich still. Am Rand des Nebels oder schon außerhalb liegen unsere
Aufklärer – ein oder zwei Shuttles oder Jäger, im passiven Ortungseinsatz, so weit heruntergefahren
wie nur möglich. Sie orten den feindlichen Verband, geben uns Nachrichten über Richtverbindung. So
haben wir einen ungefähren Eindruck, woraus der Verband besteht, welche Formation die Akarii
gewählt haben und welchen Kurs sie steuern. Die Aufklärer melden an die Voraussicherung, und diese
an den Hauptverband. Würden wir die ganze Zeit im Nebel bleiben, um erst in der Sekunde des
Angriffes hervorzubrechen – auf Grund eines gut zwei Monate im Voraus berechneten Planes – so
wäre meiner Ansicht nach das Risiko hoch, daß wir den Gegner verfehlen oder uns zu früh in
Bewegung setzen. Immerhin kann es auch beim Feind zu Verzögerungen kommen. Und wir wüßten,
womit wir zu rechnen haben. Vielleicht könnte man sogar durch den Nebel ein oder zwei Meldeflieger
zu den anderen Verbänden schicken – wir wissen, wo sie dann seien müssten. Schnelle Maschinen, die
den Konvoi abhängen können und wegen des Nebels von ihm nicht geortet werden. Dann wüßten auch
unsere Kampfgefährten Bescheid.
Aber ob in Abstimmung oder nach Zeitplan – wir greifen den Gegner an. Ich schlage dabei vor, daß
die Dauntless mit Ihrem Schiff und eventuell den beiden Duquesne zurückbleibt. Es wäre riskant,
Ihren Träger in den Einsatz zu bringen, obwohl seine Waffen eine machtvolle Hilfe wären. Die
Dauntless ist relativ wertlos – mit etwas Glück haben wir nicht mit großen Horden Feindjägern zu tun
und wir haben ja auch selber Jagdschutz. Ihre Langstreckenraketen sind unzuverlässig, ihre
Sekundärbewaffnung reicht nicht weit – ein so neues Schiff ist in meinen Augen zu wertvoll, um es zu
riskieren, wenn es gegen Frachter und Kampfschiffe vielleicht den Gefechtswert einer Fregatte hat.
Die Jäger und Jagdbomber greifen an, während die beiden Norfolk und mein Schiff ihnen folgen.
Wenn die anderen Verbände losschlagen, denke ich, wir können die Sicherung überwinden. Sie wissen
ja – wir haben vermutlich mit mindestens einer Division Kreuzer und zwanzig Kleinkampfschiffen zu
rechnen, wenn wir berücksichtigen, was wir über die bisherigen Geleitzüge der Akarii wissen. Wie die
letzten Einsätze etwa der Redemption gezeigt haben, sind Großkampfschiffe zwar verwundbar gegen
Schwarmattacken, sie können aber auch recht effizient verteidigen und zumindest einigen Schaden
anrichten. Die Akarii werden sicher zehn bis zwölf Flakschiffe dabeihaben. Damit wären unsere Jäger
schwerem Feuer ausgesetzt, von feindlichen Einheiten, deren Zielcomputer genau für diese Aufgabe
entworfen wurden. Ich halte deshalb ein koordiniertes Vorgehen für ratsam. Gemeinsam können wir
mit etwas Glück in EINEM Ansturm die feindliche Sicherung zerschlagen und die Frachter
vernichten.“
Ward hatte aufmerksam zugehört. Das meiste war ihm bekannt – allerdings die Idee mit der
Aufklärung und vor allem den Kurierschiffen klang nicht schlecht. Dennoch – das Risiko für seinen
Verband blieb. Wenn die Akarii eine Reservegruppe hatten, oder wenn sie eine noch stärkere
Sicherung, dann würden die angreifenden Schiffe und möglicherweise auch die Gallileo ins offene
Messer rennen. Und das sagte er Mithel auch.
„Sie haben vollkommen Recht, Captain. Aber, wenn ich Admiral Noltze richtig verstanden habe, dann
ist es fast überlebenswichtig, daß der Konvoi vernichtet wird. Selbst wenn die Sicherung stark ist – ein
forcierter Angriff könnte Erfolg haben. Auch, wenn er mit hohem Eigenrisiko verbunden ist.“ Mithel
wirkte absolut ruhig und gefasst, obwohl er hier quasi einen Kamikazeeinsatz erwähnte.
Der Kommandeur des Kampfverbandes zögerte. Vieles an Mithels Plan war riskant. War vor allem
IHM, Jonathan Ward, zu riskant. Aber er wusste, er mußte gut abwägen, wollte er nicht als Feigling
gelten. Er ahnte, daß man in Offizierskreisen teilweise über ihn munkelte. Er vermutete, daß auch
Noltze ihn nicht für ganz voll genommen hatte. Aber war es das wert? Er wollte sein Schiff – und sich
– lebend durch diesen Krieg bringen. Aber er wollte auch selber sein Gesicht wahren. Irgendwie
mußte es einen Weg geben. Er blickte Mithel an, ohne eine Emotion zu zeigen: „Ich werde den
Vorschlag in Erwägung ziehen. Und mich mit den anderen Kommandeuren unterhalten. Dann sehen
wir weiter.“ Das war weniger, als Mithel gehofft, aber mehr, als er befürchtet hatte. Auf zwei der
anderen Captains konnte er sich verlassen, und nur bei Gonzales war er sich relativ sicher, daß der
anderer Ansicht war. Und der Befehlshaber der Dauntless war ein Newcomer, ein Senkrechtstarter,
dessen Blitzkarriere nicht jedem Flottenoffizier schmeckte. Außerdem färbte die eingeschränkte
Kampfbereitschaft seines Schiffes auch auf seinen Ruf ab. Der Kapitän der Relentless wußte, daß man
Kommandeure nicht drängen durfte. Deshalb sparte er sich jeden Appell an Ward. Er salutierte nur,
und übergab die Disks mit den Analysen. Dann ging er.
Draußen erwartete ihn die Offizierin, die ihn hergebracht hatte. Im nächsten Augenblick war Mithel
wieder der höfliche Gast – das konnte er nämlich auch sein. Sich mit den Offizieren des Flagschiffs
gut zu stellen, war ebenfalls ein Weg, Einfluß zu nehmen. Und er arbeitete daran – glücklicherweise
kannte er einige flüchtig von früher.
Als Mithel gegangen war, fluchte Captain Ward leise, aber vernehmlich. Er wischte sich den Schweiß
von der Stirn. Daß man ihm ausgerechnet SO jemanden auf den Hals gehetzt hatte! Er konnte Mithels
Vorschläge kaum von der Hand weisen – soviel war sicher. Er würde sehr genau überlegen müssen,
wie er weiter vorzugehen hatte. Auf der einen Seite die Akarii und der Tod in den eisigen Tiefen des
Alls – auf der anderen Seite Verachtung und ein Ende der Karriere. Beides wollte er nicht riskieren!
Es MUßTE einen Weg geben, und er würde ihn finden. Vielleicht waren Mithels Vorschläge nicht so
schlecht.
Aber wenn der Plan fehlschlug, würde ihn die Schuld treffen. Wenn die Relentless und die beiden
Zerstörer vernichtet würden, würden sich Leute finden, die ihm vorwerfen würden, er hätte diesen
Angriff nicht verhindert. Oder, er hätte ihn nicht genug unterstützt, etwa durch die restlichen Zerstörer.
Hielt er Mithel zurück und etwas ging schief, etwa daß die Jäger von der Flak abgeschlagen wurden
und der Einsatz scheiterte oder mußte im zweiten Anlauf von den Kampfschiffen durchgeführt werden
– ebenfalls nicht auszudenken! Wie war er bloß in diese verfluchte Zwickmühle geraten!
Nicht das erste und bestimmt auch nicht das letzte Mal verwünschte Captain Ward leidenschaftlich die
Akarii und Admiralin Noltze, sowie Mithel, Gonzales und Gott obendrein. Viel besser fühlte er sich
danach nicht.
*************************************
Zwischenspiel: Haus der Republik, Berlin, Terra
"... und daher meine verehrten Damen und Herren ist es von imenser Wichtigkeit dass wir durch die
Überstellung der Miliz- und Nationalgardeeinheiten der Planeten an die Navy und die Army die
Kriegsansträngungen voranzutreiben."
Edgar Stark beendete seine Ausführungen, woraufhin die mitglieder der Republikanischen Partei in
Beifall ausbrachen und teile der derzeit Herrschenden Demokraten sogar Buhrufe ertönen ließen.
Patricia Birmingham Präsidentin der Bundesrepublik Terra und stellvertretende Vorsitzende der
demokratischen Partei machte sich etwas kleiner in Ihrem Stuhl.
Teile Ihres Kabinetts drängten sie immer wieder des Militärnotstandsgesetzt 228 zu unterzeichnen und
somit der Vorderung der Republikaner nachkommen.
Und das alles gegen den Widerstand ihrer eigenen Partei. Auch die Militärs drängten sie in diese
Richtung. Diese drängten noch viel weiter und zwar wollten diese die komplette Homefleet an die
Front werfen.
Allan DeMarko ihr neuer Verteidigungsminister beugte sich zu ihr herüber: "Stark hat verdammt
recht, allein mit der Boston-Space-Miliz könnten wir einen Flottenträger mit Piloten ausrüsten und mit
dem Rest könnten wir verdammt viele Löcher stopfen.
Ich sprach mit von Richter, sie haben die Pilotenausbildung um 14 Monate verkürzt, aber es wird auf
Dauer nicht reichen."
New Boston, wie sehr sehnte sich Patricia nach ihrer Heimat. Und die jungen wie die alten Männer der
Space-Miliz wollte DeMarko an der Front. Natürlich wollte DeMarko, DeMarko war Admiral a.D.
"Sands und Jeromin würden mich bei lebendigen Leib braten, wenn ich 228 unterschreibe", antwortete
Patricia und fragte sich, ob sie für DeMarko auch wie ein verängstigtes Kind klang.
"Verdammte Zivilisten. Diese beiden Geldsäcke denken wieder nur an ihre Wählerstimmen. Die
begreifen nicht, was dort draußen abläuft, wir brauchen die Milizen und Nationalgarden."
"Mein Gott nochmal, was soll ich den tun?"
"Madam, Sie sind nicht Ihrer verdamten Partei verpflichtet"; DeMarko macht wiedermal klar, dass er
unabhängig war, "sondern unserer Nation und auch deren Militär."
"Hören Sie Allan, die Republikaner werden einer dauerhaften Aufrüstung der Milizen und
Nationalgarden nicht zustimmen und ich gebe diesen Leuten recht, New Boston braucht keine leichten
Träger führ seine kleine Privatarmee. Und der großteil der Demokraten hat sich in den Kopf gesetzt
die Kolonialmilizen nur dann in den Krieg zu schicken, wenn das Gesetz zur Aufrüstung ratifiziert
wird. So und wer hilft uns nun die nötigen Schritte durchzustehen?"
DeMarko rieb sich die Augen: "Darf ich Sie an unseren Kriegsstatus erinnern? Sie dürfen 228
unterschreiben und jeden, der sich quer stellt, den buchten wir ein."
"Allan: Ich frage mich gerade ernsthaft, ob Sie der richtige Mann für die Verantwortung sind, die ich
Ihnen aufgebürdet habe ..."
***

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Ace Kaiser,
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Clan Blood Spirit

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03.11.2015 22:31 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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"Big Basket, hier Angel Leader, ready to take off. KAT 1." Festgeschnallt in seinen Pilotensitz wartete
Lucas darauf ins All geschleudert zu werden.
"Angel Leader, hier Big Basket, bestätigt. Take off in drei, zwo, eins, take off!"
Er wurde schwer in den Sitz gedrückt, als dar Katapultschlitten die Schiene entlangschoss und den
Jäger aus der Schiffsschwerkraft in die Leere des Alls beförderte.
"Lone Wolf für Pinpoint: Status!"
"Alles klar Boss, setze mich an Ihren Flügel!"
Lucas sah die andere Phantom zwei komplizierte Schleifen fliegen, ehe sie sich elegant an seinen
rechten Flügel setzte.
"Gut kleiner, wirklich gut. Schaffst Du es auch Synchron zu bleiben?"
"Hey, bin ich Victor von Bein? Oder J.J. Jennings?" Konterte Pinpoint fröhlich.
"Nun, zumindest siehst Du nicht annähernd so gut aus."
"Wie wer? Von Bein oder Jennings?"
"Beide", frotzelte Lone Wolf weiter. Nirgendwo war er so entspannt wie im Cockpit.
"Hey, Sie sind hier um aus mir ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu machen, mich zu
bemuttern und so, aber nicht, um mir Komplexe einzuimpfen. Ich mein, ich weiß, dass ich kein Trevor
Yates bin aber ..."
"Trevor Yates?" Fragte Lucas.
"Lieutenant-Commander Trevor "Smart" Yates, bestaussehenster Pilot 2605, wissen Sie denn gar
nichts?"
Lucas lachte: "Besser als ich?"
"Ohje, was dachten Sie denn?"
"Gut, dass hilft meinem Ego um einiges", verstand Lucas den jungen Piloten absichtlich falsch.
"Um einiges natürlich." Pinpoint dachte nicht daran sich auch nur eine Spitze zu verkneifen.
"Na warte Bengel, dass heißt heute nicht nur Pflichtprogramm, sondern auch Kü ... shitt, was ist
dass?"
Am äußeren Rand des Radars erschien ein roter Punkt.
"Wir bekommen Gesellschaft Boss, sieht wirklich nach der Kür aus."
"Bestätigt. Zähle zwo nein vier. Automatische Freund-Feind-Erkennung weißt die ersten als
Deltavögel aus."
"Wollen Sie erst die schlechte oder die weniger gute Nachricht hören?"
"Die weniger gute Pinpoint."
"Das zweite Paar sind auch Deltas und die schlechte: Sie haben uns entdeckt."
"Dann werden wir mal aggressiv!"
Lucas schaltete den Nachbrenner ein, beinahe synchron reagierte Pinpoint.
Die beiden eleganten Raumjäger schossen ihren vier Widersachern entgegen.
Lucas trug wie eh und je Nahkampfbewaffnung, Pinpoint zählte die Standardkonfiguration sein eigen.
"Gib den ersten beiden was zum Nachdenken!"
"Roger! Fox three!" Pinpoint feuerte auf den nächsten Gegner eine Phönix und wechselte sofort das
Ziel. "Fox three!"
In der Regel - wie auch in diesem Augenblick - konnten Lone Wolf und Pinpoint die Akarii mit
diesem Manöver überraschen, da das Standardmusster der TSN vorsah, das der Rottenführer als erstes
Schoss.
Die beiden beschossenen Akarii scherten aus der Formation aus und widmeten sich dem eigenen
Überleben.
Lucas und Pinpoint hielten weiter auf die restlichen beiden Akarii zu, die ihrerseits auf die Menschen
zuhielten.
Wie üblich bei diesem Manöver Muster "Angsthase" setzten die Akarii auf ihre Strahlengeschütze und
ebenso Pinpoint, der wieder als erstes Schoss.
Lucas jedoch ließ die Rohre schweigen und feuerte im letzten Moment eine Amraam und schmiegte
sich noch dichter an seinen Flügelmann.
Die vier Jäger passierten sich, Lucas und Pinpoint zwischen den beiden Deltas hindurch, von denen
einer frontal von Lucas Rakete getroffen wurde.
Kaum, dass sie die Akarii hinter sich hatten führte Lucas ein Manöver aus, welches in der Atmosphäre
eines Planeten oder ohne Trägheitsdämpfer unmöglich wäre.
Eine Drehung quasi im Stand.
Das einzige Manöver, mit dem er Amazon - die gefallene Kommandantin der Blue Angels - mal
wirklich überrascht hatte. Nicht durch das eigentliche Manöver. Die Drehung im Stand war zwar
schwer, aber Standard, doch wurde dabei selten über 12g angezeigt.
Lucas drehte sich in diesem Moment mit 16,5g.
Die beiden Akarii versuchten gar nicht erst zu drehen, sie schossen nach steuerbord und backbord
davon.
"Fox four!" Lucas feuerte eine weitere Amraam ab.
Auch Pinpoint hatte sich gedreht und folgte dem anderen Akarii.
Auch Lucas' zweite Rakete traf sein Ziel.
Unbeirrt folgte er dem immer schwerfälliger werdenden Deltavogel und überschüttete diesen mit
Salven aus seinen Strahlenkanonen.
Teile des Hecks des Deltavogels verdampften im Energiesturm. Ein Großteil der Panzerung war
verkocht, der Akarii wurde immer schwerfälliger.
Ein Blick auf den Radarschirm zeigte Lucas, dass zumindest einer des ersten Delta-Pärchen Pinpoints
Phönix abgeschüttelt hatte und wieder auf Lucas einschwenkte.
Sein erstes Oper wurde von Explosionen durchgeschüttelt und verging in einem Feuerball.
Lucas wendete auf den wieder ins Spiel einsteigende Deltavogel zu, der in diesem Augenblick eine
Salve aus vier Raketen feuerte.
Keine Spielerei? Kein präziser Schuss? Keine Chirogie? Nur der Holzhammer?
Lucas begann wie wild zu manövrieren und stieß einen Teuschkörper nach dem anderen aus. Doch der
Raketenwarnton wurde immer dringender.
"Fuck, fuck, fuck." Er zerrte am Steuerknüppel.
"Boss ich brauch hier Hilfe, einer der ersten zwei ist wieder aufgetaucht, ich bin hier echt am Arsch!"
Das Jaulen des Raketenalarms klingelte in Lucas Ohren. Dann wurde seine Phantom ordentlich
durchgeschüttelt. Die Schilde flammten auf.
Schnell überflog Lucas das Statusdiagramm. Die Schilde luden sich schon wieder auf.
"BOSS!"
"Bin unterwegs!" So schnell es ging wendete Lucas auf seinen Wingman zu und gab Vollschub.
Was er sah ließ seinen Atem stocken. Pinpoint trudelte. Ein Deltavogel drehte von ihm weg, ein
zweiter drehte frontal auf ihn zu.
"Er kommt zurück .. oh Gott ... nein ... Nein ... NEEEEIIIIIIINNN!" Der Deltavogel leuchtete in einem
ganzen Spektrum greller Faben auf, als seine enorme Bugbatterie zum Leben erwachte.
Noch als Pinpoints Schrei verstummt war dauerte das Feuer des Akarii an. Pinpoints Phantom löste
sich Stück für Stück auf.
Nein!
137 Sekunden später lichtete sich der rote Schleier über Lucas Augen. Zu seinem ersten Opfer hatten
sich auch die drei anderen Deltavögel gesellt.
Er kreiste um einen Ausgestiegenen Akarii und brachte sich in Position, das der Akarii - wenn er noch
lebte - ihn sehen konnte.
Lucas Hände zitterten, als er die Echse beobachtete.
Töte ihn!
"Wenn ich jetzt schieße könnt Yamashitas größter Wunsch in Erfüllung gehen."
Töte ihn! TÖTE IHN!
Langsam krümmte Lucas den Finger um den Abzug. Nichts geschah, die Rohre blieben kalt.
Verwundert drückte Lucas noch mal ab. Und noch mal, und noch mal.
Das Schadensdysplay zeigte an, dass die Feuerleitung beschädigt war.
Wütend schlug Lucas auf seine Instrumente ein, doch es half nichts, die Geschütze schwiegen noch
immer.
Mit tränenverschmierten Augen blickte Lucas den Akarii an.
Langsam und auf der Stelle drehte er seine Phantom um 180 Grad.
Er atmete kurz durch und schlug die Drossler ganz in den Anschlag.
Die Abgasstrahlen der bieden Rolls Royce Turbinen zerrissen den Leib des Akarii.
Lucas schlug einen direkten Kurs zur Redemption ein.
Mit defekten Geschützen und nur noch zwei Raketen wollte er sich nicht erwischen lassen.
*
"ALARM! ALARM! FLUGDECK AUF NOTLANDUNG VORBEREITEN!" Dröhnte es aus den
Lautsprechern.
Während sämtliches Dienstpersonal das Flugdeck räumte bemannten die Feuerwehreinheiten ihre
Posten.
Ein Fangnetz wurde hochgefahren, falls die Phantom zu schnell reinkommen würde und sich dem
Griff der Traktorstrahlen entwand. Ebenso wurden Kraftfelder errichtet, sollte es zu einer Explosion
kommen.
Langsam segelte die Phantom von Lone Wolf herein. Die letzten Raketen hatte er im Bereich der
Patrouillen der Redemption abgeworfen.
Sauber führte das ATLS den schweren Überlegenheitsjäger auf das Flugdeck. Schon von weitem
konnten die Feuerwehrleute die schweren Brandnarben am Schiff erkennen.
Der Jäger setzte auf und der Traktorstrahl gab ihn frei. Langsam rollte Lone Wolf weiter, dann knickte
das Vorderrad ein und die Phantom schlitterte zehn Meter bis kurz vor das Fangnetz.
Sanitäter eilten auf den sich selbst aus dem Cockpit befreienden Lone Wolf zu.
Lucas nahm den blaugoldenen Pilotenhelm ab und schmetterte ihn mit voller Wucht auf das Deck.
Aufgrund seiner Beschaffenheit kratzte nur Farbe von Helm ab, aber die teure Elektronik blieb
unbeschädigt.
Die Sanitäter richteten einen Haufen Messinstrumente auf den Geschwaderkommandanten.
"Geht es Ihnen gut? Ist Ihnen schwindlig?" Wollte einer von Ihnen wissen, doch Lucas legte nur
seinen Helm mit der Kopföffnung nach unten und setzte sich drauf. Seinen Kopf legte er in die Hände.
Techniker und Piloten kamen wieder auf das Flugdeck geeilt.
"Scheißdreck, der Steuerbordtank ist durchschlagen", bemerkte einer der Techniker, "Stinkt gewaltig,
wenn da nicht bloß noch Reste drin gewesen wären."
Chief Cutter kletterte auf das Wrack.
"Oh, Du armes, armes Ding", er untersuchte einige Stellen auf dem Rumpf.
Schließlich löste sich Radio aus der Gruppe und marschierte auf Lucas zu: "Pinpoint?"
Lucas blickte zu Radio hoch und schüttelte leicht den Kopf.
Dieser packte seinen Kommandeur am Raumanzug und zog ihn hoch: "Verdammt, Sie hätten auf
Ihn...."
Aufpassen sollen, vervollständigte Lucas den Satz in Gedanken.
"SCHEISSE!" Radio kickte Lucas Helm über das halbe Flugdeck.
Cutter kam hinzu und klopfte Radio auf die Schulter: "Geh einen trinken kleiner und bring mir
nachher den Helm zum Ausbessern."
Nachdem Radio sich verzogen hatte blickte der alte Deckoffizier Lucas mitfühlend an: "Hat nicht viel
gefehlt, und sie wären dem Jungen gefolgt. Der Steuerbordtank muss fast leer gewesen sein, als die
Echse Ihnen da einen reingesetzt hat."
Lucas nickte: "Ja, war nur eine leichte Explosion. Wird die Mühle jemals wieder fliegen?"
Jetzt war es daran, dass Cutter dem Commander auf die Schulter klopft: "Sorry Skipper, die wird nie
wieder Fliegen, die werden wir verschrotten."
"Okay, machen Sie mir einen der Ersatzjäger klar."
"Aye, aye Sir."
Lucas blickte sich um, er hoffte Darkness zu finden. Er brauchte jetzt jemand, wo er sich auskotzen
konnte, aber dieser führte die Langstreckpatroulie.
"Ähm, Cutter, ich bin mir nicht sicher, aber der Flugschreiber, ich weiß nicht genau, was er alles
aufzeichnet, aber ich will kein Risiko eingehen...."
"Schon verstanden Sir, der wird wohl eh hin sein, wenn ich mir die Spuren so ansehe."
Der Chief ging zurück zur Maschine und Lucas drehte sich im Kreis.
Die Sanitäter waren wieder da: "Würden Sie uns jetzt bitte auf die Krankenstation begleiten?" Sanft
wurde er vom Flugdeck geführt.
*****************************************
Manchmal denkt man sich nichts schlimmes, und sei es im Krieg, und dann passiert etwas, was einem
die Beine unter dem Körper wegfegt, als würde eine startende Phantom sie mitreißen.
Als ich von der Patrouille zurückkam, hatte ich noch gute Laune.
Der Plan schien aufzugehen. Kein Akarii weit und breit zu sehen, geschweige denn zu orten.
Die Patrouille war ruhig und langweilig gewesen.
Shaka passte sich immer mehr an. Nun, mein Versprechen, ihm wann immer es möglich war, einen
Abschuß zuzuschustern hatte sicherlich einiges dazu beigetragen.
Aber der Junge war gut. Verdammt gut. Wenn er wirklich noch die Disziplin bekam, die ein guter
Pilot brauchte, würde er vielleicht eines Tages Lone Wolf überflügeln.
„Wann sehen wir endlich Akarii?“ fragte der Riese mich grinsend und klopfte mir auf die Schulter.
„Ich will endlich meinen ersten Abschuß haben.“
„Das gleiche habe ich Darkness, meinen alten Wingleader auch gefragt. Und weißt du, was er
geantwortet hat, Shaka?“
„Nee, erzähl, Boß.“
„Er sagte: Sobald die Chance besteht, dass du einen erwischen kannst, ohne sofort selbst abgeschossen
zu werden.“
„Verstehe, Boß.“
„Nicht traurig sein. Ich sehe schon zu, dass du wenigstens mal auf einen Akarii feuern kannst. Wir…“
„ForCAP kommt rein. Landedeck räumen! Landedeck räumen!“
„So ein Aufstand, nur weil zwei Mühlen zurück kommen?“ wunderte sich Albert.
Während ich langsam die Bahn verließ dachte ich über die Worte meines Wingmans nach. Shaka hatte
Recht. Da musste was schief gelaufen sein.
ForCAP hatten Lone Wolf und… PINPOINT!
Am Seitenrand stand Huntress parat. „Na, wie macht sich dein Kleiner“, begrüßte sie mich. Ihre
Flügelfrau, eine meiner Geschäftspartnerinnen, stand neben ihr und grinste uns an.
„Er wird mich schon bald überflügeln“, sagte ich laut genug, damit der Riese mich hören konnte.
Zuckerbrot und Peitsche.
Aus den Augenwinkeln konnte ich einen Blick auf sein stolzes Lächeln erhaschen.
„Sag mal, Huntress, was stimmt mit der ForCAP nicht, wenn die gleich das ganze Deck räumen
lassen?“
„Keine Ahnung, Ace. Weiß genau so viel wie du. Ich hoffe, Cunningham ist nichts passiert.“
„Ich hoffe, Pinpoint ist nichts passiert“, brummte ich dagegen.
Die Deckchief schaltete auf roten Alarm. Sanitäter und Löschmannschaften machten sich bereit. Sah
alles nach einer Landung nach einem Gefecht aus.
Mir schwante übles.
„Da kommt die erste Phantom“, brummte Shaka und deutete auf den landenden Überlegenheitsjäger.
Die Mühle setzte hart, aber einigermaßen gerade auf, wurde vom Fangsystem gebremst und zur Ruhe
gebracht.
Ich wartete auf die zweite Phantom.
Sie kam nicht. Als der rote Alarm abgeblasen wurde, spürte ich, wie die Kälte meinen Nacken
hochkroch. Es kam nur einer zurück. Aber wer? Lone Wolf oder Pinpoint?
Ich lief los, leicht hinter mir Shaka.
Als wir näher kamen, erkannte ich die Abschüsse an der Seite der Maschine. Das war eindeutig Lone
Wolf.
Radio war vor mir bei unserem Geschwaderführer. Ich sah, während ich näher lief, wie sie sich
unterhielten. Radio brüllte und trat nach Lone Wolfs Helm. War es möglich? War es wirklich
möglich?
„Was ist mit Thomas?“ rief ich, als die Mediker Lone Wolf gerade überreden wollten, auf einer
bequemen Liege Platz zu nehmen.
Der Commander antwortete nicht. Für einen Moment sah es so aus, aus wolle er mich ignorieren.
Aber er wandte sich um und sah mich direkt an. „Tot.“
Ich fühlte mich in diesem Moment, als hätte mich wirklich jemand an eine startende Phantom gehängt.
Ich wollte es nicht, aber meine Beine gaben nach. Ich sackte ein. Tränen füllten meine Augen.
„Nein…“, brachte ich mühsam hervor. „Nein, das kann nicht sein. Nicht Thomas.“
Lone Wolf sah traurig zu mir herab. „Es waren vier Deltas. Wir haben ihnen zuerst ein paar Phönix zu
schmecken gegeben und sind dann in den Kurvenkampf. Leider hat einer der Deltas die Phönix
überstanden und ging dann auf Pinpoint los. Ich kam leider zu spät, um ihn zu retten. Aber ich habe
die anderen Mühlen erwischt, Ace. Ich habe sie vernichtet. Ausradiert!“
Ich atmete stoßweise, heftig und zornig. Mit einem Ruck stand ich wieder auf. Meine Phantom zum
Startdeck zu schaffen würde nur eine Minute in Anspruch nehmen. „Ich gehe noch mal raus. Geben
Sie mir Ihre Flugdaten durch, Lone Wolf. Ich kann nicht glauben, dass er tot ist.“ Wütend marschierte
ich los.
„Ace“, Lone Wolf hielt mich zurück, „er ist tot. Verdammt, ich habe ihn auch gemocht, aber ich habe
seine Maschine explodieren sehen. Das kann er nicht überlebt haben.“
„Ist egal. Ich eskortiere das SAR und bringe zurück, was von ihm noch übrig ist.“
„Es… es wird kein SAR geben, Ace.“ Lone Wolf sah zu Boden. Was?
„WAS?“
„Verstehen Sie doch, Ace! Wir sind auf Schleichfahrt. Ich habe die Bastarde alle erwischt. Aber wir
dürfen nicht mehr dahin zurück! Mein Gott, auch die Akarii haben SARs. Wenn sie dann eines unserer
Shuttles dort sehen, wenn sie ihm zur REDEMPTION folgen, dann fliegt der ganze Plan auf!
Verdammt, wollen Sie das Überleben der Menschheit riskieren?“
Ich schüttelte den Arm auf meiner Schulter ab. „Ich werde die Akarii nicht hier her führen,
versprochen. Eher gehe ich drauf. Schafft meine Phantom aufs Katapult. Habe ich Startfreigabe, Lone
Wolf?“
„Nein, Ace. Keine Startfreigabe.“
„Ace“, mischte sich Huntress ein, „sei doch vernünftig. Damit bringst du Pinpoint auch nicht wieder
zurück.“
„Ich komme mit, Boß“, sagte Shaka.
„Das kann ein Flug ohne Wiederkehr werden, Shaka“, erwiderte ich.
„Wer will schon ewig leben? Und wer deckt deinen Arsch, wenn ich nicht dabei bin?“ Shaka lächelte
mich an.
„ACHTUNG!“
Soldatische Reflexe waren antrainiert. Man konnte sich ihnen nicht entziehen. Also wirbelte ich herum
und nahm Haltung an. Der Kinnhaken traf mich vollkommen unvorbereitet und schickte mich zu
Boden.
Lone Wolf griff hart zu und zerrte mich am Saum meines Overalls nach oben. „Ich mag Sie nicht,
Ace. Ich mag Sie wirklich nicht. Aber wenn ich Ihnen sage, dass Pinpoint tot ist, dann ist er das auch.
Verdammt, Ace, er war mein Flügelmann. Er war ebenso mein Freund wie für Sie. Glauben Sie nicht,
dass mir sein Tod nicht weh tut? Glauben Sie nicht, dass ich nicht gerne da raus gehen würde, um
jeden verdammten Akarii abzuballern, der zwischen hier und Akar rumschwirrt? Doch, das will ich!
Aber wir haben eine Mission! Eine Mission, die über die Zukunft der Menschheit entscheidet.
Wenn Sie Pinpoints Andenken ehren wollen, Ace, dann opfern Sie sich während des Angriffs auf den
Konvoi, und nicht heute, so vollkommen sinnlos.
Thomas ist tot. Seine komplette Maschine ist hochgegangen. Ich habe es gesehen. Ich habe seinen…
Todesschrei gehört.“
Cunningham ließ meinen Overall wieder fahren. Eine einsame Träne lief seine Wange hinab.
„Ich weiß, Thomas würde sich wünschen, dass Sie vernünftig sind, Ace. Sie wissen, auch wenn Sie
mit Shaka lebend zurückkehren, ist Ihre Karriere am Ende. Trotzdem wollen Sie raus. Ich respektiere
das. Aber denken Sie doch mal nach. Wir brauchen Sie hier auf der REDEMPTION! Bleiben Sie.
Oder fliegen Sie. Ich werde Sie nicht hindern, Ace.“
So lag ich da am Boden. Die Tränen quollen und ich wurde mir bewusst, was überhaupt gerade
passiert war. „Thomas“, brachte ich mühsam hervor, „war mein Freund.“
„Verdammt, Ace!“ Lone Wolf schrie. „Ich habe sie alle erwischt! Alle!“
„Dafür…“, erwiderte ich flüsternd, „dafür danke ich Ihnen.“
Ich stand auf, nickte Shaka zu und sah in die Runde. „Wir fliegen nicht, Shaka.“
Für diese Entscheidung schämte ich mich sehr…
***************************************
Gonzalez runzelte die Stirn. Das Manöver war gerade beendet, aber das Verhalten seiner Mitkapitäne
irritierte ihn. Dass die Kommunikation sparsam war, war richtig und entsprach der standard
Operationsdoktrin der Navy, was jedoch irritierend war, war dass bei Flugabwehrmanövern einige der
Kollegen nur sehr zögernd die Fähigkeiten des Gefechtscomputers nutzten. Computerprojektionen
zeigten, dass bestenfalls 80% der möglichen Performance erreicht wurde. Überflüssig zu erwähnen,
dass der Computer der Dauntless hoffnungslos unterfordert war. Währenddessen umschlich Mithel
Ward wie eine Katze die heiße Milch. Bedachte man dessen Meinung von der Dauntless, würde dies
wohl bedeuten, dass man sie konservativ einsetzen würde. Das aber war in Gonzalez Augen eine
Sünde gegen die Effizienz des Verbandes. Selbst wenn der SM 2 Werfer ausfallen sollte – Triple E
war sich aber ziemlich sicher, dass dies eher nicht passieren würde – würden die Amraams jeden
Anflug von Bombern zu deren Alptraum werden lassen. Was Gonzalez aber noch mehr irritierte war
die Überlegung Mithels, ohne Flakdeckung in den Konvoi zu stürmen. Wollte der Kerl beweisen, wie
leicht man einen Kreuzer konventioneller Bauweise an Bomber verlieren konnte?
„Sir?“ Turner stand neben dem Kommandosessel und schaute seinen Captain an.
„Ja, XO....lassen Sie wieder auf normale Stationen zurückkehren. Die Männer haben genug getan und
wir sollten sie langsam schonen, schließlich geht es bald los. Außerdem möchte ich, dass die
Sensorencrew auf doppelte Wache gesetzt werden, uns darf nichts entgehen.“
„Aye, Sir. Sonst noch etwas?“
„Ich möchte detaillierte Analysen der heutigen Manöver heute abend auf dem Schreibtisch haben. Die
taktische Abteilung soll sich hier mal anstrengen, die letzten Analysen hätte auch ein Kadett von der
Akademie liefern können.“
„Werde ich weitergeben.“
„Gut, danke. Übernehmen Sie, ich mache mal einen Rundgang.“ Gonzalez stand auf und griff nach
seiner Mütze. Dann verließ er die Brücke und ging in Richtung der vorderen Waffenbatterie. Die
Männer und Frauen waren die unregelmäßigen Inspektionen mittlerweile gewohnt und so grüßten nur
die Besatzungsmitglieder, deren Dienst es zuließ, dass man kurz die Augen von den Konsolen nehmen
konnte. Insgesamt war die Moral an Bord gut, auch wenn einige der Mannschaften noch etwas
mißtrauisch hinsichtlich der Zuverlässigkeit des neuen Equipment waren. Ironischerweise war dies vor
allem auf den Stationen der Fall, die bisher zuverlässig arbeiteten, während die SM2 Besatzungen als
Pechvögel die Sache entweder mit Humor nahmen oder aber meinten, sie würden mit jedem Problem
zurechtkommen, weil man das System schon mehrfach zerlegt und wieder zusammengesetzt hatten.
Zwar konnte man keine weiteren Übungsschüsse abgeben, aber durch Tests der Subsysteme war es
möglich, die Zuverlässigkeit täglich weiter zu erhöhen. Mittlerweile waren überdies alle SM2
Flügkörper und auch per Zufallsprinzip ausgesuchte Amraams getestet und für gut befunden worden.
Offensichtlich war die verbesserte Version deutlich zuverlässiger als die Flugkörper, die man bei den
Übungen verwendet hatte.
Ensign Conrad Bois Guilbert salutierte, als Gonzalez schließlich den vorderen SM2 Gefechtsstand
erreichte. Der Ensign hatte trotz seiner geringen Erfahrung bisher sich als guter Offizier bewährt.
Gonzalez war vor allem erfreut, dass er sich immer wieder Rat bei den erfahrenen Unteroffizieren
holte, ohne sich zu schämen, dass er etwas nicht wußte. Viele Frischlinge von der Akademie waren
hierfür zu stolz oder zu ängstlich. Bois Guilbert hingegen schien begierig alles aufzusaugen, was er
lernen konnte. Hiervon profitierte die komplette Abteilung und die Chiefs schienen selbst etwas stolz
auf ihren „Jungen“ zu sein, wie sie ihn hinter seinem Rücken nannten. Gonzalez wußte allerdings
auch, dass man erst im Gefecht wirklich sehen würde, wie gut der Ensign sich wirklich halten würde.
Leider galt dies für viele Mitglieder der Dauntless Besatzung. Daher setzte Gonzalez sein Hoffnung
vor allem in die Unteroffiziere, die waren durch die Bank recht erfahren, einige von denen hatten sich
als richtige Glücksgriffe entpuppt und die drei Kandidaten, die Probleme hätten bereiten können, hatte
Turner noch vor Auslaufen identifiziert und elegant auf die Stationen rotiert, wo sie wenig Schaden
anrichten konnten. Außerdem erfreuten sie sich nach wie vor der erhöhten Aufmerksamkeit des XO
der Dauntless. Hier zahlte es sich wieder aus, dass die beiden Senioroffiziere ein eingespieltes Team
waren, solche Dinge konnte Gonzalez ungesehen Turner überlassen.
Zehn Minuten später hatte Gonzalez die Station wieder verlassen und Bois Guilbert atmete innerlich
auf. Zwar hatte der Captain ihn und seine Männer gelobt, aber er wußte auch, dass dies keine
Aufforderung war, nun sich zufrieden zurückzulehnen, sondern nur noch härter an sich zu arbeiten.
„Sir, alles in Ordnung?“, fragte Chief Groton, sein ranghöchster Untergebener.
„Ähmja, Chief....“ Bois Guilbert merkte erst jetzt, dass er auf den Fingernägeln herumgekaut hatte.
Noch etwas, was man vom Captain abschauen konnte, der war immer cool, wie es schien, auch wenn
alles schief ging. Deswegen war er wohl auch der Captain. Conrad grinste.
„Chief, ich will, dass wir uns nochmal das Programm zur Einspeisung der Daten des Hauptcomputers
vornehmen. Ich habe das Gefühl, das können wir noch optimieren.“
„Sir, wir haben den Code schon massiv gekürzt.“
„Ich weiß. Aber wir wissen doch beide, dass der Code fürchterlich umständlich ist.“
Groton nickte. Der Junge hatte einen Abschluss in Elektronik und Computerwissenschaften und das
merkte man ihm an. Andererseits war es ihm so lieber als wenn er einen Vorgesetzten hatte, der keine
Ahnung vom System hatte, weil er nicht einmal die Grundlagen verstand. Dann drehte er sich um und
setzte sich wieder an die Konsole, wo er das Programm aufrief.
Gonzalez indes war im Maschinenraum angelangt. Auch hier war emsiges Treiben zu beobachten,
weil die Stationsmitglieder unter dem für Ingenieure typischen Hang zur Perfektion neigten. Nachdem
er sich vergewissert hatte, dass alles in Ordnung war, begab er sich in seine Kammer und legte sich für
eine Stunde in die Koje. Dann weckte ihn das Fiepen des Computers auf, weil die ersten Berichte von
O’Keefe eingetroffen waren. Grummelnd stand Gonzalez auf, steckte sich eine Zigarre an und begann
mit der Lektüre.
***********************************
Auf dem Marsch
Seit dem Beginn der Feindfahrt hatte sich an Bord einiges ereignet. Die Offiziere hatten, natürlich
völlig erwartungsgemäß, alles daran gesetzt, um die Neulinge einzuarbeiten. Und dies bedeutete Drill,
Drill und nochmals Drill. Da die glorreichen Zeiten der Sturzäcker und Gewaltmärsche vorbei waren –
größtenteils, bei den Bodentruppen sah das mitunter noch etwas anders aus – konzentrierte man sich
auf Simulatorübungen und echte Raummanöver, bei der in bekannter Manier einige Gruppen die Rolle
der Angreifer übernahmen und andere die Verteidiger spielten. Wenn man auch nichts außer Acht ließ
– es war ja keineswegs ausgeschlossen, daß man selber von Feindjägern angegriffen wurde – so
konzentrierten sich die Manöver doch auf Angriffs- und Eskorteinsätze. Dabei wurde auch geübt, wie
man sich am besten gegenüber schweren Einheiten verhielt – was bedeutete, sich möglichst nicht
abschießen zu lassen. Selbst die Hydra-Werfer waren schon gegen eine Korvette relativ nutzlos, diese
kleinen Schiffe waren als sehr wendig bekannt. Und gegen Zerstörer und ähnliches hatten sie etwas
wenig Durchschlagskraft, wenn nicht eine ganze Abteilung kombiniert angriff.
Anders sah die Sache für die Piloten der Jagdbomber aus. Sie durften Anflüge aus allen Lagen, mit
und ohne Feindjäger und gegen alle möglichen Ziele üben. Keine leichte Aufgabe, und im Einsatz
würde es noch schwerer werden. Die Reichweite der Schiff-Schiff-Raketen war so gering, daß man
fast unweigerlich in die Reichweite der feindlichen Mittelstreckenraketen geriet. Und für eine saubere
Zielerfassung waren volle zehn Sekunden nötig. Vor allem – die Chance auf einen Treffer nahm in
dem Maße zu, in dem sich die Entfernung zum Ziel verringerte. Aber gleichzeitig stieg natürlich auch
die Chance, selber zum Ziel zu werden. Nur wenige brachten es fertig, ruhig zu bleiben, wenn ein
entnervender Piepton feindliche Zielerfassung signalisierte oder gar von ankommenden Raketen
kündete. Oft schossen dann Bordschützen vorbei, klinkten zu früh aus, ließen dem Feind Zeit für
Ausweichmanöver. Andere wiederum warteten zu lange. Mit tödlichen Folgen.
Nun, wenigstens waren die meisten Piloten der Redemption Veteranen, das gab wenigstens Anlaß zu
ETWAS Hoffnung. So mancher hatte schon harte Gefechte miterlebt und seine Waffen punktgenau ins
Ziel gebracht. Was nicht hieß, daß man ihn jetzt in Ruhe ließ...
Ein Rhythmus von Übungen und Freizeit, unterbrochen von Patrouilleeinsätzen, hatte sich langsam
eingeschliffen. Die Staffeln agierten jetzt zumindest bei den Manövern und im Simulator wie EIN
Organismus, nicht wie eine Ansammlung von Einzelmaschinen. Ob es im Ernstfall so gut klappen
würde – das blieb abzuwarten. Besondere Ereignisse waren bisher ausgeblieben. Es war zu keinerlei
sonderlich unerfreulichen Zwischenfällen an Bord gekommen, was an sich schon mal ein Grund zur
Freude war. Weder war Huntress der Geduldsfaden angesichts der ewigen guten Ratschläge ihrer
Offizierskameraden gerissen, noch hatte ein wütender Mob Radio gelyncht oder war Lilja die Hand
ausgerutscht. Oder hatte sonst eines der braven Schäfchen an Bord in besonderer Weise von sich reden
gemacht.
Was natürlich nicht hieß, daß bestimmte Krisenherde nicht noch am Köcheln gewesen wären. Lilja
wurde auch weiterhin von vielen gemieden und geschnitten. Daß sich noch keiner gefunden hatte, ihr
zum Beispiel den „Heiligen Geist“ zu geben, lag zum einen an ihrem Rang, zum zweiten an ihrem Ruf
– Messer inklusive – und schließlich an dem Umstand, daß Cliff „Ace“ Davis auch noch keine
Abreibung kassiert hatte, obwohl er sie in den Augen nicht weniger genau so oder noch mehr
verdiente.
Radio hatte sich – jetzt, wo die Feindfahrt begonnen hatte und seine Nachfolger den Markt nicht in
dem Maße beliefern konnten wie früher – mit seinem Verhalten auch nicht gerade beliebter gemacht.
Die Gerüchteküche brodelte natürlich dennoch. Hauptziel war neben der Mission der Geschwaderchef.
Sowohl das Ehrengericht als auch seine Beziehung zur XO des Trägers gab den Lästermäulern für
diese Feindfahrt genug zu tratschen. Vermutlich würde es auch noch für eine zweite reichen. Und
nicht alle Stimmen waren den beiden sonderlich gewogen.
Aber selbstverständlich war auch das Ziel Objekt erbitterter Debatten. Die „Experten“ stritten sich
über Zusammensetzung, Zweck und Fracht des Konvois, wobei die offiziellen Verlautbarungen
natürlich nur gelegentlich berücksichtigt wurden. Kurz und gut – es ging zu wie eh und je, Rufmord
und Unkenrufe gehörten nun einmal zu einem Flottenverband dazu. Und daß der Schwarzmarkt etwas
eingeschränkt agierte, führte nicht zu einem Nachlassen des Handels, lediglich die Preise stiegen stark
an und „Ersatzartikel“ machten die Runde – allerdings bisher ohne nennenswerte negative Folgen. Vor
Jahren war es bei einer Patrouillenfahrt auf einem Zerstörer zu mehreren schweren Fällen von
Alkoholvergiftung wegen unsachgemäß gebrannten „Behelfsschnaps“ gekommen.
Doch im Augenblick war alles etwas anders. Die Meldung, daß Lone Wolf und Pinpoint auf einer
Patrouille Feindkontakt gehabt hatten, war schnell herumgegangen. Auch, daß alle vier Deltas
vernichtet – und Pinpoint gefallen war. Die Maschine des Geschwaderführers war beschädigt worden
und eine Reparatur konnte man sich sparen – an dem Zustand konnte man leicht ablesen, wie erbittert
der Kampf gewesen war. Lone Wolfs Jäger taugte nur noch als Heldendenkmal oder Ersatzteilspender.
Sofort waren die Kampfpiloten in Bereitschaft versetzt worden – für den Fall, daß die Akarii-
Sturmjäger nur die Vorboten eines Angriffes waren oder der Feind auf ihr Verschwinden reagierte.
Schließlich konnte man nicht wissen, ob sie vor ihrer Vernichtung noch hatten funken können. Aber es
schien, als würden die Akarii den Verlust ihrer Raumjäger nicht bemerken. Vermutlich hatten sie
vorher keine Meldung abgeben können, und die Nachsuche hatte in den Weiten des Alls den
Erdverband verfehlt. Raumfahrt war auch heutzutage noch gefährlich – auch, wenn man die
Geschichten über... DINGE ... klugerweise als die moderne Variante des Seemannsgarns abtat. Ein
Navigationsfehler, ein Meteroitensturm – im Weltraum gab es genug Erklärungen für das
Verschwinden einiger kleiner Kampfflieger. Zumindest hoffte man das an Bord der Schiffe des
Redemption-Verbandes.
Dennoch herrschte auch jetzt, nachdem die Bereitschaft gelockert worden war, eine gewisse
Nervosität. Der Zusammenstoß lag inzwischen mehr als einen Tag zurück. Aber natürlich wurde das
Gefecht und seine möglichen Folgen noch immer lebhaft diskutiert. Einige äußerten – neben der
selbstverständlichen Betroffenheit über den Tod Pinpoints, der recht beliebt gewesen war – ihre
Bewunderung für den Geschwaderchef. Der Abschuß von drei Feindmaschinen in einem Gefecht,
noch dazu weitestgehend solo, war eine Leistung, die in diesem Krieg bisher höchst selten, wenn
überhaupt, erbracht worden war. Immerhin hatte er mit allen dreien auf einmal kurbeln müssen. Und
etliche meinten, dafür hätte Cunningham eine Auszeichnung verdient, auf jeden Fall sei der Fleck, den
das Ehrengericht auf seiner Weste hinterlassen habe, ausgetilgt worden.
Es gab jedoch auch andere Stimmen. Eine davon gehörte Lieutenant Commander Diane „Lightning“
Parker, ihres Zeichens Chefin der 3. (grünen) Geleitschutzstaffel – und alles andere als eine
Bewunderin von Lone Wolf. Das mochte einerseits daran liegen, daß die beiden schon bisher
wiederholt „aneinandergeraten“ waren, aber ihre Worte nur als private Animositäten abzutun wäre
etwas kurzsichtig gewesen. Sie schwang ihre Reden natürlich nicht öffentlich – aber die Angehörigen
ihrer Staffel bekamen recht schnell mit, wie sie darüber dachte. Und sie wären keine Soldaten
gewesen, wenn gewisse Ansichten nicht weitergesickert wären – allerdings zumeist im Deckmantel
des „ich habe gehört...“ und des „hast du dir schon überlegt..., man sagte mir, daß...“.
In den letzten Wochen hatten Lightning und Lilja eine gute und nutzbringende – wenn auch für den
Rest der Staffel äußerst strapaziöse – Zusammenarbeit aufgebaut. Die Neulinge waren inzwischen fast
nahtlos in den Verband integriert, und die Staffel schnitt bei den Übungen immer besser ab. Durch die
Entlastung, die Lilja und Blackhawk der Staffelchefin brachten, konnte diese sich noch besser auf ihre
Arbeit konzentrieren. Sowohl die Sektionen als auch die Staffel an sich arbeiteten inzwischen gut
zusammen, die taktische Flexibilität war enorm gestiegen. Allerdings war dies nicht ohne einen
gewissen Preis abgegangen.
Lilja – die anders als Blackhawk nicht über eine langjährige Erfahrung in diesen Bereichen verfügte –
hatte sich in ihrer Aufgabe ziemlich verausgabt. Die Zeit, die ihr neben ihrem Dienst und ihrem
privaten Konditions- und Reflextraining blieb, nutzte sie zur Lektüre von Lehrbüchern und Filmen, die
ihr helfen sollten, sich weiterzubilden. Sowohl körperlich als auch geistig hatten sie die letzten
Wochen sehr in Anspruch genommen. Oft kam sie viel zu spät zum schlafen, wenn man bedachte, wie
sehr sie ihren Körper strapazierte. Die Folge davon war, daß sie zunehmend wieder unter ihren alten
Schlafstörungen litt. Alpträume, Nervosität, mitunter auch leichte Schwächeanfälle – die ganze
Palette. Warnsignale des Körpers, daß sie ihre Grenze erreicht hatte. Bisher hatte sie sich noch im
Griff behalten, wenn auch nicht ohne Hilfsmittel.
Wie früher benutzte sie Schlaftabletten, um ihre Erinnerungen zu betäuben, und jeden Morgen nahm
sie „Muntermacher“, um wieder auf die Beine zu kommen. Dabei ignorierte sie den zunehmend
besorgten Gesichtsausdruck ihrer Freundin und Zimmergenossin Ina.
Freilich – es ging ihr immer noch besser als in den Wochen vor ihrem Zusammenbruch am Anfang
des Krieges. Selbst die Belastungen durch den ständigen Dienst ließen sich kaum vergleichen mit dem
Dauerstreß durch die permanenten Kampfeinsätze, den psychischen Folgen der häufigen Niederlagen
und der hohen Verluste. Sie war inzwischen stärker abgestumpft, hatte einen Weg gefunden, ihre
Probleme zu transformieren – in Haß auf den Gegner. Körper und Seele – wenn man an letzteres
glauben mochte – legten sich eine Hornhaut zu. Dennoch sah sie inzwischen definitiv nicht mehr sehr
gesund aus – bleiche Wangen und ein oft etwas verschleierter Blick, vor allem außerhalb des Dienstes,
wenn sie nicht ganz so darauf achtete, sich unter Kontrolle zu haben. Sie versah ihren Dienst
mustergültig, aber sie hatte in den drei Wochen immerhin sechs Kilo abgenommen. Kopfschmerzen
machten sie noch unleidiger als sonst, und sie hatte sich, angesichts der gegen sie herrschenden
Stimmung, einige Male ziemlich zusammennehmen müssen. Bisher hatte sie mit der Belastung fertig
werden können, und langsam begann sie auch, sich etwas an den Zustand zu gewöhnen. Daß es ihr
GUT GING, konnte man natürlich nicht sagen. Aber sie arbeitete daran, einen Zusammenbruch wie
beim letzten Mal um jeden Preis zu vermeiden. Und es sah so aus, als sei dies auch zu bewerkstelligen
– möglicherweise. Bis jetzt.
**********************************
Im Moment nahm sie gerade ihr Frühstück zu sich – wenn man es so nennen konnte. Allein der
Gedanke an reichliches Essen drehte ihr in letzter Zeit den Magen um, und sie hatte sich in den
vergangenen Wochen ein paar Mal übergeben müssen. Nervöse Magenbeschwerden nannte man dies
wohl – Lilja gebrauchte andere Bezeichnungen, und keine war geeignet, in der Gegenwart von Frauen,
Kindern oder Männern unter 30 wiederholt zu werden. Deshalb begnügte sie sich mit einer dünnen
Scheibe Brot mir etwas Butter und Salz, dazu einige Tassen stark gesüßten Tees – ihr
Hauptenergielieferant in letzter Zeit. Daneben schluckte sie heimlich irgendwelche Pillen, die
Vitamine und ähnliches enthielten oder lutschte Traubenzucker – Dinge, die sie noch halbwegs
vertrug.
Ihre Staffelchefin leistete ihr Gesellschaft. Sie waren nicht direkt das geworden, was man Freundinnen
nennen konnte, aber sie verstanden sich recht gut. Abgesehen davon hatten sie eng
zusammengearbeitet. Und Lilja war für Lightning ein Gesprächspartner , mit dem sie mehr anfangen
konnte als mit den meisten ihrer Offizierskollegen – von denen einige eben eher zu Lone Wolf hielten.
Ina war augenblicklich im Einsatz, auf Außensicherung. Blackhawks Sektion flog gemeinsam –
angesichts der möglichen Bedrohung hatte man die Patrouillen verdoppelt. Dies war auch einer der
Gründe, warum Lilja etwas nervös war – was sie aber zu unterdrücken wußte. Der Gedanke, auch Ina
wie schon so viele andere Freunde zu verlieren, war schwer zu ertragen. Zudem war Ina die einzige
Person an Bord, der Lilja wirklich und vollkommen vertraute. Allen anderen – und besonders solchen
sogenannten Vertrauenspersonen wie dem „Popen“ oder den Ärzten – verschwieg sie etwas, machte
ihnen was vor. Nur ihre Zimmergenossin wußte, wer die Eisprinzessin wirklich war, wo ihre
Schwachpunkte lagen.
Aber sie ließ sich nichts anmerken. Angesichts der kürzlichen Ereignisse war das Thema des
Gespräches keine Überraschung. Es ging natürlich um den Zusammenstoß der beiden Phantome-Jäger
mit der Deltavogel-Sektion. Und Lightning hielt mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg.
„Nein, ich meine, wir haben es nur unserem verdammten Glück zu verdanken, daß wir noch nicht
TIEF in der Scheiße sitzen! Obwohl ich bisher gar nicht wußte, daß wir so etwas wie Glück besitzen.
Die Akarii werden bestimmt nach ihren Schäfchen gesucht haben – oder nach dem, was für ihr
Verschwinden verantwortlich ist. Ein Wunder, daß sie uns dabei nicht aufgestöbert haben.“ Lilja
nickte. Sie wirkte etwas bedrückt, und das war Lightning offenbar nicht entgangen: „Stimmt etwas
nicht?“ Die Russin zuckte unbehaglich mit den Schultern: „Na ja. Es ist wegen Pinpoint. Noch auf
Perseus, da ist er mal mit mir ins Kino gegangen. Ich war wohl – ein wenig unhöflich zu ihm. Und
jetzt – jetzt tut es mir leid. Ich meine, es war ja nicht so, daß er mir irgendwie auf die Nerven
gegangen wäre oder so. Ich habe ihn auf reinen Verdacht hin angefahren und ziemlich unwirsch
abgefertigt.“ Lightning schwieg unsicher. Zum einen, weil sie nicht daran gewöhnt war, daß Lilja ihr –
oder überhaupt jemanden außer vielleicht ihrer Zimmergenossin – etwas persönliches erzählte, zum
anderen weil es schwer war, auf so etwas zu antworten. Dann rang sie sich ein: „So was kann man
nicht vorher wissen.“ ab, eine ziemlich lahme Entgegnung. Lilja nickte, etwas gedankenverloren:
„Stimmt schon. Trotzdem wünsche ich mir, ich hätte ihn nicht so angeschnauzt.“ Sie wechselte
bemüht das Thema: „Aber warum denkst...Du... es ist zum Gutteil auch die Schuld von Lone Wolf?“
Sie hatte mit der persönlichen Anrede, die Lightning außerhalb des Dienstes vorzog, immer noch
gewisse Probleme.
Die Staffelführerin gestikulierte: „Na, zum einen war es schon mal blödsinnig, ohne Aufklärungspods
rauszugehen. MIT denen hätten sie die Akarii orten und ihnen ausweichen können. Die hätten mit
etwas Glück gar nichts gemerkt. Außerdem hätte Lone Wolf sie auf unseren Verband – oder auf eine
andere Patrouille – ziehen können. Selbst seine lahme Ente ist schneller als ein Deltavogel. Sicher, die
hätten funken können – aber diese Gefahr bestand ja auch so. Was hätte er eigentlich gemacht, wenn
die Akarii sich geteilt hätten? Eine Gruppe fliegt zurück und schlägt Alarm, die andere jagt die
Phantome. Er war nicht gezwungen, es hier und gleich auszufechten. Aber natürlich, Superheld Lone
Wolf stürzt sich Hals über Kopf in die Schlacht. Vier zu zwei – da war die Wahrscheinlichkeit
ziemlich hoch, daß genau das passierte, daß einer unserer Leute erwischt wird. Selbst bei solchen
Mühlen wie den Deltas kann sich da eine todsicher in Position setzen. Und außerdem - es hätte auch
noch schlimmer ausgehen können.“ Sie kniff ihre Augen ein wenig zusammen: „Ich habe den
Eindruck, HERR Cunningham will entweder jemanden imponieren – wem auch immer – oder er hält
sich für unschlagbar. Oder er ist zu sehr mit ANDEREN Dingen beschäftigt und verliert die Realitäten
aus den Augen. Wenigstens sind alle Akarii erledigt.“ Lilja spürte sehr wohl das versteckte Gift in den
Worten. Lightning meinte es wohl auch so, und nicht wenige würden ähnlich denken.
Cunningham hatte allen Grund, eine Heldentat zu vollbringen – wollte er jemals weiterkommen, so
mußte er schon außergewöhnliches leisten. Drei Jäger in einem Luftkampf quasi alleine abzuschießen
– selbst wenn man den Verlust seines Wingmans betrachtete, war vier zu eins (und dabei schwere
Akarii-Maschinen auf der Haben-Seite) ein ausgezeichnetes, ja sogar überragendes Ergebnis. Zudem
würde man Lone-Wolfs Maschine nicht als "abgeschossen" werten, also blieb es bei dem Verhältnis
von vier zerstörten Akarii bei einem vernichteten Erdjäger. Damit ließ sich schon einiges an Scharten
auswetzen. Außerdem – wer wußte, ob er nicht nur seine Vorgesetzten, sondern auch sein
persönlichen...UMFELD...beeindrucken wollte? Seine Beziehung zu Commander Auson war
inzwischen "allgemein bekannt" – wie kaum anders zu erwarten. Wer die Ohren aufsperrte, konnte das
Getuschel gar nicht überhören.
Und ob es Neid war, Empörung über gewisse PRIVILEGIEN von Offizieren oder was auch immer,
jedenfalls dachten einige, der Geschwaderchef wollte vielleicht vor ihr angeben oder sei mit dem Kopf
bei ganz anderen Dingen, nicht bei seinen Aufgaben. Jedenfalls nicht so, wie er sein sollte. Und denen
würden die jüngsten Ereignisse als Bestätigung dienen. Mal ganz abgesehen davon, daß Lone Wolf
sowieso einen gewissen Ruf bezüglich großer Selbstsicherheit hatte. So etwas konnte einen selber,
aber auch andere, schnell ins Grab bringen. Bezüglich von Gerüchten war ein Kampfschiff auf
Feindfahrt ein ideales Treibhaus, soviel war klar. Und „liebstes“ Opfer waren „die da oben“ – vor
allem, wenn sie angreifbar schienen.
Lilja wußte selber nicht so recht, was sie von der Sache halten sollte. Sie hielt die Vorschriften über
das Verhalten von Besatzungsmitgliedern zueinander gelinde gesagt für dämlich. Aber daß gewisse
Leute sich von der Regel ausnahmen, während andere dieses Privileg nicht hatten, fand wiederum
keineswegs ihre Billigung. Einerseits hielt sie viel von Lone Wolf – er hatte ihrer Auszeichnung und
Beföderung zugestimmt. Und seine letzte Leistung war ausgezeichnet. Aber andererseits – manches an
ihm paßte ihr weniger. Und sie mußte Lightning teilweise recht geben.
„Was denken Sie, äh, denkst du – wie wird es jetzt weitergehen?“ Lightning zuckte mit den Schultern:
„Ich denke mal, im Augenblick sind wir ihnen entwischt. Keine Fühlungshalter, keine Spur von
Verfolgern. Noch mal Glück gehabt, wie gesagt. Aber ich fürchte, das wird nicht ewig so bleiben.
Irgendwann werden Akarii anfangen zu vermuten, daß was im Busch ist. Ich schätze, die verfolgen die
Bewegungen unserer Träger so genau wie möglich. Und sie wissen, daß wir bald wieder welche parat
haben. Sie werden sich schon wundern, wo die Redemption und die beiden andere leichten Träger
stecken. Sie wissen, daß die alle nicht so schwer beschädigt sind, daß eine noch längere Liegezeit
nötig wäre. Und sie wissen, daß wir nicht gerade jetzt unsere Einheiten auf der faulen Haut liegen
lassen können. EIN Schiff könnte einen Unfall haben oder so – aber drei? Nein, die Echsen werden
schon nervös auf das kleinste Anzeichen achten. Und ich würde nicht darauf wetten, daß sie nicht
doch ein paar Spione haben oder sonst etwas in der Art. Sie werden auf das kleinste Zeichen achten,
daß unsere Schiffe wieder in Marsch gesetzt wurden. Und der Verlust von vier Deltavögeln – das ist
ein Hinweis, der schon fast ZU deutlich ist. Die werden den Sektor mit einer Stecknadel auf der
Sternenkarte markieren und anfangen zu überlegen, wohin mögliche Schiffe von hier unterwegs seien
könnten. Wenn dieser Idiot doch nur aufgepaßt hätte!“
Lilja nickte zögernd: „Er hätte wirklich Aufklärungspods mitnehmen sollen – allerdings, nachdem er
sie erstmal gesichtet hatte, MUßTEN sie zerstört werden. Wenigstens sind alle tot.“ Nun war es an
Lightning, zu zögern. Liljas Haß war nur zu bekannt. Aber angesichts des sich hinziehenden Krieges,
der hohen Verluste und angesichts des Todes von Pinpoint konnte auch sie nicht anderes als
zuzustimmen. Wie gut, daß die Akarii tot waren. Konventionen, Gnade, Achtung vor dem Feind –
solche Regungen waren zunehmend die Ausnahme in einem modernen, einem totalen Krieg.
„Na, Lilja, ich schätze, da kommt noch was auf uns zu. Wir werden verdammt aufpassen müssen, in
alle Richtungen.“ Lightning ließ ihre Schultern kreisen und verzog das Gesicht, als die Muskeln
wütend protestierten: „Ich werde dann mal schauen, was unser Häuptling ausbrütet. Wenn er mal Zeit
für den Dienst findet. Du...“ Die Russin schrak hoch und nickte krampfhaft: „Beginn der
Einsatzbereitschaft ein einer halben Stunde, Dauer sechs. Ich sorge dafür, daß meine Sektion bereit
ist.“ Lightning grinste: „Du wirst ja noch eine richtig gute Offizierin.“ Lilja wurde rot – selten bei ihr –
und salutierte. Als Lightning lachend aufstand, vertiefte sich die Röte ihres Gesichts noch. Hastig
stürzte sie ihren Tee hinunter und stand ebenfalls auf. Sie hatte sich vorzubereiten. In Gedanken
murmelte sie: ,Wenigstens hat Lone Wolf die Schweine erwischt.‘ Sie glaubte – sie hoffte – daß
Pinpoint so besser schlafen würde, seine Mörder waren ihn gefolgt. Sie selber hatte ihren Kameraden
diesen Dienst nicht erweisen können – aber sie würde nicht ruhen, bis auch der letzte Akarii, der bereit
war zu kämpfen, vernichtet war. Bis die Akarii am Boden lagen, oder sie selber den Tod fand.
Lilja eilte aus der Kantine. Sie verdrängte die Kopfschmerzen, den Gedanken an die toten Kameraden,
alles bis auf einen Gedanken – ihre Pflicht zu erfüllen.
***

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Angry Eagles

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03.11.2015 22:34 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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"Und so erhob ich mich auf den Schwingen der Gerechtigkeit und flog durch den Himmel bis hinauf
ans Firmament. Dort soll mein Stern strahlen. Wachen und den Weg zum Sieg weisen."
Lucas pausierte kurz und räusperte sich. In seiner Kehle hatte sich eine tonnenschwerer Klos gebildet:
"Wir haben uns im Angesicht des Universums versammelt um Thomas Andrews die letzte Ehre zu
erweisen.
Thomas ist wohl nie über die Bezeichnung Jungfuchs hinausgekommen", Lucas lächelte kurz, "und
doch können wir viel von diesem jungen Mann lernen. Er war ein Mann, der für uns alle als Vorbild
dienen könnte.
Durch sein freundliches und kameradschaftliches Auftreten war er eine Anlaufstelle für jeden von uns
der Sorgen hatte.
Seine Missionen führte er ruhig und professionell aus. Dem Feind trat er mit Achtung, Mut,
Selbstbewusstsein und Respekt entgegen.
Seine Freundschaft, sein Verständnis und seine mahnenden Worte werden uns auf dem Weg zum Sieg
fehlen."
Martell übernahm das Kommando: "Geschwader stillgestanden!"
Der übliche Trompetensolo erklang. Die sechs Mann starke Ehrenwache zu beiden Seiten des Sarges
drehten sich zum Sarg.
Radio, Ace, Shrike, Jaws, Kali und Rusty nahmen die Fahne der Republik auf. Sie zogen das blaue
Tuch mit den silbernen Fransen stramm.
Die silbernen Sterne funkelten im Licht.
Langsam zum Trompetenklang falteten die sechs Piloten die Fahne zu einem Dreieck zusammen.
Diese Fahne wäre eigentlich für die Eltern des gefallenen Piloten gedacht, doch Thomas "Pinpoint"
Andrews war in einem Waisenhaus aufgewachsen.
Und auch für solche Fälle hatte die Navy ihre Regelungen und Vorschriften.
Lucas trat auf Radio zu, der ihm die Fahne entgegenhielt. Die beiden Piloten blickten sich gegenseitig
in die Augen.
Beide Augenpaare waren von Trauer erfüllt und Lucas sah in den Augen des jüngeren ungeweinte
Tränen.
Lucas befestigte an der Fahne einen Verwundeten Löwen in Gold, sowie das Flying Cross in Bronce
und übernahm die Fahne.
Der Fahnenübernahme folgte eine 180 grad Drehung und einige Schritte, so dass er mit Darkness auf
gleicher Höhe war.
Als Lucas sich erneut um 90 grad auf die Formation zudrehte trat Darkness einen Schritt vor.
Mit drei weiteren Schritten war Lucas auf Armeslänge an Darkness heran: "'Lieutenant Commander
McQueen: Von einer dankbaren Nation übergebe ich Ihnen die Fahne von Lieutenant Thomas
Andrews."
Darkness nahm die Fahne entgegen: "Stellvertretend für das Geschwader der Angry Angels nehme ich
die Fahne entgegen."
Wieder gab Martell Kommandos: "Geschwader rechts UM! SaluTIERT!"
Die Trompete verklang und der Sarg wurde ins All katapultiert.
Da die Redemption auf Schleichfahrt fuhr durfte die Bordartillerie kein Salut feuern. Stattdessen ließ
man den Ton Schießpulverbetriebener Geschütze über die Lautsprecher laufen. 21 Schuss an der Zahl.
*****************************
Einundzwanzig Schüsse. Vom Band. Für einen gefallenen Helden.
Ich zuckte bei jedem einzelnen Schuß zusammen.
Meine Gedanken waren beinahe verstummt, eine Reihe sehr leiser Stimmen rauschten noch in meinem
Kopf. Sonst gab es nichts mehr.
Kali nicht, Lone Wolf nicht, Radio nicht, Lilja nicht, Darkness nicht.
Nur diese Zeremonie und die Fahne mit dem Löwen und dem Cross in den Armen von Darkness.
Ich hätte mir gerne die Tränen aus den Augen gewischt, aber meine antrainierte Disziplin ließ dies
nicht zu. Geduldig und gehorsam wartete ich, bis der offizielle Teil vorbei war.
Gott, hatte Lilja Recht? Hatte Darkness Recht? War ich nur ein arroganter, selbstverliebter Bastard,
der gerade jetzt erkannte, was Krieg wirklich war?
Als Lone Wolf uns entließ hatte ich die Antwort.
Ich schluckte hart und trocken, als die höheren Offiziere des Geschwaders den Raum verließen.
"Ich möchte die Kameraden und Freunde von Pinpoint bitten, noch einen Augenblick zu bleiben",
sagte eine krächzende, harte Stimme, die ich nur mühsam als die meine erkannte.
Dutzende Gesichter drehten sich mir zu, sahen mich an, wie ich am Fenster stand, im Hintergrund der
Abgrund der Sterne, in dem Thomas Andrews gefallen war.
Andere Piloten verließen den Raum. Ich war dankbar dafür, daß schlußendlich nur die
Staffelkameraden, Freunde und einige wenige Neugierige zurückgeblieben waren.
Ich griff in die linke Brusttasche meiner Uniform und zog ein Blatt Papier hervor. Mühsam entfaltete
ich es und hob es vor meine tränenverschleierten Augen.
"Wie Sie alle wissen, bin ich... war ich Thomas´ Stubenkamerad. In der gemeinsamen Zeit war er mir
ein guter Freund, ein besserer Kamerad und mein ewiges Gewissen. Ich verdanke ihm viel. Und ich
bereue es, daß ich es ihm nie wirklich vergelten konnte. Seinen größten Wunsch erfüllte er sich selbst
und sein zweitgrößter war unmöglich.
Zu meinen ungeliebten Pflichten in den letzten Tagen gehörte es, Second Lieutenant Andrews´
privaten Dinge einzupacken. Da er keine Verwandten mehr hat, gehen diese Dinge an das Waisenhaus,
das ihn aufgezogen hat.
Bei der Durchsicht dieser Dinge fiel mir dieses Stück Papier in die Hände."
Verstohlen wischte ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel.
"Es ist unrecht, vorzulesen, was Thomas gerade für einen anderen Menschen schrieb, aber es hat mich
getröstet. Es hat mir gezeigt, daß Thomas ein noch weit besserer Mensch war, als er uns immer
erschienen ist. Und es hat gezeigt, daß es so etwas wie ein höheres Ziel tatsächlich gibt.
Ich lasse die Anrede weg, da dies persönlich ist und nur die Person angeht, an die der Brief gerichtet
ist.
Die Anrede.
Seit ich dich kenne, fühle ich Angst in mir. Angst in seiner elementarsten Form. Schlichte Angst,
kochende Angst, bebende Angst.
Doch nicht um mich. Es ist die Angst um dich.
Halte mich für verrückt, meinetwegen.
Ich bin als Waise aufgewachsen. Ich habe nie das kennengelernt, was du als deine Familie
bezeichnest.
Wenn du so willst, war ich vom ersten Moment meines Lebens an kaserniert. Nie hatte ich viel mehr
als mein Können, mein Wissen und meine Freundschaften, von denen nur zwei die Kindertage
überdauert haben.
Jetzt aber habe ich eine Ahnung davon, was dies ist, was du Familie nennst.
Denn seit ich dich kenne, erscheinst du mir so kostbar zu sein, so unendlich entfernt und doch so nahe.
So erreichbar. Habe ich den Mut, nach dir zu greifen? Habe ich den Mut, dir zu gestehen, was in mir
vorgeht?
Kann ich dir sagen, daß du für mich das bist, was ich mir unter einer Familie vorstelle?
Darf ich dir sagen, daß ich dich liebe?
Nein, ich kann es nicht.
Denn genauso wie ich nicht wirklich verstehe was eine Familie ist so fällt es mir schwer, für eine
Sache Mut aufzubringen, die letztendlich nur mir selbst dient.
Diesen Brief wirst du niemals lesen, diese Worte niemals hören - außer, Ace klaut ihn mir und macht
Kopien für das ganze Schiff.
Klingt das traurig für dich? Das ich etwas so nahe bin, was ich ersehne und dann doch davor
zurückschrecke, bevor ich es erreiche?
Das muß es nicht. Denn um wieviel ärmer wäre ich, hätte ich dich nie getroffen. Um was müßte ich
die anderen Menschen beneiden, die dieses Gefühl, dieses Kribbeln in sich gespürt hatten, dieses
Feuer und diese Ruhe, und ich hätte es nie erfahren?
Nie fühlte ich mich menschlicher, nie fühlte ich mich fröhlicher.
Wir sind im Krieg, jeder Tag kann mein letzter sein, kann dein letzter sein. Aber ich bin dankbar für
jeden einzelnen, den ich erlebe und an dem ich dich sehen darf. Denn dann weiß ich, wofür ich
kämpfe. Für wessen Leben ich da raus gehe und fliege.
Und wenn ich Morgen fliege und sterbe im Kreuzfeuer der Akarii, wenn ich im All ersticke, wenn ich
in einer Sonne verglühe, bedaure mich nicht.
Denn ich liebe dich, und mit diesem Gefühl werde ich gehen.
Liebe, Vertrauen in die Menschheit, Vertrauen in dich.
Dein Thomas."
Wortlos faltete ich das Papier wieder ein und steckte es in die Brusttasche zurück.
In der absoluten Stille, die sich über den Raum gelegt hatte, drehte ich mich zum Fenster um und
salutierte. Endlose Minuten lang.
*************************************
Murphy sass in der Kapelle wie immer in einer der ersten Reihe. Ihm war es ziemlich egal, was einige
an Bord über seinen „religiösen Tick“ erzählten. Der Glaube war eine sehr persönliche Sache und für
Murphy die Fackel, die sich in der Dunkelheit, der Leere seiner Seele entzündet hatte. Da spielte die
Meinung anderer keine relevante Rolle. Andächtig lauschte er den Worten Schönbergs, dessen
Stimme, gleichwohl sie salbungsvoll klang, nie den Hauch des Überheblichen verlor. Irgendwie
erinnerte er Murphy immer mehr an Pater O’Brian aus Dublin. Der hatte auch dem Typ des
bodenständigen Pfarrers entsprochen. Gleichwohl war Jack klar, dass Schönberg intellektuell und von
seiner Lebenserfahrung in einer anderen Liga spielte.
Nach der Messe blieb Murphy noch sitzen, er hatte es in der Tat geschafft, Arbeit auf Thunder und den
Rest der Staffel abzuwälzen, um für Schönberg Zeit zu haben. Denn er hatte die angedeutete
Dringlichkeit in der Bitte sehr wohl erkannt. Fünf Minuten nach der Messe kam Schönberg aus der
Sakristei. Murphy fiel auf, dass er sich des Talars entledigt hatte und nun wieder die Dienstuniform
trug. Lediglich der Kragen und das silberne Kreuz auf den Schultern machte deutlich, dass man hier
nicht nur ein Mitglied der Navy, sondern vor allem einen Soldaten Gottes vor sich hatte. Er winkte
Murphy in die Sakristei und verschwand wieder hinter dem Vorhang.
Der Pilot folgte dem Priester. Als er in die Sakristei trat, sah er, dass der Raum ebenso schlicht wie die
Kapelle war. Ein Holzkreuz mit Palmwedeln hing an der Wand, davor stand eine kleine Bank, auf der
der Pater beten konnte. Daneben hingen in einem geöffneten Schrank die Messgewänder, einige
kleinere Schubladen enthielten wohl andere Utensilien, die der Pater für die verschiedenen
Zeremonien benötigte. Neben dem Betstuhl und dem Schrank war das einziges Möbelstück im Raum
ein kleiner Tisch, an dem zwei Hocker standen. Auf einem sass Schönberg, den anderen bot er seinem
Besucher an.
„Nun, Pater, was kann ich für Sie tun?“
„Ich will Sie nicht lange aufhalten. Aber bevor ich zum Punkt komme, weshalb ich Sie hergebeten
habe, lassen Sie mich kurz etwas erklären. Ich bin sehr viel beunruhigter, als ich heute Mittag in der
Messe habe zu erkennen geben lassen. Sie können sich denken, dass man als Pater Zugang zu
Informationen hat wie kaum sonst jemand auf diesem Schiff. Ich will hier keine Namen nennen, aber
Sie kennen ja einige der regelmäßigen Besucher in der Messe...und das sind nur einige. Aus den
Puzzleteilen, die da zusammenkommen, fügt sich ein beunruhigendes Bild zusammen.“
Murphy nickte. „Ich kenne den Plan...er ist riskant, aber potentiell auch sehr gefährlich für den Feind.“
Schönberg fuhr fort: „Jedenfalls ist unser aller Schicksal unklar. Im Gefecht kann es passieren, dass
Sie deutlich größere Chancen zum Überleben haben, als die Männer und Frauen an Bord der
Redemption. Daher möchte ich Ihnen noch etwas mit auf dem Weg geben, bevor wir ins Gefecht
geraten.
Sie haben mir mehrmals von Ihrer Situation erzählt und von dem Drang, Ihr Leben mit mehr als nur
dem Militär zu füllen. Auf der anderen Seite wollen Sie das Militär und die Fliegerei auch nicht
verlassen. Ich habe ein wenig nachgedacht darüber, weil ich Ihnen gerne helfen würde. Neulich kam
mir dann eine Idee.
Kennen Sie den Deutschen Orden?“
„Hm, ich hab es mal gehört. Ist das nicht einer dieser kirchlichen Orden gewesen, die die Kreuzzüge
betrieben haben?“
„So ungefähr. Jedenfalls sind im 20. Jahrhundert die Orden, soweit sie noch bestanden zu sagen wir,
normalen Orden ähnlich den Mönchsorden geworden. Man kann sie vielleicht ganz gut mit uns
Jesuiten vergleichen, auch wenn die Stoßrichtung eine andere ist. Jedenfalls haben Malteser – man
kennt sie auch als die Johanniter – und der Deutsche Orden im Schatten des Konfliktes mit den Akari
erneut angefangen, eine Präsenz im militärischen Bereich, diesmal jedoch eingebunden im regulären
Militär aufzubauen. Das geschieht dann über Militärpfarrer, aber auch über Laien, deren Dienste man
nie ganz aufgegeben hat. Diese Laien, Familiare genannt, findet man auch zunehmend in den
Streitkräften. Für den Nichteingeweihten sind diese Männer und auch Frauen kaum zu erkennen, sie
tragen in der Regel nur eine schlichte Ordenskette und manchmal einen Siegelring, wenn sie eine
hervorgehobene Stellung bekleiden.“
„Sie wollen, dass ich da mitmache?“
„Plump formuliert, ja. Ich habe einen guten Freund aus dem Priesterkolleg, der zu den Deutschen
gegangen ist und nun in deren Hauptsitz aktiv ist. Normalerweise muss ein Familiarkandidat zwei
Bürgen im Orden haben. Aber die Tradition wird mitunter nicht so eng genommen. Ich habe meinem
Freund, Pater Malachias, bereits eine Nachricht zukommen lassen. Wenn Sie also auf Terra sind, dann
schauen Sie doch mal in Wien in der Kirche zur heiligen Elisabeth vorbei und fragen nach dem Pater.
Auch wenn Sie einen Ort zur Besinnung suchen, dann gehen Sie ruhig dorthin. Zum einen findet man
dort eine vorzügliche Bibliothek, zum anderen finden sich dort einige Männer, die eine ähnliche
Geschichte haben, wie Sie und ich.“
„Ich werde darüber nachdenken, danke Pater.“
„Das tue ich doch gerne. Bevor Sie gehen, lassen Sie mich Ihnen noch etwas mitgeben.“
Schönberg trat an den Schrank und öffnete eine Schublade. Aus ihr entnahm er ein Buch, das er
Murphy reichte.
„Die Geschichte des Ordo Teutonicus...von Walter Nienberg, Berlin 2457.“
„Ist immer noch das Standardwerk...schnuppern Sie mal rein, es ist gut geschrieben.“
„Danke, Pater, jetzt muss ich aber wirklich los, in einer Stunde habe ich eine Patrouille zu fliegen.“
„Gott mit Ihnen, Jack.“
„Und mit Ihnen, Pater.“
Murphy verließ die Sakristei und Schönberg und eilte in den Bereitschaftsraum.
Eine Stunde später stand er vor seinem Griphen, bekreuzigte sich und stieg ein. Petty Officer M’Boko
hatte sich mittlerweile an die Marotten seines Chefs gewöhnt. Er reichte ihm den Helm mit dem Kreuz
auf der Stirn und half ihm dann, die Vorbereitungen für den Start zu treffen. Murphy war in Gedanken,
als er die Checkliste durchging, aber er merkte trotzdem, wie gut die Maschine in Schuss war. Er
würde M’Boko wohl mal eine Kiste Bier spendieren, damit dieser die mit seiner Crew vernichten
konnte.
Zwei Minuten später waren er und sein Flügelmann Gladius im Raum und steuerten den ersten Punkt
auf der Route an. Murphy stellte mal wieder fest, dass er sich den richtigen Frischling ausgesucht
hatte. Gladius war ein guter Formationsflieger, eher ein wenig vorsichtig denn draufgängerisch.
Außerdem hielt er die Klappe und meldete sich nur, wenn auch etwas passierte, das Kommunikation
notwendig machte.
An Wegmarke drei war das dann der Fall.
„Jaguar 2 an Lead. Zwei Kontakte auf 11 Uhr. Etwa 30 Tausend Klicks.“
„Copy, Jaguar 2. Bestätige Kontakt. IFF negativ. Abfangkurs auf 10/0, voller Schub, Waffen scharf
machen. Wir greifen an.“
„Verstanden, Lead.“
Murphy folgte den eigenen Anweisungen und beschleunigte den Griphen auf maximalen Schub. Den
Nachbrenner hielt er noch zurück. Dann wählte er die Sparrows aus. Nach zehn Sekunden reagierten
die Ziele. Offensichtlich hatte der Feind ein ineffizienteres Radar. Dieser Eindruck bestätigte dann der
Bordcomputer. Bei den Feindmaschinen handelte es sich um zwei Bloodhawks älteren Typs.
„Formation beibehalten. Mein Ziel ist Bravo 1.“
„Verstanden, übernehme Bravo zwo.“
Dann eröffneten beide Seiten mit Raketen das Feuer. Martell und Gladius feuerten beide eine
Doppelsalve ab, während die Akarii nur eine einzelne Rakete pro Maschine abschossen. Dann
initiierten beide Flights Ausweichmaßnahmen, was auf einen Beobachter wie eine seltsame Form des
Syncronturnens im Raum gewirkt hätte. Keine der Raketen traf ihr Ziel, doch Murphy hatte sich an
einen der Feindjäger herangepirscht. Als dieser ihm, um der zweiten Rakete auszuweichen, das Heck
zuwandte, feuerte Murphy zwei Sidewinder ab, die prompt ihr Ziel trafen. Der Bloodhawk explodierte
in einem Feuerball und Schrotteile flogen in alle Richtungen. Sein Flügelmann war schlauer und setzte
sich seinerseits in Schussposition.
Zwei Raketen flogen auf Gladius zu, der nicht schnell genug reagierte, und so nur einer von beiden
ausweichen konnte. Die andere Rakete explodierte, und schlug durch den Schild, um den hinteren
Vektor und die linke Tragfläche zu beschädigen. Doch bevor der Akarii sich auf den angeschlagenen
Terraner stürzen konnte, flog er mitten eine eine Bordwaffensalve von Murphy, der abermals die
Position gewechselt hatte. Die panische Ausweichreaktion trug in direkt vor die trudelnde Maschine
von Gladius, der dies ausnutzte und dem Feind mit Sidewinder und Raketen den Rest gab.
Nachdem beide Feinde vernichtet war, inspizierte Martell die Schäden an Gladius Maschine.
Offensichtlich war sie gerade noch flugtüchtig.
Als Gladius eine Stunde später landen konnte, stieg er nassgeschwitzt aus seiner Maschine aus. Auch
Murphy war erschöpft, denn er hatte um seinen Kameraden gebangt, insbesondere, als es auf dem
Rückflug noch einige Kurzschlüsse gab.
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Die Trauerfeierlichkeit war vorbei und hatte bei vielen Piloten einen schlechten Geschmack
hinterlassen. Egal wie abgebrüht man war, durch Krieg, Blut und Tod gehärtet – so etwas ließ keinen
ungerührt. Egal wie dick der Panzer aus Zynismus, Fatalismus oder Haß war.
Pinpoint war einer der beliebtesten Piloten gewesen – obwohl, oder vielleicht auch WEIL er nicht zu
den Spitzenassen des Geschwaders gehörte. Seine freundliche, etwas unbekümmerte Art hatte ihn
jünger wirken lassen, als er war. Er war einer der Typen, von denen man irgendwie geneigt war
anzunehmen, daß sie den Krieg überleben und einfach abstreifen würden. Zusammen mit dem Wissen
um seine Kindheit – er war eine Waise gewesen, in einem Fürsorgeheim aufgewachsen – ließ das
seinen Tod noch ungerechter erscheinen. Es weckte Wut und es weckte Haß auf den Feind.
Währe man nicht auf einer Feindfahrt – und unter ständiger Kampfbereitschaft – gewesen, mancher
hätte sich vermutlich einen Rausch angetrunken, um zu vergessen. Doch das war nun einmal nicht
möglich. Und die Anspannung der Situation, die Unsicherheit der unmittelbaren Zukunft, verstärkte
das Mißbehagen.
Dazu kam noch etwas anderes. Viele Piloten waren abergläubisch. Und so gab es manche, die in dem
an sich „normalen“ Zwischenfall, dem absolut unbedeutenden Scharmützel, eine düstere Sinngebung
für die ganze Operation vermuteten.
In einer solchen Situation verstärkten sich unwillkürlich die „familiären“ Bindungen im Geschwader –
man schloß sich enger mit den Kameraden des Flight, der Sektion oder der Staffel zusammen. Und
auch wenn Pinpoints Name selten genannt wurde, sein Tod beeinflußte unwillkürlich die Gespräche
und Gedanken vieler Piloten.
So war es wohl auch eine der Spätfolgen, daß einige der Piloten der Staffel Grün auf die Frage kamen,
was die beste Todesart war. Perkele machte die Eröffnung in dem er bissig bemerkte, er wünschte sich
den „Heldentod“ eines Stabsoffizier: „In Pension, mit Orden und Prämien abgefüllt und mit `ner
Krankenpflegerin im Bett!“
Das brachte ihr einen schiefen Blick von Lilja ein, während Imp einwarf, das klänge ganz gut, mit ein
paar geringfügigen Änderungen... .
Lightning zuckte mit den Schultern: „Habe ich mir noch nie überlegt. Denke mal, am besten in - na
sechzig, siebzig Jahren im Kreis der Familie und nachdem man das Buch bis zur letzten Seite
geschrieben hat!“ Sie erläuterte diese etwas merkwürdige Redewendung nicht, sondern nahm einen
Schluck aus dem Glas, das vor ihr stand. Dann fluchte sie – nicht einmal ein Lieutenant Commander
durfte zur Zeit offiziell etwas Härteres trinken als Apfelsaft. Auch wenn er – oder sie – es gerne getan
hätten.
„Das wäre für Pinpoint nicht machbar gewesen.“
Diese Bemerkung von Claw ließ die anderen verstummen. Tja – er hatte wohl recht.
„Scheiße. Manchmal geht es wirklich verdammt schnell.“ Das war Lightning. Aus ihren Worten
sprach eine Erfahrung, die die anderen Veteranen auch schon gemacht hatten. Nicht alle waren damit
fertig geworden. Es hatte sie hart gemacht oder zerbrochen. Und die, die damit nicht fertig wurden –
die kehrten bald auch nicht mehr wieder.
„Schnelles Ende – Gutes Ende!“
Liljas Stimme klang hart, fast grausam. Die anderen musterten sie – verstehend die einen, etwas
schockiert die anderen. Dann fuhr die Veteranin fort: „Besser so, als verstümmelt zu werden. Besser,
als in der Maschine zu verbrennen, im Raum zu erfrieren. Durch Dekompression zu verrecken... .“
Die anderen Piloten schwiegen. Auch das war wahr. Die meisten Todesarten im Raum waren unschön.
Dann meldete sich Kano zu Wort. Er sprach nur leise, aber die anderen verstanden ihn gut: „Er ist im
Kampf gefallen. Bei der Erfüllung der Aufgabe, der er sein Leben gewidmet hat. Er hat einen Feind
mitgenommen – und dank seines Opfers wurden diese Deltas vernichtet. Sie konnten unseren Verband
nicht sichten.
Ich hoffe, wenn es dazu kommt, daß ich so ehrenvoll falle wie er. Im Gefecht und einen Gegner
mitnehmend.“
„Ehre... .“ Perkele schürzte die Lippen. Aber er behielt für sich, was er dachte.
„Ach Scheiße! Scheiße, Scheiße!“
Keiner kommentierte diesen Ausbruch der Staffelkommandantin. Aber die schien selber zu der
Meinung gekommen zu sein, dass diese Äußerung als Abschluß des Gespräches nicht genügte.
Lightning holte eine flache Metallflasche hervor: „Gläser her!“ Nur Lilja zögerte – nicht weil sie
Alkohol nicht vertrug, aber eigentlich war es ja verboten… . Dann aber schloß sie sich an. Lightning
füllte in jedes der Gläser die gleiche Menge. Dann stand sie auf. Die anderen Piloten erhoben sich
ebenfalls. „Auf unseren Kameraden! Und in die Hölle mit den verdammten Echsen!“
Wie auf Kommando kippten die Piloten ihre Gläser herunter.
„Und jetzt genug damit! In fünfzehn Minuten will ich euch am Simulator sehen!“
*****************************
Gold und Blut
Lilja kam vor der Tür von Parkers Büro – falls man die doch eher beengten Räumlichkeiten so nennen
konnte – zum Stehen. Sie wollte schon anklopfen, als sie spürte, wie ihre Beine nachgaben. Mit einem
wütenden Keuchen presste sie beiden Hände gegen Wand, stützte sich ab. So schnell wie der kurze
Schwächeanfall gekommen war, ging er auch wieder vorbei. Sie fluchte unterdrückt. Obwohl sie
langsam das Gefühl gewonnen hatte, sicher selber unter Kontrolle zu haben, so hatte sie doch immer
wieder solche und ähnliche Probleme. Vor zwei Tagen hatte sie sich dabei ertappt, wie sie eine Stunde
lang auf die Seite eines Buchs gestarrt hatte, ohne umzublättern. Und das war nicht das erste Mal
gewesen.
Sie kannte die Anzeichen, aber sie weigerte sich, ihnen nachzugeben. Mit der ganzen Kraft ihres
Willens kämpfte sie darum, sich selber im Griff zu haben. Und schrittweise schien sie den Kampf zu
gewinnen – wenn es auch nicht leicht fiel. ,Bloß gut’, dachte sie ,daß wir für den Anmarsch immerhin
anderthalb Monate brauchen!’ Hätte man sie in ihrer neuen Stellung völlig unvorbereitet und
unmittelbar auch noch ins Gefecht geworfen – sie hätte nicht sagen können, ob sie nicht vielleicht wie
damals, vor ihrer Abschiebung in die Reserve, zusammengebrochen wäre. Aber jetzt, mit inzwischen
etwa einem Monat Einarbeitungszeit, begann sie, sich daran zu gewöhnen. Die Arbeit ging ihr etwas
leichter von der Hand, sie mußte nicht mehr so viel lesen und studieren – viele Dinge hatte sie sich
jetzt weitestgehend angeeignet und beherrschte sie im Rahmen des Nötigen. Natürlich hieß das nicht,
daß sie jetzt sonderlich viel Freiraum gehabt hätte. Aber sie fühlte sich auch nicht mehr, als würde
jemand sie mit einer Knute einen steilen Berg hinaufhetzen, während sie einen Zentner Gepäck trug.
Jetzt war es nur noch die Hälfte des Gewichtes…
Aber ganz ließ sich nun einmal nicht verleugnen, daß sie Raubbau an ihrem Körper betrieben hatte.
Und der rächte sich jetzt gelegentlich. Inzwischen begann die Arbeit teilweise fast Spaß zu machen.
Vor allem – sie gab zumindest ihrer Seele ein wenig Frieden. Nicht, daß sie an so ein Konzept wie
eine Seele vorbehaltlos glaubte, Religion war ihre Sache nie gewesen. Aber indem sie ihre neue
Aufgabe meisterte, indem sie sich aufrieb in diesem Krieg – dadurch trug sie ihre Schuld gegenüber
ihren Kameraden ab, die sie nicht hatte retten können. Sie bewies ihnen und ihrer Familie, daß sie es
ernst meinte mit ihrem Eid und ihrer Pflicht.
Lilja holte ein paar Mal tief Luft, dann strich sie ihre Uniform glatt. Die saß inzwischen ein bißchen
lose angesichts dessen, daß sie ganz schön an Gewicht verloren hatte. ,Na, immer noch besser als
umgedreht!’ dachte sie zynisch. Sie straffte sich und kloppte energisch. Das „Herein!“ klang ungefähr
so ,erledigt’, wie sie sich fühlte.
Der Anblick von Lieutenant Commander Diane Parker – auch genannt Lightning, wenngleich die
Staffelführerin selten einschlug – gab ihr ein gutes Gefühl, wie sie selber aussehen musste. Auch
Parker hatte in den letzten Wochen weder sich noch die Staffel geschont. Und während die
Einheitsmitglieder schon unter dem strikten Trainingsprogramm stöhnten, so kam für die ,Alte’ auch
noch der Schreibkram hinzu. Zudem hatte sie ihre ,mütterlichen Gefühle’ für ihre Kollegin von der
blauen Typhoon-Staffel – genauer gesagt für die Staffel selber – entdeckt und bemühte sich, bei der
Neuformierung der Schwestereinheit so gut es ging zu helfen. Was auch daran liegen mochte, daß sie
der neuen Chefin von Blau noch nicht ganz traute, was die fachliche Kompetenz anging. In Folge
dessen hatte sie kaum Möglichkeit gehabt, sich sonderlich viel Ruhe zu gönnen oder auch mal
auszuspannen. Nicht, wenn man den zusätzlichen Verwaltungskram bedachte, den normalen Dienst
und so weiter. Ähnlich wie bei ihrer neuen XO, die sich erst einmal mit dem A und O ihres Jobs
vertraut machen mußte.
Der Blick von Lightning wirkte reichlich abwesend, als könne sie sich gar nicht auf ihre Besucherin
konzentrieren. Sie zögerte, dann kniff sie die Augen zusammen und fixierte Lilja, als müsse sie sich
mit Gewalt dazu zwingen, ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten. Oh ja – der Stress
hinterließ seine Spuren, das war unübersehbar. Lilja salutierte zackig, wie es ihre Art war. Lightning
quittierte mit einem Knurren, das sich anhörte wie die Laute einer unter Zahnschmerzen leidenden
Tigerin. Die Staffelchefin war in Sachen Dienstreglement keine Fanatikerin und augenblicklich ein
wenig ,dünnhäutig’. Deswegen verkniff sich Lilja auch ein Grinsen. Statt dessen entspannte sie ihre
Haltung etwas, eine Konzession an ihre Vorgesetzte. Lightning seufzte, wandte sich endgültig von
ihrem Computer ab, an dem sie zu dieser späten Stunde wohl den üblichen Kleinkram erledigt hatte.
Dann nickte sie Lilja zu: „Was gibt es?“
„Nun, Ma’am, es geht um einen Vorschlag, den ich Ihnen machen wollte.“ Lightning zog eine
Augenbraue hoch. Die Anrede deutete darauf hin, daß es sich um etwas Dienstliches handelte: „Lassen
Sie hören.“ „Ich habe mich ja in letzter Zeit vor allem mit unserer Staffel beschäftigt. Aber inzwischen
ist mir etwas eingefallen, das ich mir schon vorher überlegt hatte. Ich bräuchte Ihr OK, und es wäre
auch gut, wenn Sie mit jemanden von der Führung reden könnten. Auf Sie wird man hören.“
Lightning verdrehte die Augen: „Hör mal,“ sie wechselte auf die eher vertrauliche Anrede, wohl auch,
weil es sehr spät, sie sehr müde und sehr überarbeitet war: „ ich will um Deinetwillen hoffen, daß das
jetzt kein Vorschlag nach dem Motto ,Wie wir den Krieg gewinnen können‘ sein soll! Was meinst du,
wie oft ich so was schon gehört habe? Warum denken eigentlich alle, die da oben hätten kein Hirn?“
Lilja ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, vermutlich, weil sie recht gut nachfühlen konnte, wie
Lightning zu Mute war: „Nein, darum geht es nicht. Ich will nur nach Möglichkeiten ein wenig helfen
– im Rahmen dessen, was machbar ist. Wenn es nicht klappt, wird es keinem schaden, höchstens mir
selbst, und auch da nur meinem Stolz.“ Sie ignorierte Lightnings skeptischen Gesichtsausdruck – die
wie viele Offiziere nicht übermäßig viel von Untergebenen hielt, die dachten, sie wüßten es besser. So
etwas implizierte immer den Vorwurf der Inkompetenz.
Die Staffelführerin seufzte: „Also dann. Worum geht es. Aber dir dürfte klar sein, daß ICH nicht
gerade diejenige bin, die Lone Wolf zu etwas beschwatzen kann. Und setzt dich, falls es länger dauern
sollte.“ Lilja nahm Platz und ermordete so die Hoffnungen Lightnings, es könne sich nur um eine
kurze Sache handeln: „Nun, die Sache ist folgende...“
Eine halbe Stunde später nickte Lightning schließlich: „Also gut. KLINGT nicht schlecht. Klingt
wirklich nicht schlecht. Bloß – ich würde mir nicht allzu viele Hoffnungen machen. Es kann gut sein,
daß viele eher denken ,Wir geben schon unser Blut‘ und so weiter, auch wenn es ja nur bedingt stimmt
– schließlich kann man das ja auch von einigen der Arbeiter und Matrosen der Handelsmarine sagen,
die gehen teilweise auch ein hohes Risiko ein für Leib und Leben. Es kann also passieren, daß die
Resonanz niederschmetternd ist. Dann stehst du als naiv da. Aber du hast recht – schaden kann es
nicht. Erwarte nur nicht zuviel davon. Ich spreche mal mit jemanden vom Kommando. Wenn die
einverstanden sind, dann hast du grünes Licht. Dann warten wir ab, wie es weiter läuft.“ Lilja
salutierte – wieder auf ekelhaft korrekte Art und Weise. Aber diesmal grinste sie offen: „Danke,
Ma’am Lieutenant Commander!“ Dann ging sie, wohl registrierend, daß Lightning halb im Spaß nach
dem Briefbeschwerer angelte.
Lightning blickte ihr kopfschüttelnd nach. Trotz ihres Zynismus war Lilja manchmal eben doch vom
Guten im Menschen überzeugt. Vor allem, wenn dieses Gute helfen konnte und sollte, noch mehr
Akarii zur Hölle zu schicken. Sie blickte auf das Chrono und stöhnte auf – schon wieder ein Abend
um, und wenn sie nicht bald in die Falle kam, würde sie morgen SEHR schlecht aus der Wäsche
schauen. Sie würde morgen mit jemanden von der Führung sprechen. ,Aber‘ so sagte sie sich: ,besser
nicht mit Lone Wolf...‘
Am nächsten Abend
Commander Melissa Auson war ein wenig besser dran als ihre Kollegen von den Kampffliegern.
Nicht, daß sie unter Unterbeschäftigung gelitten hätte. Sie war XO auf dem Träger und mithin, glaubte
man bösen Zungen, die Person, die den Laden am Laufen hielt – während der Kapitän vor allem
Galionsfigur und Mützenständer sei. Das stimmte selbstverständlich nicht, aber es war schon richtig,
daß viele der kleineren Dinge – wichtig aber potentiell langwierig – auf ihrem Schreibtisch landeten,
um dem Kommandeur den Hals frei zu halten. Damit er sich damit belasten dürfte, den Flohzirkus
zusammen zu halten, den ein ganzer Kampfverband nun einmal darstellte. Da blieb nur begrenzt Zeit
für den eigenen Stall. Und an dieser Stelle mußte sie einspringen.
Aber bisher ging es noch. Immerhin war die Redemption ein erprobtes Schiff, und die Besatzung
eingespielt. Die Crew hatte ja, anders als die Jägerverbände, keine hohen Verluste zu beklagen gehabt
und mußte deshalb kaum Neulinge integrieren. Als Lieutenant Commander Parker um eine
Unterredung bat, war Auson in der Lage, es relativ leicht so einzurichten, daß sie zur Verfügung stand.
Die Staffelchefin kam gleich zur Sache.
„Es geht um einen Vorschlag, den jemand aus meiner Staffel gemacht hat – meine XO, First
Lieutenant Pawlitschenko, um genau zu sein. Sie regte an, an Bord eine Sammlung durchzuführen.“
Commander Auson runzelte die Stirn: „Eine Sammlung? Sie meinen, für Hinterbliebene oder so?
Also, ich habe nicht den Eindruck, daß die Navy ihre Pflichten vernachlässigt, was die Fürsorge für
die Angehörigen von Gefallenen angeht, und so etwas ist doch eher Sache der zuständigen Stellen.“
Parker nickte: „Sehr richtig. Und deshalb ging es auch nicht um so eine Sammlung, sondern um etwas
ganz anderes.“
„Lilja – ich meine Lieutenant Pawlitschenko – schlug vor, für den Krieg zu sammeln. Für neue Jäger,
Waffenentwicklung – solche Sachen. So etwas hat es früher auch schon gegeben, eine Erfindung der
totalen Kriege am Anfang des 20. Jahrhunderts. Daß wir gegen die Akarii nicht gut dastehen – sowohl
technisch als auch mengenmäßig – ist bekannt. Man würde dann an die Soldaten appellieren nach dem
Motto: ,Hilf die Heimat schützen!‘ oder so. Sie schlug vor, eine Art Sammelstelle einzurichten, bei der
Besatzungsmitglieder, egal welchen Ranges, Spenden abgeben können. Sie dachte wohl an eine
Sammelbüchse mit einem Scheckheft daneben. Wer etwas spenden will, der füllt eine Überweisung
aus und wirft sie in die Spendenbox. Lilja schlug vor, die Sache, wenn sie etwas Erfolg hat, ein wenig
,auszuschlachten‘. Verkündigung, wieviel schon gesammelt sei und so etwas. Vielleicht auch eine Art
Auszeichnung mit Bordmitteln für die, die von ihrem Sold einen bestimmten Anteil gespendet haben –
unabhängig von der reinen Menge, sagen wir einen Monatssold oder zwei. Sie hat da schon ein paar
Vorschläge gemacht. Sollte die Kampagne irgendwelchen Erfolg zeitigen, so könnte man sie auf
andere Schiffe, die rückwärtigen Dienste und auf die Zivilbevölkerung ausweiten“
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Commander Auson schwieg, etwas verdutzt. Sie hatte von so etwas noch nie gehört – allerdings war
dergleichen auch nicht ihr Spezialgebiet. „Hören Sie, Lieutenant Commander – glauben Sie, das bringt
etwas? Ich meine, wieviel kann da schon zusammenkommen, selbst wenn einige etwas spenden?“
Parker zuckte mit den Schultern: „Ich habe mich mal schlau gemacht. In einigen Fällen hat so etwas
durchaus Achtungserfolge erzielt. So wurden teilweise einzelne Panzer, Flugzeuge, sogar kleinere
Einheiten bezahlt. Es gab da zum Beispiel ein Fliegeraß, der flog eine Maschine, die so finanziert
wurde – er sagte, sie hätte ihm Glück gebracht.
Vor allem aber hätte es – so führte Lieutenant Pawlitschenko aus, und ich bin geneigt ihr zu glauben –
möglicherweise gute Auswirkungen im Propagandabereich. Verstehen Sie, die Aussage davon ist
doch: ,Jene, die schon mit ihrem Blut für unsere Heimat einstehen – sie sind bereit, auch materielle
Opfer zu bringen!‘ Das setzte, sozusagen, die Zivilisten moralisch unter Druck. Wie können sie da
beiseite stehen? Wenn schon die Soldaten spenden, die ja ständig ihr Leben riskieren – wie können sie
da einfach sagen: ,Wir tun unseren Job, und damit hat es sich!‘ Wenn man eine solche Aktion bei den
Truppen erfolgreich durchführen könnte und sie im Hinterland gut ,verkauft‘, dann können die Leute
nicht einfach alle wegschauen. Solche Aktionen zeigen, daß man alle Kräfte anspannt, um zu
gewinnen. Die Einheit von Front und Hinterland, die Opferbereitschaft – das ganze Zeug, all das kann
man durch so etwas propagandieren. Ich weiß nicht, wieviel Augenmerk man in der Etappe auf solche
Dinge richtet, aber ich denke, ein Versuch kann nicht schaden. Vielleicht haben sie ja schon mit so
etwas ähnlichem angefangen – hier draußen kriegt man nur wenig mit – aber die Initiative hätte den
Vorteil, daß man sie als von ,unten’ ins Leben gerufen vermarkten könnte“
Die XO des Trägers überlegte: „Hm. Möglich. Und die Navy kann natürlich jeden Real gebrauchen –
auch wenn ich nicht glaube, daß damit viel zusammenkommt. Vielleicht macht sich Ihre
Stellvertreterin etwas falsche Vorstellungen über die Menschen, zumindest über die Menschen in
unseren Tagen. Also schön, ich rede mal mit dem Captain. Wieso sind Sie eigentlich zu mir
gekommen, und haben nicht den Dienstweg über Commander Cunningham gewählt?“ Parkers
Antwort war aalglatt: „Der Commander hat in letzter Zeit genug um die Ohren. Vor allem nach der
Sache mit den Deltas. Immerhin war er mit dem anderen Piloten befreundet. Ich wollte ihn nicht noch
damit belasten.“ Sie hätte noch hinzufügen können, was ihr durch den Kopf ging, unterließ es aber
lieber: ,Und außerdem würde er mir sowieso kaum zuhören, und wenn er es von DIR erfährt, sieht er
es wohl ein wenig anders.‘ Dieser Gedanken war gemischt mit einer gewissen Prise Häme, aber nicht
viel. Auch wenn sie Cunningham nicht ausstehen konnte und für einen Rüpel, einen überheblichen
und selbstgerechten Offizier hielt – gegen Auson hegte sie keinen Groll. ,Vielleicht sogar etwas
Mitleid.' dachte sie spöttisch.
Aber etwas gab es noch zu erwähnen: „Ach ja, Commander – Sie könnten auch eiwerfen, daß es nichts
schaden würde, wenn sich einige der höheren Offiziere beteiligen. Das hat vielleicht eine gute
Wirkung auf die Mannschaft.“
Parker wußte selber nicht, ob sie sich von dem – nun, nennen wir es mal fanatischen Idealismus –
Liljas hatte anstecken lassen, aber inzwischen war sie doch der Meinung, ihre Untergebene verdiente
eine gewisse Unterstützung. Die Idee war gut. Aber ob dies ausreichte – das stand in den Sternen. Und
gewisse Zweifel waren angebracht.
Und so kam es, daß am übernächsten ,Morgen‘ in der Kantine neben der Wandzeitung auf einem der
Tische eine mittelgroße Box plaziert wurde, neben der ein Abrißstapel mit Überweisungsformularen
lag. Auf der Vorderseite war eine vergrößerte Aufnahme einer Guncam angebracht, die einen Akarii-
Jäger unter Beschuß zeigte. Am ,Schwarzen Brett‘ aber prangte in großen Lettern der Aufruf: „Helft
siegen!“ Daneben hing ein Blatt mit einem aufgedruckten Text.
Soldaten, Offiziere – Kameraden!
Ich weiß, Ihr steht alle im Einsatz gegen den Feind. Und es erfüllt mich mit Stolz, in eurer Mitte
meinen Dienst für die Heimat zu verrichten. Wir haben eine harte, mühsame – aber auch stolze und
ehrenvolle Aufgabe auf uns genommen. Wir schützen die Heimat und sind dabei bereit, zur Not auch
unser Leben zu geben.
Kann es einen größeren Beweis der Liebe für unserer Vaterland geben? In meinen Augen – NEIN!
Dennoch wende ich mich jetzt mit einer Bitte an euch. Will euch bitten, noch mehr tun als jene Pflicht,
die uns in unserem Eid auferlegt wurde. Denn ich glaube, ich bin fest überzeugt, daß in diesem Kampf
jede, auch die letzte Anstrengung nötig und richtig ist.
Ihr wißt es alle – der Feind hat uns schwere Schläge versetzt. Er hat uns zurückgeworfen, aber nicht
besiegt. Wir haben seinen Angriff zum Stehen gebracht, seine Kriegsmaschinerie gestoppt. Und in
diesem Augenblick sind wir dabei, sicherzustellen, daß dieses Werkzeug der Vernichtung und der
Zerstörung, das unsere Angehörigen und Kameraden bedroht, daran gehindert wird, den Angriff
wieder aufzunehmen. Ich bin fest davon überzeugt – ich WEIß es – daß uns dies gelingen wird!
Der nächste Schritt wird die Gegenoffensive sein. Wir werden ins feindliche Territorium vorstoßen,
nicht nur, um den Feind Schläge zu versetzen, wie wir es bisher wieder und wieder getan haben. Nein,
wir werden ihn angreifen, um ihn ein für allemal zu vernichten! Auf immer soll ihm die Lust auf Krieg
und Mord vergehen!
Die Stunde der Abrechnung naht. Doch noch ist es nicht soweit. Noch halten die Aggressoren Gebiete
der Republik. Unsere Flotte hat durch den heimtückischen Überfall des Feindes hohe Verluste erlitten.
Sie hat Schiffe, Kampfflieger und Menschen verloren. Die Bodentruppen, die heldenhaften Verteidiger
Manticors, mußten einen hohen Blutzoll zahlen. Ihr alle wißt das. Die Republik muß jetzt ihre Verluste
wieder ausgleichen. Sie muß ihren Soldaten neue und bessere Schiffe, Kampfflieger und Waffen geben,
muß jetzt die Formationen aufstellen, die dazu bestimmt sind, den Krieg ins Gebiet des Feindes zu
tragen, ins Herz seines Reiches! Wir befinden uns am Wendepunkt der Gezeiten – doch noch zieht die
tödliche Flut sich nicht zurück!
Unser Land hatte einen solche grausamen Überfall nicht gerechnet. Wir haben die Hinterlist des
Gegners unterschätzt. Er war bereit, alles zu wagen, einen vernichtenden Krieg zu riskieren. Eine
derartige Rücksichtslosigkeit haben wir nicht erwartet. Wir wollten diesen Krieg nicht, und wir gingen
davon aus, daß auch die Akarii wie wir lieber in Frieden – einem wachsamen Frieden, aber doch
einem Frieden – leben wollten. Dies war ein Irrtum. Die Führung des Akarii-Reiches wollte diesen
Krieg, und sie begann ihn. So konnten sie uns überraschen. Wir müssen jetzt die Folgen dieses Fehlers
ausgleichen – und sicherstellen, daß er sich nie wieder wiederholen kann!
Deshalb bitte ich euch, zu helfen! Helft der Navy, der Marine und dem Heer! Helft Ihnen, uns die
Waffen zu geben, die wir benötigen! Helft Ihnen, die Verluste auszugleichen, neue und besser Waffen
und Kampfflieger zu entwickeln und zu bauen!
Jeder kann helfen! Und jede Hilfe ist willkommen!
Ihr werdet euch fragen – „Warum wir? Leisten wir nicht schon unseren Teil? Und sogar mehr als
das? Ist es nicht genug, daß wir mit unserem Leib und Leben für unsere Heimat einstehen? Sollen
nicht eher jene zahlen, die nicht in vorderster Front kämpfen?“
Nun, dies ist wahr. Ja, auch, und GERADE die Menschen in der Etappe müssen ihren Teil tun. Aber
ich denke, es ist nur ein Teil der Wahrheit. Ich glaube, in diesem Kampf ist es nötig, ALLES zu geben,
ALLES zu wagen.
Wir kämpfen nicht, um zu erobern. Wir kämpfen nicht aus Lust am Krieg. Wie kämpfen nur, um uns zu
verteidigen in einem Krieg, der uns brutal und heimtückisch aufgezwungen wurde. Gegen einen Feind,
der unsere Bodentruppen und Flotteneinheiten erbarmungslos niedermacht, wo sich ihm die
Gelegenheit bietet. Der kein Mittel scheut. Es geht ihm nur um eines – uns zu vernichten!
In einem solchen Kampf, will mir scheinen, kann es nur eine Parole geben – Kampf bis zum Sieg! Und
ich will alles tun, was in meiner Macht tun, um diesen Sieg zu erringen. Ich bin sicher, Ihr seht dies
ebenso!
Sollte die Republik geschlagen werden – wozu brauche ich da noch Geld und Gut? Ob ich falle oder
nicht, weltliche Güter sind dann von geringem Wert.
Sollte ich fallen – was nützt mir dann Reichtum? Mein letztes Hemd hat keine Taschen, und ich weiß,
um meine Angehörigen wird sich die Navy kümmern, denn sie läßt nicht die Familien derer im Stich,
die ihr Leben gaben.
Doch wenn wir siegen – dann will mir mein Geld ein geringer Preis dafür erscheinen! Einen Preis,
den ich gerne zahlen will! Denn ich weiß, die Navy wird uns nicht vergessen, die wir ihr in diesen
Zeiten des Krieges gedient haben.
Deshalb bitte ich euch – laßt uns gemeinsam helfen, auf daß dieser Krieg sein Ende nehme, und die
Schuldigen ihre Strafe erhalten! Jeder noch so kleine Beitrag ist von Nutzen! Laßt uns das Schwert
schmieden, das den Feind ins Herz trifft! Laßt uns unsere gefallen Kameraden rächen!
Helft siegen!
Neben den Worten waren Bilder befestigt, die Kriegsschiffe der Erde zeigten, lange Reihen
Kampfflieger auf dem Deck eines Raumträgers – Bilder, die von der Macht der terranischen
Waffen kündeten. Sie sollten dem Leser zeigen, wofür er sein Geld gab.
Lilja hatte den Aufruf wohlweislich nicht mit ihrem Namen unterzeichnet. Sie wußte um ihre geringe
Popularität an Bord – obwohl man ihre Leistungen meistens respektierte. Sollten sich die Leser selber
einen Reim aus den Worten machen! Sie selber glaubte an die Worte. Vor allem an ihren Inhalt – sie
hielt sich nicht unbedingt für eine Könnerin auf dem Felde der Rhetorik. Aber sie glaubte jede
einzelne Silbe. Für sie war dieser Krieg ein Krieg des Volkes, ein heiliger Krieg war – wie es in dem
Lied hieß, das sie so liebte. Und in diesem Krieg würde sie alles, wirklich ALLES tun, was sie für
möglich und richtig hielt.
Die Russin betrat die Kantine absichtlich etwas später. Sie konnte nicht erkennen, ob schon jemand
gespendet hatte, aber einige Mannschaftsmitglieder standen um den Anschlag. Sie trat hinzu und
studierte die Worte gründlich. Las sich den Aufruf aufmerksam durch. Einen Augenblick schien sie
sinnend vor dem Plakat zu stehen. Dann ging sie zum Spendenblock. Riß einen Zettel ab und füllte ihn
aus. Nicht demonstrativ – eher ruhig, überlegt, aber wie eine Selbstverständlichkeit. Die Summe, die
sie einschrieb, nannte einen Betrag, der gut vier Monatsgehältern entsprach. Das waren fast ihre
ganzen finanziellen Privatreserven – der Rest war an ihre Familie gegangen. Nicht, daß die Not litt,
aber Lilja war nicht im Krieg um reich zu werden. Kleinere Geschenke für die Daheim gebliebenen
waren für den Sold eine gute Verwendungsmöglichkeit gewesen – in ihren Augen. Einiges war auch
für „private“ Zwecke draufgegangen, vor allem für gewisse Medikamente, die man sonst nicht so
einfach in größeren Mengen bekam. Es fiel ihr nicht leicht, fast all ihr Geld zu opfern, aber sie sagte
sich, daß es seien mußte. Zum einen konnte sie selber kaum zurückstehen – dies hier war ihre Idee
gewesen. Sie wollte es auch gar nicht. Zum anderen war es RICHTIG.
Sie warf den Zettel ein, stellte sich – ohne eine Emotion zu zeigen oder etwa weiterhin in Richtung
Sammelstelle zu spähen, ob andere ebenfalls spendeten – in die Schlange an der Essensausgabe. Dann
suchte sie sich einen Platz und frühstückte – wie jeden Morgen. Nichts verriet, daß sie innerlich hoffte
und gleichzeitig bangte. Würde sie Erfolg haben?
********************************
Am nächsten Morgen hing ein kleiner Zettel neben der Verlautbarung.
In dickem Edding stand dort als Überschrift: ÜBERSETZUNG!
Der weitere Text ging wie folgt:
Was brauchst Du Geld, wenn Du tot bist?
Was brauchst Du Geld, wenn Du keine Heimat mehr hast?
Okay, ein bißchen Geld brauchen wir hier, um uns den harten Dienst etwas angenehmer zu machen.
Aber wenn Du zu einer Familie zurückkehren willst, und nicht auf einen verbrannten Planeten in ein
Straflager, dann rück mal ein paar Real raus.
Der Künstler wurde nie gefunden. Aber es ist belegt, daß Second Lieutenant Davis einen Dauerauftrag
einwarf, der fortan zwanzig Prozent seines Soldes spendete.
Von Lt. Commander Volkmer war bekannt, daß sie einen Betrag spendete, der ihrer gesamten
Flugzulage und ihrem Einsatzaufschlag für den Zeitraum von etwa drei Monaten entsprach.
Einige Beispiele von vielen.
***
Es hatte begonnen wie ein ganz normaler Tag. Flugdienst auf Patrouille, Nachbesprechung, Essen,
duschen, mit den anderen im Casino abhängen, zuhören, wie Shaka darüber prahlte, wie gut er
mittlerweile geworden war, die Tränen zurückhalten, wenn man erwartete, dass Pinpoint gleich eintrat,
obwohl er tot war, die Angst um die Menschen, die man mochte oder sogar liebte und die den eigenen,
brandgefährlichen Job teilten…
Eigentlich ein Tag wie jeder andere. Auch wenn er uns dem Konvoi einen Schritt näher brachte.
Mit einer Ausnahme. Als Lilja das Casino betrat, erwartete ich ihren üblichen bösen Blick, vielleicht
eine etwas zu laute Lästerei über mich im Kreis der wenigen Menschen, die man beinahe ihre Freunde
hätte nennen können, wenn sie dieses Prinzip wirklich verstanden hätte.
Diesmal war es anders. Wie eine eingelockte Amraam hielt sie auf mich zu. Ihre vernarbte
Gesichtshälfte glühte, als sie geduldig wartete, bis ich sie ansah.
„Ich will eine Revanche, Ace“, sagte sie statt einer Begrüßung.
„Wieso? Du hast doch schon gewonnen. Damals im Ring.“
„Das war ein Unentschieden. Du hast mich im Raumkampf besiegt. Das kann ich nur mit einem Sieg
ausgleichen.“
Ich nickte. „Okay. Gehen wir.“
„Was?“, fragte sie spöttisch. „Setzt du keinen Gewinn fest? Willst du nicht irgendwas im Falle eines
Sieges von mir?“
„Nein“, erwiderte ich. „Nein, will ich nicht. Denn wenn ich verliere, dann könntest du etwas von mir
fordern. Und ich bezweifle ernsthaft, dass ich bereit wäre zu leisten, was du mir abforderst. Und das
ich verliere ist eine ernsthafte Option. Ich hätte damals schon fast verloren. Ich hatte nur Glück.“
„Deswegen“, erwiderte sie spitz, „will ich ja meine Revanche. Vielleicht habe ich heute Glück.“
Wir stiegen in die Simulatoren auf dem Freizeitdeck. Ich sah zu ihr herüber. „Gleiche Sim wie letztes
Mal? Planet mit Asteroidenfeld?“
„Von mir aus“, brummte sie.
Die Kapseln schlossen sich, ein Countdown zählte die Zeit bis zum Beginn der Simulation herunter.
Bei null erwachten die Bildschirme zum Leben. „SCHEIßE!“, rief ich meine Wut hinaus, als ich
merkte, wo der Computer mich abgesetzt hatte. Ich war in der äußeren Atmosphäre des Planeten
gelandet. Zudem war es diesmal ein Gasriese. Ich kämpfte also gegen die Gasmassen UND die
Gravitation.
Der Computer konnte die Maschinen absetzen, wo er es wollte. Solange sie flugfähig blieben. Somit
hatte ich einen verdammt schlechten Startplatz erwischt, denn ich musste erst der Umklammerung des
Planeten entkommen.
Nach einigen Minuten hatte ich es geschafft. Wo also konnte ich Lilja finden?
„Das war bestimmt ein netter Ritt, karascho?“, klang ihre Stimme in meinem Kopfhörer auf.
Ich suchte die nähere Umgebung ab und entdeckte sie in meiner oberen Sechs. In der idealen Position
für den Todesstoß.
„Das war ja eine kurze Sim“, brummte ich.
„Njet, Ace. So leicht will ich nicht gewinnen. Ich gebe dir zehn Sekunden, um dich mit dem
Nachbrenner abzusetzen. Ab… Jetzt.
Was ist los? Findest du den Knopf nicht?“
„Ich will nichts von dir geschenkt, Lilja“, presste ich wütend hervor. „Der Computer hat mich in diese
miese Startposition gestellt. Und dich gleich darübergepackt. Das wars. Ich habe verloren.“
„Nun stell dich nicht so an, Ace. Steig auf den Nachbrenner und laß uns etwas Spaß haben.“
„Nein, verdammt. Du bist in der idealen Position für einen perfekten Abschuss. Wäre es anders herum,
würdest du es auch ablehnen, wenn ich dir einen Vorsprung gewähre. Ich will keine Almosen. Das
macht keinen besseren Flieger aus mir.“
„Das ist mir doch egal. Ich will dich im ehrlichen Gefecht vernichten. Genauso wie du mich erwischt
hast. So ist das doch zu einfach. Zu leicht. Das kann doch jeder.“
Ich knurrte böse. „Du willst einen eindeutigen Sieg, damit dir niemand nachsagen kann, du hättest
durch Glück gewonnen.
Ich will dir mal was sagen. Ein guter Pilot, der weiß eine gute Gelegenheit doch zu schätzen.
Mensch, wäre ich ein Akarii, dann hättest du mich doch schon lange in tausend Fetzen zerblasen.“
„Nun tritt endlich auf den verdammten Nachbrenner, Ace!“, blaffte Lilja gereizt.
Ich schüttelte den Kopf und drückte den Steuerknüppel herunter. Der Jäger begann langsam wieder
tiefer in die Atmosphäre des Gasriesen einzutauchen. „Wenn mich die Atmosphäre fertig macht, wird
es als Unentschieden gewertet, Lilja.“
„Das ist nicht fair, du verdammter Arsch. Das ist nicht fair!“
„Entscheide dich!“, blaffte ich zurück.
Kurz darauf begann mein Zielerfassungswarngerät zu heulen an.
Als ich aus dem Simulator stieg, erwartete mich bereits eine zornbebende Lilja. „Ich will noch eine
Revanche.“
Wütend deutete ich auf den Score, der Lilja als Siegerin auswies. „Du hattest deine Revanche.“
Ich drückte sie beiseite und trat auf den Gang hinaus.
Sie folgte mir wütend.
Mitten im Gang packte sie mich und drückte mich in einen Seitengang. Dort presste sie mich an die
Wand. „Verdammt, Ace, ich nehme auch keine verdammten Almosen. Das war doch kein richtiger
Sieg. Das reicht mir nicht. Ich will dich richtig fertig machen.“
Ich schüttelte resignierend den Kopf. „Ist das alles, woran du denken kannst, Tatjana?“
Ich küsste sie kurz auf den Mund. Die schallende Ohrfeige ließ nicht lange auf sich warten.
Erschrocken sah sie mich an.
Ich rieb meine schmerzende Wange und meinte: „Ich weiß nicht, welche Dämonen dich reiten und
daran hindern, ein Mensch zu sein. Aber ich hätte mich fast in dich verliebt.
Eine Zeitlang erschien mir das eine gute Option zu sein. Du bist gar nicht so hart, wie du eigentlich
tust. Irgendwo da drin in deinem eisenharten Körper ist eine zerbrechliche Seele, die umarmt werden
will.“
„Rede nicht so einen Stuß, Ace“, blaffte sie, „sonst kriegst du noch eine!“
„Doch dann lernte ich dich kennen“, sagte ich und senkte den Blick. „Und ich mag nicht, was ich sehe,
Lilja.
Ich gehe jetzt. Ich werde nie wieder mit dir reden. Und ich werde dir außerhalb des Dienstes auch nie
wieder antworten.
Und wenn es dich beruhigt, Pinpoints Brief war nicht an dich gerichtet.
Und wenn wir schon dabei sind, hör auf, im Voraus zu sterben. Noch lebst du und bist ein Mensch.“
Was mir noch eine Ohrfeige einbrachte.
Ich wandte mich um und ging.
„Ace“, hörte ich sie, für einen winzigen Moment unsicher. „Ich will meine Revanche.“
Doch ich antwortete nicht. Lilja war für mich erledigt.
Warum aber tat es dann so weh?
***

__________________
Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

Ace bloggt!
03.11.2015 22:38 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
Seiten (2): [1] 2 nächste » Baumstruktur | Brettstruktur
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