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BattleTech: Two Worlds
von Tiff

Prolog: Als die Innere Sphäre bezeichnete man jenes Gebiet, welches die Menschheit nach einem Jahrtausend interstellarer Expansion besiedelte. Zumindest jene Länder, die nicht unter dem Zerfall des riesigen Menschenreiches litten und in eine Primitivität gefallen waren, die jedes Relikt der einst hoch stehenden Technik zu einem Stück göttlicher Schöpfung machte.
Fünf Länder teilten sich die annähernd kreisrunde, dreidimensional gesehen leicht bauchige Region: Die Liga Freier Welten, die Konföderation Capella, das Vereinigte Commonwealth (welches aus den einstigen Teilstaaten Vereinigte Sonnen und Lyranisches Commonwealth bestand) und das Draconis-Kombinat, von dem sich ein weiterer Staat abgespalten hatte: Rasalhaag.
Krieg hatte es immer gegeben in der Inneren Sphäre, seit der Machtbesessene Tyrann Stefan Amaris die größte Schöpfung der Menschheit, den Sternenbund vernichtete und die Teilstaaten des Bundes in einen Bürgerkrieg riss. In dieser Zeit ging das wichtigste Reich unter: Die Terranische Hegemonie, die das Kerngebiet mit Terra im Herzen gebildet hatte. Im Zuge dieses Krieges führte Alekzandr Kerensky, Lordprotektor der mächtigen Sternenbund-Verteidigungsstreitkräfte einen Großteil seiner Trupppen aus der Inneren Sphäre heraus, damit die Menschheit von dieser geballten Vernichtungskraft nicht in die Steinzeit zurückgebombt wurde. Nun, die Fürsten der Teilstaaten schafften das allein mit ihren Haustruppen und verwüsteten in Vier Nachfolgekriegen die halbe Innere Sphäre.
Doch sollte das einundreißigste Jahrhundert ein besonderes seit dem Ende des Sternenbundes sein, denn erstmals striffen die Menschen die Geissel des Vergessens von sich ab, entdeckten verlorengeglaubte Techniken und Wissenschaften aus der vergangenen Ära und schwangen sich vorsichtig wieder auf alte Höhen zurück.
Aber es kam, wie es immer kam: Die Nachfahren Kerenskys kamen zurück, um die Innere Sphäre im Namen des Sternenbundes zurückzuerobern! Sie waren technisch besser ausgerüstet als die Haustruppen, die sich ihnen entgegen warfen, und sie trugen die feste Überzeugung in sich, rechtens zu handeln. Was sie nicht daran hinderte, damit zu beginnen, die Innere Sphäre ab 3049 mit Krieg zu überziehen...

1.
Roadside, Angriffsfront Clan Jadefalke, Kontinent Shriver,
Mergon-Hochebene, 31.02.3051

„Eichhörnchen, hier Feldmaus. Befinden uns nun beim Höllentanz.“
„Verstanden, Feldmaus. Beginnen Sie Suche nach Überlebenden. Laut Hauptmann Lacroix gibt es Hoffnung, daß Kommandant Scholz aussteigen konnte, bevor sein Kampftitan zerstört wurde. Dasselbe gilt für Leutnant Müller und Korporal Janard.“
„Eichhörnchen, gibt es Anzeichen für Clanaktivität in diesem Sektor?“
„Negativ, Feldmaus. Der Binärstern Elementare hat den Operationsbereich verlassen. Es sind keine Omnijäger, ich wiederhole, keine Omnijäger in der Luft. Warten Sie einen Moment, Feldmaus....
Schlechte Neuigkeiten. Der 104. Sturmsternhaufen der Jadefalken ist durchgebrochen und auf dem Weg zum Raumhafen. Die gesamte Dritte Lyranische Garde hat den Befehl zum Rückzug bekommen. Die Elfte Crucis wird gerade eingeschifft. Das gibt Ihnen nur ein Operationsfenster von sieben Minuten. Wenn Sie bis dahin nichts gefunden haben, ziehen Sie sich zurück. Verstanden, Feldmaus?“
„Verstanden, Eichhörnchen. Feldmaus Over und out.“
Leutnant Jennings von der Dritten Lyranischen Garde schüttelte sich. Sieben Minuten Operationsfenster, um nach Überlebenden der letzten Schlacht zu suchen. Was erwarteten die hohen Offiziere in ihren BattleMechs von ihr? Wunder?
Hier, in diesem Gebiet war das Zweite MechBataillon der Dritten Lyraner und zwei Binärsterne der Jadefalken aufeinander getroffen. Sechsunddreißig Innere Sphäre – Mechs gegen zwanzig Maschinen der Clans.
Sie hatten die Falken aufgehalten, aber um welchen Preis? Von den Mechs waren nur drei zurückgekommen, fünf Piloten ohne ihre Maschinen zurückgebracht worden. Neun waren laut der Aussage der Überlebenden mit Sicherheit tot. Angeblich waren drei von den riesenhaften Elementaren, den Infanteristen der Clans verschleppt worden. Über das Schicksal der anderen sechzehn MechKrieger einschließlich Kommandant Scholz wusste man nichts. Aber General Whitworth hielt es für möglich, daß einige es doch geschafft hatten.
Höllentanz, so hatte Kommandanthauptmann Deveraux, ihr Kompaniechef bei der mobilen Infanterie der Dritten Lyraner das Schachtfeld genannt. Wie treffend. Direkt vor ihr ragten die Beine eines Kampfschützen in den Himmel. Der Rumpf lag rings um die Mechbeine verstreut. Daneben lag ein Eismarder. Die leichte Clansmaschine hatte die Beine derart verdreht, dass man für einen Moment an ein verendetes Tier dachte und nicht an einen waffenstarrenden Metallkoloss. Und so ging es weiter. Dort lag ein Thor, ein fünfundsiebzig Tonnen schwerer ClansMech, daneben ein Henker. Im Rücken der Clanner lagen die Wracks eines Atlas und zweier Orion. Die überschweren SturmMechs hatten die Binärsterne in die Zange genommen und an der Verteidigungsphalanx ihrer Kameraden zerquetscht. Sie hatten dafür den Preis bezahlt.

„Eichhörnchen, Eichhörnchen, hier Feldmaus. Ich melde ClanTech, etwas angeschossen vielleicht.“
„Hier Eichhörnchen. Wie viel ClanTech?“
„Jede Menge. Hier liegt genügend Schrott herum, um vier, fünf ClanMechs zusammenzubasteln. Ich denke, es wäre das Risiko wert.“
„Okay, hergehört, Feldmaus. Sie bekommen neue Prioritäten. Nur noch die Hälfte Ihrer Leute soll nach Überlebenden Ausschau halten. Den Rest setzen Sie ein, um das Gelände zu überwachen und den Mechschrott vorzusortieren. Ich schicke Ihnen ein Landungsschiff der Union-Klasse. Sie werden mit an Bord gehen und Ihre Schweber zurücklassen. Sorgen Sie außerdem dafür, dass nur die besten Stücke mitgenommen werden. Die UNITY hat noch ungefähr zweihundert Tonnen Spiel, diesen Platz sollten wir nicht vergeuden. Den Rest zerstören Sie mit Handgranaten, verstanden?“
„Verstanden, Eichhörnchen.“
„Ach, noch was, Feldmaus. Wenn sich die Clanner für Sie zu interessieren beginnen, hauen Sie ab. Ich will kein Landungsschiff verlieren, verstehen Sie mich? Der Kapitän der UNITY hat übrigens Befehl, Sie im Falle eines Falles zurückzulassen. Dann müssen Sie die Harte Strecke zurück bis zum Raumhafen schaffen. Das sind vierzig Kilometer.“
Jennings schluckte trocken. „Jawohl, Sir. Bekomme ich ein größeres Operationsfenster?“
„Nochmal elf Minuten, bis die UNITY da ist. Tun Sie, was Sie können, Jennings. Eichhörnchen Ende.“

Der Leutnant schüttelte sich. Wenn die UNITY noch zweihundert Tonnen Spiel hatte, dann mußte es eine halbe Kompanie der Dritten Lyraner erwischt haben. „Also, Ihr habt den Hauptmann gehört. Gruppe Richter und Gruppe Ternai suchen nach Überlebenden, wie besprochen. Gruppe Tanaka sortiert die Mechs vor und Gruppe White sichert auf Hügel l34 im Norden, Anhöhe 123 im Südwesten und beim Takatafluß im Osten.“
Mit einem allgemeinen Jawoll auf der Frequenz des Zuges bestätigten ihre Leute und sprangen von den Schwebern ab.
Sie selbst gesellte sich zu Gruppe Tanaka und besah sich die zerstörten Mechs genauer. Sie erschauerte beim Anblick der zerschossenen Metallkolosse, die sie vor nicht einmal einer Stunde noch in Aktion gesehen hatte.
Ein BattleMech der Clanner hatte einen Gefechtsvorteil von eins zu eins Komma vier gegenüber einem Mech der Inneren Sphäre. Das war eine Faustformel. Sie resultierte aus der technischen Überlegenheit der Invasoren. Der Gegner verwendete leichtere Panzerungen, leichtere Stahlskelette, leichtere und dennoch leistungsfähige Reaktoren, leichtere Myomermuskeln zum Bewegen der Gliedmaßen, sie hatten eine bessere Kühlflüssigkeit und ihre Wärmetauscher brachten eine höhere Leistung. Den freien Platz und die besseren Kühlkapazitäten nutzten die Clans natürlich, um die Mechs mit zusätzlichen Waffen auszustatten, und natürlich waren diese Waffen ebenfalls verbessert.
Und mit dieser technischen Überlegenheit hatten die Clans nichts Besseres zu tun, als geradewegs in die Innere Sphäre zu kommen und dort eine riesige Schneise von eroberten Welten zu schlagen.
In Richtung ihres Angriffkeils lagen drei Reiche, der lyranische Teil des Vereinigten Commonwealth, die Republik Rasalhaag und das Draconis-Kombinat. Obwohl, Rasalhaag bestand nur noch zu einem Drittel. Clan Wolf und Clan Geisterbär hatten den Rest fast ohne ernstzunehmenden Widerstand im Handstreich genommen.
Ähnlich sah es bei den Draconiern aus. Ein riesiger Brocken aus dem Militärdistrikt Pesht wurde nun von Geisterbären und der weit größere Teil von Clan Nebelparder kontrolliert.
Und bei ihnen, im Commonwealth... Da gab es die Jadefalken und die Stahlvipern, die sich ein wahrhaft gigantisches Stück der Mark Tamar einverleibt hatten.
Und sie stand gerade auf einem Planeten, der in diesem Moment zum neuesten militärischen Erfolg der Jadefalken werden sollte.
„Hey, Leutnant, der Thor sieht noch gut aus. Ist sogar noch der Pilot drin. Ich hoffe, Sie mögen Mechkrieger gut durchgebraten!“ scherzte Korporal Hims, als er vor ihr vom Fuß des Thor sprang.
„Das sind fünfundsiebzig Tonnen. Vermerkt. Bleiben noch hundertfünfundzwanzig.“
„Äh, was sollen wir mit dem gegrillten Clanner machen?“
Jennings zuckte die Achseln. Im Cockpit zu verbrennen, was für ein Alptraum. Sie wußte aus erster Hand, daß MechKrieger nichts so sehr fürchteten wie den Feuertod. Und vielleicht noch, in einem Heuschreck gegen einen hundert Tonnen schweren Daishi anzutreten. Das war japanisch und bedeutete Großer Tod, und Jennings fand, mit diesem Namen hatten die Dracs den Charakter dieses ClanMechs wunderbar getroffen. „Schnallen Sie ihn ab und legen Sie ihn auf einer freien Fläche ab. Decken Sie ihn zu und machen Sie es ordentlich. Die Clanner werden ihn schon holen kommen, wenn sie die Zeit dafür haben. Dann sollen sie sehen, daß wir anständig mit ihren Gefallenen umgehen. Ich hoffe, sie tun das auch.“
„Verstanden, Sir“, brummte der Korporal.
Die Offizierin machte sich nichts vor. Am liebsten hätte Hims jedem Clanner eine Pistole an den Kopf gehalten und abgedrückt. Und nach all dem, was die Clans bei ihrem unaufhaltsamen Vormarsch schon getan hatten, konnte Jennings es dem Bengel nicht einmal verübeln. Aber anscheinend sah er ein, daß es sinnlos war, sich an einem toten Clanner zu rächen. Wenigstens hoffte sie das.
„Der Atlas sieht auch noch gut aus, so auf den ersten Blick“, murmelte Jennings leise. „Aber der Chef will eindeutig nur ClanTech haben. Hey, Tanaka, wenn Sie den Eismarder durch haben, suchen Sie nach Armwaffen, die wir vielleicht gebrauchen können. Alles, was sich leicht abtrennen läßt, okay?“
Der Unteroffizier winkte ihr zu und bedeutete ihr, daß er verstanden hatte.

Die Rettungsteams, die ihre Verwundeten und Toten eingeholt hatten, waren sehr gewissenhaft gewesen, die Mechs zu filzen. Sie mußten also nicht befürchten, irgendwo in einem ihrer eigenen Mechs des Dritten Bataillons eine im Cockpit angeschnallte Leiche zu entdecken. Wenigstens hoffte sie das. Aber immerhin hatte alles sehr schnell gehen müssen, und es wurden immer noch sechzehn Krieger vermißt. Wenn erst einmal die Zeit war, die GefechtsROM der zurückgekehrten Mechs einzusehen, würde sicherlich noch so mancher Tote hinzu kommen, und sicher noch einige Piloten, die ebenfalls von den Clannern kassiert worden waren, aber einige Schicksale würden nie geklärt werden können.

Jennings biß sich auf die Unterlippe. Gerade hatte es so gut ausgesehen in der Inneren Sphäre! Rasalhaag, ein ehemaliger Militärdistrikt des Draconis-Kombinats hatte sich selbstständig gemacht und war so zu einem natürlichen Puffer zwischen ihnen und den Dracs geworden. Zumindest in diesem Abschnitt der Grenze wäre es sehr lange ruhig geblieben. Die Liga Freier Welten hatten gerade erst begonnen, sich vom letzten Krieg zu erholen und auch die Konföderation Capella leckte noch immer die fürchterlichen Wunden, die ihnen Hanse Davion im Dritten Nachfolgekrieg geschlagen hatte. Selbst in den Regionen außerhalb der Inneren Sphäre, in den Peripherie-Staaten war es einigermaßen ruhig. Verdammt, verdammt, verdammt.

„Äh, ist was, Leutnant?“ kam die nervöse Anfrage vom Funker ihres Schwebers.
„Schon gut, Leclerc, ich habe nur laut gedacht. Was sagen die Suchteams? Haben sie irgendwelche Spuren gefunden?“
„Richter hat einen toten MechKrieger gefunden, der noch auf seiner Liege festgeschnallt war. War aber ein Clanner. Ansonsten nichts Neues.“
„Gut. Er soll weitersuchen und vorher den Clankrieger abdecken. Er soll den Fallschirm der Pilotenliege nehmen oder so was.“ Jennings machte eine Pause und lehnte sich gegen den verbeulten Torso des ATLAS. „Das Gelände ist ein einziger Alptraum für Suchkommandos, überall Buschwerk und auf keiner Karte eingezeichnete Bodenmulden. Richter sollte sich vor allem auf die Infrarotortungen verlassen. Was sagt White? Haben wir Ruhe?“
„Kein Mech in Sicht. Über den Jundlandbergen kreisen ein paar Luft/Raumjäger, aber er konnte nicht erkennen, ob es sich um unsere oder Clanmühlen handelt.“
„Jundland wird seit gestern von den Jadefalken kontrolliert. Werden wohl Clanner sein. White soll sie im Auge behalten.“

Ein leises Krachen ließ sie herumfahren. Was war das? Es hatte metallisch geklungen. Vielleicht die Panzerung des Mechs? Von Laserstrahlen getroffenes Metall dehnte sich aus und kontraktierte oft, wobei es zu Spannungen kam, die diesen Lärm erzeugten, wenn zwei Platten aneinander schabten. Aber nein, das Metall schien kalt zu sein. Vielleicht war etwas gesprungen? Eventuell aber hatte niemand den Atlas untersucht, als die Bergungsteams hier waren, und ein verzweifelter lyranischer Soldat versuchte gerade, ihre Aufmerksamkeit zu erregen?
Sie schalt sich eine Närrin. Die Wahrscheinlichkeit hierfür war in etwa ebenso groß wie ihre Chancen, jemals selbst einen dieser Metallgiganten in die Schlacht führen zu können. Trotzdem war ihre Neugier geweckt. Das Geräusch war aus Richtung des Cockpits gekommen. Sie kletterte über den weit ausgestreckten Arm des ATLAS. Neugierig näherte sie sich dem Cockpit.
Die Frontscheibe war geborsten, die Ränder nicht gesprungen, sondern zerschmolzen. Es schien, als hätte ein sehr genauer Cockpittreffer mit einem Schweren Impulslaser dem Piloten des Atlas ein frühes Ende bereitet. Sie las den Namen, der unter dem aufgemalten Totengrinsen des Mechkopfes stand: Lt. Hilda Müller. Sie gehörte zu denen, die definitiv tot waren.
Einen Moment musste sich Lieutenant Jennings sammeln. Sie wandte sich ab, um den hundert Tonnen schweren, waffenstarrenden Koloss nicht mehr sehen zu müssen, verschränkte die Rechte vor der Brust und stützte ihr Kinn auf die Linke. Himmel, was war dieser Job frustrierend.

„Stravag Freigeburt!“, hörte sie eine männliche Stimme hinter sich knurren!
Eine Sekunde später fühlte sie eine Hand an ihrer Kehle. Jennings reagierte ohne zu denken. Sie griff nach der Hand, zog sie nach vorne und damit den ganzen Angreifer und warf ihn über die Schulter. Er schlug hart auf dem Boden auf und stöhnte, halb überrascht, halb vor Schmerz. Jennings hielt seinen Arm gestreckt, winkelte die Hand rechtwinklig an und drehte sie nach außen. Ein Schmerzensschrei bewies ihr, wie gut der Griff funktionierte.
Erst jetzt begann die erfahrene Infanteristin, die Lage mit ihrem Verstand zu erfassen. Was war passiert? Sie hatte sich nur kurz vom Atlas abgewendet. Danach hatte dieser Typ sie angegriffen. Und jetzt lag er vor ihr am Boden, fest in ihrem Griff. Er musste sich im Cockpit versteckt haben, daher das metallische Geräusch, machte die Offizierin sich klar. Der Mann trug Kühlweste, Shorts und schwere Stiefel. Ein MechKrieger. Auf der Weste war das Jadefalkensymbol eingenäht. Aha, einer von denen.
Sie fingerte mit der freien Hand nach ihrem Helmfunk. „Jennings hier. Ich stehe neben dem Atlas. Leclerc, schicken Sie sofort ein paar Leute rüber. Im Moment halte ich einen Clankrieger in Schach, der sich im Mechwrack versteckt hatte.“
„Jesus, wie bitte? Okay, ich schicke Campbell und Jost rüber.“
Der Leutnant verstärkte den Druck soweit, dass der Jadefalke unterdrückt aufstöhnte. „Und beeilen Sie sich.“
„Ja, Ma´am.“
Okay, was jetzt? Sie hatte den verdammten Bastard im Griff, aber sie spürte, wie er sich darin sträubte und langsam aber sicher aus ihrer Hand heraus glitt. Wieder verstärkte sie den Druck, was einen lauten Schmerzensschrei und ein leises Knacken im Arm ihres Gefangenen zur Folge hatte. Sie besah sich den Knaben genauer. Und je deutlicher sie hinsah, desto bewusster wurde ihr, dass Knabe eine passende Beschreibung für ihn war. Er sah aus, als wäre er gerade frisch von der Akademie, also nicht mal Mitte zwanzig. Aber das sollte bei den Clannern nichts heißen. Sie hatte natürlich schon davon gehört, dass die Clanner gerne jung starben. Und jung Karriere machten. Hätte sie nicht gewundert, wenn dieser Mistkerl hier SternCommander oder SternCaptain war, was Leutnant oder Hauptmann entsprach.
Endlich kamen die beiden Infanteristen zur Unterstützung heran. Gut, denn ihre Hände begannen rutschig zu werden. Und sie ahnte, wenn sie diesen Jadefalken losließ, würde es sehr viel schwerer werden, ihn zu überwältigen als vorhin.

Die beiden lyranischen Soldaten fackelten nicht lange und griffen hart zu. Jennings ließ den Falken los und trat einen Schritt zur Seite.
Infanterist Jost drehte dem Falken die Arme auf den Rücken, Campbell legte ihm Manschetten an.
„Netter Fang, Leutnant. Wirklich eine tolle Beute. Sie wissen doch, was man über die Clanner sagt?“, kommentierte Jost, während er mit Armen, so groß wie Jennings Oberschenkel den Clanner im Griff hielt.
„Was genau?“
„Na, sie nehmen besiegte Krieger als Leibeigene in ihren Clan auf. Da müssen sie dann dem dienen, der sie zu Leibeigenen gemacht hat. Wenn der Geheimdienst mit ihm fertig ist, haben Sie hier einen super Stiefelknecht!“
Campbell lachte. Es klang nervös und Jennings konnte sehen, wie der junge Rekrut mit der Sicherung seines Sturmgewehres spielte.
„Ach, Quatsch! Nehmen Sie den Kerl und bewachen Sie ihn gut. Wir nehmen ihn mit. Geplante Ankunftszeit des Landungsschiffes in vier Minuten“, erwiderte Jennings.
„Leutnant, hier Tanaka. Da ist noch ein gut erhaltener Feuervogel, dem nur ein Bein und das halbe Cockpit fehlen. Wenn wir ihn mit den Resten des Nova kombinieren, können wir vielleicht einen Mech zusammenschustern.“
Jennings rechnete in Gedanken nach. Damit dürfte ihre Tonnage so gut wie erreicht sein. „Der Feuervogel ist gebucht. Haltet weiter nach Waffen Ausschau, die wir mitnehmen können. Aber nur Dinge, die wir schnell bergen können.“
„Verstanden, Ma´am“, meldete Tanaka und schaltete ab.
Soweit, so gut, dachte Jennings bei sich und sah dem ClanKrieger nach, der abgeführt wurde. Jost hielt ihn zusätzlich im Griff.
Wenn so ein kleiner Junge einen Mech führen durfte, warum dann nicht auch sie? Doch Jennings schob diesen Gedanken weit beiseite. Es war eben so und würde so bleiben, ihr Leben lang. Denn sie taugte einfach nicht zum MechKrieger...

Dreieinhalb Minuten später sah sie das Landungsschiff näher kommen. Vier Luft/Raumjäger, leichte Maschinen vom Typ Drossel schossen an ihm vorbei und sicherten die Ebene zu den Jundlandbergen.
Der Stahlgigant setzte auf, die riesigen Hangartore öffneten sich und entließen drei humanoide BattleMechs. Jennings schüttelte sich, als sie die teilweise schweren Beschädigungen an den Maschinen ihres Regiments sah. Der Kampf musste verdammt hart gewesen sein.
„Okay“, brüllte sie in ihr Helmmikro, „wir nehmen den Nova, den Feuervogel und die Nemesis. Dazu kommen noch ein paar Tonnen Armwaffen. Teamleader weisen die zur Bergung eingeteilten Mechs ein. Danach zerstört den Rest mit den Handgranaten. Ich will keine Verschwendung! Schmeißt die Eier in die MechCockpits, die sind verwundbar. Auf der Außenpanzerung hinterlassen sie nur Kratzer.“
Nacheinander bestätigten ihre Leute.
„Hier UNITY. Feldmaus, hören Sie mich?“
„Hier Feldmaus, ich höre Sie.“
„Sorgen Sie dafür, dass die Sache schnell über die Bühne geht. Nehmen Sie lieber weniger als mehr mit. Ich habe siebzehn Schwerverwundete an Bord, die ich lieber heute als Morgen aus dem System schaffen würde.“
„Wir bleiben mit der Bergung im Zeitrahmen. Außerdem habe ich noch eine Überraschung für Sie. Wir haben einen Clanspiloten erwischt, der sich in einem der Wracks versteckt hatte.“
„So? Sehr untypisch für die Falken, einen ihrer Krieger zurückzulassen. Unser Gegenangriff muss sie kalt erwischt haben.
Na dann bringen Sie den Knaben mal an Bord und lassen Sie ihn in ein verdammt tiefes Loch sperren, bis wir ihn den Geheimen übergeben können.“
„Feldmaus verstanden.“ Hinter ihr klangen kleine Explosionen auf.
„Feldmaus, was war das?“
„UNITY, ich habe Befehl gegeben die Cockpits der Mechs, die wir nicht mitnehmen können, zu sprengen. Ich glaube zwar nicht, dass die Jadefalken unsere waffentechnisch unterlegenen Mechs gegen uns benutzen werden. Aber wer weiß, ob sie nicht das eine oder andere Ersatzteil ausbauen wollen.“
„Verstehe. Sehr umsichtig. Hören Sie, der erste Mech wird gerade an Bord geschleppt. Halten Sie Ihre Leute auf dem Sprung. Die Landung meines kleinen UNION hat in etwa soviel Aufsehen erregt wie ein Zungenkuss zwischen Tormana Liao und Tomoe Sakade. Kann sein, dass wir hier schnell weg müssen. Und ich meine schnell.“
„Verstanden, UNITY.“ Jennings wechselte die Frequenz. „Feldmaus, hier Feldmaus. An alle Teams. Wer nicht an der Bergung der Mechs beteiligt ist, zieht sich sofort an Bord der UNITY zurück. Und damit meine ich auch die Beobachtungsposten. Ausführen.“
Wie um ihre Befehle zu bestätigen feuerte der UNION seine Geschütze ab.
„UNITY, was war das? Bekommen wir Besuch?“
„Negativ, Feldmaus. Das war nur ein angeschlagener Subutai auf dem Weg nach Hause. Wir haben ihm einen Abschiedsgruß mitgegeben. Unsere Piloten halten mit den Clans ganz gut mit.“
„Beruhigend zu wissen.“

Der zweite Mech, der Feuervogel wurde an Bord geschafft. Kurz darauf folgte der Nemesis.
„Okay, Gentlemen, das war es! Alles an Bord, was keine Miete zahlt!“
Jennings schritt langsam auf die Rampe zu, während der Kreuzritter mit dem Nemesis im Arm die Schleuse passierte. Neben und vor ihr rannten ihre Infanteristen die Rampe hinauf.
Sie flohen. Ja, sie flohen. Mit der UNITY würden sie zum nächsten lyranischen Sprungschiff fliegen und damit das System verlassen. Verdammt. Sie ließen eine lyranische Welt in Stich.
Oben auf der Kante der Rampe drehte sie sich noch mal um. Wieder feuerten die Geschütze der UNITY. Die Schleuse schloss sich langsam.
„Ich komme wieder“, murmelte sie leise.

2.
Kikuyu, Central City, Robert Steiner Gedächtniskaserne,
29. 5. 3051

„Leutnant Sonja“, sagte der junge Mann in dem vollkommen verdreckten Techoverall und klopfte auf das Mechbein, in das die Offizierin bis zur Hüfte verschwunden war.
Aufgrund der Anrede brauchte Leutnant Jennings nicht einmal nachzusehen oder die Stimme zu identifizieren, um zu wissen, wer da gerade ihre Arbeit an dem Nemesis störte.
„Was gibt es, Ruven?“, fragte sie.
Der Lebeigene Jadefalke war von ihr auf Roadside im Zweikampf besiegt worden. Nachdem der Geheimdienst sicher gewesen war, alles Wissenswerte über Clan Jadefalke aus ihm herausgeholt zu haben, hatte man den MechPiloten zurück an sie überwiesen.
Eine ungewöhnliche Taktik, denn normalerweise wanderten gefangene Gegner in ein POW-Camp.
Doch Ruven war kein normaler Gefangener. Er war ein Clanskrieger. Und bei den Clans war Verschwendung eines von den Dingen, die man hasste. Einen Gegner gefangen zu nehmen und dann sinnlos durchzufüttern war eine Variante von Verschwendung. Stattdessen adoptierten die Clans Krieger, die ihnen würdig erschienen und gaben ihnen die Gelegenheit, sich wieder als Krieger zu beweisen.
Ruven hatte es ihr bestimmt hundertmal erklärt, aber das machte es nicht logischer für sie.
Auch hatte sie ein wirkliches Problem damit, den jungen Jadefalken als ihren Leibeigenen zu betrachten. Sie bevorzugte es, ihn seit der Übergabe durch den Geheimdienst als Untergebenen anzusehen. Als Untergebenen, der ihr nicht mehr von der Seite wich.
„Ich habe die Reparaturen am linken Bein des Kampfschütze abgeschlossen. Ich wollte dich frage, ob du bei dem Nemesis meine Hilfe brauchst, Leutnant Sonja.“
Da war sie wieder, die typische Clannereigenschaft. Jennings lächelte nur noch darüber. Ein ClanKrieger wurde zwar mit einem Nachnamen geboren. Aber das Recht, ihn auch zu führen, ein so genanntes Bluterbe zu erlangen, musste er sich erst erkämpfen. Entsprechend irritierend war es für Ruven gewesen, als er hatte feststellen müssen, dass die Freigeborenen in der Inneren Sphäre alle Nachnamen trugen. Manche sogar zwei, ohne sie sich auch nur ansatzweise verdient zu haben. Deshalb sprach er alles und jeden mit Vornamen an. Ein Umstand, der ihr mehr als einmal einen Besuch im Büro von Kommandant Strauss eingebracht hatte.
Jennings lavierte sich aus dem Mechbein heraus und setzte sich auf den Mechfuß. Sie sah auf ihre Armbanduhr. „Es ist schon spät. Du bist bereits zwölf Stunden auf den Beinen. Geh schlafen, Ruven.“
„Bei allem Respekt, Leutnant Sonja, aber du bist schon genau so lange auf wie ich und arbeitest immer noch.“
Das war ein Argument. Seit sie auf den relativ sicheren Welt Kikuyu eingetroffen waren, arbeiteten die Überreste ihrer Einheit daran, wieder gefechtsklar zu werden. Es hatte sie stark gebeutelt und sie waren von einem vollen Regiment mit ehrenvoller Geschichte auf ein unterzähliges Bataillon geschrumpft.
Aber es sah gut aus. Seit zwei Monaten trafen die Überreste weiterer versprengter Einheiten auf Kikuyu ein, die darauf brannten, es den Jadefalken heim zu zahlen und die Reihen der 3. aufzufüllen.
Dabei hatten sie auf Kikuyu einen Logenplatz auf den Angriff der Jadefalken. Ein Sprung nur, und sie waren mitten im Angriffskorridor der Clans. Es war reines Glück, dass sie hier auf Kikuyu noch nicht angegriffen worden waren.
Langsam streckte sie sich. Es knackte vernehmlich in ihrem Rücken. Himmel, war sie wirklich erst fünfundzwanzig, oder bewegte sie sich rapide auf die fünfzig zu. „Was willst du mir sagen, Ruven? Das ich auch aufhören soll zu arbeiten?“
„Nun, Leutnant Sonja, das wäre ein Kompromiss, oder? Ich erkenne Ihre harte Arbeit für die Einsatzbereitschaft der Einheit an. Aber da wir bereits achtzig Prozent wieder hergestellt haben und nicht mit einem Angriff durch Clan Jadefalke zu rechnen ist, ist ein körperlicher Raubbau an den Kräften… Nun, sie ist nicht die klügste Entscheidung.“
„Diplomatisch ausgedrückt“, brummte Jennings leise, wohl wissen, dass sie den ehemaligen MechKrieger mit dem unvollständigen Satz ärgerte. Er hasste schludrige Aussprache.
Ruven bot ihr die Hand zum aufstehen. Jennings griff zu und ließ sich hoch ziehen. Gemeinsam verließen sie den MechHangar. Himmel, sie waren wirklich die letzten hier. Bis auf die Nachtwache am Tor war sonst niemand mehr anwesend. Eigentlich kein Wunder, denn sie alle hatten fast zwei Monate mit Hochdruck gearbeitet.

In den Waschräumen bezog sie die Umkleidekabine für Frauen und begann sich aus dem Overall zu pellen, als ihr Regel Nummer eins mit Ruven wieder einfiel. Sie wandte sich um und sah tatsächlich den Jadefalken, wie er sich ebenfalls auszog.
Wütend griff sie zu, erwischte ein Ohrläppchen und zog den Krieger hinter sich her.
Den Protest überhörte sie einfach. Draußen auf dem Gang deutete sie auf die Nachbartür. „Es ist mir scheißegal, ob Ihr bei den Clans gemischte Duschen habt. Und ich will von dir auch nicht den Rücken gewaschen bekommen. Du gehst da rein. Siehst du das Piktogramm? Das soll einen Mann darstellen! Mann!“, rief sie und stieß Ruven den Zeigefinger hart auf die Brust, bevor sie auf den Männerumkleideraum deutete.
„Frau!“, rief sie, deutete auf ihre Brust und auf den Frauenumkleideraum. „Kapiert?“
Ruven nickte. „Langsam glaube ich, du hast eine körperliche Unzulänglichkeit, die du vor mir verbergen willst, Leutnant Sonja“, brummte der Jadefalke und trottete auf die Männerumkleidekabine zu.
In Jennings kochte die Wut gerade über. Nun, sie war gewiss nicht besonders prüde. Aber es gab Vorschriften, an die sie sich halten musste. Vorschriften, die auch für Ruven galten. Nicht auszudenken, wenn der Jadefalke mal ohne sie Dienst schob und selbstständig zum duschen ging.
Obwohl… Gönnen würde sie ihm die Tracht Prügel von zehn oder mehr hysterischen Frauen schon.
Als Ruven endlich verschwunden war, rauschte sie zurück in ihre Umkleidekabine. Frustriert und wütend zerrte sie am Overall, zog ihn aus und ließ BH und Slip folgen. Sie verstaute alles in ihrem Spind, schnappte sich ihr Duschzeug und stapfte immer noch sauer in den Duschraum. „Körperliche Unzulänglichkeit, eh? Bei mir sitzt alles da, wo es sein soll.“

Als der erste Tropfen heißen Wassers auf sie nieder ging, verrauchte der Ärger, als hätte es ihn nie gegeben. Sie genoss das heiße Wasser, die Massage des harten Strahls sehr. Und für einen Moment wünschte sie sich, dieser Moment würde niemals enden. Kein Ärger mehr wegen dem sturen und uneinsichtigen Kommandant Strauss, keine Beschwerden mehr wegen Ruvens Verhalten. Kein VerCom-Heer und keine Invasorclans. Nur das heiße Wasser und sie.
Langsam kroch bleierne Müdigkeit ihre Beine hoch und verursachte ein Kribbeln im Magen. Sie hatte es übertrieben, wieder einmal, das wusste sie auch. Ihre Tage hatten sich erneut verschoben und sie begann, Muskeln aufzubauen, die sie an der Stelle überhaupt nicht sehen wollte. Alleine ihr Bizeps war in den letzten Wochen kräftig angeschwollen. Von ihrem Bauch, der auch das letzte Gramm Fett verloren hatte und nun drei Zweierreihen stahlharter Muskeln freigab, ganz zu schweigen. Dazu kam der Stress. Der widerliche, allgegenwärtige Stress.
Ihre Einheit war aufgelöst worden, ihre Infanterie auf andere Einheiten aufgeteilt. Zurück geblieben war ein Leutnant ohne Kommando. Wenn man mal von Ruven absah. Stattdessen durfte sie Mechs reparieren und anschließend au ihre Funktionalität prüfen. Sprich sie Gassi führen. Ihr Leibeigener war dabei eine große Hilfe. Er hatte sie mit Sensorpflastern, Neurohelm und der Kombination zwischen Gleichgewichtssinn und Gyrokreisel vertraut gemacht.
Was der Kommandant damit bezweckte, wusste sie nicht. Wohl aber, dass zwei der BeuteMechs, die sie auf Roadside vom Schlachtfeld gestohlen hatte, beinahe wieder einsatzbereit waren. Der Nova und der Nemesis brauchten nur noch etwas Politur und hier und da eine Prüfung der Macken. Dann konnten sie wieder in die Schlacht stoßen. Und das würde früher oder später wieder sein. Die Jadefalken würden eine feindliche Einheit an ihrer Flanke niemals dulden. Nicht, wenn sie klug waren.
Aber was sollten sie tun? Das ganze Bataillon hatte acht Mechs, ein Dutzend Panzer und zwei Kompanien Infanterie.
Ihnen fehlten aber Panzerbesatzungen und vor allem MechKrieger. Sie hatten fünf Piloten. Fünf für acht Mechs.
Seufzend schaltete sie die Dusche wieder aus und begann sich abzutrocknen. Es war alles so frustrierend. Sie verloren Welt auf Welt an die Falken und bekamen keinerlei Gelegenheit, zurück zu schlagen. Im Gegenteil. Die Streitkräfte reagierten nur noch.

Nachdem Jennings sich angezogen hatte, verließ sie die Umkleidekabine wieder. Sie hatte jetzt maximal eine Stunde Freizeit und danach fünf Stunden Schlaf, bevor ihr Dienst erneut begann.
Ruven erwartete sie bereits. Der junge Mann lächelte sie mit seinem hübschen Gesicht an, und beinahe glaubte sie wie in einem schlechten Film ein Funkeln von seinen weißen Zähnen ausgehen zu sehen. Natürlich wartete er bereits auf sie. Schließlich wollte er sie auf keinen Fall verpassen.
Er weckte sie auch jeden Morgen und begleitete sie zum Frühstück, zum Mittagessen, zum Abendbrot… Wenn Jennings es mal ernsthaft sah, dann war der Mann vor ihr der einzige Grund, warum sie überhaupt ihre Mahlzeiten einhielt.
Schweigend ging sie an Ruven vorbei und bedeutete ihm, ihr zu folgen. Aber das hätte er sicher auch so getan.
Und wenn sie ehrlich war, dann hatte sie sich längst daran gewöhnt.
„Morgen machen wir Pause“, sagte sie zu dem Jadefalken.
„Ich verstehe nicht, Leutnant Sonja“, erwiderte Ruven. „Was soll das bedeuten, wir machen Pause?“
„Das bedeutet, dass wir uns Morgen unseren längst überfälligen freien Tag nehmen, unsere überquellenden Soldtüten und mal einen Tag Freizeit verbringen. Außer natürlich, du hast an deinem freien Tag etwas Besseres zu tun, als ihn mit mir zu verbringen.“
Der Jadefalke dachte einen Moment nach. „Nun, R&R ist mir natürlich bekannt. Aber ich befürchte, es wird sich hier in der Inneren Sphäre stark von dem unterscheiden, was ich kenne. Das Prinzip, für den ehrenvollen Dienst als Krieger bezahlt zu werden, überfordert mich bereits“, gab er zu.
„Na, dann wird ein Shopping-Nachmittag deine Grenzen noch einmal tüchtig erweitern“, spottete sie. Einen Moment hielt sie an und legte den Kopf schräg. „Ich gehe gleich ins Büro vom Kommandant und reiche für uns zwei Urlaub ein. Für Morgen stelle ich aber ein paar Regeln auf.
Regel eins: Du weckst mich nicht vor zehn. Und du schläfst so lange wie möglich. Da wir nicht in der Kaserne frühstücken werden, haben wir auch kein Problem mit der Kantine.
Regel Nummer zwei, du trägst Zivilkleidung.“
„Zivilkleidung? Ich habe keine Zivilkleidung“, beschwerte sich Ruven.
Jennings winkte ab. „Keine Panik, keine Panik, ich kümmere mich darum.
Regel Nummer drei: Du redest mich den ganzen Tag nicht mit Leutnant an. Und Regel Nummer vier, du hörst auf mich. Hast du das verstanden, Ruven?“
Der Jadefalke runzelte die Stirn. „Ich bin nicht sicher, ob ich es verstehen will, Leutnant Sonja.“
Böse starrte Jennings ihn an. Erschrocken hob Ruven beide Arme und taumelte einige Schritte zurück, bis die nächste Wand ihn stoppte. „Pos, Leutnant Sonja, Pos. Ich habe verstanden.“
„Und Regel Nummer fünf: Du lässt das Ding da Zuhause“, bestimmte sie und deutete auf die Kordel an seinem linken Handgelenk.
Ruven starrte auf seine Leibeigenenkordel und wollte schon zu einer Erklärung ansetzen.
Doch Jennings winkte ab. „Durchschneiden lässt du sie mich nicht, weil du dich noch nicht für würdig genug fühlst, meinetwegen. Aber ich laufe Morgen nicht durch die Stadt und lasse jeden Trottel mit ein wenig Ahnung wissen, dass du mein Leibeigener bist. Du kannst sie hier in der Kaserne wieder anlegen, frapos?“
Der junge Krieger rang sichtlich mit sich, bevor er sich zu einem dünnen Pos durchrang.
„Na also. Dann Morgen um zehn in meinem Quartier.“

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02.10.2004 12:33 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Mit einem Seufzen, welches einem Freigeborenen Ehre gemacht hätte, ergab sich Ruven Jadefalke in sein Schicksal.
**
Am nächsten Morgen klopfte es tatsächlich keine Sekunde vor zehn Uhr an ihrer Tür.
Sonja Jennings hatte sich aber darauf eingestellt und riss die Tür auf, bevor Ruven ein zweites Mal klopfe konnte. Ruven starrte sie an und hielt immer noch den rechten Arm in Klopfhöhe. Dieser Anblick ließ Jennings schmunzeln. Gewiss, er hatte seine Vorgesetzte in der ganzen Zeit in der Einheit noch nicht einmal in ziviler Kleidung gesehen. Das sie jetzt ein leichtes Sommerkleid trug, schien ihn zu irritieren.
Ruven bemerkte, dass er sie anstarrte und schnarrte: „Es ist zehn Uhr, Sonja.“
In Gedanken vergab sie einen Pluspunkt an den Clanner. Er hatte sich an Regel drei erinnert und befolgte sie auch. Gut. Sehr gut. „Komm rein“, sagte sie und deutete in ihr Mini-Appartement.
Ruven trat ein und nahm am Couchtisch Platz. Wie immer glänzten seine Augen, wenn er das ordentlich aufgeräumte Quartier sah. Die drei Infanteristen, mit denen er ein Gemeinschaftsquartier teilte, waren, um es mal harmlos auszudrücken, Meister in der Beherrschung des Chaos. Ein ewiger Quell der Freude für Jennings, wenn Ruven wieder einmal einen Kreis der Gleichen um das Aufräumen des Quartiers veranstalten wollte.

Jennings musterte den jungen Jadefalken. Er trug die schlichte Dienstuniform der Einheit. Sie deutete auf das Päckchen neben ihm auf der Couch. „Aufmachen. Anziehen.“
Gehorsam öffnete Ruven das Päckchen und zog ein grellgelbes T-Shirt mit einem Fanaufdruck von Solaris VII hervor. Es zeigte den legendären Kampfschütze des auf mysteriöse Weise umgekommenen Gray Norton. Die Farbe entrang dem Jadefalken einen tiefen Seufzer der Verzweiflung, wenngleich der Mech ihn wieder etwas versöhnte. Danach förderte er eine abgeschnittene Blue Jeans hervor, die knapp über dem Knie endete. Es versprach ein sonniger Tag zu werden, und damit auch ein heißer Tag. Es gab keinen Grund dafür, außerhalb des klimatisierten Hangars doppelt und dreifach eingepackt herum zu laufen.
Schließlich und endlich förderte Ruven noch Sportsocken und ein Paar leichter Stoffschuhe zutage.
„Anziehen nicht vergessen!“, murmelte sie amüsiert.
Ruven sah seine Vorgesetzte an. „Hier?“
„Nanu? Ist der Herr auf einmal prüde geworden?“, bemerkte sie.
Ein Grinsen huschte über das Gesicht des ehemaligen MechKriegers. „Neg. Aber ich finde es etwas ungerecht, frapos?“
„Das ist ein Argument. Du kannst das Schlafzimmer benutzen.“
Ruven nickte und verschwand mit der Kleidung im kleinen Raum.
Als er fünf Minuten später wieder hervor kam – seine Dienstuniform selbstverständlich ordentlich zusammen gefaltet und zu einem Stapel gepackt – bemerkte Jennings, dass sie sich beim Shirt etwas vertan hatte. Es war mindestens eine Nummer zu eng und saß dem Jadefalken sehr knapp.
„Ist es richtig so, Sonja?“, fragte Ruven und strich sich über die deutlich unter dem Shirt sichtbaren Bauchmuskeln.
Jennings schüttelte einen Moment den Kopf, und sagte dann: „Das lässt sich jetzt nicht mehr ändern. Wir kaufen dir ein größeres in der Stadt. Frapos?“
„Gut gehandelt und akzeptiert“, bestätigte Ruven grinsend.

Als sie zu zweit über das Kasernengelände gingen, spürte sie die Blicke der Kameraden im Nacken. Einige standen sogar direkt vor ihr und gafften mit offenen Mündern. „Was ist? Habt Ihr noch nie einen Jadefalken auf Ausgang gesehen?“, zischte sie einem ihrer ehemaligen Infanteristen zu.
Der Mann wurde rot. „Jadefalke?“
„Sonja, ich glaube, dass sein Blick nicht mir galt. Ich denke, er starrt dich an. Kennt er dich denn in einer Kleidung, die du als Zivilkleidung beschreibst?“, fragte Ruven amüsiert.
Jennings sah an sich herab. „Das ist ein ganz normales, kurzes Sommerkleid“, beschwerte sie sich. „In der Stadt tragen das tausende Mädchen.“
„Aber hier in der Kaserne nicht“, kommentierte Ruven leise und lächelte sein hübsches Lächeln, als er an zwei weiblichen KommTechs vorbei kam.
Das gab ihr ordentlich zu kauen. „Ich muß unbedingt mal mit Kommandant Strauss sprechen. Die Leute brauchen anscheinend mehr Ausgang, wenn sie mich schon attraktiv finden.“
Ruven warf ihr einen Seitenblick zu, sagte aber nichts.

Anstandslos passierten sie das Kasernentor und gingen zur nächsten S-Bahnhaltestelle.
Als sie endlich in der ersten S-Bahn Richtung Innenstadt saßen, atmete Jennings erleichtert durch. Endlich unter normalen Menschen.
Und noch immer starrten die Leute sie an. Jennings warf einen Blick zur Seite, aber an Ruven lag es nicht. Er hatte sich auf seinen Sitz regelrecht hingeflegelt und lächelte zwei Mädchen zu, die auf den hinteren Bänken saßen und tuschelnd zu ihm herüber sahen. Als er ihnen zuwinkte, begannen sie zu kichern.
Für einen Moment spielte Jennings mit dem Gedanken, umzukehren und den Clanner in seine klobigste Techuniform zu packen. Aber das hätte nur wertvolle Zeit gekostet. Und ob es geholfen hätte, war auch fraglich.
Aber warum die Männer herüber sahen, war ihr schleierhaft.
In der Innenstadt von Kikuyu City verließen sie die Straßenbahn und tauchten in das brodelnde Leben ein. Die Innenstadt war gut gefüllt, die Menschen waren fröhlich und zuversichtlich, so als gäbe es keine Bedrohung namens Claninvasion, nur einen kurzen Sprung entfernt.
Jennings beneidete die Menschen für diese Einstellung. Sie konnte sich diesen Luxus nicht erlauben. Stattdessen verbrachte sie ihren ersten freien Tag auf diesem Planeten mit einem Bündel Geld in der Handtasche und einem Clanner an ihrer Seite, für den sie Kindermädchen spielte – und das auch noch freiwillig.
„Bevor ich es vergesse“, sagte sie leise. „Kein Frapos, kein Franeg, kein Pos, kein Neg und erst recht kein Stravag, haben wir uns verstanden?“
„Po… Ich meine gut gehandelt und akzeptiert.“
Wütend fuhr Jennings herum und starrte den größeren Mann an. „Und das erst Recht nicht. Vermeide alles, was dich als Clankrieger identifiziert, ja? Ich würde ungern deine Überreste aufsammeln, wenn ein wütender Mob über dich herfällt.“
„Aber das sind doch nur Freigebo…“, begann Ruven und bemerkte seinen Fehler sofort, als sich der Leutnant wieder sein Ohr schnappte und kräftig daran zog. Es entsprach zwar in keinem Fall den Vorschriften und war defacto eine Misshandlung ihres Untergebenen, aber der Schmerz half Ruven, sich besser auf ihre Worte zu konzentrieren. „Erstens war es eine Freigeborene, die dich zur Isorla genommen hat, richtig?“ Ruven nickte, soweit der Griff von Jennings das zuließ.
„Und zweitens befinden sich in dieser Stadt fünfzigtausend Freigeborene. Die kannst selbst du nicht alle besiegen.“
Ruven überdachte seinen Standpunkt für einen Moment, dann nickte er.
Jennings ließ sein Ohr wieder los. „Gut. Gehen wir frühstücken. Wonach ist dir?“
„Müsli und Kaffee reicht vollkommen, Sonja“, brummte der Clanner und rieb sich das lädierte Ohr.
„Ach, Quatsch. Hier, der Laden sieht gut aus. Setzen wir uns draußen hin.“

Sie ergatterten einen Tisch für sich und begannen die ausliegenden Speisekarten zu studieren.
„Ich finde gar kein Müsli oder Haferbrei auf der Karte“, beschwerte sich der Clankrieger.
„Weil es das hier nicht gibt. Warte, ich bestelle für dich.“
Als die Bedienung auf sie aufmerksam wurde und an sie heran trat, erhellte sich ihre Miene beim Anblick des hübschen Clanners – und verfinsterte sich enttäuscht wieder, als sie Jennings bei ihm sitzen sah. „Was kann ich euch bringen?“
„Zwei Cappucchini, dazu zwei Portionen Pfannkuchen und Waffeln.“
Die Kellnerin nickte, als sie die Bestellung aufschrieb. Dann sah sie Ruven an und fragte: „Und was darf es für dich sein?“
„Äh“, begann der Clankrieger verlegen, „sie hat für mich mitbestellt.“
„Oh“, machte die Bedienung und tat überrascht. „Und ich dachte, sie wollte etwas auf die Rippen kriegen. So, ich bringe euch gleich den Cappucchino.“
Jennings briet derweil in ihrer eigenen Wut. Hätte sie ein Glas in der Hand gehalten, sie hätte es zerbrochen. „Was fällt der Schlampe eigentlich ein? Nur weil sie einen Arsch wie ein Brauereipferd hat, muß doch nicht gleich jede Frau zwanzig Kilo zuviel auf die Waage bringen und noch mal zehn Kilo extra pro Busen!“
Ruven musterte die Kellnerin und meinte: „Glaubst du wirklich, sie hat zwanzig Kilo drauf? Dann sind die aber gut verteilt. Sie entstammt einem guten Genpool.“
Das machte Jennings noch etwas wütender. Aber sie flachte genauso schnell ab wie sie in ihr aufgestiegen war. Ruven war ein Clanner. Er hatte überhaupt nichts übrig für einen kleinen Revierkampf unter Frauen. Er verstand ihn ja nicht einmal. Was er übrigens mit den meisten Männern in diesem Universum gemein hatte.
„Willst du damit sagen, ich bin zu dünn?“, hakte Jennings nach, obwohl sie wusste, dass sie keine zufrieden stellende Antwort von ihm kriegen würde.
Ruven musterte sie eine Zeitlang. Intensiv genug, dass sie verlegen zur Seite sah.
„Nun, Sonja, ich stelle fest, dass du gut austrainiert und den Anforderungen des Kriegerhandwerks mehr als gewachsen bist. Du hast keine großen Fettreserven, aber das dürfte bei der guten Versorgungslage des Bataillons mittelfristig kein Problem darstellen.“
Jennings starrte den Clanner an und stützte den Kopf schwer auf ihrer Rechten ab. „Ich habe auf einmal solche Kopfschmerzen. Ruhig, Sonja, er kann ja nichts dafür. Er kann ja nichts dafür. Er ist nur ein Clanner. Ein phantasieloser, auf Kampf getrimmter Clanner. Von Frauen hat er absolut keine Ahnung.“
„Du irrst dich, Sonja“, sagte Ruven. „Als ich noch in meinem Clan war, galt ich als guter Partner für die Paarung. Selbst meine SternCommanderin hat sich gerne die Zeit genommen, um sich mit mir… Was ist denn?“
Jennings starrte den Clanner zwischen zwei Fingern an. „Frauen zu bumsen und Frauen zu verstehen sind zwei völlig verschiedene Dinge, Ruven. Außerdem mag es ja sein, dass die Wahrgeborenen Kriegerinnen etwas unkomplizierter sind als der Rest der weiblichen Menschheit. Aber wir sind nun mal in der Überzahl.“
„Deine Aussprache ist sehr vulgär. Du hättest auch paaren sagen können“, tadelte Ruven sie.
„Kommt aufs Gleiche raus, oder?“, konterte sie.
„Technisch hast du natürlich Recht“, kommentierte der Clanner amüsiert.

„So, hier kommt der Cappucchino. Das Essen bringe ich gleich.“
Jennings bemerkte mit einem gewissen Missfallen, dass die Bedienung Ruven natürlich zuerst bediente und ihr den Cappucchino beinahe schon zu warf.
Minuten später kam sie mit zwei großen Tellern wieder, auf denen die Pfannkuchen und die Waffeln ausgebreitet waren. Ein kleines Rack mit Ahornsirup und Sahne vervollständigte das Essen. „Guten Appetit“, sagte die Kellnerin, zwinkerte Ruven noch einmal zu und ging dann wieder ihren Pflichten nach.
Misstrauisch beäugte der Clanner Jennings bei ihren Vorbereitungen mit der Sahne und dem Ahornsirup und überbrückte sein Studium mit einem Schluck Cappucchino. „Das ist ein sehr schmackhaftes Getränk“, stellte er erstaunt fest. „Es ist mit dem Kaffee auf dem Stützpunkt nicht zu vergleichen.“
Jennings grinste, während sie ihren ersten Pfannkuchen mit Ahornsirup beträufelte. „Na, dann warte erst einmal das Essen ab.“
Vorsichtig probierte Ruven eine der Waffeln und verzog wie im Schmerz das Gesicht. „Süß. Aber es ist ein sehr interessanter Geschmack.“
„Na, dann warte erst einmal das Mittagessen ab“, versprach Jennings und lächelte dem Clanner zu.

So hätte es vergnügt den ganzen Tag weiter gehen können, wenn ihnen beiden nicht eine Kleinigkeit dazwischen gekommen wäre – sie waren beide professionelle Krieger.
Die Fußgängerzone brodelte von Leben, doch nur um kurz darauf von einem wahren Tumult und offener Panik leer gefegt zu werden.
„JADEFALKEN!“, gellte ein Ruf auf. „ELEMENTARE!“, schrieen einige Menschen durcheinander. Es war genug, um die Leute in Nebenstraßen oder Ladeneingänge zu treiben.
Die Gäste an den anderen Tischen duckten sich oder flohen ins Lokal, als vom Dach eines nahen Hauses fünf charakteristische Elementare-Rüstungen herab sprangen.
Der Vorderste, welcher den Boden zuerst berührte, sah in die Runde. Der Laser im linken Arm blitzte auf und sein V-förmiges Visier schien von innen heraus zu leuchten. „Wir sind Clan Jadefalke!“, blaffte eine verzerrt klingende Stimme über ein in den Anzug integriertes Lautsprechersystem auf. „Verhaltet euch ruhig, Freigeborene, und niemandem wird etwas passieren!“
Atemlose Stille senkte sich über die Straße, während Jennings und Ruven das Geschehen beobachteten. Ruven verharrte mit einem angebissenen Stück Waffel im Mundwinkel.
Als die Stimmung sein Gefallen fand, wandte sich der vorderste Elementare um und ging, von drei seiner Leute gefolgt, in eine nahe Bank. Jennings beobachtete maßlos erstaunt, wie die Kampfmaschinen artig warteten, bis die Automatiktür vor ihnen auffuhr. Der fünfte Elementare baute sich vor dem Eingang auf und sah bedrohlich in die Runde.
Jennings und Ruven wechselten einen schnellen Blick. Dann begannen sie lauthals zu lachen.
„Elementare!“, prustete Ruven fassungslos und klopfte sich auf die Schenkel.
Jennings hatte eine Hand auf die Augen gelegt. Mit der anderen hämmerte sie auf den Tisch ein und ergab sich ihrem Lachanfall. „Clan Jadefalke. Ich glaube es nicht. Ich glaube es nicht.“
„Seid doch ruhig, seid ruhig“, bettelte ihre Kellnerin. „Er sieht ja schon herüber!“
Jennings sah sich suchend um und entdeckte die junge Frau geduckt hinter einem Stuhl. Sie zitterte vor Angst.
„Na, Schätzchen, der Stuhl nützt dir im Ernstfall aber auch nicht viel“, bemerkte Jennings amüsiert.
Ruven wischte sich ein paar Lachtränen aus den Augen und erhob sich. Jennings tat es ihm nach.
„Also, was denkst du, Sonja?“, fragte der Jadefalke grinsend.
„Es sind fünf Rüstungen, die wie Elementare-Rüstungen aussehen sollen. Aber sie sind verschieden hoch. Wären es wirklich Clankrieger… Nun, du weißt selbst, dass die alle eine Größe haben.“
„Wie sind sie gesprungen?“ „Reguläre Sprungtornister. Gibt es auf jedem guten Schwarzmarkt.“
„Die Innere Sphäre ist ein merkwürdiger Ort. Militärequipment auf dem Markt?“
„Ich finde es auch etwas unlogisch. Jedenfalls haben die Tornister nur eine begrenzte Tragkraft. Was bedeutet: Woraus die Rüstungen auch bestehen, es kann keine Panzerung sein.“
Ruven nickte bestätigend. „Und die Bewaffnung, Sonja?“
Jennings verkniff sich ein Lachen. „Links steckt ein simpler Laserpointer. Einen Laserimpuls zu sehen ist normalerweise das letzte im Leben. Rechts könnte eine Waffe stecken. Zugegeben.“
Ruven schüttelte nachhaltig den Kopf. „Der Mann vor uns hebt den Arm schon eine geraume Zeit. Wäre ein MG oder eine andere schwere Waffe eingearbeitet, hätte er den Arm schon lange gesenkt. Diese Rüstung hat immerhin keine Kraftverstärker.“
Jennings Augen blitzten. „Vorsicht. Er könnte in der Rüstung eine Waffe versteckt haben.“
„Ja, aber die Krallen sind harmlos. Wären sie echt, könnte er mit beiden Armen einem Mech die Panzerung abreißen. Doch er hat sie bisher nicht einmal bewegt. Ein sicheres Zeichen dafür, dass es Attrappen sind“, fasste der Leibeigene zusammen.
„Fazit: Wir haben es mit einem etwas ungewöhnlichen Banküberfall zu tun.“ Jennings machte eine einladende Geste. „Einen Banküberfall, in dem die Täter auf den Schreckmoment setzen und womöglich nicht einmal bewaffnet sind. Nach dir, Ruven.“
Der Jadefalke verneigte sich leicht. „Ich bedanke mich für das Recht des Ersten Schlags, Sonja.“
„Moment!“, rief die Kellnerin verzweifelt. „Ihr könnt da doch nicht hingehen! Die bringen euch um.“
Jennings sah zurück und grinste. „Unsere Cappucchini werden kalt sein, wenn wir wieder kommen. Mach uns doch bitte in, sagen wir zehn Minuten zwei neue, ja? Danke.“

Die beiden Krieger verständigten sich mit einem kurzen Blick und trennten sich auf der Straße. Der vermeintliche Elementare fixierte Ruven und übersah Sonja vollkommen. Drohend hob er den linken Arm und wischte mit dem roten Lichtpunkt des Laserpointers über Ruvens Shirt.
„Halt, Freigeburt!“, erklang eine nervöse Stimme. „Einen Schritt näher, und ich schieße!“
Ein kräftiger Ruck ließ ihn nach hinten fallen. Jennings rollte den überraschten Bankräuber auf den Rücken, stemmte ihr Knie fest zwischen die Schulterblätter und untersuchte die Arme der Rüstung auf echte Waffen. „Weißt du, ein richtiger Elementare droht nicht. Er schießt“, murmelte sie leise. „Nichts gefunden.“
Ruven kam heran. Er nahm den Helm ab und grinste schief, als alles andere als ein Krieger darunter zum Vorschein kam.
„Tötet mich nicht! Bitte tötet mich nicht!“, haspelte der schmächtige Mann.
Ruven trennte die Rüstung auf und zog den Mann heraus. Er trug keine Waffen und hatte auch keine in der Rüstung versteckt. „Er ist unbewaffnet“, sagte Ruven leise.
Jennings schüttelte verständnislos den Kopf. „Eine gute Idee ist es ja. Die Clans sind gefürchtet. Sie brauchen nur alles und jeden in Angst und Schrecken zu versetzen, dann können sie sich ungeniert bedienen, wie immer sie es möchten. Aber es ist auch eine Schande gegenüber den Mitmenschen, derart mit ihren Ängsten zu spielen!“ Sie sah den Leibeigenen an. „Hast du was zum fesseln?“
Der Jadefalke schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe nichts dergleichen mitgebracht, Sonja.“
Jennings sah in die Runde und lächelte sardonisch. „Ist ja auch egal. Er wird sowieso lieber hier bleiben und auf uns warten. Denn wenn er unserem Publikum zu nahe kommt, werden die sich für diesen Schreck herzlich bedanken.“
Die Zaungäste erhoben sich langsam in Anbetracht des schmachvollen Endes eines derart gefürchteten Elementare.
„Also, Kurzer, du bleibst schön hier bis die Polizei eintrifft. Außer, du willst lieber von einem wütenden Mob verprügelt oder schlimmeres werden.“
„Ich warte! Ich warte!“, versicherte der dünne Mann.
Ruven hob die Rüstung an und meldete: „In etwa zwanzig Kilo mit Tornister. Außerdem ist sie sehr sperrig. Es dürfte nicht leicht sein, sich in ihr zu bewegen, Sonja.“
Jennings grinste diabolisch. „Gut für uns. Gehen wir?“
Ruven erhob sich und machte eine galante Verbeugung. „Bitte nach dir, werte Sonja.“
„Ich wusste, in dir steckt ein Gentleman, Ruven“, flötete sie und betrat die Bank.
**

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07.10.2004 21:28 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Mit lautem Sirenengeheul fuhren mehrere Patrouillenwagen in die Fußgängerzone ein. Die Mannschaften, pro Wagen zwei bewaffnete Polizisten der örtlichen Behörden zogen ihre Dienstwaffen, kleine Autopistolen. Die vier Wagen nahmen eine Bogenförmige Phalanx um den Eingang der Bank ein, die Polizisten zielten nervös auf den Eingang.
„Wenn da wirklich Elementare drin sind“, sagte einer der Beamten nervös, „dann werden uns die Spielzeuge hier nicht viel nützen.“
„Das weiß ich auch!“, rief der Anführer der Patrouillen. „Holt die Schrotgewehre aus den Wagen und wartet, bis die Lohengrin-Einheit eintrifft!“
„Sir, unbewaffneter Zivilist vor dem Bankeingang“, meldete einer der Polizisten. Sie hielten einen beachtlichen Respektabstand ein, deshalb hatte ihn der Hauptwachtmeister nicht sofort entdeckt. „Hat die Hände erhoben und ruft immer: Bittet tötet mich nicht. Er sitzt auf einem Ding, das aussieht wie eine Elementare-Rüstung!“
Hauptwachtmeister Stone wollte schon befehlen, den Mann in Sicherheit zu bringen, als es in seinem Kopf laut und vernehmlich Klick machte.
Als die Automatiktür der Bank aufging, hatte er Gewissheit. Er grinste kalt.
**
Fünf Minuten später traf der schwarze Transporter der Lohengrin-Einheit ein. Die Kommandopolizisten, die mit zu dem besten gehörten, was es in der Inneren Sphäre an paramilitärischen Einheiten gab, sogar auf einer Randwelt wie Kikuyu, sprangen heraus und verteilten sich.
Der Anführer, ein Leutnant, brauchte nicht viele Befehle zu geben, um sein eingespieltes Team zu positionieren.
Es sollten Elementare sein. Elementare, die eine Bank überfielen. Er hatte schon viel von den unbesiegbaren Infanteristen der Clans gehört. Und er hatte daraus gelernt. Nun war es an der Zeit, dass er das Erlernte anwendete. Und die Elementare mit einer Eigenschaft der Inneren Sphäre vertraut machte: Anpassungsfähigkeit.
„Hergehört. Verwundbar für unsere Waffen sind das Visier, die Achseln, der Halsansatz, die Hüfte. Zwei Treffer, um die Panzerung zu brechen, einer zum verletzen. Ich…“
„Leutnant. Stone von der Patrouille ist hier. Er sagt, wir können den Einsatz abbrechen. Sie haben bereits alle fünf kassiert.“
„Wiederholen, Kurz.“
„Wir können den Einsatz abbrechen. Die Patrouille hat alle fünf bereits kassiert.“
Thomas Richard senkte seine Waffe und sicherte sie. Langsam hob er das Visier seines Gefechtshelms an und musterte die Szene bei den Streifenwagen. Die acht Polizisten schienen in ausgelassener Stimmung zu sein, während sie miteinander schwatzten, mit seinen Leuten sprachen und mehrere Personen in Handschellen in ihre Wagen stopften.
Langsam kam Richard näher. „Wer ist hier der Einsatzleiter?“
Einer der Patrouillenmänner sah auf, ein Hauptwachtmeister. „Ich, Herr Leutnant.“
„Hauptwachtmeister Stone. Schön, Sie wieder zu sehen. Was ist hier passiert?“
Der Polizist deutete auf einen Haufen Schrott, den seine Leute vor den Wagen aufgehäuft hatten und grinste schief. „Wenn ich mal ganz genau bin, dann war das hier ein ziemlich dreister Dummerjungenstreich. Fünf Studenten haben sich Elementare-Rüstungen gebastelt, Sprungtornister für Infanterie integriert und die tolldreiste Idee ausgeheckt, eine Bank zu überfallen. Ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, die fünf den Zivilisten zu überlassen, die sie mit ihrem Schauspiel zu Tode erschrocken haben.“
Richard nickte. „Sind sie verletzt? Hatten Ihre Leute Verluste?“
„Nein, Sir. Die Herren Elementare waren unbewaffnet. Sie haben vollkommen auf den Überraschungseffekt gesetzt. Vielleicht bringt ihnen das vor dem Richter ein paar Sympathiepunkte.“
Thomas Richard griff sich an die Stirn und schüttelte den Kopf. Wie dumm konnte man sein, um so etwas zu versuchen? Selbst wenn die vermeintlichen Elementare die Bank vor seinem Eintreffen wieder verlassen hätten, er hätte sie jagen lassen und gestellt. Und ohne Rücksicht auf sie geschossen. Immerhin hätte er davon ausgehen müssen, dass es wirklich Elementare waren. Die effektivste Infanterie, welche die Menschheit kannte.
„Himmel hilf. Dann haben Sie diesen Kids das Leben gerettet“, stellte der Leutnant fest.
Stone grinste schief. „Nein, Sir. Ich nicht. Die da waren es.“ Er deutete auf ein Straßencafé. Dort saß ein einsames Pärchen an einem Außentisch und scherzte miteinander, während es in aller Ruhe etwas aß und trank.
„Die da?“, fragte der Leutnant zweifelnd.
Stone nickte. „Sie sind von der 3., die gerade zur Wiederbewaffnung auf Kikuyu ist. Haben heute Freigang…“ „Und waren natürlich ganz zufällig vor Ort und haben anschließend alle fünf mit bloßen Händen besiegt“, vollendete der Leutnant. „Diesen Scheiß soll ich Ihnen abkaufen?“
„Was meinen Sie, was für ein Gesicht ich gezogen habe, als die beiden mit ihren Gefangenen aus der Bank marschiert kamen? Glauben Sie es ruhig. Oder interviewen Sie sie selbst.“
„Das mache ich auch. Hauptwachtmeister.“ Richard tippte gegen sein Visier, schulterte seine Waffe und ging auf das Straßencafé zu. Kurz musterte er die vielen anwesenden Zivilisten, die aufgrund der Absperrungen der Polizei noch nicht zum normalen Leben zurückgekehrt waren. Aber das konnte nicht mehr lange auf sich warten.
„Mist. Das lässt uns richtig blöd aussehen“, murmelte der Lohengrin-Offizier, konnte aber ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

„Guten Morgen“, begrüßte er das Pärchen etwas lauter, als er gewollt hatte. „Mein Name ist Leutnant Richard von der örtlichen Lohengrin. Identifizieren Sie sich bitte.“
Die Frau griff nach ihrer Handtasche und zog ihren militärischen Ausweis hervor. „Hätte ich gewusst, wie viel Ärger es macht, hätte ich nicht eingegriffen. Vielleicht lasse ich den Ausweis einfach vor mir liegen. Ich muß ihn ja doch dauernd zücken.“
Richard nahm den Ausweis entgegen und studierte ihn kurz. Leutnant. Er gab den Ausweis zurück. „Danke. Und Ihr Ausweis bitte, Sir.“
Der junge Mann gab ihm seinen Ausweis. Richard stutzte, las die Informationen mehrfach. Dann starrte er den Mann vor sich an wie einen Geist. Er hatte nur einen einzigen Namen.
Leutnant Jennings warf die Arme in die Luft. „Himmel, ja, bevor Sie fragen, Ruven ist ein Clankrieger. Und bevor Sie ins Detail gehen, er ist meine Isorla. Ich habe ihn im Kampf besiegt und jetzt ist er mehr oder weniger mein Eigentum. Und nein, bevor Sie auch das fragen, er ist keine Gefahr für die innere Sicherheit, wie Sie ja an dem kleinen Intermezzo mit Ihren Spielzeugkriegern sehen konnten. Und wenn ich schon mal dabei bin, wäre ich dankbar dafür, wenn Sie das nicht an die große Glocke hängen. Ruven und ich wollen unseren ersten freien Tag seit unserer Ankunft auf diesem Planeten verbringen. Da können wir es uns echt nicht erlauben, dass uns Leute hinterherlaufen und Ruven wegen seiner Abstammung von den Clans auf die Nerven gehen.“
„Eine schöne Rede. Haben Sie lange dafür geübt, Leutnant?“, kommentierte Richard.
„Wie man es nimmt. Ich sage sie gerade zum vierten Mal auf.“ Sie sah auf und fixierte den Lohengrin-Offizier mit der für Soldaten üblichen Arroganz für Paramilitärs. „Langsam muß es aber gut sein.“
„Nicht ganz“, sagte Richard, setzte sich ungefragt und stahl Jennings eine Waffel vom Teller. „Essen Sie das noch? Nein? Danke. Ich möchte gerne eine Sache von Ihnen hören. Was ist hier passiert.“
Jennings seufzte. „Wenn Sie zu der Waffel noch einen Kaffee wollen, die Bedienung hier ist nicht die Schnellste.“ Sie sah Ruven an, der verstehend nickte.
„Eins einhundertdrei. Fünf Personen, offensichtlich Elementare springen in die Straße hinab und geben sich als Angehörige von Clan Jadefalke aus. Sie bedrohen die umstehenden Menschen und dringen in die Stadtbank ein, einer von ihnen bleibt vor der Tür und erhält die Bedrohungskulisse aufrecht.
Eins einhundertvier. Leutnant Sonja und mir fällt auf, dass der Laser im linken Arm nur ein Laserpointer ist. Weiterhin sehen wir, dass das MG im anderen Arm eine Attrappe sein muß.
Wir beschließen nachzusehen und teilen uns auf.
Eins einhundertfünf. Wir überwältigen den Mann, der vor der Tür Wache steht und öffnen seine Rüstung. Dabei stellen wir fest, dass er auch unter der Rüstung unbewaffnet ist. Weitere Untersuchungen ergeben, dass die Rüstung über zwanzig Kilo wiegt und zudem massiv die Eigenbewegung behindert.
Eins einhundertsechs. Leutnant Sonja und ich dringen in die Bank ein. Wir teilen uns auf und beginnen mit einem Vernichtungstest. Wir stellen den Gegner einzeln und nacheinander und terminieren ihn.“
Eins einhundertzehn. Die Polizei trifft ein. Zu diesem Zeitpunkt sind wir gerade dabei, den letzten Verdächtigen hin und her zu werfen, bis er sich ergibt. Danach übergibt er sich auf den Teppich im Bankvorraum.“
„Hin und her werfen?“, hakte der Lohengrin-Offizier nach.
Jennings schmunzelte. „Einer steht vorne, der andere hinten. Und dann schubst man sich die Rüstung gegenseitig zu. Dem Delinquenten ist dabei übel geworden.“
„Rabiate Methode“, stellte Richard fest, der sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass hier jemand tüchtig verarscht wurde. Er konnte nur noch nicht sagen, ob es diese Bankräuber waren oder er selbst.
„Eins einhundertneunzehn. Wir übergeben unsere Gefangenen an die Polizei. Erstes Verhör durch Patrouillenmann Harris.
Eins einhunderteinundzwanzig. Zweites Verhör durch seinen direkten Vorgesetzten.
Eins einhundertdreiundzwanzig. Drittes Verhör durch Hauptwachtmeister Stone.
Eins einhundertfünfundzwanzig. Leutnant Sonja und ich kehren zu unserem Essen zurück. Die Bedienung serviert frischen Cappucchino.
Eins einhundertachtundzwanzig. Erneutes Verhör durch Lohengrin-Offizier Richard. Das ist alles bisher.“
Der Leutnant warf Ruven einen konsternierten Blick zu. „Habt Ihr Clanner einen eingebauten Computer oder seid Ihr einfach nur gründlich?“
Der Leibeigene warf dem Polizisten einen harten Blick zu. „Hoffen Sie, dass Sie es nie herausfinden müssen, Herr Leutnant.“
Einen Moment herrschte Stille am Tisch. Dann begann Richard zu lachen und klopfte Ruven hart – sehr hart – auf die Schulter. „Ein Prachtbursche. Wirklich ein Prachtbursche. Verkaufen Sie mir den oder muß ich mir selbst einen holen?“
Jennings schenkte ihm einen konsternierten Blick, den Richard mit einem breiten Grinsen beantwortete. „Ich scherze nur. Das wäre alles. Essen Sie in Ruhe auf. Eine weitere Befragung wird es nicht geben.“
„Gut. Aber ich hätte eine Bitte“, sagte Jennings leise. „Wenn Sie gehen, haben Sie was dagegen, uns beide mitzunehmen und ein paar Ecken weiter wieder raus zu lassen?“ Sie deutete auf das mittlerweile angewachsene Publikum. „Außer, Sie wollen uns denen da und der Presse zum Fraß vorwerfen.“
Richard dachte nach und nickte dann. „Fünf Minuten. Seien Sie bereit oder bleiben Sie hier.“
„Danke.“ „Gut gehandelt und akzeptiert“, fügte Ruven hinzu.
Wieder brach der Leutnant in lautes Gelächter aus und klopfte Ruven auf die Schulter. „Der ist wirklich ein Clanner, durch und durch.“
„Ich weiß nicht“, begann Ruven ärgerlich, „weswegen ich Sie lieber zu einem Kreis der Gleichen herausfordern will, wegen Ihrer unnötigen körperlichen Nähe oder wegen Ihrer mangelnden Artikulationsfähigkeit.“
„Weiß nicht“, antwortete der Polizist mit einem breiten Grinsen. „Überraschen Sie mich einfach.“ Er zwinkerte Jennings zu und stand auf.

„Ich weiß nicht, wie es dir geht, Sonja, aber ich mag ihn nicht“, stellte der Leibeigene fest.
„Du solltest dieses Gefühl unterdrücken, zumindest bis er uns tiefer in der Innenstadt wieder ausgesetzt hat. Oder willst du dich Morgen als Schlagzeile in der Zeitung wieder finden?“
Ruven stöhnte unterdrückt auf. „Gut gehandelt und akzeptiert, Sonja.“
„Na also“, kommentierte sie mit einem Lächeln und widmete sich ihrem Essen. Vier Minuten waren nicht viel Zeit. „Zahlen, bitte.“

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3.
Kikuyu, Central City, Robert Steiner Gedächtniskaserne,
29.05.3050

„Nun zier dich nicht so, Ruven und zieh das hier auch noch mal an, ja?“, drängelte Jennings und drückte dem Leibeigenen eine kurze Hose in die Hand.
Der junge Clankrieger sah zweifelnd an sich herab. Er trug einige von den Kleidungsstücken, die seine Bezwingerin für ihn gekauft hatte. Darunter ein hellblaues Muscleshirt, dreifarbige Sportschuhe sowie hellrote Sportsocks, die gerade bei den Jugendlichen sehr modern waren. Die Shortjeans, die sie ihm gerade aufdrängte, sollte die beigen Bermudashorts ersetzen.
„Leutnant Sonja, ich halte das für keine gute Idee“, meldete er sich zu Wort. In Gedanken fügte er noch hinzu: Ich komme mir schon vor wie eine Anziehpuppe.
Jennings warf ihm einen bösen Blick zu, der dem Clanner beinahe kalten Schweiß auf die Stirn getrieben hätte. „Was ist keine gute Idee, Ruven?“
„Äh, nun, Leutnant Sonja, ich begrüße es ja, dass du mich in die soziale Umgebung eurer niederen Kasten einführst und mir beibringst, wie man mit eurer Händlerkaste verhandelt. Und ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du mir geholfen hast, meinen Sold sinnvoll auszugeben…“
Wobei sinnvoll nicht unbedingt das Wort war, dass Ruven durch den Kopf ging, als er sich die in Leutnant Jennings Wohnzimmer ausgebreiteten Einkäufe ansah.
„Aber?“, fragte sie scharf.
„Aber ich denke nicht, dass ich all diese Sachen schon jetzt anziehen sollte.“
Jennings brach den Augenkontakt ab. Innerlich atmete Ruven auf.
Jennings setzte sich. Sie sah zu Boden. Ihre Unterlippe bebte. „Ich… verstehe. Es geht gar nicht um die Kleidung. Es geht… Es geht darum, dass du keine Zeit mit mir verbringen willst. Schon gut. Ich verstehe das.“
„Neg, Leutnant Sonja, neg. Das ist vollkommen falsch“, sagte Ruven hastig. „Du missverstehst mich. Ich verbringe gerne Zeit mit dir, und das nicht nur deswegen weil du mich als Isorla genommen hast. Nein, ich betrachte dich als guten Kameraden und auch als – wie nennt Ihr Freigeborenen dieses Konzept? Ich betrachte dich als Freund.“
Jennings sah hoch. Ihre Augen schimmerten feucht. „Ist das wirklich wahr, Ruven? Das sagst du nicht nur, um mich zu beruhigen?“
„Aber natürlich sage ich das nicht nur, um dich zu beruhigen. Das ist mein voller Ernst.“
„Du betrachtest mich wirklich als Freund?“
„Ja, Leutnant Sonja. Ich betrachte dich als Freund. Und das tue ich mit Stolz“, bestätigte Ruven ernst.
Die Miene der jungen Frau hellte sich auf. Sie erhob sich und legte eine Hand auf die Schulter des Clanners. „Ruven“, hauchte sie und trat näher.
Entsetzt riss der Jadefalke die Augen auf. War sie auf eine Paarung aus? Ging das nicht alles ein wenig zu abrupt?
„Wenn du wirklich Freundschaft für mich empfindest“, hauchte sie in sein Ohr, „dann gehst du jetzt rüber ins Schlafzimmer und ziehst die Hose an, die ich für dich ausgesucht habe.“
„Pos“, sagte Ruven ernst und setzte sich in Bewegung. Er war froh, dass sich die Situation als harmlos heraus gestellt hatte. Kurz bevor er die Tür erreichte, sah er noch einmal zurück und bemerkte, wie Sonja Jennings seine Einkäufe sortierte. „Das kann er auch noch mal anziehen. Hm, das sieht bestimmt auch gut aus. Dazu die Schuhe? Oder lieber die Sandalen? Hm, hm, hm…“
Ruven seufzte vom tiefsten Abgrund seiner Seele heraus und ergab sich in sein Schicksal.

Als der Clanner zum umziehen verschwunden war, hielt Jennings kurz inne. Sie schmunzelte. „So so, mein lieber Jadefalke. Du magst ja einen Mech steuern können. Aber von Frauen hast du noch absolut keine Ahnung“, bemerkte sie amüsiert. Der Junge ließ sich ja so erschreckend leicht manipulieren, dass sie dabei beinahe schon Schuldgefühle hatte. Beinahe. Außerdem ging es ja nur um eine relativ harmlose Sache. Nachdem Richard sie beide etwas weiter in der City ausgesetzt hatte waren sie wieder einkaufen gegangen, hatten drei Bekleidungsgeschäfte und eine Bücherei unsicher gemacht. Zu ihrem Erstaunen hatte sich Ruven dort einiges selbst gekauft. Sicher sein erstes Mal überhaupt.
Ein paar ROMs mit historischen Mechschlachten sowie einige Buchnachdrucke aus Sternenbundzeiten. Sie hatte nicht gewusst, dass Lesen zu seinen Hobbies gehörte.
Deshalb wollte sie nun mehr über ihren Leibeigenen wissen. Und sie wollte sehen, wie ihm die Sachen standen, die sie ihm gekauft hatte. War das nicht ihr gutes Recht? Immerhin war sie seine Aufpasserin, seine Beschützerin, seine Mentorin, seine… Nun, Mutter war wohl ein funktioneller Begriff, der auf weite Teile der Definition zutraf. Aber sie mochte ihn nicht. Vor allem da die Kanistergeburten keine Mütter kannten.

Als es an ihrer Tür klopfte, bat sie automatisch herein. Sie sortierte fröhlich weiter. Es konnte ja nur einer der anderen Techs sein oder einer ihrer Untergebenen von der Infanterie.
„Komm rein, such dir nen Fleck und sag mir, was du trinken willst“, sagte sie flapsig in genau dem Stil, der ihr die Sympathie und Freundschaft so vieler Untergebener eingebracht hatte.
„Kaffee wäre nicht schlecht, Leutnant Jennings“, bemerkte eine amüsierte Männerstimme.
Sie fuhr herum und erkannte Kommandant Strauss, ihren Chef.
Für einen Moment spielte sie mit verschiedenen Szenarien, angefangen bei vorgetäuschter Ohnmacht über ein spontanes zu Boden werfen und um Vergebung flehen bis zu einem brutalen, alles vernichtenden Angriffs. Sie entschied sich für letzteres.
Ihre Miene wurde hart. „Ich habe frei, Herr Kommandant.“
Die Spitze saß, dass konnte Jennings problemlos erkennen. Der ältere Offizier hob die Hände und sagte: „Friede, Leutnant, Friede. Die Wache hatte Befehl zu melden wenn Sie wieder in der Kaserne sind. Und ich wäre nicht an Ihrem freien Tag zu Ihnen gekommen, wenn es nicht wichtig wäre.“
Jennings beschloss, die harte Miene fallen zu lassen und auf Profi umzuschalten. „Okay, akzeptiert. Was kann ich für Sie tun, Boss?“
„Nun, ich nehme erst einmal Ihr erstes Angebot an und suche mir einen Sitzplatz. Danach wäre ein Kaffee wirklich nicht schlecht.“
„Gut gehandelt und akzeptiert“, erwiderte sie und lächelte.
Strauss lachte leise. „Ich sehe schon, der Umgang mit dem Kanistermann färbt nicht nur in eine Richtung ab.“
Jennings ging zur kleinen Kochnische und setzte heißes Wasser für Instant-Kaffee auf. „Sagen Sie nicht Kanistermann. Nur weil er nicht auf normalem Wege geboren wurde und unser Feind war, ist er nicht weniger wert als Sie und ich.“
„Feind war“, brummte Strauss. „Der ist gut. Und das ist auch einer der Gründe, wegen denen ich heute gekommen bin.“
Jennings sah über ihre Schulter hinweg. „Definieren Sie, Boss.“
André Strauss schob ein paar Shirts zur Seite und setzte sich auf die Couch. „Nun, Sie können sich denken, dass ich eh als überrascht war, dass die Geheimen uns Ruven wieder zurück geschickt haben nachdem sie ihn ausgequetscht hatten. Dieses ganze Konzept von wegen Leibeigenschaft und so will mir einfach nicht in den Kopf. Ich will sagen, ich traue ihm nicht. Aber das ist nicht ausschlaggebend. Ausschlaggebend ist nur eines: Trauen Sie ihm?“
„Absolut“, bemerkte Jennings und goss zwei Kaffeebecher voll.
Sie kam zum Tisch und bemerkte den harten Blick ihres Vorgesetzten.
„Leutnant Jennings, ich stelle Ihnen diese Frage jetzt ein einziges Mal und danach nie wieder. Vertrauen Sie Ruven Ihr Leben an?“
Einen Moment war die Infanteristin erschüttert. Dann kam die Antwort aus ihrem Mund ohne zu zögern: „Sofort.“
Die beiden hielten Augenkontakt. Keiner gab auf, keiner steckte zurück.
In diesem Moment kam Ruven aus dem Schlafzimmer und zupfte an der reichlich engen Jeansshort. „Ich weiß wirklich nicht, ob diese Bekleidung funktionell ist, Leutnant Sonja. Sie behindert die Bewegungsfreiheit enorm und…“ Als Ruven den Major erkannte, nahm er sofort Haltung an. „SIR!“
Entschuldigend hob Jennings die Schultern. „Wir waren einkaufen.“
Strauss runzelte die Stirn, als er das farbenfrohe Outfit des Clanners betrachtete, sagte aber nichts. „Gut. Setzen Sie sich, Ruven. Das geht Sie genau so an wie Leutnant Jennings.“
Der Clanner setzte sich neben die Offizierin, nicht ohne seine steife Haltung beizubehalten. Ihr gegenüber, das bemerkte Jennings zum ersten Mal, ließ er sich viel öfter gehen.
„Sir, wenn es um die Sache in der Innenstadt geht…“, begann sie leise.
Strauss sah sie an. Seine Mundwinkel zuckten verräterisch. „Dazu komme wir später noch. Ihr kleiner selbstmörderischer Husarenritt hat in der Tat ein paar Wellen geschlagen. Aber deswegen bin ich nicht hier. Zumindest nicht primär.
Es geht um die Mechs, die Sie bei unserem Rückzug geborgen haben. Den Thor, den Sprinter und den Schwarzfalke.“
Diese Eröffnung fesselte ihre Aufmerksamkeit.
Strauss nahm den Becher entgegen und trank einen Schluck Kaffee. „Für Instant nicht schlecht. Es geht um folgendes. Nicht wir werden wieder aufgebaut. Die hier eintreffenden Truppen sollen einer der Arkturusgarden wieder auf die Beine helfen. Wir werden noch einige Zeit warten müssen, bevor wir wieder als aktiv geführt werden.“
Alarmiert sah Jennings ihren Vorgesetzten an. „Was hat das mit den Mechs zu tun?“
„Nun, wie Sie wissen, sind eine Menge unserer MechKrieger noch in Behandlung oder haben Antrag auf Versetzung in eine Kampfeinheit gestellt. Das bedeutet, wir haben für siebzehn Mechs nur acht Piloten. Deshalb sollen wir die überschüssigen Maschinen abgeben. Vor allem die drei Clansmaschinen, die Sie die letzten Wochen wieder einsatzklar bekommen haben.“
Jennings schluckte hart. Die Miene von Ruven versteinerte sich.
„Und darum habe ich Sie gefragt, ob Sie Ruven vertrauen.“
Nur im Ansatz sah der Clanner zu Jennings herüber.
Strauss schlug beide Hände auf seine Oberschenkel. Es klatschte laut. „Sehen Sie, über kurz oder lang wird unsere kleine, reduzierte Einheit wieder Kampfaufträge durchführen müssen. Die Hauptlast werden Infanterie und Panzer tragen müssen, aber jeder verdammte Mech, der den Büchsenfahrern und den Schlammstampfern beistehen kann ist mehr als sinnvoll.“
Er fixierte Ruven mit seinem Blick. „Leutnant Jennings hat gesagt, dass sie Ihnen bedingungslos vertraut, Ruven Jadefalke. Und ich hoffe, dass Sie sich an Ihren Schwur halten, der Sie zu ihrer Isorla gemacht hat. Denn ich werde Sie wieder in einen Mech stecken.“
Jennings japste überrascht auf. Die Augen den Clankriegers begannen zu leuchten. Doch seine Miene blieb ruhig und starr wie bei einem Denkmal. „Ich nehme jede Position an, die Sie mir zuweisen, Herr Kommandant“, sagte er leise.
„Ach, mach hier doch keinen auf locker“, tadelte Jennings den Jadefalken und zog ihn an sich. „Ich weiß doch, dass du dich freust, wieder in einem Mech sitzen zu können. Ich freue mich für dich.“
Ruven ließ die Liebkosung mit immer noch stoischer Miene über sich ergehen.
„Freuen Sie sich nicht zu früh, Leutnant“, sagte Strauss leise.
Jennings erstarrte. Diesen Tonfall kannte sie. Und das nur zu gut. „Sagen Sie es schon. Es wird mir nicht gefallen, stimmt es?“
„Sie werden ebenfalls in einen Mech steigen. Daran können Sie sehen, wie ernst unsere Situation ist und wie sehr ich diese Mechs behalten will. Sie beide bilden ein gutes Team, seit Sie zusammen arbeiten. Ich will dass Sie diese Arbeit fortsetzen. Erstens weil Ihre Testergebnisse immer die Qualifikation zum MechKrieger zugelassen haben. Zweitens, weil Sie in einem Mech offiziell ein Auge auf Ruven haben können. Und drittens weil ich noch einen Oberleutnant brauche und Sie gerade kein eigenes Kommando haben, Leutnant Jennings.
Ruven wird diesmal Sie ausbilden. Ich erweise Ihnen einen denkbar schlechten Dienst, das weiß ich. Aber ich befehle es Ihnen nur, weil es zum Wohl der Einheit ist.“
Sonja Jennings sah den Kommandant ernst an. „Sir. Ich kämpfe dort, wo ich hingestellt werde. Und wenn Sie sagen, ich soll fortan in einem Mech kämpfen, dann kämpfe ich in einem Mech.“
André Strauss nickte dazu. „Natürlich sollen Sie daraus auch einen Nutzen ziehen. Ich befördere Sie nicht nur zur MechKriegerin, sondern auch zum Oberleutnant. Ich erwarte Sie dann Morgen früh im MechHangar. Ruven, Sie bringen ihr erst einmal die Grundlagen im Simulator bei. Danach tasten wir uns vorsichtig an die Mechs selbst heran. Jennings kriegt den Thor, Sie steigen in den Schwarzfalke.“
Strauss trank den Kaffee leer. „Das war es auch schon. Viel Spaß noch bei Ihrer Modenschau.“
Der Ältere zwinkerte den beiden zu. Als er sich erhob, sprangen sie ebenfalls auf. „Sir!“

Als die Tür hinter André Strauss zugefallen war, seufzte Jennings tief. „Auch das noch. Noch mehr Arbeit.“
Ruven legte die Rechte um ihren Nacken und zog ihren Kopf unter seine Armbeuge. Mit der Linken brachte er ihre Frisur durcheinander. „Das glaube ich dir nie im Leben, Leutnant Sonja. Du freust dich doch, dass du in einem Mech klettern darfst.“
„Ist ja gut, ist ja gut. Ich gebe es zu. Nur lass mich endlich los!“
Ruven ließ sie fahren. Jennings warf einen Blick in den nächsten Spiegel und betrachtete ihre vollkommen ruinierte Frisur. „Na warte, Ruven“, brummte sie böse.
Der Clankrieger ging in Abwehrstellung. „Ich bin bereit.“
Doch anstatt zu attackieren nahm ein Packen landender Shirts seine Sicht. „Zieh das doch noch mal an, ja? Und die Hosen dazu. Danke. Das ist so nett von dir.“
Irritiert ergriff der Clanner die Sachen und ging wieder ins Schlafzimmer.
„Bis du merkst, dass die Hosen eigentlich meine sind…“, bemerkte Jennings grinsend und beschloss, Fotos zu machen und auf dem Kasernengelände zu verteilen.

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4.
Kikuyu, Central City, Robert Steiner Gedächtniskaserne,
21.07.3050

Die Hitze raubte Jennings den Atem. Schweiß rann in kleinen Tropfen über ihre Haut, während die Bewegungen sie aufputschten. Sie war begeistert. Konnte es so etwas wirklich geben oder war das nur ein wunderschöner Traum?
„N-noch nicht, Ruven“, hauchte sie. „Halt dich zurück. Noch nicht.“
„Ich halte das nicht mehr länger aus“, kam die Antwort.
„Ruhig“, besänftigte sie ihn. „Wir machen es gemeinsam.“
„Sonja!“, rief Ruven in höchster Not.
„Vertrau mir. Wie du mir immer vertraust. Und jetzt beweg dich weiter.“
Es kam keine Antwort. Aber Jennings wusste, dass ihr Leibeigener gehorchte.
In diesem Moment wurde sie hart durchgeschüttelt, als fünf von zehn LSR auf dem linken Arm und Torso ihres Thor explodierten.
Jennings wurde hart in die Gurte gedrückt, der Schweiß von ihrem Körper fort geschleudert. Sie spürte schmerzhaft, wie die Gurte auf ihre Brust drückten.
Für einen Moment war sie versucht, auf die Pedale der Sprungdüsen zu treten und hinter einem der Häuser abzutauchen. Aber das hätte alles gefährdet.
Sie sah auf ihre Anzeige. Der Kreuzritter kam immer näher, flankiert vom Stadtkoloss. Alles in allem nicht genug, um einen mittelschweren Clansomni auszuschalten. Wenn der Mech in optimaler Verfassung gewesen wäre und seine Hauptwaffe nicht schon bei den vorherigen Kämpfen eingebüßt hätte.
Wieder wurde sie hart in den Sitz getrieben und gegen ihre Gurte geschleudert, als die Autokanone des Stadtkoloss feuerte und auch noch die Frechheit besaß zu treffen.
Wütend löste sie ihre eigenen Raketen aus und wurde damit belohnt, dass drei von fünf LSR trafen. Der Stadtkoloss wurde nach hinten getrieben und stolperte in ein Gebäude.
„Sonja!“, rief Ruven wieder.
Sie stoppte ihre Absetzbewegung. „Okay. Du kannst jetzt kommen, Ruven.“
Sie hob den Arm mit der Autokanone und gab einen Feuerstoß auf den heran rückenden Kreuzritter ab. Die Explosivgranaten zogen eine feurige Spur über den noch fast unbeschädigten Torso. Wie erwartet antwortete der Gegner mit LSR und Laserfeuer.
Geduldig ließ Jennings die Erschütterungen der Explosionen über sich ergehen. Die Anzeigen warnten sie vor Schäden in der internen Struktur. Noch ein Treffer dieser Art, und ihr Reaktor würde durchgehen. Aber das war der Preis in diesem Spiel.

In diesem Moment brach Ruven mit seinem Schwarzfalke im Rücken des Kreuzritters auf die Straße durch. Er richtete beide Waffenarme der gedrungenen Maschine auf den Rücken des Gegners aus und feuerte beide PPKs auf einmal ab. Gegen diese Gewalten war die dünne Rückenpanzerung des Kreuzritters ein besserer Witz. Der Innere Sphäre-Mech wurde nach vorne getrieben und sackte auf die Knie ein.
Ehr schlecht als Recht fing er sich auf den vollmodulierten Händen ab.
Jennings brachte ihren Thor näher heran, bis er direkt vor dem auf den Knien liegenden Kreuzritter stand. Sie hob den linken Arm und ließ ihn über dem Cockpit verharren. „Irgendwie nicht Ihr Tag, Lieutenant, hm?“
Dann sauste der schwere Mecharm herab und zertrümmerte das Cockpit samt Pilot.
Ruven hatte das Ergebnis registriert und sich dem Stadtkoloss zugewandt. Aber dessen Pilot signalisierte, dass er aufgab.
Erleichtert atmete Jennings auf.

Übergangslos wurde ihr Cockpit dunkel. Die Hitze ließ nach und jemand entsiegelte den Ausstieg. Eine hilfreiche Hand streckte sich ihr entgegen. Es war Strauss.
„Gute Arbeit, Leutnant. Gegen eine dreifache Übermacht haben Sie sich sehr gut gehalten.“
„Danke, Sir“, erwiderte sie und stieg aus der Simulatorkapsel.
„Eine gewagte Taktik, übrigens“, fuhr Strauss fort. „Den Thor als Köder anzubieten, um den Schwarzfalke in den Rücken des Gegners kommen zu lassen hätte auch in die Hose gehen können.“
Jennings lächelte. „Ist es aber nicht. Hey, Ruven, wie lange willst du denn noch in deiner Simkapsel bleiben?“
Der Leibeigene schnallte sich gerade ab. Als er die Stimme seiner Vorgesetzten hörte, sprang er eifrig auf und verließ die Simulatorkapsel. „Da wir den Besitztest gewonnen haben, bedeutet das, wir dürfen die beiden Mechs behalten?“, fragte er leise.
„Bei euch Clannern wäre das jetzt sicher so“, kommentierte Strauss amüsiert. „Aber hier und heute haben wir nur bewiesen, dass Leutnant Jennings eine gute Pilotin abgibt und in der Lage ist, einen Flügelmann zu führen.“

Im Hintergrund der Halle stritt ein ziemlich aufgebrachter Lieutenant Harry Wilcox und stauchte seine Leute zusammen.
Jennings verzog unmutig die Miene. Der Davion war ein arroganter Misthund, wie er im Buche stand. Okay, er hatte sich bei den Rückzugsgefechten gegen die Clans ausgezeichnet und drei verifizierte Abschüsse an Mechs und Panzern erzielt. Aber Jennings fand, dass er seine Leute zu hart anpackte.
„…sage ich es euch zum letzten Mal: Wenn Ihr schießen könnt, dann schießt. Sparen müsst Ihr nur mit Munition, nicht mit Laserenergie! Nein, Abwärme ist kein Argument. Die geht wieder runter, verdammt. Als Krieger muß man eben genau abwägen, ob der Treffer einen entscheidenden Vorteil bringt und das Risiko wert ist, bis knapp an die Notabschaltung getrieben zu werden. Ist das jetzt endlich klar?“
Der dermaßen zusammen gestauchte Soldat sah stumm zu Boden.
„MechKrieger, ist das klar?“
„Ja, Sir.“ „Ich kann Sie nicht hören!“ „JA, SIR!“
„Gut. Zum duschen wegtreten. Miller, Sie bleiben noch.“
Mit wütend funkelnden Augen sah der Lieutenant dabei zu, wie seine vier übrigen Leute die Simhalle verließen.

Dann erst wandte er sich Kommandant Strauß zu. „Sir, Leutnant, MechKrieger Ruven. Ich muß sagen, Sie haben meiner Halbkompanie ein gutes Gefecht geliefert.“ Er strich sich über die Schweißbedeckte Stirn. „Eigentlich habe ich gedacht, dass es das gewesen wäre, nachdem die PPK des Thor ausgefallen war.“
„So kann man sich irren“, erwiderte Jennings spitz.
„Kann ich also davon ausgehen, dass Sie meine Empfehlung unterstützen, Lieutenant Wilcox?“, fragte Strauss geradeheraus.
„Die Empfehlung? Ach, die das die Clanmechs in Ihrer Einheit bleiben? Nun, Sie haben heute zumindest bewiesen, dass Leutnant Jennings und MechKrieger Ruven ihre Maschinen beherrschen, wenn auch nur in einem Simulator.“
Innerlich brodelte Jennings bei dieser Antwort. Nach außen drang dies nur durch das ballen ihrer Fäuste durch.
„Tut mir Leid, aber das ist das Beste, was ich Ihnen geben kann. Auf jeden Fall sollte es für Sie einen Aufschub bedeuten. Übrigens, darf ich vorstellen, das ist Sergeant Miller, Angela Miller. Sie hat den Dunkelfalke geführt, den Sie zwei gleich zu Anfang in die Mangel genommen haben.“
Die junge Frau nickte den beiden zu. „Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Für einen Moment dachte ich wirklich, ich wäre wieder auf Sudeten.“
„Wollen wir den Rest nicht bei einem gemeinsamen Abendessen besprechen?“, fügte Wilcox an. „Nur wir vier MechKrieger?“
Jennings zwang sich dazu, die Fäuste wieder zu öffnen. „Nein, danke. Ich denke nicht, dass es da viel zu besprechen gibt. Oder das es da etwas gibt, was ich von Ihnen lernen möchte.“
Wilcox´ Miene versteinerte sich. „Haben Sie was gegen mich?“
„So kann man das nennen. Ich finde, Sie packen Ihre Leute viel zu hart an, Lieutenant.“
Übergangslos wurde Wilcox krebsrot im Gesicht. „Zu hart? Ich packe meine Leute zu hart an? Hören Sie mal, Leutnant, ich war auch da draußen. Ich habe auch gegen die Jadefalken gekämpft! Ich habe dabei drei gute Piloten und Freunde verloren und bin selbst oft genug nur mit dem Leben davon gekommen! Sie als ehemalige Infanteristin sollten doch am besten wissen, wie gefährlich diese Clanner sind! Das man mit mittelmäßigen Leistungen nicht lange gegen sie besteht! Ich packe meine Leute lieber hier und jetzt zu hart an, anstatt dass ich sie wegen mangelnder Fähigkeiten zu Grabe tragen muß!“
Jennings starrte den Offizier mit offenem Mund an. Schließlich nickte sie. „Okay, so gesehen kann ich das akzeptieren. Aber geben Sie Ihren Leuten auch mal was Nettes mit auf den Weg.“
„Wer meinen Sie, sind Sie, dass Sie mir Tipps geben können, wie ich meine Leute behandele?“, blaffte Wilcox zornig.
Sie wandte sich ihm wieder zu und stieß ihm einen Zeigefinger vor die Brust. „Wer ich bin? Ich bin ein verdammter Leutnant im VCS, Lieutenant, der wie Sie so nett bemerkt haben, Infanterist ist! Ich war zeitweise nicht nur für sechs Leben verantwortlich, sondern für über hundert! Und während Sie in Ihrer Riesenblechwanne über das Schlachtfeld geschlendert sind, habe ich unten im Schlamm und Dreck gelegen und gehofft, dass meine Verbündeten mich nicht aus Versehen zu Brei trampeln! Was meinen Sie wäre da mit der Einheitsmoral passiert, wenn ich meine Jungs und Mädels so angepackt hätte, wie Sie das tun? Meinen Sie, wir hätten einen geordneten Rückzug hinbekommen, ohne dass mir meine Leute vertraut hätten? Oder wenn sie mich gehasst hätten? Hören Sie, ich habe mehr als einmal Clanomnis aus direkter Nähe gesehen. Und ich hatte nicht das Glück, in sechzig Tonnen Stahl zu hocken.
Ebenso wenig meine Leute. Da ist jedes Lob, jedes freundliche Wort, Gold wert.“
Brüsk wandte sie sich ab und ging fort. „Sehen Sie einfach zu, dass Sie ihre eigenen Leute nicht schlechter behandeln als den Gegner. Ruven.“
Der Clanner trat an ihre Seite und marschierte mit stoischer Gelassenheit neben ihr her.

„Schlampe“, bemerkte Wilcox, als er ihr nachsah. „Aber irgendwie mag ich sie.“

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02.01.2005 12:20 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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Seit die ersten schweren Wochen und Monate des Aufbaus vorbei waren und beinahe so etwas wie Normalität eingetreten war, hatten es sich Jennings und ihr Leibeigener zur Angewohnheit gemacht, immer im gleichen Lokal zweimal oder dreimal die Woche zu Abend zu essen.
Man kannte sie hier und wusste sowohl ihre freundliche Art als auch das angenehme Trinkgeld zu schätzen.
Natürlich hatte das Personal schnell herausgefunden, was es mit Ruven auf sich hatte – seltsamerweise hatte dies aber kein Entsetzen ausgelöst. Eher wurde ein kleiner Personenkult um den jungen Clankrieger betrieben. Für die einen war er einfach nur süß, für die anderen… Nun, dem stand Jennings vor, die durch manche Gespräche ihres Leibeigenen zwischen fuhr wie eine Streitaxt durch überlagertes Holz.
Doch an diesem Abend war von ihrer höflichen Art wenig zu merken.

Es war mittlerweile Hochsommer und die Temperaturen erreichten bestenfalls während einem der grausam wütenden Hitzegewitter eine Marke unter dreißig Grad. Es war ein gängiger Witz, dass Stahl in diesem Backofen eher korrodierte als schmolz, und seltsamerweise waren die Menschen auf Kikuyu stolz auf diesen Ruf.
Im Moment tat Sonja Jennings ihr Bestes, um zur spätabendlichen Hitze von zweiunddreißig Grad noch einiges zuzupacken, als sie mit der missmutigen Miene eines Landungsschiffers, der am ersten Abend auf dem neuen Planeten Wache hatte, herein gerauscht kam.
Das fröhliche Willkommen der beiden Mädchen von der Bedienung verstummte, als sie bemerkten, in welcher Stimmung Jennings war. Es passte nicht ganz zu ihrem Auftreten. Sie trug praktisch nichts, perfekt angepasst an die Hitze mittels einem lockeren Top und Jeans-Shorty, während ihre Füße in offenen Sandalen steckten. Aber der ganze Laden schien nicht genügend Eis zu enthalten, um sie wenigstens etwas auf Betriebstemperatur runter zu kühlen.
Ruven folgte ihr ergeben. Auch er hatte sich der Hitze angepasst, was die Mädchen mit Entzücken bemerkten. Das etwas enge armlose Shirt betonte seine kräftigen Arme und spannte über seiner muskulösen Brust. Die enge Jeans, die seinen gut trainierten Hintern verpackte, ließ die jungen Mädchen sichtlich erröten. Er ging barfuß. Manchmal mochte er das einfach.

„Leutnant Sonja, nun hör doch mal, ich…
„Dieser Volltrottel! Dieser arrogante Mackie! Was glaubt er eigentlich, wer er ist? Das er nur rüber zu kommen braucht, zu seinen armen Elsie-Verwandten und gleich der King ist? Wenn ich dem Kerl Nachts begegne, dann…“
„Solange es in dem Outfit ist, habe ich da überhaupt nichts gegen, Leutnant Jennings“, erklang eine amüsierte Stimme neben ihrem Stammtisch.
Sonja Jennings, die sich schon gesetzt hatte, fuhr auf und herum. „Sie! Was machen Sie in meinem Stammlokal?“
„Das wollte ich dir ja sagen, Leutnant Sonja. Lieutenant Harry hat mich nach ein paar guten Lokalen befragt. Leider war dies das einzige in der Nähe der Kaserne, und so…“
„Du hast was? Ruven, du Idiot!“
Unwillkürlich duckte sich der Clan-Krieger.
Jennings sah die Reaktion und ihr Gebrüll tat ihr sofort wieder Leid. „Tschuldige, Ruven. Du solltest als letzter drunter leiden, nur weil ich Frust wegen dem da schiebe.“
„Äh“, meinte Ruven vorsichtig, setzte sich aber an seinen Stammplatz.
„Also, erst quetschen Sie meinen arglosen Leibeigenen aus, dann nehmen Sie mir meine Mechs weg. Was planen Sie als Nächstes?“, blaffte Jennings, ohne sich zu Wilcox umzudrehen.
„Essen. Hier. Spare Rips und French Fries. Mit der Soße des Hauses“, erwiderte Lieutenant Wilcox amüsiert. „Ist das ein Verbrechen?“
„Reizen Sie mich nicht“, knurrte Sonja wie ein angriffslustiger Hund.

Sie sah kurz auf, als sich jemand neben sie setzte. Sie wollte auffahren, erkannte aber Sergeant Miller.
Die nur wenig ältere Frau lächelte sie freundlich an. „Vielleicht finden wir zwei ja die bessere Basis. Hi, ich bin Amanda Miller. Ich wurde auf Stein´s Folly geboren, den hässlichsten Dreckklumpen in diesem Universum, bevor ich erst zur Miliz und dann zur VCS ging. Tja, es folgte eine Clan-Invasion, unser Gegenangriff und nun sitze ich hier neben einer potentiellen Verbündeten und bitte sie, SICH NICHT LÄNGER WIE EINE EINGESCHNAPPTE SUPERZICKE ZU BENEHMEN! Ich würde nämlich gerne in Ruhe mit meinem Lieutenant, mit Ihnen und Ihrem Leibeigenen essen. Gibt es dafür eine Möglichkeit, Leutnant, ja?“
Jennings bohrte sich vollkommen undamenhaft mit dem kleinen Finger im rechten Ohr herum. „Junge, Junge. Man sollte Sie als Nahkampfwaffe gegen Elementare einsetzen. Das Gebrüll kann ja mit einem startenden Union mithalten.“
„Ich sag es doch immer. Die besten Komplimente bekommt man von den Frauen. Also, was sagen Sie, Leutnant? Wir lassen die beiden Dumpfhirne auf einer Bank, damit sie sich über rohes Fleisch und Schwanzlängen unterhalten können und wir beide sitzen hier zusammen und pflegen eine gehobene Konversation. Ja?“
„Ist ja gut. Aber nur wenn Sie versprechen, nicht mehr zu versuchen, die Bausubstanz des Restaurants zu schädigen“, brummte sie missmutig.
Miller grinste. „So macht man das, Harry. Rüber mit dir. MechKrieger Ruven, würden Sie vielleicht etwas für meinen Lieutenant rücken?“
Ruven bewegte sich minimal und blitzte Wilcox wütend an, als der herüber kam und sich setzen wollte. Der Mann aus der Mark Crucis erwiderte den Blick und hielt ihn. Beide starrten sich an, selbst nachdem Wilcox schon saß.

„Was ist denn mit den beiden los?“, fragte Amanda erstaunt.
„Nun, Ruven fühlt sich betrogen und hintergangen“, erklärte Jennings. „Weil er nicht gemerkt hat, dass Ihr Lieutenant ihn nach einem Lokal gefragt hat, um doch noch zu seinem gemeinsamen Abendessen zu kommen. Er ist jetzt etwas aufgebracht, aber das gibt sich wieder. Und was ist mit Ihrem los?“
„Nun, Ihrer ist ein Clanner. Einer von denen, die unseren Leuten nun schon seit `49 den Arsch aufreißen. Das der ihn nun so offen anstarrt, ist eine direkte Kriegserklärung. Und weil mein Lieutenant brav täglich sein rohes Fleisch ist, hat er genügend Testosteron, um drauf einzugehen. Sehen Sie, Leutnant, ich kann solche Sachen sagen, er reagiert nicht mal. Er ist vollkommen in seinem Wettstreit mit seinem Gegner vertieft. Es stört ihn nicht mal. Alles was er jetzt will ist nicht als erster weggucken zu müssen. Pfeffer?“
„Wieso Pfeffer? Ach so, ja, Pfeffer. Nein, das wäre ja unfair.“
„Unfair schon, aber es würde die Sache abkürzen. Nachher wird das Essen der beiden kalt und so…“, wandte Amanda ein.
„Misch dich nicht ein, Leutnant Sonja!“, blaffte Ruven scharf. „Das ist eine Sache unter Kriegern.“
„Wow, war der bei den Jadefalken Offizier?“, staunte Miller.
„Du hältst auch die Klappe, Sarge“, rief Wilcox ärgerlich. „Ich werde niemals gegen so ein Flattervieh verlieren.“

Die beiden Frauen warfen sich einen langen und viel sagenden Blick zu. „Männer“, intonierte Sonja und Amanda fiel ein. „Männer.“
„Da denkt man, diese Kampfschweine der Clans wären etwas anderes als unsere Exemplare, und dann das – alles mit Eiern scheint den gleichen Urinstinkt zu haben.“ Amanda seufzte tief. „Enttäuschend.“
„So, was möchtet Ihr trinken, bevor Ihr in die Speisekarte seht?“
„Ich nehme Tee, Andrea“, kam es leise und konzentriert von Ruven.
„Scotch, einen Doppelten, egal welche Sorte. Aber sorgen Sie dafür, dass kein Tee drin ist“, spottete Lieutenant Wilcox.
Amanda Miller winkte die junge Bedienung heran und wechselte ein paar Worte mit ihr. Die junge Frau nickte. „Ist gut. Ist gut.“
„Willst du meine Bestellung gar nicht aufnehmen?“, fragte Jennings erstaunt.
„Nein, geht schon klar, ich habe für uns alle bestellt“, verkündete Miller grinsend.
Kurz darauf kam die Kellnerin mit vier vollen Gläsern zurück und stellte jedem eines hin.
In Amandas Augen glomm der Schalk, als Andrea die Gläser sehr genau sortierte.
Sie ergriff ihr eigenes Glas und prostete kurz zu Jennings, die misstrauisch an ihrem Getränk roch.
„Äh-hemmm“, machte Amanda. „Ihr könnt ja ruhig mit eurem dämlichen Zweikampf weiter machen, aber wenn Ihr zwei hübsche Frauen alleine trinken lasst, dann werdet Ihr das den Rest des Abends auch sein, klar?“
„Schon gut, Amanda“, brummte Wilcox und schnappte sich sein Glas. Ruven griff ohne große Worte zu.
„Na dann, Prost!“
Jennings nahm einen Schluck und stellte erleichtert fest, dass es normaler weißer Rum war.
Der Lieutenant und Ruven hingegen schienen sich an ihren Gläsern zu verschlucken. Wilcox standen Tränen in den Augen und Ruven erlitt einen Hustenanfall. „Was ist das für eine Brühe?“, keuchte der Davion.
„Strohrum. Für meinen Lieutenant immer nur das Beste“, verkündete Amanda mit dem falschen Lächeln einer Gottesanbeterin.
„Hey, Sarge, ich glaube, ich mag Sie“, stellte Sonja erstaunt fest.

Die beiden Männer brachen den Blickkontakt. In ihren Augen standen Tränen. Besonders schlimm musste es für Ruven sein, der harten Alkohol fast gar nicht gewöhnt war.
Eher zufällig trafen sich die Blicke der beiden wieder und übergangslos hieß das Spiel nun nicht mehr wer sieht als erster weg sondern wer leert sein Glas zuerst.
Amanda lachte unterdrückt. Jennings stützte ihren Kopf auf beiden Händen ab.
„Na“, begann der Sarge leise, „wenigstens macht sie das berechenbar.“
Jennings nickte zustimmend.
**
Drei Stunden später gingen sie zur Kaserne zurück. Das hieß, Amanda und Sonja gingen. Lieutenant Harry Wilcox un MechKrieger Ruven kamen Schulter an Schulter hinterher, taumelten mal in die eine, mal in die andere Richtung und sangen zotige Sauflieder, die der VerCommie dem Jadefalken beigebracht hatte.
„Und? Haben Sie zwei was zusammen?“, fragte Jennings geradeheraus, während sich die Herren dazu entschlossen, in einem nahen Gebüsch einen halben Liter leichter zu werden. Die zwei hatten aber auch gesoffen…
„Ja“, gab Miller unumwunden zu. „Ich gehe mit meinem Lieutenant ins Bett. Hat sich irgendwann einfach so ergeben. Ich war da, er war da, wir waren beide übermüdet, schmutzig und uns war kalt… Im nächsten Moment produzierten wir genügend Hitze, um einen Brandstifter durchschmoren zu lassen. Seither… Nun, man kann sagen, wir sind zusammen, bis die Clanner uns scheiden.
Und Sie, Leutnant? Haben Sie was mit Ihrem Leibeigenen?“
Jennings verschluckte sich und bekam einen Hustenanfall. „Ich? Mit Ruven?“, lachte sie.
Nachdenklich fuhr sie fort: „Nicht, dass ich nicht schon dran gedacht hätte. Ich meine, wir sind jeden Tag zusammen und kommen Klasse miteinander aus. Und sehen Sie ihn sich an, er sieht auch noch gut aus. Aber… Nein, ich schlafe nicht mit ihm.“ Bedauernd zuckte sie mit den Achseln. „Das wäre irgendwie nicht… Nicht richtig, verstehen Sie? Ich meine, er ist mein Leibeigener. Mein Schutzbefohlener. Ich muß für ihn da sein. Würde ich mit ihm schlafen, dann wäre das so etwas wie ausnutzen. Abgesehen davon werden Beziehungen unter Angehörigen des Militärs sowieso nicht gerne gesehen.“
„Verstehe.“
„Nein, das tun Sie nicht, denn das ist nur die halbe Geschichte“, sagte Jennings. „Die Clans sind das Problem. Sind Sie mit den Neuesten Erkenntnissen über die ClanKrieger vertraut? Nein? Dann suchen Sie sich mal was zum festhalten. Wussten Sie, dass die Jadefalken bereits Kinder in paramilitärische Einheiten stecken, um später einmal Krieger aus ihnen zu machen?“
„Also, das ist doch nichts neues, Leutnant. Wenn ich da an die ConCappies denke, die haben acht so genannte Kriegerhäuser. Die jungen Leute kommen dort zwischen zehn bis zwölf an und werden ein Leben lang auf den Kampf gedrillt“, wandte Amanda ein.
„Dennoch unterscheidet sich das Training bei den Clans. Ihr Training ist härter. Es… Es gibt bei ihnen Verluste. Und von zwanzig Mitgliedern einer Gruppe werden maximal drei wirklich Krieger. Es kann auch vorkommen, dass die ganze Gruppe versagt. Ruven hat mir erzählt, dass er aus seiner Ausbildungsgruppe der einzige war, der es bis zum Krieger geschafft hat. Amanda?“
„Ich bin hier unten. Mann, das ist ja starker Tobak. Ich habe mich vielleicht erschrocken.“
Sonja half der Frau wieder auf.
„Danke. Wenn das alles wahr ist, dann brauchen wir uns ja nicht zu wundern, dass die ClanKrieger so sehr mit uns Schlitten fahren, was? Wenn all ihre Soldaten ausschließlich auf Krieg gedrillt werden… Was für ein Verbrechen an ihren Kindern“, hauchte sie erschrocken.
„Apropos Kinder, da gibt es… Ach nee, heute nicht mehr. Das erzähle ich Ihnen ein andernmal.“ Jennings sah zurück. „Hey, Ruven, lebst du noch?“
Der Besagte kam nun wieder Schulter an Schulter mit Wilcox auf die Straße zurück getaumelt. „Wirkommjaschon.“ Kurz darauf setzte wieder der schräge Gesang der beiden ein.
„Männer“, lachte Amanda. Jennings fiel ein.
**
Am nächsten Morgen erwachte Ruven am kleinen Sportpool der Kaserne. Ihm brummte gehörig der Schädel und er hatte absolut keine Ahnung, wie er hierher gekommen war.
Neben ihm, abgedeckt von ein paar Handtüchern, lag Lieutenant Wilcox und schnarchte laut genug, um die seismischen Sensoren eines Stadtkoloss zu aktivieren.
Ruven versuchte sich aufzurichten, aber ein stechender Schmerz ließ ihn wieder zurück fallen.
„Hier. Mamas Spezialrezept gegen Kater“, sagte Sonja und drückte Ruven eine Wasserflasche in die Hand.
Ruven öffnete den Mund, strich sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. „Danke, Leutnant Sonja. Was ist Gestern passiert? Wie komme ich hier her?“
„Nun“, meinte die Offizierin und grinste breit, „das ist eine lange Geschichte. Aber anscheinend hast du mit Lieutenant Wilcox Freundschaft geschlossen.“
„Ich habe was?“, rief Ruven entsetzt, richtete sich wieder auf und wurde erneut mit dem stechenden Schmerz bestraft.
„Nun trink erst mal, Ruven. Da drin sind drei Aspirin aufgelöst, dazu ein paar Salztabletten. Danach geht es dir besser, das verspreche ich.“ Sie lächelte ihren Leibeigenen an. Manchmal konnte Ruven wirklich süß sein. Vor allem in Situationen wie diesen, wenn er so hilflos wirkte.
Der Jadefalke nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. „Wo ist Sergeant Amanda?“
„Sie holt Kaffee für ihren Lieutenant. Sie meinte, das wäre die beste Methode, um seinen Kater zu bekämpfen. Hey, Wilcox, wollen Sie nicht langsam mal aufstehen?“
Der Davion brummte etwas Unverständliches, legte sich auf die Seite und kuschelte sich an Ruven an.
Das fand der überhaupt nicht lustig. „Leutnant Sonja, ich bitte um die Erlaubnis, einen Widerspruchstest durchzuführen.“
„Warum machst du immer alles so schrecklich kompliziert?“, fragte Jennings grinsend. „Geh mal beiseite.“
Gehorsam rollte sich Ruven fort, während Jennings mit sichtlichem Genuss einen zwanzig Liter fassenden Eimer Wasser über Harry Wilcox leerte.
Prustend und schnaubend kam der Lieutenant hoch. Er schien sofort hellwach zu sein. „Was? Wie? Wo? Oh… Morgen, Leutnant. Ich nehme an, wenn Sie lächeln bedeutet das, der Abend war ein Erfolg?“
„Kann man so sagen. Wir haben uns tatsächlich zusammen gerauft. Genauer gesagt, Sie und Ruven sind sich ziemlich nahe gekommen. Ja, ich würde behaupten, Sie sind jetzt dicke Kumpels.“
„Sind wir?“, argwöhnte der Jadefalke. „Und was sind bitte Kumpels?“
„Ein abstrakter Begriff in der Inneren Sphäre. Er beschreibt ein Vertrauensverhältnis ohne direkten militärischen Nutzen. Entstanden aus gemeinsamen Erfahrungen“, sagte Amanda Miller und setzte sich zu Füßen ihres Lieutenants auf den Boden. Sie hatte eine große Thermosflasche dabei und teilte gerade vier Becher aus. „Guten Morgen, meine Herren. Wisst Ihr eigentlich, wie schwierig es war, euch beide in die Kaserne zu kriegen?“
„Anscheinend schwieriger, als uns gegeneinander auszuspielen, um uns besoffen zu machen“, ächzte Wilcox und hielt sich den dröhnenden Schädel.
Amanda reichte ihm den ersten Becher. „Trink, Harry.“
Dankbar nahm der Lieutenant den Becher entgegen. „Danke.“

„Also, wie soll es nun mit uns weiter gehen?“, fragte Wilcox endlich.
Jennings dachte nach. „Nun, Sie haben Krieger, ich habe Mechs. Genauer gesagt, ich habe noch einen ClansMech übrig, da können Sie einen Ihrer Leute reinsetzen. Reicht das als Anfang?“
„Es ist zumindest ein Anfang. Und ansonsten? Wie wollen wir zusammen arbeiten? Ich meine, solange wir keine anderen Befehle bekommen? Ich meine, das Oberkommando des Theaters hat uns ja nicht nur hergeschickt, um uns Ihre tollen Beutemaschinen zu zeigen. Wir sollen hier auch was für die Verteidigung tun, solange wir hier sind.“
„Wir werden das Zusammenspiel mit unserer Infanterie und meinen ClansMaschinen sowie Ihren Innere Sphäre-Mechs üben. Kommandant Strauss erhält das Oberkommando, wenn Ihnen das Recht ist, Harry.“
„Harry? Habe ich Gestern Abend etwas verpasst?“, wunderte sich der Davion.
Die beiden Frauen lachten leise. „Sie haben eine Menge verpasst. Alle beide.“
„Na gut. Dann will ich eben den Rest ordentlich mit kriegen. Vor allem jenen Part, den wir brauchen, um diese Welt wenigstens einigermaßen koordiniert verteidigen zu können.“
Wilcox erhob sich, setzte sich aber sofort wieder. Wortlos hielt er Amanda seinen Becher hin.
Grinsend goss die Frau nach. Unter vier Kaffe würde ihr Lieutenant jedenfalls nicht wieder auf die Beine kommen.

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Ace Kaiser,
Angry Eagles

Corrand Lewis,
Clan Blood Spirit

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21.02.2005 11:48 Ace Kaiser ist offline E-Mail an Ace Kaiser senden Beiträge von Ace Kaiser suchen Nehmen Sie Ace Kaiser in Ihre Freundesliste auf
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