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Zum Ende der Seite springen Hinter den feindlichen Linien - Season 4
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Tyr Svenson Tyr Svenson ist männlich
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Der Konvoi pirschte durch das All. Die beiden Fregatten hatten nach vorne und zu den Seiten orientiert. Der Zerstörer, die MAORI, bildete die Speerspitze der Formation. Die DAUNTLESS selbst war hingegen im Konvoi und hatte sich etwas zurückfallen lassen. Allgemeine Anspannung machte sich an Bord der Schiffe breit, denn jetzt durchfuhr man die gefährlichste Passage.

Auf dem Gefechtszentrale der DAUNTLESS herrschte emsiges Treiben. Gonzalez war mit Commodore Reich heruntergekommen, um sich zusammen mit Turner und O’
Keefe über die Lage zu beraten.
„Systemstatus, XO?“ fragte Gonzalez, nachdem er den beiden Männern zugenickt hatte.
„Alles bestens. Ich habe aber das dumpfe Gefühl, dass wir das auch sein müssen.“
„Aye. Wenn uns die Akarii packen, dann hier.“
„Wie lauten die Befehle, Sir?“ wendete sich Turner an Reich.
„Was würden Sie mir denn raten?“
„Wir sollten das Radar abgeschaltet lassen. Unsere Emissionen sind sehr verräterisch und die Zerstörer geben uns genügend Vorwarnzeit. Sollte der Feind mit Aktivsensoren arbeiten, sogar noch mehr. Wie Sie wissen, ist die DAUNTLESS im passiven Bereich genauso leistungsstark wie im aktiven.“
„Und sobald der Feind auftaucht, aktivieren?“
„Nein. Wir sollten ausnutzen, dass der Feind uns noch nicht kennt und uns möglicherweise bei unserer jetzigen Position für einen Frachter oder Hilfskreuzer oder dergleichen hält. Wenn der Feind in Waffenreichweite ist, aktivieren wir Sensoren und Gefechtscomputer und hängen die anderne Schiffe an letzteren an. Auf diese Weise dürften feindliche Jäger in der Falle sitzen.“
„Klingt gut. Und bei Dickschiffen?“
„Da flitzen wir, Sir.“ meldete sich O’Keefe. „ Die DAUNTLESS ist schnell genug und selbst die Frachter sind wegen ihrer Geschwindigkeit ausgewählt worden. Jeder Feind, der uns nicht entgegenkommt, braucht unheimlich viel Zeit, um aufzuholen. Das kann er sich aber nicht leisten, weil wir Hilfe herbeirufen könnten.“
„Klingt plausibel. Gonzalez, haben Sie noch Anmerkungen?“
„Ja, ich möchte die Leute vom Drill entlasten. Zumindestens, solange wir hier auf heißen Kohlen herumschleichen. Sonst sind die Leute im falschen Moment zu erschöpft.“
„Gut, dann zeigen Sie uns mal unseren Kurs.“
O’Keefe bediente das große Display, das in der Mitte des Gefechtszentralees war und rief eine große dreidimensionale Karte auf. Alle vier Offiziere erkannten sofort das Gebiet, in dem sie sich befanden, auch wenn die rote Linie, den den Kurs anzeigte, nicht dagewesen wäre.
„Mir gefällt das nicht, Gonzalez. Wir kommen zu nahe an das Akarii Gebiet heran. Was halten Sie davon, wenn wir eine leichte Bogenbahn verfolgen, etwa hier, hier und hier.“ Reich deutete auf einige Punkte auf der Karte.
„Hmja. Ich habe das auch schon überlegt. Aber dem Geheimdienstberichten zufolge sind in den Asteroidengürteln an Punkt Bravo möglicherweise Minenfelder. Ich würde es auch für möglich halten, dass der Feind dort einen Beobachtungsposten oder gar Feindjäger stationiert hat.“
„Ich weiß. Aber ehrlich gesagt, ich halte das Risiko für gering. Geringer jedenfalls als die Gefahr, einer Zerstörerflotille oder dergleichen über den Weg zu laufen, wenn wir unseren aktuellen Kurs verfolgen. Und mit Jägern dürften wir leichter fertig werden.“
„Das ist richtig. O’Keefe, wieviel Zeit würden wir dadurch verlieren?“
„Moment, Sir....3 Tage und 13 Stunden.“
„Das ist ne Menge Holz. Wir sollten uns eigentlich beeilen.“

Reich überlegte einen Moment. Dann schüttelte er den Kopf: „Nein, legen Sie einen neuen Kurs ein. Ich denke, die Verspätung können wir verantworten, unsere oberste Priorität ist, den Konvoi unbeschädigt durchzubekommen.“
„Aye, Sir. O’Keefe, Kurs an die Brücke durchgeben.“

Der Commodore machte sich auf, die Gefechtszentrale zu verlassen. Gonzalez hingegen blieb noch einen Moment dort, um einige Details zu regeln: „Bill, was machen die Simulationen hinsichtlich des simultanen Einsatzes der SM2?“
„Es geht. O’Keefe und eine der Jungs von der Waffenkontrolle schreiben einige Zusatzprotokolle für den Gefechtscomputer. Wird den Jungs von der Werft zwar nicht gefallen. Aber ich denke, das wird was. Verdammt, warum hab ich das nie gelernt. Da kann man seinen Kahn wirklich tunen.“
„Immer noch der alte Schrauber.“ Gonzalez grinste.
„Und wie läuft es mit Reich?“
„Besser. Offensichtlich merkt er doch, dass ich nicht der Volldepp bin, für den mich einige Lamettahengste halten. Hat sich sogar mittlerweile an meine Zigarren gewöhnt.“
„Ich mag es nur nicht, dass wir den Bogen fliegen.“
„Ich auch nicht. Aber seine Abwägung hat Hand und Fuss. Eine Lehrbuchentscheidung. Und seien wir ehrlich, so Unrecht hat er nicht. Ich hab dabei nur so ein komisches Gefühl.“
„Nicht nur Sie, Sir. O’Keefe sah vorhin auch aus, als wenn er plötzlich Bauchschmerzen bekommen hätte.“
„Andererseits wollten wir ja alle die DAUNTLESS endlich in Aktion sehen...ich werde dann auch mal auf die Brücke gehen, überspielen Sie mir bitte alle Daten zu den Simulationen und machen Sie Vorschläge für das Handbuch. Ich wollte da heute abend noch ein wenig dran arbeiten.“
„Aye, Sir, wird gemacht.“

Drei Stunden später sass Gonzalez an seinem Schreibtisch und brütete über dem Taktikhandbuch. Ihm fiel mal wieder auf, dass er zwar gute Ideen hatte – jedenfalls seiner Meinung nach – aber das ganze zu Papier zu bringen, das war nicht so sein Fall. Grummelnd las er erneut die Analyse von O’Keefe. Da kam ihm die Erleuchtung...doch dann ging die Alarmsirene los. Fluchend lies er alles stehen und liegen, griff nach seinem Uniformhemd und der Basecap und rannte in Richtung Brücke. Unterwegs stolperte er beinahe über den Smut, der auf dem Weg auf die Brücke gewesen war, um Kaffee dorthin zu bringen. Dummerweise war eine Horde eiliger Matrosen an ihm vorbeigestürmt, noch bevor er hatte ausweichen müssen. Gonzalez ignorierte den armen Mann ebenfalls und knöpfte sich das Hemd weiter zu. Auf der Brücke angekommen nickte er kurz dem Commodore zu und begab sich ans taktische Display. Offensichtlich hatte eine der Fregatten, die IRON DUKE, am äußersten Rand der Auffassungsreichweite ein Objekt geortet.

Gonzalez blickte hinüber zu Reich, der in Gedanken schien.
„Sir?“
„Ja, Gonzalez?“
„Sir, ich würde zum abwarten raten. Jetzt die Sensoren anzuwerfen, würde unser Überraschungsmoment zunichte machen.“
„Ist richtig, aber ich würde gerne wissen, was da draußen ist.“
„Hm, sagen Sie doch einfach der Flottille, sie soll auf volle Emcon gehen. Nach zwei Minuten widerrufen Sie das. Vielleicht kommen die Leute da draußen dann ja ein wenig näher heran.“
Emcon oder Emission Control bedeutete, dass die aktiven Sensoren und der Funk weitesmöglichst eingeschränkt wurden. Faktisch würde die Flotille keinerlei elektronischen Lärm machen, der über eine längere Distanz aufspürbar war.
„Gute Idee. Veranlassen Sie das.“
Reich lehnte sich zurück und beobachtete, wie Gonzalez alles weitere veranlaßte. Der Feind verschwand vom Schirm. Nach etwa 100 Sekunden meldete sich ein Brückenmitglied, das die Passivsensoren überwachte.
„Sir, minimal Aktivität auf dem Z-Band. Scheint ein Akarii zu sein.“
„Na also, da ist jemand neugierig. Klassifizierung?“
„Nicht möglich, das Signal ist zu unregelmäßig.“
„Richtfunkspruch an die Flottille. Emcon fortsetzen bis Widerruf.“
Die Minuten verstrichen, offensichtlich war auch der Feind sich unschlüssig. Gonzalez wollte gerade das Signal zum aktivieren der Sensoren durch die IRON DUKE geben, da meldete der Junioroffizier für Sensoren erneut Aktivitäten.
„Sir, Signal verstärkt sich. Scheint ein Aufklärungspod zu sein.“
„Also ein Jäger?“
„Denke ich, ja.“
„Gut, halten Sie uns auf dem Laufenden und plotten Sie die Feindposition.“
„Aye, Sir!“
Gonzalez fingerte an seiner Zigarre herum, die er gerade angezündet hatte.

Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei, und der Feindkontakt abgebrochen. Die Flotille blieb jedoch auf Emcon.
19.11.2015 17:26 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
Tyr Svenson Tyr Svenson ist männlich
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Noch Tage, nachdem Clas Schiermer aus dem Koma erwacht war, hatte er Schwierigkeiten zu begreifen, wie er überlebt hatte. Es war nicht das erste mal, daß er verwundet wurde. Aber diesmal war es knapper gewesen als jemals zuvor. Zwei Wochen hatte es gedauert, bis die Ärzte auch nur die Verlegung von Taschkent in das Militärhospital des ‚Schukow‘-Militärkomlex für unbedenklich erklärten.
Dort erfuhr er überhaupt erst, wie es um ihn gestanden hatte – die Militärärzte kannten in der Beziehung keine falschen Hemmungen: Der Treffer in seiner Seite war schlimm genug gewesen, hatte innere Verletzungen angerichtet. Dazu kamen zahllose Granatsplitter, die tief in seinen Körper eingedrungen waren, ihn teilweise regelrecht durchdrungen hatten. Sein Leben verdankte Schiermer nur der schnellen Ankunft des medizinischen Notdienstes, seiner ungewöhnlichen Zähigkeit und ungeheurem Glück.

Man hatte ihm ein eigenes Zimmer zugewiesen und das war ihm nur recht. Er haßte das Gefühl, schwach und hilflos zu sein. Fast wie ein verletztes Tier wollte er sich verkriechen, im Verborgenen seine Wunden heilen.
Wie um seinen Wunsch zu entsprechen, blieb er die meiste Zeit alleine. Abgesehen vom medizinischen Personal, routinierten aber nicht überengagierten Männern und Frauen, hatte er kaum Besuch.
Wer sollte ihn auch besuchen? Eine Familie hatte er nicht und die wenigen Männer und Frauen, zu denen er im Laufe der Jahre so etwas wie Freundschaft entwickelt hatte, kamen nur in ein Krankenhaus, wenn es sie selber erwischt hatte.

Der einzige „Besuch“ war Captain Arianna Schlüter. Sie kam ein paar Tage nachdem Schiermer aufgewacht war. Auch wenn Schiermer erst seit einem knappen Jahr unter ihrem Kommando war, kannte sie den Sergeant gut genug, um sich Beileidsbekundigungen zu sparen. Außerdem traute sie Schiermer nicht völlig und wußte auch, daß Schiermer dies wußte.
Kurz und knapp informierte sie ihn, wie die Aktion ausgegangen war. Die Deserteure waren allesamt tot. Ebenso Privat Yamagata und zwei Kleinkriminelle, die eher zufällig in die Operation geraten waren. Korporalin Tennet hatte verletzt überlebt, war aber schon auf dem Weg zur Besserung, und würde bald wieder in den aktiven Dienst zurückkehren. Die Polizei von Taschkent hatte natürlich von der ganzen Sache Wind bekommen. Der NIC und das Marinekorps hatte es aber geschafft, die Sache zu unterdrücken. Offiziell hieß es jetzt, ein Spezialkommando hätte einen Waffenhändlerring ausgehoben, dessen Mitglieder sofort das Feuer eröffnet hatten und beim Schußwechsel allesamt umgekommen waren. Den Ruhm kassierte die Taschkenter Polizei – und schwieg dafür über die realen Hintergründe der Schießerei. Die vier Deserteure galten als bei einem Manöver umgekommen – das Ansehen des Korps würde makellos bleiben.
Ganz zum Schluß erfuhr Schiermer, daß er und Yamagata einen Orden, den Bronce Star erhalten würden. Das mochte etwas viel sein, aber für illegale Operationen gab es immer einen gewissen „Bonus“. Das war alles, was Captain Schlüter ihm mitzuteilen hatte – neben der Ankündigung, wenn er wieder gesund wäre, würde er wieder unter ihr Kommando kommen.
Als Schlüter gegangen war, fragte sich Schiermer kurz, ob Yamagatas Angehörige wohl mit dieser Belohnung getröstet sein würden, verwarf solche Gedanken aber als sinnlos und verweichlicht. Yamagata hatte das Risiko gekannt.

Es dauerte lange, viel zu lange für Schiermer, bis er das Bett verlassen konnte. Vor allem angesichts der Ungewißheit, ob er überhaupt wieder voll gesunden würde. Erst drei Wochen nach seinem Erwachen aus dem Koma erklärte ihm der ältere Militärarzt, er sei wohl über den Berg und würde wieder vollkommen gesund werden. Eine schwere Last wich von Schiermer bei diesen Worten. Auch wenn er seit längerer Zeit mit dem Gedanken spielte, den Dienst zu quittieren – SO wollte er nicht aufhören.
Dank der Teilnahme an einigen rechtlich illegalen, aber vom NIC oder TIS befohlener Operationen und einiger eindeutig kriminellen Machenschaften in Eigenregie hatte Sergeant Schiermer auf geheimen Konten mehr Geld gesammelt, als die meisten Marinesoldaten seines Dienstgrads in ihrem Leben zu sehen bekamen. Aber es reichte noch nicht – nicht für das Leben, das er sich vorstellte. Außerdem herrschte momentan Krieg und damit hatte er keine Möglichkeit, legal aus dem Dienst zu scheiden. Er hatte nicht vor, den Rest seines Lebens als Deserteur auf der Flucht zu sein. Wie die Legion und der Geheimdienst hatte das Korps den Ruf, sich um seine Leute zu kümmern – und Verräter gnadenlos zu Tode zu hetzen. Und Schiermer wußte nur zu gut, wie berechtigt dieser Ruf war.

Auch wenn er im Einsatz gelernt hatte, zu warten – die erzwungene Untätigkeit kratzte an seinen Nerven, machte ihn rastlos und ungeduldig. Auch wenn er es erst begrüßt hatte, sein eigenes Zimmer zu haben, wurde der Raum mehr und mehr zum Gefängnis, das ihn zu erdrücken drohte.
Deshalb war er froh, als es ihm endlich erlaubt wurde und möglich war, diese Zelle zu verlassen – auch wenn er dazu einen Rollstuhl benutzen mußte. Seine Beinmuskulatur war von den Granatsplittern regelrecht zerfetzt worden und würde noch lange brauchen, um zu heilen. Aber er überwand seine Wut auf das erniedrigende Schauspiel, das er bieten mußte, an einen verdammten Rollstuhl gebunden. Alles war besser, als immer in den selben Wänden eingesperrt zu sein und zu fühlen, wie sie langsam näher rückten. Es zog ihn nicht zu menschlicher Gesellschaft – aber er wollte ins Freie!

Dank eines gleichbleibend hohen, oder sogar steigenden Militäretat war das Krankenhaus auf dem modernsten Stand, ja man hatte sogar darauf Wert gelegt, eine angenehme Umgebung für diejenigen zu schaffen, die bereits in der Lage waren, ihre Zimmer zu verlassen. Ein regelrechter Park umgab das Krankenhaus, eine Oase der Natürlichkeit inmitten des akkuraten und zweckgerichteten Militärkomplex.

Momentan schien die Sonne auf Rasen, Bäume und den Teich, der direkt vor dem Krankenhaus angelegt worden war. Hier machten die Versehrten ihre ersten Gehübungen, trafen bei gutem Wetter Besucher – oder versuchten mit dem Krankenpersonal anzubandeln.
Aber auch hier blieb Schiermer für sich. Oder er hatte es jedenfalls vor.
Es war sein zweiter Ausflug in den Park. Er hatte sich so gut es ging von den anderen Spaziergängern entfernt. Vor allem von dieser unerträglich süßlichen Familienszene, dem Besuch der Eltern und der Freundin oder Verlobten für einen jungen Marine. Im Schatten einer Baumgruppe hatte er ausgeruht – und war eingeschlafen.
Das leise Knirschen von Schritten weckte ihn. Sofort griff er nach seiner Waffe und erlebte einen kurzen Augenblick der Panik, sich nicht nur waffenlos, sondern auch praktisch gelähmt zu finden. Erst dann hatte er realisiert, wo er war.
Mißtrauisch hatte er den Spaziergänger betrachtet – auch, weil der bereits laufen konnte, wenn auch nur auf Krücken. Der Mann stand mit dem Rücken zu ihm, eine gedrungene, breitschultrige, mittelgroße Gestalt, mit muskulösen, langen Armen. Er hatte Schiermer nicht gesehen, völlig beschäftigt mit dem Versuch, nur mit einer Krücke auszukommen. Um ein Haar fiel er, konnte sich nur mit Mühe aufrecht halten. Der Mann fluchte lauthals.
Der singende, ausgeprägte Akzent ließ Schiermer zusammenzucken, öffnete ein längst vergangenes Kapitel seines Lebens. Das war doch nicht möglich – oder? „Singe?!“
Der Mann mit der Krücke fuhr herum, dabei fast noch einmal das Gleichgewicht verlierend: „Was zum...?“ Er verstummte, starrte Schiermer an. Dann glitt ein Lächeln über sein breites Gesicht. „Der Teufel soll mich holen. Schiermer.“

Der Sergeant grinste ebenfalls. ‚Singe‘, also ‚Affe: gehörte zu den wenigen Freunden Schiermers. Der korsische Fremdenlegionär hatte den Spitznamen wegen seiner ungewöhnlich lang wirkenden Arme und seiner Behendigkeit erhalten – erlaubte aber nur Legionären und Freunden ihn so zu nennen. Wer unwissentlich gegen diese Regel verstieß, hatte allen Grund, es zu bedauern. ‚Singe‘ gehörte zum 4. Etranger, also dem 4. Regiment der Legion. Vor zehn Jahren hatte sein Bataillon zu einer gemischten Ad-hoc-Brigade gehört, in der auch Schiermer gedient hatte. Auf Pandora, einer Kolonialwelt der Republik, hatte ein verbissener Krieg gegen lokale Rebellen getobt. Fast vier Jahre hatte Schiermers Einsatz gedauert – dann war er verwundet und nach der Genesung zu einem anderen Kommando eingeteilt worden.

„Was machst du denn hier? Ich dachte, euch hätten sie irgendwo an der Grenze zu Konföderation vergraben?“
‚Singe‘ zuckte mit den Schultern: „Es herrscht nun mal Krieg. Da brauchen sie das Vierte Entranger der Legion an der Front, nicht als Schreckgespenst für die Konföderierten oder gegen die Pandora-Seperatisten-Hurensöhne.“
„Pandora – immer noch die alte Scheiße?“
„Natürlich. Urwald und Sumpf und Rebellen – und mittendrin wir. Trotzdem werde ich es vermissen.“
Das bezweifelte Schiermer: „Und wie hast du dir das zugezogen? Sag bloß, die Guerilla hat dich erwischt? Wirst du alt?“
„Sei du mal ganz ruhig! Und es waren nicht diese Schlammkriecher. Das passierte auf der Erde. So ein cochon von Zuhälter hat falsch gespielt. Und er hatte ein paar mehr gardien, als ich gedacht habe. Ich bekam ein Messer in den Rücken, aber richtig.“
„Und was war mit deinem Freund mit dem Messer?“
Der Legionär grinste häßlich: „Sie haben ihn in den selben Krankentransporter geladen, in den sie mich geschoben hatten. Aber ist krepiert, bevor sie seine Löcher flicken konnten.“
„Also immer noch der Alte.“
„Ehrensache. Wer sich mit der Legion anlegt, ist ein toter Mann... Und wo haben sie dich erwischt?“
Schiermer überlegte kurz – schickte dann die Geheimhaltung zum Teufel und erzählte die ganze Geschichte. Es überraschte ihn nicht, daß der Legionär die Aktion billigte. Auch die Legion folgte dem Motto, schmutzige Wäsche intern zu waschen.
„Und du bist immer noch bei der Coloniale?“
„Ja, immer noch die Marineinfanterie.“
„Na, wenn sie irgendwann von dir genug haben, dann kommst du zu uns. Mein captain kann Leute wie dich gebrauchen.“
„Werde es mir merken. Immerhin – wenn sie mich doch noch vor’s Kriegsgericht stellen, vielleicht kann ich damit davonkommen.“
„Wir sind die Legion. Natürlich nehmen wir dich dann!“

Und tatsächlich hatte die Fremdenlegion den Ruf, JEDEN zu nehmen, auch ehemalige Häftlinge, kriminelle Soldaten anderer Waffengattungen und Leute, die ihre Vergangenheit ungenannt lassen wollten. Wer dann den gnadenlosen Drill, die extremen Anforderungen nicht aushielt – nun, der hatte Pech gehabt. Es gab Gerüchte über Prügelstrafen und die archaische Ahndung schwerer Vergehen durch das Eingraben am Flaggenmast. Andererseits hieß es, die Legion ließ ihre Soldaten nie im Stich, dort war der Ton lockerer als in anderen Truppenteilen. Mit dem Eintritt in die Legion ließen die meisten ihr altes Leben zurück, wurden Teil der Legion, einer verschworenen, mythenumwitterten Eliteformation. „Legio Patria Nostra“ – „Die Legion ist unser Vaterland“. Und immer noch wurden die Rekruten in der alten algerischen Heimatgarnision der Fremdenlegion, Sidi-Bel-Abbès, mit den Worten begrüßt: „Légionnaires, vous etes là pour mourir - Legionäre, ihr seid hierher gekommen, um zu sterben!“

„Nun ja, Danke – aber wie lange muß ich mich dann verpflichten? Zehn Jahre?“
„Das sitzt du doch auf einer Arschbacke ab. Übrigens – du hast dir einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um blau zu machen.“
„Was hast du gehört, ‚Singe‘?“
„Genaues gehört habe ich nichts. Aber es gibt Gerüchte. Gerüchte, daß sie überall die Coloniale, die Legion und die besseren Armeetruppen herausziehen. Da bereitet sich was vor. Etwas Großes...“
Doch diese Vermutungen waren bald vergessen bei den üblichen Geschichten über Kämpfe, Vorgesetzte - und Frauen. Als Schiermer auf sein Zimmer zurückkehrte fiel selbst dem Arzt seine verbesserte Stimmung auf.
19.11.2015 17:30 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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„…wirkt sich die Präsenz der Akarii immer drohender aus. New Boston scheint weit vom Schuss zu sein, aber es erscheint sicher, dass dieses mächtige Volk nach der Einnahme des strategisch wichtigen Mantikor-Systems und dem darin befindlichen Flottenstützpunktes Trafalgar erst begonnen hat. Die Kapazitäten der Akarii reichen durchaus für einen Angriff auf Texas. Selbst wenn dieser scheitern sollte, werden die Gegner nach einem, vielleicht zwei Jahren Ruhe noch immer in exzellenter Position für einen zweiten Schlag gegen Texas sein. Und damit auch zu einem Schlag gegen wichtige Ressourcenwelten der Republik.
New Boston rückt damit stärker ins Geschehen als wir alle denken, als wir alle glauben wollen.
Uns bleiben damit zwei Alternativen. Die erste ist, das die Akarii versuchen, durch Texas zu stoßen, um Terra einzunehmen und damit effektiv die gesamte Terranische Republik zu kastrieren. Und zweitens Texas zu nehmen und danach die Hauptwelt, die auf Ressourcen von außen angewiesen ist, mit dem Verlust Dutzender Welten in die Knie zu zwingen.
Soweit die strategischen Überlegungen.

Die Frage, die sich uns allen stellt ist: Wollen wir das? Wollen wir unsere Hauptwelt von Akarii beherrschen, ja, zerstören lassen? Die Ursprungswelt aller Menschen?
Zyniker werden nun antworten, Terra ist weit und New Boston ist nun unsere Heimat.
Aber diese Menschen vergessen die zweite Variante.
Und selbst wenn die erste greift und lediglich Texas und Terra fallen, was erwartet uns dann?
Die Geschichte lehrt uns zwei Dinge über die Akarii. Im Konflikt mit den Tonari, einer intelligenten Spezies, zu der wir sporadischen Kontakt hatte, kam mit den Akarii wegen einiger Grenzwelten in Streit. Der Gegner wurde geschlagen, die Tonariwelten systematisch gesäubert. Heutzutage gibt es nur noch unbedeutende Flüchtlingsenklaven in der Republik auf Thordall, Winston und New York.
Mit den Soridachi, einem Volk, welches sich auf gemeinsame Vorfahren zu den Akarii beruft, oder vielmehr beansprucht, dass die Akarii von ihren Vorfahren abstammen, führten die Echsen einen weiteren Konflikt. Es war kein Vernichtungsfeldzug wie gegen die Tonari. Aber die Hauptwelt wurde in Trümmer gelegt, Akarii-Statthalter auf den Planeten eingesetzt und Tribut gefordert. Siebzig ehemals freie Soridachi-Welten und deren Bürger führen nun ein Leben Zweiter Klasse am Rande des Raumgebiets der Konföderation.
Außer diesen beiden Verhaltensweisen in einem Konflikt sind uns Terranern keine weiteren bekannt. Da die Echsen noch nicht verloren haben, wissen wir nicht, ob sie die totale Eliminierung ihrer Truppen oder Waffenstillstand und Friedensvertrag bevorzugen.
Was also käme im Falle einer Niederlage auf uns zu? Absolute Vernichtung… Oder ein Leben zweiter Klasse als Kolonie der Akarii?
Ich denke, beide Möglichkeiten sind nicht besonders erstrebenswert.
Uns bleibt eigentlich nur die Hoffnung, die Akarii zu stoppen, zu stellen und Mantikor zurückzuerobern. An dieser Stelle werden wir wissen, ob die Akarii ein Wort für den Begriff „Friedensverhandlungen“ haben.
Terra ist weit entfernt. Aber ob wir es wollen oder nicht: Wir sind Teil der Republik, und als dieser müssen wir unseren Teil leisten, um Terra und damit letztlich uns zu verteidigen.
Christian Harris, New Boston Tribune.“

Chip Harris sah von seinem Lesepad auf und lächelte in die Runde. „Das ist die Rohfassung, Chef.“
Jüdland Wong lächelte ein undefinierbares Lächeln. „Ein guter Text, Chip. Wenn wir ihn bringen, wird uns aber wahrscheinlich Parteilichkeit vorgeworfen werden.“
Jeannette Walters hielt dagegen: „Es ist allgemein bekannt, dass Chip First Lieutenant der Reserve der Boston Space Miliz ist. Wenn wir den Artikel namentlich kennzeichnen oder noch besser mit dem Hinweis Kommentar versehen, sollte uns das vor Schwierigkeiten bewahren – außer den üblichen Kabbeleien. Irgend jemand fühlt sich ja immer auf die Füße getreten.“
„Sie meinen also, wenn wir Chip als Veteranen seine Sicht der Dinge schildern lassen…“
Abwehrend hob der Reservist die Hände. „Hey, schon vergessen? Das ist eine Milizeinheit. Außer bei diversen Übungen und Einsätzen gegen Piraten habe ich keine großen Erfahrungen. Veteran ist vielleicht etwas hochtrabend.“
„Trotzdem bist du unser Mann mit dem meisten Fachwissen über das Militär. Vielleicht kein Veteran…“, meinte Wong gedehnt.
„Das kann sich bald ändern“, sagte Walters leise. „Gerade kommt eine Nachricht herein. Die Miliz wird aktiviert.“ Die Redakteurin hielt ihr Arbeitspad hoch, auf dem laufend die Meldungen der Nachrichtenagenturen abliefen. „Sammelpunkt Terra. Da nach der Rede der Präsidentin die Reservisten einberufen wurden, wirst du bald von der Miliz eingezogen werden, Chip.“
„Und auf dem Weg nach Terra sein.“ Wong klatschte in die Hände. „Das ist super. Wir werden die einzige Zeitung sein, die auf New Boston direkt aus dem Krieg berichtet. Schonungslos, offen und ernsthaft. Mein bester Reporter direkt an der Front.“
„Und wenn die Miliz nur eine Garnison ablösen soll, die direkt an die Front geht?“, versuchte Chip den Enthusiasmus seines Chefredakteurs zu bremsen.
„Genau so gut. Die Ängste und die Befürchtungen der Heimatterraner, direkt aus erster Hand.“
„Der NIS wird meine Artikel indizieren“, begehrte Chip ein letztes Mal auf.
„Davon gehe ich aus. Ich glaube nicht, dass wir viele Artikel an ihnen vorbei schleusen können. Geschweige davon, das du dich in viel zu große Gefahr begibst, wenn du es versuchst, Chip. Nein, damit können wir leben. Und Emotionen gehören nicht zu den Dingen, welche die Geheimdienstspinner raus streichen.“
Versöhnlich legte der Chefredakteur einen Arm um den Miliz-Reservisten. „Chip, du bist doch Pilot, richtig? Was ist ein Pilot schon ohne seine Kameraden, seinen Träger? Du wirst da draußen nicht nur für die TSN fliegen, nein, auch für ganz New Boston. Du willst mit deinem Artikel ausdrücken, dass wir Terra unsere Unterstützung geben sollen, so wie dies ein Techniker bei der Maschine eines Piloten tut. Dann fliege. Fliege und schreibe darüber. Zieh die Menschen auf deiner Heimatwelt mit, auf deine Seite.“
„Ich tus ja schon, ich tus ja schon. Wenn Sie endlich damit aufhören, Chef.“
Wong grinste. Er nahm den Arm wieder ab. „Ich brauche sofort die Redaktion im Konferenzraum. Wir machen einen großen Bericht über die Milizpiloten, die nach Terra abfliegen. Außerdem eine Charakterstudie der Offiziere. Jeder Mensch auf New Boston kriegt jeden einzelnen serviert. Aufhänger wird Chip. Schlagzeile: Reporter zieht in den Krieg.
Oder besser: An die Front – Feder beiseite und Schwert gezückt. Nein, jetzt habe ich es: Ich muss – ein Reporter und Pilot.“
„Ja, Chef“, brummte Chip ergeben. Das Abenteuer fing ja gut an…
20.11.2015 11:11 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Manchmal konnte Justus Schneider wirklich das Paradebeispiel für einen Lehrfilm abgeben – nämlich für den NEIN-Part.
Im Moment lief er in der Beziehung gerade zur Höchstform auf.
Er saß im Kapitänssessel und ließ die Beine über die linke Lehne baumeln, während er mit der Linken ein Hochglanzmagazin einschlägiger Art betrachtete und mit der Rechten nach seinem Kaffee angelte, der auf dem Boden stand.
„Sachen gibt es, die gibt es gar nicht“, kommentierte Justus ein Pin Up-Bild grinsend und nahm einen Schluck Kaffee.
„SKIPPER!“, blaffte eine Stimme hinter ihm.
Vor Schreck spuckte der Kapitän der KAZE den Schluck Kaffee wieder aus, und das mitten auf das Heftchen.
„Müssen Sie mich so erschrecken, Commander Soleil?“, beschwerte er sich. „Das Heft ist nur geborgt!“
Mißmutig wischte er mit einem Ärmel seiner weißen Ausgehuniform über das Malheur.
Lt. Commander Amber Soleil war indes nahe daran, zu explodieren. Geradeheraus, man konnte auch sagen, dass sie, wäre sie ein Vulkan, knapp vor dem Ausbruch stand. Nun, ihr Temperament stand dem eines feuerspeienden Berges jedenfalls kaum nach.
„Ich kann es nicht glauben. Das ich mir wirklich Sorgen um Sie gemacht habe… Das ich wirklich geglaubt habe, Sie wären hier einsam und alleine… Das ich wirklich gedacht habe, Sie könnten sich wenigstens einmal anständig benehmen und etwas sinnvolles tun…“
„Aber das ist sinnvoll“, erwiderte Justus empört. „Das hier ist die Juni-Ausgabe des Colonial-Playboys von 2320. Mein Cousin hat sie mir geschickt. Sie enthält einige ausführliche Artikel zur damals geplanten MIDWAY-Klasse.“
Für einen kurzen Moment war sie verdutzt, beinahe verlegen. Es war allgemein bekannt, dass der Colonial Playboy schon seit Jahrzehnten sehr gut recherchierte und ausführliche Artikel enthielt. Doch die Wut gewann im nächsten Moment wieder die Oberhand. „Und warum lesen Sie diese Artikel dann nicht und sehen sich stattdessen halbnackte Frauen an?“
„Zufall“, kommentierte Schneider jovial. „Das Bild habe ich beim Umblättern zum nächsten Artikel entdeckt.“
Wider besserem Wissens musste Amber zugeben, dass das plausibel klang. Auch wenn es aus dem Mund von Justus Schneider kam, der Gedankenlosigkeit in Person.
„Was machen Sie eigentlich hier, Commander? Haben Sie keinen Freigang? Ich dachte, Sie wollten ein paar Runden schwimmen gehen.“
„Das war“, gestand sie verlegen, „bevor ich hörte, dass Sie freiwillig die Deckwache mit Lieutenant Jones getauscht haben. Ich hatte eigentlich vor, Ihnen Gesellschaft zu leisten. Immerhin bedeutet das für Sie eine Doppelschicht.“
„Oh“, entfuhr es Justus. Er zog die Beine an und setzte sich normal in den Sessel. „Das ist aber eine nette Geste, Amber.“ Er deutete auf den Pilotensessel schräg links vor sich. „Bitte, nehmen Sie doch Platz. Kann ich Ihnen einen Kaffee holen? Oder Tee?“
Amber Soleil setzte sich in den freien Sessel und drehte ihn Schneider zu. „Sie meinen solchen wie in ihrem rechten weißen Ärmel?“, kommentierte sie spöttisch die braunen Flecken.
Schneider betrachtete das Malheur und danach das Heft, wo sich deutliche Wasserflecken abzeichneten. „Mein Cousin wird mich umbringen, umbringen, umbringen. Warten Sie, kein Zucker, aber Milch, richtig? Ich bin sofort wieder hier.
Wissen Sie, Amber, es gibt nichts langweiligeres als Deckwache, wenn man im Hafen liegt. Es passiert einfach nichts.
Hm, ist Tahoma Hochlage in Ordnung?“
„Ja, Sir. Besser als der offizielle Flottenkaffee ist er allemal.
Warum machen Sie es dann?“
„Was? Autsch, heiß.“
„Warum haben Sie die Wache übernommen?“
„Hier, Ihr Kaffee, Amber. Das ist einfach erklärt. Lieutenant Jones hat einen wichtigen Termin beim JAG. Es geht um ihre Strafversetzung. Mit etwas Glück wird der Fall neu aufgerollt und sie kann wieder weg von der KAZE.“
„Oh.“ Commander Soleil sah zu Boden. „Das ist natürlich gut für sie. Aber ich würde es Schade finden, sie zu verlieren. Sie ist eine gute Pilotin und eine gute Freundin.“
Schneider setzte sich wieder und nahm einen Schluck Kaffee. „Ja, da haben Sie Recht, Amber. Aber es wäre sehr egoistisch von mir, zu wünschen das sie auf der KAZE bleibt, richtig? Wir wissen doch beide, dass unsere niedliche kleine MIDWAY-Fregatte mit ihrem Potential als Superhorchposten nicht mehr der geltenden militärischen Doktrin entspricht. Heutzutage setzt man PERRYs ein, wenn man Fregatten will. Und für die Überwachung hat man entsprechende Tarnkappenshuttles.
Auf diesem Schiff zu bleiben ist ein klarer Karriereknick.
Außer für mich, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ich ein anderes Kommando bekommen könnte als diesen alten, halb verrosteten Gammelkahn.“
Seine Augen leuchteten bei diesen Worten und straften sie bittere Lügen. Schneider liebte dieses Schiff. Wohl nicht zuletzt deswegen, weil es enorme Freiheiten bedeutete, auf diesem Schiff das Kommando zu haben, kaum beachtet von der Admiralität und vom JAG bereits mit einer großen Toleranz gesegnet.
„Sagen Sie so etwas nicht, Skipper.“ Amber sah ihm fest in die Augen. „Sie haben Ihren Wert mehr als einmal bewiesen. Sie sind ein guter, erfahrener Kapitän, der genau weiß, was er seinem Schiff und seiner Mannschaft abverlangen kann. Und Sie haben eine Ruhe, die ihresgleichen sucht. In Lauerstellung abzuwarten, bis drei Akarii-Kreuzer keine fünfzig Kilometer am Schiff vorbeiziehen macht Ihnen so schnell keiner nach.
Ich gebe zu, ich hatte riesige Angst.“
Schneider grinste schief. „Ja, ich auch. Ich bekam kaum den Mund auf, als ich diese Waffenstarrenden Schüsseln sah. Aber es war nun mal die beste Taktik. In einem offenen Kampf hätten wir nicht mehr erreicht als vernichtet zu werden. Fliehen war unmöglich, da unser relativer Fallmoment genau in Fahrtrichtung der Akarii zeigte, und mehr als ein paar Schrammen hätten wir ihnen nicht verpassen können. Unsere einzige Chance lag darin, auf unsere Tarnung zu vertrauen.“
„Sehen Sie? Das ist genau das, was ich meinte. Sie bringen uns immer wieder nach Hause. Ich bin sicher, das würden Sie auch auf einem TICONDEROGA oder einer PERRY schaffen.“
„Danke für die Blumen, Amber, aber ich bleibe lieber da, wo ich bin und was Nützliches tue.
Ich… Nanu? Das ist merkwürdig.“
Interessiert betrachtete Justus Schneider das in die Armlehne seines Sessels eingelassene Display. Er stand auf und ging auf den Platz vom Lieutenant Li, dem Cheforter der Fregatte.
„Ist was, Skipper?“
„Kommen Sie mal her, Amber, das ist sehr interessant.“ Schneider winkte seinen XO heran.
„Hier, sehen Sie, die STAR OF TEXAS trifft gerade ein.“
„Das wäre dann das fünfte Schiff heute. Scheint, als wäre was im Busch“, kommentierte Amber Soleil leise.
„Ja, aber nicht das, was Sie glauben, Amber. Werfen Sie mal einen Blick auf die Reaktorsignaturen. Sie wurden modifiziert.“
„Stimmt, Skipper, sie entsprechen nicht mehr dem Profil der STAR. Ich lasse es mal durch den Computer laufen. Hmmmm, das ist merkwürdig. Ich kriege hier einen Wahrscheinlichkeitsvergleich. Demnach behauptet der Computer, das Schiff vor uns wäre mit achtzig Prozent Wahrscheinlichkeit die JUDGEMENT.“
„Die JUDGEMENT ist auch eine Fregatte der PERRY-Klasse, allerdings mit einer Elite-Besatzung. Sie war die letzten Monate mehrere Male mit einem Leichten Träger draußen und hat wild unter den Akarii gewütet.“
„Hm. Überprüfen Sie doch die anderen vier Neuankömmlinge, Amber.“
„Ja, Sir.“ Einige Minuten konzentrierten Arbeitens später sagte sie: „Noch ein Treffer. Der TICONDEROGA-Kreuzer da drüben ist laut Transponder die ADMIRAL WU, aber die Reaktorsignaturen werden der PFAD DES LICHTS zugeordnet, einem Begleitkreuzer der VICTORIA.“
„Die VICTORIA? Die VICTORIA der Ersten Flotte? Der Sol-Heimatverteidigung? Die VICTORIA?“
Amber nickte heftig. „Ja, Skipper. Die VICTORIA.“
„Na, das erklärt einiges. Es ist was im Busch, aber die Musik spielt wohl woanders. Irgendjemand versucht den Akarii zu verkaufen, wir würden hier Eliteschiffe zusammen ziehen.“
Amber runzelte die Stirm. „Aber das macht doch nur Sinn, wenn die Akarii die Schiffe anhand der Signaturen identifizieren würden.“
Schneider nickte schwer.
„Ups.“
„Ja, genau. Ups. Wir ziehen hier seit Monaten Operation HUSAR durch. Und wenn alle Dinge zusammenpassen, dann wissen die Akarii seit Monaten, wer hier ein und aus geht.“
Er sah seine XO direkt an. „Wie dem auch sei, es wird wohl bald ne Menge los sein.“
„Die Aussicht scheint Ihnen nicht zu gefallen, Skipper“, bemerkte Amber Soleil.
Das Piepen der Kommkonsole enthob Schneider einer Antwort. Er entschuldigte sich, setzte ein Headset auf und nahm den Anruf an. Er redete leise, aber konzentriert einige Minuten lang, bestätigte dann und legte auf.
„Amber, wir haben neue Befehle. Holen Sie sofort die Mannschaft wieder an Bord. Wir starten so schnell wie möglich.“
„Weg von der Action?“, kommentierte sie.
„Wir kriegen unsere eigene Action serviert. Unser nächstes Briefing ist in Fort LEXINGTON.“
„Na, solange wir keinen Soloangriff auf Akar fliegen müssen“, kommentierte sie leise, schnappte sich ein KommSet und begann die Mannschaft zu kontaktieren. Zuerst die Offiziere, dann die Unteroffiziere, danach die Mannschaften.
Wie erwartet war über die Hälfte der Crew spurlos untergetaucht und hatte die Kommgeräte abgeschaltet. Amber mobilisierte die bereits aufgespürten Offiziere, um ihre Schäfchen zusammen zu bekommen.
Schneider unterstützte sie bei dieser Aufgabe eher lax. Er stand neben der KommKonsole und führte einen einzigen Anruf.
„Ich habe fünfzehn, Skipper“, meldete sie.
Schneider grinste sie an. „Ich habe achtundvierzig.“
„Wie haben Sie mit nur einem Anruf so viele Crewmitglieder auftreiben können?“, entgegnete sie entgeistert.
Schneiders Grinsen wurde breiter. „Ich habe im Knast angerufen.“
„Daran hätte ich auch denken können“, brummte sie und beschloss, die Crew auf dem Weg zur Erde durch diverse Probealarme zu jagen.
20.11.2015 11:12 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Port Panama,
New Panama, Colonial Conföderation


Isabelle Hermosa blickte ihr Gegenüber an. Es oder viel mehr er trug wie sie die grauschwarze Uniform der Colonial Navy. Doch seine zeigte keinerlei Rangabzeichen oder Ordensbänder mehr. Auch schien seine Uniform nicht mehr richtig an ihm zu sitzen, als wäre es nicht mehr seine.
An manchen stellen wurde seine Uniform von seinem bläulichen Blut dunkler gefärbt.
Der Akarii starrte unentwegt auf die Platte des Tisches, der sie beide trennte.
"Wissen Sie Ty, ich denke man wird Sie aufhängen, ja, ganz gewiss, man wird Sie aufhängen, ein qualvoller Tod für einen Akarii, meinen Sie nicht. Bei einem Menschen geht es schnell, die Luke öffnet sich mit einen Knall, man fällt kurz und in der Regel bricht man sich dabei das Genick. Wenn man ein Mensch ist, nur ein Akarii-Genick, tja, das bricht nicht so schnell."
Sie schlug die Beine übereinander und fuhr im ganz normalen Plauderton fort. "Ich habe mal gehört, dass ein Mörder auf Golfahn über zwei Stunden am Strick baumelte, ehe er sich endlich zu Tode gewürgt hatte. Sie haben da doch so ein Sprichwort, wie heißt es doch gleich?"
Die Tür glitt auf und eine weitere Person betrat den Raum: "Dorash de tien. Sterben Sie wohl."
Drehte sich zu dem Neuankömmling um. Der Akarii, der den Raum betrat trug die drei schwarzen Balken eines Commanders auf den Schulterklappen. Er war etwas kleiner als Ty Noren aber trainierter, seine Schuppenfärbung war hauptsächlich weiß zum Kamm hin und der Kamm selbst zeigte sich ein grün/rotes Muster.
Die Augen waren dunkelbraun mit silbernen Sprenkeln.
"Und Sie sind?" Fragte Isabelle.
"Archon Breen*, aus Commodore Dubauers Stab, ich soll mir unseren ganz speziellen Freund mal ansehen." Er lächelte höflich, so man das Zähne zeigen der Akarii überhaupt als Lächeln identifizieren konnte.
Erst jetzt viel Isabelle das silberne Augen am Kragen des Commanders auf, welches ihn als Mitglied der Abwehr kennzeichnete.
Dubauers eigenes kleines Reich innerhalb des CNIO. Trotzdem war Isabelle froh den Commander zu sehen, die Abwehr war um einiges effektiver was Verhöre anging als der aktive Teil des Geheimdienstes, dem sie angehörte.
Breen schlich um den Tisch und begutachtete den gefangenen: "Hat er versucht zu fliehen?"
"Was glauben Sie, woher die Blutflecken kommen, wir foltern keine Gefangenen."
Zum ersten mal seid Stunden gab Ty eine Regung von sich, er lachte.
"Sehen Sie Ty", begann Breen, "die Abwehr hat Sie und ihren Spionagering schon seit einiger Zeit im Auge. Sie, Reman Jos, Paul Wallce, Kyle Ogley, Niva Gosh."
Er zählte sowohl Menschen als auch Akarii auf.
"Sie hätten wohl noch über 10 Jahre hier spionieren können, ohne das etwas aufgefallen wäre, wenn, wenn da nicht dieser Hauch von Größenwahn gewesen wäre. Dachten Sie wirklich, sie könnten von hier aus ein Spionagenetz in der Erdrepublick aufbauen. Gut, den Sollis** wäre nie was aufgefallen aber ich bitte Sie, jemanden anzuwerben, der schon seid vier Jahren für das CNIO arbeitete ...", Breen schnaufte, "eine wahre Glanzleistung."
Ty fixierte Breen und dieser blickte zurück.
"Kommen Sie Lieutenant, lassen wir unseren Freund ein wenig Zeit zum nachdenken." Breen ging richtung Tür.
Dort wartete ein weiterer Offizier der Abwehr, ein Lieutenant Commander, ein Mensch mit blonden Haaren und Sommersprossen im Gesicht.
"Nette kleine Rede Arc."
"Ja, nett, mehr aber auch nicht, Dan", bestätigte Breen.
"Sie haben also nicht das komplette Spionagenetz?" Fragte Isabelle.
"Doch, bloß ist hier die Frage: Nur eins von vielen? Immerhin sind wir die beste Möglichkeit für das Akarii-Imperium Agenten in die Republik einzuschleusen. Ich mein, einen Akarii zum Menschen umzuopperieren ist unmöglich, schlicht und ergreifend.
Einen Gefangenen umkrempeln, tja, vor zehn Jahren schaffte es tatsächlich mal ein Milizpilot aus der Akarii-Gefangenschaft zu fliehen.
Als unsere Abwehr mit ihm fertig war, war von seinem Geist nicht mehr viel übrig, nicht genug, um ihn an seine Familie zurückzuschicken."
Isabelle führte die beiden anderen Geheimdienstler durch den unterirdischen Bunker zu einer Cafeteria. Nachdem man sich warme Getränke besorgt hatte und sich in den Nichtraucherbereich gesetzt hatte fuhr Breen fort: "Bleibt den Akarii noch das anwerben von Schmugglern oder Piraten, nur ist deren Zuverlässigkeit mehr als nur zweifelhaft und deren Möglichkeit an wichtige Informationen zu gelangen ist sehr dürftig.
Was bleibt? Wir haben da eine kleine Nation, deren Bevölkerung sich aus Menschen und Akarii so wie noch einigen anderen Rassen besteht, wo setze ich also an, um beim Gegner Spione einzuschleusen."
Breen nippte an seinem Tee.
"Mich wundert es, dass es bei uns nicht von Agenten der Akarii und der Republik nur so wimmelt", philosophierte Dan Kowalsky, "und sei es auch nur um Spione der jeweils anderen Rasse anzuwerben."
"Und was macht Dich so sicher, dass es nicht so ist?" Fragte Breen.

*****

*Archon: Bedeutet soviel wie Krieger oder Soldat, ähnlich dem menschlichen Miles
Breen: Akariischer Familienname ähnlich Meier, Müller usw.

**Sollis: Abwertende Bezeichnung für Bewohner der terranischen Republik.
20.11.2015 11:13 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Aufbruch

Liljas Schritte waren ruhig, aber zielstrebig. Hier und jetzt hatte sie es auf einmal nicht mehr eilig – anders als die ganze Zeit zuvor. Die ganze Zeit, in der sie schlendern mußte, wo sie am liebsten gerannt wäre. Jetzt konnte sie wieder so schnell laufen, wie sie wollte. Und sie würde sehr schnell sein müssen, um nicht zurückzufallen. Aber dennoch, in diesem Augenblick ließ sie sich Zeit.

Ein Windstoß, gleichsam aus dem Nichts kommend, tastete nach den Blumen in ihrer Hand. Zerrte an ihnen, als wollte er sie Lilja wegreißen. Sie verstärkte ihren Griff und ging unangefochten weiter. Kein Baum und kaum ein Gebäude war hier, das Schutz geboten hätte. Unter den dahin jagenden Wolken wirkte die Stätte vollkommen offen, nach allen Seiten hin – genau so, wie es gedacht war. Die lange Allee, eine von vieren, aus jeder Himmelsrichtung eine, wies genau auf den Hügel im Zentrum. Auf ihn strebte alles zu, und – wie Lilja es in ihrer manchmal pathetischen Art vielleicht ausgedrückt hätte – dort kam alles wieder zur Ruhe. Es waren nur wenige Menschen zu sehen, aber jene, die hier waren, gingen gewiß nicht einfach nur spazieren. Hierher kam man, zumal in diesen Zeiten, nicht ,einfach so‘. Dazu hatte dieser Ort zuviel Bedeutung, zu viele Erinnerungen und Mahnungen waren mit ihm verknüpft.

Breite, marmorne Stufen führten hinauf. Sie hätten durchaus einer ganzen Kolonne Platz geboten, aber augenblicklich war Lilja fast allein. Unten, neben den ersten Stufen, jeweils genau zwischen dieser Treppenfront und der links oder rechts angrenzenden, erhoben sich zwei breite steinerne Sockel. Auf ihnen, archaisch anmutend, doch immer noch fast beängstigend, drohte zur Linken ein Panzer, zur Rechten ein Geschütz. Dunkelgrüne Farbe, unzählige Male erneuert, schien den Maschinen eine unheimliche Lebendigkeit zu verleihen. Auf Lilja wirkte es fast wie die Rinde eines Baumes, wie der Panzer einer Echse – als wäre dies mehr als toter Stahl, uralt. Der Turm des Panzers, nach vorne versetzt, gab dem Fahrzeug den Anschein, als warte es nur darauf, voran zu stürmen, die Feinde unter seinen Ketten zu zermalmen. Zwischen den beiden alten Kriegsmaschinen hindurch schritt die Pilotin die Stufen hinauf. Sie kannte diese zwei stummen Wächter, sie kannte auch die zwei anderen Kriegsmaschinen, die zusammen mit den beiden den Hügel zu verteidigen schienen – ein wuchtiges Sturmgeschütz und ein schlanker Jäger. ,Als schliefen sie nur, um in dem Augenblick zu erwachen, an dem ein Feind seien Fuß frevlerisch auf diesen Boden setzen würde, bereit, den Frevler zu vernichten.’ Normalerweise eher eine nüchterne Natur, konnte Lilja nicht verhindern, das ihre Gedanken hier und jetzt seltsame Wege gingen. Der Wind nahm zu, das Jahr war schon so weit voran geschritten, daß der Herbst, und bald nach ihm der Winter nahe war. Aber sie ließ sich davon nicht beirren.

Der Hügel war im Grunde nicht sehr groß. Niemand wußte, wie alt er wirklich war, und ob er tatsächlich, wie immer behauptet, das alte Grabmal eines Khans war, Ruheplatz eines furchtbaren Kriegers, in seinen Tiefen immer noch Gold und andere Kostbarkeiten bergend. Vielleicht war das nur ein Mythos, eine Legende. Doch hatte sie dazu beigetragen, daß dieser Platz zu dem geworden war, was er heute darstellte. Die Kuppe des Hügels war mit Steinen ausgelegt worden, und glich einer Schüssel, oder einem kleinen Amphitheater.
In der Mitte erhob sich der Obelisk. Eine gewaltige Säule aus Stein, mehr als ein Dutzend Meter hoch, seit Jahrhunderten allen Stürmen und Unbilden trotzend. Zu seinen Füßen brannte die Ewige Flamme, standen die Relieftafeln. Im Laufe der Jahre hatten Wind und Regen, manchmal auch die respektlosen Hände der Nachgeborenen, sie unzählige Male beschädigt und unkenntlich gemacht. Aber andere Hände hatten den Schmutz abgewaschen, und beschädigte Tafeln durch neue ersetzt. Nicht so sehr wegen dem, was sie darstellten, denn außer einigen wenigen wußte keiner mehr, was die Bilder genau bedeuteten und an welchen Krieg sie erinnern sollten. Vielmehr wegen dem, was sie repräsentierten. Und immer wieder war die Goldinschrift auf dem wuchtigen Fuß des Obelisken erneuert worden, damit die Worte niemals in Vergessenheit gerieten: „Den Verteidigern der Heimat – Heute und in Ewigkeit.“

Es war das zentrale Kriegsmahnmal von Kasan. Eigentlich das wichtigste in der ganzen Autonomen Republik Tartarstan. Geschaffen vor vielen Jahren, hatte es doch seine Bedeutung nie völlig eingebüßt. Rußland war emporgestiegen und herabgefallen, hatte Umbrüche erlebt, Not und Elend ebenso wie Ruhm und Ehre. Aber immer hatte es einen Platz gegeben, an dem man sich derer erinnerte, die für die Heimat gefallen waren, und wo man die ehrte, die auch weiterhin ihr Leben aufs Spiel setzten. Jede Stadt, jedes Land brauchte so etwas. Und Rußland, in dessen langer Geschichte fast immer irgendwo so etwas wie Krieg geherrscht hatte, brauchte es besonders. Auch, um sich über die neue Zeit hinweg zu trösten, in der es wieder einmal an Einfluß und Größe verloren hatte. Der Kampf blieb immer derselbe, und so blieb auch das Denkmal erhalten. Und alljährlich fanden hier am 9. Mai ein Treffen der Veteranen statt, und eine Gedenkfeier. Auch heute noch kamen nicht selten Klassen hierher, um sich von alt gewordenen Soldaten Geschichten anzuhören. Auch heute noch legten nicht wenige junge Paare hier nach der Hochzeit einen Blumenstrauß nieder. Auch heute besuchten die Soldaten, die ihre Heimat verließen, diesen Ort – ebenso wie ihre Angehörigen es taten. ,Hier ist man allem nahe – der Heimat, dem Krieg und den Toten.’

Die Pilotin kniete vor dem Fuße des Obelisken nieder. Sie senkte den Kopf sonst nicht einmal in einer Kirche, denn Demut war ihre Sache gewiß nicht. Hier aber verneigte sie sich beinahe. Vorsichtig legte sie die Blumen auf den kalten, harten Stein. Viele Sträuße lagen hier. Als Abschied von den Männern und Frauen, die hinaus gezogen waren, als Bitte von den Angehörigen, ihre Lieben mögen wieder zu ihnen zurückkehren. Sie lächelte, als sie einige Blumen sah, die wohl von Schulklassen hierher gelegt worden waren. Aber mancher Strauß war auch mit schwarzem Trauerflor umwunden. Kleine Kerzen – viele völlig herunter gebrannt und erloschen – standen zwischen den Blumen. Auch dies war eine alte Sitte. Und auch Lilja hatte eine Kerze mitgebracht. Behutsam entzündete sie das Licht, und stellte es dann in den kleinen gläsernen Windschutz, den sie wie die Kerze in Kasan gekauft hatte. Geschützt vor den Böen, brannte die Kerze flackernd, doch sie erlosch nicht. ,Und mit etwas Glück wird sie nicht vor ihrer Zeit ausgeblasen werden, sondern brennen, bis der Stumpf dem Feuer keine Nahrung mehr geben kann. Dann, so ist der natürliche Lauf der Dinge, wird auch sie erlöschen.’ Lilja nickte stumm zu diesen Gedanken, die einem anderen vielleicht furchtbar theatralisch vorgekommen wären: ,Das Feuer der Ewigen Flamme aber wird immer brennen. Ungeachtet der Kränze zu seinen Füßen, ungeachtet der Tränen, die den kalten Steinboden genetzt hatten. So lange die Kinder von Mütterchen Rußland bereit waren, in den Kampf zu ziehen, so lange würde sie nicht erlöschen.’ Und wenn es nach ihr ging, würde das nie der Fall sein.

Sie hatte diesen Besuch absichtlich so lange hinausgeschoben, bis die Entscheidung gefallen war. Gestern, am 16. September, war sie endgültig wieder diensttauglich geschrieben worden. Sie hatte sich schon lange bereit genug gefühlt, aber jetzt hatte sie die offizielle Bestätigung, erhalten. Damit, wie sie grimig feststellt, hatte man ihr auch die amtliche Erlaubnis gegeben, sich wieder gesund zu FÜHLEN. Sie wußte, sie hätte sich leicht zumindest noch einige Tage – bis zum Abend des 17. September – Zeit lassen können, denn erst am Folgetag wurde sie definitiv erwartet. Aber die Zeit und die Aufgabe, vor allem aber sie selbst, duldeten keinen Aufschub. Sie WAR in den Augen einiger Menschen etwas Besonderes – zumindest bildete sie sich das ein. Sie dachte an die Kinder der Klasse, die sie besucht hatte. In deren Augen zumindest war sie eine Heldin. Sie erinnerte sich auch an den Respekt, der in den Augen ihrer Nachbarn gewesen war, bei den Bekannten und Freunden ihrer Eltern. Sie hatten Lilja für das respektiert, was sie tat und was sie war. Sie dachte auch an ihren Wingman. Er war aus der letzten Schlacht nicht zurückgekehrt. Vielleicht hatten seine Eltern einen Strauß mit schwarzem Flor an einem ähnlichen Platz niedergelegt. Er war auch gefallen, weil sie es nicht hatte verhindern können. Auch wenn sie selber in der Schlacht verwundet worden war - er war ihr anvertraut gewesen, und damit war sie von Verantwortung für seinen Tod nicht frei. ,Und das verpflichtet. Eine Verpflichtung, der kein Mensch mit Gewissen sich entziehen kann – soviel war gewiß. Und ich werde mich nicht davor drücken. Ich will es auch gar nicht.’

Deshalb hatte sie, wenn auch schweren Herzens, Abschied genommen. Die Nähe zu ihren Eltern, die sie in den letzten Wochen genossen hatte, hatte ihr nur mit schmerzlicher Deutlichkeit klar gemacht, wie sehr sie ihre Familie vermißte, wenn sie ,draußen’ war. Aber eben deshalb mußte sie wieder hinaus. Es war der Weg, den sie gewählt hatte – und man verstand und respektierte das.
Sie hatte sich reisefertig gemacht, ihr Gepäck wartete am Flughafen. Die Reise würde sie nach Moskau bringen, von dort ging es dann – nach einer Unterbrechung, die sie sich auf keinen Fall verwehren konnte, wie eilig sie es auch hatte – weiter nach Amerika. Nach Miramar, Kalifornien – zu dem Stützpunkt, wo man ihr eine neue Einheit zuteilen würde. Angesichts der Ereignisse in den letzten Tagen und Wochen rechnete sie fest mit einem Platz in einer Fronteinheit. Und was dann kam, das lag nur noch zum Teil in ihrer Hand. Sie würde in jedem Fall ihr Bestes tun.

Gemessenen Schrittes stieg sie die Stufen wieder hinab. Sie wußte nicht, ob sie jemals wieder hierher zurückkehren würde. Ob es ihr jemals vergönnt wäre, am Tage des Sieges hier zu stehen in den vordersten Reihen als eine Veteranin. So, wie sie es sich immer gewünscht hatte, noch lange bevor sie in die Armee eintrat. Lilja war keine gläubige Frau – und jegliche Metaphysik ihr normalerweise fremd: ,Doch wenn es so etwas wie Gerechtigkeit gibt, dann wird zumindest mein Geist hierher zurückkehren, sollte ich fallen. Hierher, wo die Toten die Lebenden berühren.’
20.11.2015 11:14 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Fünf Stunden später wurde wieder Alarm gegeben. Gonzalez, der diesmal Brückenwacht hatte, räumte seinen Stuhl für den hereinkommenden Reich.
„Danke. Wie sieht es aus?“
„Wir haben gerade einen Richtfunkspruch von der Maori empfangen. Wieder etwas auf den Passivsensoren. Offensichtlich schnüffelt wieder ein Scout herum.“
„Position?“
Gonzalez aktivierte einige Funktionen am Display vor Reich, so dass dieser sich selbst ein Bild von der Situation machen konnte.
„Immer noch ein Signal. Aber ich fürchte, dabei wird es nicht bleiben.“
Gonzalez nickte.


Zur gleichen Zeit

Sal Knark saß in seinem umgerüsteten Delta und blickte irritiert auf seine Anzeigen. Da draußen mußte der Konvoi sein, den sein Untergebener heute gemeldet hatte. Er aktivierte nocheinmal das Radar, auch wenn er sich dadurch verraten konnte. Aber es war wichtiger, den Feind zu finden, um ihn vernichten zu können. Plötzlich piepte sein Computer und drängelte so um Aufmerksamkeit. Endlich, da war er. Insgesamt 7, 8...nein, 10 Signale. Offensichtlich hatten alle die Aktivsensoren abgeschaltet. Sal fletschte die Zähne. Der Tag seiner Rehabilitation rückte näher. In Riesenschritten. Darauf hatte er gewartet, seit Admiral Kellis Rhaak ihn an diesen Posten jenseits jeder Chance zum Ruhm verbannt hatte.
Nach zwei Minuten hatte er genügend Daten, um den weiteren Kurs des Konvois abschätzen zu können. Er flog eine enge Kehre und nahm Kurs auf eine versteckte Basis auf einen großen, beinahe stationären Asteroiden.


Gonzalez und Reich beobachteten, wie sich der Aufklärer wieder entfernte.
„Da wollte sich einer überzeugen, ob wir noch auf Kurs sind.“
„Ja, Sir, das denke ich auch. Die Frage ist nur, ob die Echsen hier draußen nur einen einzelnen Aufklärer oder vielleicht auch mehr haben.“
„Ich rechne ehrlich gesagt mit mehr. Beobachtungen dieser Art könnte man auch leichter mit Drohnen oder Spionagesatelliten machen. Das ist billiger und die Akarii können es sich auch nicht leisten, fliegendes Personal und Jäger zu verschwenden.“ Reich lehnte sich zurück.
„Ich würde sagen, wir bekommen in drei bis vier Stunden Besuch. Lassen Sie die Leute für zwei Stunden wegtreten.“
Gonzalez nickte und gab die entsprechenden Befehle durch.


Sal Knark landete auf der improvisierten Basis. Schon über Funk hatte er letzte Anweisungen gegeben und die Reservemaschine für sich für den Angriff vorbereiten lassen. Die restlichen Maschinen waren ohnehin bereit. Zwar verstieß ein Funkspruch hier im Raum gegen die Befehle. Aber Eile war nun, was zählte. Knark sah vor seinem inneren Auge schon, wie er wieder in seiner Galauniform am Leben des Hofes von Akar teilnehmen konnte...natürlich mit einer Beförderung. Er sprang aus seinem Aufklärer und brüllte letzte Befehle. Dann kletterte er sofort in die für ihn bereitstehende Maschine. Obwohl die Techniker, wie auch der Rest der Staffel, bestenfalls zweitklassig waren, war das Delta gut in Schuss.
Er aktivierte den Staffelfunk:„Männer von Akar, heute ist die Stunde, in der das Reich, ohne es selbst zu wissen, auf uns blickt. Der Feind führt einen wichtigen Versorgungskonvoi durch, den er sträflicherweise nur leicht schützt. Wir werden ihn angreifen und vernichten. Für den Imperator, für Akar!“
Dann schloss er die Verbindung. Er startete die Triebwerke des Deltas, die wie ein Kätzchen schnurrten, bevor sie bei voller Leistung losbrüllten wie zwei Drachen. Stolz erfüllte seine Brust. Endlich konnte er wieder Soldaten des Imperiums zum Sieg führen.
Die Staffel hob ab und begab sich in Schlachtformation, um den langen Weg zum Feind zu beginnen.


Gonzalez hatte gerade wieder den Alarmstatus wiederhergestellt, als sich Turner meldete.
„Sir, wir haben ein kleines Problem. Der SM2 Werfer achtern muckt herum.“
„Muckt herum?“
„Es kann sein, dass eine Prozessoreinheit abgestürzt ist.“
„Das ist momentan etwas......ungünstig.“
„Sir, ich weiß. O’Keefe und Chief Lauterbach sind bereits dabei, das Problem zusammen mit der SM2 Crew zu lösen.“
„Gut, halten Sie mich auf dem Laufenden.“
Reich sah Gonzalez fragend an, der auch nur mit den Achseln zuckte.
„Keine Ahnung, wie lange das dauert. Die Computer sind zwar meistens zuverlässig, aber wenn einer zickt, dann wie eine Primadonna, keiner weiß warum.“
„Das klingt aber nicht gerade beruhigend.“
„Ist es auch nicht. Aber O’Keefe hat in der Regel den richtigen Riecher und die SM2 Crew achtern hat ihre Hausaufgaben auch gemacht. Ich denke, dass wir in 15 Minuten wieder den Werfer haben.“
„Wollen wir es hoffen, ich glaube nicht, dass wir wesentlich mehr Zeit haben.“
Zehn Minuten später meldete die Maori erneuten Feindkontakt.
„Turner, was machen die SM2, der Feind rückt an?“
„Captain, wir arbeiten dran. O’Keefe meldet, dass er das Problem erkannt hat und nun ein Teil austauschen muss.“
„Gut, er soll sich beeilen.“
„Aye, Sir.“
Gonzalez nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarre und fluchte lautlos. Ausgerechnet jetzt!
„Maori meldet, dass feindliches Jägerradar identifiziert wurde. Deltajäger, etwa in Staffelstärke.“
„Commodore?“
„Wir bleiben beim Plan. Richtfunkspruch an die Flotte, Formation weiter verengen. Die DAUNTLESS soll etwas Fahrt aufnehmen und sich in Richtung Spitze orientieren. Ich will alle Kriegsschiffe am Feind haben.“
„Aye. Helmsman, ¾ Kraft voraus.“
„3/4 Kraft voraus, aye.“
„Fliegeralarm geben. Alle Mann auf Station, Freiwachen für Schadenskontrollteams bereit halten.“
Das Flugabwehrsignal tönte durch das Schiff.
„Dann wollen wir mal sehen, was das Baby hier kann.“
Reich war etwas weniger zuversichtlich als Gonzalez. Eine Staffel Deltas konnte die leichten Kriegsschiffe ernstlich gefährden, von den Frachtern gar nicht erst zu reden.
Turner meldete sich wieder. „Sir, Problem behoben, System wird neu hochgefahren. Dann ist das System gefechtsklar.“
„Wie lange?“
„30 Sekunden.“
„Crew soll sich zum sofortigen Feuern bereithalten.“


Sal Knark sah, wie der Computer drei Schiffe identifizierte. Ein Zerstörer und zwei Fregatten. Dann war da noch ein viertes Schiff, dass der Computer nicht identifizieren konnte. Wahrscheinlich ein Frachter, dachte sich der Pilot, ansonsten würde der Pott im Warbook des Jägers enthalten sein. Aber die Frachter machten häufig Probleme, den die wurden oft umgebaut. Das lies sich ja gut an, die Kriegsschiffe würden den Deltas nichts ernsthaftes entgegenzusetzen haben. Trotzdem gab er den Befehl, diese erst einmal zu ignorieren und die Frachter, die hinter den drei Kriegsschiffen lagen, anzugreifen.
Dann aktivierte er den Vollschub und jagte auf den Feind zu. Der Sieg war so gut wie sein!


Gonzalez kaute auf seiner Zigarre herum. Das Warten war immer das Schlimmste.
„Feind im maximalen Bereich der SM2. Schnell näher kommend.“
„Radar aktivieren, Flotille an den Computer ankoppeln.“
Gonzalez fluchte innerlich. Reich war ihm nicht nur zuvor gekommen, er hatte seiner Ansicht auch überhastet gehandelt.
Das Radar der DAUNTLESS wurde mit einem Schlag auf volle Leistung gebracht, der Gefechtscomputer mit unzähligen neuen Daten gefüttert.
„Zwölf Deltas im Zielanflug. Scheinen Kurs auf uns und die Frachter zu nehmen.“
„Feuer halten.“ Gonzalez war diesmal schneller als Reich. „Wir wollen doch verhindern, dass der Feind einfach abdrehen kann und den Raketen so entgeht. Ideale Feuerpositionen errechnen und einnehmen.“
Die vier Kriegsschiffe vollführten ein seltsames Balett, und richteten alle ihre Waffen gegen den anfliegenden Feind.


Sal Knark war irritiert. Plötzlich war ein extrem starkes Radar angegangen. Gleichzeitig waren auch die Kriegsschiffe auf aktive Sensoren gegangen. Aber das Radar des vierten Schiffes war beänstigend von seiner Stärke. Wahrscheinlich ein großes SWACs oder so. Zumal keine Waffenerfassung gemeldet wurde. Knark gab den Befehl aus, sich als erstes auf dieses Schiff zu stürzen. Denn auszuschließen war eine Gefahr von dort nicht.


Gonzalez sagte im selben Moment in einem ruhigen Ton: „Turner, sind die SM2 Werfer bereit?“
„Ja, Sir.“
„Feuer für SM2 freigegeben.“
8 große schlanke Flugkörper erhoben sich aus den Werferrohren und jagten gegen den Feind. In Sekundenschnelle folgte eine weitere Salve. Nach vier Salven stellte die DAUNTLESS das Feuer vorübergehend ein.


Sal Knarks Irritationen vergrößerten sich zunehmend. Dann kreischte sein Bordcomputer. Flugkörper im Anflug!
Knark riß die Augen auf und blickte auf das Bild, was ihm der Computer anbot. Raketen von einem unbekannte Typ und mit wahnsinniger Geschwindigkeit flogen auf ihn zu. Sein Hals wurde trocken.
„Abdrehen, alle Deltas abdrehen!“
Doch es war zu spät. Die erste Salve erreichte in diesem Moment ihr Ziel Vier Jäger explodierten spektakulär in Feuerbällen, als je zwei Raketen einschlugen und die Deltas wie Papierflieger zerrissen.
Die zweite Salve traf nur Sekunden später ein, als viele der verbliebenen Deltas ihre Wende noch nicht beendet hatten. Zwei jagten an ihrem Ziel vorbei und mußten eine erneute Auffassung vornehmen. Als diese nicht in 2 Sekunden gelang, zerstörten sie sich selbst. Die anderen drei Ziele hatten weniger Glück. Weitere Feuerbälle erleuchteten das Dunkel des Alls.
Dann sah Sal Knark, dass auch ihn zwei Raketen im Visier hatten. Verzweifelt versuchte er diese abzuschütteln. Doch Störkörper und schnelle Haken verwirrten die Raketen nur kurz. Geleitet vom Radar der DAUNTLESS fanden sie ihr Ziel. Scham überkam Sal als er merkte, dass er nun für immer entehrt bleiben würde. Dann explodierte die erste SM2 direkt neben dem Cockpit und beendete sein Leben.


Auf der Brücke der DAUNTLESS herrschte Stille. Das Geschehen war geradezu beängstigend. Binnen von 30 Sekunden hatte das Schiff in seinem ersten Gefecht eine Staffel schwerer Jäger der Akarii ausgerottet, ohne merkliche Gefährdung des Konvois.
Raich war wie betäubt, Gonzalez innerlich erleichtert. Dann brach der Jubel aus. Gonzalez ließ die Mannschaft einige Sekunden gewähren. Dann stellte er mit ruhigen Worten die Ordnung auf der Brücke wieder her.
In der Gefechtszentrale spielten sich ähnlich Szenen ab. Turner schlug dem jungen O’Keefe, der von der Reparatur noch ganz geschwitzt war, so feste auf die Schulter, dass dieser beinahe in die Knie ging.
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Miramar, Kalifornien,
USA, Erde, 17. September 2636

Der Transrapit hielt an der dem Navy-Stützpunkt eigenen Station. "Aussteigen ist nur militärischen Personal gestattet!" Verkündete eine künstlich-monotone weibliche Stimme.
Darkness setzte sich sein Schiffchen auf und schulterte den Seesack.
Mit ihm stiegen zwei weitere Piloten aus, an ihren Lederjacken konnte er erkennen, dass sie Angehörige der Imperial Starlancers waren.
Der Bahnhof war eigentlich ein Zivilbahnhof in offenen, freundlichen Farben gehalten. Jetzt jedoch war er von sämtlichen Zivilisten geräumt und Militärpolizisten des Marinecorps bewachten sämtliche Ausgänge.
Die Neuankömmlinge für Miramar wurden registriert, kontrolliert und eingewiesen.
Mit der Rolltreppe ging es zurück auf die Erdoberfläche, die Sonne brannte und Darkness setzte seine Sonnenbrille auf, beinahe zeitgleich setzten sich die übrigen Piloten ebenfalls ihre Sonnenbrillen auf.
Die Soldaten stiegen in einen wartenden Bus und wurden zum 7 Meilen entfernten Stützpunkt gefahren.
Fightertown USA sah noch aus, wie vor über 600 Jahren: Ein Flugfeld mit zwei riesigen, weißten Hallen und einigen weiteren Gebäuden. Einen Tag zu früh aus dem Urlaub zurück, Darkness schmunzelte Urlaub, während dort draußen Krieg herrschte, wie kann ein Mensch sich da entspannen oder zur Ruhe kommen?
Seine Gedanken wurden von einer Griphen unterbrochen, die über das Flugfeld donnerte.
Er versuchte es sich wieder bequem zu machen, doch der Bus hielt schon an.
Draußen wartete ein anderer Offizier auf ihn, der lässig an einem Grav-Jeep lehnte, eine Sonnenbrille und einen Cowboyhut trug.
Er wunk Darkness heran.
"Commander Nihat Uzan." stellte sich der Commander, der aus der Mittelmeerregion zu kommen schien, vor.
Darkness nahm Haltung an und riss den rechten Arm zum Salut hoch.
Uzans Salut hingegen viel eher lässig aus: "Aber Sie können mich ruhig Tex nennen."
Darkness nahm die hingehaltene Hand: "Darkness."
"Na, schmeißen Sie ihren Kram hinten rein, mein Boss will Sie sehen."
Tex schwang sich derweil hinters Steuer und kaum das Darkness eingestiegen war, gab er Gas.
Währen nicht Tex' Rangabzeichen und Schwingen gewesen hätte Darkness am Ende der weniger als 5 minütigen Fahrt geschworen, das Tex keinen Führerschein besitzen kann.
"Na kommen Sie Darkness", Tex sprang aus dem Jeep und langsam ging Darkness die kumpelhaft/freundliche Art des Starlancer-Offiziers auf den Geist.
Im mehrstöckigen Hauptquartier von Miramar war Hochbetrieb, wenn es zu Zeiten des TopGun-Programms um einiges Hektischer gewesen sein muss.
Tex führte ihn in den dritten Stock, grüßte dabei alle möglichen Leute, zum Büro des Geschwaderkommandanten der Starlancers und Stützpunktkommandanten.
Nach zweimaligem Klopfen stieß er die Tür auf: "Kommen Sie Darkness, es ist geheizt."
Der Captain hinter dem Schreibtisch blickte kurz auf und funkelte beide wütend an, ehe er sich wieder seinem Telefon zuwand: "...ja Schatz, ich werde mit Tommy reden, versprochen, doch nun muss ich Schluss machen, ich habe gerade Besuch bekommen."
"Oh, dann ist also doch eben Tex in Dein Büro gestürmt, grüß ihn bitte und komm nicht so spät nach Hause." Antwortete die Stimme aus dem Telefon.
"Ich versprech's", verabschiedete sich der Captain und schaltete das Bildtelefon aus.
"Tex!" Der Captain hob drohend den Zeigefinger.
"Yeah, schon gut Boss, ich werde mich bessern, ich hab Dir auch wen mitgebracht." Tex deutete auf Darkness.
Erneut nahm Darkness Haltung an und salutierte.
Im Gegensatz zu Tex erhob sich der Captain und salutierte ebenfalls, dann kam er um den Schreibtisch herum und streckte die Hand aus: "Samuel Lundeen."
"Justin McQueen", Darkness nahm die Hand entgegen.
"Setzen Sie sich Commander", Lundeen deutete auf den übrig gebliebenen Besucherstuhl, "ich habe Befehle für Sie ..."
"Du vergisst Deine guten Manieren Skipper", warf Tex ein.
"Tja, Tex, dann flitz mal los und besorg uns Kaffee." Konterte Lundeen.
"Wie trinken Sie den Kaffee Darkness?"
Ein feines Lächeln umspielte Darkness Lippen: "Schwarz, ... wie meine Seele."
Tex deutete einen Salut an und war verschwunden.
"Also kommen wir zu Ihren Befehlen Commander", fuhr Lundeen fort, "die Angry Angles werden neu formiert, Morgen kommt ein ganzer Schwung von ihren alten Leuten, die nächsten Tage treffen auch noch 40 Männer und Frauen der Boston Space Force ein, allein für Sie, sowie das, was unsere Akademie in die Freiheit entlässt."
Er reichte Darkness eine Daten-CD. "Darauf sind auch Pläne für die Einquartierung und Zeiten, die für Übungen frei sind, sowie eine Aufstellung der schon vorhandenen Jäger."
"Danke."
"Und nun", Lundeen lehnte sich zurück, "erzählen Sie mir, wie sind die Akarii ..."

Gleicher Tag,
Fort Lexington, Erdumlaufbahn

Jason Rowland wurde von zwei Marines eskortiert. In der linken Hand hielt er einen Aktenkoffer aus Edelstahl. Dieser war mit einer Kette um sein Handgelenk gekettet. Die Handschelle war ein spezielles Gerät, welches fest um den Arm geschnallt war und ständig seinen Puls überwachte. Würde man ihn jetzt töten und/oder den Koffer ohne den richtigen Code abmachen, würde der gesamte Inhalt zerschmolzen.
Die vier Marines die Rowland umringten, waren nicht annähernd so professionell wie die aus New York, aber sie machten ihren Job.
Am Verbindungstunnel machte die Marines halt.
Rowland wurde von einem Lieutenant Commander empfangen, der sich als Johann Olm vorstellte und der Captain des Kurrierschiffes war, welches Rowland transportieren sollte.
Olm war ein junger Mann, von vielleicht 28 Jahren, hatte gerade den Perisher mit ach und Krach bestanden und war überglücklich jetzt schon sein eigenes Kommando zu haben.
Rowland bedauerte ihn aus zwei Dingen. Zum einen war Olm vollkommen zufrieden damit als Taxifahrer für die Flotte zu arbeiten und zum anderen würde diese Mission wohl für lange Zeit die letzte sein, die Olm ausführen würde.
In seiner Kabine auf dem Kurierschiff Hemmingway schnallte Rowland erstmal seinen Koffer ab und verstaute diesen im Safe.
Danach legte er sich in voller Uniform aufs Bett.
Seine Gedanken treiben wirr umher.
Er fühlte sich schlecht, aber das war normal, so ging es ihm immer nach der Hypnosekonditionierung.
Es gab drei Stufen diesmal. Die erste war so angelegt, dass er dem Verhör, solange standhalten konnte, wie er wollte. Theoretisch.
Und dass er nur die Informationen preis gab, die der Feind wissen sollte.
Sollten die Akarii die erste Stufen durchbrechen und seinen wahren Namen sowie noch mehr in Erfahrung bringen, würde die zweite Stufe in Gang gesetzt und einen bestimmten Muskel in der Bauchregion zum Zucken bringen.
Das Zucken würde ein Implantat aktivieren, welches ein Gift direkt in die Blutbahn freisetzen würde.
Wenn die Akarii jedoch das Giftimplantat fanden und es vorher entfernten, würde Stufe drei in Kraft treten.
In seinem Gehirn würde der Zwang freigesetzt werden sich selbst zu töten, egal wie.
Es würde für ihn wohl eine Reise ohne Wiederkehr werden.
Entweder er würde sich selbst umbringen, weil die Akarii-Foltermeißter zu gut waren oder die Akarii würden ihn töten, weil er sie derart über den Tisch zog.
20.11.2015 11:15 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Die vier Piloten erregten Aufsehen. Uniformen waren zwar nicht selten zu sehen in diesen Tagen, doch Piloten waren etwas besonders. Auch wenn viele Menschen versuchten, den Krieg zu verdrängen – Piloten umgab immer noch ein Flair von ritterlichem Duell, Heldentum und Ruhm. Selbst die immer stärkere Mechanisierung und Computerisierung des Krieges, der Einsatz zielsuchender Raketen hatte an dem Mythos Jagdflieger nichts ändern können. SIE waren die Stars für die Presse.
Dazu blitzten und glänzten an den Uniformblusen genügend Auszeichnungen, um Laien und Fachleute zu beeindrucken: Fliegerkreuze, Verwundetenabzeichen, Raumkampf- und Raumabzeichen....
„Habe doch gesagt, daß es so schneller geht.“ In Huntress Stimme lag ein Hauch Selbstzufriedenheit. Es war ihre Idee gewesen.
„Na ja, aber in Zivil würde uns keiner fragen, ob er uns knipsen kann.“ warf Demolisher ein – nicht, daß er irgendetwas dagegen gehabt hätte.
„Für dich gilt das vielleicht – aber bei mir und Kali bin ich mir da nicht so sicher. Sei doch zufrieden. Überleg‘ mal, was du sonst alles tun müßtest, um als fotogen zu gelten.“
Demolisher grinste. Auf so eine Bemerkung gab es nur EINE Antwort: „Zuerst müßte ich mich weiß streichen!“
„Vielleicht hätte dich der Tiger dann auch ansprechender gefunden. Haie sollen ja auch nur an Weiße gehen!“
Diesmal blieb der hochgewachsene Schwarze eine Antwort schuldig. Die ‚Sache mit dem Tiger‘ machte ihm immer noch zu schaffen.

Kano, der dicht hinter den beiden marschierte, grinste Kali zu. Die ständigen Wortgefechte zwischen Huntress und Demolisher gehörten zu den beiden wie Huntress direkte Art und Demolishers manchmal ziemlich vorlautes Mundwerk. Kali zuckte nur mit den Schultern, schaltete sich dann in die Frotzeleien ein: „Ihr klingt, als wärt ihr verheiratet!“
„Also, da kennst du dich ja bestimmt aus.“ Konterte Huntress und grinste sie an. Kali winkte spöttisch ab.
Kano hörte nur halb hin, während er sich suchend umsah. Der Zug, der sie zum Stützpunkt Miramar, Kalifornien, bringen würde, sollte erst in einer halben Stunde ankommen – und die Bahnen waren üblicherweise pünktlich, wenn nicht etwa ein Militärtransport Vorfahrt hatte. Der Washingtoner Bahnhof sah allerdings genauso aus, wie all die großen Zentralbahnhöfe. Was Kano vielmehr aufgefallen war, war eine ganze Gruppe von jungen Männern und Frauen, die sich ziemlich lautstark auf dem Bahnsteig breitgemacht hatten, von dem auch der Zug der Piloten der „Angry Angels“ abfahren würde. Sie alle trugen die Uniformen der TSN, Piloten-Ausgehuniformen. Allerdings fehlte es diesen Piloten an Abzeichen – allesamt waren sie Second Lieutenants und keiner sah älter aus, als höchsten Anfang Zwanzig.
Als sich Huntress umdrehte, bemerkte sie Kanos Blick und folgte ihm. Sie grinste breit: „Frischfleisch für die Front.“
Demolisher beugte sich zu Huntress und flüsterte ihr etwas ins Ohr – was ihm prompt einen blitzschnellen Stoß in die Seite einbrachte, der ihn nach Luft schnappen ließ.
Inzwischen waren wohl auch die jungen Piloten auf die Gruppe der „Angry Angels“ aufmerksam geworden. Die Reaktionen waren gemischt und recht aufschlussreich. Einige gaben sich betont normal, scherzten und lärmten weiter – warfen allerdings immer wieder Blicke in Richtung der Veteranen. Andere beobachteten die Veteranen aus den Augenwinkeln oder ganz offen, mit einer Mischung aus Bewunderung, Neugier und Neid.
Immerhin, die Abzeichen und Ränge machten Huntress, Demolisher, Kali und Ohka zu etwas besserem – selbst Kano, immer noch Second Lieutenant, hatte sich schließlich schon das Flight Cross und das Verwundetenabzeichen verdient. Die Abzeichen machten die „Angry Angel“-Piloten zu Kriegsveteranen, die bereits mit dem Feind gekämpft und ihn abgeschossen hatten. Damit verkörperten sie gewissermaßen ein Ziel, welches sich die meisten der jungen Piloten gesetzt hatten – Siege, Ruhm und Ehren.
Vor allem Huntress zog natürlich die Aufmerksamkeit auf sich und ausnahmsweise nicht wegen ihres Aussehens. Immerhin hatte sie als Lieutenant Commander den höchsten Rang in der Gruppe und die meisten Auszeichnungen. Das erst nach fünf Minuten einer der „Frischlinge“ den Mut fand, sich direkt an die Veteranen zu wenden, lag sicherlich auch an der Erinnerung an die Raumakademie – in der die Ausbilder, meist altgediente Lieutenants, Lieutenant Commanders und Commanders ein strenges Regiment führten und auf eine perfekte Einhaltung der Dienstvorschriften und Ehrenbezeugungen achteten.

Aber einer der Akademieabgänger fasste sich schließlich doch ein Herz, marschierte direkt auf Huntress zu und machte eine militärisch einwandfreie Ehrenbezeugung. Huntress hielt nur mit Mühe ihre Miene neutral und erwiederte den Salut geübt, aber etwas weniger schmissig: „Rühren, Lieutenant. Wir sind noch nicht im Dienst.“
Der junge, hochgewachsene Pilot, der sein blondes nackenlanges Haar zusammengebunden hatte, entspannte sich nur unwesentlich.
Kali beugte sich zu Kano herüber, einen Arm um seine Schulter gelegt. Sie grinste leicht, ihre Stimme war nur ein Flüstern: „Kommt dir das irgendwoher bekannt vor?“
Er musste ebenfalls lächeln, auch wegen der Vertrautheit, die sich zwischen ihnen im Laufe der letzten Wochen endgültig wieder eingestellt und vertieft hatte: „Nun ja, vielleicht ein wenig. Aber du weist...“
„Ja, ja – es lebe die Tradition. Hoffentlich steigt unserem ‚Alten’ das viele ‚Männchen bauen’ der Neuen nicht zu sehr zu Kopf. Ich meine, noch eine Verstärkung seines Egos – und er wird mit uns die Heimatwelt der Echsen stürmen wollen.“
Lone Wolfes manchmal recht übertriebene Meinung von sich selbst war unter den Piloten, die seit mehreren Feindfahrten dabei waren ein offenes Geheimnis und gerne ausgewalztes Thema. Auch wenn die meisten Piloten dem „Alten“ vertrauten, seine Kompetenz und Leistung anerkannten – kaum einer war sich zu schade, heimlich auch mal über seine Schwächen zu lästern.
„Ich glaube nicht, dass das ein Problem wird. Zur Not holen ihn die Alten schon wieder auf den Boden. Und nach der letzten Feindfahrt…“ Die letzte Feindfahrt hatte alle Piloten der „Angry Angels“ hart getroffen. Die hohen Verluste, die bestenfalls als Patt zu bezeichnende Raumschlacht, die Aufgabe der REDEMPTION – wie das Ego des „Alten“ auch immer beschaffen sein mochte – nach diesem Dämpfer würde er wohl kaum zu irgendwelcher Selbstüberschätzung neigen.

Inzwischen hatte Huntress mit ihrer direkten, lockeren Art das Eis gebrochen. Eine wachsende Gruppe von Neulingen umgab die Piloten der „Angry Angels“. Es war schnell klar – sie alle hatten den Befehl bekommen, am 18. September in Miramar einzutreffen. Die Akademieabgänger kamen von allen bewohnten Kontinenten der Erde, dazu ein paar von den Kolonialwelten. Und sie alle hatten die gleichen oder zumindest ähnliche Fragen an die Piloten der „Angry Angels“: hatten sie schon mal mit den Akarri gekämpft? Hatten sie an einer richtigen Raumschlacht teilgenommen? Wie viele Feinde hatten sie schon abgeschossen? Wie flogen die Feinde, wie schoss man die Echsen am besten ab? Stimmte es, dass…
Das die Piloten zu den Veteranen von Jollahran gehörten, ließ ihren Status in den Augen der Akademieabgänger erheblich steigen – immerhin war dies der größte „Sieg“ seit längerer Zeit. Diese Bewertung der Schlacht, in der die Redemption tödlich verwundet worden war, löste bei den Veteranen allerdings eher gemischte Gefühle aus.
Die Ankunft des Transrapid unterbrach die auf die Veteranen einprasselnden Fragen, aber nur kurzzeitig: im Zug ging es weiter, in einer regelrechten Traube umlagerten die „Neuen“ die „Alten – was bei den anderen Fahrgästen zu Reaktionen zwischen Verärgerung und nachsichtigem Wohlwollen führte. Erstaunlicherweise waren sowohl Demolisher als auch Huntress bereit, geduldig die fragen zu beantworten. Nun, immerhin würde wohl Huntress einige von den Neuen in ihre Staffel übernehmen, denn wie alle anderen Staffeln hatte auch ihre Schwadron schwer gelitten. Die Neuen wussten noch nicht, welchen Staffeln sie zugeteilt werden würden. Sie wussten allerdings immerhin soviel, um nicht zu sehr nachzuhaken, was mit ihren Vorgängern passiert war.
Ansonsten schien aber ihre Vorstellung von der Front noch recht verschwommen zu sein – und als Demolisher recht drastisch die Eintönigkeit und Langwierigkeit der An- und Abmarschwege schilderte und sie erfuhren, dass sogar Monate vergehen mochten, in denen nur endlose Raumpatrouillenflüge, Übungsmissionen und Simulatortraining ihr Leben bestimmen würden, schienen einige der Neuen etwas enttäuscht. Vermutlich hatten sie nicht erwartet, dass sich der Einsatz an der Front so ähnlich gestalten würde, wie der bei eigentlich allen Rekruten verhasste Drill-Marathon auf dem Mars. Andere Rekruten allerdings schienen, so kam es Kano jedenfalls vor, nicht traurig bei der Aussicht auf lange Zeiten ohne Gefechtsberührung.
Für nahezu einhellige Begeisterung sorgte allerdings die Vermutung der „Angry Angels“-Piloten, dass sie alle wahrscheinlich auf einen neuen Flottenträger kommen würden. Viele Rekruten kannten sich von der Akademie, auch wenn dort zahllose neue Piloten ausgebildet wurden. Sie würden zusammenbleiben. Dazu versprach der Dienst an Bord eines Flottenträgers mehr „Chancen“ als der Dienst in irgendwelchen planetaren Garnisonsgeschwadern oder an Bord der neuen „Hilfsflugzeugträger“.
Und trotz der hohen Verluste über Mantikor galten wahrscheinlich Flottenträger immer noch als sicherer, als etwa die Leichten Träger, die ja sowieso nur zur „Sprottenjagd“ eingesetzt wurden, feindliche Nachschubsfrachter jagten und Gefechten mit feindlichen Raumstreitkräften nach Möglichkeit auswichen. Den Rekruten fielen nicht mal die Lücken und Auslassungen betreffs der zweiten Feindfahrt der REDEMPTION auf – den Troffens-Einsatz.

Kano wurde weniger ausgefragt, als die anderen. Zum einen hatte er natürlich weniger Erfahrung als Huntress, Demolisher und Kali – und außerdem war da noch sein etwas verschlossenes Naturell. Und er wurde mit seinen Antworten immer einsilbiger. Das fiel Kali auf. Als sich die Aufmerksamkeit der „Neuen“ auf Huntress Geschichte aus ihrer Zeit vor der „Redemption“ konzentrierte, beugte sie sich zu ihm herüber: „Was ist denn eigentlich los? Sag bloß, dir ist diese Heldenverehrung peinlich. Das wäre ein völlig neuer Zug an dir?“
Kano musste kurz grinsen, wurde dann aber wieder ernst: „Nun, wenn es berechtigt wäre… Aber auf Johllaran stolz sein… Aber das ist es nicht. Ich weiß nicht – irgendwie erinnern sie mich an früher. Vor einem halben Jahr war ich noch genauso kriegsbereit wie sie. Ich brannte förmlich darauf, mich an der Front zu bewähren. Oder redete es mir jedenfalls ein. In Wirklichkeit, Hellen…“, er sah Kali direkt an, „…in Wirklichkeit hatte ich aber auch Angst. Auch wenn ich es mir damals niemals eingestanden hätte.“
„Du hast es überstanden. Du hast deine Angst überwunden.“ Er war Kali dankbar für die Gewissheit in ihren Worten. Ja, er hatte seine Angst überwunden. Und er hatte überlebt, ohne sich oder seine Familie Schande zu machen.
„Aber sie haben es alle noch vor sich. Die Begegnung mit dem Feind, das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit. Schau sie dir an. Zumindest nach außen geben sie sich so, als wären sie unbesiegbar. Einige glauben das vielleicht auch. Und was wird mit ihnen in sechs Monaten sein?“
„Dann sollten wir uns Mühe geben, ihnen beizubringen, was wir gelernt haben. Wir haben uns dieses Wissen über den Feind teuer genug erkauft. Und was in sechs Monaten sein wird?“ Kalis Humor gewann wieder die Oberhand: „In sechs Monaten haben wir eine Parade – auf der Zentralwelt der Echsen!“

Als der Transrapid auf dem Bahnhof des Stützpunkts hielt, war er von einer Doppelreihe Posten umgeben. Ein Neugieriger, der sich hinter den aussteigenden Piloten aus der Tür beugte, starrte direkt in das maskenhafte, fast bösartig wirkende Gesicht eines Marinesoldaten und schreckte regelrecht zurück.
Geführt von einem Sergeanten der Verwaltungsabteilung ging es dann für die Piloten nach oben. Dabei passierten sie mehrere Kontrollpunkte und Sicherheitsschleusen.
Als sie endlich im Freien waren, schlug ihnen eine brütende, trockene Hitze entgegen, kaum gelindert durch eine schwache Brise. Praktisch sofort waren die Piloten schweißgebadet. Doch die Hitze war vergessen, als mit dem Dröhnen eines angreifenden Drachen vier Raumjäger über ihre Köpfe hinwegdonnerten, steil, die Gesetze der Schwerkraft anscheinend vergessend, in den Himmel stiegen und hoch über den Köpfen der nach Oben Starrenden ein gleichzeitig anmutiges, wie drohendes Ballet begannen.
Unwillkürlich fühlte Kano, wie seine Kehle eng wurde. Was scherten ihn jetzt noch seine düsteren Betrachtungen von vorher? Hier gehörte er hin! Und diese Gefühl wurde geteilt – von den Veteranen ebenso, wie von den Rekruten.
20.11.2015 11:18 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Abschied

„Und das war es dann, im großen und ganzen. Irgendwann muß mir der Film gerissen sein. Ich bin dann erst wieder auf dem Krankenrevier aufgewacht, ein paar Tage später. Wir haben uns zurück geschlichen, und ich durfte auf der ,RELENTLESS’ Däumchen drehen.“ beendete Lilja ihren knappen Bericht. Sie blieb bewußt vage in der Schilderung ihrer Verletzungen, denn nichts wollte sie weniger, als ihren Gesprächspartner an sein eigenes Leid erinnern. Sie selber war inzwischen halbwegs darüber hinweg – jetzt, wo sie wieder als einsatzbereit galt. Obwohl sie sich vermutlich diese Behutsamkeit hätte sparen können, denn der Rollstuhl erinnerte Alexander Jegorowitsch Gulajew unablässig daran, was ihn der Krieg gekostet hatte. Falls er daran dachte, so ließ er sich zumindest nichts anmerken – vielleicht wiederum aus Rücksicht auf sie. Der ehemalige Jagdflieger lächelte schief: „Kurz und schmerzlos – das klingt so gar nicht wie dem Heldensang, den ich erwartet hätte.“ Lilja lief rot an – er kannte sie gut genug um zu wissen, wie sehr sie sich geschmeichelt fühlte durch die Art und Weise, wie ihr Namen in den Medien aufgetaucht war. So etwas passierte ihr fast nur gegenüber Leuten, die sie gut kannten – und bei denen sie es einfach nicht fertig brachte, immer die kalte Maske zu wahren, die ihr zum zweiten Gesicht geworden war. Ihr Freund hieb nicht das erste Mal in diese Kerbe. Die Pilotin versuchte ihre Verlegenheit durch ein Schulterzucken zu überspielen: „Nun, dafür hast du es aus erster Hand.“

Sie hatte ihn – natürlich – zu Hause angetroffen, als sie direkt vom Moskauer Flughafen zu seiner Wohnung geeilt war. Lilja hatte ihre Reise so geplant, daß ihr zumindest ein reichlicher Nachmittag in Moskau blieb. Genug Zeit für einen ausgedehnten Spaziergang. Durch die Briefe, die sie sich geschrieben hatten, wußte sie viel über ihn, und er über sie. Mehr als früher, vor dem verhängnisvollen Tag, als für ihre Einheit der Krieg begonnen hatte. Daß sie beide die letzten Überlebenden der Staffel waren, verband. Für Lilja war ,Sokol‘ – so sein altes Callsign – die letzte Verbindung zu ihren alten Kameraden. Ihre erste Staffel war für sie so etwas wie eine Familie gewesen – neben ihrer ,richtigen’ Familie – und sie hatte den Verlust lange nicht verkraftet. Eigentlich hatte sie das bis heute noch nicht überwunden. Sie wollte es auch gar nicht, denn das wäre Verrat gewesen. Schmerz und Verlust nährten das Feuer des Hasses, das in ihr brannte.
Und für ihn war sie ein Bindeglied zu der Zeit, als er noch nicht verstümmelt und – wie er es sah – nutzlos war, dazu verdammt, dem Krieg zuzusehen, der ihn verkrüppelt hatte. Ohne Hoffnung auf Heilung oder wenigstens Rache.

Lilja wußte, wie sehr Alexander sein Dasein manchmal haßte. Sie war vielleicht die einzige, der er davon erzählt hatte, daß er manchmal mit dem Gedanken gespielt hatte, ein für alle Mal Schluß zu machen. Die Pilotin hatte ihn immer versucht davon zu überzeugen, diesen letzten Schritt nicht zu tun, so gut sie daß aus der Ferne konnte. In ihrer Angst hatte sie ihn moralisch unter Druck gesetzt, in dem sie ihn daran erinnert hatte, daß sie dann völlig allein geblieben wäre, die letzte der Falken. Die Möglichkeit, jemand auf der Erde darum zu bitten, sich des Piloten anzunehmen, einen Geistlichen oder Psychologen etwa, hatte sie zwar mehrfach erwogen, aber immer wieder verworfen. Zu sehr erschien ihr dies Verrat seiner geheimsten Gedanken, die allein ihm gehörten, und die er mit ihr teilte. Vielleicht hatten ihre Worte den Ausschlag gegeben, daß er sich gegen den Freitod entschieden hatte, doch sicher war sie sich da nicht. Sie hielt sich keineswegs für sonderlich geeignet, jemandem zu helfen, sein eigenes Leben in den Griff zu bekommen. Sicher war seine Entscheidung knapp ausgefallen. Sie wußte, wie sehr er es verabscheute, eingesperrt zu sein. Auch das war ein Grund, warum sie sich die Zeit genommen hatte, mit ihm auszugehen. Lilja begleitete ihn durch die Straßen der alten Hauptstadt. Sie war lange nicht mehr hier gewesen – manche Dinge allerdings würden sich nie ändern. Die massiven Mauern des nahen Kremls schienen wie immer Abwehrbereitschaft und Macht zu verkörpern. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte von diesem Zentrum das Schicksal der Welt abgehangen. Heute war es nur noch Sitz der Russischen Regionalverwaltung. Eine Erinnerung an glorreiche Tage, die es den Menschen manchmal schwer machte, vollkommen von vorne anzufangen – wenn sie das denn wollten. Die Gespenster vergangener Zeiten waren hier allgegenwärtig.

Auf dem gewaltigen Platz herrschte reger Betrieb. Die meisten Menschen gingen ihren Beschäftigungen nach – dem täglichen, banalen Einerlei. Die beiden Soldaten fielen nicht sonderlich auf. Einige blickten sich vielleicht kurz nach ihnen um, aus welchen Gründen auch immer. Es entging den beiden nicht, und sie sahen ahnten, was in einigen Köpfen vorgehen mochte. Alexander grinste bitter: „Siehst du sie? Sie bedauern dich. Du solltest dir lieber einen anderen Begleiter suchen...“ Lilja schüttelte den Kopf. In ihrer Stimme schwang Zynismus, der allerdings ihr selber galt, und nicht ihrem Kameraden: „Ich denke eher, daß sie dich bemitleiden.“ Sie berührte die Narben auf ihrem Gesicht – seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten, waren einige dazugekommen. „Angesichts meines holden Gesichtes – wer würde da nicht mit dir mitfühlen.“ Ihr Kamerad drückte ihr wortlos die Hand. Es war eine Verbitterung, die sie beide in sich trugen. Der Krieg hatte sie versehrt – und ihn noch viel stärker als sie – doch beide fühlten sich oft gleichermaßen von anderen Menschen ausgegrenzt. Als seien sie keine vollwertigen Mitglieder der Gesellschaft mehr. Es mochte freilich auch sein, daß sie aus einer bewußt abwehrenden Haltung sich selber isolierten – sie wollten vielleicht beide nicht zurückgewiesen werden, wegen dem, was sie waren, und hielten deshalb andere Menschen auf Distanz. Auch deshalb war ihre Brieffreundschaft für sie so wichtig.

Eine Weile schwiegen sie beide. Aber Lilja wollte nicht die wenige Zeit, in der sie einander Gesellschaft leisten konnten, in Trübsal verbringen. Deshalb wechselte sie das Thema: „Und, wie läuft es eigentlich hier – im dritten und einzigen Rom?“ Alexander lachte: „Für so orthodox hätte ich dich gar nicht gehalten – du klingst schon fast wie eine Altgläubige!“ Er schüttelte leicht den Kopf: „Ich weiß nicht so recht. An der Oberfläche bemühen sich die meisten, den Krieg mehr oder weniger zu verdrängen. Die Rede der Präsidentin hat allerdings einigen Wirbel verursacht. Vielleicht sind ein paar Leute aufgewacht. So wie das bisher lief, konnte es ja nicht ewig weitergehen. Auf der anderen Seite – es gibt auch Kriegsgegner.“ Er registrierte das verächtliche Schnauben Liljas und lächelte, denn diese Reaktion hatte er vorhergesehen: „Oh, es sind nicht nur ein paar blutleere Pazifisten, die schon von Polizeiterror schwätzen, wenn ein Milizionär vor ihnen ausspuckt. Die KPR hat vor ein paar Tagen bis zu hunderttausend Menschen auf die Straße bekommen. Vielleicht auch mehr. Mit einem Bekenntnis zur Vaterlandsverteidigung – aber gleichzeitig der Forderung, mit den Akarii zumindest Gespräche anzufangen, und dem Regierungsklüngel auf die Finger zu sehen. War schon ein beeindruckendes Schauspiel.“ Lilja murrte: „Wenn ihnen an der Heimat was liegt, sollten sie lieber gleich kämpfen!“ Alexander nickte: „Ich habe auch keine Lust, mit den Echsen zu reden. Aber andererseits – ich verstehe die Leute ein wenig. Nicht jeder kennt die Echsen wie wir, die wir ihnen schon gegenüberstanden haben.“ Die Pilotin lachte bellend: „Das verstehen nicht einmal alle, die wie wir schon ein paar von den verdammten Schlangen abgeknallt haben!“

Ihr Kamerad musterte sie ernst: „Meinst du, es geht glatt? Das wir es schaffen? Wenn ich in die Medien sehe, möchte man es fast glauben, aber wenn man genauer hinhört – dann ist es schon fast Sieg zu nennen, das sie nicht weiter vorgerückt sind.“ Liljas Stimme klang gequält, als sei es ihre Schuld – vielleicht empfand sie es auch so: „Ich weiß nicht. Alles was ich gelesen habe, läßt mich hoffen, daß wir ihnen Paroli bieten können. Wir haben ihnen über Jollahran verdammt schwer zugesetzt – auch wenn wir dabei viel verloren haben. Aber ihre Marine ist so verdammt stark, und wir fliegen immer noch diese alten Kisten. Sie sind gut, ja – aber die Feindjäger sind besser. Verdammt, ich würde jedem Etappenschwein das Herz rausreißen, wenn es sein Maul aufreißt – aber sie fliegen gut, und ich würde mir wünschen, wir hätten so gute Maschinen. Wir müssen uns doppelt und dreifach anstrengen, um ein Patt hinzukriegen.“ Alexander hatte dazu nicht zu sagen. Immerhin war er selber auch von einer Bloodhawk abgeschossen worden. Im entscheidenden Augenblick hatte die feindliche Feuerkraft den Ausschlag gegeben.

Lilja schüttelte den Kopf: „Aber Frieden? Mit denen? Was die wollen, das ist doch wohl klar! Man fängt keinen Krieg auf diese Weise an, wenn es nur um ein paar Grenzsektoren geht. Die wollen uns ein für alle Mal als Rivalen aus dem Spiel haben – was anderes können sie sich nicht wünschen! Und nachdem sie angefangen haben, wissen sie, was ihnen blüht, wenn sie nicht gewinnen. Sie werden wissen, daß wir nur auf eine Gelegenheit warten, es ihnen heimzuzahlen. Nein, die werden keinen Frieden machen – schon gar nicht einen, den wir akzeptieren können!“ In ihrer Stimme schwang neben Niedergeschlagenheit auch eine gewisse grimmige Genugtuung, fast Freude mit. Kein Frieden bedeutete, der Kampf würde bis zum letzten geführt werden. Sie würde ihre Rache bekommen. Vielleicht war es ihr nicht einmal klar, aber in Wahrheit wollte sie keinen Frieden. Keinen, bei dem sie nicht ihren Fuß den Akarii in den Nacken setzen konnte. Alexander empfand nicht viel anders. Aber er hatte viel Zeit, um nachzudenken, und manche Gedanken kamen ihm immer wieder, er mochte sich noch so sehr dagegen wehren.

„Was meinst du, wo werden sie dich hinschicken?“ fragte er sie. Lilja zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Ich denke, auf einen anderen Träger nicht gleich. Unsere Staffel ist nicht so stark dezimiert, daß man sie gleich aufteilen müßte. Und wir sind zu gut“ sie errötete erneut, als sie das Grinsen ihres Kameraden bemerkte „um irgendwo in der Etappe zu versauern. Also denke ich, sie schicken uns auf einen Hilfsträger oder so. Dafür ist eine Staffel wie die unsere noch das Beste.“ Daraus sprach wieder einmal die typische Arroganz der Pilotin eines Abfangjägers, die ihre Truppe natürlich für die absolute Elite der Navy hielt. Alexander verzog das Gesicht: „Verdammte Seelenverkäufer.“ Meinte er. Aber Lilja schien es mit Gleichmut zu nehmen: „Besser so, als gar nicht. Klar sind die Dinger nicht für den Flottenkampf geeignet. Aber das ist ja auch nicht unsere Aufgabe. Wir können damit unsere Kameraden von den Dickschiffen absichern – und wenn man ein Bettler ist, sollte man sich über jedes bißchen freuen, das man bekommt. Außerdem“ sie bemühte sich, betont ungerührt zu klingen: „war mein alter Kahn ja auch kein Schlachtschiff. So viel schlechter sieht es auf einem Hilfsträger auch nicht aus, verhältnismäßig. “ Ihr Begleiter nickte, allerdings nicht sehr überzeugt. Er kannte die Parameter der Rümpfe, wußte, was man damit in etwa machen konnte und ihm war folglich nur zu klar, das Panzerung und Bewaffnung nicht allzu üppig ausfallen würden. Allerdings – brachen Feinbomber durch, dann war oft alles sowieso verloren. Auch ein Träger konnte sich nur bedingt lange halten – die Impulslaser hatten so manches Schiff nicht retten können.
„Aber“ kam er wieder auf das ursprüngliche Thema zurück: „Glaubst du, daß wir es schaffen?“ Lilja schien zu einem Entschluß gekommen zu sein: „Ich bin fest überzeugt. Nicht heute, und vielleicht müssen wir noch weiter zurückweichen. Aber am Ende werden wir es schaffen.“ Oder – aber das sprach sie nicht aus – sie würde die Niederlage nicht mehr erleben. „Am Ende werden unsere Soldaten die verdammten Fahnen zu Boden schleudern und drüber weg marschieren!“ Ihre Stimme klang vergiftet vom Haß. Doch dann schien sie sich zu besinnen: „Aber laß uns von was anderem reden“ meinte sie: „Erzähl mir lieber, wie es hier in Moskau abgesehen vom Krieg so läuft – und ich will nichts mehr hören über die Abweichler...“

Sie verbrachten die nächsten Stunde in angeregtem Gespräch, gingen essen in einem Restaurant – doch natürlich vergaß keiner von ihnen den Krieg. Sie beide erinnerten sich und den anderen unablässig daran, allein dadurch, was und wie sie waren. Schließlich brachte Lilja ihren Freund zu seiner Wohnung zurück. Beide hatten sich stets gehütet, dem Gefühl, das sie verband, einen anderen Namen zu geben als „Freundschaft“. Sie hielten es eigentlich auch für überflüssig. Etwa „Liebe“? War Freundschaft nicht auch Liebe? Konnte man erst dann von „Liebe“ sprechen, wenn man auch eine ,nun ja, körperliche Beziehung hatte? Oder bedeutete Liebe nicht in erster Linie, daß man für einander da war, sich dem anderen anvertraute? Wenn man diesen weiteren Begriff nahm, dann liebten sie sich ohne Zweifel. Beide wußten nicht, wo ihre Freundschaft – oder wie man es auch immer nennen wollte – geendet hätte, hätte der Krieg Alexander nicht verstümmelt. Sie hatten sich schon vorher nahe gestanden, nach dem Tode des letzten Überlebenden der Staffel außer ihnen. Denn es hatte keinen gegeben, der ihnen in dieser Stunde beigestanden hatte. Da war keine helfende, tröstende Hand gewesen, niemand, der einem Beistand – nur sie selber konnten einander helfen, diesen Verlust zu ertragen, nachdem schon so viele Freunde gefallen waren. Und für Lilja war schließlich überhaupt niemand mehr dagewesen, als man ihren schwerverletzten Kameraden aus seiner wracken Typhoon zerrte. Am Ende war sie daran beinahe zerbrochen – und seit damals verfolgte sie die Akarii mit unbarmherzigen und unermüdlichen Haß.

Aber so war das Schicksal. So war der Krieg. Es stand ihnen – so war ihr stummes Einverständnis – nicht an, sich darüber zu beklagen. Oder darüber nachzudenken, was vielleicht gewesen wäre, wenn nicht... Die Dinge waren wie sie waren, und damit mußte man fertig werden. Das war ihnen bisher gelungen, wenn es auch oft nicht leichtgefallen war. Es mochte nichts – oder auch alles – bedeuten, als Lilja ihren Kameraden, als sie in der Wohnung angekommen waren, aus seinem Rollstuhl hob und ihm half, sich hinzusetzen. Ebenso wie es nichts bedeuten mußte, das er seine Arme um sie legte, als sie ihn trug. Er war ihr Freund - und mehr Worte mußte man nicht machen. Wozu auch?

Sie erkannte sein Zimmer nur zum Teil wieder. Er hatte es ihr früher einmal beschrieben, in der letzten Woche, als sie nur noch zu zweit gewesen waren, die letzten der „Roten Falken“. Sie kannte die Bilder von ihrer alten Staffel, vom Stützpunkt, auf dem sie gedient hatten. Und das bunte Plakat mit dem Einheitswappen, dem stürzenden Falken mit dem rötlichen Gefieder. All das kannte sie aus seinen Erzählungen, ausgetauscht, wenn sie erschöpft nach einem Einsatz oder einer endlosen Bereitschaftsschicht Seite an Seite gesessen hatten, und nicht wagten allein in ihre Quartiere zu gehen. Aus Angst, die leeren Kojen zu sehen, aus Angst vor dem, was hinter ihren geschlossenen Lidern auf sie wartete. Aus Furcht, der Alarm könnte sie aus dem Schlaf reißen und sie vielleicht unvorbereitet finden.
Die anderen Dinge hatte sie teilweise aus seinen Briefen erfahren. Die Fotos von verschiedenen Schlachten des Krieges, von vernichteten Akariischiffen, abgeschossenen Jägern. Eine Sternenkarte, auf der Gefechte und Fronten markiert waren – eine weit detailliertere hatte er in seinem Computer. Bilder des Asse und Helden des Krieges. Es war, als würde Alexander diesen Krieg, von dem er ausgeschlossen war, gleichsam mit führen. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie er sich fühlte, eingesperrt in die Beschränkungen seines Körpers, der ihn verraten hatte. Sie wußte, er hatte mehrere Anträge darauf gestellt, in irgendeinem nachrangigen Dienst wieder eingestellt zu werden. Bei der Auswertung, der Verwaltung – irgendwo. Bloß diesem Gefühl der Nutzlosigkeit entfliehen, mehr sein als ein „Samowar“. Bisher aber war noch keine Antwort gekommen. Vielleicht wollte man keinen „Krüppel“ haben. Es vertrug sich nicht mit dem Bild der Navy, und wozu sollte man sich die Mühe machen, extra einen Arbeitsplatz zu finden, den er effektiv ausfüllen konnte? So dachten vermutlich die Personaloffiziere. An Menschen für die hinteren Dienststellen mangelte es ja auch nicht. Nein, da sollte sich der Versehrte sich mit seiner Invalidenrente zufrieden geben – was wollte er mehr? Ob sie überhaupt verstanden, daß das einfach nicht genug war? Nicht genug, um die Leere auszufüllen, die seine Verstümmlung in ihm hinterlassen hatte? Man hatte ihm von seinem früheren Dasein abgeschnitten, ihm den eigentlichen Inhalt seines Lebens genommen – doch man bemühte sich nicht einmal, es ihm zu ersetzen.

Lilja wußte, wie er dachte – aber sie konnte ihm nicht mehr geben als Anteilnahme und das Gefühl, daß jemand ihn verstand. Das war unermeßlich viel, und doch viel zu wenig. Und auch das wußte sie. Deshalb tat sie, was ihr möglich war – und mehr, als sie eigentlich durfte. Aber zumindest in dieser Hinsicht zögerte sie nicht, die Grenzen des Erlaubten zu überschreiten. Ebensowenig, wie sie sich darum scherte, daß sie mit ihrem kaltblütigen Abschlachten ausgestiegener Feindpiloten ein Verhalten an den Tag legte, das durchaus als Kriegsverbrechen angesehen werden konnte. Sie zog einige Discs aus ihrer Tasche und plazierte sie auf dem Tisch des Zimmers – neben den unzähligen anderen, den Fotos und Berichten. Es war eine Kopie der Aufnahmen von der Bombardierung Troffens, und ebenso Ausschnitte von dem Anblick, den der einstige Agrarplanet nach dem Angriff geboten hatte. Dazu kamen Auszüge von Gefechtsaufzeichnungen – ihr Fangschuß auf dem Frachter der Akarii, Abschüsse von Feindjägern, ihre eigenen wie die fremder Piloten. Sie hatte sich an Bord der REDEMPTION und beim letzten Aufenthalt auf der Perseusstation einiges an Material beschafft. Sie wußte, daß ein Teil des Materials als geheim anzusehen war – auch wenn man normalerweise ein Auge zudrückte, wenn Piloten so etwas für den privaten Gebrauch sammelten. Aber die Weitergabe an Zivilisten war eine heikle Sache, vor allem wenn es um so etwas wie Troffen ging. Dennoch hatte sie in diesem Fall keine Bedenken. Vielleicht würden dann Alexanders Wunden weniger schmerzen, und er konnte für einen Augenblick bei dem Gedanken Trost finden, daß Rache genommen wurde für alles, was die Akarii ihm und anderen angetan hatten.

Sie wußte, Ace hätte es nicht gebilligt. Nicht, daß ihr die Meinung des Phantompiloten etwas bedeutet hatte, als er noch lebte. Merkwürdig überhaupt, das sie immer noch hin und wieder an ihn dachte. ,Allerdings – ich bin glücklicherweise so jemanden wie ihm weder vorher noch danach wieder begegnet.‘ dachte sie boshaft. ,Das muß es sein. Verdammter Idiot!‘ Auch jetzt als Toter trug sie ihm noch einiges nach. Aber dennoch – manchmal hatte sie fast ein schlechtes Gewissen dabei, wie sie ihn noch im Nachhinein verachtete. Manchmal. Sehr selten eigentlich. Er hätte nicht verstanden, was sie für Alexander tat, weil er niemals erlebt hatte, was ihr wiederfahren war. So gesehen hatte er Glück gehabt, zu sterben. Er war bereits im Begriff gewesen, sich zu verändern – und vielleicht war sein verachtenswertes Verhalten nur ein Versuch gewesen, sich selber zu belügen. Schließlich hatte er geholfen, den Himmel Troffens für die Kriegsschiffe zu säubern. Er, der offenbar schon ein Problem darin hatte, ein paar ,wehrlose‘ Akarii zu töten. Vielleicht war es besser für ihn zu fallen – sie hatte schon gesehen wie Leute an dem zerbrochen waren, was der Krieg aus ihnen machte. Bei einer ihrer letzten Streitgespräche – anders hatten sie sich eigentlich nie unterhalten – hatte er von seinen eigenen Dämonen gefaselt. Was für ein Narr er doch gewesen war!

Alexander jedoch hatte ein Recht auf diese Aufnahmen. Er hatte bereits teuer dafür bezahlt und tat es noch immer. Nein, sie brauchte keine Gewissensbisse zu haben. Am wenig vor einer weinerlichen, jämmerlichen Leiche. Sie umriß nur kurz, was es für Aufnahmen waren. Sie sah das grimmige Lächeln in den Augen ihre Freundes, und das war ihr Lohn genug. Ein Lächeln, gemischt mit Wehmut, den ,Sokol‘ wußte, er tröstete sich damit darüber hinweg, daß er nicht selber nicht mehr kämpfen konnte Seine Haut war bleicher als früher, er wirkte abgemagert, gealtert um weit mehr als die Monate, die seit ihrem letzten Treffen vergangen waren. Aber seine Augen waren noch die alten, ebenso wie seine Entschlossenheit. Ohne die hätte er längst aufgegeben, was auch immer sie gesagt und getan hätte.

Als es Zeit war, Abschied zu nehmen, küßte sie ihn, so wie früher auch. War das „Liebe“ – war es mehr, war es weniger? Sie fragte sich das nicht. „Freundschaft“ – in diesem Begriff lag alles, was sie verband. Loyalität, Treue, Liebe. Verschiedene Worte für das selbe Gefühl. Sie wußte, daß er ihr viel bedeutete, und das war mehr als genug. Sie wußte, daß er sie nie im Stich lassen würde – und sie würde dies ebensowenig tun.

Es war kein Abschied unter Tränen. Sie beide wußten um die Realitäten dieser Zeit. In der Hinsicht machten sie sich nichts vor. Wozu auch – sie konnten sich ja nicht gegenseitig belügen, denn sie waren beide im Einsatz gewesen. Ein letzter Händedruck, eine letzte Umarmung – dann trat Lilja hinaus. Alexander Gulajew, nun nicht der ,der Falke‘, sondern nur noch ein Kriegskrüppel wie viele, mit gebrochenen Schwingen, blieb zurück. Und beide dauerte sie das Schicksal des anderen. Aber sie hatten ihren Weg zu gehen.
Sie weinte nicht. Tränen halfen nichts, und sie hätten ihr das Gefühl gegeben, verletzlich zu sein. Ihm gegenüber durfte sie keine Tränen zeigen – denn wozu ihm das Herz schwer machen. Und andere hatten kein Recht darauf, Tränen in ihren Augen zu sehen. Es war keine Zeit für Trauer. Jetzt war Krieg, alles andere hatte zu warten. Vielleicht bis in alle Ewigkeit.
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Murphy ließ die letzten Tage Revue passieren, als er nach zwei Wochen wieder zurück nach Berlin fuhr. Jackson Hayes hatte ihn angerufen und ihm mitgeteilt, dass er endlich ein neues Kommando erhalten solle.

Zwei Tage zuvor hatte er in Wien noch einige der Familiare, aber auch weitere Ordensbrüder auf einer kleinen Willkommensfeier kennengelernt. Es kam nicht alle Tage vor, dass jemand neu aufgenommen wurde und waren recht viele Mitglieder gekommen. Darunter waren erstaunlich viele Militärs gewesen, aber auch Politiker, Unternehmer und Freiberufler. Einer derjenigen, mit denen er sich länger unterhalten hatte, war sogar Bombenschütze in einer Crusader gewesen. Mehr hatte er dem Mann aber nicht entlocken können, außer dass auch dieser vom Krieg eine innere Narbe erlitten hatte. Die letzten Tage waren insgesamt sehr interessant gewesen. Nun aber würde es endlich wieder zur Fliegerei gehen. Murphy war froh, dass die Ruhezeit vorbei war. Er hatte zwar keinen klassischen Urlaub gehabt, aber der Dienst hatte doch irgendwie eine andere, eine realere Qualität.

Zwei Stunden später war er in Berlin angelangt und parkte den Wagen vor dem Bereich des Bürokomplexes, in dem Hayes sein Büro hatte. Der Eingang wurde von Marines bewacht, die kurz, aber gründlich Murphys Ausweis kontrollierten, bevor sie ihn einließen. Am Empfang am Eingang ließ sich Jack den Weg zu Hayes Zimmer erklären und nahm dann den Aufzug in den 10. Stock. Die Büros in diesem Bereich waren, wie Murphy schnell erkannte, großzügig geschnitten. Am Ende des westlichen Ganges lag das Vorzimmer von Hayes, bei dessen Sekretärin er sich anmeldete. Insgeheim hatte er sich auf eine kurze Wartezeit eingerichtet, doch der Petty Officer lächelte nur und meinte:
„Sie können sofort rein, der Commodore erwartet Sie bereits.“
Murphy klopfte an und wurde von Hayes sonorer Stimme hereingebeten. Noch bevor Murphy die Tür ganz geöffnet hatte, war Hayes aufgesprungen und kam ihm entgegen.
„Sir, Lieutenant Commander Murphy wie befohlen zur Stelle.“ Murphy salutierte.
Hayes erwiderte den Salut, grinste und reichte Murphy dann die Hand. Dann lotste er ihn zum Schreibtisch.
„Du siehst gut erholt aus. Aber die Energie wirst du auch brauchen.“
Murphy zog die Augenbrauen hoch.
„Ja, ich kenne Deine Befehle bereits. Ist interessant. Aber sicherlich herausfordernd.“ Er reichte Jack einen Brief, den dieser öffnete.

An: Lieutenant Commander Murphy, vormals CO VF-2710
Von: Quartermasterkommando 2.Flotte

Sie werden angewiesen, sich am 18. September 2636 auf dem Navystützpunkt Miramar, Californien zu melden und dort das Kommando über die Bronzene Staffel des Trägergeschwaders der COLUMBIA zu übernehmen.

gez.
Quartermasterkommando
2.Flotte

„Die Bronzene Staffel?“
„Crusader. Du wirst CO der schweren Bomberstaffel.“
„Hm, ich weiß, ich hab die Flugqualifikation für die Crusader. Aber CO?“
„Schaffst Du locker. Außerdem bekommst Du einen fähigen XO und Bombenschützen.“
„Kenn ich ihn?“
„Keine Ahnunge, wenn nicht, dann läßt sich das ändern.“ Hayes griff zur Comanlage.
„Marcy, ist Lieutenant Commander von Hauenstein schon da?“
„Ja, gerade eingetroffen.“
„Gut, er soll hereinkommen.“
Noch bevor Murphy etwas sagen konnte, wurde die Tür erneut geöffnet und seine neue Bekanntschaft aus Wien stand vor ihm. Count lächelte wissend, als er das verdutzte Gesicht des Iren sah.
„Man sieht sich immer zweimal, Jack.“
„Scheint mir so, Wolfgang.“
„Sie kenne sich?“ fragte Hayes interessiert.
Die beiden Junioroffiziere nickten.
„Gut, das wird Ihre Aufgabe einfacher machen. Setzen Sie sich doch beide bitte.“
Von Hauenstein beobachtete Murphy, als sich die beiden hinsetzten. Er hatte den Iren auf Anhieb gemocht, trotz der Tatsache, dass er schon damals wußte, dass dieser Mann ihm sein Kommando quasi vor der Nase weggeschnappt hatte. Es war jedenfalls niemand, der seine Staffel blindlings in den Untergang führen würde.
„Kurz zu Ihrer Aufgabe. Commander Cunningham hat den Oberbefehl über das Geschwader, sein XO, Lieutenant Commander McQueen ist momentan dabei, das Geschwader zu sammeln und zu trainieren. Sie werden, da die Crusader nicht atmosphärentauglich ist, die Eingewöhnungsphase in einem in einem stationären Orbit um den Mars befindlichen Stützpunkt verbringen, bis Sie auf die COLUMBIA verlegt werden. Ich muss Sie warnen, Ihre Staffel ist ein zusammengewürfelter Haufen aus Milizionären aus New Boston und Akademierookies, durchsetzt mit einigen wenigen erfahreneren Leuten. Viele haben nie eine Crusader geflogen, bis sie durch einen schnellen Umschulungslehrgang gejagt wurden. Anders formuliert: einige dürften froh sein, wenn sie es schaffen, die Navigations- und Zielcomputerfunktionen zu beherrschen. Die Rafale Besatzungen sind etwas erfahrener, aber auch da gibts einige Milizionäre, die man verwendet hat, um die Lücken zu stopfen.
Immerhin ist das Material vollständig, Sie haben also 12 Crusader und 4 Rafales zur Verfügung, Ersatzmaschinen werden vor dem Auslaufen der COLUMBIA ebenfalls zur Verfügung stehen.“
„Sind die Maschinen alle auf neuestem Standard?“ fragte Count.
„Sie werden gerade dorthin gebracht. Die meisten Crusader sind noch die alten A Muster. Bis zum Beginn des Deployments wird das aber alles fertig sein.“
„Wenn wir Leute in der Staffel haben, die absolut untauglich sind. Können wir Ersatz bekommen?“
„Nein, Jack, das ist nicht möglich. Ich weiß, Crusader sind keine Flieger für jedermann. Wir haben geschaut, dass wir die schlimmsten Fälle zu den anderen Staffeln geschickt haben. Aber ich übernehme natürlich keine Garantie.“
„Das gefällt mir nicht. Bei einer Griphen Staffel kann ich einen Blindfisch oder zwei verkraften. Bei Crusadern nicht. Der gefährdet alle.“
„Ich weiß, aber wir haben kaum noch Piloten. Sie wissen doch beide, wie verlustreich unsere letzten Operationen waren.“
„Ja, trotzdem.“
„Sie beiden schaffen das schon. Count kennt sich blendend mit der Crusader aus, ist wahrscheinlich der beste verbliebene Fachmann für die Systeme der Maschine. Und Du Jack, bist ein verdammt guter Ausbilder.“
„Wollen wir das beste hoffen. Wie sieht es mit den anderen Bomberstaffeln aus?“
„Zwei Miragestaffeln. Sind faktisch Dir als Bomberführer taktisch unterstellt, so dass du quasi der dritte Mann im Geschwader bist.“
Murphy nickte.
„Sonst noch Fragen? Wenn nicht, wird Sie mein Fahrer zum Flughafen bringen, eine Maschine, die Sie beide nach Miramar bringt, wartet bereits auf Sie.“
Die beiden Männer standen auf, salutierten und verließen den Raum.


Einige Stunden später landeten sie im sonnigen Kalifornien auf der Marinebasis Miramar. Die Basis hatte eine lange Tradition und auch heute war sie sehr belebt. Murphy und Von Hauenstein wurden nur oberflächlich kontrolliert, da man richtigerweise davon ausging, dass eine ähnliche Kontrolle bereits in Berlin stattgefunden hatte. Ein Fahrer wartete bereits auf sie und fuhr die beiden Männer zum Verwaltungsgebäude.
Darkness wartete in seinem Büro schon auf die Beiden und kam nach einer kurzen Vorstellung mit Count schnell zur Sache.
„Jack, Ihre Leute sind bereits hier. Wenn Sie wollen, können Sie innerhalb von einer Stunde ein Shuttle haben, das sie zur Station Alpha Theta 2 bringt.“
„Sind auch die Rafale Crews schon hier?“
„Noch hier, ja.“ Darkness grinste. „Lieutenant Commander McGill wollte gestern bereits losfliegen, um mit dem Training zu beginnen. Da ich aber wußte, dass Sie beiden heute kommen, hab ich ihren Abflug etwas verschoben.“
„Danke. Ich brauche das Shuttle in drei Stunden, vorher will ich mir den Haufen mal aus der Nähe ansehen. Wieviel Zeit haben wir?“
„Zu wenig. Genauer kann ich nicht werden. Und Sie haben viel zu tun.“
„Sie sind der zweite, der es mir heute sagt.“
„Dann wissen Sie ja Bescheid. Soll ich Ihre Leute zusammenrufen lassen?“
„Habe ich bereits veranlaßt, ich habe Bereitschaftsraum 8 requiriert.“
„Was Größeres haben wir hier leider nicht.“
„Ich weiß. Na gut, gibt es halt eine Runde Gruppenkuscheln, bevor es ernst wird.“
Alle drei grinsten, dann nickte Murphy McQueen zu und verließ mit seinem XO im
Schlepptau das Büro, um zu seinem neuen Kommando zu gehen.
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Ankunft

Fightertown, Miramar Airbase
Kalifornien, USA, Terra
18. September 2633

Ein Tropfen Schweiß löste sich von Donovan Cartmells Stirn und machte sich langsam auf seinen Weg in Richtung Augenpartie. Als er auf seine Augenbrauen stieß, vereinigte er sich dort mit mehreren anderen Tröpfchen und floss seitlich an seinem Auge vorbei in Richtung Kinn. Dort schien sich ein Sammelpunkt für all den Schweiß gefunden zu haben, der seine Poren in rauen Mengen verließ. Donovan, der einen fernen Punkt an der gegenüberliegenden Wand fest im anvisiert hatte, fühlte wie der Tropfen immer größer wurde und sich schließlich löste und gegen Boden fiel.
Innerlich musste er über diese Analogie zu seiner jetzigen Situation lächeln. Auch er war ein Schweißtropfen, der sich auf dem Weg zu einem Sammelpunkt befunden hatte um sich mit weiteren aus allen Poren der Terranischen Republik sammelnden Piloten zu vereinigen und um gemeinsam in Richtung Front geschleudert zu werden.

So stand er also, eskortiert von zwei Militärpolizisten im Büro des XO der 127. AirGroup, genannt „Angry Angels“, einem gewissen Lieutenant Commander Justin McQueen.
Donovan hatte noch nie etwas von dieser AirGroup gehört, allerdings war seine Möglichkeit der nahtlosen Informationsaufnahme in den letzten zwei Jahren eher beschränkt gewesen. Natürlich waren selbst bis ins Gefängnis die größten Neuigkeiten über den Krieg vorgedrungen, wie der Einfall der Akarii ins Mantikor-System, die anschließende Unterwerfung des Systems durch den Abwurf einer Neutronenbombe oder die fast vollständige Vernichtung der 2. Flotte inklusive des Trafalgar-Flottenstützpunkts. Doch Neuigkeiten von geringerer Bedeutung waren – wie wohl auch in diesem Falle – an ihm vorbei gegangen.
Der vor ihm sitzende Lieutenant Commander blickte kurz von den Unterlagen auf und fixierte ihn scharf. Dann schüttelte er leicht den Kopf und fuhr mit seiner schweigsamen Lektüre fort.
„Jetzt muss er zu den NIC- und JAG-Einträgen in meinen Unterlagen vorgedrungen sein“ schoss es Donovan durch den Kopf, der das ganze trotz seines permanent an die gegenüberliegende Wand gehefteten Blickes aus den Augenwinkeln wahrgenommen hatte.
Es vergingen weitere zwei Minuten, in denen Cartmell und seine beiden Begleiter geduldig auf darauf warteten, das der Offizier seine Durchsicht der Unterlagen und der Befehle für Cartmell durch war.

Schließlich legte McQueen den Haufen beiseite und blickte den ihm neu zugewiesenen Piloten an.
„Ensign Cartmell, ich bin bekannt dafür die Piloten hart ranzunehmen, die unter meinem Kommando dienen. Und zwar unabhängig ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihres Namens oder Ihrer Vergangenheit.“ Das letzte Wort betonte er dabei besonders.
„Mir ist es einerlei, wie Sie es geschafft haben zu einem dermaßen verkorksten Lebenslauf zu kommen. Aber eins will ich von vornherein klarstellen:“ und seine Stimme wurde bei diesen Worten um einiges schärfer „Wenn Sie sich hier auch nur etwas annähernd Ähnliches leisten, wie in Ihrem vorherigen Kommando, dann werden Sie schnell feststellen das ich durchaus sehr UNFAIR werden kann, haben wir uns verstanden?“
Cartmell antwortete mit einem knappen Nicken und einem kurzen „Aye, Sir.“ Und obwohl er Lt. Cmdr. McQueens Worten glauben schenkte, war es ihm egal. Er hatte diese Ansprache schon so oft gehört, doch er wusste, dass das letzte was man bei der Navy bekam, eine faire Behandlung war.
21.11.2015 14:54 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Ein paar Stunden später, nachdem ihn die MP´s beim Quartiermeister der Basis „abgegeben“ hatten und Donovan seinen Seesack in seine vorübergehende Unterkunft gebracht hatte, saß Donovan in der Kantine der Basis. Jetzt saß er in der ca. halb besetzten Messe alleine an einem der hintersten Tische und aß sein Essen. Niemand kannte ihn, niemand kümmerte sich um Ihn. Und ihm war es mehr als recht so. Das ließ Donovan die Gelegenheit sich seine neue Einheit in aller Ruhe anzuschauen.

Die Piloten der Angry Angels trudelten einer nach dem anderen ein, anscheinend hatten Sie alle die Order erhalten sich hier zu sammeln. Donovan fielen drei verschiedene Gruppen von Piloten auf. Da waren zunächst einmal die Veteranen der vorherigen gemeinsamen Feindfahrten. Alte Kameraden, die sich ein paar Monate nicht gesehen hatten und sich nun freudig wieder begrüßten..
Dann waren da die neuen, jungen und unerfahrenen Akademieabgänger, denen man trotz ihrer gespielten Coolness die Nervosität deutlich ansehen konnte. Sie hatten sich, wo immer es ging in kleine Gruppen zusammengetan um sich quasi gegenseitig den Rücken zu decken.
Und dann waren da noch ein paar Gruppen an Piloten, die teilweise deutlich älter waren als die Akademieabgänger, die aber ähnlich – wenn auch nicht ganz so stark ausgeprägte – Nervosität zeigten. Sie hatten relativ wenig Lametta auf ihrer Brust, wenn man das teilweise offensichtliche Überschreiten der 30er Marke bedachte.
Dann, mit einem Schlag, wusste er wo er diese Gruppe einordnen musste. Milizpiloten, die zweite Klasse, Hobby-Krieger.

Der Navy musste es allem Anschein nach sehr dreckig gehen, wenn Sie so viele von denen holen mussten.
‚Das sie sich geholt haben, dürfte ja wohl der beste Beweis dafür sein, wie schlimm die Lage wirklich ist.‘ fiel ihm auf.
Donovan kaute weiter auf seinem Essen und versuchte ein paar Wortfetzen von den Nachbartischen aufzuschnappen, aber der Geräuschpegel im Raum war zu laut, um das Gemurmel von den besetzten Tischen, von denen er etwas abseits saß, verstehen zu können.

Dann fiel ihm eine Gruppe Piloten auf, die mit Ihren Tabletts in seine Richtung kamen. Sie gehörten ihren Abzeichen und Ihrem Verhalten ganz eindeutig zu den Veteranen der ehemaligen REDEMPTION an, scherzten miteinander und beachteten die anderen Piloten – einschließlich Donovan – nicht weiter. Auch Donovan starrte langsam kauend und mit abweisender Miene stur gerade aus. Er hoffte, dass sich der Tross aus 3 männlichen und einer weiblichen Pilotin nicht zu ihm setzen würden. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, waren neugierige Fragen.
Doch zu seiner Erleichterung gingen Sie an ihm vorbei und nahmen am letzten Tisch im Raum hinter Donovan Platz. Offensichtlich wollten Sie ebenfalls nicht weiter gestört werden.

Nachdem die Gespräche der Gruppe zunächst mit dem Austausch von ein paar Frotzeleien und relativ oberflächlichen Beschreibungen der jeweiligen Landurlaube begonnen hatte, kam das was kommen musste wenn sich mehr als ein Pilot zusammensetzten: Die Gerüchteküche begann zu brodeln.

„Habt ihr schon gehört? Sie machen eine Nighthawk-Staffel auf?“ begann einer der Piloten mit unverhohlenem Neid in seiner Stimme. „Das heißt wir werden nicht auf einem der alten Kähne verschifft werden!“
„Und was macht dich da so sicher?“ fragte die einzige weibliche Stimme des Quartetts spöttisch.
„Na, denk doch mal nach. Auf den alten Pötten oder den Hilfsträgern können keine Nighthawks landen! Also…? Was bleibt da übrig…?“
„Hmm, da hast Du wohl Recht. Und wissen wir schon welcher Träger es werden wird?“
„Also ich tippe auf die MOSKAU…“ rätselte einer der Piloten, was sofort zu Protesten seiner Kameraden führte: „Gottverflucht…“, „Nein, bloß nicht die Moskau…“ und „Scheiße…“
„Wieso, was ist so schlimm an der Moskau? Sie bauen das Schiff doch quasi von Grund auf neu wieder auf!? Also alles picco bello…!“
„Mann, die bauen doch bestimmt noch ein halbes Jahr an der MOSKAU rum, sollen wir solange hier versauern, oder was? Wie kommst du bloß auf die Schnapsidee?“
„Na ja, Sie haben uns alle erstmal hierhin verschifft, statt auf unser neues Schiff, also dachte ich…“
„Das kann dann aber auch für die neuen Pegasus-Klasse-Träger gelten, die Sie doch gerade noch bauen, oder?“
„Also, ich hab es von einem Freund, der hat´s von ´nem Piloten der auf der PEKING ist und gehört, wie einer unserer Piloten gesagt hätte, es ginge auf die COLUMBIA.“ Kaum war die verschwörerisch klingende weibliche Stimme verstummt, lachte einer der anderen Piloten laut auf. „Sag mal, ging´s nicht noch ein bisschen unpräziser?“ und wurde dafür laut hörbar mit einem Knuffen belohnt.

„Und habt ihr auch schon von Radio gehört? Den haben Sie zum Lieutenant Commander befördert?“ wurde das Gespräch von einem anderen Piloten in eine andere Richtung gelenkt.
„WAAAS?“ Gleich mehrere der Piloten ließen ihrer Überraschung freien Lauf. „Das kann doch nicht deren Ernst sein? Der ist doch nun bisher wirklich nicht durch seine fliegerische Klasse, sondern mehr durch sein loses Mundwerk aufgefallen, oder?“
„Tja,“ die Stimme des ersten Piloten troff vor Sarkasmus, „DU bist ja nun weder durch das eine noch durch das andere aufgefallen, oder?“
Das anschließende Gelächter der Kameraden versuchte der ausgelachte Pilot zu unterbrechen „HaaaHaaa, sehr witzig. Aber mal im Ernst. Wer kann denn bitte auf diese Schnapsidee kommen?“
„Na ja, so ist das eben, wenn man ein LONG ist, oder? Da kann man sich eben einiges leisten, vom Betreiben eines florierenden Schwarzmarktgeschäfts bin hin zum Ausplaudern hochsensibler Informationen. Und man wird trotzdem von einem Ehrengericht freigesprochen und am Ende sogar noch dafür befördert.“ Zustimmendes Gemurmel zeigte Donovan, dass dieser Radio nicht gerade beliebt zu sein schien. „Aber wenigstens scheint er erstmal keine eigene Staffel zu bekommen,“ schloss die weibliche Stimme ihren Vortrag.
„Na Gott sei Dank!“ schallte es mehrfach zurück.

„Und habt Ihr auch schon von der schwarzen Perle gehört?“ wurde das Gespräch wieder in eine neue Richtung gerissen.
„Jaaaa,“ schoss die weibliche Stimme wie aus der Pistole zurück. „Shaka will ab sofort nicht mehr Shaka heißen. Er will dass man ihn ab jetzt Ace nennt.“
„Was soll der Quatsch denn?“
„Na ja, er will anscheinend den Platz von Ace einnehmen, unserem ach so tapferen Superpiloten.“
„Hey, nichts gegen Ace, ja! Er hat sein Leben für die RED geopfert und er war ein verdammt guter Pilot.“
„Ein Angeber und Großmaul war er, nichts weiter…“
„Also mir ist das egal,“ ging einer der anderen Piloten dazwischen um die Situation zu entschärfen für mich bleibt er Shaka, ob er nun Ace genannt werden will, oder nicht. Ich meine für was hält er sich, häh? Hat gerade mal eine Feindfahrt überstanden und will hier schon einen auf Ass markieren?“
„Kann es sein, dass Du eifersüchtig auf seine Abschüsse bist?“
„Eifersüchtig? Hah, dass ich nicht lache…“
Eine peinliche Pause trat ein, in der jeder der Gesprächspartner über seinem Essen zu grübeln schien.

Dann platzte einer der Piloten hervor: „Und habt ihr von dem Sträfling gehört, den wir kriegen sollen?“
Donovan stoppte automatisch in seiner Kaubewegung und lauschte jetzt noch aufmerksamer als zuvor.
„Also was ich so gehört habe, soll der wegen Piraterie eingesessen haben und um die 10 Navypiloten abgeschossen haben. Und jetzt holen Sie das Schwein wieder raus, damit er sich wieder rehabilitieren kann…“
Donovan fluchte innerlich und stand sofort auf. Er wollte gar nicht mehr wissen, was die Gerüchteküche bereits fabriziert hatte. Er konnte sich die wilden Gerüchte auch alleine ausmalen.
Fassungslos stand er auf, nahm sein Tablett und ging. Er war noch nicht einmal einen halben Tag in seiner neuen Einheit und schon hatte man dafür gesorgt, dass sich seine Geschichte rum sprechen würde.

Laut scheppernd ließ er sein Tablett auf das Transportband fallen. Augenblicklich spürte er die Blicke der anderen in der Kantine Anwesenden Piloten auf seinem Nacken ruhen. Sollten Sie doch alle glotzen, spätestens morgen dürften sowieso alle wissen, wer er war.

„Na das konnte ja heiter werden,“ dachte er bei sich als er die Kantine in Richtung seiner Unterkunft verließ.
21.11.2015 14:55 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Angriff ist die beste Verteidigung

Es war eine Regel, die man in fast jedem Krieg bestätigt fand. Egal, wie gut man vorbereitet war, egal, welche Ressourcen man vorsorglich mobilisiert hatte, am Ende war es fast immer nötig, noch etwas dazuzulegen. Oft kostete die Auseinandersetzung weit mehr, als die Kriegsparteien gedacht hatten, mitunter sogar mehr, als sie bei reiflicher Überlegung zu zahlen bereit gewesen wären. Auf jeden Fall aber konnte man sich darauf verlassen, daß selten vorher gemachte Pläne problemlos in die Tat umgesetzt werden konnten. Improvisationstalent war deshalb in jeder Auseinandersetzung unverzichtbar. Und „la Pasionaria“ war mit dieser Gabe gesegnet.

Es war natürlich eine andere Art Krieg, den sie führte – aber es war dennoch ein Krieg, ein Krieg der Köpfe, ein erbitterter Kampf um die öffentliche Meinung. Hier ging es auch um Planeten, Städte, um Stellungen, die zu nehmen und zu halten waren. Die Möglichkeit des Feindes, den Kampf fortzusetzen, mußte gelähmt, gebrochen werden. Und erst wenn er am Boden lag, konnte man sich eine Atempause gönnen. Doch so weit war man noch lange nicht. Auch hier wurde mit Offensiven, Scheinangriffen und Überraschungsschlägen ins gegnerische Herz gearbeitet – doch es floß eben kaum Blut. Verletzten, vernichten konnte dieser Kampf jedoch durchaus.

Seit die friedenswilligen Kräfte sich zusammengeschlossen hatten, war dieser Konflikt mit bisher ungeahnter Heftigkeit neu entbrannt. Die Schuld daran trug nicht zuletzt die Generalsekretärin der IPKP. Die Allianz mit ihren neuen Verbündeten gab ihr jedoch zusätzliche Möglichkeiten und Mittel, die sie sofort und skrupellos nutzte. Natürlich war ihr klar, daß sie behutsam vorgehen mußte. Alte Vorurteile saßen tief, und leicht konnte der neu geformte Block Risse zeigen, vielleicht gar zerplatzen. Das galt es natürlich zu vermeiden. Aber da sie es schnell verstanden hatte, sich unentbehrlich zu machen, gelang es ihr, zumeist ihre Ansichten durchzusetzen. Den meisten kleineren Gruppen fehlte entweder die Erfahrung oder der nötige Apparat für eine wirksame Massenpropaganda. Viele waren ja nur Vertreter von Parteifraktionen. Eine demokratische „Taube“ oder ein realistisch denkender Republikaner konnten nicht wie sonst auf die Hilfe ihrer Partei zählen, oder sie scheuten sich, auch nur den Versuch zu wagen, standen sie doch ohnehin auf unsicherem Boden und galten bei vielen Kollegen als halbe Verräter. Isabella Pavon hatte dieses Problem nicht. Und der Propagandaapparat der Kommunisten hatte langjährige Erfahrung. Das Geld und die Verbindungen ihrer neuen Bundesgenossen ermöglichte es Pavon jedoch zusätzlich, einige der besten „Medienlegionäre“ anzuheueren, oder ihre neuen Verbündeten zum Versuch einer Beeinflussung zu drängen. Es gab eine ganze Reihe solcher unabhängiger Reporter, die ihre Stories an den Meistbietenden verkauften, oder auf zeitlich befristeter Basis von Agenturen angeheuert wurden. Einige davon hätten nie so einfach mit „la Pasionaria“ zusammengearbeitet. Aber wenn das Angebot von jemandem kam, den sie kannten, sah die Sache schon ganz anders aus. Sie konnte jetzt Medien nutzen, die vielen „unverdächtig“ vorkamen, während sie ein der IPKP nahe stehendes Blatt von vorneherein mit Mißtrauen betrachtet hätten.

Binnen zwei Wochen hatte die erste Großoffensive begonnen – und es stellte sich schnell heraus, daß einige der Gegner die Stärke des Pariser Paktes deutlich unterschätzt hatten. In ihren Augen waren die „Peacenicks“ nicht mehr als ein paar Schwächlinge, die mit blauen Fahnen mit weißen Tauben demonstrierten, oder eine Sammlung von politischen Splittergruppen ohne reelle Basis. Aber darin täuschten sie sich. Pavon wie auch etliche andere Mitglieder im Koordinationsrat kannten die schmutzigen Gesetze der Straße, und als sie zuschlugen, kam das für viele überraschend.

Daß sich die Friedensbewegung der Medien bediente, hatte man natürlich erwartet. Aber man hatte wohl nicht mit einem derart massierten Vorstoß gerechnet. Aber hier bewährte sich die Unterstützung einiger liberaler Wirtschaftsbosse, die sich dem Bund – wenn auch nicht ohne Bedenken – angeschlossen hatten.
Zunächst hatte man die Information über den Krieg intensiviert. Alles, was an Daten über Verluste und Verlauf erhältlich war – und auch ein paar Informationen, die eher durchsickerten – wurde einer kritischen Überprüfung unterzogen. Dazu bediente man sich mit Vorliebe ehemaliger Militärs. Admiral Kimoto hatte seine Verbindungen spielen lassen, und einige seiner Kameraden waren durchaus bereit, ihm zu helfen. Teilweise vielleicht auch nur, um der Langeweile des Ruhestandes zu entkommen. Der Admiral trat auch selber auf, und in seiner weißen Uniform und mit seinen guten Umgangsformen machte er durchaus Eindruck. Die Sendungen waren nicht schlecht aufgemacht, Gefechtsaufnahmen, Guncambilder und dergleichen wechselten sich mit Computersimulationen ab. Wie immer waren solche Kriegsspielchen für nicht wenige Menschen durchaus ansprechend. Was aber die Sendungen von vielen öffentlichen Nachrichten unterschied, war der analysierende, kritische Anspruch. Man verglich die eigenen und die feindlichen Jäger – und die Terraner schnitten dabei nicht unbedingt gut ab. Und im Hintergrund stand natürlich die Frage, wie es hatte soweit kommen können, daß man die Flotte mit solchem Material in den Kampf schickte. Und, ob es an der Front wirklich so gut lief, wie man immer wieder hörte. Juristen, darunter einige der besten, die für Überzeugung oder Geld zu haben waren, überprüften die Sendungen, so daß möglichst gerade noch so innerhalb dessen blieben, was erlaubt war.

Andere Rechtsexperten analysierten die Notstandsgesetze. Sie erläuterten, was diese alle für Folgen haben konnten, für den einfachen Mann auf der Straße wie für die Wirtschaft und den Mittelstand. Man organisierte Talkshows, in denen ehemalige Militärs zu Wort kamen – und Soldaten, die wegen Verwundungen aus dem Krieg ausgeschieden waren. Wenn man gründlich genug suchte, fanden sich unter ihnen etliche, die den Krieg in der Art, wie er geführt wurde, ablehnten. Sie sprachen nicht von Kapitulation – das vermied der Paris-Pakt sorgfältig. Sie sprachen lediglich über Verhandlungen. Und sie kritisierten die Flotte, teilweise ziemlich scharf und unverblümt. Wirtschaftsfachleute gaben Prognosen ab, wie sich der Krieg auswirken würde. Der Verlust an Frachtraum, die Unsicherheit der Nachschubswege, die Staatsverschuldung – jeder Tag Krieg vernichtete gigantische Werte. Psychologen sprachen über Folgeschäden durch die Kämpfe, über Soldaten, die sich nicht wieder in die Gesellschaft einfügen konnten, über PTS und dergleichen mehr. Und auch die Geschichte kam zu Wort – alles mit der Absicht, ein „NICHT WEITER!“ in die Köpfe der Menschen zu pflanzen. Auch die Kontrapropaganda wurde nicht vergessen. Mehr als einmal lud man zu Gesprächsrunden im öffentlichen Fernsehen ein – und bat ein paar der schärfsten Falken hinzu. Vorzugsweise solche, die nicht immer ganz Herr ihrer Gefühle waren. Ein cholerischer Exmilitär, der die Friedensfraktionäre in übelster Art und Weise beschimpfte, war tausend und mehr Unterschriften für den Frieden wert…

Natürlich erschöpften sich die Bemühungen nicht allein darin. Bald waren die ersten Unterschriftensammler unterwegs. Man befragte die Arbeiter wichtiger Rüstungsbetriebe. Und man wandte sich an Soldaten auf Urlaub, an die Angehörigen von Dienenden, Verwundeten und Gefallenen. Nicht selten wurden sie davongejagt – ein gewisses Risiko war natürlich immer dabei. Aber es fanden sich auch nicht wenige Eltern und Angehörige, die in ihrer Angst oder ihrem Schmerz der Regierung Vorwürfe machten. Und die in der Hoffnung, vielleicht zu retten, was ihnen am Herzen lag, ebenfalls für Verhandlungen eintraten. Solche Unterschriften und Kommentare waren nicht mit Gold aufzuwiegen. Und ihnen zu begegnen fiel den Falken sichtlich schwer. Denn wie konnte man einem Veteranen, einem Kriegsversehrten, den Angehörigen eines Gefallenen Unpatriotismus vorwerfen?

Pavon war es auch, die dafür sorgte, daß der ,Kampf’ zusätzlich intensiviert wurde. Nun knöpfte man sich einige der führenden Rüstungsbetriebe vor – in vorsorglicher Absprache, um die Allianz nicht zu spalten. Da kaum Rüstungsproduzenten dem Pakt beigetreten waren, war dies auch relativ problemlos möglich. Süffisant wurden die erzielten exorbitanten Umsätze aufgelistet – oft unkommentiert, die Zahlen sprachen für sich. Die Blohm&Voss Spacecrafts AG zum Beispiel bekam gezieltes rhetorisches Feuer von der IPKP. Die Gewinne aus dem Bau der DAUNTLESS-Schiffe wurden abgeschätzt. Dazu gab es eine Bildserie, die den Lebensstil der Familien leitender Mitglieder wiedergab. Bilder, die ihre Häuser zeigten, die Autos, die sie fuhren, die Kleidung, die sie trugen. Das Bild von Audrey MacFarlane, Tochter eines Werftleiters, bei der Schiffstaufe der DAUNTLESS wurde untermalt von einer Tabelle, die die Kosten der Feier und ihres Kleides aufsummierten. Mitunter folgten ein paar Seiten später Übersichten, wie viel Rente die Hinterbliebenen von gefallenen Soldaten erhielten, was ein Verstümmelter zu erwarten hatte, und was dergleichen mehr war. Es war „la Pasionaria“ völlig gleichgültig, daß sie Leute diffamierte, denn diese Sorte von Mitmenschen stand bei ihr nicht sehr hoch im Kurs. Sie kannte die Sicht des „kleinen Mannes“ auf der Straße. Wenn dieser hörte, daß die Löhne eingefroren werden sollten, der Arbeitskampf verboten wurde, wenn er erfuhr, wie viel Geld der Staat für einen Gefallenen, einen Verstümmelten zur Verfügung stellte – und wenn er dann sah, was für Gewinne einige Menschen in diesem Krieg einfuhren, Andeutungen über Absprachen und Günstlingswirtschaft hinzukamen…

Nun, dann konnte er zornig werden. Und ein zorniger Mensch war eher bereit, seinem Ärger Luft zu machen. Wenn er glaubte, in diesem Krieg liefe nicht alles, wie es solle, hier wären die Lasten ungleich verteilt – dann kam daß natürlich der Opposition zu Gute.

Bei all dem gaben sich die leitenden Vertreter der Friedensgruppierungen allerdings kaum einer Illusion hin. Unterhandlungen erzwingen konnten sie kaum. Aber der sie konnten ihren Einfluß ausbauen und so vielleicht die Regierung nötigen, sie zur Kenntnis zu nehmen. Man würde ihren Forderungen Gehör schenken müssen, damit aus vagem Mißtrauen gegen gewisse Teile der Regierung und der Industrie nicht echte Unzufriedenheit wurde. Man rechnete freilich damit, daß es genug Kräfte gab, die ein solches partielles Einlenken der Regierung als Kapitulation empfunden hätten – und deshalb so etwas zu verhindern trachteten. Irgendwann und irgendwo würden die Gegenschläge erfolgen. Der Gegner war zunächst ein wenig überrascht worden, aber er würde sich sicher bald neu formieren.

Und deshalb arbeitete man in den Propagandaorganen wie besessen. Wenn es nur gelänge, die Saat des Zweifels in so viele Seelen wie möglich zu pflanzen, dann war schon viel erreicht. Aus diesem Grund bemühte man sich auch, die Fühler in die Konföderation auszustrecken – dort freilich war die Kontrolle der öffentlichen Meinung besser organisiert als in der Bundesrepublik.

Auf jeden Fall aber mußte man verhindern, einen Vorwand zu liefern, mit dem die Regierung und besonders die „Falken“ die Friedensbewegung als Verräter bloßstellen konnten. Deshalb war Distanzierung von gewaltbreiten Gruppen ebenso wichtig, wie die Vermeidung einer Propaganda von einer bloßen Kapitulation. Frieden auf gleicher Augenhöhe und mit der Hoffnung auf Dauerhaftigkeit – darauf kam es an.
21.11.2015 14:56 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Im Feindesland

Dem ungeübten Beobachter wäre wohl nichts aufgefallen. Es gab keinerlei Anzeichen, die sofort ins Auge sprangen. Weder wurde das Schiff von Explosionen erschüttert, noch gellten Alarmsirenen, leuchteten die Statusanzeigen in warnendem Rot oder Gelb. Die Menschen bewegten sich ruhig, zielstrebig und entschlossen – kein Anzeichen von Panik oder Hektik war zu erkennen. Und dennoch, wer Erfahrung hatte, für den wäre schnell klar geworden, daß dies keine Übungsmission war. Denn ebenso, wie offene Angst und angespannte Betriebsamkeit fehlten, ebensowenig gab es ehrliche Heiterkeit oder Gelassenheit. Allenfalls ein halbes Lächeln, eher ein unbehagliches Grinsen, war auf einigen Gesichtern zu finden. Die Augen blickten ernst, fast ein wenig angespannt. Gespräche wurden, wenn überhaupt, dann eher mit gedämpfter Stimme geführt. Das war natürlich unsinnig – die Zeiten, in denen der Feind solche Geräusche hätte anpeilen können, waren lange vorbei. Hier, im Weltraum, hätten sie so laut schreien können, wie sie wollten – aber dennoch flüsterten viele fast. Immer wieder huschten verstohlene Blicke, für Sekunden nur, zu den Lautsprechern und Warnlampen, als warteten die Menschen nur darauf, daß der Alarm käme. Es war nur eine unterschwellige Nervosität, gemildert durch lange Erfahrung und Routine – aber sie war dennoch vorhanden und erkennbar.

Auf der Brücke war dies fast noch deutlicher spürbar. Der Captain hatte zwar seinen üblichen Platz eingenommen – aber sein Körper war leicht nach vorne gebeugt, angespannt, als warte er auf einen Schlag, vom dem nur fraglich sei, WANN er kommen würde – dessen OB jedoch feststand. Und offenbar mußte er sich bemühen, um nicht immer wieder seine Ortungsoffiziere auszuhorchen, ob nicht etwa doch erste Anzeichen vom Kommen des Gegners kündeten. Aber er beherrschte sich, denn ein Kapitän durfte keine Nerven zeigen. „Position zum Ziel?“ Seine Stimme klang ruhig, beinahe gelangweilt – Theater, auf das im Grunde niemand mehr hereinfiel. Dennoch hielt er daran fest. Er durfte kein schlechtes Beispiel geben, und sein Vorbild war es, das seine Untergebenen aufrichtete. So sah es jedenfalls die Theorie der Dienstvorschrift. Niemand aber war IHM ein Vorbild. Die Antwort kam, mit kaum weniger verlogener Sicherheit: „Noch neunzig Sekunden bis Null Eins. DD 92 und DD 124 auf Position. Gleichfalls im Anlauf auf Zielpunkte.“ Der Captain nickte: „Waffenabteilung – auf mein Zeichen. Synchronisation mit den Schwesterschiffen.“ „Verstanden – Waffenabteilung einsatzbereit.“
Der Captain zählte lautlos mit. Das war natürlich überflüssig. Anstatt sich auf fehlbare Menschen zu verlassen, lief auf dem Hauptbildschirm eine Uhr im Countdown, abgestimmt mit den Schiffscomputern der Schwesterschiffe. Und gleiche Zeitanzeigen hatten auch die Gefechtsstationen der Waffenabteilung vor Augen. Aber die Anspannung machte es Captain Nikolaij Fedorowitsch Oparin unmöglich, einfach nur abzuwarten: „Waffenabteilung – und LOS!“

Ein halbes Dutzend Decks entfernt drang die Stimme des Kommandeurs im selben Augenblick aus dem Bordlautsprecher, als die rückwärts zählende Zeitanzeige von Eins auf Null wechselte. Hier war kein Befehl mehr nötig. Second Lieutenant Walentin Michailowitsch Pawlitschenko betätigte den Abwurfknopf. Es gab kein äußeres Anzeichen, und nicht zum ersten Mal verfluchte er diesen Umstand insgeheim ein wenig. Wenn ein spürbarer Ruck durch das Schiff gegangen wäre, man etwas gehört, gefühlt hätte – dann wäre es wesentlich erträglicher gewesen. Es waren die Stille und Lautlosigkeit, die ihn nervös machten.

Unhörbar für die Besatzungen stießen die drei Zerstörer – die „Dimitrij Donskoij“, das Flaggschiff des kleinen Verbandes, sowie seine Schwestern „Wjatka“ und „Crecy“ – ihre tödliche Last in den Weltraum hinaus. Auf den Brücken und Waffenstationen schalteten die Uhren wieder auf die Anzeige „120“ und begannen rückwärts zu zählen. Jedes der drei Schiffe hatte zwei gedrungene Körper ausgestoßen, deren Größe in keinem Verhältnis zu ihrer Vernichtungskraft stand. Mitgerissen durch Trägheit flogen sie noch eine Weile auf demselben Kurs wie die Schiffe, die sie abgeworfen hatten, bis primitive Bremsdüsen ihren Flug stoppten. Schließlich verharrten sie in relativer Ruhe. Absoluten Stillstand gab es im All selten, aber die Kräfte, die hier an ihren zerrten, bewegten sie nur sehr langsam. In den Raumkörpern – Ergebnis einer langjährigen technischen Entwicklung, und als solche wie so viele andere Kunstwerke des Erfindergeistes allein zur Zerstörung bestimmt – lief ein ähnlicher Countdown wie vorher an Bord der Zerstörer. Sobald er zu einem Ende kam – dies würde eine Weile dauern, damit die „Eltern“ sich in Sicherheit bringen konnten – würde sich ein Schaltkreis schließen. Und dann würden sie warten, bis jemand sie aus ihrem Schlaf erwecken würde, damit sie tun konnten, wozu sie bestimmt waren.

Lieutenant Pawlitschenko kontrollierte ein letztes Mal die Statusanzeigen. Er überwachte sowohl die zwei Raumkörper, die sein Schiff ausgestoßen hatte, als auch die vier anderen. Fehler konnten nicht nur die Mission gefährden – sie konnten auch für die Schiffe selbst tödliche Folgen haben. Zwar wurde jedes einzelne Stück der gefährlichen Fracht täglich gewartet und war mit doppelten und dreifachen Sicherheitssystemen versehen. Aber ein Fehler war nie auszuschließen. Dann wandte er sich wieder dem Steuerpult zu, und wartete auf den nächsten Einsatzbefehl. Er wünschte sich, er könnte etwas gegen den Schweiß tun, der ihm auf der Stirn stand, doch dafür war jetzt keine Zeit. Seine Bewegungen verrieten keine Unsicherheit – aber innerlich wäre er liebend gern woanders gewesen.

Die SM-3A war Ergebnis einer langen Entwicklungsgeschichte. Das Kürzel stand für Space-Mine, doch die Beschreibung war eigentlich etwas unvollkommen. Ausgehend von primitiven Explosionskörpern, die nur ihren Zweck erfüllen konnten, wenn ein Gegner sie berührte, waren immer komplexere und effizientere Tötungsmaschinen entstanden. Und diese Waffe war selbst von den Akustik- und Magnetminen früherer Jahrhunderte weit entfernt, auch von den autonomen Raketen-Panzerminen, die bereits von einem Computer dirigiert worden waren. Dies hier war der vorläufige Höhepunkt im heimtückischen Minenkrieg. Was diese Minen trugen, das besaß genug Sprengkraft, um eine ganze Großstadt in einem Sekundenbruchteil zu vernichten – und ein ganzer Kontinent hätte an den Folgen der Explosion zu Grunde gehen können. Das atomare Feuer, das nur auf seine Entfesselung wartete, kam in seiner Explosionskraft an die „Weltuntergangsbomben“ frührer Jahrhunderte heran. Der „halbe Ivan“, die 50-Megatonnenbombe des 20. Jahrhunderts, hätte in jeder der unzähligen Minen einen älteren Bruder gefunden.
Passive Sensoren durchforschten den Weltraum und lauerten auf ein feindliches Schiff. Sie konnten teilweise sogar anhand der IFF-Kennung herausfinden, ob ihr Ziel wirklich ein Gegner war, oder eine eigene Einheit. Hochentwickelte Bilderkennungssysteme ermöglichten es, die Schiffe auf bestimmte Schiffsklassen zu „programmieren“, so daß sie andere ungestört passieren ließen. Und die beste Technik bemühte sich, die Raumkörper ihrerseits vor der Entdeckung zu bewahren. Sollten diese Bemühungen jedoch versagen, so hatte der oft etwas perfide menschliche Einfallsreichtum auch für diesen Fall vorgesorgt. Denn jede zwölfte Mine, die der Verband legte, war eine MSM-5D, eine Mobile Space Mine. Sie wartete auf feindliche Radarortung, etwa von Minenräumern – oft eine tödliche Überraschung für den Gegner. Und im Gegensatz zur normalen Raummine hatte sie die Fähigkeit, sich durchaus zu bewegen, sie würde beschleunigen und sich auf das gegnerische Schiff stürzen. Sobald sie nahe genug heran war, würde die Sprengladung explodieren und den meist nur leicht geschützten feindlichen Minenräumer in den Tod reißen. Andere Minen waren darauf programmiert, erst beim dritten, zehnten oder fünfzehnten Schiffskontakt aktiv zu werden. So konnten sie Wochen oder gar Monate warten, und der Gegner, der die Strecke für frei hielt, schickte ahnungslos seine Frachter und Kriegsschiffe erneut auf den Weg...

Doch so perfekt diese Waffen auch waren, sie hatten einige entscheidende Nachteile. Das größte Manko war, daß man sie überhaupt zum Gegner bringen mußte. Dies geschah bei den leichteren SM-4B und den MSM-7C, den leichten mobilen Minen, durch Jäger oder Shuttles – die natürlich in die Nähe des Zielgebiet transportiert werden mußten – während die schweren SM-3A und MSM-5D nur von Schiffen gelegt werden konnten. Bevorzugt setzte man dafür neben den klassischen Minenlegern Zerstörer und Fregatten ein, schnelle Schiffe, die sich von den meisten Feinden lösen und mit den anderen fechten konnten. Dennoch war jeder Einsatz mit erheblichem Risiko verbunden, mußten die Schiffe doch weit ins Feindesland vordringen. Da die TSN sowieso mit dem Rücken zur Wand kämpfte, gab es genug Stimmen, die dafür plädierten, Hilfsminenleger zu verwenden – umgerüstete Frachtschiffe, die eine beträchtliche Anzahl von Minen ins Zielgebiet schaffen konnten. Allerdings waren sie auch zu langsam, um dem Gegner wenn nötig zu entkommen, und an Gegenwehr war schon gar nicht zu denken. Deshalb mußten auch dort Zerstörer mit, um die ehemaligen Frachter zu schützen.

Mehr als ein Verband war spurlos verschwunden – vermutlich ein Opfer feindlicher Kampfverbände. Die Schiffe unter dem Kommando von Captain Oparin hatten bisher Glück gehabt. Fünf Feindkontakte hatten sie in diesem Krieg schon überstanden. Zweimal waren sie Hals über Kopf geflüchtet, verfolgt von feindlichen Kampfschiffen. Zweimal war es nur ein einzelner Akarii-Frachter gewesen, der zur falschen Zeit am falschen Ort auftauchte. Das fünfte Mal waren sie mit einem feindlichen Konvoi zusammengestoßen. Oparin hatte die Chancen abgewägt und den Angriff befohlen. Eine feindliche Fregatte, zwei Korvetten und acht Frachter waren dabei vernichtet worden. Die eigenen Schiffe hatten einiges an Schäden einstecken müssen, und auf der „Wjatka“ hatte es elf Tote und dreimal so viele Verletzte gegeben – die Akarii hatten sich teuer verkauft, obwohl sie hoffnungslos unterlegen gewesen waren. Aber die drei Zerstörer hatten zwischen dem Sprungpunkt und dem Konvoi gestanden, und Flucht war den Frachtern unmöglich gewesen. Wie viele Schiffe durch die gelegten Minen zerstört worden waren, wußten die Terraner nicht. Vielleicht nicht sehr viele, denn die Akarii waren keine Anfänger mehr, waren es nie gewesen. Dennoch – die Räumverbände, ihr Schutz und die Suche nach den Minenlegern kosteten sie Ressourcen. Und darauf kam es letztendlich an.

Die Einsätze hätten eigentlich zur Routine werden müssen – aber in den letzten Wochen hatte es nicht weniger als drei „Drei-Sterne-Meldungen“ gegeben. Das hieß, die Schiffe waren nun schon seit längerer Zeit überfällig – was gleichbedeutend mit einem Todesurteil war. Nach so langer Zeit kehrte keiner mehr wieder, das lehrte die Erfahrung. Deshalb die Nervosität, deshalb die Angst. Sie waren fast allein, und eine schier endlose Entfernung trennte sie von den eigenen Linien. Jeder wußte es, doch keiner traute sich, es auszusprechen. Vielleicht war es deshalb so schwer erträglich. Aber dennoch taten sie ihre Pflicht.

Sechs Stunden später sprang der Verband. Captain Oparin vermerkte in seinem Logbuch: ,Im Planquadrat 29-34 Minenfeld gelegt. Keine Feindberührung.‘ Er seufzte. Eine Aufgabe erledigt – aber es blieben ihnen noch drei weitere Zielgebiete, um die sie sich kümmern mußten. Und irgendwo dort draußen lauerte der Feind. Vielleicht hatte er sie mittels seiner Sensorminen bereits geortet – kleinen Lauschstationen, die jede Schiffsbewegung meldeten. Vielleicht waren Jagdverbände schon auf dem Weg. Er würde es erst merken, wenn es zu spät war. Zu spät für ihn, und auch für die fast 1900 Männer und Frauen, die seinem Befehl unterstanden. Aber was blieb ihm auch anderes übrig?

Second Lieutenant Pawlitschenko bewegte sich unruhig in seiner Koje. Wie immer nach einem „scharfen“ Einsatz fand er nur mühsam Schlaf. Er wußte, ihre Art Krieg war weder spektakulär noch angesehen – nervenaufreibende Routine in einem heimtückischen Kampf. Aber, da war er sich sicher, er brauchte sich dafür nicht zu schämen. Er wußte, das seine Schwester ihn verstehen würde, und er wollte gewiß nicht mit ihr tauschen – ihr Ruhm hatte sie einiges gekostet hatte. Aber manchmal wäre es ihm lieber gewesen, sich dem Gegner zu stellen, als hier in seinem Rücken herumzuschleichen, immer voller Angst vor der Entdeckung. Er mußte sarkastisch grinsen: ,Und wenn ich in einer echten Schlacht wäre – dann würde ich mir wieder wünschen, nur mit meinen Ängsten ringen zu müssen. Ich glaube, diese Krieg wird mich nie zufriedenstellen.‘ Und mit diesem Gedanken schlief er schließlich ein.
21.11.2015 14:57 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Kano stand im Hangar 4 der Miramar Airbase.
Hangar 4 war einer der beiden, die die Imperial Starlancers an die Angry Angles abgetreten hatten.
Kanos Blick schweifte über die Jäger die im Hangar standen. Der Vollmond schien durch die Fenster und tauchte alles in finsteres Zwielicht.
Die Beleuchtung stand der F-117 D Nighthawk besonders gut. Der schlanke und elegante Raumjäger sah erschreckend dämonisch aus.

"Wunderschön nicht wahr?" fragte eine Stimme neben Kanos linken Ohr.
"Ja", hauchte Kano beinahe atemlos, dann erkannte er die Stimme von Lieutenant Commander Justin McQueen, Darkness, dem stellvertretenden Geschwaderführer, dem Kommandanten der Nighthawkschwadron der Angry Angles.
Auf der Stelle drehte sich Kano zu Darkness um, nahm Haltung an und salutierte, wie man es von einem frisch gebackenem Abgänger von Markham Fields erwarten konnte.
Darkness Miene verzog sich keinen Millimeter doch ein kleines Lächeln schien sich in seine Augen zu schleichen als er den Salut erwiderte - nicht so zackig wie bei einer Parade, wie Kano es tat, eher mit einer Nonchalance, wie sie sich auch nach Jahren des Militärdienstes nur selten einstellte.
"Stehen Sie bequem, Okha", er trat an Kano vorbei auf die vorderste Nighthawk zu, "ja, es sind wirklich wunderschöne Vögel. Der CAG und ich sind sie über Manticore geflogen. Sind der Bloodhawk beinahe ebenbürtig. Was ihr an Wendigkeit und Geschwindigkeit fehlte macht sie durch Schilde, Panzerung und Bewaffnung wett."
Kano war dem Lieutenant Commander gefolgt, als dieser weiter auf die Nighthawk zuging und ihr jetzt die Flanke tätschelte.
"Hätten Sie Lust eine zu fliegen, Lieutenant?"
"Sir?" Kano war wie vom Donner gerührt.
"Sehen Sie, ich brauche erfahrene Männer für die Nighthawks, und sie gelten nunmal als einer der erfahrenen Männer. Wenn es auf der Galileo nicht diesen Zwischenfall gegeben hätte, würden Sie heute bestimmt die Balken eines 1st Lieutenant am Kragen tragen."
Jetzt setzte er ein Lächeln auf, als Kano die Schultern herabsanken.
"Tatsache ist, dass man nur die Leute von der alten RED als Kriegserfahren ansehen kann. Ich hatte den CAG gefragt, ob man nicht alle Nighthawkpiloten aus den Angles rekrutieren könnten, aber ich bekomme noch einen Haufen Leute frisch von der Akademie, also könnte ich Sie als Rottenführer gebrachen. Ist wohl Ihre einzige Chance Rottenführer zu bleiben, bei den vielen 1st Lieutenants die wir von der Boston Space Force bekommen." Jetzt verzog sich Darkness Gesicht sogar zu einem Grinsen. "Außerdem sind es doch ganz schöne Maschinen, also was sagen Sie?"
Kano blickte noch einmal die Nighthawk an: "Ich bin dabei, Sir."
21.11.2015 14:58 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Celeste,
Colonial Conföderation

Die drei Gouverneure gingen durch die Gänge der Ratskammer, so hieß der riesige Komplex, in dem das Council of Gouverneurs zusammentrat.
Das Council of Gouverneurs war die höchste politische Versammlung der Colonial Conföderation und bestand aus je einem Governeur von jeder der 73 Welten der Conföderation.
Aus diesen 73 Gouverneuren wurde ein Generalgouverneur gewählt, der die gleiche Funktion hatte wie der/die President/Presidentin der Federal Republik of Terra hatte.
Edward Cochrane hatte zurzeit und noch zwei weitere Jahre diesen Posten als Generalgoverneur inne, sollte der Krieg noch länger dauern, so würde Cochrane den Posten auch länger behalten.

"Mir macht diese Friedensbewegung bei den Sollis sehr ernste Sorgen", bemerkte Ghani Rox, eine der drei Akarii-Gouverneure im Council.
Ghani sah man mittlerweile an, dass sie sehr betagt war. Die rote und blaue Farbe war größtenteils aus ihrem Kamm gewichen und die einst weißen Schuppen hatten an vielen Stellen Grautönung angenommen.
"Ich denke, wir müssen diese Täubchen nicht weiter beachten", antwortete Gerold Holmes, der zweite Vorsitzende des Councils.
"Ghani hat recht, es könnte für uns wirklich katastrophale Folgen für uns haben, wenn die Sollis plötzlich mit den Akarii Frieden schließen. Wie wollen wir den Krieg weiterführen, wenn die Akarii keine Front mehr mit den Sollis haben?" Sinnierte Cochrane.
"In wie weit würden wir uns die Friedensbedingungen von den beiden Großmächten diktieren lassen? Was ist, wenn die Akarii für einen Frieden mit der Conföderation Ahleb, Cognin und Raffehlen haben wollen? Wird die Conföderation dann ihre drei Akarii-reichsten Welten abtreten?"
Cochrane zuckte unter Ghanis Worten zusammen. Und er konnte sie, sowie alle anderen Akarii in der Conföderation verstehen. Er war sich wirklich nicht sicher, ob man für die drei Akarii-Welten Krieg führen würde.
"Ich verstehe Ihre Besorgnis und ich versichere Ihnen, dass ich alles was in meiner Macht stehende tun werde, dass die Conföderation diesen Krieg als ganzes überlebt. Wir haben gemeinsam zu viel erreicht, als das uns es jetzt egal sein könnte, was aus ihnen wird. Was schlagen Sie vor?"
"Wir müssen was gegen diese Friedenstauben unternehmen."
"Ihnen schwebt doch keine Geheimdienstoperation vor oder?" Fragte Holmes vorsichtig.
"Nein, zumindest vorerst nicht, eine Medienkampagne, berichten wir von Massakern durch Truppen des Akarii-Imperiums, von Bluttaten sonder gleichen, geben wir den Sollis richtig was zum nachdenken."
Holmes zog eine Augenbraue hoch: "Es gibt keine derartigen Massaker."
"Konstruieren wir welche!"

***

Miramar,
Kalifornien, Erde,

Die meisten Piloten waren am 18. September eingetroffen, jedoch gab es immer wieder Nachzügler, die sich nicht rechtzeitig loseisen konnten von ihren liebsten, durch Zugverspätungen oder ähnliches. Jedoch gab es auch eine Zahl von Leuten, die es nicht interessierte, ob sie pünktlich waren oder nicht.
So begab es sich, das ein Grav-Jeep der MP vor dem Hauptquartier der Angry Angles hielt.
Die beiden MPs der Marines stiegen aus und halfen dann dem Mann vom Rücksitz aus dem Jeep. Einer der Marines schnappte sich noch den Seesack von der Ladefläche, dann gingen die drei ins Haus.

Keine vier Minuten später wurden sie in Darkness Büro geführt.
"Staff-Sergant Anderson, Militärpolizei, wir bringen Ihnen hier einen Lieutenant...Commander Long."
Anderson warf der Gestallt zwischen sich und seinem Corporal einen abschätzigen Blick zu.
Radio trug zwar die khakifarbene Uniformhose so wie die schwarzen Uniformschuhe, jedoch dazu ein grelles Hawaihemd und ein Basecap der New York Yankees.
"Cheeef." Radio führte etwas aus, was man auch mit guten Willen nicht als Salut anerkennen konnte. Über den Urlaub hatte er sich einen Vollbart wachsen lassen und er stank wie eine ganze Destille.
"Wie am Telefon besprochen, ich übernehme ihn."
"Dann quittieren Sie bitte hier", Anderson reichte Darkness ein Klemmbrett.
Darkness unterschrieb und schon waren die beiden MPs verschwunden.
"Setzen Sie sich, Radio."
Radio ließ sich in einen der Besucherstühle fallen und gähnte.
"Also, Sie kommen zu spät zum Stützpunkt, werden von der MP angeschleppt und sehen aus wie der letzte Mensch."
"Yeah, nun ja, ich dachte ich feiere noch ein bisschen meine Beförderung."
Darkness erhob sich und ging hinter seinem Schreibtisch auf und ab.
"Commander, Sie werden in diesem Geschwader eine wichtige Position ausfüllen. Sie werden wohl genauso oft eine Computertatatuer fliegen wie einen Raumjäger.
Um eine eigenen Schwadron zu befehligen fehlt Ihnen noch einiges, das wissen wir beiden. Tja, da habe ich nur einen Posten für Sie und auch wenn Lone Wolf sich bei mir herzlichst bedanken wird, werden Sie stellvertretender Schwadronenführer der Roten Jungs.
Im Gefecht wird Lone Wolf persönlich die Truppe ins Gefecht führen.
Aber da er unser aller Boss ist, ist es Ihre Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Phantome ein gut geschliffnes Schwert sind, wenn es, so weit ist..
"Yessir."
"Hören Sie Radio, wenn Sie hier versagen, versagen die Jungs da draußen gegen die Echsen und was das heißt muss ich Ihnen nicht sagen, wir haben es oft genug gesehen...viel zu oft."
Radio setzte sich etwas auf.
"Drillen Sie die Rote Schwadron, formen Sie sie zu einer Einheit", fuhr Darkness fort und reichte Radio eine CD, "und klotzen Sie ran, Sie sind vier Tage im Rückstand, viel Erfolg."
"Und wie soll ich das machen?"
Darkness lächelte: "Sie machen das schon, auf der CD sind alle Infos die Sie brauchen, viel Erfolg und weggetreten."
Wie nach der Tradition der Navy wurde auch Radio ins kalte Wasser geschubst.
Er salutierte, jetzt etwas ordentlicher. Auch sah er viel nachdenklicher aus, als er Darkness Büro verließ.
21.11.2015 15:01 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Ein Neuanfang

Lieutenant Commander Diane „Lightning“ Parker war eigentlich eine Frau, die viele Menschen, die sie näher kannten, für recht verträglich und liebenswürdig hielten. Immerhin war sie Britin, also wohlerzogen und bei weitem keine Freundin von Kraftausdrücken, wenn es sich nicht gehörte. Gewiß hatte die Flotte im Laufe der Zeit bei der Integration der verschiedenen nationalen Streitkräfte eine Menge schlechter Angewohnheiten übernommen. Böse Zungen sagten, mit dem maßgeblichen Anteil der ehemaligen amerikanischen Flotte und Luftwaffe waren ihr gewisse Mängel quasi in die Wiege gelegt worden, ein angeborenes Erbübel, das sie niemals losgeworden war. Aber dennoch hatte sich auch das eher kühle, wohlerzogene Naturell der Piloten der Royal Air Force eingebracht – so hieß es zumindest. Und Diane Parker war bemüht, dies nicht zu vergessen. Sie behandelte ihre Leute human, riß ihnen nur dann den Kopf ab, wenn es nötig war, und behandelte selbst Menschen, die sie persönlich geradezu verabscheute, mit einer kalten Höflichkeit, die oft wirksamer war als Kraftausdrücke. Es gab eine Menge Dinge und Personen, die sie nicht ausstehen konnte – einschließlich ihres Geschwaderführers, seines Zeichens Kriegsheld, Fliegeraß und Egomane – doch sie bemühte sich, ihre Emotionen nie völlig frei zu zeigen, denn das gehörte sich ja nicht. Aber hier und heute mußte sie doch sehr damit kämpfen, um ihrer Wut und Verbitterung nicht freien Lauf zu lassen.

Objekt ihrer gedanklichen Verwünschungen war in diesem Fall das Planungs- und Personalbüro der Flotte – und das kalifornische Klima. Nur ein völliger Schwachkopf, soviel war ihr klar, nur ein halber Verräter und Saboteur, nur ein absolut verblödeter Bürohengst konnte auf die selten dämliche Idee gekommen sein, die Piloten des 127. Geschwaders ausgerechnet hierher zu bestellen. Dazu zu dieser Jahreszeit. Wer es auch immer gewesen sein mochte – sie fand selbst in dem Gedanken, ihn in Wintermontur über die Rollbahn zu hetzen, nur wenig Erleichterung. Und Kühlung brachte ihr der Gedanke überhaupt nicht.
Seit sie angekommen war – pünktlich am 18. September, noch vor Sonnenaufgang – hatte ihr das Klima zu schaffen gemacht. Sie war, wie viele andere Piloten auch, an vernünftiges Wetter gewöhnt – aber nicht an so eine Bullenhitze. Ohne Klimaanlage wäre es überhaupt nicht auszuhalten gewesen, und nicht wenige der Piloten zeigten gewisse Symptome, die darauf hinwiesen, daß sie das Klima nicht gut vertrugen. Sie selber eingeschlossen. Warum um alles in der Welt hatte man nicht einen weiter nördlich gelegenen Stützpunkt ausgesucht?

Aber, sosehr sie auch innerlich fluchen mochte, es half ja doch nichts. Man hatte sie in diesen Backofen versetzt, und nun mußte sie sehen, wie sie damit klarkam. Nun, immerhin würde sich ihre Arbeit vermutlich etwas in Grenzen halten – ihre Staffel war noch relativ komplett. Sie hatten ihr zwar einen guten Piloten genommen, um ihn in eine andere Staffel zu stecken, aber zusammen mit den zwei Toten machte das „nur“ einen Fehlbestand von 25 Prozent. Manchmal war sie selber erschreckt, mit welcher Selbstverständlichkeit sie inzwischen Tote und Verletzte hinnahm. Insgesamt waren seit Beginn des Krieges mehr als ein halbes Dutzend Untergebene unter ihrem Kommando gefallen. Erheblich weniger, als Piloten ihrer Truppe an Feinden getötet hatten, soviel war klar – aber dennoch...
Doch der Mensch gewöhnte sich an alles, und auch sie hatte es gelernt, solche Gedanken in irgendeine Ecke ihres Kopfes wegzuschieben. Sie konnte sie nicht ganz verbannen, doch sie war schon darüber hinaus, zuviel Kummer zu empfinden. Was sie mitunter entsetzte, denn schließlich befehligte sie keine Maschinen, sondern Menschen, die jeder eine Familie hatten. Doch sie wußte auch, daß ihr sowieso keine Alternative blieb.

Sie hatte gegen die Versetzung von Second Lieutenant Nakakura nicht protestiert. Er schien ja auch selber ganz zufrieden zu sein. Dies versetzte ihr – auch wenn sie es sich selber nicht recht eingestehen wollte – doch einen gewissen Stich. Sicher, die Staffel war nicht unbedingt das, was man eine große Familie nennen konnte, jedenfalls keine Musterfamilie. Wenn sie sich jedoch an so einige Sippschaften erinnerte, die sie kannte...
Aber die Bereitwilligkeit, in ein anderes Kommando zu wechseln, verärgerte sie ein wenig. Sie wußte, daß dies eitel war, aber sie hätte sich geschmeichelt gefühlt, wenn „ihre“ Leute auch weiterhin gerne bei ihr geblieben wären. So etwas galt in Offizierskreisen als Zeichen eines guten Führungsstils, und sie hatte sich immer bemüht, eine gute Staffelkommandeurin zu sein. Der Stolz auf „ihre“ Waffengattung kam hinzu – ein Wechsel war selten gerne gesehen. Irgendwie betrachteten alle ihre Maschinen als das Nonplusultra oder taten zumindest so. Nun, wenigstens hatten die anderen ihr die Treue gehalten. Und zumindest von Lilja hatte sie gehört, daß die russische Pilotin der Grünen Staffel auf jeden Fall treu bleiben wollte. Nun, wenn Nakakura lieber zu einer anderen Einheit wechselte – weshalb auch immer – dann war das seine Sache. Hauptsache, er bereute es nicht.

Die Integration der drei Neulinge, wenn man sie so nennen konnte, würde also nur begrenzte Probleme bereiten. Die drei waren gewissermaßen „Quereinsteiger“ – eine Rekrutin, die ihre ersten Flugstunden bei den Marines gemacht hatte, und dann zur Flottenluftwaffe gewechselt war, und zwei Mann, die aus der Miliz kamen. Nun ja – ihr wären Veteranen lieber gewesen, aber die Marine hatte einen guten Abschluß, und die beiden anderen zumindest Routine. Sie würde jedem Neuling einen „Veteranen“ voranstellen – wobei Veteran bedeutete, daß die Milizionäre sich von wesentlich jüngeren Piloten herumkommandieren lassen mußten, zumindest im Gefecht. Hoffentlich machten sie keine Probleme. Ihre Akten, die ihr bereits zugestellt worden waren, machten nicht gerade den Eindruck, doch konnte man da nie wissen. Nun, zur Not würde sie eben ihre guten Manieren einmal vergessen und ihren die Köpfe zurechtrücken, das würde dann hoffentlich genügen. Das Selbstwertgefühl eines Mannes in den Vierzigern verkraftete es sicher nicht oft, von einer gut zehn Jahre jüngeren Frau zurechtgestaucht zu werden, die leider, leider den höheren Dienstrang hatte und dergleichen so oft wiederholen konnte, wie sie wollte...

Sharon Taylor, die ehemalige Marinepilotin, war gleich am 18. bei ihr aufgekreuzt. Das „Küken“ hatte sich erwartungsgemäß sofort gefügt. Nur wenige Akademieabgänger waren so größenwahnsinnig und erwarteten etwas anderes, als daß man sie der Obhut eines erfahreneren Soldaten unterstellte, damit sie noch ein wenig praxisbezogene Ausbildung erhielten. Das hatte zwar manchmal zu geringfügigen Verstimmungen geführt, den die Neulinge waren natürlich stolz auf ihre „Schwingen“ und die Akademie reagierte manchmal etwas pikiert auf die unausgesprochene Unterstellung, die Ausbildung auf dem Mars sei eben doch noch nicht ausreichend, um die jungen „Falken“ auf den Kampf vorzuvereiten. Aber auch wenn das Trainingspersonal zum Gutteil aus dem aktiven Dienst stammte, so behielt man sich bei der Truppe immer eine gewisse Skepsis vor. Alle halbwegs kluge Neulinge sahen schnell ein – oder wußten von Anfang an – daß sie als „Füchse“ zu spuren hatten. Und da Lightning keinerlei der eher fragwürdigen Taufrituale anwandte, die in manchen Einheiten Gang und Gebe waren, hatte Sharon es eigentlich recht gut getroffen. Die Marine war wohl schon erleichtert gewesen, daß Lightning sich eine Bemerkung bezüglich Marines Herkunft verkniffen hatte. Möglicherweise war sie in der Hinsicht etwas empfindlich. Da Lightning der Korpsgeist des Flotte kannte und wußte, in welcher Art sich das „unzerreißbare Band der Waffenbrüderschaft“ zwischen den einzelnen Teilstreitkräften präsentierte, hatte sie fast Mitleid mir ihrer neuen Rekrutin gehabt. Nein, bei ihrer Einheit würde es keine Schikanen geben, dafür würde sie sorgen. Wo das Mädchen doch jetzt von den Atmosphärenkriechern weg und bei einer richtigen Waffengattung war...
Sharons unmittelbare Vorgesetzte, Virago, galt als gute und verläßliche Pilotin, bei ihr war das „Küken“ in guten Händen.

Ihre übrigen Schäfchen waren bereits eingetroffen – allesamt pünktlich. Lilja hatte sich sogar schon einen Tag zu früh eingefunden, was eigentlich keine Überraschung war. Alle schienen den Urlaub mehr oder weniger unbeschadet überstanden zu haben. Sicherheitshalber waren sie alle – inklusive der Chefin – durch eine Breitbanduntersuchung des medizinischen Dienstes gehetzt worden, die sie auf Infektions- und Geschlechtskrankheiten- sowie weitere potentiell wehrkraftzersetzende „Errungenschaften“ wie etwa im Falle der weiblichen Piloten eine Schwangerschaft untersucht hatten. Ungeachtet irgendwelcher Beteuerungen mußte sich jeder dem unterziehen. Jaja, die Navy sorgte für die ihren, ob sie wollten oder nicht...
Nun, es war glücklicherweise glimpflich abgelaufen. Lightning freute dies aus mehreren Gründen. Zum einen würde sie bald jeden Mann und jede Frau brauchen - und zum anderen fiel ein größerer Fehlbestand immer auch auf die Kommandeurin zurück. Obwohl die doch für die außerdienstliche Freizeit ihrer "Kinderchen" nun wirklich nichts konnte. Ein paar Grippeviren waren ausgemacht und eliminiert worden, ehe sie die ganze Basis infiltrieren konnten, ansonsten hatte es nichts gegeben. So gesehen war der Urlaub offenbar gut abgelaufen, denn ihr war auch nichts über etwaige anhängige Verfahren ihrer „Schäfchen“ zu Ohren gekommen. Was angesichts des Naturells einiger eine nicht geringe Erleichterung und gelinde Überraschung war. Die acht Piloten unter ihrem Kommando waren voll einsatzbereit, auch Lilja, die ihre Wunden auskuriert hatte. Nun, sie waren zumindest so lange einsatzbereit, bis einer mit Hitzschlag umkippte.
Lightning selber hatte den Urlaub durchaus genossen – es tat gut, die alte Heimat mal wieder zu sehen, und einige Familienmitglieder und Freunde zu treffen. Wobei man sich leider nur die Freunde aussuchen konnte – bei den Angehörige hatte man weniger Wahlmöglichkeiten. Aber auch das war ohne zu große Probleme abgelaufen. Insgesamt fühlte sie sich durchaus erholt. Und auch ihren Untergebenen schien es so zu gehen. Die Simulatoreinsätze, die sie geflogen hatte, zeigten keinen deutlichen Leistungsabfall. Nicht, daß sie vorhatte, ihre Staffel in den nächsten Tagen und Wochen zu schonen, Vorsicht war allemal besser.

Als es klopfte, wußte Lightning, wer da vor der Tür stand. Sie hatte sich gut genug informiert, um zu wissen, wann die beiden Milizpiloten eintreffen würden. Das mußten sie sein. Die Staffelführerin verwünschte in Gedanken noch einmal das Wetter und den Verantwortlichen, der sie in diesen Vorhof der Hölle geschickt hatte, dann bemühte sie sich, jede Emotion aus ihrem Gesicht und ihrer Stimme zu tilgen: „Kommen Sie herein!“
Natürlich war sie über die beiden schon soweit es ging im Bilde. Die Musterung war eher eine „Tradition“ – nach Augenmerk zu gehen, war nie sehr zuverlässig. Aber vielleicht fühlten die Neulinge dann, daß ihre neue Chefin sich ein Bild von ihnen machen wollte – und kein anderes als ein gutes akzeptieren würde. Beide standen stramm – das hatten sie offenbar nicht verlernt. Lightning, die wie gesagt kein Unmensch war, gab die Erlaubnis zum Rühren. Nach ein paar einleitenden Worten, der üblichen Begrüßung und der Frage, ob sie sich diensttauglich fühlten, kam sie zur Sache.
„Also, meine Herren! Nun zu Ihrer genauen Position in der Staffel. Ich habe mich entschlossen, sie den Führern von Sektion Zwei und Drei zuzuteilen. Sie, First Lieutenant Karanka, fliegen mit First Lieutenant Lincoln. Er ist Veteran, hat zehn bestätigte Abschüsse – nun, Sie werden ihn ja bald selber kennenlernen. Ich hoffe, Sie werden gut zusammenarbeiten. Was Sie angeht, First Lieutenant Haugland, Sie unterstehen der Kommandeurin von Sektion Drei, meiner XO. First Lieutenant Pawlitschenko hat ebenfalls zehn Abschüsse, und sie ist seit dem Beginn dieses Krieges mit von der Partie. Auch bei Ihnen erwarte ich keine Schwierigkeiten.“
Beide Piloten schienen die Ankündigungen ruhig aufzunehmen – beinahe schon zu ruhig. Lightning hatte eigentlich mit Widerstand gerechnet. Entweder die Neulinge blufften, oder sie hatten sich schon von vorne herein klargemacht, daß man ihnen als Milizionären ohne „echte“ Kampferfahrung nicht viel mehr zutrauen würde als Akademieabgängern. Lightning beschloß, Klartext zu reden – das lag ihr sowieso.

Sie fixierte beide kurz: „Ich bin mir darüber im Klaren, daß Sie beide auf eine beachtliche Dienstzeit zurückblicken. Sie haben schon gegen Piraten gekämpft und Feindmaschinen abgeschossen. Und Sie sind beide schon seit einigen Jahren First Lieutenants. Aber ich erwarte von Ihnen, daß Sie meine Entscheidung VOLL UND GANZ akzeptieren. Es geht hier nicht um Dienstalter und dergleichen. Sie haben ohne Zweifel beträchtliches Können und werden sicher eine Bereicherung unserer Staffel sein. Aber Ihnen fehlt noch die Kampferfahrung gegen Akarii. Die müssen Sie erst einmal sammeln. Dann werde ich mir überlegen, ob ich Sie nicht besser in eigene Flights versetze. Wenn Sie damit ein Problem haben, sagen Sie es besser gleich.“

Das war nun in der Tat SEHR direkt gesprochen. Aber besser so, als wenn unterschwellig Machtkämpfe zwischen den Piloten schwelten und jene, die aufeinander angewiesen waren, sich im Ernstfall vielleicht nicht optimal unterstützen konnten – auf Grund persönlicher Animositäten. In Jägerkreisen wurde gewitzelt, daß Streit mit dem Ehepartner kein so großes Problem war, immerhin hatte man ja einige Lichtjahre Sicherheitsabstand. Aber ein Flügelmann, mit dem man sich nicht verstand, der brachte einen todsicher ins Grab. Das mochte etwas überspitzt formuliert sein, aber im Grunde traf es zu.

Die beiden Piloten wechselten einen kurzen Blick. Dann zuckte der hagere Spanier mit den Schultern: „Verstanden, Lieutenant Commander.“ Sein Kamerad nickte nur. Vielleicht fiel es den beiden leichter, sich damit abzufinden, weil ihre neuen Vorgesetzten die Sektionskommandeure waren, und darüber hinaus offenbar einige Meriten als Piloten aufzuweisen hatte. Zusammen mehr als anderthalb Staffeln Feinde abzuschießen, das war keine SO gewöhnliche Leistung. Natürlich gab es bessere Piloten – Lightning zum Beispiel hatte ein paar mehr „Kills“ auf ihrer Maschine – aber nicht sehr viele.
Vielleicht aber kannten die beiden einfach nur den Grundsatz – entweder man paßte sich an, oder man wurde angepaßt.

Nachdem dies geklärt schien, hieß die Staffelchefin ihre beiden neuen Untergebenen noch einmal herzlich willkommen. Sie würden ein paar Stunden Zeit erhalten, sich häuslich einzurichten – dann sollte das Training losgehen. Sie würden sich an ihre neuen Partner gewöhnen müssen, und das rasch, denn es war zu vermuten, daß man den „Angry Angels“ nicht mehr viel Zeit lassen würde, bevor es an die Front ging: „Ihre Partner finden Sie vermutlich bei den Simulatoren oder in der Messe. Am Besten, Sie bereiten sich schon einmal darauf vor, in den nächsten Tagen nicht viel Ruhe zu finden – egal ob hier oder auf unserem neuen Stützpunkt, welcher das auch sein möge. Wenn es Probleme gibt, steht meine Tür Ihnen offen, wenn Sie selber Probleme machen… Aber das werden Sie nicht.“ Letzteres war eher keine Frage. Auf den Salut der beiden Milizionäre nickte Lightning und ließ sie wegtreten. Sie hielt nichts von den psychologischen Kaltwasserduschen, an denen sich manche Staffelchefs so berauschten. Man konnte den Leuten auch anders Respekt vor dem Vorgesetzten oder der Situation in einem Frontverband beibringen – und machte sich damit menschlich nicht so unmöglich. Es war schon so nicht leicht, sich in ein fest gefügtes Kollektiv einzubinden, wozu die Sache noch unnötig erschweren. Den Kopf abreißen konnte man den Leuten immer noch, sollte sich dies als notwendig erweisen. Bis dahin vergab man sich mit ein wenig Höflichkeit, so lange diese wohldosiert war.

Sharon Taylor befand sich derweil schon im Ausbildungsprogramm. Momentan nutze man eher die Simulatoren, denn es war natürlich jedes Mal mit erheblichem Aufwand verbunden, eine Kampfmaschine startbereit zu machen. Sie hatte in Virago eine glücklicherweise verständnisvolle Vorgesetzte gefunden. Und Sharon war durch das Flying Cross genug beeindruckt, um nicht dagegen aufzumucken, daß ihre Flightleaderin auch „nur“ Second Lieutenat war. Momentan übte man den Kampf in der Atmosphäre. Eigentlich etwas, das die Raumpiloten oft ein wenig vernachlässigten. Die Gefechte wurden oft bereits im Raum um die Planeten entschieden, und nicht erst im Kampf im „echten“ Luftraum. Dennoch mußten mitunter Angriffe auf Bodenziele geflogen werden – und dabei hatte man natürlich auch mit feindlichen Raumjägern und Atmosphärenmaschinen zu rechnen. Und die waren entgegen der oft verbreiteten Arroganz der Piloten durchaus nicht zu unterschätzen.

Die beiden Typhoons befanden sich in einem wilden Kurbelkampf mit zwei feindlichen Bloodhawk. Und hier konnte Marine auf ihre Erfahrung zurückgreifen, die sie während der Marineausbildung gesammelt hatte. Die gegnerischen Maschinen schienen mit den ungewohnten Bedingungen doch ein wenig Probleme zu haben. Stürzen, steigen, Kurvenmanöver – immer darauf bedacht, den Gegner im Rücken zu fassen. Sie war sich ihrer Flightpartnerin bewusst und versuchte, ihr immer den Rücken frei zu halten, so, wie es ihre Aufgabe war. Schließlich kam der ersehnte Augenblick. Einer der feindlichen Jäger nutzte eine günstige Gelegenheit, während Sharon mit dem zweiten „Akarii“ beschäftigt war, und deckte Virago mit einem furiosen Feuerhagel aus seinen Bordwaffen ein. Sharon betätigte den Nachbrenner und brachte sich in Schussposition, ihren Feind dabei hinter sich lassend. Der Gegner war gut – er versuchte sofort auszuweichen, offenbar behielt er seinen rückwärtigen Luftraum im Auge und verließ sich nicht allein auf seinen Flügelmann. Aber in der ungewohnten Umgebung kam das Ausweichmanöver ein wenig zu spät – zwei Raketen zerfetzten den „Akarii“, während der Pilot ausstieg. Auch das wurde hier simuliert – das Aussteigen zur rechten Zeit wollte geübt sein. Manche hatten sich gegen solche Defätismus gesperrt, aber die Navy konnte es sich nicht leisten, Piloten zu verlieren, die nicht wußten, wann es Zeit war, abzuspringen. Kurz darauf hetzten die beiden Terraner den letzten „Feind“ zu Tode. Auch wenn Virago ziemlich gerupft war – von ihren Gegnern blieben nur Trümmer. Damit endete die Übung.

Mit einem nicht eben geringen Gefühl der Zufriedenheit kletterte „Marine“ aus ihrem Simulator. Dies zeigte auch das breite Grinsen auf ihrem Gesicht. Kein schlechter Einstand, fand sie. Die anderen Piloten warteten schon, und die junge Frau achtete darauf, ihr Strahlen etwas zu dämpfen. Gekränkte Eitelkeiten waren so eine Sache, und als Neuling in der Staffel wollte sie keinen Veteranen gegen sich aufbringen. Während Virago breit grinste und sich offenbar wegen verletzter Gefühle ihrer Gegner keine Sorgen machte, waren die ehemaligenAkarii erheblich weniger enthusiastisch. Das bremste auch Sharons Hochgefühl etwas. Denn die Pilotin, die sie abgeschossen hatte, war die XO der Staffel. Und wenn sie es persönlich nahm – manche Piloten vertrugen es nicht, von einem Neuling abserviert zu werden – dann würde dies das Leben für die ehemalige Marinefliegerin nicht eben erleichtern… Nicht, daß sie Lilja gefürchtet hätte - nach allem, was sie wußte, war die Russin eine strenge Aufpasserin, aber keine richtig ,scharfe' Schleiferin. Aber eine Antipathie ihrerseits würde es Sharon nicht leicht machen, sich in die Staffel einzugliedern. Denn auch wenn Lilja keineswegs Duzfreundin ihrer Kameraden war, so genoß sie einen gewissen Respekt.

Offenbar war jedoch First Lieutenant Pawlitschenko in der Hinsicht dickfellig genug. Sie strahlte vielleicht nicht über das ganze Gesicht – niemand ließ sich gerne schlagen – aber sie gratulierte Sharon ohne eine Spur von dauerhafter persönlicher Verärgerung. Die subtile Rache folgte freilich auf dem Fuße: „Ich denke, Marine, wir werden in den nächsten Wochen das Training für den Atmosphärenkampf ein wenig anziehen. Wie sich gezeigt hat, ist ein unter den Bedingungen ausgebildeter Pilot uns mindestens ebenbürtig." Das Eingeständnis fiel ihr offenbar nicht leicht, aber sie sprach es dennoch aus: ,,Du übernimmst am besten die Akarii. Und die Auswertung machen wir zusammen. So lange, bis wir alle die verdammten Schlagen aus den Schuppen stoßen können, ob im Weltraum oder sonst wo.“ So sehr die „Neue“ sich über den Vertrauensbeweis freute, so wenig übersah sie den Pferdefuß. Das bedeutete für sie doppelte und dreifache Arbeit – zwar auch für die XO, doch die galt ohnehin als Arbeitstier. Andererseits – an Sharons fachlicher Qualifikation sollte nun weniger Zweifel herrschen. Eine solche Position war für einen Neuling ein gewisser Bonus und ein Zeichen, daß man sie nicht als völlig unfähig betrachtete.

Sie machte sich jedoch keine Illusionen. Im Weltraum war sie den meisten ihrer Kameraden nur bedingt gewachsen, denn dort hatten diese mehr Erfahrung. Und wie es erst im echten Kampf werden würde, wo Routine sehr wichtig war, blieb abzuwarten. Auch wenn es noch ein kleines Weilchen dauern mochte – sie fühlte ein vages Unbehagen und war sich nicht sicher, ob sie dann würde tun können, was zu tun war. Ein echter Feind mit echten Waffen – das war immer etwas anderes als ein simuliertes Gefecht, auch etwas anderes als ein „echter“ Übungsflug mit simulierten Waffen.

Staffel Grün war komplett, wenn man auch über die Einsatzbereitschaft geteilter Meinung seien konnte. Aber das würde natürlich erst der Ernstfall, die „Mutter aller Proben“, zeigen…
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Etwas skeptisch betrachtete Darkness den Bildschirm des Army-Computers, der in seinem Zimmer stand. Daß er dieses Gerät erhalten hatte, war einer der Auswirkung seiner „Beförderung“ zum Staffelkommandanten. Nicht, daß damit eine Beförderung verbunden war. Lieutenant Commander war er ohnehin schon. Und er würde auch weiter stellvertretender Geschwaderchef bleiben. Die neue Aufgabe bedeutete also nur Mehrarbeit, ohne ihm direkt etwas zu bringen. Aber es war seine Pflicht, er würde sie nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen.
Seiner Aufgabe sah der erfahrene Pilot mit gemischten Gefühlen entgegen. Vom fachlichen war Darkness zweifelsohne für den Staffelchef prädestiniert. Nicht nur, daß er ein Fliegeraß war, wie es in seiner Staffel wenige gab. Bei den bisherigen Feindfahrten hatte er auch zusätzlich einen Großteil der Ausbildungs- und Schulungsarbeit für das Geschwader „Angry Angels“ übernommen, war also bestens damit vertraut, aus einem Haufen Grünschnäbel, abgeflogenen Veteranen und Egomanen eine Einheit zu formen. Die einzigen, die ein Problem haben würden, waren möglicherweise seine zukünftigen Untergebenen – Darkness galt als harter Ausbilder und ebenso gnadenlos gegen sich, wie gegen andere.
Nein, Sorgen machten ihn ganz andere Dinge. Zum einen übernahm er mit der Staffel eine Verantwortung, die schwer auf ihm lasten würde. ER würde die Männer und Frauen in den Einsatz führen – und er würde dann den Angehörigen die Nachricht von ihrem Tod überbringen müssen. Dem Tod, in den sie vielleicht gerade SEIN direkter Befehl geschickt hatte... .
Er würde darauf achten, daß ihm keiner der Piloten zu nahe kam. Das konnte im entscheidenden Augenblick verhängnisvoll sein. Nein, er würde seinen Job tun, die Piloten zusammenhalten – aber er würde bestimmt nicht einen auf „Familie“ machen. Auf die Dauer machte das selbst die besten Leute kaputt, denn in dieser "Familie" war der Tod ein integraler Bestandteil. Man mußte hart sein. Menschliche Nähe zu den Kameraden konnte zur tödliche Belastung werden.
Außerdem machte er sich immer noch Sorgen um seinen Geschwaderchief. In der letzten Zeit war Lone Wolf einfach nicht mehr der selbe gewesen, hatte ihn irgend etwas fertiggemacht. Die Sache mit Troffen, das Ehrengericht oder diese persönliche Geschichte mit Melissa Auson – der „Alte“ hatte Nerven gezeigt. Darkness würde ihn zu seinem eigenen Besten im Auge behalten.
Aber seine Hauptsorge kreisten um die Personalakten, die er vor kurzem aufgerufen hatte – die Personalakten seiner neuen Staffel. Wenn das die neuen Frontlinientruppen waren...

Da wäre neben ihm erst mal sein Flügelmann Jaws. Nach Darkness war er der beste Pilot der Staffel, etwa 20 Abschüsse, langjährige Erfahrungen mit der Nighthawk. Bisher hatten sie sich gut ergänzt und sicher würden sie auch weiter gut zusammenarbeiten.
Dann kam Fatman. Das ehemalige Mitglied der Bosten Space Marine war mit 48 Jahren für Darkness Geschmack schon ein wenig alt. Er hatte zwar schon an etlichen Gefechten mit Piraten teilgenommen und hatte mehrere „Friedensmissionen“ auf Planeten der Republik hinter sich, also Konterguerilla-Einsätze – hatte es aber bisher erst auf einen Abschuß gebracht. Es blieb abzuwarten, ob er seine Ruhe und Routine im Fronteinsatz gegen die Akarii behalten würde.
Seine Flügelfrau Jeanne war ein waschechtes Küken, frisch von der Akademie. Die dunkle, schwarzhaarige Französin kam Darkness etwas zu selbstsicher und temperamentvoll vor. Hoffentlich würde Fatman sie zügeln. Und auch Darkness selber würde sein bestes tun, die an der Akademie antrainierte Selbstüberschätzung durch gesunden Respekt vor dem Feind zu ersetzen.
Dutch war von der Akte her ein guter Fang. Nicht nur hatte er bei Kämpfen mit Piraten einige Meriten gesammelt, er war bei Mantikor als Angehöriger des Geschwaders der „Moskau“ dabeigewesen. Zwei Akarii hatte er abgeschossen und hatte schwerverwundet seinen wracken Jäger noch sicher landen können. Allerdings fragte sich Darkness insgeheim, ob der Pilot nach fast einem halben Jahr Krankenhaus und Kur wieder frontreif war. Und irgend etwas an dem hageren Blondschopf machte ihn vorsichtig.
Dutch’s Flügelmann Terry war ein weiterer Neuling. Er mochte zwar schnelle Reflexe haben, hatte den Abschluß an der Marsakademie aber nur mit knapper Not und einem Extralehrgang geschafft. Der Junge würde nachholen müssen, um an der Front eine Chance zu haben.
Dann kam Ohka. Neben Jaws der Einzige, den Darkness sich persönlich ausgesucht hatte. Der Japaner war zweifelsohne ein guter Pilot und hatte bereits genügend Fronterfahrung. Allerdings ging er immer noch manchmal zu unbesonnen rann. Abgesehen von einer idiotischen Prügelei mit einem Chief von der Crew der GALILEO auch eine mustergültige Akte. Darkness hatte damals, da Cunningham ausgefallen war, Ohka gründlich den Kopf gewaschen. Da war allerdings noch die Sache mit Kali. Darkness war nun wirklich kein Moralapostel, aber er wusste, dass solche persönlichen Beziehungen den Dienst unnötig verkomplizierten. Lone Wolfe war dafür das beste Beispiel gewesen. Wenigstens waren die beiden Piloten nicht in derselben Einheit.
Ohkas neuer Flügelmann Crusader war der dritte Akademieneuling in der Schwadron. Der junge Pilot sah zwar aus, wie von einem Rekrutierungsplakat der Navy und seine Bewertung an der Akademie war ausgezeichnet. Allerdings war er sich dessen durchaus bewußt – und in Verbindung mit seinem impulsiven Naturell konnte ihn daß schneller umbringen, als eine Bloodhawk auf Sechs Uhr.
First Lieutenant Miguell „Monty“ Terrano war in anderer Hinsicht ein Problemfall. Zwar hatte der Überlebende des Geschwaders der MAJESTIC eindeutig Flug- und Kampferfahrung und war an die Nighthawk gewöhnt. Auch als Flightführer schien er Erfahrung zu haben. Das Problem bei dem kleingewachsenen, ziemlich blassen Offizier war sein schwieriger Charakter. Sein Selbstbewußtsein war schon arrogant zu nennen – und auch gegenüber Vorgesetzten konnte er ziemlich penetrant werden – ein Grund, warum er bisher nicht über den Leutnantsrang hinausgekommen war. Darkness hatte dies seiner Akte entnehmen können – und es nach nur ein paar Sekunden Gespräch bestätigt gefunden. Dennoch hatte er beschlossen, Monty zu seinem Stellvertreter zu machen. Seine Leistungen als Pilot und Offizier würden hoffentlich seine Nachteile überwiegen – aber ein leichter XO würde er bestimmt nicht sein.
La Reine war der vierte und letzte Neuling in der Staffel. Die hochgewachsene Schwarze krankte wie ihr Rottenführer an einem ziemlichen Ego. Hoffentlich ging es mit den beiden gut – Montys kühle, professionelle Kampfweise sollte den Überschwang der Nigerianerin zügeln. Als er ihr Psychogramm studiert und mit Jeanne und Crusader verglich, hatte sich Darkness frustriert gefragt, warum zum Teufel sie an der Akademie solche Feuerköpfe züchteten. Und Männer wie er hatten dann die Aufgabe, diesen unerfahrenen „Stars“ gesunden Menschenverstand und Teamwork einzubleuen. Und wenn er es nicht schaffte, dann würde dies „Königin“ es auf die harte Tour lernen – oder wahrscheinlicher sinnlos draufgehen.
Viking war der zweite Überlebende der Nighthawks der MAJESTIC. Ein erfahrener, aber verschlossener Pilot, der seine Maschine gut beherrschte. Zuverlässig und stabil – sogar den Verlust seines Trägers und der meisten seiner Kameraden hatte ihn nicht gebrochen. Und die Tatsache, daß er es wie Monty geschafft hatte, zur REDEMPTION durchzubrechen, diesen Opfergang zu überleben, war in Darkness Augen ein Gütesiegel.
Brawler war da schon eine andere Sache. Ein Veteran der „Angry Angels“, gewiß - und ein guter Pilot. Aber ansonsten sah seine Dienstakte weniger ansprechend aus. Zahllose Dienstverweise und mehr Einträge seitens der MP als bei einem streitsüchtigen Marine. Vor etwas mehr als einem halben Jahr hatte er sogar einen Offizier niedergestochen. Und erst vor der letzten Feindfahrt war er wieder in eine bewaffnete Prügelei mit Marineinfanteristen geraten. Darkness war kein Paragraphenreiter – aber er würde sich Brawler mal vornehmen. Solche Leute, so seine Erfahrung, hatten oft Schwierigkeiten mit dem Teamwork. Außerdem wollte er ganz bestimmt keinen neuen Ärger in oder für seine Staffel. Wenn Brawler allerdings endlich kapiert hatte, wie er sich zu verhalten hatte um so besser, Darkness konnte ihn gebrauchen, auch wenn Brawler’s Schußfähigkeiten noch ausbaufähig waren. Und er sollte sich lieber nicht zu laut beschweren. Wenn das stimmte, was er von einem geschwätzigen Lieutenant Commander von der Personalabteilung gehört hatte – dann konnte er mit Brawler noch zufrieden sein.

Alles in Allem war dies eine ziemlich gemischte Mannschaft – und unglücklicherweise hatten nur wenige schon eingehende Flugerfahrung mit der Nighthawk oder waren aufeinander eingespielt. Es würde harte Arbeit sein, die Piloten zu einem Team zu formen. Und sie an den neuen Jäger zu gewöhnen, die schwerste einsitzige Kampfmaschine der TSN. Der Nighthawk war an Panzerung und Bewaffnung jedem einsitzigen Kampfflieger der Republik oder der Akarii überlegen – und dabei wendig und schnell wie erheblich leichtere Flieger. Er zog was dies betraf mit der Griphen gleich. Zehn Lenkwaffenpylonen die auch Langstreckenraketen aufnehmen konnten und die Tachyonen- und Plasmageschütze, die schwersten Bordkanonen, die menschliche oder Akariijäger tragen konnten, machten die „Nighthawk“ zu einem Killer.
Aber für diese exzellente Leistung verlangte er einen gut ausgebildeten Piloten. Ob die neuen Piloten den Anforderungen gewachsen sein würden, konnte sich erst nach langem und intensiven Training zeigen. Dies aber kostete Zeit – und Darkness vermutete, glaubte zu wissen, daß Zeit knapp war. Es waren genug Gerüchte um die konkrete Vorbereitung einer Gegenoffensive nach Präsidentin Birminghams Rede im Umlauf. Und die TSN würde nicht gerade ihren neusten Flottenträger, mit einem Haufen Veteranen an Bord, in die taktische Reserve schieben. Ein düsteres Lächeln erschien auf den Lippen des erfahrenen Piloten – die nächsten Wochen würden für seine Piloten hart werden, verflucht hart. Aber auch wenn sie ihn am Ende mehr hassen würden, als die Akarii – und er die Männer und Frauen jede Nacht aus dem Bett schmeißen und sie in die Simulatoren einsperren würde – er würde aus diesem Haufen von Individualisten, unsicheren Kantonisten und Grünschnäbeln eine funktionierende Einheit formen.
Ach ja – ein Staffelwappen, einen Namen und ein Motto brauchten sie ja auch noch. Darkness war nicht übermäßig empfänglich für den Wust aus Traditionen und Aberglauben, der die Jagdfliegerei umgab – aber er war natürlich auch Pilot. Und er wusste, wie wichtig solche Symbole und Gesten für den Zusammenhalt der Staffel waren. Nun, das würde sein geringstes Problem sein. Er hatte schon eine Idee...
22.11.2015 09:49 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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Die Neue Staffel

Draußen, auf dem Flugfeld herrschten bereits jetzt 30 Grad im Schatten, doch in dem Raum, in dem sich die Mitglieder der neu aufgestellten Nighthawk-Staffel versammelt hatten, war es angenehm kühl. Dennoch schwitzte der eine oder andere der Piloten etwas.
Die meisten hatten erst vor kurzer Zeit erfahren, in welcher Einheit sie Dienst tun würden und einige kannten weder ihre neuen Kameraden, noch den Staffelkommandanten. Deshalb war die Atmosphäre in dem Raum leicht gespannt, die meisten „beschnupperten“ einander vorsichtig, schätzten die neuen Kameraden ein und versuchten, erste Kontakte zu knüpfen. Es war wohl kein Zufall, dass sich die „Neuen“ etwas enger zusammenhielten.
Kano beteiligte sich kaum an den halblauten Gesprächen. Seinem Gesicht war nicht anzusehen, dass er genauso gespannt war, wie die anderen. Welchen Flügelmann würde er bekommen? Wie würde die neue Staffel zusammenpassen? Wer genau waren seine neuen Kameraden? Die schmucklosen Dienstuniformen verrieten nur die Ränge, nicht Erfahrung und bisherige Leistungen.

Er bemerkte als erster, wie sich die Tür öffnete und Lieutenant Commander Darkness im Türrahmen erschien. Automatisch sprang Kano auf und stand stramm: „ACHTUNG!“ Die anderen Piloten bemerkten jetzt ebenfalls den Staffelkommandanten und sprangen auf, je nach Diensterfahrung und Naturell unterschiedlich zackig Haltung annehmend.
Darkness nahm dies mit einem eher lässigen Gruß zur Kenntnis – auf übertriebene Formalitäten legte er keinen großen Wert: „Danke. Setzen!“ Dann trat er zu dem Rednerpult, stützte die Arme darauf und musterte ein paar Augenblicke schweigend das knappe Dutzend Piloten, deren ausnahmslose Aufmerksamkeit er jetzt besaß. ‚Nun, dann wollen wir mal…’
„Ich will es so kurz wie möglich halten, sie haben sicherlich an der Akademie schon genug Reden zu hören bekommen. Man hat sie allesamt – Veteranen und Akademieabgänger – für die Aufgabe versammelt, eine neue Staffel zu bilden. Jeder von ihnen gilt als guter Pilot, denn sonst hätte man ihm kaum den modernsten Jäger der TSN anvertraut. Wir werden Nighthawks fliegen.“
Das war einigen schon bekannt gewesen, den Akademieabgängern aber noch nicht. Darkness sah deutlich, dass sie sich durch diese Zuteilung ausgezeichnet fühlten. ‚Einen kleinen Dämpfer sollte ich lieber auch einbauen. Zuviel Zuversicht ist tödlich.’
„Das bedeutet aber auch, sie müssen sich dieser Maschine würdig erweisen. Wir sind kein Florett wie die Typhoon, wie sind keine Keule wie die Mirage. Wir sind Schwert und Schild der Flotte. Sie werden einen Jäger fliegen, der in der TSN Einzigartig ist in der Kombination von Wendigkeit, Beschussfestigkeit und Feuerkraft. Fast so agil wie eine Bloodhawk, haben wir stärkere Schilde und Panzerung, eine bessere Kanonen- und Raketenbewaffnung. Doch das alles nützt wenig, wenn die Kontrolle der Maschine und die Zusammenarbeit in der Staffel nicht funktioniert. Sie müssen lernen, ihre Maschine PERFEKT zu beherrschen. Und nur, wenn wir als Verband, als Einheit agieren, werden wir das Einsatzziel erreichen. Wenn wir aber darin scheitern, dann sind wir nicht mehr als ein Haufen Einzelkämpfer – und egal wie gut der Einzelne von euch sein mag, die Akarii werden uns aufspalten, zerstreuen und wir werden sterben. So einfach ist das.
Dazu darf es nicht kommen. Die Einheit muss für jeden von ihnen vor dem persönlichen Erfolg stehen. Ich will keinen Primadonnahaufen, ich will eine Staffel, die ihren Auftrag erledigt! Ob ein oder zwei Akarii mehr oder weniger abgeschossen werden, ist weniger wichtig, als das Einheitsziel. Merken sie sich das! Und das Funktionieren als Einheit beginnt in den Flight’s und Rotten.“

Darkness musterte jeden eindringlich, fast zwingend, während er mit lauter Stimme die Zusammensetzung der Staffel bekannt gab. Seinen grünbraunen, bohrenden Augen entging keine der Reaktionen der Piloten: „Den ersten Schwarm führe natürlich ich. Jaws, Sie bleiben mein Flügelmann.“ Der erfahrene Veteran schien nicht besonders überrascht darüber. Falls es ihn ärgerte, nicht selber eine Rotte zu führen, so war das jedenfalls nicht festzustellen.
„Fatman, Sie bekommen Jeanne als Flügelfrau. Sie haben viel Flugerfahrung, auch wenn Sie bisher noch nicht mit den Akarii gekämpft haben. Nutzen Sie die.“ Der nicht mehr junge, etwas untersetzte Pilot der Boston Miliz nickte schweigend. Seine neue Flügelfrau hatte sich nicht so gut unter Kontrolle. Frisch von der Akademie kommend wirkte die junge Französin neben dem altgedienten Piloten wie ein Kind, musterte ihn aber mit leichtem Zweifel. Nun, hoffentlich würde sie sch schnell einfügen. Darkness hatte keine Geduld mit Extratouren – und wenn Fatman es nicht schaffen würde, dann würde er BEIDEN den Kopf waschen.
„Dutch, Sie übernehmen die zweite Sektion. Terry wird ihr Flügelmann.“ Darkness unterdrückte die Zweifel, die kurz in ihm aufstiegen. Dass er Dutch zum Flightführer machte, war nur folgerichtig angesichts der bisherigen Leistungen und Erfahrungen des Mantikor-Veteranen. Dennoch, manchmal hatte er ein ungutes Gefühl, der Mann wirkte außerhalb des Cockpits nervös und unruhig. Aber für eine Zurückstufung gab es keinen driftigen Grund – und er würde die volle Mitarbeit der Veteranen – also auch Dutch – brauchen, um die Staffel in kampfbereiten Zustand zu versetzen, sie zu schulen und zu einer Einheit zu formen. Terry, der eher unauffällige Neuling, nickte nur, er war vermutlich ganz froh, einen erfahrenen Veteranen als Rottenführer zu bekommen.
„Ohka, Sie gehen ebenfalls in den zweiten Schwarm und übernehmen Crusader.“ Der Japaner salutierte, seinem Gesicht war wie immer nicht viel abzulesen. Innerlich war Kano natürlich froh, doch eine eigene Rotte zu bekommen. Er musterte seinen neuen Kameraden. Crusader, einer der Piloten, die man frisch von der Akademie in die Staffel versetzt hatte, war etwa eine Handbreit größer als er. Seine blonden, nackenlangen Haare trug er zusammengebunden. Crusader wirkte durchtrainiert, sportlich – zusammen mit den blauen Augen und dem einnehmenden Gesicht fast wie von einem Rekrutierungsplakat der Navy. Kano wusste von ihm eigentlich nur, dass er in der Akademie sehr gut gewesen sein sollte. Nun, die Zeit würde zeigen, wie sie miteinander klarkommen würden. Crusader wirkte etwas aufgekratzt. Vermutlich sah er diese Veranstaltung als einen weiteren Schritt auf seinem Weg zum richtigen Jagdflieger. Er schien darauf zu brennen, sich beweisen zu können.
Darkness fuhr fort: „Monty, Sie werden den dritten Schwarm führen. Außerdem sind Sie bis auf weiteres XO der Staffel. Sie wissen, was dies bedeutet. La Reine wird ihre Flügelfrau.“ Die hochgewachsene Schwarze musterte wenig begeistert ihren neuen Rottenführer, enthielt sich aber wohlweißlich irgendwelcher Kommentare. Tatsächlich wirkte der stellvertretende Staffelführer nicht sehr beeindruckend: eher kleingewachsen, mit einem unscheinbaren Schnurrbart, hager und ziemlich blass wirkte er eher wie ein Büroangestellter. Mit fast vierzig Jahren war er nach Dutch der älteste Pilot in der Staffel. Seine einzige Reaktion auf seine Ernennung war ein knappes Nicken – so als würde er Darkness Entscheidung damit seine Zustimmung erteilen. Darkness ignorierte dies – er hatte die Marotten und das beachtliche Ego des Piloten bereits kennen gelernt, allerdings ebenso den kühlen Taktiker und Offizier, der sich dahinter verbarg. Er würde Monty brauchen.
„Viking, Sie kommandieren Brawler.“ Darkness fixierte dabei letzteren, sorgfältig auf irgendwelche Zeichen der Aufsässigkeit achtend. Er war noch immer nicht ganz glücklich mit der Zuteilung dieses Messerstechers und Unruhestifters, aber wenigstens schien der Junge bei Martell gelernt zu haben, sich etwas unter Kontrolle zu bekommen.
„Sehen Sie sich diesen Mann, diese Frau neben sich GENAU an. Von ihnen werden ihr Leben und ihr Erfolg abhängen. Wenn ich sagte, dass diese Staffel als EINHEIT agieren muss, dann fängt dies in den Flights an. Sie mögen noch so gut sein, alleine haben Sie schlechte Chancen. Dieser Mann, diese Frau wird ihnen den Rücken decken. Sie vertrauen ihm IHR LEBEN an, wie er ihnen das seine! Respektieren Sie dies und handeln Sie danach. Denn andernfalls werden sie höchstwahrscheinlich abgeschossen werden - von zwei Akariis, die diese Lektion besser beherzigt haben.“
Von dieser Predigt wirkten zumindest einige der Neulinge etwas erschlagen – die Veteranen hatten dergleichen natürlich schon gehört. Hoffentlich würden sie es aber auch alle beherzigen.
‚Und nun kommt der Hammer.’ dachte Darkness sardonisch, während er die Gruppe, seine neue Staffel, musterte: „Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir hart arbeiten müssen. Das ist ihnen natürlich klar. Nun, ich weiß nicht, wann es losgehen wird, aber ich bin fest entschlossen, die Zeit zu nutzen. Das heißt, der Urlaub ist vorbei. Ich will vollen Einsatz - und ich akzeptiere keine Ausreden. Wenn sie damit nicht klarkommen, dann ist die Navy der falsche Ort für sie. Und denken Sie gefälligst daran, was Sie jetzt lernen, wird ihnen da draußen möglicherweise Draußen, im richtigen Kampf, das Leben retten. Ihr Dienstplan wird bis auf weiteres folgenden Ablauf haben..."
Die Gesichter etlicher Piloten wurden immer länger während Darkness knapp und schonungslos sein Trainingsprogramm bekanntgab. Vom Wecken bis zum Schlafengehen würden die Soldaten in den nächsten Wochen verflucht wenig Freizeit haben. Neben taktischem Unterricht, Waffenkunde, Maschinenwartung, Simulatortraining und Flugübungen würde auch die körperliche Ertüchtigung nicht zu knapp kommen. Dazu kündigte Darkness ganz offen Probealarme und Sonderübungen - auch in der Nacht - an. Freigang würde es kaum geben.
Wer Darkness kannte, zeigte sich nicht besonders überrascht – er galt nicht umsonst als härtester Knochen der „Angry Angels“. Allerdings wußten diese auch, daß er jedes seiner Worte verdammt ernst meinte und hundertprozentig in die Tat umsetzen würde. Es kamen interessante Zeiten auf die Piloten zu. Am Ende würden sie wahrscheinlich die Verlegung an die Front als Erlösung begrüßen, dachte Darkness leivht amüsiert.
„Diese Staffel ist von nun an die ‚Butcher Bears’. Es wird an ihnen liegen, ob wir diesem Namen gerecht werden, ob wir die verdammten Echsen lehren, uns zu fürchten. Wir sind Nighthawk-Piloten. Wir sind eine stählerne Faust! Wir kämpfen nicht einfach nur – wir reißen den Feind in Fetzen!“
Schwungvoll drehte sich Darkness um und riss das Tuch von der Tafel, die neben dem Rednerpult stand. Auf ihr prangte das Bild eines aufgerichteten Bären, mit schwarzem Fell und gelben Augen. Die langen Klauen und die mörderischen Fänge waren blutig. Über dem Bären stand in roten Buchstaben:
UNSER IST DER ZORN!
22.11.2015 09:53 Tyr Svenson ist offline E-Mail an Tyr Svenson senden Beiträge von Tyr Svenson suchen Nehmen Sie Tyr Svenson in Ihre Freundesliste auf
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